ISSN 1725-2539

doi:10.3000/17252539.L_2009.225.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 225

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

52. Jahrgang
27. August 2009


Inhalt

 

II   Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

Seite

 

 

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

 

 

Kommission

 

 

2009/608/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 über die Beihilfemaßnahme Belgiens zugunsten von InterFerryBoats (C 46/05 (ex NN 9/04 und ex N 55/05)) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 1180)  ( 1 )

1

 

 

2009/609/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 4. Juni 2008 über die staatliche Beihilfe C 41/05 Ungarns mittels langfristiger Strombezugsverträge (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 2223)  ( 1 )

53

 

 

2009/610/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 2. Juli 2008 über die von Griechenland gewährten Beihilfen C 16/04 (ex NN 29/04, CP 71/02 und CP 133/05) für Hellenic Shipyards SA (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 3118)  ( 1 )

104

 

 

2009/611/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 8. Juli 2008 über die Maßnahmen C 58/02 (ex N 118/02) Frankreichs zugunsten der Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 3182)  ( 1 )

180

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

Kommission

27.8.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 225/1


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 24. April 2007

über die Beihilfemaßnahme Belgiens zugunsten von InterFerryBoats (C 46/05 (ex NN 9/04 und ex N 55/05))

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 1180)

(Nur der französische und der niederländische Text sind verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2009/608/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den oben genannten Artikeln,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   DAS VERFAHREN

1.1   Fälle NN 9/04 und N 55/05

(1)

Mit Schreiben vom 12. August 2003 (Eingang bei der Europäischen Kommission am 20. August 2003 unter der Nummer TREN/A(03)27718) notifzierten die belgischen Behörden gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag die Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen, die die Société Nationale des Chemins de Fer Belges (SNCB) ihrer Tochtergesellschaft InterFerryBoats (IFB) in dem am 7. April 2003 abgeschlossenen Rahmenvertrag gewährte.

(2)

Am 13. Oktober 2003 (D(03)17546) ersuchte die Kommission die belgischen Behörden um Übermittlung ergänzender Angaben. Am 12. Dezember 2003 fand ein bilaterales Treffen zu diesem Thema mit den belgischen Behörden statt, bei dem der Kommission der Umstrukturierungsplan für IFB übergeben wurde.

(3)

Die belgischen Behörden antworteten auf den Brief der Kommission mit dem Schreiben vom 7. Januar 2004, dessen Eingang bei der Kommission am 13. Januar 2004 unter der Nummer TREN/A(04)10708 erfasst wurde. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass die notifzierten Maßnahmen bereits gewährt wurden. Folglich wurde der Fall unter der Nummer NN 9/04 registriert. Ein zweites Treffen fand am 30. April 2004 statt. Mit Schreiben vom 15. Juni 2004 (Eingang bei der Kommission am 21. Juni 2004 unter der Nummer TREN/A(04)23691) übermittelten die belgischen Behörden ergänzende Unterlagen, um die sie von der Kommission bei diesem Treffen ersucht worden waren.

(4)

Mit Schreiben vom 26. Januar 2005 (D(05)100339) forderte die Kommission die belgischen Behörden auf, weitere ergänzende Angaben zu liefern, welche diese mit Schreiben vom 25. März 2005 (Eingang bei der Kommission am 30. März 2005 unter der Nummer TREN/A(05)7712) übermittelten.

(5)

Mit Schreiben vom 28. Januar 2005 (SG(2005)A1133) teilten die belgischen Behörden der Kommission die Absicht der SNCB mit, eine zusätzliche Kapitalerhöhung zugunsten der IFB durchzuführen, welche in dem am 12. August 2003 notifizierten Vertrag nicht vorgesehen war. Die Kommission registrierte diesen Fall als Notifzierung unter der Nummer N 55/05.

(6)

Mit Schreiben vom 29. März 2005 (D(05)106199) forderte die Kommission die belgischen Behörden auf, weitere ergänzende Angaben zu liefern, welche diese mit Schreiben vom 28. April 2005 (Eingang bei der Kommission am 3. Mai 2005 unter der Nummer SG(2005)A(05)4155) übermittelten.

(7)

Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 (D(05)111096) ersuchte die Kommission die belgischen Behörden um zusätzliche Informationen, welche diese mit Schreiben vom 30. Juni 2005 (Eingang bei der Kommission am 1. Juli 2005 unter der Nummer TREN/A(05)16598) übermittelten.

(8)

Am 16. September 2005 fand ein Arbeitstreffen mit Vertretern der Kommission und der belgischen Behörden statt. Auf dieser Sitzung forderte die Kommission die belgischen Behörden auf, weitere ergänzende Informationen zu übermitteln. Am 21. Oktober 2005 kamen diese der Aufforderung per E-Mail (Eingang bei der Kommission am 24. Oktober 2005 unter der Nummer TREN/A(05)27067) nach.

1.2   Sache C 46/05

(9)

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 setzte die Kommission die belgischen Behörden von ihrer Entscheidung in Kenntnis, wegen der gegenständlichen Maßnahmen das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(10)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (1) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Äußerung zu den betreffenden Maßnahmen auf. Stellungnahmen von betroffenen Dritten gingen nicht bei der Kommission ein.

(11)

Belgien antwortete auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens mit einem Schreiben vom 14. Februar 2006 (Eingang bei der Kommission am 15. Februar 2006 unter der Nummer TREN/A/13934). Mit diesem Schreiben vom 14. Februar 2006 zogen die belgischen Behörden die Anmeldung vom 28. Januar 2005 wieder zurück.

(12)

Am 1. Juni 2006 und am 25. Juli 2006 fanden Arbeitstreffen mit Vertretern der Dienststellen der Kommission und der belgischen Behörden statt. Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 (Eingang bei der Kommission am selben Tag unter der Nummer TREN/A/25806), Schreiben vom 20. September 2006 (Eingang am selben Tag unter der Nummer TREN/A/32665) und E-Mails vom 16. und 21. November 2006 (registriert unter den Nummern TREN/A/37638 bzw. TREN/A/37981) übermittelten die belgischen Behörden der Kommission weitere ergänzende Informationen.

(13)

Mit Schreiben vom 30. November 2006 (Eingang bei der Kommission am 5. Dezember 2006 unter der Nummer TREN/A/39219) übermittelten die belgischen Behörden einen Brief von Herrn Karel Vinck in dieser Angelegenheit. Die belgischen Behörden legten diesen Brief zur Untermauerung ihrer Behauptung vor, dass die Entscheidungen der SNCB in dieser Sache nicht den belgischen Behörden, sondern einzig und allein der SNCB zuzurechnen seien.

(14)

Mit Schreiben vom 5. Februar 2007 (D(07)302095) ersuchte die Kommission die belgischen Behörden um Bereitstellung weiterer Informationen. Die belgischen Behörden übermittelten diese Informationen mit Schreiben vom 6. Februar 2007 (Eingang bei der Kommission am 7. Februar 2007 unter der Nummer A(07)24246), mit Schreiben vom 8. Februar 2007 (Eingang bei der Kommission am 9. Februar 2007 unter der Nummer A(07)23613), mit Schreiben vom 13. Februar 2007 (Eingang bei der Kommission am 15. Februar 2007 unter der Nummer A(07)24201) und mit Schreiben vom 15. Februar 2007 (Eingang bei der Kommission am 16. Februar 2007 unter der Nummer A(07)24362).

(15)

Mit Schreiben vom 15. März 2007 (D(07)306248) und während des Arbeitstreffens am 16. März 2007 ersuchte die Kommission die belgischen Behörden erneut um ergänzende Informationen, welche diese mit Schreiben vom 30. März 2007 (Eingang bei der Kommission am selben Tag unter der Nummer A(07)28411) übermittelten.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER RETTUNGS- UND UMSTRUKTURIERUNGSMASSNAHMEN

2.1   Die Parteien des Rahmenvertrags über die Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen zugunsten der IFB

2.1.1   IFB

2.1.1.1   Beschreibung der Gesellschaft

(16)

IFB ist eine Aktiengesellschaft nach belgischem Recht. 89,03 % ihres Gesellschaftskapitals sind im Besitz der SNCB. Die übrigen Anteile gehören CNC Transports, einer 93,8%igen Tochter der SNCF (7,41 %), ICF (2,08 %) und EWS (English Welsh and Scottish Railway, 1,22 %).

(17)

IFB wurde am 1. April 1998 durch Fusion folgender drei Gesellschaften gegründet: Ferry Boats SA, Interferry SA und die Abteilung „Schienenverkehr“ der Edmond Depaire Ltd. Wie von den belgischen Behörden anhand eines Handelsregisterauszugs nachgewiesen wurde, handelte es sich dabei um eine Fusion, bei der die Ferry Boats SA die Interferry SA übernahm. Später wurde die Schienenverkehrsabteilung der Edmond Depaire SA in das fusionierte Unternehmen eingebracht. IFB behielt demnach die Rechtspersönlichkeit des Unternehmens Ferry Boats, das im Jahr 1923 gegründet worden war, bei.

(18)

IFB betreibt in erster Linie zwei Arten von Aktivitäten: die Logistik für den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr („IFB Logistics“) sowie den Betrieb der Terminals für den kombinierten Verkehr auf dem europäischen Festland („IFB Terminals“). Die Aktivitäten des Unternehmens wurden im Schreiben über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens unter den Randnummern 16 bis 29 eingehend beschrieben.

(19)

Dazu kommen die Beteiligungen und Tochtergesellschaften, die IFB in Belgien und im Ausland an Gesellschaften, die Terminals an Küsten und auf dem Festland betreiben, sowie an Transportunternehmen hält oder hielt. Diese Beteiligungen und Tochtergesellschaften wurden in den Randnummern 30 ff des Schreibens über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens im Detail beschrieben. Die belgischen Behörden setzten die Kommission darüber in Kenntnis, dass bestimmte im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens enthaltene sachliche Informationen nicht ganz richtig dargestellt wurden oder sich in der Zwischenzeit geändert haben. Diese seit dem Schreiben über die Einleitung des Verfahrens eingetretenen Änderungen werden im Folgenden erläutert. Des Weiteren wird auf den Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 30 bis 49) verwiesen.

(20)

Beteiligungen der IFB an Terminals in Belgien. IFB hat sich vom Terminal Zeebrugge zurückgezogen. In Randnummer 39 des Schreibens über die Einleitung des Verfahrens wird angegeben, dass ihre Beteiligungen an die Interessenvereinigung OCHZ verkauft wurden. In Wirklichkeit verkaufte IFB ihre Anteile an das Unternehmen Hesse-Noord Natie, mit dem es diesen Terminal gemeinsam betrieb.

(21)

In Randnummer 41 des Schreibens heißt es, IFB halte eine Beteiligung von 16,76 % an der Gesellschaft Dry Port Mouscron-Lille. Die belgischen Behörden informierten die Kommission darüber, dass die Beteiligung von IFB infolge einer Kapitalerhöhung am 29. Juni 2006, an der sich IFB nicht beteiligte, sowie infolge des Eintritts des privaten Investors DELCATRANS auf 11,07 % reduziert wurde.

(22)

Beteiligung der IFB an Terminals in Frankreich. IFB verkaufte ihre Beteiligung von 30 % an der Gesellschaft Nord France Terminal International OU (im Folgenden: NFTI-ou) im Herbst 2006 an CMA-CGM. Nach dieser Transaktion hält IFB in Frankreich nur noch eine Beteiligung von 2 % an der Gesellschaft CNC transports, die in der Zwischenzeit in Naviland Cargo umbenannt wurde.

2.1.1.2   Betroffene Märkte und Marktanteile der IFB

(23)

Im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 50 bis 54) hält die Kommission fest, dass für die Aktivitäten von „IFB Logistics“ zwei verschiedene Produktmärkte zu unterscheiden sind, nämlich der Frachtumschlagsmarkt und der Logistikmarkt. Diese Märkte wurden als nationale Märkte definiert; für IFB Logistics wurde ein Marktanteil von 2 % bis 5 % berechnet.

(24)

Bezüglich des Terminalmarktes wurde im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 55 bis 59) eine Unterscheidung zwischen Terminals am Festland und Seeterminals getroffen. In der Zwischenzeit hat IFB ihre Beteiligungen an den Seeterminals aufgegeben. Weder die Beteiligten noch die belgischen Behörden haben die im Beschluss enthaltene Definition in Frage gestellt.

(25)

Der Markt des Eisenbahngüterverkehrs hängt mit diesen beiden Märkten zusammen. Seit 2003 ist er für den grenzüberschreitenden Güterverkehr von und nach Belgien geöffnet, wie es in der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (2) vorgesehen ist. Diese Öffnung für den internationalen Güterverkehr wurde durch die Öffnung des nationalen Bahnfrachtmarktes am 1. Januar 2007 gemäß der Richtlinie 91/440/EWG ergänzt und in Belgien durch ein königliches Dekret vom 13. Dezember 2005 umgesetzt.

2.1.2   Die SNCB

(26)

Die SNCB geht auf das belgische Gesetz vom 23. Juli 1926, mit dem die Société Nationale des Chemins de Fer Belges gegründet wurde (3), zurück. Seit dem 14. Oktober 1992 (4) ist sie ein selbständiges öffentliches Unternehmen und eine öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft (5).

(27)

Die belgische Regierung beschloss am 1. Januar 2005 eine Umstrukturierung der SNCB, durch die das Unternehmen in drei verschiedene Gesellschaften aufgeteilt wurde:

die SNCB Holding, eine Holdinggesellschaft, die zu 100 % jeweils an den beiden anderen Gesellschaften beteiligt ist;

Infrabel, die für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur verantwortlich ist, und

die neue SNCB, das mit Schienenverkehrsdiensten betraute Eisenbahnunternehmen.

Der belgische Staat hält 100 % der Anteile der SNCB Holding.

(28)

Die Verwaltungsorgane der SNCB sind der Verwaltungsrat, der Vorstand und der geschäftsführende Direktor. Der Verwaltungsrat besteht aus zehn Mitgliedern, einschließlich des geschäftsführenden Direktors. Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden vom König auf Beschluss des Ministerrats ernannt.

(29)

Die belgische Regierung ist im Verwaltungsrat durch einen Kommissar der Regierung vertreten. Dieser Regierungskommissar kann die belgischen Behörden befassen, um eine Entscheidung des Verwaltungsrats in einer Angelegenheit, die nicht in Verbindung mit der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags steht, aufzuheben, wenn diese Entscheidung „porte … préjudice à la mise en œuvre des tâches de service public.“ [die Wahrnehmung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen … beeinträchtigt.] (Artikel 23 Absatz 2 des Gesetzes).

2.2   Die finanziellen Schwierigkeiten der IFB in den Jahren 2001 und 2002

(30)

Zunächst ist es angebracht, die Ursachen für die finanziellen Schwierigkeiten zu analysieren; anschließend wird auf die Reaktionen der Führungskräfte der IFB und der SNCB eingegangen.

2.2.1.   Die finanziellen Schwierigkeiten

(31)

Der Hauptgrund für die Probleme der IFB waren die finanziellen Schwierigkeiten ihrer Beteiligungen in Frankreich in den Jahren 2001 und 2002, deren Standorte alle im Hafen von Dünkirchen lagen. Die finanziellen Schwierigkeiten betrafen auch die Aktivitäten von „IFB Logistics“ und „IFB Terminals“, die 2002 Verluste verzeichneten.

(32)

Wie in Übersicht 1 dargestellt, beliefen sich die Verluste von IFB im Geschäftsjahr 2002 auf insgesamt 110 Mio. EUR. 12,2 Mio. EUR betrafen Betriebsverluste vor der Kontenangleichung bei „IFB Logistics“ (4,7 Mio. EUR) und „IFB Terminals“ (7,5 Mio. EUR). Dazu kommt ein Betriebsverlust in Höhe von 1,2 Mio. EUR bei der Beteiligung an OCHZ. Diese Verluste in Höhe von insgesamt 13,4 Mio. EUR stellten 12 % des Gesamtverlustes dar. Die restlichen Verluste im Jahr 2002, d. h. 96,6 Mio. EUR, ergaben sich aus Wertberichtigungen und Rückstellungen im Rahmen der erforderlichen Kontenangleichungen infolge von Problemen der Gesellschaft in Frankreich und Belgien. 75 % dieser Wertberichtigungen und Rückstellungen stammen aus Beteiligungen der IFB. Davon betreffen 76 % die Beteiligungen in Frankreich.

Übersicht 1

Aufschlüsselung der Verluste 2002

(in Mio. EUR)

Image

2.2.2   Die Reaktion der Führungskräfte der IFB und der SNCB

(33)

Seit Ende 2000 hat die IFB die Rechnungen der SNCB für ihre Schienenverkehrsdienste nicht mehr bezahlt. 2001 und vor allem 2002 behielt die IFB diese Vorgehensweise bei, die von der SNCB geduldet wurde. Somit sah sich die IFB Ende Januar 2003 mit offenen Rechnungen der SNCB in einer Höhe von insgesamt 63 Mio. EUR konfrontiert. Die Nichtbezahlung dieser Rechnungen erklärt, warum die IFB trotz schwerwiegender finanzieller Probleme ihren Betrieb fortsetzen konnte.

(34)

Am 21. Mai 2002 stellte der Verwaltungsrat der IFB fest, dass das Eigenkapital infolge der seit 2000 erlittenen Verluste auf weniger als die Hälfte des Gesellschaftskapitals gesunken war. Gemäß den Bestimmungen in Artikel 633 des belgischen Unternehmensgesetzes wurde eine außerordentliche Generalversammlung der IFB einberufen.

(35)

Auf dieser Generalversammlung sicherte die SNCB als Mehrheitsaktionär der IFB zu, diese im Bereich der operationellen Ausgaben mit einem Liquiditätsvorschuss in Höhe von 2,5 Mio. EUR zu unterstützen. Diese Zusage der SNCB wurde von ihrem Verwaltungsrat genehmigt und war die Grundlage für den Beschluss der Aktionäre, die Aktivitäten der IFB vorläufig nicht einzustellen und den Verwaltungsrat der IFB um die Erarbeitung eines umfassenden Umstrukturierungsplans mit Berücksichtigung der Tochtergesellschaften und der Terminalverwaltung zu ersuchen.

(36)

Am 19. Juli 2002 analysierte der Verwaltungsrat der SNCB die Lage ihrer Tochtergesellschaft IFB. Nach Darstellung der Situation durch den geschäftsführenden Direktor der IFB traf der Verwaltungsrat folgende Entscheidung: „Le Conseil marque son accord sur un apport en espèces de 2,5 millions EUR nécessaire pour assurer les besoins de trésorerie et garantir la continuité d’IFB jusqu’à fin octobre 2002 (ce montant constituerait une avance sur une probable augmentation du capital).“ [Der Verwaltungsrat erteilt sein Einverständnis zu einer Bareinlage in Höhe von 2,5 Mio. EUR, welche zur Deckung des Liquiditätsbedarfs und zur Fortsetzung des Betriebs der IFB bis Ende Oktober 2002 erforderlich ist (wobei dieser Betrag einen Vorschuss auf eine wahrscheinliche Kapitalerhöhung darstellen würde).]

(37)

Im zweiten Halbjahr 2002 wurde infolge der Genehmigung durch den Verwaltungsrat der Liquiditätsvorschuss der SNCB in Höhe von 2 500 000 EUR nach folgendem Zeitplan an die IFB ausgezahlt:

6.8.2002: Auszahlung von 1 000 000 EUR,

17.9.2002: Auszahlung von 1 000 000 EUR,

30.9.2002: Auszahlung von 500 000 EUR.

(38)

Dieser zu 3,1 % verzinste Vorschuss wurde bis Juli 2003 in zwei Etappen vollständig zurückgezahlt:

Am 15. Juli 2003 zahlte die IFB einen Betrag in Höhe von 1 500 000 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 40 422,04 EUR zurück.

Am 23. Juli 2003 wurden die restlichen 1 000 000 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 26 883,35 EUR von der IFB an die SNCB zurückgezahlt.

(39)

Am 19. September 2002 beauftragte der geschäftsführende Direktor der IFB zwei Rechnungsprüfer mit der Beurteilung der finanziellen Situation des Unternehmens in einem Sonderbericht. In Anbetracht der Schlussfolgerungen dieses Berichts, der am 4. Dezember 2002 der IFB und danach der SNCB vorgelegt wurde, erteilte der Verwaltungsrat der SNCB am 20. Dezember 2002 sein grundsätzliches Einverständnis zu einer Aufstockung des Kapitals der IFB. Am 24. Dezember 2002 genehmigte auch die außerordentliche Generalversammlung („AGV“) der IFB diesen Vorschlag.

(40)

Die Geschäftsleitung der IFB erarbeitete mit der Unterstützung des Beratungsunternehmens McKinsey einen Umstrukturierungsplan für die IFB. Dieser Umstrukturierungsplan, der in den Randnummern 73 bis 86 dieser Entscheidung erläutert wird, wurde am 23. März 2003 vom Verwaltungsrat der IFB genehmigt.

(41)

Daraufhin legten die Führungskräfte der beiden Gesellschaften (IFB und SNCB) die einzelnen Schritte für die Rettung und Umstrukturierung der IFB in einem „Rahmenvertrag über die Umstrukturierung der IFB“ fest, der am 7. April 2003 von den beiden Gesellschaften unterzeichnet wurde. Anlässlich einer zweiten AGV erteilten die Aktionäre der IFB ihr Einverständnis zur Fortführung der Aktivitäten der IFB auf der Grundlage dieses Rahmenvertrags.

2.3   Die Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen des „Rahmenvertrags zwischen der SNCB und der IFB zur Umstrukturierung der IFB“ vom 7. April 2003

(42)

Artikel 2 des Rahmenvertrags legt fest, dass die Durchführung der zwischen den Parteien vereinbarten Maßnahmen in zwei Phasen zu erfolgen hat, und zwar in einer Rettungsphase und in einer Umstrukturierungsphase.

2.3.1   Modalitäten und Bedingungen für die Gewährung der Rettungsmaßnahmen

(43)

Artikel 3 des Rahmenvertrags sieht folgende Rettungsmaßnahmen vor:

Gewährung eines rückzahlbaren Vorschusses in Höhe von 5 Mio. EUR,

Gewährung eines Darlehens über bis zu 15 Mio. EUR und

Gewährung eines vorläufigen Zahlungsaufschubs für Verbindlichkeiten der IFB gegenüber der SNCB in Höhe von 63 Mio. EUR.

(44)

Die Dauer dieser Maßnahmen wurde auf 12 Monate beschränkt. Sie wurde jedoch durch stillschweigendes Einvernehmen der Parteien bis zum Datum der Kapitalaufstockung verlängert.

(45)

Der Zinssatz für den rückzahlbaren Vorschuss und für die im Rahmen des Darlehens ausbezahlten Beträge entspricht dem Referenzzinssatz, den die Kommission für staatliche Beihilfen anwendet. Die Zinsen werden kapitalisiert, und ihre Zahlung erfolgt zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderungen.

(46)

Für die Verbindlichkeiten in Höhe von 63 Mio. EUR wird ein für Verzugszinsen üblicher Satz von 5,4 % angewandt. Die Zinsen werden kapitalisiert und zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Hauptschuld bezahlt.

(47)

Die Zinsen, die die IFB der SNCB für Verbindlichkeiten und Darlehen schuldet, beliefen sich im Jahr 2002 auf 2,2 Mio. EUR, 2003 auf 3,9 Mio. EUR, 2004 auf 4,7 Mio. EUR, 2005 auf 5,2 Mio. EUR und werden 2006 voraussichtlich 4,4 Mio. EUR betragen.

(48)

Artikel 7 des Vertrags sieht vor, dass die IFB gegenüber der SNCB auf die Verjährung ihrer Verbindlichkeiten verzichtet.

(49)

Sämtliche Maßnahmen wurden unmittelbar nach der Unterzeichnung des Rahmenvertrags am 7. April 2003 umgesetzt. Vom rückzahlbaren Vorschuss machte die IFB allerdings keinen Gebrauch.

2.3.2   Modalitäten und Bedingungen für die Gewährung der Umstrukturierungsmaßnahmen

(50)

Artikel 4 des Rahmenvertrags über die Modalitäten für die Gewährung von Umstrukturierungsmaßnahmen lautet folgendermaßen:

„Les Parties confirment leur intention de mettre à exécution les mesures suivantes pour autant qu’elles soient conformes à un plan de restructuration approuvé par leurs deux Conseils d’administration, par l’Etat belge et si nécessaire par la CE, et sous réserve d’approbation par les actionnaires d’IFB:

La conversion en capital de l’avance récupérable d’un montant de 5 Mio EUR.

La conversion en capital de la partie de facilité de crédit prélevée pour un montant maximum de 15 Mio EUR […].

La conversion en capital des dettes de […] 63 Mio EUR.

Eventuellement et à condition que les deux parties soient d’accord à ce sujet, une augmentation de capital supplémentaire […].“

[Die Parteien bestätigen ihre Absicht zur Umsetzung folgender Maßnahmen unter der Voraussetzung, dass sie im Einklang mit einem von den beiden Verwaltungsräten, dem belgischen Staat und erforderlichenfalls von der Europäischen Kommission (EK) genehmigten Umstrukturierungsplan stehen, sowie vorbehaltlich der Genehmigung durch die Aktionäre der IFB:

die Umwandlung des rückzahlbaren Vorschusses in Höhe von 5 Mio. EUR in Kapital;

die Umwandlung des ausgezahlten Teils des Darlehens in Höhe von 15 Mio. EUR in Kapital […];

die Umwandlung der Verbindlichkeiten […] in Höhe von 63 Mio. EUR in Kapital;

möglicherweise eine zusätzliche Kapitalerhöhung unter der Voraussetzung des diesbezüglichen Einvernehmens der beiden Parteien […].

(51)

Die Durchführung dieser Kapitalerhöhung unterliegt gemäß Artikel 5 des Rahmenvertrags einer aufschiebenden Bedingung, nämlich ihrer Genehmigung durch die Kommission in Hinblick auf die Regelungen für staatliche Beihilfen. Artikel 5 lautet:

„Les engagements contractés par la SNCB […] sont soumis à la condition suspensive suivante. Les Parties demanderont à l'Etat belge de procéder au plus vite à la communication du présent contrat cadre à la CE. Les parties demanderont également à l'Etat belge, si la CE devait estimer à juste titre dans le cadre de cette communication que [le contrat cadre] comprend l'octroi d'une aide d'Etat (telle que visée à l'article 87 du Traité CE), de notifier le [contrat cadre] en application de l'article 88 alinéa 3 du Traité CE. Afin de permettre à la CE d'adopter une position, [le contrat cadre] ne sera de toute façon pas mis à exécution dans un délai de 15 jours ouvrables à compter du jour de la notification à la CE. Si [le contrat cadre] devait à juste titre être qualifié d'aide d'Etat globale par la CE, il ne sera pas mis à exécution avant que la CE ait approuvé explicitement ou implicitement l'aide concernée et, le cas échéant, dans les limites et aux conditions exposées dans la disposition d'approbation.

Si la CE devait qualifier partiellement ou totalement [le contrat cadre] d'aide d'Etat et dans l'hypothèse et pour autant que cette aide soit déclarée incompatible avec le marché commun, alors les Parties discuteront en toute bonne foi de la faisabilité des éventuelles mesures supplémentaires demandées vis-à-vis d'IFB, mais sans obligation de mettre ces mesures supplémentaires ou adaptées à exécution si les circonstances dans lesquelles l'aide doit être apportée sont considérées comme absolument injustifiées.“

[Die von der SNCB eingegangen Verpflichtungen […] unterliegen der folgenden aufschiebenden Bedingung. Die Parteien haben den belgischen Staat zu ersuchen, diesen Rahmenvertrag so rasch wie möglich an die EK weiterzuleiten. Des Weiteren haben sie den belgischen Staat — sollte die EK im Rahmen dieser Mitteilung zu Recht die Auffassung vertreten, dass [der Rahmenvertrag] die Gewährung einer staatlichen Beihilfe (im Sinne von Artikel 87 EG-Vertrag) darstellt — darum zu ersuchen, den [Rahmenvertrag] gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag zu notifizieren. Um der EK eine Stellungnahme zu ermöglichen, darf auf alle Fälle erst 15 Werktage nach dem Datum der Anmeldung bei der EK mit der Umsetzung [des Rahmenvertrags] begonnen werden. Sollte [der Rahmenvertrag] von der EK zu Recht insgesamt als staatliche Beihilfe eingestuft werden, wird mit seiner Umsetzung erst begonnen, wenn die EK explizit oder implizit die betreffende Beihilfe genehmigt hat, erforderlichenfalls unter Einhaltung der in der Genehmigung angeführten Einschränkungen und Bedingungen.

Sollte die EK [den Rahmenvertrag] ganz oder teilweise als staatliche Beihilfe einstufen und sollte diese Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden, erörtern die Parteien nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Durchführbarkeit von möglicherweise geforderten Ersatzmaßnahmen gegenüber der IFB, jedoch ohne verpflichtet zu sein, diese anderen Maßnahmen auszuführen, wenn die Bedingungen für die Gewährung der Beihilfe als absolut ungerechtfertigt erachtet werden.]

(52)

Das belgische Zivilrecht sieht vor, dass der Vertrag bei Erfüllung der aufschiebenden Bedingung rückwirkend gültig ist.

(53)

In ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Prüfverfahrens teilten die belgischen Behörden der Kommission mit, dass die Kapitalerhöhung genau wie zwischen den Parteien des Rahmenvertrags vereinbart durchgeführt würde, wenn die Kommission ihr Einverständnis gibt. Diese würde 95,3 Mio. EUR betragen und sich folgendermaßen zusammensetzen:

(EUR)

Umwandlung des Darlehens in Kapital

15 Mio.

Umwandlung der Verbindlichkeiten der IFB gegenüber der SNCB in Kapital

63 Mio.

Umwandlung der kumulierten Zinsen für das Darlehen und die Verbindlichkeiten in den Jahren 2002 bis 2006 (für 2006 nur teilweise) in Kapital

17,3 Mio.

Insgesamt

95,3 Mio.

(54)

Die belgischen Behörden teilten der Kommission mit, dass die Erhöhung nicht die gesamten im Jahr 2006 kumulierten Zinsen berücksichtige, um sicherzustellen, dass das Verhältnis Verbindlichkeiten/Eigenkapital der IFB dem Durchschnittswert seiner Wettbewerber entspreche und diesen nicht übersteige. Des Weiteren werde dabei auch nicht der rückzahlbare Vorschuss berücksichtigt, da die IFB von dieser Maßnahme keinen Gebrauch machte.

(55)

In ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens teilten die belgischen Behörden der Kommission auch die Rücknahme ihrer Notifikation vom 29. Januar 2005 mit, in der sie die Kommission über die Absicht der SNCB und IFB informierte, eine über Artikel 4 des Rahmenvertrags hinausgehende zusätzliche Kapitalerhöhung in Höhe von 5 Mio. EUR durch die Einbringung der 47%igen Beteiligung der SNCB an der Gesellschaft TRW (6) durchzuführen.

(56)

Der gemäß Artikel 4 vorgesehene Umstrukturierungsplan wurde der Kommission auf einer Sitzung mit den belgischen Behörden am 12. Dezember 2003 übergeben. Seine Umsetzung wurde 2003 begonnen und Anfang 2005 abgeschlossen.

(57)

Der Umstrukturierungsplan besteht aus zwei Teilen, die zwei verschiedene Strategien behandeln, die einerseits die französischen Tochtergesellschaften der Gruppe und andererseits die belgischen Aktivitäten der IFB betreffen. Die für Frankreich gewählte Strategie konzentriert sich auf die umfassende Desinvestition der Beteiligungen, während die Strategie für Belgien eine Umstrukturierung des Unternehmens mit dem Ziel der Fortsetzung seines Betriebs vorsieht.

2.3.2.1   Die Desinvestition bei den Tochtergesellschaften, die Terminals in Frankreich betreiben

(58)

Wie in dieser Entscheidung und etwas ausführlicher in den Randnummern 30 ff des Schreibens über die Einleitung des Verfahrens erläutert, verfolgte die IFB eine Strategie der Desinvestition für ihre französischen Tochtergesellschaften, die zum Verkauf der Beteiligung an NFTI-ou im November 2006 führte.

(59)

Die gesamten Desinvestitionskosten für die französischen Töchter der IFB betrugen 39,1 Mio. EUR. In der folgenden Tabelle wird die Verteilung dieser Kosten auf die fünf Tochtergesellschaften angegeben. In den folgenden Randnummern werden der Finanzierungsbedarf und die Zahlen der einzelnen Gesellschaften ausführlicher erläutert.

Desinvestition bei französischen Beteiligungen: Summe der angefallenen Kosten

(in Mio. EUR)

 

ACIMAR

NFTI-ou

IBF FRANKREICH

DPD

BETEILIGUNGEN INSGESAMT

Wertminderung bei Forderungen

3,9

 

0,8

2,8

7,5

Wertminderung bei Beteiligungen

 

16,7

0,1

5,1

22,0

Kapitalerhöhung

 

1,7

 

 

1,7

Gesamtkosten

3,9

19,5

0,8

7,9

31,1

Fällige Zinsen zum 30.6.2006

+7,7

Schwankungen Kontokorrentkonto Sept. 2002 bis Dez. 2002

+0,5

Gewinn aus Verkauf von SSTD

–0,2

Gesamte Desinvestitionskosten der französischen Beteiligungen

39,1

a)    Finanzierungsbedarf

(60)

Die Tabelle wurde auf der Grundlage der Zwischenbilanz vom 27. September 2002 erstellt. Folgende Beträge werden darin angegeben:

ein Betrag in Höhe von 31,1 Mio. EUR, der sich aus der Wertminderung bei Forderungen, Wertminderung bei Beteiligungen sowie der Kapitalerhöhung der NFTI-ou in Höhe von 1,7 Mio. EUR. zusammensetzt;

ein Betrag in Höhe von 7,7 Mio. EUR für angefallene Zinsen, die den kumulierten Zinsen zwischen Ende 2002 und 30. Juni 2006 für die Teilbeträge des rückzahlbaren Vorschusses und den Zahlungsaufschub zur Finanzierung der Desinvestition entsprechen;

ein Betrag von – 0,2 Mio. EUR, der dem Gewinn aus dem Verkauf der SSTD entspricht;

ein Betrag von 0,5 Mio. EUR, der der Differenz der Zwischenbilanz zum 27. September 2002 einerseits und dem Betrag der tatsächlichen buchhalterischen Wertminderung zum 31. Dezember 2002 andererseits entspricht.

(61)

Dieser letzte Betrag in Höhe von 0,5 Mio. EUR entspricht den Geldströmen zwischen der IFB und ihren französischen Beteiligungen in der Zeit vom 27. September bis zum Jahresende 2002 und war in der Tabelle anzugeben, um die tatsächlichen buchhalterischen Verluste Ende 2002 mit dem gesamten, auf der Grundlage der Situation vom 27. September 2002 errechneten Bedarf abgleichen zu können. Bezüglich des Finanzierungsbedarfs der IFB ist dieser Betrag nicht zu berücksichtigen; der Finanzierungsbedarf der IFB im Zusammenhang mit der Desinvestition bei den französischen Beteiligungen beträgt somit 38,6 Mio. EUR.

(62)

Der Finanzierungsbedarf für die Desinvestition bei den Beteiligungen der IFB in Frankreich wurde von der SNCB gedeckt. Tatsächlich hat die IFB 30,9 Mio. EUR der Mittel, die ihr aufgrund des vorläufigen Darlehens in Höhe von 15 Mio. EUR und der vorläufigen Nichteinziehung der bestehenden Forderungen in Höhe von 63 Mio. EUR zur Verfügung standen, zur Finanzierung der Desinvestition verwendet. 7,7 Mio. EUR der Finanzierungssumme entsprachen den kraft des Rahmenvertrags vom 7. April 2003 für diese Summe fälligen Zinsen, wobei vertraglich vorgesehen ist, dass die Zinsen erst bei Fälligkeit der Hauptschuld bezahlt (oder gleichzeitig mit der Hauptschuld in Kapital umgewandelt) werden.

b)    Acimar

(63)

Das Unternehmen Acimar erzielte seinen gesamten Umsatz über einen Transportvertrag mit der Gesellschaft Arcelor, der am 31. Dezember 2005 auslief und zum Zeitpunkt der Rechnungsprüfung bei der IFB im zweiten Halbjahr 2002 Verluste in Höhe von […] (7) verursachte. Nachdem Versuche, diesen Vertrag mit Arcelor neu auszuhandeln, fehlgeschlagen waren, beschloss die SNCB, den Konkurs von Acimar anzumelden und um ein gerichtliches Sanierungsverfahren anzusuchen. IFB hatte uneinbringliche Forderungen gegenüber Acimar in Höhe von 3,9 Mio. EUR, die Desinvestitionskosten darstellen.

c)    NFTI-ou

(64)

Bezüglich NFTI-ou, einem Unternehmen im Besitz von IFB und Port Autonome de Dunkerque (Autonomer Hafen Dünkirchen), das Terminals im Hafen von Dünkirchen betrieb, entschied sich die SNCB für eine Desinvestition durch den Verkauf ihrer Beteiligung.

(65)

Die Beteiligung der IFB an NFTI-ou hatte zur Folge, dass die IFB in einer Verpflichtungserklärung zusagen musste, einen Anteil der Verluste entsprechend ihrer Beteiligung an der Gesellschaft zu tragen. Zudem hatte die IFB bei einem Bankdarlehen der Gesellschaft in Höhe von 2,9 Mio. EUR bei der […] für sie gebürgt.

(66)

Um ihre Beteiligung an der Gesellschaft zu veräußern, verhandelte die IFB mit dem Hafen Dünkirchen über die Aufhebung der Pflichten aus der Verpflichtungserklärung. IFB beteiligte sich dafür an einer Kapitalerhöhung bei NFTI-ou in Höhe von 1,7 Mio. EUR, die für die Weiterführung der Aktivitäten der Gesellschaft notwendig geworden war, und veräußerte einen Teil ihrer Gesellschaftsanteile an den Port Autonome de Dunkerque zum symbolischen Preis von einem Euro. Nach dieser Transaktion hielt IFB nur noch 30 % der Gesellschaftsanteile.

(67)

In der Folge suchten und fanden die IFB und der Port Autonome de Dunkerque ein Unternehmen für die Übernahme der Anteile der IFB: die CMA-CGM. […] Berücksichtigt man den Kaufpreis, betrugen die gesamten Desinvestitionskosten für die IFB 18,5 Mio. EUR, d. h. 1,7 Mio. EUR für die Kapitalerhöhung und 16,7 Mio. EUR für die Verluste bei den Beteiligungen.

d)    IFB France

(68)

IFB France, die nunmehr den Firmennamen AGEP trägt, wurde von NFTI-ou übernommen […], was einen Verlust in Höhe von 0,1 Mio. EUR bedeutete. Nachdem IFB zur selben Zeit bei NFTI-ou desinvestierte, führte die Übernahme durch NFTI-ou zur Desinvestition durch Verkauf von IFB France. Vor dem Verkauf sah sich IFB gezwungen, auf seine Forderungen gegenüber IFB France in Höhe von 0,8 Mio. EUR zu verzichten. Die gesamten Desinvestitionskosten für IFB France betrugen somit 0,9 Mio. EUR.

e)    Dry Port Dunkerque

(69)

Die Beteiligung der IFB an Dry Port Dunkerque war mit einer ähnlichen Besonderheit verbunden wie ihre Beteiligung an NFTI-ou: In einer Verpflichtungserklärung musste die IFB versprechen, die operativen Verluste des Unternehmens auszugleichen.

(70)

Die Desinvestition bei dieser Beteiligung der IFB erfolgte teilweise durch Liquidation, teilweise durch Verkauf eines Teils der Aktiva, d. h. der Anteile von Dry Port Dunkerque in Höhe von 8,6 % an NFTI-ou. Anders als bei NFTI-ou konnten die Partner von IFB in diesem Fall nicht die Fortführung des Unternehmens verlangen.

(71)

IFB konnte ihre Forderungen an Dry Port Dunkerque (2,8 Mio. EUR) nicht durchsetzen und hatte Verluste bei ihrer Beteiligung (5,1 Mio. EUR) hinzunehmen. Die Gesamtkosten der Liquidation betrugen somit 7,9 Mio. EUR.

f)    SSTD

(72)

SSTD ist ein gewinnbringendes Unternehmen. Nach dem Verlust seines Hauptkunden und angesichts der strategischen Entscheidung, sich vom französischen Markt zurückzuziehen, beschloss IFB Anfang 2005 den Verkauf des Unternehmens, was einen geringfügigen Gewinn brachte.

2.3.2.2   Der Umstrukturierungsplan für die Fortsetzung der Aktivitäten in Belgien

(73)

IFB erarbeitete gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen McKinsey einen Umstrukturierungsplan für die Geschäftsbereiche der IFB in Belgien. Dieser Plan besteht aus zwei Teilen:

Umstrukturierung des Geschäftsbereichs „IFB Logistics“,

Umstrukturierung des Geschäftsbereichs „IFB Terminals“.

Der Grundgedanke dieses Plans besteht darin, die Aktivitäten der IFB auf ihr Kerngeschäft, d. h. die Logistiktätigkeit und den Betrieb von Terminals in Belgien, zu beschränken und die anderen Geschäftsbereiche, die für das wirtschaftliche Überleben des Kerngeschäfts nicht notwendig sind, aufzugeben oder zu verkaufen. In der Folge soll auf die finanziellen Ergebnisse dieser Umstrukturierung sowie auf die verschiedenen Maßnahmen zur Erreichung dieser Resultate (allgemeine Maßnahmen, Maßnahmen im Bereich der Logistiktätigkeit, Maßnahmen im Bereich der Terminaltätigkeit, Investitionen) eingegangen werden.

a)    Finanzielle Ergebnisse der Umstrukturierung

(74)

Nach Anpassungen aufgrund von Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen für Risiken und Aufwendungen („operativer Cashflow“) sah der Umstrukturierungsplan folgende finanzielle Ergebnisse vor, die tatsächlich weitgehend erreicht wurden.

(Mio. EUR)

 

2004

2005

2006 (1. Halbjahr)

Gesamtsumme im Zeitraum der Umstrukturierung

Prognostizierter operativer Cashflow

3,9

4,3

2,35

10,550

Tatsächlich erreichter operativer Cashflow

4,875

3,079

2,475

10,429

(75)

Die Prognosen für die finanziellen Ergebnisse der IFB basierten im Wesentlichen auf folgenden Elementen, die der IFB zum Zeitpunkt der Annahme des Umstrukturierungsplans bekannt waren:

Konzentration des „Railbarge“-Verkehrs auf einen Terminal und merkliche Steigerung des Volumens. Die Zentralisierung des „Railbarge“-Verkehrs erlaubte eine Optimierung des operationellen Modells und eine Erhöhung der Erlöse, zumal die bisher von Dritten durchgeführten Umschlagsarbeiten in die Unternehmensgruppe integriert werden konnten. Außerdem konnte IFB einen neuen wichtigen Kunden, CSAV, gewinnen, der bereits ab 2004 Aufträge in einer Größenordnung von 50 000 TEU beabsichtigte.

Merkliche Verringerung des Personals sowie der Wartungskosten. Diese Maßnahmen werden in den Randnummern 78 bis 83 dieser Entscheidung ausführlicher beschrieben.

Neue Vereinbarung bezüglich des Betriebs des Eisenbahnterminals Cirkeldyck, die erhebliche Synergieeffekte mit dem benachbarten Terminal MSC Home Terminal ermöglichte.

Wachstum des Volumens des Terminals Muizen infolge der Unterzeichnung eines neuen Vertrags mit Unilog.

Äußerst positive allgemeine Prognosen für den intermodalen Verkehrsmarkt, der seit Beginn des neuen Jahrtausends ein spektakuläres Wachstum verzeichnet.

b)    Getroffene Umstrukturierungsmaßnahmen

(76)

Der Abschluss eines neuen Tarifvertrags auf Unternehmensebene und die Änderung der arbeitsrechtlichen Vorschriften führten zu einer höheren Aktivitätsquote (die Anzahl der Arbeitstage pro Jahr erhöhte sich seit 1. Januar 2004 um 13 Tage) und niedrigeren Kosten (die Entlohnung der Wochenend- und der Schichtarbeit wurde mit 1. Oktober 2003 reduziert).

(77)

Die Verwaltungs- und Verkaufsabteilungen wurden in Berchem zusammengeführt, so dass die Niederlassung in Gand geschlossen und die Kapazitäten am Standort von Zeebrugge reduziert werden konnten.

(78)

Diese Maßnahmen trugen zu einem Personalabbau bei, der für eine Senkung der Gemeinkosten von IFB um insgesamt ungefähr 2,55 Mio. EUR pro Jahr (8) notwendig geworden war. Tatsächlich reduzierte die IFB ihr Personal von 210 VZE (9) im September 2002 auf 175 VZE zu Beginn des Jahres 2006, was eine Verringerung um 17 % bedeutet. Dieser Abbau lässt sich folgendermaßen aufschlüsseln:

In den direkt betriebenen Terminals (ohne Tochtergesellschaften) wurde das Personal von 110 VZE im September 2002 auf 96 VZE Anfang 2006, d. h. um 13 %, reduziert.

Im Logistikbereich der IFB wurde das Personal von 60 VZE im September 2002 auf 49 VZE Anfang 2006, also um 19 %, reduziert.

In den Bereichen „Marketing und Verkauf“ und in den anderen zentralen Abteilungen (Finanz-, Personalabteilung etc.) wurde ein Personalabbau von 40 VZE im September 2002 auf 31 VZE Anfang 2006, d. h. um 23 %, durchgeführt.

(79)

Der Umstrukturierungsplan sah die folgenden neun Maßnahmen vor, mit denen eine Verbesserung der finanziellen Lage um 5,7 Mio. EUR erreicht werden sollte.

Maßnahmen

Gewinn

1.

Auswirkung der Lohnkostensenkung

[…]

2.

Beratung und Outsourcing

[…]

3.

Wertberichtigungen und außerordentliche Abschreibungen

[…]

4.

Einstellung der nicht gewinnbringenden Bereiche des North European Network

[…]

5.

Rückgang des Volumens im herkömmlichen Verkehr

[…]

6.

Auflösung von Rückstellungen für die Wartung von Waggons

[…]

7.

Zunahme des Intermodalverkehrs

[…]

8.

Neuverhandlung des Railbarge-Vertrags (Preiserhöhung und Neugestaltung der Produkte)

[…]

9.

Erhöhung der Provisionen der Vertretungen (Vertreter)

[…]

10.

Senkung der Gemeinkosten

[…]

(80)

Bei der Durchführung des Umstrukturierungsplans, die Ende 2004 abgeschlossen wurde, wurden zwei zusätzliche Maßnahmen getroffen:

Für den Terminal Cirkeldijck wurde der Umschlagspreis erhöht;

die Verkehrsströme wurden allgemein analysiert und in der Folge in Abstimmung mit den Kunden neu ausgerichtet.

(81)

Die 2005 abgeschlossene Umstrukturierung des Geschäftsbereichs „IFB Terminals“ sollte sieben Maßnahmen umfassen, die in den Randnummern 103 bis 107 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens eingehender beschrieben werden.

(82)

Neben den ursprünglich geplanten Maßnahmen führte IFB Logistics eine eingehende Analyse ihrer Eisenbahnprodukte durch, die ergab, dass das Unternehmen unrentable Produkte anbot, die IFB seither eingestellt hat.

(83)

Bei anderen Produkten ergab diese Analyse die Notwendigkeit von Verbesserungen auf technischer Ebene. Diese wurden insbesondere im Bereich des intermodalen Containerverkehrs durchgeführt.

(84)

Die Umstrukturierung von Mainhub sowie von Zomerweg machten erneute Investitionen notwendig […], vor allem Ersatzinvestitionen […] sowie verschiedene andere Investitionen […].

2.4   Beschreibung der Gründe für die Einleitung des Verfahrens am 7. Dezember 2005

(85)

Belgien vertrat in seiner Anmeldung die Auffassung, dass die gegenständlichen Maßnahmen keine staatliche Beihilfe darstellten, zumal sie nicht dem belgischen Staat zugerechnet werden könnten und die SNCB auf jeden Fall wie ein marktwirtschaftlich handelnder Privatinvestor agiert habe.

(86)

Die Kommission hegte Zweifel, ob die Gewährung eines Zahlungsaufschubs für die bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 63 Mio. EUR und ihre Umwandlung in Gesellschaftskapital einschließlich der dafür angefallenen Zinsen in Höhe von 11 Mio. EUR nicht eine staatliche Beihilfe darstellten. Ihre Zweifel konzentrierten sich auf die Frage, inwieweit die Vorgehensweise der SNCB ihrem Eigentümer, dem belgischen Staat, zugerechnet werden könne, sowie die Frage, ob die SNCB wie ein marktwirtschaftliche handelnder Privatinvestor agiert habe.

(87)

Zudem hatte sie Bedenken, dass die Gewährung eines rückzahlbaren Vorschusses in Höhe von 5 Mio. EUR und eines Darlehens über 15 Mio. EUR, die Umwandlung des Darlehens von 15 Mio. EUR und der dafür angelaufenen Zinsen in Höhe von 2,5 Mio. EUR in Gesellschaftskapital sowie die Sacheinlage über 5 Mio. EUR in Form der Beteiligung der SNCB an TRW staatliche Beihilfen darstellten.

(88)

Nachdem diese Hilfsmaßnahmen Liquiditätsbeihilfen waren, zweifelte die Kommission daran, ob sie als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könnten, zumal es sich um Rettungsbeihilfen handelte, die für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten gewährt wurden.

(89)

Die Kommission hegte Zweifel in Bezug auf die Frage, ob die Gesamtheit der Hilfsmaßnahmen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Umstrukturierungsmaßnahmen anerkannt werden könnte.

(90)

Ihre Zweifel erstreckten sich auf die zeitliche Anwendbarkeit der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten aus dem Jahr 1999 (10) (im Folgenden: „die Leitlinien von 1999“) sowie der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten aus dem Jahr 2004 (11) (im Folgenden: „die Leitlinien von 2004“), das Ausreichen der Vorkehrungen zur Abmilderung nachteiliger Auswirkungen der Beihilfe auf Wettbewerber sowie die Begrenzung der Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß und den ausreichenden Umfang des von der IFB geleisteten Eigenbeitrags zu den Umstrukturierungsmaßnahmen.

(91)

Mit Schreiben vom 14. Februar 2006 übermittelte Belgien seine Stellungnahme, die durch Schreiben vom 29. Juni 2006, 20. September 2006, 16. November 2006 und 21. November 2006 ergänzt wurde.

(92)

In ihrer Antwort wiederholen die belgischen Behörden ihre Position, nach der die gegenständlichen Maßnahmen keine Beihilfen darstellten, da sie nicht dem belgischen Staat zugerechnet werden könnten und die SNCB sich wie ein marktwirtschaftlich handelnder Privatinvestor verhalten habe.

(93)

Die belgischen Behörden vertreten darüber hinaus die Ansicht, dass die gegenständlichen Maßnahmen, sollten sie als staatliche Beihilfen eingestuft werden, auf der Grundlage der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten aus dem Jahr 1999 und nicht auf der Grundlage der Leitlinien aus dem Jahr 2004 zu prüfen seien. Außerdem sind die belgischen Behörden der Meinung, dass die Maßnahmen als Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

3.   STELLUNGNAHME BELGIENS

(94)

Die Position Belgiens kann folgendermaßen zusammengefasst werden:

3.1   Die Bemerkungen der belgischen Behörden zum Verfahren

(95)

In ihrem Antwortschreiben teilen die belgischen Behörden der Kommission mit, dass sie Vorbehalte in Bezug auf die Dauer der Untersuchung anmelden. Sie vertreten die Auffassung, berechtigterweise davon ausgehen zu können, dass die vorläufige Beibehaltung der Rettungsmaßnahmen bis zur endgültigen Entscheidung der Kommission bezüglich des Umstrukturierungsplans als rechtmäßig anzusehen ist.

(96)

Die Mitteilungen vom 12. August 2003 (Eingang bei der Kommission unter der Nummer NN 9/04) und vom 28. Januar 2005 (Eingang bei der Kommission unter der Nummer N 55/05) hatten laut den Angaben der belgischen Behörden den Zweck, der Kommission alle Beweismittel zu liefern, um festzustellen, ob die Maßnahmen der SNCB zugunsten von IFB eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellten oder nicht. Nach Ansicht der belgischen Behörden würde (und werde) die Kommission erst dann, wenn die Maßnahmen als staatliche Beihilfe eingestuft würden, aufgefordert werden, die Mitteilungen als Anmeldungen im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag anzusehen.

(97)

Die belgischen Behörden vertreten die Auffassung, dass insbesondere die Mitteilung vom 12. August 2003 nicht dafür spreche, dass die Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen zugunsten der IFB staatliche Beihilfen darstellten und dass demnach auch die Rettungsmaßnahmen nicht als nicht angemeldete staatliche Beihilfen eingestuft werden könnten. Nach Ansicht der belgischen Behörden unterlagen diese Maßnahmen nicht der Verpflichtung nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag, das Vorhaben im Voraus anzumelden und nicht vor Abschluss der Untersuchung durchzuführen.

(98)

Die belgischen Behörden nehmen eine ähnliche Position bezüglich der Mitteilung vom 28. Januar 2005 ein, in der Belgien die Kommission über eine zusätzliche Kapitalerhöhung über 5 Mio. EUR unterrichtete.

3.2   Nichtvorliegen einer „staatlichen Beihilfe“ im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

3.2.1   Fehlen staatlicher Mittel

(99)

Belgien ist der Ansicht, dass weder die Rettungsmaßnahmen noch die Umstrukturierungsmaßnahmen zugunsten von IFB aus staatlichen Mitteln finanziert wurden. Die SNCB habe diese Maßnahmen ausschließlich aus eigenen Mitteln finanziert, ohne auf irgendeine Art und Weise staatliche Ressourcen zu mobilisieren.

(100)

Nach Ansicht der belgischen Behörden reiche die Tatsache, dass die SNCB ein öffentliches Unternehmen im Sinne der Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (12) ist, nicht aus, um nachzuweisen, dass die gegenständlichen, von der SNCB finanzierten Maßnahmen aus staatlichen Mitteln finanziert worden seien. Die belgischen Behörden vertreten die Auffassung, dass einerseits zwischen den Eigenmitteln der SNCB — dem Ergebnis ihrer Geschäftstätigkeit — und andererseits den aus dem Staatshaushalt stammenden Mitteln für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen durch die SNCB zu unterscheiden sei. Nachdem die staatliche Kapitalausstattung nicht ausreiche, um alle Ausgaben für die genannten Leistungen abzudecken, sei es nach Ansicht der belgischen Behörden ausgeschlossen, dass die SNCB staatliche Mittel für die Maßnahmen zugunsten der IFB verwendet habe.

(101)

Die belgischen Behörden vertreten die Meinung, dass das Vermögen der SNCB nicht der öffentlichen Hand zur Verfügung stehe, sondern für den Unternehmensgegenstand der SNCB bestimmt sei. Folglich stehe es nicht den nationalen Behörden zur Verfügung, wie es im so genannten Stardust-Marine-Urteil (13) vorausgesetzt wird.

(102)

Belgien erklärt schließlich, dass jedwede Verringerung der Eigenmittel der SNCB aufgrund der Maßnahmen zugunsten der IFB keineswegs einen „Verlust“ für den Staat (14) bedeutet hätte, zumal es sich keinesfalls um Mittel handelte, die sonst wieder in den Staatshaushalt gelangt wären.

3.2.2   Fehlende Zurechenbarkeit

(103)

Bezüglich der Gewährung eines Liquiditätsvorschusses in Höhe von 2,5 Mio. EUR im zweiten Halbjahr 2002 vertreten die belgischen Behörden die Auffassung, dass die Entscheidung der SNCB, diesen Vorschuss zu gewähren, nicht dem belgischen Staat zugerechnet werden könne.

(104)

Als Beweis dafür bringen sie folgende Argumente vor:

Die strategische Entscheidung der SNCB, eine Umstrukturierung des Unternehmens IFB vorzunehmen, anstatt Konkurs anzumelden, wurde vom Vorstand der SNCB alleine getroffen. Insbesondere sei es weder in den Ende 2001 von der belgischen Regierung in Auftrag gegebenen Studien für die Gesellschaft ABX noch in den im Jahr 2002 getroffenen Entscheidungen des belgischen Ministerrats bezüglich ABX um die Zukunft der IFB gegangen.

Die Gewährung des Vorschusses an IFB war vom Vorstand der SNCB entschieden worden. Die belgischen Behörden räumen ein, dass der Vorstand zwar beschlossen hatte, diese Maßnahme dem Verwaltungsrat der SNCB zu unterbreiten, vertreten aber die Ansicht, dass die Gewährung des Liquiditätsvorschusses keiner Genehmigung durch den Verwaltungsrat der SNCB bedurfte, zumal kraft der Vollmachten des Verwaltungsrats an den Vorstand dieser befugt sei, die SNCB für Beträge bis zu 2,5 Mio. EUR zu verpflichten.

Dieser Vorschuss sei nicht Teil eines Umstrukturierungsplans, eines anderen Plans oder einer anderen Maßnahme gewesen, die der belgischen Regierung unterbreitet wurde oder Gegenstand irgendeiner Beratung mit den belgischen Behörden gewesen wäre.

Andere Faktoren wie die relativ geringe Höhe und der vorläufige Charakter des Vorschusses untermauern ebenfalls die Schlussfolgerung, dass seine Gewährung nicht dem belgischen Staat zugeordnet werden könne.

(105)

Bezüglich der Nichtbezahlung der Rechnungen der SNCB durch IFB sind die belgischen Behörden der Auffassung, dass der Verwaltungsrat der SNCB nicht darüber informiert wurde, dass die IFB bis Dezember 2002 — also bis zum Zeitpunkt, zu dem er die Kapitalerhöhung der IFB grundsätzlich beschlossen hatte — keine Rechnungen an die SNCB bezahlt habe.

(106)

Ferner vertreten die belgischen Behörden die Ansicht, dass die Handlungen oder Unterlassungen des Verwaltungsrats, des Vorstands oder des geschäftsführenden Direktors — egal ob vor oder nach Abschluss des Rahmenvertrags — nicht dem belgischen Staat zugerechnet werden können. Sie führen an, dass eine Beteiligung des belgischen Staates (im Sinne des Stardust-Marine-Urteils) am Entscheidungsprozess der SNCB bezüglich der Gewährung der Maßnahmen zugunsten der IFB fehle.

(107)

Nach Ansicht der belgischen Behörden stellten die Maßnahmen der SNCB zugunsten der IFB Maßnahmen dar, die die SNCB einer Tochtergesellschaft gewährte, die selbst keinerlei öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen hat und auch nicht an der Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen der SNCB beteiligt ist. Die Aktivitäten der IFB seien daher rein kommerzieller Natur ohne jeglichen Zusammenhang mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen. Somit, so die belgischen Behörden weiter, unterliegen sie nicht der staatlichen Kontrolle, denn in allen Angelegenheiten, die nichts mit den gemeinwirtschaftlichen Diensten zu tun haben, müssten die belgischen Behörden die Autonomie der SNCB respektieren.

(108)

Bezüglich der Rolle des Regierungskommissars stellen die belgischen Behörden fest, dass sie nie mit der IFB befasst worden seien und demnach nicht berufen gewesen wären, zu intervenieren, zumal der Regierungskommissar nie zu den Maßnahmen zugunsten von IFB Stellung genommen und auch keinerlei Beanstandung vorgebracht habe. Sie behaupten zudem, sich in keiner Weise — weder in der Zeit vor Abschluss des Rahmenvertrags noch danach — am Entscheidungsprozess der SNCB bezüglich IFB beteiligt zu haben.

(109)

Bezüglich der drei Anhaltspunkte, auf die die Kommission im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens hinweist (Randnummern 143 bis 150) — nämlich die Unterbreitung des Umstrukturierungsplans zur Genehmigung durch die belgische Regierung, die Zeitungsartikel, die von einem starken Einfluss der belgischen Regierung auf die SNCB im Jahr 2003 sprechen, und schließlich die Reichweite, den Inhalt und die Bedingungen des Rahmenvertrags — vertreten die belgischen Behörden die Ansicht, dass diese Punkte nicht ausreichten, um eine Zurechenbarkeit im Sinne des Stardust-Marine-Urteils nachzuweisen.

(110)

Was die Genehmigung des Umstrukturierungsplans durch die belgische Regierung anbelangt, sind die belgischen Behörden der Auffassung, dass diese Bedingung des Rahmenvertrags keineswegs darauf hindeute, dass die belgischen Behörden in irgendeiner Weise als für die Beurteilung des Inhalts des Umstrukturierungsplans zuständig anzusehen seien, sondern eher auf den Wunsch der SNCB zurückzuführen war, dass der Umstrukturierungsplan sowie der Rahmenvertrag der Kommission übermittelt werde.

(111)

Im Zusammenhang mit den Zeitungsartikeln vertritt die belgische Regierung die Ansicht, dass diese aus folgenden Gründen keinerlei Anhaltspunkt für ihre Beteiligung an der gegenständlichen Sache enthalten:

Im Artikel, der am 19. Mai 2003 in La Libre Belgique erschien, erklärt die Presseabteilung der SNCB, dass man in der Angelegenheit der IFB die Kommission noch nicht um grünes Licht gebeten habe, da „le pouvoir fédéral a son mot à dire“ [die Bundesregierung auch ein Wort mitzureden habe]. Gemäß der belgischen Regierung beziehen sich diese Aussagen ausschließlich auf die „Mitteilung“ des belgischen Staates an die Kommission über die Maßnahmen zugunsten der IFB.

Im Artikel, der in La Libre Belgique vom 18. Dezember 2002 (in der auf der Website www.cheminots.be veröffentlichten Fassung) erschien, wird Herr Karel Vinck in folgendem Zusammenhang erwähnt: „Il réclame une marge de manœuvre suffisante pour le management de la société.“ [Er verlangt einen ausreichenden Handlungsspielraum für das Management der Gesellschaft]. Gemäß den belgischen Behörden handle es sich dabei um eine Erklärung, die ausschließlich die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags der SNCB betreffe und den Gedanken zum Ausdruck bringe, dass die belgischen Behörden dafür zuständig seien, mit der SNCB die Ziele im Zusammenhang mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen über das gesetzlich vorgesehene Instrument des Verwaltungsvertrags zu vereinbaren, wobei die Verwirklichung dieser Ziele jedoch im Zuständigkeitsbereich und in der Verantwortung des Verwaltungsrats der SNCB liege.

(112)

Schließlich übermittelten die belgischen Behörden der Kommission eine schriftliche Erklärung von Herrn Karel Vinck, dem damaligen geschäftsführenden Direktor der SNCB, in der er bestätigt, dass die belgischen Behörden in keiner Weise an der Gewährung der gegenständlichen Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen der SNCB zugunsten der IFB beteiligt waren. Dieses von Herrn Vinck am 17. November 2006 unterzeichnete Schreiben ging am 5. Dezember 2006 bei der Kommission ein.

(113)

Im Zusammenhang mit der Reichweite, dem Inhalt und den Bedingungen des Rahmenvertrags wiederholen die belgischen Behörden ihre Position, nach der sie — auch wenn es sich um für die Zukunft der IFB wichtige Umstrukturierungsmaßnahme handle — weder zur Erteilung von Genehmigungen noch zur inhaltlichen Kontrolle befugt und auch nicht berechtigt waren, in der gegenständlichen Angelegenheit zu beraten.

3.2.3   Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatinvestors

(114)

Nach Auffassung der belgischen Behörden habe die Kommission gemäß ihrer Argumentation in der Entscheidung bezüglich ABX Logistics (15) die Mittel, die die SNCB der IFB zur Finanzierung der Desinvestition bei den französischen Tochtergesellschaften gewährte, einerseits und die Mittel, die die SNCB der IFB zur Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit in Belgien zur Verfügung stellte, andererseits einer getrennten Prüfung zu unterziehen.

3.2.3.1   Desinvestition bei den französischen Tochtergesellschaften

(115)

In der Entscheidung ABX Logistics habe die Kommission bestätigt, dass sich die SNCB mit der Übernahme der Kosten für den Rückzug — zumal ABX Frankreich nicht in der Lage war, diese Kosten selbst zu tragen — wie ein „marktwirtschaftlich handelnden Privatinvestor“ verhalten habe.

(116)

Die belgischen Behörden sind der Ansicht, dass dieselbe Schlussfolgerung auch für die Desinvestionskosten der IFB bezüglich ihrer französischen Tochtergesellschaften zu ziehen sei, und versuchen darzulegen, dass die IFB für jede dieser Gesellschaften die kostengünstigste Variante gewählt habe.

(117)

In Bezug auf Acimar stellte Belgien folgende Tabellen zur Verfügung:

Acimar — Sanierungsverfahren und darauf folgende Liquidation

Finanzielle Situation 2002

(in Mio. EUR)

 

2001

2002

Umsatz

 

 

Gewinn vor Steuern (EBT)

 

 

Bilanzsumme (31.12.)

 

 

Eigenkapital (31.12.)

 

 


Kosten der Alternativen

(in Mio. EUR)

 

Durchführung des Vertrags

Gerichtliches Sanierungsverfahren

Cash Drain 1.1.2003—31.12.2005

 

 

Wertminderung bei Forderungen 31.12.2002

 

 

Summe

–14,7

–3,9

Anmerkungen

Die im Jahr 2002 unternommenen Versuche, die Vertragsbestimmungen neu zu verhandeln, schlugen fehl; der Vertrag hatte eine Laufzeit bis 31.12.2005.

Die Durchführung des Vertrags führte zu einem hohen jährlichen Cash Drain.

In dieser Situation stellte der Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren die am wenigsten kostspielige Option dar.

Während des Sanierungsverfahrens wurden die Betriebsverluste vom Kunden finanziert.

Die Aktivitäten von Acimar wurden am 1.9.2003 eingestellt.

(118)

In Bezug auf NFTI-ou stellte Belgien folgende Tabellen zur Verfügung:

NFTI-ou — Verkauf

Finanzielle Situation 2002

(in Mio. EUR)

 

2001 (16)

2002

Umsatz

 

 

Gewinn for Steuern (EBT)

 

 

Bilanzsumme (31.12.)

 

 

Eigenkapital (31.12.)

 

 


Kosten der Alternativen

(in Mio. EUR)

 

Fortsetzung

Teilverkauf

Kapitalerhöhung und Rückzahlung des Darlehens an ING

 

 

Sanierungsplan

 

 

Aktualisierter Cash Drain (jährlicher Betrag von – 3,7 Mio. EUR (100 % Verpflichtungserklärung)

 

 

Wertminderung bei Beteiligungen

 

 

Wertminderung bei Forderungen 31.12.2002

 

 

Verkaufspreis (1 EUR) — Beteiligung von 30 %

 

 

Summe

–36,2

–18,5

Anmerkungen

Auf der Grundlage einer „Verpflichtungserklärung“ musste IFB Einlagen auf das Kontokorrentkonto vornehmen.

IFB bürgte für ein Bankdarlehen von NFTI-ou, dessen Rückzahlung von ING verlangt wurde.

Unter diesen Umständen verhandelte IFB mit einem anderen Aktionär, dem Port Autonome de Dunkerque (PAD, Autonomer Hafen Dünkirchen), über

eine Kapitalerhöhung von NFTI-ou, wovon ein Teil von IFB gezeichnet wurde;

die Befreiung der IFB von ihren Pflichten aus der Verpflichtungserklärung und die Zusage von PAD, mittels einer Übernahme zu einem symbolischen Preis durch PAD einen Käufer für die restliche Beteiligung der IFB an NFTI-ou zu finden, um diese auf 30 % (einschließlich der über DVD gehaltenen Beteiligung) zu verringern.

Der Verkauf der restlichen Beteiligung von 30 % wird derzeit vorangetrieben.

(119)

Die belgischen Behörden teilten der Kommission mit, dass nie beabsichtigt war, für NFTI-ou Konkurs anzumelden, da die Fortsetzung der Aktivitäten von NFTI-ou durchaus mit Rentabilitätsaussichten verbunden war. Ihrer Ansicht nach bewiesen der Verkauf der 30%igen Beteiligung der IFB an CMA-CGM am 2. November 2006 […] und die vollständige Rückzahlung der in Form von Barvorschüssen gewährten Darlehen die Lebensfähigkeit des Unternehmens.

(120)

In Bezug auf IFB France, später AGEP, übermittelten die belgischen Behörden folgende Tabellen.

IFB France (AGEP) — Verkauf A NFTI-ou

Finanzielle Situation 2002

(in Mio. EUR)

 

2001

2002

Umsatz

 

 

Gewinn for Steuern (EBT)

 

 

Bilanzsumme (31.12.)

 

 

Eigenkapital (31.12.)

 

 


Kosten der Alternativen

(in Mio. EUR)

 

Fortsetzung

Transfert NFTI-ou

Forderungsverzicht

 

 

Wertminderung bei Beteiligungen

 

 

Gewinn bei Durchführung der Aktienübertragung

 

 

Gesellschaftsschulden (14 VZE)

 

 

Total

–1,7

–0,8

Anmerkungen

Angesichts des Risikos einer Zwangsliquidation oder einer Konkurseröffnung verhandelte IFB mit PAD über den Verkauf von Aktien der IFB France an NFTI-ou, der allerdings auf dem Weg eines Forderungsverzichts durch die IFB abgewickelt werden sollte.

Die Liquidation der Gesellschaft hätte wesentlich höhere Kosten verursacht (Wertminderung bei Beteiligungen, Gefahr der Deckung der Schulden als Gründer und/oder einziger faktischer Leiter).

(121)

In Bezug auf Dry Port Dunkerque legten die belgischen Behörden folgende Tabellen vor:

Dry Port Dunkerque (DPD) — Liquidation mit Teilverkauf

Finanzielle Situation 2002

(in Mio. EUR)

 

2001

2002

Umsatz

 

 

Gewinn for Steuern (EBT)

 

 

Bilanzsumme (31.12.)

 

 

Eigenkapital (31.12.)

 

 


Kosten der Alternativen

(in Mio. EUR)

 

Fortsetzung

Liquidation mit Teilverkauf von Vermögenswerten

Aktualisierter Cash Drain (jährlicher Wert – 0,5 Mio. EUR) (100 % Verpflichtungserklärung)

 

 

Wertminderung bei Forderungen

 

 

Wertminderung bei Beteiligungen

 

 

Summe

–10,4

–7,9

Anmerkung

Aufgrund einer Verpflichtungserklärung musste IFB Einlagen auf das Kontokorrentkonto durchführen, um die operativen Verluste von DPD auszugleichen.

Nach der Desinvestition bei NFTI-ou wurde ein Käufer für die Beteiligung an DPD gesucht, jedoch ohne Erfolg.

IFB verhandelte über einen gütlichen Vergleich mit DPD in Form einer Überlassung der 8,5%igen Beteiligung an NFTI-ou zu einem symbolischen Preis.

(122)

Bezüglich SSTD wurden folgende Tabellen von den belgischen Behörden zur Verfügung gestellt:

SSTD: Verkauf

Hintergrund:

IFB besaß eine 50%ige Beteiligung

Die Aktivitäten der SSTD waren gewinnbringend und wurden bis Anfang 2005 fortgeführt.

Ende 2004 verlor die SSTD ihren Hauptkunden (mit dem sie 40 % ihres Umsatzes erwirtschaftete).

Dieser Verlust bewirkte die Entscheidung über den Verkauf der Beteiligung an SSTD.

Der Verkauf der Beteiligung an der SSTD erfolgte Anfang 2005 mit einem geringfügigen Gewinn (positive, aber vernachlässigbare Auswirkungen auf den Finanzierungsbedarf).

(123)

Die belgischen Behörden schließen daraus, dass die IFB bezüglich der französischen Tochtergesellschaften die kostengünstigste Lösung gewählt hat.

3.2.3.2   Umstrukturierung und Fortführung der Aktivitäten von IFB in Belgien

(124)

Bezüglich der Finanzierung der Umstrukturierung und der Fortführung der Aktivitäten der IFB in Belgien sind die belgischen Behörden der Ansicht, dass die SNCB ebenfalls wie ein umsichtiger Privatgläubiger oder -investor gehandelt habe, zumal das finanzielle Ergebnis der Alternative — die Einstellung der Aktivitäten in Belgien — für die SNCB kostspieliger und somit weniger attraktiv gewesen wäre.

(125)

Die belgischen Behörden legten folgende Berechnungen vor, um die behaupteten Kosten der Einstellung der Geschäftstätigkeit der IFB in Belgien und die behaupteten Kosten für die Fortführung der Aktivitäten mittels einer Kapitalerhöhung zu veranschaulichen.

a)    Nettokosten für die SNCB unter der Annahme eines Konkurses der IFB im Jahr 2003

(126)

Die belgischen Behörden bestimmten den Nettogegenwartswert der IFB ausgehend von der Unternehmensbilanz zum 31. Dezember 2002. Ihren Angaben zufolge umfasste der Wert des Anlagevermögens der IFB, der unter der Annahme einer Konkursanmeldung der IFB im Januar 2003 hätte erzielt werden können, sowohl die Sachanlagen als auch die Finanzanlagen (Beteiligungen).

(127)

Für die Sachanlagen geben die belgischen Behörden einen Betrag in Höhe von 6,9 Mio. EUR an. Zur Begründung dieser Berechnung verweisen sie auf die Studie „Bankruptcy auctions: costs, debt recovery, and firm survival“ (17), in der der Schluss gezogen wird, dass die Einziehungsrate der gesamten Forderungen bei einem Konkursszenario im Durchschnitt 33 % beträgt. Bei der Berechnung der eingezogenen Vermögenswerte wandten die belgischen Behörden diesen Satz auf die Sachanlagen in der Bilanz der IFB in Höhe von insgesamt 20,9 Mio. EUR (mit Ausnahme der Sachanlagen auf Baustellen in Höhe von 1,9 Mio. EUR, für die eine Einziehungsrate von Null angenommen wurde) an.

(128)

Für die Finanzanlagen (Beteiligungen) gingen die belgischen Behörden von einem Wert in Höhe von 1,9 Mio. EUR aus, der ihrem gesamten Buchwert in der Bilanz der IFB zum 31. Dezember 2002 entspricht.

(129)

Für das Umlaufvermögen schlagen die belgischen Behörden folgende Schätzungen vor:

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen der IFB: Dabei handelte es sich um einen Gesamtbetrag in Höhe von 25,6 Mio. EUR, wovon 18 Mio. EUR eingebracht werden können sollten, was einer Einziehungsrate von 70 % für die kurzfristigen Forderungen entspricht. Dieser Satz basiert auf dem in der Studie „Liquidation of Ormet Corporation“ (18) angegebenen Durchschnittswert.

Andere Forderungen von IFB: Dabei handelte es sich um einen Betrag in Höhe von 7 Mio. EUR, wovon 4,5 Mio. EUR eingebracht werden können sollten. Der Betrag von 7 Mio. EUR könne in 2,5 Mio. EUR Forderungen an die Tochtergesellschaften DPD und OCHZ und 4,5 Mio. EUR Mwst.-Forderungen aufgeteilt werden. Für die Mehrwertsteuerforderungen wird eine Einziehungsrate von 100 % und für die beiden Tochtergesellschaften eine Einziehungsrate von 0 % angenommen.

Liquide Mittel und Rechnungsabgrenzungsposten: Dabei handelte es sich um einen Betrag in Höhe von 6,4 Mio. EUR, der zur Gänze eingebracht werden können sollte.

(130)

Wie in Übersicht 2 dargestellt, ergibt die Anwendung all dieser Einziehungsraten eine Summe von insgesamt 37,5 Mio. EUR im Fall des Konkurses/der Liquidation der IFB.

Übersicht 2

Einziehung von Vermögenswerten

(in Mio. EUR)

Image

(131)

Danach ziehen die belgischen Behörden vom Betrag, der voraussichtlich eingebracht werden kann, die Verbindlichkeiten der IFB ab. Diese sollten insgesamt 76,9 Mio. EUR betragen, wobei die Verbindlichkeiten gegenüber der SNCB in Höhe von 63 Mio. EUR aufgrund unbezahlter Rechnungen im Zeitraum 2000—2002 nicht berücksichtigt sind. Sie lassen sich folgendermaßen aufschlüsseln:

a)

Gesellschaftsschulden: Gesamtbetrag in Höhe von 2,9 Mio. EUR für alle Mitarbeiter der IFB nach Subtraktion des an die IFB abgestellten Personals der SNCB;

b)

Steuern, Löhne und Sozialversicherung: Gesamtbetrag in Höhe von 1,4 Mio. EUR, der fällig, aber noch nicht bezahlt ist (der Bilanz zum 1. Januar 2003 entnommen);

c)

Rückstellungen und latente Steuern: festgehalten wurde ein Betrag in Höhe von 34,7 Mio. EUR von insgesamt 40,8 Mio. EUR auf der Passivseite der Bilanz zum 31. Dezember 2002. Diese Differenz kann durch folgende Posten erklärt werden, die im Fall einer Liquidation der IFB nicht berücksichtigt werden sollten:

Wartung der Terminals: 3,3 Mio. EUR;

Wartung im Logistikbereich: 0,9 Mio. EUR;

Rückstellungen für Personalumstrukturierung: 1,9 Mio. EUR;

d)

Verbindlichkeiten der IFB gegenüber Banken in Höhe von insgesamt 15 Mio. EUR. Die Schulden bei verschiedenen Kreditinstituten […] waren durch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen der IFB besichert. Aus diesem Grund und in Anbetracht der Erhaltung des Ansehens der SNCB auf dem Bankenmarkt ist klar, dass diese Schulden auch vor einer möglichen Begleichung der Forderungen der SNCB an die Kreditinstitute zurückgezahlt worden wären;

e)

Verbindlichkeiten gegenüber anderen Firmen als der SNCB in Höhe von 22,9 Mio. EUR.

Aus diesen Berechnungen gehe hervor, dass sich das Nettovermögen der IFB für die SNCB ohne Berücksichtigung der Schulden gegenüber der SNCB auf – 39,4 Mio. EUR belaufen habe, was dem Wert der gesicherten Vermögenswerte (37 Mio. EUR) abzüglich des Gesamtbetrags der zu bezahlenden Verbindlichkeiten (76,9 Mio. EUR), ohne Berücksichtigung der Schulden gegenüber der SNCB, entspreche.

(132)

Die belgischen Behörden vertreten die Auffassung, dass im Liquidationsfall die SNCB die negative Eigenkapitalquote der IFB übernommen hätte, um zu vermeiden, dass das geschäftliche Ansehen des Unternehmens gravierenden Schaden erleide. In diesem Zusammenhang betonen sie, dass der Großteil der Gläubiger von IFB auch Kunden, Lieferanten, Gläubiger, Schuldner oder Partner der SNCB sind.

(133)

Außerdem hätte die Einstellung der Aktivitäten der IFB, ebenfalls nach Aussagen der belgischen Regierung, zu großen Gesellschaftsschulden bei der SNCB geführt, die auf 530 VZE geschätzt werden (19). Diese 530 VZE setzen sich folgendermaßen zusammen:

einerseits ca. 50 Mitarbeiter der SNCB, die an die IFB abgestellt wurden und im Falle eines Konkurses wieder in die SNCB eingegliedert werden hätten müssen;

andererseits ca. 480 VZE der SNCB, deren Tätigkeit von der Fortführung der Aktivitäten der IFB abhing. Diese Schätzung geht auf die folgende Berechnung zurück: Der Anteil der IFB am gesamten Umsatz der Abteilung Güterverkehr der SNCB beträgt 8,1 %. Dieses Verhältnis, angewandt auf das gesamte Personal der SNCB, das zum 31.12.2002 direkt oder indirekt für die Abteilung Güterverkehr tätig war, zeigt, dass ca. 609 VZE von der Geschäftstätigkeit der IFB abhingen. Von diesen 609 VZE wurde angenommen, dass 129, d. h. 21 %, auch im Fall des Konkurses der IFB dank spezifischer Initiativen der SNCB zur Aufrechterhaltung eines Teils des vormals auf die IFB entfallenden Schienenfrachtverkehrs ihre Beschäftigung beibehalten könnten. Dieser Anteil von 21 % entspricht dem Anteil der Mitarbeiter der Fluglinie Sabena, deren Arbeitsplätze durch die Gründung der SN Brussels Airlines unmittelbar nach dem Konkurs der Sabena gerettet werden konnten.

(134)

Die belgische Regierung stuft die Aussichten der SNCB, die damals gerade ihren Unternehmensplan „MOVE 2007“ fertig stellte, in dem der Abbau von 10 000 Arbeitsplätzen — also fast eines Viertels ihres Personals — von 2003 bis 2007 vorgesehen war, eine anderweitige Verwendung für das durch die Einstellung der Aktivitäten der IFB überschüssige Personal zu finden, als äußerst gering ein — egal ob es sich um vormals an die IFB abgestellte und wieder in die SNCB zurückgekehrte Mitarbeiter oder in der SNCB verbliebene Mitarbeiter aus dem Bereich Güterverkehr handelte.

(135)

Demnach schlägt die belgische Regierung vor, zu den direkten Kosten der negativen Eigenkapitalquote der IFB die Kosten für den so entstandenen Personalüberschuss bei der SNCB auf eine Dauer von mindestens fünf Jahren von 2003 bis 2007 hinzuzurechnen. Bei durchschnittlichen Lohnkosten pro VZE und Jahr in Höhe von 46 200 EUR […] würde der Gesamtbetrag dieser Gesellschaftsschulden 122,4 Mio. EUR betragen.

(136)

Zur Begründung dieser Berechnung erklären die belgischen Behörden zunächst, dass das aufgrund der Einstellung der Aktivitäten der IFB überschüssig gewordene Personal der SNCB nicht gekündigt werden konnte, zumal es den Status von „öffentlichen Angestellten“ (20) hatte.

(137)

Nach dem Arbeitstreffen am 1. Juni 2006 übermittelten die belgischen Behörden der Kommission ein weniger pessimistisches Szenario für die Berechnung der negativen Eigenkapitalquote und der Gesellschaftsschulden, die die SNCB im Fall der Liquidation der IFB übernehmen hätte müssen. Dieses Szenario schlägt folgende zwei geänderte Annahmen vor:

Die SNCB würde nicht alle Verbindlichkeiten bezahlen, sondern nur diejenigen gegenüber Gläubigern, die Kunden […], Lieferanten […] oder Partner […] der SNCB sind. Bei dieser Annahme würde der Betrag der von der SNCB bezahlten Schulden der IFB 13 Mio. EUR betragen […].

Der Übernehmer der Geschäftsbereiche der IFB würde die Dienste der SNCB zum Großteil weiter in Anspruch nehmen. Bei dieser Annahme würden 79 % der 609 VZE, die bei der SNCB angestellt waren und als indirekte Unterstützung für die Geschäftsbereiche der IFB abgestellt worden waren, ihren Arbeitsplatz behalten können. Außerdem würden sich bei dieser Annahme die von der SNCB zu tragenden zusätzlichen Sozialkosten auf 41,1 Mio. EUR beschränken (dieser Betrag entspricht den Lohnkosten für 50 VZE, die von der SNCB an die IFB abgestellt werden, sowie 21 % der oben genannten 609 VZE).

(138)

Die von der SNCB bei diesen beiden Szenarien gemäß den Schätzungen der belgischen Behörden zu tragenden Gesamtkosten im Fall der Liquidation der IFB werden in der folgenden Tabelle aufgeschlüsselt:

 

Nettokosten — in der Antwort angegebene Beträge

Differenz der „optimistischen Annahmen“

Nettokosten — angepasste Beträge

Gesamte Aktivsumme

64,6

 

64,6

Nicht zurückerlangte Vermögenswerte

–27,1

 

–27,1

Soziale Kosten

–2,9

 

–2,9

Steuern, Löhne und Sozialversicherung:

–1,4

 

–1,4

Rückstellungen und latente Steuern

–34,7

 

–34,7

Vorrangige Forderung und andere finanzielle Verbindlichkeiten

–15

 

–15

Verbindlichkeiten (ohne SNCB)

–22,9

9,9

–13

Wert eingezogener Forderungen

–39,4

 

–29,5

Gesellschaftsschulden bei der SNCB

– 122,4

81,3

–41,1

Nettokosten für die SNCB bei einer Konkursanmeldung durch die IFB

– 161,8

 

–70,6

b)    Bewertung der IFB unter der Annahme der Fortführung der Aktivitäten

(139)

Belgien schlägt vor, den Wert der IFB unter der Annahme „Fortführung der Aktivitäten“ nach der Methode des aktualisierten Cashflow („discounted cash flows“ oder DFC-Analyse) zu berechnen. Folgende Parameter werden bei dieser Analyse angewandt:

(140)

Die auf 10 Jahre ausgerichtete DFC-Analyse basiert auf der Bilanz der IFB zum 31. Dezember 2002 sowie auf dem im Februar/März 2003 erarbeiteten Umstrukturierungsplan, der Prognosen bis Ende 2005 enthält. Für das Jahr 2006 — in dem bei der Umstrukturierung der IFB die Stabilisierung des Unternehmens erreicht wird — wurde das Betriebsergebnis mit 3,2 % des Umsatzes angesetzt. Ab 2006 beruht die Arbeitshypothese auf einem jährlichen Wachstum von 3 % des Umsatzes, was bei gleich bleibender Marge zu einer Wachstumsrate des Betriebsergebnisses vor Steuern in Höhe von 3 % führt. Die daraus resultierenden freien Cashflows werden mit den gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten („weighted average cost of capital“, WACC) in Höhe von 8 % aktualisiert. Der Wert der Terminals wurde ausgehend von einer Annahme eines ständigen Wachstums von 3 % errechnet.

(141)

Wie in Übersicht 4 dargestellt, ergeben diese Berechnungen eine Bewertung des Unternehmens in Höhe von ca. 29,1 Mio. EUR (ohne Beteiligungen und Rückstellungen).

Übersicht 4

Bewertung der IFB ausgehend von den DCF — Annahmen und Ergebnisse

(in Mio. EUR)

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(142)

Nach Angaben der belgischen Regierung bestätige eine auf der Multiplikatormethode beruhende Analyse (ausgehend von den Ergebnissen von 2005) die auf der Grundlage der DCF-Methode durchgeführte Bewertung. Tatsächlich ergibt die Bewertung durch das „Multiplikatorverfahren“ (mit vorsichtigeren Multiplikatoren als den Durchschnittswerten des Sektors) einen Unternehmenswert von ca. 28,7 Mio. EUR (siehe Übersicht 5).

Übersicht 5

Unternehmenswert von IFB

(in Mio. EUR)

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(143)

Die belgische Regierung vertritt die Ansicht, dass die tatsächlichen Ergebnisse der IFB in den Jahren 2003, 2004 und 2005 auch bestätigen, dass die DCF-Bewertung und die Annahmen, auf denen diese beruhte, realistisch waren.

(144)

Ferner ist die belgische Regierung der Meinung, dass man zum errechneten Wert der IFB ohne Beteiligungen und Rückstellungen die von IFB gehaltenen und auf der Aktivseite der Bilanz der IFB zum 31. Dezember 2002 verbuchten Beteiligungen, d. h. 1,9 Mio. EUR, hinzurechnen sollte.

(145)

Der gesamte Unternehmenswert der IFB einschließlich Beteiligungen habe somit am 31. Dezember 2002 31 Mio. EUR betragen.

(146)

Von diesem Unternehmenswert sei nach Ansicht der belgischen Regierung der Wert der Rückstellungen, die auf 34,2 Mio. EUR (21) geschätzt werden, sowie die Verbindlichkeiten gegenüber Banken in Höhe von 15 Mio. EUR abzuziehen.

(147)

Daraus ergebe sich ein Nettowert von – 18,2 Mio. EUR für die Beteiligung der SNCB an der IFB im Falle der Fortführung der Geschäftsaktivitäten. Diese Berechnung ist in Übersicht 6 dargestellt.

(148)

Wie bei der vorherigen Schätzung der von der SNCB zu tragenden Kosten im Falle eines Konkurses der IFB berücksichtigen die obigen Berechnungen nicht die Verbindlichkeiten in Höhe von 63 Mio. EUR aufgrund unbezahlter Rechnungen im Zeitraum 2000—2002.

Übersicht 6

Bewertung des Investitionsszenarios, Januar 2003

(in Mio. EUR)

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c)    Vergleich der beiden Szenarien und Schlussfolgerung

(149)

Gemäß der von der belgischen Regierung durchgeführten Analyse würden die beiden Szenarien zu folgenden Ergebnissen führen:

Die Nettokosten des Konkurses und der Liquidation der IFB für die SNCB würden einen Nettoverlust in Höhe von 161,8 Mio. EUR (reduziert auf 70,6 Mio. EUR in der berichtigten Schätzung) bedeuten.

Die Entscheidung 15 Mio. EUR zu investieren, um der IFB die Fortsetzung ihrer Aktivitäten zu ermöglichen, würde zu einem erheblich geringeren Wertverlust für die SNCB führen, der nur noch 18,2 Mio. EUR betragen würde, was einen Gewinn von 143,6 Mio. EUR gegenüber dem Szenario mit Konkurs und Liquidation bedeutete (52,4 Mio. EUR im Vergleich zur berichtigten Schätzung).

(150)

Demnach ist die belgische Regierung der Überzeugung, dass sich die SNCB mit der Gewährung der gegenständlichen Maßnahmen wie ein marktwirtschaftlich handelnder Privatinvestor verhalten habe.

3.2.4   Nichtvorliegen von Wettbewerbsverzerrungen

(151)

Schließlich könne im Zusammenhang mit dem Teil der Maßnahmen, der der Finanzierung der Desinvestition bei den französischen Tochtergesellschaften diente, nach Ansicht der belgischen Behörden nicht davon ausgegangen werden, dass eine Unterstützung, deren Höhe streng auf die tatsächlich anfallenden Kosten beschränkt sei, zu Wettbewerbsverzerrungen führe. Somit falle dieser Teil der Finanzierung auch aus diesem Grund nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 87 Absatz 1.

3.3   Vereinbarkeit der Rettungsmaßnahmen mit den Leitlinien

3.3.1   IFB ist kein neu gegründetes Unternehmen

(152)

Zumal die IFB 1923 gegründet wurde und 1998 auf dem Weg der Verschmelzung durch Aufnahme ein Unternehmen sowie einen Geschäftsbereich erworben hat (siehe Beschreibung in Teil 2 dieser Entscheidung) sei nach Auffassung der belgischen Behörden unwiderlegbar, dass die IFB seit mehr als 80 Jahren eine eigene Rechtspersönlichkeit habe und somit nicht als „neu gegründetes Unternehmen“ angesehen werden könne.

3.3.2   Die Rettungsmaßnahmen sind mit den Leitlinien von 1999 vereinbar

(153)

Nach Ansicht der belgischen Behörden könne aufgrund der mehr als zwölfmonatigen Dauer der Rettungsmaßnahmen ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt auf der Grundlage der Leitlinien von 1999 nicht ausgeschlossen werden. Ihrer Meinung nach wurden die Rettungsmaßnahmen mit dem alleinigen Ziel aufrechterhalten, die Zeit bis zu einer endgültigen Entscheidung der Kommission in der betreffenden Angelegenheit zu überbrücken.

(154)

Nachdem Randnummer 24 der Leitlinien von 1999 vorsieht, dass die anfängliche Genehmigung einer Rettungsbeihilfe so lange gilt, bis die Kommission über den Umstrukturierungsplan entschieden hat, ersuchen die belgischen Behörden die Kommission darum, die Dauer des Verfahrens zur Genehmigung der Rettungsmaßnahmen selbst nicht geltend zu machen, um die Dauer der Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen in Frage zu stellen, sondern die Rettungsmaßnahmen auf der Grundlage von Randnummer 24 der Leitlinien aus dem Jahr 1999 zu genehmigen.

(155)

Die belgischen Behörden sind der Überzeugung, dass die Einstellung der Kapitalerhöhung während der Untersuchung der Kommission gezwungenermaßen die provisorische und behelfsmäßige Beibehaltung des der IFB im Rahmen der Rettungsmaßnahmen gewährten Zahlungsaufschubs bedingte, zumal die einzige Alternative die Konkursanmeldung gewesen wäre. Schließlich habe die Kommission im Zuge ihrer Untersuchung nach Angaben der belgischen Behörden nie einen Vorbehalt über die vorläufige Beibehaltung der Rettungsmaßnahmen geäußert.

3.3.3   Die Umstrukturierungsmaßnahmen sind mit den Leitlinien von 1999 vereinbar

3.3.3.1   Anwendbarkeit der Leitlinien von 1999

(156)

Die belgischen Behörden vertreten die Ansicht, dass die Zusage der SNCB für die Kapitalerhöhung der IFB im Rahmen der Leitlinien aus dem Jahr 1999 und nicht aus dem Jahr 2004 zu prüfen sei.

(157)

Zur Untermauerung dieses Standpunktes halten die belgischen Behörden fest, dass die zwei Bedingungen, die die Kommission in Randnummer 240 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens für die Anwendbarkeit der Leitlinien von 1999 festlegt, erfüllt sind. Zur Erinnerung wird erwähnt, dass die Kommission in Randnummer 240 ihres Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens bezüglich der Auslegung der Randnummern 102 bis 104 der Leitlinien von 2004 für die gegenständliche Angelegenheit festgestellt hat, dass „si la SNCB décide de ne pas accorder de nouveau avantage à IFB, et si la preuve était apportée que la SNCB s’était engagée à convertir ses créances en capital avant la publication des lignes directrices de 2004, la Commission devrait examiner dans sa décision finale les aides accordées par la SNCB à IFB sur la base des lignes directrices de 1999.“ [sollte die SNCB entscheiden, IFB keinen neuen Vorteil zu gewähren und sollte der Nachweis erbracht werden, dass sich die SNCB vor der Veröffentlichung der Leitlinien von 2004 zur Umwandlung ihrer Forderungen in Kapital verpflichtet habe, müsste die Kommission in ihrer endgültigen Entscheidung die Beihilfen der SNCB zugunsten der IFB auf der Grundlage der Leitlinien aus dem Jahr 1999 prüfen].

(158)

Hinsichtlich der ersten Bedingung halten die belgischen Behörden fest, dass sie als Reaktion auf das Schreiben bezüglich der Einleitung des Prüfverfahrens die am 28. Januar 2005 notifizierte zusätzliche Kapitalerhöhung zurückgezogen haben und dass demnach die erste Bedingung erfüllt worden sei.

(159)

Hinsichtlich der zweiten Bedingung könne nach Auffassung der belgischen Behörden nicht in Frage gestellt werden, dass die derzeit vorgeschlagene Kapitalerhöhung der IFB wie von den Parteien gemäß dem Rahmenvertrag vom 7. April 2003 — unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung durch die Kommission — durchgeführt werde.

(160)

Zur Untermauerung ihres Standpunktes machen die belgischen Behörden die Kommission aufmerksam auf:

Punkt 4 der Einleitung des Rahmenvertrags vom 7. April 2003, in dem bestätigt wird, dass der Verwaltungsrat der SNCB bereits seine Einstimmung zur Kapitalerhöhung der IFB gegeben hat;

Artikel 4 desselben Vertrags, in dem die gegenseitige Absicht der Parteien, eine Kapitalerhöhung der IFB vorzunehmen, bestätigt wird.

(161)

Im Zusammenhang mit dem zweiten Punkt erinnern die belgischen Behörden daran, dass gemäß belgischem Recht (dem für den Rahmenvertrag anzuwendenden Recht) ein Vertrag aufgrund des alleinigen Willens der Vertragsparteien entstehe und dass im vorliegenden Fall Artikel 4 des Rahmenvertrags ausdrücklich und eindeutig den übereinstimmenden Willen der SNCB und der IFB bestätige, eine Kapitalerhöhung der IFB auf dem Weg einer Umwandlung der Forderungen der SNCB gegenüber der IFB rückwirkend zum 7. April 2003 vorzunehmen.

(162)

Die belgischen Behörden halten darüber hinaus fest, dass gemäß belgischem Recht Verpflichtungen, die einer aufschiebenden Bedingung unterliegen, voll und ganz bestehen bleiben und dass sich die Verwirklichung der aufschiebenden Bedingung rückwirkend auf den Vertrag auswirke, der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung in Kraft tritt.

3.3.3.2   Maßnahmen, die Wettbewerbsverzerrungen nach Möglichkeit abmildern

(163)

Die belgischen Behörden betonen grundsätzlich, dass die Marktanteile der IFB auf den betroffenen Märkten klar unter 10 % liegen. Demnach könnten ihrer Ansicht nach die wettbewerbswidrigen Auswirkungen infolge der betreffenden staatlichen Beihilfen nicht als signifikant erachtet werden. Sie halten insbesondere fest, dass kraft Randnummer 36 der Leitlinien von 1999, „si la ou les parts [du] marché [en cause] détenues par l'entreprise [bénéficiaire de l'aide] sont négligeables, il doit être estimé qu'il n'y a pas de distorsion indue de la concurrence.“ [davon auszugehen ist, dass sich keine übermäßige Wettbewerbsverzerrung ergibt, wenn der relevante Marktanteil oder die relevanten Marktanteile des [begünstigten] Unternehmens unbedeutend sind] (22) und dass im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag die Kommission die wettbewerbswidrigen Auswirkungen von Vereinbarungen von Unternehmen mit Marktanteilen von unter 10 % als unbedeutend einstuft (23).

(164)

In Bezug auf die Aktivitäten von IFB Logistics und IFB Terminals machen die belgischen Behörden folgende Anmerkungen:

(165)

Die mildernden Maßnahmen auf dem Frachtumschlagsmarkt. Die belgische Regierung hält fest, dass der Anteil der IFB am Terminalmarkt der Region Antwerpen unter 7 % beträgt und dass der Terminalmarkt in dieser Region im Zeitraum 2002—2005 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in Höhe von 10,7 % aufwies, wobei die von der IFB transportierten Güter jährlich im Durchschnitt nur um 4,1 % zunahmen.

(166)

Die belgische Regierung fügt hinzu, dass die IFB mit der Umsetzung des Umstrukturierungsplans ihre Umschlagskapazitäten erheblich reduzierte, wie in Teil 2 des Schreibens über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 25 bis 29) erläutert wird. In Anbetracht des Umstands, dass mit Ausnahme des Terminals DPD alle verkauften Anlagen weiterhin in Betrieb sind, vertreten die belgischen Behörden die Ansicht, dass die Veräußerungen als echte und wesentliche Ausgleichsmaßnahmen zu betrachten seien. Nach Angaben der belgischen Regierung bedeuteten alle veräußerten Bereiche zusammen eine Verringerung der Kapazitäten der IFB von 1,5 Mio. TEU im Jahr 2002 auf 1,1 Mio. TEU Ende 2005, also eine Verringerung um 27 %.

(167)

Die belgischen Behörden fügen hinzu, dass die Umsetzung des Umstrukturierungsplans durch die IFB nicht von preislichen Maßnahmen mit dem Ziel bzw. der Auswirkung einer Erhöhung des Marktanteils der IFB begleitet wurde. Sie halten fest, dass die IFB ihre Preise im Durchschnitt um 4,2 % erhöhte (24), während die durchschnittliche jährliche Inflationsrate 1,9 % betrug.

(168)

Die mildernden Maßnahmen auf dem Logistikmarkt. Im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 258—260) wird davon ausgegangen, dass die „vorgeschlagenen“ Maßnahmen nicht den Logistikmarkt betrafen und dass die IFB ihren Anteil auf diesem Markt hätte steigern können. Die belgischen Behörden bringen fünf Argumente vor, um darzulegen, dass ausreichende mildernde Maßnahmen auf dem Logistikmarkt ergriffen wurden.

(169)

Erstens habe die IFB Maßnahmen getroffen, die zu einer Verringerung ihrer Kapazitäten auf dem Logistikmarkt führten. Tatsächlich habe die Gesamtzahl der Waggons, die IFB gehören oder die langfristig von ihr gemietet werden, von 744 Einheiten im Jahr 2002 (25) auf 377 Einheiten Anfang 2006 (26) abgenommen, was demnach eine Verringerung um 49 % bedeute.

(170)

Die Verringerung der Kapazitäten im Logistikbereich der IFB sei auch eine Folge der Verringerung der Beteiligung von IFB an der Gesellschaft CNC (heute Naviland Cargo) von 10 % im Jahr 2002 auf derzeit 2 % gewesen.

(171)

Zweitens sind die belgischen Behörden der Auffassung, dass der Marktanteil der IFB auf dem Logistikmarkt eindeutig unter 5 % liege, wenn man die geografische Ausdehnung dieses Marktes auf das belgische Staatsgebiet beschränke. Somit sei es angebracht, in Verbindung mit Randnummer 36 der Leitlinien die Frage aufzuwerfen, ob die wettbewerbswidrigen Auswirkungen infolge der fraglichen staatlichen Beihilfen als spürbar erachtet werden können. Nach Ansicht der belgischen Behörden könne keineswegs davon ausgegangen werden, dass die IFB in der Lage wäre, den Wettbewerb auf dem Logistikmarkt spürbar zu beeinflussen. Aus demselben Grund könnten nach Ansicht der belgischen Regierung die Wettbewerbsverzerrungen infolge der Beihilfe zugunsten der IFB kaum als spürbar bezeichnet werden, so dass nur äußerst geringfügige Maßnahmen erforderlich zu sein scheinen, um die nachteiligen Auswirkungen für die Konkurrenten der IFB abzumildern.

(172)

Drittens schlagen die belgischen Behörden vor, die Entwicklung des Logistikgeschäfts der IFB näher zu betrachten, um die Behauptung der Kommission, wonach die IFB es verstanden habe, im fraglichen Zeitraum ihren Marktanteil beträchtlich zu erhöhen („su augmenter son volume sur ce marché de manière importante“), entscheidend zu differenzieren. Nach Ansicht der belgischen Behörden seien folgende Tatsachen zu berücksichtigen:

Im Segment des kombinierten (intermodalen) Verkehrs wurde im Zeitraum 2002—2005 ein jährliches Wachstum von 9,9 % der von der IFB beförderten Frachten festgestellt, was unter dem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 12 % liege, das in der ARA-Region in der selben Zeit beobachtet wurde.

Im Segment des konventionellen Verkehrs sei die IFB ein durchaus unbedeutender Marktteilnehmer, selbst wenn man von einem auf Belgien beschränkten Markt ausgehe. Tatsächlich betrage der Anteil der IFB sowohl bezüglich des Volumens als auch des Werts weniger als 1 %.

(173)

Im Übrigen sei das Umsatzwachstum der IFB in seinem Logistikbereich nach Angaben der belgischen Regierung teilweise auf das Wachstum im Untersegment „Bulktransport“ (Massengutverkehr) zurückzuführen. 2003 habe der Umsatz der IFB im Massengutverkehr nur 3,3 Mio. EUR betragen. 2004 jedoch habe IFB zwei bedeutende Aufträge über die Beförderung von Schüttgut erhalten: erstens einen Vertrag über Kohletransport […], der einen Umsatz von […] im Jahr 2004 und von […] 2005 einbrachte, und zweitens einen Vertrag über die Beförderung von Granulat, der zu einer Umsatzsteigerung von […] im Jahr 2004 und von […] 2005 führte. IFB habe bei beiden Verträgen Gewinne erzielt, was sehr wohl das Nichtvorliegen wettbewerbswidriger Praktiken seitens der IFB bestätige.

(174)

Viertens erachtet die belgische Regierung, dass auch die Öffnung der Terminals der IFB für ihre Konkurrenten im Logistikmarkt als wesentliche mildernde Maßnahme einzustufen ist.

(175)

Fünftens vertritt die belgische Regierung die Auffassung, dass die geringfügigen Wettbewerbsverzerrungen, die als Folge der Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten der IFB betrachtet werden könnten, durch folgend Faktoren weiter abgemildert werden:

Die Liberalisierung des Schienengüterverkehrs in Belgien. Im Einklang mit den anzuwendenden europäischen Vorschriften haben die belgischen Behörden diesen Markt für den Wettbewerb geöffnet (ab März 2003 für den internationalen Güterverkehr, gefolgt von einer vollständigen Liberalisierung ab 1. Januar 2007) (27). Diese Öffnung sei nicht ohne Auswirkungen geblieben, wie es die Aktivitäten der Gesellschaften DLC und in jüngster Zeit Fret SNCF zeigten. In ihrer Entscheidung N 386/04, Fret SNCF, habe die Kommission eine derartige Liberalisierung als Ausgleichsmaßnahme für die Wettbewerber erachtet.

Mehrere andere Wettbewerber der SNCB/IFB (darunter Rail4Chem, Railion Nederland, TrainSport, DFG, EWS, Connex und ACTS) haben bereits ihre Betriebslizenzen erhalten oder werden diese mit großer Wahrscheinlichkeit demnächst erhalten.

Die SNCB (B-Cargo) erbringe bereits derzeit für Konkurrenten der IFB Traktionsleistungen — so zum Beispiel für Anbieter im Bereich des kombinierten (intermodalen) Verkehrs wie HUPAC, CNC (Naviland Cargo), Conliner, Danzas/DHL Express Carge und ICF oder für Anbieter von Speditionsleistungen wie Transfesa, K+N, Nauta, NTR, Panalpina, Rail&Sea, Railog, Chemfreight, Rhenania, TMF, Gondrand, RME Chem, RME fret und East Rail Expedition.

Wie die Kommission in ihrer Entscheidung in der Rechtssache N 386/04, Fret SNCF, festgestellt habe, bestehen für Schiene und Straße unterschiedliche Bedingungen — zum Nachteil für den Schienenverkehr.

(176)

Nach den Angaben der belgischen Regierung haben die Liberalisierungsmaßnahmen zu erheblichen Kapazitätssteigerungen auf dem Logistikmarkt geführt, wie es die Aktivitäten der Wettbewerber von IFB im Zeitraum 2003—2005 zeigten. Der Wettbewerb konzentrierte sich nach Ansicht der belgischen Regierung im intermodalen Segment, wo fünf Wettbewerber von IFB in diesem Zeitraum insgesamt 12 neue Verbindungen eröffneten.

3.3.3.3   Beschränkung der Kapitalerhöhung auf ein Minimum

(177)

Nach Angaben der belgischen Regierung führten die SNCB und die IFB eine sorgfältige Analyse des Kapitalbedarfs der IFB auf der Grundlage der Bilanz vom 31. Dezember 2005 und der Prognosen für das Jahr 2006 durch. Das Ziel bestand darin, IBF in die Lage zu versetzen, ihre Aktivitäten auf dem Frachtumschlags- sowie auf dem Logistikmarkt mit einem Solvabilitätskoeffizienten, der mit dem seiner Wettbewerber auf diesen Märkten vergleichbar ist, fortzuführen.

(178)

Gegenüber den vor dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens übermittelten Informationen (siehe Randnummern 265 bis 269) haben die SNCB und die IFB ergänzende Daten zu den durchschnittlichen Solvabilitätskoeffizienten von mit IFB konkurrierenden Terminalbetreibern einerseits und den von anderen mit IFB konkurrierenden Transportunternehmen andererseits erfasst. Die Solvabilitätskoeffizienten (die als das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Bilanzsumme zu verstehen sind) der betreffenden Unternehmen werden in Übersicht 16 angegeben.

Übersicht 16

Solvabilitätskoeffizient — Auswahl vergleichbarer Unternehmen, 2004 (*)

Image

(179)

Aus Übersicht 16 gehe hervor, dass der Medianwert der Solvabilitätskoeffizienten der Terminalbetreiber 56,6 % betrug, während er bei den Transportunternehmen bei 20,4 % lag. Nachdem IFB in beiden Bereichen aktiv ist, sollte ihr Solvabilitätskoeffizient anhand der oben angeführten „Benchmarks“ mindestens 35,6 % betragen. Dieser Prozentsatz wurde durch Gewichtung der Risikoaktiva der IFB folgendermaßen berechnet:

42 % der Risikoaktiva der IFB (gemessen an ihrem Nettobuchwert, d. h. nach Abschreibungen und Wertberichtigungen) werden dem Terminalgeschäft zugeordnet;

58 % der Risikoaktiva der IFB werden dem Transportgeschäft (Logistik) zugeordnet.

(180)

Die belgischen Behörden weisen darauf hin, dass der angestrebte Solvabilitätskoeffizient der IFB auch mit dem tatsächlichen Solvabilitätskoeffizienten von Unternehmen wie Gosselin (38 %) und Hupac (34,9 %) vergleichbar sei, die wie IFB den Betrieb von Terminals mit Logistikaktivitäten kombinieren.

(181)

Ausgehend von einem angestrebten Solvabilitätskoeffizienten für die IFB von 35,6 % und Verbindlichkeiten von insgesamt 128,1 Mio. EUR (Schätzung vom 30. Juni 2006) sollte die Aufstockung des Kapitals der IFB — den Berechnungen der belgischen Behörden zufolge — demnach eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in Kapital in Höhe von mindestens 95,3 Mio. EUR umfassen.

3.3.3.4   Der von IFB geleistete Eigenbeitrag

(182)

Gemäß den Angaben der belgischen Behörden macht der Beitrag der SNCB zur Umstrukturierung der IFB insgesamt 95,3 Mio. EUR aus, was dem Betrag der vorgesehenen Kapitalerhöhung entspricht. Davon seien die Summen, die für den französischen Teil der Gruppe bestimmt waren, d. h. 39,1 Mio. EUR, abzuziehen. Der Restbetrag, also 56,2 Mio. EUR, stellte somit den Beitrag der SNCB für die Umstrukturierung der nicht französischen Geschäftsbereiche der Gruppe dar.

(183)

Außerdem halten die belgischen Behörden fest, dass der Finanzierungsbedarf für die nicht französischen Geschäftsbereiche der IFB im Umstrukturierungszeitraum (vom 1. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2006) 106,3 Mio. EUR betrug. Davon würden 56,2 Mio. EUR von der SNCB abgedeckt und 50,1 Mio. EUR aus eigenen Mitteln der IFB finanziert werden. Der Beitrag der IFB zu den Gesamtkosten der Umstrukturierung der belgischen Geschäftsbereiche erreiche 47,1 %.

(184)

In der folgenden Tabelle werden die Einzelheiten der Finanzierung aufgeschlüsselt:

Finanzierungsbedarf und Finanzierungsquellen

(Szenario, bei dem die Umwandlung der Forderungen in Höhe von 63 Mio. EUR „Kosten“ der Umstrukturierung darstellen)

(in 1000 EUR)

 

Umstrukturierter Teil

Desinvestitionen Frankreich

Summe

Zeitraum 1.1.2003—30.6.2006

 

 

 

 

 

 

 

A

FINANZIERUNGSBEDARF

 

 

 

A.1

Kosten der Umstrukturierung

 

 

 

A.1.1

Bruttobetriebsverlust (Cash Drain) ohne Auswirkungen der Produktivitätssteigerungen

–27 916

 

–27 916

 

(entspricht dem Bruttobetriebsverlust von 2002, 6-monatiger Anteil für 2006)

 

 

 

A.1.2

Außerordentliche Aufwendungen

–32

 

–32

A.2.

Kapitalbedarf während der Umstrukturierung

 

 

 

A.2.1

Schwankungen des Bedarfs an Umlaufvermögen (Erhöhung)

–7 685

–8 000

–16 559

A.2.2

Ersatzinvestitionen in Sachanlagen

–6 611

 

–8 611

A.2.3

Investitionen in Finanzanlagen (Beteiligungen)

– 782

–1 700

–2 482

A.3

Rückzahlung von Schulden und Zinsen

 

 

 

A.3.1

Zugunsten anderer (Finanz)Gläubiger als der SNCB

 

 

 

A.3.1.1

Zinsenzahlungen

–2 351

 

–2 351

A.3.1.2

Rückzahlung der Bankverbindlichkeiten

–16 559

 

–16 559

A.3.2

Zugunsten der SNCB

 

 

 

A.3.2.1

Rückzahlung der Schulden aus der Zeit vor 2003

–33 200

–29 900

–53 000

A.3.2.2

Rückzahlung der bis zum 31.6.2005 kumulierten Zinsen für die Schulden aus der Zeit vor 2003

–5 800

–5 200

–11 000

A.3.2.3

Rückzahlung der bis zum 31.6.2005 kumulierten Zinsen für das Darlehen

–2 200

– 300

–2 500

A.3.2.4

Zahlung der Zinsen für das zweite Halbjahr 2005 und das erste Halbjahr 2006

–3 100

–2 100

–6 200

A.4

Steuern (Berichtigung Steuerjahr 1999)

–77

 

–77

 

 

 

 

 

 

Summe des Bedarfs A.1 + A.2 + A.3 + A.4

– 106 313

–47 100

– 153 413

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

B

FINANZIERUNGSQUELLEN

 

 

 

B.1.

Finanzierung durch die SNCB

 

 

 

B.1.1

Darlehen (in der Folge in Kapital umzuwandeln)

13 300

1 700

15 000

B.1.2

Kapitalumwandlung (zusätzlich zur Umwandlung des Darlehens)

42 920

37 380

90 300

 

Beitrag der SNCB insgesamt (Zwischensumme B.1)

56 220

39 080

95 300

 

 

 

 

 

B.2

Finanzierung aus Eigenmitteln der IFB

 

 

 

B.2.1

Produktivitätssteigerungen:

 

 

 

B.2.1.1

Teilweise oder gänzliche Auflösung des Bruttobetriebsverlusts in Zeile A.1.1

26 167

 

26 167

B.2.1.2

Bruttobetriebsüberschuss der Jahre 2004, 2005 und 2006

10 429

 

10 429

B.2.2

Finanzielle Einnahmen

1 368

 

1 368

B.2.3

Schwankungen des Bedarfs an Umlaufvermögen (Verringerung)

2 687

 

2 687

B.2.4

Verkauf von Sachanlagen (im Wesentlichen Terminal OCHZ im Jahr 2004)

4 771

 

4 771

B.2.5

Verkauf von Finanzanlagen (Beteiligungen)

1 267

8 020

9 287

B.2.6

Gegenüber Kreditinstituten eingegangene Verbindlichkeiten

3 300

 

3 300

B.2.7

Außerordentliche Einnahmen

1 105

 

1 105

 

Beitrag der IFB insgesamt (Zwischensumme B.2)

50 093

8 020

58 113

 

 

 

 

 

 

Summe der Quellen (B.1 + B.2)

106 313

47 100

153 413

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Finanzierung durch die SNCB in % der gesamten Finanzierung

52,9 %

 

 

 

Finanzierung durch die IFB in % der gesamten Finanzierung

47,1 %

 

 

 

 

EIGENBEITRAG

PRIVATINVESTOR

 

(185)

Die belgischen Behörden übermitteln folgende ergänzende Angaben zur Tabelle.

(186)

Der Finanzierungsbedarf umfasse folgende Kostenkategorien:

Direkte Kosten der Umstrukturierung (Abschnitt A.1): Diese Kosten umfassen grundsätzlich den kumulierten Bruttobetriebsverlust („Cash Drain“) ohne Berücksichtigung der Produktivitätssteigerungen. Wenn man die Produktivitätssteigerungen, die die IFB in der Zeit der Durchführung des Umstrukturierungsplans erzielt hat, außer Acht lasse, würde der Bruttobetriebsverlust in den Jahren 2003, 2004 und 2005 gleich sein wie 2002, d. h. einem jährlich zu finanzierenden Betrag in Höhe von 8 Mio. EUR entsprechen, wie auch in der folgenden Tabelle dargelegt wird. In der Annahme, dass am 30. Juni 2006 eine Kapitalerhöhung erfolgen würde, sei der Finanzierungsbedarf für 2006 auf die Hälfte dieses Betrags beschränkt worden. Insgesamt habe der Bruttobetriebsverlust der IFB im gesamten Umstrukturierungszeitraum ohne Produktivitätssteigerungen 27,9 Mio. EUR betragen.

(in Mio. EUR)

 

2002

2003

2004

2005

Prognose

2006

Budget

(bis zum 30.6.)

Zeitraum von 2003 bis zum 30.6.2006

kumulativ

Betriebsergebnis

(47 357)

(2 960)

5 740

3 007

1 213

 

+ Abschreibungen und Wertberichtigungen zum Anlagevermögen

6 286

5 139

2 585

1 605

802

 

+ Wertberichtungen zum Umlaufvermögen

6 433

(258)

(1 851)

(554)

0

 

+ Rückstellungen

26 662

(4 670)

(1 599)

(980)

460

 

Bruttobetriebsergebnis

(7 976)

(2 749)

4 875

3 079

2 475

7 680

Bruttobetriebsverlust („Cash Drain“) ohne Berücksichtigung der Produktivitätssteigerungen

 

(7 976)

(7 976)

(7 976)

(3 988)

(27 916)

Kapitalbedarf während der Umstrukturierung (Schwankungen des Bedarfs an Umlaufvermögen und Investitionen im Umstrukturierungszeitraum, Abschnitt A.2): Bei diesen Kosten handle es sich um notwendige Investitionen im Umstrukturierungszeitraum. Eine Erhöhung des Umlaufvermögens sei erforderlich gewesen, um die laufenden Arbeiten zu finanzieren, die Differenz zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen auszugleichen und um weiterhin über ausreichende liquide Mittel zu verfügen. Ersatzinvestitionen in Sachanlagen seien notwendig gewesen, um die Aktivitäten der IFB im Umstrukturierungszeitraum fortsetzen zu können. Sie zielten nicht auf eine Erweiterung der Kapazitäten der IFB sondern vielmehr auf Ersatzinvestitionen in Anlagegüter, die am Ende ihres Lebenszyklus angelangt und vollständig abgeschrieben waren, sowie auf verschiedene Investitionen wie Pkw, Computer, kleinere Renovierungen von Gebäuden etc. ab. Die Investition in Finanzanlagen in Höhe von 0,6 Mio. EUR im Jahr 2004 sei im Zuge der Umstrukturierung der Tochtergesellschaft IFB Maritime Germany notwendig gewesen: IFB Maritime Germany wurde von Haeger & Schmidt International übernommen, und die Beteiligung der Haeger & Schmidt International an RKE wurde an die IFB übertragen.

Rückzahlung von Schulden und Zinsen (Abschnitt A.3): Abgesehen von den Zinsen- und Schuldenrückzahlungen an Kreditinstitute umfasse diese Kostenkategorie die Zahlung von Zinsen und Schulden an die SNCB. Die Schulden in Höhe von 33,2 Mio. EUR seien der Teil der Schulden in Höhe von 63 Mio. EUR, der nicht die französischen Tochtergesellschaften betreffe. Die 2006 zu zahlenden Zinsen in Höhe von 1,4 Mio. EUR würden nicht in der Kapitalerhöhung berücksichtigt (um die Kapitalerhöhung auf ein Minimum zu beschränken). Die anderen Zinsen (in Höhe von insgesamt 9,7 Mio. EUR) wären Teil der Kapitalerhöhung. Alle diese Zinsen seien Zinsen für Schulden in Verbindung mit Aktivitäten der IFB außerhalb Frankreichs.

Steuern (Abschnitt A.4): Die im Jahr 2004 gezahlten Steuern stellten eine Berichtigung zum Steuerjahr 1999 dar.

(187)

Nach Angaben der belgischen Behörden wurde dieser Finanzierungsbedarf zum einen Teil von der IFB und zum anderen von der SNCB abgedeckt. Bezüglich des Beitrags der IFB (Abschnitt B.2) übermitteln die belgischen Behörden folgende ergänzende Angaben:

IFB habe in der Zeit der Umstrukturierung beträchtliche Produktionssteigerungen (siehe Abschnitt B.2.1.) erzielt. Dadurch habe sich das Bruttobetriebsergebnis verbessert, so dass sich der Verlust von 2002 im Jahr 2003 teilweise und in den Jahren 2004, 2005 und 2006 gänzlich auflöste. Im Übrigen sei 2004 und 2005 ein Überschuss erzielt worden, was auch für 2006 der Fall sein werde. Diese Ergebnisse bestätigten die Prognosen auf der Grundlage der Fakten, die dem Unternehmen IFB bei der Erarbeitung des Umstrukturierungsplans bekannt waren (siehe Randnummern 74 und 75 dieser Entscheidung).

Verschiedene finanzielle Einnahmen (Abschnitt B.2.2): Diese betragen 1,4 Mio. EUR und stammen aus Zinsen, die IFB auf ihren Bankkonten akkumulieren konnte. Diese Einkünfte seien zum Zeitpunkt des Umstrukturierungsplans absehbar gewesen, da sie den EURIBOR-Zinsen von Beträgen entsprachen, mit denen die IFB realistischerweise in Hinblick auf die Prognosen ihres Umstrukturierungsplans rechnen konnte.

Außerordentliche Einnahmen (Abschnitt B.2.7.): Diese betragen 1,1 Mio. EUR und stammen aus den Einnahmen, die die IFB beim Verkauf von 263 EAOS-Waggons erzielte […]. Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans im Jahr 2003 seien diese Einnahmen absehbar gewesen, zumal auf dem Markt für EAOS-Waggons infolge des gestiegenen Bedarfs an dieser Waggonart in Osteuropa rege Nachfrage herrschte.

In den Jahren 2004 und 2005 habe die IFB aufgrund des gesunkenen Bedarfs an Umlaufvermögen ca. 2,7 Mio. EUR freigesetzt (Abschnitt B.2.3).

IFB habe die Umstrukturierungskosten teilweise über den Verkauf von Vermögenswerten (Abschnitte B.2.4 und B.2.5) finanziert. Abgesehen vom Verkauf verschiedener Vermögenswerte von relativ geringem Umfang bestand dieser Teil des Beitrags hauptsächlich aus der Desinvestition der am Terminal OCHZ eingesetzten Anlagen im Jahr 2004. Die Miteigentumsrechte (50 %) an diesen von OCHZ verwendeten Anlagen wurden veräußert […] (siehe Zeile B.2.4 im Jahr 2004), und IFB erhielt einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 0,9 Mio. EUR an Umlaufvermögen von OCHZ (siehe Zeile B.2.5 für 2004).

IFB erhielt 2003 ein Bankdarlehen in Höhe von 2 Mio. EUR von der ING Bank (siehe Zeile B.2.6). 2006 finanzierte IFB den Kauf von Schubstaplern über ein externes Darlehen in Höhe von 1,3 Mio. EUR.

(188)

Die belgischen Behörden sind der Meinung, dass ein Beitrag aus eigenen Mitteln zum Umstrukturierungsplan geleistet wurde, wie es die Leitlinien von 1999 vorsehen.

4.   WÜRDIGUNG

4.1   Beurteilung des Beihilfecharakters der Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen

(189)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag erklärt „alle staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

4.1.1   Vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe

(190)

Zunächst stellt sich die Frage, ob die finanzielle Unterstützung der SNCB zugunsten von IFB eine „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe“ darstellt. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Sache Stardust Marine (28) gilt diese Bedingung als erfüllt, wenn es sich einerseits um staatliche Mittel handelt und wenn andererseits ihre Gewährung dem Staat — in diesem Fall dem belgischen Staat — zurechenbar ist.

4.1.1.1   Staatliche Mittel

(191)

Die Kommission stellt fest, dass die SNCB ein öffentliches Unternehmen im Sinne der Richtlinie 80/723/EWG ist: Der belgische Staat hält 100 % des gezeichneten Kapitals der SNCB, und der Verwaltungsrat sowie der geschäftsführende Direktor werden vom König auf Beschluss des Ministerrats ernannt. Somit sind die Bedingungen von Artikel 2 Absatz 2 Buchstaben a und c dieser Richtlinie erfüllt.

(192)

In diesem Zusammenhang „ist daran zu erinnern, dass sich bereits aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, dass Artikel 87 Absatz 1 EG alle Geldmittel erfasst, auf die die Behörden tatsächlich zur Unterstützung von Unternehmen zurückgreifen können. Auch wenn die aus der fraglichen Maßnahme resultierenden Beträge nicht auf Dauer dem Staat gehören, genügt folglich der Umstand, dass sie ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen, damit sie als staatliche Mittel qualifiziert werden können“ (29).

(193)

Folglich vertrat die Kommission im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 136 bis 138) die Ansicht, dass die der IFB zur Verfügung gestellten Gelder als staatliche Mittel zu qualifizieren sind.

(194)

Belgien stellt in Frage, dass alle Mittel im Besitz der SNCB staatliche Mittel darstellen. Die Kommission antwortet auf die drei von den belgischen Behörden vorgebrachten Argumente folgendermaßen:

(195)

Die vorgeschlagene Unterscheidung zwischen Mitteln der SNCB, die für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen bestimmt sind, und Mitteln für die kommerziellen Aktivitäten des Unternehmens ist im Lichte des Urteils Stardust Marine nicht stichhaltig. Dieses Urteil betraf die Mittel einer staatlichen Bank, was gut zeigt, dass die für kommerzielle Aktivitäten eingesetzten Mittel eines öffentlichen Unternehmens auch staatliche Mittel sein können.

(196)

Das Argument, das Vermögen der SNCB stehe nicht der öffentlichen Hand zur Verfügung, sondern sei für den Unternehmenszweck der SNCB bestimmt, kann auch nicht akzeptiert werden. Denn die Tatsache, dass der belgische Staat 100 % des Kapitals der SNCB besitzt, dass dieses ständig unter öffentlicher Kontrolle steht und dass die Regierung jederzeit die Privatisierung der SNCB beschließen kann, zeigt, dass der belgischen Staat sehr wohl über ihr Vermögen verfügen kann. Außerdem stellt die Kommission fest, dass der belgische Staat die Mitglieder des Verwaltungsrats sowie den geschäftsführende Direktor ernennt, was ihm eine gewisse Kontrolle über das Unternehmen einräumt.

(197)

Das Argument, die von der SNCB zugunsten der IFB gewährten Maßnahmen bedeuteten keinerlei Verlust für den belgischen Staat, ist in Wirklichkeit falsch: nachdem der belgische Staat Eigentümer der SNCB ist, verringert jede schlechte Investition, die den Wert der SNCB verringert, auch das Vermögen des belgischen Staates.

(198)

Die Kommission zieht somit den Schluss, dass die untersuchten Maßnahmen aus staatlichen Mitteln finanziert wurden.

4.1.1.2   Zurechenbarkeit

(199)

Bezüglich des Erfordernisses, die Maßnahmen dem betreffenden Staat zuzurechnen, wird im Stardust-Marine-Urteil festgehalten, dass „die bloße Tatsache, dass ein öffentliches Unternehmen unter staatlicher Kontrolle steht, daher nicht genügt, um Maßnahmen dieses Unternehmens wie die fraglichen finanziellen Unterstützungsmaßnahmen dem Staat zuzurechnen. Es muss außerdem geprüft werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahmen beteiligt waren“ (30).

(200)

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht somit hervor, dass die Kommission für jeden Fall einzeln zu prüfen hat, ob das Kriterium der staatlichen Zurechenbarkeit gegeben ist. Der Gerichtshof räumt ein, dass es im Allgemeinen „… gerade wegen der privilegierten Beziehungen zwischen dem Staat und einem öffentlichen Unternehmen für einen Dritten sehr schwierig sein [wird], in einem konkreten Fall nachzuweisen, dass Beihilfemaßnahmen eines solchen Unternehmens tatsächlich auf Anweisung der Behörden erlassen wurden.“ Gemäß demselben Urteil „… ist festzustellen, dass die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat aus einem Komplex von Indizien abgeleitet werden kann, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist“ (31).

(201)

Der Gerichtshof präzisiert darüber hinaus, welche Kriterien für den Nachweis der Zurechenbarkeit verwendet werden könnten:

„Die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat kann aus einem Komplex von Indizien abgeleitet werden, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist. Insoweit hat der Gerichtshof bereits berücksichtigt, dass die fragliche Einrichtung die beanstandete Entscheidung nicht treffen konnte, ohne den Anforderungen der öffentlichen Stellen Rechnung zu tragen (insbesondere Urteil Van der Kooy u. a./Kommission, Randnummer 37), oder dass, abgesehen von organisationsrechtlichen Faktoren, die die öffentlichen Unternehmen mit dem Staat verbunden haben, diese Unternehmen, über die die Beihilfen gewährt worden waren, die Richtlinien eines Comitato Interministeriale per la Programmazione Economica (CIPE) zu beachten hatten (Urteile vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Randnummern. 11 und 12, und in der Rechtssache C-305/89, Italien/Kommission, Randnummern 13 und 14).

Weitere Indizien sind gegebenenfalls von Bedeutung, um auf die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat schließen zu können, wie insbesondere seine Eingliederung in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung, die Art seiner Tätigkeit und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern, der Rechtsstatus des Unternehmens, ob es also dem öffentlichen Recht oder dem allgemeinen Gesellschaftsrecht unterliegt, die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung oder jedes andere Indiz, das im konkreten Fall auf eine Beteiligung der Behörden oder auf die Unwahrscheinlichkeit einer fehlenden Beteiligung am Erlass einer Maßnahme hinweist, wobei auch deren Umfang, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind“ (32).

(202)

Im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 140 bis 150) unterscheidet die Kommission hinsichtlich der Zurechenbarkeit der Maßnahme zwischen dem Zeitraum vor dem Abschluss des Rahmenvertrags am 7. April 2003 und dem Zeitraum nach diesem Vertragsabschluss. Gemäß der Stellungnahme der belgischen Behörden scheint es vielmehr angebracht, zwischen drei verschiedenen Zeiträumen zu unterscheiden:

Zeitraum vor dem 19. Juli 2002 (Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsrats der SNCB, die Gewährung eines Liquiditätsvorschusses zu genehmigen und die „Wahrscheinlichkeit“ einer Kapitalerhöhung für IFB zu akzeptieren;

Zeitraum zwischen dem 19. Juli 2002 und dem 20. Dezember 2002 (Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsrats der SNCB, eine Kapitalerhöhung für die IFB zu genehmigen und den Vorstand zu den Verhandlungen über den Rahmenvertrag vom 7. April 2003 zu ermächtigen);

Zeitraum nach dem 20. Dezember 2002.

(203)

Bezüglich des Zeitraums vor dieser Entscheidung des Verwaltungsrats erhebt sich die Frage, ob die Haltung der Führungskräfte (im Vorstand) der SNCB gegenüber der IFB, nicht auf deren Zahlung der Transportleistungen ab 2000 zu bestehen, dem belgischen Staat zuzurechnen ist. In ihrem Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 141 bis 142) äußerte die Kommission Zweifel daran, dass die Entscheidung, die systematische Nichtbezahlung der Rechnungen von Ende 2000 bis Anfang 2003 zu dulden, ohne die Beteiligung der belgischen Behörden getroffen wurde.

(204)

In der Antwort der belgischen Regierung heißt es, der Verwaltungsrat der SNCB habe erst am 19. Juli 2002 von dieser Vorgehensweise erfahren; zu diesem Zeitpunkt sei auch der Regierungskommissar informiert worden. Die Kommission hat diesbezüglich keine Bemerkungen von Dritten erhalten.

(205)

In den Berichten über die Debatten in Belgiens Abgeordnetenkammer und Senat vom 6. März 2002, 24. Januar 2002 und 28. Februar 2002 fand die Kommission Bemerkungen zur IFB im Zusammenhang mit einer längeren Diskussion der Abgeordneten und Senatoren über die Öffnung des Schienenmarktes und die Rechtssache ABX. Sie ersuchte folglich die belgische Regierung um Übermittlung der in diesen Debatten erwähnten Studien der Boston Consulting Group und von Team Consult sowie der Entscheidung der belgischen Regierung vom 22. Februar 2002, die ebenfalls Gegenstand der Diskussionen war.

(206)

Eine Analyse dieser Unterlagen ergab keinerlei Hinweise darauf, dass die belgische Regierung auf die Entscheidungen der SNCB bezüglich der Zukunft der IFB Einfluss genommen hätte.

(207)

Somit stellt sich die Frage, ob die tolerante Haltung der Führungskräfte eines staatlichen Unternehmens, wie in Randnummer 203 dieser Entscheidung beschrieben, dem belgischen Staat zugerechnet werden kann, wenn es keine Hinweise auf eine spezifische Intervention seitens der Regierung im konkreten Fall gibt.

(208)

Gemäß dem Gesetz aus dem Jahr 1993, das die SNCB als öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft begründet, leiten die Führungskräfte der SNCB, d. h. der geschäftsführende Direktor und der Vorstand, das Unternehmen selbständig und ohne Intervention der staatlichen Behörden. Zumal keine konkreten Hinweise auf eine Beteiligung des Staats bei den Entscheidungen in Verbindung mit der IFB vorlagen, muss die Kommission zum Schluss kommen, dass die Entscheidung der Führungskräfte der SNCB, die Nichtbezahlung der Rechnungen durch die IFB in der Zeit von Ende 2000 bis Juli 2002 einfach hinzunehmen, nicht dem belgischen Staat zugerechnet werden kann.

(209)

Am 19. Juli 2002 erfuhr der Verwaltungsrat der SNCB und somit auch der Regierungskommissar, der in diesem Gremium die Interessen des belgischen Staates vertritt, dass die IFB seit Ende 2000 ihre Rechnungen nicht bezahlte, und genehmigte die Gewährung eines Vorschusses in Höhe von 2,5 Mio. EUR an die IFB im zweiten Halbjahr 2002.

(210)

Die Kommission hat diesbezüglich zu überprüfen, ob diese Entscheidung des Verwaltungsrats der SNCB auf der Grundlage der im Stardust-Marine-Urteil festgelegten Kriterien dem belgischen Staat zugerechnet werden kann. Mit anderen Worten ausgedrückt, ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Anwesenheit des Regierungskommissars im Verwaltungsrat — auch wenn er nicht konkret zur gegenständlichen Maßnahme Stellung nahm — genügt, um die Entscheidung dem belgischen Staat zuzurechnen. Aus den der Kommission vorliegenden Elementen geht jedoch hervor, dass weder die Prüfung der Unterlagen noch die Kommentare Dritter Hinweise darauf ergaben, dass die belgische Regierung versucht hätte, auf die Entscheidung des Verwaltungsrats vom 19. Juli 2002 Einfluss zu nehmen. Als eigenständiges öffentliches Unternehmen mit dem Status einer öffentlich-rechtlichen Aktiengesellschaft genießt die SNCB gegenüber dem belgischen Staat Verwaltungsautonomie. Bezüglich der Anwesenheit des Regierungskommissars im Verwaltungsrat der SNCB stellt die Kommission fest, dass die Rolle des Kommissars beschränkt war (siehe auch den Bericht des Rechnungshofs zu diesem Thema (33): der Regierungskommissar konnte nur dann gegen die Entscheidung vom 19. Juli 2002 einschreiten, wenn diese die Wahrnehmung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der SNCB gefährdete. In Anbetracht der Höhe (2,5 Mio. EUR) und Form der Beihilfe (Liquiditätsvorschuss mit Zinsen) muss festgestellt werden, dass die Entscheidung in keiner Weise die Wahrnehmung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der SNCB gefährdete.

(211)

In Anbetracht dieser Überlegungen gelangt die Kommission zur Auffassung, dass die Gewährung des Vorschusses in Höhe von 2,5 Mio. EUR durch die SNCB zugunsten der IFB zur Aufrechterhaltung einer Geschäftstätigkeit, die in keinem Zusammenhang mit staatlichen Versorgungsleistungen stand, nicht dem belgischen Staat zuzurechnen ist.

(212)

Die Kommission zieht die Schlussfolgerung, dass es im vorliegenden Fall im Zusammenhang mit der Einbindung in die öffentliche Verwaltung, der Art der Aktivitäten und dem Status keine Hinweise gibt, die es erlauben würden, die Entscheidung des Verwaltungsrats vom 19. Juli 2002 über die Gewährung eines Vorschusses in Höhe von 2,5 Mio. EUR an die IFB dem belgischen Staat zuzurechnen.

(213)

Am 20. Dezember 2002 beschloss der Verwaltungsrat, einen Rahmenvertrag mit der IFB abzuschließen, der sowohl Rettungs- als auch Umstrukturierungsmaßnahmen umfassen und zu einer Kapitalerhöhung für die IFB führen sollte.

(214)

In der Analyse der Angelegenheit in ihrem Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 143 bis 150) zeigt die Kommission drei konkrete Hinweise auf, die dafür sprechen, dass diese Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen zugunsten der IFB dem belgischen Staat zugerechnet werden können. Diese Hinweise betrafen:

die Vorlage des Umstrukturierungsplans an den belgischen Staat zur Genehmigung;

die Zeitungsartikel, die von einer starken Einflussnahme der belgischen Regierung auf die SNCB im Jahr 2003 sprechen;

die Reichweite, den Inhalt und die Bedingungen des Rahmenvertrags vom 7. April 2003.

(215)

In ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens bezweifeln die belgischen Behörden, dass diese drei Hinweise ausreichen, um die Zurechenbarkeit der Maßnahmen an den Staat im Sinne des Stardust-Marine-Urteils festzustellen. Die Kommission erläutert im Folgenden erneut den Inhalt der Hinweise und erklärt, warum die Argumente der belgischen Regierung nicht akzeptiert werden können.

a)   Die Genehmigung durch die Behörden (Randnummer 56 des Urteils in der Sache Stardust Marine)

(216)

In seinen Urteilen in den Rechtssachen Van der Kooy (34), Italienische Republik/Kommission (35) und Kommission/Französische Republik (36) schloss der Gerichtshof aufgrund der Tatsache, dass für die Gewährung der Beihilfe die Genehmigung der staatlichen Behörden eingeholt wurde, auf die Zurechenbarkeit. Im Urteil Van der Kooy genügt diese Tatsache allein für die Feststellung der Zurechenbarkeit; in den Urteilen Italien/Kommission und Kommission/Frankreich ist die Genehmigung mit anderen Faktoren, die den Einfluss der öffentlichen Hand zeigen (37), verbunden. In der Entscheidung Space Park Development GmbH — der ersten Entscheidung der Kommission, in der das Stardust-Marine-Urteil angewandt wurde — wurde auch auf die Zurechenbarkeit einer Beihilfe aufgrund der Tatsache, dass das gegenständliche Darlehen von den Behörden des Landes Bremen genehmigt werden musste, geschlossen (38). Demnach stellt die Unterbreitung einer Maßnahme an den Mitgliedstaat zur Genehmigung ein Indiz der Zurechenbarkeit dar.

(217)

Im vorliegenden Fall verpflichtet Artikel 4 des Rahmenvertrags die Verwaltungsräte der SNCB und der IFB, den Umstrukturierungsplan dem belgischen Staat zur Genehmigung vorzulegen (39). Dies stellt einen ersten Hinweis dafür dar, dass die Entscheidung der SNCB bezüglich der Umstrukturierung der IFB dem belgischen Staat zuzurechnen ist.

(218)

Die belgischen Behörden machen geltend, dass die SNCB und die IFB abweichend von den Bestimmungen des Rahmenvertrags letztendlich den Umstrukturierungsplan nicht der belgischen Regierung zur Genehmigung vorlegten, da diese Vorgehensweise eine Verletzung der eigenständigen Geschäftsführung der SNCB dargestellt hätte.

(219)

Wie bereits im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 146 und 147) erklärt, bewirkt diese Tatsache nicht die Aufhebung dieses Anhaltspunktes für die Zurechenbarkeit: es scheint außer Frage, dass die beiden Vertragsparteien, die SNCB und die IFB, keine derartige Vertragsbestimmung vorgesehen hätten, wenn nicht ein Einfluss der belgischen Regierung in dieser Richtung vorhanden gewesen wäre.

(220)

Die Tatsache, dass die belgische Regierung vorgibt, nicht offiziell zur Umstrukturierung konsultiert worden zu sein, reicht weder aus, um eine informelle Einflussnahme der belgischen Regierung während der Entstehung des Rahmenvertrags vom 7. April 2003 auszuschließen noch um davon auszugehen, dass es zu keiner Genehmigung gekommen ist. Denn wie der Gerichtshof im Urteil Stardust Marine festhält, „… [wird] es gerade wegen der privilegierten Beziehungen zwischen dem Staat und einem öffentlichen Unternehmen für einen Dritten sehr schwierig sein, in einem konkreten Fall nachzuweisen, dass Beihilfemaßnahmen eines solchen Unternehmens tatsächlich auf Anweisung der Behörden erlassen wurden.“ Somit stellt die einfache Tatsache, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag die Genehmigung durch den belgischen Staat vorsieht, bereits einen starken Anhaltspunkt für eine Beteiligung der belgischen Regierung an der Entscheidungsfindung dar.

(221)

In ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens erklärt die belgische Regierung, dass die in Artikel 4 des Rahmenvertrags enthaltene Bestimmung nicht den Umstrukturierungsplan selbst betreffe, sondern die Mitteilung, mit der Belgien den Rahmenvertrag bei der Kommission anmelden würde.

(222)

Die Kommission erachtet dieses Argument für nicht überzeugend. Denn hätten die Vertragsparteien dabei nur an die Notifzierung der Maßnahme bei der Kommission durch den belgischen Staat gedacht, hätten sie dies ausdrücklich so in Artikel 4 des Vertrags formuliert. Die von der belgischen Regierung vorgeschlagene Interpretation steht im Widerspruch zum Wortlaut des Vertrags.

(223)

Folglich zieht die Kommission den Schluss, dass Artikel 4 des Vertrags die Genehmigung der Maßnahmen durch die belgischen Behörden vorsieht und einen Hinweis dafür darstellt, dass die gegenständlichen Maßnahmen dem belgischen Staat zuzurechnen sind.

b)   Zeitungsartikel

(224)

Weitere Anhaltspunkte, die für eine Intervention der belgischen Regierung in der gegenständlichen Angelegenheit sprechen, finden sich in verschiedenen Zeitungsartikeln (40). So zitiert ein in La libre Belgique vom 19. Mai 2003 (41) erschienener Artikel eine Aussage der Presseabteilung der SNCB, in der es heißt, dass — obzwar der Rahmenvertrag am 7. April 2003 unterzeichnet worden war — Belgien am 19. Mai 2003 die Rettungsmaßnahmen noch nicht bei der Kommission angemeldet habe, da „le pouvoir fédéral a[avait] son mot à dire.“ [die Bundesregierung auch ein Wort mitzureden hat[te].] In einem Artikel, der im März 2003 auf der Website www.cheminots.be veröffentlicht wurde, wird auf Karel Vinck, den damaligen geschäftsführenden Direktor der SNCB, im Zusammenhang mit den Dossiers der ABX und der IFB Bezug genommen: „Il réclame une marge de manœuvre suffisante pour le management de la société.“ [Er verlangt einen ausreichenden Handlungsspielraum für das Management der Gesellschaft]. Damit kann auch verstanden werden, dass man in der Führungsetage der SNCB die Meinung vertrat, dass sich der Staat zu sehr in ihre Angelegenheiten einmischte.

(225)

Die belgischen Behörden widersprechen diesem Hinweis. Bezüglich des Artikels in La libre Belgique machen sie am Beispiel von Artikel 4 des Rahmenvertrags geltend, dass die Bundesregierung lediglich im Zusammenhang mit der Mitteilung der belgischen Regierung an die Kommission zur Notifzierung des Rahmenvertrags ein Wort mitzureden gehabt habe. Der Inhalt des Zeitungsartikels und der Pressemitteilung der SNCB ist jedoch klar. Hätte die Presseabteilung der SNCB sagen wollen, dass die belgische Regierung nur einen Text für eine Übermittlung an die Kommission zu genehmigen habe, hätte sie angegeben, dass es ein Problem rein formaler und nicht inhaltlicher Natur zu lösen gelte.

(226)

Bezüglich der Aussage von Herrn Karel Vinck vertreten die belgischen Behörden die Ansicht, dass sie sich auf die Verwaltung öffentlicher Dienstleistungen beschränke. Dies scheint wenig glaubwürdig, da er insbesondere zu den Dossiers ABX und IFB befragt wurde, die — wie es auch die belgische Regierung anerkennt — kommerzielle Aktivitäten und nicht die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der SNCB betreffen.

c)   Umfang, Inhalt und Bedingungen des Rahmenvertrags

(227)

Die Kommission hält generell fest, dass gemäß Randnummer 56 des bereits zitierten Urteils Stardust Marine „jedes andere Indiz, das im konkreten Fall auf eine Beteiligung der Behörden oder auf die Unwahrscheinlichkeit einer fehlenden Beteiligung am Erlass einer Maßnahme hinweist, wobei auch deren Umfang, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind,“ bei der Feststellung der Zurechenbarkeit einer Maßnahme an einen Mitgliedstaat beachtet werden muss, so dass die Reichweite, der Inhalt und die Bedingungen des Rahmenvertrags zusätzliche Hinweise für die Zurechenbarkeit darstellen.

(228)

Belgien widerspricht diesem dritten Indiz, indem betont wird, dass die SNCB in all ihren Entscheidungen — mit Ausnahme der Verwaltung der öffentlichen Versorgungsdienste — völlig eigenständig sei.

(229)

Nach Ansicht der Kommission genießt die SNCB in ihren kommerziellen Aktivitäten gemäß dem Gesetz aus dem Jahr 1993, das ihren Status als öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft regelt, eine gewisse Eigenständigkeit. Die Kommission macht jedoch darauf aufmerksam, dass der Regierungskommissar bei jeder Sitzung des Verwaltungsrates anwesend ist und die staatlichen Behörden mit einem Einspruch zur Aufhebung einer Entscheidung des Verwaltungsrats in einer Angelegenheit, die nicht in Verbindung mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen steht, befassen kann, wenn diese Entscheidung „porte […] préjudice à la mise en œuvre des tâches de service public“ [die Wahrnehmung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der SNCB gefährdet].

(230)

Wie bereits dargelegt, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Entscheidung, einen Liquiditätsvorschuss in Höhe von 2,5 Mio. EUR zu gewähren, den Regierungskommissar nicht zu einem Einspruch veranlassen konnte, zumal aufgrund der Höhe und Form des Vorschusses die Wahrnehmung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht gefährdet war.

(231)

Anders verhält es sich bei einer Entscheidung, in ein am Rande des Konkurses stehendes Unternehmen 100 Mio. EUR zu investieren. Diese Entscheidung musste den Regierungskommissar dazu veranlassen zu intervenieren oder zumindest die belgischen Behörden zu informieren, damit diese offiziell oder inoffiziell intervenierten, wie er es zum Beispiel 2000 bei den Investitionen in ABX, die italienische Niederlassung, getan hatte.

(232)

Folglich vertritt die Kommission die Ansicht, dass auch der Umfang, der Inhalt und die Bedingungen des Rahmenvertrags gemeinsam mit der Anwesenheit und den Befugnissen des Regierungskommissars ein Indiz für die Zurechenbarkeit darstellen.

d)   Schlussfolgerung

(233)

Daher schließt die Kommission daraus, dass die betreffenden Maßnahmen in Bezug auf den Zeitraum nach der Entscheidung des Verwaltungsrats der SNCB vom 20. Dezember 2002 dem belgischen Staat zuzurechnen sind.

(234)

Demnach ist zu prüfen, ob die von der SNCB nach dem 20. Dezember 2002 getroffenen Maßnahmen bezüglich IFB der Beihilfeempfängerin einen Vorteil verschafft haben oder ob die SNCB sich vielmehr wie ein umsichtiger, marktwirtschaftlich handelnder Investor verhalten hat.

4.1.2   Vorteil für die Beihilfeempfängerin in Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Investors

(235)

Zu prüfen ist, ob die Entscheidung des Verwaltungsrats der SNCB vom 20. Dezember 2002 über die Kapitalerhöhung für die IFB durch eine Umwandlung fälliger Forderungen in Kapital sowie die Gewährung von Rettungsmaßnahmen, die die SNCB zur Unterzeichnung des Rahmenvertrags mit der IFB am 7. April 2003 veranlasste, einen wirtschaftlichen Vorteil für die IFB gebracht hat oder ob diese Entscheidung auf der Einschätzung eines marktwirtschaftlich handelnden Privatinvestors beruhte.

(236)

Nachdem die Entscheidungen der SNCB, in der Zeit von Ende 2000 bis Dezember 2002 auf die Zahlung ihrer an die IFB gestellten Rechnungen zu verzichten und ihr einen Vorschuss in Höhe von 2,5 Mio. EUR zu gewähren, nicht dem belgischen Staat zuzurechnen sind, ist es nicht mehr angebracht, diese Entscheidungen im Detail zu prüfen.

(237)

Zur Erinnerung: die Rettungsmaßnahmen bestanden aus

der Gewährung eines Zahlungsaufschubs für Verbindlichkeiten in Höhe von 63 Mio. EUR;

der Gewährung eines Darlehens in Höhe von 15 Mio. EUR;

der Gewährung eines rückzahlbaren Vorschusses in Höhe von 5 Mio. EUR.

(238)

Die Umstrukturierungsmaßnahmen umfassten die Desinvestition der Tochtergesellschaften in Frankreich sowie die Umstrukturierung und Fortsetzung der Aktivitäten in Belgien. Die Finanzierung dieser Maßnahmen war zunächst durch die Rettungsmaßnahmen gewährleistet, wobei der Umstrukturierungsplan vorsah, dass diese Finanzierung durch die Umwandlung folgender Forderungen in Gesellschaftskapital langfristig sichergestellt sein würde:

die Umwandlung der Verbindlichkeiten in Höhe von 63 Mio. EUR, für die ein Zahlungsaufschub gewährt worden war, in Gesellschaftskapital;

die Umwandlung des Darlehens in Höhe von 15 Mio. EUR in Gesellschaftskapital;

die Umwandlung der kapitalisierten Zinsen für den Zahlungsaufschub und das Darlehen in Gesellschaftskapital.

(239)

Um festzustellen, ob die SNCB wie ein marktwirtschaftlich handelnder Privatinvestor agiert hat, ist zu prüfen, ob ein privater Investor von vergleichbarer Größe und in einer vergleichbaren Lage wie die SNCB veranlasst gewesen sein könnte, auf dieselbe Art und Weise vorzugehen (42).

(240)

Der Gerichtshof hat festgehalten, dass es sich bei dem Verhalten des privaten Investors nicht zwangsläufig um das Verhalten eines gewöhnlichen Investors handeln muss, der Kapital zum Zweck seiner mehr oder weniger kurzfristigen Rentabilisierung anlegt, sondern wenigstens um das Verhalten einer privaten Holding oder einer privaten Unternehmensgruppe, die eine globale oder sektorale Strukturpolitik verfolgt und sich von längerfristigen Rentabilitätsaussichten leiten lässt (43). Das Gericht hielt fest, dass die Kommission verpflichtet sei, „alle maßgeblichen Aspekte des streitigen Vorgangs und seinen Kontext […] zu prüfen“, um festzustellen, ob der Staat wie ein marktwirtschaftlich handelnder Investor agiert habe (44).

(241)

In ihrer Antwort auf das Schreiben bezüglich der Einleitung des Prüfverfahrens vertreten die belgischen Behörden die Ansicht, dass die Entscheidung der SNCB, die IFB zur Desinvestition der französischen Tochtergesellschaften der Gruppe aufzufordern und auch um eine Umstrukturierung und Fortsetzung ihrer Aktivitäten in Belgien zu ersuchen, Entscheidungen darstellen, die ein marktwirtschaftlich handelnder Investor getroffen hätte.

(242)

Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass nicht die Frage zu stellen ist, ob sich die IFB mit der Desinvestition ihrer Tochtergesellschaften in Frankreich sowie der Umstrukturierung und Fortsetzung ihrer Aktivitäten in Belgien wie ein marktwirtschaftlich handelnder Investor verhalten habe, sondern dass es darum geht, ob die Entscheidung der SNCB, diese beiden Maßnahmen zu finanzieren, eine Entscheidung ist, die ein Privatinvestor getroffen hätte.

(243)

So musste die SNCB 2002/03 entscheiden, ob es generell günstiger wäre, die Umstrukturierung der IFB zu finanzieren (was die Desinvestition der Tochtergesellschaften in Frankreich und die Fortsetzung der Aktivitäten in Belgien bedeutete), oder ob es besser wäre, die IFB in Konkurs gehen zu lassen. Die Kommission vertritt üblicherweise die Ansicht, dass ein Privatinvestor die Aktivität einer Tochtergesellschaft fortgeführt hätte, wenn ein Vergleich zwischen den Kosten für die Liquidation und den Kosten für die Umstrukturierung des Unternehmens zeigt, dass die Liquidationskosten die Kosten für die Umstrukturierung übersteigen (45).

(244)

Es ist daher angebracht, zunächst die Kosten zu ermitteln, die der SNCB in diesen beiden Szenarien — der Umstrukturierung und der Liquidation der IFB — erwachsen.

4.1.2.1   Kosten der Umstrukturierung von IFB

(245)

Im ersten Szenario investiert die SNCB 95,3 Mio. EUR in die Umstrukturierung der IFB, indem sie auf die Einbringung von Forderungen, die in Kapital umgewandelt werden, verzichtet. Am Ende der Umstrukturierung hält sie 100 % eines Unternehmens, dessen Wert auf 31 Mio. EUR geschätzt wird, das jedoch 34,2 Mio. EUR Rückstellungen und 15 Mio. EUR finanzielle Verbindlichkeiten (ohne die Schulden bei der SNCB) aufweist, woraus sich ein Nettowert des Unternehmens von – 18 Mio. EUR ergibt. Die Kommission erachtet diese Schätzungen, die auf anerkannten Methoden beruhen, als realistisch.

(246)

Die Kommission stellt demnach fest, dass die SNCB beim Verkauf der IFB nur einen negativen Verkaufspreis erzielen hätte können.

4.1.2.2   Hypothetische Kosten einer Liquidation der IFB

(247)

Im zweiten Szenario verzichtet die SNCB ebenfalls auf die Einbringung ihrer Forderungen in Höhe von 95 Mio. EUR. Die belgischen Behörden schätzen außerdem, dass die SNCB — ausgehend von den bei Vertragsabschluss am 7. April 2003 verfügbaren Elementen — bei einer Auflösung des belgischen Geschäftsbereichs der IFB zusätzliche Kosten in Höhe von 70,6 bis 161,8 Mio. EUR tragen hätte müssen. Dieser Betrag entspräche den Summen, die normalerweise durch Liquidation des Aktivvermögens (37,5 Mio. EUR) eingebracht hätten werden können, von denen die Kosten für die Tilgung der Schulden von IFB (67 bis 76,9 Mio. EUR) und die Kosten für das infolge der Einstellung der Aktivitäten der IFB überschüssig gewordene Personal der SNCB (41,1 bis 122,4 Mio. EUR) abzuziehen wären.

(248)

Die Kommission teilt diese Sichtweise nicht. Sie stellt zunächst in Frage, dass die SNCB die gesamten Schulden der IFB zahlen musste. Des Weiteren bezweifelt sie den Betrag der von den belgischen Behörden berechneten zusätzlichen Sozialkosten.

(249)

Entgegen den Behauptungen der belgischen Behörden bedeutet die Tatsache, dass das Nettovermögen von IFB (Wert der gesicherten Vermögenswerte minus Wert der fälligen Verbindlichkeiten) eine negative Zahl ergab, nicht, dass im Konkursfall die SNCB den entsprechenden, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag zu tragen gehabt hätte. Denn schließlich, so die Kommission, haftet eine Gesellschaft wie die IFB grundsätzlich mit ihrem eigenen Gesellschaftsvermögen für ihre Verbindlichkeiten. Die Haftung ihrer Aktionäre für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft geht üblicherweise nicht über das Gesellschaftskapital hinaus und hat keinerlei Auswirkungen auf das eigene Vermögen der einzelnen Aktionäre. Nur in Ausnahmefällen und unter äußerst strengen Bedingungen besteht in bestimmten Ländern die Möglichkeit für Dritte, Regressansprüche gegenüber Aktionären geltend zu machen (46).

(250)

Im Fall eines Konkurses der IFB hätte die SNCB somit ihr Gesellschaftskapital verloren, wäre jedoch nicht verpflichtet gewesen, die restlichen Gläubiger der IFB zu befriedigen. Die Kosten, die der SNCB als Aktionär bei einem Konkurs der IFB erwachsen wären, hätten Null Euro und nicht, wie es die belgischen Behörden behaupten, zwischen 29,5 Mio. EUR und 39,4 Mio. EUR betragen.

(251)

In ihrer Entscheidungspraxis sieht die Kommission allerdings auch die Möglichkeit vor, dass ein Unternehmen in der Situation der SNCB verpflichtet hätte werden können, Kosten in anderer als der Aktionärseigenschaft zu tragen (47). Im vorliegenden Fall handelt es sich dabei um folgende Kosten:

Als Gläubiger würde die SNCB ihre Forderungen an die IFB verlieren, zumindest entsprechend ihrem Anteil an den nicht von den Aktiva gedeckten Passiva der IFB. In Anbetracht der Rolle der SNCB bei der Liquidation der IFB kann die Kommission akzeptieren, dass dieses Risiko in Höhe des Gesamtbetrags der Forderungen der SNCB an die IFB, also 95 Mio. EUR, bewertet wird.

Auch könnte die Kommission akzeptieren, dass es für die SNCB in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft zur Rettung des Ansehens der Gruppe ratsam gewesen wäre, einen Teil der offenen Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten der IFB, die auch Lieferanten der SNCB sind, zu übernehmen.

(252)

Demnach muss der Höchstbetrag, den die SNCB möglicherweise in diesem Rahmen zu tragen gehabt hätte, geschätzt werden. Die belgischen Behörden selbst meinen diesbezüglich, dass die zusätzlichen, von der SNCB in dieser Eigenschaft zu tragenden Kosten nicht mehr als 13 Mio. EUR betragen sollten. In Wirklichkeit hätten die tatsächlichen zusätzlichen Kosten niedriger sein können, weil die Gläubiger der IFB zunächst einen Teil ihrer Forderungen im Zuge der Liquidation der IFB einziehen hätten können und die SNCB die Kosten für den Restbetrag übernommen hätte. Dieser Betrag in Höhe von 13 Mio. EUR ist demnach als Obergrenze anzusehen.

(253)

Die Kommission vertritt grundsätzlich die Auffassung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Privatinvestor, der zwischen der Finanzierung der Umstrukturierung seiner Tochtergesellschaft und deren Konkurs zu entscheiden hat, veranlasst sein kann, die Kosten für den Personalabbau zu berücksichtigen, wenn dieser Personalabbau eine direkte und unvermeidliche Folge des Konkurses der Tochtergesellschaft ist.

(254)

Die belgischen Behörden gelangen zur Schlussfolgerung, dass der Konkurs der IFB zu einem Personalüberschuss von 530 Mitarbeitern bei der SNCB geführt hätte, von denen 50 an die IFB abgestellt worden waren und 480 bei der SNCB in Bereichen, deren Fortführung von den Aktivitäten der IFB abhing, beschäftigt waren. Der Abbau von 530 Angestellten bei der SNCB hätte Kosten in Höhe von 122,4 Mio. EUR, d. h. 230 000 EUR pro Mitarbeiter, verursacht. Die Einzelheiten dieser Berechnung werden in Teil 3 dieser Entscheidung erläutert.

(255)

Die Kommission hält es für unrealistisch anzunehmen, dass die SNCB nur 21 % des zuvor auf die IFB entfallenden Schienenfrachtverkehrs hätte übernehmen können. Zunächst einmal sind — wie die belgischen Behörden in ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens auch einräumen — die Märkte, auf denen IFB tätig ist, in vollem Aufschwung begriffen (Wachstum von 11 % auf dem Frachtumschlagsmarkt, 12 % im kombinierten Verkehr). Somit scheint es wahrscheinlich, dass die Konkurrenten der IFB deren Aktiva gekauft hätten, um die Aktivitäten fortzuführen.

(256)

Unter dieser Annahme hätte der Käufer von IFB Bedarf an Dienstleistungen im Eisenbahngüterverkehr gehabt. Angesichts der überaus starken Position der SNCB im von Belgien ausgehenden internationalen Güterverkehr und ihres Monopols (bis zum 1. Januar 2007) auf dem belgischen Güterverkehrsmarkt vertritt die Kommission die Auffassung, dass der Käufer der IFB die SNCB zumindest zur Abdeckung eines wesentlichen Teils seines Bedarfs als Frachtführer gewählt hätte. Somit hätte die SNCB bei einem Konkurs der IFB einen Großteil ihres auf die IFB entfallenden Eisenbahngüterverkehrs zurückerobert.

(257)

Des Weiteren hält die Kommission fest, dass sich die Märkte des Eisenbahnverkehrs im Wachstum befinden. Demnach hätte man vernünftigerweise für die SNCB ein Wachstum mit einer gleichen Geschwindigkeit annehmen können, das ihr erlaubt hätte, die 50 an die IFB abgestellten Mitarbeiter nach und nach wieder in das Unternehmen zu integrieren.

(258)

Schließlich konnten die belgischen Behörden nach Auffassung der Kommission nicht ausreichend überzeugend nachweisen, dass die SNCB unter der Annahme eines Konkurses der IFB einen Personalüberschuss von 480 Arbeitskräften gehabt hätte und die 50 an die IFB abgestellten Mitarbeiter nicht wieder integrieren hätte können.

(259)

Auf der Grundlage der von Belgien übermittelten Informationen gelangt die Kommission zur Ansicht, dass die SNCB im zweiten Szenario ebenfalls (wie im ersten Szenario) auf die Einbringung ihrer Forderungen in Höhe von maximal 95,3 Mio. EUR verzichtet und darüber hinaus Kosten von maximal 13 Mio. EUR getragen hätte.

4.1.2.3   Schlussfolgerung

(260)

Zumal die SNCB in beiden Szenarien auf ihre Forderungen an die IFB in Höhe von 95,3 Mio. EUR verzichtet, wurde von den belgischen Behörden nicht nachgewiesen, dass die SNCB mit ihrer Entscheidung zugunsten des ersten Szenarios (Finanzierung der Umstrukturierung), das ihr den Besitz eines Unternehmens mit einem negativem, auf – 18 Mio. EUR geschätzten Wert einbrachte, im Vergleich zum zweiten Szenario der Liquidation, bei dem die einzigen zusätzlichen, im Rahmen dieses Verfahrens ermittelten Kosten auf höchstens 13 Mio. EUR geschätzt werden, eine wirtschaftlich vernünftige Entscheidung getroffen hat.

(261)

Die Kommission zieht den Schluss, dass die belgischen Behörden nicht bewiesen haben, dass die SNCB mit der dem belgischen Staat zuzurechnenden Entscheidung, die Umstrukturierung und Fortsetzung der Aktivitäten der IFB in Belgien sowie die Desinvestition der Geschäftsbereiche der IFB in Frankreich zu finanzieren, als marktwirtschaftlich handelnder Privatinvestor agiert hat.

4.1.3   Wettbewerbsverzerrung und Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

(262)

Die Kommission hat die Lage auf dem relevanten Markt und die Marktanteile der Begünstigten auf diesem Markt sowie die Auswirkungen der finanziellen Unterstützung auf die Wettbewerbssituation zu prüfen (48).

(263)

Im vorliegenden Fall wurde die finanzielle Unterstützung einem Unternehmen gewährt, das auf Märkten tätig ist, die dem Wettbewerb ausgesetzt sind, und das im Wettbewerb mit Akteuren verschiedener anderer Mitgliedstaaten steht, wie in Teil 2 dieser Entscheidung dargelegt wurde. Demnach verfälscht oder droht die finanzielle Unterstützung den Wettbewerb zu verfälschen und beeinträchtigt den Handel zwischen den Mitgliedstaaten oder droht ihn zu beeinträchtigen.

(264)

Die belgische Regierung bezweifelt in ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens, dass die beiden Kriterien von Artikel 87 Absatz 1 erfüllt sind, da die Kommission keinerlei Beweis für derartige Wettbewerbsverzerrungen erbracht habe.

(265)

Die Kommission macht die belgischen Behörden darauf aufmerksam, dass Artikel 87 Absatz 1 von einer drohenden Wettbewerbsverzerrung spricht. Demnach muss die Kommission keinen Beweis für eine Wettbewerbsverzerrung erbringen, sondern die Gefahr derartiger Verzerrungen auf überzeugende Weise beschreiben, was sie im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 212 und 213) sowie in dieser Entscheidung getan hat.

4.1.4   Schlussfolgerung: Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(266)

Schließlich ist die Kommission der Ansicht, dass die Finanzierung der Umstrukturierung der IFB (in Belgien) durch die SNCB und der Einstellung ihrer Aktivitäten in Frankreich in Form der Umwandlung von Verbindlichkeiten in Höhe von 95,3 Mio. EUR in Kapital eine staatliche Beihilfe darstellt.

4.2   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

(267)

Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag sieht vor, dass „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“ als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

(268)

Gemäß der Auslegung der Kommission in ihren Leitlinien von 1999 und von 2004 könnte die von Belgien über die SNCB gewährte Beihilfe kraft Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein.

4.2.1   Vereinbarkeit als Rettungsbeihilfen

(269)

Nur Maßnahmen, die aus Liquiditätsbeihilfen bestehen, könnten als Rettungsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein. Im vorliegenden Fall stellen die Gewährung des Zahlungsaufschubs, des Darlehens und des rückzahlbaren Vorschusses die Liquiditätsbeihilfen dar.

(270)

Vorweg stellt sich die Frage, welche Fassung der Leitlinien anzuwenden ist. Die letzte Fassung dieser Leitlinien trat am 10. Oktober 2004 in Kraft. In Abschnitt 7 „Zeitpunkt der Anwendbarkeit und Geltungsdauer“ heißt es:

„(102)

Die Kommission wird die vorliegenden Leitlinien vom 10. Oktober 2004 bis zum 9. Oktober 2009 anwenden.

(103)

Anmeldungen, die bei der Kommission vor dem 10. Oktober 2004 eingehen, werden gemäß den zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Kriterien geprüft.

(104)

Die Kommission wird alle Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, die ohne ihre Genehmigung und somit unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt worden sind, auf der Grundlage der vorliegenden Leitlinien auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt prüfen, wenn die Beihilfe oder ein Teil der Beihilfe nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union gewährt worden ist. In allen anderen Fällen wird sie die Prüfung auf der Grundlage der Leitlinien durchführen, die zum Zeitpunkt der Beihilfevergabe galten.“

(271)

Die Liquiditätsbeihilfen wurden am 7. April 2003 mit dem Abschluss eines Rahmenvertrags zwischen IFB und der SNCB gewährt. Sie wurden ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission und somit unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt. Die Beurteilung ihrer Vereinbarkeit als Rettungsbeihilfen hat demnach auf der Grundlage der Leitlinien aus dem Jahr 1999 zu erfolgen.

(272)

In Randnummer 23 der Leitlinien von 1999 werden die fünf folgenden Voraussetzungen festgelegt, unter denen eine Rettungsbeihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann:

„a)

Es muss sich um Liquiditätsbeihilfen in Form von Kreditbürgschaften oder Krediten handeln. In beiden Fällen muss für den Kredit ein Zinssatz verlangt werden, der mindestens mit den Zinssätzen vergleichbar ist, die für Darlehen an gesunde Unternehmen zu beobachten sind, insbesondere den von der Kommission festgelegten Referenzzinssätzen.

b)

Sie müssen mit Krediten verbunden sein, deren Restlaufzeit nach der Auszahlung des letzten Teilbetrags der Kreditsumme an das Unternehmen längstens zwölf Monate beträgt. Gegebenenfalls kann die Rückzahlung des Darlehens, das im Rahmen der Rettungsbeihilfe gewährt wurde, durch eine Umstrukturierungsbeihilfe sichergestellt werden, die von der Kommission später genehmigt würde.

c)

Sie müssen aus akuten sozialen Gründen gerechtfertigt sein und dürfen keine gravierenden Ausstrahlungseffekte (‚spillover‘) in anderen Mitgliedstaaten haben.

d)

Bei der Anmeldung muss sich der Mitgliedstaat verpflichten, der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Genehmigung der Rettungsbeihilfe entweder einen Umstrukturierungsplan oder einen Liquidationsplan vorzulegen oder aber den Nachweis zu erbringen, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt und/oder die Bürgschaft beendet worden ist.

e)

Ihre Höhe muss auf den Betrag begrenzt sein, der für die Weiterführung des Unternehmens während des Zeitraums, für den die Beihilfe genehmigt wird, erforderlich ist (z. B. zur Deckung der Lohnkosten oder der laufenden Beschaffung).“

(273)

Die im Rahmenvertrag vorgesehene Restlaufzeit beträgt zwölf Monate. Die belgische Regierung setzte jedoch die Kommission darüber in Kenntnis, dass die Laufzeit durch stillschweigendes Einvernehmen der Parteien bis zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung verlängert wurde.

(274)

Angesichts dieser Information vertrat die Kommission in ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 232 und 233) den Standpunkt, dass die Voraussetzung von Randnummer 23 b nicht erfüllt war und dass die Liquiditätsbeihilfen nicht als Rettungsbeihilfen genehmigt werden konnten.

(275)

Die belgischen Behörden stellen diese rechtliche Beurteilung in Frage und begründen dies mit den folgenden drei Argumenten: Zunächst habe die SNCB ihrer Auffassung nach die Rettungsmaßnahmen mit dem alleinigen Ziel aufrechterhalten, dass die Kommission die Prüfung der Sache NN 9/04 abschließen könne. Sie berufen sich auf Randnummer 24 der Leitlinien, in der vorgesehen ist, dass die anfängliche Genehmigung einer Rettungsbeihilfe so lange gilt, bis die Kommission über den Umstrukturierungsplan entschieden hat. Folglich ersuchen die belgischen Behörden die Kommission darum, die Dauer des Verfahrens zur Genehmigung der Rettungsmaßnahmen selbst nicht geltend zu machen, um die Dauer der Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen in Frage zu stellen, sondern die Rettungsmaßnahmen auf der Grundlage von Randnummer 24 der Leitlinien aus dem Jahr 1999 zu genehmigen, bis die Kommission über den Umstrukturierungsplan entschieden hat.

(276)

Die Kommission erachtet dieses Argument für nicht relevant. Denn Randnummer 24 der Leitlinien bestimmt, dass „die anfängliche Genehmigung der Rettungsbeihilfe […] für einen Zeitraum von längstens sechs Monaten oder, falls der Mitgliedstaat innerhalb dieser Frist einen Umstrukturierungsplan vorgelegt hat, solange [gilt], bis die Kommission über diesen Plan entscheidet. Nach der ersten Genehmigung kann die Kommission in hinreichend begründeten Ausnahmefällen auf Antrag des Mitgliedstaates eine Verlängerung der ursprünglichen Frist um sechs Monate genehmigen.“

(277)

Die Kommission hält fest, dass Belgien die Umstrukturierungshilfen am 7. April 2003 umgesetzt hat. Die sechsmonatige Frist für die Vorlage eines Umstrukturierungsplans endete demnach am 6. Oktober 2003. Nachdem die belgischen Behörden den Umstrukturierungsplan der Kommission bei einer Sitzung am 12. Dezember 2003 übergaben, wurde die in Randnummer 24 der Leitlinien vorgesehene Frist demnach nicht eingehalten.

(278)

Das zweite Argument der belgischen Behörden, sie hätten der Kommission in ihrer Mitteilung vom 12. August 2003 alle für die Entscheidung über die Rettungsbeihilfen erforderlichen Angaben geliefert, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Denn die Tatsache, dass die Kommission in der Folge mehrmals zusätzliche Informationen anforderte, zeigt, dass die von Belgien zur Verfügung gestellten Informationen nicht vollständig waren.

(279)

Bezüglich des Arguments der belgischen Behörden, die Kommission habe nie einen Vorbehalt über die vorläufige Aufrechterhaltung der Rettungsmaßnahmen geäußert, genügt ein Hinweis darauf, dass die Schreiben der Kommission vom 13. Oktober 2003 und vom 26. Januar 2005 folgenden Warnhinweis enthielten: Die Kommission macht „l'attention des autorités belges sur la clause de suspension de mise en œuvre de l'article 88, paragraphe 3, du Traité CE, prévue à l'article 3 du Règlement (CE) 659/99 du Conseil, laquelle interdit la mise à exécution de toute aide nouvelle avant que la Commission ait pris, ou soit réputée avoir pris, une décision l'autorisant. En outre, je me permets de rappeler aux autorités belges que la récupération de toute aide mise à exécution en contravention de cette clause pourrait être exigée auprès de son bénéficiaire aux termes de l'article 14 dudit règlement.“ [die belgischen Behörden auf das Durchführungsverbot von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag, das in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vorgesehen ist, aufmerksam, wonach keine neuen Beihilfen vorgenommen werden dürfen, bevor die Kommission eine diesbezügliche Genehmigungsentscheidung erlassen hat oder die Beihilfe als genehmigt gilt. Des Weiteren erlaube ich mir, die belgischen Behörden darauf hinzuweisen, dass gemäß Artikel 17 dieser Verordnung jegliche Beihilfe, die entgegen diesem Verbot durchgeführt wird, vom Empfänger zurückgefordert werden kann.]

(280)

Die Kommission zieht demnach den Schluss, dass die von der SNCB zugunsten der IFB gewährten Liquiditätsbeihilfen den gemäß Randnummer 23 b) der Leitlinien von 1999 vorgesehenen Zeitraum von 12 Monaten überschritten haben und dass die belgischen Behörden der Kommission den Umstrukturierungsplan nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist vorgelegt haben, wie es in Randnummer 24 der Leitlinien von 1999 vorgesehen ist. Die von der SNCB gewährten Beihilfen können daher nicht als Rettungsbeihilfen genehmigt werden. Sie könnten jedoch als Umstrukturierungsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein.

4.2.2   Vereinbarkeit der Umstrukturierungsbeihilfen

(281)

Erneut stellt sich die Frage, welche Fassung der Leitlinien anzuwenden ist. In ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummer 240) vertrat die Kommission die Ansicht, dass sie — sollte die SNCB entscheiden, IFB keinen neuen Vorteil zu gewähren, und sollte der Nachweis erbracht werden, dass die SNCB sich vor der Veröffentlichung der Leitlinien von 2004 zur Umwandlung ihrer Forderungen in Kapital verpflichtet hat — in ihrer endgültigen Entscheidung die Beihilfen der SNCB zugunsten der IFB auf der Grundlage der Richtlinien aus dem Jahr 1999 prüfen sollte.

(282)

Die belgischen Behörden hatten die Kommission in ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens darüber informiert, dass die SNCB auf die Sacheinlage ihrer Beteiligung an der Gesellschaft TRW in die IFB verzichte und ihre Notifikation vom 28. Februar 2005 zurückziehe. Daher stellt die Kommission fest, dass die SNCB beschlossen hat, der IFB keinen neuen Vorteil zu gewähren, sondern sich auf die Umwandlung der Forderungen in Kapital zu beschränken.

(283)

Es ist zu festzustellen, ob sich die SNCB vor der Veröffentlichung der Leitlinien von 2004 zur Umwandlung ihrer Forderungen in Kapital verpflichtet hat. Die belgischen Behörden legten in ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens dar, dass die Verpflichtung der SNCB für die Umwandlung ihrer Forderungen in Kapital nach belgischem Recht bereits am 7. April 2003 — zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses — rechtsverbindlich war, und die Tatsache, dass diese Verpflichtung einer aufschiebenden Bedingung — nämlich der Anmeldung bei der Kommission und der Genehmigung durch die Kommission — unterlag, den verbindlichen und endgültigen Charakter ihrer Verpflichtung nicht aufhob. Tatsächlich tritt diese aufschiebende Bedingung, wie es auch von den belgischen Behörden gezeigt wurde, zum Zeitpunkt ihrer Erfüllung rückwirkend in Kraft. Die Verpflichtung der SNCB, ihre Forderungen in Kapital umzuwandeln, ist demnach seit dem 7. April 2003 rechtsverbindlich.

(284)

Nachdem beide Bedingungen erfüllt sind, schließt die Kommission, dass im vorliegenden Fall die Leitlinien von 1999 anzuwenden sind. Diese Schlussfolgerung entspricht im Übrigen der im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens präsentierten Analyse (Randnummer 240), in der die Kommission Folgendes festhält:

„[…] si la SNCB décide de ne pas accorder de nouveau avantage à IFB, et si la preuve était apportée que la SNCB s’était engagée à convertir ses créances en capital avant la publication des lignes directrices de 2004, la Commission devrait examiner dans sa décision finale les aides accordées par la SNCB à IFB sur la base des lignes directrices de 1999.“ [… sollte die SNCB entscheiden, IFB keinen neuen Vorteil zu gewähren, und sollte der Nachweis erbracht werden, dass die SNCB sich vor der Veröffentlichung der Leitlinien von 2004 zur Umwandlung ihrer Forderungen in Kapital verpflichtet hat, sollte die Kommission in ihrer endgültigen Entscheidung die Beihilfen der SNCB zugunsten der IFB auf der Grundlage der Richtlinien aus dem Jahr 1999 prüfen.] (49).

(285)

Um Umstrukturierungsbeihilfen erhalten zu können, muss ein Unternehmen zunächst für die Anwendung der Leitlinien in Betracht kommen. Dazu muss es ein Unternehmen in Schwierigkeiten sein. Die Leitlinien von 1999 bestimmen diesbezüglich Folgendes (Randnummern 4 und 5):

„(4)

[…] Gleichwohl geht die Kommission davon aus, dass sich ein Unternehmen im Sinne dieser Leitlinien in Schwierigkeiten befindet, wenn es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste zu beenden, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift.

(5)

Als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne dieser Leitlinien gilt, unabhängig von der Größe, insbesondere ein Unternehmen, wenn

a)

bei Gesellschaften, bei denen die Haftung auf das Gesellschaftskapital beschränkt ist, mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden ist und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren ging […].“

(286)

Wie bereits im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummer 225) dargelegt, weist der Jahresabschluss 2002 der IFB ein gezeichnetes Kapital in Höhe von 48 Mio. EUR und laufende Verluste vor Steuern in Höhe von 50 Mio. EUR auf. Demnach war das Gesellschaftskapital bereits verschwunden, als die SNCB im April 2003 die Gewährung der Beihilfen beschloss. Nachdem mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals — und davon mehr als ein Viertel im Laufe der letzten 12 Monate — bis zu diesem Zeitpunkt verschwunden war, ist die IFB ein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß den Randnummern 4 und 5 der Leitlinien.

(287)

Des Weiteren darf das Unternehmen kein neu gegründetes Unternehmen sein. Die Leitlinien von 1999 bestimmen diesbezüglich Folgendes (Randnummer 7):

„(7)

Im Rahmen dieser Leitlinien kommen neu gegründete Unternehmen nicht für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht, und zwar auch dann nicht, wenn ihre anfängliche Finanzsituation prekär ist. Dies gilt insbesondere für neue Unternehmen, die aus der Abwicklung oder der Übernahme der Vermögenswerte eines anderen Unternehmens hervorgegangen sind.“

(288)

Wie in Teil 2 dieser Entscheidung beschrieben, wurde IFB am 1. April 1998 durch Fusion der Gesellschaft FerryBoats SA mit der Gesellschaft InterFerry SA und anschließender Einbringung der Schienenverkehrsabteilung der Edmond Depaire SA in das fusionierte Unternehmen gegründet. Im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 218 bis 223) äußerte die Kommission Zweifel darüber, ob das neue Unternehmen IFB unter der Rechtspersönlichkeit eines dieser drei Unternehmen fortbestand oder ob es im Jahr 1998 neu gegründet worden war.

(289)

In ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens stellten die belgischen Behörden fest, dass IFB die Rechtspersönlichkeit des 1923 eingetragenen Unternehmens FerryBoats SA fortführte. Die Kommission schließt daher daraus, dass IFB kein neugegründetes Unternehmen im Sinne von Randnummer 7 der Leitlinien aus dem Jahr 1999 ist.

(290)

Abschnitt 3.2.2 der Leitlinien von 1999 legt die Bedingungen für die Genehmigung einer Umstrukturierungsbeihilfe fest. Diese Bedingungen umfassen folgende Punkte:

Der Umstrukturierungsplan muss die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist erlauben.

Es müssen Maßnahmen getroffen werden, um nachteilige Auswirkungen der Beihilfe auf Konkurrenten nach Möglichkeit abzumildern.

Die Beihilfe muss sich auf das für die Umstrukturierung erforderliche Mindestmaß beschränken.

Die Kommission muss sich von der ordnungsgemäßen Durchführung des Umstrukturierungsplans anhand regelmäßiger ausführlicher Berichte überzeugen können.

Die Umstrukturierungsbeihilfen dürfen nur einmal gewährt werden.

4.2.2.1   Der Umstrukturierungsplan zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit des Unternehmens

(291)

Hinsichtlich des Umstrukturierungsplans zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit des Unternehmens legen die Leitlinien von 1999 Folgendes fest:

„(31)

Die Gewährung der Beihilfe wird von der Durchführung des Umstrukturierungsplans abhängig gemacht, der bei allen Einzelbeihilfen von der Kommission gebilligt werden muss.

(32)

Der Umstrukturierungsplan, dessen Laufzeit möglichst begrenzt sein muss, soll die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen erlauben. Umstrukturierungsbeihilfen müssen demnach mit einem tragfähigen Umstrukturierungsplan verknüpft sein, für den sich der Mitgliedstaat engagiert. Dieser Plan ist der Kommission mit allen erforderlichen Angaben, u. a. einer Marktstudie vorzulegen. Die Verbesserung der langfristigen Rentabilität muss vor allem durch unternehmensinterne Maßnahmen herbeigeführt werden, die in dem Umstrukturierungsplan vorgesehen sind. Externe Faktoren wie Preis- oder Nachfrageschwankungen, auf die das Unternehmen kaum Einfluss hat, dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn die betreffenden Marktprognosen auf breiter Grundlage anerkannt werden. Eine erfolgreiche Umstrukturierung muss die Aufgabe von Tätigkeitsbereichen einschließen, die auch nach der Umstrukturierung strukturell defizitär wären.

(33)

Der Umstrukturierungsplan beschreibt die Umstände, die zu den Schwierigkeiten des Unternehmens geführt haben, damit beurteilt werden kann, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen angemessen sind. Er berücksichtigt die Situation und voraussichtliche Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf den Märkten der betreffenden Produkte mit verschiedenen Szenarien, die einer optimistischen, einer pessimistischen und einer mittleren Hypothese entsprechen, sowie die spezifischen Stärken und Schwächen des Unternehmens. Er ermöglicht dem Unternehmen den Übergang zu einer neuen Struktur, die auf lange Sicht Rentabilitätsaussichten und die Möglichkeit zum Betrieb aus eigener Kraft bietet.

(34)

In dem Umstrukturierungsplan muss die Umstellung des Unternehmens in der Weise vorgeschlagen werden, dass es nach Abschluss der Umstrukturierung alle seine Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzierungskosten decken kann. Die eskomptierte Eigenkapitalrentabilität des umstrukturierten Unternehmens soll ausreichen, um aus eigener Kraft im Wettbewerb bestehen zu können.“

(292)

Die Kommission zog in ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 242 bis 247) den Schluss, dass Belgien einen Umstrukturierungsplan übermittelt hatte, der die Voraussetzungen der Leitlinien erfüllte, und hat diesbezüglich keine Bedenken geäußert. Nach der Einleitung des Prüfverfahrens sind bei der Kommission keine Kommentare betroffener Dritter eingegangen, die diese Schlussfolgerung in Frage stellten.

(293)

Die Kommission hält fest, dass das Unternehmen IFB seine wirtschaftliche Überlebensfähigkeit sowohl in seinem 2003 vorgelegten Umstrukturierungsplan als auch anhand seiner bisher erzielten Ergebnisse beweisen konnte. Daher gelangt sie — wie bereits im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummer 271) zur Auffassung, dass die Voraussetzung „Umstrukturierungsplan zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit des Unternehmens“ erfüllt ist.

(294)

Wie bereits aus Randnummer 290 dieser Entscheidung hervorgeht, ist jedoch der Umstrukturierungsplan zur Herstellung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit des Unternehmens keine ausreichende Voraussetzung, sondern es muss auch festgestellt werden, dass die Beihilfe nicht zu unzulässigen Wettbewerbsverfälschungen führt.

4.2.2.2   Vermeidung unzulässiger Wettbewerbsverfälschungen

(295)

Bezüglich der Vermeidung unzulässiger Wettbewerbsverfälschungen legen die Leitlinien von 1999 Folgendes fest (Randnummern 35 bis 39):

„(35)

Es müssen Maßnahmen getroffen werden, um nachteilige Auswirkungen der Beihilfe auf Konkurrenten nach Möglichkeit abzumildern. Andernfalls müsste nämlich angenommen werden, dass die Beihilfe ‚dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft‘ und daher nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(36)

Meistens konkretisiert sich diese Bedingung durch eine Begrenzung der Präsenz des Unternehmens auf seinem Markt oder seinen Märkten nach Abschluss der Umstrukturierungsphase. Ist der relevante Markt auf Gemeinschaftsebene einschließlich des EWR unbedeutend, ist davon auszugehen, dass sich keine übermäßige Wettbewerbsverzerrung ergibt. Somit findet diese Bedingung im Prinzip keine Anwendung auf KMU, es sei denn, sektorspezifische Vorschriften der Wettbewerbsregeln für staatliche Beihilfen bestimmen etwas anderes.

(37)

Die Begrenzung oder erzwungene Reduzierung der Präsenz auf dem Markt oder den Märkten, auf denen das Unternehmen tätig ist, stellt eine Gegenleistung für die Konkurrenten dar. Diese Gegenleistung muss im Verhältnis zu den durch die Beihilfe verursachten Verzerrungseffekten und insbesondere zu dem relativen Gewicht des Unternehmens auf seinem Markt oder seinen Märkten stehen. Die Kommission bestimmt den Umfang dieser Reduzierung der Marktpräsenz anhand der dem Umstrukturierungsplan beizufügenden Marktstudie und, wenn das Verfahren eingeleitet worden ist, anhand der von den Beteiligten gelieferten Informationen. Die Marktpräsenz des Unternehmens wird durch den Umstrukturierungsplan und die damit gegebenenfalls verknüpften Bedingungen reduziert.

(38)

Besteht die Gefahr, dass die Reduzierung oder Begrenzung der Marktpräsenz zu einer offenkundigen Verschlechterung der Marktstruktur führt, beispielsweise indirekt zur Schaffung eines Monopols oder einer engen Oligopol-Situation, so kann eine Lockerung der geforderten Gegenleistungen in Erwägung gezogen werden.

(39)

Die Gegenleistungen können je nachdem, ob das Unternehmen auf einem Markt mit Überkapazitäten tätig ist oder nicht, in verschiedener Form erbracht werden. […]“

(296)

Vor dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens hatten die belgischen Behörden angegeben, die IFB habe zur weitestgehenden Abmilderung nachteiliger Auswirkungen der Beihilfe auf Konkurrenten zwei Maßnahmen getroffen:

Einstellung ihrer Aktivitäten auf dem Frachtumschlagsmarkt in Frankreich;

Schließung des Terminals in Bressoux (Belgien) und Verkauf ihrer Beteiligungen an den Terminals in Brüssel und Zeebrugge in Belgien.

(297)

In ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 252 bis 265) äußerte die Kommission Bedenken darüber, ob diese Maßnahmen ausreichten, um die nachteiligen Auswirkungen der Beihilfe für die Konkurrenten nach Möglichkeit abzumildern. Diese Bedenken betrafen die beiden Sektoren, auf denen die IFB ihre Aktivitäten fortsetzte, nämlichen den belgischen Frachtumschlagsmarkt und den belgischen Logistikmarkt.

a)    Der belgische Frachtumschlagsmarkt

(298)

Die beiden im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens erwähnten Maßnahmen (Randnummer 260) betrafen den belgischen Frachtumschlagsmarkt. Im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 262 bis 264) äußerte die Kommission Bedenken darüber, ob diese Maßnahmen ausreichten, insbesondere da die Gesellschaft TRW bedeutende Anteile an den Terminals von Brüssel und Zeebrugge hielt (wobei auch beabsichtigt war, dass die SNCB ihre Beteiligung an TRW in die IFB einbringen würde) und da die IFB zahlreiche Minderheitsbeteiligungen an belgischen Terminals besaß.

(299)

Die belgische Regierung führt in ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens mehrere Argumente an, um die Bedenken der Kommission zu zerstreuen. Zunächst betont sie, dass die IFB langsamer wuchs als der Markt (4,1 % Wachstum bei IFB, 10,7 % Wachstum bei den Terminals im Hafen Antwerpen, 12 % Wachstum bei den Terminals in der ARA-Region). Die Kommission vertritt die Ansicht, dass diese zusätzliche Information die Schlussfolgerung zulässt, dass die Stellung der IFB auf dem Markt infolge der Umsetzung des Umstrukturierungsplans an Bedeutung abnahm.

(300)

Des Weiteren haben die belgischen Behörden gezeigt, dass die IFB ihre Kapazitäten auf dem Frachtumschlagsmarkt von 1,5 Mio. TEU im Jahr 2002 auf 1,1 Mio. TEU Ende 2005 reduziert hatte. Die Kommission erachtet diese Kapazitätsverringerung als wesentliche abmildernde Maßnahme.

(301)

Schließlich unterrichteten die belgischen Behörden die Kommission darüber, dass die Einbringung der TRW in die IFB nicht durchgeführt werden würde. Die Kommission hält diese letzte Entwicklung für wichtig, zumal als Folge daraus die Schließung von Bressout und der Verkauf der Beteiligungen in Brüssel und Zeebrugge zu einer echten Reduzierung der Präsenz von IFB auf dem belgischen Frachtumschlagsmarkt führen.

(302)

Angesichts dieser Argumente und der Tatsache, dass der Marktanteil der IFB geringfügig ist, vertritt die Kommission die Auffassung, dass Belgien den Beweis erbracht hat, dass ausreichende Maßnahmen zur weitestgehenden Abmilderung der nachteiligen Folgen der Beihilfe für die Konkurrenten auf dem Frachtumschlagssektor getroffen wurden.

b)    Der belgische Logistikmarkt

(303)

In ihrem Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummern 257 bis 259) hat die Kommission angemerkt, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht den Logistikmarkt betreffen. Da Vorschläge für Maßnahmen auf dem Logistikmarkt fehlen, dieser Markt außerdem im Umbruch begriffen ist und die IFB ihren Marktanteil erheblich steigern konnte, bezweifelte die Kommission, dass Belgien die wettbewerbsschädlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit der Logistiktätigkeit von IFB so weit wie möglich begrenzt hat.

(304)

Die Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens enthielt fünf Argumente, mit denen die belgische Regierung beweisen wollte, dass die IFB — entgegen den Behauptungen der Kommission in ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens — ausreichende Maßnahmen getroffen habe, um die Wettbewerbsverzerrungen einzuschränken (bezüglich der Einzelheiten siehe Beschreibung in Teil 3 dieser Entscheidung, Randnummern 177 bis 187). Diese Argumente können folgendermaßen zusammengefasst werden:

Verringerung der Kapazitäten bei den Waggons der IFB um 49 %;

Marktanteil der IFB unter 5 %;

langsameres Wachstum als der Markt (9,9 % bei IFB im Vergleich zu 12 % im Durchschnitt auf dem Markt);

Wachstum vor allem aufgrund des Schüttgutverkehrs, in einem Untersegment des Marktes, auf dem die IFB bis 2002 kaum präsent war;

die Liberalisierung des Eisenbahnverkehrsmarktes ab 2007 werde den Wettbewerbsdruck weiter erhöhen.

(305)

Die Kommission stellt fest, dass die fünf von der belgischen Regierung vorgebrachten Argumente überzeugend sind. Im Zusammenhang mit dem ersten Argument hat die belgische Regierung nach Ansicht der Kommission bewiesen, dass die IFB ihre Kapazitäten im Logistikbereich reduziert hat, indem die Anzahl der betriebenen Waggons um 49 % verringert wurde, wodurch die Wettbewerbsverzerrungen infolge der betreffenden Maßnahmen begrenzt werden können. Bezüglich des zweiten Arguments teilt die Kommission die Ansicht der belgischen Regierung, dass die Marktanteile der IFB auf dem Logistikmarkt im Sinne von Randnummer 36 der Leitlinien aus dem Jahr 1999 reduziert wurden. Zum dritten Argument vertritt die Kommission die Auffassung, dass die von Belgien vorgebrachten Erklärungen zur Differenzierung der Umsatzerhöhung der IFB zeigen, dass die IFB weniger rasch wuchs als ihre Konkurrenten und dass das größte Wachstum einen Teilbereich betraf, in dem IFB nur am Rande präsent ist. Im Zusammenhang mit dem vierten Argument meint die Kommission, dass auch wenn die Entscheidung, ihre Terminals für die Konkurrenten zu öffnen, wahrscheinlich auch aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen erfolgte, diese doch eine verstärkte Öffnung der Märkte, auf denen die IFB aktiv ist, zur Folge hat und somit die nachteiligen Auswirkungen der Beihilfe begrenzen kann. Im Zusammenhang mit dem fünften Argument erkennt die Kommission an, dass die Situation der IFB Ähnlichkeiten mit der Situation von SNCF Fret aufweist, zumal die IFB wie SNCF Fret in den Teilbereichen „Schienentransport“ und „kombinierter Verkehr“ tätig ist, die seit dem 1. Januar 2007 vollständig liberalisiert sind (50).

(306)

Die Kommission zieht den Schluss, dass Belgien den Beweis erbracht hat, dass ausreichende Maßnahmen zur weitestgehenden Abmilderung der nachteiligen Auswirkungen der Beihilfe für die Konkurrenten im Logistiksektor getroffen wurden.

c)    Schlussfolgerung

(307)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die belgischen Behörden nachgewiesen haben, dass ausreichende Maßnahmen getroffen wurden, um die nachteiligen Auswirkungen der Beihilfe für die Konkurrenten auf den beiden betroffenen Märkten nach Möglichkeit abzumildern.

4.2.2.3   Begrenzung der Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß

(308)

Bezüglich der Begrenzung der Beihilfe auf das nötige Mindestmaß legen die Leitlinien von 1999 Folgendes fest (Randnummern 40 und 41):

„(40)

Höhe und Intensität der Beihilfe müssen sich auf das für die Umstrukturierung unbedingt notwendige Mindestmaß nach Maßgabe der verfügbaren Finanzmittel des Unternehmens, seiner Aktionäre oder des Konzerns, dem es angehört, beschränken. Daher müssen die Beihilfeempfänger aus eigenen Mitteln, auch durch den Verkauf von Vermögenswerten, wenn diese für den Fortbestand des Unternehmens nicht unerlässlich sind, oder durch Fremdfinanzierung zu Marktbedingungen, einen bedeutenden Beitrag zu dem Umstrukturierungsplan leisten. Um die wettbewerbsverfälschenden Auswirkungen in Grenzen zu halten, sollte die Beihilfe nicht in einer Form oder in einem Umfang gewährt werden, die dem Unternehmen überschüssige Liquidität zuführt, die es zu einem aggressiven und marktverzerrenden Verhalten in von dem Umstrukturierungsprozess nicht berührten Tätigkeitsbereichen verwenden könnte. Daher prüft die Kommission das Niveau der Passiva der Unternehmen nach der Umstrukturierung, auch nach jeder Zurückstellung oder Reduzierung von Forderungen, vor allem wenn das Unternehmen nach einem im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Kollektivverfahren wegen Insolvenz weitergeführt wird. Die Beihilfe darf auch nicht zur Finanzierung von Neuinvestitionen verwendet werden, die für die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität nicht unbedingt notwendig sind.

(41)

In jedem Fall muss der Kommission der Nachweis erbracht werden, dass die Beihilfe nur zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens dient und dem Beihilfeempfänger nicht die Möglichkeit gibt, während der Durchführung des Umstrukturierungsplans seine Produktionskapazitäten zu erweitern, außer wenn dies zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens notwendig ist und den Wettbewerb nicht verfälscht.“

(309)

Demnach ist zum einen zu prüfen, ob die Beihilfe auf ein Mindestmaß begrenzt ist und zum zweiten, ob die IFB einen entsprechenden Eigenbeitrag geleistet hat.

a)   Begrenzung der Beihilfe auf ein Mindestmaß

(310)

Um zu beweisen, dass sich die Beihilfe auf das unbedingt notwendige Mindestmaß beschränkt, erläutert die belgische Regierung, dass sich die Kapitalerhöhung darauf beschränke, das infolge der im Jahre 2001 und 2002 verzeichneten Verluste auf einen negativen Wert reduzierte Gesellschaftskapital der IFB soweit wiederherzustellen, dass das Unternehmen seine wirtschaftliche Lebensfähigkeit wiedererlangen könne. Wie in Teil 2 dieser Entscheidung dargelegt, solle der Solvabilitätskoeffzient der IFB, d. h. das Verhältnis Eigenkapital/Passiva, nach der Kapitalerhöhung 35,6 % betragen.

(311)

In ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummer 268) stellte die Kommission fest, dass die Kapitalerhöhung um 20 Mio. EUR unter der Empfehlung des Beratungsunternehmens McKinsey im Umstrukturierungsplan lag; außerdem bemerkte sie (Randnummer 268), dass der für die IFB in Betracht gezogene Solvabilitätskoeffizient niedriger war als der anderer Terminalbetreiber und auch, obwohl in geringerem Ausmaß, als der von Unternehmen mit gemischten Tätigkeiten.

(312)

Jedoch stellte sie fest, dass dieser Koeffizient über dem Durchschnittswert der in Transportunternehmen verzeichneten Sätze lag. In Anbetracht dessen zog sie den Schluss, dass die ihr vorliegenden Elemente nicht ausreichten, um endgültig zur Überzeugung zu gelangen, dass die Beihilfe auf das unbedingt notwendige Mindestmaß begrenzt war.

(313)

Die Kommission vertritt die Ansicht, dass für die Feststellung, dass die Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt ist, zunächst überprüft werden muss, ob der Solvabilitätskoeffizient der IFB — bei Weiterführung ihrer Aktivitäten in Belgien — nicht den Durchschnittswert ihrer Konkurrenten übersteigt und Des Weiteren ob die Desinvestition der Beteiligungen der IFB in Frankreich zu den niedrigst möglichen Kosten erfolgte.

i)   Solvabilitätskoeffizient, der den Durchschnittswert der Konkurrenten nicht übersteigt

(314)

In ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens übermittelten die belgischen Behörden zusätzliche Informationen. Zunächst berechneten sie den Solvabilitätskoeffizienten von sechs Terminalbetreibern und von sechs Logistikunternehmen, die am ehesten mit IFB vergleichbar sind. Weiters berechneten sie den Durchschnitt durch Gewichtung der durchschnittlichen Werte der Terminal- und Logistikunternehmen anhand der relativen Bedeutung dieser beiden Bereiche bei der IFB. Daraus ergibt sich ein Solvabilitätskoeffizient von 35,6 %, der dem Solvabilitätskoeffizienten der IFB nach der geplanten Kapitalerhöhung entspricht.

(315)

Darüber hinaus legten die belgischen Behörden dar, dass die beiden unmittelbaren Konkurrenten der IFB, nämlich die Gesellschaften Gosselin und Hupac, sehr ähnliche Solvabilitätskoeffizienten (38,9 % und 34,9 %) aufweisen.

(316)

Angesichts dieser zusätzlichen, von den belgischen Behörden zur Verfügung gestellten Informationen und der Tatsache, dass die Kapitalerhöhung gegenüber dem ursprünglich empfohlenen Betrag von 120 Mio. EUR gemäß dem Plan von McKinsey vom Dezember 2003 auf 95,3 Mio. EUR verringert wurde, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Kapitalerhöhung auf das unbedingt notwendige Mindestmaß begrenzt ist.

ii)   Desinvestition der Beteiligungen in Frankreich zu möglichst geringen Kosten

(317)

In Hinblick auf die Desinvestition der Tochtergesellschaften der IFB in Frankreich überprüfte die Kommission des Weiteren, ob die IFB dabei immer die kostengünstigste Variante gewählt hat, um die Rückzugskosten und somit die Beihilfe auf ein Minimum zu beschränken.

a)    Acimar

(318)

Die Desinvestition bei Acimar durch ein gerichtliches Sanierungsverfahren kostete 3,9 Mio. EUR (siehe Teil 2 dieser Entscheidung). Die Kommission stellt fest, dass die belgischen Behörden bewiesen haben, dass die Alternative, nämlich die Fortsetzung der Aktivitäten des Unternehmens, die Finanzierung des jährlichen Cash Drain bis Ende 2005 durch die IFB erfordert hätte, was zu einem Verlust in Höhe von insgesamt 10,8 Mio. EUR geführt hätte — ohne auch nur die geringste Gewissheit bezüglich der Einbringung der Forderungen in Höhe von 3,9 Mio. EUR, auf die im Rahmen des Sanierungsverfahrens verzichtet werden musste.

(319)

Daher zieht die Kommission den Schluss, dass die IFB bei Acimar den kostengünstigsten Weg gewählt hat.

b)    NFTI-ou

(320)

Bezüglich NFTI-ou, einem Unternehmen im Besitz der IFB und des Port Autonome de Dunkerque (Autonomer Hafen Dünkirchen), das Terminals im Hafen von Dünkirchen betrieb, zog die SNCB zwei Möglichkeiten in Betracht: die Fortführung der Aktivitäten und die Desinvestition durch Verkauf ihrer Beteiligung. Die Desinvestition verursachte Kosten in Höhe von 18,5 Mio. EUR (siehe eingehende Beschreibung in Teil 2 dieser Entscheidung).

(321)

Bezüglich der Alternative, d. h. der Fortführung der Aktivitäten, legten die belgischen Behörden in ihrer Antwort dar, dass dieser Weg Verluste in Höhe von 36,2 Mio. EUR bedeutet hätte (siehe eingehende Beschreibung in Teil 3 dieser Entscheidung).

(322)

Angesichts der Kosten dieser beiden Optionen ist die Kommission der Ansicht, dass IFB die günstigste Variante gewählt hat.

c)    IFB France

(323)

Die Veräußerung von IFB France, später AGEP, an NFTI-ou kostete 0,9 Mio. EUR (siehe eingehende Beschreibung in Teil 2 dieser Entscheidung). In diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage, ob ein Konkurs von IFB France nicht kostengünstiger für die IFB gewesen wäre.

(324)

So wie beim Verkaufsszenario wäre die IFB gezwungen gewesen, auf ihre Forderungen gegenüber IFB France in Höhe von 0,8 Mio. EUR zu verzichten. Die belgischen Behörden behaupten jedoch, dass ein Konkurs noch zusätzliche Kosten verursacht hätte: die IFB hätte den Verkaufspreis von 0,1 Mio. EUR nicht erzielen können, was zu einer Wertminderung ihrer Beteiligung geführt hätte; außerdem hätte die IFB gemäß den sozialrechtlichen Vorschriften in Frankreich insgesamt 0,8 Mio. EUR an die 14 Angestellten, die infolge des Konkurses ihren Arbeitsplatz verloren hätten, zahlen müssen.

(325)

Nach Ansicht der Kommission haben die belgischen Behörden keinen Beweis für diesen eventuell erforderlichen Ausgleich der Passiva erbracht und sieht sich daher gezwungen, dieses Argument zurückzuweisen (51). Die Kommission schließt demnach, dass die Veräußerung von IFB France zumindest ebenso viel gekostet hätte wie die Fortführung des Unternehmens.

(326)

Die Kommission kommt daher zum Schluss, dass die IFB eine der beiden kostengünstigeren Varianten gewählt hat.

d)    Dry Port Dunkerque

(327)

Bezüglich Dry Port de Dunkerque wurde die Liquidation des Unternehmens mit vorherigem Verkauf eines Teils der Vermögenswerte, nämlich der 8,6%igen Beteiligung an NFTI-ou, beschlossen. Dies verursachte Kosten in Höhe von 7,9 Mio. EUR (siehe eingehende Beschreibung in Teil 2 dieser Entscheidung).

(328)

Im Alternativszenario, d. h. im Fall der Fortsetzung der Aktivitäten, hätte die IFB den durch die Verluste der Gesellschaft verursachten jährlichen Cash Drain finanzieren müssen, was eine zusätzliche Belastung in Höhe von 2,6 Mio. EUR bedeutet hätte.

(329)

Somit stellte die Liquidation die kostengünstigste Variante dar.

e)    SSTD

(330)

Angesichts der strategischen Entscheidung, sich vom französischen Markt zurückzuziehen, stellte die Entscheidung, SSTD um 0,2 Mio. EUR zu verkaufen (siehe eingehende Beschreibung in Teil 2), die für IFB günstigste Option dar.

f)    Schlussfolgerung

(331)

Die Kommission gelangt zum Schluss, dass die Desinvestition der Beteiligungen der IFB in Frankreich auf die kostengünstigste Art und Weise erfolgte, und dass demnach der finanzielle Aufwand der SNCB zur Deckung dieser für die Lebensfähigkeit des verbleibenden Teils der IFB notwendigen Desinvestition möglichst niedrig gehalten wurde.

b)   Eigenbeitrag der Beihilfeempfängerin

(332)

In Randnummer 40 der Leitlinien von 1999 ist Folgendes festgelegt:

„Daher müssen die Beihilfeempfänger aus eigenen Mitteln, auch durch den Verkauf von Vermögenswerten, wenn diese für den Fortbestand des Unternehmens nicht unerlässlich sind, oder durch Fremdfinanzierung zu Marktbedingungen, einen bedeutenden Beitrag zu dem Umstrukturierungsplan leisten.“

(333)

Im Schreiben über die Einleitung des Verfahrens (Randnummer 270) hielt die Kommission fest, dass die IFB, dem Umstrukturierungsplan nach zu schließen, keinen bedeutenden Beitrag zu ihrer Umstrukturierung leistete und dass die Kommission demnach Zweifel daran hegte, ob die IFB ausreichend zu ihrer Umstrukturierung beitrug.

(334)

Die belgischen Behörden erklärten in ihrer Antwort auf das Schreiben über die Einleitung des Verfahrens ausführlich, worin ihrer Ansicht nach der Eigenbeitrag der IFB zu ihrer Umstrukturierung bestand (siehe Beschreibung in Teil 3 dieser Entscheidung, Randnummern 194 bis 201).

(335)

Die Kommission würdigt die Erklärungen der belgischen Behörden folgendermaßen:

i)   Umstrukturierungskosten

(336)

Die Kommission ermittelt zunächst die Gesamtkosten der Umstrukturierung ohne Produktivitätssteigerungen und Verringerung des Bedarfs an Umlaufvermögen.

Umstrukturierungskosten netto

 

Nettobetriebsverlust

2,749

Außerordentliche Aufwendungen

0,032

Anstieg des Bedarfs an Umlaufvermögen

12,998

Ersatzinvestitionen in Sachanlagen

6,611

Investitionen in Finanzanlagen

1,882

Zinsenzahlungen an andere Unternehmen als die SNCB

2,351

Rückzahlung der Bankverbindlichkeiten

16,599

Teilweise Rückzahlung der Verbindlichkeiten und Zinsen an die SNCB

81,7

Steuerschulden

0,077

Insgesamt

125,56

(337)

Diesbezüglich hält es die Kommission im Einklang mit ihrer Entscheidungspraxis (52) insbesondere aus folgenden Gründen für gerechtfertigt, eher von den in der obigen Tabelle angegebenen Kosten auszugehen als von den Kosten, die von den belgischen Behörden vorgelegt wurden (siehe Tabelle in Randnummer 184):

Betriebsverlust („Cash Drain“). Die belgischen Behörden hatten in den Umstrukturierungskosten einen „Bruttobetriebsverlust“ von 27,916 Mio. EUR angegeben. Die Kommission vertritt im Einklang mit ihrer Entscheidungspraxis (53) die Ansicht, dass nur der Nettobetriebsverlust in die Umstrukturierungskosten aufzunehmen ist. Diese Kosten erhält man durch Abzug der in der Umstrukturierungsphase erzielten Produktivitätssteigerungen (25,167 Mio. EUR) vom Bruttobetriebsverlust in diesem Zeitraum (27,916 Mio. EUR). Demzufolge beträgt der Nettobetriebsverlust 2,749 Mio. EUR.

Schwankungen des Bedarfs an Umlaufvermögen. Die belgischen Behörden erwähnen im Zusammenhang mit den „Kosten“ und dem „Eigenbeitrag“ den schwankenden Bedarf an Umlaufvermögen (54). Gemäß der Entscheidungspraxis der Kommission (55) ist für die Umstrukturierungskosten nur die Nettoerhöhung des Bedarfs an Umlaufvermögen zu berücksichtigen, welche 12,998 Mio. EUR beträgt (56).

Gruppeninterne Transfers. Die belgischen Behörden schließen bei den „Investitionen in Finanzanlagen“ gruppeninterne Transfers in Verbindung mit der Zusammenführung der belgischen Beteiligungen der Unternehmensgruppe in die Umstrukturierungskosten ein. Diese Transfers betrafen: die Anteile von RKE (einem belgischen Unternehmen, das in Randnummer 47 von Teil 2 des Schreibens über die Einleitung des Verfahrens näher beschrieben wird) im Eigentum von Haeger & Schmidt International (einer 100%igen Tochter der IFB in Deutschland, genauer beschrieben in Randnummer 47 von Teil 2 des Schreibens über die Einleitung des Verfahrens), die an IFB übertragen wurden, die diese nun direkt und nicht mehr indirekt über Haeger & Schmidt International besitzt. Die Kosten dieser Transaktion betrugen 1,6 Mio. EUR, wovon 0,6 Mio. EUR in bar bezahlt und der Restbetrag durch einen Forderungsnachlass (Kontokorrent) in Höhe von 1 Mio. EUR der IFB gegenüber Haeger & Schmidt International beglichen wurde.

Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Transaktion, die einen Transfer innerhalb der IFB-Gruppe darstellt, nicht zu den Umstrukturierungskosten gerechnet werden kann, da sie innerhalb der Gruppe finanziell neutral ist. In Wirklichkeit steht den Kosten in Höhe von 0,6 Mio. EUR bei der IFB ein um 0,6 Mio. EUR verbessertes Ergebnis bei Haeger & Schmidt International gegenüber, das im konsolidierten Jahresabschluss der Gruppe als Gewinnsteigerung verbucht wird.

ii)   Finanzierung durch die SNCB und Eigenbeitrag der IFB

(338)

Die SNCB trägt 95,3 Mio. EUR der Kosten für die Umstrukturierung. Wie in den Randnummern 199 bis 237 dargelegt, ist diese Finanzierung dem belgischen Staat zuzurechnen. Sie soll durch Umwandlung des Darlehens, der Forderungen, für die ein Zahlungsaufschub gewährt wurde, sowie der dafür angelaufenen Zinsen in Kapital erfolgen.

(339)

Im Gegensatz zu den Bestimmungen von Randnummer 43 der Leitlinien aus dem Jahr 2004 schließen die Leitlinien von 1999 zukünftige Gewinne als Eigenbeitrag des Unternehmens nicht aus. Nach Ansicht der Kommission können im Rahmen der Leitlinien von 1999 zukünftige Gewinne einen Eigenbeitrag darstellen, wenn diese bereits zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans vorhersehbar waren.

(340)

Die IFB würde zu ihrer eigenen Umstrukturierung zunächst ihre für die Jahre 2004, 2005 und 2006 vorgesehenen Gewinne, die insgesamt 10,5 Mio. EUR ausmachen sollten, beitragen. Wie bereits dargelegt, basierte die Prognose dieser Gewinne auf Fakten, die der IFB zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans bekannt waren, wie der Abschluss wichtiger neuer Verträge, eine Senkung der Lohnkosten infolge eines Personalabbaus und im Umstrukturierungsplan aufgeführte Synergien. Daraus schließt die Kommission, dass diese zukünftigen Gewinne zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans vorhersehbar waren.

(341)

Weiters würde die IFB die finanziellen Erträge aus den auf ihren Bankkonten anfallenden Zinsen in Höhe von insgesamt 1,4 Mio. EUR beitragen. Wie in Randnummer 187 beschrieben, waren diese Erträge zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans absehbar.

(342)

Mit dem Verkauf von Sachanlagen an private Unternehmen würde die IFB einen Beitrag in Höhe von 4,771 Mio. EUR leisten. Abgesehen vom Verkauf verschiedener Vermögenswerte von relativ geringem Umfang in Höhe von insgesamt 0,271 Mio. EUR bestand dieser Teil des Beitrags hauptsächlich aus der Desinvestition der am Terminal OCHZ eingesetzten Anlagen im Jahr 2004. Die Miteigentumsrechte (50 %) an diesen von OCHZ verwendeten Anlagen wurden zu einem Preis von 4,5 Mio. EUR veräußert.

(343)

Durch den Verkauf von Finanzanlagen, d. h. durch den Verkauf von Minderheitsbeteiligungen an Privatunternehmen, würde die IFB 9,287 Mio. EUR lukrieren. Diese Erträge wurden durch die Desinvestition von

Autocare Europe und IFB France im Jahr 2003,

GIE OCHZ, Brussels Port Invest SA und Brussels Terminal Intermodal SA im Jahr 2004 und von

CNC Ferry Boats Intermodal im Jahr 2005

erzielt.

Wie in Randnummer 187 beschrieben, waren diese zukünftigen Erträge zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans absehbar.

(344)

Die Kommission stellt fest, dass die belgischen Behörden bewiesen haben, dass die IFB durch die oben beschriebenen Veräußerungen an private Unternehmen ihre Aktivitäten auf das Kerngeschäft reduziert hat.

(345)

Dank der bei privaten Kreditinstituten aufgenommen Darlehen konnte die IFB 2003 und 2006 3,3 Mio. EUR aufbringen. Diese Darlehen wurden unter den Randnummern 75 bis 79 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens eingehend beschrieben. Sie wurden zu Marktbedingungen und ohne Sicherheitsleistung durch die SNCB oder den belgischen Staat bei diesen Banken aufgenommen.

(346)

Schließlich leistet die IFB einen Beitrag in Höhe von 1,105 Mio. EUR aus außerordentlichen Erträgen, die aus Gewinnen aus dem Verkauf von Sachanlagen stammen (grundsätzlich EAOS-Waggons und Rollmaterial von Terminals).

(347)

Die Kommission gelangt zum Schluss, dass der Eigenbeitrag der IFB an den Umstrukturierungskosten 24,927 Mio. EUR beträgt. In der folgenden Tabelle sind alle Beiträge der IFB angegeben:

Gewinne 2004 bis 2006

10,429

Finanzielle Erträge

1,368

Verkauf von Sachanlagen

4,771

Verkauf von Finanzanlagen

9,287

Bei Privatbanken aufgenommene Darlehen

3,300

Außerordentliche Erträge

1,105

Summe

30,26

(348)

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass von den Gesamtkosten der Umstrukturierung von IFB, die 125,56 Mio. EUR betragen, 95,3 Mio. EUR, d. h. 76 %, von der SNCB finanziert werden. Diese Finanzierung ist dem belgischen Staat zuzurechnen. 30,26 Mio. EUR, d. h. 24 % dieser Kosten, werden von der IFB selbst getragen.

(349)

Die Kommission hält im vorliegenden Fall fest, dass die Leitlinien von 1999 keine Mindesthöhe für den Eigenbeitrag, sondern nur einen bedeutenden Eigenbeitrag verlangen. Nachdem jedoch die neuen Leitlinien von 2004, die in diesem Fall nicht anzuwenden sind, einen Eigenbeitrag von mindestens 50 % verlangen, hält es die Kommission für sinnvoll, auf die besonderen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Umstrukturierung (von der 250 Arbeitsplätze in Belgien direkt abhängen), auf das Ausmaß der Verringerung der Kapazitäten (Verringerung der Eisenbahnwaggons um 49 %, Veräußerung mehrerer Terminals) sowie auf die Bedeutung des Marktes für den kombinierten Verkehr, auf dem die IFB hauptsächlich aktiv ist, in der Verkehrspolitik der Europäischen Union hinzuweisen.

(350)

Die Kommission zieht den Schluss, dass unter diesen Umständen eine Beteiligung von 24 %, auch in Anbetracht der Größe des Unternehmens IFB und seiner überaus schlechten finanziellen Lage vor der Umstrukturierung, eine bedeutende Beteiligung darstellt.

4.2.2.4   Jährlicher Bericht und das Prinzip „one time, last time“

(351)

Die Leitlinien von 1999 legen in den Randnummern 45 und 48 Folgendes fest:

„(45)

Die Kommission muss sich von der ordnungsgemäßen Durchführung des Umstrukturierungsplans anhand regelmäßiger ausführlicher Berichte überzeugen können, die ihr von dem betreffenden Mitgliedstaat übermittelt werden.

(48)

Um jede missbräuchliche Förderung zu vermeiden, dürfen Umstrukturierungsbeihilfen nur einmal gewährt werden. Wird die Kommission mit einer geplanten Umstrukturierungsbeihilfe befasst, muss der Mitgliedstaat angeben, ob das Unternehmen bereits in der Vergangenheit, auch vor Inkrafttreten der vorliegenden Leitlinien, eine staatliche Umstrukturierungsbeihilfe einschließlich nicht notifizierter Beihilfen erhalten hat. Ist dies der Fall und ist die Umstrukturierungsphase seit weniger als zehn Jahren abgeschlossen oder die Durchführung des Plans seit weniger als zehn Jahren eingestellt worden, genehmigt die Kommission in der Regel die Gewährung einer weiteren Umstrukturierungsbeihilfe nur unter außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen, die das Unternehmen nicht zu vertreten hat. Unter unvorhersehbaren Umständen ist ein Ereignis zu verstehen, das zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans in keiner Weise vorhergesehen werden konnte.“

(352)

Wie bereits im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummer 271) festgestellt, hat die belgische Regierung akzeptiert, der Kommission einen jährlichen Bericht zu übermitteln, anhand dessen die Kommission beurteilen kann, ob der Umstrukturierungsplan gemäß den von den belgischen Behörden eingegangenen Verpflichtungen umgesetzt wird.

(353)

Wie ebenfalls im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens (Randnummer 271) festgestellt, wurde das Kriterium „one time, last time“ erfüllt.

5.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(354)

Die Kommission stellt fest, dass Belgien einen Teil der in Rede stehenden Maßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt hat. Die Prüfung der Maßnahmen hat jedoch gezeigt, dass diese zu einem Teil keine Beihilfe darstellen und ansonsten mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Finanzierung der Umstrukturierung der Aktivitäten der InterFerryBoats SA in Belgien und die Finanzierung der Desinvestition bei den Aktivitäten von InterFerryBoats SA in Frankreich in Höhe von 95,3 Mio. EUR durch die Société nationale des chemins de fer belges, die dem belgischen Staat zuzurechnen sind und von diesem durchgeführt wurden, stellen eine staatliche Umstrukturierungbeihilfe dar, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an das Königreich Belgien gerichtet.

Brüssel, den 24. April 2007

Für die Kommission

Jacques BARROT

Vizepräsident


(1)  ABl. C 159 vom 8.7.2006, S. 2.

(2)  ABl. L 237 vom 24.8.1991, S. 25.

(3)  Belgisches Staatsblatt vom 24. Juli 1926.

(4)  Datum des Inkrafttretens des Königlichen Erlasses vom 30. September 1992 zur Genehmigung des ersten Verwaltungsvertrags der Société nationale des chemins de fer belges und zur Festlegung der Bestimmungen bezüglich dieser Gesellschaft, Belgisches Staatsblatt vom 14. Oktober 1992.

(5)  Gemäß den Festlegungen im Gesetz vom 21. März 1991 über die Reform bestimmter öffentlicher Wirtschaftsunternehmen, Belgisches Staatsblatt vom 27. März 1991.

(6)  IFB besitzt bereits eine Beteiligung von 0,9 % an dieser Gesellschaft, die die Terminals in Antwerpen, Zeebrugge, Ostende, Charleroi, Lüttich, Brüssel, Etge, Genk und Muizen betreibt und in 11 Mitgliedstaaten Leistungen im Eisenbahngüterverkehr anbietet.

(7)  Vertrauliche Angaben.

(8)  Die Erhöhung der pro Jahr zu leistenden Arbeitstage führte zu einer Kostensenkung von ca. 0,6 Mio. EUR pro Jahr, die Zusammenführung der Verwaltungs- und Verkaufsabteilungen in Berchem sparte Kosten in Höhe von ca. 0,2 Mio. EUR pro Jahr ein, und der Personalabbau in einem Ausmaß von 35 VZE ergab eine Kostenreduktion von 1,75 Mio. EUR pro Jahr.

(9)  Vollzeiteinheiten.

(10)  ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2.

(11)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(12)  ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35.

(13)  Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002 in der Rechtssache C-482/99, Frankreich/Kommission, Slg. 2002, S. I-4397), so genanntes Stardust-Marine-Urteil.

(14)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 27. Januar 1998 in der Rechtssache T-67/94, Ladbroke Racing/Kommission, Slg. 1998, II-1, Randnummer 109, bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofes vom 16. Mai 2000 in der Rechtssache C-83/98 P, Ladbroke Racing Ltd, Slg. 2000, S. I-3271, Randnummer 48.

(15)  Entscheidung vom 7. Dezember 2005, Sache K(2005)4447 (ABl. L 383 vom 28.12.2006, S. 21).

(16)  Vom 1.5.2001 bis 31.12.2001.

(17)  Karin S. Thorburn, Tuck School of Business Administration of Dartmouth College, veröffentlicht im Journal of Financial Economics (Nr. 58, 2000) und durchgeführt auf der Grundlage einer Analyse von 263 Unternehmen in Schweden.

(18)  (Ormet Corporation hat am 30. Januar 2004 Konkurs angemeldet und den zuständigen Gerichten im September 2004 einen Umstrukturierungsplan vorgelegt). Die belgischen Behörden weisen darauf hin, dass diese Rate merklich höher ist als die von Professor Thorburn in der erwähnten Studie verwendete Rate von 33 %.

(19)  Die Schätzung der Gesellschaftsschulden berücksichtigt nicht die Auswirkungen eines Konkurses der IFB auf die wirtschaftliche Interessensgemeinschaft OCHZ hinsichtlich der Gesellschaftsschulden der IFB. Tatsächlich zieht der Konkurs eines Mitglieds einer Interessensgemeinschaft automatisch deren Auflösung nach sich.

(20)  Gemäß der Satzung der SNCB besteht tatsächlich nicht die Möglichkeit, öffentliche Angestellte zu kündigen, außer während der Ausbildungszeit oder im Rahmen eines Disziplinarverfahrens.

(21)  Dieser Wert ergibt sich aus der Aktualisierung der Cashflows in Verbindung mit in der Bilanz zum 31.12.2002 vorgesehenen Rückstellungen in Höhe von 40,8 Mio. EUR

(22)  Siehe Leitlinien aus dem Jahr 1999, Randnummer 36.

(23)  Siehe insbesondere die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag, ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 97, vor allem Randnummer 24.

(24)  Die durchschnittliche Preiserhöhung wurde durch eine Gewichtung der Terminals je nach ihren Umsätzen ermittelt.

(25)  IFB war Eigentümerin von 368 Waggons und hatte langfristige Mietverträge für 376 weitere Waggons abgeschlossen.

(26)  Anfang 2006 besaß die IFB 204 Waggons und hatte langfristige Mietverträge für 173 weitere Waggons abgeschlossen.

(27)  Diese vollständige, in der Richtlinie 91/440/EWG vorgesehene Öffnung der Märkte wurde durch ein königliches Dekret vom 13. Dezember 2005 umgesetzt.

(28)  Bereits in Fußnote 12 zitiertes Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, Randnummer 37.

(29)  Bereits in Fußnote 12 zitiertes Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, Randnummer 37.

(30)  Bereits in Fußnote 12 zitiertes Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, Randnummern 52.

(31)  Bereits in Fußnote 12 zitiertes Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, Randnummern 54 und 55.

(32)  Bereits in Fußnote 12 zitiertes Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, Randnummern 55 und 56.

(33)  Rechnungshof: „Le bon emploi des deniers publics par la S.N.C.B.; audit effectué en exécution de la résolution de la Chambre des représentants du 11 mai 2000“ [Die richtige Verwendung der öffentlichen Gelder durch die S.N.C.B.; infolge des Beschlusses der belgischen Abgeordnetenkammer vom 11. Mai 2000 durchgeführte Prüfung]; Brüssel, Mai 2001.

(34)  Urteil des Gerichtshofs vom 2. Februar 1988, Kwekerij Gebroeders van der Kooy BV e.a./Kommission (verbundene Rechtssachen C-67/85, C-68/85 und 70/85, Slg. 1988, S. 219).

(35)  Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission (C-303/88, Slg. 1991, S. I-1433, und C-305/89, Slg. 1991, S. I-1603).

(36)  Urteil des Gerichtshofs vom 30. Januar 1985, Kommission/Frankreich (290/83, Slg. 1985, S. 439).

(37)  Und zwar die Ernennung der Führungskräfte durch die staatlichen Behörden im Urteil der Rechtssache Kommission/Italien; die Finanzierung durch eine öffentliche Einrichtung, die mit einer normalen staatlichen Beihilfe vergleichbaren Bedingungen für die Gewährung, die Präsentation der Behilfe durch die Regierung als Teil eines Bündels von staatlichen Maßnahmen im Urteil Kommission/Frankreich.

(38)  Entscheidung der Kommission vom 17. September 2003 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten von Space Park Development GmbH & Co KG gewährt hat, ABl. L 61 vom 27.2.2004, S. 66, Erwägungsgrund 30).

(39)  Zur Erinnerung der Wortlaut von Artikel 4: „Les Parties confirment leur intention de mettre à exécution les mesures suivantes pour autant qu’elles soient conformes à un plan de restructuration approuvé par leurs deux Conseils d’administration, par l’Etat belge et si nécessaire par la CE, et sous réserve d’approbation par les actionnaires d’IFB.“ [Die Parteien bestätigen ihre Absicht zur Umsetzung folgender Maßnahmen unter der Voraussetzung, dass sie im Einklang mit einem von den beiden Verwaltungsräten, dem belgischen Staat und erforderlichenfalls von der EK genehmigten Umstrukturierungsplan stehen, sowie vorbehaltlich der Genehmigung durch die Aktionäre der IFB.]

(40)  Zeitungsartikel können Hinweise auf die Zurechenbarkeit enthalten, siehe Entscheidungen ABX Logistics, ABl. C 9 vom 14.1.2004, S. 12, und Sniace SA, ABl. L 108 vom 30.4.2003, S. 35.

(41)  „Inter Ferry Boats coupée en 2 branches“ [Aufteilung von InterFerryBoats in zwei Bereiche], verfügbar seit dem 19. Mai 2003 auf der Website www.lalibre.be

(42)  Urteil vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-305/89, Randnummern 19 und 20.

(43)  Urteil vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-305/89, Randnummern 19 und 20.

(44)  Urteil vom 6. März 2003, WestLB Girozentrale/Kommission (T-228/99 und T-233/99, Slg. 2003, S. II-435), Randnummer 251.

(45)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2005, Sache C 53/03, Belgien, Umstrukturierung des Unternehmens ABX Logistics, Randnummern 196 und folgende.

(46)  Siehe Entscheidung im Verfahren C 53/03, Belgien, ABX Logistics, Randnummer 61.

(47)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2005, Sache C 53/03, Belgien, Umstrukturierung des Unternehmens ABX Logistics, Randnummern 204 und folgende.

(48)  Urteil des Gerichtshofes vom 13. März 1985, Königreich der Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (verbundene Rechtssachen 296/82 und 318/82, Slg. 1985, S. 809), Randnummer 24.

(49)  Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens — Staatliche Beihilfe K 46/05, Randnummer 240.

(50)  Diese vollständige, in der Richtlinie 91/440/EWG vorgesehene Öffnung der Märkte wurde durch ein königliches Dekret vom 13. Dezember 2005 umgesetzt.

(51)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, so genanntes Hytasa-Urteil (C-278/92, C-279/92 und C 208/92, Slg. 1999, S. I-4103, Randnummer 22, und Entscheidung der Kommission vom 22. Juli 1998 in der Sache SDBO.

(52)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 5. Dezember 2005, ABX Logistics, Sache C 53/03, Randnummer 247.

(53)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 5. Dezember 2005, ABX Logistics, Sache C 53/03, Randnummer 247.

(54)  Die Schwankungen nach oben erklären sich durch die Notwendigkeit, die laufenden Arbeiten zu finanzieren, die Differenz zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen auszugleichen sowie am Anfang der Umstrukturierungsphase über ausreichend liquide Mittel zu verfügen. Die Schwankungen nach unten ergaben sich in der Mitte und am Ende der Umstrukturierungsphase: So hat die IFB in den Jahren 2004 und 2005 aufgrund des gesunkenen Bedarfs an Umlaufvermögen ca. 2,7 Mio. EUR freigesetzt. Dies war dank der Einbringung eines Betrags in Höhe von 0,9 Mio. EUR an Umlaufvermögen von OCHZ zum Zeitpunkt des Verkaufs der 50%igen Beteiligung an dieser Gesellschaft sowie infolge einer Verringerung des den Kunden ab 2004 für 2003 gewährten Zahlungsaufschubs in Verbindung mit einer unveränderten Strategie für die Bezahlung der Lieferanten möglich.

(55)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 5. Dezember 2005, ABX Logistics, Sache C 53/03, Randnummer 247.

(56)  Diese Zahl ist das Ergebnis folgender Berechnung: 7,685 Mio. EUR (Erhöhung in Belgien) + 8,000 Mio. EUR (Erhöhung in Frankreich) — 2,687 Mio. EUR (Abnahme), siehe Tabelle in Teil 3, Randnummer 184.


27.8.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 225/53


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 4. Juni 2008

über die staatliche Beihilfe C 41/05 Ungarns mittels langfristiger Strombezugsverträge

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 2223)

(Nur der ungarische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2009/609/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme (1) nach Maßgabe der vorerwähnten Vorschriften und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Die Kommission erhielt von den ungarischen Behörden mit Schreiben vom 31. März 2004, registriert am gleichen Tag, gemäß dem Verfahren nach Anhang IV Punkt 3 Nummer 1 Buchstabe c zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (im Folgenden „Übergangsverfahren“) eine Anmeldung über den Regierungserlass Nr. 183/2002 (VIII.23.) (2). Der angemeldete Regierungserlass sieht einen Ausgleich für Kosten des staatseigenen Stromversorgers, der Magyar Villamos Művek Zrt. (im Folgenden „MVM“), vor. Die Anmeldung wurde von der Kommission unter Aktenzeichen HU 1/2004 — Staatliche Beihilfe eingetragen.

(2)

Im Zusammenhang mit der Maßnahme kam es zwischen den ungarischen Behörden und der Kommission zu mehrmaligem offiziellem Briefwechsel (3). Die Kommission erhielt auch Stellungnahmen von anderen Beteiligten (4). Im Rahmen des Übergangsverfahrens stellte die Kommission fest, dass der ungarische Strommarkt im Wesentlichen von den langfristigen Strombezugsverträgen (Power Purchase Agreements — im Folgenden „PPA“) zwischen MVM und gewissen Stromerzeugern beherrscht wird. Gestützt auf die damals vorliegenden Informationen vermutete die Kommission, dass die PPA rechtswidrige Beihilfeelemente enthalten.

(3)

Die ungarischen Behörden zogen mit Schreiben vom 13. April 2005, registriert am 15. April 2005, die Anmeldung über den Regierungserlass Nr. 183/2002 zurück. Am 4. Mai 2005 legte die Kommission die Beihilfeakte NN 49/2005 in der Sache PPA im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (5) (im Folgenden „Verfahrensordnung“) von Amts wegen an.

(4)

Mit Schreiben vom 24. Mai 2005 (D/54013) bat die Kommission die ungarischen Behörden um zusätzliche Auskünfte. Die Antwort vom 20. Juli 2005 wurde von der Kommission am 25. Juli 2005 eingetragen. Mit Schreiben vom 28. September 2005, registriert am 30. September 2005, übermittelten die ungarischen Behörden weitere Informationen.

(5)

Die Kommission informierte Ungarn mit Schreiben vom 9. November 2005 über ihre Entscheidung, das Verfahren im Zusammenhang mit den PPA nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten (im Folgenden „Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens“). Die Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (6) veröffentlicht.

(6)

Die Kommission erklärte in ihrer Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens, dass sie Zweifel an der Vereinbarkeit der PPA mit dem Gemeinsamen Markt hat. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf.

(7)

Die ungarischen Behörden baten um eine Fristverlängerung für die Abgabe der Stellungnahme (7), welche von der Kommission genehmigt wurde. Ungarn gab seine Stellungnahme im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens am 31. Januar 2006 ab, welche von der Kommission am 1. Februar 2006 registriert wurde.

(8)

Auch die anderen Beteiligten baten um eine Fristverlängerung für die Abgabe ihrer Stellungnahmen (8), welche von der Kommission genehmigt wurde. Die Kommission registrierte die Stellungnahmen von den anderen Beteiligten an den folgenden Tagen: am 11. Januar 2006 die Stellungnahme von MVM, am 20. Januar 2006 die Stellungnahme von einem Beteiligten, der um Nichtbekanntgabe seiner Identität bat, am 20. Januar und am 6. März 2006 die Stellungnahmen von Mátrai Erőmű Rt., am 10. Februar 2006 die Stellungnahme von […] , am 13. und am 14. Februar 2006 die Stellungnahmen von AES-Tisza Erőmű Kft., am 13. Februar 2006 die Stellungnahme von […], am 14. Februar 2006 die Stellungnahmen von Electrabel S.A. und ihrer Tochtergesellschaft Dunamenti Erőmű Rt., am 21. Februar 2006 die Stellungnahme von Budapesti Erőmű Rt. und am 21. Februar 2006 die Stellungnahme von Csepeli Áramtermelő Kft.

(9)

Nachdem die ungarischen Behörden bestätigten, die im Rahmen des Verfahrens von den Beteiligten vorgelegten Informationen vertraulich zu behandeln (10), leitete die Kommission die obigen Stellungnahmen mit Schreiben vom 25. April 2006 an Ungarn weiter.

(10)

Mit Schreiben vom 28. Juni 2006, registriert am 29. Juni 2006, und mit Schreiben vom 24. Juli 2006, registriert am 25. Juli 2006, übermittelten die ungarischen Behörden ihre Kommentare zu den Stellungnahmen der Beteiligten.

(11)

Angesichts der bevorstehenden Änderung der Rechtsnormen betreffend den ungarischen Energiesektor veranlasste Wettbewerbskommissarin Kroes mit Schreiben vom 17. Oktober 2006, gerichtet an Wirtschaftsminister Kóka, die ungarische Regierung, die PPA sowie sämtliche potenziellen Maßnahmen zum Ausgleich im Rahmen der neuen Rechtsnormen im Einklang mit den Rechtsgrundlagen der Gemeinschaft zu regeln.

(12)

Am 19. Dezember 2006 wurde von AES-Tisza eine zusätzliche Stellungnahme eingereicht, in welcher der Beteiligte zahlreiche Elemente des Verfahrens der Kommission beanstandete.

(13)

Mit Schreiben vom 21. November 2006, registriert am 23. November 2006, sowie mit Schreiben vom 15. Januar 2007, registriert am gleichen Tag, ferner auf den Treffen mit der Kommission am 18. Dezember 2006 und am 8. März 2007 bekräftigten die ungarischen Behörden ihr Vorhaben, die Rechtsnormen im Einklang mit der Liberalisierung des Energiesektors zu ändern und gleichzeitig die gegenwärtige Situation auf dem Elektrizitätsbinnenmarkt neu zu regulieren.

(14)

Am 23. April 2007 bat die Kommission Ungarn um weitere Informationen. Zur Antwort vom 5. Juni 2007 gingen bei der Kommission am 6. August 2007 weitere ergänzende Informationen ein.

(15)

Am 4. Mai 2007 informierten die ungarischen Behörden die Kommission über die Aufstellung einer Arbeitskommission, die dazu berufen ist, mit sämtlichen betroffenen Stromerzeugern Verhandlungen über die Aufhebung oder die wesentliche Änderung der PPA zu führen. Am 11. Mai 2007 fasste das Kabinett den Beschluss 2080/2007 (V.11.) über die Regulierung der langfristigen Strombezugsverträge (11), in welchem es die Aufstellung der vorstehend genannten, unter Leitung des Amtes des Ministerpräsidenten tätigen Arbeitskommission zur umgehenden Regulierung der PPA im Einklang mit den Beihilfevorschriften sowie die Einleitung von diesbezüglichen offiziellen Verhandlungen mit den betroffenen Stromerzeugern anordnete. Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 informierten die ungarischen Behörden die Kommission über den Stand der ersten Verhandlungen vom Juni 2007.

(16)

Am 2. Juli 2007 wurde, im Zusammenhang mit dem Liberalisierungsprozess, das neue Stromgesetz (12) verkündet, das teils am 15. Oktober 2007, teils am 1. Januar 2008 in Kraft trat. Die ungarischen Behörden informierten die Kommission mit Schreiben vom 25. Juli 2007 über die ersten Erfolge des neuen Stromgesetzes bei der Öffnung des ungarischen Strommarkts. Das neue Gesetz änderte jedoch nicht die PPA zwischen MVM und den in der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens aufgezählten Stromerzeugern, welche so unverändert in Kraft blieben.

(17)

Die Kommission forderte von den ungarischen Behörden mit Schreiben vom 26. Juli 2007 weitere Auskünfte an.

(18)

Das Schreiben der ungarischen Behörden, in welchem sie um eine zusätzliche Frist für den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit den Stromerzeugern baten, wurde von der Kommission am 7. September 2007 registriert.

(19)

Ungarns Antworten auf das Auskunftsersuchen vom 26. Juli 2007 wurden von der Kommission am 24. September 2007 und am 31. Oktober 2007 registriert.

(20)

Am 14. Dezember 2007 übermittelte die Kommission den ungarischen Behörden ein Erinnerungsschreiben nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999, in welchem sie die angeforderten, jedoch unvollständig erteilten Auskünfte bezeichnete. Die ungarischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 16. Januar 2008.

(21)

Die ungarischen Behörden gaben vor, die von der Kommission angeforderten Auskünfte nicht vollständig vorlegen zu können, weil Dunamenti Erőmű und AES-Tisza Erőmű die verlangten Auskünfte nicht erteilten.

(22)

Am 15. Februar 2008 forderte die Kommission Ungarn durch Entscheidung, in der Anordnung zur Auskunftserteilung auf, die in der Entscheidung bezeichneten Auskünfte innerhalb von 15 Tagen zu erteilen.

(23)

Mit Schreiben vom 27. Februar 2008 übermittelte Dunamenti Erőmű die Kopie seiner Antworten auf die von den ungarischen Behörden angeforderten Auskünfte. In dem Schreiben begründete Dunamenti Erőmű, warum es die von ihm verlangten Auskünfte nicht erteilen kann. Die ungarischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 4. März und 13. März 2008. Die ungarischen Behörden schlossen ihrer Antwort, auf ausdrücklichen Wunsch von Dunamenti Erőmű, die von Dunamenti Erőmű an das Finanzministerium bzw. an die Ungarische Energiebehörde gerichteten Schreiben vom 14. Mai 2007, vom 21. August 2007, vom 13. September 2007, vom 7. Dezember 2007, vom 14. Januar 2008 und vom 20. Februar 2008 bei. Die ungarischen Behörden hatten der Kommission die Kopie dieser Schreiben (13) bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugestellt, jedoch die darin enthaltenen, von ihnen für relevant befundenen Informationen im Rahmen des Verfahrens in ihre Antworten eingefügt.

(24)

Aus der Antwort der ungarischen Behörden geht hervor, dass AES-Tisza Erőmű ihnen keinerlei Auskünfte erteilte. Mit Schreiben per Telefax vom 10. März 2008 teilte AES-Tisza Erőmű Kommissarin Kroes mit, dass den ungarischen Behörden sämtliche, von der Kommission angeforderten Auskünfte bereits zur Verfügung ständen.

(25)

Mit Schreiben vom 13. März 2008 erteilten die ungarischen Behörden der Kommission auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen Auskünfte betreffend die Fragen in Kapitel III Absatz 1 Buchstaben a-d Anordnung zur Auskunftserteilung. Auf die Frage in Kapitel III Absatz 1 Buchstabe e der Anordnung zur Auskunftserteilung wurden in Verbindung mit den Investitionen der beiden vorstehend genannten Stromerzeuger jedoch keine ergänzenden Auskünfte erteilt

(26)

Seit der Eintragung der Anmeldung HU1/2004 bezog sich der Informationsaustausch überwiegend auf die Auslegung und die konkrete Anwendung der Mitteilung der Kommission über die Methode für die Analyse staatlicher Beihilfen in Verbindung mit verlorenen Kosten (im Folgenden „Methode“) (14). Die im Rahmen des Verfahrens vorgelegten Dokumente ließen darauf schließen, dass die ungarischen Behörden ein staatliches Beihilfesystem zum Ausgleich für verlorene Kosten einführen wollen, deren Analyse in der vorliegenden Entscheidung hätte enthalten sein können. Demnach führten die Kommission und die ungarischen Behörden im Laufe dieses Verfahrens sachliche Gespräche über diejenigen Beihilfesystemelemente, welche Ungarn annehmen würde, damit dieses System der Methode entspricht.

(27)

Trotz technischer Rücksprachen über die möglichen künftigen Beihilfemechanismen haben die ungarischen Behörden der Kommission — bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung — keinen, von der ungarischen Regierung bestätigten Beihilfemechanismus vorgelegt. Mit Schreiben vom 13. März 2008 bekräftigten die ungarischen Behörden ausdrücklich, dass sie den Stromerzeugern derzeit keinen Ausgleich für verlorene Kosten gewähren wollen. Sie hielten sich hingegen ausdrücklich das Recht vor, bestimmten Stromerzeugern in einer späteren Etappe einen derartigen Ausgleich zu zahlen.

(28)

Die Kommission forderte mit Schreiben vom 7. April 2008 von den ungarischen Behörden die Bestätigung bestimmter Angaben an. Die ungarischen Behörden erteilten die verlangten Auskünfte mit Schreiben vom 22. April 2008.

(29)

Mit Schreiben vom 20. Mai 2008 setzten die ungarischen Behörden die Kommission davon in Kenntnis, dass die Parteien die PPA von Paksi Atomerőmű mit Wirkung vom 31. März 2008 aufhoben. Zwar unterzeichneten Csepeli Áramtermelő Kft. und Pannonpower Holding Rt. im April 2008 Vereinbarungen zur Aufhebung ihrer PPA, das Inkrafttreten diese Vereinbarung hängt zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung noch von der Bewilligung der Aktionäre bzw. der Kreditinstitute ab.

(30)

Die Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens wurde von Budapesti Erőmű Rt. mit Einbringung seiner Klage vom 3. März 2006, registriert unter Aktenzeichen T-80/06, vor dem Gericht erster Instanz angefochten. Am 6. Juni 2006 beantragte Csepeli Áramtermelő Kft., sich in das Verfahren, unter Befürwortung des Anliegens von Budapesti Erőmű, als Intervenient einschalten zu dürfen, was das Gericht mit Beschluss vom 11. März 2008 genehmigte.

(31)

Überdies sind vor dem Washingtoner Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes, ICSID) zwei internationale Schiedsverfahren gegen die Republik Ungarn anhängig, welche von den Stromerzeugern […] S.A. und […] — Aktionäre von im Rahmen der PPA tätigen Kraftwerken in Ungarn — eingeleitet worden sind. Die Verfahren beruhen auf Investitionsschutz-Bestimmungen nach dem Vertrag über die Energiecharta.

2.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

(32)

Auf dem ungarischen Elektrizitätsbinnenmarkt war vom 31. Dezember 1991 bis zum 31. Dezember 2002 ein einziger öffentlicher Versorgungsgroßhändler („Single Buyer“-Modell), die Magyar Villamos Művek (im Folgenden „MVM“) tätig. MVM ist eine zu 99,9 % staatseigene Gesellschaft, ihre Tätigkeiten sind Erzeugung, Großhandel, Übertragung und Weiterverkauf von Strom. Im Rahmen des „Single Buyer“-Modells konnten die Stromerzeuger den Strom nur unmittelbar an MVM verkaufen (ausgenommen, wenn MVM darauf zugunsten des regionalen Elektrizitätsversorgungsunternehmens verzichtete), und allein MVM war berechtigt, die regionalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen mit Strom zu versorgen. Nach Gesetz Nr. XLVIII vom Jahre 1994 über die elektrische Energie (im Folgenden „Stromgesetz I“) war MVM verpflichtet, Ungarns Versorgungssicherheit im Energiebereich zu den niedrigsten Preisen zu gewährleisten.

(33)

Am 1. Januar 2003 trat das Gesetz Nr. CX vom Jahre 2001 über die elektrische Energie in Kraft (im Folgenden „Stromgesetz II“, welches das Stromgesetz I ersetzt). Das Hybridmodell des ungarischen elektrischen Energiesystems blieb bis zum 1. Januar 2008 in Kraft, d. h. bis zum Inkrafttreten des Gesetzes Nr. LXXXVI vom Jahre 2007 (im Folgenden „Stromgesetz III“, welches das Stromgesetz II ersetzt). Dieses Hybridmodell bestand aus einem regulierten Segment (im Folgenden „öffentlicher Sektor“) und einem offenen Segment (im Folgenden „Wettbewerbssektor“) und die zugelassenen Kunden (deren Kreis sich allmählich erweiterte) waren berechtigt, in den Wettbewerbssektor überzutreten. Im öffentlichen Sektor blieb MVM auch des Weiteren der einzige Versorgungsgroßhändler, im Wettbewerbssektor hingegen erschienen auch andere Händler. Das Stromgesetz III schaffte den öffentlichen Sektor ab, behielt aber betreffend die Haushaltskunden und einige Nicht-Haushalts-Kunden — nach Maßgabe der zweiten Elektrizitäts-Richtlinie (15) — die Gewährleistung der Grundversorgung und die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen bei.

(34)

Nach Stromgesetz I war MVM verpflichtet, Erhebungen in Bezug den Elektrizitätsgesamtbedarf des Landes durchzuführen und alle zwei Jahre einen „Landesweiten Kraftwerkbauplan“ zu erstellen. Dieser Plan musste zur Annahme der Regierung und dem Parlament vorgelegt werden.

(35)

Wie aus dem Stromgesetz I und den Beiträgen der ungarischen Regierung (16) hervorgeht, waren Mitte der 90er Jahre die dringlichsten Zielsetzungen Ungarns im Energiebereich die Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu den niedrigsten Preisen, die Modernisierung der Stromerzeugungsinfrastruktur, unter besonderer Beachtung der jeweiligen Umweltschutzvorschriften, sowie die Umstrukturierung des Stromversorgungssektors. Um diese Ziele zu erreichen, schlossen sie langfristige Strombezugsverträge mit ausländischen Stromerzeugern ab, die bereit waren, in Ungarn in den Bau und die Modernisierung von Kraftwerken zu investieren. Die einzelnen PPA wurden einerseits von den Kraftwerken, andererseits von MVM unterfertigt.

(36)

Die PPA zwischen MVM und den einzelnen Kraftwerken (17) schafften ein ausgeglichenes Erzeugungsportfolio, und MVM konnte seiner Verpflichtung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit nachkommen. Im Rahmen der PPA konnte MVM sowohl die Grundlast-Nachfrage (mit Kohlekraftwerken und Atomkraftwerk) als auch die Spitzenlast-Nachfrage (mit Gaskraftwerken) befriedigen.

(37)

Nach den PPA sind die Stromerzeuger für die Wartung und den Betrieb der Erzeugungsanlagen verantwortlich. In den PPA wird die Gesamtheit oder der größte Teil der Erzeugungskapazität der Kraftwerke (MW) für MVM gebucht. Die gebuchte Kapazität ist unabhängig von der effektiven Auslastung des Kraftwerks. MVM muss — über die gebuchte Kapazität hinaus — von jedem im Rahmen der PPA tätigen Kraftwerk eine bestimmte Mindestmenge an elektrischer Energie (MWh) kaufen (feste Abnahmemenge).

(38)

Einige PPA schreiben für Kraftwerke, welche die technischen Erfordernisse erfüllen, so genannte „Systemleistungen“ (18) vor. Leistungen dieser Art bietet MVM dem Systemkoordinator und Übertragungsnetzbetreiber MAVIR an.

(39)

Die im Zeitraum von 1995 bis 1996 abgeschlossenen PPA (sieben von zehn geprüften PPA) unterzeichneten die Parteien im Rahmen der Vorbereitungen für die Privatisierung der Kraftwerke. Die PPA befolgten ein Vertragsmuster, welches die ungarische Regierung von einer internationalen Rechtsanwaltkanzlei erstellen ließ. Diese PPA wurden nicht im Rahmen einer Ausschreibung unterfertigt. Die Privatisierung der Kraftwerke hingegen ging im Rahmen einer Ausschreibung vonstatten. Die (vor der Privatisierung unterfertigten) PPA waren Bestandteile der Verträge über die Privatisierung. Nach Abschluss der Privatisierung wurde ein Teil dieser Verträge (insbesondere Verträge mit den Kraftwerken Mátrai Erőmű, Tiszai Erőmű und Dunamenti Erőmű) von den Parteien teilweise geändert.

(40)

Der in 1997 mit Csepeli Áramtermelő Kft. abgeschlossene PPA befolgte ein anderes Vertragsmuster. Auch dieser Vertrag wurde ohne Ausschreibung abgeschlossen und war ebenfalls mit der Privatisierung des Kraftwerks verbunden.

(41)

Der PPA von Újpesti Erőmű (eines der drei Kraftwerke von Budapest) wurde in 1997 mit Budapesti Erőmű unterzeichnet, ebenfalls ohne Ausschreibung.

(42)

Lediglich den PPA mit Kispesti Erőmű (ein anderes — veraltetes — Kraftwerk von Budapesti Erőmű, welches zu dieser Zeit im Grunde genommen umgebaut wurde) unterfertigten die Parteien in 2001 im Rahmen einer Ausschreibung.

(43)

Im Zeitraum von 2000 bis 2004 deckten die in den PPA gebuchten Kapazitäten annähernd 80 % der gesamten ungarischen Stromnachfrage (MW). Von 2005 bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bewegte sich dieser Anteil zwischen 60 und 70 Prozent. Dieser Anteil würde sich zwischen 2011 und 2024 durch der Aufhebung der PPA voraussichtlich allmählich verringern (19).

(44)

Zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union (am 1. Mai 2004) waren zehn von den nahezu zwanzig — zwischen 1995 und 2001 unterzeichneten — PPA immer noch in Kraft.

(45)

Die vorliegende Entscheidung betrifft nur diejenigen PPA, welche am 1. Mai 2004 in Kraft waren. Folglich gilt die Entscheidung nicht für PPA, welche vor dem genannten Zeitpunkt erloschen. Obgleich einzelne PPA von den Parteien im April 2008 freiwillig aufgehoben worden sind (vgl. Erwägungsgrund 28), erstreckt sich diese Entscheidung auch auf diese PPA, und prüft deren staatlichen Beihilfecharakter sowie deren Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt im Zeitraum zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Zeitpunkt ihres Erlöschens (April 2008).

(46)

Die nachstehende Tabelle bezeichnet die unter die Geltung dieser Entscheidung fallenden, im Rahmen von PPA tätigen Kraftwerke. Die angegebene Dauer der PPA ist die in den PPA ursprünglich vereinbarte Frist.

Tabelle 1

Überblick über die Erzeuger, die Mehrheitseigentümer und die Dauer der PPA

Name des Stromerzeugers

Mehrheitseigentümer-Gruppe

Im Rahmen von PPA tätige Kraftwerke

Dauer der PPA

Budapesti Erőmű Rt.

EDF

Kelenföldi Erőmű

1996—2011

Újpesti Erőmű

1997—2021

Kispesti Erőmű

2001—2024

Dunamenti Erőmű Rt.

Electrabel

Dunamenti Blöcke F

1995—2010

(unterfertigt in 1995, in Kraft getreten in 1996)

Dunamenti Block G2

1995—2015

(unterfertigt in 1995, in Kraft getreten in 1996)

Mátrai Erőmű Rt.

RWE

Mátrai Erőmű

1995—2022

(ursprüngliche Dauer bis 2015, in 2005 verlängert bis 2022)

AES-Tisza Erőmű Kft.

AES

Tisza II Erőmű

1995—2016

(unterfertigt in 1995, in Kraft getreten in 1996)

(…)

Csepeli Áramtermelő Kft.

ATEL

Csepel II Erőmű

1997—2020

(unterfertigt in 1997, in Kraft getreten in 2000)

Paksi Atomerőmű Rt.

MVM

Paksi Atomerőmű

1995—2017 (20)

(unterfertigt in 1995, in Kraft getreten in 1996)

Pannonpower Holding Rt.

Dalkia

Pécsi Erőmű

1995—2010

(unterfertigt in 1995, in Kraft getreten in 1996)

(47)

Nach Kabinettsbeschluss Nr. 1074/1995 (VIII.4.) über die Preisregelung der elektrischen Energie müssen ab dem 1. Januar 1997 (in der so genannten ersten Preisregelungsperiode) „die Großhandels- und die Endverbraucherpreise außer den gerechtfertigten Betriebskosten auch 8 % Kapitalrendite enthalten“. Die Regierung gewährleistete so eine 8 %ige Kapitalrückgewinnung für die im Rahmen der PPA tätigen Stromerzeuger.

(48)

Ab dem 1. Januar 2001 (ab dem Beginn der zweiten Preisregelungsperiode) enthielten die regulierten Tarife einen 9,8 %igen Ertrag der Gesamtaktiva für die Stromerzeuger. Die Erhöhung des Prozents bedeutete nicht notwendigerweise die Veränderung der tatsächlichen Summen, weil die Grundlagen der beiden Quoten unterschiedlich waren (die Bemessungsgrundlage der ersten Quote war das Eigenkapital, die der zweiten Quote die Gesamtaktiva). Die Preise spiegelten die Entwicklung der Inflation wider.

(49)

Für die Stromerzeuger blieben die regulierten Tarife bis zum 31. Dezember 2003 in Kraft.

(50)

Während der Preisregelung analysierte die Ungarische Energiebehörde die Kostenstruktur jedes einzelnen Stromerzeugers und setzte den Strompreis für den Verkauf an MVM so fest, dass dieser die garantierte Gewinnspanne gewährleistete.

(51)

Die wichtigsten Kostenpunkte auf der Liste der Kosten, welche durch den genannten Preisbildungsmechanismus gedeckt sind, waren die Folgenden (21):

—   Fixe Kosten: Abschreibungen, Versicherung, bestimmte feste Wartungs- und Betriebskosten, Kreditzinsen, Kosten für Rekultivierung, Steuern, Personalkosten, Kosten für Umweltschutz, Einzahlungen in den Zentralen Nuklearfonds im Fall des Kernkraftwerks und außerordentliche Aufwendungen;

—   Variable Kosten: Brennstoffkosten.

(52)

Aufgabe der Ungarischen Energiebehörde war es, zu kontrollieren, ob es sich bei den gedeckten Kosten um tatsächlich entstandene und gerechtfertigte Ausgaben handelte.

(53)

Die regulierten Tarife setzten die Preise der PPA außer Kraft.

(54)

Ab dem 1. Januar 2004 bestimmte die Preisformel der PPA die Preise. Der genaue Inhalt der Preisformeln wurde von MVM und den Stromerzeugern im Rahmen der Jahrespreisbesprechungen ausgemacht.

(55)

Die Preisformel der PPA ist außerordentlich kompliziert, baut sich jedoch nach den gleichen Grundsätzen auf wie die vor Januar 2004 angewandte Methodik der Ungarischen Energiebehörde. Nach dem Schreiben der ungarischen Behörden (22) wurde die Anlage über die Preisbildung der PPA unter Anwendung von Formeln und Definitionen des vorstehend genannten Kabinettsbeschlusses Nr. 1074/1995 über die Preisregelung der elektrischen Energie erstellt. (Nach dem vorstehend genannten Schreiben „hat der Vertrag die im Kabinettsbeschluss angegebenen Formeln und Definitionen quasi übernommen“.) Demzufolge basieren die Preisbildungsmechanismen der PPA — ähnlich wie der Preismechanismus der regulierten Tarife — auf den Kategorien der gerechtfertigten Kosten.

(56)

Alle PPA enthalten zweierlei Entgeltelemente, zum einen das Kapazitätsentgelt (oder Verfügbarkeitsentgelt) für die gebuchte Kapazität (MW), welches die fixen Kosten und den Gewinn (Kapitalkosten) deckt, zum anderen das Energieentgelt zur Deckung der variablen Kosten. In den einzelnen PPA wurden weitere verschiedene Entgelte festgesetzt. Bei diesen Entgelten handelt es sich je nach PPA um Auszahlungen nach Bonus-Malus-Regelungen, welche die Stromerzeuger zum kosteneffizienten Betrieb veranlassen, sowie um Zuschläge, welche den Stromerzeugern im Fall von Reservehaltung, Modifizierung des Wartungszeitplans auf Antrag von MVM, Leistungssteigerung bei Bedarfspitzen bzw. Lastminimierung bei Grundlast usw. zustehen. Die periodische (jährliche, vierteljährliche, monatliche) Modifizierung des Kapazitätsentgelts hängt von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel von der Retrofit-Investitionsaktivierung, von den verschiedenen Zinskategorien, Devisenkursen und Inflationsindexen usw. Das Kapazitätsentgelt bzw. die Zuschläge decken auch die Systemdienstleistungen (falls die betreffenden PPA solche enthalten). Die Energieentgelte sind im Wesentlichen mit den Kosten für Brennstoff und mit dem spezifischen Brennstoffwärmeverbrauch verbunden, und basieren auf dem Prinzip der Abwälzung (pass-through) von variablen Kosten.

(57)

Es muss erwähnt werden, dass die Kategorien der gedeckten Kosten, die in der Preisregelung vor dem 1. Januar 2004 festgelegt sind, mit den Kategorien der PPA nicht in jedem Fall übereinstimmten. Aus dem Schreiben Ungarns (23) geht hervor, dass zum Beispiel die Kapazitätsentgelte von […] und von Dunamenti Erőmű nach den PPA höher waren als nach der Preisregelung. Die Ursache dafür ist die Tatsache, dass die PPA das Retrofit berücksichtigten, was zu höheren fixen Kosten führte. Diese höheren fixen Kosten machten sich in den Kapazitätsentgelten der PPA, die höher waren als die Kapazitätsentgelte nach der Preisregelung, (dem sukzessiven Retrofit folgend) allmählich bemerkbar. Resultierend aus den beiderseitigen Verhandlungen zwischen MVM und den Stromerzeugern sind zwischen den Preisen nach Preisregelung und den Preisen nach PPA auch andere Unterschiede wahrnehmbar.

(58)

Trotz dieser Unterschiede bekräftigten einzelne, im Rahmen der PPA tätige Stromerzeuger mit Beiträgen Ungarns vom 20. Oktober 2004 und vom 20. Juli 2005, dass die Preiskalkulationsmethode sowie diejenigen Kostenkategorien, die nach Ende der Preisregelungsphase angewandt wurden, der Methode und den Kategorien der Ungarischen Energiebehörde in hohem Maße ähnelten.

(59)

Die nach den PPA — nach dem 1. Januar 2004 — angewandten Preise basierten auf diese Weise auch weiterhin auf der Berechnung der gerechtfertigten (fixen und variablen) Kosten zuzüglich des Gewinns.

(60)

Aus dem Vorangehenden folgt, dass die Preise, obgleich die Preisregelung am 31. Dezember 2003 aufgehoben wurde, faktisch nicht liberalisiert wurden, weil der Erzeugerpreis des Stroms auf der Grundlage der PPA auch weiterhin von dem Grundsatz der Kapitalrendite bestimmt wurde (24).

(61)

Am 6. Februar 2006 verabschiedete das ungarische Parlament das Gesetz Nr. XXXV vom Jahre 2006 (25), und stellte dadurch die behördliche Preisregelung im Rahmen der PPA, in Bezug auf den Verkauf von elektrischer Energie an MVM wieder her. Die erste neue Preisverordnung trat am 9. Dezember 2006 in Kraft. Von diesem Zeitpunkt an setzte die Preisregelung der Regierung die Preisformeln der PPA ungefähr auf ein Jahr (bis zum 31. Dezember 2007) abermals außer Kraft.

(62)

Das Stromgesetz III hob — im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts — die regulierten Tarife sowie das Hybridmodell, in dem ein öffentlicher Sektor und ein Wettbewerbssektor existierten, mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf.

(63)

Folglich wird der Preis für den Strom, welcher von den Stromerzeugern an MVM verkauft wird, mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufs Neue von den Preisformeln der PPA festgesetzt. Die diesen Preisformeln zugrunde liegenden Grundsätze haben sich seit ihrer letzten Anwendung nicht verändert, diese folgen also den gleichen Grundsätzen wie im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 8. Dezember 2006 (vgl. Erwägungsgründe 54—59).

(64)

Demnach wird die Preisbildung der Stromerzeuger im Rahmen der PPA auch weiterhin von dem Grundsatz der Kapitalrendite gesteuert.

(65)

Die Erzeugungskapazität der betreffenden Kraftwerke wird in den PPA teils oder vollständig für MVM gebucht.

Tabelle 2

Ungarns inländische Erzeugungskapazität (MW)  (26)

(MW)

Kapazität

2004

2005

2006

2007

Installierte Kapazität (27)

8 777

8 595

8 691

8 986

Verfügbare konstante Kapazität (28)

8 117

8 189

8 097

8 391

Nutzbare Kapazität (29)

7 252

7 792

7 186

7 945

Spitzenlast des ungarischen Elektrizitätssystems

6 356

6 409

6 432

6 605

Tabelle 3

Erzeugungskapazitäten der Kraftwerke im Rahmen der PPA  (30)

(MW)

Kraftwerk

Kapazität

2004

2005

2006

2007

Kelenföld

Nutzbare Kapazität

90,1

97,6

97,2

78,0

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität (31)

83,3

89,8

89,4

71,9

Újpest

Nutzbare Kapazität

106,3

106,1

106,2

106,0

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

99

98,8

98,9

98,7

Kispest

Nutzbare Kapazität

46,1

110,2

110,2

109,6

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

43

102,6

102,6

102,3

Dunamenti F

Nutzbare Kapazität

1 020

1 020

1 020

1 020

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

928,2

923,1

923,1

923,1

Dunamenti G2

Nutzbare Kapazität

187,6

223,1

223,1

223,7

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

178,4

212,4

212,4

213

AES-Tisza

Nutzbare Kapazität

638,0

824,7

824,7

824,7

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

[…] (32)

[…] (33)

[…] (33)

[…] (33)

Csepeli

Nutzbare Kapazität

348,9

331

355

349,5

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

323

307

329

324

Pannon

Nutzbare Kapazität

25,9

25,9

25,9

25,9

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

20,1

20,1

20,1

20,1

Mátrai

Nutzbare Kapazität

593

552

552

552

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

496

460

460

460

Paks

Nutzbare Kapazität

1 597

1 596

1 596

1 596

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität

1 486

1 486

1 485

1 485

Nutzbare Gesamtkapazität der Kraftwerke im Rahmen der PPA

 

4 652,0

4 886,6

4 910,3

4 885,4

Vertragswert der verfügbaren Durchschnittskapazität, insgesamt

 

[…] (34)

[…] (35)

[…] (36)

[…] (37)

(66)

Aus den obigen Angaben geht hervor, dass MVM im Rahmen der PPA im Bewertungszeitraum annähernd 60 % der nutzbaren ungarischen Kapazität deckte. Unter Berücksichtigung der effektiv nutzbaren Kapazität sowie des Eigenverbrauchs ist dieser Anteil höher.

(67)

Anhand der obigen Tabellen ist auch feststellbar, ob die PPA die gesamte oder einen Großteil der Erzeugungskapazität der Kraftwerke für MVM buchen.

(68)

MVM bezahlt ein Verfügbarkeitsentgelt für die gebuchte Kapazität (vgl. Erwägungsgrund 56), unabhängig von der tatsächlich gekauften Strommenge.

(69)

Ungarns Importkapazität beträgt 1 000—1 300 MW. Von der Importkapazität sind für MVM etwa 600 MW in anderen langfristigen Verträgen gebucht.

(70)

Wenn MVM von der gebuchten Kapazität tatsächlich Gebrauch macht und von den Stromerzeugern elektrische Energie kauft, dann bezahlt es für die abgenommene Energie ein Energieentgelt (vgl. Erwägungsgrund 56).

(71)

Die PPA garantieren jedem einzelnen Stromerzeuger die Abnahme einer bestimmten Strommenge.

(72)

In Ungarn bewegt sich die inländische jährliche Stromerzeugung zwischen 32 und 36 TWh (= 32—36 000 000 GWh).

Tabelle 4

Erzeugte elektrische Energie nach den PPA  (38)

(GWh)

Kraftwerk

Erzeugte elektrische Energie

2004

2005

2006

2007

Budapesti

(inkl. Kelenföldi, Újpesti und Kispesti erőmű)

Gesamte Stromerzeugung

1 228

1 510

1 643

1 742

Eigenbedarf des Kraftwerks

87

89

91

84

Garantierte Abnahme

Kelenföld:

(…)

Újpest:

(…)

Kispest:

(…)

Kelenföld:

(…)

Újpest:

(…)

Kispest:

(…)

Kelenföld:

(…)

Újpest:

(…)

Kispest:

(…)

Kelenföld:

(…)

Újpest:

(…)

Kispest:

(…)

Effektive Abnahme

939

1 302

1 451

1 538

Dunamenti (39) (F + G2)

Gesamte Stromerzeugung

4 622

3 842

3 450

4 300

Eigenbedarf des Kraftwerks

174

148

147

188

Garantierte Abnahme

F: […]

G2: […]

F: […]

G2: […]

F: […]

G2: […]

F: […]

G2: […]

Effektive Abnahme

4 232

2 888

2 495

3 296

AES-Tisza

Gesamte Stromerzeugung

1 621

1 504

1 913

2 100

Eigenbedarf des Kraftwerks

96

97

117

116

Garantierte Abnahme

(…)

(…)

(…)

(…)

Effektive Abnahme

1 525

1 407

1 796

1 984

Csepeli

Gesamte Stromerzeugung

1 711

1 764

1 710

2 220

Eigenbedarf des Kraftwerks

48

49

48

53

Garantierte Abnahme

(…)

(…)

(…)

(…)

Effektive Abnahme

1 662

1 715

1 661

2 166

Pannon (39)

Gesamte Stromerzeugung

673

266

237

232

Eigenbedarf des Kraftwerks

116

52

34

29

Garantierte Abnahme

(…)

(…)

(…)

(…)

Effektive Abnahme

361

206

203

203

Mátrai (39)

Gesamte Stromerzeugung

5 688

5 698

5 621

6 170

Eigenbedarf des Kraftwerks

675

670

667

710

Garantierte Abnahme

(…)

(…)

(…)

(…)

Effektive Abnahme

3 730

3 762

3 587

4 082

Paksi

Gesamte Stromerzeugung

11 915

13 833

13 460

14 677

Eigenbedarf des Kraftwerks

750

821

800

848

Garantierte Abnahme

(…)

(…)

(…)

(…)

Effektive Abnahme

11 112

13 012

12 661

13 828

(73)

Die feste Strommenge ist diejenige Menge, welche MVM jedes Jahr abnehmen muss, unabhängig vom tatsächlichen Marktbedarf. Nimmt MVM die festgesetzte Mindestmenge nicht ab, müssen die Kosten für Brennstoff (im Fall von Dunamenti Erőmű, Kelenföld Erőmű, Pécs Erőmű und von […] Erőmű) sowie sämtliche Kosten oder Ausgleiche, die beim Erzeuger aufgrund von Brennstoff-Lieferverträgen entstanden, (im Fall von Csepeli Áramtermelő Kft.) bzw. sämtliche belegte Kosten (im Fall von Kispesti Erőmű und Újpesti Erőmű) von MVM erstattet werden.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

3.1   Die PPA

(74)

Die Kommission ist in ihrer Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens zu der ersten Schlussfolgerung gekommen, dass die PPA denjenigen Stromerzeugern, mit denen die PPA abgeschlossen worden sind, eine staatliche Beihilfe gemäß Artikel 87 Absatz 1 gewähren.

(75)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die PPA nach Anhang IV Punkt 3 Nummer 1 Buchstabe c zur Beitrittsakte (40) auch nach dem Beitritt anzuwendende Maßnahmen sind und nicht als bestehende Beihilfen gelten. Die PPA fallen nämlich nicht unter die Beihilfemaßnahmen, die aufgrund der Vorschriften der Beitrittsakte nach dem Beitritt als bestehende Beihilfen im Sinne von Artikel 88 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen sind.

(76)

Erstens trat keiner der PPA vor dem 10. Dezember 1994 in Kraft. Zweitens ist keiner der PPA in dem Verzeichnis über die bestehenden Beihilfen zu Anhang IV der Beitrittsakte angegeben. Drittens wurden die PPA bei der Kommission nicht im Rahmen des so genannten „Übergangsverfahrens“ angemeldet.

(77)

Die Kommission war der Ansicht, dass die garantierte Kapitalrendite und die zugesicherten hohen Preise der PPA den Stromerzeugern, mit denen ein PPA abgeschlossen wurde, einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber anderen Stromerzeugern, mit denen kein PPA abgeschlossen wurde, sowie gegenüber eventuellen neuen Marktteilnehmern, ferner gegenüber anderen vergleichbaren Wirtschaftszweigen verschafft haben, in denen den Marktteilnehmern solche langfristigen Verträge nicht angeboten wurden. Die Kommission vertritt deshalb vorerst den Standpunkt, dass die Maßnahme den genannten Stromerzeugern einen selektiven Vorteil gewährt.

(78)

Die Kommission stellte auch fest, dass die Strommärkte für den freien Wettbewerb geöffnet wurden und Strom zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere seit Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (41) gehandelt wird. Maßnahmen, die Energie erzeugende Unternehmen in einem Mitgliedstaat begünstigen, können daher die Fähigkeit von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten beschränken, Strom in den erstgenannten Staat zu exportieren, oder den Export von Strom in die letztgenannten Staaten begünstigen.

(79)

Die Kommission war auch der Ansicht, dass dieser Vorteil aus staatlichen Mitteln gewährt wurde, da der Abschluss der PPA eine staatliche Politik war, die durch den staatseigenen Netzbetreiber MVM durchgeführt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden „Gerichtshof“) sind die Mittel als staatliche Mittel im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen, wenn ein staatliches Unternehmen seine Mittel in einer Weise verwendet, die dem Staat zuzurechnen ist (42).

(80)

Die Kommission stellt daher vorläufig fest, dass die PPA staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag an die Stromerzeuger darstellen, und diese Beihilfemaßnahmen im Sinne von Anhang IV Punkt 3 Nummer 1 Buchstabe c zur Beitrittsakte „weiterhin anzuwendende“ Maßnahmen sind.

(81)

Die Kommission hielt fest, dass die Methodik der Kommission die Grundlage für die Prüfung der staatlichen Beihilfen an die Stromerzeuger ist. Gestützt auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens vorliegenden Unterlagen hatte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der PPA mit den Kriterien der Methodik.

(82)

Erstens hatte die Kommission Zweifel, dass das Prinzip der PPA, die ein Hindernis für den freien Wettbewerb darstellen, mit den grundlegenden Zielen der Methodik vereinbar ist, welche die Liberalisierung des Sektors dadurch beschleunigen soll, dass sie etablierten Unternehmen, die im Wettbewerb zu neuen, ungleichen Bedingungen zu bestehen haben, einen fairen Ausgleich gewährt.

(83)

Zweitens hatte die Kommission Zweifel, dass das in den PPA enthaltene Beihilfeelement mit den Kriterien der Methodik für die Berechnung beihilfefähiger verlorener Kosten und für die Ermittlung des Ausgleichs vereinbar ist.

3.2   Regierungserlass Nr. 183/2002 (VIII.23) über die verlorenen Kosten

(84)

Damit MVM ihren Verpflichtungen nach den PPA nachkommen und zugleich die Preise für den Weiterverkauf von Strom im öffentlichen Sektor auf dem Niveau der freien Marktpreise halten kann, sah der Regierungserlass Nr. 183/2002 (VIII. 23.) vor, MVM unter gegebenen Umständen einen Ausgleich zu zahlen.

(85)

Die ungarischen Behörden sahen den genannten Ausgleich in ihrer ursprünglichen Anmeldung (HU 1/2004, welche sie am 13. April 2005 zurückzogen) als eine staatliche Beihilfe für MVM an.

(86)

Die Kommission kam in ihrer Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens hingegen zu der Erkenntnis, dass der Ausgleich nicht als eine staatliche Beihilfe für MVM angesehen werden kann, weil der Betrag, der aufgrund des Regierungserlasses Nr. 183/2002 (VIII.23) gezahlt wurde, ein Teilbetrag des Bezugspreises ist, den MVM an die Stromerzeuger im Rahmen der PPA bezahlte, und so Bestandteil desjenigen Vorteils ist, der den Stromerzeugern im Rahmen der PPA verschafft wird.

(87)

Die Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens leitet ein förmliches Verfahren deswegen nur betreffend die PPA und nicht betreffend den Regierungserlass Nr. 183/2002 (VIII.23) ein.

4.   UNGARNS STELLUNGNAHMEN IM ZUSAMMENHANG MIT DER ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(88)

Ungarn war der Ansicht, dass die einzelne Beurteilung der PPA — in Anbetracht der unterschiedlichen Vertragsbedingungen — gerechtfertigt sei.

(89)

Ungarn ist betreffend die Liberalisierung des ungarischen Elektrizitätsmarkts der Ansicht, dass die Öffnung des Marktes für diejenigen Verbraucher, die den freien Markt wählten, erfolgreich war (d. h. dem europäischen Durchschnitt entsprach). Ungarn kam zu der Schlussfolgerung, dass die PPA die Verbraucher bei der Wahl des freien Marktes nicht behinderten. Derartige Hindernisse seien vielmehr in Ungarns unzureichender grenzüberschreitender Kapazität bzw. in den daraus resultierenden hohen Preisen zu suchen.

(90)

Überdies vertrat Ungarn den Standpunkt, dass die lange Laufzeit der PPA an sich keinen Wettbewerbsvorteil für die Stromerzeuger darstellen könne, weil die langfristigen Verträge im Elektrizitätssektor sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten gang und gäbe seien.

(91)

Im Zusammenhang mit dem Referenzpreis, bezeichnet in der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens, legten die ungarischen Behörden dar, dass die Kommission bei der Referenzpreisbildung Ungarns regionale Eigenheiten sowie die steigenden Brennstoffpreise der vergangenen Jahre beachten müsste.

(92)

In Verbindung mit den neuen Teilnehmern des Elektrizitätsmarktes teilte Ungarn der Kommission mit, dass es seit dem 1. Mai 2004 (d. h. seit Ungarns Beitritt zur Europäischen Union und seit Beginn der Liberalisierung des Energiemarktes) keinen neuen Teilnehmer auf dem Elektrizitätsmarkt gab. Die ungarischen Behörden wiesen auf die Zeitaufwendigkeit derartiger Investitionen sowie darauf hin, dass es — deswegen — sehr unwahrscheinlich sei, dass irgendeine Investition vor 2011 funktionstüchtig werden würde.

(93)

Schließlich bestätigte Ungarn, als Antwort auf die Zweifel der Kommission bezüglich der Vereinbarkeit der PPA mit Punkt 4.6. der Methodik, den Unternehmen, die in den Genuss der PPA gelangten und Gegenstand des Prüfverfahrens sind, keine Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zu gewähren.

5.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(94)

Nach der Veröffentlichung der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens (vom 21. Dezember 2005) und innerhalb der einschlägigen Frist (in den meisten Fällen nach der auf Antrag der Beteiligten von der Kommission genehmigten Fristverlängerung) erhielt die Kommission Stellungnahmen

von den Stromerzeugern AES-Tisza Erőmű Kft., Budapesti Erőmű Rt., Csepeli Áramtermelő Kft., Dunamenti Erőmű Rt. und dessen Hauptaktionär Electrabel S.A. und Mátrai Erőmű Rt.;

von den folgenden finanzierenden Banken: […] Bank, Vertreterin der zwölf Banken, die der Csepeli Áramtermelő Kft. Anleihen gewährten, sowie […] Bank, die Vertreterin der neun Banken, die der AES-Tisza Erőmű Kft. Anleihen gewährten;

von MVM sowie

von einem Beteiligten, der um Nichtbekanntgabe seiner Identität bat.

(95)

Ein Großteil der Stellungnahmen, welche der Kommission von den Beteiligten vorgelegt worden sind, beruhen auf ein und derselben Argumentation. Aus diesem Grund hat die Kommission die Stellungnahmen der einzelnen Beteiligten, statt einzelner Bekanntmachung, in die nachstehenden allgemeinen Kategorien gruppiert (siehe unten stehende Punkte 5.1—5.7).

5.1   Stellungnahmen zur individuellen Beurteilung der PPA

(96)

Der Stromerzeuger Mátrai Erőmű und ein anderer Beteiligter, der um Nichtbekanntgabe seiner Identität bat, waren generell der Ansicht, dass die Kommission die einzelnen PPA wegen der unterschiedlichen Inhalte individuell bewerten sollte. Andere Stromerzeuger baten — unausgesprochen — um die individuelle Beurteilung, indem sie der Kommission Details bezüglich konkreter Bedingungen ihrer eigenen PPA zur Verfügung stellten.

5.2   Stellungnahmen zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(97)

Die Stromerzeuger AES-Tisza Erőmű, Budapesti Erőmű, Csepeli Áramtermelő Kft. und Dunamenti Erőmű legten in ihrer Argumentation dar, dass die Kommission die Kriterien des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA aufgrund der damaligen Marktbedingungen prüfen sollte. Dieses Erfordernis wird in einigen Stellungnahmen ausdrücklich betont, andere Stellungnahmen hingegen bezogen sich darauf nur indirekt, indem sie im Laufe der Prüfung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe auf die Umstände der Unterzeichnung der PPA hinweisen. In diesem Zusammenhang beriefen sich die Beteiligten auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs (43).

i)   Ungeeigneter Referenzpreis, Preise ohne Vorteil

(98)

Sämtliche Stromerzeuger sind der Ansicht, dass die PPA keinen wirtschaftlichen Vorteil darstellen.

(99)

Den vorläufigen Feststellungen der Kommission, dass die Preise in den PPA höher sind als die Marktpreise, begegneten sie kritisch.

(100)

Nach ihrer Argumentation ist der in anderen Entscheidungen angewandte, in der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens angerufene Preis von 36 EUR/MWh nicht der richtige Referenzpreis für das vorliegende Verfahren, weil er aus einem völlig anderen geografischen und zeitlichen Umfeld stammt. Nach ihrer Ansicht müssen bei der Preisanalyse die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA bestehenden Umstände beachtet werden. Sie heben hervor, dass die Preise, die aufgrund langfristiger Verträge gebildet werden, immer niedriger sein werden als die Spotmarktpreise. Darüber hinaus argumentieren die Spitzenlastkraftwerke auch damit, dass ihre Preise mit dem Preis der Normallastprodukte nicht vergleichbar sind. Die meisten von ihnen schlagen vor, dass die Kommission die rasant steigenden Brennstoffpreise der vergangenen Jahre beachten sollte.

(101)

Viele Stromerzeuger behaupten, dass die tatsächliche Umschlagsquote den in der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens bezeichneten Prozentsatz nicht erreicht.

(102)

Sie betonten auch, dass die Stromerzeuger im Rahmen der PPA (entgegen den suggestiven Ausführungen in der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens) bedeutenden Risiken ausgesetzt sind, bei denen es sich überwiegend um Ausführungs-, Regulierungs-, Umweltschutz-, Wartungs- bzw. Steuer- und Finanzrisiken handelt. Die Preisregelung wurde von ihnen als ein wichtiger Risikofaktor im Bereich der Regulierung bezeichnet. Dass MVM einen Großteil der Erzeugerkapazität für sich beansprucht, stellt nach ihrer Ansicht einen Nachteil für die Stromerzeuger dar, weil sie diese Kapazitäten auf diese Weise nicht zur Erzeugung von elektrischer Energie für andere potenzielle Verbraucher nutzen können. Überdies schrieben die PPA eindeutige Verpflichtungen für die Stromerzeuger vor, deren Nichteinhaltung mit niedrigeren Auszahlungen bzw. Schadenersatzleistungen verbunden sei.

(103)

Der Stromerzeuger […] signalisierte, dass ein Vorteil der PPA für Ungarn die zuverlässigen Lieferungen von Ausgleichsenergie waren, welche nur die Stromerzeuger […] und Dunamenti Erőmű erbringen konnten. Nach der Argumentation dieses Stromerzeugers hätte er sich ohne die PPA nicht am Markt beteiligt und diese Leistungen nicht angeboten.

(104)

Mátrai Erőmű meinte, dass er seine konkurrenzfähigen Preise seinen eigenen Kohlebergwerken und seinen deswegen niedrigen Abbaukosten zu verdanken habe. Wie er behauptete, seien seine Preise sogar noch niedriger als die des Weiterverkäufers MVM, im Gegensatz zu den Preisen anderer PPA.

ii)   Privatisierungspreis

(105)

Der Stromerzeuger Dunamenti Erőmű behauptet, dass ihm im Rahmen der PPA kein Vorteil verschafft wurde, weil er im Zuge der Privatisierung seiner Kraftwerke den Marktpreis bezahlte, und seine Rechte und Pflichten im Rahmen der PPA im Verkaufspreis berücksichtigt wurden. Das heißt, dass er den Gegenwert der PPA (und des damit eventuell verbundenen Vorteils) als Teil des Privatisierungspreises bezahlte.

iii)   Prinzip des Privatinvestors

(106)

Nach Ansicht der Stromerzeuger Budapesti Erőmű, AES-Tisza Erőmű, Mátrai Erőmű und Csepeli Áramtermelő Kft. spiegelten die PPA die zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung bestehenden Marktbedingungen sowohl betreffend MVM als auch betreffend die Stromerzeuger wider. Nach ihrer Argumentation hätte sich in der Situation der MVM (d. h. als einziger, zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit gesetzlich verpflichteter Käufer) jeder private Wirtschaftsteilnehmer für den Abschluss der PPA entschieden. Nach ihrer Ansicht übersteigt der wirtschaftliche „Vorteil“ der PPA für die Stromerzeuger nicht das Niveau, welches als gewöhnlicher wirtschaftlicher Vorteil eines Markteilnehmers im Rahmen einer beliebigen geschäftlichen Vereinbarung angesehen werden kann. Zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung waren die PPA mit den gewöhnlichen Marktbedingungen in dem betreffenden Sektor durchaus vereinbar. Überdies repräsentieren die PPA die gewöhnliche Geschäftsmethode sowie die handelsübliche Form des Risikoausgleichs und des Risikomanagements.

(107)

Die PPA waren die einzige Methode zur Realisierung der Investitionen, die den Erfordernissen des ungarischen Elektrizitätssektors Genüge leisten (insbesondere in Hinsicht auf die Modernisierung des gesamten Systems, den Umweltschutz und die Versorgungssicherheit). Die Anwendung des Prinzips des Privatinvestors müsste zur Berücksichtigung dieser Erfordernisse führen, die hingegen nur im Rahmen der PPA erfüllbar waren. Die Beteiligten machen darauf aufmerksam, dass die PPA im Sinne des Vorstehenden Investitions- und Verfügbarkeitsverpflichtungen für die Stromerzeuger vorschreiben.

iv)   Gemeinwirtschaftliche Dienstleistung

(108)

Nach Ansicht von Budapesti Erőmű und Csepeli Áramtermelő Kft. erbringen die Stromerzeuger im Rahmen der PPA gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen. Nach ihren Stellungnahmen stellen die PPA ein Instrument für MVM dar, mit dessen Hilfe es seiner Verpflichtung in Bezug auf die Versorgungssicherheit nachkommen könne. Folglich würden die PPA die Erfüllung dieser gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung sicherstellen. Nach den Argumenten von Budapesti Erőmű kann dies auch so gesehen werden, dass eigentlich der Stromerzeuger Budapesti Erőmű der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung nachkommen muss, welche die PPA für ihn vorschreiben. Beide Beteiligten berufen sich auf die Entscheidung der Kommission in der Beihilfe N 45/2003 (Irland) vom 16. Dezember 2003 (44), in welcher die Kommission anerkannte, dass die Errichtung neuer Elektrizitätserzeugungskapazitäten für die Versorgungssicherheit als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung anzusehen ist.

(109)

Die Beteiligten vertreten den Standpunkt, dass die staatliche Beihilfe im Rahmen der PPA — sofern sie vorliegt — ähnlich wie in der irischen Beihilfe, die vier verbundenen Voraussetzungen in dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-280/00 (im Folgenden „Rs. Altmark“) (45) erfüllt.

(110)

Erstens geht aus den ungarischen Stromgesetzen hervor, dass MVM mit der Erfüllung zahlreicher gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut war, wie z. B. Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu den niedrigsten Preisen, Umweltschutz und Effizienz. Also sind die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen von MVM in dem Gesetz klar definiert und die PPA übertragen die Gewährung dieser gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf die Stromerzeuger.

(111)

Zweitens wurde die Höhe des Ausgleichs von den Regierungserlassen über die Preise und von den Preisformeln der PPA im Voraus festgesetzt. Der Ausgleich konnte also anhand von objektiven und transparenten Parametern berechnet werden.

(112)

Drittens sind die Ausgleiche im Rahmen der PPA nicht höher als die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen. Die PPA sind strikt kostenbasiert und die Gewinnspanne überschreitet nicht die gewöhnlichen Gewinnspannen des Markts. Dies gewährleistet — nach den Argumenten von Budapesti Erőmű — die Tatsache, dass seine PPA im Rahmen einer öffentlichen und transparenten Ausschreibung abgeschlossen wurden. Die Kraftwerke wurden an denjenigen Wettbewerber verkauft, der das höchste Angebot stellte und den besten Geschäftsplan vorlegte. Aus dem offenen Verfahren resultiert, dass der im Rahmen der PPA gewährte Ausgleich die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung und den angemessenen Gewinn nicht überschreiten kann.

(113)

Viertens wurden nach den Argumenten von Budapesti Erőmű alle von ihm unterzeichneten PPA im Rahmen einer öffentlichen und transparenten Ausschreibung abgeschlossen, entweder als integraler Bestandteil des Privatisierungspakets oder eigenständig. Nach Aussage von Csepeli Áramszolgáltató Kft. beschränkt sich der Ausgleich, obwohl das Kraftwerk nicht im Rahmen einer öffentlichen und transparenten Ausschreibung ausgewählt wurde, auf die Kostendeckung und die Gewährleistung eines angemessenen Gewinns, weil der Preisbildungsmechanismus verhindert, dass der Ausgleich höher ist als die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen.

(114)

Im Sinne der vorstehenden Stellungnahmen stellen die Beteiligten fest, dass die PPA die vier Voraussetzungen, welche in dem Urteil in der Rs. Altmark angeführt sind, erfüllen, und deshalb nicht als staatliche Beihilfen nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag gelten.

(115)

Ferner hebt Budapesti Erőmű hervor, dass die PPA nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auch dann als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt qualifiziert werden könnten, wenn diese nach Ansicht der Kommission die vier Voraussetzungen in dem Urteil in Rs. Altmark nicht erfüllen. Nach Ansicht des Beteiligten kann der Einfluss, den seine PPA auf die vermeintliche Abschottung des ungarischen Elektrizitätsmarkts haben, außer Acht gelassen werden, weil seine PPA nur 3 % des ungarischen Stromverbrauchs decken. Überdies wäre die Steigerung des Stromimports zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA — aus technischen Gründen — auch im Übrigen nicht möglich gewesen. Folglich können seine PPA den Handel nicht beeinträchtigen. Der Beteiligte hebt in seinen Stellungnahmen die Wichtigkeit der Fernwärmeversorgung nach der Technologie Kraft-Wärme-Kopplung (im Folgenden „kombinierte Energieerzeugung“) hervor, die den Energie- und Umweltschutzzielen der Europäischen Union entspricht.

(116)

Der Stromerzeuger Mátrai Erőmű erklärte, dass er verpflichtet war, eine bestimmte Mindestkapazität für MVM abzurufen, um die Energieversorgung auf dem ungarischen Markt unter Nutzung der einheimischen Kohleressourcen zu gewährleisten. Nach seiner Argumentation ist — im Einklang mit Artikel 11 Absatz 4 Elektrizitätsrichtlinie (46) — die staatliche Beihilfe als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt anzusehen, sofern sie aus Gründen der Versorgungssicherheit eine solche Elektrizitätserzeugung finanziert, die einheimische Primärenergieträger — in diesem Fall Inlandskohle — einsetzt.

v)   Lange Laufzeit ohne Vorteile

(117)

Nach Ansicht von Csepeli Áramtermelő Kft., Mátrai Erőmű und Budapesti Erőmű ist die lange Laufzeit an sich noch nicht als Vorteil anzusehen. Csepeli Áramtermelő Kft. legte dar, dass im Rahmen von langfristigen Verträgen beide Teile für die Sicherheit bezahlen, welche die langfristigen Angebote gewähren. Die Stromerzeuger akzeptieren, dass sie niedrigere Preise anbieten müssen als die Spotmarktpreise, sie akzeptieren auch, dass der Vertragspreis für sie verbindlich ist, egal wie hoch der Spotmarktpreis auch sein möge, ferner akzeptieren sie auch, dass sie ihre Kapazität während der gesamten Laufzeit des Vertrags für eine einzige Gesellschaft buchen müssen. Aufgrund dessen vertreten sie den Standpunkt, dass die langfristigen Verträge die Wirtschaftsrisiken und -chancen für beide Teile ausgleichen und nicht eindeutig als Vorteil anzusehen sind.

(118)

Aufgrund der vorstehenden Argumente kamen sämtliche Stromerzeuger zu dem Schluss, dass die PPA ihnen keinen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, und deshalb nicht als staatliche Beihilfen nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen sind.

(119)

Nach Ansicht von AES-Tisza Erőmű gewähren die PPA keinen selektiven Vorteil. Der Beteiligte beruft sich darauf, dass langfristige Verträge im gesamten Elektrizitätssektor bestehen, welche nicht nur zwischen den Erzeugern und MVM, sondern zwischen MVM und den Elektrizitätsversorgungsunternehmen, zwischen den Brennstofflieferanten und den Stromerzeugern sowie im Fall von Stromimport abgeschlossen wurden. Das Stromgesetz I (1994) und der Regierungserlass Nr. 34/1995 schreiben den Abschluss von langfristigen Strombezugsverträgen zwischen Stromerzeugern und MVM ausdrücklich vor, denn nur so kann ihnen eine Bau- und Betriebgenehmigung zugesichert werden. Daher haben sämtliche Stromerzeuger mit MVM Vertrag geschlossen, und einzig die Kraftwerke, die bei der Elektrizitätserzeugung erneuerbare Energieträger einsetzen und nach dem Prinzip der kombinierten Energieerzeugung arbeiten, konnten kurzfristigere Verträge abschließen, weil diese Erzeuger über andere rechtliche Garantien verfügen (z. B. verbindliche Abnahme).

(120)

Nach Aussage von Mátrai Erőmű ist als staatliche Beihilfe im Rahmen der PPA lediglich der Preis anzusehen. Die Laufzeit und die festen Abnahmemengen sind keine staatlichen Beihilfen, weil diese Faktoren, wenn sie denn einen Vorteil darstellen würden, auch dann keine staatlichen Mittel zuführen. Der Beteiligte kommt zu dem Schluss, dass seine PPA wegen der außerordentlich konkurrenzfähigen Preise von Mátrai Erőmű (vgl. obiger Buchstabe i) keinerlei staatliche Beihilfeelemente enthalten.

(121)

Nach der Argumentation von AES-Tisza werden die Preise in den PPA nicht vom Staat, sondern von den Vertragspartnern der PPA festgesetzt. AES-Tisza Erőmű beanstandete die Beurteilung derjenigen Frage in der Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens, welche sich darauf bezog, ob die Mittel in einer Weise verwendet wurden, die dem Staat zuzurechnen ist, dahingehend, dass die Entscheidung die Zurechenbarkeit zum Staat nur hinsichtlich der Unterzeichnung der PPA und nicht aus der Sicht der Preisbildung prüft, während nach Ansicht der Kommission der Wettbewerbsvorteil doch durch die vorteilhaften Preise gewährt wird. Im Zeitraum nach der zentralen Preisregelung (d. h. nach Januar 2004, mit Ausnahme des Jahres 2007) werden die Preise aufgrund von Verhandlungen zwischen MVM und den Stromerzeugern geregelt und sind nicht dem Staat zuzurechnen.

(122)

AES-Tisza Erőmű, Budapesti Erőmű und Csepeli Erőmű bestreiten die Verfälschung des Wettbewerbs durch die PPA und ihren allfälligen Einfluss auf den innergemeinschaftlichen Handel.

(123)

Erstens behaupten die vorstehend genannten Beteiligten, dass auch dieses Kriterium zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA geprüft werden müsste, denn zu dieser Zeit war Ungarn nicht Mitglied der Europäischen Union, und die Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts hatte noch nicht begonnen, folglich konnten die PPA den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt nicht verfälschen.

(124)

Zweitens werden der innergemeinschaftliche Wettbewerb und Handel — nach ihrer Ansicht — außer den PPA auch von anderen Faktoren beeinflusst. Nämlich wäre Ungarns grenzüberschreitende Kapazität der Hauptfaktor, der den Handel zwischen Ungarn und anderen Ländern beeinflussen kann. Diese grenzüberschreitenden Kapazitäten sind gänzlich ausgelastet. Der Elektrizitätshandel ist also offensichtlich wegen der unzureichenden grenzüberschreitenden Kapazitäten und nicht wegen der PPA beschränkt. Nach ihrer Argumentation bilden die Rechtsvorschriften den anderen Faktor, der den innergemeinschaftlichen Handel beeinflusst. Im Übrigen sind die heimischen Stromerzeuger aufgrund der ungarischen Rechtsvorschriften nicht berechtigt, Elektrizität direkt ins Ausland zu verkaufen.

(125)

Nach Aussage von Csepeli Erőmű hat sein Vertrag keinen effektiven Einfluss auf den innergemeinschaftlichen Handel, weil sein Strom ausschließlich in Ungarn gehandelt wird.

(126)

Nach seiner Aussage wurde der ungarische Elektrizitätsmarkt für den Wettbewerb, im Einklang mit den Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union, schrittweise geöffnet. Ein Großteil der Verbraucher ist sehr bald in den Wettbewerbssektor übergetreten. Nach den Stellungnahmen sind diejenigen Gründe, welche die neuen Marktteilnehmer darin hindern, in den ungarischen Elektrizitätsmarkt einzutreten, bzw. ihre Marktpräsenz zu erweitern, nicht in den PPA, sondern in der Unberechenbarkeit der Renditen zu suchen. Nach der Argumentation von Csepeli Erőmű wurden in Ungarn in den vergangenen Jahren nur dann Kraftwerke gebaut, wenn der Staat die Stabilität und die Berechenbarkeit der Rentabilität der Investitionen in Form von langfristigen Verträgen oder fester Abnahme gewährleistete, bzw. wenn die durch die vertikal integrierte Verteilung entstandene Nachfrage die Nutzung der neuen Kapazitäten garantierte. Jedenfalls würden die bestehenden PPA den Zugang neuer Marktteilnehmer nicht beschränken.

(127)

Ein weiteres Argument ist, dass auf dem ungarischen Markt keine Nachfrage nach zusätzlichen Kapazitäten besteht. Dies würde diejenige Tatsache bestätigen, dass ein Großteil der Kapazitäten, die auf den Elektrizitätsauktionen von MVM angeboten wurden, keinen Absatz fand.

5.3   Anwendbarkeit nach dem Beitritt

(128)

Diese Stellungnahmen wurden von Budapesti Erőmű vorgelegt.

(129)

Aufgrund der Argumentation von Budapesti Erőmű sind die PPA nicht als nach Anhang IV Punkt 3 Nummer 1 Buchstabe c der Beitrittsakte „auch nach dem Beitritt anzuwendende“ Maßnahme anzusehen.

(130)

Der Beteiligte erläuterte, dass die Kommission nicht befugt ist, die vor dem Beitritt rechtmäßig erlassenen Beihilfemaßnahmen nach dem Beitritt zu revidieren, weil das gegen das Prinzip des Rückwirkungsverbots verstoßen würde. Die Beihilfevorschriften sind erst zum Zeitpunkt des Beitritts anzuwenden, deshalb sind nur die Maßnahmen als auch nach dem Beitritt anzuwendende Maßnahmen anzusehen, die anschließend daran zusätzliche Begünstigungen gewähren. Nach ihrer Argumentation gewährten die PPA nach dem Beitritt keine zusätzlichen Vorteile, da deren Preisformeln vor dem Beitritt festgelegt worden sind und die finanzielle Beteiligung des Staates somit vor dem Beitritt in vollem Maße bekannt war.

5.4   Bestehende Beihilfe

(131)

Diese Argumente wurden von Budapesti, Csepeli, AES-Tisza und Mátrai erőmű, sowie von der […] Bank vorgelegt.

(132)

Die Beteiligten legen dar, dass die PPA im Sinne von Punkt 3 Nummer 1 Buchstabe c Beitrittsakte auch dann als bestehende Beihilfen anzusehen sind, wenn sie akzeptieren würden, dass die PPA nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag als staatliche Beihilfe gelten. Sie sind der Ansicht, dass die Kommission innerhalb der 3-monatigen Frist nach Beitrittsakte keine Einwände gegen die Maßnahme erhoben hat. Die ungarischen Behörden meldeten die Maßnahme am 31. März 2004 an, und die Kommission reagierte — nach gewissem Informationsaustausch — innerhalb von 3 Monaten nicht auf das Schreiben der ungarischen Behörden vom 19. Oktober 2004, und schloss dadurch aus, dass die Maßnahme als „neue Beihilfe“ anzusehen ist.

(133)

Ferner ist Budapesti Erőmű der Ansicht, dass die Qualifizierung einer vor dem Beitritt zugesprochenen und auch nach dem Beitritt bestehenden Beihilfe als „neue Beihilfe“ oder als „bestehende Beihilfe“ nicht ausschließlich auf die Ausführungen in Anhang IV der Beitrittsakte gegründet werden kann. Nach Ansicht von Budapesti Erőmű muss eine Maßnahme, welche nach Anhang IV der Beitrittsakte nicht als bestehende Beihilfe gilt, auch noch nach Artikel 1 Buchstabe b Ziffern ii-v Verordnung (EG) Nr. 659/1999 geprüft werden.

(134)

Der Beteiligte hebt hervor, dass die PPA nach Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates als „bestehende Beihilfe“ anzusehen sind. Seiner Ansicht nach ist der letzte Satz in Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v Verordnung (EG) Nr. 659/1999 aus drei Gründen für die PPA nicht anwendbar.

(135)

Erstens hat der Gerichtshof in der Rechtssache Alzetta Mauro (47) festgestellt, dass eine Beihilfe, die eingangs auf einem geschlossenen, vor der Liberalisierung stehenden Markt gewährt wurde, nach der Liberalisierung als bestehende Beihilfe anzusehen ist. Nach Ansicht des Beteiligten gründet dieses Urteil unmittelbar auf der Auslegung von Artikel 88 Absatz 1 EG-Vertrag und hat demzufolge, nach der Hierarchie der Rechtsquellen, Vorrang gegenüber der Verordnung (EG) Nr. 659/1999.

(136)

Zweitens sind, unter Beachtung dessen, dass die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 zum Zeitpunkt der Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts nach Richtlinie 96/92/EG bzw. zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA noch nicht in Kraft war, nicht die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 659/1999, sondern die Regeln nach dem Urteil in der Rechtssache Alzetta Mauro anzuwenden.

(137)

Drittens folgt aus dem Vergleich der verschiedenen Kategorien nach Artikel 1 Buchstabe b Verordnung (EG) Nr. 659/1999, dass Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v nur die staatlichen Beihilferegelungen berührt, die Einzelbeihilfen sind nicht ausdrücklich bezeichnet.

(138)

AES-Tisza Erőmű ist wiederum der Ansicht, dass, wenn die PPA als neue Beihilfe anzusehen sind, eine derartige Definition auf Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v Verordnung (EG) Nr. 659/1999 zu gründen ist.

5.5   Die Kommission ist nicht befugt, die rechtmäßig abgeschlossenen privatrechtlichen Verträge („pacta sunt servanda“) außer Kraft zu setzen — Rechtsunsicherheit

(139)

Diese Argumente wurden von Budapesti erőmű und AES-Tisza erőmű, sowie von […] Bank vorgelegt.

(140)

Die Beteiligten heben hervor, dass sie die PPA unter den zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung bestehenden Marktverhältnissen, in gutem Glauben unterzeichneten. Sie übernahmen wichtige Investitionsverpflichtungen, welche von Kreditinstituten im Rahmen von Finanzierungsvereinbarungen gefördert wurden. Nach ihrer Ansicht resultiert aus dem Prüfverfahren der Kommmission eine bedeutende Rechtsunsicherheit, die zu vermeiden sei. AES-Tisza Erőmű Kft. bezweifelt die Befugnis der Kommission, rechtmäßig abgeschlossene Handelsverträge aufgrund der Beihilfevorschriften bzw. — im weiteren Sinne — aufgrund der gemeinsamen Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags aufzuheben (48).

5.6   Verhältnismäßigkeit

(141)

AES-Tisza Erőmű Kft. hegte Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Aufhebung der PPA durch die Kommission und weist auf eine mögliche Neuverhandlung der PPA hin.

5.7   Stellungnahmen bezüglich der Vereinbarkeit der PPA mit dem Gemeinsamen Markt

(142)

Die Stromerzeuger Csepel und AES-Tisza erőmű legen ihren Standpunkt dar, wonach die PPA nicht als Ausgleich abgeschlossen wurden, deshalb ist es nicht richtig, diese mit der Methodik zu vergleichen. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA konnte ein Ausgleich für verlorene Kosten gar nicht gewährt werden, weil die Methodik da noch gar nicht bestand. Nach Ansicht der Stromerzeuger ist die Methodik nur dort anwendbar, wo die PPA zuvor erloschen.

(143)

Die […] Bank ist betreffend die PPA von Csepel wiederum der Ansicht, dass sich der im Rahmen der PPA gezahlte Ausgleich eigentlich auf die Deckung beihilfefähiger Kosten nach der Methodik (d. h. fixer Kosten, variabler Kosten und einer angemessenen Gewinnspanne) beschränkt. Nach ihrer Argumentation übersteigt der Ausgleich im Rahmen der PPA von Csepel nicht die beihilfefähigen verlorenen Kosten.

(144)

Csepeli Erőmű behauptet ferner, dass die PPA die Bedingungen nach Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag erfüllen, weil sie in bedeutendem Maße zu Ungarns Versorgungssicherheit im Elektrizitätssektor beitragen und im weiteren Sinne Ungarns wirtschaftliche Entwicklung fördern.

(145)

AES-Tisza Erőmű behauptet (ohne dies ausführlicher zu begründen), dass die PPA als Sicherheit für Investitionen in Gebieten nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a anzusehen sind.

(146)

AES-Tisza bemängelt überdies, dass die Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens hinsichtlich des anzuwendenden „Benchmark“-Marktpreises, des Begriffs „verlorene Investition“, sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen Hypothesen und Zeitpunkte, welche die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt beachtete, unklar ist.

6.   UNGARNS ANTWORT AUF DIE STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(147)

In Verbindung mit den Stellungnahmen von Csepeli Erőmű bemerkte Ungarn, dass auch der PPA von Csepeli Erőmű, entgegen der Behauptung in der Stellungnahme, eine feste Abnahmemenge festlegt, die unter die garantierte Abnahme fällt.

(148)

Im Zusammenhang mit der Argumentation von Dunamenti Erőmű, wonach Dunamenti Erőmű die Stromerzeugung zu Bedingungen, die von MVM diktiert werden, auch dann nicht verweigern kann, wenn dies seinen Handel auf dem freien Markt benachteiligt, heben die ungarischen Behörden hervor, dass MVM im Jahr 2006 vorschlug, vier F-Blöcke aus den PPA herauszuheben, die auf diese Weise unmittelbar auf dem Systemleistungsmarkt hätten konkurrieren können. Dunamenti Erőmű nahm diese Gelegenheit jedoch nicht wahr.

(149)

Zu den Stellungnahmen von AES-Tisza Erőmű, wonach diejenigen Stromerzeuger, welche nicht im Rahmen von PPA tätig sind, primär dann investierten, wenn ihnen eine garantierte Abnahme zugesichert worden war, teilen die ungarischen Behörden mit, dass Elektrizität auf dem freien Markt von bedeutenden Kraftwerken und Kraftwerkblöcken ohne PPA und ohne garantierte Abnahme gehandelt wird (z. B. Dunamenti Block G1, Vértesi Erőmű, Mátrai Erőmű Blöcke I-II).

(150)

Ungarn hob auch hervor, dass wegen der Bedingungen der PPA (Preisformeln und feste Abnahmemengen), entgegen den Ausführungen von AES-Tisza, auch die Verhandlungsposition von MVM eingeschränkt ist.

7.   BEURTEILUNG DURCH DIE KOMMISSION

7.1   Rechtswidrige staatliche Beihilfe

(151)

Die ungarischen Behörden meldeten die Beihilfe in Form der PPA nicht nach den Verfahrensregeln für die staatlichen Beihilfen der Kommission an, demnach gilt die Beihilfe als rechtswidrige staatliche Beihilfe.

7.2   Allgemeine Stellungnahmen zur individuellen Beurteilung der PPA

(152)

Einzelne Beteiligte und die ungarischen Behörden haben in ihren Stellungnahmen die individuelle Beurteilung der PPA vorgeschlagen, wobei sie sich auf die Unterschiede in deren konkreten Vertragsbedingungen bezogen.

(153)

Die vorliegende Entscheidung betrifft sämtliche PPA, die zwischen MVM und den Stromerzeugern abgeschlossen wurden und zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union in Kraft waren (vgl. Erwägungsgründe 44 und 45). Nach Ansicht der Kommission weisen die Leitprinzipien der PPA Ähnlichkeiten auf, die eine gemeinsame Beurteilung im Rahmen eines Beihilfeprüfverfahrens rechtfertigen. Die Kommission ist der Ansicht, dass der Hauptvorteil, der den einzelnen Erzeugern im Rahmen ihrer PPA zuteil wird, bei sämtlichen geprüften PPA derselbe ist, sowie dass die Entscheidung über die Unterzeichnung der PPA im Zeitraum zwischen 1995 und 2001 von den gleichen politischen Zielsetzungen und Lösungsansätzen geprägt war. Alle PPA verpflichten MVM zum Kauf der gebuchten Kapazitäten und der festen Abnahmemengen auf eine Dauer, die der Amortisationszeit der Erzeugungsanlagen nahezu gleich kommt, und wenden dabei Preisbildungsmechanismen an, die die Deckung ihre fixen und variablen Kosten bezwecken. Überdies weisen auch die anderen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe Ähnlichkeiten auf, die eine gemeinsame Beurteilung der PPA rechtfertigen. Ihre Selektivität beruht auf den gleichen Grundsätzen. Zur Beantwortung der Frage, ob durch die PPA staatliche Mittel übertragen wurden, muss größtenteils die gleiche Analyse durchgeführt werden, ferner erfolgt auch die Prüfung ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel nach der gleichen ökonomischen Analyse, wobei die Existenz der übrigen PPA auf dem ungarischen Markt zu berücksichtigen ist. Deshalb ist die Kommission der Ansicht, dass die Prüfung der PPA im Rahmen eines einzigen Verfahrens durchgeführt und in einer einzigen Entscheidung abgeschlossen werden muss, wenn die Entscheidung die Realität auf dem ungarischen Elektrizitätsmarkt getreu widerspiegeln soll.

(154)

Dieser umfassende Ansatz hindert die Kommission jedoch nicht daran, die effektiv bestehenden Unterschiede zwischen den betreffenden PPA zu beachten. Deshalb stellt die vorliegende Entscheidung die Unterschiede zwischen den PPA fest, sofern diese für die Zwecke dieser Entscheidung relevant sind.

7.3   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(155)

Im Nachfolgenden prüft die Kommission alle vier Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag, so der Einsatz staatlicher Mittel, das Vorliegen wirtschaftlicher Vorteile, die Selektivität des Vorteils und die Auswirkungen auf den Handel.

(156)

Die Beteiligten argumentierten in ihren Stellungnahmen (im Zusammenhang mit mehreren Beurteilungskriterien), dass die Kommission ausschließlich die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA bestehende Situation beachten und das Resultat dieser Analyse dann auf die Gesamtlaufzeit der PPA ausweiten sollte. Budapesti Erőmű bezog sich in diesem Zusammenhang auf die Bekanntmachung der Kommission über die zur Beurteilung rechtswidriger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln (49).

(157)

Zur Bestimmung des richtigen Zeitpunkts zur Beurteilung muss die Kommission zunächst die Beitrittsakte von Ungarn, die Verfahrensordnung sowie die Rechtsprechung des Gerichtshofs beachten.

(158)

Der einschlägige Teil in Anhang IV zur Beitrittsakte sieht das Folgende vor:

„ANHANG IV

Liste nach Artikel 22 der Beitrittsakte

(…)

3.   Wettbewerbspolitik

1.

Die folgenden Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die in einem neuen Mitgliedstaat vor dem Tag des Beitritts eingeführt worden und auch nach diesem Tag noch anzuwenden sind, gelten als zum Tag des Beitritts bestehende Beihilfen im Sinne von Artikel 88 Absatz 1 des EG-Vertrags:

a)

Beihilfemaßnahmen, die vor dem 10. Dezember 1994 eingeführt worden sind;

b)

Beihilfemaßnahmen, die in der Anlage zu diesem Anhang aufgeführt sind;

c)

Beihilfemaßnahmen, die vor dem Tag des Beitritts von der Kontrollbehörde für staatliche Beihilfen des neuen Mitgliedstaats überprüft und als mit dem Besitzstand vereinbar beurteilt wurden und gegen die die Kommission keine Einwände aufgrund schwerwiegender Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt gemäß dem in Nummer 2 vorgesehenen Verfahren erhoben hat.

Nach dem Tag des Beitritts weiterhin anzuwendende Maßnahmen, die staatliche Beihilfen darstellen und nicht die vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllen, sind als zum Tag des Beitritts für die Zwecke der Anwendung von Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags als neue Beihilfe anzusehen.

Die genannten Bestimmungen gelten nicht für Beihilfen im Verkehrssektor und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung, Verarbeitung oder Vermarktung von Erzeugnissen, die in Anhang 1 des EG-Vertrags aufgeführt sind, mit Ausnahme von Fischereiprodukten und verarbeiteten Fischereiprodukten.

Die genannten Bestimmungen gelten ferner unbeschadet der in dieser Akte vorgesehenen Übergangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik.“

(159)

Der einschlägige Teil in Artikel 1 der Verfahrensordnung sieht das Folgende vor:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

b)

‚bestehende Beihilfen‘

i-iv)

[…]

v)

Beihilfen, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfen waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen;

c)

‚neue Beihilfen‘ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen“.

(160)

Aus den vorstehenden Bestimmungen folgt, dass Maßnahmen die zu dem Zeitpunkt, zu dem sie gewährt worden sind, nicht als staatliche Beihilfe galten, unter Umständen zu einer staatlichen Beihilfe nach Artikel 87 EG-Vertrag werden können. Aus dieser Sicht ist es unwesentlich, ob die zur staatlichen Beihilfe gewordene Maßnahme als bestehende oder neue Maßnahme gilt.

(161)

Obwohl die Kommission die zu dem Zeitpunkt bestehende Situation, zu dem die Maßnahme in Kraft trat, beurteilen muss, wenn sie gegebenenfalls das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe prüft, bedeutet dies jedoch nicht, dass sich die Beurteilung der vier Voraussetzungen in der Definition der staatlichen Beihilfe in jedem Fall ausschließlich auf den Zeitpunkt der Zuerkennung der Beihilfe beschränken muss.

(162)

Aus Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v der Verfahrensordnung geht eindeutig hervor, dass im Laufe solcher außerordentlichen Prozesse, wie zum Beispiel die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes oder die Liberalisierung eines Sektors, in einzelnen oder mehreren Wirtschaftszweigen beträchtliche wirtschaftliche und rechtliche Veränderungen vonstatten gehen, und dass infolge dieser Veränderungen auch solche Maßnahmen in den Kontrollbereich der staatlichen Beihilfen fallen können, welche ursprünglich nicht unter die Geltung von Artikel 87 EG-Vertrag fielen. Würden zum Beispiel im Zuge der Liberalisierung eines Wirtschaftszweigs all die Maßnahmen bestehen bleiben, die zum Zeitpunkt ihrer Zuerkennung — wegen der bedeutend abweichenden Marktbedingungen — nicht als staatliche Beihilfe galten, zum Zeitpunkt der Liberalisierung jedoch sämtliche Bedingungen der staatlichen Beihilfen erfüllen, dann würde dadurch der größte Teil der vor der Liberalisierung bestehenden Marktverhältnisse de facto prolongiert werden. Dies würde jedoch dem Vorhaben, den Markt zu öffnen, bzw. der Entscheidung der Mitgliedstaaten, den betreffenden Sektor zu liberalisieren, zuwiderlaufen. Der Zweck dieser besonderen Bestimmungen, auf deren Grundlage sich eine Maßnahme in eine staatliche Beihilfe umwandeln kann, ist ja gerade das, dass eine Maßnahme, die zwar in dem früheren wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld nicht als staatliche Beihilfe galt, unter den neu eingeführten Bedingungen aber die Interessen der Marktteilnehmer verletzt, nicht bestehen bleibt (50).

(163)

Diejenige Frage, ob die betreffende staatliche Beihilfe eine bestehende oder eine neue Beihilfe ist, muss die Kommission gesondert, im Anschluss an die Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe beurteilen.

(164)

Ungarns Wirtschaft erfuhr in den 1999er Jahren eine drastische Veränderung. Das Land entschied sich für den Beitritt zur Europäischen Union und ist seit dem 1. Mai 2004 vollberechtigter Mitgliedstaat. Ungarn war sich darüber genau im Klaren, dass es verpflichtet ist, seine bestehenden Maßnahmen mit den Wettbewerbsregelungen des Binnenmarktes in Einklang zu bringen, dem es beitreten will, denn diese Pflicht ist in dem Europa-Abkommen (51), das Ungarn in 1991 unterfertigte, ausdrücklich bezeichnet worden.

(165)

Ungarn ist mit dem Beitritt zur Europäischen Union auch dem liberalisierten Energiebinnenmarkt beigetreten. Die Beitrittsakte sieht in Hinsicht auf den ungarischen Energiemarkt keine Ausnahmen von den Wettbewerbsregelungen vor. Die Kommission ist aufgrund der vorstehenden Argumentation — entgegen den Stellungnahmen der Beteiligten — der Ansicht, dass sich die PPA, die überwiegend (und das erkennen auch die Beteiligten an) unter bedeutend abweichenden Marktverhältnissen, vor dem Beitritt zu dem liberalisierten Energiebinnenmarkt abgeschlossen worden sind, in dem neuen wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld in staatlichen Beihilfen umwandeln können. Zur Feststellung des Bestehens dieser Beihilfe müssen die vier Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Rahmen der neuen wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse beurteilt werden.

(166)

Die Frage des sachdienlichen Zeitpunkts zur Beurteilung muss aufgrund der Beitrittsakte weiter untersucht werden. Entgegen sämtlichen früheren Beitritten, gaben die Mitgliedstaaten ihre Zustimmung dazu, als Ergänzung der Beitrittsakte besondere Bestimmungen anzunehmen. Im Sinne dieser Bestimmungen müssen der Kommission sämtliche Beihilfemaßnahmen, die nach dem Beitritt anzuwenden und vor dem 10. Dezember 1994 abgeschlossen worden sind, vor dem Beitritt angemeldet werden, welche von der Kommission aufgrund des gemeinschaftlichen Besitzstandes (Acquis communautaire) überprüft werden.

(167)

Die staatliche Intervention war in der überwiegenden Mehrheit der Länder, die am 1. Mai 2004 zur Europäischen Union beitraten, aus historischen Gründen große Tradition. Es können jedoch Maßnahmen vorgefunden werden, die vor dem Beitritt — wegen der in bedeutendem Maße abweichenden Marktbedingungen — nicht die vier Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe erfüllten, jedoch unter den neuen wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen nach dem Beitritt bereits sämtliche Voraussetzungen erfüllen.

(168)

Ziel der einschlägigen Artikel der Beitrittsakte ist es, nach Inkrafttreten des Vertrags einen unverfälschten Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu garantieren. Folglich sind die einschlägigen Artikel der Beitrittsakte darauf gerichtet, zu verhindern, dass die staatlichen Beihilfemaßnahmen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, den Wettbewerb nach dem Beitritt verfälschen. In dieser Hinsicht ist es unerheblich, ob diese Beihilfemaßnahmen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe in den neunziger Jahren, bei der Erlassung der Maßnahme erfüllten oder nicht. Folglich ist der sachdienliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer Beihilfe der Zeitraum nach dem Beitritt von Ungarn zur Europäischen Union und zum liberalisierten Energiebinnenmarkt.

(169)

Jede andere Methode würde dazu führen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse, die in der Periode vor dem Beitritt und vor der Liberalisierung herrschten (welche Periode in den meisten neuen Mitgliedstaaten mit der Übergangsperiode im Anschluss an das kommunistische Regime identisch ist), auch lange nach dem Beitritt zur Europäischen Union bestehen bleiben könnten. Der Mitgliedstaat könnte diejenigen Maßnahmen, die vor dem Beitritt nicht als staatliche Beihilfe galten, auf diese Weise weiterhin bestehen lassen und nach Belieben sogar auch dann noch verlängern, wenn diese Beihilfemaßnahme zu den Bedingungen nach dem Beitritt bereits als staatliche Beihilfe gelten würden, denn diese Maßnahmen würden nicht in den Kontrollbereich der Kommission bezüglich der staatlichen Beihilfen fallen.

(170)

Die diesbezüglichen Stellungnahmen der Beteiligten sind genau darauf gerichtet. Sämtliche Argumentationen der Beteiligten im Zusammenhang mit dem sachdienlichen Zeitpunkt der Beurteilung bezwecken, dass die wirtschaftliche und rechtliche Beurteilung der PPA im Rahmen des derzeitigen Verfahrens ausschließlich auf den zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA (d. h. zwischen 1995 und 2001) bestehenden Umständen beruhen muss und aufgrund dieser wirtschaftlichen und rechtlichen Umstände zu dem Schluss kommen müsste, dass die PPA nicht als staatliche Beihilfe gelten. Die Beteiligten behaupten, dass die Prüfung der Marktteilnehmer sowie die Kriterien bezüglich der Verfälschung des Wettbewerbs und der Beeinträchtigung des Handels im wirtschaftlichen Kontext der neunziger Jahre analysiert werden müssten, und dass die Kommission die damalige Pflicht von MVM (Gewährleistung der Versorgungssicherheit) und das damalige Modell des Energiesektors („Single Buyer“-Modell usw.) beachten muss. Nach ihrer Ansicht wird die Entscheidung, die aufgrund der Beurteilung dieser Umstände getroffen wird, bis zum Tag des Ablaufs der PPA maßgebend bleiben (im Fall des längsten Vertrags bis 2024), unabhängig von solchen Veränderungen, wie Ungarns Beitritt zur Europäischen Union und die anschließende verbindliche Liberalisierung des Energiemarktes.

(171)

Die Kommission verwirft dieses Argument. Nach Ansicht der Kommission bezwecken die einschlägigen Artikel der Beitrittsakte ja gerade die Vermeidung solcher Situationen, indem sie die sofortige Anwendung der Beihilferegelungen auf die Marktteilnehmer vorschreiben. Die Beitrittsakte legt im Fall gewisser Wirtschaftssektoren Ausnahmebestimmungen fest (vgl. Bestimmungen bezüglich des Verkehrssektors), in dem Vertrag sind jedoch bezüglich der Elektrizitätsmarktteilnehmer keinerlei Ausnahmen aufgeführt. Deshalb sind die gemeinschaftlichen Besitzstände, einschließlich der Richtlinie 96/92/EG, mit Wirkung vom Tag des Beitritts auf sämtliche Verträge in Verbindung mit dem ungarischen Elektrizitätsmarkt anzuwenden.

(172)

Bei der Beurteilung der PPA geht die Kommission deshalb davon aus, dass Ungarn mit dem Beitritt zu dem liberalisierten Energiebinnenmarkt der Gemeinschaften akzeptiert hat, dass es diese marktwirtschaftlichen Grundsätze auf sämtliche Teilnehmer am ungarischen Elektrizitätsmarkt, einschließlich sämtlicher Handelsbeziehungen, anzuwenden hat.

(173)

Im Nachfolgenden wird von der Kommission deshalb geprüft, ob die vorliegende Maßnahme mit Wirkung vom Tag des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union sämtliche Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe erfüllt.

(174)

Als Einleitung zur Prüfung des Bestehens eines Vorteils ist es erwähnenswert, dass die meisten Beteiligten in ihren Stellungnahmen anerkannten, dass sie ohne die Garantien, die ihnen im Rahmen der PPA zugesichert worden sind, in diese Kraftwerke nicht investiert hätten. […] legte in seiner Stellungnahmen dar, dass „die […] PPA für die Banken einen wesentlichen Faktor hinsichtlich der Bereitschaft zur Finanzierung der Investition und der kontinuierlichen Vorfinanzierung der Betriebskosten darstellen. […] ,… […] forderte am […] die Stellungnahme des Konsortiums [d. h. der Banken] in Verbindung mit der Änderung der PPA an, aber die Banken stimmten weder der Herabsetzung der festgelegten Leistung noch der Verringerung der festen Abnahmemengen zu“ (52).

(175)

In diesem Zusammenhang behauptet die […] (als Vertreterin der zwölf Banken, die der Csepeli Áramtermelő Kft. Anleihen in Höhe von nahezu […] gewährten), dass „(…) nach Ansicht der Banken die PPA Bestandteil derjenigen, miteinander eng verknüpften Geschäftsverträge sind, welche als Sicherheit für die Kreditverträge dienten und auch heute noch dienen, die das Projekt zu Marktbedingungen finanzieren. Das heißt, jede Änderung der PPA würde automatisch auch die Banken betreffen, und da Letzteren entsprechende Vertragsmechanismen zum Schutz ihrer Finanzinteressen zur Verfügung stehen, würde dies folglich das gesamte Projekt Csepel II gefährden.“

(176)

Die […] (als Vertreterin der neun Banken, die der AES-Tisza Erőmű Kft nahezu […] gewährten) behauptet, dass „(…) die Finanzierung hauptsächlich auf dem Bestehen der PPA bzw. der anderen einschlägigen Dokumente des Projekts (z. B. Vereinbarung über Brennstoffversorgung) basierte. (…) Die PPA gewähren Stabilität gegenüber dem Nachfragerisiko (im Zusammenhang mit der Menge und der Preisbildung der umgesetzten Elektrizität).“„Die Stabilität der Nachfrage ist ein ausschlaggebender Faktor (…), der den Banken bei der langfristigen Finanzierung eines unentwickelten Marktes eine gebührende Sicherheit gewährt.“

(177)

Um zu prüfen, ob ein Vorteil besteht, analysierte die Kommission zuvor, welcher Argumentation sie bei dieser Prüfung folgen muss. Die Kommission kam — resultierend aus der vorläufigen Analyse, dargelegt in den Erwägungsgründe 180—190 — zu dem Schluss, dass sie dazu, um festzustellen, ob ein Vorteil besteht, untersuchen muss, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Teilnehmer unter den Umständen, die zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union herrschten, den Stromerzeugern ähnliche Garantien gewährt hätte, wie sie in den PPA verankert sind, d. h. solche Vorteile, auf deren Grundlage MVM verpflichtet ist, im Laufe eines 15- bis 27-jährigen — mit der gewöhnlich zu erwartenden Betriebs- oder Amortisationszeit der betreffenden Anlagen identischen — Zeitraums die im Rahmen der PPA gebuchte Kapazität (d. h. die gesamte verfügbare Kapazität oder den größten Teil der verfügbaren Kapazität des Kraftwerks) bzw. die feste Strommenge zu einem Preis zu kaufen, der die fixen und variablen Kosten des Stromerzeugers (einschließlich des Aufwands für Brennstoff) deckt (53).

(178)

Im zweiten Schritt suchte die Kommission anhand von gewöhnlichen Geschäftsmethoden an den europäischen Elektrizitätsmärkten eine Antwort auf diese Frage.

(179)

Schließlich beurteilte die Kommission kurz den Einfluss der PPA auf den Markt im Zeitraum nach dem Beitritt von Ungarn zur Europäischen Union. Zwar ist letztere Analyse zur Feststellung dessen, ob die PPA einen wirtschaftlichen Vorteil gewährten, nicht notwendig, zur entsprechenden Prüfung der einzelnen Stellungnahmen lohnte es sich trotzdem, sie durchzuführen.

1.   Vorläufige Analyse: Argumentation zur Beurteilung des Bestehens eines Vorteils

(180)

In den Stellungnahmen, die im Laufe des Verfahrens vorgelegt worden sind, analysierten die Beteiligten das Bestehen des Vorteils aufgrund der Umstände, unter denen die PPA Mitte der neunziger Jahre unterzeichnet worden sind. Im Wesentlichen kamen sie zu dem Schluss, dass ein durchschnittlicher Marktteilnehmer in dem genannten Zeitraum und im Zuge der Privatisierung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Stromerzeugern ähnliche Garantien gewährt hätte, wie sie in den PPA verankert sind, um die Investoren zu motivieren und dadurch die Versorgungssicherheit in Ungarn zu gewährleisten.

(181)

Die Kommission prüfte die Fundiertheit der Betrachtungsweise und kam zu dem Ergebnis, dass diese aus zwei Gründen nicht akzeptabel ist. Erstens berücksichtigt sie nicht die tatsächlichen Begünstigten der geprüften Maßnahme. Zweitens legt sie aus der Sicht der Beurteilung des Bestehens des Vorteils nicht den richtigen Zeitraum zugrunde.

(182)

Dunamenti Erőmű Rt. behauptet, dass ihm im Rahmen der PPA kein Vorteil zuteil wurde, weil er im Zuge der Privatisierung seiner Kraftwerke den Marktpreis bezahlte, und seine Rechte und Pflichten nach den PPA in dem Kaufpreis berücksichtigt wurden. Das heißt, wenn die PPA ihm einen Vorteil verschafft hätten, dann bezahlte er dessen Gegenwert als Teil des Privatisierungspreises.

(183)

Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Argumente in dem vorliegenden Fall nicht stichhaltig sind. Die Begünstigten der zu prüfenden Maßnahme sind die privatisierten Kraftwerke (bei denen eine Privatisierung vorgenommen wurde) und nicht deren Aktionäre. Die Privatisierung geschah in Form des Erwerbs von Eigentumsanteilen.

(184)

Die Kommission hat die Frage, welchen Einfluss die veränderten Eigentumsverhältnisse auf das Vorliegen einer rechtswidrigen Beihilfe des Unternehmens und auf die Person des Begünstigten haben, bereits geprüft. Nach dem Urteil des Gerichtshofs bleibt die rechtswidrig gewährte Beihilfe unabhängig von den veränderten Eigentumsverhältnissen auch weiterhin zugunsten des ursprünglich begünstigten Unternehmens bestehen (54). Die Übertragung der Geschäftsanteile zum Marktpreis garantiert nur, dass der Erwerber des Geschäftsanteils keine staatliche Beihilfe erhält, unabhängig davon, ob der Tätigkeit des begünstigten Unternehmens ein wirtschaftlicher Vorteil zuteil wird oder nicht.

(185)

Die Begünstigten der geprüften Beihilfe sind die ungarischen Betreiber der Kraftwerke, die die PPA unterschrieben haben, nicht die Aktionäre dieser Kraftwerke. Überdies ging die Veränderung in den Eigentumsverhältnissen der Kraftwerke vor dem Zeitpunkt vonstatten, zu dem das Vorliegen der staatlichen Beihilfe geprüft wird, und aus der Sicht der Prüfung des Vorliegens einer staatliche Beihilfe zugunsten der Betreiber der Kraftwerke, ist diese Veränderung irrelevant. Also wurde den Unternehmen (Betreibern), die die PPA unterzeichneten — unabhängig von den Eigentumsverhältnissen — im Rahmen der PPA Vorteile verschafft.

(186)

Die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass die Grundvoraussetzung dazu, dass sich die notwendigen Investitionen unter den Marktverhältnissen der neunziger Jahre in Ungarn verwirklichen, die PPA und somit die garantierte Kapitalrendite darstellten.

(187)

Diejenige Tatsache, dass die staatliche Intervention wegen der Charakteristiken des Elektrizitätssektors und der damaligen politischen und wirtschaftlichen Situation in Ungarn im Interesse der Allgemeinheit notwendig war, und die beste Lösung die Unterzeichnung der PPA mit vielen Stromerzeugern zu sein schien, widerspricht keinesfalls der Tatsache, dass die PPA den Stromerzeugern einen Vorteil gewähren.

(188)

Die meisten Stromerzeuger behaupten, dass die PPA ihnen keinen Vorteil verschafften, weil sie dem ordentlichen Marktverhalten eines jeden Wirtschaftsteilnehmers entsprechen, der sich in der Situation von MVM bzw. den Erzeugern befindet. Sie begründen ihre Argumentation damit, dass sich in der Situation von MVM (d. h. als einziger, zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit gesetzlich verpflichteter Käufer) jeder privater Wirtschaftsteilnehmer für den Abschluss der PPA entschieden hätte. Sie sind der Ansicht, dass der wirtschaftliche Vorteil der PPA für die Stromerzeuger nicht das Niveau übersteigt, welches die Parteien unter den unentwickelten Marktverhältnissen der neunziger Jahre in Ungarn gewöhnlich erzielen konnten. Überdies waren die Stromerzeuger, um eine Betriebsgenehmigung erteilt zu bekommen, gesetzlich verpflichtet, mit MVM Vertrag zu schließen. Die Stromerzeuger hoben noch hervor, dass die Kommission anhand des Prinzips des Privatinvestors die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung bestehenden Rechtsvorschriften und die wirtschaftliche Realität berücksichtigen müsste.

(189)

Die Kommission beruft sich hinsichtlich der Argumentation der Beteiligten im Zusammenhang mit dem Prinzip des Privatinvestors auf diejenigen Erwägungsgründe der vorliegenden Entscheidung, die festlegen, welcher Zeitraum zur Beurteilung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe im Rahmen der PPA zu berücksichtigen ist. Die Kommission weist abermals darauf hin, dass sie keine Zweifel daran hegt, dass es unter den Umständen, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA herrschten, notwendig war, diese Verträge abzuschließen. Wie dies die vorliegende Entscheidung im Vorstehenden bereits erläuterte, bedeutet dies jedoch keinesfalls, dass die PPA den Stromerzeugern keinen Vorteil verschaffen. Im Wesentlichen behaupten die Beteiligten eigentlich nur, dass diese Verträge den zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung bestehenden Marktverhältnissen entsprechen. Keiner der Beteiligten hingegen behauptet, dass diese auch die derzeitigen Marktbedingungen erfüllen würden.

(190)

Die Kommission ist der Ansicht, dass sie sich im Zuge der Prüfung des Bestehens eines Vorteils im Rahmen der PPA davon überzeugen muss, ob ein durchschnittlicher Marktteilnehmer unter den Umständen, die zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union vorherrschten, den Stromerzeugern ähnliche — in Erwägungsgrund 177 aufgeführte — Garantien gewährt hätte, wie sie in den PPA verankert sind.

2.   Analyse des Bestehens eines Vorteil der Stromerzeuger zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union

(191)

Um auf die vorstehend gestellte Frage eine Antwort geben zu können, hat die Kommission die wichtigsten Geschäftsmethoden der Wirtschaftsteilnehmer an den europäischen Elektrizitätsmärkten bestimmt, die aus der Sicht dieser Analyse maßgeblich sind. Ferner analysierte sie, ob die PPA mit diesen Geschäftsmethoden in Einklang stehen, oder den Erzeugern solche Garantien gewähren, welche ein marktwirtschaftlich handelnder Käufer nicht annehmen würde.

(192)

Vorab ist es erwähnenswert, dass der Elektrizitätsmarkt herkömmlich in vier Teilmärkte aufgeteilt ist: i. Stromerzeugung, Import und Großhandel, ii. Übertragungsnetze und Verteilernetze iii. Weiterverkauf, iv. Lieferung von Ausgleichsenergie. Da MVM die Elektrizität von den inländischen Erzeugern kauft bzw. importiert, und diese dann an die regionalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen und die Energieunternehmen (Weiterverkäufer) verkauft, sind aus der Sicht der Beurteilung der PPA der erste und der vierte Teilmarkt von Bedeutung. MVM liefert überdies eine gebuchte Kapazität an den koordinierenden Übertragungsnetzbetreiber, um den Systemausgleich zu gewährleisten.

(193)

Der ungarische Markt des Weiterverkaufs war in dem geprüften Zeitraum in zwei Sektoren aufgeteilt: i. in den öffentlichen Sektor, wo von den regionalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen Elektrizität zu regulierten Tarifen an nicht zugelassene sowie an Kunden, die von ihrer Zulassung keinen Gebrauch machten, geliefert wird; ii. in den Wettbewerbssektor, wo die Energieunternehmen des Wettbewerbssektors zugelassenen Kunden Energie zu Marktpreisen anbieten. Das vom Stromgesetz III eingeführte System beschränkte den öffentlichen Sektor auf die Haushalts-Kunden und die Nicht-Haushalts-Kunden, die unter die Pflicht der Grundversorgung gehören.

(194)

In dem geprüften Zeitraum lieferte MVM Elektrizität sowohl an die regionalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen (Energieunternehmen des öffentlichen Sektors) als auch an Energieunternehmen des Wettbewerbssektors. Der Verkauf von MVM an die Energieunternehmen des Wettbewerbssektors — wie in den Erwägungsgründe 221—231 beschrieben ist — bezweckte jedoch nur die Freisetzung von Überkapazitäten, die im Rahmen der PPA gekauft werden mussten und zur Versorgung des öffentlichen Sektors nicht benötigt wurden. Ein derartiger Verkauf ist nicht als selbstständige Geschäftstätigkeit, sondern vielmehr als Folge der PPA anzusehen. Demnach muss das Bestehen eines Vorteils im Vergleich zu der primären Zielsetzung von MVM — d. h. ausreichende Kapazitäten an die regionalen Versorgungsunternehmen zu liefern, damit diese die Bedürfnisse des öffentlichen Sektors befriedigen können — beurteilt werden. Das heißt, dass geprüft werden muss, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Teilnehmer, der damit betraut worden ist, die regionalen Elektrizitätsversorgungsunternehmen ausreichend mit Strom zu versorgen, in Ermangelung der PPA den daran beteiligten Erzeugern die gleichen Garantien gewährt hätte. Die nachfolgenden Erwägungsgründe gewähren zunächst einen Überblick über die wesentlichen und typischen Geschäftsmethoden, um dann einen Vergleich zwischen den PPA und den vorstehend genannten Methode anzustellen. Schließlich prüfte die Kommission anhand des Vergleichs die Folgen der PPA, mit denen die ungarischen Behörden zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union rechnen konnten, bzw., ob sie im Fall von Verträgen anderer Art auf ein besseres Gleichgewicht zwischen den vorteilhaften und unvorteilhaften Folgen hätten zählen können.

2.a)   Kurze Beschreibung der relevanten Geschäftsmethoden an den europäischen Elektrizitätsmärkten aus der Sicht der Beurteilung des Bestehens eines Vorteils im Rahmen der PPA

(195)

Bei der Untersuchung der Elektrizitätssektoren (55) hat die Kommission besonders die Bedingungen der Vermarktung von Elektrizität an den europäischen Großhandelsmärkten analysiert.

(196)

Elektrizität kann — unabhängig von der Erfüllungsfrist — an Spot- oder Terminmärkten gehandelt werden. An Spotmärkten werden Elektrizitätsgeschäfte in Bezug auf den nächsten Tag bezeichnend am Tag vor der tatsächlichen Erfüllung abgeschlossen. An der Spotbörse wird Elektrizität immer zu Grenzpreisen gehandelt, welche ausschließlich die Deckung der kurzfristigen Grenzkosten garantieren (56).

(197)

An den Terminmärkten wird die Elektrizität zu späteren Erfüllungsfristen gehandelt. Die Terminprodukte können wöchentliche, monatliche, vierteljährliche oder jährliche Fristen haben. Die Vermarktung von Spot- und Terminprodukten kann sowohl über die Energiebörsen als auch in Form von außerbörslichen Transaktionen über Abrechnungshäuser (OTC) abgewickelt werden. Infolge der fortlaufenden Wahl zwischen diesen Produkten nähern sich die Preise der gleichen Produkte an den Energiebörsen und den OTC-Märkten einander an. Deshalb werden die Preise sämtlicher Spot- und Terminprodukte und somit die Referenzpreise des gesamten Großhandelsmarktes immer mehr von den Energiebörsen festgelegt.

(198)

Überdies werden die Terminproduktpreise von den Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der künftigen Preisentwicklung der Spotmärkte beeinflusst. Die Marktteilnehmer schließen Termingeschäfte deshalb ab, weil sie die sicheren Preise den unsicheren künftigen Spot-Kaufpreisen vorziehen, und so enthalten die Terminkaufpreise ebenfalls ein Risikoelement. In der Praxis enthalten die Preise der Terminprodukte ein solches ausschlaggebendes Element, welches die Erwartungen der Marktteilnehmer bezüglich der Entwicklung der Spot-Kaufpreise widerspiegelt, bzw. — je nach dem, ob die Marktteilnehmer großen Wert auf die Preissicherheit legen — eine Risikoprämie oder einen Nachlass, obgleich dies in der Praxis zumeist als Prämie erscheint. Daraus folgt, dass die Spot-Kaufpreise eine Referenz hinsichtlich sämtlicher Energiepreise darstellen. Wird an der Spotbörse gehandelt, gelten deren Preise für den gesamten Markt als Referenz. An mehreren Großhandelsmärkten versuchen die Käufer — um ihre Kosten verfolgen zu können — generell den größten Teil ihrer voraussichtlichen Bedürfnisse mit den Termingeschäften zu decken. Ihre darüber hinaus bestehenden Bedürfnisse decken sie mit Einkäufen an den Spotmärkten.

(199)

Die Untersuchung des Elektrizitätssektors stellte fest, dass es neben dem Handel an den Energiebörsen und neben der Abwicklung von außerbörslichem Handel an den OTC-Märkten auch zu „einzelnen bilateralen Transaktionen“ kam. Diese Geschäfte, über deren Preise im Allgemeinen nicht Bericht erstattet wird, können hinsichtlich der gelieferten Erzeugnisse oder der erbrachten Leistungen sehr differieren. Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen werden diese Geschäfte jedoch notwendigerweise durch den Handel an den Energiebörsen und durch den außerbörslichen Handel an den OTC-Märkten beeinflusst, weil der betreffende Erzeuger oder Importeur nicht akzeptieren würde, ein solches zweiseitiges Geschäft zu Bedingungen abzuschließen, die eindeutig ungünstiger sind, als die Bedingungen der normalen Spot- oder Termingeschäfte. Demzufolge stellen die normalen Spot- und Termingeschäfte an den europäischen Großhandelsmärkten eine geeignete Vergleichbasis zur Prüfung dessen dar, ob die PPA den Stromerzeugern einen Vorteil verschaffen oder nicht.

(200)

Die längste Erfüllungsfrist an den Terminmärkten ist ein Jahr. Ferner betragen die längsten Zeiträume zwischen dem Vertragsabschluss und der tatsächlichen Erfüllungsfrist 4 Jahre bei NordPool (skandinavische Länder), 3 Jahre bei Powernext (Frankreich), 5 Jahre bei UKPX (Großbritannien) und 6 Jahre bei EEX (Deutschland). An bestimmten Börsen, wie z. B. OMEL in Spanien, werden überhaupt keine Termingeschäfte abgeschlossen. Die normalen Termingeschäfte verpflichten das Unternehmen zur Lieferung einer festen Strommenge zum festen Preis längstens ein Jahr lang, beginnend innerhalb von höchsten sechs Jahren nach Vertragsabschluss. Die vorstehend genannten Zeiträume liegen weit unter der Betriebs- bzw. Amortisationszeit eines jeden Kraftwerks. Somit haben die Stromerzeuger während der Betrieb- bzw. Amortisationszeit der Erzeugungsanlagen, unter den gewöhnlichen Marktbedingungen, auch dann keinen Überblick über die Preise und die verkaufte Menge, wenn sie den größten Teil ihrer erzeugten Elektrizität mit Hilfe von Termingeschäften vermarkten. Überdies müssen die Stromerzeuger — da sie die Preise im Voraus festsetzen — auch dem Risiko ins Auge schauen, dass ihre Kosten die festen Preise überschreiten. Groß ist dieses Risiko insbesondere wegen der schwankenden Brennstoffpreise. Letztere bilden bei den meisten Erzeugungstechnologien den Hauptbestandteil der variablen Kosten. Ferner werden die Erzeuger auch mit dem Wettbewerbsdruck konfrontiert, da sie ihre Terminverträge während der Betriebszeit ihrer Erzeugungsanlagen zahlreiche Male erneuern und deswegen ihr Angebot den veränderlichen Wettbewerbsbedingungen anpassen müssen.

(201)

Auf dem Großhandelsmarkt sind Geschäfte zur Buchung von Erzeugungskapazitäten auch in Form von „Abrufbefugnissen“ (Drawing rights) präsent, die mit den PPA ebenfalls vergleichbar sind. Der Erwerb von Abrufbefugnissen bedeutet, dass im Allgemeinen ein Teil der Erzeugungskapazitäten auf die voraussichtliche Betriebszeit des betreffenden Kraftwerks gebucht wird, den Betreibern der Anlage wird in Höhe des Kapitals und der Fixkosten der gebuchten Kapazität ein „Kapazitätsentgelt“ gezahlt. Die technischen Risiken trägt der Betreiber des Kraftwerks. Der Berechtigte der Abrufbefugnisse kann den Auslastungsgrad der gebuchten Kapazitäten bestimmen und zahlt dem Betreiber des Kraftwerks einen Preis in Höhe der variablen Kosten, die bei der Erzeugung der Strommenge mit den gebuchten Kapazitäten entstanden.

(202)

Bei der Beurteilung eines im Rahmen der PPA gewährten Vorteils ist auch die Situation der energieintensiven Wirtschaftszweige (im Folgenden „Großkunden“ genannt) zu beachten, die nicht am Großhandelsmarkt, sondern an den Weiterverkaufsmärkten (der nächsten Stufe der Verkaufskette) mitwirken. Da es vorkommt, dass die Erzeuger den Strom unmittelbar an die Großkunden liefern, ist der Vergleich mit den PPA angebracht.

(203)

Die Untersuchung des Elektrizitätssektors ergab, dass die Energieunternehmen mit den Großkunden oftmals Festpreisgeschäfte abschließen. Die Laufzeit dieser Geschäfte beschränkt sich gewöhnlich auf ein Jahr oder zwei Jahre. Im Allgemeinen wird anhand des bisherigen Verbrauchs ein Lieferzeitplan erstellt. Die Preise sind von den Großhandelspreisen der Terminmärkte abgeleitet, ferner enthalten sie auch solche anderen Kostenelemente, wie die voraussichtlichen Kosten für den Netzausgleich sowie die Gewinnspanne des Lieferanten. Bei Abweichung vom Erfüllungszeitplan tritt die Klausel „take or pay“ in Kraft, welche den Käufer dazu verpflichtet, entweder die für ihn überflüssige Energie oder einen Verzugszuschlag zu bezahlen. Daraus folgt, dass die Geschäfte auf der gleichzeitigen Anwendung der festen Abnahmemenge und der Kapazitätsbuchung basieren (57).

(204)

Zur Prüfung eines im Rahmen der PPA gewährten Vorteils müssen auch die Verträge berücksichtigt werden, die mit den Übertragungsnetzbetreibern (TSO) zur Lieferung von Ausgleichsenergie abgeschlossen wurden. Da Elektrizität nicht effizient gelagert werden kann, muss die Nachfrage und das Angebot zu jedem Zeitpunkt zur Deckung gebracht werden. Werden im Bilanzkreis Abweichungen von der Lastprognose festgestellt, und wird eine weitere Elektrizitätserzeugung notwendig, ist es die Aufgabe von TSO, bestimmte Stromerzeuger aufzufordern, ihre Kapazität innerhalb kurzer Zeit zu erhöhen. Um sicherzustellen, dass die nötigen Erzeugungskapazitäten in solchen Situationen verfügbar sind, buchen die TSO eine Teilkapazität der Erzeugungsanlagen, die dazu geeignet sind, ihre Kapazität innerhalb kurzer Zeit zu steigern. In Anbetracht dessen, dass es in Ungarn keine Speicheranlage gibt, sind es die erdgasbetriebenen Kraftwerke, die zur Erbringung diese Leistungen fähig sind.

(205)

Die Untersuchung des Elektrizitätssektors gewährte einen Überblick über die Praxis der europäischen Übertragungsnetzbetreiber im Zusammenhang mit Verträgen über Kapazitätsbuchung zur Lieferung von Ausgleichsenergie. Daraus geht hervor, dass die Kapazitäten im Rahmen von Ausschreibungsverfahren gebucht werden. Ein Jahr kann als der gewöhnliche Zeitraum angesehen werden, der den Übertragungsnetzbetreibern genügend Flexibilität zusichert, die gebuchten Kapazitäten ihren tatsächlichen Bedürfnissen anzupassen. Im Allgemeinen sind in den Verträgen die technischen Kennwerte, die gebuchten Kapazitäten, ferner entweder nur der Preis der gelieferten Elektrizität oder der Preis der Energie und der Preis der Kapazität festgelegt.

2.b)   Vergleich der PPA mit den gewöhnlichen Geschäftsmethoden

(206)

Die Kommission verglich die in den PPA festgelegte Abnahmepflicht mit den wichtigsten Charakteristiken der Termin- und Spotgeschäfte, der Geschäfte mit „Abrufbefugnissen“, der langfristigen Verträge der Großkunden und der Verträge zwischen den Erzeugern und den Übertragungsnetzbetreibern zur Lieferung von Ausgleichsenergie.

(207)

Aus den Ausführungen in den Erwägungsgründe 195—200 geht hervor, dass die gleichzeitige Anwendung der Kapazitätsbuchung, der festen Abnahmemenge und des Preisbildungsmechanismus zur Deckung der variablen, der fixen und der Kapitalkosten nicht den gewöhnlichen Geschäften an den europäischen Großhandelsmärkten entspricht, und die Erzeuger bei den normalen Termin- und Spotgeschäften vor mehr Risiken schützt.

(208)

An Spotbörsen wird Elektrizität immer zu Grenzpreisen gehandelt, die nicht die Deckung sämtlicher Fix- und Kapitalkosten, sondern ausschließlich die Deckung der kurzfristigen Grenzkosten gewährleisten. Überdies verfügen die erzeugenden Elektrizitätsunternehmen nicht über Sicherheiten bezüglich des Auslastungsgrads ihrer Erzeugungskapazitäten. Dieses Risiko wird wegen der schlechten Lagerfähigkeit der Elektrizität — eine ausgesprochene Eigenart dieses Wirtschaftszweigs — weiter erhöht. Wird zu einem gegebenen Zeitpunkt ausreichende Elektrizität zur Deckung der Nachfrage zu einem niedrigeren Preis angeboten als der Preis der Erzeugungsanlage des betreffenden Stromerzeugers, dann wird diese Anlage nicht gestartet, d. h. deren Erzeugungskapazität geht während der betreffenden Zeitdauer verloren.

(209)

Folglich ist der Handel am Spotmarkt mit hochgradiger Ungewissheit hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Fixkosten und der Kapitalkosten, sowie hinsichtlich des Auslastungsgrads der Erzeugungskapazitäten verbunden.

(210)

Auch die Terminmärkte — deren Preise von den Spot-Kaufpreisen abgeleitet sind — garantieren den Erzeugern nicht, dass ihr Verkauf all ihre Fix- und Kapitalkosten decken wird, weil die Preise im Voraus festgesetzt worden sind. Sofern sich die Brennstoffpreise während des Erfüllungszeitraums über die Erwartungen hinaus erhöhen, dann können die Kosten der Elektrizitätserzeugung die im Voraus festgesetzten Preise überschreiten. An den Terminmärkten ist die Unsicherheit in Verbindung mit der Auslastung der Erzeugungskapazitäten dank der längeren Zeitdauer der Geschäfte geringer als an den Spotmärkten. Einen Überblick über den Auslastungsgrad seiner Erzeugungsanlagen hat der Stromerzeuger jedoch — auch wenn es ihm gelingt, den größten Teil seiner erzeugten Elektrizität im Rahmen von Termingeschäften zu verkaufen — im Vergleich zur Betriebszeit nur auf einen beschränkten Zeitraum.

(211)

Die Beteiligten heben hervor, dass die Erzeuger im Rahmen der PPA bedeutende Risiken zu tragen haben, welche primär mit der Ausführung, der Regelung, dem Umweltschutz, der Wartung bzw. der Steuerzahlung und der Finanzierung zusammenhängen. Die Kommission lässt gelten, dass die PPA für die Erzeuger nicht sämtliche Geschäftsrisiken in Verbindung mit der Betreibung ihrer Erzeugungsanlagen aus dem Wege schaffen. Die in den Stellungnahmen der Stromerzeuger aufgeführten Risiken werden aller Wahrscheinlichkeit nach von ihnen selbst getragen. Diese Risiken sind jedoch — einschließlich des Verkaufs an den Spot- und Terminmärkten — gewöhnliche Risiken, die jeder Wirtschaftsteilnehmer selbst tragen sollte. Im vorliegenden Fall werden die Geschäftsrisiken, die mit den schwankenden Elektrizitätserzeugungskosten — insbesondere mit den steigenden Brennstoffpreisen —, den Veränderungen der Endkundentarife sowie der schwankenden Nachfrage der Endkunden verbunden sind, während der gesamten Betriebszeit (oder fast während der gesamten Betriebszeit) der im Rahmen der PPA betriebenen Erzeugungsanlagen von MVM getragen.

(212)

Die Beteiligten behaupteten in ihren Stellungnahmen, dass die Kapazitätsbuchungen zugunsten von MVM für sie einen Nachteil darstellen würden, weil sie diese Kapazitäten — außer dem Verkauf an MVM — nicht für andere Zwecke verwenden könnten. Der Nachteil dieser Gebundenheit wird jedoch durch die feste Stromabnahme in bedeutendem Maße reduziert. Die Abnahmepflicht kann als eine Garantie für die Erzeuger angesehen werden, denn auch wenn MVM seine gebuchten Kapazitäten nicht nutzt, wird es die Nutzung dieser Kapazitäten zum Zwecke der Elektrizitätserzeugung und des Verkaufs nicht verhindern. Wie die folgende Tabelle zeigt, bedeutete die feste Abnahmemenge in Wirklichkeit, dass der Auslastungsgrad der gebuchten Kapazitäten über dem durchschnittlichen Auslastungsgrad der in Ungarn zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität lag.

Tabelle 5

Feste Abnahmemenge und gebuchte Kapazitäten

 

2004

2005

2006

Feste Abnahmemenge (GWh)

23 234

23 528

23 516

Gebuchte Kapazitäten (MW)

4 242

4 460

4 481

Verhältnis der festen Abnahmemenge und der gebuchten Kapazitäten (Jahres-Betriebsstundenzahl)

5 477

5 275

5 248

Verhältnis der Elektrizitätserzeugung und der nutzbaren Kapazität in Ungarn (Jahres-Betriebsstundenzahl)

4 272

4 225

4 601

(213)

Im Sinne des Obigen sind die Spot- und die Termingeschäfte für die Stromerzeuger mit bedeutend mehr Risiken verbunden als die PPA. Nämlich garantieren Letztere sowohl die Erstattung der Fix- und Kapitalkosten als auch die Auslastung der Erzeugungskapazitäten.

(214)

Was die Abrufbefugnisse betrifft, so besteht der wesentlichste Unterschied zwischen dieser Art der Vereinbarung und den PPA darin, dass mit den Abrufbefugnissen gewöhnlich keine feste Abnahmemenge verbunden ist. Das Geschäftsrisiko des Verkaufs der Energie, die mit Hilfe von gebundenen Kapazitäten erzeugt wurde, trägt der Berechtigte der Abrufbefugnisse. Die Garantie dafür, die Gesamtheit der genannten Energie zu einem Preis verkaufen zu können, der zumindest die variablen Kosten deckt, ist ihm jedoch zugesichert, weil er sich, sollten die Preise unter die variablen Kosten herabsinken, dafür entscheiden kann, keine Elektrizität zu erzeugen. MVM werden von den PPA — infolge der Abnahmepflicht zugunsten der Kraftwerke — keine solchen Garantien gewährt.

(215)

Die von den Großkunden abgeschlossenen langfristigen Bezugsverträge sind für die Kunden eindeutig bedeutend vorteilhafter als die mit MVM abgeschlossenen PPA, weil der Preis, der überwiegend während der gesamten Vertragsdauer gültig ist, einerseits nicht an solche Faktoren — wie z. B. an Brennstoffpreise — gebunden ist, deren Entwicklung während der Laufzeit des Vertrags unvorhersehbar ist, und andererseits nicht zur Deckung der Fix- und der Kapitalkosten gebildet wird, weil er abhängig ist von den notierten Preisen der Großhandelsmärkte. Die Verkäufer sind am Abschluss langfristiger Verträge eigentlich nur dann interessiert, wenn diese Verträge ihnen irgendeinen Schutz gegen die Preisschwankungen auf dem Elektrizitätsmarkt gewährleisten, dies gilt insbesondere für Veränderungen wegen der schwankenden Brennstoffpreise. Folglich dürfte der Kunde aus wirtschaftlicher Sicht an einem solch langfristigen Vertrag dann interessiert sein, wenn ihm der Verkäufer darin anbietet, einen Teil der Risiken in Verbindung mit den Brennstoffpreisschwankungen auf sich zu nehmen, oder dann, wenn die Technologie der Elektrizitätserzeugung stabile Brennstoffkosten garantiert — ein Beispiel dafür sind die Technologien der Wasserkraftwerke und unter bestimmten Bedingungen auch die der Kernkraftwerke. Überdies werden diese Verträge generell auf eine kürzere Zeit abgeschlossen als die PPA, somit haben die Kunden die Wahl, den Lieferanten zu wechseln, wenn der Konkurrent günstigere Preise anbietet. Um die niedrigsten Preise zu erzielen, wenden diese Kunden oftmals Ausschreibungsverfahren an.

(216)

Verträge über die Lieferung von Ausgleichsenergie sind aus der Sicht der Prüfung des Bestehens eines Vorteils deswegen sachdienlich, weil MVM einen geringen Teil der Kapazitäten, die im Rahmen der PPA gebucht worden sind, zur Lieferung von Ausgleichsenergie an den Übertragungsnetzbetreiber verwendet (58). In der Praxis verkauft MVM die Kapazitäten jährlich im Paket an den Übertragungsnetzbetreiber, und verwendet für diesen Zweck einen Teil von den im Rahmen der PPA gebuchten Kapazitäten. Praktisch bedeutet das, dass nicht die Erzeuger die Risiken zu tragen haben, die mit den jährlichen Ausschreibungsverfahren (59) und der Unsicherheit im Zusammenhang mit der von ihnen zu liefernden Elektrizitätsmenge verbunden ist. Von dem Standpunkt der Erzeuger aus betrachtet, entsprechen die Vertragsbedingungen zur Lieferung von Ausgleichsenergie den Bedingungen der PPA. Wie dies jedoch in Erwägungsgrund 204 bereits darlegt worden ist, können die Vorschriften der PPA — insbesondere die lange Laufzeit und die feste Abnahmemenge — aus geschäftlicher Sicht auch im Fall der Lieferung von Ausgleichsenergie nicht begründet werden. Die Kommission erkennt an, dass es in Ungarn — nach Aussage der Beteiligten — nur wenige Energieerzeugungsanlagen gibt, die dazu geeignet sind, dem Übertragungsnetzbetreiber die nötige Ausgleichsenergie zu liefern, sie kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Bedingungen der PPA auch unter diesen Umständen diejenigen Grenzen überschreiten, die ein Übertragungsnetzbetreiber aus Geschäftsgründen für annehmbar erachten würde.

(217)

Der Vergleich zeigt, dass die PPA — infolge ihres Aufbaus — den Erzeugern mehr Garantien gewähren als die gewöhnlichen Geschäftsvereinbarungen. Die Situation, in der sich die Erzeuger dank der PPA befinden, ist also vorteilhafter als die, in der sie sich ohne die PPA, auf dem freien Markt befinden würden. Um das Bestehen eines Vorteils genau beurteilen zu können, müssen diejenigen günstigen und missgünstigen Auswirkungen untersucht werden, mit denen die ungarischen Behörden zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union rechnen konnten. Ferner muss geprüft werden, ob sie im Fall von anderen, auf gewöhnliche Geschäftsmethoden aufbauenden Vorgehensweisen mit einer vorteilhafteren Ausgewogenheit zwischen den günstigen und missgünstigen Auswirkungen hätten rechnen können.

2.c)   Die von den Behörden vorhersehbaren Folgen der PPA in Kenntnis der Handelsbräuche an den europäischen Elektrizitätsmärkten

(218)

Die Behörden konnten von den PPA erwarten, dass MVM im Rahmen dieser Verträge fähig sein wird, die Versorgungssicherheit im öffentlichen Sektor auf lange Zeit zu gewährleisten.

(219)

Sicherheiten dafür, welche Preise MVM während dieser Zeit bezahlen muss, gab es seitens der Behörden nicht, weil die PPA keinen Schutz vor Preisschwankungen, insbesondere nicht vor Schwankungen der Brennstoffpreise, gewährleisten.

(220)

Überdies wird den Behörden durch die gleichzeitige Anwendung der langfristigen Kapazitätsbuchung und der damit verbundenen festen Abnahmemenge die Möglichkeit dazu genommen, die günstigeren Angebote der anderen Erzeuger oder Importeure anzunehmen. Die Kapazitäten und die festen Abnahmemengen der PPA sowie die Strommenge, die im Rahmen der langfristigen Einfuhrverträge, abgeschlossen von MVM, und im Rahmen des verbindlichen Abnahmesystems (60) von MVM gekauft wurden, reichten zur Befriedung ihrer Bedürfnisse aus. Auf diese Weise konnte MVM sein Versorgungsportfolio nicht diversifizieren, obgleich die alternativen Erzeugungskapazitäten zur Verfügung standen. Im Jahr 2004 hatten mehrere Stromerzeuger keine langfristigen Strombezugsverträge. Ende 2003 liefen die PPA zweier Kraftwerke in Bezug auf eine installierte Kapazität von 470 MW ab, wodurch die Versorgungskapazität außerhalb der PPA bedeutend anstieg. Überdies ist eine Einfuhrkapazität von nahezu 700 MW nicht von den langfristigen Einfuhrvereinbarungen gedeckt. Würde das System der gebuchten Kapazitäten und der festen Abnahmemengen MVM nicht binden, dann hätte es diese Einfuhrkapazität nutzen können.

(221)

Überdies war es in 2003 und in 2004, zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union — wie dies in den nachstehenden Erwägungsgründen dargelegt ist — klar, dass das System der gebuchten Kapazitäten und der festen Abnahmemengen, das im Rahmen des Single Buyer-Modells entstand, in dem MVM den gesamten Energiebedarf Ungarns befriedigte, mit dem bedeutenden Risiko verbunden ist, dass die Verträge für MVM den Kauf einer solchen Strommenge vorschreiben, die über seinen Bedürfnissen liegt.

(222)

Die teilweise Öffnung des Elektrizitätsmarkts im Jahr 2003 ist in dieser Hinsicht ein wichtiger, zu berücksichtigender Faktor. Am 18. Dezember 2001 verabschiedete das ungarische Parlament das Stromgesetz II, welches es den Großkunden — d. h. denjenigen, deren Jahresverbrauch die 6,5 GW überschritt — ermöglichte, „zugelassene Kunden“ zu werden, und so Elektrizität von einem Lieferanten ihrer Wahl zu kaufen. Diese Rechtsvorschrift, in Kraft getreten am 1. Januar 2003, hatte zur Folge, dass neben dem bisherigen öffentlichen Sektor auch ein Wettbewerbssektor mit Marktpreisen entstand. Infolge dieser Maßnahme sank, wie dies vorhersehbar war, die Menge, die MVM an die regionalen Versorgungsunternehmen liefern muss, um die Nachfrage des öffentlichen Sektors zu befriedigen. Die folgende Tabelle zeigt an, dass die verkaufte Strommenge des Wettbewerbssektors zwischen 2003 und 2006 kontinuierlich anstieg und die gelieferte Strommenge über die regionalen Versorgungsunternehmen an den öffentlichen Sektor dementsprechend sank.

Tabelle 6

Verkauf auf dem Weiterverkaufsmarkt (öffentlicher Sektor und Wettbewerbssektor)

(GWh)

 

2003

2004

2005

2006

Gesamtverbrauch

33 584

33 836

34 596

35 223

Verkauf im Wettbewerbssektor

3 883

7 212

11 685

13 057

Verkauf im öffentlichen Sektor

29 701

26 624

22 911

22 166

Quelle: Statistische Angaben des ungarischen Elektrizitätssystems 2006 ()

(223)

Zwischen 2003 und 2006 sank die im öffentlichen Sektor verkaufte Menge, die mit den Bedürfnissen von MVM gleichwertig war, um 25 %. Zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union war der Rückgang der Bedürfnisse von MVM — insbesondere aufgrund der beträchtlichen Unterschiede zwischen den regulierten Tarifen im öffentlichen Sektor (von Versorgern an regionale Versorgungsunternehmen gezahlte Preise) und den Marktpreisen im Wettbewerbssektor in 2003 und in 2004 — in hohem Maße vorhersehbar.

Tabelle 7

Die Unterschiede zwischen den Preisen des öffentlichen und des Wettbewerbssektors am Weiterverkaufsmarkt in 2003 und in 2004

(HUF/kWh)

 

2003

2004

Durchschnittspreis im Wettbewerbssektor

11,1

12,7

Durchschnittspreis im öffentlichen Sektor (62)

19

21,1

Quelle: Statistische Angaben des ungarischen Elektrizitätssystems 2006.

(224)

Die Marktpreise stellen für die zugelassenen Kunden eindeutig einen Anreiz dar, ihre Rechte wahrzunehmen. Überdies war es in 2003 und in 2004 allgemein bekannt, dass infolge des bevorstehenden Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union die Zweite Elektrizitätsrichtlinie (63) in Kraft treten wird, und damit sichergestellt ist, dass zugelassene Kunden ab dem 1. Juli 2007 alle Kunden sind, was innerhalb einer bedeutend kürzeren Zeit als die restliche Laufzeit der PPA zur weiteren Senkung der Bedürfnisse von MVM führen wird.

(225)

Folglich war es in 2003 und in 2004 offensichtlich, dass die PPA — abgeschlossen im Rahmen des Single Buyer-Modells, das durch Vermittlung von MVM den gesamten Energiebedarf Ungarns befriedigt — MVM nicht nur daran hindern, sein Versorgungsportfolio zu diversifizieren und im Wettbewerbssektor günstigere Preise zu erzielen, sondern wahrscheinlich auch dazu zwingen werden, mehr Elektrizität zu kaufen, als zur Befriedigung seiner tatsächlichen Bedürfnisse benötigt wird.

(226)

Die Behörden hatten mit diesem Risiko tatsächlich auch gerechnet. Nach dem Regierungserlass vom Jahre 2002 (64) ist MVM verpflichtet, eine Neuverhandlung der Stromabnahmemengen im Rahmen der PPA mit allen Stromerzeugern einzuleiten. Der vorstehend genannte Erlass sah zwar nicht vor, die PPA aufzuheben, signalisierte jedoch eindeutig, dass die im Rahmen der PPA gebuchten Kapazitäten (und die damit verbundenen festen Abnahmemengen) in Kenntnis der schrittweisen Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes zu hoch sind. Der vorstehend genannte Erlass räumt MVM, für den Fall, dass die Verhandlungen mit den Stromerzeugern ohne Erfolg bleiben, die Möglichkeit dazu ein, seine überflüssigen Kapazitäten und Strommengen, die zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit des öffentlichen Sektors nicht benötigt werden, mit Hilfe von „Verkaufsmechanismen“, wie Elektrizitätsauktionen, Ausschreibungsverfahren, sowie im Rahmen von Energiefreisetzungsprogrammen auf dem sog. „Marktplatz“, d. h. auf Elektrizitätsauktionen virtueller Kraftwerke im Internet zu verkaufen. Alle drei Mechanismen bezwecken trotz ihrer Unterschiede, dass MVM seine überflüssige Elektrizität, die zur Versorgung des öffentlichen Sektors nicht benötigt wird, die MVM im Rahmen der PPA aber kaufen muss, auf dem Markt als diverse Terminprodukte zum Verkauf anbieten kann.

(227)

Die nachstehende Tabelle präsentiert Angaben bezüglich der ersten drei Auktionen von MVM. Daraus geht hervor, dass die Preise, zu denen MVM die Energie im Rahmen der Energiefreisetzungsprogramme umsetzte, wesentlich niedriger sind, als die im Rahmen der PPA für die gleiche Energie bezahlten Preise.

Tabelle 8

Die ersten drei Auktionen von MVM

 

Erste Auktion Juni 2003

Zweite Auktion Dezember 2003

Dritte Auktion Juni 2004

Grundlast-Energie

Verkaufte Strommenge (GWh)

375

240

133

Verkaufspreis auf den Auktionen (HUF/KWh)

8,02

9,5

8,4

Schwachlast-Energie

Verkaufte Strommenge (GWh)

 

259

421

Verkaufspreis auf den Auktionen

 

5,6

3,5

Jahresdurchschnittspreise der PPA

 

2003

2004

 

11,3

11,7

(228)

Der ungarische Gesetzgeber rechnete mit diesen Auswirkungen und schrieb vor, dass der ungarische Staat einen Ausgleich für diejenigen Verluste zu zahlen hat, die durch die Differenz zwischen den Verkaufspreisen auf den Auktionen und den Marktpreisen bei MVM entstehen. 2003 machte der an MVM gezahlte Ausgleich 3,8 Mrd. Forint aus (65). Laut Jahresbericht 2004 von MVM stieg der Betrag des Ausgleichs in 2004 um 2,4 Mrd. Forint.

(229)

Aus der Sicht der Behörden ist es eindeutig, dass dieses System, das praktisch eine Beihilfe für die Verkäufe der Erzeuger im Wettbewerbssegment darstellt, aus geschäftlicher Sicht nicht begründbar ist.

(230)

Die nachstehende Tabelle präsentiert — nach den Auskünften von Ungarn vom 24. September 2007 und vom 21. April 2008 — die Gesamtmenge der Elektrizität, die mit Hilfe der Verkaufsmechanismen von MVM verkauft worden ist.

Tabelle 9

Im Rahmen der Verkaufsmechanismen von MVM verkaufte Strommengen

(TWh)

Jahr

2003

2004

2005

2006

Im Rahmen der Verkaufsmechanismen von MVM verkaufte Strommenge, insgesamt (66)

0,6

1,9

6,5

6,5

(231)

Zu gewöhnlichen Marktbedingungen würden die Käufer eindeutig keine solchen Verträge abschließen, die mit dem ernsthaften Risiko verbunden sind, allfällig mehr Elektrizität kaufen zu müssen als notwendig und bei deren Weiterverkauf beträchtliche Verluste zu erleiden. Dieses Risiko besteht theoretisch auch bei Termingeschäften und langfristigen Verträgen, die mit den Großkunden abgeschlossen werden, jedoch in bedeutend geringerem Maße.

(232)

Die Laufzeit der Termingeschäfte ist wesentlich kürzer als die der PPA. Während einer solchen Laufzeit kann der Käufer seine Bedürfnisse viel besser überblicken als im Laufe eines 15- bis 27-jährigen Zeitraums. Überdies decken die Käufer generell nur einen Teil ihrer voraussichtlichen Bedürfnisse mit Termingeschäften, den Restbedarf erwerben sie am Spotmarkt.

(233)

Das Risiko des Kaufs von überflüssiger Elektrizität ist auch bei den langfristigen Verträgen, die von den Großkunden abgeschlossen werden, gering, weil deren Laufzeit begrenzt ist, und weil der Verbrauch dieser Großkunden im Allgemeinen stabil und berechenbar ist — was aus den vorstehend genannten Gründen bei MVM nicht der Fall ist.

(234)

Überdies ist es sachdienlich in Erinnerung zu rufen, dass die Käufer im Rahmen von Termingeschäften und langfristigen Bezugsverträgen der Endkunden bereit sind, eine bestimmte Strommenge mehrere Monate oder ein Jahr vor dem effektiven Erfüllungszeitpunkt zu kaufen, weil ihr Kaufvertrag sie vor den Preisschwankungen schützt. Dieser Vorteil ist in den PPA nicht gegeben, weil die Preise zur Deckung von variablen Kosten wegen der schwankenden Brennstoffpreise in einem unvorhersehbaren Maß steigen können.

(235)

Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die Vorteile der PPA, in deren Genuss die Behörden kommen, im Bereich der Preisstabilität auf dem Elektrizitätsmarkt die Erwartungen der durchschnittlichen Marktteilnehmer im Zusammenhang mit langfristigen Strombezugsverträgen nicht erfüllen, ferner mit den ernsthaften Risiken verbunden sind, mehr Elektrizität kaufen zu müssen als notwendig, und im Laufe des Weiterverkaufs der überflüssigen Mengen Verluste zu erleiden. Zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union waren den ungarischen Behörden diese Risiken sehr wohl bekannt. Der Vergleich der PPA mit den gewöhnlichen Geschäftsmethoden, Handelsbräuchen an den europäischen Elektrizitätsmärkten zeigt, dass der marktwirtschaftlich handelnde Teilnehmer derartige nachteilige Auswirkungen niemals akzeptiert hätte, und — im Einklang mit den gewöhnlichen Handelsbräuchen — andere Kaufstrategien befolgt bzw. Vereinbarungen anderer Art abgeschlossen hätte.

(236)

Die Kommission kam deshalb zu dem Ergebnis, dass die Kernbedingungen der PPA den Erzeugern solche Vorteile verschaffen, welche über die gewöhnlichen Handelsgeschäfte hinausgehen. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die wesentlichsten Elemente der PPA — d. h. die langfristige Kapazitätsbuchung, die feste Abnahmemenge und der auf Kapazitäts- und Energieentgelt basierte Preisbildungsmechanismus zur Deckung der fixen, der variablen und der Kapitalkosten — nicht voneinander trennbar und nicht getrennt prüfbar sind. Der Vorteil besteht infolge der gleichzeitigen Anwendung dieser Elemente. Die lange Laufzeit der PPA trägt, wie dies aus dem Vorstehenden hervorgeht, in hohem Maße zum Bestehen des Vorteils bei.

3.   Einfluss der PPA auf den Markt im Zeitraum nach dem Beitritt von Ungarn zur Europäischen Union

(237)

Die Beteiligten behaupten in ihren Stellungnahmen, dass die im Rahmen der PPA angewandten Preise nicht über den Großhandelspreisen liegen. Mátrai Erőmű Rt. hob besonders hervor, dass er seine konkurrenzfähigen Preise seinen eigenen Kohlebergwerken und seinen deswegen niedrigen Abbaukosten zu verdanken hat. Die vorstehend genannten Beteiligten sind deswegen der Ansicht, dass ihnen kein Vorteil zuteil wird.

(238)

Die Kommission verwirft diese Argumente.

(239)

Erstens ist der im Rahmen der PPA effektiv gezahlte Preis — wie das die vorliegende Entscheidung im Vorstehenden ausführlich darlegte — nur eine Folge der PPA, der eigentliche Vorteil der PPA besteht nicht im Preis. Auch die Banken bestätigen in ihren vorstehend genannten Stellungnahmen (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 175 und 176), dass der Vorteil der PPA in der Gesamtheit all jener Bedingungen besteht, welche den Stromerzeugern eine Kapitalrendite gewährleisten und sie vor Geschäftsrisiken im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bewahren.

(240)

Zweitens hängt der gegenüber den Marktpreisen bestehende Preisunterschied von vielen Marktentwicklungsfaktoren ab, die unabhängig von dem Inhalt der PPA sind, und ausschließlich nachträglich beurteilt werden können. Die genannten Preise der PPA sind zu einem gewissen Zeitpunkt maßgebende Einheitspreise, die den Vorteil, der aus den restlichen Elementen der PPA entsteht, außer Acht lassen, so z. B. welch eine Kapazität bzw. welch eine Menge die Erzeuger hätten verkaufen können, wenn ihre Verkauf von der Nachfrage am Markt abhängig gewesen wäre. Nach Ansicht der Kommission ist der wirtschaftliche Vorteil, der den Stromerzeugern zuteil wird, der integrale Bestandteil sämtlicher geprüfter PPA, unabhängig davon, ob sie zu einem gegebenen Zeitpunkt zu höheren Preisen als die Marktpreise führen oder nicht.

(241)

Dessen ungeachtet verglich die Kommission die effektiv angewandten Preise der PPA mit den Preisen desjenigen Großhandelsmarktsegments, das nicht von den PPA betroffen war, um eine vollumfängliche Antwort auf die ihr vorgelegten Stellungnahmen geben zu können, bzw. die Folgen der PPA besser zu verstehen.

(242)

Die Kommission berücksichtigte im Zuge des Vergleichs nicht die Preise des Jahres 2007, weil im Laufe dieses Jahres (genauer gesagt vom 9. Dezember 2006 bis zum 31. Dezember 2007) die regulierten Tarife die Preise der PPA aufhoben. Demnach entsprechen die angewandten Preise nicht unbedingt dem Preis, zu dem die Anwendung der Preisformel der PPA geführt hätte.

(243)

Somit verglich die Kommission die im Rahmen der PPA angewandten Preise mit den Marktpreisen der Jahre 2004 bis 2006.

Tabelle 10

Durchschnittspreis der Elektrizität, die von MVM im Rahmen der PPA verkauft wurde  (67)

(HUF/kWh)

Kraftwerk, tätig im Rahmen der PPA

2004

2005

2006

Dunamenti Erőmű, Blöcke F

(…)

(…)

(…)

Dunamenti Erőmű, Block G2

(…)

(…)

(…)

Tisza II. Erőmű

(…)

(…)

(…)

Pécsi Erőmű

(…)

(…)

(…)

Csepel II. Erőmű

(…)

(…)

(…)

Kelenföldi Erőmű

(…)

(…)

(…)

Újpesti Erőmű

(…)

(…)

(…)

Kispesti Erőmű

(…)

(…)

(…)

Mátrai Erőmű

(…)

(…)

(…)

Paksi Atomerőmű

(…)

(…)

(…)

Tabelle 11

Menge und Durchschnittspreis der Elektrizität, die von den inländischen Stromerzeugern — nicht im Rahmen der PPA — auf dem freien Markt verkauft wurde  (68)

Kraftwerk

2004

2005

2006

Menge

(MWh)

Preis

(HUF/kWh)

Menge

(MWh)

Preis

(HUF/kWh)

Menge

(MWh)

Preis

(HUF/kWh)

Mátrai Erőmű (Block […])

989 097

8,15

972 813

8,33

1 082 699

9,26

Vértesi Erőmű

157 701

8,02

942 999

8,79

1 213 622

10,51

Dunamenti Erőmű Block […]

215 647

8,57

805 381

9,85

814 702

13,29

EMA

133 439

11,07

129 252

11,83

101 607

12,92

AES Borsodi Erőmű

(…)

(…)

18 301

11,25

keine Angaben (69)

 

AES Tiszapalkonyai Erőmű

364 869

12,76

86 673

9,87

119 218

14,27

Tabelle 12

Importmenge und Durchschnittspreis der Elektrizität, die von MVM gekauft wurde  (70)

Import

2004

2005

2006

Menge

(MWh)

Preis

(HUF/kWh)

Menge

(MWh)

Preis

(HUF/kWh)

Menge

(MWh)

Preis

(HUF/kWh)

Aus der Ukraine über die Slowakei ([…] (71))

1 715 200

[…] (72)

1 525 600

[…] (72)

1 311 400

[…] (72)

Aus der Schweiz über die Slowakei ([…] (71))

1 768 100

[…] (72)

1 761 700

[…] (72)

1 709 200

[…] (72)

Schweiz ([…] (71))

631 700

[…] (72)

629 500

[…] (72)

626 200

[…] (72)

(244)

MVM setzt die überflüssige Energie (d. h. die zur Versorgung des öffentlichen Sektors nicht benötigte Elektrizität) seit 2003 — im Einklang mit dem Stromgesetz II (73) — mit Hilfe der nachstehenden Verkaufsmechanismen i. Auktionen für Erzeugungskapazitäten des öffentlichen Sektors, ii. Ausschreibungsverfahren für Kapazitäten, sowie iii. im Rahmen von Energiefreisetzungsprogrammen auf dem sog. „Marktplatz“ frei, um den Wettbewerbssektor zu versorgen. Die nachstehende Tabelle demonstriert die Durchschnittspreise, die im Zuge dieser Verkäufe erzielt wurden.

Tabelle 13

Durchschnittspreise, die MVM auf seinen Elektrizitätsauktionen, im Rahmen seiner Ausschreibungsverfahren und auf dem „Marktplatz“ erzielte  (74)

Lieferjahr der auf Auktionen verkauften Elektrizität (75)

Gewichteter Durchschnittspreis der Elektrizitätsauktionen

(HUF/kWh)

Jahr des Verkaufs im Rahmen von Ausschreibungsverfahren und auf dem Marktplatz

Durchschnittspreis des Verkaufs im Rahmen von Ausschreibungsverfahren und auf dem Marktplatz

(HUF/kWh)

2004

4,7

2004

6,5

Auktion vom 17. Juni 2002

Schwachlast: 3,48

Grundlast: 8,4

 

 

2005

5,4

2005

8,1

Auktion vom 9. Dezember 2004

Schwachlast: 4,54

Grundlast: 8,32

 

 

Auktion vom 10. Juni 2005

Schwachlast: 4,6

Grundlast: 8,5

 

 

Auktion vom 21. Juli 2005

Grundlast: 9,3

Spitzenlast: 10,42

 

 

2006

9,9

2006

9,1

Auktion vom 9. November 2005

Schwachlast: 6,02

Grundlast: 9,74

Spitzenlast: 11,76

 

 

Auktion vom 31. Mai 2006

Grundlast: 11,33

 

 

(245)

Aus den vorstehenden Zahlen ist ersichtlich, dass sich der durchschnittliche Großhandelspreis der Elektrizität im Wettbewerbssektor in Ungarn in 2004 zwischen 4,7 HUF/kWh und 12,76 HUF/kWh bewegte. Elektrizität in diesem Preisrahmen verkauften an MVM im Rahmen der PPA das Kernkraftwerk Paksi Atomerőmű und das Kraftwerk Mátrai Erőmű. Der Stromerzeuger Dunamenti Erőmű, Block […] verkaufte Elektrizität im Rahmen der PPA zu einem Preis von […] HUF/kWh, der dem höchsten Marktpreis von ([…]) entsprach. Alle anderen Erzeuger stellten MVM Durchschnittspreise zwischen 13,86 HUF/kWh und 25,46 HUF/kWh in Rechnung. Das sind Preise, die um 10 bis 100 % höher sind als die höchsten Marktpreise.

(246)

In 2005 bewegten sich die Verkaufspreise außerhalb der geprüften PPA zwischen 5,4 HUF/kWh und 12,91 HUF/kWh. In diesem Preisrahmen verkauften Elektrizität im Rahmen ihrer PPA nur das Kernkraftwerk Paksi Atomerőmű und das Kraftwerk Mátrai Erőmű. Alle anderen Erzeuger stellten für ihre Elektrizität auf der Grundlage ihrer PPA Durchschnittspreise zwischen 13,99 HUF/kWh und 25,64 HUF/kWh in Rechnung. Das sind Preise, die um 10 bis 100 % höher sind als die höchsten Marktpreise.

(247)

In 2006 lagen die Verkaufspreise außerhalb der geprüften PPA zwischen 9,1 HUF/kWh und 14,27 HUF/kWh. In diesem Preisrahmen verkauften Elektrizität im Rahmen ihrer PPA nur das Kernkraftwerk Paksi Atomerőmű und das Kraftwerk Mátrai Erőmű (im Fall des Kernkraftwerks Paks eigentlich unter dem niedrigsten Marktpreis). Alle anderen Erzeuger stellten für ihre Elektrizität auf der Grundlage ihrer PPA Durchschnittspreise zwischen 16,67 HUF/kWh und 33,49 HUF/kWh in Rechnung. Das sind Preise, die um 15 % bis 135 % höher sind als die höchsten Marktpreise.

(248)

Die obigen Berechnungen gründen sich auf die Durchschnittspreise, d. h. sie rechnen nicht gesondert mit Schwachlast-, Grundlast- und Spitzenlastpreisen. Diejenigen Erzeuger, die ohne die PPA großenteils Spitzenlasterzeugnisse verkaufen würden (76), legten in ihrer Argumentation dar, dass ihre Preise mit den Grundlast-Preisen nicht vergleichbar sind. Die Kommission erkennt an, dass die Preise der Spitzenlastenergie gewöhnlich tatsächlich höher sind als die der Grundlastenergie. Vergleicht man diese Preise mit dem Stromverkauf am Markt (z. B. mit den Elektrizitätsauktionen von MVM), überschreitet der Durchschnittspreis der Spitzenlasterzeugnisse den Preis der Grundlasterzeugnisse im Großen und Ganzen um ca. 10 % bis 30 %.

(249)

Der Vergleich der Spitzenlastpreise von Csepeli Erőmű, von Dunamenti Erőmű Block F, sowie von […] mit den Spitzenlastpreisen auf den Elektrizitätsauktionen hingegen zeigt, ebenfalls gut erkennbar, dass die Ersteren höher sind als jeder Preis, der auf den Auktionen des dreijährigen Zeitraums für ein Spitzenlasterzeugnis bezahlt wurde. Überdies sind auch unter den Kraftwerken, die in Tabelle 11 aufgezählt sind und auf dem Markt ohne PPA Elektrizität verkaufen, Erzeuger (wie z. B. das Kraftwerk EMA), die ebenfalls vorwiegend Spitzenlasterzeugnisse verkauften.

(250)

Aus dem vorstehenden Vergleich geht hervor, dass die Preise der PPA, die von den Erzeugern im Rahmen der PPA, mit Ausnahme von Paksi Atomerőmű und Mátrai Erőmű, in den Jahren 2004 bis 2006 angewandt wurden, tatsächlich höher sind als die Marktpreise.

(251)

Somit verwirft die Kommission die diesbezüglichen Argumente der Beteiligten, dass die Preise ihrer PPA nicht über den Marktpreisen lagen.

(252)

Die obige Tabelle zeigt, dass die Preise von Mátrai Erőmű und Paksi Atomerőmű unter den höchsten Marktpreisen lagen. Die Preise von Mátrai Erőmű entsprechen dem höheren Niveau der Marktpreise. Obwohl seine Preise vermutlich tatsächlich konkurrenzfähiger sind als die Preise der anderen PPA, kann die Kommission nicht bejahen, dass das Kraftwerk auch ohne die PPA fähig gewesen wäre, zumindest dieselben Preise zu erzielen. In dieser Hinsicht bemerkt die Kommission, dass die Verkaufspreise der nicht im Rahmen der PPA betriebenen Blöcke von Mátrai Erőmű bedeutend niedriger sind als die Verkaufspreise seiner Blöcke, die an die PPA gebunden sind.

(253)

Die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass die im Wettbewerbssektor (ohne die PPA) entstandenen Preise nicht als Gegenstücke derjenigen Marktpreise anzusehen sind, welche die Erzeuger ohne die PPA hätten erzielen können, wenn es in dem geprüften Zeitraum keine PPA gegeben hätte. Zweifelsohne beeinflussen die PPA, die annähernd 60 % des Erzeugungsmarkts decken, das übrige Marktsegment. Der Vergleich signalisiert aber zumindest die Größenordnung des Unterschieds zwischen den Preisen der geprüften PPA und den Preisen ohne PPA.

(254)

Budapesti Erőmű und Csepeli Áramtermelő Kft. behaupten, dass die PPA als gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit anzusehen sind. Nach ihrer Ansicht erfüllen die PPA sämtliche Kriterien, die in dem Urteil in der Rechtssache Altmark aufgestellt worden sind, und sind deshalb nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen.

(255)

Die Kommission prüfte diese Argumente, die sie aus den folgenden Gründen verwirft.

(256)

Nach den gemeinsamen Rechtsvorschriften haben die Mitgliedstaaten eine bestimmte Befugnis zum Ermessen dessen, welche Leistungen sie als gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen ansehen. Es ist das Vorrecht des betreffenden Mitgliedstaats, den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen des Mitgliedstaats im Rahmen der gemeinsamen Rechtsvorschriften festzulegen. Die Begünstigten der Beihilfemaßnahmen sind nicht befugt, ihre eigenen Dienstleistungen als gemeinwirtschaftliche Dienstleistung zu qualifizieren.

(257)

Die ungarischen Behörden behaupteten im Zuge des vorliegenden Verfahrens hingegen niemals, dass irgendeiner der Erzeuger eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung erbringen würde, und unterstützten auch nicht die diesbezügliche Argumentation der Erzeuger.

(258)

Die Kommission vertritt im Übrigen den Standpunkt, dass die PPA die Kriterien, die im Urteil in der Rechtssache Altmark aufgestellt worden sind, nicht erschöpfen.

(259)

Erstens ist im Sinne des Altmark-Urteils die begünstigte Firma zur Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen verpflichtet, und zweitens muss der Mitgliedstaat ihre Pflichten bezüglich dieser Dienstleistungen eindeutig festlegen.

(260)

Nach den im geprüften Zeitraum geltenden ungarischen Rechtsvorschriften ist die Gewährleistung der Versorgungssicherheit die Pflicht von MVM. Dabei handelt es jedoch um eine generelle Pflicht, die sich darauf bezieht, dass der damalige einzige Versorgungsgroßhändler die zur Deckung des gesamten Elektrizitätsverbrauchs nötige Energieversorgung gewährleisten musste, es wurde jedoch keinem einzigen konkreten Stromerzeuger die Pflicht zur Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen auferlegt.

(261)

Die Zielsetzung bezüglich der Versorgungssicherheit trägt einen sehr allgemeinen Charakter. Man könnte gewissermaßen sagen, dass sämtliche Erzeuger des Energiesektors zur Verwirklichung dieser Zielsetzung beitragen. Die Beteiligten legten keine solchen, von den ungarischen Behörden ausgehändigten, amtlichen Dokumente vor, welche irgendeine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung eindeutig festlegen würden, und einen konkreten Erzeuger (oder Erzeuger) mit der Erbringung dieser genau abgrenzbaren Dienstleistung betraut hätten.

(262)

In diesem Zusammenhang sind die PPA ähnlich, sie legen die Pflichten der Partner fest, legen jedoch keine konkreten öffentlichen Dienstleistungen fest. Die Tatsache an sich, dass alle zehn, im Rahmen der PPA tätigen Erzeuger ihre Kapazitäten für MVM buchen müssen, bedeutet nicht, dass sie ausgesprochen für die Erbringung von öffentlichen Leistungen ausersehen sind. Diese Betrachtungsweise würde, wie darauf im Vorstehenden hingewiesen worden ist, zu der Schlussfolgerung führen, dass der gesamte Energieerzeugungssektor die Kriterien der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen erfüllt. Dies widerspricht offensichtlich der Bedeutung, die diesem Begriff in der gemeinsamen Gesetzgebung und Rechtsanwendung zugeordnet worden ist.

(263)

Im vorliegenden Fall sind die vermeintlichen Pflichten zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen nicht genau definiert, und kein einziger Erzeuger ist verpflichtet, derartige konkret festgesetzte öffentliche Dienstleistungspflichten zu erfüllen.

(264)

Die Beteiligten heben hervor, dass die PPA solche Dokumente sind, welche den Erzeugern die Pflicht zur Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen auferlegen. Die PPA enthalten hingegen keinerlei konkrete Definitionen betreffend die gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen, und weisen nicht auf eine solche Pflicht und auch nicht auf solche Rechtsvorschriften hin, die in Hinsicht auf gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen, die vom Staat auf andere Organisationen abgewälzt werden, als Rechtsgrundlage dienen würden.

(265)

In ihren bisherigen Entscheidungen (77) erkannte die Kommission an, dass die Versorgungssicherheit, im Sinne von Artikel 8 Absatz 4 Richtlinie 96/92/EG (vgl. Artikel 11 Absatz 4 Richtlinie 2003/54/EG), eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung darstellen kann, vorausgesetzt, dass zur Erzeugung der Elektrizität vorrangig heimische Primärenergieträger als Brennstoffe eingesetzt werden, und die Elektrizität 15 % der in einem Kalenderjahr zur Deckung des gesamten Elektrizitätsverbrauchs des betreffenden Mitgliedstaats notwendigen Primärenergie nicht überschreitet.

(266)

Mátrai Erőmű Rt. war der einzige Erzeuger, der aussagte, dass er einheimische Primärenergieträger einsetzt. Keiner der anderen Erzeuger brachte ein solches Argument vor. Aber auch Mátrai Erőmű Rt. legte kein einziges amtliches Dokument vor, in dessen Sinne der ungarische Staat ihn ausdrücklich mit einer genau definierten gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung beauftragt hätte.

(267)

Anhand des Vorstehenden verwirft die Kommission das Argument, dass die PPA im Bereich der Energieversorgungssicherheit öffentliche Dienstleistungen verwirklichen würden.

(268)

Zweitens hätten die Kennzahlen, die als Grundlage für die Berechnung des Ausgleichs dienten, zu einem früheren Zeitpunkt, auf eine objektive und transparente Weise festgelegt werden müssen, und der Ausgleich dürfte den Wert der eingegangen Verpflichtung, d. h. den Betrag, der zur vollständigen oder teilweisen Deckung von Kosten aus der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung notwendig ist, unter Beachtung der Einnahmen und des angemessenen Gewinns, nicht übersteigen (78).

(269)

In Ermangelung einer präzisen Definierung der zu erbringenden gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen, insbesondere in Ermangelung der genauen Abgrenzung der genannten Dienstleistungen von der alltäglichen Tätigkeit des betreffenden Erzeugers, ist es unmöglich, die Kennzahlen des Ausgleich festzustellen bzw. zu überprüfen, ob der Ausgleich den Wert der eingegangen Verpflichtung überstieg. Es kann noch nicht einmal das genau festgestellt werden, was der Ausgleich konkret darstellt.

(270)

Die Kennzahlen, auf deren Grundlage die Preise der PPA gebildet wurden, sind nicht vergleichbar mit den Kennzahlen zur Berechnung des Ausgleichs für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen, denn der Preis ist mit dem Ausgleich keinesfalls identisch. Dass der Preis ausschließlich die Summe der Erzeugungskosten sowie die Gewinnspanne enthält, bedeutet nicht zugleich, dass er keinerlei übermäßigen Ausgleich enthält. Nämlich sind viele Kosten, die als Erzeugungskosten verrechnet sind, gewöhnliche Kosten, die jeder Stromerzeuger selbst tragen sollte, im Gegensatz zu den Mehrkosten, die mit der Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen verbunden sind.

(271)

Drittens muss der Betrag des Ausgleichs anhand einer Kostenanalyse festgelegt werden, wenn die Gesellschaft, die mit der Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen beauftragt werden soll, nicht im Rahmen einer Ausschreibung ausgewählt wurde. Die Kostenanalyse basiert auf Kostenelementen, die jedes durchschnittliche, gut vorbereitete und ausgerüstete Unternehmen im Rahmen der eingegangenen Verpflichtung, unter Beachtung der Erträge und des angemessenen Gewinns, tragen würde.

(272)

Neun von zehn PPA wurden nicht im Rahmen einer Ausschreibung unterzeichnet. Zwar wurde im Fall von Kispesti Erőmű ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt, ein konkretes Ziel bezüglich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen wurde nicht festgelegt. Infolge dessen ist es äußerst schwierig zu beurteilen, welcher Teil der Tätigkeit des Erzeugers den öffentlichen Dienstleistungen zuzuordnen wäre, und wie hoch der Ausgleich sein müsste, damit er den Wert der eingegangenen Leistung nicht übersteigt.

(273)

Überdies legten weder die ungarischen Behörden noch die Beteiligten eine einschlägige Kostenanalyse zur Bestätigung dessen vor, dass die Kosten tatsächlich den Kosten eines durchschnittlichen Unternehmens entsprechen.

(274)

Die Kommission bemerkt schließlich, dass — mit Ausnahme von Kispesti Erőmű — sämtliche PPA ohne Ausschreibung unterzeichnet worden sind.

(275)

Somit entsprechen die PPA nicht den Kriterien, die in dem Urteil in der Rechtssache Altmark aufgestellt sind.

(276)

Die Beteiligten legten in ihrer Argumentation dar, dass Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auch dann für die PPA anwendbar ist, wenn diese im Übrigen die Kriterien, die in dem Urteil in der Rechtssache Altmark aufgestellt sind, nicht erfüllen. Punkt 7.7 der vorliegenden Entscheidung beschäftigt sich mit der Vereinbarkeit der Maßnahme mit Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag.

(277)

Die PPA wurden mit einzelnen Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweiges abgeschlossen. Die an den PPA beteiligten Gesellschaften sind in der vorstehenden Tabelle 1 aufgezählt.

(278)

Nach der Argumentation von AES-Tisza Erőmű Kft. sind die PPA nicht selektiv, weil langfristige Vereinbarungen im gesamten Energiesektor zustande kamen, so z. B. zwischen MVM und den Erzeugern, zwischen MVM und den Stromversorgungsunternehmen, sowie in Bezug auf den Import von Elektrizität. Der Beteiligte behauptet, dass infolge der damaligen ungarischen Rechtsvorschriften sämtliche Erzeuger mit MVM Vertrag geschlossen hatten, bzw. kurzfristige Vereinbarungen nur die erneuerbare Energie einsetzenden Erzeuger und die verbundenen Unternehmen unterzeichneten.

(279)

Die ungarischen Behörden legen in ihren Beiträgen zu den Stellungnahmen der Beteiligten dar, dass bedeutende Kraftwerke und Kraftwerkblöcke Elektrizität ohne PPA und ohne feste Abnahme auf dem Markt verkaufen (wie z. B. Dunamenti Erőmű Block G1, Vértesi Erőmű, Mátrai Erőmű Blöcke I und II).

(280)

Tatsächlich sind bedeutende Kraftwerke und Kraftwerkblöcke ohne PPA tätig (vgl. Beispiele, aufgezählt von den ungarischen Behörden). Auch AES-Tisza Erőmű Kft. selbst betreibt zwei Kraftwerke, die nicht im Rahmen der PPA tätig sind.

(281)

Ferner bemerkt die Kommission, dass die Tatsache, dass eine Beihilfe nicht für einen von vornherein festgelegten Begünstigten oder mehrere von vornherein festgelegte Begünstigte gilt, sondern einer Reihe objektiver Voraussetzungen unterliegt, aufgrund deren sie einer unbestimmten Zahl zunächst nicht individualisierter Begünstigter gewährt werden kann, nicht genügt, um den selektiven Charakter der Maßnahme und damit deren Einstufung als staatliche Beihilfe zu verneinen (79).

(282)

Überdies ist im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Maßnahme, die einen Wirtschaftszweig gegenüber anderen Wirtschaftszweigen in ähnlicher Lage Vorteile verschafft, als selektive Maßnahme zugunsten des betreffenden Wirtschaftszweiges anzusehen (80).

(283)

Die Kommission kommt aufgrund der vorstehenden Erwägungen zu dem Ergebnis, dass die PPA selektive Maßnahmen sind.

(284)

Die Kommission muss prüfen, ob die PPA mit der Zuführung von staatlichen Mittel verbunden sind.

(285)

Ein maßgebender Grundsatz sämtlicher geprüfter PPA ist die Pflicht von MVM, während eines 15- bis 27-jährigen Zeitraums eine feste Erzeugungskapazität bzw. eine feste Strommenge zu einem Preis zu kaufen, der die fixen und die variablen Kosten des Erzeugers deckt. Somit ist MVM verpflichtet, während der gesamten Laufzeit des Vertrags einen festen Preis für eine feste Kapazität (Kapazitätsentgelt) bzw. für eine feste Strommenge (Energieentgelt) an die Erzeuger zu bezahlen. Nach dem obigen Kapitel 2 schreiben einzelne PPA für MVM auch noch zusätzliche finanzielle Pflichten vor. Die kontinuierliche Übertragung von Finanzmitteln an die Erzeuger (d. h. die Bezahlung der vorstehend genannten Entgelte) ist der integrale Bestandteil sämtlicher PPA und erstreckt sich auf die gesamte Laufzeit. Je länger die Laufzeit der PPA ist, desto größer ist selbstverständlich der Gesamtwert der übertragenen Finanzmittel.

(286)

Um feststellen zu können, ob die Übertragung der Mittel von MVM an die Erzeuger als Verwendung von staatlichen Mitteln anzusehen ist, beurteilte die Kommission die Maßnahme besonders aus zwei Aspekten:

(287)

Der Gerichtshof stellte in seinem Urteil in der Rechtssache PreussenElektra fest, dass die Regelung eines Mitgliedstaats, durch die private Elektrizitätsunternehmen verpflichtet werden, von bestimmten Erzeugern Strom zu festen Preisen abzunehmen, die über dem Marktpreis liegen, nicht als Verwendung von staatlichen Mitteln anzusehen ist und somit keine staatliche Beihilfe darstellt.

(288)

Die Kommission ist der Ansicht, dass sich das ungarische System von dem, das in der vorstehend genannten Entscheidung geprüft worden ist, in bedeutendem Maße unterscheidet, in erster Linie wegen der unterschiedlichen Eigentümerstruktur der Unternehmen, die die Verpflichtung eingehen.

(289)

In der Rechtssache PreussenElektra handelte es sich bei dem Unternehmen, das durch die staatliche Regelung zum Kauf verpflichtet wurde, um ein privates Unternehmen. Im Gegensatz dazu ist MVM ein zu hundert Prozent staatseigenes Unternehmen. Somit sind Mittel, die von MVM verwendet werden, Mittel eines staatseigenen Unternehmens, die unter dessen Kontrolle stehen.

(290)

In der angerufenen Rechtssache stellte sich bei der Verfolgung des Geldwegs vom Begünstigten bis zum Geldgeber heraus, dass diese Gelder niemals, weder unmittelbar noch mittelbar, vom Staat verwaltet wurden. In dem vorliegenden Fall gelangt das Geld jedoch unter staatliche Kontrolle, weil durch Rückverfolgung des Geldwegs bis zur Quelle feststellbar ist, dass diese Gelder unter die Lenkung des staatlichen Unternehmens gelangten.

(291)

Die Kommission ist ferner der Ansicht, dass die Verhaltensweise von MVM dem ungarischen Staat zuzurechnen ist. Es muss hinzugefügt werden, dass die ungarischen Behörden im Zuge des vorliegenden Verfahrens niemals behaupteten, dass die PPA nicht dem Staat zuzurechnen wären und somit nicht mit der Zuführung von staatlichen Mitteln verbunden seien.

(292)

Dass die PPA MVM eine Abnahmepflicht zur Gewährleistung der Effizienz der betreffenden Stromerzeuger auferlegen, ist dem ungarischen Staat zurechenbar. In Anbetracht dessen, dass dieses — während der gesamten Laufzeit geltende — Leitprinzip der PPA zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verträge festgelegt worden ist, muss die Kommission die Abschlussbedingungen der Verträge untersuchen (d. h. diejenigen Umstände, unter denen dieses Leitprinzip festgelegt wurde), um entscheiden zu können, ob dies dem ungarischen Staat zuzurechnen ist oder nicht.

(293)

Die Kommission berücksichtigte bei der Beurteilung der Frage bezüglich der Zurechenbarkeit zum Staat unter anderen die nachstehenden Umstände.

(294)

MVM war zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA aufgrund des Stromgesetzes I gesetzlich dazu verpflichtet, Ungarns Versorgungssicherheit zu niedrigsten Preisen zu gewährleisten.

(295)

Nach dem gleichen Stromgesetz I war MVM verpflichtet, Erhebungen in Bezug auf die Elektrizitätsnachfrage vorzunehmen und auf dessen Grundlage die notwendige Erzeugungskapazitätserweiterung zu veranlassen. MVM war verpflichtet, einen Landesweiten Kraftwerkbauplan zu erstellen, der zur Annahme der Regierung und dem Parlament vorgelegt werden musste.

(296)

Die ungarische Regierung und die Beteiligten legten in ihren Stellungnahmen übereinstimmend dar, dass die PPA zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichung für den ungarischen Staat als Instrument dazu dienten, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten bzw. die anderen Zielsetzungen des Kabinetts im Energiebereich — wie die Modernisierung der Stromerzeugungsinfrastruktur, unter besonderer Beachtung der jeweiligen Umweltschutzvorschriften, sowie die Umstrukturierung des Stromversorgungssektors — zu verwirklichen (83). Csepeli Áramtermelő Kft. erläutert in seinen Stellungnahmen: „Die PPA müssen demnach beurteilt werden, was sie sind: integrale Bestandteile des Versuchs der ungarischen Regierung, mit Hilfe von MVM ein erweitertes Erzeugungsportfolio auszubauen, in einem solchen Zeitraum, in dem der Staat nicht die Finanzmittel dazu hat, dies selbst zu realisieren“ (84).

(297)

Die ungarischen Behörden teilten der Kommission mit (85), dass die Vorbereitung der Unterzeichnung der PPA im Rahmen des Privatisierungsverfahrens der Kraftwerke nach dem Regierungserlass Nr. 1114/1994 (XII.7.) begonnen hat. Im Zuge der Vorbereitung der PPA und des gesamten Privatisierungsverfahrens arbeiteten die Ungarische Energiebehörde (die Regulierungsbehörde), das Ministerium für Industrie und Handel, das Finanzministerium, die Állami Vagyonügynökség Rt./Treuhandanstalt/, d. h. die zuständige Regierungsstelle für die Privatisierung, MVM, ferner viele internationale Beraterfirmen eng zusammen.

(298)

Im Rahmen der Vorbereitung wurde eine — sich aus Vertretern eines Teils der obigen Organe zusammensetzende — Arbeitskommission aufgestellt, die unter anderem eine Richtlinie betreffend die Ausarbeitung der PPA und die Preisbildungsmechanismen annahm.

(299)

Die ungarische Regierung ließ von einer internationalen Rechtsanwaltkanzlei ein einheitliches Vertragmuster für die PPA erstellen. Die ungarischen Behörden bestätigten, dass die PPA dieses einheitliche Vertragsmuster befolgten. Ferner bekräftigten sie, dass die Preisbildungsmechanismen der PPA auf dem Kabinettsbeschluss Nr. 1074/1995 (VIII.4.) über die Preisregelung der elektrischen Energie basiert sind. Dieser Kabinettsbeschluss enthielt die besonderen Vorschriften betreffend die Berechnung der regulierten Stromtarife. Die PPA übernahmen die im Kabinettsbeschluss aufgeführten Formeln und Definitionen (86).

(300)

Die Entscheidung über die Unterzeichnung der PPA traf — sowohl im Zusammenhang mit der Privatisierung als auch im Anschluss daran — der Vorstand von MVM. Die Vorstandsmitglieder werden von der Generalversammlung gewählt. Nach Auskunft der ungarischen Behörden (87)„mit Rücksicht darauf, dass die MVM Rt. zu mehr als 99 % ein staatseigenes Unternehmen ist, erfolgt die Kandidatur, die Wahl bzw. die Abberufung der Vorstandsmitglieder nach Staatswillen“.

(301)

Nach Regierungserlass Nr. 34/1995 (IV.5.) über die Durchführung des Stromgesetzes I war MVM verpflichtet, innerhalb von neunzig Tagen nach Annahme des Kraftwerkbauplans eine Ausschreibung zu organisieren.

(302)

Die PPA von Kispesti Erőmű Rt. wurde im Anschluss an die Ausschreibung nach dem nachstehenden Rechtsverfahren unterzeichnet.

(303)

1997 gaben das verantwortliche Fachministerium und die Ungarische Energiebehörde eine gemeinsame Richtlinie über die Verfahrensordnung für die Genehmigung des Kraftwerkbaus und die allgemeinen Wettbewerbsvorschriften aus.

(304)

Die Richtlinie begründet die Notwendigkeit der Umwandlung der Eigentümerstruktur bzw. der Errichtung neuer Stromerzeugungskapazitäten. In der Richtlinie sind die nachstehenden Zielsetzungen aufgeführt: Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu den niedrigsten Preisen; Modernisierung der Stromerzeugungsinfrastruktur, unter besonderer Beachtung der jeweiligen Umweltschutzvorschriften; Diversifizierung der Primärenergieträger; Errichtung eines flexibleren, über die notwendige Reserveenergie verfügenden Elektrizitätsnetzes, das fähig ist mit den westeuropäischen Elektrizitätsnetzen zusammenzuwirken. Sie hebt auch hervor, dass die Betätigung des künftigen Elektrizitätsnetzes „im Rahmen der gesetzlichen Preisbildung die lukrative Tätigkeit und Wartung ermöglichen muss“ (88).

(305)

Nach Punkt 2 der gemeinsamen Richtlinie des Ministeriums und der Ungarischen Energiebehörde soll infolge der Realisierung der vorstehend genannten Zielsetzungen „unter Einhaltung der Umweltschutzvorschriften ein modernes Elektrizitätsnetz errichtet werden, das die europäische Zusammenarbeit, die Rentabilität der Investitionen und die Erstattung der gerechtfertigten Kosten eines effizient tätigen Netzbetreibers sowie Preise gewährleistet, die eine langfristige lukrative Tätigkeit garantieren. Diese Zielsetzungen sind auf eine solche Weise zu erfüllen, dass (…) die Primärenergieversorgung gewährleistet ist, und die Investoren ihre Investitionen und ihre Kapitalrendite in Sicherheit wissen können, (…) und die Vorhaben der Regierung verwirklicht werden.“.

(306)

Die gemeinsame Richtlinie regelt ferner das Ausschreibungsverfahren bezüglich der Herstellung von Elektrizitätserzeugungskapazität.

(307)

Der letzte Vorschlag bezüglich des Gewinners der Ausschreibung wurde von der zuständigen Hauptkommission vorgelegt. Die Mitglieder dieser Hauptkommission waren Vertreter des Wirtschaftsministeriums, des Umweltschutzministeriums, der Ungarischen Energiebehörde, der MVM Rt. und der ERSTE Bank. Die abschließende Entscheidung traf der Vorstand von MVM. Nach der gemeinsamen Richtlinie musste das offizielle Ergebnis der Ausschreibung (ausschließlich) im Amtsblatt des Ministeriums bekannt gegeben werden.

(308)

Das Stromgesetz II setzt das Bestehen der PPA von vornherein voraus. Dieses Gesetz, das im Zeitraum der Beurteilung den gesetzlichen Rahmen für den ungarischen Elektrizitätsmarkt schaffte, verweist in zahlreichen Fällen auf die langfristigen Abnahmepflichten der PPA.

(309)

Nach Paragraph 5 Absatz 2 Regierungserlass Nr. 183/2002 (VIII.23.) über die verlorenen Kosten ist MVM verpflichtet, eine Neuverhandlung der Stromabnahmemengen im Rahmen der PPA einzuleiten. Somit verpflichtet der Regierungserlass MVM, Anträge zur Änderung der PPA vorzulegen.

(310)

AES-Tisza Erőmű Kft. behauptet in seinen Stellungnahmen, dass die Preise der PPA im Anschluss an die Preisregelungsperiode (d. h. nach dem 1. Januar 2004, mit Ausnahme der neuen Preisregelung in 2007) nicht dem Staat zuzurechnen sind, sondern infolge der Verhandlungen zwischen dem betreffenden Stromerzeuger und MVM entstanden.

(311)

Die Kommission erkennt an, dass die genaue Summe der Mittel, die den Begünstigten übertragen worden sind, nicht ausschließlich von den Klauseln, die in den PPA aufgeführt und dem Staat zuzurechnen sind, sondern auch von den periodischen zweiseitigen Verhandlungen zwischen MVM und den Stromerzeugern abhängig ist. Tatsächlich gewähren die PPA den Partnern einen gewissen Spielraum, um Vereinbarungen treffen zu können über die Stromabnahmemenge sowie über einzelne Kostenelemente, die — wie in Erwägungsgrund 356 erwähnt — von vielen Faktoren abhängig und korrektionsbedürftig sind. Jedoch kann aus den Verhandlungen über die Stromabnahmemengen niemals eine geringere Menge als die feste Abnahmemenge der PPA resultieren. Gleichermaßen können auch die Preisverhandlungen ausschließlich im Rahmen der Preisbildungsmechanismen durchgeführt werden, die dem Staat zuzurechnen sind. Die Preisverhandlungen können die Abnahmepflicht zu festen Preisen, d. h. zu Preisen, die die gerechtfertigten Kosten und den nötigen Gewinn zur Betreibung des Kraftwerks garantieren, also nicht in Frage stellen.

(312)

Überdies ist — unabhängig von den periodischen Verhandlungen zwischen MVM und den Erzeugern — die Zuführung staatlicher Mittel an die Begünstigten an sich mit der Tatsache verbunden, dass die PPA die Buchung des größten Teils der Erzeugungskapazitäten gegen Entgelt vorschreiben.

(313)

In ihren Stellungnahmen (89) waren sämtliche Beteiligten damit einverstanden, dass die wichtigsten Preisformeln und Preisbildungsmechanismen der PPA nach dem 1. Januar 2004 den Hauptregeln der Preisregelung folgten. Der Stromerzeuger […] (90) selbst legte sowohl in seiner vorstehend genannten Stellungnahme als auch in seiner Stellungnahme zur Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens dar, dass die Preisverhandlungen die Anwendung der Preisformeln „rechtfertigten“ und deren Inhalt „auslegten“ (91). Er erkennt an, dass die PPA kostenbasiert sind und die gerechtfertigten Kosten decken, ferner dass die Preisbildungsmechanismen, die in den Preisverordnungen angewandt werden, von vornherein in hohem Maße berücksichtigt wurden.

(314)

Überdies führt […] aus, dass die Preisformel, die in der Änderung seiner PPA vom Jahre […] aufgeführt ist, ebenfalls auf Regierungserlassen beruht: „Die Formel zur Berechnung des Verfügbarkeitsentgelts in der Änderung vom Jahre […] (Verzeichnis […] Anlage […]) stimmt mit der Formel überein, welche in den einschlägigen Verordnungen das maximale Verfügbarkeits- und Energieentgelt für die Erzeuger festsetzt.“ (In der Fußnote ist ein Bezug auf die Verordnungen Nr. 55/1996/IKIM und Nr. 46/2000/GM, ferner auf die zuletzt vor dem 1. Januar 2004 anzuwendende Rechtsvorschrift, die Verordnung Nr. 60/2002/GKM auffindbar.).

(315)

Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, dass die Leitprinzipien der PPA, die unter den vorstehend beschriebenen Umständen, zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verträge festgelegt worden sind, weder von den Preisverhandlungen noch von den Änderungen der PPA berührt wurden. Die Grundlage der PPA bildet auch heute noch dasselbe Prinzip, d. h. die Abnahmepflicht zur Gewährleistung der Kapitalrendite.

(316)

Aufgrund des Vorstehenden ist es offensichtlich, dass die gegenüber den Erzeugern bestehende Abnahmepflicht von MVM, die auf dem Prinzip der Deckung von gerechtfertigten fixen und variablen Kosten beruht, dem ungarischen Staat zurechenbar ist.

(317)

Nach ständiger Rechtsprechung gilt überdies eine Maßnahme nicht nur dann als staatliche Beihilfe, wenn die den Unternehmen gewährte Begünstigung in einer unmittelbaren und feststehenden Inanspruchnahme staatlicher Mittel zum Ausdruck gefunden hat, sondern auch dann, wenn die Begünstigung, falls sich eine gegebene Bedingung zukünftig erfüllen sollte, eine zusätzliche Belastung für den staatlichen Haushalt darstellen wird, die ohne diese Begünstigung hätte vermieden werden können (92). Im Jahr 2004 stand fest, dass MVM eine solche zusätzliche Belastung mit aller Wahrscheinlichkeit dann tragen muss, wenn die Stromerzeuger und die Importeure niedrigere Preise anbieten werden als die Preise der PPA, denn diese Angebote würden MVM dazu veranlassen, sein Elektrizitätsversorgungs-Portfolio zu ändern und daraus folgend die von den Erzeugern im Rahmen der PPA gekaufte Menge zu verringern bzw. die Herabsetzung ihrer Preise zu erzielen. MVM hat jedoch aufgrund der in den PPA verankerten Pflicht keine solche Wahlmöglichkeit, denn MVM kann — wie im Vorstehenden bereits dargelegt worden ist — die von den Erzeugern im Rahmen der PPA gekaufte Menge nicht unter eine gegebene Mindestmenge (feste Abnahmemenge) herabsetzen, ferner kann MVM mit alternativen Anbietern keine Preisverhandlungen führen, weil ihn die kostenbasierten Preisbildungsmechanismen der PPA binden. Die Kommission ließen diese Tatsache sowie die Ausführungen in den Erwägungsgründe 315 und 316 zu dem Schluss kommen, dass die Bedingungen für die Übertragung von staatlichen Mitteln in den PPA seit dem 1. Mai 2004 bestanden und während der gesamten Laufzeit der PPA, unabhängig von den tatsächlichen Marktverhältnissen, auch bestehen werden, weil die PPA MVM daran hindern, solche Alternativen zu suchen und zu finden, welche es ermöglichen würden, den Aufwand für den Kauf von Elektrizität, welche zur Deckung seiner Bedürfnisse nötig ist, auf ein Minimum herabzusetzen.

(318)

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die PPA zur Zuführung von staatlichen Mitteln führen.

(319)

Die Strommärkte wurden für den Wettbewerb geöffnet und Strom wird zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere seit Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (93) gehandelt.

(320)

Maßnahmen, die Energie erzeugende Unternehmen in einem Mitgliedstaat begünstigen, können daher die Fähigkeit von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten beschränken, Strom in den erstgenannten Staat zu exportieren, oder den Export von Strom in die letztgenannten Staaten begünstigen. Dies gilt besonders für Ungarn, das zentral in Europa liegt, und mit mehreren aktuellen und zukünftigen Mitgliedstaaten verbunden oder leicht zu verbinden ist.

(321)

Dies gilt besonders für Ungarn, das zentral in Europa liegt, und wo vier von sieben Nachbarstaaten Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind. Von den vier Mitgliedstaaten ist Ungarns Elektrizitätssystem mit dem der Slowakei, mit dem von Österreich und von Rumänien verbunden. In 2004 importierte Ungarn annähernd 14 000 GWh, und exportiert wurden 6 300 GWh. Seit 2005 stieg die Einfuhr über 15 000 GWh, die Ausfuhr liegt zwischen 8 000 und 10 000 GWh.

(322)

In den Jahren nach dem Beitritt von Ungarn zur Europäischen Union waren annähernd 60 % der ungarischen Erzeugungskapazität von den PPA gebucht. Die PPA laufen Ende 2010 und Ende 2024 ab. Die Bedingungen für die Abnahmepflicht von MVM bleiben bis zum Ablauf der Vereinbarungen unverändert bestehen.

(323)

Der erste Schritt für die Öffnung des ungarischen Strommarktes wurde am 1. Juli 2004 getan, als sämtliche Nicht-Haushalts-Kunden zu zugelassenen Kunden wurden, und so Elektrizität von einem Lieferanten ihrer Wahl kaufen konnten. Der öffentliche Sektor wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2008 abgeschafft, somit wurden alle Kunden zu „zugelassenen Kunden“.

(324)

Der größte Teil der zugelassenen Kunden wählte auch trotz der Marktöffnung in 2004 nicht den freien Wettbewerb. Die Sektoruntersuchung der Ungarischen Wettbewerbsbehörde auf dem ungarischen Elektrizitätsmarkt kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Knappheit der konkurrenzfähigen Kapazitäten, welche wegen der bedeutenden Kapazitätsbuchungen im Rahmen der PPA entstand, eine bedeutende Marktzutrittsschranke darstellt (94). Im Rahmen der PPA sind nahezu 60 % der ungarischen Erzeugungskapazität an den öffentlichen Sektor und allein an MVM gebunden, und im Wettbewerb um neue Kunden kann in Wirklichkeit nur die restliche Kapazität stehen.

(325)

Die gebuchten Kapazitäten, d. h. die auf eine solch lange Frist garantierten Mengen, stellen auch eine Schranke für den Marktzutritt neuer Stromerzeuger dar, weil 60 % der Gesamtkapazität an ein einziges — Abnahmegarantie gewährendes — (staatseigenes) Unternehmen gebunden sind.

(326)

Die Kommission beachtete auch in diesem Zusammenhang die Sektoruntersuchung der Ungarischen Wettbewerbsbehörde, die ausdrücklich konstatierte, dass die PPA dadurch zur Abschottung des Marktes führen, indem sie die zugelassenen Kunden daran hindern, den Lieferanten zu wechseln, und den Marktzutritt der potenziellen Großhändler verhindern (95).

(327)

Überdies führt die Knappheit von außerhalb der PPA verfügbaren Kapazitäten zur Erhöhung der Preise am Wettbewerbsmarkt. Die im Rahmen der PPA gebuchte bedeutende Kapazitätsmenge und Strommenge beeinflussen auch die Marktpreise.

(328)

Nach der Mengenanalyse des Regionalen Forschungszentrums für Energiewirtschaft über den Einfluss der PPA auf die Großhandelspreise der Elektrizität in Ungarn (96) führen die PPA zu höheren Marktpreisen, als welche ohne die PPA erzielbar wären. Die Studie behauptet generell auch, dass die PPA einen der Hauptfaktoren darstellen, durch die eine solche Marktstruktur zustande kommt, die „mit den Grundsätzen der Funktionsweise des Wettbewerbsmarkts unvereinbar ist“ (97). Die Studie schlug im Übrigen die Aufhebung der PPA vor, als Lösung zur Gewährleistung des freien Wettbewerbs auf dem ungarischen Elektrizitätsgroßhandelsmarkt.

(329)

Die Kommission ging in ihrer Untersuchung des europäischen Elektrizitätssektors (98) ebenfalls auf den Einfluss der PPA auf den Wettbewerb und den Handel ein. Die Kommission stellt in den Erwägungsgründe 467—473 fest: „Die langfristigen Strombezugsvereinbarungen (PPA) sind ebenfalls dazu geeignet, die auf dem Großhandelsmarkt regelmäßig umgesetzte Strommenge zu beeinflussen“. Im Zusammenhang mit den PPA in Polen sagt das Dokument aus, dass „sie ein entscheidendes Hindernis im Wege der Entwicklung des polnischen Großhandelsmarkts darstellen“. Und fährt so fort: „Eine ähnliche Situation besteht auch in Ungarn, wo die Magyar Villamos Művek (MVM), d. h. der öffentliche Versorgungsgroßhändler im Rahmen der PPA Strom kauft und anschließend an die lokalen Weiterverkäufer verkauft. Die ungarischen PPA, die den größten Teil der Elektrizitätsnachfrage des Mitgliedstaats decken, können den Großhandel im Vergleich zu den vorstehenden Darlegungen im Zusammenhang mit dem polnischen Großhandelsmarkt in ähnlichem oder in noch größerem Ausmaß beeinflussen.“

(330)

Sämtliche vorstehend genannten Studien kommen also zu dem Schluss, dass die PPA zu Marktverzerrungen führen und den innergemeinschaftlichen Handel beeinflussen können.

(331)

Die Beteiligten legten in ihren Argumentationen auch dar, dass es wahrheitswidrig sei, dass die Knappheit der verfügbaren freien Kapazitäten zur Marktverzerrung führen würde, weil die Kapazitätsauktionen von MVM bestätigen, dass das Unternehmen nicht einmal seine angebotene Elektrizität verkaufen konnte.

(332)

Der Vergleich der angebotenen Menge und der erfolgreich verauktionierten Elektrizität (99) zeigt jedoch, dass MVM auf fast allen Auktionen sämtliche angebotene Elektrizität verkaufte. In den meisten Fällen verkaufte MVM sogar noch die zusätzlichen 10 % an Elektrizität, die gesetzlich zugelassen sind.

(333)

Die Beteiligten hoben in ihren Stellungnahmen ferner hervor, dass viele andere Faktoren den Handel und den Ausbau des freien Wettbewerbs auf dem ungarischen Elektrizitätsgroßhandelsmarkt beeinflussten. Selbstverständlich ist auch die Kommission der Ansicht, dass die PPA nicht den einzigen Faktor darstellen, der den Wettbewerb und den Handel beeinflusst. Auch sämtliche vorstehend genannten Studien erkennen an, dass eine Großzahl anderer Faktoren (die Rechtsvorschriften, der uneingeschränkte Zugang zu den grenzüberschreitenden Kapazitäten, der bedeutende Einfluss der Preisentwicklung an den internationalen Elektrizitätsmärkten usw.) ebenfalls Einfluss auf die erfolgreiche Öffnung des Marktes sowie das effektive Preisniveau haben. Zugleich wird von sämtlichen Studien, die der Kommission im Zuge des vorliegenden Prüfverfahrens vorgelegt worden sind, mit Ausnahme der von AES-Tisza Erőmű Kft. angeforderten und vorgelegten Studie (100), eindeutig anerkannt, dass die PPA den Wettbewerb und den Handel entscheidend beeinflussen.

(334)

Die Kapazitätsbuchungen im Rahmen der PPA, die feste Stromabnahmemenge und der Preismechanismus schützen die Erzeuger während der gesamten Laufzeit der Verträge vor Geschäftsrisiken in Verbindung mit der Betreibung ihrer Erzeugungsanlagen. Zu Letzteren gehören — wie das in der vorstehenden Erwägungsgrund 211 dargelegt worden ist — die schwankenden Elektrizitätserzeugungskosten, insbesondere die steigenden Brennstoffpreise, die Veränderungen der Endkundentarife sowie die schwankende Elektrizitätsnachfrage der Endkunden. Da diese Risiken gewöhnliche Risiken sind, die jeder Stromerzeuger, der nicht im Rahmen der PPA tätig ist, selbst zu tragen hat, beschränken die PPA die Schaffung von gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer und verfälschen den Wettbewerb.

(335)

Die Kommission stellt auch fest, dass die im Rahmen der PPA tätigen Stromerzeuger Mitglieder großer internationaler Unternehmen sind, die in vielen Mitgliedstaaten präsent sind. Die Begünstigung der betreffenden Unternehmen hat zweifelsohne Einfluss auf den Handel, und ist dazu geeignet, den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt zu verfälschen.

(336)

Die Mehrheit der Beteiligten untersucht die Voraussetzungen für den Einfluss auf den Handel und für die Marktverzerrung unter Bezug auf die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA bzw. nach dem Beitritt von Ungarn zur Europäischen Union bestehenden Umstände. Die Kommission kann diese Betrachtungsweise nicht akzeptieren und weist in diesem Zusammenhang auf die vorstehenden Erwägungsgründe 156—172 hin.

(337)

Einzelne Beteiligte behaupten, dass ihre PPA — getrennt geprüft — den Handel nicht beeinflussen, weil die Erzeugungskapazität ihrer Anlagen im Vergleich zur Gesamtkapazität des Landes niedrig ist. Da das Leitprinzip sämtlicher PPA identisch ist (Abnahmepflicht einer festen Strommenge, Buchung von Erzeugungskapazitäten, Anwendung eines Preises zur Deckung der gerechtfertigten fixen und variablen Kosten während eines 15- bis 27-jährigen Zeitraums), beeinflussen sämtliche PPA den Markt. Zugleich wird dieser Einfluss durch das zeitgleiche Bestehen von zehn PPA eindeutig vervielfacht. Je mehr Kapazität die PPA abdecken, desto größer ist der Einfluss.

(338)

Die Kommission stellt daher fest, dass die vorstehend genannten Bestimmungen der PPA den Handel beeinflussen, und dazu geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen.

(339)

Die Kommission legte in Punkt 3.1 ihrer Entscheidung über die Einleitung des Prüfverfahrens ihre Zweifel im Zusammenhang damit dar, ob der PPA von Paksi Atomerőmű eine staatliche Beihilfe darstellt, in Anbetracht dessen, dass dieser Vertrag im Vergleich zu den anderen PPA wesentliche Unterschiede aufweist. Im Zuge des Prüfverfahrens kam die Kommission jedoch zu der Erkenntnis, dass die vorstehende Beurteilung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe auch für den PPA von Paksi Atomerőmű gilt, weil die relevanten Bestimmungen dieses PPA mit den Leitprinzipien der anderen PPA übereinstimmen. Die vorliegende Entscheidung präsentierte die relevanten individuellen Charakteristiken des PPA von Paksi Atomerőmű im Rahmen der Analyse des einschlägigen Kriteriums.

(340)

Die Kommission ist aufgrund der vorstehenden Analyse der Ansicht, dass die wichtigsten Voraussetzungen der Abnahmepflicht von MVM im Rahmen der PPA, d. h. die Vereinbarung der Kapazitätsbuchung und der festen Abnahmemenge zu Bedingungen, die den Erzeugern eine Kapitalrendite und Schutz vor Geschäftsrisiken in Verbindung mit der Betreibung ihrer Erzeugungsanlagen gewährleisten, nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag als staatliche Beihilfe gelten. Diese staatliche Beihilfe ist das Resultat der gleichzeitigen Anwendung der Kapazitätsbuchung, der festen Abnahmemenge, des auf Kapazitäts- und Energieentgelt basierten, die Deckung von fixen, variablen und Kapitalkosten bezweckenden Preismechanismus sowie der nicht marktkonformen, außergewöhnlich langen Laufzeit.

7.4   Anwendbarkeit der PPA nach dem Beitritt

(341)

Die Beteiligten bringen in ihren Argumentationen vor, dass die Kommission nicht befugt, die vor dem Beitritt rechtmäßig erlassenen Beihilfemaßnahmen nach dem Beitritt zu revidieren, weil das gegen das Prinzip des Rückwirkungsverbots verstoßen würde.

(342)

Die Kommission verwirft diese Argumente. Die gemeinschaftlichen Besitzstände sind mit Wirkung vom Tag des Beitritts auf sämtliche Maßnahmen anzuwenden, unabhängig davon, ob diese vor dem Beitritt im Sinne der nationalen Rechtsvorschriften rechtmäßig waren. Die besonderen Beihilfevorschriften nach Anhang IV sind auf die Beihilfemaßnahmen auch dann anzuwenden, wenn diese ansonsten vor dem Beitritt im Einklang mit den damaligen nationalen Rechtsvorschriften angenommen worden sind.

(343)

Nach Anhang IV Punkt 3 Nummer 1 der Beitrittsakte gelten als bestehende Beihilfen ausschließlich die Maßnahmen, welche die folgenden drei Voraussetzungen erfüllen: i. Beihilfemaßnahmen, die vor dem 10. Dezember 1994 eingeführt worden sind; ii. Beihilfemaßnahmen, die — im Anschluss an das Prüfverfahren der Kommission — in der Anlage zu diesem Anhang aufgeführt worden sind; iii. Beihilfemaßnahmen, welche die Kommission im Rahmen des Übergangsverfahrens gebilligt hat. Nach dem Tag des Beitritts weiterhin anzuwendende Maßnahmen, die staatliche Beihilfen darstellen und nicht die vorstehend aufgezählten drei Voraussetzungen erfüllen, sind zum Tag des Beitritts als neue Beihilfe anzusehen. Demnach hat die Kommission alle Befugnisse, die Anwendung solcher Maßnahmen zu untersagen, sofern diese nicht vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt sind. Diese Anwendung der Beihilfevorschriften auf künftige Auswirkungen der auch nach dem Beitritt anzuwendenden Maßnahmen führt nicht zu einer rückwirkenden Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen und steht in jedem Fall im Einklang mit der Beitrittsakte.

(344)

Anhang IV Punkt 3 Nummer 2 der Beitrittsakte definiert das „Übergangsverfahren“. Dies ist die Rechtsgrundlage für die Untersuchung der vor dem Beitritt in den neuen Mitgliedstaaten in Kraft gesetzten und auch anschließend anzuwendenden Beihilferegelungen und Einzelhilfen.

(345)

Die Beteiligten legen in ihren Argumentationen dar, dass die Beihilfevorschriften erst zum Zeitpunkt des Beitritts anzuwenden sind, und deswegen nur die Maßnahmen, die anschließend daran zusätzliche Begünstigungen gewähren, als auch nach dem Beitritt anzuwendende Maßnahmen anzusehen sind. Nach ihrer Argumentation gewährten die PPA nach dem Beitritt keine zusätzlichen Vorteile, da deren Preisformeln noch vor dem Beitritt festgelegt worden sind, und die finanzielle Beteiligung des Staates somit vor dem Beitritt in vollem Maße bekannt war.

(346)

Die Kommission bemerkt das Folgende. Die PPA laufen im Zeitraum zwischen 2010 und 2024 ab, also nach dem Beitritt. Die Kommission entschied nur in besonderen Ausnahmefällen so, dass eine auch nach dem Beitritt geltende Beihilfemaßnahme im Sinne von Anhang IV der Beitrittsakte nicht als auch nach dem Beitritt anzuwendende Maßnahme gilt. Diese Ausnahmen sind jedoch — nach den Grundsätzen für die gesetzliche Auslegung — einschränkend auszulegen, um Maßnahmen, die nach der Absicht der Unterzeichner des Beitrittsvertrags in den Beihilfekontrollbereich der Kommission fallen sollen, unter Kontrolle halten zu können.

(347)

In dieser Hinsicht entschied die Kommission im Rahmen ihrer bisherigen Praxis (101) tatsächlich so, dass die Beihilfemaßnahmen, bei denen die genaue Höhe der finanziellen Beteiligung des Staates vor dem Beitritt bekannt war, im Sinne von Anhang IV der Beitrittsakte nach dem Beitritt nicht anzuwenden sind.

(348)

Die PPA legten die Obergrenze der finanziellen Beteiligung des Staats nicht fest, und die genaue Höhe dieser finanziellen Beteiligungen war vor dem Beitritt auf die gesamte Laufzeit der PPA nicht genau berechenbar.

(349)

Im Gegenteil, die Höhe der finanziellen Beteiligung des Staates im Rahmen der PPA ist von solchen Kennzahlen abhängig, deren zukünftige Entwicklung zum Zeitpunkt des Beitritts noch unbekannt war. Überdies gewähren die PPA den Erzeugern Schutz vor schwankenden Kosten, Kosten, die in Verbindung mit Geschäften bzw. Ereignissen nicht vor, sondern nach dem Beitritt entstanden, und so zum Zeitpunkt des Beitritts unbekannt waren.

(350)

Insbesondere die folgenden Umstände bestätigen die Tatsache, dass die Höhe der Beteiligung des Staates im Rahmen der PPA zum Zeitpunkt des Beitritts unbekannt war, und dass die PPA im Anschluss an den Beitritt dem Staat zusätzliche Lasten auferlegen werden.

(351)

Erstens legen die PPA den genauen Preis, zu dem die Erzeuger ihre Elektrizität an MVM verkaufen, nicht fest. Die Preise werden aufgrund von Preisformeln berechnet, die aus vielen variablen Kennziffern bestehen.

(352)

Die Preisformeln der PPA enthalten ein Verfügbarkeitsentgelt (oder Kapazitätsentgelt) und ein Energieentgelt sowie je nach Erzeuger diverse Zuschläge.

(353)

Die Formel legt einzig die gerechtfertigten Kosten und die Entgelte nach den einzelnen Kostenkategorien fest, und bestimmt ferner, wie bedeutend die gegebene Kategorie in dem Preis ist.

(354)

Die Erzeuger selbst und auch MVM erkannten in ihren Stellungnahmen an, dass der genaue Inhalt bestimmter Kostenkategorien im Rahmen von Verhandlungen mit MVM noch geklärt werden musste.

(355)

Viele Kostenkategorien, die in den PPA anerkannt worden sind, sind veränderlich und konnten zum Zeitpunkt des Beitritts nicht genau bekannt gewesen sein. Zum Beispiel:

(356)

Kapazitätsentgelt

Diese Kostenkategorie berücksichtigt sowohl die gebuchten als auch die von MVM effektiv in Anspruch genommenen Kapazitäten. Abhängig ist sie unter anderem von den Jahres-, Monats- und Wochenplänen. Alle PPA berufen sich auf die Regeln der periodischen Planung bzw. bei allen PPA ist der definitive Preis von den Jahres-, Monats- und Wochenplänen abhängig. Es versteht sich von selbst, dass diese Kostenkategorien nicht im Voraus festlegbar sind. Zum Beispiel können die Parteien in ihren Plänen eine Überkapazität in Bezug auf einen bestimmten Zeitraum in Anschlag bringen. Der von MVM zu bezahlende Preis hängt aber auch von anderen, die Elektrizitätsnachfrage beeinflussenden Faktoren ab, wie zum Beispiel von der Witterung.

Der Wechselkurs des ungarischen Forint beeinflusst diese Kostenkategorie ebenfalls.

(357)

Energieentgelt

Diese Kostenkategorie wird primär von den Brennstoffkosten bestimmt. Die Schwankung dieser Kosten folgt solchen Marktregeln, die von den Parteien nicht kontrollierbar sind. Die PPA legen in Bezug auf Kosten, die mit der zukünftigen Entwicklung der Brennstoffpreise verbunden sind, keine konkrete Obergrenze fest.

Selbstverständlich wird die genaue Summe des Energieentgelts für einen bestimmten Zeitraum auch von der an MVM verkauften Menge beeinflusst. Letztere ist jedoch nur nachträglich feststellbar.

(358)

Zuschläge

Einzelne PPA schreiben Zuschläge für gebuchte, aber schließlich doch nicht in Anspruch genommene Kapazitäten vor. Selbstverständlich ist auch der Betrag dieser Zuschläge nicht im Voraus festlegbar.

(359)

Die meisten PPA enthalten Bonus-Malus-Regelungen, auf deren Grundlage den Erzeugern ein Preiszuschlag zusteht, wenn sie zum Beispiel zu Spitzenzeiten mehr Kapazität gewähren oder mehr Strom erzeugen als in den PPA festgelegt worden ist. Hingegen bewirken sie eine Preisherabsetzung, wenn der Erzeuger weniger Kapazität gewährt als in den PPA bzw. im Jahres- bzw. Monatsplan vorgeschrieben worden ist.

(360)

Diese Berechnungen beruhen — ähnlich wie die Vorstehenden — auf periodischen Erzeugungsplänen, und hängen ferner vom Verhalten der Erzeuger ab, somit sind sie keinesfalls im Voraus festlegbar.

(361)

Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, dass die definitiven Strombezugspreise bei Verträgen mit einer 15- bis 27-jährigen Laufzeit nicht genau festsetzbar sind. Der genaue Preis ist abhängig von den periodischen Erzeugungsplänen, und wird überdies von der schwankenden Nachfrage, dem Verhalten der Vertragspartner, den Brennstoffpreisen usw. beeinflusst.

(362)

Zwar beziehen sich nicht alle genannten Argumente auf alle PPA (weil die Kategorien der gerechtfertigten Kosten in den einzelnen Vereinbarungen differieren), aber alle PPA enthalten Preiselemente, die im Voraus nicht genau festsetzbar sind.

(363)

Aufgrund dessen ist die Kommission der Ansicht, dass das Bestehen der Preisformeln die finanzielle Beteiligung des Staates nicht ausreichend begrenzt. Die Tatsache, dass die Formeln aus vielen variablen Kennziffern bestehen, macht es unmöglich, die künftige Höhe der finanziellen Beteiligung des Staates genau festzustellen.

(364)

Es muss überdies erwähnt werden, dass die finanzielle Beteiligung von MVM im Rahmen der PPA auch in hohem Maße von der Nachfrage abhängig ist. Nämlich ist diese finanzielle Beteiligung identisch mit der Differenz zwischen dem Bezugspreis im Rahmen der PPA und den Einnahmen aus dem Strom, den MVM umsetzte. Derjenige Preis, zu dem MVM die Elektrizität verkaufen wird, ist jedoch im Voraus nicht festsetzbar. Nämlich ist dieser Preis davon abhängig, wie groß die Einnahmen von MVM aus dem Verkauf im Rahmen seiner Vereinbarungen mit den regionalen Händlern, seiner Ausschreibungsverfahren und seiner Auktionen, sowie aus dem Verkauf auf dem „Marktplatz“ sein werden. Diese Preise werden auch von den periodischen behördlichen Preisregelungen, ferner von der schwankenden Nachfrage auf dem Markt beeinflusst. Dadurch wird die Unberechenbarkeit der — im Rahmen der PPA bestehenden — finanziellen Beteiligung des Staates noch größer. Überdies kann es auch dazu kommen, dass die festen Abnahmemengen der PPA die tatsächlichen Bedürfnisse von MVM immer mehr übersteigen, insbesondere im Zeitraum nach der vollständigen Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes im Januar 2008. Dieser Energieüberfluss kann die unbekannten Kosten weiter erhöhen und dadurch wird die genaue Höhe der finanziellen Beteiligung des Staates im Rahmen der PPA noch unberechenbarer.

(365)

Anhand des Vorstehenden stellen die Zahlungen, die nach dem Beitritt von MVM zugunsten der Erzeuger getätigt worden sind, nicht lediglich die Zahlung einer vor dem Beitritt genau festgelegten Beihilfe dar.

(366)

Daraus folgt, dass die im Rahmen der vorliegenden Entscheidung geprüften PPA — im Sinne von Anhang IV Punkt 3 der Beitrittsakte — nach dem Beitritt anzuwendende Maßnahmen sind.

7.5   Die PPA als „neue Beihilfe“ im Vergleich zu der „bestehenden Beihilfe“

(367)

Anhang IV Punkt 3 der Beitrittsakte besagt: „Erhebt die Kommission innerhalb von drei Monaten nach dem Eingang der vollständigen Informationen zu der bestehenden Beihilfemaßnahme oder nach dem Eingang einer Erklärung des neuen Mitgliedstaats, in der er der Kommission mitteilt, dass er die gelieferten Informationen für vollständig erachtet, da die angeforderte zusätzliche Information nicht verfügbar ist oder bereits geliefert wurde, keine Einwände gegen die Maßnahme aufgrund schwerwiegender Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt, so wird davon ausgegangen, dass sie keine Einwände erhoben hat.“

(368)

Aufgrund dieses Punktes bringen einzelne Beteiligten in ihren Argumentationen vor, dass die Kommission die dreimonatige Frist nach der Anmeldung Ungarns vom 31. März 2004 versäumte, und die Maßnahme im Rahmen des Übergangsverfahrens dadurch stillschweigend gebilligt hat.

(369)

In dieser Hinsicht macht die Kommission darauf aufmerksam, dass die Anmeldung vom 31. März 2004 im Rahmen des Übergangsverfahrens nicht die PPA, sondern den Regierungserlass im Zusammenhang mit dem Ausgleich für Kosten von MVM betraf. Ungarn nahm diese Anmeldung zurück und die Kommission leitete später ein Verfahren in Bezug auf die PPA unter dem Aktenzeichen „NN“ ein (vgl. Kapitel 1).

(370)

Unabhängig davon ist zu bemerken, dass die Kommission — wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich ist — die von den Beteiligten erwähnte dreimonatige Frist nicht versäumte.

Ereignis

Zeitpunkt

Verstrichene Zeit zwischen dem Erhalt der Informationen und dem Zeitpunkt, zu dem die Maßnahmen ergriffen wurden

Ungarns Anmeldung

31.3.2004

 

Fragen der Kommission

29.4.2004

29 Tage

Ungarns Antworten

4.6.2004

 

Fragen der Kommission

10.8.2004

2 Monate und 6 Tage

Ungarns Antworten

21.10.2004

 

Fragen der Kommission

17.1.2005

2 Monate und 27 Tage

Ungarns Antworten

7.4.2005

 

Ungarn nimmt die Anmeldung zurück

15.4.2005

8 Tage

(371)

Außer den obigen Korrespondenzen kam es am 15. Juli 2004, am 30. November 2004 sowie am 12. Januar 2005 zwischen der Kommission und den ungarischen Behörden auch zu persönlichen Treffen.

(372)

Was das Prüfverfahren der vorliegenden Entscheidung betrifft, so wird die Kommission im Nachfolgenden untersuchen, ob die PPA nach der Beitrittsakte bzw. nach der Verfahrensordnung bestehende oder aber neue Beihilfen enthalten.

(373)

Nach Anhang IV Punkt 3 der Beitrittsakte sind vor dem Zeitpunkt des Beitritts in Kraft getretene und nach dem Tag des Beitritts weiterhin anzuwendende Maßnahmen, die staatliche Beihilfen darstellen und nicht die vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllen, als zum Tag des Beitritts für die Zwecke der Anwendung von Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags als neue Beihilfe anzusehen.

(374)

Die im Rahmen der vorliegenden Entscheidung geprüften PPA traten zwischen 1995 und 2001, d. h. vor dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union (1. Mai 2004) in Kraft. Diese Entscheidung betrifft nur die PPA, die zum Tag des Beitritts in Kraft waren. Sie erstreckt sich nicht auf PPA, die vor dem Zeitpunkt des Beitritts aufgehoben worden sind. Aus sämtlichen zusätzlichen Gründen, die in dem vorstehenden Punkt 7.4. aufgeführt sind, gilt die Maßnahme für die Zwecke der Anwendung der Beitrittsakte als nach dem Beitritt anzuwendende Maßnahme.

(375)

Bestehende Maßnahmen sind, welche die folgenden drei Voraussetzungen nach Anhang IV Punkt 3 der Beitrittsurkunde erfüllen:

1.

Beihilfemaßnahmen, die vor dem 10. Dezember 1994 eingeführt worden sind.

Sämtliche PPA wurden nach dem 10. Dezember 1994 unterzeichnet und eingeführt.

2.

Beihilfemaßnahmen, die in der Anlage zu diesem Anhang aufgeführt sind.

In der Anlage nach Anhang IV Punkt 3 Nummer 1 Buchstabe b zur Beitrittsakte, welche das Verzeichnis der bestehenden Beihilfen enthält, sind weder die PPA im Allgemeinen, noch die einzelnen PPA konkret aufgeführt.

3.

Beihilfemaßnahmen, die vor dem Tag des Beitritts von der Kontrollbehörde für staatliche Beihilfen des neuen Mitgliedstaats überprüft und als mit dem Besitzstand vereinbar beurteilt wurden und gegen die die Kommission keine Einwände aufgrund schwerwiegender Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt gemäß dem Übergangsverfahren (vgl. Anhang IV Punkt 3 Nummer 2) erhoben hat.

Der Kommission wurde im Rahmen des Übergangsverfahrens kein einziger PPA vorgelegt.

(376)

Angesichts dessen, dass die PPA keine der im Anhang IV zur Beitrittsakte aufgeführten Voraussetzungen für die bestehenden Beihilfen erfüllen, gelten sie zum Zeitpunkt des Beitritts als neue Beihilfen.

(377)

Die Kommission macht auch darauf aufmerksam, dass die vorstehende Beurteilung der PPA mit dem letzten Satz in der Verfahrensordnung Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v übereinstimmt. Die Verfahrensordnung besagt, dass, wenn bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen werden, derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin (im vorliegenden Fall also nach Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, was nach dem Beitritt von Ungarn zur Europäischen Union eintrat) nicht als bestehende Beihilfen gelten, folglich sind sie als neue Beihilfen anzusehen.

(378)

Nach Argumentation von Budapesti Erőmű ist der letzte Satz in der Verfahrensordnung Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v nicht anwendbar. Der Beteiligte beruft sich auf das in der Rechtssache Alzetta Mauro ergangene Urteil (102) und behauptet, dass eine Beihilfe, die eingangs auf einem geschlossenen, vor der Liberalisierung stehenden Markt gewährt wurde, nach der Liberalisierung als bestehende Beihilfe anzusehen ist.

(379)

Die Kommission verwirft dieses Argument. Wie dies im Vorstehenden bereits dargelegt worden ist, war der Zweck der Beihilfevorschriften der Beitrittsurkunde nach Standpunkt der Kommission ja gerade die Gewährleistung dessen, dass die Kommission all die Maßnamen überprüfen kann, die nach dem Zeitpunkt des Beitritts dazu geeignet sein können, den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt zu verzerren. Im Gegensatz zu den Beitrittsverträgen vor dem 1. Mai 2004 bezweckte die am 1. Mai 2004 in Kraft getretene Beitrittsakte, den Kreis der als bestehende Beihilfe geltenden Maßnahmen auf die drei, vorstehend genannten konkreten Fälle zu beschränken. Das in der Rechtssache Alzetta Mauro ergangene Urteil berührt nicht die in den Kreis der Beitrittsakte gehörenden Maßnahmen, und ist deshalb in diesem Zusammenhang für die geprüften PPA nicht anwendbar. Überdies bezieht sich das Urteil in der Rechtssache Alzetta Mauro auf eine Sachlage vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 659/1999.

(380)

Budapesti Erőmű behauptet, dass Artikel 1 Buchstabe 1 Ziffer b nicht für die Einzelbeihilfen anwendbar sei, „weil die Einzelbeihilfen nicht ausdrücklich bezeichnet sind“. Die Kommission verwirft diese Argumentation. Denn aus welchem Grunde sollte der Bezug auf die „Beihilfe“ bzw. auf die „bestimmten Maßnahmen“ nicht gleichzeitig auf die Einzelbeihilfen und die Beihilferegelungen hinweisen dürfen. Artikel 4 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 beruft sich folgerichtig auf angemeldete „Maßnahmen“, die Kommission nimmt jedoch nicht an, dass der Artikel 4 nach Ansicht des Beteiligten ausschließlich für die vorläufige Prüfung von angemeldeten Beihilferegelungen maßgebend ist.

(381)

Somit ist die Kommission aufgrund der Beitrittsakte und der Verfahrensordnung der Ansicht, dass die PPA als neue Beihilfen gelten.

7.6   Die Kommission ist nicht befugt, die rechtmäßig abgeschlossenen privatrechtlichen Verträge („pacta sunt servanda“) außer Kraft zu setzen — Rechtsunsicherheit — Verhältnismäßigkeit

(382)

In diesem Zusammenhang möchte die Kommission zu den Bemerkungen der Beteiligten Stellung nehmen, die besagen, dass die Kommission nicht die Befugnisse dazu hat, privatrechtliche Verträge außer Kraft zu setzen, weil dies nach Ansicht der Beteiligten gegen die Beihilfevorschriften des EG-Vertrags verstoßen sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzten würde.

(383)

Die Kommission verwirft diese Argumentation. Was die staatliche Beihilfe anbelangt, so ist die Form der Beihilfe (im Fall der PPA ein privatrechtlicher Vertrag) nicht von Bedeutung, weil aus der Sicht des Prüfverfahrens der Kommission ausschließlich die Auswirkung der betreffenden Maßnahme entscheidend ist. Entsteht bei einem der Teile infolge der Bedingungen eines privatrechtlichen Vertrags eine rechtswidrige und unvereinbare staatliche Beihilfe, muss der betreffende Mitgliedstaat diese Bedingungen aufheben. Die Kommission muss die Aufhebung der rechtswidrigen und unvereinbaren staatlichen Beihilfemaßnahme auch dann anordnen, wenn die staatliche Beihilfe einen derart wesentlichen Bestandteil der Vereinbarung bildet, dessen Aufhebung auch die Gültigkeit der Vereinbarung berührt.

(384)

Im Zusammenhang mit der Rechtsunsicherheit bemerkt die Kommission Folgendes. Das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Ungarn andererseits wurde am 16. Dezember 1991 unterfertigt und trat am 1. Februar 1994 in Kraft, also noch bevor die PPA unterzeichnet worden sind. Ungarn reichte seinen Beitrittsantrag offiziell am 31. März 1994 ein. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Parteien die PPA abschlossen (zwischen 1995 und 2001), war Ungarn — im Einklang mit Artikel 62 Europa-Abkommen — bereits verpflichtet, seine Wettbewerbsregeln dem EG-Vertrag anzupassen. Es stand auch fest, dass die langen Laufzeiten der PPA vor dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union nicht ablaufen werden.

(385)

Die Republik Ungarn unterzeichnete den Beitrittsvertrag am 16. April 2003 (103). Der Beitrittsvertrag trat am 1. Mai 2004 in Kraft. In Ungarn wurden die ursprünglichen Grundverträge sowie das sekundäre Gemeinschaftsrecht — im Einklang mit Artikel 2 Beitrittsakte — mit Wirkung vom Zeitpunkt des Beitritts verbindlich. Folglich müssen die Besitzstände in den neuen Mitgliedstaaten auf sämtliche Vertragsverhältnisse angewendet werden, und Ausnahmen von dieser Regel können ausschließlich von der Beitrittsakte selbst herrühren. Die Beitrittsakte des Beitrittvertrags sowie deren Anhänge enthalten keine Ausnahmen von den Beihilfevorschriften, welche die PPA oder generell den Elektrizitätssektor von der unmittelbaren Anwendung der Rechtsvorschriften der Europäischen Union betreffend die staatlichen Beihilfen ausschließen würden.

(386)

Folglich ist die Kommission verpflichtet, die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union für den Elektrizitätssektor in Ungarn auf ähnliche Weise anzuwenden wie in allen anderen Mitgliedstaaten. Entgegen der Argumentation der Beteiligten ist die Kommission der Ansicht, dass es zu einer Rechtsunsicherheit auf dem Gemeinsamen Markt vielmehr dann kommen würde, wenn sie die Beihilfevorschriften für die PPA nicht anwenden würde. Der Beitritt eines Staates zur Europäischen Union kann tatsächlich eine solche Situation schaffen, dass eine Maßnahme, die vor dem Beitritt nicht gegen die nationalen Rechtsvorschriften verstieß, nach dem Beitritt als staatliche Beihilfe gilt, und dadurch in den Kontrollbereich der Kommission bezüglich der staatlichen Beihilfen fällt.

(387)

Die Kommission fand in den Stellungnahmen der Beteiligten keine diesbezüglichen begründeten Argumente, warum das vorliegende Prüfverfahren mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar sein sollte.

7.7   Prüfung der Vereinbarkeit

(388)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag legt den allgemeinen Grundsatz nieder, in dessen Sinne die Gewährung von staatlicher Beihilfe innerhalb der Gemeinschaften untersagt ist.

(389)

Artikel 87 Absatz 2 und Absatz 3 EG-Vertrag verfassen Ausnahmen von der allgemeinen Regel in Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag, in deren Sinne solche Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind.

(390)

Die Ausnahmen in Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag sind für den vorliegenden Fall nicht anwendbar, nämlich handelt es sich nicht um Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden, ferner Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland.

(391)

Die zusätzlichen Ausnahmen sind in Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag verankert.

(392)

Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag sieht vor, dass Beihilfen „zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht“ als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sind. Zum Zeitpunkt des Beitritts konnte ganz Ungarn als ein solches Gebiet angesehen werden, und derartige Beihilfen können der Mehrheit der Regionen des Landes auch weiterhin gewährt werden (104).

(393)

Die Kommission nahm eine Leitlinie für die Beurteilung solcher Beihilfen an. Zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union war die Leitlinie für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (105) in Kraft (im Folgenden „frühere Leitlinie für staatliche Regionalbeihilfen“ genannt). Diese Leitlinie regelt die Beurteilung von Regionalbeihilfen auch im Zusammenhang mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag. Die Kommission nahm eine neue Leitlinie für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung für den Zeitraum nach dem 1. Januar 2007 an (106) (im Folgenden „neue Leitlinie für staatliche Regionalbeihilfen“ genannt).

(394)

Nach beiden Leitlinien für staatliche Regionalbeihilfen können in der Regel ausschließlich Investitionsbeihilfen gewährt werden (107). Nach beiden Leitlinien gilt:

(395)

„Regionalbeihilfen, mit denen die laufenden Ausgaben des Unternehmens gesenkt werden sollen (Betriebsbeihilfen), sind grundsätzlich verboten. Ausnahmsweise können jedoch derartige Beihilfen in Gebieten, die in den Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe a fallen, gewährt werden, wenn sie i. aufgrund ihres Beitrags zur Regionalentwicklung und ihrer Art nach gerechtfertigt sind und ii. ihre Höhe den auszugleichenden Nachteilen angemessen ist. Es obliegt den Mitgliedstaaten, die Existenz und den Umfang solcher Nachteile nachzuweisen“ (108).

(396)

Die Beihilfe kann nicht als Investitionsbeihilfe angesehen werden. Beide Leitlinien für Regionalbeihilfen legen die Investitionsbeihilfe mit Hilfe des Verzeichnisses der beihilfefähigen Kosten fest. Die im Rahmen der PPA getätigten Zahlungen decken offensichtlich auch andere Kosten. Das augenfälligste Beispiel dafür ist die Garantie, die übernommen wurde, um Kosten für Brennstoffe, die zur Betreibung der Kraftwerke benötigt werden, zu decken. Die PPA decken auch Kosten in Verbindung mit Arbeitskräften. Selbstverständlich handelt es sich bei diesen Kosten nicht um förderbare Investitionskosten. Im Gegenteil, diese Kosten sind laufende Ausgaben des Unternehmens, folglich gehören sie nach beiden Leitlinien zu den Betriebkosten.

(397)

Im Zusammenhang mit den Betriebsbeihilfen wiesen im Zuge des Prüfverfahrens weder die ungarischen Behörden noch die Beteiligten die Existenz und den Umfang von regionalen Nachteilen nach, deren Ausgleich die PPA anzielen würden, und sie erbrachten auch keinen Nachweis dafür, dass die Höhe der Beihilfe den auszugleichenden Nachteilen angemessen wäre.

(398)

Überdies schreiben beide Leitlinie vor, dass Betriebsbeihilfen stets zeitlich befristet und degressiv gewährt werden sollten. Die im Rahmen der PPA gewährte Beihilfe ist nicht degressiv, ferner liegt die 15- bis 27-jährige Laufzeit weit über der in den beiden Leitlinien zugelassenen Frist. Die PPA entsprechen keinem einzigen, im Rahmen der Leitlinien genehmigten Ausnahmefall, und dies behaupteten auch weder die ungarischen Behörden noch die Beteiligten.

(399)

Die Kommission stellt unter Berücksichtigung des Vorstehenden fest, dass die Ausnahmebestimmung in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag für die Beihilfe nicht anwendbar ist.

(400)

Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b EG-Vertrag besagt, dass „Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“ als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

(401)

Die Kommission stellt fest, dass die geprüfte Beihilfe nicht die Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse anzielt.

(402)

Die Kommission fand auch dafür keinen Beweis, dass die Beihilfe zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Ungarns berufen ist. Die Kommission erkennt an, dass die Elektrizität für die Wirtschaft eines jeden Mitgliedstaats ein wichtiges Erzeugnis darstellt, ferner dass die Modernisierung dieses Sektors in Ungarn in den 1990er Jahren notwendig war.

(403)

Hingegen weist nach Ansicht der Kommission „eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“ auf wesentlich schwerwiegendere Ereignisse hin bzw. dieser Ausnahmefall kann nicht für gewöhnliche Strombezugsverträge angewendet werden. Überdies weist die Kommission darauf hin, dass der vorstehende Fall einen gewissen Dringlichkeitsgrad voraussetzt, was mit den PPA jedoch unvereinbar ist.

(404)

Weder die ungarischen Behörden noch die Beteiligten behaupteten, dass die PPA mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b EG-Vertrag vereinbar wären.

(405)

Die Kommission stellt aufgrund des Vorstehenden fest, dass die Beihilfe den Ausnahmebestimmungen in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b EG-Vertrag nicht entspricht.

(406)

Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag besagt, dass Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maß beeinträchtigen, das den gemeinsamen Interessen zuwiderläuft, als mit dem EG-Vertrag vereinbar erklärt werden können. Dieser Buchstabe ist für die PPA offensichtlich nicht anwendbar.

(407)

Nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, genehmigt werden. Die Kommission arbeitete viele Leitlinien und Mitteilungen aus, in denen sie darlegt, wie die Ausnahmebestimmungen in dem angerufenen Artikel anzuwenden sind.

(408)

Die vorstehenden Erwägungsgründe 393—398 legen dar, dass die PPA sowohl mit der früheren als auch mit der neuen Leitlinie für staatliche Regionalbeihilfen unvereinbar sind.

(409)

Die Kommission macht in Bezug auf den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (109), der zum Zeitpunkt des Beitritts anzuwenden ist, darauf aufmerksam, dass dieser ähnlich wie die Leitlinien für staatliche Beihilfe mit regionaler Zielsetzung in erster Linie die Investitionsbeihilfen genehmigt. Die Betriebbeihilfe beschränkt sich auf Beihilfen für individuelle Zielsetzungen. Dazu gehören erstens Betriebsbeihilfen für die Abfallbewirtschaftung und für Energieeinsparungen (Punkt E.3.1.), die auf die Dauer von fünf Jahren begrenzt sind, zweitens Betriebsbeihilfen in Form von Steuernachlässen und -befreiungen (Punkt E.3.2.) und drittens Betriebsbeihilfen zugunsten erneuerbarer Energieträger (Punkt E.3.3.). Selbstverständlich kann in dem vorliegenden Fall keine dieser Bestimmungen angewandt werden.

(410)

Die vierte und zugleich letzte Art der Betriebsbeihilfen ist die Betriebsbeihilfe zugunsten der kombinierten Kraft-Wärmeerzeugung (Punkt E.3.4., im Folgenden „kombinierte Stromerzeugung“). Die betreffenden Erzeuger erzeugen Wärme und Strom. Die PPA erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen nach Punkt 66 Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen bzw. entsprechen keiner der Wahlmöglichkeiten nach den Punkten 58—65 des angerufenen Gemeinschaftsrahmens. Eine der in Punkt 66 festgelegten Voraussetzungen bezieht sich darauf, dass Investitionen zugunsten der kombinierten Stromerzeugung ebenfalls in den Anwendungsbereich des vorliegenden Gemeinschaftsrahmens fallen können, sofern nachgewiesen werden kann, dass sich die Maßnahmen vorteilhaft auf den Umweltschutz auswirken, sei es wegen des besonders hohen Umwandlungswirkungsgrades, sei es, weil aufgrund der betreffenden Investitionen der Energieverbrauch herabgesetzt wird, sei es, weil das Produktionsverfahren weniger umweltschädigend ist. Der Kommission liegen keine Informationen vor, die bezeugen würden, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

(411)

Überdies haben die Mitgliedstaaten bei der Gewährung von Betriebsbeihilfen zugunsten der kombinierten Stromerzeugung die folgenden drei Wahlmöglichkeiten:

1. Möglichkeit: Beihilfe für den Ausgleich des Unterschieds zwischen den Kosten für die Energieerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplung und dem Preis am Markt der betreffenden Energie;

2. Möglichkeit: Einführung von Marktmechanismen wie grüne Zertifikate oder Ausschreibungen;

3. Möglichkeit: Beihilfe für den Ausgleich der vermiedenen externen Kosten, d. h. für den Ausgleich der Umweltkosten, die die Gesellschaft hätte tragen müssen, wenn die gleiche Energiemenge nicht durch Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt worden wäre;

4. Möglichkeit: Beihilfe, die bis zu fünf Jahren gewährt wird, und entweder degressiv ist oder deren Betrag sich auf 50 % der Mehrkosten beschränkt.

(412)

Es ist offensichtlich, dass die PPA die Bedingungen der 2. und der 3. Wahlmöglichkeit nicht erfüllen. Auch die Bedingungen der 1. Wahlmöglichkeit sind nicht erfüllt, weil bei der Berechnung des Beihilfebetrags nicht der Marktpreis der erzeugten Energie zugrunde gelegt worden ist. Der Betrag der im Rahmen eines betreffenden PPA gewährten Beihilfe hängt nicht von dem Angebotspreis der anderen Stromerzeuger, sondern ausschließlich von den Investitions- und Betriebskosten des betreffenden Erzeugers ab.

(413)

Überdies behaupteten weder Ungarn noch die Beteiligten, dass die PPA mit diesen Bestimmungen vereinbar wären, bzw. sie bestätigten niemals, dass die Kraftwerke den Kriterien des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen bezüglich der Gewährung von Betriebsbeihilfen entsprechen würden.

(414)

Die Kommission nahm am 23. Januar 2008 eine neue Leitlinie der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen an (110). Nach dieser neuen Leitlinie wird die Gewährung von Beihilfen für Energiesparmaßnahmen, für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern sowie in Form von Steuerermäßigungen oder -befreiungen genehmigt. Wie bereits im Vorstehenden dargelegt worden ist, kann keine dieser Bestimmungen auf die PPA angewandt werden.

(415)

Bei der Gewährung von Betriebsbeihilfen zugunsten der kombinierten Kraft-Wärmeerzeugung haben die Mitgliedstaaten die folgenden drei Wahlmöglichkeiten:

1. Möglichkeit: Beihilfe für den Ausgleich des Unterschieds zwischen den Kosten für die Energieerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplung und dem Preis am Markt der betreffenden Energie;

2. Möglichkeit: Einführung von Marktmechanismen wie grüne Zertifikate oder Ausschreibungen;

3. Möglichkeit: Beihilfe, die bis zu fünf Jahren gewährt wird, und entweder degressiv ist oder deren Betrag sich auf 50 % der Mehrkosten beschränkt.

Die PPA erfüllen keine der Bedingungen dieser Wahlmöglichkeiten. Beweise dafür, dass die vorstehend genannten Kriterien der neuen Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen erfüllt sind, lieferten weder Ungarn noch die Stromerzeuger.

(416)

In der vorliegenden Sache ist von den Leitlinien und Mitteilungen, die die Kommission zur genauen Anwendung der Ausnahmebestimmungen in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c ausarbeitete, einzig die Methodik für die Analyse staatlicher Beihilfen in Verbindung mit verlorenen Kosten (vgl. Erwägungsgrund 26) anwendbar.

(417)

Die Methodik bezieht sich auf Beihilfezahlungen an etablierte Unternehmen, die Investitionen im Elektrizitätssektor vor der Liberalisierung durchführten, und denen die Gewährleistung der Rentabilität ihrer Investitionen auf dem bereits liberalisierten Markt Schwierigkeiten bereiten kann. Die Methodik ist deswegen als eine geeignete Grundlage für die Prüfung der Vereinbarkeit der PPA anzusehen, weil Letztere einzelnen Unternehmen, die vor der Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes in Stromerzeugungsanlagen investierten, auch weiterhin zu garantierten Einnahmen verhelfen, wodurch deren Kapitalrendite gewährleistet ist.

(418)

Die Kommission bemerkt, dass in ihren Stellungnahmen weder die ungarischen Behörden noch die betreffenden Erzeuger behaupteten, dass die PPA mit den Kriterien der Methodik vereinbar wären. Die Mehrheit der Erzeuger war eigentlich der Ansicht, dass die PPA lange vor der Methodik abgeschlossene geschäftliche Vereinbarungen sind und die Kriterien des Ausgleichsmechanismus für die Beurteilung der genannten Vereinbarungen einfach nicht geeignet sind.

(419)

Die wichtigste Zielsetzung der Methodik ist es, die Öffnung des Elektrizitätssektors für den Wettbewerb zu fördern, indem sie den etablierten Stromversorgungsunternehmen ermöglicht, sich an die Einleitung des Wettbewerbs anzupassen (111).

(420)

Die Methodik legt im Zuge der Analyse staatlicher Beihilfen für den Ausgleich von Kosten für Verpflichtungen und Garantien, die wegen der Liberalisierung des Elektrizitätssektors nicht erfüllbar sind, die von der Kommission angewandten Grundsätze dar. Als „verlorene Kosten“ bezeichnet sie die Verpflichtungen oder Betriebsgarantien, die in unterschiedlicher Form auftreten, so insbesondere Investitionen mit einer impliziten oder expliziten Absatzgarantie.

(421)

Da auch die PPA als explizite Absatzgarantien gelten, die vor der Liberalisierung gewährt worden sind, fallen die im Rahmen der PPA betriebenen Kraftwerke folglich in den Anwendungsbereich der Methodik.

(422)

Die Kommission stellt jedoch fest, dass mehrere Elemente der wichtigsten Grundsätze der PPA nicht die in Abschnitt 4 der Methodik aufgeführten Kriterien erfüllen. Erstens erfüllen sie nicht das Kriterium nach Punkt 4.2. der Methodik, das besagt, dass beim Zahlungsmechanismus der Beihilfen die Entwicklung des Wettbewerbs berücksichtigt werden muss. Die Preisbildungsmechanismen der PPA berücksichtigen ausschließlich die individuellen Kennzahlen des betreffenden Kraftwerks, die Preise bzw. die Erzeugungskapazitäten der Konkurrenten werden außer Acht gelassen.

(423)

Im Sinne von Punkt 4.9. der Methodik bringt die Kommission äußerste Vorbehalte gegenüber den Beihilfen zum Ausdruck, deren Betrag sich nicht so anpassen lässt, dass die Unterschiede zwischen den ursprünglich für die Schätzung der verlorenen Kosten und ihre tatsächliche zeitliche Entwicklung zugrunde gelegten wirtschaftlichen Hypothesen und den Markthypothesen einwandfrei berücksichtigt werden können. Die PPA gelten als solche Beihilfen, weil bei der Festsetzung ihres Betrags keine Markthypothesen zugrunde gelegt worden sind. Die Tatsache, dass die wichtigsten Bestimmungen der PPA trotz der schrittweisen Öffnung des Elektrizitätsmarkts unverändert geblieben sind und für MVM den Kauf von über seinen Bedürfnissen liegenden Mengen an Energie vorschreiben, und MVM deswegen seine überflüssige Elektrizität auf dem freien Markt umsetzt, bestätigt eindeutig, dass die PPA die tatsächlichen Marktentwicklungen nicht berücksichtigen.

(424)

Ferner ist — wie im vorstehenden Abschnitt 3 dargelegt worden ist — der Hauptvorteil für die Erzeuger im Rahmen der PPA der, dass MVM verpflichtet ist, im Laufe eines mit der Betriebs- oder Amortisationszeit der betreffenden Erzeugungsanlagen identischen Zeitraums gebuchte Kapazitäten bzw. feste Strommengen zu Preisen zu kaufen, die die fixen und variablen Kosten des Stromerzeugers decken. Infolgedessen bewirken die PPA, dass der eine Partner zum Kauf von Elektrizität vom anderen Partner verpflichtet wird, ohne die tatsächliche Entwicklung des Angebots der Konkurrenten zu berücksichtigen.

(425)

Die Ausgleichsmechanismen mehrere Mitgliedstaaten legen die Obergrenze des Beihilfebetrags — anhand von Analysen der künftigen Entwicklung des Wettbewerbs und insbesondere unter Berücksichtigung der künftigen Entwicklung der Marktpreise nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage — im Voraus fest. Wenn der tatsächliche Ertrag des betreffenden Erzeugers über dem prognostizierten Wert liegt, dann wird der Wert des Beihilfebetrags neu berechnet und unter der Obergrenze festgelegt. Der Einfluss des Ausgleichs auf den Markt beschränkt sich also auf ein Minimum, insbesondere deswegen, weil kein minimales Produktions- und Verkaufsniveau für die Begünstigten gewährleistet wird.

(426)

Die PPA sind in dieser Beziehung — anstatt den Übergang des Elektrizitätssektors zu einem liberalisierten Markt zu fördern — vielmehr ein Hemmnis in der Entwicklung eines echten Wettbewerbs auf einem Großteil des Elektrizitätsmarkts. Die Zahlungsmechanismen der Beihilfe ermöglichen nicht die Berücksichtigung der künftigen Entwicklung des Wettbewerbs, und der Beihilfebetrag passt sich der tatsächlichen Entwicklung des Wettbewerbs nicht an.

(427)

Somit stehen die vorstehend genannten Bestimmungen im Widerspruch mit den Kriterien in Abschnitt 5 der Methodik, die besagen, dass die Finanzierungsmechanismen der Beihilfe keine Wirkungen zur Folge haben dürfen, die dem Gemeinschaftsinteresse zuwiderlaufen, wobei als Gemeinschaftsinteresse insbesondere der Wettbewerb berücksichtigt wird. Nach Abschnitt 5 dürfen die Finanzierungsmechanismen nicht dazu führen, dass fremde Unternehmen oder neue Wirtschaftsteilnehmer am Eintritt in bestimmte nationale oder regionale Märkte gehindert werden. Wie dies unter anderem in Erwägungsgrund 220 hervorgehoben worden ist, führen die Kapazitätsbuchung und das Kapazitätsentgelt jedoch dazu, dass MVM, d. h. der weit größte Kunde des Großhandelsmarkts, daran gehindert wird, anstelle der im Rahmen der PPA tätigen Erzeuger mit anderen Erzeugern Vertrag zu schließen. Überdies ist MVM aufgrund der Marktöffnung und der Bedingungen der PPA verpflichtet, Energiemengen über seinen Bedürfnissen zu kaufen, bzw. gezwungen, die überflüssige Elektrizität mit Hilfe von Freisetzungsmechanismen auf dem Markt weiterzuverkaufen. Schon allein das hindert die neuen Wirtschaftsteilnehmer am Eintritt in den Großhandelsmarkt. Die Kommission ist letztens der Ansicht, dass die PPA den Wettbewerb auf dem ungarischen Elektrizitätsgroßmarkt auf eine viel längere Zeit verzerren, als dies der Übergang zum Wettbewerbsmarkt begründen würde.

(428)

Die Vorschriften zum Abschluss der PPA erfüllen nicht das Kriterium in Punkt 4.5. der Methodik, weil der Beihilfehöchstbetrag, der den Erzeugern zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Ablauf der PPA gezahlt werden muss, nicht im Voraus angegeben worden ist.

(429)

Überdies bringt die Kommission im Sinne von Punkt 4.8. der Methodik äußerste Vorbehalte gegenüber den Beihilfen zum Ausdruck, die die vor Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG (112) erzielten Einnahmen ganz oder teilweise erhalten sollen, ohne die in Betracht kommenden verlorenen Kosten, die aufgrund der Einführung des Wettbewerbs entstehen könnten, strikt zu berücksichtigen.

(430)

Die Aufrechterhaltung der PPA nach dem Beitritt von Ungarn zur Europäischen Union führt genau dazu, dass die vor Inkrafttreten der Richtlinie 96/26/EG erzielten Einnahmen der betreffenden Stromerzeuger größtenteils erhalten bleiben. Überdies decken die Kraftwerke im Rahmen der PPA derzeit ein bedeutendes Marktsegment, ferner lauten die Verträge auf eine außergewöhnlich lange Laufzeit, die weit über der zur Anpassung an die Wettbewerbsverhältnisse rational notwendigen Zeit liegt.

(431)

Ferner kann die Kommission in den wesentlichen Bestimmungen der PPA keine Elemente finden, die aufgrund der Methodik als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnten. Zumal die Verkürzung der Laufzeit der PPA allein nicht ausreichen würde, um sie als vereinbar anzusehen, weil der auf den gebuchten Kapazitäten und den festen Abnahmemengen basierte Finanzierungsmechanismus die Entwicklung eines echten Wettbewerbs auch weiterhin hindern würde. Der Preisbildungsmechanismus würde der Zielsetzung, die Entwicklung eines tatsächlichen Wettbewerbs zu fördern, wo sich der Preis aus dem Gesetz von Angebot und Nachfrage ergibt, auch weiterhin zuwiderlaufen.

(432)

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen stellt die Kommission fest, dass die PPA mit den Kriterien der Methodik unvereinbar sind.

(433)

Die Beteiligten legten in ihrer Argumentation dar, dass Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auch dann für die PPA anwendbar ist, wenn diese im Übrigen die Kriterien, die in dem Urteil in der Rechtssache Altmark aufgestellt sind, nicht erfüllen.

(434)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die in den Erwägungsgründe 255—275 dargelegten Stellungnahmen im Zusammenhang mit den Kriterien des Urteils in der Rechtssache Altmark zugleich auch zu der Schlussfolgerung führen, dass Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf die PPA nicht anwendbar ist.

(435)

Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag ist ausschließlich dann anwendbar, wenn das begünstigte Unternehmen mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut worden ist, diese Voraussetzung ist — wie darauf die Ausführungen in den Erwägungsgründe 256—267 hinweisen — im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Ferner muss der Ausgleichsbetrag, der für die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu zahlen ist, den entstandenen Mehrkosten angemessen sein, das bedeutet, dass die genannte Dienstleistung genau abgrenzbar sein muss, um die damit verbundenen Kosten feststellen zu können. Wie die Erwägungsgründe 268—270 darauf hinweisen, ist diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

(436)

Folglich gilt die Gegenstand dieser Entscheidung darstellende Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe.

7.8   Zurückzahlung

(437)

Nach dem EG-Vertrag und nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist die Kommission befugt zu entscheiden, dass ein Mitgliedstaat eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe aufzuheben oder umzugestalten hat (113). Ebenfalls aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs dient die einem Mitgliedstaat durch eine Entscheidung der Kommission auferlegte Verpflichtung zur Aufhebung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe zur Wiederherstellung der früheren Lage (114). Der Gerichtshof sprach in diesem Zusammenhang aus, dass dieses Ziel erreicht ist, wenn der Empfänger den als rechtswidrige Beihilfe gewährten Betrag zurückgezahlt und dadurch den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, verloren hat, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt ist (115).

(438)

Artikel 14 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 stellt im Einklang mit der vorstehend genannten Rechtsprechung fest: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern. Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.“

(439)

Gewisse Beteiligte legten in ihren Argumentationen dar, dass die Aufhebung von privatrechtlichen Verträgen durch die Entscheidung der Kommission gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen würde, weil die PPA privatrechtliche Verträge sind, die von den Erzeugern in gutem Glauben, unter den zum Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung bestehenden Marktverhältnissen abgeschlossen worden sind. Sie behaupten auch, dass eine solche Entscheidung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzten würde. Die Kommission verwirft diese Argumentation aus den in den Erwägungsgründe 382—387 dargelegten Gründen.

(440)

Der Gerichtshof sprach hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit aus, dass die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten staatlichen Beihilfe zwecks Wiederherstellung der früheren Lage grundsätzlich nicht als eine Maßnahme angesehen werden kann, die außer Verhältnis zu den Zielen der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen stünde (116).

(441)

Folglich ist die Kommission der Ansicht, dass es ausreichende Gründe dafür gibt, dass die im Rahmen der PPA gewährte Beihilfe zwecks Wiederherstellung der Wettbewerbsbedingungen zurückgezahlt wird.

(442)

In den Erwägungsgründe 176—236 ist nachgewiesen worden, dass der aus den PPA erwachsende Vorteil die allfällig positive Differenz zwischen den Preisen der PPA und den ohne PPA erzielbaren Marktpreisen weit übersteigt.

(443)

Die Kommission ist jedoch der Ansicht, dass der Gesamtwert sämtlicher — in den Erwägungsgründe 174—236 beschriebenen — Bedingungen, die an die langfristige Abnahmepflicht von MVM anknüpfen, auf den Zeitraum zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Erlöschen der PPA nicht genau festgestellt werden kann. Somit wird die Kommission die Rückzahlung des Betrags der rechtswidrigen Beihilfe in der Rückzahlungsanordnung auf die Differenz beschränken, die zwischen den Einnahmen der Erzeuger mit PPA und den Einnahmen bestehen kann, die die Erzeuger im vorstehend genannten Zeitraum ohne die PPA am Markt hätten erzielen können.

(444)

Hinsichtlich des zurückzufordernden Betrags ist sich die Kommission darüber im Klaren, dass die genaue Festsetzung des Betrags der zugunsten der Begünstigten gewährten Beihilfe sehr kompliziert ist, weil dies davon abhängt, zu welchem Preis und wie viel Elektrizität im Zeitraum zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Erlöschen der PPA auf dem ungarischen Großhandelsmarkt verkauft worden wäre, wenn in dem genannten Zeitraum keine PPA in Kraft gewesen wären. Da die PPA den Großteil der ungarischen Erzeugungskapazitäten decken, hätte sich im Fall der Verwirklichung eines „alternativen Szenarios“ (counterfactual scenario) (117) der Markt im Vergleich zur in Wirklichkeit eingetretenen Situation sehr anders entwickelt.

(445)

Da Elektrizität nicht effizient gelagert werden kann, muss die Nachfrage und das Angebot, um die Netzstabilität gewährleisten zu können, zu jedem einzelnen Zeitpunkt zur Deckung gebracht werden. Wie viel Elektrizität die Erzeuger und die Importeure auf dem Großhandelsmarkt in dem genannten Zeitraum zu welchen Preisen verkaufen können, hängt folglich nicht von der Gesamtnachfrage in einem gegebenen Zeitraum, sondern von der Nachfrage zu den einzelnen Zeitpunkten ab (118). Überdies fluktuiert die Elektrizitätsnachfrage auch tagsüber und saisonal in hohem Maße, infolgedessen sind auch die zur Befriedigung der Nachfrage nötigen Erzeugungs- und Importkapazitäten zu den einzelnen Zeitpunkten unterschiedlich, ferner liefern einzelne Erzeugungsanlagen nur dann Elektrizität, wenn die Nachfrage groß ist (119). Folglich kann die Funktionsweise des Markts aufgrund der Angaben, die der Kommission in Bezug auf den Jahresverbrauch, die Erzeugung und den Preis zur Verfügung stehen, nicht präzis beurteilt werden.

(446)

Keine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts verlangt von der Kommission, bei der Anordnung der Rückzahlung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe den genauen Betrag der zu erstattenden Beihilfe festzusetzen. Es genügt, wenn die Entscheidung der Kommission Angaben enthält, die es ihrem Adressaten ermöglichen, ohne übermäßige Schwierigkeiten diesen Betrag selbst zu bestimmen (120).

(447)

Somit gibt die Kommission eine Anleitung zur Berechnung des zurückzuzahlenden Betrags. Wie bereits erwähnt, decken die PPA einen Großteil des ungarischen Elektrizitätsmarkts, so dass die Preise in deren Ermangelung ganz gewiss eine andere Entwicklung genommen hätten, als sie im Wettbewerbssegment derzeit feststellbar sind. Der Preis, den die Erzeuger ohne die PPA hätten erzielen können, kann also unter Verwendung des Resultats einer Marktsimulation festgestellt werden, die aus der Analyse der Funktionsweise des Elektrizitätsgroßhandelsmarkts aufgrund des „alternativen Szenarios“ besteht. Zweck der Simulation ist es, abzuschätzen wie sich der Absatz und die Preise im Fall des alternativen Szenarios entwickelt hätten. Auf dieser Grundlage kann eine zuverlässige Schätzung hinsichtlich darauf gegeben werden, wie hoch die Summe gewesen wäre, die MVM für die nach dem alternativen Szenario gekaufte Elektrizität an die betreffenden Erzeuger hätte zahlen müssen. Die Simulation muss die Voraussetzungen erfüllen, die in den folgenden Erwägungsgründen vorgesehen sind.

(448)

Erstens muss die Simulation, mit Rücksicht auf die außerordentlich niedrige Preisflexibilität der Energienachfrage, aufgrund der Hypothese durchgeführt werden, dass die Systembelastung nach dem alternativen Szenario zu jedem einzelnen Zeitpunkt mit der zu dem gegebenen Zeitpunkt tatsächlich gemessenen Belastung identisch ist.

(449)

Zweitens — wie in Erwägungsgrund 196 hervorgehoben worden ist — wird die Elektrizität im Rahmen von Spot- oder Termingeschäften gehandelt. Die Untersuchung des Elektrizitätssektors zeigte, dass die Terminpreise von den individuellen Erwartungen bezüglich der Entwicklung der Preise am Spotmarkt festgelegt werden. Abweichend von den Spotmärkten — wo aufgrund der ökonomischen Theorie im Fall von idealen Wettbewerbsbedingungen der Preis zu jedem einzelnen Zeitpunkt identisch ist mit den höchsten kurzfristigen Kosten (121) sämtlicher Erzeugungsanlagen zur Befriedigung der Nachfrage — gibt es auf den Terminmärkten kein solch offenkundiges Preisniveau, das aufgrund der ökonomischen Theorie schätzbar wäre. Überdies kann auch die Wirkung der von den Käufern und Verkäufern bei der Wahl zwischen Spot- und Termingeschäften angewandten Strategien nicht simuliert werden. Diese Tatsache wird von vielen verschiedenen, an den Großhandelsmärkten in ganz Europa zu beobachtenden Situationen gut veranschaulicht. Die Untersuchung des Elektrizitätssektors zeigte, dass das Verhältnis der als Spot-Erzeugnis gehandelten Menge und des nationalen Stromverbrauchs in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist (122).

(450)

Nach Erwägungsgrund 198 gelten die Spot-Kaufpreise — insbesondere die an den Spot-Energiebörsen notierten Preise — als Referenz für den gesamten Großhandelsmarkt, einschließlich der Terminprodukte. Um den zurückzuzahlenden Betrag feststellen zu können, muss nach Ansicht der Kommission die Simulation deshalb von der Hypothese ausgehen, dass die gesamte Elektrizität — mit Ausnahme der besonderen Fälle, die in den Erwägungsgründe 453 bis 456 aufgeführt worden sind — im Rahmen von Spotgeschäften verkauft wird.

(451)

Die Simulation muss aufgrund der kurzfristigen Grenzkosten der betreffenden Erzeugungsanlagen durchgeführt werden. Demnach muss die Simulation die relevanten Kennziffern — so insbesondere die installierte Kapazität, den Wärmewirkungsgrad, die Kosten für Brennstoff sowie andere wichtige Elemente der variablen Kosten, ferner die Zeiträume der geplanten und zwangsweise eintretenden Betriebsunterbrechungen — sämtlicher Stromerzeugungsanlagen (123) berücksichtigen, die in Ungarn im Zeitraum zwischen dem 1. Mai 2004 und dem Zeitpunkt des tatsächlichen Erlöschens der PPA tätig waren. Überdies muss bei der Durchführung der Simulation auch von der grundlegenden Hypothese ausgegangen werden, dass am simulierten Spotmarkt zu jedem einzelnen Zeitpunkt nur ein einziger Preis existiert, der sich aus dem Gesetz von Angebot und Nachfrage ergibt. Dieser einzige Preis ist infolge der Veränderung der Nachfrage und der variablen Kosten ein periodisch veränderlicher Preis.

(452)

Ferner muss im Zuge der Simulation auch darauf geachtet werden, dass MVM nach dem alternativen Szenario keine Mengen an Elektrizität kaufen muss, die über der zur Befriedigung der Bedürfnisse des öffentlichen Sektors benötigen Strommenge liegen (124). Folglich sind in dem alternativen Szenario die in Erwägungsgrund 226 genannten Verkaufsmechanismen nicht aufgeführt, und die Bedürfnisse von MVM beschränken sich auf die Mengen, die zur Befriedigung der Nachfrage im öffentlichen Sektor notwendig sind.

(453)

Überdies muss die Simulation auch die individuellen, gebührend begründeten Situationen berücksichtigen, die zur Abweichung von dem Grundsatz der Grenzkosten führen können, auf dem die gesamte Simulation gegründet ist. Die nach der Technologie der kombinierten Energieerzeugung arbeitenden Unternehmen können mit solchen individuellen Situationen konfrontiert werden. In Abhängigkeit von ihren vertraglich oder gesetzlich festgelegten Verpflichtungen bezüglich der Fernwärmeversorgung kann es vorkommen, dass diese Unternehmen Elektrizität zu einem Preis verkaufen, der unter ihren kurzfristigen Grenzkosten liegt.

(454)

In eine solche Situation können auch die Unternehmen gelangen, die wegen der von ihnen eingesetzten umweltfreundlichen Technologien Beihilfen aus staatlichen Maßnahmen erhalten. Dies ist der Stand der Dinge in Ungarn, wo Rechtsvorschriften MVM und den regionalen Versorgungsunternehmen eine solche Verpflichtung auferlegen, Elektrizität von Unternehmen, die bei der Stromerzeugung erneuerbare Energieträger oder Abfälle einsetzen bzw. nach der Technologie Kraft-Wärme-Kopplung Strom erzeugen, zu regulierten Tarifen zu kaufen, die im Allgemeinen höher sind als die Preise im Wettbewerbssegment des Großhandelsmarkts. Im Zuge der Simulation ist dies so zu betrachten, als wenn dieses verbindliche Abnahmesystem auch nach dem alternativen Szenario bestehen würde. Dies ist deswegen so zu betrachten, damit die von MVM im Rahmen des verbindlichen Abnahmesystems gekaufte Strommenge und der dafür bezahlte Preis damit übereinstimmen, was sich in Wirklichkeit, nach dem „wahren Szenario“ realisierte (125).

(455)

Überdies muss im Zuge der Simulation auch berücksichtigt werden, dass eine gewisse, physikalisch zur Verfügung stehende Menge an Erzeugungskapazität nicht zur Versorgung des Großhandelsmarkts mit Elektrizität verwendet werden kann, weil diese Kapazität zur Deckung von Ausgleichsleistungen für den koordinierenden Übertragungsnetzbetreiber gebucht worden ist. Nach dem wahren Szenario wurden solche Ausgleichsleistungen sowohl von den Stromerzeugern, die im Rahmen der PPA tätig sind, als auch von den anderen Erzeugern erbracht. Die Simulation ist aufgrund der Hypothese durchzuführen, dass sich im Rahmen des alternativen Szenarios die Kapazitätsbuchung für Ausgleichsleistungen des Übertragungsnetzbetreibers und die aufgrund dieser gebuchten Kapazität gelieferte Elektrizität sowie der dafür gezahlte Preis so entwickeln würden wie nach dem wahren Szenario.

(456)

Aufgrund des alternativen Szenarios könnten sich die Menge und der Preis der importierten und der exportierten Elektrizität anders entwickeln als nach dem wahren Szenario. Um diese Wirkung genau abschätzen zu können, müsste die Simulation auch auf die exportierenden und importierenden Länder ausgeweitet werden, weil die Entscheidungen der Marktteilnehmer, Elektrizität in ein anderes Land zu exportieren bzw. aus in einem anderen Land zu importieren, von den Marktverhältnissen bestimmt werden, die in den betreffenden Ländern bestehen. Angesichts dessen, dass Ungarns importierte bzw. exportierte Strommenge im Vergleich zur inländischen Erzeugung und zum inländischen Verbrauch begrenzt ist, ferner unter Berücksichtigung dessen, dass ein Drittel des Imports von langfristigen Verträgen gebunden ist (126), ist die Kommission der Ansicht, dass eine derartige Ausweitung der Simulation unverhältnismäßige Kraftanstrengungen erfordern würde. Ungarn kann deshalb davon ausgehen, dass die Import- und die Exportmengen bzw. die entsprechenden Preise nach dem alternativen Szenario mit denen nach dem wahren Szenario identisch sein würden.

(457)

Die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass gewisse Erzeuger, die mit MVM keine PPA abgeschlossen hatten, mit anderen Kunden lang- oder kurzfristige Leistungsverträge unterzeichneten. Die Kommission vertritt jedoch den Standpunkt, dass diese Verträge in der Simulation nicht berücksichtigt werden müssen, denn wären die PPA nach der grundlegenden Hypothese des alternativen Szenarios am 1. Mai 2004 oder noch früher erloschen, dann hätten alle Erzeuger — angesichts des erheblichen Anteils der im Rahmen der PPA gebuchten, installierten Kapazität — ihre Geschäftsstrategie umgestalten müssen. Wie dies in Erwägungsgrund 449 erläutert wird, ist der Anteil der Elektrizität, die als Spot- und Terminprodukt verkauft worden ist, nicht schätzbar. Deswegen kann angenommen werden, dass sämtliche Erzeuger ihre erzeugte Elektrizität voll und ganz als Spotprodukt verkaufen würde, vorausgesetzt, dass keine der in den Erwägungsgründe 453—456 aufgeführten Situationen für sie zutrifft.

(458)

Die Simulation des Großhandelsmarkts kann am präzisesten auf stündlicher Basis durchgeführt werden, unter Berücksichtigung sämtlicher Kennzahlen, die für die einzelnen Stunden maßgebend sind. Beschränkt sich die Simulation auf Proben, die aus repräsentativen Zeitpunkten entnommen worden sind, und werden die Resultate der zu diesen Zeitpunkten durchgeführten Simulationen auf den gesamten Untersuchungszeitraum projiziert, akzeptiert die Kommission auch dies.

(459)

Die Simulation muss eine solide Schätzung in Bezug darauf geben, wie viel und zu welchem Preis die einzelnen Erzeuger nach dem alternativen Szenario ihre Elektrizität verkaufen würden. Unter Zugrundlegung von früheren Angaben bezüglich des Gesamtverbrauchs der Endkunden des öffentlichen Sektors bzw. aller Endkunden muss geschätzt werden, wie sich das Verhältnis der Strommenge, die MVM zur Befriedigung der Bedürfnisse im öffentlichen Sektor beanspruchte (127), und der Gesamtstrommenge, die MVM zu den einzelnen Zeitpunkten auf dem Großhandelsmarkt verkaufte, nach dem alternativen Szenario gestalten würde.

(460)

Unter Verwendung des obigen Verhältnisses ist eine Schätzung in Bezug darauf zu erstellen, wie viel Elektrizität die einzelnen Erzeuger zu den einzelnen Zeitpunkten nach dem alternativen Szenario an MVM verkauft hätten. Aufgrund dieser Schätzungen muss festgestellt werden, wie hoch derjenige Betrag im gesamten Erhebungszeitraum gewesen wäre, den MVM nach dem alternativen Szenario für die Strommenge, die es zur Befriedigung der Bedürfnisse des öffentlichen Sektors kaufte, an die einzelnen Erzeuger bezahlt hätte (128).

(461)

Der letzte Abschnitt der Bestimmung des zurückzuzahlenden Betrags muss berücksichtigen, dass die Erzeuger in dem wahren Szenario nicht unbedingt die gesamte Elektrizität, die von den Blöcken der im Rahmen der PPA tätigen Kraftwerke erzeugt wurde, an MVM verkauften, sondern die nicht gebuchten Kapazitäten an andere Kunden verkauften. Der Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe muss für jeden einzelnen betroffenen Block pro Jahr ausgerechnet werden, auf der Grundlage, wie hoch die Differenz zwischen den Einnahmen aus dem Absatz von Elektrizität an MVM im Rahmen der PPA nach dem wahren Szenario (129) und dem Betrag ist, den MVM — nach den Berechnungen aufgrund der vorstehenden Grundsätze — nach dem alternativen Szenario hätte bezahlen müssen.

(462)

Die Kommission erkennt jedoch an, dass die betreffenden Erzeuger ihre Elektrizität an andere Kunden als MVM nach dem alternativen Szenario möglicherweise zu höheren Preisen verkauft hätten als nach dem wahren Szenario. Dies ist in erster Linie der Tatsache zu verdanken, dass in dem alternativen Szenario keine Kapazitätsbuchungen für MVM aufgeführt sind, was den Erzeugern zusätzliche Möglichkeiten dazu eröffnet, ihre erzeugte Elektrizität an andere Kunden als MVM zu verkaufen. Somit kann Ungarn die Differenz zwischen den Einnahmen, die nach dem alternativen Szenario aus dem Verkauf an andere Kunden als MVM entstanden, und den Einnahmen, die nach dem wahren Szenario aus einem derartigen Absatz tatsächlich entstanden, von den — nach Erwägungsgrund 461 — berechneten Beträgen in Abzug bringen, sofern diese Differenz ein positives Vorzeichen hat.

(463)

Nach Artikel 14 Absatz 2 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 ist der bei der Rückforderung der Beihilfe angewandte Zinssatz ein für jedes Kalenderjahr bestimmter Jahreszins.

(464)

Damit die Kommission die Präzision der Simulation überprüfen kann, müssen die ungarischen Behörden eine ausführliche Beschreibung über die angewandten Berechnungsmethoden sowie über die Eingabedaten der Simulation vorlegen.

(465)

Der Kommission sind Methoden bekannt, die zur Durchführung der Simulation geeignet sind. Die Kommission hat ein solches Instrument im Rahmen der Untersuchung des Elektrizitätssektors angewandt, um die Struktur und die Leistung von sechs europäischen Großhandelsmärkten zu analysieren (130). Viele Elektrizitätsunternehmen verwenden Instrumente dieser Art auch zur Erstellung von langfristigen Strompreisprognosen, zur Analyse der Ressourcenplanung und zur Optimierung der Produktionsauslastung. Überdies ist die Kommission — nach den vorstehenden Ausführungen — bereit, gewisse Vereinfachungen anzunehmen, insbesondere die Verwendung von Proben aus repräsentativen Zeitpunkten anstelle der Simulation auf stündlicher Basis. Ungarn ist also — gemäß dem Grundsatz der redlichen Zusammenwirkung nach Artikel 10 EG-Vertrag — verpflichtet, die Simulation innerhalb einer angemessenen Frist und gemäß den vorstehend genannten Grundsätzen durchzuführen und den Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe zu bestimmen.

(466)

Nach dem Standpunkt der Europäischen Kommission muss ein Mitgliedstaat, der bei der Durchführung einer Entscheidung auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten stößt oder sich über Folgen klar wird, die von der Kommission nicht beabsichtigt waren, diese Probleme der Kommission zur Beurteilung vorlegen. In einem solchen Fall müssen die Kommission und der Mitgliedstaat redlich zusammenwirken, um die Schwierigkeiten unter vollständiger Beachtung der Bestimmungen des EG-Vertrags (131) zu überwinden.

(467)

Die Kommission fordert Ungarn daher auf, die Probleme, auf die es bei der Durchführung der Entscheidung stößt, der Kommission zur Beurteilung vorzulegen.

8.   SCHLUSSFOLGERUNG

(468)

Die Kommission stellt fest, dass den Stromerzeugern durch die PPA rechtswidrige staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag gewährt werden, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind.

(469)

Nach den Darlegungen in Punkt 7.3. ist das staatliche Beihilfeelement der PPA die Abnahmepflicht von MVM. Im Rahmen dieser Abnahmepflicht ist MVM verpflichtet, gebuchte Kapazitäten bzw. feste Strommengen zu einem Preis zu kaufen, der die fixen, die variablen und die Kapitalkosten deckt, während eines Zeitraums, der mit der Amortisationszeit der betreffenden Erzeugungsanlagen nahezu identisch ist, wodurch eine Kapitalrendite für die Stromerzeuger gewährleistet wird.

(470)

Da diese staatliche Beihilfe mit dem EG-Vertrag unvereinbar ist, muss sie eingestellt werden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Mit den Abnahmeverpflichtungen, die in den langfristigen Strombezugsverträgen zwischen Magyar Villamos Művek Rt. und Budapesti Erőmű Rt., Dunamenti Erőmű Rt., Mátrai Erőmű Rt., AES-Tisza Erőmű Kft, Csepeli Áramtermelő Kft., Paksi Atomerőmű Rt. sowie Pécsi Erőmű Rt. (Unterzeichner der ursprünglichen PPA und Rechtsvorgänger von Pannon Hőerőmű Rt.) (132) niedergelegt sind, werden den Stromerzeugern staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag gewährt.

(2)   Die staatliche Beihilfe nach Absatz 1 ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

(3)   Ungarn stellt die Gewährung der in Absatz 1 genannten staatlichen Beihilfe innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung ein.

Artikel 2

(1)   Ungarn fordert die in Artikel 1 Absatz 1 genannte Beihilfe von den Begünstigten zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 (133) und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (134) nach der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 3

(1)   Ungarn teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung mit, welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden bzw. welche weiteren Maßnahmen vorgesehen sind, um dieser Entscheidung nachzukommen, insbesondere welche Schritte eingeleitet wurden, um eine angemessene Simulation des Großhandelsmarkts zwecks Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags durchzuführen, und welche Methoden und Eingabedaten im Einzelnen zur Verwirklichung des vorstehend genannten Ziels angewandt bzw. verwendet werden.

(2)   Ungarn unterrichtet die Kommission über den Fortgang der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Ungarn unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen. Ferner übermittelt Ungarn ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 4

(1)   Ungarn berechnet den genauen Rückforderungsbetrag anhand der angemessenen Simulation einer Situation am Elektrizitätsbinnenmarkt, die sich dann entwickelt hätte, wenn keiner der in Artikel 1 Absatz 1 genannten langfristigen Strombezugsverträge seit dem 1. Mai 2004 in Kraft gewesen wäre.

(2)   Ungarn berechnet innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung den Rückforderungsbetrag anhand der in Absatz 1 genannten Methode und legt der Kommission sämtliche relevanten Informationen bezüglich der genannten Simulation vor, insbesondere deren Resultate, die detaillierte Beschreibung der angewandten Methode und die bei der Durchführung der Simulation verwendeten Daten.

Artikel 5

Ungarn stellt sicher, dass die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe innerhalb von zehn Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung erfolgt.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Republik Ungarn gerichtet.

Brüssel, den 4. Juni 2008

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 324 vom 21.12.2005, S. 12.

(2)  Regierungserlass Nr. 183/2002 (VIII.23.) über verlorene Kosten.

(3)  Schreiben der ungarischen Behörden vom 4. Juni 2004, registriert am gleichen Tag, sowie vom 20. Oktober 2004, registriert am 21. Oktober 2004.

(4)  Schreiben von AES-Tisza Erőmű Kft. vom 21. Dezember 2004.

(5)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(6)  ABl. C 324 vom 21.12.2005, S. 12.

(7)  Ersuchen vom 14. Dezember 2005, stattgegeben von der Kommission am 20. Dezember 2005.

(8)  Ersuchen von den Beteiligten, registriert am 9. Januar 2006 (Budapesti Erőmű), am 16. Januar 2006 (AES-Tisza, […] ()), am 17. Januar 2006 (Electrabel), am 19. Januar 2006 […], bzw. am 20. Januar 2006 (Csepeli Erőmű), stattgegeben von der Kommission mit Schreiben vom 13., 18., 20. und 24. Januar bzw. vom 27. Februar 2006.

(9)  Daten, die als Geschäftsgeheimnis gelten, sind in der Entscheidung nachstehend mit dem Zeichen […] markiert.

(10)  Das Schreiben wurde am 3. April 2006 registriert.

(11)  2080/2007. (V.11.) Korm. Határozat a villamos energia iparban kötött hosszú távú szerződések rendezéséről.

(12)  Gesetz Nr. LXXXVI vom Jahre 2007.

(13)  Mit Ausnahme der Schreiben vom 7. Dezember 2007 und vom 14. Januar 2008.

(14)  Mitteilung der Kommission vom 26.7.2001. Auffindbar auf der Homepage der Kommission unter http://ec.europa.eu/comm/competition/state_aid/legislation/specific_rules.html

(15)  Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. L 176 vom 15.7.2003, S. 37).

(16)  Beitrag vom 20. Juli 2005, registriert am 25. Juli 2005.

(17)  Für einige Kraftwerke gelten gesonderte PPA, so zum Beispiel für verschiedene Blöcke von Mátrai Erőmű und von Dunamenti Erőmű.

(18)  Zum Beispiel Ausgleichsenergie, Minutenreserve, Fähigkeit zu Black-Start usw.

(19)  Diese Quoten beruhen auf der Berechnung der Kapazitätsbuchung (MW) und nicht auf der Menge des umgesetzten Stroms (MWh). Diese Quoten wurden der Kommission von den ungarischen Behörden mit Schreiben vom 4. Juni 2004 mitgeteilt. Die gleichen Angaben erscheinen in dem Bericht der Ungarischen Wettbewerbsbehörde vom 15. Mai 2006 über die Sektoruntersuchung auf dem ungarischen Elektrizitätsmarkt.

(20)  Aufgehoben im gegenseitigen Einvernehmen im März 2008.

(21)  Die Liste beruht auf Informationen der ungarischen Behörden vom 20. Oktober 2004 sowie auf der Richtlinie der Ungarischen Energiebehörde über die Durchführung der Kostenrevision zur Vorbereitung der Preisbildung im Januar 2001 (Richtlinie der Ungarischen Energiebehörde über die Durchführung der Kostenrevision zur Vorbereitung der Preisbildung im Januar 2001).

(22)  Schreiben vom 20. Juli 2005, registriert am 25. Juli 2005.

(23)  Schreiben vom 28. Juni 2006, registriert am 29. Juni 2006.

(24)  Siehe Bericht der Ungarischen Wettbewerbsbehörde vom 15. Mai 2006 über die Sektoruntersuchung auf dem ungarischen Elektrizitätsmarkt.

(25)  Gesetz Nr. XXXV vom Jahre 2006 über die Änderung einzelner Gesetze betreffend die Strompreisregelung.

(26)  Die Angaben der Tabelle beruhen auf den Statistiken in dem Statistischen Jahresbuch für Elektrische Energie. Siehe auch Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 21. April 2008.

(27)  Installierte Kapazität: die garantierte, nominelle Kapazität (MW) von eingebauten Maschineneinheiten in den Kraftwerken Ungarns, welche sich nur bei Erweiterung oder Demontage verändert.

(28)  Verfügbare konstante Kapazität: diejenige Leistung, welche das Kraftwerk unter Beachtung der konstant zulässigen Überbelastungen und der vorhanden konstanten Mängel erbringen kann, d. h. die aus dauerhaft bestehenden Gründen reduzierte und um die zulässigen Überbelastungen erhöhte installierte Kapazität.

(29)  Nutzbare Kapazität: die verfügbare konstante Kapazität, reduziert um den Kapazitätsausfall wegen geplanten Wartungen.

(30)  Die Tabellenangaben beruhen auf den PPA, welche von den ungarischen Behörden an die Kommission weitergeleitet wurden. Siehe Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 21. April 2008.

(31)  Vertraglich festgesetzter Wert der verfügbaren Durchschnittskapazität.

(32)  zwischen 400 und 700 MW (die mit Kleinbuchstaben nummerierten Fußnoten sind in der verbindlichen Version der Entscheidung nicht enthalten, in der öffentlichen Version sind diese jedoch vermerkt, um den Wertbereich der Größenordnung einzelner, unter die Geltung der Schweigepflicht fallender Daten zu signalisieren.)

(33)  zwischen 600 und 900 MW

(34)  zwischen 4 057 und 4 357 MW

(35)  zwischen 4 725,9 und 5 025,9 MW

(36)  zwischen 4 749,6 und 5 049,6 MW

(37)  zwischen 4 724,7 und 5 024,7 MW

(38)  Die Angaben der Tabelle beruhen auf den PPA, die von den ungarischen Behörden vorgelegt worden sind, auf den Statistiken der Ungarischen Energiebehörde (www.eh.gov.hu) und auf dem Schreiben der ungarischen Behörden vom 21. April 2008. Die feste Strommenge nach den Handelsverträgen kann von den Mengen im Rahmen der PPA bis zu einem gewissen Grad abweichen. Die Angaben der effektiven Abnahme enthalten die gesamten Strommengen, welche von den Stromerzeugern im Rahmen der PPA an MVM verkauft wurden.

(39)  Die Angaben über die gesamte Stromerzeugung und den Eigenbedarf umfassen auch diejenigen Kraftwerkblöcke, welche nicht unter die Geltung der PPA fallen.

(40)  Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. L 236 vom 23.9.2003).

(41)  ABl. L 27 vom 30.1.1997, S. 20.

(42)  Urteil des EuGH in der Rs. C-482/99 vom 16.5.2002, Französische Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Slg. 2002, S. I-04397)

(43)  Vgl. Urteil des EuGH in der Rechtssache T-366/00, „Scott S.A.“.

(44)  ABl. C 34 vom 7.2.2004, S. 8.

(45)  Urteil des EuGH in der Rs. C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, Beteiligter: Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht (EuGH, Slg. 2003, S. I-07747).

(46)  Richtlinie 2003/54/EG.

(47)  Vgl. Urteil des EuGeI in den verbundenen Rechtssachen T-298/97, T-312/97, T-313/97, T-315/97, T-600/97–T-607/97, T-1/98, T-3/98, T-6/98 und T-23/98 vom 15.6.2000.

(48)  Das Schreiben wurde am 19. Dezember 2006 registriert.

(49)  Vgl. ABl. C 119 vom 22.5.2002, S. 22.

(50)  Das Urteil des EuGeI vom 15. Juni 2000 in der Rechtssache Alzetta Mauro, auf das sich Budapesti Erőmű bezieht, bestätigt eigentlich ebenfalls, dass die Maßnahme im Anschluss an die Liberalisierung, unter den neuen Marktverhältnissen zu beurteilen ist, wenn erkennbar ist, dass die Maßnahme, die vor der Liberalisierung nicht als staatliche Beihilfe galt, sich in eine (bestehende oder neue) staatliche Beihilfe umwandelt.

(51)  Das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Ungarn andererseits, unterfertigt am 16. Dezember 1991.

(52)  Zitat, Stellungnahme des Beteiligten, Punkt 3.

(53)  Unabhängig davon, ob dieser Preis auf dem Preismechanismus der PPA oder auf Preisverordnungen basiert, da beide Preisregelungen auf ähnlichen Grundsätzen gründen.

(54)  Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-328/99 und C-399/00 Italien und SIM 2 Multimedia gegen Kommission (EuGH, Slg. 2003, S. I-4035, Randnr. 83).

(55)  Im Juni 2005 nahm die Kommission die Untersuchung der Funktionsweise der europäischen Gas- und Elektrizitätsbinnenmärkte in Angriff. Die vorliegende Entscheidung verwendet den Abschlussbericht vom 10. Januar 2007 über die Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren als Informationsquelle in Verbindung mit solchen wesentlichen Geschäftstrends und -methoden des europäischen Elektrizitätsbinnenmarkts, welche bereits am 1. Mai 2004, d. h. zum Zeitpunkt des Beitritts von Ungarn zur Europäischen Union bestanden. Der Abschlussbericht kann auf der folgenden Website entnommen werden: http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/others/sector_inquiries/energy/

(56)  Die kurzfristigen Grenzkosten sind Aufwendungen, die der Erzeuger vermeiden kann, wenn er sich entschließt, die Energieerzeugung kurzfristig einzustellen. Diese Kosten kommen annähernd den variablen Kosten gleich, weil die Brennstoffkosten in beiden Fällen von elementarer Bedeutung sind.

(57)  Die Tatsache, dass sich das Energieunternehmen in dem Vertrag zur Lieferung einer gebuchten Menge verpflichtet, ist als äquivalent zur Kapazitätsbuchung anzusehen.

(58)  Im Jahr 2005 15 % der gebuchten Kapazität.

(59)  Die Kapazitätsmenge, die den Übertragungsnetzbetreibern angeboten werden kann, und der zu bezahlende Preis verändern sich wegen der jährlichen Ausschreibungsverfahren in jedem Jahr bzw. es kann vorkommen, dass sie sinken, wenn die Bedürfnisse der Übertragungsnetzbetreiber geringer werden, oder wenn andere Lieferanten niedrigere Preise oder größere Mengen anbieten.

(60)  Die ungarischen Rechtsvorschriften schreiben für MVM und für die regionalen Versorgungsunternehmen vor, Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen oder aus Abfällen von verbundenen Unternehmen zu regulierten Tarifen zu kaufen.

(61)  Siehe unter anderen auf der Homepage http://www.mvm.hu

(62)  Ein anhand von verbrauchsabhängigen regulierten Tarifen gebildeter Preis.

(63)  Richtlinie 2003/54/EG.

(64)  Regierungserlass Nr. 183/2002.

(65)  Vgl. Schreiben der ungarischen Behörden vom 4. Juni 2004.

(66)  Elektrizitätsauktionen, Ausschreibungsverfahren zur Kapazitätsfreisetzung sowie Energiefreisetzungsprogramm MVM-„Marktplatz“.

(67)  Die Angaben der Tabelle beruhen auf Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 24. September 2007 und am 16. Januar 2008. Zwischen den Zahlen der beiden Schreiben sind in Hinsicht auf die Preise vom Jahr 2006 gewisse minimale Abweichungen (weniger als 5 %) feststellbar. In diesen Fällen stützt sich die vorliegende Entscheidung auf die spätere Auskunft (auf das Schreiben vom 16. Januar 2008).

(68)  Die Information beruht auf dem Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 24. September 2007. In 2005 und in 2006 wurde Elektrizität auf dem freien Markt auch von dem Unternehmen E.ON DKCE verkauft. Nach dem Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 22. April 2008, war die Verkaufsmenge jedoch gering, deshalb stehen den ungarischen Behörden keine Angaben bezüglich der entsprechenden Preise zur Verfügung.

(69)  Die verkaufte Menge macht weniger als 1 000 MWh aus. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Preise solch geringer Mengen keine geeignete Grundlage für einen Vergleich mit den Preisen der PPA darstellen.

(70)  Die Angaben beruhen auf den Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 24. September 2007 bzw. am 16. Januar 2008. Zwischen den Zahlen der beiden Schreiben sind gewisse minimale Abweichungen (weniger als 2 %) feststellbar. In diesen Fällen stützt sich die vorliegende Entscheidung auf die spätere Auskunft (auf das Schreiben vom 16. Januar 2008). Der Import von MVM basiert ebenfalls auf langfristigen Vereinbarungen. Diese Vereinbarungen sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

(71)  Name der Import-Partnerfirma.

(72)  Der gewichtete Durchschnittspreis der hier aufgezählten Importe betrug im Jahr 2004 9,14 HUF/kWh, in 2005 10,41 HUF/kWh und im Jahr 2006 11,49 HUF/kWh.

(73)  Vgl. Erwägungsgrund 32 dieser Entscheidung.

(74)  Die Durchschnittspreise sind indikativ gewichtete Preise.

(75)  Die Verkaufsmenge lag je nach Art der Elektrizität (Schwachlast, Grundlast, Spitzenlast) zwischen 25 000 und 2 000 000 MWh.

(76)  Nach den Schätzungen der ungarischen Behörden könnten die verschiedenen, derzeit im Rahmen der PPA tätigen Erzeuger ohne die PPA den Höchstgewinn folgendermaßen erzielen: Paksi Atomerőmű und Pécsi Erőmű würden 100 % ihrer erzeugten Elektrizität als Grundlast-Energie verkaufen, Mátrai Erőmű, Dunamenti Erőmű Block G2, Kelenföldi, Újpesti sowie Kispesti Erőmű würden von ihrer erzeugten Elektrizität annähernd 50 % als Grundlast-Energie bzw. 50 % als Spitzenlast-Energie verkaufen, Csepeli Erőmű, Dunamenti Erőmű Block F sowie Tisza II. Erőmű würden großenteils (annähernd zu 70 %) Spitzenlast-Energie verkaufen.

(77)  Vgl. Entscheidungen der Kommission in den Sachen N34/99 (ABl. C 5 vom 8.1.2002, S. 2), NN49/99 (ABl. C 268 vom 22.9.2001, S. 7), N6/A/2001 (ABl. C 77 vom 28.3.2002, S. 25) und C7/2005 (im Amtsblatt noch nicht bekannt gegeben).

(78)  Dies entspricht faktisch dem zweiten und dem dritten Kriterium des in der Rs. Altmark ergangenen Urteils.

(79)  Urteil des EuGeI in der Rs. T-55/99 vom 29.9.2000, CETM gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Randnr. 40 und 52.

(80)  Urteil des EuGH in der Rs. 203/82 vom 14.7.1983, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik, Randnr. 4.

Urteil des EuGH in der Rs. 173/73 vom 2.7.1973, Italienische Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Randnr. 18.

(81)  Urteil des EuGH in der Rs. C-379/98 vom 13.3.2001.

(82)  Urteil des EuGH in der Rs. C-482/99 vom 16.3.2002.

(83)  Vgl. Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 25.7.2005.

(84)  Stellungnahmen, S. 5, freie Übersetzung des englischen Originaltexts.

(85)  Das Schreiben wurde am 25. Juli 2005 registriert.

(86)  „Der Vertrag hat die im Kabinettsbeschluss angegebenen Formeln und Definitionen quasi übernommen.“ Schreiben der ungarischen Behörden, registriert am 25. Juli 2005.

(87)  Zitat, Schreiben vom 20.7.2005, registriert am 25.7.2005.

(88)  Der Wortlaut der gemeinsamen Richtlinie wurde der Kommission nur in englischer Sprache vorgelegt.

(89)  Schreiben der ungarischen Behörden vom 20.10.2004 sowie Schreiben von Dunamenti Erőmű Rt. vom 25.7.2005.

(90)  Anlage 3 zu den Stellungnahmen von […].

(91)  Name des Stromerzeugers.

(92)  Vgl. Urteil des EuGeI in den verbundenen Rechtssachen T-204/97 und T-290/97 vom 13.6.2000, EPAC — Empresa para a Agroalimentação e Cereais, SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGeI, Slg. 2000, S. II-02267).

(93)  ABl. L 27 vom 30.1.1997, S. 20.

(94)  Bekannt gegeben am 15.5.2006.

(95)  Zusammenfassung, Punkt 24 des Berichts.

(96)  Bekannt gegeben im November 2006. Originaltitel: „Auswirkungen der Aufhebung der langfristigen Strombezugsverträge auf die Großhandelspreise der Elektrizität“.

(97)  Zitat, Punkt 2 der Studie, „mit den Grundsätzen für die Funktionsweise des Wettbewerbsmarkts unvereinbar“.

(98)  10. Januar 2007, http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/others/sector_inquiries/energy/

(99)  Siehe Website der Ungarischen Energiebehörde www.eh.gov.hu

Der in der vorliegenden Entscheidung ursprünglich in ungarischer Sprachfassung angeführte Wortlaut ist die freie Übersetzung des englischen Originaltexts.

(100)  Studie von Dr. Theon van Dijk, März 2006.

(101)  Vgl. Entscheidung der Kommission vom 28.1.2004 über die staatliche Beihilfe CZ 14/2003 — Tschechische Republik „Česka spořitelna, a.s.“.

(102)  Siehe Fußnote 32.

(103)  ABl. L 236 vom 23.9.2003.

(104)  Leitlinien für staatliche Beihilfe mit regionaler Zielsetzung 2007—2013 — Nationale Fördergebiete: Slowenien, Slowakische Republik, Ungarn, Polen, von der Kommission genehmigt am 13.9.2006, bekannt gegeben in ABl. C 256 vom 24.10.2006, S. 7.

(105)  ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9.

(106)  ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13.

(107)  Frühere Leitlinie für staatliche Regionalbeihilfen, Punkt 4.15. sowie neue Leitlinie für staatliche Regionalbeihilfen, Punkt 5.

(108)  Zitat, neue Leitlinie für staatliche Regionalbeihilfen, Punkt 5.

(109)  Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen, ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 3.

(110)  ABl. C 82 vom 1.4.2008, S. 1.

(111)  Vgl. Methodik für die Analyse staatlicher Beihilfen in Verbindung mit verlorenen Kosten, Einleitung.

(112)  Eigentlich seit dem Zeitpunkt der Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts, also im Fall von Ungarn seit dem 1. Mai 2004.

(113)  Urteil in der Rs. C-70/72, Kommission gegen Deutschland (EuGH, Slg. 1973, S. 00813, Randnr. 13).

(114)  Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Slg. 1994, S. I-4103, Randnr. 75).

(115)  Urteil in der Rs. C-75/97, Königreich Belgien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Slg. 1999, S. I-03671, Randnr. 64—65).

(116)  Urteil in der Rs. C-75/97, Königreich Belgien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Slg. 1999, S. I-03671, Randnr. 68), Urteil in der Rs. C-142/87, Königreich Belgien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Slg. 1990, S. I-00959, Randnr. 66) sowie Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Slg. 1994, S. I-4103, Randnr. 75).

(117)  Also in dem imaginären Fall, wenn zwischen dem 1. Mai 2004 und der Aufhebung der PPA kein einziger PPA in Kraft gewesen wäre und sich alle anderen Faktoren ähnlich entwickelt hätten. Das „wahre Szenario“ entspricht der Situation, die wegen des Bestehens der PPA in Wirklichkeit eingetreten ist.

(118)  Diese Kennziffer wird herkömmlich als „Systembelastung“ bezeichnet und in MW angegeben.

(119)  Diese Zeitabschnitte werden herkömmlich als „Spitzenlast“ bezeichnet, wenn die Nachfrage groß ist, entgegen den Zeitabschnitten der „Grundlast“.

(120)  Vgl. Urteil in der Rs. C-480/98, Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Slg. 2000, S. I-8717, Randnr. 25) sowie Urteil in der Rs. C-415/03, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Griechenland (EuGH Slg. 2005, S. I-03875, Randnr. 39).

(121)  Unter idealen Wettbewerbsbedingungen wird die Nachfrage von den Erzeugungsanlagen befriedigt, deren kurzfristigen Grenzkosten am niedrigsten sind, und die fähig sind, das Netz mit der vollständigen Strommenge zu versorgen, die zur Befriedigung der Nachfrage benötig wird. Die Erzeugungsanlagen der Kraftwerke werden aufgrund ihrer kurzfristigen Grenzkosten eingestuft. Ihr Marktzutritt hängt zu jedem einzelnen Zeitpunkt davon ab, welchen Platz sie in dieser „Rangordnung“ einnehmen, wie hoch ihre Systembelastung ist, ferner wie viel Elektrizität die Erzeugungsanlagen liefern, die in der „Rangordnung“ vor ihnen eingestuft worden sind.

(122)  Zum Beispiel ist dieses Verhältnis in Frankreich 5 %, im Vereinigten Königreich Großbritannien u. Nordirland 11 %, in Italien 44 %, in Spanien 84 %.

(123)  Egal, ob sie im Rahmen der PPA betrieben wurden oder nicht.

(124)  Unter Berücksichtigung der Verluste, die in dem Übertragungsnetz und in dem Verteilernetz entstehen.

(125)  Das „wahre Szenario“ spiegelt wider, wie sich der Markt seit dem 1. Mai 2004 unter Bestehen der PPA tatsächlich entwickelte.

(126)  Die auch im Fall eines alternativen Szenarios in Kraft geblieben wären.

(127)  Diese Menge entspricht der Summe des tatsächlichen Stromverbrauchs der Kunden des öffentlichen Sektors und der zusätzlichen Strommenge, die wegen der Verluste in den Übertragungsnetzen und in den Verteilernetzen beansprucht worden ist.

(128)  Im Zeitraum zwischen dem 1. Mai 2004 und dem tatsächlichen Erlöschen der PPA.

(129)  Diese Einnahmen müssen unter Zugrundelegung der Preise berechnet werden, die MVM tatsächlich bezahlte. Bei den Berechnungen in Bezug auf den Zeitraum (zwischen dem 9. Dezember 2006 und dem 31. Dezember 2007), als die regulierten Tarife die Preisformeln der PPA aufhoben, sind die regulierten Tarife zu berücksichtigen.

(130)  Die betroffenen Mitgliedstaaten sind Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Holland, Spanien und das Vereinigte Königreich Großbritannien u. Nordirland. Die Großhandelsmärkte dieser Länder gehören in Europa zu den Größten.

(131)  Vgl. Urteil in der Rs. C-94/87, Europäische Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland (EuGH, Slg. 1989, S. 175, Randnr. 9) sowie Urteil in der Rs. C-348/93, Europäische Kommission gegen Italienische Republik (EuGH Slg. 1995, S. 673, Randnr. 17).

(132)  Firmennamen zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der PPA.

(133)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.

(134)  ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1.


27.8.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 225/104


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 2. Juli 2008

über die von Griechenland gewährten Beihilfen C 16/04 (ex NN 29/04, CP 71/02 und CP 133/05) für Hellenic Shipyards SA

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 3118)

(Nur der griechische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2009/610/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß den vorgenannten Artikeln (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 9. September 2003 legten die griechischen Behörden einen Antrag von Hellenic Shipyards SA (nachstehend „HSY“) auf Änderung an dem Investitionsplan für seine Umstrukturierung vor, für den die Kommission durch Entscheidung vom 15. Juli 1997 die Gewährung einer Beihilfe in der Rechtssache N 401/97 (2) (in der Folge „Entscheidung N 401/97“) genehmigt hatte. Laut dem im November 2002 geänderten Investitionsplan stellte HSY den Antrag, die Durchführung des Investitionsplans bis zum 30. Juni 2004 abzuschließen, und erhielten dafür die Genehmigung der griechischen Behörden. Darüber hinaus war laut geändertem Investitionsplan die durch die Kommission 1997 genehmigte Beihilfe noch nicht an HSY ausgezahlt worden.

(2)

Die griechischen Behörden erläuterten mit Schreiben vom 31. Oktober 2003, dass der Investitionsplan der Kommission nur „zur Information“ vorgelegt worden, jedoch nicht als Anmeldung anzusehen sei.

(3)

Mit Schreiben vom 18. November 2003 ersuchte die Kommission die griechischen Behörden klarzustellen, ob sie die Absicht hätten, HSY für den geänderten Investitionsplan Beihilfen zu gewähren oder auszuzahlen. In demselben Schreiben erinnerte die Kommission die griechischen Behörden daran, in einem solchen Falle sei laut Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (3) (nachstehend „Verordnung (EG) Nr. 659/1999“) die betreffende Beihilfe bei der Kommission anzumelden und dürfe vor einer endgültigen Entscheidung der Kommission in der Angelegenheit nicht durchgeführt werden.

(4)

Mit Schreiben vom 16. Januar 2004 erklärten die griechischen Behörden, dass die von ihnen beabsichtigte Beihilfe eine „bestehende Beihilfe“ im Sinne der Genehmigungsentscheidung der Kommission aus dem Jahr 1997 bilde und sie die Befugnis hätten, Änderungen des Umstrukturierungsplans zu billigen, darunter auch die Verschiebung des Zeitplans seiner Durchführung.

(5)

Mit Schreiben vom 20. Februar 2004 teilte die Kommission den griechischen Behörden ihre ernsten Zweifel in Bezug auf die Gültigkeit obiger Erklärungen mit.

(6)

Mit Schreiben vom 27. Februar 2004 erklärten die griechischen Behörden, sie hätten HSY bis zum vorliegenden Datum keine Beihilfe gewährt.

(7)

Mit Entscheidung K(2004) 1359 vom 20. April 2004 (4) (nachstehend „Entscheidung über die Verfahrenseinleitung“) eröffnete die Kommission das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrags bezüglich der Änderungen, die im Investitionsplan, der zum Teil durch die mit Entscheidung N 401/97 genehmigte Investitionsbeihilfe finanziert wurde, vorgenommen wurden. Die Entscheidung über die Verfahrenseinleitung führt ebenfalls an, die staatseigene Griechische Bank für Industrielle Entwicklung (nachfolgend „ETVA“) habe mehrfach Darlehen und Bürgschaften an HSY gewährt und die griechischen Behörden hätten die Vorlage von Jahresberichten verabsäumt.

(8)

Nach mehrfacher Fristverlängerung für die Abgabe einer Stellungnahme äußerte sich Griechenland mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 zur Entscheidung über die Verfahrenseinleitung.

(9)

Die Entscheidung der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (5). In diesem Rahmen forderte die Kommission die Betroffenen auf, sich zu den Maßnahmen zu äußern.

(10)

Nach mehrfacher Fristverlängerung für die Abgabe einer Stellungnahme äußerte sich HSY mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 zur Entscheidung über die Verfahrenseinleitung. Diese Stellungnahme deckt sich mit den von Griechenland vorgelegten Äußerungen vom 20. Oktober 2004. Elefsis Shipyards SA, ein Konkurrenzunternehmen der HSY, reichte mit Schreiben vom 10. September 2004 eine Stellungnahme ein. Genannte Äußerungen wurden mit Schreiben vom 16. Dezember 2004 und vom 23. Dezember 2004 an Griechenland übermittelt. Die griechischen Behörden erwiderten mit Schreiben vom20. Januar 2005 bzw. vom 26. Januar 2005. Mit Schreiben vom 29. März 2005 übermittelte die Kommission den griechischen Behörden eine zusätzliche Stellungnahme durch Elefsis Shipyards, auf die Griechenland mit Schreiben vom 23. Mai 2005 antwortete.

(11)

Bereits seit dem Jahr 2002 hatte die Kommission durch Elefsis Shipyards schriftliche Beschwerden erhalten, in denen behauptet wurde, die HSY hätte widerrechtliche und unvereinbare Beihilfemaßnahmen in Anspruch genommen und von der Kommission genehmigte Beihilfen nicht korrekt durchgeführt. Die Schreiben tragen folgende Daten: 23. Mai 2002, 28. Mai 2002, 14. August 2002, 24. April 2003, 3. Februar 2004, 4. März 2004, 30. Juni 2004, 8. April 2005, 27. April 2005, 24. Mai 2005, 10. Juni 2005, 15. Juli 2005, 28. Juli 2005, 13. September 2005, 16. September 2005, 21. Oktober 2005, 12. Dezember 2005, 23. Dezember 2005, 6. Januar 2006, 10. Januar 2006, 12. Januar 2006, 18. Januar 2006, 23. Januar 2006, 3. Februar 2006, 9. Februar 2006, 23. März 2006, 28. März 2006, 6. April 2006, 20. April 2006, 24. Mai 2006 und 2. Juni 2006. Die Kommission übersandte dem Beschwerdeführer Schreiben am 27. Juni 2002, am 22. Juli 2004 und am 12. August 2005.

(12)

Die betreffenden Beschwerden wurden unter Nr. CP 71/02 und CP 133/05 eingetragen.

(13)

Die Kommission forderte Griechenland mit den Schreiben vom 30. Januar 2003, vom 30. Juli 2004, vom 2. Mai 2005, vom 24. Mai 2005, vom 24. März 2006, vom 24. Mai 2006 und vom 29. Mai 2006 auf, Auskünfte zu erteilen. Die griechischen Behörden erwiderten mit den Schreiben vom 31. März 2003, vom 21. Oktober 2004, vom 17. Dezember 2004, vom 20. Juni 2005, vom 25. April 2006, vom 30. Mai 2006 und vom 1. Juni 2006.

(14)

Am 22. März 2006 kam es zu einem Treffen zwischen der Kommission und den griechischen Behörden, die von Vertretern von HSY und der Piraeus Bank begleitet wurden, welche der Kommission ergänzende Schriftstücke vorlegten. Am 10. Januar 2003, 14. Januar 2003, 10. März 2005, 20. Mai 2005, 19. Oktober 2005, 8. November 2005 und am 23. März 2006 kam es zu einem Treffen zwischen der Kommission und dem Beschwerdeführer sowie am 21. März 2006 mit der ThyssenKrupp Marine Systems AG (nachstehend „TKMS“).

(15)

Mit der Entscheidung K(2006) 2983 vom 4. Juli 2006 (6) (nachstehend „Entscheidung über die Verfahrensausdehnung“) wurde das durch Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrags vorgesehene Verfahren erweitert, um mehrere zusätzliche Maßnahmen zugunsten von HSY mit einzubeziehen. Die betreffende Entscheidung über die Verfahrensausdehnung kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass mehrere nicht angemeldete Maßnahmen entweder nicht von Artikel 296 des EG-Vertrags erfasst werden oder keine Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags darstellen.

(16)

Das Verfahren in der Rechtssache C 16/04 wurde vorbehaltlich jedes weiteren bestehenden oder künftigen Verfahrens, insbesondere des Verfahrens C 40/02, bezüglich staatlicher Beihilfen für HSY ausgedehnt.

(17)

Nach beantragter und genehmigter Verlängerung der Beantwortungsfrist erwiderten die griechischen Behörden mit Schreiben vom 5. Oktober 2006 auf die Entscheidung zur Ausdehnung des Verfahrens.

(18)

Die Entscheidung der Kommission über die Ausdehnung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (7). In diesem Zusammenhang forderte die Kommission die beteiligten Parteien zur Abgabe von Stellungnahmen über die Maßnahmen auf.

(19)

Folgende Beteiligte äußerten sich vor der Kommission: HSY reichte mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 eine Stellungnahme ein. Die Elliniki Nafpigokataskevastiki AE Chartofylakeiou und TKMS reichten mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 eine gemeinsame Stellungnahme ein. Die Piraeus Bank äußerte sich mit Schreiben vom 27. Oktober 2006 und — nach einem Treffen mit der Kommission vom 15. November 2006 — mit Schreiben vom 27. Dezember 2006. Nach beantragter und erfolgter Verlängerung der Beantwortungsfrist reichte Elefsis Shipyards mit Schreiben vom 17. November 2006 eine Stellungnahme ein.

(20)

Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 übermittelte die Kommission die betreffenden Stellungnahmen an die griechischen Behörden, die mit Schreiben vom 7. März 2007 und 19. März 2007 Bemerkungen übersandten. Mit Schreiben vom 27. April 2007 übersandte die Kommission Anhänge zu den Stellungnahmen dritter Parteien, die im Schreiben vom 22. Februar übergangen worden waren. Im Schreiben vom 27. April 2007 legte die Kommission den griechischen Behörden bestimmte Fragen vor, auf die Griechenland mit Schreiben vom 29. Juni 2007 erwiderte. Mit Schreiben vom 23. August 2007 legte die Kommission HSY Fragen vor, die mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 beantwortet wurden. Mit Schreiben vom 13. November 2007 ersuchte die Kommission um weitere Auskünfte von den griechischen Behörden und übermittelte die von HSY vorgelegten Antworten zum 9. Oktober 2007. Griechenland erwiderte mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 und 14. Dezember 2007. Am 16. Oktober 2007 und am 21. Januar 2008 kam es zu einem Treffen zwischen der Kommission und den griechischen Behörden. Am 12. Februar 2008 legte die Kommission zusätzliche Fragen an Griechenland vor, die mit Schreiben vom 3. März 2008 beantwortet wurden.

(21)

Am 8. Mai 2007 wurde ein Treffen zwischen der Kommission und TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki sowie dem von HSY beauftragten Rechtsanwalt durchgeführt. TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki reichten mit Schreiben vom 21. Juni 2007 eine Stellungnahme ein. Die Kommission leitete das betreffende Schreiben am 11. September 2007 an die griechischen Behörden weiter, welche sich mit Schreiben vom 11. Oktober 2007 dazu äußerten. Nach einem zweiten Treffen vom 9. Januar 2008 zwischen der Kommission und denselben Personen legte die TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki eine zusätzliche Stellungnahme mit Schreiben vom 18. Januar 2008 vor, die mit Schreiben vom 12. Februar 2008 an die griechischen Behörden weitergeleitet wurde.

(22)

Am 15. März und am 7. August 2007 traf sich die Kommission mit Vertretern von HSY. Nach dem letztgenannten Treffen reichte HSY zusätzliche Äußerungen mit Schreiben vom 8. November 2007 ein, die mit Schreiben vom 17. Januar 2008 an die griechischen Behörden weitergeleitet wurden. Griechenland legte mit Schreiben vom 15. Februar 2008 Bemerkungen dazu vor.

(23)

Die Piraeus Bank äußerte eine zusätzliche Stellungnahme mit Schreiben vom 22. Oktober 2007, die mit Schreiben vom 13. November 2007 an die griechischen Behörden weitergeleitet wurde. Am 12. Februar 2008 ersuchte die Piraeus Bank um ein erneutes Treffen mit der Kommission, welches am 5. März 2008 erfolgte.

(24)

Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 führt an, dass der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten binnen Monatsfrist ihre Stellungnahmen einreichen könnten sowie dass „die Kommission in gebührend begründeten Fällen die gesetzte Frist verlängern könne“. Im vorliegenden Fall hatten die Beteiligten jedoch auch nach Ablauf dieser Frist immer weiter Stellungnahmen eingereicht (und um Treffen mit der Kommission ersucht). Ursprünglich hatte die Kommission diese Äußerung zwecks Vorlage von Bemerkungen an die griechischen Behörden weitergeleitet, um ihnen auf diese Weise zu verstehen zu geben, dass die Kommission die betreffenden Stellungnahmen auch nach Ablauf der Monatsfrist entgegengenommen habe. Zunächst nahm die Kommission auch Ersuchen der Beteiligten um Treffen entgegen, und wenn im Verlauf dieser Treffen eine interessierte Partei darum bat, zusätzliche Äußerungen bezüglich der dort besprochenen Themen vorlegen zu dürfen, so wurde dem stattgegeben. Doch niemals erwähnte die Kommission den Beteiligten gegenüber, dass sie weitere nach Ablauf der Monatsfrist eingegangene Stellungnahmen entgegennehmen würde. Im konkreten Fall hat die Kommission den Beteiligten gegenüber niemals erwähnt, sie könnten unbegrenzt Stellungnahmen einreichen oder sie würden darüber informiert, wann keine Äußerungen mehr entgegengenommen würden.

(25)

Die Kommission ist der Ansicht, die Verlängerung der festgesetzten Monatsfrist sei im vorliegenden Fall berechtigt gewesen, da die Entscheidung über die Verfahrensausdehnung eine große Anzahl an Maßnahmen umfasse. Zudem erfordere die Würdigung einiger der betreffenden Maßnahmen komplexe Erwägungsgründe und die Klärung von Sachverhalten, die bis zu zehn Jahre zurücklägen.

(26)

Dennoch reichten einige Beteiligte nach wie vor und selbst nach Ablauf eines Jahres seit Veröffentlichung der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung Stellungnahmen bei der Kommission ein. So beschloss die Kommission, die nach dem vorgegebenen Datum eingelangten Äußerungen zu übergehen, um das Ergehen einer endgültigen Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist nicht durch die fortgesetzt eingereichten Stellungnahmen zu behindern (8). Darüber hinaus hätten die Beteiligten in bestimmten Fällen erneut Themen kommentiert, zu denen sie sich bereits geäußert hatten, ohne neue Sachverhalte darzustellen. Dies könne nicht der Zweck einer Fristverlängerung für die Einreichung von Stellungnahmen sein.

(27)

Demgemäß beschloss die Kommission, alle nach dem 5. März 2008 eingegangenen Äußerungen als nach Fristablauf für die Abgabe von Stellungnahmen eingetroffen zu betrachten (das heißt, nachdem die Kommission das vierseitige Schreiben vom 3. März 2008 erhalten hatte, in dem Griechenland das Schreiben der Kommission vom 12. Februar 2008 erwiderte). Dies betrifft die Stellungnahmen, die durch HSY am 7. März 2008, 24. April 2008 und 2. Juni 2008 (9) eingereicht wurden, sowie auf die Äußerung von Elliniki Nafpigokataskevastiki/TKMS vom 2. April 2008. Das bedeutet, dass die betreffenden Stellungnahmen nicht zur Vorlage von Bemerkungen nach Griechenland geschickt und in vorliegender Entscheidung nicht berücksichtigt wurden.

2.   VORANGEGANGENE BESCHLÜSSE DER KOMMISSION UND DES RATES

(28)

Die Anlagen von HSY gehören zu den größten des östlichen Mittelmeerraums. Die Werft befindet sich in Skaramangas im Westen Athens in Attika. Die HSY wurde 1939 von der Griechischen Marine gegründet und 1957 vom Firmenkonsortium Niarchos erworben. Durch die anhaltende Krise im Schifffahrtssektor nach der ersten Erdölkrise wurde die Wirtschaftstätigkeit der HSY in Mitleidenschaft gezogen. Im April 1985 spitzte sich die Lage dermaßen zu, dass die Tätigkeiten eingestellt wurden und sich das Unternehmen in Liquidation befand. Im September 1985 wurde HSY durch die staatseigene Bank ETVA aufgekauft. In der Folge nahm sie ihre Geschäftstätigkeit wieder auf. Gleichwohl erwiesen sich die Tätigkeiten angesichts der umfangreichen Werftanlagen und der großen Zahl an Beschäftigten als nicht ausreichend (10).

(29)

Im Jahr 1990 wurde in der Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1990 über Beihilfen für den Schiffbau (Nr. 90/684/EWG) (nachstehend „Richtlinie Nr. 90/684/EWG“) (11) eine Sonderverordnung zugunsten Griechenlands erlassen, welche die Durchführung von Betriebsbeihilfen zur Umstrukturierung im Zusammenhang mit der Privatisierung mehrerer Werften gestattete.

(30)

Im Jahr 1992 befand sich HSY aufgrund finanzieller Verbindlichkeiten und der aufgelaufenen Verluste unter Liquidation. Nach zwei erfolglosen Veräußerungsversuchen wurde im November 1993 das Liquidationsverfahren von HSY ausgesetzt. Aufgrund der von der griechischen Regierung eingegangenen Verpflichtungen zur Privatisierung der staatseigenen Werften bis zum 31. März 1993 billigte die Kommission am 23. Dezember 1992 (12) einen Schuldenerlass zugunsten der HSY. Da die griechische Regierung die Frist vom März 1993 nicht einhielt, eröffnete die Kommission am 10. März 1994 ein Prüfverfahren (C 10/94) in Bezug auf die unkorrekte Durchführung der genehmigten Beihilfen (13). Am 26. Juli 1995 beschloss die Kommission (14), das Verfahren mit einer Negativentscheidung über die Beihilfen zugunsten von HSY abzuschließen. Auf Antrag der griechischen Regierung, die sich auf die bevorstehende Veräußerung der Werft berief, beschloss die Kommission, die Mitteilung der genannten Entscheidung auszusetzen. Schließlich teilten die griechischen Behörden der Kommission mit, dass 49 % der Firmenanteile an Belegschaftsangehörige veräußert wurden und Griechenland die Gelegenheit genützt habe, im Interesse der Landesverteidigung, wie in Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG vorgesehen, eine Mehrheitsbeteiligung an einer der Werften zu halten. Am 31. Oktober 1995 widerrief die Kommission die abschließende Negativentscheidung bezüglich HSY (15). In der Zwischenzeit wuchsen die Schulden weiter an, ohne dass die Umstrukturierung erfolgt wäre. Folglich dehnte die Kommission am 8. Januar 1997 das in der Beihilfesache C 10/94 eröffnete Verfahren aus (16). In der Folge wurde die Verordnung (EG) Nr. 1013/97 des Rates vom 2. Juni 1997 über Beihilfen für bestimmte Werften, die zur Zeit umstrukturiert werden (17) (nachstehend „Verordnung (EG) Nr. 1013/97“), erlassen, die auch HSY umfasste.

(31)

Am 15. Juli 1997 genehmigte die Kommission in zwei separaten Entscheidungen Beihilfen an HSY:

Mit der ersten Entscheidung (18) (nachstehend „Entscheidung in der Sache C 10/94“) schloss die Kommission das Verfahren in der Beihilfesache C 10/94 ab, indem sie kraft Verordnung Nr. 1013/97 einen Schuldenerlass in Höhe von 54,5 Mrd. GRD (160 Mio. EUR) billigte.

Mit der Entscheidung N 401/97 genehmigte die Kommission nach Anmeldung vom 20. Juni 1997 der griechischen Behörden eine Subvention in Höhe von 7,8 Mrd. GRD (22,9 Mio. EUR) für einen Investitionsplan im Wert von 15,6 Mrd. GRD (45,9 Mio. EUR) zur Umstrukturierung der Werften.

(32)

Im Jahr 2001 beschloss die Regierung, HSY zur Gänze zu privatisieren. Seitens des griechischen Staates wurde eine offene Ausschreibung schriftlich bekannt gemacht. Am 31. Mai 2002 veräußerten die Belegschaftsangehörigen von ETVA und HSY die in ihrem Besitz befindlichen Anteile an HSY an ein aus HDW und Ferrostaal (19) (nachstehend „HDW/Ferrostaal“) gebildetes Konsortium. Das genannte Konsortium gründete Elliniki Nafpigokataskevastiki, um sich an der HSY zu beteiligen. HDW und Ferrostaal hielten gleich viele Geschäftsanteile an der Elliniki Nafpigokataskevastiki. ThyssenKrupp kaufte HDW im Januar 2005 (20) und erwarb im November 2005 (21) die Firmenanteile von Elliniki Nafpigokataskevastiki, die im Besitz von Ferrostaal waren. Folglich befindet sich HSY seit November 2005 im vollen Besitz und unter voller Kontrolle von ThyssenKrupp. Elliniki Nafpigokataskevastiki und HSY sind in TKMS eingegliedert worden, und zwar in die auf Seeschiffsysteme und Handelsschiffe spezialisierte Sparte.

(33)

Im August 2001 erließ der griechische Staat während des laufenden Ausschreibungsverfahrens zur Veräußerung der HSY das Gesetz 2941/2001, das mehrere Maßnahmen enthielt, um die Veräußerung von HSY zu erleichtern. Erstens wurden den Belegschaftsangehörigen darin Anreize für ihre Freisetzung geboten. Zweitens übernahm darin der griechische Staat bestimmte einmalige Rentenaufwendungen von HSY. Drittens wurde darin HSY der Genuss steuerfreier Rückstellungen ermöglicht, wenn sie für den Verlustausgleich der vorangegangenen Jahre verwendet wurden. Viertens war darin eine Verordnung für die Entschädigung von Beschäftigten vorgesehen, die vor der Privatisierung Anteilseigener von HSY waren. Im Besonderen verpflichtete sich der griechische Staat, den Beschäftigten die in HSY investierten Summen im Rahmen der Kapitalaufstockungen aus den vergangenen Jahren zurückzuerstatten. Am 5. Juni 2002 erließ die Kommission eine zweifache Entscheidung (nachstehend „Entscheidung N 513/01“) (22) in Bezug auf gewisse im Gesetz 2941/2001 enthaltene Maßnahmen, die Griechenland im Jahr 2001 (nachstehend Mitteilung Nr. N 513/01) angemeldet hatte. Die Kommission beschloss, Schließungsbeihilfen in Höhe von 29,5 Mio. EUR zugunsten der HSY zu genehmigen und das in Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrags vorgesehene förmliche Prüfverfahren (Nr. C 40/02) für folgende Themen zu eröffnen: (1) Zahlung bestimmter einmaliger Rentenaufwendungen für Beschäftigte von HSY durch den Staat; (2) Umwandlung gewisser Bilanzrückstellungen unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Steuer von 10 %. Die am 20. Oktober 2004 (23) getroffene endgültige Entscheidung (nachstehend „Entscheidung C 40/02“) kam zu dem Schluss, dass diese beiden Maßnahmen nicht vereinbare staatliche Beihilfen bildeten und zurückgefordert werden müssten.

3.   WÜRDIGUNG HORIZONTALER MASSNAHMEN

(34)

Die vorliegende Entscheidung betrifft sechzehn Maßnahmen. Vor einer Einzelprüfung muss die Kommission gewisse Grundfragen klären, die sich auf die Einschätzung mehrerer der genannten Maßnahmen auswirken.

3.1.   Horizontale Maßnahme 1: Bonität und Zugang zum Kapitalmarkt zwischen 1997 und 2002

(35)

Für die Würdigung der Mehrzahl der in vorliegender Entscheidung behandelten Maßnahmen ist eine Feststellung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage von HSY für den Zeitraum zwischen 1997 und 2002 sowie eine Klärung der Frage erforderlich, ob man angemessenerweise erwarten konnte, dass das Unternehmen wieder eine langfristige Rentabilität erlangt. Darüber hinaus muss festgestellt werden, ob unter diesen Verhältnissen ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber der HSY ähnliche Darlehen und Bürgschaften wie der griechische Staat und die staatseigene Bank ETVA gewährt hätte. Letztere war die einzige Organisation, die in jenem Zeitraum HSY eine Finanzierung gewährte.

(36)

Die Kommission wird mit einer Würdigung der im Jahr 1997 herrschenden Lage beginnen und in der Folge zu den bis 2002 einsetzenden Entwicklungen kommen.

3.1.1.   Die Lage im Jahr 1997

(37)

Zu Beginn dieser Analyse muss verifiziert werden, ob die Kommission bereits in vorangegangenen Entscheidungen ihren Standpunkt zum Ausdruck gebracht hat. Erstens ruft die Kommission in Erinnerung, dass sie in den von ihr am 15. Juli 1997 erlassenen Entscheidungen in den Beihilfesachen N 401/97 und C 10/94 die Gültigkeit des von Griechenland eingereichten Unternehmensplans nicht in Frage gestellt hatte. Folglich hat die Kommission implizit anerkannt, dass die Durchführung des genannten Plans imstande wäre, die Rentabilität von HSY wiederherzustellen. Zweitens zeigt der beschreibende Teil der Entscheidung N 401/97, dass die Werft einen Teil des Umstrukturierungsplans durch Bankanleihen in Höhe von 4,67 Mrd. GRD finanzieren sollte, die unter marktwirtschaftlichen Bedingungen und ohne staatliche Beihilfen aufgenommen werden sollten. Ohne die Erreichbarkeit dieser Finanzierung in Zweifel zu ziehen, hat die Kommission anerkannt, dass das Unternehmen in der Lage war, zumindest für die fragliche Summe Zugang zum Fremdkapitalmarkt zu erlangen. Wäre die Kommission tatsächlich der Meinung gewesen, die Werft sei nicht in der Lage, Anleihen in Höhe von mindestens 4,67 Mrd. GRD aufzunehmen, hätte sie den Umstrukturierungsplan für nicht durchführbar erklären müssen und die hohen Umstrukturierungsbeihilfen (inklusive der Investitionsbeihilfen) nicht genehmigen dürfen. Folglich kann die Kommission diese beiden älteren Einschätzungen in dieser Entscheidung nicht in Frage stellen.

(38)

Obwohl sie sie nicht anzweifelt, ruft die Kommission dennoch in Erinnerung, wie prekär die Lage der Werft im Zeitraum 1996—1997 war.

(39)

Erstens führt die Entscheidung N 401/97 bezüglich der materiellen Infrastruktur an, die Ausrüstung der Werft sei veraltet und der Investitionsplan der erste seit Errichtung der Anlagen (24). Auch in der Entscheidung in der Sache C 10/94 wird angemerkt, die Modernisierung der Infrastruktur sei für die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität des Unternehmens unerlässlich. Daraus folgt, dass die Wiedererlangung der Rentabilität von der zügigen Durchführung des Investitionsplans abhing.

(40)

Zweitens räumten die griechischen Behörden in Bezug auf die Handelstätigkeit und das Auftragsvolumen von HSY selbst ein, dass „zum Zeitpunkt der Einreichung des Investitionsplans das Unternehmen keine konkreten Schiffbauverträge abgeschlossen hatte und die Tätigkeit der Werft ohne klare Unternehmensstrategie und ohne Beihilfen im Hinblick auf die Zukunft von großer Unsicherheit gekennzeichnet war. Den einzigen ernst zu nehmenden Auftrag bildete die Fertigstellung der Fregatten vom Typ MEKO für die Griechische Marine.“ (25) Angesichts der Tatsache, dass keine Schiffbauaufträge vorlagen und die Werft ein ausreichendes Niveau an Schiffbautätigkeiten benötigte, um in den Folgejahren rentabel zu sein, vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Wiedererlangung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit von der raschen Unterzeichnung (dem raschen Abschluss) von gewinnbringenden Schiffbauverträgen im Zivil- und Verteidigungsbereich abhing.

(41)

Zum dritten beinhaltet Tabelle 1 die grundlegenden Rechnungsunterlagen im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage von HSY. Was die Bonität des Unternehmens im Jahr 1997 betrifft, ist das Vorhandensein hoher Eigenkapitalbeträge offensichtlich (26). Doch diese positive Situation war ausschließlich der umfangreichen Schuldabschreibung durch den griechischen Staat im Jahr 1996 zuzuschreiben. Genauer gesagt hatte der griechische Staat Schulden in Höhe von 54,52 Mrd. GRD (160 Mio. EUR) aus Tätigkeiten im Zivilbereich erlassen, was durch Entscheidung in der Sache C 10/94 gebilligt wurde, sowie Schulden in Höhe von 46,35 Mrd. GRD (136 Mio. EUR) aus Tätigkeiten im Verteidigungsbereich. Die scheinbar gesunde Bilanz vom 31. Dezember 1996 war in gewisser Weise „künstlich“ und bildete insbesondere keinesfalls einen Nachweis dafür, dass die Werft ihre Wettbewerbsfähigkeit wiedererlangt hatte und dass den Ursachen für die ernsten Schwierigkeiten, die während der verflossenen zwanzig Jahre aufgetreten waren, begegnet worden war. Ohne die vollständige Durchführung des Umstrukturierungsplans hätte die Werft höchstwahrscheinlich Verluste zu verzeichnen gehabt, die in Kürze ihre obigen Eigenmittel (das Eigenkapital) aufgebraucht hätten. Es muss berücksichtigt werden, dass sich HSY zweimal in den vorangegangenen zwölf Jahren in Liquidation befunden hatte. Folglich hätte das positive Eigenkapital nicht ausgereicht, um eine Bank zu überzeugen, HSY zu einem normalen Zinssatz Darlehen zu gewähren, das heißt zu einem Zinssatz, mit dem sie gesunden Unternehmen Kapital gewährt hätte.

Tabelle 1

Zahlenangaben über Umsatz, Gewinn und Eigenkapital der HSY in der Zeitspanne 1997—2005

(in Mio. EUR)

 

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003 (27)

2004

2005

Aktienkapital

86

91

92

95

65

106

106

121

121

Eigenkapital

82

88

54

17

–4

–78

–83

– 111

– 182

Umsatz

74

83

30

59

55

89

112

130

198

Gewinn

7

1

–36

–42

–21

– 115

–1

–45

–71

(42)

Folglich ist die Kommission der Ansicht, dass sich die Werft im Jahr 1997 nach wie vor in Schwierigkeiten befand und noch nicht wettbewerbsfähig war. Doch war die Wiedererlangung der Rentabilität bei vollständiger und fristgemäßer Durchführung des Investitionsplans und bei einem erfolgreichen Abschluss gewinnbringender Schiffbauverträge möglich. Angesichts der Tatsache, dass die Wiederherstellung der Rentabilität von diesen beiden unsicheren Entwicklungen abhing, stellte die Gewährung von Darlehen an HSY im Jahr 1997 und in den Folgejahren „einen besonderen Risikofall“ dar. Eine Privatbank hätte zwar der Gewährung von Bürgschaften und Darlehen an HSY zugestimmt, doch zu einem das besondere Risiko widerspiegelnden Preis. In einer Situation, die „einen besonderen Risikofall“ darstellt, so führt die Mitteilung der Kommission über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (28) an, sei der geeignete Bezugspunkt für das Bestehen und die Höhe einer staatlichen Beihilfe der Referenzsatz für Griechenland (das heißt ATHIBOR zuzüglich 300 Basispunkte bis zum 31. Dezember 2000 und der Interbanksatz mit einer Laufzeit von fünf Jahren in Euro zuzüglich 75 Basispunkte ab dem 1. Januar 2001) mit einem Zuschlag von mindestens 400 Basispunkten (das heißt ATHIBOR zuzüglich mindestens 700 Basispunkte bis zum 31. Dezember 2000 und der Interbanksatz mit einer Laufzeit von fünf Jahren in Euro zuzüglich mindestens 475 Basispunkte ab dem 1. Januar 2001). In Bezug auf Darlehensgarantien wird die Kommission eine bestehende Beihilfe aufgrund derselben Methode bewerten, das heißt durch den Vergleich der Gesamtkosten des garantierten Darlehens (das heißt des Zinssatzes, welcher HSY von der Bank berechnet wurde, zuzüglich der von HSY an den Garantiegeber geleisteten Garantiegebühr) mit den Kosten, welche HSY im Falle einer Anleihe zu marktüblichen Bedingungen (das heißt mit dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich mindestens 400 Basispunkte) übernommen hätte.

3.1.2.   Entwicklung seit 1997

(43)

Wie untenstehend erläutert, kann die Kommission die Möglichkeit nicht ausschließen, dass bis zum 30. Juni 1999 HSY noch in der Lage war, zum im vorigen Abschnitt festgesetzten Zinssatz auf dem Kapitalmarkt Anleihen zu nehmen (29).

(44)

HSY verzeichnete in den Jahren 1997 und 1998 gleichwohl kleinere Reingewinne (30). Doch war es in diesen beiden Jahren zu keinem Abschluss eines Schiffbauvertrags — weder im Zivil- noch im Verteidigungsbereich — gekommen (31), was jedoch für die Sicherung eines ausreichenden Tätigkeitsniveaus für die Folgejahre notwendig gewesen wäre, um Verluste zu vermeiden. Der erste Vertragsabschluss der Werft betraf den Bau zweier Fracht-/Passagierfähren für Strintzis Lines, der erst Anfang 1999 unterzeichnet wurde (32). Darüber hinaus war von Beginn an bekannt, dass der Verkaufspreis sehr niedrig und nicht kostendeckend war und dieser Auftrag folglich zu Verlusten führen würde (33). Im Juli 1999 beauftragte die Griechische Marine HSY und HDW mit dem Bau dreier Unterseeboote. Die Bauplanung der drei Unterseeboote erstreckte sich fast über zehn Jahre und der Gesamtauftrag belief sich auf ca. 350 Mrd. GRD (1 Mrd. EUR), wovon etwa drei Viertel auf HDW fielen, welche die Motoren, das Zubehör Drucksystem und sensible elektronische Systeme liefern sollte. Darüber hinaus sollte das erste U-Boot in einer Kieler Werft der HDW gebaut werden (34). Folglich würden sich aus diesem Auftrag in den ersten Jahren keine großen Tätigkeiten und Einnahmen für HSY ergeben (35).

(45)

Angesichts der Tatsache, dass es für das Jahr 1997, 1998 und die ersten Monate des Jahres 1999 nicht möglich war, ein großes und profitables Auftragsvolumen zu sichern, muss der Unternehmensführung und jedem Kapitalgeber nach einer Analyse der Lage der Werft spätestens in den ersten Monaten des Jahres 1999 bewusst gewesen sein, dass die Werft in den Jahren 1999 und 2000 über kein ausreichendes und kostendeckendes Tätigkeitsniveau verfügte und dass die Werft in jenen Jahren große Verluste erzielen würde, die ihr Eigenkapital auf einen kleinen Betrag schrumpfen lassen würden (36). Unter diesen Verhältnissen konnte die Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens nicht mehr erwartet werden (37). Die Kommission führt hilfsweise an, dass der erste Bericht der griechischen Behörden über die Durchführung des Investitionsplans davon spricht, am 30. Juni 1999 sei erst ein kleiner Teil des Plans abgeschlossen worden. Folglich verzögerte sich zusätzlich zu den wirtschaftlichen Misserfolgen auch die Modernisierung der Werftanlagen (38). Schließlich weist die Kommission darauf hin, dass die prognostizierten wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu einem Konflikt zwischen der unabhängigen Unternehmensführung der Werft (eine Arbeitsgruppe von Brown & Root, die im September 1996 eingesetzt worden war) und den Beschäftigten/Aktionären führten. Konkret beharrte die Unternehmensführung auf der Notwendigkeit einer weiteren Senkung der Beschäftigtenzahl aufgrund der schwachen Auftragslage. Die Gewerkschaftsführer sprachen sich gegen eine solche Reform aus und erreichten die Entlassung der Arbeitsgruppe, welche die Unternehmensführung übernommen hatte (39). Ein derartiger Vorgang, der ein Vakuum in der Unternehmensführung erzeugte und die Schwierigkeiten bei der Durchführung hinreichender Reformen in der Werft hervorhob, bildete einen zusätzlichen Grund, einen nach marktwirtschaftlichen Kriterien handelnden Kapitalgeber von einem Darlehen für HSY abzuschrecken.

(46)

Aus obigen Angaben schließt die Kommission, dass nach dem 30. Juni 1999 eine Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens nicht mehr angemessen erwartet werden konnte. Folglich stellt die Kommission fest, dass nach diesem Datum keine Bank der Werft ein Kapitaldarlehen — selbst zu einem hohen Zinssatz — gewährt hätte und dass keine Bank ihr Bürgschaften — selbst gegen eine hohe Garantiegebühr — zur Verfügung gestellt hätte. Da HSY keine Darlehen oder Bürgschaften zu Marktbedingungen erhalten konnte, bilden die nach dem 30. Juni 1999 gewährten Darlehen oder Bürgschaften automatisch Beihilfen. Wenn diese Maßnahmen als nicht vereinbar erachtet werden und weiterhin fortbestehen, müssen einerseits die Bürgschaften sofort aufgehoben und andererseits die Darlehen sofort getilgt werden. Doch die Tilgung der nach dem 30. Juni 1999 gewährten Darlehen reicht — aufgrund des im Darlehensvertrag vorgesehenen regulären Zeitplans sowie aufgrund dieser Entscheidung — für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aus, da bis zum Tilgungsdatum HSY eine Finanzierung zur Verfügung stand, die das Unternehmen normalerweise unter marktüblichen Bedingungen nicht erhalten hätte. Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss obiger Vorteil zurückgefordert werden, dessen Umfang aufgrund des für besondere Risikofälle gültigen Darlehenszinssatzes nur annähernd berechnet werden kann. Demzufolge muss die Kommission für den Zeitraum zwischen der Zahlung des Darlehens an HSY bis zu seiner Tilgung durch das Unternehmen die Rückforderung desjenigen Betrags bestimmen, welcher der Differenz zwischen dem Zinssatz, mit dem HSY tatsächlich belastet wurde, und dem Zinssatz entspricht, der theoretisch für ein besonders risikoreiches Darlehen berechnet worden wäre. Zur Berechnung dieses zweiten Zinssatzes hebt die Kommission hervor, die Mitteilung der Kommission über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze führe an, der Risikozuschlag könne höher als bei 400 Basispunkten im Verhältnis zum Referenzsatz liegen, „wenn keine Privatbank zur Gewährung des betreffenden Darlehens bereit gewesen wäre“, was im vorliegenden Falle zutrifft. In mehreren Beschlüssen hat die Kommission die Ansicht vertreten, ein Zuschlag von 600 Basispunkten über dem Referenzsatz bilde den Minimalzuschlag, der besonderen Risikofällen entsprochen hätte (40). Die Kommission vertritt die Ansicht, dies bilde den Minimalzuschlag für Darlehen im vorliegenden Fall. Was die nach dem 30. Juni 1999 gewährten staatlichen Beihilfen betrifft, so wird die Kommission denselben Ansatz verfolgen: für den Zeitraum von der Zahlung des garantierten Darlehens bis zur Aufhebung der Bürgschaft — entweder aufgrund des im Darlehensvertrag vorgesehenen Zeitplans oder aufgrund dieser Entscheidung — wird die Kommission die Rückforderung der Summe bestimmen, welche der Differenz zwischen den Kosten des garantierten Darlehens (belasteter Zinssatz zuzüglich gezahlter Garantiegebühr) und dem Referenzsatz für Griechenland mit einem Zuschlag von 600 Basispunkten entspricht.

(47)

HSY reichte den ersten Deloitte-Bericht (41) ein, um das Argument zu untermauern, dass die Darlehen und Bürgschaften durch den Staat und ETVA unter denselben Bedingungen auch von einer Privatbank hätten gewährt werden können. In Abschnitt 5 des genannten Berichts analysiert Deloitte die Bonität der HSY für das Jahr 1999 und die Folgejahre. Sie kommt zum Schluss, dass „das Unternehmen hilfsweise von einem anderen nicht gebundenen Kreditinstitut (das heißt ohne weitere, über eine regelmäßige wirtschaftliche Zusammenarbeit hinausgehende Beziehung) Bankgarantien im untersuchten Zeitraum hätte leihen oder erhalten können“ (42). Die Kommission bemerkt, der Bericht erläutere nicht, wie sich dieses Ergebnis mit der Tatsache vereinbaren lasse, dass die Bemühungen von HSY, Kapital von anderen Kreditinstituten zu konzentrieren, erfolglos geblieben waren (43). Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass die Analyse eine Reihe von Fehlern (44) beinhalte, die das Ergebnis entscheidend beeinflusst hätten.

3.1.3.   Analyse der konzerninternen Beziehungen

(48)

Alle vom laufenden Prüfverfahren betroffenen Darlehen und Bürgschaften wurden von ETVA oder vom griechischen Staat gewährt. Die griechischen Behörden behaupten, die Darlehen und Bürgschaften könnten als interne Transaktionen des Konzerns betrachtet werden, da ETVA und der griechische Staat (mittels ETVA) Aktionäre der HSY waren. In diesem Zusammenhang stellt Griechenland zwei Behauptungen auf:

Erstens gewähre eine Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft natürlicherweise Darlehen unter günstigen Bedingungen. Tatsächlich erhöhe der Vorteil, welcher der Tochtergesellschaft zugute komme, den Wert der Firmenanteile im Besitz der Muttergesellschaft. Folglich wäre, selbst wenn die Kommission die Meinung vertritt, ETVA und griechischer Staat hätten Darlehen und Bürgschaften zu einem unter dem üblichen Marktpreis liegenden Preis gewährt, dies für einen nach marktüblichen Bedingungen handelnden Kapitalgeber in derselben Position akzeptabel gewesen. Demzufolge würden die genannten Darlehen und Bürgschaften keine staatlichen Beihilfen bilden.

Zweitens gewähre eine Muttergesellschaft ihrer in Schwierigkeiten befindlichen Tochtergesellschaft natürlicherweise Darlehen. Tatsächlich ziele eine solche Darlehensgewährung auf eine Werterhaltung der Firmenanteile im Besitz der Muttergesellschaft ab. Folglich müssten, selbst wenn die Kommission die Meinung vertritt, keine Privatbank hätte HSY Darlehen über den gegebenen Zeitraum aufgrund der sehr schlechten Lage der Werft gewährt, die von ETVA und dem griechischen Staat gewährten Darlehen und Bürgschaften dennoch als für einen Privatkapitalgeber unter den entsprechenden Umständen akzeptabel erachtet werden. Demzufolge würden die genannten Darlehen und Bürgschaften keine staatlichen Beihilfen bilden.

(49)

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Schlussfolgerungen der griechischen Behörden nicht korrekt sind.

(50)

Zum einen hebt die Kommission die folgenden beiden Punkte hervor. In erster Linie würde kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber sich in die Lage versetzen, in der ETVA sich befand. So wird etwa daran erinnert, dass die ETVA zum Zeitpunkt des Kaufs von HSY im Jahr 1985 eine Bank für industrielle Entwicklung war, die im Auftrag der Regierung handelte, um die Schließung eines für die griechische Wirtschaft sehr bedeutenden Unternehmens zu verhindern (45). Im Jahr 1986 griff ETVA zu Kapitalzuführungen, die von der Kommission als staatliche Beihilfen beurteilt wurden, um HSY am Leben zu erhalten (46). Im Jahr 1995 besaß ETVA eine „Mehrheitsbeteiligung von 51 %“ an HSY mit der Erklärung, dass laut Artikel 10 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG „dies im Interesse der Landesverteidigung gerechtfertigt ist“. Zum zweiten bemerkt die Kommission, dass unter Berücksichtigung aller vom griechischen Staat zugunsten von HSY getroffenen Maßnahmen (inklusive der von ETVA getroffenen Maßnahmen, da diese — wie weiter unten in dieser Entscheidung nachgewiesen wird — dem griechischen Staat zuzurechnen sind), und insbesondere unter Berücksichtigung der wiederholten großen staatlichen Beihilfen an HSY im Zeitraum bis 2002, klar hervorgeht, dass in jener Zeitspanne der griechische Staat nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agierte. Er gewährte fortlaufend hohe wirtschaftliche Stützungsmaßnahmen, die für das Überleben von HSY erforderlich und sehr kostspielig waren. Da der griechische Staat (mittels ETVA) einzig und allein deshalb Anteilseigner der HSY war, da er als öffentliche Behörde bereit war, die Tätigkeiten der HSY um jeden Preis aufrechtzuerhalten, und da er niemals als marktwirtschaftlich agierender Kapitalgeber handelte, der durch den Besitz von Anteilen an HSY Gewinn anstrebt, mangelt es der Behauptung an Glaubwürdigkeit, ETVA und griechischer Staat hätten auf eine für einen marktwirtschaftlich agierenden Kapitalgeber akzeptable Weise gehandelt, da die sehr niedrigen Zinssätze (oder Garantiegebühren), die für die der HSY gewährte Finanzierung (Darlehen und Bürgschaften) berechnet wurden, durch die Wertsteigerung der HSY-Firmenanteile ausgeglichen worden seien. Da der griechische Staat (ETVA eingeschlossen) niemals im Sinne eines nach Gewinn strebenden Kapitalgebers handelte, sondern ganz im Gegenteil in Kauf nahm, HSY unter hohen Kosten am Leben zu erhalten, hätten die griechischen Behörden und HSY ihre Behauptung zumindest auf eine detaillierte Analyse stützen und nachweisen müssen, dass der griechische Staat und ETVA als Anteilseigner der HSY tatsächlich einen gewissen Vermögenszuwachs erwarten konnten (das heißt einen Wertzuwachs der Unternehmensaktien), der größer wäre als der „Einnahmenverzicht“ (das heißt der unzureichende Zinssatz oder die unzureichende Garantiegebühr). Da keine derartige Analyse vorgelegt wurde und da HSY und die griechischen Behörden die genannte zweifelhafte und hypothetische Behauptung ohne Dokumentation von Nachweisen aufstellten, weist die Kommission ohne weitere Prüfung die Behauptung zurück, dass der griechische Staat (ETVA eingeschlossen) als marktwirtschaftlich agierender Kapitalgeber gehandelt habe, da die unter günstigen Bedingungen gewährte Finanzierung zu einem Wertzuwachs der HSY-Firmenanteile geführt hätte, der den „Einnahmenverzicht“ ausgeglichen hätte.

(51)

Zum zweiten liegen — selbst wenn man obige Erwägung zurückwiese und eine Bewertung der Aspekte vornähme, welche die interne Konzernstruktur (das heißt die potentielle Wertsteigerung der HSY-Firmenanteile) betreffen — immer noch zahllose Nachweise vor, dass das Vorgehen von ETVA für einen nach marktwirtschaftlichen Kriterien handelnden Kapitalgeber, der 51 % der Firmenanteile an HSY hält, nicht akzeptabel gewesen wäre.

(52)

Ende 1995 wurden 49 % der HSY-Firmenanteile an die Belegschaft übertragen. Der von den Beschäftigten für den Kauf der Aktien zu zahlende Preis wurde zu jenem Zeitpunkt festgesetzt. In den Folgejahren, in denen ETVA und der griechische Staat HSY eine Finanzierung gewährten, die unter demjenigen Preis lag, den eine (nicht verbundene) Privatbank berechnet hätte, kamen 49 % der Wertsteigerung der HSY-Aktien, die dank der Einsparung (aufgrund der niedrigeren Zinssätze) erzielt worden waren, den anderen HSY-Aktionären zugute. Nur 51 % des HSY durch ETVA und den griechischen Staat eingeräumten Vorteils (die dem Unternehmen in Rechnung gestellten verminderten Zinssätze und Garantiegebühren) kehrten in Form einer Wertsteigerung der HSY zu diesen Geldgebern zurück. Kein marktwirtschaftlich denkender Kapitalgeber wäre den anderen HSY-Aktionären solchermaßen entgegengekommen. Um zugunsten dieser anderen Aktionäre kein Geld zu verlieren, hätte ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber einen Zinssatz berechnet, der dem von (nicht verbundenen) Privatbanken entsprochen hätte. Hieraus folgt, dass die erste Feststellung der griechischen Behörden nicht begründet ist.

(53)

In Bezug auf die Zeitspanne nach dem 30. Juni 1999, in der keine Privatbank HSY aufgrund des sehr hohen Konkursrisikos eine Finanzierung gewährt hätte, gelten die gleichen Erwägungen. Insbesondere hätte ein rational handelnder Kapitalgeber, im Besitz von nur 51 % eines Unternehmens, von den anderen Aktionären zumindest verlangt, eine ihrem Aktienanteil an der HSY entsprechende Finanzierung zu leisten. Hätten die anderen Aktionäre nicht über die Mittel dieser Finanzierung verfügt, dann hätte ein rational handelnder Kapitalgeber zumindest die Leistung einer Finanzierung an HSY gegen eine Erhöhung seiner Unternehmensbeteiligung erwirkt. Die Gewährung bedeutenden Finanzierungskapitals an HSY ohne Mitfinanzierung oder Gegenleistungen seitens der anderen Aktionäre entsprach einer großen Gefährdung des eigenen Vermögens, um den Wert der Firmenanteile eines anderen zu bewahren. Kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber wäre unter ähnlichen Verhältnissen den anderen Aktionären der HSY solchermaßen entgegengekommen (47). Folglich muss die zweite Feststellung der griechischen Behörden zurückgewiesen werden.

3.2.   Horizontale Maßnahme 2: Zurechenbarkeit des Verhaltens von ETVA an den Staat

(54)

Einige der sechzehn Beihilfen, die in vorliegender Entscheidung ausführlich dargestellt werden, wurden nicht direkt vom griechischen Staat, sondern durch die staatseigene Bank ETVA vergeben. Da die griechischen Behörden, HSY und TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki einerseits die Möglichkeit zurückweisen, die genannten StützungsMaßnahmen Dem Staat zuzurechnen, und da Elefsis Shipyards und die Piraeus Bank dies andererseits bestätigen, ist eine Prüfung dieses Themas geboten.

(55)

Obige Beihilfen wurden zwischen 1996 und 2002 von ETVA gewährt. Laut Rechtsprechung können kraft Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags die vorgenannten Stützungsmaßnahmen nur dann als staatliche Beihilfen gekennzeichnet werden, wenn der griechische Staat in der Lage war, ETVA zu kontrollieren und wenn die öffentlichen Behörden „in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahmen beteiligt waren“ (48).

(56)

ETVA, deren vollständige Bezeichnung Griechische Bank für Industrielle Entwicklung A.E. lautet, wurde 1964 nach der Fusion dreier Organisationen gegründet (der Organisation Industrieller Entwicklung, der Organisation zur Finanzierung wirtschaftlicher Entwicklung und der Kreditorganisation für Tourismus). Mit Gesetz 1396/1973 wurde sie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Folglich funktionierte sie seit 1973 als staatseigene Bank. Im Einklang mit den Ausführungen Griechenlands (49) hatte „ETVA als Bank für industrielle Entwicklung ihrer Satzung gemäß das hauptsächliche Ziel, die Weiterentwicklung des Landes durch die Finanzierung der Produktionstätigkeit der griechischen Wirtschaft (Tourismus, Industrieproduktion usw.) zu fördern“. ETVA bildete die einzige Bank für industrielle Entwicklung in Griechenland. Demzufolge hatte sie eine entscheidende Rolle in der wirtschaftlichen und regionalen Entwicklung des Landes übernommen, indem sie Unternehmen finanzierte, die regionale Infrastruktur des Landes förderte, Unternehmenskapital zur Verfügung stellte und sich an Unternehmen beteiligte, die von strategischer Bedeutung für die griechische Wirtschaft waren. Im Jahr 1995, nachdem die Bank aufgrund der genannten Tätigkeiten in Schwierigkeiten geraten war, hatten Rekapitalisierung, Umstrukturierung und Modernisierung der Bank höchste Priorität für die griechische Regierung. Dies geschah aufgrund eines Fünfjahresplans im Zusammenhang mit Gesetz 2359/95. Über die Kapitalzuführung in Höhe von 427 Mrd. GRD seitens der Regierung hinaus bildeten eine strategische Neuorientierung, die Veränderung der Organisationsstruktur und die Schaffung moderner Unternehmensprozesse, die zeitgemäßen Wettbewerbsbedingungen entsprachen, weitere Umstrukturierungsziele. Folglich „erweiterte ETVA, über ihre Entwicklungstätigkeit hinaus, insbes. seit dem Jahr 1997 ihre Dienstleistungen in Richtung einer Handelsbank“ (50).

(57)

Im Jahr 1999 beschloss der griechische Staat, der 100 % der Firmenanteile an ETVA besaß, die Einführung der Bank an der Athener Börse, indem er der Öffentlichkeit 24 % des Aktienkapitals zum Kauf anbot. Der griechische Staat beschloss eine weitere Privatisierung der Bank und eine Verringerung seiner Beteiligung auf einen Prozentsatz unter 50 %. Nach einer entsprechenden Ausschreibung fiel die Wahl auf die Piraeus Bank. Am 20. März 2002 wurde ein Anteil, der 57,7 % der ETVA-Firmenanteile entsprach, der Piraeus Bank übertragen (51).

(58)

In Bezug auf die Möglichkeit des Staates, ETVA zu kontrollieren, hebt die Kommission hervor, dass bis Ende 1999 ETVA zur Gänze dem griechischen Staat gehörte. Er hielt bis zur Übertragung der ETVA-Aktienmehrheit an die Piraeus Bank am 20. März 2002 die Mehrheitsbeteiligung. Dies zeigt ebenfalls, dass in den von ETVA getroffenen Maßnahmen öffentliche Gelder enthalten waren.

(59)

In Bezug auf die staatliche Beteiligung an der Durchführung mehrerer Stützungsmaßnahmen bemerkt die Kommission Folgendes:

Zum ersten hält die Kommission fest, dass die wichtigsten Entscheidungen über die Beteiligung von ETVA an HSY von der ETVA-Unternehmensführung nicht auf unabhängiger Basis getroffen wurden: diese Entscheidungen wurden von der Regierung getroffen und von ETVA durchgeführt. Als ETVA die in Konkurs befindliche HSY im Jahr 1985 kaufte, handelte es sich in Wirklichkeit um eine Entscheidung der Regierung (52). ETVA führte diese Regierungsentscheidung bloß durch und nahm eine rasche Kapitalzuführung in großer Höhe an HSY vor, die von der Kommission als staatliche Beihilfe eingestuft wurde (53). Daran zeigt sich, dass die Beziehung zwischen ETVA und HSY von Beginn an auf der staatlichen Stützung eines Unternehmens fußte, das im Hinblick auf Beschäftigung und Tätigkeit für die griechische Regierung von Bedeutung war. Die zweite große Entscheidung betraf den Verkauf von 49 % des Aktienkapitals der HSY durch ETVA an die Belegschaft der HSY, wofür Gesetz 2367/1995 erlassen wurde (54). Darüber hinaus erlegt obiges Gesetz HSY (55) wichtige Maßnahmen zur Umstrukturierung auf (und gewährt der Werft sehr hohe Beihilfebeträge). Die dritte wichtige Tatsache war die Privatisierung der HSY 2001—2002 (das heißt ETVA verpflichtete sich, seine verbliebene Beteiligung an HSY (51 %) zu verkaufen). Diese Privatisierung erfolgte mit Entscheidung Nr. 14/3-1-2001 des zuständigen Interministeriellen Ausschusses für Entstaatlichung und fand im Zusammenhang mit dem griechischen Gesetz 2000/91 über Entstaatlichung statt. Dies wird auch in der schriftlichen Bekanntmachung der Ausschreibung mehrfach wiederholt, die von Alpha Finance — der Bank, welche die Abwicklung des Verkaufs von HSY im Namen des griechischen Staates und der Verkäufer (ETVA und Belegschaft) übernommen hatte — an die interessierten Kapitalgeber/Kaufinteressenten weitergeleitet wurde. Die schriftliche Bekanntmachung der Ausschreibung vom 2. April 2001 führt ebenfalls an, dass der griechische Staat gemeinsam mit den Verkäufern den stärksten Kandidaten wählen würde. Demzufolge wurden diese drei maßgeblichen Entscheidungen zur Beteiligung von ETVA an HSY vom griechischen Staat getroffen.

Über seine direkte Beteiligung in diesen drei Fällen hinaus gewährte der griechische Staat im Zeitraum zwischen 1995 und 2002 sehr hohe Beihilfesummen. Konkret wurden Schulden in Höhe von 54,52 Mrd. GRD (160 Mio. EUR), die Tätigkeiten im Zivilbereich betrafen, erlassen — wobei dieser Schuldenerlass mit Entscheidung in der Sache C 10/94 genehmigt wurde —, sowie Schulden in Höhe von 46,35 Mrd. GRD (136 Mio. EUR), die Tätigkeiten im Verteidigungsbereich betrafen. Wie in der Entscheidung in der Sache N 401/97 angeführt, hatte der griechische Staat vor, auch Investitionsbeihilfen in Höhe von 7,8 Mrd. GRD (22,9 Mio. EUR) zu gewähren. Im Verlauf des Ausschreibungsverfahrens im Jahr 2001 wurde Gesetz 2941/2001 erlassen, das eine hohe finanzielle Stützung vorsah, um die Privatisierung von HSY (s. Randnummer 33 dieser Entscheidung) zu erleichtern. Wie die Kommission in Entscheidung N 513/01 anführt, übernahm der griechische Staat etwa die Zahlung von 118 Mio. EUR als Anreiz für die Freisetzung von Beschäftigten aus dem Unternehmen. Durch wiederholte Gewährung hoher Stützungsmaßnahmen stellte die Regierung klar, dass sie dem Überleben von HSY in politischer Hinsicht große Bedeutung zumaß (56).

Schließlich hebt die Kommission hervor, dass der griechische Staat in jenem Zeitraum HSY strategische Aufträge im Verteidigungsbereich wie etwa den Bau der Unterseeboote übertrug. Demzufolge hatte der griechische Staat ein unmittelbares Interesse daran, die Tätigkeiten der HSY zu beobachten und die Fortführung der Tätigkeiten der Werft zu sichern.

(60)

Die Tatsache, dass die griechische Regierung die Höhe der Beteiligung von ETVA an HSY festsetzte, fortgesetzt hohe Beihilfesummen an HSY gewährte und dem Unternehmen Aufträge im Verteidigungsbereich von großer Bedeutung für die Sicherheit Griechenlands erteilte, lieferte überaus klare Hinweise darauf, dass sie den Tätigkeiten der HSY große Wichtigkeit zumaß und die Lage der Werft aufmerksam verfolgte. In diesem allgemeinen Zusammenhang ist die Kommission der Ansicht, dass bis zur Privatisierung von ETVA im März 2002 die Zurechenbarkeit des Verhaltens von ETVA an den Staat nicht angezweifelt werden kann. In der Tat war es unter diesen Verhältnissen für die Unternehmensführung von ETVA unmöglich, HSY gegenüber eine Darlehenspolitik zu betreiben, die nicht der fortgesetzten Stützungspolitik der Regierung entsprach. Im Besonderen wäre es für ETVA nicht möglich gewesen, eine Entscheidung zu treffen, die HSY in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht hätte. ETVA hätte beispielsweise HSY keinen hohen Zinssatz (das heißt in starker Abweichung vom Interbanksatz) für Darlehen auferlegen können, weil dies zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage von HSY geführt hätte und für die Regierung politisch unzulässig gewesen wäre. Gleichermaßen hätte ETVA die von HSY angeforderten Darlehen zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten nicht verweigern können (57). Anders gesagt, ETVA hatte keine andere Wahl, als der von der öffentlichen Hand vorgegebenen Politik von starken und fortgesetzten Stützungsmaßnahmen zugunsten von HSY zu folgen. Demzufolge ist die Kommission zur Auffassung gelangt, dass alle von ETVA der HSY gegenüber durchgeführten Maßnahmen (Darlehen, Bürgschaften, Kapitalzuführungen usw.) automatisch dem Staat zuzurechnen waren und dass keine zusätzlichen Beweise für die Beteiligung des griechischen Staates an jeder einzelnen dieser Maßnahmen Der ETVA vorgelegt werden müssen. Folglich vertritt die Kommission die Ansicht, dass die verschiedenen, von ETVA durchgeführten Maßnahmen Dem Staat zuzurechnen sind.

(61)

Die Kommission beruft sich hilfsweise ebenfalls auf folgende Angaben, welche die Zurechenbarkeit des Verhaltens von ETVA an den Staat bestätigen.

(62)

Zum ersten verkaufte ETVA im Jahr 1995 nur 49 % — und demzufolge nicht 100 % — der HSY-Aktienanteile an die Belegschaft des Unternehmens. „Griechenland beruft sich auf seinen militärischen Schiffbaubedarf, um 51 % der Anteile an der Werft zu behalten, wie dies Artikel 10 der Richtlinie gestattet“. Artikel 10 Richtlinie Nr. 90/684/EWG sieht vor: „Unbeschadet der Verpflichtung zur Veräußerung der Werften gemäß Absatz 2 wird der griechischen Regierung gestattet, eine staatliche Mehrheitsbeteiligung von 51 % an einer der Werften zu halten, wenn dies im Interesse der Landesverteidigung gerechtfertigt ist.“ (58) Dies beweist, dass die 51 %ige Beteiligung von ETVA an HSY das Ziel verfolgte, dem Staat die Kontrolle über HSY zu gestatten, um die griechischen Interessen der Landesverteidigung zu wahren. Es ist offensichtlich, dass die Unternehmensführung von ETVA in diesem Zusammenhang mit HSY keine Wirtschaftsbeziehung aufbauen konnte. Keine Entscheidung über die Gewährung einer Finanzierung an HSY und die daran geknüpften Bedingungen durfte den griechischen Interessen der Landesverteidigung entgegenwirken. Konkret ist der Kommission unverständlich, wie die Unternehmensführung von ETVA eine Finanzierung der HSY hätten ablehnen oder dafür einen hohen Zinssatz hätte auferlegen können. Wenn darüber hinaus Griechenland auf eine Wahrung der Interessen der Landesverteidigung abzielte, kann man zu der Auffassung gelangen, dass die Regierung in der Praxis alle wichtigen Entscheidungen der Unternehmensführung von HSY und alle Entscheidungen von ETVA bezüglich der Finanzierung von HSY unmittelbar kontrollierte.

(63)

Zum zweiten kann aus der Tatsache, dass die Aufgabe von ETVA als „Bank für industrielle Entwicklung“ vom griechischen Staat festgelegt wurde, geschlossen werden, dass alle Tätigkeiten von ETVA aufgrund dieser Aufgabe dem Staat zuzurechnen waren. Gleichermaßen ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass für die Erwägung der Zurechenbarkeit von Maßnahmen eines Unternehmens an den Staat „die Art seiner Tätigkeit und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern“ (59) maßgeblich sein kann. In diesem Zusammenhang räumen die griechischen Behörden ein, dass „ETVA seit ihrer Gründung nicht wie eine gewöhnliche Handelsbank, sondern als spezielles Kreditinstitut zur industriellen Entwicklung mit vorwiegender Tätigkeit auf dem Sektor langfristiger Kreditvergabe funktionierte und in der wirtschaftlichen und regionalen Entwicklung des Landes eine entscheidende Rolle spielte“ (60). In diesem Zusammenhang ruft die Kommission in Erinnerung, dass HSY im Jahr 1985 von ETVA erworben wurde. Die Involvierung von ETVA in die Werft HSY kam demzufolge im Zusammenhang mit ihrer Aufgabe als „Bank für industrielle Entwicklung“ zustande und nicht im Rahmen ihrer Wirtschaftstätigkeiten, die sie nicht vor 1997 aufgenommen hatte. Da ETVA bis dahin HSY im Zusammenhang mit ihrem Auftrag als „Bank für industrielle Entwicklung“ stützen musste, konnte sie nicht ab 1997 plötzlich die von HSY beantragten Darlehen und Bürgschaften einstellen und die Werft dem Konkurs preisgeben. Dahingehend ruft die Kommission in Erinnerung, dass ETVA in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre die Genehmigung erhalten hatte, kaufmännische Tätigkeiten parallel zu ihrer Tätigkeit als Bank für industrielle Entwicklung auszuüben und nicht anstelle dieser Tätigkeit, die sie weiterbetreiben sollte.

(64)

Zum dritten kann „der Rechtsstatus des Unternehmens, ob es also dem öffentlichen Recht oder dem allgemeinen Gesellschaftsrecht unterliegt“ (61), für den Nachweis der Zurechenbarkeit maßgeblich sein. In dieser Hinsicht unterlag ETVA, da ihr Hauptzweck als staatseigene Bank für industrielle Entwicklung die Förderung der Entwicklung des Landes unter Finanzierung der griechischen Wirtschaft war, nicht den Bestimmungen der Bankenrichtlinien (62). Erst nach Einführung der Aktien von ETVA an der Athener Börse am 12. Januar 2000 wurde ETVA den gewöhnlichen, für Handelsbanken geltenden aufsichtsrechtlichen Standards unterstellt.

(65)

Zum vierten hebt die Kommission hervor, dass der Staat im Zeitraum 1996—2002 die Tätigkeiten von ETVA mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgte. Zum Zweck der Umstrukturierung von ETVA wurde nun Gesetz 2359/95 erlassen, und der Staat nahm in diesem Zusammenhang große Kapitalzuführungen in Höhe von einigen Hundert Mrd. GRD vor. 1999 beschloss er eine teilweise Einführung des Aktienkapitals von ETVA an der Athener Börse. Ein Jahr darauf beschloss er die Privatisierung des größten Kapitalsektors von ETVA. Diese Privatisierung wurde im Jahr 2002 abgeschlossen. Dies zeigt, dass der Staat im Zeitraum 1996—2002 sehr großes Interesse an den Tätigkeiten von ETVA hatte. Die von ihr an HSY gewährten Darlehen und Bürgschaften waren so hoch, (63) dass die Unternehmensführung von ETVA die diesbezüglichen Zusagen unmöglich ohne Einverständnis oder unmittelbaren Auftrag ihres einzigen Anteilseigners treffen konnte.

(66)

In den vorangegangenen Abschnitten wies die Kommission nach, dass im März 2002, im Zeitraum vor dem Verkauf von ETVA an die Piraeus Bank, bei allen von ETVA durchgeführten Maßnahmen öffentliche Gelder beteiligt waren und alle zugunsten von HSY durchgeführten Maßnahmen Dem Staat zugerechnet werden können. Demzufolge wird sich die Kommission bei der einzelnen Würdigung der von ETVA durchgeführten Teilmaßnahmen nicht weiter mit dem Nachweis der vorgenannten zwei Punkte befassen.

(67)

Die Kommission wird die genannten zwei Themen nur in Zusammenhang mit der Würdigung der Maßnahme E18c prüfen, da einige Beteiligte behaupten, diese Maßnahme sei von ETVA im Mai 2002, also nach dem Kauf von ETVA durch die Piraeus Bank, gewährt worden.

3.3.   Horizontale Maßnahme 3: Beihilfemaßnahmen zur teilweisen Finanzierung von Tätigkeiten im Verteidigungsbereich von HSY

(68)

In ihrer Erwiderung auf die Entscheidung über die Verfahrensausdehnung argumentiert die griechische Seite, dass mehrere der von der Kommission geprüften Maßnahmen Die Tätigkeiten der Werft im Verteidigungsbereich stützten. Demzufolge behauptet Griechenland, dass sie den Bestimmungen aus Artikel 296 des EG-Vertrags unterliegen und nicht aufgrund der Beihilfevorschriften gewürdigt und noch weniger zurückgefordert werden können.

(69)

Aus diesem Grund muss die Kommission bewerten, ob bestimmte Maßnahmen teilweise oder zur Gänze durch Artikel 296 des EG-Vertrags erfasst werden.

(70)

Keiner der Beteiligten dieses Verfahrens bezweifelt die Tatsache, dass HSY seine Tätigkeit sowohl im Zivil- als auch im Verteidigungsbereich entfaltet. In den letzten 15 Jahren bildete die Reparatur von Handelsschiffen die Haupttätigkeit der Werft im Zivilbereich. HSY hat zudem rollendes Eisenbahnmaterial sowie auch Metallrümpfe für Handelsschiffe hergestellt. Die Tätigkeiten von HSY im Verteidigungsbereich bestanden aus Bau und Reparatur von Schiffen und Unterseebooten für die Griechische Marine.

(71)

Die Kommission ruft in Erinnerung, dass die Entscheidung über die Verfahrensausdehnung bereits diejenigen Maßnahmen eingegrenzt hat, die ausschließlich die Stützung des Verteidigungssektors der Werft betrafen. Die Entscheidung über die Verfahrensausdehnung gelangt zum Schluss, dass die genannten Maßnahmen zur Gänze den Bestimmungen aus Artikel 296 des EG-Vertrags und nicht den Beihilfevorschriften unterliegen. Dieser Entscheidung wurde gerichtlich nicht angefochten.

(72)

Gewisse staatliche Beihilfen, die in dieser Entscheidung behandelt werden, betreffen keine konkrete Tätigkeit, das heißt sie wurden nicht zur Finanzierung eines konkreten Plans gewährt. Hieraus folgt, dass die Kommission festlegen muss, in welchem Ausmaß die vorgenannten staatlichen Beihilfen jeweils dem Verteidigungsbereich bzw. dem Zivilbereich zugute kamen. Diese Zuordnung wird durch die Tatsache erschwert, dass HSY keine getrennte Buchführung für seinen Verteidigungs- und Zivilsektor aufweist. Unter diesen Umständen muss die Kommission ihre Erwägung auf die respektive Größenordnung der beiden Tätigkeitsbereiche stützen. Demzufolge muss der respektive Schwerpunkt jeder Tätigkeit gewürdigt werden. Die Kommission unterstreicht, dass alle (nicht die Finanzierung einer konkreten Tätigkeit betreffenden) staatlichen Beihilfen (Finanzierung, Kapitalzuführungen usw.) zugunsten von HSY (aus früheren Verträgen) entstandene Verluste deckten und dabei der Werft erlaubten, künftige Tätigkeiten zu finanzieren. Zur Feststellung, inwieweit eine staatliche Beihilfe nun dem zivilen oder dem militärischen Schiffbau zugute kam, dürfen sich nach Auffassung der Kommission die Erwägungen nicht auf die Verteilung zwischen ziviler und militärischer Sparte (das heißt auf den respektiven Schwerpunkt jeder Tätigkeit) im Jahr der Beihilfengewährung beschränken, sondern sie müssen die durchschnittliche Verteilung zwischen diesen beiden Sektoren über einen längeren Zeitraum berücksichtigen. Die Tatsache, dass der respektive Schwerpunkt beider Tätigkeitsbereiche starken Schwankungen von Jahr zu Jahr unterliegt, rechtfertigt den Rückgriff auf einen Durchschnittswert, der über mehrere Jahre ermittelt wird. Es kann vorkommen, dass ein konkretes Geschäftsjahr für die mittel- und langfristige durchschnittliche Verteilung zwischen beiden Tätigkeitssparten nicht repräsentativ ist.

(73)

Im Zusammenhang mit dem Rückforderungsverfahren zu denjenigen Beihilfen, die durch Entscheidung C 40/02 als widerrechtlich und nicht vereinbar beurteilt wurden, vertrat Griechenland die Ansicht, auf die Zivilsparte entfielen 25 % und auf die Verteidigungssparte 75 % der Tätigkeiten von HSY. Zur Belegung dieser Behauptungen übermittelten die griechischen Behörden Daten zu Arbeitsstunden und Umsatz (dem Wert der Verkäufe) für beide Sparten im Zeitraum zwischen 1997 und 2005 (64). Im Zusammenhang mit diesem Verfahren hat Griechenland diese Angaben nicht in Zweifel gezogen. Darüber hinaus hatte die Kommission die Verteilung von 25 % zu 75 % in Bezug auf Zivil- und Verteidigungssparte in Entscheidung N 513/01, der gerichtlich nicht angefochten wurde, bereits akzeptiert. Aufgrund obiger Darstellung wird die Kommission die Ansicht vertreten, dass der zivile Schiffbau 25 % und der militärische Schiffbau 75 % der Tätigkeiten von HSY entsprach.

(74)

In Bezug auf die militärische Sparte von HSY akzeptierte die Kommission in vorangegangenen Entscheidungen stets, dass diese Tätigkeiten nicht von den Beihilfevorschriften erfasst werden. (65) Die Kommission hat diese Würdigung im der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung, Absatz 86 bis 90, wiederholt. Da die in dieser Entscheidung behandelten Maßnahmen zugunsten von HSY (das heißt aller Tätigkeitsfelder von HSY) im selben Zeitraum getroffen wurden, der in den genannten vorangegangenen Entscheidungen geprüft wurde, folgt notwendigerweise daraus, dass der Teil der Maßnahmen, der die Verteidigungssparte von HSY stützte, ebenfalls von Artikel 296 des EG-Vertrags erfasst wird und von den Beihilfevorschriften ausgenommen ist.

(75)

Bei der Würdigung jeder Einzelmaßnahme wird die Kommission feststellen, ob es sich dabei um ausschließlich zivile Tätigkeiten von HSY handelte oder ob die Maßnahme ohne konkreten Verwendungszweck getroffen wurde: (66)

Wären nur die zivilen Geschäftsfelder gestützt worden, so ist die Kommission der Ansicht, Artikel 296 des EG-Vertrags komme nicht zur Anwendung und die ganze Maßnahme könne aufgrund von Artikel 87 des EG-Vertrags gewürdigt werden.

Wäre HSY zur Gänze unterstützt worden, so ist die Kommission der Ansicht, 75 % der staatlichen Förderung sei dem Verteidigungssektor zugute gekommen, da 75 % der Geschäftstätigkeit der Werft in der militärischen Produktion lag, und unterliege den Bestimmungen aus Artikel 296 des EG-Vertrags. Die übrigen 25 % der staatlichen Förderung können aufgrund der Beihilfevorschriften gewürdigt werden.

4.   MASSNAHMEN: BESCHREIBUNG UND BEGRÜNDUNG DER VERFAHRENSEINLEITUNG, VORGELEGTE STELLUNGNAHMEN, WÜRDIGUNG UND SCHLUSSFOLGERUNG

(76)

Im Hinblick auf die Stellungnahmen der griechischen Behörden und Dritter hebt die Kommission hervor, dass sie ein breites Spektrum von Argumenten behandeln. Zum Beispiel behauptete Elefsis Shipyards in ihren zahlreichen, an die Kommission gerichteten Bemerkungen, es läge eine Anzahl von Gründen vor, die Maßnahmen als nicht vereinbare Beihilfen einzustufen. Gleichermaßen vertraten Griechenland, HSY und TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki in ihren sukzessive der Kommission vorgelegten Stellungnahmen die Auffassung, es läge eine Anzahl von Gründen vor, die Maßnahmen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu betrachten.

(77)

Kraft Artikel 253 des EG-Vertrags müssen die Entscheidungen der Kommission begründet werden, doch ist sie nicht verpflichtet, auf jedes einzelne Argument der Beteiligten einzugehen. Folglich wird diese Entscheidung nur die von den Parteien angesprochenen Hauptthemen explizit behandeln. Insbesondere wird die Entscheidung auf die Prüfung gewisser, mit dem Sachverhalt offensichtlich nicht vereinbarer Gründe verzichten, auf die sich die Beteiligten berufen haben, die von derselben Partei in anderen Bemerkungen vorgebrachten Argumenten widersprechen, oder wenn klar ist, dass sie aufgrund des Sachverhalts und der in dieser Entscheidung enthaltenen Würdigung zurückgewiesen werden können.

(78)

Da diese Prüfung eine erhebliche Anzahl an Maßnahmen umfasst, sollen diese zur leichteren Lektüre und zur Vermeidung von Unklarheiten nummeriert werden. Dahingehend werden die vier in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung behandelten Maßnahmen D1 bis D4 genannt. Die zwölf in der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung behandelten Maßnahmen sollen die Nummerierung aus der genannten Entscheidung unter Hinzufügung eines einleitenden E beibehalten.

4.1.   Missbräuchliche Durchführung der 1997 genehmigten Investitionsbeihilfe (Maßnahme D1)

4.1.1.   Beschreibung der Maßnahme

(79)

Mit Entscheidung N 401/97 wurde durch die Kommission eine am 20. Juni 1997 von griechischer Seite angemeldete Investitionsbeihilfe in Höhe von 7,8 Mrd. GRD (22,9 Mio. EUR) genehmigt. In obiger Entscheidung wurde die Beihilfe aufgrund von Richtlinie Nr. 90/684/EWG Kapitel III („Umstrukturierungsbeihilfen“) Artikel 6 („Investitionsbeihilfen“) gewürdigt, die anführt: „Investitionsbeihilfen […] dürfen […] nur dann gewährt werden, wenn sie an einen Umstrukturierungsplan gebunden sind, der zu keiner Steigerung der Schiffbaukapazität dieser Werft führt […]. Diese Beihilfen dürfen Reparaturwerften nur dann gewährt werden, wenn sie an einen Umstrukturierungsplan gebunden sind, der zu einem Abbau der gesamten Schiffsreparaturkapazität in dem betreffenden Mitgliedstaat führt.“ In Entscheidung N 410/97 wird angeführt, es sei ein Geschäftsplan erstellt worden, der mittels Produktivitätssteigerung und Modernisierung auf eine Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Werft abziele. Die erste Säule des obigen Plans umfasse eine grundlegende Reorganisation und einen Abbau der Humankapazität. Konkret sei eine Senkung der Beschäftigtenzahl bis zum Jahr 1997 auf 2 000 Arbeitnehmer und die Einführung flexiblerer Arbeitsmethoden vorgesehen. Entscheidung N 410/97 führt an, dass der Großteil des Abbaus der Humankapazität zum Zeitpunkt des Erlasses bereits durchgeführt war, was zur Produktivitätssteigerung beitragen sollte. Die zweite Säule des Umstrukturierungsplans bilde ein Investitionsplan, im Zuge dessen die veraltete Ausrüstung durch neue und moderne Technologie ersetzt werden sollte. In der Entscheidung wird angeführt, dass der Plan sehe nach Durchführung des Wirtschaftsplans die Wiedererlangung der Rentabilität im Jahr 2000 vorsieht. Die Gesamtkosten des Investitionsplans wurden auf 15,62 Mrd. GRD (45,9 Mio. EUR) geschätzt. Im beschreibenden Teil der Entscheidung wird die Finanzierung des Plans erläutert: 7,81 Mrd. GRD (22,9 Mio. EUR) durch staatliche Beihilfen, 3,13 Mrd. GRD (9,2 Mio. EUR) durch Erhöhung des Aktienkapitals und 4,67 Mrd. GRD (13,7 Mio. EUR) durch Bankdarlehen. Die Kapitalerhöhung war analog zur ursprünglichen Verteilung des Kapitals vorgesehen, das heißt 51 % durch ETVA und 49 % durch die Belegschaft der Werft. Die Entscheidung sah weiter vor, dass die Bankdarlehen unter gewöhnlichen Marktbedingungen ohne staatliche Beihilfen aufgenommen werden sollten. Die Kommission merkt in ihrer Einschätzung an, dass laut Umstrukturierungsplan die Schiffbaukapazität nicht gesteigert und die Reparaturkapazität abgebaut werde. Zudem merkt die Kommission an, die Beihilfeintensität (50 %) bleibe im Rahmen der regionalen Beihilfeintensität in Griechenland. Die Beihilfeintensität rechtfertigt sich zudem durch das Ausmaß der Umstrukturierung.

4.1.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(80)

Die Korrespondenz zwischen Griechenland und der Kommission im Vorfeld der Verfahrenseinleitung wurde in Kapitel 1 („Verfahren“) dieser Entscheidung dargestellt.

(81)

In der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung brachte die Kommission ihre Zweifel zum Ausdruck, dass möglicherweise die mit Entscheidung N 401/97 genehmigte Investitionsbeihilfe missbräuchlich durchgeführt wurde. Die Kommission bemerkte zum einen, der Investitionsplan sei nur zum Teil und mit großer Verzögerung durchgeführt worden. Die griechischen Behörden verlängerten ohne vorherige Absprache mit der Kommission wiederholt die Umsetzungsfrist des Investitionsplans nach dem 31. Dezember 1999. Zweitens scheint das Unternehmen, obwohl in der Entscheidung in der Sache N 401/97 angeführt wird, der Investitionsplan würde mit Bankdarlehen unter gewöhnlichen Marktbedingungen ohne staatliche Beihilfen durchgeführt, Kredite von einer staatseigenen Bank mit nicht marktüblichen Zinssätzen erhalten zu haben, wobei anscheinend einer dieser Kredite durch eine staatliche Bürgschaft gedeckt wurde. Drittens legten die griechischen Behörden nicht, wie in der Entscheidung in der Sache N 401/97 vorgesehen, Jahresberichte zur Durchführung des Plans vor. Aufgrund dieser drei Verletzungen der Entscheidung N 401/97 scheint es zu einer unkorrekten Durchführung der Investitionsbeihilfe gekommen zu sein.

4.1.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(82)

Elefsis Shipyards hebt hervor, das Erdbeben, welches als Rechtfertigung für die Verzögerung vorgebracht wird, datiere vom September 1999, also vier Monate nach Ablauf der Durchführungsfrist des Investitionsplans am 31. Dezember 1999. Ende 1999 sei durch HSY erst ein kleiner Teil des Investitionsplans umgesetzt worden. Dies zeige, dass HSY bereits vor dem Erdbeben eine Reihe erheblicher Verzögerungen bei der Durchführung des Plans aufwies und, selbst wenn es kein Erdbeben gegeben hätte, ihn nicht fristgemäß hätte abschließen können. Gleichermaßen habe die Privatisierung von HSY, die als Rechtfertigung für eine Verzögerung vorgebracht wird, erst lange nach dem Ende des Jahres 1999 stattgefunden, und demzufolge könne dadurch die Nichteinhaltung der Entscheidung N 401/97 nicht gerechtfertigt werden. Schließlich vertritt Elefsis Shipyards die Ansicht, HSY hätte die in der Entscheidung in der Sache N 401/97 festgelegten Bedingungen verletzt, da sie ein staatlich garantiertes Darlehen sowie weitere Kredite erhalten hätte, die nicht den gewöhnlichen Marktbedingungen entsprächen. Folglich müssten diese zusätzliche Förderung und die Investitionsbeihilfe zurückgefordert werden.

(83)

HSY legte dieselbe Stellungnahme wie die griechischen Behörden vor, welche im folgenden Abschnitt zusammengefasst werden.

4.1.4.   Stellungnahme Griechenlands

(84)

Im Schreiben vom 20. Oktober 2004 bestätigten die griechischen Behörden den 31. Dezember 1999 als ursprüngliche Frist für den Abschluss des Investitionsplans. Im Dezember 1999 fand die erste Prüfung zur Durchführung des Plans statt, der die HSY entstandenen Kosten bis zum 30. Juni 1999 umfasst. Dabei wurde festgestellt, dass sich diese Aufwendungen auf 2,7 Mrd. GRD (8,1 Mio. EUR) beliefen, die 17,7 % der Gesamtkosten des Investitionsplans entsprechen. Am 27. Juli 2001 gewährten die griechischen Behörden eine Verlängerung bis zum 31. Dezember 2001 für den Abschluss des Investitionsplans mit der Begründung, die durch das Erdbeben vom 7. September 1999 entstandenen Schäden an den Werftanlagen hätten die Umsetzung des Investitionsplans verzögert. Mit Entscheidung vom 28. Dezember 2001 gewährten die griechischen Behörden eine zweite Verlängerung bis zum 30. Juni 2002, da das Privatisierungsverfahren, das im Januar 2001 begonnen hatte (und schließlich am 31. Mai 2002 abgeschlossen wurde), eine Einfrierung des Investitionsplans erforderte. Als die griechischen Behörden im Mai 2002 eine zweite Prüfung durchführten, stellen sie fest, dass sich die HSY bis zum 31. Dezember 2001 entstandenen Kosten auf 9,8 Mrd. GRD (28,9 Mio. EUR) beliefen, was 63 % der gesamten Investitionsaufwendungen entsprach. Mit Entscheidung vom 14. Juni 2002 wurde eine neuerliche Verlängerung bis zum 30. Juni 2004 gewährt. Mit Entscheidung vom 23. Juli 2003 billigten die griechischen Behörden eine Änderung des Investitionsplans. In diesem Zusammenhang beantragte das Unternehmen, gewisse, bei der zweiten Prüfung glaubhaft gemachte Investitionsaufwendungen abzuschreiben. Diese Kosten betrafen Vorauszahlungen für Investitionen, welche das Unternehmen aus dem Investitionsplan genommen hatte. Demzufolge verminderten sich die zertifizierten Gesamtkosten nach der zweiten Überprüfung auf 23,3 Mio. EUR, das heißt 50,75 % des Gesamtbetrags. Mit Schreiben vom 30. Juni 2004 beantragte die Werft eine neuerliche Fristverlängerung bis 31. Dezember 2004. Die Investitionsbeihilfe wurde der Werft bis heute nicht ausgezahlt.

(85)

Die griechischen Behörden vertreten die Ansicht, dass sie bei der Gewährung der Fristverlängerungen in gutem Glauben annahmen, der Fall sei unter die Genehmigungsentscheidung der Kommission einzuordnen und es habe sich um eine bestehende Beihilfe gehandelt, für die keine neuerliche Anmeldung erforderlich sei. Sie nahmen an, in der Praxis müsse die Möglichkeit der Fristverlängerung für die Umsetzung eines Investitionsplans solcher Größe und Tragweite vorgesehen sein, da das Werftunternehmen, wie auch die Kommission in ihrer Genehmigungsentscheidung einräumte, in Bezug auf die Umsetzung derartiger Programme keine Erfahrung hatte. Ebenso sind sie der Auffassung, sie hätten die Kommission über die Verlängerung im November 2002 informiert. Die von ihnen 2003 gebilligte Änderung des Investitionsplans habe Natur, Wesen und Bestimmung der genehmigten Beihilfe nicht geändert. Sie habe bloß darauf abgezielt, den Inhalt des Plans an die neuen Verhältnisse anzupassen: die Privatisierung der Werft, die unerwarteten neuen Verträge (Unterseeboote), das Erdbeben von 1999 und den technologischen Fortschritt. Die griechischen Behörden können auch nicht erkennen, aus welchem Grund die Fristverlängerungen das Wesen und in der Folge die Vereinbarkeit der Beihilfe beeinflussen könnten. Abschließend vertreten sie die Meinung, die Kommission müsse die Vereinbarkeit der Fristverlängerung für den Investitionsplan aufgrund von Randnummer 52 der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (67) (nachstehend „Richtlinien zur Rettung und Umstrukturierung 1999“) würdigen. Im vorliegenden Fall müsse die Beihilfe als vereinbar eingestuft werden, da der umstrukturierte Plan die Wiedererlangung der Rentabilität innerhalb eines angemessenen Zeitraums, und zwar bis zum 30. Juni 2004, vorsehe. Die griechischen Behörden verwiesen im Besonderen darauf, dass die Verzögerung nicht dem Unternehmen geschuldet sei, sondern höherer Gewalt (dem Erdbeben von 1999 und der Privatisierung des Unternehmens). Schließlich vertreten sie die Meinung, es hätte keine Verletzung des Grundsatzes der einmaligen Gewährung gegeben, da die Beihilfe im Zusammenhang mit der Anpassung eines bestehenden Umstrukturierungsplans gewährt worden sei.

(86)

In Bezug auf die versäumten Jahresberichte über die Durchführung des Investitionsplans vertritt Griechenland die Auffassung, diese Tatsache allein könne kein Hindernis für eine Änderung des Plans darstellen.

4.1.5.   Würdigung

4.1.5.1.   Artikel 296 EG-Vertrag

(87)

Vor der Würdigung der Vereinbarkeit aufgrund der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags muss die Anwendungsmöglichkeit von Artikel 296 des EG-Vertrags geprüft werden. Diesbezüglich vermerkt die Kommission Folgendes: Erstens war der Investitionsplan durch Griechenland im Jahr 1997 im Einklang mit dem in Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags vorgesehenen Verfahren angemeldet worden. Durch diese Anmeldung räumte Griechenland ein, dass der Investitionsplan in erster Linie den zivilen Sektor von HSY (das heißt Schiffbau und Schiffsreparatur) betraf, da sich die griechischen Behörden zu jener Zeit auf Artikel 296 des EG-Vertrags hätten berufen können und nicht verpflichtet gewesen wären, die genannte Investitionsbeihilfe anzumelden, wenn der Plan Tätigkeiten im Verteidigungsbereich betroffen hätte und für die nationale Sicherheit von Bedeutung gewesen wäre (68). Darüber hinaus hat Griechenland die Genehmigungsentscheidung nicht angezweifelt, durch welche die Kommission die angemeldete Beihilfe kraft der Beihilfevorschriften gewürdigt hat. Schließlich berief sich Griechenland in der Erwiderung auf die Entscheidung über die Verfahrenseinleitung nicht auf Artikel 296. Vorstehende Angaben sind für die Schlussfolgerung ausreichend, dass der Investitionsplan die nationalen Sicherheitsinteressen Griechenlands unberührt lässt und dass jede Beihilfe zur Finanzierung des Investitionsplans kraft der in den Artikeln 87 und 88 des EG-Vertrags enthaltenen Beihilfevorschriften überprüft werden kann.

4.1.5.2.   Vorliegen einer missbräuchlichen Durchführung der Beihilfe

(88)

Die drei in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung angeführten Vorbehalte werden aufeinanderfolgend erwogen.

(89)

Die Kommission ist der Auffassung, die Verletzung der Bedingung, Kreditabschlüsse nur unter marktwirtschaftlichen Voraussetzungen und ohne staatliche Bürgschaften zu tätigen, berühre die Vereinbarkeit der zweiten Maßnahmen und nicht die Vereinbarkeit der Investitionsbeihilfe. Tatsächlich hat eine solche Bedingung das Ziel, die Gewährung zusätzlicher Beihilfen zugunsten des Investitionsplans (das heißt die Häufung von Beihilfen und damit eine Überschreitung der in der Entscheidung in der Sache N 401/97 festgelegten Beihilfeintensität) zu vermeiden. Wie nachstehend erläutert, ist die Kommission in jedem Fall anhand jeweils anderer juristischer Gründe der Meinung, dass die HSY gewährte staatliche Beihilfe eine nicht vereinbare Förderung darstellt und zurückgezahlt werden muss. Im Hinblick auf die Darlehen ist die Kommission ebenfalls der Ansicht, dass das Beihilfeelement zurückgefordert werden muss. Die Rückforderung der Beihilfeelemente soll die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sicherstellen sowie die Erfüllung der Bedingung, dass die Finanzierungskosten von HSY nicht unter den marktüblichen Kosten liegen. Mit anderen Worten wird durch die Rückforderung dieser Beträge das Ziel erreicht, das die in der Entscheidung in der Sache N 401/97 vorgesehene Bedingung anvisiert hatte, nämlich die Gewährung zusätzlicher Beihilfen durch eine Finanzierung von HSY unterhalb der marktüblichen Kosten zu vermeiden. Demzufolge weist die Kommission vorstehende Behauptung von Elefsis Shipyards zurück, sowohl das in den Krediten und der Bürgschaft beinhaltete Beihilfeelement als auch die in der Entscheidung in der Sache N 401/97 genehmigte Investitionsbeihilfe müssten zurückgefordert werden.

(90)

In Bezug auf das in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung angesprochene Versäumnis von Jahresberichten nimmt die Kommission die Position ein, dass die Nichtvorlage keine missbräuchliche Durchführung der Beihilfe an sich darstellt. Dadurch werden tatsächlich weder die Förderungsmerkmale und -ergebnisse noch die Merkmale des Investitionsprogramms verändert. Dennoch hat Griechenland der Kommission keine Möglichkeit gegeben, über diese Fragen zum geeigneten Zeitpunkt zu entscheiden, da die griechischen Behörden diese Auskünfte nicht fristgerecht weiterleiteten und demgemäß die Kommission über die eingetretenen Verzögerungen im Unklaren ließen. Folglich trägt Griechenland durch das Versäumnis der Jahresberichte die Beweislast dafür, dass die Kommission die aufeinanderfolgenden Fristverlängerungen für den Durchführungszeitraum des Investitionsplans gebilligt hätte.

(91)

In Bezug auf die verzögerte Durchführung des Investitionsplans, die in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung den hauptsächlichen Vorbehalt darstellte, kam die Kommission zu folgendem Schluss: Mit Entscheidung N 401/97 billigte die Kommission eine Beihilfe zur Investitionsförderung, die „an einen Umstrukturierungsplan gebunden“ ist, wie Kapitel III („Umstrukturierungsbeihilfen“) der Richtlinie Nr. 90/684/EWG fordert. Wie in der Beschreibung des Geschäftsplans in der Entscheidung in der Sache N 401/97 angeführt, war der Wirtschaftsplan in der Praxis nicht bloß an die Umstrukturierung geknüpft. Er bildete eine der beiden Säulen der Umstrukturierung, da die Werft in den vorangegangenen Jahren keine Investitionen vorgenommen hatte und eine „veraltete Ausrüstung durch neue Technologie“ ersetzen musste, um ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. In Abschnitt 2.1 ihres Schreibens vom 20. Oktober 2004 bekräftigen die griechischen Behörden, dass der Investitionsplan durch verbesserte Produktivität und Modernisierung der Werft die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit von HSY, und zwar sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, zum Ziel hatte. Griechenland bestätigt überdies die Ablösung der veralteten und nicht verwendeten Ausrüstung durch eine auf moderner Technologie fußende Ausrüstung als weitere Zielsetzung. Folglich geht aus Entscheidung N 401/97 selbst sowie aus den griechischen Schreiben hervor, dass der Investitionsplan eine entscheidende Rolle im Umstrukturierungsplan und für die Wiedererlangung der Rentabilität für das Unternehmen hatte (69). Da die Durchführung des Investitionsplans „mit einem Umstrukturierungsplan verbunden“ war und für die Rückkehr der Werft in die Rentabilitätszone von entscheidender Bedeutung war, durfte er offenkundig keine größeren Verzögerungen aufweisen. Er musste sogar vordringlich durchgeführt werden, um die Wiedererlangung der Rentabilität zu ermöglichen. Folglich billigte die Kommission eine Förderung, die einen in einem vorgegebenen Zeitraum umzusetzenden Investitionsplan stützen sollte, und keine Förderung jedes zukünftig umzusetzenden Investitionsplans.

(92)

Im Hinblick auf den genauen Durchführungszeitraum des genannten Investitionsplans enthält Entscheidung N 401/97 keinen Zeitplan. Sie führt nur an, dass „die Werft ihre Rentabilität bei Abschluss des Geschäftsplans im Jahr 2000 wiedererlangen wird“. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 führen die griechischen Behörden an, dass laut Ministerialerlass vom Dezember 2007, durch den die Subventionierung gewährt wird, der Investitionsplan bis zum 31. Dezember 1999 abgeschlossen sein sollte. (70) Gleichwohl scheint dieses Datum in der Entscheidung in der Sache N 401/97 nicht auf. Die Kommission schließt daraus, dass der Investitionsplan kraft Entscheidung N 401/97 bis spätestens Ende 2000 abgeschlossen sein sollte.

(93)

Aufgrund vorstehender Angaben zieht die Kommission den Schluss, dass die Einhaltung der Frist vom 31. Dezember 2000 für die Sicherung der erfolgreichen Umsetzung des Umstrukturierungsplans von Bedeutung war. Darüber hinaus hätte jede Investition, die wesentlich später als im Jahr 2000 durchgeführt worden wäre, als nicht „mit dem Umstrukturierungsplan verbunden“ angesehen werden können, wie in der Entscheidung in der Sache N 401/97 beschrieben und von Richtlinie Nr. 90/684/EWG gefordert.

(94)

Nach vorliegender Erwägung von Entscheidung N 401/97 muss die Kommission beurteilen, inwiefern sie eine Verlängerung des Durchführungszeitraums der Investitionen gewährt hätte, wenn Griechenland einen diesbezüglichen Antrag gestellt und die Kommission ordnungsgemäß über die Verzögerung in Kenntnis gesetzt hätte. Im September 1999 kam es zu einem Erdbeben, das folgende Werftanlagen beschädigt hat: Mauerwerk, Dächer, Fensterscheiben, Bausubstanz dreier Gebäude, Rohrleitungen, Stromnetz, Kaianlagen und Kranschienen. Griechenland behauptet, das Erdbeben habe die Werft zu einer Unterbrechung des Investitionsplans gezwungen, da die Reparatur dieser Schäden vorrangig war.

(95)

Die Werft beantragte mit der Begründung, das Erdbeben habe die Verzögerung verursacht, im November 2000 einen ersten Aufschub des Abschlussdatums des Investitionsplans bis zum 31. Dezember 2001. Die Frage ist nun, ob die Kommission diesem Antrag zugestimmt hätte, falls er ihr vorgelegen hätte. Die Kommission hebt hervor, dass sie unter Anwendung der Leitlinien für Rettung und Umstrukturierung 1999 Absatz 52 der ersten Verlängerung nicht zugestimmt hätte, da sich der 1997 genehmigte Umstrukturierungsplan als deutlich unzureichend erwies, um die Rentabilität des Unternehmens wiederherzustellen, sowohl angesichts der im November 2000 herrschenden Situation als auch der Tatsache, dass zu jener Zeit kein anderer Umstrukturierungsplan vorlag, der eine Rückkehr in die Rentabilitätszone ermöglicht hätte. Gleichwohl bezweifelt die Kommission, dass sie Absatz 53 der Leitlinien für Rettung und Umstrukturierung 1999 angewendet hätte, da erstens die Förderung nicht aufgrund der vorgenannten Leitlinien genehmigt worden war, zweitens keine inhaltliche „Änderung“ des Plans vorlag, sondern nur eine Fristverlängerung für den Abschluss der Investitionen, und drittens keine klaren Verordnungen in Bezug auf eine Änderung des Abschlussdatums der Investitionen gemäß Entscheidung 401/97 und Richtlinie Nr. 90/684/EWG vorlagen. Darüber hinaus hätte die Kommission höchstwahrscheinlich eine Verzögerung von einigen Monaten für gerechtfertigt befunden, da ein schweres Erdbeben ein außergewöhnliches Ereignis darstellt, das mit Wirtschaft und unternehmerischer Tätigkeit nichts zu tun hat. Zudem bildet die Umsetzung eines Investitionsplans ein schwieriges Unterfangen, das einige zusätzliche Monate erfordern kann. Folglich kann berechtigterweise angenommen werden, dass die Kommission auch eine umfangreiche Verlängerung von einem Jahr gegebenenfalls genehmigt hätte.

(96)

In Bezug auf die zweite, von den griechischen Behörden gebilligte Fristverlängerung wurde von griechischer Seite und HSY die Privatisierung der Werft, in deren Verlauf der Investitionsplan eingefroren wurde, als Rechtfertigung vorgebracht (71). Anders gesagt war die Verzögerung in der Umsetzung des Investitionsplans einer bewussten Entscheidung für eine Aussetzung seiner Durchführung geschuldet. Die Kommission kann auf keinen Fall die Verlängerung des Anwendungszeitraums eines Investitionsplans billigen, wenn seine Umsetzung bewusst für mehr als ein Quartal unterbrochen wurde. Im Einklang mit vorstehend gezogener Schlussfolgerung war die Einhaltung des Durchführungszeitplans des Umstrukturierungsplans von entscheidender Bedeutung. Die Kommission genehmigte Investitionen zur Stützung eines konkreten und zu einem bestimmten Zeitpunkt umzusetzenden Umstrukturierungsplans. Hilfsweise merkt die Kommission an, dass der Umstrukturierungszeitraum im Falle einer Genehmigung über den 31. Dezember hinaus dermaßen ausgedehnt worden wäre, dass die nach diesem Datum getätigten Investitionen nicht mehr im Sinne der Richtlinie Nr. 90/684/EWG als mit der 1996 begonnenen Umstrukturierung „verbunden“ betrachtet werden könnten. Der 1997 gebilligte Umstrukturierungsplan war für die Bewältigung der schwierigen Wirtschaftslage der Werft in den Jahren nach 2001 unzureichend. Zudem wurden im Zeitraum 2001—2002 wichtige neue Umstrukturierungsmaßnahmen (wie etwa der zusätzliche Abbau von Humankapazität) durchgeführt, die nicht in dem von Entscheidung N 401/97 beschriebenen Umstrukturierungsplan enthalten waren. Demzufolge vertritt die Kommission die Auffassung, dass sie die Verlängerung des Investitionszeitraums über den 31. Dezember 2001 hinaus nicht genehmigt hätte.

(97)

Somit ist die Kommission der Ansicht, dass alle Förderungen zur Stützung von nach dem 31. Dezember 2001 durchgeführten Investitionskosten nicht in den Anwendungsbereich von Entscheidung N 401/97 fallen.

(98)

Griechenland behauptet, selbst im Falle einer Entscheidung der Kommission, die Förderungen zugunsten bestimmter Investitionsausgaben als nicht in den Anwendungsbereich von Entscheidung N 401/97 fallend zu beurteilen, seien die genannten Förderungen kraft der Leitlinien für Rettung und Umstrukturierung 1999 dennoch als vereinbare Umstrukturierungsförderung zu betrachten. Hiermit muss die Kommission erwägen, ob die Förderungen zugunsten von Investitionsaufwendungen, die HSY nach dem 31. Dezember 2001 durchgeführt hat, als vereinbar eingestuft werden können. Die Kommission merkt an, dass HSY nach dem 31. Dezember 2001 zweifellos ein Unternehmen in Schwierigkeiten darstellte. Die in den vorangegangenen Jahren aufgelaufenen Verluste waren beispielsweise so hoch, dass das Eigenkapital des Unternehmens rechnerisch negativ wurde. Folglich hätte jede Förderung zugunsten des Unternehmens, und im Besonderen eine Förderung zur Modernisierung der veralteten Ausrüstung, als Umstrukturierungsbeihilfe gelten müssen. Die Kommission ist gleichwohl der Ansicht, dass sich das Unternehmen nicht an die Förderbedingungen gehalten hat, die in den Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung von 1999 festgelegt sind. So liegt etwa eine Verletzung des Grundsatzes der einmaligen Gewährung vor, die in Randnummer 48 der Leitlinien festgeschrieben ist, da Griechenland HSY bereits mit Ministerialerlass vom Dezember 1997 eine Umstrukturierungsbeihilfe gewährt hatte. Die mit Entscheidung N 401/97 genehmigte Investitionsbeihilfe war laut Richtlinie Nr. 90/684/EWG und auch laut Entscheidung N 401/97 in der Tat eine Umstrukturierungsbeihilfe. Randnummer 48 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung 1999 gestattet eine Ausnahme vom Grundsatz der einmaligen Gewährung, und zwar aufgrund von „außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen, die das Unternehmen nicht zu vertreten hat“. Die Kommission kann keine außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umstände feststellen, welche das Unternehmen nicht zu vertreten hätte und welche die Gewährung einer Umstrukturierungsbeihilfe für Investitionsaufwendungen nach dem 31. Dezember 2001 rechtfertigen würden. Genauer gesagt kann das Erdbeben vom September 1999 im Einklang mit vorstehend gezogener Schlussfolgerung eine begrenzte Verzögerung in der Durchführung des Investitionsplans begründen. Doch es bildet nicht die Ursache für die Verzögerung in der Umsetzung des Investitionsplans nach dem 31. Dezember 2001. Was das Einfrieren des Plans im Zuge des Privatisierungsverfahrens betrifft, so handelt es sich dabei nicht um laut Definition „außergewöhnliche und unvorhersehbare Umstände, die das Unternehmen nicht zu vertreten hat“. Griechenland vertritt die Auffassung, es liege keine Verletzung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe vor, da die Förderung im Rahmen der Anpassung eines bestehenden Umstrukturierungsplans erfolgt sei. Den vorgelegten ausführlichen Erläuterungen gemäß ist die Kommission der Ansicht, dass die nach dem 31. Dezember 2001 getätigten Investitionen nicht Teil des in der Entscheidung in der Sache N 401/97 beschriebenen Investitionsplans sind. Darüber hinaus enthält Randnummer 52 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung 1999 folgende Formulierung: „Auch der geänderte Plan muss die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität innerhalb einer angemessenen Frist erkennen lassen“. Anhand des ursprünglichen Plans sollte die Werft bis zum Jahr 2000 ihre Rentabilität wiedererlangen. Demzufolge vertritt die Kommission die Auffassung, dass die bis zum Juni 2004 geplante Wiederherstellung der Rentabilität eine sehr große Verzögerung im Verhältnis zum ursprünglichen Plan darstellt und nicht mehr als angemessene Frist gelten kann. Schließlich bemerkt die Kommission, dass die Zustimmung zu einer so umfangreichen Verlängerung der Umstrukturierungsphase bedeuten würde, den Grundsatz der einmaligen Beihilfezahlung zu umgehen.

(99)

Folglich vertritt die Kommission die Ansicht, die Beihilfe zu den nach dem 31. Dezember 2001 getätigten Investitionskosten, die den in der Entscheidung in der Sache N 401/97 beschriebenen Investitionsplan betreffen, könne als unter obige Entscheidung fallend gelten. Alle anderen Beihilfen fallen nicht unter den Anwendungsbereich von Entscheidung N 401/97. Zudem ist jede andere Beihilfe für die von HSY getätigten übrigen Investitionskosten nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Da Griechenland erklärt hat, die Investitionsbeihilfe sei noch nicht an HSY ausbezahlt worden, liegt keine Notwendigkeit einer Rückforderung dieser Beihilfe von HSY vor.

4.2.   Darlehen in Höhe von 4,67 Mrd. GRD (13,73 Mio. EUR), gewährt 1999 und gedeckt durch staatliche Bürgschaft (Maßnahme D2)

4.2.1.   Beschreibung der Maßnahme

(100)

Griechenland führt an, dass dieser Kredit mit achtjähriger Laufzeit in Höhe von 4,67 Mrd. GRD (13,72 Mio. EUR) von ETVA zur Finanzierung des Investitionsplans gewährt wurde (72). Mit Entscheidung vom 8. Dezember 1999 gewährte die Regierung eine Bürgschaft unter Anrechnung von 100 Basispunkten als jährlicher Garantiegebühr. Der Kreditabschluss erfolgte am 29. Dezember 1999 und der Betrag wurde HSY von diesem Zeitpunkt bis zum 26. Oktober 2000 in mehreren aufeinanderfolgenden Raten bis zur Erfüllung des Gesamtbetrags von 12,76 Mio. EUR ausbezahlt (73) (mit ATHIBOR-Zinssatz (EURIBOR ab dem 1. Januar 2001) zuzüglich 25 Basispunkte). Am 31. Mai 2002 wurden die staatliche Bürgschaft und der Kredit bis zum 30. Juni 2009 verlängert, während der Zinssatz um 100 Basispunkte erhöht wurde. Die erste Kapitalrückzahlungsrate wurde im Dezember 2003 entrichtet.

4.2.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(101)

In der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung wird angeführt, dass die staatliche Bürgschaft möglicherweise eine staatliche Beihilfe bildet, deren Vereinbarkeit zweifelhaft sei. Darüber hinaus erklärt Entscheidung N 401/97 über die Charakterisierung der Bürgschaft als vereinbare oder nicht vereinbare Beihilfe hinaus, dass für die Finanzierung des Investitionsplans Bankdarlehen unter üblichen Marktbedingungen ohne staatliche Garantien hätten gefunden werden müssen. Demnach scheint obige Entscheidung staatliche Bürgschaften an sich zu untersagen.

4.2.3.   Stellungnahmen der beteiligten Parteien

(102)

Elefsis Shipyards legte folgende Stellungnahme im Hinblick auf die Maßnahmen D2, D3 und D4 vor: Sie ruft in Erinnerung, dass kraft Entscheidung N 401/97 die Bankdarlehen zur Finanzierung von HSY unter üblichen Marktbedingungen und ohne staatliche Beihilfen mit Sicherheiten versehen werden sollten. Nachweislich wurde keiner der drei Kredite unter Wettbewerbsbedingungen gewährt. Zum einen wurden diese Darlehen ab Ende 1999 gewährt, als die wirtschaftliche Lage von HSY katastrophal war und die Gefahr bestand, dass dem Unternehmen die Zulassung entzogen wird. Zum zweiten wurden die Darlehen gewährt, obwohl klar war, dass HSY weder die Umsetzung des Umstrukturierungs-/Investitionsplans noch die Einhaltung der Bedingungen aus Entscheidung N 401/97 gelungen war. Zum dritten hätte HSY angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Situation einerseits, in die das Unternehmen geraten war, und der Tatsache andererseits, dass keine Sicherheiten unter Wettbewerbsbedingungen gestellt wurden, diese Darlehen nicht auf dem privaten Bankensektor sichern können.

4.2.4.   Stellungnahme Griechenlands

(103)

Die griechischen Behörden (sowie HSY) vertreten die Ansicht, dass die staatliche Bürgschaft keine staatliche Beihilfe bildet und unter üblichen Marktbedingungen geleistet wurde. Sie gründen ihre Erwägungen auf folgende Angaben:

Die Werft hätte einen ähnlichen Darlehensvertrag mit jeder anderen Bank abschließen können, unter Stellung anderer Sicherheiten als die einer staatlichen Bürgschaft. Konkret hätten die Forderungsabtretung aus bedeutenden Verträgen oder Hypotheken auf bestimmte Anlagewerte als Sicherheiten geboten werden können.

Die jährliche Garantiegebühr in Höhe von 1 % bilde den Marktpreis. Darüber hinaus sei sie nicht selektiv, da der griechische Staat im konkreten Zeitraum verschiedene Bürgschaften — und in bestimmten Fällen zu einer sogar wesentlich niedrigeren Garantiegebühr — geleistet habe.

Sollte auch die Kommission der Ansicht sein, die Garantiegebühr habe unterhalb des Marktzinssatzes gelegen, so hat der griechische Staat dennoch wie ein privater Kapitalgeber auf dem freien Markt gehandelt, da er (mittels ETVA) HSY-Anteilseigner war und von der Rückkehr des Unternehmens in die Gewinnzone als Konsequenz des Investitionsplans profitiert hätte.

Die Tatsache, dass der Kreditabschluss auf die Finanzierung eines von der Kommission genehmigten Investitionsplans abzielte, müsste einen hinreichend guten Grund dafür bilden, dass die kreditgebende Bank und der Bürge HSY für tilgungsfähig erachten.

Die Darlehenstilgung und die Zahlung der Garantiegebühr erfolgt regelmäßig.

4.2.5.   Würdigung

4.2.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(104)

Vor einer Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfe aufgrund von Artikel 87 des EG-Vertrags ist die Anwendbarkeit von Artikel 296 des EG-Vertrags zu prüfen. Die Kommission hebt hervor, dass HSY kraft Entscheidung über die Beihilfegewährung verpflichtet war, das garantierte Darlehen wie auch zwei weitere Kredite, die in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung (das heißt Maßnahmen D3 und D4) enthalten sind, zur Finanzierung des Investitionsplans zu verwenden (74). Wie bereits in den Schlussfolgerungen der Würdigung von Maßnahme D1 angeführt, fällt der Investitionsplan nicht unter den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags. Die Kommission ist folglich der Ansicht, dass diese drei zur Finanzierung des Investitionsplans vorgesehenen Kredite den Beihilfevorschriften unterliegen und nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags fallen.

4.2.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(105)

Zunächst ist zu prüfen, ob die staatliche Beihilfe die Voraussetzungen nach Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags erfüllt.

(106)

Um das Bestehen einer Beihilfe bei den verschiedenen, in dieser Entscheidung geprüften Bürgschaften zu würdigen, greift die Kommission auf die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (75) (nachstehend „Mitteilung über Bürgschaften“) vom März 2000 zurück. Diese Mitteilung stellt jedoch, wie auch in Abschnitt 1.4. der Mitteilung angeführt, keinen Richtungswechsel der bisherigen Politik dar, sondern bietet lediglich eine ausführliche Erläuterung der von der Kommission bis dahin für die Würdigung von Bürgschaften eingesetzten Methoden. Demgemäß können die in der Mitteilung festgelegten Grundsätze über Bürgschaften ebenfalls auf die Würdigung von Bürgschaften angewendet werden, die vor März 2000 gewährt wurden. Daher hat die Kommission auch zur Würdigung von Maßnahme D2 auf diese Mitteilung über Bürgschaften in Entscheidung der Verfahrenseinleitung zurückgegriffen. Griechenland hat nicht nur keinen Widerspruch gegen die Anwendung dieses Grundsatzes geltend gemacht, sondern für die Würdigung der Maßnahme D2 ebenfalls darauf zurückgegriffen (76).

(107)

Zum ersten muss eine Maßnahme öffentliche Gelder betreffen, um unter Artikel 87 Absatz 1 zu fallen. Dies ist bei Maßnahme D2 der Fall, da der griechische Staat zur Gewährung obiger Bürgschaft in riskanter Weise öffentliche Gelder eingesetzt hat.

(108)

Zum zweiten muss festgestellt werden, ob die Maßnahme selektiv war. Griechenland vertritt die Ansicht, der griechische Staat habe anderen Unternehmen mehrfach Bürgschaften zu einer Garantiegebühr von 1 % geleistet. Die griechische Seite hat eine Liste solcher Unternehmen vorgelegt. Die Kommission ist der Auffassung, dass dies keinen Nachweis dafür liefert, dass es sich um eine allgemeine Maßnahme handelte. Dazu muss eine Maßnahme auf alle in einem Mitgliedstaat wirtschaftlich tätigen Marktteilnehmer Anwendung finden. Sie muss auf alle Unternehmen unter gleichen Bedingungen angewendet werden, und ihr Anwendungsbereich kann nicht etwa durch das Ermessen des Staates oder durch andere Elemente, die sein praktisches Ergebnis eingrenzen, de facto eingeschränkt werden. Folglich kann die zu prüfende Maßnahme nicht als allgemein betrachtet werden. Genauer gesagt kann aus der Tatsache, dass gewisse Unternehmen staatliche Bürgschaften erhalten haben, nicht geschlossen werden, dass jedes andere Unternehmen auch eine solche Garantie erhalten hätte. Griechenland hat nicht nachgewiesen, dass die staatliche Garantieleistung für alle Wirtschaftsteilnehmer unter gleichen Bedingungen gilt. Darüber hinaus sind zahlreiche Unternehmen auf der von Griechenland vorgelegten Liste staatlich oder führen Tätigkeiten im militärischen Bereich durch. Daraus geht demnach indirekt hervor, dass private Unternehmen keine derartige Bürgschaft für die Finanzierung ihrer normalen Tätigkeiten erhalten hätten. Griechenland führt zudem keine Rechtsgrundlage an, aufgrund derer am 8. Dezember 1999 die Gewährung der Bürgschaft durch den Finanzminister entschieden wurde. Vermutlich bildet Gesetz 2322/1995 die Rechtsgrundlage, was eine selektive Maßnahme bilden würde, wie in der Würdigung von Maßnahme E12b erläutert wird.

(109)

Zum dritten muss das Bestehen eines Vorteils nachgewiesen werden. Im Einklang mit Randnummer 2.2.2. der Mitteilung über Bürgschaften kann nicht von einer staatlichen Beihilfe an den Kreditgeber ausgegangen werden, da die Bürgschaft vor der Gewährung des Darlehens geleistet wurde. Folglich ist, wie in Randnummer 2.1.1. der Mitteilung über Bürgschaften festgelegt, das Bestehen einer Beihilfe an den Kreditnehmer zu prüfen. Griechenland vertritt die Ansicht, es liege kein Vorteil vor, da HSY — unter dem Angebot anderer Sicherheiten als der einer staatlichen Beihilfe — ein ähnliches Darlehen hätte erlangen können. Die Kommission ist der Auffassung, dass eine Prüfung der Behauptung nicht vonnöten sei, HSY hätte dieses Darlehen erhalten können, falls sie andere Sicherheiten geboten hätten. Die Kommission muss tatsächlich einschätzen, ob die konkrete, vom griechischen Staat durchgeführte Handlung, das heißt die Leistung einer Kreditgarantie ohne Absicherung, für einen auf dem freien Markt tätigen privaten Kapitalgeber akzeptabel gewesen wäre. Eine Kreditbürgschaft, die durch ein Zurückbehaltungsrecht auf bestimmte Anlagewerte oder durch die Abtretung von Forderungen abgesichert wird, bildet eine unterschiedliche Transaktion. Wie in Abschnitt 2.1.1. der Mitteilung über Bürgschaften angeführt, bildet die dem Kreditnehmer eingeräumte Möglichkeit, im Zuge einer staatlichen Beihilfe „weniger Sicherheiten zu leisten“, einen potenziellen Vorteil. Selbst unter Würdigung der Möglichkeit, eine Finanzierung unter dem Angebot mehrfacher Sicherheiten zu finden, war die Kommission in Abschnitt 3.1. dieser Entscheidung bereits zur Schlussfolgerung gelangt, dass HSY nach dem 30. Juni 1999 von keiner Privatbank Darlehen oder Bürgschaften erhalten hätte, auch wenn sie der Bank eine gewisse Absicherung geboten hätte. Die Kommission kommt zum Schluss, dass die staatliche Beihilfe einen Vorteil für HSY darstellte, da sie im Dezember 1999 gewährt wurde und ihr eine Finanzierungsmöglichkeit bot, die das Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.

(110)

Nach Auffassung Griechenlands folgte auch die Garantiegebühr von 1 % dem herrschenden Marktpreis und verschaffte demgemäß keinen Vorteil. Die Kommission hebt hervor, dass Griechenland keine Marktdaten als Nachweis dafür vorgelegt habe, dass private Banken unter dieser Garantiegebühr zu einer Sicherheitsleistung bereit gewesen wären. Griechenland hat lediglich eine Aufstellung der vom griechischen Staat geleisteten Bürgschaften für denselben Zeitraum wie vorgenannte Garantiegebühr eingereicht. Der Kommission ist nicht nachvollziehbar, wie diese Aufstellung staatlicher Bürgschaftsleistungen nachweisen soll, dass die HSY berechnete Garantiegebühr den Marktbedingungen entspricht und keine staatliche Beihilfe bildet. Im einzelnen kann obige Auflistung nicht als „Staatsgarantieregelung, die keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 bildet“ betrachtet werden, da sie — wie die Garantieleistung zugunsten von HSY beweist — die Mehrzahl der in Abschnitt 4.3 der Mitteilung über Bürgschaften vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Obgleich die Garantiegebühr von 1 % möglicherweise im Einklang mit den Marktbedingungen für andere (gesunde) Unternehmen war, so entspricht sie jedoch nicht automatisch den Marktbedingungen für ein Unternehmen in Schwierigkeiten wie HSY.

(111)

Was das Argument betrifft, eine Garantiegebühr unter dem Marktpreis wäre auch für einen privaten Kapitalgeber unter ähnlichen Umständen akzeptabel gewesen, da der griechische Staat Anteilseigner von HSY war, so wurde es bereits in Abschnitt 3.1 dieser Entscheidung zurückgewiesen.

(112)

In Abschnitt 3.1 wird ebenfalls erläutert, dass seit dem 30. Juni 1999 hinreichende Hinweise vorlagen und die Schlussfolgerung nahelag, dass es HSY nicht gelungen war, eine ausreichende Zahl von Schiffsbauverträgen abzuschließen, damit die Rentabilität wiederhergestellt werden konnte. Zudem standen für die Jahre 1999 und 2000 bedeutende Verluste ins Haus. Obwohl der Kredit für die Finanzierung eines im Jahr 1997 von der Kommission gebilligten Investitionsplans gedacht war, was in den Jahren 1997 und 1998 einen möglichen Kreditgeber noch hätte beruhigen können, wäre es im Dezember 1999 nicht mehr möglich gewesen, eine Bank angesichts des offensichtlich gescheiterten Geschäftsplans zu beruhigen. Das diesbezügliche Argument Griechenlands muss daher zurückgewiesen werden.

(113)

Was schließlich die von Griechenland erwähnte Tatsache betrifft, die Kredittilgung erfolge nach den Vertragsbedingungen, ist der Kommission nicht nachvollziehbar, inwiefern diese Tatsache nachweisen soll, dass eine Privatbank das konkrete Darlehen gewährt hätte. Die wesentlichen Angaben beziehen sich tatsächlich auf die Lage des Unternehmens und auf die Informationen, die zum Zeitpunkt der Garantieleistung verfügbar waren (77). Die Kommission bemerkt hilfsweise, dass laut den zum Zeitpunkt der Garantieleistung verfügbaren Informationen in den Folgejahren erhebliche Verluste der Werft zu erwarten waren. Das Unternehmen machte nun tatsächlich in den Folgejahren so große Verluste, dass die Eigenmittel des Unternehmens rechnerisch negativ wurden. Darüber hinaus hat HSY ausschließlich dank der fortlaufenden Unterstützung durch staatliche Beihilfen wirtschaftlich überlebt (und ist folglich nur deshalb in der Lage, den Kredit zu tilgen).

(114)

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass die Maßnahme HSY Vorteile einräumte.

(115)

Dieser selektive Vorteil führt zu einer Wettbewerbsverzerrung, da er HSY einen Kapitalgeber in einem Zeitraum verschafft, als das Unternehmen auf dem freien Markt einerseits keinen Geldgeber gefunden hätte und andererseits in Schwierigkeiten war. Folglich trug die Maßnahme dazu bei, HSY am Leben zu erhalten und seine Tätigkeiten zu finanzieren. Da einige Konkurrenzunternehmen von HSY in anderen Mitgliedstaaten angesiedelt sind, (78) beeinträchtigt diese Wettbewerbsverzerrung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten (79).

(116)

Da die Bürgschaft sämtliche in Artikel 87 Absatz 1 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, bildet sie eine staatliche Beihilfe. Wenn sie nun in Verletzung der in Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags vorgesehenen Bedingung ohne vorherige Anmeldung geleistet wurde, bildet sie eine widerrechtliche staatliche Beihilfe.

(117)

Da die Kommission soeben nachgewiesen hat, dass der HSY eingeräumte selektive Vorteil zur Verzerrung des Wettbewerbs und zur Beeinträchtigung des Handels unter Mitgliedstaaten führt, wird die Kommission bei der nachstehenden Würdigung der übrigen Maßnahmen ihre Erwägungen über diese beiden Punkte nicht mehr wiederholen.

4.2.5.3.   Vereinbarkeit der Beihilfe

(118)

In Bezug auf die Vereinbarkeit laut Artikel 87 Absatz 2 und 3 des EG-Vertrags hebt die Kommission hervor, dass keine der Verordnungen aus Artikel 87 Absatz 2 und aus Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b) und d) anwendbar ist. In Bezug auf die Vereinbarkeit laut Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a), c) und e) werden die Beihilfen für die Schiffbauindustrie seit 1. Januar 1999 durch die Verordnung (EG) Nr. 1540/98 des Rates vom 29. Juni 1998 zur Neuregelung der Beihilfen für den Schiffbau (80) (nachstehend „Verordnung (EG) Nr. 1540/98“) geregelt. Da der mit Sicherheiten versehene Kredit für die Finanzierung eines Investitionsplans im Rahmen eines Umstrukturierungsplans bestimmt war und da darüber hinaus HSY ein Unternehmen in Schwierigkeiten war, muss die staatliche Bürgschaft aufgrund von Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1540/98 gewürdigt werden. Dabei wird deutlich, dass die Maßnahme nicht die in diesem Artikel vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt. Konkret erläutert Artikel 5, Umstrukturierungsbeihilfen „könnten ausnahmsweise als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, wenn sie mit den Gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten in Einklang stehen“. Die zum Zeitpunkt der Beihilfengewährung gültigen Leitlinien waren diejenigen zur Rettung und Umstrukturierung 1999, die am 9. Oktober 1999 (81) im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden und am selben Tag in Kraft traten. Einige der in Abschnitt 3.2.2. der obigen Leitlinien genannten Voraussetzungen für die Genehmigung einer Beihilfe sind nicht erfüllt. Im Hinblick auf die Voraussetzung b), „Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität“, hebt die Kommission beispielsweise hervor, dass die staatliche Beihilfe für die Finanzierung eines Investitionsplans im Rahmen eines Umstrukturierungsplans verwendet wurde, der jedoch im Dezember 1999 mittlerweile vollkommen unzureichend war, um die langfristige Rentabilität von HSY wiederherzustellen. Im Hinblick auf die Voraussetzung d), „Auf das Minimum begrenzte Beihilfe“, hatte die Kommission mit Entscheidung N 401/97 bereits entschieden, dass die Höchstgrenze einer staatlichen Beihilfe 50 % der Investitionskosten betragen darf, während die übrigen 50 % aus Posten finanziert werden sollten, die von den Anteilseignern und aus unter üblichen Marktbedingungen gewährten Bankkrediten stammen. Demzufolge konnte keine zusätzliche Beihilfe für den Plan gewährt werden, da in so einem Fall die Höchstgrenze der Beihilfeintensität von 50 % überschritten worden wäre. Durch die staatliche Beihilfe wurde ebenfalls der in Abschnitt 3.2.3. der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung 1999 vorgesehene Grundsatz von der einmaligen Gewährung verletzt, da die Kommission durch Entscheidung N 401/97 die Gewährung einer Investitionsbeihilfe genehmigt hatte, die im Einklang mit der Richtlinie 90/684/EWG eine Art Umstrukturierungsbeihilfe darstellte. Diese Beihilfe war HSY mit Ministerialentscheidung vom Dezember 1997 gewährt worden (jedoch, wie in Entscheidungsgrund 84 dieser Entscheidung beschrieben und von Griechenland erläutert, noch nicht an HSY ausbezahlt worden).

(119)

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass die staatliche Bürgschaft eine widerrechtliche und nicht vereinbare Beihilfe bildet, die zurückzufordern ist. Wenn sie bei Erlass dieser Entscheidung noch nicht geleistet wurde, ist die staatliche Beihilfe unverzüglich einzustellen. Doch wird dies nicht genügen, um den Zustand wiederherzustellen, der ohne die staatliche Beihilfe geherrscht hätte, da HSY einige Jahre lang ein Kredit zugute kam, den sie ohne das Einschreiten des griechischen Staates nicht mit Sicherheiten hätte versehen können. Die Kommission ist der Ansicht, dass zur Rückforderung dieses Vorteils, laut Schlussfolgerung aus Abschnitt 3.1 dieser Entscheidung, für den Zeitraum der Bürgschaftsleistung die Differenz zwischen den Gesamtkosten des mit Sicherheiten versehenen Darlehens (Zinssatz zuzüglich Garantiegebühr) und dem Referenzsatz für Griechenland mit einem Zuschlag von 600 Basispunkten zurückgefordert werden muss.

(120)

Die Kommission ist der Auffassung, dass auf diese Weise der Zustand wiederhergestellt wird, der ohne die staatliche Beihilfe geherrscht hätte. Auf diese Weise wird die Verletzung des in der Entscheidung in der Sache N 401/97 auferlegten Verbots der Beihilfeleistung und Finanzierung zu einem niedrigeren Zinssatz als dem Marktzinssatz aufgehoben.

4.3.   Darlehen in Höhe von 1,56 Mrd. GRD (4,58 Mio. EUR), gewährt 1999 (Maßnahme D3)

4.3.1.   Beschreibung der Maßnahme

(121)

Im Jahr 1999 erhielt HSY ein Darlehen in Höhe von 1,56 Mrd. GRD (4,58 Mio. EUR) von ETVA, die als Absicherung das Recht auf die Auszahlung der ersten Rate der in der Entscheidung in der Sache N 401/97 genehmigten Investitionsbeihilfe erhielt. Das Darlehen wurde am 28. Juli 1999 abgeschlossen und HSY am nächsten Tag zur Gänze ausbezahlt. Ursprünglich hatte es eine Laufzeit bis zum 31. März 2001. Nach aufeinanderfolgenden Fristverlängerungen wurde es am 2. August 2004 getilgt. Der Zinssatz des Darlehens betrug ATHIBOR (EURIBOR ab 1. Januar 2001) zuzüglich 100 Basispunkte (82).

4.3.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(122)

In der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung führt die Kommission an, das Darlehen könnte eine Beihilfe von zweifelhafter Vereinbarkeit sein. Falls darüber hinaus nachzuweisen wäre, dass dieser Kredit durch eine staatliche Bürgschaft gedeckt wurde, läge eine Verletzung von Entscheidung N 401/97 vor, die in Bezug auf die Finanzierung des Investitionsplans die Aufnahme von Bankanleihen unter normalen Marktbedingungen ohne staatliche Garantien vorsah.

4.3.3.   Stellungnahme der interessierten Beteiligten

(123)

Über die vorab eingereichten Bemerkungen zu Maßnahme D2 hinaus vertritt Elefsis Shipyards die Meinung, es habe ein bedeutendes Risiko bestanden, dass die für diese Darlehen geleistete Absicherung, das heißt die Zahlung der genehmigten Investitionsbeihilfe, widerrechtlich und daher ungültig und nicht durchführbar war, wenn die Maßnahmen D3 und D4 zu einem Zeitpunkt gewährt wurden, als bereits klar war, dass HSY weder den Umstrukturierungs-/Investitionsplan umgesetzt noch die Voraussetzungen aus Entscheidung N 401/97 eingehalten hatte.

4.3.4.   Stellungnahme Griechenlands

(124)

Die griechischen Behörden (und HSY) vertreten die Ansicht, obiger Kredit sei unter Marktbedingungen gewährt worden. Genauer gesagt, der Zinssatz habe demjenigen für gewisse, von ETVA im selben Zeitraum anderen Unternehmen gewährte Darlehen entsprochen. HSY hätte von jeder anderen Bank Kredit erhalten, doch naheliegenderweise hätte sie ihren Anteilseigner ETVA vorgezogen. Darüber hinaus hätte die von ihr vorgeschlagene Absicherung in Form einer Forderungsabtretung auf die erste Rate der Investitionsbeihilfe eine für jede Bank akzeptable Sicherheit dargestellt. Schließlich hebt Griechenland hervor, dass der Kredit bei der Bank zur Gänze getilgt wurde.

4.3.5.   Würdigung

4.3.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(125)

Die Kommission gelangte bereits im Zuge der Würdigung der Maßnahme D2 zum Schluss, dass Maßnahme D3 nicht unter den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags fällt. Demzufolge muss sie aufgrund der Beihilfevorschriften gewürdigt werden.

4.3.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(126)

Zum ersten hebt die Kommission hervor, dass der Kredit von ETVA ohne Deckung durch eine staatliche Bürgschaft gewährt wurde.

(127)

Im Hinblick auf den selektiven Charakter der Maßnahme bemerkt Griechenland, dass auch andere Unternehmen von ETVA Darlehen zu ähnlichen Zinssätzen erhalten hätten. Doch wie bereits im Zuge der Würdigung der Maßnahme D2 erläutert, gilt eine Maßnahme nur dann als allgemein, wenn sie strengen Auflagen genügt, was im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zutraf. So wird die Maßnahme beispielsweise nicht in allen Unternehmen unter den gleichen Bedingungen durchgeführt, da je nach Entscheidung von ETVA über Gewährung oder Nichtgewährung jedes einzelnen Darlehens und nach den von ihr gestellten Bedingungen unterschiedliche Zinssätze für die verschiedenen Darlehensnehmer angewendet wurden. Demzufolge hat diese Maßnahme selektiven Charakter.

(128)

Im Hinblick auf das Bestehen eines Vorteils hebt die Kommission hervor, dass obiger Kredit nach dem 30. Juni 1999 gewährt wurde, als — wie in Abschnitt 3.1. dieser Entscheidung erläutert — das Unternehmen keinen Zugang mehr zum Kreditmarkt hatte. Die Tatsache, dass ETVA für gewisse Kredite an andere Unternehmen im selben Zeitraum denselben Zinssatz anwendete, bildet keinen Nachweis dafür, dass der konkrete Zinssatz für eine Privatbank unter ähnlichen Bedingungen akzeptabel gewesen wäre. Erstens hängt der Zinssatz, den eine Privatbank für einen bestimmten Kredit verlangt, von der Bonität des Kreditnehmers ab. Von griechischer Seite wurde nicht nachgewiesen, dass die anderen, in der Aufstellung erwähnten Darlehensnehmer — in gleichem Maße wie HSY — kurz vor der Zahlungsunfähigkeit standen. Die Kommission ruft in Erinnerung, dass die Lage von HSY im konkreten Zeitraum sehr kritisch war. Daher hätte ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kreditgeber als Voraussetzung für ein Darlehen an HSY einen im Vergleich zu gesunden Unternehmen höheren Zinssatz gefordert. Zweitens sei, selbst wenn die anderen Darlehensnehmer genauso kurz vor der Zahlungsunfähigkeit gestanden hätten wie HSY, die von Griechenland vorgelegte Aufstellung als Grundlage für den Nachweis, der berechnete Zinssatz sei marktüblich gewesen, weiterhin unzureichend. Die von Griechenland vorgelegte Liste umfasst in der Tat nur von ETVA gewährte Darlehen, von einer Bank also, die sich im Staatsbesitz befindet (und darüber hinaus für industrielle Entwicklung gedacht ist), woraus hervorgeht, dass auch die anderen Darlehen möglicherweise ein Beihilfeelement enthalten. Demzufolge beweist die Auflistung nicht, dass diese Kredite für eine Privatbank akzeptabel gewesen wären.

(129)

Die griechischen Behörden vertreten auch die Meinung, dass die in Form einer Forderungsabtretung auf die erste Rate der Investitionsbeihilfe gebotene Absicherung für jede Privatbank als Kreditsicherheit akzeptabel gewesen wäre. Die Kommission hebt hervor, dass laut der Genehmigungsentscheidung der griechischen Regierung zugunsten der Investitionsbeihilfe die Auszahlung der ersten Rate erfolgen sollte, sobald die zuständige Kontrollbehörde bemerkte, dass sich die Investitionskosten auf 2,73 Mrd. GRD belaufen. Darüber hinaus sollte die Zahlung vor dem 31. Dezember 1999 erfolgen. Wie die Prüfung der griechischen Behörden im Dezember 1999 ergab (s. Stellungnahme Griechenlands zu Maßnahme D1), war der Betrag von 2,73 Mrd. GRD erst am 30. Juni 1999 erreicht worden. Folglich konnte die Wahrscheinlichkeit der Einziehung der ersten Beihilferate auf den ersten Blick als besonders hoch eingestuft werden, da der Kredit im Juli 1999 gewährt wurde und da zu diesem Zeitpunkt vermutlich bereits abgeschätzt werden konnte, dass die Marke von 2,73 Mrd. GRD erreicht war bzw. bald erreicht würde. Dennoch konnten noch verschiedene Probleme eintreten, um die Zahlung der Beihilfe zu hemmen. Erstens war es im Falle einer Insolvenz von HSY unsicher, ob die griechischen Behörden einem Unternehmen, dem die Stilllegung drohte, die Investitionsbeihilfe ausbezahlt hätten (83). In diesem Falle hätte die Bank kostspielige und zeitraubende Rechtsmittel einlegen müssen, um den Kredit zurückzufordern. Zweitens ist unsicher, ob die zuständigen Kontrollbehörden sich zu einer Zertifizierung der geleisteten Investitionskosten bereitgefunden hätten, indem sie beispielsweise bestätigten, dass die festgelegte Grenze in angemessener Zeit erreicht wurde. Drittens bestand die Möglichkeit weiterer verwaltungstechnischer Probleme. Genau dies ist realiter eingetreten, (84) da die griechischen Behörden über eine Reihe von Jahren die erste Beihilferate nicht entrichtet haben. Wie in Kapitel 1 mit Titel „Verfahren“ dieser Entscheidung angeführt, beantragte die Kommission später die Zahlungsaussetzung der noch nicht an HSY ausbezahlten Beihilfe, als sie von der verzögerten Durchführung des Investitionsplans erfuhr. Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die Auszahlung der ersten Rate der Investitionsbeihilfe durch den griechischen Staat zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher war. Angesichts der Schwierigkeiten von HSY hätte eine Privatbank Absicherungen gefordert, deren Vollstreckung rasch und gesichert erfolgen würde, und sie hätte sich nicht mit einer Absicherung begnügt, die unter Umständen nichts wert war. Aus diesen Gründen gelangt die Kommission zur Schlussfolgerung, dass für eine Privatbank eine Gewährung dieses Kredits nicht akzeptabel gewesen wäre. Wie bereits angeführt, findet diese Schlussfolgerung ihre Bestätigung in den erfolglosen Bemühungen von HSY, eine Finanzierung von Kapitalgebern unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu sichern.

(130)

Griechenland vertritt die Ansicht, dass eine Kreditvergabe im Interesse von ETVA als Anteilseignerin von HSY lag. In der Einheit 3.1.3 dieser Entscheidung wurde dieses Argument von der Kommission bereits zurückgewiesen.

(131)

Schließlich hat die Kommission in Bezug auf die Tatsache der Kredittilgung bereits in der Würdigung von Maßnahme D2 erläutert, warum dies keinen Nachweis dafür liefert, dass eine Privatbank die konkrete Finanzierung an HSY in jenem Zeitraum geleistet hätte.

(132)

Aus vorgenannten Gründen kommt die Kommission zum Schluss, dass der Kredit HSY einen Vorteil verschaffte, da das Unternehmen auf dem Markt kein Darlehen erhalten hätte.

(133)

Die Kommission schließt daraus, dass Maßnahme D3 eine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags darstellt. Da die Maßnahme — anders als in Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags gefordert — ohne vorherige Anmeldung erfolgte, bildet sie eine widerrechtliche Beihilfe.

4.3.5.3.   Vereinbarkeit der Beihilfe

(134)

Die Vereinbarkeit der zu prüfenden Maßnahme ist aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1540/98 als Maßnahme D2 zu würdigen. Da obiges Darlehen als Maßnahme D2 auf die Finanzierung eines Investitionsplans im Rahmen eines Umstrukturierungsplans abzielte und da es einem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt wurde, muss es als Umstrukturierungsbeihilfe gewertet werden, die unter Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1540/98 fällt. Offensichtlich erfüllt die Maßnahme die Voraussetzungen obigen Artikels nicht. Konkret sieht Artikel 5 vor, Umstrukturierungsbeihilfen „könnten ausnahmsweise als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, wenn sie mit den Gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten in Einklang stehen“. Die zum Zeitpunkt der Kreditgewährung gültigen Leitlinien waren diejenigen, die am 23. Dezember 1994 (85) im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden und am selben Tag in Kraft traten (nachstehend „Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung 1994“). Etliche der in Abschnitt 3.2.2. der obigen Leitlinien genannten Voraussetzungen für die Genehmigung einer Beihilfe sind nicht erfüllt. Im Hinblick auf die Voraussetzung i), „Wiederherstellung der Rentabilität“, hebt die Kommission beispielsweise hervor, dass die staatliche Beihilfe für die Finanzierung eines Investitionsplans im Rahmen eines Umstrukturierungsplans verwendet wurde, der jedoch im Juni 1999 mittlerweile vollkommen unzureichend war, um die langfristige Rentabilität von HSY wiederherzustellen. Im Hinblick auf die Voraussetzung iii), „Verhältnis zu den Kosten und Nutzen der Umstrukturierung“, hatte die Kommission mit Entscheidung N 401/97 bereits entschieden, dass die Höchstgrenze einer staatlichen Beihilfe 50 % der Investitionskosten betragen darf, während die übrigen 50 % aus Posten finanziert werden sollten, die von den Anteilseignern und aus unter üblichen Marktbedingungen gewährten Bankkrediten stammen. Demzufolge konnte keine zusätzliche Beihilfe für den Plan gewährt werden, da in so einem Fall die vorgenannte Höchstgrenze von 50 % überschritten worden wäre und die Kommission die Beihilfe als nicht den „Kosten und Nutzen der Umstrukturierung“ entsprechend einstufen könnte.

(135)

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass die staatliche Bürgschaft eine widerrechtliche und nicht vereinbare Beihilfe bildet, die zurückzufordern ist. Da nach dem 30. Juni 1999 HSY auf dem Markt kein Darlehen erhalten hätte, muss der ganze Kredit zurückgezahlt werden. Dies jedoch genügt nicht zur Wiederherstellung des Zustands, der ohne die Beihilfe geherrscht hätte, da HSY über eine Reihe von Jahren in den Genuss eines Kredits kam, der ohne staatlichen Eingriff nicht hätte abgesichert werden können. Um diesen Vorteil zurückzufordern, ist die Kommission der Ansicht, dass laut Schlussfolgerung aus Abschnitt 3.1 dieser Entscheidung die Differenz (86) zwischen dem Kreditzinssatz und dem Referenzsatz für Griechenland mit einem Zuschlag von 600 Basispunkten für jedes Jahr seit der Darlehensauszahlung an HSY bis zu seiner Tilgung zurückzufordern ist.

(136)

Die Kommission hebt hervor, dass der griechische Staat im März 2002 den Verkauf der Aktienmehrheit von ETVA an die Piraeus Bank vornahm. Folglich war ETVA in den letzten beiden Laufjahren des im Jahr 2004 getilgten Kredits keine staatseigene Bank mehr. Demzufolge könnte sich die Frage stellen (sowohl für den zu prüfenden Kredit als auch für andere Darlehen und Bürgschaften, die ETVA vor März 2002 und mit einer Laufzeit über März 2002 hinaus geleistet hat), ob derjenige Teil der Beihilfe, der den Zeitraum nach März 2002 betraf, nicht beim griechischen Staat, sondern bei ETVA getilgt werden sollte. Zur Beantwortung dieser Frage ruft die Kommission in Erinnerung, dass im Fall der Gewährung eines Darlehens durch den griechischen Staat zu einem unter dem Marktzinssatz liegenden Satz die Beihilfe zum Zeitpunkt des Kreditabschlusses erfolgt, selbst wenn der Vorteil nur jeweils bei der Zinszahlung zum Tragen kommt, da der Darlehensnehmer mit einem niedrigeren Zinssatz belastet wird. (87) Gleichermaßen vermindert sich der Marktwert des Darlehens, das mit einem Zinssatz belastet wird, der die schwierige Lage des Darlehensnehmers nicht entsprechend widerspiegelt, unverzüglich (88) nach der Unterzeichnung des Darlehensvertrags (das heißt nicht zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Darlehensnehmer Zinsen mit einem unterhalb des marktüblichen Wertes liegenden Zinssatz bezahlt). Der Wert einer Bank seinerseits hängt vom Wert ihres verfügbaren Vermögens ab, insbesondere vom Portfolio der ungetilgten Darlehen. Folglich minderte die Gewährung von Darlehen unter nicht marktüblichen Bedingungen den Wert von ETVA und demzufolge auch den Preis, den der griechische Staat später beim Verkauf der ETVA-Anteile (89) erhielt, woraus man ersehen kann, dass der griechische Staat die Kosten dieser Beihilfemaßnahmen sogar für den Zeitraum nach März 2002 übernommen hat.

4.4.   Darlehen in Höhe von 13,75 Mio. EUR, gewährt 2002 (Maßnahme D4)

4.4.1.   Beschreibung der Maßnahme

(137)

Der Darlehensvertrag zwischen ETVA und HSY wurde am 31. Mai 2002 unterzeichnet. Die Höhe des Darlehens betrug 13,75 Mio. EUR und seine Laufzeit zwei Jahre, und es wurde mit EURIBOR zuzüglich 125 Basispunkte gewährt. Das Darlehen war als Vorauszahlung für die zweite und dritte Rate der Investitionsbeihilfe gedacht. Das Darlehen wurde durch die Abtretung der Forderung auf die Zahlung der zweiten und dritten Rate der Investitionsbeihilfe abgesichert (90).

4.4.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(138)

In der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung führt die Kommission an, dass der Kredit möglicherweise eine staatliche Beihilfe von zweifelhafter Vereinbarkeit bildet. Darüber hinaus scheint, falls nachgewiesen würde, dass für den konkreten Kredit eine staatliche Garantie übernommen wurde, dieser Kredit Entscheidung N 401/97 zu verletzen, die vorsieht, dass zur Finanzierung des Investitionsplans Bankanleihen unter normalen Marktbedingungen ohne staatliche Beihilfen aufgenommen werden sollen.

4.4.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(139)

Die Äußerungen von Elefsis Shipyards zur Maßnahme ähneln den zu Maßnahme D3 eingereichten Argumenten.

4.4.4.   Stellungnahme Griechenlands

(140)

Die griechischen Behörden vertreten die Meinung, dass obiges Darlehen unter Marktbedingungen gewährt wurde. Im Einzelnen führen sie an, der Zinssatz sei ähnlich wie derjenige einiger von ETVA an andere Unternehmen im selben Zeitraum gewährten Kredite. HSY hätte sich das Darlehen durch jede andere Bank sichern können, doch naheliegenderweise gaben sie ETVA als Anteilseignerin den Vorzug. Zudem bildete die in Form einer Abtretung von Forderungen auf die zweite und dritte Rate der Investitionsbeihilfe gebotene Absicherung eine für jede Bank akzeptable Sicherheit. Schließlich wurde das Darlehen niemals an HSY ausgezahlt und folglich kann es auch nicht als Beihilfe zugunsten von HSY betrachtet werden. Die Weigerung von ETVA, das Darlehen auszuzahlen, als das verfahrenstechnische „Einfrieren“ der Investitionsbeihilfe und die Unsicherheit der Beihilfeauszahlung festgestellt wurde, beweise, dass ETVA genauso wie jede andere Bank handelte.

4.4.5.   Würdigung

4.4.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(141)

Die Kommission gelangt in der Würdigung von Maßnahme D2 zum Schluss, dass Maßnahme D4 nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags fällt. Demzufolge muss die Würdigung aufgrund der Beihilfevorschriften erfolgen.

4.4.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(142)

Erstens hält die Kommission fest, dass der Kredit von ETVA ohne Deckung durch eine staatliche Bürgschaft gewährt wurde.

(143)

Die Kommission bemerkt, dass HSY niemals eine Finanzierung aufgrund des konkreten Darlehensvertrags erhalten habe, da ETVA sich weigerte, den Kredit an HSY auszuzahlen. Folglich wurde HSY kein Vorteil verschafft, und die Kommission kann unmittelbar daraus schließen, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt.

(144)

Obwohl die beiden im Hinblick auf Maßnahme D4 folgenden Angaben für die Würdigung der Maßnahme nicht maßgeblich sind, können sie Zweifel an der Gültigkeit der Würdigung anderer Maßnahmen hervorrufen. Aus diesem Grund wird die Kommission sie erwägen.

(145)

Zum ersten beweist nach Auffassung Griechenlands die Tatsache, dass ETVA aufgrund des Risikos einer Nichtzahlung der Investitionsbeihilfe beschloss, von einer Auszahlung des Darlehens an HSY abzusehen, dass ETVA wie ein normaler privater Kreditgeber handelte, ohne HSY zu begünstigen. Die Kommission hebt hervor, das Argument Griechenlands berücksichtige nicht, dass ETVA zum Zeitpunkt der Weigerung, den Kredit auszuzahlen, nicht mehr unter staatlicher Kontrolle stand, sondern von der Piraeus Bank kontrolliert wurde. Demzufolge kann die Ablehnung der Darlehenszahlung nicht als Richtwert betrachtet werden, wie sich ETVA unter staatlicher Kontrolle verhielt. Daher wird die Ansicht bestätigt, dass eine Privatbank es vermieden hätte, HSY Kredit zu gewähren.

(146)

Zum zweiten hebt die Kommission hervor, dass Maßnahme D4 dieselbe Art von Sicherheiten enthält wie Maßnahme D3. Maßnahme D4 wurde unterzeichnet, als die Piraeus Bank bereits die Kontrolle über ETVA erlangt hatte. Doch diese Tatsache beweist nicht, dass Maßnahme D3 tatsächlich für eine Privatbank akzeptabel war. Die beiden Situationen sind nun aus mehreren Gründen nicht vergleichbar. Die Kommission hebt beispielsweise hervor, dass bei Unterzeichnung des Darlehensvertrags am 31. Mai 2002 bereits bekannt war (und zwar auf jeden Fall ETVA, die bis dahin Anteilseignerin von HSY gewesen war), dass die Auszahlung der Investitionsbeihilfe aus verwaltungstechnischen Gründen „eingefroren“ worden war (91). Demzufolge war ETVA bei Unterzeichnung des Vertrags am 31. Mai 2002 bereits in der Lage, die Zahlung des Darlehens zu verweigern (92). Sie wusste um diese Möglichkeit. Es handelte sich um eine unterschiedliche Situation als im Juli 1999, als ETVA den Darlehensvertrag unterschrieb. Einen weiteren Unterschied zu Maßnahme D3 bildet die Tatsache, dass bei Unterzeichnung des Darlehensvertrags am 31. Mai 2002 zwei internationale Unternehmen den Kauf von HSY abgeschlossen hatten und in die Werft investieren wollten. Mit dem Kauf erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit für das Unternehmen, eine langfristige Rentabilität sicherzustellen. Ein solcher Kauf war im Juli 1999 nicht vorhersehbar.

4.5.   Missbräuchliche Durchführung der Beihilfe in Höhe von 54 Mrd. GRD (160 Mio. EUR), genehmigt 1997 (Maßnahme E7)

4.5.1.   Beschreibung der Maßnahme

(147)

Am 15. Juli 1997 erließ die Kommission neben der Genehmigungsentscheidung für die Investitionsbeihilfe N 401/97 auch die Entscheidung in der Sache C 10/94. Mit dieser Entscheidung wurde das in Artikel 88 Absatz 2 vorgesehene Verfahren abgeschlossen und kraft Verordnung (EG) Nr. 1013/97 die Schuldabschreibung in Höhe von 54 Mrd. GRD (160 Mio. EUR) genehmigt, welche den aus dem Zivilbereich der Werft stammenden Schulden entsprach. Die gleichzeitig erfolgende Schuldabschreibung für den Verteidigungssektor der Werft wurde nicht aufgrund der Beihilfevorschriften gewürdigt.

4.5.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(148)

In der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung bringt die Kommission Zweifel über die Einhaltung der beiden in der Entscheidung in der Sache C 10/94 vorgesehenen Voraussetzungen zum Ausdruck. Erstens wurde die Schuldabschreibung unter der Voraussetzung der Umsetzung des Umstrukturierungsplans genehmigt, dessen eine tragende Säule der Investitionsplan war. Wie die Kommission in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung (s. Beschreibung der Maßnahme D1) erläuterte, bezweifelt sie, ob der vorstehende Investitionsplan korrekt durchgeführt wurde. Zweitens untersagt die Entscheidung in der Sache C 10/94 die Gewährung einer zusätzlichen Betriebsbeihilfe für Umstrukturierungszwecke. Die Kommission bemerkt, dass die verschiedenen, in der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung enthaltenen Maßnahmen, wie es scheint, eine zusätzliche Umstrukturierungsbeihilfe darstellen. Folglich scheint diese Voraussetzung nicht erfüllt.

4.5.3.   Stellungnahmen der interessierten Parteien

(149)

Elefsis Shipyards vertritt die Meinung, die Verletzung der beiden Voraussetzungen aus der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung bilde einen triftigen Grund für die Annahme, dass es zu einer missbräuchlichen Durchführung der Beihilfe kam. Darüber hinaus vertritt Elefsis Shipyards die Ansicht, die Privatisierung aus dem Jahr 1995 sei nie eine tatsächliche Privatisierung gewesen, insbesondere da einerseits die Beschäftigten des Unternehmens als Aktionäre nie ein Kreditausfallrisiko eingegangen seien, da sie nur einen kleinen Teil des eigentlich fälligen Betrags zahlten, und da ihnen andererseits die tatsächlich gezahlten Beiträge in Zuge der Privatisierung in den Jahren 2001—2002 zur Gänze vom griechischen Staat zurückerstattet worden seien. Die Kommission müsse daher das Fehlen einer tatsächlichen Privatisierung, die eine der Voraussetzungen für die Schuldabschreibung bildet, als zusätzlichen Verstoß gegen die Entscheidung in der Sache C 10/94 werten.

4.5.4.   Stellungnahme Griechenlands

(150)

Griechenland und HSY (93) vertreten in ihren Bemerkungen bezüglich der Entscheidung zur Verfahrensausdehnung die Ansicht, das Verbot einer zusätzlichen Umstrukturierungsbeihilfe führe bloß dazu, dass jede neue Beihilfe einen widerrechtlichen Charakter erhielte. Eine Verletzung dieses Verbots führe nicht zur Unvereinbarkeit der mit der Entscheidung C 10/94 genehmigten Beihilfe. Darüber hinaus hebt Griechenland hervor, dass die Entscheidung eine zusätzliche „Betriebsbeihilfe“ (wie in Artikel 5 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG festgelegt) zu Umstrukturierungszwecken verbiete. Aus diesem Grund bezweifelt Griechenland, dass nach 1997 die Gewährung einer Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten von HSY nicht gestattet war.

(151)

Im Hinblick auf den Investitionsplan vertreten Griechenland und HSY die Ansicht, die Entscheidung in der Sache C 10/94 habe die Durchführung des Umstrukturierungsplans nicht als Voraussetzung enthalten. Darüber hinaus konnte er auch gar keine derartige Voraussetzung enthalten, da weder Richtlinie Nr. 90/684/EWG noch Verordnung (EG) Nr. 1013/97, welche die Rechtsgrundlagen der Entscheidung bilden, eine solche Voraussetzung formulieren. Die einzige festgelegte Bedingung war die teilweise Privatisierung von HSY und die Einreichung (das heißt nicht die Durchführung) eines Investitionsplans.

4.5.5.   Würdigung

4.5.5.1.   Artikel 296 EG-Vertrag

(152)

Auf vorliegende Maßnahme ist Artikel 296 nicht anwendbar, da er ausschließlich Schuldabschreibungen aus Tätigkeiten des Zivilbereichs der Werft betrifft. Zudem gründete sich die Entscheidung in der Sache C 10/94 auf die Beihilfevorschriften und nicht auf Artikel 296 EG-Vertrag.

4.5.5.2.   Durchführung des Investitionsplans

(153)

Die Kommission vertritt die Ansicht, dass die Durchführung des Investitionsplans eine der in Entscheidung in der Sache C 10/94 gestellten Bedingungen darstellt. Zwei Absätze vor Schluss wird nämlich Folgendes angeführt: „Das Investitionsprogramm ist noch nicht angelaufen […] Nach ihrer Durchführung sollte die laufende Umstrukturierung vervollständigt und die Rentabilität der Werft wiederhergestellt werden.“ Im vorletzten Absatz ruft die Kommission das Verbot der Bereitstellung weiterer Umstrukturierungsbeihilfen in Erinnerung. Schließlich wird im letzten Absatz angeführt: „Die Kommission hat daher beschlossen, das Verfahren mit der Gewährung der Beihilfe vorbehaltlich der in diesem Schreiben dargelegten Bedingungen abzuschließen. Sollte die Kommission zu der Auffassung gelangen, dass eine dieser Bedingungen nicht erfüllt ist, kann sie die Aufhebung und/oder Rückforderung der Beihilfe anordnen.“ Die Tatsache, dass die Kommission das Wort „Bedingungen“ im Plural verwendete, bedeutet, dass es neben dem Verbot weiterer Umstrukturierungsbeihilfen mindestens noch eine weitere Bedingung gab. Aufgrund von Struktur und Inhalt der Entscheidung liegt die Schlussfolgerung nahe, dass auch die Durchführung des Investitionsplans eine Voraussetzung darstellte. Die Kommission würdigte in Erwägung von Maßnahme D1 die Durchführung des Investitionsplans bereits ausführlich. Die Kommission schließt daraus, dass HSY den Investitionsplan nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums umgesetzt hat. Am 31. Dezember 2001 — nach der Fristverlängerung für den Abschluss des Investitionsplans — hatte HSY erst 63 % des Plans umgesetzt. Demzufolge gelangt die Kommission zum Schluss, dass diese Bedingung nicht erfüllt ist.

(154)

Griechenland vertritt die Ansicht, die Durchführung des Investitionsplans stelle in Verordnung (EG) Nr. 1013/97, welche die Rechtsgrundlage für die Entscheidung in der Sache C 10/94 bildete, keine Bedingung dar. Die Kommission ruft in Erinnerung, dass die Beihilfe mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 gegenehmigt wurde. Folglich sind die in obiger Entscheidung gestellten Bedingungen zu erfüllen. Wenn die griechischen Behörden der Ansicht waren, dass die in der Entscheidung in der Sache C 10/94 formulierten Voraussetzungen nicht mit den in Verordnung (EG) Nr. 1013/97 gestellten Bedingungen übereinstimmten, so hätten sie die Entscheidung in der Sache C 10/94 anfechten müssen. Doch dies geschah innerhalb der durch Artikel 230 EG-Vertrag vorgesehenen Frist nicht. Die Kommission ruft hilfsweise in Erinnerung, dass Verordnung (EG) Nr. 1013/97 bloß eine Änderung der Richtlinie Nr. 90/684/EWG des Rates darstellt, um den Beihilfebetrag zu erhöhen, der an drei Schiffbaukonzerne gewährt werden kann. Im Hinblick auf HSY führt Verordnung (EG) Nr. 1013/97 an: „Alle übrigen Bestimmungen der Richtlinie Nr. 90/684/EWG finden auf diese Werft Anwendung.“ Die Kommission ruft in Erinnerung, dass Richtlinie Nr. 90/684/EWG Beihilfen an griechische Werften gewährt, „sofern sie für die finanzielle Umstrukturierung der Werften im Rahmen eines systematischen und spezifischen Umstrukturierungsprogramms bestimmt sind, das mit einer Veräußerung der Werften verknüpft ist“. Das bedeutet, dass der Rat sich nicht mit der bloßen Einreichung eines Umstrukturierungsplans zufriedengeben konnte, sondern er in der Tat seine Umsetzung als notwendig erachtete. Wie hätte eine Beihilfe „im Rahmen eines systematischen und spezifischen Umstrukturierungsprogramms“ ohne Umsetzung dieses Programms tatsächlich erfolgen können?

(155)

Da die Bedingung nicht eingehalten wurde, lag eine unkorrekte Durchführung der Beihilfe vor, und im Einklang mit dem letzten Absatz der Entscheidung in der Sache C 10/94 muss die Beihilfe zurückgefordert werden.

4.5.5.3.   Bereitstellungsverbot „weiterer Betriebsbeihilfen zu Umstrukturierungszwecken“

(156)

Ιm vorletzten Absatz der Entscheidung in der Sache C 10/94 wird Folgendes angeführt: „Schließlich nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass die Verordnung (EG) Nr. 1013/97 vom Rat unter der Bedingung verabschiedet wurde, dass für der Verordnung unterliegende Werften keine weiteren Betriebsbeihilfen für Umstrukturierungszwecke bereitgestellt werden. Demgemäß kann für diese Werft künftig keine derartige Umstrukturierungsbeihilfe gewährt werden.“ Die Beteiligten an vorliegendem Verfahren sind in Bezug auf die Interpretation der konkreten Bedingung unterschiedlicher Meinung. Griechenland und HSY sind der Auffassung, dass aufgrund dieser Bedingung jede Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken, die nach dem Erlass der Entscheidung gewährt wurde, automatisch nicht vereinbar und zurückzufordern wäre. Laut Elefsis Shipyards hätte aufgrund dieser Bedingung jede nach Erlass der Entscheidung gewährte Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken eine unkorrekte Durchführung der mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 genehmigten Beihilfe bedeutet und hätte folglich, über die Rückforderung der zusätzlichen Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken hinaus, zur Rückforderung der mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 genehmigten Beihilfe führen müssen.

(157)

Die Kommission merkt an, Ziel des Bereitstellungsverbots einer weiteren Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken war, eine Anhäufung von Beihilfen über das in der Entscheidung vorgesehene Beihilfeniveau hinaus zu vermeiden. Die Kommission ist der Auffassung, diese Zielsetzung sei erreicht, sobald jede zusätzliche, nach Erlass der Entscheidung C 10/94 geleistete Betriebsbeihilfe zurückgefordert werde. Mit der Rückforderung der zusätzlichen Beihilfe wird tatsächlich der vorherige Zustand wiederhergestellt und die Häufung von Beihilfen über das in der Entscheidung in der Sache C 10/94 vorgesehene Niveau hinaus vermieden. Aus diesem Grund kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Leistung einer zusätzlichen Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken nach Erlass der Entscheidung in der Sache C 10/94 bei tatsächlicher Rückforderung der zusätzlichen Beihilfe keine Verpflichtung zur Rückforderung der mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 genehmigten Beihilfe nach sich zieht.

(158)

Die Kommission bemerkt, dass für die Feststellung, ob die mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 genehmigte Beihilfe zurückzufordern ist, nicht notwendigerweise festgelegt werden muss, welche der nach Erlass der Entscheidung in der Sache C 10/94 widerrechtlich durchgeführten Beihilfemaßnahmen eine „Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken“ bildet. In vorliegender Entscheidung kommt die Kommission tatsächlich zu dem Schluss, alle nach Erlass der Entscheidung in der Sache C 10/94 widerrechtlich durchgeführten Beihilfemaßnahmen müssten zurückgefordert werden. Demgemäß ist jede Maßnahme zurückzufordern, die möglicherweise als zusätzliche Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken charakterisiert werden kann. Mit der Rückforderung tritt eine Versetzung der Gegebenheiten in den vorigen Zustand ein, und es wird demzufolge eine mögliche Häufung von Umstrukturierungsbeihilfen vermieden. Auf diese Weise wird die in der Entscheidung in der Sache C 10/94 formulierte Bedingung erfüllt.

4.5.5.4.   Nichtzahlung des Kaufpreises

(159)

Im Verlauf der eingehenderen Erwägung der im Rahmen des Prüfverfahrens analysierten Rechtssache stellte die Kommission einen weiteren Verstoß gegen die Entscheidung in der Sache C 10/94 fest: Während des gesamten Zeitraums, in dem die Belegschaftsangehörigen — als Inhaber von 49 % der HSY-Anteile — am Management der Werft teilhatten, haben sie den Kaufpreis für den Anteil nie bezahlt, den sie aufgrund des Teilprivatisierungsvertrags vom September 1995 übernommen hatten.

(160)

Um diesen Verstoß gegen die Entscheidung in der Sache C 10/94 nachzuvollziehen, muss zunächst auch der Text der Rechtsgrundlange der vorgenannten Entscheidung erwogen werden.

(161)

In der Präambel der Richtlinie Nr. 90/684/EWG wird angeführt: „Eine kurzfristige finanzielle Umstrukturierung der griechischen Schiffbauindustrie ist erforderlich, damit ihre öffentlichen Eigentümer durch die Veräußerung an neue Eigentümer die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrie wiederherstellen können.“ In diesem Zusammenhang legt Artikel 10 der Richtlinie fest: „2. Betriebsbeihilfen für den Schiffbau, den Schiffsumbau und Schiffsreparaturen, die nicht mit neuen Aufträgen zusammenhängen, können im Jahr 1991 als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, sofern sie für die finanzielle Umstrukturierung der Werften im Rahmen eines systematischen und spezifischen Umstrukturierungsprogramms bestimmt sind, das mit einer Veräußerung der Werften verknüpft ist. 3. Unbeschadet der Verpflichtung zur Veräußerung der Werften gemäß Absatz 2 wird der griechischen Regierung gestattet, eine staatliche Mehrheitsbeteiligung von 51 % an einer der Werften zu halten, wenn dies im Interesse der Landesverteidigung gerechtfertigt ist.“ Die Kommission bemerkt, dass in der Richtlinie die Wendung „Veräußerung an neue Eigentümer“ verwendet wird und nicht von einer „Übergabe“ die Rede ist. Dies bedeutet, dass die neuen Eigentümer für die Übernahme des Werfteigentums als Gegenwert einen Kaufpreis schuldeten. Eigentum wird nicht umsonst erworben. Der Satz „damit ihre öffentlichen Eigentümer durch die Veräußerung an neue Eigentümer die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrie wiederherstellen können“ erläutert den Zweck dieser Bedingung. Während sich die Werft im Staatseigentum befand, wurden die für die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit notwendigen Maßnahmen nicht ergriffen. Daher benötigte sie fortlaufend staatliche Beihilfen. Um dieser nach Artikel 87 EG-Vertrag unzulässigen Situation entgegenzutreten, billigte der Rat eine letzte Beihilfe (das heißt 1991 war die Beihilfengewährung möglich), verfügte jedoch den Verkauf der Werft an neue Eigentümer mit der Begründung, diese würden die erforderlichen Maßnahmen für die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit treffen, so dass die Werft keine Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken mehr benötigte (94).

(162)

Wie in Abschnitt 2 unter der Überschrift „Vorangegangene Entscheidungen der Kommission und des Rates“ dieser Entscheidung angeführt, erließ die Kommission im Juli 1995 in der Beihilfesache C 10/94 eine Negativentscheidung, da HSY nicht, wie in der Entscheidung Nr. 90/684/EWG gefordert, veräußert worden war. Griechenland beantragte die Aussetzung obiger Entscheidung mit der Begründung, die Veräußerung stehe in Kürze bevor. Griechenland selbst präsentierte daraufhin den Vertrag vom September 1995 als Veräußerung der Werft. Auf dieser Grundlage widerrief die Kommission ihre Negativentscheidung.

(163)

Die Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1013/97 führt an: „Trotz der Anstrengungen der griechischen Regierung zur Privatisierung aller staatseigenen Werften bis März 1993 wurde die ‚Hellenic Shipyard‘ erst im September 1995 an eine Genossenschaft aus Belegschaftsangehörigen verkauft; der Staat behielt im Interesse der Landesverteidigung eine Mehrheitsbeteiligung von 51 %. Die finanzielle Lebensfähigkeit und die Umstrukturierung der ‚Hellenic Shipyard‘ erfordern eine Beihilfe, damit das Unternehmen die Schulden abschreiben kann, die vor der verzögerten Privatisierung aufgelaufen waren.“ Artikel 1 Absatz 3 aus Verordnung (EG) Nr. 1013/97 führt an: „Beihilfen in Form eines Schuldenerlasses zugunsten der Werft ‚Hellenic Shipyard‘ bis zu einem Betrag von 54 525 Mio. GRD für die bis zum 31. Dezember 1991 aufgelaufenen Schulden im Zusammenhang mit dem Schiffbau für die Handelsmarine zuzüglich Zinsen und Verzugszinsen bis zum 31. Januar 1996 können als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden. Alle übrigen Bestimmungen der Richtlinie Nr. 90/684/EWG finden auf diese Werft Anwendung.“ Die Verordnung (EG) Nr. 1013/97 wurde folglich erlassen, da HSY für die Herstellung ihrer Rentabilität eine höhere Beihilfe als in Artikel 10 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG gebilligt benötigte. Konkret genehmigte die Verordnung (EG) Nr. 1013/97 die Abschreibung der Zinsen und Verzugszinsen im Hinblick auf die zum 31. Dezember 1991 bestehenden und in der Folge weiter angewachsenen Schulden. Die Verordnung (EG) Nr. 1013/97 wurde bis zum 31. Dezember 1998 durchgeführt. Die Kommission bemerkt, dass der Rat auch in diesem Fall die Wörter „verkauft“ und „Privatisierung“ in Bezug auf HSY verwendet. Der Rat genehmigte die Beihilfe, da seiner Ansicht nach im September 1995 ein im Einklang mit der Bedingung aus Richtlinie Nr. 90/684/EWG gültiger Kaufvertrag abgeschlossen worden war. Anders gesagt war es nicht nötig, die Veräußerung der Werft als Bedingung zu stellen, da bereits ein gültiger Kaufvertrag vorlag.

(164)

Im Einleitungsteil der Entscheidung in der Sache C 10/94 wird in Erinnerung gerufen, dass Artikel 10 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG die Veräußerung der Werft fordert. In der Folge wird in der Entscheidung in der Sache C 10/94 angeführt, dass diese Bedingung folgendermaßen erfüllt war: „Die Werft wurde am 18. September 1995 — 49 % des Aktienkapitals — an eine Genossenschaft der Werftarbeiter verkauft.“ Da jedoch der Beihilfebetrag höher als der mit Richtlinie Nr. 90/684/EWG genehmigte war, galt: „Die Siebte Richtlinie bietet keine Rechtsgrundlage für diese Genehmigung.“ Daher wurde sie durch Verordnung (EG) Nr. 1013/97 geändert, um den Beihilfebetrag für HSY zu erhöhen. Da die in Verordnung (EG) Nr. 1013/97 und Richtlinie Nr. 90/684/EWG vorgesehenen Bedingungen erfüllt waren, wurde mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 die Beihilfe genehmigt. Die Kommission bemerkt, dass in der Entscheidung in der Sache C 10/94 erneut das Wort „Verkauf“ verwendet wird, und ist der Ansicht, dass der Vertrag zwischen ETVA und der Belegschaft über den Verkauf von 49 % des HSY-Aktienanteils einen gültigen Verkauf darstellte. Die Kommission hebt hervor, dass sie vor Erlass der Entscheidung C 10/94 eine Abschrift des Kaufvertrags erhalten hatte und demzufolge dessen Inhalt kannte. Die Kommission schlussfolgert, dass sie bei Erlass der Entscheidung in der Sache C 10/94 keine Veranlassung hatte, den Verkauf von HSY zu fordern (das heißt die künftige Erfüllung dieser Bedingung ausdrücklich festzuschreiben), da im September 1995 bereits ein gültiger Kaufvertrag unterzeichnet war.

(165)

Die Kommission ruft gleichwohl in Erinnerung, dass der im September 1995 unterzeichnete Vertrag ungewöhnliche Bestimmungen in Bezug auf die Zahlung des Verkaufspreises enthielt: Der Verkaufspreis in Höhe von 8,1 Mrd. GRD (24 Mio. EUR) sollte von den Beschäftigten nicht sofort, sondern nach einer zweijährigen Karenzfrist in 13 jährlichen Raten, also zwischen 1998 und 2010 abbezahlt werden. Dennoch sollte die Eigentümerschaft der Firmenanteile unmittelbar auf die Beschäftigten übergehen. Bis zur Zahlung des Kaufpreises durch die Belegschaft sollte ETVA Aktienpfandhalterin sein. Zur Finanzierung der jährlichen Raten an ETVA sollte HSY einen Teil des Gehalts und der Zulagen der Werftarbeiter einbehalten. Wenige Monate nach September 1995 wurde ein Vertrag zwischen ETVA, HSY, der Belegschaftsgenossenschaft und jedem individuellen Beschäftigten von HSY unterzeichnet (der Vertrag vom September 1995 war zwischen ETVA und der Belegschaftsgenossenschaft abgeschlossen worden). Kraft dieses Vertrags stimmte jeder Beschäftigte laut den im Vertrag vom September 1995 vorgesehenen Bedingungen dem Kauf einer konkreten Anzahl von Firmenanteilen zu. In diesen Verträgen wird ebenfalls wiederholt, dass HSY einen Teil des Gehalts und des Weihnachts- und Ostergeldes einbehalten würde, um die Zahlung der jährlichen Raten zu finanzieren.

(166)

Die Kommission hat mittlerweile geprüft, dass die Werftarbeiter die jährlichen Raten nie entrichtet haben, das heißt sie haben sie unbeschadet der Beteiligung am Management der Werft als Anteilseigner von 49 % nie bezahlt. Die drei ersten, im Vertrag vom September 1995 vorgesehenen Raten — die 1998, 1999 und 2000 zu entrichten gewesen wären — wurden nie bezahlt. Im Jahr 2001 schlossen die Belegschaft und ETVA im Zusammenhang mit der Privatisierung von HSY einen Vertrag, durch den die Belegschaft auf ihr Recht auf 49 % des Aktienerlöses im Zuge des Verkaufs von HSY an HDW/Ferrostaal verzichtete. Im Gegenzug verzichtete ETVA auf ihre Forderung gegenüber der Belegschaft im Hinblick auf die Zahlung des Kaufpreises des 49 %igen Aktienanteils an HSY, den die Beschäftigten laut Vertrag vom September 1995 entrichten sollten. Auf diese Weise übernahm die Belegschaft als Eigentümer keinerlei Kreditausfallrisiko im Hinblick auf Erfolg oder Misserfolg der Umstrukturierung.

(167)

Die Kommission hat Griechenland und HSY gegenüber angeführt, dass die Nichtzahlung des Verkaufspreises durch die Belegschaft eine missbräuchliche Durchführung der Entscheidung in der Sache C 10/94 darzustellen scheint, da aus diesem Grund die Teilprivatisierung zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Werft nie verwirklicht wurde.

(168)

Griechenland und HSY fechten diese Schlussfolgerungen an. Unter anderem berufen sie sich auf folgende drei Gründe, um die Zweifel der Kommission zurückzuweisen.

(169)

Als erste Begründung beruft sich Griechenland darauf, die Privatisierung sei „tatsächlich“ und „echt“ gewesen. Konkret hebt die griechische Regierung hervor: „Die Belegschaft hat den Aktionärsstatus im Einklang mit den Verordnungen der griechischen Gesetzgebung erworben. Die Werftarbeiter wurden in das Aktienbuch des Unternehmens eingetragen und erwarben alle ihnen als Aktionäre zustehenden Rechte, auch das Teilnahme- und Stimmrecht bei den Hauptversammlungen, und auf diese Weise übten sie tagtäglich Kontrolle über und Einfluss auf die Unternehmensführung aus. Darüber hinaus beinhaltete der Aktienerwerb das Risiko eines Wertverlustes.“„Die Belegschaft übte das von der geltenden Gesetzgebung vorgesehene Optionsrecht aus, und sie beteiligte sich je nach ihrem Anteil am Aktienkapital an Erhöhungen des Aktienkapitals, demzufolge wurde also Privatkapital in die Werft investiert.“ (95)

(170)

Als zweite Begründung beruft sich Griechenland auf die Tatsache, dass die Zahlung des Verkaufspreises in der Entscheidung in der Sache C 10/94 nicht als Bedingung genannt war. Doch selbst in einem solchen Falle habe die Kommission die Ansicht vertreten, diese Bedingung sei bereits erfüllt worden. Konkret ruft Griechenland in Erinnerung: „Die Kommission führt in ihrer Entscheidung vom 31. Oktober 1995 an, sie werde im Rahmen des eröffneten Verfahrens weiterhin alle Maßnahmen Der griechischen Regierung zur Durchführung der Übertragungsvereinbarung eines 49 %igen Aktienanteils an eine Genossenschaft der Werftarbeiter sowie auch zum Inhalt dieser Vereinbarung prüfen, bevor sie eine endgültige Genehmigungsentscheidung zur Schuldabschreibung fälle. Dies trat 1997 ein, als sie schließlich in ihrer endgültigen Entscheidung den Schuldenerlass billigte, ohne die Bedingung einer Privatisierung zu stellen. Im Jahr 1997 also hatte die Kommission bereits die Vereinbarung auf ihren Inhalt geprüft und war vor Genehmigung der Schuldabschreibung zum Schluss gekommen, dass es sich um eine Privatisierung handelte.“ (96)

(171)

Als dritte Begründung beruft sich Griechenland auf die Tatsache, dass ETVA den Kaufvertrag korrekt durchgeführt habe. Da die Belegschaft zur Finanzierung des Investitionsplans (97) bereits drei Kapitalerhöhungen mittragen musste, war sie tatsächlich „nicht mehr in der Lage, ihren Zahlungsverpflichtungen im Hinblick auf den Aktienkaufpreis nachzukommen. ETVA versuchte nicht, von jedem einzelnen der 2 000 Beschäftigten die Kaufsumme durch Zwangsmittel beizutreiben, da keine realistische Möglichkeit bestand, entsprechende Maßnahmen erfolgreich durchzuführen […]. Anstatt sich nun auf eine hochkomplizierte, zeitraubende, außerordentlich aufwendige und schlussendlich nicht zielführende gerichtliche Verfolgung ihrer Forderungen einzulassen […], gelang es ETVA, gestützt auf das Pfandrecht an den verkauften und nicht abbezahlten Firmenanteilen, ihre Forderung aus dem Verkaufserlös der im Eigentum der Belegschaft befindlichen verpfändeten Firmenanteile beizutreiben, soweit dieser Erlös die entsprechende Schuld deckte.“ (98) Da ETVA im Rahmen der Privatisierung von HSY im Zeitraum von 2001—2002 von HDW/Ferrostaal 100 % — und nicht nur 51 % — des Verkaufspreises einnahm, vertritt Griechenland mit anderen Worten die Meinung, dass, „wie sich schließlich zeigt, der Kaufpreis eingenommen wurde. Offenbar hat die Tilgung des Aktienkaufpreises der Belegschaft durch den Verkauf der Forderung von ETVA nach einer Beitreibung des Kaufpreises Genüge getan […]. […] Die Frage der Nichtzahlung des Kaufpreises stellt sich nicht.“ (99) Zudem kann nicht bezweifelt werden, dass der Verkauf der Werft an HDW/Ferrostaal eine tatsächliche Privatisierung darstellt.

(172)

Die Kommission ist zu nachfolgenden Schlussfolgerungen gelangt. Wie vorstehend dargestellt, ziehen Entscheidung in der Sache C 10/94 und Verordnung (EG) Nr. 1013/97 den Schluss, die Bedingung der in Artikel 10 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG vorgesehenen Veräußerung der Werft wäre erfüllt, wenn die HSY-Firmenanteile durch den Vertrag von 1995 an die Belegschaft verkauft worden wären. Wie vorstehend ausgeführt, war die Zielsetzung dieser Bedingung die Übertragung der Eigentümerschaft auf Privatpersonen, welche die für die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Werft notwendigen Maßnahmen treffen würden, da sie an der Wertmaximierung ihrer Investition interessiert wären. In diesem Zusammenhang hat die Kommission den Vertrag vom September 1995 als gültigen Verkauf zugelassen, da darin der Belegschaft die vertragliche Verpflichtung auferlegt wurde, 24 Mio. EUR als Kaufpreis für den Erwerb eines 49 %igen Anteils an den HSY-Firmenanteilen zu bezahlen. Als Konsequenz des zu zahlenden Kaufpreises würden die Werftarbeiter durch ihre Beteiligung am Management der Werft für eine Werterhaltung und Wertsteigerung ihrer Investition Sorge tragen (100). Nun scheint es, als ob ETVA, die unter der Kontrolle des griechischen Staates stand, niemals ernsthaft versucht hat, denjenigen Anteil am Verkaufspreis beizutreiben, den die Werftarbeiter 1998, 1999 und 2000 laut Vertrag vom September 1995 hätten entrichten sollen. ETVA verfügte über ausreichende Mittel, um die Zahlung des Verkaufspreises sicherzustellen. ETVA übte die Kontrolle über HSY aus, der wiederum das gesetzliche Recht zustand, diesen Betrag über die Gehälter und Zulagen der Belegschaft beizutreiben (101). Darüber hinaus hatten HSY und die Genossenschaft aus den Werftarbeitern mittels der Einzelvereinbarungen, die mit jedem Beschäftigten im September 1995 unterzeichnet worden waren, ebenfalls eine vertragliche Verpflichtung ETVA gegenüber übernommen. ETVA hätte also Rechtsmittel gegen HSY und gegen die Belegschaftsgenossenschaft einlegen können, ohne gegen jeden einzelnen Beschäftigten vorgehen zu müssen, wie die griechischen Behörden behaupten. Demzufolge gelangt die Kommission zum Schluss, dass die griechischen Behörden die Zahlung der jährlichen Raten mit Absicht nicht von der Belegschaft einforderten. Durch diese Haltung zeigte Griechenland, dass es nicht die Absicht hatte, die Zahlung des Kaufpreises zu sichern, was wiederum die Situation der Werftarbeiter grundlegend änderte: Anstatt zur Zahlung des Kaufpreises gezwungen zu sein, mussten sie diesen Geldbetrag keinem Risiko aussetzen, was dazu führte, dass sie im Zuge ihrer Beteiligung an der Werftverwaltung der Werterhaltung und Wertsteigerung der Firmenanteile und der Wiederherstellung der finanziellen Rentabilität weniger Beachtung schenkten (und sich mehr für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen interessierten). Darüber hinaus war aufgrund der Nichtzahlung des Kaufpreises durch die Belegschaft absehbar, dass ETVA als Aktienpfandhalterin mittel- oder langfristig zu einer Zwangsvollstreckung greifen würde und die einzige Folge für die Belegschaft der Verlust der Beteiligung an der Werft wäre. In diesem Zusammenhang sieht sich die Kommission außerstande nachzuvollziehen, wie sich die Belegschaft überhaupt für die Werterhaltung und Wertsteigerung von HSY und für die Ergreifung der notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit hätte interessieren sollen. Demnach ist die Kommission der Auffassung, dass das fehlende Bemühen des griechischen Staates, die Zahlung des Kaufpreises durch die Belegschaft zu sichern, wie im Vertrag vom September 1995 vorgesehen, die Situation der Werftarbeiter zu einem Zeitpunkt, als sie an der Unternehmensführung beteiligt waren, grundlegend verändert hat. Da ETVA die Zahlung des Kaufpreises von der Belegschaft nicht einforderte, bildete demzufolge die im September 1995 durchgeführte Eigentumsübertragung keine tatsächliche „Veräußerung“ zum Zwecke der Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Werft, wie in Richtlinie Nr. 90/684/EWG gefordert. Wenn Griechenland die Zahlung des Kaufpreises nicht von der Belegschaft eingefordert hat, liegt eine unkorrekte Durchführung der Entscheidung in der Sache C 10/94 vor. Dieser war durch die Kommission erlassen worden, da sie berechtigterweise davon ausging, dass der Vertrag vom September 1995 durch die staatseigene Bank ETVA umgesetzt würde, und insbesondere dass, wie in den Vertragsbestimmungen vorgesehen, ETVA den Kaufpreis von der HSY-Belegschaft beitreiben und dadurch das wirtschaftliche Interesse der neuen Eigentümer sicherstellen würde, die notwendigen Maßnahmen für eine Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität der Werft zu ergreifen. Für die Kommission war nicht vorhersehbar, dass die griechischen Behörden, die den Vertrag vom September 1995 selbst als Verkauf von HSY dargestellt hatten, absichtlich nicht zur Beitreibung des Kaufpreises beim Käufer schreiten würden, obwohl ausreichend viele vertragliche und gesetzliche Bestimmungen vorlagen, welche die Beitreibung des Kaufpreises gestattet hätten. Die Kommission ist der Ansicht, dass dieses Verhalten einer falschen Auskunftserteilung an die Kommission und der missbräuchlichen Durchführung einer Beihilfe gleichkommt. Demzufolge muss die mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 genehmigte Beihilfe von HSY zurückgefordert werden.

(173)

Die Kommission kam zum Schluss, dass die drei oben zusammenfassend dargelegten Begründungen, auf die sich Griechenland und HSY berufen haben, zurückgewiesen werden müssen.

(174)

Im Hinblick auf die erste Begründung — die Privatisierung sei echt und tatsächlich gewesen, da die Belegschaft die Eigentümerschaft der Firmenanteile und die dementsprechende Kontrolle über HSY übernommen hätte — bemerkt die Kommission, dass die Eigentumsübertragung eine notwendige, aber keine geeignete Voraussetzung bildete. Die Entscheidung in der Sache C 10/94 und Verordnung (EG) Nr. 1013/97 gründen sich in der Tat auf den „Verkauf“ der Firmenanteile an die Belegschaft im September 1995. Anders gesagt gründen sie sich auf die Annahme, dass die Belegschaft laut den Vertragsbedingungen vom September 1995 den Kaufpreis entrichtet. Sie gründen sich nicht darauf, dass die Firmenanteile an die Werftarbeiter „übertragen“ oder „übergeben“ wurden. Wie vorab erläutert, erachten die Kommission und der Rat die Bezahlung des Kaufpreises logischerweise als vorrangig, da dies die Belegschaft dazu anhielt, die Werft im Lichte des Aktienwertes zu betreiben. Wenn sie, wie oben angeführt, diesen Kaufpreis nicht bezahlen musste, war sie in einer anderen Situation als eine Privatperson auf dem freien Markt. Im Hinblick auf das Argument Griechenlands, der Aktienerwerb habe das Risiko eines Wertverlustes beinhaltet, hebt die Kommission hervor, dass die Belegschaftsangehörigen zwar unzweifelhaft formelle Aktieneigentümer waren, doch wesentlich weniger an der Wertentwicklung der Firmenanteile interessiert waren, da sie keinen hohen Preis (das heißt keine Minderung der Löhne und Zulagen über einen Zeitraum von 12 Jahren) für deren Erwerb in Kauf nehmen mussten. Zudem war angesichts der Nichtzahlung des Kaufpreises für sie abzusehen, dass ETVA als Aktienpfandhalterin zu einer Zwangsvollstreckung greifen würde, so dass die Belegschaft schließlich die Eigentümerschaft über die genannten Firmenanteile verliert. Was nun das Argument Griechenlands angeht, die Belegschaft habe sich je nach ihrem Aktienanteil an Erhöhungen des Aktienkapitals beteiligt, demzufolge sei also Privatkapital in die Werft investiert worden, zweifelt die Kommission nicht an, dass die Werftarbeiter an der Erhöhung des Aktienkapitals beteiligt waren (darauf wird in der Beschreibung und Würdigung von Maßnahme E10 eingegangen). Die Kommission ruft jedoch in Erinnerung, dass laut Vertrag vom September 1995 die Beteiligung an der Aktienkapitalerhöhung der Belegschaft kein Recht einräumte, neue Firmenanteile von HSY zu erwerben. Die Kommission sieht folglich nicht ein, wie diese Beteiligung an und für sich die Belegschaft hätte anhalten sollen, die Werft so zu führen, dass Erhaltung und Wertsteigerung der Firmenanteile gesichert wären, da ihnen diese Beteiligung keine neuen Firmenanteile verschaffte (102). Ebenso wenig sieht die Kommission ein, wie diese Beteiligung eine „Veräußerung“ von HSY bilden konnte, da die Belegschaft keine zusätzlichen Firmenanteile als Gegenwert für ihre Investition erhielt. Die Kommission ruft nebenbei in Erinnerung, dass der von der Belegschaft im Verlauf der drei Aktienkapitalerhöhungen investierte Gesamtbetrag wesentlich unter demjenigen lag, den sie hätte investieren müssen, wenn sie zusätzlich zu diesen Aktienkapitalerhöhungen auch den Kaufpreis laut den Vertragsbedingungen vom September 1995 gezahlt hätte. Es wird daran erinnert, dass sich die Entscheidung in der Sache C 10/94 und Verordnung (EG) Nr. 1013/97 auf die Annahme der Durchführung des Vertrags vom September 1995 gründen, auf die Annahme also, die Belegschaft würde den Kaufpreis und ihre Beteiligung an den Aktienkapitalerhöhungen zahlen. Da dieser von der Belegschaft zu investierende Geldbetrag wesentlich geringer war als der von der Kommission bei Erlass von der Entscheidung in der Sache C 10/94 (und vom Rat bei Erlass von Verordnung (EG) Nr. 1013/97) erwartete, bildete dieser Betrag nach Auffassung der Kommission kein ausreichendes Motiv für die Belegschaft, um dem Aktienwert und der Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit von HSY die gebührende Bedeutung zuzumessen.

(175)

Im Hinblick auf die zweite, von Griechenland aufgeführte Begründung — die Zahlung des Verkaufspreises sei im der Entscheidung in der Sache C 10/94 nicht als Bedingung genannt gewesen, doch selbst in einem solchen Falle habe die Kommission die Ansicht vertreten, diese Bedingung sei bereits erfüllt worden — rief die Kommission oben in Erinnerung, dass in Richtlinie Nr. 90/684/EWG die Veräußerung der Werft als Bedingung enthalten war sowie auch, aus welchem Grund diese Bedingung gestellt wurde. Die Kommission erläuterte bereits ebenso, dass sie im Juli 1995 aufgrund des nicht erfolgten Verkaufs der Werft eine Negativentscheidung gefällt hatte. Folglich war für Griechenland offensichtlich, dass die Kommission mit einer bloßen Eigentumsübertragung auf die Belegschaft nicht zufrieden gewesen wäre, und schließlich akzeptierte die Kommission den Vertrag vom September 1995 nur, da er einen tatsächlichen Verkauf darstellte, das heißt die Belegschaft sollte einen bedeutenden Kaufpreis entrichten und demzufolge hätte sie ein tatsächliches Interesse an der Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Kommission ruft zudem in Erinnerung, dass die Verordnung (EG) Nr. 1013/97 nur in Bezug auf die Intensität der HSY gegebenenfalls zu gewährenden Betriebsbeihilfe zu Umstrukturierungszwecken eine Änderung von Richtlinie Nr. 90/684/EWG darstellte. Da bei Erlass der Verordnung (EG) Nr. 1013/97 und der Entscheidung C 10/94 der Vertrag vom September 1995 der Kommission und dem Rat bereits vorgelegen hatte, mussten die konkreten Rechtsakte die Bedingung der Veräußerung der Werft nicht wiederholen. Sie rufen nur in Erinnerung, die Firmenanteile von HSY seien „verkauft“ worden. Auf dieser Grundlage kommt die Entscheidung in der Sache C 10/94 zum Schluss, dass „Griechenland seiner Verpflichtung gemäß Artikel 10 der Richtlinie nachgekommen war“. Anders gesagt, zieht die von der Kommission in der Entscheidung in der Sache C 10/94 (sowie die in Verordnung (EG) Nr. 1013/9) vorgenommene Würdigung den bestehenden Vertrag vom September 1995 in Betracht, den Griechenland als Veräußerung darstellte und der die Werftarbeiter in erster Linie vertraglich verpflichtet, für den Kauf des 49 %igen HSY-Aktienanteils 24 Mio. EUR an ETVA zu zahlen, und genau festlegt, auf welche Weise dieser Kaufpreis von der Belegschaft beigetrieben und an ETVA gezahlt werden sollte. Da die Rechte und Verpflichtungen der Vertragspartner vertraglich genau festgelegt waren, da Griechenland selbst den Vertrag als Veräußerung von HSY darstellte und da die griechische Regierung selbst ein Gesetz erließ, das die Belegschaft zur Zahlung des Kaufpreises an ETVA verpflichtete (s. Anmerkung 100), sah die Kommission keinen Grund, an der korrekten Umsetzung des Vertrags durch den griechischen Staat zu zweifeln. Die Kommission konnte insbesondere nicht erwarten, dass der Staat selbst absichtlich die Beitreibung des Kaufpreises beim Käufer unterlassen würde. Die Kommission hatte allen Grund zu der Annahme, HSY sei veräußert worden, und daher bestand keine Notwendigkeit, die Aufforderung, HSY zu veräußern, zu wiederholen.

(176)

Im Hinblick auf die dritte, von Griechenland vorgebrachte Begründung, mit der die Zweifel der Kommission zerstreut werden sollten, der Vertrag vom September 1995 sei korrekt durchgeführt worden, bemerkt die Kommission, der Vertrag vom September 1995 stelle deutlich fest, dass ein Kaufpreis gezahlt werden sollte. Die Abzahlung der jährlichen Raten sollte 1998 einsetzen und über den teilweisen Abzug vom Lohn sowie von Weihnachts- und Osterzulage finanziert werden. Da die Werftarbeiter einer Kürzung ihrer künftigen Löhne und Zulagen zugestimmt hatten, musste ETVA den Kaufpreis nicht bei jedem Werftarbeiter einzeln beitreiben: HSY war in der Lage, direkt einen Teil des Lohns einzubehalten. Angesichts dieser Sachlage kann die Kommission nicht nachvollziehen, wie die Nichtzahlung der jährlichen Raten durch die Tatsache gerechtfertigt werden sollte, die Belegschaft sei „nicht mehr in der Lage gewesen, ihren Zahlungsverpflichtungen im Hinblick auf den Aktienkaufpreis nachzukommen“. ETVA war bloß verpflichtet, den Abzug der entsprechenden Beträge von den Löhnen und Zulagen durch HSY zu sichern. ETVA als Mehrheitsbeteiligte übte die Kontrolle über HSY aus. Darüber hinaus war HSY verpflichtet, die obigen Beträge laut den Vertragsbedingungen einzubehalten, die zwischen ETVA, HSY, der Genossenschaft der Belegschaft und jedem einzelnen Werftarbeiter vereinbart worden waren. Folglich konnte ETVA gegen HSY gerichtlich vorgehen, sollte letztere die Vertragsbedingungen nicht einhalten (103). Die Kommission schließt daher daraus, dass ETVA, die unter der Kontrolle des griechischen Staates stand, nicht versucht hat, die Zahlung des Verkaufspreises zu gewährleisten, obwohl sie dazu laut den Bestimmungen des Verkaufsvertrags vom September 1995 verpflichtet war. Wie vorstehend erläutert, bildet diese Tatsache eine missbräuchliche Durchführung der Entscheidung C 10/94, da diese Entscheidung mit gutem Grund von einer korrekten Umsetzung des genannten Vertrags ausging. Die Kommission weist hilfsweise darauf hin, dass die mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 gebilligte Beihilfe auch dann zurückzufordern wäre, wenn das Argument Griechenlands, ETVA habe den Kaufpreis von den Werftarbeitern nicht beitreiben können, zuträfe. Ist das genannte Argument tatsächlich stichhaltig, so bedeutet dies, dass Griechenland der Kommission einen Verkaufsvertrag gemeldet hat, der von Anfang an nicht durchgeführt werden konnte (das heißt der griechische Staat kann den Kaufpreis vom Käufer nicht beitreiben) (104). In diesem Fall muss die Kommission annehmen, dass die Entscheidung in der Sache C 10/94 auf irreführenden, von Griechenland vorgelegten Auskünften beruht und demnach zu widerrufen ist.

(177)

Im Hinblick auf die dritte, von Griechenland vorgebrachte Begründung weist die Kommission ebenfalls das Argument zurück, die Zwangsvollstreckung aufgrund des Pfandrechts an den nicht bezahlten Firmenanteilen und deren Verkauf im Rahmen der Privatisierung von 2001—2002 sei mit der Beitreibung des laut Vertrag vom September 1995 geschuldeten Zahlbetrags von der Belegschaft gleichzusetzen. Da ETVA die Beitreibung des Verkaufspreises von der Belegschaft nicht durchführte, fühlte sich diese erstens nicht verpflichtet, den entsprechenden Geldbetrag tatsächlich zu investieren, und demgemäß riskierte sie auch keine Verluste im Falle einer Wertminderung der Firmenanteile. Wie vorhin erläutert, bildet diese Tatsache eine Diskrepanz zu der Entscheidung in der Sache C 10/94, der von einer „Veräußerung“ von HSY ausging, das heißt dass ein privater Kapitalgeber einen konkreten und bedeutenden Geldbetrag durch den Kauf von HSY-Firmenanteilen riskiert hätte und aus diesem Grund ein Interesse daran hätte, die Werft dahingehend zu führen, um eine Wertmaximierung seines Portfolios zu erreichen. Zweitens sind die durch ETVA — und folglich durch den griechischen Staat — beigetriebenen Gelder vollkommen unterschiedlicher Art. Durch die Zwangsvollstreckung in ihrer Rolle als Aktienpfandhalterin übernahm ETVA das 100 %ige Risiko für den Wert von HSY (und verkehrte so die Teilprivatisierung in ihr Gegenteil). Darüber hinaus nahm ETVA nur 6,1 Mio. EUR bei, als sie die HSY-Firmenanteile zu 100 % an HDW/Ferrostaal verkaufte, das heißt ETVA nahm durch den Verkauf ihres 49 %igen Aktienanteils nur 3 Mio. EUR ein. Dieser Betrag ist wesentlich niedriger als der laut den Vertragsbedingungen vom September 1995 durch ETVA von der Belegschaft beizutreibende Betrag, das heißt 24 Mio. EUR, zahlbar in jährlichen Raten ab Dezember 1998 bis Dezember 2010.

(178)

Schließlich zieht die Kommission das Argument nicht in Zweifel, es handele sich um eine tatsächliche Privatisierung, als HDW/Ferrostaal 100 % der HSY-Firmenanteile erwarb. Gleichwohl ruft sie in Erinnerung, dass Artikel 10 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG nur die Gewährung einer mit der Veräußerung der Werft verknüpften Beihilfe genehmigte. Die Beihilfe wurde durch Verordnung (EG) Nr. 1013/97 und Entscheidung in der Sache C 10/94 gleichermaßen gebilligt, da die Werft „veräußert“ worden war. Folglich sollte die Beihilfe im Zusammenhang mit dem Verkauf der Werft erfolgen. Sie konnte nicht für einen Verkauf gewährt werden, der erst nach einigen Jahren durchgeführt werden sollte. Demzufolge hebt die Tatsache, dass HSY durch ihren Verkauf an HDW/Ferrostaal tatsächlich privatisiert wurde, die Schlussfolgerung nicht auf, dass eine missbräuchliche Durchführung der Entscheidung in der Sache C 10/94 vorlag. Es sei ebenfalls daran erinnert, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs an HDW/Ferrostaal bereits einige Jahre seit dem Ablauf der Geltungsdauer sowohl von Richtlinie Nr. 90/684/EWG als auch von Verordnung (EG) Nr. 1013/97 verstrichen waren. Folglich konnte HSY die mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 gebilligte Beihilfe im Zusammenhang mit der Privatisierung von 2001—2002 nicht erhalten.

(179)

Die Kommission schließt daraus, dass keine der von Griechenland angeführten Begründungen der vorangehenden Schlussfolgerung, durch die nicht angestrebte Sicherung der Zahlung des Verkaufspreises durch die Belegschaft habe die staatseigene ETVA die Entscheidung in der Sache C 10/94 missbräuchlich durchgeführt, die Grundlage entzieht. Diese Tatsache bildet demzufolge einen zweiten — über die Nichtdurchführung des Investitionsplans hinausgehenden — Missbrauch der Entscheidung in der Sache C 10/94 und einen zweiten Grund für die Rückforderung der durch obige Entscheidung genehmigten Beihilfe.

4.5.5.5.   Begründung des von der Kommission gewählten Verfahrens

(180)

In der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung äußert die Kommission Zweifel daran, dass die Belegschaft den Kaufpreis für ihren 49 %igen Anteil an HSY gezahlt habe. Diese Zweifel wurden gleichwohl im Rahmen der Würdigung von Maßnahme E10 ausgedrückt (in der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung „Maßnahme 10“ genannt). Solche Zweifel kamen in der Würdigung von Maßnahme E7 (in der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung „Maßnahme 7“ genannt) nicht zur Sprache. Demzufolge führt die Entscheidung über die Verfahrensausdehnung nicht an, dass die Nichtzahlung des Kaufpreises eine missbräuchliche Durchführung der Entscheidung in der Sache C 10/94 darstellen könnte. Daher könnte sich die Frage stellen, ob die Kommission im Einklang mit Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 zwecks einer zweiten Verlängerung des förmlichen Prüfverfahrens eine neue Entscheidung hätte erlassen müssen, um Zweifel zu diesem Punkt zu äußern. Griechenland vertritt die Ansicht, genau dies sei der Fall (105).

(181)

Die Kommission ist nicht der Auffassung, sie sei verpflichtet gewesen, das Prüfverfahren in dieser konkreten Rechtssache zum zweiten Mal zu verlängern. Erstens waren, wie bereits angeführt, die Zweifel an der konkreten Tatsache (das heißt an der Zahlung bzw. Nichtzahlung des Kaufpreises durch die Belegschaft) in der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung zur Sprache gekommen, und folglich hatten die interessierten Parteien die Gelegenheit, ihre diesbezüglichen Stellungnahmen vorzulegen. Zweitens erfolgte die Schlussfolgerung der Kommission im Hinblick auf die rechtliche Erwägung, dass diese Tatsache eine missbräuchliche Durchführung von Maßnahme E7 darstellen könnte, nur im Zusammenhang mit einer eingehenden Analyse aller Sachverhalte und Gesetze, welche im Zuge des förmlichen Prüfverfahrens durchgeführt wurde. In einer dermaßen umfangreichen und komplexen Rechtssache, die sich sogar auf Maßnahmen bezieht, die vor einem Jahrzehnt durchgeführt wurden, erlaubt ein Prüfverfahren der Kommission fast automatisch, eine detailliertere Erwägung vorzunehmen, da es zu einer besseren Kenntnis der Sachverhalte und der rechtlichen Aspekte der Sache führt. Drittens hat Griechenland lange Zeit widersprüchliche Auskünfte über die Zahlung des Kaufpreises durch die Belegschaft vorgelegt. Selbst kürzlich haben Griechenland und HSY in ihrer Erwiderung auf die Entscheidung über die Verfahrensausdehnung die Ansicht vertreten, die Belegschaft habe 1998, wie im Vertrag vom September 1995 vorgesehen, die Abzahlung des Kaufpreises begonnen (106). Im Zusammenhang mit dem Prüfverfahren jedoch stellte die Kommission Fakten zusammen, die das Gegenteil bewiesen. Aus diesem Grund forderte sie Griechenland und HSY auf, unumstößliche Tatsachen zur Stützung ihrer Position vorzulegen (107). Schließlich räumten Griechenland und HSY ein, dass die Belegschaft die im Vertrag vom September 1995 vorgesehenen jährlichen Raten nicht gezahlt hat. Die Kommission war nach Klärung der Sachverhalte der Rechtssache nunmehr zu einer Würdigung in der Lage, ob in Bezug auf vorangegangene Entscheidungen missbräuchliche Durchführungen vorlagen.

(182)

Die Kommission unterstreicht zudem, dass für eine praktische Teilnahme Griechenlands und der HSY am Verfahren zur Gewährleistung des Verteidigungsrechts Griechenland und der HSY die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Einschätzung, dass die Nichtzahlung als missbräuchliche Durchführung der Entscheidung C 10/94 angesehen werden kann, zu kommentieren (das heißt den einzigen Beteiligten, die Stellungnahmen zur Maßnahme E10 geäußert hatten, mit Ausnahme von Elefsis Shipyards, die in ihrer Stellungnahme bereits angeführt hatte, da der Kaufpreis nicht entrichtet worden sei, hätte die Kommission die Pflicht, die Rückforderung der Beihilfe anzuordnen, die mit Entscheidung C 10/94 genehmigt wurde) (108). Sowohl Griechenland als auch HSY haben umfangreiche Stellungnahmen vorgelegt (109).

4.6.   Missbräuchliche Durchführung der Stilllegungsbeihilfe in Höhe von 29,5 Mio. EUR, genehmigt 2002 (Maßnahme E8)

4.6.1.   Beschreibung der Maßnahme

(183)

Am 5. Juni 2002 wurde durch die Entscheidung N 513/01 eine Beihilfe in Höhe von 29,5 Mio. EUR für die Freisetzung von ΗSY-Beschäftigten aus den Werften genehmigt. Die Kommission kam zum Ergebnis, dass die Beihilfe in Höhe von 29,5 Mio. EUR eine vereinbare Stilllegungsbeihilfe im Sinne des Artikels 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1540/98 war, und akzeptierte als Senkung der Produktionskapazität die Begrenzung der Schiffsreparaturkapazität der Werften auf 420 000 unmittelbare Mannstunden, inklusive Subunternehmer.

4.6.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(184)

Bei der Entscheidung zur Ausdehnung des Verfahrens äußerte die Kommission Zweifel in Bezug auf die Senkung der Produktionskapazität. Die Verpflichtung zur Abgabe von Halbjahresberichten wurde nicht respektiert. Darüber hinaus haben die griechischen Behörden verworrene Daten übermittelt, als sie aufgefordert wurden, entsprechende Informationen einzureichen.

4.6.3.   Stellungnahme der beteiligten Parteien

(185)

Gemäß Elefsis Shipyards ist der ΗSY-Umsatz und die Anzahl der Schiffe, die jährlich in der Werft repariert werden, so hoch, dass die Durchführung einer Senkung der Produktionskapazität auf 420 000 Mannstunden nicht möglich ist.

4.6.4.   Stellungnahme Griechenlands

(186)

Gemäß Griechenland und ΗSY beschäftigen die Werften oft Subunternehmer, die man in zwei Gruppen einteilen kann. Erstens „HSY-Subunternehmer“, die von HSY ausgewählt und bezahlt werden. Zweitens „Subunternehmer Dritter“ die von den Schiffseignern ausgewählt werden und die mit jenen direkt den Preis aushandeln. Die Subunternehmer Dritter entrichten einen Betrag an HSY für die Nutzung ihrer Anlagen. Gemäß Griechenland muss sich nur die erste Gruppe der Subunternehmer an die Senkung der Produktionskapazität halten, die in der Entscheidung N 513/01 vorgesehen wird. ΗSY hat jedoch keine Kenntnis über die Anzahl der Arbeitsstunden dieser „HSY-Subunternehmer“, da diese pauschal vergütet werden. Aus diesem Grund schlägt Griechenland eine Methode für die annähernde Bemessung nach geleisteten Arbeitsstunden vor: zuerst wird von der Summe des Wertes der Verträge, die ihnen entrichtet wurden, 15 % abgezogen, was der Gewinnmarge entspricht, wie auch 20 % (110), was den mittelbaren produktiven Arbeitsstunden entspricht. Der resultierende Betrag wird anschließend dividiert durch „den Jahreskostenkoeffizienten der Arbeitsstunde, der sich aus den von der HSY selbst geführten amtlichen Büchern ergibt“ (111). Durch Anwendung dieser Methode kommt Griechenland auf eine Gesamtsumme von weniger als 420 000 Arbeitsstunden jährlich von 2002 bis 2006. Griechenland kommt daher zu dem Schluss, dass die Senkung der Produktionskapazität eingehalten wurde. Diese Methode wird kurz gefasst in folgender Tabelle präsentiert.

 

1.1.2002—31.12.2002

1.1.2003—30.9.2003

1.10.2003—30.9.2004

1.10.2004—30.9.2005

1.10.2005—31.8.2006

A.

Unmittelbar produktive Arbeitsstunden der ΗSY-Beschäftigten

51 995

42 155

[…] (112)

(…)

(…)

B.

Honorar ΗSY-Subunternehmer (in Euro)

3 798 728

16 471 322

(…)

(…)

[…] (bis zum 30.6.2006)

C.

= B minus Verteilungskosten (15 %) und mittelbar produktive Arbeitsstunden (20 %)

2 469 173

10 179 134

(…)

(…)

(…)

D.

Stundenlohn (in Euro) der ΗSY-Beschäftigten

25,97

27,49

(…)

(…)

(…)

E.

Ermittlung der unmittelbar produktiven Arbeitsstunden der Arbeitnehmer der HSY-Subunternehmer (= C durch D)

95 077

370 284

(…)

(…)

(…)

F.

Gesamte unmittelbar produktive Arbeitsstunden, die unter die Entscheidung N 513/01 (= A + E) fallen

147 073

412 440

(…)

(…)

(…)

4.6.5.   Würdigung

4.6.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(187)

Was die Frage angeht, ob bei der vorliegenden Maßnahme Artikel 296 angewendet werden kann oder nicht, weist die Kommission darauf hin, dass bereits Entscheidung N 513/01 die Aufgliederung in Zivil- und Verteidigungsbereich beinhaltet und die Auffassung vertritt, dass der Anteil der staatlichen Beihilfen auf Grundlage der Beihilfevorschriften 25 % beträgt. Die Beihilfe in Höhe von 29,5 Mio. EUR bezog sich also ausschließlich auf den Zivilbereich von HSY und kann auf der Grundlage der Beihilfevorschriften gewertet werden.

4.6.5.2.   Vorliegen einer missbräuchlichen Durchführung der Beihilfe

(188)

Die Kommission kommt daher zum Schluss, dass jede der folgenden Angaben einen für sich ausreichenden Grund für die Schlussfolgerung bildet, dass die Begrenzung, die in der Genehmigungsentscheidung vorgesehen ist, nicht erfüllt wurde und folglich eine missbräuchliche Durchführung der Beihilfe stattfand.

(189)

Erstens: Da ein Abbau der Arbeitsstunden auferlegt wurde, war HSY verpflichtet, ein Verfahren zur genauen Ermittlung dieser Arbeitsstunden anzuwenden. Durch Nichtanwendung dieses Verfahrens zur genauen Ermittlung dieser Arbeitsstunden der Subunternehmer und der so zustande gekommenen Unterlassung der genauen Ermittlung dieser Arbeitsstunden in den Werften hat HSY die Entscheidung N 513/01 missbräuchlich angewendet, da sogar Griechenland selbst die Verwendung der „Arbeitsstunden“ als Indikator vorgeschlagen hatte, um nachzuweisen, dass HSY die Produktionskapazität gesenkt hat.

(190)

Zweitens: Die Kommission bezweifelt das Argument Griechenlands, dass die „Subunternehmer Dritter“ nicht unter den Arbeitsstundenabbau fallen. Griechenland macht geltend, dass es mit ihnen kein Vertragsverhältnis gibt, das über die Anmietung der Anlagen hinausgeht. Erstens: Nach Auffassung der Kommission wäre die Annahme dieser Begründung ein einfacher Weg, die Begrenzung zu umgehen: Anstatt mit den Subunternehmern Verträge zu unterschreiben, würde die ΗSY die Unterschrift der Schiffseigner verlangen, mit dem Ergebnis, dass es keine Verträge zwischen HSY und den Subunternehmern gibt. Zweitens: Zweck der Begrenzung war die Reduzierung der Beschäftigung innerhalb der Werften. Demnach ist die Schlussfolgerung logisch, dass, wenn in der Entscheidung N 513/01 steht, dass die Senkung der Produktionskapazität der Werften „Arbeitnehmer gemäß Subunternehmer-Verträgen“ einschließt, sowohl ΗSY-Subunternehmer als auch Subunternehmer der Schiffseigner, die in den Werften arbeiten, damit abgedeckt sind. Drittens: Nachdem die Kommission detaillierte Fragen stellte (113), hat Griechenland zugegeben, dass HSY die Zahlungen an bestimmte „Subunternehmer Dritter“ verwaltet: Diese treffen mit den Schiffseignern Vereinbarungen über die durchzuführenden Arbeiten und das Honorar; doch daraufhin bezahlen die Schiffseigner ΗSY, die wiederum diesen Betrag an die Subunternehmer überträgt. In diesen Fällen existiert ein Vertragsverhältnis zwischen HSY und den Subunternehmern, und die Summen, die die Schiffseigner für die Arbeit der Subunternehmer entrichten, erscheinen in der Aufschlüsselung der Einnahmen und Ausgaben HSY als Einnahmen (das heißt sie befinden sich bei Verkauf/Umsatz HSY). Daher gibt es keinen Zweifel, dass zumindest diese Verträge mit „Subunternehmern Dritter“ unter diese Begrenzung fallen. Griechenland hat weder die Arbeitsstunden ermittelt, noch die Stunden der „Subunternehmer Dritter“ der Kommission mitgeteilt, eine Tatsache, die einen zusätzlichen Verstoß gegen die Entscheidung N 513/01 darstellt. Die Kommission weist zusätzlich darauf hin, dass der Umsatz des Reparaturbereichs der HSY seit 2002 rapide zunahm. Jedoch spiegelt sich diese Entwicklung keineswegs in der Gesamtsumme von Arbeitsstunden wider, die Griechenland meldete. Deshalb ist es potentiell möglich, dass sich die Anzahl der Arbeitsstunden der Subunternehmer Dritter, die von HSY entlohnt werden, bedeutend gesteigert hat. Da sich HSY, gemäß den von Griechenland übermittelten Angaben, 2003 unterhalb der Grenze von 420 000 Stunden befand, folgert die Kommission, dass — sofern die von HSY entlohnten Subunternehmer Dritter in die Gesamtsumme von Arbeitsstunden HSY mitgerechnet werden — man begründet vermuten kann, dass die Senkung in den folgenden Jahren nicht eingehalten wurde.

(191)

Drittens: Auch wenn angenommen wird, dass die „Subunternehmer Dritter“ nicht unter den Arbeitsstundenabbau fallen, den die Entscheidung N 513/01 vorsieht (was nicht gilt), und auch dass die Arbeitsstunden der „HSY-Subunternehmer“ annähernd bemessen werden können, indem man ihr Honorar durch den Stundenlohn dividiert, ist die Begrenzungsverpflichtung nicht eingehalten. Tatsächlich ist der von Griechenland angewendete „Jahreskostenkoeffizient der Arbeitsstunde, der sich aus den von der HSY selbst geführten amtlichen Büchern ergibt“, eine ungeeignete Methode für die annähernde Bemessung des Stundenlohns von Personen, die für Subunternehmer arbeiten. Tatsächlich beweisen die bedeutenden Schwankungen dieser Zahlenangaben (z. B. von 27 EUR auf […] EUR im nächsten Jahr), dass der Jahreskostenkoeffizient der Arbeitsstunde, der sich aus den von der HSY selbst geführten amtlichen Büchern ergibt, nicht angibt, wie viel ein Arbeitnehmer pro Stunde kostet (114). Tatsächlich entwickelt sich branchenintern der Bruttostundenlohn auf keinen Fall auf diese Art: er steigt zwar beständig im Laufe der Zeit, kann sich jedoch innerhalb eines Jahres nicht verdoppeln. Darüber hinaus beschäftigen die Werften deswegen Subunternehmer, weil diese weniger kosten, als wenn sie selbst Personal einstellen. Daher werden durch die Anwendung des Jahreskostenkoeffizienten der Arbeitsstunde, der sich aus den von der HSY selbst geführten amtlichen Büchern ergibt, die Arbeitsstundenkosten von Arbeitnehmern, die bei den Subunternehmern beschäftigt sind, zu hoch eingeschätzt. Diese Tatsache wurde von dem Berater, an den sich die Kommission wandte, bestätigt. Werden angemessene Schätzungen des Stundenlohns berücksichtigt, wächst die Anzahl der Arbeitsstunden der Subunternehmer bedeutend an (115), mit dem Ergebnis, dass 2003 und 2005 die Begrenzung auf 420 000 Stunden nicht eingehalten wird.

(192)

Viertens: Die Methode, die Griechenland vorschlug, erstreckte sich für das Geschäftsjahr 2003 auf nur 9 Monate, dauerte also bis zum September 2003. Griechenland macht geltend, dass seitdem das Geschäftsjahr von Oktober bis Oktober läuft. Es ist nicht akzeptabel, dass eine jährliche Höchstgrenze auf eine lediglich neunmonatige Beschäftigung angewendet wird. Die Kommission hat Griechenland aufgefordert, ausführliche Daten bezüglich der Beschäftigung in den letzten drei Monaten des Jahres 2003 einzureichen. Griechenland hat die geforderten Daten jedoch nicht übermittelt (116). Wenn die Beschäftigung in den letzten drei Monaten des Kalenderjahres 2003 annähernd bemessen wird wie ein Viertel des Geschäftsjahrs 2004, wird deutlich, dass es einen Verstoß gegen die Verpflichtung zum Arbeitsstundenabbau gab.

(193)

Aufgrund der Existenz unterschiedlicher, voneinander unabhängiger Gründe, aus denen geschlossen werden kann, dass Missbrauch vorliegt, folgert die Kommission, dass die Beihilfe zurückgefordert werden muss.

4.7.   Kapitalzuführung 8,72 Mrd. GRD (25,6 Mio. EUR) durch den griechischen Staat oder ETVA in den Jahren 1996—1997 (Maßnahme E9)

4.7.1.   Beschreibung der Maßnahme

(194)

1996—1997 hat ETVA eine Kapitalzuführung in Höhe von 8,72 Mrd. GRD (25,6 Mio. EUR) an HSY realisiert.

4.7.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(195)

In der Entscheidung zur Ausdehnung des Verfahrens werden Zweifel geäußert, inwiefern diese bestimmte Kapitalzuführung einem marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber entspricht. Erstens: Die Kommission weist darauf hin, dass Griechenland widersprüchliche Behauptungen zum Thema vorgebracht hat, indem es anfangs aufführte, dass der betreffende Betrag vom Staat zur Aufrechnung des Arbeitsplatzabbaus um 1 000 Personen gewährt worden war, während später diese Erklärung zurückgenommen wurde, mit der Behauptung, dass diese Kapitalzuführung von der ETVA vorgenommen worden sei. Zweitens: Die Kommission weist darauf hin, dass die Arbeitnehmer des Unternehmens, die im Besitz von 49 % der Firmenanteile waren, an dieser Kapitalzuführung nicht teilnahmen. Darüber hinaus verwundert die Tatsache, dass die Kapitalzuführung seitens der ETVA nicht zu einer Erhöhung der Unternehmensbeteiligung führte.

(196)

Die Kommission weist auch darauf hin, dass es im Fall der Feststellung, dass die bestimmte Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, zweifelhaft ist, inwiefern sie eine vereinbare Beihilfe sein könnte.

4.7.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(197)

Elefsis Shipyards gibt an, dass 1996 49 % der HSY-Firmenanteile den Beschäftigten gehörten. Hätte ETVA eine Kapitalzuführung ohne Beteiligung nach Verhältnis (pro rata) der Beschäftigten vorgenommen, wäre ihre Beteiligung am Kapital auf einen höheren Prozentsatz als 51 % gestiegen — eine Tatsache, die per Gesetz verboten war und so nicht stattfand. Daraus wird gefolgert, dass ETVA keine neuen Firmenanteile im Austausch für diese bestimmte Kapitalzuführung bekam. Solch ein Szenario wäre für einen privaten Kapitalgeber nicht annehmbar.

4.7.4.   Stellungnahme Griechenlands

(198)

Griechenland bestätigt, dass ETVA 1996—1997 eine Kapitalzuführung in Höhe von 8,72 Mrd. GRD (25,6 Mio. EUR) realisierte und vom griechischen Staat einen entsprechenden Betrag einforderte. Griechenland macht geltend, der Staat habe als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agiert, da der Abbau der Humankapazität, die durch die Kapitalzuführung finanziert wurde, die Effizienz der Werften und ihre zukünftigen Gewinnaussichten deutlich verbesserte. HSY erläutert, die Geldzuflüsse des Unternehmens führten nicht zur Ausgabe von neuen Firmenanteilen und seien, formal gesehen, keine Kapitalzuführungen gewesen. Dies erkläre, warum die staatliche Beteiligung nicht über einen Prozentsatz von 51 % gestiegen sei. Für den Fall jedoch, dass die Kommission davon ausgeht, die zu prüfende Maßnahme stellte dennoch eine staatliche Beihilfe dar, glaubt Griechenland, dass es sich um eine vereinbare Schließungsbeihilfe im Sinne des Artikels 7 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG handelt.

4.7.5.   Würdigung

4.7.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(199)

Die zu prüfende Maßnahme diente der Finanzierung der gesamten Beschäftigung auf der Werft und beschränkte sich nicht ausschließlich auf den Zivilbereich. Wenn berücksichtigt wird, dass — wie im Kapitel 3.3 dieser Entscheidung geschlossen wird — 75 % der Arbeiten der Werft militärischen Charakter haben und dass sich Griechenland auf den Artikel 296 des EG-Vertrags beruft, dann können nur 25 % der Maßnahme unter dem Gesichtspunkt für Beihilfevorschriften gewertet werden, was 2,18 Mrd. GRD (6,4 Mio. EUR) entspricht.

4.7.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(200)

Die Kommission weist darauf hin, dass der griechische Staat mittels ETVA HSY Kapital gewährte, ohne neue Firmenanteile zu bekommen, obwohl er nur im Besitz von 51 % der HSY war. Ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber hätte den anderen Aktionären kein solches Geschenk gemacht. Er hätte neue Firmenanteile verlangt oder hätte Kapitalzuführung nach Verhältnis (pro rata) seitens der restlichen Aktionäre gefordert. Daher hätte ein privater Kapitalgeber unter entsprechenden Bedingungen keine Kapitalzuführungen wie die zu prüfende vorgenommen.

(201)

Da der griechische Staat HSY Mittel eingeräumt hat, die diese nicht auf dem Markt hätte sichern können, hat die Maßnahme HSY einen selektiven Vorteil eingeräumt. Deshalb stellt die Maßnahme eine Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrags dar. Da sie zusätzlich gegen den Anspruch nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstößt, weil sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde, ist sie eine widerrechtlich gezahlte Beihilfe.

4.7.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(202)

Was die Vereinbarkeit der Beihilfe in der vorliegenden Rechtssache betrifft, weist die Kommission darauf hin, es werde nicht bezweifelt, dass die HSY-Humankapazität von 3 022 Personen 1995 auf 1 977 Personen 1997 reduziert wurde. Dieser Abbau der Humankapazität wurde auch bei den zwei Beschlüssen vom 15. Juli 1997 geltend gemacht (Entscheidungen C 10/94 und N 401/97), da es sich dabei um eine der beiden Säulen des Umstrukturierungsplans handelte. Durch Entscheidung N 401/97 wurden Investitionsbeihilfen genehmigt, die, gemäß der Richtlinie Nr. 90/684/EWG, nur als vereinbar angesehen werden können, „wenn sie an einen Umstrukturierungsplan gebunden sind, der zu einem Abbau der gesamten Schiffsreparaturkapazität führt“ und „zu keiner Steigerung der Schiffbaukapazität dieser Werft führt“. Gemäß Entscheidung N 401/97 besteht eine „Senkung der Schiffsreparaturkapazität, die einer Senkung der Beschäftigtenzahl gleichkommt, die durch die geplante gesteigerte Produktivitätsleistung und die Senkung von Stapellegungen für Handelsschiffe nicht ausgeglichen werden könnte“. In der Entscheidung wird auch darauf hingewiesen, dass es eine geringe Senkung der Schiffbaukapazität gibt. Da die Kommission selbst in der Entscheidung in der Sache N 401/97 erkannte, dass der Abbau der Humankapazität im Zusammenspiel mit den anderen von den griechischen Behörden vorgeschlagenen Maßnahmen sowohl zu einer Senkung der Schiffbaukapazität als auch der Schiffsreparaturkapazität führen würde, ist die Kommission der Auffassung, dass es tatsächlich einen Kapazitätsabbau gab, wie Artikel 7 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG bestimmt. Was Höhe und Intensität der Beihilfen angeht, so weist die Kommission darauf hin, dass die Beihilfe zum Abbau der Humankapazität um 1 000 Personen 25,6 Mio. EUR betrug. 2002, also nur sechs Jahre später, kam die Kommission zum Ergebnis, dass eine vierfach höhere Beihilfe für einen Abbau der Humankapazität kleineren Umfangs vereinbar sei. Nach Auffassung der Kommission sind demnach Höhe und Intensität der Beihilfe berechtigt. Schließlich wurden nach Auffassung der Kommission die Bedingungen des Artikels 7 der Richtlinie Nr. 90/684/EWG erfüllt, und sie schließt daher, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

4.8.   Erhöhungen des Aktienkapitals im Zeitraum 1998—2000 zur Finanzierung des Investitionsplans (Maßnahme E10)

4.8.1.   Beschreibung der Maßnahme

(203)

Gemäß des mit Entscheidung N 401/97 formulierten Voranschlags wurden in den Jahren 1998, 1999 und 2000 drei Kapitalerhöhungen mit einem Gesamtvolumen von 2,98 Mrd. GRD (8,7 Mio. EUR) mit dem Ziel durchgeführt, einen Teil des HSY-Investitionsplans zu finanzieren. Diese Aufstockungen wurden von der ETVA und von den HSY-Arbeitnehmern nach dem Verhältnis der vorhandenen HSY-Firmenanteile finanziert.

(in Mio. GRD (in Mio. EUR))

 

Gesamt

Beitrag ETVA (51 %)

Beitrag der Beschäftigten (49 %)

20. Mai 1998

1 569 (4,6)

800 (2,3)

769 (2,3)

24. Juni 1999

630 (1,8)

321 (0,9)

309 (0,9)

22. Mai 2000

780 (2,3)

397 (1,2)

382 (1,1)

(204)

2001 entrichtete der griechische Staat den Arbeitnehmern einen deren Beitrag bei den drei Aufstockungen des Aktienkapitals entsprechenden Betrag (s. Randnummer 33, in der das Gesetz 2941/2001 beschrieben wird).

4.8.2.   Gründe zur Verfahrenseinleitung

(205)

In der Entscheidung zur Ausdehnung des Verfahrens äußerte die Kommission die Vermutung, dass die Beteiligung der ETVA an der Erhöhung des Aktienkapitals eine nicht vereinbare Beihilfe darstellt. Obwohl Entscheidung N 401/97 vom 15. Juli 1997 zum Schluss kommt, dass die künftige Beteiligung der ETVA an den Kapitalerhöhungen grundsätzlich als nicht im Rahmen der Umsetzung des Umstrukturierungsplans enthaltene Beihilfe angesehen werden kann, könnte diese Beteiligung dennoch als Beihilfe gelten, als sie den Jahren 1998, 1999 und 2000 durchgeführt wurde. Die Lage von HSY verschlechterte sich insbesondere im genannten Zeitraum. In der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird zudem erwähnt, dass die Tatsache, dass die Arbeitnehmer an der Kapitalzuführung entsprechend dem Verhältnis ihrer Beteiligung am HSY-Aktienkapital teilnahmen, das Bestehen einer Beihilfe nicht ausschließt. Erstens ist gar nicht sicher, dass der HSY tatsächlich der Gegenwert entrichtet wurde, um 49 % des Eigentums von HSY zu erlangen, wie das Abkommen zur Teilprivatisierung vom September 1995 vorsah. Zweitens ist nicht ausgeschlossen, dass der griechische Staat insgeheim die Verpflichtung übernahm, den Arbeitnehmern jeden Betrag, den sie dem HSY-Kapital beisteuerten, zurückzuerstatten. Eine solche Verpflichtung würde bedeuten, dass die Arbeitnehmer im vorliegenden Fall kein Risiko eingingen.

4.8.3.   Stellungnahmen der beteiligten Parteien

(206)

Elefsis Shipyards stimmt den in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung geäußerten Vorbehalten zu, erinnert an die Rechtsprechung Alitalia (117), was die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Kapitalzuführung ihres eigenen Unternehmens angeht, und folgert, dass die Beteiligung der ETVA an der Erhöhung des Aktienkapitals eine nicht vereinbare Beihilfe darstellt.

4.8.4.   Stellungnahme Griechenlands

(207)

Die griechischen Behörden erinnern daran, dass die Beteiligung von ETVA und der Belegschaft an der Erhöhung des Aktienkapitals im Abkommen zur Teilprivatisierung vom September 1995 vertraglich geregelt war. Die Entscheidung Ν 401/97 führt ebenfalls an, dass die entsprechenden Erhöhungen des Aktienkapitals unter Beteiligung der ETVA und der HSY-Arbeitnehmer mit 51 % bzw. 49 % vorgenommen werden, ohne dass die Entscheidung zum Schluss kommt, dass die Beteiligung der ETVA eine Beihilfe darstellt. Schließlich widerlegen die griechischen Behörden und HSY sowohl die Vermutung, dass die Werftarbeiter den Kaufpreis schließlich nicht entrichtet hätten, als auch die Existenz eines geheimen Abkommens, wonach der griechische Staat den Arbeitnehmern versprach, Beträge zu erstatten, die diese zur Finanzierung des Investitionsplans entrichten würden. HSY macht für den Fall, dass die Kommission diese bestimmte Maßnahme als staatliche Beihilfe betrachtet, geltend, dass es sich um eine vereinbare Beihilfe handelt.

4.8.5.   Würdigung

4.8.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(208)

Im Hinblick auf die mögliche Anwendung von Artikel 296 des EG-Vertrags weist die Kommission darauf hin, dass die Erhöhung des Aktienkapitals die Finanzierung des Investitionsplans zum Ziel hatte. Wie bereits im Rahmen der Würdigung der Maßnahmen D1, D2, D3 und D4 geschlossen, können dieses Investitionsprogramm und die staatliche Unterstützung zu dessen Finanzierung auf der Grundlage der Beihilfevorschriften gewertet werden.

4.8.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(209)

Die Kommission ist zu folgenden Schlüssen gekommen: Nach dem Abkommen vom September 1995 zur Teilprivatisierung des Unternehmens hatte ETVA die vertragliche Verpflichtung, mit 51 % an der zukünftigen Erhöhung des Aktienkapitals von HSY teilzunehmen, während die Arbeitnehmer die restlichen 49 % einbringen würden. Die Erhöhung des Aktienkapitals war zur partiellen Finanzierung des Investitionsplans erforderlich. Durch die Entscheidung N 401/97 zur Investitionsbeihilfe kam die Kommission stillschweigend zum Ergebnis, dass diese Beteiligung der ETVA an der künftigen Erhöhung des HSY-Aktienkapitals keine staatliche Beihilfe darstellt. Diese Schlussfolgerung war konform mit der Entscheidung in der Sache C 10/94, der am gleichen Tag erlassen wurde; darin entschied die Kommission, dass der Verkauf von 49 % der HSY-Firmenanteile an die Belegschaft eine gültige Teilprivatisierung sei und dass eine Rückkehr zur Rentabilität zu erwarten sei.

(210)

Was die Beteiligung der ETVA an der Erhöhung des Aktienkapitals vom 20. Mai 1998 angeht, ist die Kommission der Ansicht, dass nicht genügend Gründe vorliegen, um von der stillschweigenden Würdigung des Nichtbestehens einer Beihilfe abzuweichen, die in der Entscheidung Ν 401/97 zu finden war. Insbesondere waren die im Mai 1998 geltenden Umstände nicht wesentlich anders als die Umstände, die zum Zeitpunkt der Entscheidung vorherzusehen waren. Zusätzlich hat die Kommission keine Belege für die Existenz einer (heimlichen) staatlichen Verpflichtung gefunden, den Arbeitnehmern jeden Betrag, den sie im Rahmen der Erhöhung des Aktienkapitals entrichten würden, zurückzuerstatten.

(211)

Im Gegenteil, zum Zeitpunkt der Realisierung der Aktienkapitalerhöhung vom 24. Juni 1999 und vom 22. Mai 2000 lagen einige Komponenten von grundlegender Bedeutung nicht mehr vor, auf die sich die Schlussfolgerung vom 15. Juli 1997 zum Nichtbestehen einer Beihilfe stützte:

Erstens, wie vorstehend erklärt, stützen sich beide Beschlüsse vom 15. Juli 1997 auf die Tatsache, dass Griechenland das Abkommen zur Teilprivatisierung vom September 1995 durchführen würde, sowie insbesondere, dass die Arbeitnehmer, wie im entsprechenden Vertrag festgelegt, den Kaufpreis an ETVA entrichten würden, indem sie auf diese Weise ein finanzielles Risiko auf sich nahmen, das einen Anreiz böte, die zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit notwendigen Maßnahmen zu unterstützen. Obwohl die Arbeitnehmer ihre erste Rate des Kaufpreises an ETVA noch vor dem 31. Dezember entrichten sollten, erfolgte keine Zahlung. Der griechische Staat unternahm hingegen nichts, um sie zu erhalten. Wie in der Würdigung von Maßnahme E7 angeführt, besagte diese Tatsache, dass die Werftarbeiter nicht an die Stelle von Kapitalgebern traten, die verpflichtet sind, im Laufe der nächsten zwölf Jahre insgesamt 8,17 Mrd. GRD (24 Mio. EUR) zu entrichten, im Gegensatz zu dem, was die Kommission im Juli 1997 erwartete, als die beiden Beschlüsse erlassen wurden. Diese Nichtzahlung bedeutete zudem, dass die Beschäftigten die laut Vertrag zur Teilprivatisierung vom September 1995 eingegangene Verpflichtung nicht eingehalten hatten. ETVA war nicht mehr an den Vertrag zur Teilprivatisierung gebunden (118); da ihn die Arbeitnehmer nicht eingehalten hatten. Schließlich gab es im Widerspruch zu dem, was man begründeterweise zum Zeitpunkt der Entscheidung N 401/97 aufgrund der bestehenden Verträge erwarten konnte, tatsächlich keine Teilprivatisierung, und der Vertrag hatte aufgehört, für ETVA bindend zu sein. Nach Auffassung der Kommission gab es größere Abweichungen von dem anhand des Vertrags vom September 1995 bei Erlass der Entscheidung N 401/97 Erwarteten. Dies ist Begründung genug für die Revision der damals gezogenen Schlussfolgerung in Bezug auf das Nichtbestehen einer Beihilfe.

Zweitens: Wie bereits im Kapitel 3.1 dieser Entscheidung ausführlich erläutert, stellte sich der zum Zeitpunkt der Entscheidung N 401/97 geplante wirtschaftliche und finanzielle Erfolg nicht ein. Das Unternehmen hat 1997 und 1998 kein volles und profitables Auftragsbuch erreicht. Daher wurde ab Ende 1998 schrittweise immer klarer, dass die Werft in den kommenden Jahren verlustbringend sein würde. Die Kommission bestimmte den 30. Juni 1999 als Stichtag, nach dem keine begründete Rückkehr zur Rentabilität mehr zu erwarten war. Sicher ist, dass Anfang Juni 1999 ein Großteil der schlechten Nachrichten bereits bekannt war und dass auf der Basis des Umstrukturierungsplans eine Rückkehr zur Rentabilität sehr ungewiss war.

(212)

Aufgrund all dessen ist die Kommission der Auffassung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber, der sich in der Lage von ETVA befände, nicht erneut in HSY investiert hätte (119).

(213)

Da die Kapitalzuführungen HSY als selektiver Vorteil zugute kommen, folgert die Kommission, dass die Beteiligung von ETVA an der zweiten und dritten Erhöhung des Aktienkapitals eine staatliche Beihilfe zugunsten von HSY darstellt. Was die Einhaltung von Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags angeht, weist die Kommission darauf hin, dass sie nie eine Entscheidung erließ, in der sie ausdrücklich die Beteiligung von ETVA an der Erhöhung des HSY-Aktienkapitals würdigte und genehmigte. Aus diesem Grund ist die Kommission der Auffassung, dass die Durchführung der Beihilfe gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstoßen hat.

(214)

Die Kommission weist auf Folgendes hin: Auch wenn angenommen wird, dass die zu prüfende Maßnahme durch Entscheidung N 401/97 genehmigt wurde (in der Entscheidung in der Sache N 401/97 wird erklärt, dass sich ETVA an der Erhöhung des HSY-Aktienkapitals beteiligen würde, und da keine Zweifel geäußert werden, was die Einhaltung der Beihilfevorschriften angeht, versteht sich, dass diese Teilnahme keine Beihilfe darstellt), würde das die folgende Schlussfolgerung nicht ändern, wonach die Rückforderung der betreffenden Beihilfe erforderlich ist. Insbesondere muss in solch einem Fall angenommen werden, dass die staatseigene Bank ETVA diese Entscheidung missbräuchlich durchgeführt hat, da sie den vorgesehenen Kaufpreis von den Beschäftigten nicht eingefordert hat, wie es der Vertrag vom September 1995 vorsah. Tatsächlich basierte die Schlussfolgerung, dass die zukünftige Beteiligung der ETVA an den Kapitalerhöhungen keine Beihilfe darstellte, auf der Erwartung, dass die Arbeitnehmer den Kaufpreis entrichten würden, wie der Vertrag vom September 1995 vorsah. Deshalb ist daraus zu schließen, dass der Abschnitt der Entscheidung N 401/97, worin die Beteiligung von ETVA gebilligt wurde, missbräuchlich durchgeführt wurde und somit die ETVA-Beteiligung von HSY zurückgefordert werden muss.

4.8.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(215)

Die griechischen Behörden machen geltend, dass die zu prüfende Maßnahme eventuell eine vereinbare Umstrukturierungsbeihilfe ist. Die Kommission weist darauf hin, dass die Erhöhung des Aktienkapitals die Finanzierung des Investitionsplans zum Ziel hatte. Im Rahmen der Würdigung von Maßnahme D2 und Maßnahme D3 hat die Kommission bereits erklärt, warum es nicht möglich ist, zusätzliche Umstrukturierungsbeihilfen zur Finanzierung des Investitionsplans mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbaren.

(216)

Weil die beiden Erhöhungen des Aktienkapitals eine nicht vereinbare Beihilfe darstellen, ist ihre Rückforderung von der HSY geboten.

4.9.   Staatliche Nachbürgschaft im Zusammenhang mit den Verträgen der HSY mit OSE und ISAP (Maßnahme E12b)

4.9.1.   Beschreibung der Maßnahme

(217)

Im Zusammenhang mit den Verträgen, die HSY mit der Hellenic Railways Organisation (OSE) und der Athens Piraeus Electric Railways (ISAP) für die Lieferung von Fahrzeugen schloss, hat ETVA Bürgschaften für Vorauszahlungen und für die gute Ausführung der Aufträge übernommen (im Folgenden: „Bürgschaften für Vorauszahlungen“). ETVA übernahm die Bürgschaften für die Vorauszahlungen in Bezug auf den Vertrag mit ISAP im Februar 1998 und im Januar 1999, die Bürgschaften bezüglich des Vertrags mit OSE hingegen im August 1999. ETVA wiederum hat entsprechende Nachbürgschaften vom griechischen Staat erhalten. Die Bürgschaften, die im Zusammenhang mit den Verträgen mit OSE und ISAP gewährt wurden, beziffern sich auf 29,4 Mio. EUR bzw. 9,4 Mio. EUR.

4.9.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(218)

In der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung äußerte die Kommission Vorbehalte, inwiefern eine Privatbank die zu prüfenden Nachbürgschaften zu den gleichen Konditionen übernommen hätte. Aufgrund der Schwierigkeiten, denen HSY ausgesetzt war, stellt sich die berechtigte Frage, ob überhaupt eine Bank diese Nachbürgschaften übernommen hätte.

4.9.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(219)

Elefsis Shipyards begrüßt die Vorbehalte der Kommission. Insbesondere habe der griechische Staat im vorliegenden Fall nicht wie ein privater, marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agiert, da er mehrfaches Risiko auf sich nahm — in dem Sinne, dass er nicht nur HSY-Mehrheitsaktionär war, sondern auch noch einziger Gläubiger und Bürge, und fast die gesamten Betriebsrisiken trug.

4.9.4.   Stellungnahme Griechenlands

(220)

Die griechischen Behörden und HSY machen geltend, dass — obwohl die staatlichen Nachbürgschaften formal im Dezember 1999 gewährt wurden — das diesbezügliche Versprechen gegenüber der ETVA bereits gegeben worden war, als diese die Bürgschaften für die Vorauszahlungen übernahm, die sich auf den Vertrag mit ISAP im Februar 1998 und im Januar 1999 bezogen, wie auch die Bürgschaften bezüglich des Vertrags mit OSE im August 1999. Die griechischen Behörden behaupten, dass diese Nachbürgschaften keine Maßnahme selektiver Natur waren. Insbesondere seien sie gemäß Gesetz 2322/1995 gewährt worden (120), auf dessen Grundlage Staatsbürgschaften an eine Vielzahl von Unternehmen gewährt worden seien. Darüber hinaus machen die griechischen Behörden geltend, dass die jährliche 0,05 %-Prämie eine angemessene Vergütung dieses Risikos war. Was das Verhalten von ETVA angeht, so war dies für eine Privatbank akzeptabel, da sie Nachbürgschaften vom griechischen Staat sicherte und eine Gebühr von 0,4 % erhob (121). HSY hat den Bericht eines Beraterunternehmens vorgelegt (es handelt sich um den ersten Deloitte-Bericht), der das vorangegangene Argument bestätigt. In diesem Bericht wird auch geltend gemacht, dass HSY auch ohne staatliche Nachbürgschaft eine Bürgschaft von einer Privatbank, gleichwertig der von ETVA, durch Angebot dinglicher Sicherheiten („lien“) auf Vermögenswerte hätte sichern können. Schließlich macht Griechenland geltend, dass Begünstigte der staatlichen Nachbürgschaften OSE und ISAP sind und nicht HSY.

4.9.5.   Würdigung

4.9.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(221)

Die zu prüfende Maßnahme fällt nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags, da dieser die unmittelbare Stützung des Zivilbereichs betrifft.

4.9.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(222)

Es ist eine grundsätzliche Klärung nötig, welche der beiden Maßnahmen eine staatliche Beihilfe darstellen könnte: die Bürgschaften für Vorauszahlungen, die die ETVA gewährte, oder die Nachbürgschaften, die der griechische Staat ETVA gewährte. Da die griechischen Behörden geltend machen, dass ETVA die staatlichen Nachbürgschaften bereits ausdrücklich versprochen worden waren, als sie die Bürgschaften für die Vorauszahlungen übernahm, muss daraus geschlossen werden, dass ETVA bei Übernahme der Bürgschaften durch die staatlichen Nachbürgschaften vollständig gedeckt war. Folglich wäre unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ETVA (dank der staatlichen Nachbürgschaften) kein Risiko einging und parallel dazu eine Gebühr von 0,4 % pro Quartal einforderte, die zu prüfende Maßnahme unter ähnlichen Bedingungen für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber akzeptabel. Im Gegensatz dazu hat der griechische Staat Bürgschaften gewährt, die von keinerlei Sicherheit gedeckt waren und für die er eine Garantiegebühr von nur 0,05 % einforderte. Diese zweite Maßnahme wäre für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber mit Gewissheit nicht akzeptabel. Demnach ist die vorgenannte zweite Maßnahme diejenige, die eine staatliche Beihilfe darstellt. Die Kommission weist jedoch darauf hin, da ETVA zu 100 % staatlich war und alle Maßnahmen, die besagte Bank angewendet hat, dem Staat zurechenbar sind, sei die Trennung der beiden Maßnahmen (das heißt Bürgschaften und Nachbürgschaften) gewissermaßen künstlich.

(223)

Da die griechischen Behörden behaupten, dass OSE und ISAP die Begünstigten der Maßnahme waren, muss geklärt werden, wer im vorliegenden Fall der Begünstigte ist. Die Kommission weist darauf hin, dass im Rahmen von Verträgen zur Lieferung von Fahrzeugen der Verkäufer gewöhnlich aufgefordert wird, dem Käufer Bankbürgschaften für dessen Vorauszahlungen zu stellen. Insbesondere will der Käufer die Sicherheit haben, dass er diese Beträge zurückfordern kann für den Fall, dass der Verkäufer das Material, zum Beispiel wegen Insolvenz, nicht liefert. Daher ist der Verkäufer derjenige, der die nötigen Bürgschaften von Banken sichern muss, um diese Kosten zu schultern. Das bedeutet, dass es sich dabei um gewöhnliche Kosten handelt, die den Fahrzeuglieferanten belasten. Im vorliegenden Fall erlaubte die staatliche Nachbürgschaft HSY, Bürgschaften von der ETVA gegen ein Entgelt zu sichern, das 0,4 % pro Quartal nicht überstieg. Wie weiter unten nachgewiesen wird, hätte eine Privatbank ohne staatliche Nachbürgschaft mindestens 480 Basispunkte p.a. für vor dem 30. Juni 1999 gewährte Bürgschaften erhoben. Nach diesem Datum hätte keine Privatbank solche Bürgschaften gewährt. Daher ist deutlich, dass im Zeitraum vor dem 30. Juni 1999 die staatlichen Nachbürgschaften HSY erlaubten, Bürgschaften zu niedrigerem Entgelt zu sichern. Im Zeitraum nach dem 30. Juni 1999 haben die staatlichen Nachbürgschaften HSY erlaubt, Garantieleistungen zu sichern, die sie auf dem Markt nicht erhalten hätte. Die Schlussfolgerung ist, dass HSY der Beihilfenbegünstigte ist.

(224)

Zur Behauptung Griechenlands, dass die Maßnahme nicht selektiver Natur war, weist die Kommission darauf hin, dass, damit eine Maßnahme allgemeiner Natur ist, alle in einem Mitgliedstaat tätigen Wirtschaftsträger konkret und unter gleichen Bedingungen Zugang zu ihr haben müssen, ohne dass sich der Anwendungsbereich aus den Gegebenheiten einschränkt, zum Beispiel durch Ausübung einer Ermessensbefugnis seitens des Staates zur Gewährung oder anderer Faktoren, die sein praktisches Ergebnis einschränken. Nach Auffassung der Kommission ist das Gesetz 2322/1995 weit davon entfernt, der vorangegangenen Definition zu entsprechen. Erstens legt Artikel 1 des Gesetzes fest, dass die Übernahme von Bürgschaften nach einvernehmlicher Stellungnahme eines dreiköpfigen interministeriellen Ausschusses vom Minister für Finanzen ausgeht. Deshalb unterliegt die Übernahme der Bürgschaft dem Ermessen der Behörden. Zweitens kann diesem Gesetz gemäß eine staatliche Bürgschaft einem Privatunternehmen nur gewährt werden, wenn es seinen Sitz in einer abgelegenen Region hat und sein Ziel die Förderung der Regionalentwicklung ist und nicht die des betreffenden Unternehmens (Artikel 1bb), oder wenn es von einer Naturkatastrophe heimgesucht wurde (Artikel 1cc). Andererseits können Unternehmen, die dem griechischen Staat zu 100 % oder zur absoluten Mehrheit gehören, staatliche Bürgschaften aus allgemeinen Gründen bekommen, wie zum Beispiel zur Deckung von Verpflichtungen (Artikel 1b). Daher ist deutlich, dass die staatseigenen Unternehmen einen viel umfangreicheren Zugang zu staatlichen Bürgschaften haben als Privatunternehmen. Diese Schlussfolgerung wird durch die Analyse der Darlehensgründe bestätigt, für die eine Bürgschaft gewährt wurde, dargelegt im ersten Deloitte-Bericht (122). Drittens werden die Bürgschaften nicht unter gleichen Bedingungen vergeben. Insbesondere Artikel 1 Absatz 4 des Gesetzes legt fest, dass bei Gewährung der Bürgschaft der griechische Staat genügend Sicherheiten verlangen kann (Leistung dinglicher Sicherheiten auf das Anlagevermögen des Unternehmens). Die Entscheidung darüber, ob eine Sicherheit verlangt wird oder nicht, unterliegt dem Ermessen des Ministeriums für Finanzen. Im vorliegenden Fall hat der griechische Staat keine Sicherheit zur Leistung der Maßnahme E12b verlangt. Was den Zugang unter nicht gleichen Bedingungen zur Maßnahme angeht, weist die Kommission darauf hin, dass die Prämie nicht für alle Darlehen gleich ist. Zum Beispiel war die Gebühr im zu prüfenden Fall gerade 0,05 %. Im Fall der Maßnahme E14, die ebenfalls gemäß Gesetz 2322/1995 gewährt wurde, betrug die Garantiegebühr 1 %. Bei den Darlehen mit Bürgschaft, die im ersten Deloitte-Bericht aufgezählt sind, betrug die Prämie für einige ebenfalls 0,1 % und 0,5 %. Schließlich verwirft die Kommission die Behauptung Griechenlands, das Gesetz 2322/1995 sei eine allgemeine Maßnahme.

(225)

Hinsichtlich der Behauptung, vorgebracht im ersten Deloitte-Bericht, HSY hätte die strittigen Bürgschaften für Vorauszahlungen von Privatbanken durch das Angebot bestimmter dinglicher Sicherheiten ihrer Vermögenswerte anstelle der Übernahme einer staatlichen Nachbürgschaft sichern können, ist die Kommission der Auffassung, dass diese bestimmte Behauptung der Erwägung der Maßnahme nicht dienlich ist. Konkret ist die Kommission verpflichtet zu prüfen, ob die Bedingungen der Maßnahmen, die tatsächlich vom griechischen Staat gewährt wurden, eine Beihilfe für die Werft darstellt. Die Kommission ist nicht verpflichtet zu überprüfen, ob die Werft durch die Gewährung einer größeren Sicherheit dieselbe Bürgschaft auf dem Markt hätte erreichen können. Wie im Kapitel 2.1.1 der Mitteilung über Bürgschaften dargelegt, ist einer der potentiellen Vorteile, die von einer staatlichen Bürgschaft ausgehen, die Möglichkeit des Kreditnehmers, „weniger Sicherheiten zu leisten“. Im vorliegenden Fall wurde keine der staatlichen Nachbürgschaften durch die Bestellung dinglicher Sicherheiten auf bestimmte Anlagewerte der Werft gesichert. Demnach ist die Nachbürgschaft zur Leistung von Sicherheiten auf Vermögenswerte ein anderer Vorgang, der keiner Würdigung bedarf. Hilfsweise weist die Kommission auf Folgendes hin: Auch wenn das Argument, vorgebracht im ersten Deloitte-Bericht, einer Untersuchung bedürfe, wäre HSY nicht in der Lage, eine Privatbank durch Gewährung von Sicherheiten zu überzeugen, ihr ähnliche Bürgschaften für Vorauszahlungen einzuräumen. Tatsächlich waren die Anlagewerte des Unternehmens bereits durch Sicherheiten belastet und hatten einen niedrigen Liquidierungswert (siehe zweiten und dritten Fall, auf die in Anmerkung 44 eingegangen wird). Deshalb wäre auch das Angebot von Sicherheiten in Form von dinglichen Sicherheiten auf HSY-Vermögenswerte nicht ausreichend, einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber zu überzeugen, HSY ein Darlehen zu gewähren.

(226)

Die Kommission hat an vorangegangener Stelle dieser Entscheidung den Zinssatz bestimmt, den eine Privatbank erhoben hätte, um HSY einen Kredit zu gewähren. Da HSY ein erhöhtes Risiko aufwies, wird für den Zeitraum bis zum 30. Juni 1999 geschätzt, dass ein zusätzlicher Risikoprämienaufschlag in Höhe von mindestens 400 Basispunkten erforderlich wäre, zusätzlich zum für die Beleihung eines gesunden Unternehmens erhobenen Zinssatz. Zur Anwendung desselben Prinzips bei Bürgschaften für Vorauszahlungen ist die Prämie zu bestimmen, die ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber zur Leistung der Bürgschaft für Vorauszahlungen an ein gesundes Unternehmen erheben würde. In keinem Teil des vorliegenden Verfahrens wird ein plausibler Marktpreis für Bürgschaften dieser Art erwähnt. In manchen staatlichen Garantieregelungen für den Schiffbau, die von der Kommission untersucht und als frei von Beihilfeelementen genehmigt wurden (123), ist die Garantiegebühr p.a. für den Kreditnehmer mit dem niedrigsten Kreditrisiko auf 0,8 % gesetzt, also auf 80 Basispunkte. Da keine anderen zuverlässigen Indikatoren zur Verfügung stehen, wird die Kommission diesen Prozentsatz zur Bewertung der minimalen Bürgschaftsgebühr p.a. anwenden, die gesunde Schiffbauunternehmen in Griechenland im maßgeblichen Zeitraum entrichtet haben. Trotz der Tatsache, dass die Verträge mit OSE und ISAP nicht den Schiffbau, sondern die Herstellung von Fahrzeugen betreffen, wird die Kommission die 0,8 % als Vergleichswert nutzen, da die Herstellung von Fahrzeugen ein sehr beschränkter Arbeitsbereich für HSY blieb, während das Kerngeschäft und somit das Hauptrisiko, das obiges Unternehmen repräsentierte, Schiffbau und -umbau waren. Daher werden im Hinblick auf Bürgschaften für Vorauszahlungen, die HSY vor dem 30. Juni 1999 gewährt wurden, Bestehen und Summe der Beihilfe gewürdigt im Vergleich zwischen der jährlichen Prämie, die HSY tatsächlich entrichtete (inklusive Nachbürgschaftsprämie, die an den griechischen Staat entrichtet wurde), und der mit 480 Basispunkten gleichgestellten Prämie (also 80 Basispunkte zuzüglich 400 Basispunkte). Was den Zeitraum nach dem 30. Juni 1999 angeht, so kam die Kommission an vorangegangener Stelle dieser Entscheidung zum Schluss, dass die Werft keinen Zugang mehr zu den Finanzmärkten hatte und dass das zurückzufordernde Beihilfeelement im Rahmen von Darlehen der Differenz zwischen dem Zinssatz, den HSY tatsächlich entrichtete, und dem Referenzsatz zuzüglich 600 Basispunkte entspricht. Im Fall der Bürgschaften für Vorauszahlungen wird die zurückzufordernde Beihilfe daher so bemessen, dass die konkrete Prämie, die HSY entrichtet hat (inklusive Nachbürgschaftsprämie, die an den griechischen Staat entrichtet wurde), verglichen wird mit einer Prämie von 680 Basispunkten (also 80 Basispunkte zuzüglich 600 Basispunkte).

(227)

Die Kommission weist darauf hin, dass die griechischen Behörden behaupten, als ETVA die Bürgschaften für Vorauszahlungen gewährte, seien ihr die Nachbürgschaften bereits versprochen gewesen. Demnach sind die Nachbürgschaften für die Vorauszahlungen von ISAP vor Ende Juni 1999 gewährt worden. Die jährlichen Gesamtkosten dieser Bürgschaften (das heißt die Summe aus der Garantiegebühr, die an ETVA entrichtet wurde, und der Nachbürgschaftsprämie, die an den griechischen Staat entrichtet wurde) waren viel geringer als 480 Basispunkte. Folglich beinhalten obige Bürgschaften staatliche Beihilfen, die der Differenz zwischen dieser letzten Prämie und den Gesamtkosten dieser Bürgschaften für HSY entsprechen (Prämie, die an ETVA entrichtet wurde (124), zuzüglich Prämie, die an den griechischen Staat entrichtet wurde). Da sie ohne vorherige Bekanntmachung bei der Kommission gewährt wurde und somit gegen die Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags verstößt, ist sie eine widerrechtliche Beihilfe.

(228)

Die Nachbürgschaften für die Vorauszahlungen an OSE wurden nach Juni 1999 gewährt, zu einem Zeitpunkt, zu dem keine Bank eine neue Bürgschaft gewährt hätte. Daher sind alle diese Nachbürgschaften Beihilfen. Da sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurden und somit gegen die Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstoßen, sind sie eine widerrechtlich gezahlte Beihilfe. Im Fall der Feststellung, dass bestimmte Beihilfemaßnahmen eine nicht vereinbare Beihilfe darstellen und immer noch in Kraft sind, müssen sie unverzüglich eingestellt werden. Dies würde jedoch nicht ausreichen, um die Gegebenheiten in den vorherigen Zustand zu versetzen, da HSY über Jahre von einer Bürgschaft profitiert hat, die sie auf dem freien Markt nicht hätte sichern können. Für den Zeitraum bis zur Tilgung der Bürgschaft wäre es erforderlich, den Teil der Beihilfe zurückzufordern, welcher der Differenz zwischen 680 Basispunkten und den Prämien, die HSY tatsächlich entrichtete, entspricht.

4.9.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(229)

Die Kommission geht davon aus, dass die zu prüfende Beihilfe eine Betriebsbeihilfe darstellt, da sie die Kosten reduziert, die HSY unter normalen Umständen im Rahmen von Verträgen auf dem freien Markt hätte schultern müssen. Da die Betriebsbeihilfen im Produktionszweig Fahrzeuge nicht erlaubt waren, galten die Beihilfen als nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, so dass die Rückforderung geboten ist.

4.10.   Stundung/Umschuldung von Verpflichtungen und Abschreibung von Strafzinsen gegenüber OSE und ISAP (Maßnahme E12c)

4.10.1.   Beschreibung der Maßnahme

(230)

HSY war nicht in der Lage, ihre Verpflichtungen laut Vertragsbedingungen zur Lieferung von Fahrzeugen einzuhalten, die sie mit OSE und ISAP vereinbart hatte. Insbesondere war HSY nicht in der Lage, Fahrzeuge gemäß dem vereinbarten Zeitplan zu bauen. Aus diesem Grund waren im Zeitraum 2002-2003 einige der Verträge Gegenstand von erneuten Verhandlungen; es wurde ein neuer Zeitplan für die Lieferung vereinbart. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die Anwendung von Straf- und Verzugszinsen, die in den ursprünglichen Verträgen festgelegt waren, aufgehoben oder verschoben wurde.

4.10.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(231)

In der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung bringt die Kommission Bedenken vor, inwiefern das Verhalten von OSE und ISAP, also zweier staatseigener Unternehmen, im Rahmen der Verhandlungen, die im Zeitraum 2002-2003 stattfanden, unter entsprechenden Bedingungen für ein Privatunternehmen annehmbar gewesen wäre. Eventuell war die Durchführung und/oder erneute Verhandlung der Verträge ihrerseits günstig für HSY, was der Gewährung staatlicher Beihilfen an HSY gleichkäme.

4.10.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(232)

Elefsis Shipyards macht geltend, dass OSE und ISAP weder anstrebten, Straf- und Verzugszinsen, die sich aus den Verzögerungen ergaben, vollständig einzunehmen, noch hätten sie die Bürgschaften aktiviert, die im Namen von HSY zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen gewährt worden waren.

4.10.4.   Stellungnahme Griechenlands

(233)

Die griechischen Behörden behaupten, HSY habe Straf- und entsprechende Verzugszinsen gemäß den vertraglichen Verpflichtungen vollständig bezahlt sowie jede Neuverhandlung nach zulässiger Handelspraktik durchgeführt. OSE und ISAP hätten nie Straf- und Verzugszinsen getilgt.

(234)

Was die Verträge zwischen OSE und HSY angeht, wurden Ende 1997 folgende sechs programmatische Übereinkünfte unterschrieben (im Folgenden: „PS“): PS 33 SD 33, PS 33 SD 33α, PS 35 SD 35, PS 37 SD 37α, PS 39 SD 39 und PS 41 SD 41α. Die programmatischen Übereinkünfte wurden im August und September 1999 durch Entrichten der Vorauszahlungen seitens OSE aktiviert, die in den Verträgen von 1997 vereinbart worden waren. OSE verlangte die rechtzeitige Durchführung der Übereinkünfte ab 2000, nachdem die ersten Verzögerungen bei der Lieferung des bestellten Materials in diesem Jahr anfielen. Die Konsortien, bei denen HSY beteiligt war, schlugen die Änderung der sechs Verträge mit folgenden Bedingungen vor:

Vergütung der angefallenen Straf- und Verzugszinsen seitens der Konsortien in Geld oder Ware je nach Wunsch von OSE.

Wertanpassung aufgrund der vertraglichen Lieferzeitpläne der Dauerverträge und nicht der neuen Lieferzeitpläne, die die Konsortien vorschlugen, um letztere Zeitpläne akzeptabel zu machen.

Unentgeltliche Lieferung äquivalenter Fahrzeuge an OSE, damit einerseits die neuen vorgeschlagenen Lieferzeitpläne akzeptiert und andererseits weitere Straf- und Verzugszinsen vermieden würden. PS 39 (elektrische Triebfahrzeuge) wurde von der Lieferung äquivalenter Fahrzeuge ausgenommen, weil OSE das Stromnetz entlang der Achse Patras-Athen-Thessaloniki nicht fertiggestellt hatte, PS 35 wurde ausgenommen, weil das Konsortium die Fortsetzung der vom Vertrag vorgesehenen Abwicklung von Straf- und Verzugszinsen wünschte.

Im Falle der Nichtlieferung äquivalenter Fahrzeuge und im Falle einer überfälligen Lieferung (des vertraglich vorgesehenen Materials) würden Straf- und Verzugszinsen weiterlaufen, Wiederanlauf ab Anhaltspunkt vom 31. Dezember 2002.

(235)

Am 7. Januar 2003 hat der Aufsichtsrat von OSE die vorgeschlagenen Änderungen genehmigt. Drei PS (33α, 35 und 39) wurden in den ersten vier Monaten 2003 modifiziert, die entsprechenden modifizierten Verträge wurden entsprechend am 28. Februar 2003, 17. April 2003 und 28. Februar 2003 unterschrieben (125).

(236)

Vor dem Dilemma zwischen Kündigung und Änderung der PS und in Anbetracht der Bedürfnisse für die Olympischen Spiele 2004, kam OSE zum Ergebnis, dass ihr unternehmerisches Interesse durch Annahme des Vorschlags des Konsortiums zur Änderung der Übereinkünfte besser gewahrt wäre als durch deren Kündigung. Eventuelle Kündigungen hätten zur Folge gehabt, dass OSE keine weiteren neuen Fahrzeuge bekommen hätte, da mindestens 3 bis 4 Jahre vonnöten gewesen wären, um neue Lieferverfahren von Fahrzeugen erfolgreich durchzuführen. Die modifizierten Verträge waren legitimiert und vereinbar mit den ursprünglichen.

(237)

Nach Ansicht der griechischen Behörden machen diese Ausführungen sichtbar, dass die Konsortien und im weiteren Sinn HSY zu keiner Zeit gegenüber anderen OSE-Lieferanten bevorzugt behandelt wurden, sowie auch, dass Straf- und Verzugszinsen in jedem Fall und ohne Ausnahme (126) eingefordert und eingenommen wurden. Im Vertrag waren Verzugs- oder Strafzinsen nicht vorgesehen, aber OSE forderte die entsprechenden Zinsen ein und rechnete sie den Konsortien an.

(238)

Entsprechendes gilt auch für Summen, die ISAP betreffen; es handelt sich hier um tatsächliche Vergütungen von HSY und nicht um Vorauszahlungen. Darüber hinaus wird betont, dass es keine erneute Verhandlung gab, aber auch keine Änderung der programmatischen Übereinkunft 1/97 (127). Dieses Abkommen sah Planung, Bau, Lieferung und Inbetriebnahme von 40 Halbzügen mit je 3 Wagen vor. Die Züge wurden mit Verspätung übergeben, weshalb die in der programmatischen Übereinkunft vorgesehenen Straf- und Verzugszinsen erhoben und zurückbehalten wurden (128).

4.10.5.   Würdigung

4.10.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(239)

Die zu prüfende Maßnahme fällt nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 296 des EG-Vertrags, weil sie einzig und allein den Zivilbereich betrifft.

4.10.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(240)

Die Kommission weist darauf hin, dass die griechischen Behörden ausführliche Daten für die zu prüfenden Verträge vorgelegt haben, wie in der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung gefordert. Aufgrund dieser Angaben sind die Vorbehalte der Kommission nunmehr aus dem Weg geräumt. Konkret hat HSY die Verzugszinsen und ähnliche Zinsen gemäß ihren vertraglichen Verpflichtungen entrichtet. Außerdem hat die Kommission bei den erneuten Verhandlungen der Verträge keine Daten festgestellt, die beweisen, dass diese erneute Verhandlung nicht gemäß zulässiger Handelspraktik durchgeführt wurde. Wie Elefsis Shipyards selbst zugibt, haben die Erfüllungsverzögerungen der Verträge HSY Dutzende von Mio. EUR gekostet, genau deswegen, weil OSE und ISAP das Entrichten der entsprechenden Straf- und Verzugszinsen verlangten oder, alternativ, die Lieferung äquivalenter Fahrzeuge. Hinsichtlich der Behauptung von Elefsis Shipyards — wären OSE und ISAP Privatunternehmen, hätten sie alle von den Konsortien vorgeschlagenen Änderungen abgelehnt, hätten also die vollständige Entrichtung der relevanten Straf- und Verzugszinsen gefordert, hätten schnelle Zahlung in bar statt gestaffelte Zahlung über einen längeren Zeitraum gefordert — kann behauptet werden, dass so etwas außerordentlich unwahrscheinlich erscheint. Hätten OSE und ISAP tatsächlich eine dermaßen unbeugsame Haltung vor dem Verkaufsabschluss von HSY eingenommen, hätte dieses Element den neuen Besitzer sehr wahrscheinlich vom Kauf der Werft abgehalten. Ohne den besagten Kauf der Werft also, wie in Erwägung der Maßnahme E18c erklärt, wäre sie wahrscheinlich für zahlungsunfähig erklärt worden. Auch nach dem Kauf der Werft von HDW/Ferrostaal hat sich die finanzielle Situation nicht gebessert. Hätten OSE und ISAP folglich eine absolut unbeugsame Haltung eingenommen, wäre HSY in Gefahr gewesen, zahlungsunfähig zu sein. Das hätte zum Ausführungsstopp der bestehenden Verträge geführt. Danach wären OSE und ISAP gezwungen gewesen, einen neuen Wettbewerb auszuschreiben, die Verträge hätten an einen neuen Lieferanten vergeben werden müssen und die Lieferung hätte sich um einige Jahre verzögert. Unter diesen Umständen ist die Kommission der Auffassung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber wahrscheinlich eine partielle Wiederverhandlung akzeptiert hätte, welche die Erfüllung des bestehenden Auftrags innerhalb eines vertretbaren Zeitraums sichert, so dass der Käufer mit geringer Verzögerung schließlich die bestellten Fahrzeuge erhält. Zu diesem Thema weist die Kommission darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit des Abschlusses der bestehenden Verträge innerhalb eines angemessenen Zeitraums anstieg, als HSY privatisiert wurde: denn der neue Privatbesitzer hatte Erfahrung im Management komplexer Vorhaben, und es handelte sich um ein Privatunternehmen, das gewinnorientiert und somit gewillt war, die Verzögerungen und auch die daraus entstehenden nachteiligen finanziellen Folgen einzudämmen.

(241)

Schließlich gibt es nach Auffassung der Kommission keine überzeugenden Daten, die beweisen, dass das Verhalten von OSE und ISAP unter ähnlichen Bedingungen für ein Privatunternehmen nicht akzeptabel gewesen wäre. Aus diesem Grund ist die Kommission der Auffassung, dass die Ausführungsweise der Verträge mit OSE und ISAP und die geringfügige Änderung der Verträge, die OSE in der Zeit 2002-2003 akzeptierte, keine staatliche Beihilfe beinhalteten.

4.11.   Darlehen der ETVA zur Finanzierung des Vertrags Strintzis Lines (Maßnahme E13a)

4.11.1.   Beschreibung der Maßnahme

(242)

Am 29. Oktober 1999 hat ETVA ein Darlehen in Höhe von 16,9 Mrd. GRD (49,7 Mio. EUR) zur Finanzierung des Baus zweier Fracht-/Passagierfähren an HSY gewährt, die vom Unternehmen Strintzis Lines bestellt waren. Der Zinssatz entsprach LIBOR (129) zuzüglich 100 Basispunkte. Im Juni 2001 wurde das bevorzugte Schiffspfandrecht auf die beiden sich im Bau befindenden Schiffe eingetragen. Das Darlehen wurde bei der kreditgebenden Bank am 8. Oktober 2004 vollständig getilgt.

4.11.2.   Gründe zur Verfahrenseinleitung

(243)

In der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung werden Bedenken geäußert, ob das Einräumen einer Hypothek auf die Schiffe und entsprechender Versicherungsleistungen ausreichende Sicherheiten darstellten. Zusätzlich wird gefolgert, dass das Darlehen gleich an HSY ausgezahlt wurde, obwohl die Zahlungen gestaffelt und an die Baukosten gekoppelt sein sollten. Außerdem wird der Zinssatz unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten der Werft als unzureichend beurteilt. Schließlich wird aus der Kombination dieses Darlehens mit der folgenden Maßnahme (Maßnahme E13b) gefolgert, dass ETVA einen bedeutenden Teil der Finanzierung der zwei von Strintzis Lines bestellten Schiffe geschultert hat.

4.11.3.   Stellungnahme der Beteiligten

(244)

Elefsis Shipyards macht geltend, dass keine Privatbank dieses Darlehen gewährt hätte. ETVA hatte zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens keine Sicherheiten, da das Schiffspfandrecht auf die beiden Schiffe viel später aufgenommen wurde. Elefsis Shipyards stimmt außerdem damit überein, dass der Marktwert eines in der Konstruktion befindlichen Schiffsrumpfes gering ist.

4.11.4.   Stellungnahme Griechenlands

(245)

Die griechischen Behörden und HSY unterstreichen, dass die Bedingungen des zu prüfenden Darlehens zum konkreten Zeitpunkt üblich waren. Der Deloitte-Bericht bestätigt, dass die bestimmte Bank (ETVA), wie auch generell griechische Banken, gegen entsprechenden Zins Kredite an Unternehmen vergaben. HSY macht detaillierte Angaben zu den Sicherheiten, die ETVA zum Zeitpunkt der Darlehensvereinbarung gegeben wurden (Abtretung des Kaufpreises der beiden Schiffe, der Versicherungsleistungen und jedes Anspruchs gegenüber Dritten, der sich aus der Befrachtung oder generell der Nutzung der Schiffe ergeben würde), aber auch zu den später erfolgten (Schiffspfandrecht auf die Schiffe), und kommt zum Schluss, dass diese Sicherungen ausreichend waren. Griechenland erläutert auch den Zeitplan, aufgrund dessen das Darlehen von ETVA an HSY entrichtet wurde und dem zu entnehmen ist, dass das Darlehen dem Verlauf der Baukosten gemäß in Anspruch genommen wurde.

4.11.5.   Würdigung

4.11.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(246)

Die zu prüfende Maßnahme fällt nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 296 des EG-Vertrags, da dieser den Zivilbereich betrifft.

4.11.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(247)

Die Kommission ist zu folgenden Schlussfolgerungen gelangt: Das zu prüfende Darlehen wurde nach dem Juni 1999 abgeschlossen, das heißt zu einem Zeitpunkt, zu dem keine Bank HSY mehr Kredit bewilligt hätte. Die griechischen Behörden machen geltend, dass die Sicherheiten, die das Darlehen begleiteten, das relative Risiko in solch einem Maß einschränkten, dass ein privater Kapitalgeber dieses Darlehen gewährt hätte. Diese Behauptung kann nicht akzeptiert werden. Die Abtretung des Kaufpreises der Schiffe stellt eine plausible Sicherheit nur dar, wenn die Werft tatsächlich mit Erfolg den Bau der Schiffe zum Abschluss bringt, was ungewiss ist. Ginge die Werft während des Schiffbaus in Konkurs, verlöre diese Sicherheit ihren Wert, da es nicht möglich wäre, von Strintzis Lines den Kaufpreis einzufordern (130), ohne dass die bestellten Schiffe ausgeliefert werden. Das bedeutet, dass die Sicherheit für den erforderlichen Fall wertlos wäre. Die Hypothekenleistung für jedes der beiden im Bau befindlichen Schiffe wurde der ETVA erst im Juni 2001 eingeräumt, das heißt geraume Zeit nach Zahlung des Darlehens an HSY. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass der Wert eines in der Konstruktion befindlichen Schiffes relativ gering ist und dass sich der Verkauf solcher Schiffe schwierig gestaltet. Das wird im vorliegenden Fall nachgewiesen. Tatsächlich konnte HSY den Bau der beiden Schiffe nicht zum Abschluss bringen, was zur Kündigung des Vertrags mit Strintzis Lines im Juli 2002 führte. HSY hat über zwei Jahre gebraucht, um die im Bau befindlichen Schiffe zu verkaufen; der Preis, den sie dafür bekam, betrug gerade 14 Mio. EUR — nur ein Drittel des Betrags, den sie von ETVA als Kredit zur Baufinanzierung bekommen hatte.

(248)

Die griechischen Behörden, HSY und Deloitte argumentieren, dass der Zinssatz des Darlehens, das HSY gewährt wurde, dem einer Vielzahl anderer Darlehen glich, die im gleichen Zeitraum von ETVA und anderen griechischen Banken vergeben wurden; das beweist jedoch nicht, dass das Darlehen, das HSY gewährt wurde, keine Beihilfe darstellt. Konkret haben die griechischen Behörden, HSY und Deloitte weder eine entsprechende Analyse durchgeführt, noch bewiesen, dass die finanzielle Situation der anderen Darlehensempfänger, die im vorliegenden Fall zum Vergleich herangezogen wurden, ähnlich wie der von HSY war, das heißt, dass deren Situation genauso schlecht war wie die von HSY. Demnach haben sie nicht bewiesen, dass die Privatbanken gewillt waren, Darlehen an Unternehmen in Schwierigkeiten zu gewähren, und zwar gegen einen Zins, der dem zu prüfenden Darlehen entsprach. Den Darlehenszins zu vergleichen, der unterschiedlichen Unternehmen gewährt wurde, ist wenig zielführend und sinnvoll, wenn nicht ermittelt wird, ob das Risiko, das die kreditgebende Bank im vorliegenden Fall einging, vergleichbar war. Daher folgert die Kommission, dass kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber das strittige Darlehen HSY unter ähnlichen Bedingungen gewährt hätte, so dass das Darlehen folglich eine Beihilfe darstellt. Da sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde und somit gegen die Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstößt, ist sie eine widerrechtlich gezahlte Beihilfe.

4.11.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(249)

Die Kommission geht davon aus, dass die zu prüfende Beihilfe eine Betriebsbeihilfe darstellt, da sie die Kosten reduziert, die HSY unter normalen Umständen im Rahmen von Verträgen hätte schultern müssen. Wie zuvor gefolgert, hat das zu prüfende Darlehen HSY praktisch in die Lage versetzt, diesen bestimmten Handelsvertrag zu übernehmen, den sie nicht hätte finanzieren können, wenn sie auf Kapital vom freien Markt angewiesen gewesen wäre. Die Kommission weist darauf hin, dass nach Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1540/98 Betriebsbeihilfen zur Erfüllung von Schiffbauverträgen erlaubt waren, die bis zum 31. Dezember 2000 unterzeichnet waren. Jedoch war HSY nicht berechtigt, Beihilfen für den Vertrag mit Strintzis Lines zu erhalten, da sie die Schiffe nie fertiggestellt hat, so dass diese nie geliefert wurden und der bestimmte Auftrag gekündigt wurde (131). Darüber hinaus wurden die im Bau befindlichen Schiffe erst 2004 verkauft, das heißt mehrere Jahre nach dem 31. Dezember 2000.

(250)

Aufgrund der Widerrechtlichkeit und Nichtvereinbarkeit der Beihilfe ist eine Rückforderung geboten. Angesichts dessen, dass das Darlehen getilgt war, ist ein Teil des Vorteils aufgehoben, den HSY erlangt hatte. Aufgrund dieses Darlehens von ETVA stand HSY über Jahre hinaus die Darlehenssumme zur Verfügung, ein Betrag, über den sie im konkreten Zeitraum sonst nicht verfügt hätte. Dieser Vorteil muss ebenfalls zurückgefordert werden. Nach Auffassung der Kommission ist demnach die Rückforderung der Beihilfe in einer Höhe geboten, die der Differenz zwischen dem Zinssatz entspricht, der an ETVA entrichtet wurde, und dem Referenzsatz für Griechenland (132) zuzüglich 600 Basispunkte für den Zeitraum von der Auszahlung des Darlehens an HSY bis zum Datum der Hypothekenleistung, auf die im Bau befindlichen Schiffe als Sicherheit für das Darlehen. Für den späteren Zeitraum und bis zur Tilgung des Darlehens entspricht die zurückzufordernde Beihilfe der Differenz zwischen dem Zinssatz, der an ETVA entrichtet wurde, und dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 400 Basispunkte Die Reduzierung dieses Risikoaufschlags um ein Drittel berücksichtigt die Tatsache, dass das Pfandrecht an den beiden im Bau befindlichen Schiffen den Verlust des Kreditgebers im Verzugsfall von HSY teilweise hätte eindämmen können, was bedeutet, dass auch das Darlehensrisiko für ETVA verringert wäre. Konkret hat, wie soeben erwähnt, HSY erreicht, die im Bau befindlichen Schiffe zu einem Preis von etwa einem Drittel der von ETVA geliehenen Summe zu verkaufen.

4.12.   Bürgschaft der ETVA für den Vertrag mit Strintzis Lines (Maßnahme E13b)

4.12.1.   Beschreibung der Maßnahme

(251)

1999 hat HSY zwei Bürgschaften der ETVA genutzt, gewährt für die Vorauszahlungssicherheiten von Strintzis Lines, in Höhe von 6,6 Mio. EUR. Diese Bürgschaften wurden im Juli 2002 bei Kündigung des Schiffbauvertrags mit Strintzis Lines getilgt.

4.12.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(252)

In der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird die Auffassung vertreten, dass die beiden Bürgschaften, deren Bedingungen zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht bekannt waren, eventuell eine Beihilfe darstellen.

4.12.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(253)

Elefsis Shipyards unterstreicht die Tatsache, dass der griechische Staat/ETVA gleichzeitig die Rolle des Bürgen, des Kreditgebers, des Aktionärs und des größten Kunden von HSY innehat. Auf diese Weise hat der griechische Staat ein ernsthaftes finanzielles Risiko auf sich genommen. Dadurch, dass der griechische Staat diese Mehrfachbelastung auf sich genommen hat, leistete er im Wesentlichen eine Finanzierung ohne jegliche Sicherheit, da dem griechischen Staat im Fall von Verzug und/oder Insolvenz des Unternehmens keinerlei Mittel zur Inanspruchnahme seiner Interessen zur Verfügung gestanden hätten; es wäre ein wirtschaftlicher Totalschaden, da die Anlagewerte der Werft zur Befriedigung aller Verpflichtungen nicht ausreichend wären.

4.12.4.   Stellungnahme Griechenlands

(254)

Die griechischen Behörden weisen darauf hin, dass die erste Bürgschaft am 4. März 1999 gewährt wurde, und die zweite am 17. Juni 1999. Gemäß dem ersten, von HSY eingereichten Deloitte-Bericht betrugen diese Bürgschaften 3,26 Mio. EUR bzw. 3,38 Mio. EUR. Griechenland weist darauf hin, dass ETVA im Rahmen dieser Darlehen nach Annullierung des Vertrags mit Strintzis Lines 2002 keinen Betrag entrichtet hat. Das beweise, dass HSY kein Kreditnehmer mit hohem Verzugsrisiko war. Darüber hinaus geben die griechischen Behörden und HSY an, dass ETVA als Sicherheit für die erwähnten Bürgschaften über 6,6 Mio. EUR die Abtretung der Einnahmen von HSY aus dem mit OSE abgeschlossenen Abkommen Nr. 39 zu einem für HSY vertraglich vereinbarten Preis von 8,5 Mio. EUR erhalten hat. Das erwähnte Beratungsunternehmen bestätigt, dass HSY die beiden Bürgschaften von einer Privatbank hätte bekommen können.

4.12.5.   Würdigung

4.12.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(255)

Die zu prüfende Maßnahme fällt nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 296 des EG-Vertrags, da dieser den Zivilbereich betrifft.

4.12.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(256)

Die Kommission weist darauf hin, dass beide Bürgschaften vor dem 30.Juni 1999 gewährt wurden. Wie bereits erläutert, ist die Kommission der Auffassung, dass HSY zu jener Zeit weiterhin Zugang zu den Finanzmärkten hatte, jedoch zu einem ihrer sehr prekären Finanzlage entsprechenden Preis.

(257)

Die griechischen Behörden und HSY behaupten, dass die Abtretung der Einnahmen aus dem mit OSE abgeschlossenen Abkommen Nr. 39 eine ausreichende Sicherheit war, um als Bürgschaft für einen privaten Kapitalgeber akzeptabel zu sein. Die Kommission weist darauf hin, dass im Fall einer Insolvenz von ΗSY diese Sicherheit einer Bank nicht erlaubt hätte, Gelder zurückzufordern. Wäre HSY tatsächlich für zahlungsunfähig erklärt worden, wäre der Bau der Fahrzeuge eingestellt und keine Lieferung an OSE realisiert worden und von OSE hätte keine Zahlung im Einklang mit dem erwähnten Abkommen verlangt werden können (133). Folglich ist die Kommission nicht in der Lage nachzuvollziehen, wie diese konkrete Sicherheit das Risiko eines Darlehens an HSY hätte stark reduzieren können.

(258)

HSY konnte weder gegenüber der Kommission, noch gegenüber ihrem eigenen Beratungsunternehmen verständlich machen (siehe ersten Deloitte-Bericht, S. 4-9), inwiefern sie vertraglich verpflichtet war, eine Garantiegebühr an ETVA zu entrichten, und wie hoch diese Prämie war. Wie in der Würdigung von Maßnahme E12b erläutert, hätte HSY normalerweise für eine solche Bürgschaft eine jährliche Prämie von mindestens 480 Basispunkten entrichten müssen. Nimmt man die Höhe der restlichen Garantiegebühren, die HSY an ETVA entrichtet hat, als Maßstab, ist es sehr unwahrscheinlich, dass HSY tatsächlich eine Garantiegebühr in der Größenordnung von 480 Basispunkten entrichtet hat. Nach Auffassung der Kommission ist die von ETVA gewährte Bürgschaft eine staatliche Beihilfe, die der Differenz zwischen der jährlichen Garantiegebühr, die an ETVA gezahlt wurde, und der Garantiegebühr in Höhe von 480 Basispunkten entspricht. Da sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde und somit gegen die Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstößt, ist sie eine widerrechtlich gezahlte Beihilfe.

4.12.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(259)

Wie bei der Würdigung der Maßnahme E13a erwähnt, glaubt die Kommission, dass die Beihilfen dieses Typs mit der Verordnung (EG) Nr. 1540/98 nicht vereinbare Betriebsbeihilfen darstellen. Demnach handelt es sich um eine widerrechtliche und nicht vereinbare Beihilfe, deren Rückforderung geboten ist.

4.13.   Staatliche Bürgschaft für ein Darlehen in Höhe von 10 Mrd. GRD (29,3 Mio. EUR) (Maßnahme E14)

4.13.1.   Beschreibung der Maßnahme

(260)

Nach dem Erdbeben im September 1999, konkret am 13. Januar 2000, hat ETVA der HSY ein Darlehen in Höhe von 10 Mrd. GRD (29,3 Mio. EUR) gewährt, das durch eine staatliche Bürgschaft aufgrund der Entscheidung des Ministers für Wirtschaft und Finanzen vom 8. Dezember 1999 gesichert wurde. Im vorliegenden Fall erhob ETVA EURIBOR als Zinssatz zuzüglich 125 Basispunkte (134), während der griechische Staat eine Garantiegebühr von 100 Basispunkten erhob.

4.13.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(261)

Bei gegebener Finanzlage von HSY im maßgeblichen Zeitraum ist zweifelhaft, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Bürgschaftsbedingungen akzeptiert hätte. Was die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) angeht, so hat Griechenland nicht vorweisen können, dass der Umfang der Maßnahme dem Verlust entsprach, den HSY erlitten hatte.

4.13.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(262)

Elefsis Shipyards ist der Ansicht, dass keine Bank zum konkreten Zeitpunkt HSY aufgrund ihrer Finanzlage einen Kredit gewährt hätte. Eine Bürgschaft kann nur als vereinbar eingestuft werden, wenn sie sich auf absolut notwendige Beträge beschränkt, die zur Beseitigung durch ganz bestimmte Naturkatastrophen entstandener Schäden dienen.

4.13.4.   Stellungnahme Griechenlands

(263)

Die griechischen Behörden und HSY bezweifeln, dass die zu prüfende Maßnahme selektiver Natur war, da die Bürgschaft gemäß den Bestimmungen des Gesetzes 2322/1995 gewährt wurde; darin werden die Bedingungen und Voraussetzungen zur Gewährung einer Bürgschaft seitens des griechischen Staates an Unternehmen festgelegt, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Zusätzlich behaupten sie, dass die 1 %-Garantiegebühr für einen privaten Kapitalgeber akzeptabel wäre. Außerdem hätte HSY ohne staatliche Bürgschaft einen Kredit auf dem freien Markt durch Nutzung anderer Garantien sichern können, wie etwa durch Abtretung von Forderungen aus hochwertigen Verträgen und die Leistung dinglicher Sicherheiten auf Anlagewerte. Auch unter der Annahme, dass die Maßnahme tatsächlich eine Beihilfe darstellt, ist sie teilweise vereinbar mit Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b), da der HSY dieses Kapital zur Beseitigung von Erdbebenschäden gewährt wurde. Auch fällt diese Maßnahme teilweise unter Artikel 296 des EG-Vertrags, da sie unmittelbar mit dem Verteidigungsbereich der HSY zu tun hat.

4.13.5.   Würdigung

4.13.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(264)

Was die Anwendbarkeit von Artikel 296 angeht, so beweist die Fassung der Entscheidung, aufgrund derer ETVA die Leistung des von der Bürgschaft abgedeckten Darlehens beschlossen hat, dass ETVA unter anderem an der Kontinuität der Tätigkeit von HSY im Verteidigungsbereich interessiert war. Trotzdem gibt es keine vertragliche Bestimmung, die HSY dazu verpflichtet, den garantierten Kredit zu nutzen, um die Tätigkeiten im Verteidigungsbereich zu finanzieren. Demnach strebte ETVA an, HSY am Leben zu erhalten, um die Kontinuität der Tätigkeit im Verteidigungsbereich zu sichern, jedoch ohne die Bedingung zur Nutzung des garantierten Darlehens zwecks Finanzierung einer bestimmten Tätigkeit zu stellen. HSY konnte frei über die Nutzung der Gelder verfügen. Wie bereits zu den Maßnahmen erläutert, die der Werft insgesamt gewährt wurden, ist die Kommission der Auffassung, dass 25 % des garantierten Darlehens für den Zivilbereich und 75 % für den Verteidigungsbereich verwendet wurden. Also müssen nur 25 % der staatlichen Bürgschaft (das heißt ursprünglich ein Betrag von 2,5 Mrd. GRD (7,34 Mio. EUR)) auf der Grundlage der Beihilfevorschriften gewürdigt und eventuell zurückgefordert werden, sofern dabei eine nicht vereinbare Beihilfe festgestellt wird. 75 % der staatlichen Bürgschaft fallen in den Anwendungsbereich des Artikels 296 des EG-Vertrags und unterliegen nicht den Beihilfevorschriften.

4.13.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(265)

Zur selektiven Natur der Maßnahme hat die Kommission im Rahmen der Würdigung von Maßnahme E12b bereits festgestellt, dass das Gesetz 2322/1995 keine allgemeine Maßnahme darstellt.

(266)

Im Hinblick auf das Bestehen eines Vorteils weist die Kommission darauf hin, dass das garantierte Darlehen im Januar 2000 gewährt wurde, also zu einem Zeitpunkt, zu dem kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber der HSY ein Darlehen oder eine Bürgschaft gewährt hätte, wie bereits vorangehend gefolgert. Deshalb hätte keine Bank HSY ohne staatliche Bürgschaft einen Kredit gewährt. Folglich hat die strittige staatliche Bürgschaft HSY einen unbestreitbaren Vorteil verschafft.

(267)

Schließlich stellt derjenige Teil der staatlichen Bürgschaft, der unter Artikel 296 des EG-Vertrags fällt, eine Beihilfe dar. Da sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde und somit gegen die Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstößt, ist sie eine widerrechtlich gezahlte Beihilfe.

4.13.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(268)

Was die Vereinbarkeit der Beihilfe in der vorliegenden Rechtssache gemäß Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des EG-Vertrags betrifft, wird von keinem Beteiligten daran gezweifelt, dass das Erdbeben im September 1999 eine „Naturkatastrophe“ war. Obwohl der Darlehensvertrag erst am 13. Januar 2000 unterschrieben wurde, hatte HSY von ETVA verlangt, ihr das entsprechende Kapital bereits in den ersten Wochen nach dem Erdbeben zur Verfügung zu stellen. Den griechischen Behörden gemäß bestand der Schaden erstens aus den Reparaturkosten der materiellen Anlagen und zweitens aus den Kosten, die durch die verzögerte Erfüllung der Verträge entstanden. Trotzdem hat Griechenland keine Kalkulation dieses zweiten Schadens eingereicht. Hätten die griechischen Behörden das Anliegen gehabt, HSY für die erwähnte zweite Art von Kosten zu entschädigen, hätten sie zumindest versuchen müssen, deren Höhe zu berechnen, und zwar durch eine nachprüfbare Berechnungsmethode. Da das nicht getan wurde und eine Beihilfe nur als vereinbar mit Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) gilt, wenn sie sich strikt an die Beseitigung des entstandenen Schadens hält, ist die Kommission der Auffassung, dass diese hypothetischen Kosten keine gültige Begründung für die Vereinbarkeit der Beihilfe bilden (135). Was die erste Art der Kosten angeht, das heißt die der materiellen Anlagen, weist die Kommission darauf hin, dass keine Maßnahme zustande kam, die den Fall absichern würde, dass sich die Höhe der staatlichen Bürgschaft verringert, wenn das Ausmaß der Verluste des Unternehmens exakt bestimmt und die entsprechenden Versicherungsleistungen an HSY von den Versicherungsgesellschaften gewährt worden wären. In ihrem Schreiben vom 20. Oktober 2004 (136) schätzten die griechischen Behörden, dass die Schäden an der betrieblichen Infrastruktur der HSY rund 3 Mrd. GRD (8,8 Mio. EUR) ausmachten. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass der Betrag, der über diese Höhe hinausgeht, also 20,5 Mio. EUR, keinen Bezug zu den Schäden des Erdbebens hat. Im Gegenteil kann angenommen werden, dass der Betrag von 8,8 Mio. EUR den Verlusten durch das Erdbeben entspricht, jedoch nur bis zum ersten Quartal 2002, das heißt bis zur Auszahlung der Versicherungsleistungen von 3,52 Mio. EUR durch die Versicherungsgesellschaften (137). Nach diesem Datum hätte die staatliche Bürgschaft um den entsprechenden Betrag reduziert werden müssen. Daher kann ab diesem Datum nur die verbliebene Summe (8,8 Mio. EUR abzüglich 3,5 Mio. EUR = 5,3 Mio. EUR) den Verlusten des Unternehmens durch das Erdbeben entsprechen (das heißt entstandener Schaden abzüglich der Versicherungsleistungen, die HSY von den Versicherungsgesellschaften erhalten hat).

(269)

Da — wie bereits erwähnt — 75 % des garantierten Darlehens zur Finanzierung des Verteidigungsbereichs der HSY dienten, unterliegen nur 25 % der Bürgschaft der Kontrolle aufgrund der Beihilfevorschriften und werden als staatliche Beihilfe beurteilt. Trotzdem ist es angemessen anzunehmen, dass nur 25 % der Verluste, die HSY erlitten hat, den Zivilbereich betrafen, da das Erdbeben — ohne Unterschied zwischen Zivil-, Verteidigungs- und Mischbereich (Zivil- und Verteidigungsbereich) — Schäden an der Infrastruktur der HSY verursachte. Deshalb besteht kein Grund, 100 % der Verluste, die HSY erlitten hat, durch 25 % der staatlichen Bürgschaft, die eine staatliche Beihilfe darstellt, zu finanzieren. Daher können nur 25 % der Verluste berücksichtigt werden, damit festgestellt werden kann, inwiefern die staatliche Beihilfe dem Verlust entspricht, den das Unternehmen erlitten hat. Schließlich ist dies — auf die gesamte staatliche Beihilfe bezogen — ein Betrag, der 25 % des Anteils der staatlichen Bürgschaft ausmacht, der den Verlusten entsprechen soll, die das Unternehmen erlitten hat (wie im vorherigen Absatz angegeben), eine vereinbare Beihilfe gemäß Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b). Daher werden vom Anteil der staatlichen Bürgschaft, der die Beihilfe darstellt, 750 Mio. GRD (2,20 Mio. EUR), also 25 % der 3 Mrd. GRD (8,8 Mio. EUR), als vereinbar erachtet bis zur Auszahlung der Versicherungsleistungen durch die Versicherungsgesellschaften im ersten Quartal 2002. Nach diesem gegebenen Zeitpunkt gilt jedoch nur ein Betrag von 1,32 Mio. EUR als vereinbar, das heißt 25 % von 3 Mrd. GRD (8,8 Mio. EUR) abzüglich 3,52 Mio. EUR. Der restliche Teil der Beihilfe ist mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

(270)

Für den Fall, dass eine staatliche Bürgschaft fortbesteht, muss der Teil dieser Bürgschaft, der eine nicht vereinbare Beihilfe darstellt (das heißt 25 % der Bürgschaft, die weiterhin besteht, abzüglich des Betrags von 1,32 Mio. EUR, der als vereinbar gilt), sofort eingestellt werden. Der Abbau der nicht vereinbaren Bürgschaft ist nicht ausreichend, um die Gegebenheiten in den vorherigen Zustand zu versetzen. Tatsächlich stand HSY, dank der nicht vereinbaren staatlichen Bürgschaft, über Jahre hinweg ein Darlehen zur Verfügung, über das sie sonst nicht verfügt hätte. Zur Rückforderung dieser zusätzlichen, nicht vereinbaren Beihilfe ist die Kommission der Auffassung, dass von der Leistung des garantierten Darlehens an bis zur Tilgung der nicht vereinbaren staatlichen Bürgschaft eine Beihilfe zurückgefordert werden muss, die der Differenz zwischen den gesamten Finanzierungskosten des garantierten Darlehens (Zinssatz zuzüglich von HSY entrichteter Garantiegebühr) und dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 600 Basispunkte entspricht. Dieser Betrag muss in Relation zu demjenigen Teil der staatlichen Bürgschaft berechnet werden, der eine nicht vereinbare Beihilfe darstellte.

4.14.   Darlehen von ETVA, gewährt 1997 und 1998 (Maßnahme E16)

4.14.1.   Beschreibung der Maßnahme

(271)

Die zu prüfende Maßnahme besteht aus drei Darlehen, die von ETVA an HSY 1997 und 1998 gewährt wurden.

(272)

Erstens hat ETVA am 25. Juli 1997 eine Kreditlinie über 1,99 Mrd. GRD (5,9 Mio. EUR) mit Fälligkeitsdatum 31. Oktober 1997 gewährt. Der entsprechende Zinssatz war ATHIBOR zuzüglich 200 Basispunkte, die Gewährung der Kreditlinie sollte die Bedürfnisse von HSY an Betriebsmitteln decken. Als Sicherheit wurden Forderungen gegenüber der Griechischen Marine abgetreten.

(273)

Zweitens hat ETVA am 15. Oktober 1997 eine Kreditlinie über 10 Mio. USD ebenfalls zur Deckung der Bedürfnisse von HSY an Betriebsmitteln gewährt (138) Zinssatz dieses Darlehens war LIBOR zuzüglich 130 Basispunkte, zur Sicherheit wurden Forderungen aus dem Vertrag mit der Griechischen Marine abgetreten. Am 19. Mai 1999 bekam ETVA für das Darlehen eine zusätzliche Sicherung durch Abtretung jedes Anspruchs in Bezug auf die programmatische Übereinkunft 1/97, die HSY mit ISAP vereinbart hatte und die den Bau und die Lieferung von 125 Triebwagen zum Gegenstand hatte. Dieses Darlehen wurde im Januar 2000 getilgt.

(274)

Drittens hat ETVA am 27. Januar 1998 eine Kreditlinie über 5 Mio. USD gewährt, ebenfalls mit Zinssatz LIBOR zuzüglich 130 Basispunkte. Ziel war wieder die Deckung der Bedürfnisse von HSY an Betriebsmitteln. Für diese dritte Kreditlinie wurde keine Sicherheit vereinbart.

4.14.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(275)

Im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird erwähnt, dass die zu prüfenden Darlehen eine staatliche Beihilfe mit zweifelhafter Vereinbarkeit zu sein scheinen. Darüber hinaus bedeutet die Tatsache, dass die beiden ersten Darlehen durch Forderungen gegenüber der Griechischen Marine gesichert werden, nicht unbedingt, dass diese Darlehen unter Artikel 296 des EG-Vertrags fallen.

4.14.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(276)

Elefsis Shipyards macht geltend, dass aufgrund der finanziellen Lage der Werft zu diesem Zeitpunkt keine Bank HSY diese Kredite gewährt hätte.

4.14.4.   Stellungnahme Griechenlands

(277)

Die griechischen Behörden und HSY behaupten, dass ETVA ausreichende Sicherheiten in Form von Forderungsabtretungen gegenüber der Griechischen Marine erhalten hat. Die griechischen Behörden weisen darauf hin, dass die drei Darlehen gegenüber der kreditgebenden Bank vollständig abbezahlt wurden, und behaupten, dass folglich jede widerrechtliche staatliche Beihilfe, quod non, durch die Rückzahlung des Darlehens wiedergewonnen sei. Schließlich machen die griechischen Behörden geltend, dass die Kommission — aufgrund der Art der Sicherungen, die der kreditgebenden Bank eingeräumt wurden, und der überwiegenden Betätigung der HSY im Verteidigungsbereich — nicht legitimiert ist, diese Maßnahmen gemäß Artikel 88 des EG-Vertrags zu prüfen, sondern verpflichtet ist, nach Artikel 298 desselben EG-Vertrags zu verfahren.

4.14.5.   Würdigung

4.14.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(278)

Zur Anwendung der Artikel 296 und 298 des EG-Vertrags weist die Kommission darauf hin, dass die beiden 1997 gewährten Krediterleichterungen mit Forderungen erreicht wurden, die aus einem Vertrag über Defensivausrüstung herrühren. Trotzdem beweist nur diese Tatsache alleine nicht, dass die Erleichterungen mit dem Ziel gewährt wurden, die Erfüllung dieser Verträge im Verteidigungsbereich zu finanzieren. Die griechischen Behörden haben keine Daten geliefert, die beweisen können, dass es vertragliche Verpflichtungen gab, wonach das entsprechende Kapital zwingend und ausschließlich zur Erfüllung von Verträgen im Verteidigungsbereich einzusetzen gewesen wäre. Im Gegenteil, die griechischen Behörden weisen darauf hin, dass die zwei Darlehen zur Deckung der Bedürfnisse von HSY an Betriebsmitteln gewährt wurden. Der erste Deloitte-Bericht bestätigt, dass die Darlehen zur Deckung der Bedürfnisse an Betriebsmitteln gewährt wurden, und erwähnt nicht, dass sie speziell zur Finanzierung einer bestimmten Tätigkeit vorgesehen waren. Dies wird auch dadurch bezeugt, dass für die Darlehenserleichterung über 10 Mio. USD eine zusätzliche Sicherheit gegeben wurde, die sich auf einen Vertrag aus dem Zivilsektor bezog (es handelt sich um den Vertrag mit ISAP). Daher ist die Kommission der Auffassung, dass die drei zu prüfenden Darlehen die Werft als Ganzes finanziert haben und nicht ausschließlich den Verteidigungsbereich. Wie in Kapitel 3.3 erwähnt, ist die Kommission in diesem Falle der Auffassung, dass die 25 % der Darlehen, die den Zivilbereich von HSY finanzierten, von Artikel 296 des EG-Vertrags ausgenommen sind und somit auf der Grundlage der Beihilfevorschriften gewürdigt werden können.

4.14.5.2   Bestehen einer Beihilfe

(279)

Was die gegebenen Sicherheiten angeht, das heißt die Abtretung von Forderungen im Rahmen der Verträge mit der Griechischen Marine und ISAP, ist die Kommission grundsätzlich der Auffassung, dass diese im Fall einer Insolvenz von ΗSY keine vollständige Sicherheit gegen Verluste verschafft hätten. Konkret wäre in solch einem Fall der Betrieb von HSY stillgelegt und gleichzeitig die Erfüllung der bestehenden Verträge mit der Griechischen Marine und ISAP gestoppt worden. Da keine Lieferung der Produkte an die Griechische Marine und ISAP erfolgt wäre, hätten diese Vertragsparteien von HSY keine Verpflichtung, den Kaufpreis zu entrichten (139). Was Forderungen für Erzeugnisse angeht, die bereits an die Griechische Marine und ISAP geliefert wurden, haben die griechischen Behörden bislang Folgendes nicht bewiesen: erstens, dass es tatsächlich solche Forderungen gab, zweitens, dass sie einbringbar waren, und drittens, dass sie einem relativ großen Betrag entsprachen und demnach während der ganzen Dauer des Darlehens fortlaufend das Verlustrisiko im Fall einer Insolvenz von ΗSY gemindert hätten.

(280)

Wie in Kapitel 3.1 geschlossen, hätte 1997 und 1998 eine Privatbank einen gleich hohen Zinssatz erhoben wie den Referenzsatz zuzüglich 400 Basispunkte, das heißt ATHIBOR zuzüglich 700 Basispunkte. Es gibt keinen Referenzsatz in USD. Da allerdings der Referenzsatz für harte Währungen durch eine Rallonge der Interbankzinsrate um 75 Basispunkte bestimmt wurde (140) und da die beiden Darlehen in USD einen mit LIBOR gekoppelten variablen Zinssatz hatten, ist die Kommission der Auffassung, dass es aufgrund der erwähnten Methode logisch ist, die Beihilfe auf Basis des US LIBOR zuzüglich 475 Basispunkte zu berechnen (also US LIBOR zuzüglich 75 Basispunkte, woraus sich der Referenzsatz ergibt, zuzüglich Risikoprämienaufschlag zu 400 Basispunkten, was dem Risiko eines Darlehens an HSY entspricht). Aufgrund all dessen geht hervor, dass die für die drei zu prüfenden Darlehen erhobene Garantiegebühr niedriger ist als der Preis, den ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber festgelegt hätte.

(281)

Die Kommission schließt, dass derjenige Teil dieser drei Darlehen, der nicht unter Artikel 296 fällt, das heißt 25 % der Darlehenssummen, staatliche Beihilfen beinhaltet. Die Beihilfe entspricht der Differenz zwischen dem Zinssatz, den ETVA erhob, und dem Zinssatz, den ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber, wie weiter oben angegeben, angewendet hätte. Da sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde und somit gegen die Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstößt, ist sie eine widerrechtlich gezahlte Beihilfe.

4.14.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(282)

Die drei zu prüfenden Darlehen wurden zur Deckung der Bedürfnisse von HSY an Betriebsmitteln gewährt. Demnach stellen sie eine Betriebsbeihilfe dar, das heißt eine zur Finanzierung der allgemeinen Geschäftstätigkeit der Werft und nicht eines bestimmten Plans gewährte Beihilfe. Die Darlehen wurden zu einer Zeit gewährt, in der die Schiffbaubeihilfen noch von den Bestimmungen der Richtlinie Nr. 90/684/EWG abhängig waren. Artikel 4 und 5 dieser Richtlinie bestimmen, dass Betriebsbeihilfen für Schiffbau- und Schiffsumbautätigkeiten gewährt werden dürfen, wie in Artikel 1 der Richtlinie angegeben. Gleichwohl führte HSY in den Jahren der Darlehensgewährung, also 1997 und 1998, keine solche Tätigkeiten aus. Die Richtlinie Nr. 90/684/EWG verbot Beihilfen für den Schiffsumbau, was 1997 und 1998 die Haupttätigkeit von HSY im Zivilbereich ausmachte. Aus diesem Grund kann die zu prüfende Beihilfe nicht vereinbar mit dem freien Markt sein und muss, da sie widerrechtlich gezahlt wurde, zurückgefordert werden.

(283)

Wie die griechischen Behörden betont haben, sind die Darlehen zurückgezahlt. Daher ist die Rückforderung der zuvor aufgeführten Beihilfe für den Zeitraum von der Entrichtung des Darlehens an HSY bis zur Tilgung geboten.

4.15.   Quersubventionierung zwischen den Tätigkeiten im Zivil- und im Verteidigungsbereich bis 2001 (Maßnahme E17)

4.15.1.   Beschreibung der Maßnahme

(284)

Im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird erwähnt, dass es Hinweise auf eine Quersubventionierung zwischen den Tätigkeiten im Zivil- und im Verteidigungsbereich gibt. Insbesondere werden darin zwei Fälle benannt, in denen HSY im Rahmen von Rüstungsverträgen hohe Vorauszahlungen bekam, die ihren kurzfristigen Bedarf durch Erfüllung des jeweiligen Auftrags überstiegen, was HSY ermöglichte, liquide Mittel zur Finanzierung anderer Bereiche zu nutzen. Erstens erwähnt der HSY-Verwaltungsbericht von 2001, dass ein „Betrag bis zu 81,3 Mio. EUR als Vorauszahlung für den Verteidigungsbereich empfangen wurde, diese aber vornehmlich für andere Bereiche und Betriebskosten der Gesellschaft verwendet worden ist“. Zweitens hat das Konsortium HDW/Ferrostaal, im Rahmen einer Klage vor einem griechischen Gericht, unter anderem vorgebracht, dass mindestens ein Teil der Mittel (nach Einschätzung von Elefsis Shipyards über 40 Mio. EUR), die HSY für den Bau von Raketenschnellbooten gewährt wurden — der entsprechende Vertrag datiert vom 21. Dezember 1999 —, für andere Zwecke eingesetzt wurde.

4.15.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(285)

Im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird geltend gemacht, dass sich einige Dokumente ausdrücklich auf die Nutzung von zur Erfüllung von Rüstungsverträgen aufgenommenem Kapital für „andere Tätigkeiten“ beziehen; die Kommission bezweifelt, dass dieses Kapital in den Anwendungsbereich des Artikels 296 fällt und keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 darstellt. In der Entscheidung zur Ausdehnung des Verfahrens wird die Etablierung einer getrennten Buchführung für Tätigkeiten im Zivil- und Verteidigungsbereich empfohlen, um eine Finanzierung des Zivilbereichs durch staatliche Mittel, die für den Verteidigungsbereich vergeben werden, zu vermeiden.

4.15.3.   Stellungnahmen der Beteiligten

(286)

Elefsis Shipyards macht geltend, dass sich die Aufklärung einer eventuellen Quersubventionierung schwierig gestaltet, da es keine getrennte Buchführung zwischen Zivil- und Verteidigungsbereich der HSY gibt. Trotzdem stellt man fest, wenn man die von der Werft im Jahr 2001 ausgeführten Arbeiten analysiert, dass die Aufträge im Verteidigungsbereich beschränkt waren. Daher ist deutlich, dass die „anderen Tätigkeiten“, die nach dem Verwaltungsbericht finanziert wurden, überwiegend zivile waren.

(287)

TKMS/HSY hat Stellungnahmen nur zu dieser bestimmten Maßnahme und der direkt darauf folgenden (Maßnahme E18c) eingereicht und macht geltend, dass Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe a) des EG-Vertrags feststellt, dass einige Beschränkungen bei der Informationsweitergabe gerechtfertigt sind. Daher kann die Kommission nicht von Griechenland verlangen, Informationen preiszugeben, die sich zum Beispiel auf genaue Beträge für Militärprogramme beziehen. Zweitens macht TKMS/HSY geltend, dass es keine anwendbare juristische Grundlage gibt, welche die Forderung nach Aufteilung der Buchführung für Tätigkeiten im Zivil- und im Verteidigungsbereich des Unternehmens begründen kann.

4.15.4.   Stellungnahme Griechenlands

(288)

Die griechischen Behörden behaupten, das durch die Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eröffnete Verfahren sei in Bezug auf das Ausmaß der in der Beschwerde angeführten und mit dem Verteidigungsbereich der Werft verknüpften Beträge falsch und ultra vires. Sollte die Kommission der Ansicht sein, diese Maßnahmen hätten den Wettbewerb verzerrt, müsse sie nach Artikel 298 des EG-Vertrags verfahren. HSY fügt hinzu, dass ihrerseits keine juristische Verpflichtung zu einer getrennten Buchführung bestehe. Ihrer Ansicht nach entbehre deshalb der Antrag der Kommission einer juristischen Grundlage.

4.15.5.   Würdigung

4.15.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(289)

Um die Frage zu beantworten, inwiefern im vorliegenden Fall Artikel 296 und 298 des EG-Vertrags anwendbar sind, müssen die konkreten Umstände ermittelt werden. Aufgrund der Dokumente, die in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung erwähnt werden, sind mehrere Quartale lang zumindest die strittigen Vorauszahlungen nicht genutzt worden, um den entsprechenden Auftrag im Verteidigungsbereich zu erfüllen. Weder die griechischen Behörden noch HSY haben die Auszüge aus den Dokumenten in Zweifel gezogen, die in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung aufgeführt werden. Darüber hinaus bestätigt die Buchführung von HSY, dass dieses Unternehmen in den Jahren 2000 und 2001 von der Griechischen Marine Vorauszahlungen bekam, die bei weitem das Kapital überschritten, das kurzfristig zur Finanzierung der Erfüllung dieser Rüstungsverträge nötig war. Zum Beispiel geht aus dem Jahresabschluss vom 31. Dezember 2000 (141) hervor, dass die Vorauszahlungen, die HSY für den Vertrag zu den Raketenschnellbooten bzw. zu den U-Booten eingenommen hat, 49,1 Mio. EUR bzw. 33,1 Mio. EUR betrugen. Zum gleichen Datum betrug die Summe aus Lagerbeständen, laufendem Umsatz, Vorauszahlungen, Ankauf von Lagerbeständen und Schuldnern (im Rechnungswesen kollektiv das „umlaufende Kapital“) in Bezug auf die Verträge mit der Griechischen Marine 14,8 Mio. EUR. Das bedeutet, dass die Vorauszahlungen das zu finanzierende umlaufende Kapital um 67,4 Mio. EUR überschritten. Da die Geldmittel, die in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung aufgeführt werden, nicht in Zweifel gezogen wurden, und da aus anderer Quelle hervorgeht, dass diese Mittel den Tatsachen angemessen erscheinen, folgert die Kommission, dass für mindestens ein Jahr die strittigen Vorauszahlungen nicht genutzt wurden, um die entsprechenden Aufträge im Verteidigungsbereich zu erfüllen.

(290)

Im Hinblick auf die Anwendung von Artikel 296 und 298 des EG-Vertrags verwirft die Kommission das Argument Griechenlands, jede Vorauszahlung, die im Rahmen von Verträgen im Verteidigungsbereich gezahlt wird, werde von Rechts wegen durch Artikel 296 erfasst. Insbesondere im zu prüfenden Fall hat der HSY-Vorstand selbst eingeräumt, dass einige Vorauszahlungen bei weitem die Summen überschritten, die kurzfristig zur Erfüllung dieser Verträge nötig waren, und somit vorübergehend für andere Zwecke genutzt wurden. Maßnahmen fallen nur dann in den Anwendungsbereich von Artikel 296, wenn sie nach Auffassung Griechenlands „für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen“. Die Kommission weist darauf hin, dass Griechenland nicht erklärt hat, warum der Teil der Vorauszahlungen, der das erforderliche Kapital zur Erfüllung der bestehenden Verteidigungsprogramme überschritt, zur „Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen“ beitragen würde. Die Kommission selbst ist nicht in der Lage zu verstehen, wie so etwas hätte gelten können, da die Werft das strittige Kapital zur Produktion dieses Kriegsmaterials nicht brauchte und zu diesem Zweck auch nicht einsetzte. In solch einem Fall, in dem die konkreten Ereignisse zeigen, dass Artikel 296 hier nicht anwendbar ist, hätte Griechenland die Gründe erklären müssen, wieso die strittigen übermäßigen Vorauszahlungen dennoch zur nationalen Sicherheit beigetragen haben. Da so etwas nicht geschah, folgert die Kommission, dass diese Vorauszahlungen im Zeitraum, in dem sie zur Erfüllung dieser bestehenden Verträge im Verteidigungsbereich erforderlich waren, nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 296 des EG-Vertrags fallen.

(291)

Da die Vorauszahlungen in der ersten Zeit zur Finanzierung sämtlicher Bereiche der Werft genutzt wurden, ist die Kommission der Auffassung, dass 75 % dieser Vorauszahlungen zur Finanzierung von Tätigkeiten im Verteidigungsbereich und 25 % zur Finanzierung des Zivilbereichs dienten. Demnach unterlagen für mindestens ein Jahr 25 % der 81,3 Mio. EUR und 25 % der 40 Mio. EUR den Beihilfevorschriften.

4.15.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(292)

Die genannten übermäßigen Vorauszahlungen bilden durch den griechischen Staat gewährte unverzinsliche Darlehen. In diesem Sinn kommt HSY ein selektiver Vorteil zugute. Wenn der griechische Staat Erzeugnisse zu Bedingungen kauft, die für ein Privatunternehmen akzeptabel wären, könnte man geltend machen, dass der Kaufvertrag — inklusive Vorauszahlung und übriger Bedingungen — dem Hersteller keinen selektiven Vorteil zugute kommen lässt. Der griechische Staat hat sich jedoch im Rahmen der Verträge für den Verteidigungsbereich, mit denen HSY beauftragt wurde, in keinem Fall vergleichbar zu einem am Kauf von Gütern interessierten Privatunternehmen verhalten. Tatsächlich wäre ein Privatunternehmen interessiert, den kleinstmöglichen Preis zu zahlen, indem es weltweit alle in Frage kommenden Lieferanten vergleichen würde. Im Gegensatz dazu beschränkt Griechenland von je her die Auswahl seiner Lieferanten auf solche, die im Inland aktiv sind (oder Konsortien, von denen ein Mitglied in Griechenland aktiv ist), um die Beschäftigung in Griechenland zu unterstützen und um die Produktionsfähigkeit von Verteidigungsausrüstung in Griechenland zu erhalten (142). Daher hätte ein Privatunternehmen diese strittigen Kaufverträge nicht abgeschlossen. Darüber hinaus hätte ein Privatunternehmen keine Vorauszahlungen geleistet, die den zur Erfüllung seiner Bestellungen erforderlichen Betrag überschreiten, sondern hätte versucht, sie möglichst niedrig zu halten.

(293)

Unter diesen Umständen ist die Kommission der Auffassung, dass die zu prüfenden übermäßigen Vorauszahlungen ein unverzinsliches Darlehen darstellen. Die genannten Dokumente belegen, dass dieses Kapital für mindestens ein Jahr für andere Tätigkeiten genutzt wurde und nicht zur Erfüllung der entsprechenden Aufträge (143). Daher ist die Kommission der Auffassung, dass sie einem einjährigen zinslosen Darlehen gleichkommen. Aufgrund der Beurteilung der Kreditwürdigkeit von HSY aus Abschnitt 3.1 entspricht die in diesem nach dem 30. Juni gewährten Darlehen enthaltene Beihilfe dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 600 Basispunkte. Da sie ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde und somit gegen die Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags verstößt, ist sie eine widerrechtlich gezahlte Beihilfe.

4.15.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(294)

Die Kommission hat Anhaltspunkte gefunden, aufgrund derer die Beihilfe als vereinbar betrachtet werden könnte. Da diese Beihilfe den gesamten Betrieb der Werft stützt, scheint sie eine Betriebsbeihilfe zu sein; wie jedoch bereits im Rahmen der Würdigung anderer Maßnahmen erläutert, standen dieser Werft Betriebsbeihilfen in den Jahren 1999, 2000 und 2001 nicht zu.

(295)

Da die Beihilfe widerrechtlich und nicht vereinbar ist, ist eine Rückforderung geboten.

(296)

Was die Aufteilung der Buchführung angeht, wird sich die Kommission mit diesem Thema am Ende dieser Entscheidung befassen.

4.16.   Freistellungsklausel zugunsten von HDW/Ferrostaal im Falle der Rückforderung widerrechtlicher Beihilfen von HSY (Maßnahme E18c)

4.16.1.   Beschreibung der Maßnahme

(297)

Im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird erwähnt, dass der griechische Staat versprochen hat, den Käufer von HSY (das heißt HDW/Ferrostaal) im Falle der Rückforderung von eventuell unvereinbaren, an HSY geleisteten Beihilfen vor der Privatisierung und in deren Verlauf zu entschädigen. Juristisch betrachtet wurde diese Bürgschaft über ein zweistufiges Verfahren gewährt:

Einerseits hat ETVA dem Käufer von HSY (also HDW/Ferrostaal) eine Bürgschaft gewährt. Nach dieser Schadloshaltung würde ETVA HDW/Ferrostaal für eventuelle Beihilfen entschädigen, die von HSY zurückgefordert würden. Im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird unterstrichen, dass im Verkaufsabkommen bezüglich der HSY-Firmenanteile (nachstehend „VA der HSY“), das zwischen ETVA und HDW/Ferrostaal am 11. Oktober 2001 geschlossen wurde, ETVA, die damals noch unter staatlicher Kontrolle stand, HDW/Ferrostaal bereits zugesagt hatte, diese Bürgschaft zu übernehmen. Demnach ist die von ETVA gewährte Bürgschaft anscheinend dem griechischen Staat zuzurechnen.

Andererseits hat der griechische Staat dem Käufer von 57,7 % der ETVA-Firmenanteile (das heißt der Piraeus Bank) gegenüber eine Bürgschaft übernommen. Gemäß dieser Schadloshaltung würde der griechische Staat an die Piraeus Bank jeden etwaigen Betrag zu 100 % entrichten, den ETVA infolge der vorgenannten Schadloshaltung an den Käufer von HSY zahlen würde.

(298)

In der folgenden Grafik wird der Mechanismus dieser zweistufigen Bürgschaft dargestellt, wie im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung beschrieben (die durchgehenden Linien zeigen den Fluss der Entschädigungen bei jeder der beiden Bürgschaftsstufen, während die gestrichelte Linie das Eigentum nach Abschluss des Verkaufs von HSY und die 57,7 % der Firmenanteile von ETVA zeigt).

Image

4.16.2.   Begründung der Verfahrenseinleitung

(299)

Im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird erwähnt, dass ein Privatverkäufer solch eine Bürgschaft nicht übernommen hätte, da diese in Zeit und Umfang unbegrenzt sei. Darüber hinaus hätte ein marktwirtschaftlich handelnder Aktionär es vorgezogen, HSY in Konkurs und Liquidation gehen zu lassen, statt sie unter diesen Umständen zu verkaufen. Tatsächlich betrug der Verkaufspreis, den der griechische Staat erhielt, nur 6 Mio. EUR, während die zu erwartenden Leistungen, die er gemäß der Bürgschaft zu entrichten hätte, viel höher waren.

(300)

Und während der legitime Begünstigte dieser zweistufigen Bürgschaft HDW/Ferrostaal ist, wird im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung betont, dass derjenige, der tatsächlich von diesem ganzen Mechanismus profitiert, HSY sei. Ohne diese staatliche Freistellungsklausel wäre kein Kapitalgeber bereit gewesen, HSY zu kaufen. Der griechische Staat hat dies ausdrücklich anerkannt. Demnach ist wahrscheinlich, dass HSY ohne diese Bürgschaft weder verkauft worden wäre noch in der Lage gewesen wäre, ihre finanziellen Schwierigkeiten zu überwinden, und in Konkurs gegangen wäre.

(301)

Im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung wird ebenfalls erwähnt, dass diese Bürgschaft an sich, per se, als nicht vereinbar beurteilt wird, da sie die praktische Effizienz („effet utile“) jedes Rückforderungsverfahrens reduziert.

4.16.3.   Stellungnahmen der beteiligten Parteien

(302)

Elefsis Shipyards behauptet im Einklang mit der ursprünglichen Würdigung der Kommission, kein Privatkäufer hätte solch eine unbegrenzte Bürgschaft gewährt. Die Behauptung der Kommission, kein Kapitalgeber wäre bereit gewesen, HSY ohne die entsprechende Klausel zu kaufen, wird von Elefsis Shipyards angefochten, da sie aufgrund ihrer Teilnahme an der Ausschreibung und aufgrund ihres Kaufinteresses diese Bedingung im eigenen Angebot für HSY nicht gestellt hat und bereit war, HSY auch ohne diese Bürgschaft zu kaufen. Gemäß Elefsis Shipyards ist diese Bürgschaft ausschließlich HDW/Ferrostaal gewährt worden. Diese und HSY sind demnach diejenigen, die von der Bürgschaft begünstigt werden.

(303)

Die Piraeus Bank, die Stellungnahmen nur zu dieser Maßnahme abgegeben hat, da sie nur in diese unmittelbar involviert war, hat mehrere Dokumente eingereicht, aus denen hervorgeht, dass ETVA mit der Freistellungsklausel zugunsten von HDW/Ferrostaal bereits zum Zeitpunkt der VA der HSY einverstanden war, und zwar im Oktober 2001, als ETVA noch vom griechischen Staat kontrolliert wurde. Die Piraeus Bank hat Verträge, Dokumente und Presseartikel eingereicht, aus denen hervorgeht, dass der griechische Staat den Privatisierungsprozess von HSY verwaltete. Das Abkommen zwischen dem griechischen Staat und der Piraeus Bank vom 20. März 2002 sieht vor, dass der griechische Staat weiterhin den Privatisierungsprozess von HSY verwalten sollte, obwohl die Piraeus Bank Mehrheitsaktionär von ETVA wurde. Schließlich enthüllt die Piraeus Bank, dass in der Einladung zum Ausschreibungsverfahren, die den Kandidaten im Juli 2001 zugesandt wurde, ausdrücklich erklärt wurde, dass im Fall einer Rückforderung der staatlichen Beihilfen von der HSY aufgrund eines eventuellen Verstoßes gegen das entsprechende Gemeinschaftsrecht der Höchstbietende nicht zur Auszahlung dieser Summen herangezogen werde.

(304)

TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki erwähnt, dass im Laufe der Verhandlungen mit ETVA im Hinblick auf den Kauf von HSY deutlich wurde, dass letztere finanzielle Unterstützung vom griechischen Staat erhalten hatte. Gleichwohl kannten die Kaufanwärter weder das Ausmaß dieser Maßnahmen, noch die genauen Umstände, unter denen sie getroffen worden waren. Im Zuge des Ausschreibungsverfahrens erhielten die Kaufanwärter nur ein Mindestmaß an Informationen zu den unterschiedlichen Maßnahmen, die Gegenstand dieses Verfahrens sind. Das bedeutet, dass die Kaufanwärter die eventuellen Auswirkungen der staatlichen Beihilfen für HSY nicht quantifizieren konnten. Um sich keinem Risiko aus früheren oder gegenwärtigen Beihilfen auszusetzen, hat HDW/Ferrostaal darauf bestanden, dass die Kommission eine Zustimmung oder ein abschließendes Verwaltungsschreiben/eine Negativbescheinigung zu den früheren Beihilfen herausgibt. Für den Fall, dass das nicht möglich wäre, würde der Käufer dem Verkäufer eine akzeptable Form der Bürgschaft vorschlagen. Nach Kontakten mit der Kommission wurde deutlich, dass diese nicht gewillt war, dieses Schreiben/diese Negativbescheinigung zu adressieren. In der Entscheidung, mit der die Kommission den HSY-Erwerb von HDW/Ferrostaal genehmigt, stellt sie selbst fest, dass das Ausmaß der Zuschüsse nicht bekannt war. Unter diesen Umständen wurde am 31. Mai 2002 die Freistellungsklausel vereinbart und dem VA der HSY angehängt, mit dem ETVA — als Verkäuferin von HSY — den Ausgleich jedes Verlustes garantierte, den der Käufer im Falle einer Rückforderung von Beihilfen an HSY erleiden sollte. TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki folgert, dass kein Kapitalgeber HSY ohne diese Bürgschaft gekauft hätte. Diese Behauptung wurde auch durch den zweiten Deloitte-Bericht bestätigt, den TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki im Juni 2007 eingereicht hat.

(305)

TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki ist der Auffassung, dass diese Maßnahme nicht dem griechischen Staat zugerechnet werden kann, da die Bürgschaft von ETVA gewährt wurde, als sie nicht mehr unter staatlicher Kontrolle stand. Tatsächlich hatte ETVA aufgrund des VA der HSY, abgeschlossen im Oktober 2001, keine vertragliche Verpflichtung, Elliniki Nafpigokataskevastiki zu entschädigen. ETVA entschied nicht vor Mai 2002, die Bürgschaft zu gewähren. TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki macht zudem geltend, dass ΕΤVΑ und der griechische Staat wie Privatkäufer agierten. Die Wahrscheinlichkeit, zur Zahlung der Bürgschaft verpflichtet zu werden, war relativ gering. Sollte dagegen die Werft liquidiert werden, würden die Verluste aus Darlehen und Bürgschaften, die HSY gewährt worden waren, sehr hohen Summen entsprechen. (Die Berechnung, mit der diese Behauptung dokumentiert wird, ist im zweiten Deloitte-Bericht zu finden, den TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki eingereicht hat.) Darüber hinaus ist TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki der Auffassung, dass die Bürgschaft, die der griechische Staat am 20. März 2002 der Piraeus Bank gegenüber übernommen hat, eine staatliche Entschädigungszahlung an die Piraeus Bank vorsehe, die lediglich 57,7 % jedes Betrags entspricht, den ETVA dem Käufer von HSY (das heißt HDW/Ferrostaal) entrichtet. Dagegen sieht die von ETVA am 31. Mai 2002 an HDW/Ferrostaal gewährte Bürgschaft eine Entschädigungszahlung von ETVA an HDW/Ferrostaal vor, die sich auf 100 % des Betrags für eventuelle Beihilfen beläuft, die von HSY zurückgefordert würden. TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki folgert, dass die der ETVA am 31. Mai 2002 gewährte Bürgschaft höher als die von der Piraeus Bank am 20. März 2002 erhaltene sei. Deshalb könnten sie keine Bürgschaftseinheit bilden, und die Tatsache, dass ETVA eine höhere Bürgschaft gewährte, beweise, dass sie als Privatkäufer handelte.

(306)

TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki kann nicht verstehen, weshalb solch eine Freistellungsklausel eine Umgehung der Beihilferückforderungen sein könne. Sollten tatsächlich Beihilfen von HSY zurückgefordert werden, werde der griechische Staat nicht HSY, sondern ihren Käufer (das heißt TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki, den Nachfolger von HDW/Ferrostaal) entschädigen.

(307)

TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki (144) ist zudem der Auffassung, dass die Bürgschaft, die der griechische Staat der Piraeus Bank gewährte, eine Beihilfe an die Piraeus Bank und ETVA sein könnte.

4.16.4.   Stellungnahme Griechenlands

(308)

Gemäß Griechenland und ΗSY stellt die Freistellungsklausel keine Beihilfe dar. Erstens könnte sie nicht dem griechischen Staat zugerechnet werden, da ETVA sie gewährte, als diese nicht mehr unter staatlicher Kontrolle stand. Zweitens behaupten Griechenland und HSY, dass der griechische Staat beim Verkauf seiner HSY-Firmenanteile in seiner Eigenschaft als Hauptaktionär der ETVA wie ein privater Kapitalgeber agierte. Die Bürgschaft, die dem Käufer von den Verkäufern von HSY gewährt wurde, sei eine standardisierte und übliche Klausel bei Handelsabkommen. Tatsächlich weist Griechenland darauf hin, dass nicht HSY, sondern ihrem Käufer eine Bürgschaft zur Rückzahlungshaftung widerrechtlicher staatlicher Beihilfen eingeräumt wurde. Diese Entschädigung belaste den Verkäufer — unabhängig davon, ob sie als Klausel im Handelsabkommen enthalten sei oder nicht. Der Hinweis der Kommission, dass der griechische Staat wusste oder hätte wissen müssen, dass es auch eine bedeutende Anzahl von weiteren potentiell rechtswidrigen und nicht vereinbaren staatlichen Beihilfen gab und dass möglicherweise diese Zahlungen durch Aktivierung der Freistellungsklausel zurückgezahlt werden müssten, sei unbegründet. In dem Zeitraum, in dem die Freistellungsklausel gewährt wurde, habe es keine Entscheidung der Kommission gegeben, welche die staatlichen Beihilfen für HSY als widerrechtlich beurteilte. Darüber hinaus hätte unter Berücksichtigung der Sozialkosten die Abwicklung von HSY den griechischen Staat weit mehr gekostet.

(309)

Darüber hinaus kann HSY nicht nachvollziehen, wie sie aus einer Bürgschaft, die zwischen ETVA und HDW/Ferrostaal geschlossen wurde, oder aus einer Bürgschaft zwischen dem griechischen Staat und der Piraeus Bank einen wirtschaftlichen Vorteil hätte ziehen können. Selbst wenn HDW/Ferrostaal entschädigt würde, hätte das Konsortium keine Verpflichtung, diesen Betrag in die HSY einzubringen. Deshalb könne die Kommission auch nicht nachweisen, warum die Freistellungsklausel eine Rückforderungsentscheidung neutralisieren würde. Im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung verliert der Beihilfeempfänger bei Rückzahlung der Beihilfe den entsprechenden Vorteil und es kann zur Versetzung in den Zustand vor der Beihilfevergabe kommen.

(310)

Sollte schließlich die Kommission die Freistellungsklausel als staatliche Beihilfe einstufen, so macht Griechenland geltend, dass dann die Artikel 296 bis 298 des EG-Vertrags Anwendung finden würden. In diesem Rahmen weist HSY darauf hin, dass — da die Griechische Marine immer schon der wichtigste Kunde der Werft war — das Verfahren, die Bedingungen der Privatisierung und auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens von Gesetz 2941/2001 unter dem Aspekt untersucht werden sollten, dass der Staat als ein Geschäftskunde agierte, der aus Gründen der Verteidigungspolitik ein Interesse an der Betriebskontinuität und der Rentabilität der Werft hat. Im vorliegenden Fall hat der griechische Staat Maßnahmen getroffen, die jedes andere Privatunternehmen, dessen Interessen von der Rentabilität eines anderen Unternehmens abhängen, auch getroffen hätte. Darüber hinaus hat diese Erwägung eine noch größere Bedeutung für den Fall, dass der griechische Staat gezwungen ist, Lasten und Verluste aus der Abwicklung des Unternehmens zu tragen, was mehr kosten und deshalb keinen Gewinn erbringen würde.

4.16.5.   Würdigung

4.16.5.1.   Artikel 296 des EG-Vertrags

(311)

Die Kommission geht davon aus, dass diese Maßnahme nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 296 des EG-Vertrags fällt. Tatsächlich kommt der Entschädigungsmechanismus im Fall einer Rückforderung staatlicher Beihilfen an HSY zur Anwendung. Nach Auffassung Griechenlands und grundsätzlicher Zustimmung der Kommission (145) seien die Tätigkeiten von HSY im Verteidigungsbereich für die nationale Sicherheit Griechenlands bedeutend und fielen also unter Artikel 296, und somit seien die Beihilfevorschriften ihnen gegenüber nicht anwendbar. Da alle staatlichen Beihilfen für den Verteidigungsbereich von HSY nicht unter die Beihilfevorschriften fallen, kann die Rückforderung der staatlichen Beihilfen nur diejenigen betreffen, die für Tätigkeiten im Zivilbereich von HSY gewährt wurden. Daher betrifft die vorgenannte Bürgschaft unmittelbar und ausschließlich die Tätigkeiten im Zivilbereich von HSY.

(312)

Gewisse Beteiligte behaupten, dass kein Kapitalgeber HSY ohne diese Bürgschaft gekauft hätte und die Werft höchstwahrscheinlich in Konkurs gegangen wäre. Daher sei diese Maßnahme, selbst wenn sie sich ausschließlich auf die zivilen Tätigkeiten von HSY bezieht, dennoch erforderlich gewesen, um das Überleben der Verteidigungssparte von HSY zu sichern, und falle demzufolge unter Artikel 296. Die Kommission kann dieses Argument nicht zulassen. Gemäß Artikel 296 hätte Griechenland die für den Verteidigungsbereich erforderliche finanzielle Unterstützung leisten können, um dessen Fortbestand zu sichern. Griechenland hätte folglich die Unterbrechung des Betriebs im Verteidigungsbereich abwenden können. Alternativ hätte Griechenland die nötige finanzielle Unterstützung leisten können, um den Verteidigungsbereich für einen potentiellen Käufer attraktiv zu gestalten, so dass er gekauft und sein Fortbestand gesichert würde. Der Kapitalgeber, der den Verteidigungsbereich kaufen würde, hätte keiner solchen Bürgschaft bedurft, da — wie bereits erläutert — keine Beihilfe in Bezug auf den Verteidigungsbereich von HSY zurückgefordert werden könnte. Daher war diese Maßnahme einzig und alleine notwendig, um einen Käufer für die gesamte HSY inklusive des Zivilbereichs zu finden. Diese Maßnahme ermöglichte auf diese Weise, einen Käufer für den Zivilbereich von HSY zu finden und folglich die Fortsetzung der Tätigkeiten im Zivilbereich zu sichern. Das war nicht notwendig, um die Fortführung dieser Tätigkeiten zu sichern. Daher fällt sie nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 296 des EG-Vertrags.

4.16.5.2.   Bestehen einer Beihilfe

(313)

Da manche Beteiligte in Zweifel ziehen, dass die beiden Bürgschaften — jene des griechischen Staates an die Piraeus Bank und jene von ETVA an HDW/Ferrostaal — eine Bürgschaftseinheit bilden und daher beide der HSY zugute kommen, wird die Kommission getrennt zunächst die Bürgschaft von ETVA an HDW/Ferrostaal würdigen, und beweisen, dass sie eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrags darstellt.

(314)

Um eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrags darzustellen, muss die Maßnahme dem griechischen Staat zurechenbar sein. Gewisse Beteiligte bezweifeln, dass die Bürgschaft, die HDW/Ferrostaal von ETVA erhalten hat, dem griechischen Staat zuzurechnen ist. Sie behaupten, die Entscheidung über die Leistung dieser Bürgschaft sei von ETVA unabhängig und frei getroffen worden. Konkret wird behauptet, die Beihilfe am 31. Mai 2002 sei durch einen entsprechenden Anhang im VA der HSY gewährt worden, als ETVA nicht mehr unter staatlicher Kontrolle stand, sondern im Besitz der Piraeus Bank war. Die Kommission verwirft diese Behauptung und ist der Ansicht, dass zahlreiche Beweise für die Zurechenbarkeit der Maßnahme an den Staat vorliegen:

Erstens bezog sich diese Bürgschaft während des Privatisierungsprozesses von HSY auf die Dokumente, die den Kaufanwärtern vorgelegt wurden (146). Das bedeutet, dass bereits während des Privatisierungsprozesses in Aussicht gestellt wurde, dass der HSY-Käufer im Fall der Rückforderung der staatlichen Beihilfen von der HSY entschädigt werden sollte. Darüber hinaus hat sich ETVA am 14. September 2001 ausdrücklich und vorbehaltlos verpflichtet, diese Bürgschaft für HDW/Ferrostaal zu übernehmen, sollte die Europäische Union die gegenwärtigen und früheren Beihilfen, die HSY gewährt wurden, nicht genehmigen (147). Die Klausel 1.2.3. des VA der HSY, die am 11. Oktober 2001 unterzeichnet wurde, verweist ausdrücklich auf das Dokument, das am 14. September 2001 unterzeichnet wurde. Die Aussprachen über die konkrete Formulierung der Bürgschaft wurden in den folgenden Monaten fortgeführt (148). Da die Kommission kein abschließendes Verwaltungsschreiben/keine Negativbescheinigung zu den gegenwärtigen und früheren Beihilfen an HSY gerichtet hatte, war ETVA am 31. Mai 2002 verpflichtet, HDW/Ferrostaal eine Bürgschaft zu gewähren, wie von den Vertragsparteien am 14. September 2001 vereinbart und von der Klausel 1.2.3. des VA der HSY vorgesehen war. Angesichts dessen ist offensichtlich, dass, obwohl der Anhang mit der Bürgschaft an HDW/Ferrostaal am 31. Mai 2002 unterschrieben wurde, sich ETVA bereits verpflichtet hatte, diese Bürgschaft zu gewähren, sollte die EU die gegenwärtigen und früheren Beihilfen aus der Zeit, in der ETVA unter staatlicher Kontrolle stand, nicht genehmigen. Das bedeutet, der Anhang vom 31. Mai 2002 bildet eine Vertragserfüllung durch ETVA, die vereinbart wurde, als die Bank noch unter staatlicher Kontrolle stand. Wie in Kapitel 3.2 dieser Entscheidung nachgewiesen, können alle Maßnahmen, die ETVA der HSY gegenüber getroffen hat, als die Bank unter staatlicher Kontrolle stand, dem Staat zugerechnet werden (149). All diese Angaben wurden von Griechenland mit Schreiben vom 23. Mai 2005 bestätigt (150).

Zweitens, selbst unter der Annahme, dass aufgrund der genannten, von ETVA im Zeitraum, als sie unter staatlicher Kontrolle stand (das heißt bis Ende März 2002), unterzeichneten Urkunden keine vertragliche Verpflichtung ihrerseits bestand, diese Bürgschaft an HDW/Ferrostaal zu übernehmen, müsste diese Maßnahme wiederum dem griechischen Staat zugerechnet werden. Tatsächlich weist die Kommission darauf hin, dass Griechenland den Verkauf der HSY auch nach dem Verkauf von ETVA an die Piraeus Bank weiterhin durchführte. Artikel 8.2.2 des Abkommens vom 20. März 2002 zwischen dem griechischen Staat und der Piraeus Bank sieht vor, dass ETVA nicht für das Verkaufsverfahren von HSY, die der griechische Staat weiterhin verwaltet, verantwortlich sein wird. Artikel 8.2.2.(b) sieht z. B. vor, dass der griechische Staat „Kontrolle, Fürsorge und Verantwortung der Aktionen und Beratungen mit dem dritten Käufer der Anteile der Hellenic Shipyards übernehmen wird“. Gemäß Artikel 8.2.2 des Abkommens vom 20. März 2002 forderte die Piraeus Bank mit Schreiben vom 28. Mai 2002 die Einwilligung des griechischen Staates zur Bürgschaft, die ETVA an HDW/Ferrostaal gewähren würde. Der griechische Staat gab seine Einwilligung mit Schreiben vom 31. Mai 2002. Aus all dem geht hervor, dass die Leistung der Bürgschaft dem griechischen Staat zuzurechnen ist.

Drittens, auch wenn die zwei erwähnten Punkte verworfen werden, muss die Bürgschaft wiederum dem griechischen Staat zugerechnet werden. Die Kommission weist darauf hin, dass der griechische Staat beschlossen hatte, HSY zu privatisieren (151). Als die Piraeus Bank die Kontrolle über HSY übernahm, übernahm sie auch die juristische Verpflichtung, HSY zu privatisieren. Wie auch TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki selbst erkannt hat, hätte HDW/Ferrostaal die HSY nicht gekauft, wenn sie obige Bürgschaft nicht bekommen hätte. Aus den Tatsachen, dass der griechische Staat zum Ergebnis kam, HSY müsse verkauft werden, und dass die Übernahme der Bürgschaft für den Verkauf erforderlich war, kann man schließen, dass der Staat ETVA in eine Lage versetzt hat, in der sie verpflichtet war, die Bürgschaft zu übernehmen. Folglich ist selbst unter der Schlussfolgerung, dass ETVA die Übernahme der Bürgschaft im März 2002 ohne direkte staatliche Einmischung entschieden hat, die Maßnahme wiederum dem griechischen Staat zuzurechnen.

Viertens, auch wenn die vorherigen Punkte zurückgewiesen werden, muss geschlossen werden, dass ETVA am 31. Mai 2002 der Bürgschaft allein aus demjenigen Grund zugestimmt hat, da ihr Mehrheitsaktionär (das heißt die Piraeus Bank) vom griechischen Staat eine Bürgschaft erhalten hatte, die ihn gegen jeden finanziellen Verlust schützte, der sich aus dieser Bürgschaft ergeben könnte. Tatsächlich hätte, wie sich erweisen wird, ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber diese Bürgschaft nie gewährt, ohne vom griechischen Staat eine Nachbürgschaft zu erhalten. Die Bürgschaft wurde nur gewährt, weil der griechische Staat die Wirtschaftseinheit (das heißt die Unternehmensgruppe) durch Gewährung der Bürgschaft gegenüber eventuellen negativen Auswirkungen (durch eine Nachbürgschaft) geschützt hatte. In einem solchen Fall, in dem ein Unternehmen die Beihilfe einfach an ein zweites Unternehmen überträgt, wird die Genehmigung der Maßnahme dem griechischen Staat zugerechnet.

(315)

Um eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrags darzustellen, muss eine Maßnahme durch öffentliche Mittel finanziert werden. Die Mitteilung über Bürgschaften weist auf Folgendes hin: „Die Beihilfe wird bei Übernahme der Garantie gewährt und nicht erst dann, wenn die Garantie in Anspruch genommen wird oder aufgrund der Garantie Zahlungen erfolgen. Ob eine Garantie eine staatliche Beihilfe darstellt oder nicht […], muss zum Zeitpunkt der Garantieübernahme beurteilt werden.“ Laut obigen Ausführungen ist die Kommission der Auffassung, dass ETVA die vertragliche Verpflichtung eingegangen ist, diese Bürgschaft an HDW/Ferrostaal zu einem Zeitpunkt zu übernehmen, als der griechische Staat nach wie vor die große Mehrheit der Firmenanteile von ETVA innehatte. Da in der Mitteilung über Bürgschaften steht, dass das Bestehen einer Beihilfe zum Zeitpunkt der Garantieübernahme erwogen werden muss und nicht später, bei Eintritt des Garantiefalls, folgt daraus, dass der griechische Staat mit seiner bindenden Zusage, die Bürgschaft zu gewähren, öffentliche Mittel in Gefahr gebracht hat, und infolgedessen beinhaltet die Bürgschaft öffentliche Mittel. Dass ETVA bald darauf an die Piraeus Bank verkauft wurde, hat keinen Einfluss auf diese Schlussfolgerung. In der Tat, wenn der griechische Staat die Kaufkandidaten richtig über die vertraglichen Verpflichtungen von ETVA informiert hat — insbesondere über ihre bindende Zusage einer Garantieübernahme gegenüber HDW/Ferrostaal, falls kein abschließendes Verwaltungsschreiben der Kommission vorläge —, müssen die Kandidaten diese bindende Zusage der ETVA berücksichtigt haben. Sie müssen daher den Preis, den sie für den Kauf von ETVA zahlen wollten, nach unten korrigiert haben. Das bedeutet, dass der Staat ETVA zu einem niedrigeren Preis verkauft und demnach Mittel verloren hat. Auch unter der oben erwähnten Annahme, dass ETVA als staatliche Bank vertraglich nicht zur Garantieübernahme verpflichtet wurde, geht die Kommission davon aus, dass der griechische Staat durch seine Entscheidung, HSY im Januar 2001 zu privatisieren — während ETVA weiterhin im Staatsbesitz war —, die Bank in eine Lage versetzt hat, in der sie verpflichtet war, die Bürgschaft zu übernehmen, welche eine Voraussetzung für die Bereitschaft eines Kandidaten zum Kauf bildete. Das bedeutet, dass die Kaufkandidaten, als sie ihr Angebot für ETVA vorlegten, berücksichtigt haben, dass letztere zu dieser Garantieübernahme verpflichtet war. Folglich haben sie einen niedrigeren Kaufpreis für ETVA geboten, woraus folgt, dass es zum Verlust öffentlicher Mittel kam.

(316)

Selbst unter der Annahme, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs von ETVA durch den griechischen Staat keine Verpflichtung bestand (weder vertraglich noch aus den Gegebenheiten dieser Garantieübernahme), kann wiederum nachgewiesen werden, dass die von ETVA gewährte Bürgschaft öffentliche Mittel beinhaltet. Tatsächlich hat der griechische Staat dem Käufer von ETVA (der Piraeus Bank) gegenüber eine Bürgschaft übernommen, durch die der griechische Staat der Piraeus Bank in Aussicht stellte, den ganzen Betrag (100 %) zu erstatten, zu dessen Zahlung ETVA aufgrund der Garantieübernahme für HDW/Ferrostaal gegebenenfalls verpflichtet wäre. Diese Nachbürgschaft wurde durch Folgeverträge gewährt. Im Abkommen zwischen dem griechischen Staat und der Piraeus Bank vom 18. Dezember 2001 über den Verkauf der 57,7 % von ΕΤVΑ hat sich der Staat verpflichtet, der Piraeus Bank 57,7 % eines jeden von ETVA dem Käufer von HSY zu zahlenden Betrags zu entrichten. Im Abkommen vom 20. März 2002 zwischen denselben Vertragsparteien, das eine Änderung des Abkommens vom 18. Dezember 2001 bildete, hat sich der Staat verpflichtet, der Piraeus Bank 100 % eines jeden Betrags zu zahlen, den ETVA dem Käufer von HSY entrichten sollte (152). Mit Schreiben vom 31. Mai 2002 an die Piraeus Bank hat der griechische Staat letzterer bestätigt, dass er 100 % eines jeden von ETVA an den Käufer von HSY gezahlten Betrags entrichten wird (153). Das bedeutet, als ETVA am 31. Mai 2002 den Anhang zum VA der HSY unterschrieb, hatte die Piraeus Bank vom griechischen Staat eine Garantie über die vollständige Entschädigung (100 %) für jeden Betrag erhalten, den ETVA infolge der Bürgschaft für HDW/Ferrostaal zahlen musste (154). Das beweist, dass jeder von ETVA zu zahlende Betrag schließlich aus dem Staatshaushalt finanziert werden sollte und auch, dass die Bürgschaft öffentliche Mittel beinhaltet.

(317)

Um das Bestehen einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrags zu beweisen, muss nachgewiesen werden, dass sich der griechische Staat nicht so verhalten hat, wie dies ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter entsprechenden Bedingungen tun würde. Dazu behaupten Griechenland, HSY und TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki, dass unter entsprechenden Bedingungen kein privater Kapitalgeber diese Bürgschaft zugunsten von HDW/Ferrostaal übernommen hätte. Sie behaupten, das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers müsse gegenüber ETVA, der juristischen Person, an die HSY verkauft wurde, und gegenüber der griechischen Regierung, der Verkäuferin von ETVA, angewendet werden.

(318)

Die Kommission weist darauf hin, dass ETVA, wie im Kapitel 3.2 erwähnt, nach dem Kauf von HSY dem Unternehmen gleich Kapital zuführte, um es wirtschaftlich rentabel zu halten. ETVA hat nicht wie ein privater Kapitalgeber agiert, sondern wie eine Behörde, die Beihilfe gewährt, um ein für die griechische Wirtschaft bedeutendes Unternehmen am Leben zu halten. Folglich hätte sich kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber an Stelle von ETVA befinden können. Kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber wäre in der Lage gewesen, diese HSY-Firmenanteile zu verkaufen. Demnach ist die Kommission der Auffassung, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers im gegebenen Fall nicht als Rechfertigung dafür anwendbar ist, dass der griechische Staat zusätzliche öffentliche Mittel (durch Leistung der Bürgschaft) riskierte.

(319)

Nähme man dennoch an, das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers anwenden zu müssen, ist die Kommission der Auffassung, der griechische Staat hätte die Leistung der Bürgschaft nicht akzeptiert, wenn er ein marktwirtschaftlich handelndes Privatunternehmen wäre. Zum Beweis genügt es, eines der drei folgenden Argumente zuzulassen.

(320)

Erstens, die Kommission weist darauf hin, dass ETVA (und auf diesem Wege der griechische Staat), obwohl nur zu 51 % an der HSY beteiligt (die restlichen 49 % besaßen die Arbeitnehmer (155)), dem Käufer von HSY (und zwar HDW/Ferrostaal) versprach, 100 % jeder Beihilfe zu zahlen, die von HSY zurückgefordert werden sollte. Ein privater Kapitalgeber hätte nicht akzeptiert, die Verluste des zu verkaufenden Unternehmens vollständig (zu 100 %) zu übernehmen. Unter bestimmten Umständen kann ein privater Kapitalgeber einige der künftigen Verpflichtungen des zu verkaufenden Unternehmens übernehmen, aber nur in einer Höhe, die seiner Beteiligung entspricht, in diesem Fall also 51 %. Ein privater Kapitalgeber hätte von den anderen Anteilseignern verlangt, die Haftung für die restlichen 49 % dieser Verpflichtungen zu übernehmen. Durch die 100 %ige Übernahme der möglicherweise enormen Verpflichtungen (der Vertrag definiert keine Höchstgrenze für die Entschädigungszahlungen) des zum Verkauf stehenden Unternehmens hat ETVA den anderen Anteilseignern (das heißt der Belegschaft) gegenüber eine Schenkung vorgenommen. Ein privater Kapitalgeber hätte eine solche Schenkung durch die Übernahme möglicherweise enormer Verpflichtungen des zu verkaufenden Unternehmens in einer Höhe, die seine Beteiligung weit übersteigt, abgelehnt. Aus der bloßen Tatsache, dass sich die Bürgschaft, die ETVA der HDW/Ferrostaal gewährte, auf 100 % (und nicht 51 %) der Beihilfen beläuft, die von HSY zurückgefordert werden könnten, folgt daher bereits, dass kein privater Kapitalgeber diese Bürgschaft gewährt hätte.

(321)

Zweitens behaupten Griechenland HSY und TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki, dass im Fall der HSY der Nettoerlös ihres Verkaufs (das heißt Einnahmen minus Kosten) — inklusive der erwarteten Zahlungen infolge der Bürgschaft — höher war als die Kosten ihrer Abwicklung. TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki verteidigt ihre Behauptung durch Berufung auf den zweiten Deloitte-Bericht. In diesem Bericht werden die reinen Kosten zweier Szenarien verglichen. Diese Analyse bezieht sich zunächst auf ETVA und dann auf den griechischen Staat. Die Kommission ist der Auffassung, dass das Kriterium ETVA gegenüber missbräuchlich angewendet wird. In der Tat wurde, wie in Kapitel 3.2 erwogen, die Privatisierung beschlossen und finanziell von der Regierung unterstützt — siehe zum Beispiel die staatlichen Beihilfen, die im Gesetz 2941/2001 (156) vorgesehen werden —, und ETVA spielte nie die Rolle einer unabhängigen Wirtschaftseinheit, die frei gewesen wäre, den Verkauf von HSY so zu planen, dass sich Einnahmen maximieren und Verluste minimieren. Folglich muss die Intervention des Staates als Ganzes eingehend untersucht werden und nicht das Verhalten eines seiner Teile.

(322)

Wenn das Kriterium dennoch auf ETVA angewendet wird, muss man den Nettoerlös (das heißt Einnahmen minus Kosten) für ETVA im Falle einer Liquidation und im Falle eines Verkaufs von HSY vergleichen. Im Falle der Liquidation von HSY muss festgestellt werden, wie hoch die Kosten für HSY gewesen wären. TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki macht geltend, dass die Verluste den Darlehen und Bürgschaften, die ETVA an HSY geleistet hat und für die der griechische Staat keine Nachbürgschaft gewährte, zumindest gleichkämen. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass keines dieser Darlehen und keine dieser Bürgschaften eine normale Aufwendung bei der Abwicklung eines Unternehmens ist (157). Tatsächlich wurden all diese Darlehen und Bürgschaften von ΕΤVΑ als öffentliche Behörde geleistet, weil sie entweder staatliche Beihilfen für den Verteidigungsbereich oder Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit Griechenlands gemäß Artikel 296 des EG-Vertrags waren (158). Diese Darlehen und Bürgschaften können folglich bei der Betrachtung des Kriteriums des privaten Verkäufers unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen nicht berücksichtigt werden. Daher wird nachgewiesen, dass ETVA als marktwirtschaftlich handelnder Träger im Falle der Liquidation von HSY beträchtliche Kosten nicht hätte übernehmen dürfen. Im Fall des Verkaufs letzterer hätte ETVA den Verkaufspreis in Höhe von 6 Mio. EUR eingenommen. Was die Kosten angeht, die beim Verkauf von HSY entstanden wären, hätte ETVA die zu prüfende, unbegrenzt hohe Bürgschaft übernehmen müssen, was gegebenenfalls eine Zahlung von Dutzenden, wenn nicht Hunderten Mio. EUR nach sich gezogen hätte. Der Vergleich dieser zwei Szenarien beweist, dass ein privater Kapitalgeber eine Liquidation der Werft vorgezogen hätte (159). ETVΑ hat demnach nicht wie ein privater, marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agiert. Wenn der Vergleich zwischen Verkauf und Liquidation von HSY auf die Ebene des Staates übertragen wird, bekommen wir genau dieselben Ergebnisse. Bei der Abwicklung von HSY wären dem griechischen Staat in seiner Eigenschaft als Unternehmer/Eigentümer keine großen Kosten entstanden, da all seine Darlehen und Bürgschaften an HSY (direkt oder mittels ETVA) vom Staat als öffentlicher Behörde gewährt wurden, da sie entweder staatliche Beihilfen im Zivilgeschäft oder Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit Griechenlands gemäß Artikel 296 des EG-Vertrags sind. Im Falle des Verkaufs von HSY würde der griechische Staat lediglich einige wenige Mio. EUR beitreiben, während er infolge der gewährten Bürgschaft Gefahr liefe, Dutzende, wenn nicht Hunderte Mio. EUR entrichten zu müssen. Folglich hat der Staat unter für ein Privatunternehmen nicht annehmbaren Bedingungen agiert.

(323)

Griechenland, HSY und TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki behaupten, dass HSY nur sehr begrenzt Gefahr lief, staatliche Beihilfen zurückerstatten zu müssen, da die Kommission zu jener Zeit kein förmliches Prüfverfahren eingeleitet hatte. Folglich behaupten sie, das Risiko, dass ΕΤVΑ und der griechische Staat verpflichtet gewesen wären, eine Entschädigung infolge der Bürgschaft zu zahlen, sei gering gewesen. Die Kommission kann diese Behauptung nicht akzeptieren. Dies kommt der Behauptung gleich, die Garantieleistung sei erlaubt, da Griechenland in den vorangegangenen Jahren widerrechtliche und nicht vereinbare staatliche Beihilfen an HSY sowie die missbräuchliche Durchführung von durch die Kommission genehmigten Beihilfen erfolgreich verbergen konnte. Hilfsweise weist die Kommission darauf hin, dass HDW/Ferrostaal auf dieser Bürgschaft bestand und nicht bereit war, den Verkaufsabschluss von HSY vor Sicherung der Bürgschaft zu unterschreiben. Die Bedeutung, die HDW/Ferrostaal der Bürgschaft beimisst, beweist, dass dieser private Kapitalgeber zum Ergebnis kam, dass die Wahrscheinlichkeit der Verpflichtung von HSY zur Rückerstattung staatlicher Beihilfen nicht gering war. Dass Griechenland sich von Anbeginn des Privatisierungsprozesses verpflichtete, diese Bürgschaft dem Meistbietenden zu gewähren, beweist auch, dass Griechenland der Auffassung war, dass diese Bürgschaft von einem privaten Kapitalgeber als sehr bedeutend eingestuft würde (maßgebliche sine qua non — Maßnahme laut Schreiben Griechenlands vom 23. Mai 2005, aus Anmerkung 148 dieser Entscheidung und laut zweitem Deloitte-Bericht). Und dies tritt nur ein, wenn der private Kapitalgeber der Ansicht ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rückforderung nicht besonders gering ist.

(324)

Die Kommission weist auch darauf hin, dass in Fällen, wo die Höhe der Beihilfen, die von HSY zurückgefordert werden könnten, schwer einzuschätzen war, ein marktwirtschaftlich handelndes Unternehmen bei einem Verkauf von HSY in den Kaufvertrag zumindest eine Höchstgrenze für den Betrag hätte eintragen lassen, der dem Käufer eventuell entrichtet werden sollte. Ein solches Unternehmen hätte das Risiko einer Zahlung von Hunderten Mio. EUR nicht akzeptiert, auch wenn angenommen werden kann, dass die Wahrscheinlichkeit der Entrichtung eines so hohen Betrags eher gering war. Demnach ist die Tatsache, dass keine Höchstgrenze für die Bürgschaft gesetzt wurde, ein weiterer Nachweis, dass ETVA und der griechische Staat sich nicht wie ein marktwirtschaftlich handelndes Unternehmen verhalten haben.

(325)

Drittens muss zur Einschätzung, inwieweit der griechische Staat als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agierte, die staatliche Intervention als Ganzes berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall hat der griechische Staat zur Erleichterung der Privatisierung von HSY große Beihilfen gewährt (konkret die vom Gesetz 2941/200 erfassten (160)). Er hat 4,3 Mio. EUR zurückgezahlt, hauptsächlich an die Beschäftigten von HSY, die das Geld im Rahmen der drei Erhöhungen des Aktienkapitals von HSY investiert hatten. Diese Maßnahme, die zum Ziel hatte, dass der Verkauf von HSY von den Beschäftigten nicht verhindert wird, wäre von einem marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber nicht akzeptiert worden, unter anderem auch deshalb, weil es keine vertragliche Verpflichtung gab, und darüber hinaus, weil die Beschäftigten der ETVA weiterhin 24 Mio. EUR schuldeten, nämlich den Preis für den Kauf der Firmenanteile. Schließlich hat der griechische Staat von den Kaufanwärtern verlangt, einen Teil des HSY-Preises in Form einer Erhöhung des Aktienkapitals zu zahlen (161). All diese Angaben belegen, dass der griechische Staat während des Verkaufs von HSY nicht die Maximierung der Einnahmen und die Minimierung der Kosten anstrebte, sondern die Erleichterung des Verkaufs von HSY und die Weiterführung der Geschäftstätigkeit der Werft. Demnach hat der griechische Staat bei diesem Verkauf nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agiert.

(326)

Aufgrund dieser drei genannten Einschätzungen folgert die Kommission, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber diese Bürgschaft nicht gewährt hätte.

(327)

Was den Vorteil und die Feststellung des Begünstigten angeht, so ist die Kommission der Auffassung, dass kein Kapitalgeber die HSY in ihrer Gesamtheit (das heißt inklusive Zivilbereich) ohne die Bürgschaft gekauft hätte. Im zweiten Deloitte-Bericht wird diese Schlussfolgerung bestätigt: „Aufgrund unserer Erfahrung und der obigen Analyse neigen wir zur Überzeugung dass kein vernünftiger Kapitalgeber bereit gewesen wäre, die Hellenic Shipyards zu kaufen und parallel dazu jedes zusätzliche Risiko im Hinblick auf staatliche Beihilfen zu übernehmen (das zu dieser Zeit weder sicher noch durch die EU quantifiziert war), und zwar für ein Unternehmen, das a) über mehrere Jahre im Eigentum und unter der Verwaltung einer unter staatlicher Kontrolle stehenden Gesellschaft (ETVA) stand, und gleichzeitig b) neben anderen Problemen im Betriebsablauf (wie niedrige Produktivität, hohe Betriebskosten, überzähliges Personal usw.) ein erhebliches negatives Eigenkapital hatte.“ Diese Schlussfolgerung wird ebenfalls dadurch bestätigt, dass Griechenland in der Voraussicht, dass diese Bürgschaft nötig wäre, um private Kapitalgeber anzulocken, in den Wettbewerbsunterlagen dem Höchstbietenden diese Bürgschaft in Aussicht stellte (162). Daraus folgt, dass die Bürgschaft zum Finden eines Käufers für HSY notwendig war, da ein Kapitalgeber, der die Lage von HSY durch eine Prospektprüfung kontrolliert hätte, festgestellt hätte, dass diese von unterschiedlichen Maßnahmen, möglicherweise Beihilfen, begünstigt worden war, die die Kommission zurückfordern könnte (163). Im Widerspruch zu dieser Schlussfolgerung behauptet Elefsis Shipyards, dass diese Bürgschaft nicht notwendig war, und sie tatsächlich bereit gewesen wäre, HSY ohne Bürgschaft zu kaufen; dies wird von ihrem Angebot für den HSY-Erwerb bestätigt, in dem die Bürgschaft keine Voraussetzung für diesen Kauf bildete. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Behauptung der Elefsis Shipyards nicht stichhaltig ist. Die Kommission weist darauf hin, dass, erstens, auch wenn es wahr sein soll, dass Elefsis Shipyards diese Bürgschaft in ihrem Angebot nicht forderte, dies nicht beweist, dass sie die Bürgschaft nicht zu einem späteren Zeitpunkt der Verhandlungen gefordert hätte, wenn sie bevorzugter Kaufanwärter geworden wäre (164). Es ist sehr wahrscheinlich, dass Elefsis Shipyards dies getan hätte. In der Tat, direkt nachdem HSY an die HDW/Ferrostaal verkauft wurde, hat die Elefsis Shipyards Beschwerden an die Kommission mit der Behauptung gerichtet, dass HSY bereits viele und hohe Beihilfen bekommen hatte, die die Kommission zurückfordern müsste. Ein Kapitalgeber, der überzeugt ist, dass ein Unternehmen Dutzende von Mio. EUR an widerrechtlichen Beihilfen bekommen hat, übernimmt nicht selbst das Kaufrisiko, außer wenn er die entsprechende Bürgschaft bekommt. Die Kommission verwirft daher die Behauptung von Elefsis Shipyards und ist der Auffassung, dass kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die HSY als Gesamtheit, inklusive des Zivilbereichs, ohne diese Bürgschaft gekauft hätte. Wie zuvor erwähnt, wäre HSY nicht verkauft worden, hätte Griechenland weiterhin den Verteidigungsbereich gemäß Artikel 296 des EG-Vertrags gestützt. Dagegen wäre gemäß Artikel 87 des EG-Vertrags Griechenland nicht erlaubt worden, den Zivilbereich finanziell zu unterstützen. Die Kommission weist darauf hin, dass sich die finanzielle Situation von HSY zwischen 1998 und 2002 in spektakulärer Weise verschlechterte. Auch wenn HSY keine getrennte Buchführung für Tätigkeiten im Zivilbereich veröffentlicht, kann angemessenerweise angenommen werden, dass die genannten Tätigkeiten in all diesen Jahren extrem defizitär waren. Mit Ausnahme der Schiffsreparatur waren die drei Hauptverträge im Zivilbereich, die in diesen Jahren ausgeführt wurden, die Verträge mit ISAP, OSE und Strintzis Lines. Wie in dieser Entscheidung erläutert (siehe Beschreibung und Bewertung von Maßnahme E12c), wurden die Verträge mit OSE und ISAP mit gravierenden Verzögerungen ausgeführt und zwangen HSY zur Leistung von hohen Strafzinsen und zur Lieferung von kostenlosen Fahrzeugen, was hohen Kosten entsprach. Es ist demnach deutlich, dass diese Verträge in hohem Maße defizitär waren. Wie ebenfalls in dieser Entscheidung erläutert, war der Vertrag mit Strintzis Lines Anfang 1999 ein großer Misserfolg für HSY. Der Vertrag wurde 2002 gekündigt, HSY war gezwungen, die vertragliche Entschädigung an Strintzis Lines zu zahlen und hat die Schiffe 2004 zu einem Preis verkauft, der einem Bruchteil des zweistelligen EUR-Millionenbetrags entsprach, den HSY der Bau gekostet hat. Demnach war dieser Vertrag ebenfalls sehr defizitär. Schließlich war das letzte Zivilgeschäft die Schiffsreparatur. Es ist ein Geschäft mit geringen Gewinnspannen, da der Wettbewerb unter den Werften sehr hart ist. Folglich bezweifelt die Kommission, dass dieses Geschäft profitabel war; es war auf jeden Fall nicht geeignet, einen Verlustausgleich zu den großen Verlusten aus den Verträgen mit ISAP, OSE und Strintzis Lines herzustellen. Daher ist die Annahme angemessen, dass die Tätigkeiten im Zivilbereich bis 2002 extrem defizitär waren. Wie in dieser Entscheidung bewiesen, wurden diese Tätigkeiten fortlaufend mit Beihilfen unterstützt, von denen ein Teil jetzt zurückgefordert werden muss. Und das Wesentlichste: Die Ausführungsmängel der Verträge mit ISAP, OSE und Strintzis Lines beweisen, dass die Zivilgeschäfte weiterhin defizitär gewesen wären, wenn ein großes Unternehmen sie nicht aufgekauft und durch ihre technischen und verwaltungstechnischen Fähigkeiten bereichert hätte. Im zweiten Deloitte-Bericht wird bestätigt, dass HSY Probleme im Betriebsablauf hatte (niedrige Produktivität, hohe Betriebskosten, überzähliges Personal usw.). Wären die Tätigkeiten im Zivilbereich nicht verkauft worden, wären sie bald zugrunde gegangen (außer wenn Griechenland diese Tätigkeiten weiterhin durch widerrechtliche und nicht vereinbare Beihilfen unterstützt hätte). Kurz gefasst hat die Kommission an dieser Stelle bewiesen, dass ohne die Bürgschaft kein Kapitalgeber den Zivilbereich von HSY gekauft hätte, der dann bald zugrunde gegangen wäre. Die Kommission folgert, dass HSY durch die Bürgschaft begünstigt und die Weiterführung der Tätigkeiten im Zivilbereich durch sie ermöglicht wurde.

(328)

Elefsis Shipyards stimmt mit dieser Schlussfolgerung in Bezug auf den von der Maßnahme Begünstigten nicht überein. Sie behauptet, dass außer HSY auch HDW/Ferrostaal von der Bürgschaft, die ETVA gewährt hat, begünstigt wurde. Die Kommission stimmt mit dieser Einschätzung nicht überein. Es ist erwiesen, dass bereits in den Wettbewerbsunterlagen, die den Kaufanwärtern vorgelegt wurden, erwähnt war, dass sie im Fall einer Rückforderung der staatlichen Beihilfen von der HSY entschädigt würden. Als daher HDW/Ferrostaal ihr Angebot für HSY machte, nahm sie es als gegeben an, dass sie im Fall der eventuellen Rückforderung an HSY von ETVA entsprechend entschädigt würde (165). Das bedeutet, dass im Kaufpreisangebot von HDW/Ferrostaal die Schadloshaltung bereits berücksichtigt worden war. Demnach hat die Bürgschaft HDW/Ferrostaal nicht begünstigt.

(329)

Die Kommission folgert, dass die Bürgschaft, die ETVA HDW/Ferrostaal gewährte, eine staatliche Beihilfe mit HSY als Beihilfeempfänger im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags darstellt. Da sie, entgegen der Forderung nach Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags, ohne vorherige Anmeldung gewährt wurde, ist sie eine widerrechtliche Beihilfe.

(330)

Die Bürgschaft, die der griechische Staat der Piraeus Bank gewährte, ist ebenfalls eine Beihilfe. Es handelt sich um eine selektive Maßnahme, die durch öffentliche Mittel finanziert wird. Ein Kapitalgeber, der ETVA unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen verkaufte, würde diese Bürgschaft nicht gewähren. In der Tat war die einzige Begründung der Garantieleistung die Bürgschaft von ETVA an HDW/Ferrostaal. Wäre diese letzte Bürgschaft nicht gewährt worden, wäre die Leistung der Bürgschaft an die Piraeus Bank nicht nötig gewesen. Da — wie bereits erklärt — kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Bürgschaft geleistet hätte, die ETVA gewährte und die eine staatliche Beihilfe darstellt, hätte auch kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Bürgschaft an die Piraeus Bank gewährt (da sie nicht entscheidend und somit nicht nötig gewesen wäre). Was die Feststellung des durch die Bürgschaft des griechischen Staats an die Piraeus Bank Begünstigten betrifft, weist die Kommission darauf hin, dass vorliegendes Verfahren die potentiellen staatlichen Beihilfen für HSY betrifft. In der Entscheidung zur Ausdehnung des Verfahrens wird kein anderer potentieller Empfänger erwähnt. Demnach werden im Rahmen dieses Verfahrens nur die Beihilfen für HSY untersucht. Wenn die Bürgschaft, die der griechische Staat der Piraeus Bank gewährte, als Beihilfe für HSY gewertet wird, wäre sie keine zusätzliche staatliche Beihilfe zu der, die in der Bürgschaft von ETVA an HDW/Ferrostaal enthalten ist. In der Tat hat sich genau aufgrund dieser letzten Bürgschaft ein privater Kapitalgeber zum Kauf von HSY bereitgefunden, so dass ihre Tätigkeiten im Zivilbereich erhalten blieben. Das bedeutet, dass die Bürgschaft, die der griechische Staat der Piraeus Bank gewährte, HSY keinen zusätzlichen Vorteil verschaffte und somit nicht als zusätzliche Beihilfe betrachtet werden kann: alle Vorteile, die HSY gewährt werden, liegen in der Bürgschaft, die ETVA an HDW/Ferrostaal leistete. In vorliegendem Verfahren, das die potentiellen staatlichen Beihilfen für HSY behandelt, muss sich demnach die Kommission keine endgültige Meinung darüber bilden, wer von der Bürgschaft des griechischen Staats an die Piraeus Bank begünstigt wurde, und diese letzte Bürgschaft auch nicht prüfen. Es genügt, wenn sie die erste Bürgschaft prüft — ΕΤVΑ an HDW/Ferrostaal — und sie annulliert, sofern diese als nicht vereinbare Beihilfe für HSY gewertet wird.

4.16.5.3.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(331)

In Bezug auf die Bürgschaft von ΕΤVΑ an HDW/Ferrostaal ist der Kommission nicht verständlich, wie diese Beihilfe als vereinbar mit Artikel 87 Absätze 2 und 3 des EG-Vertrags beurteilt werden könnte. Zu Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) des EG-Vertrags weist die Kommission darauf hin, dass das Unternehmen HSY in einer Krise war. Die Kommission hat bereits darauf hingewiesen, dass für die Beihilfen für den Schiffbau seit dem 1. Januar 1999 die Verordnung (EG) Nr. 1540/98 des Rates gilt. In Artikel 5 der Verordnung steht, Umstrukturierungsbeihilfen „können ausnahmsweise als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, wenn sie mit den Gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten in Einklang stehen“. Die Leitlinien, die damals für die Leistung von Bürgschaften galten, waren die Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung 1999. Die Bürgschaft erfüllte eindeutig nicht alle unter Randnummer 3.2.2 der Leitlinien vorgesehenen Voraussetzungen für die Beihilfe. Zum Beispiel gemäß dem Grundsatz b) „Wiederherstellung der Rentabilität“: die Gewährung der Beihilfe „wird von der Durchführung des Umstrukturierungsplans abhängig gemacht, der bei allen Einzelbeihilfen von der Kommission gebilligt werden muss“. Die Kommission weist darauf hin, dass die Leistung der Bürgschaft nicht von der Durchführung eines Umstrukturierungsplans abhing. Solange dieses Vorhaben der Kommission nicht vorlag, wurde es auch nicht genehmigt. Die Leitlinien führen zudem an: „Dieser Plan ist der Kommission mit allen erforderlichen Angaben […] vorzulegen.“ Die vorherige Konsultation mit der Kommission war in diesem Fall besonders erforderlich, da die Kommission einen Umstrukturierungsplan, der die Rentabilität von HSY nicht wiederherstellen konnte, bereits genehmigt hatte (1997). Die Bürgschaft verstieß auch gegen den Grundsatz der „einmaligen Beihilfe“ („one time, last time“), vorgesehen in der Randnummer 3.2.3 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung 1999. In der Tat hat die Kommission mit Entscheidung N 401/97 gemäß Richtlinie Nr. 90/684/EWG des Rates die Leistung von Investitionsbeihilfen, die eine Art von Umstrukturierungsbeihilfen sind, genehmigt (166). Wie in Erwägung von Maßnahme D1 erklärt, hat der griechische Staat diese Beihilfe im Dezember 1997 gewährt (aber ohne sie zu entrichten). Wie in dieser Entscheidung bewiesen, hat das Unternehmen auch in den Jahren vor der Privatisierung von 2001—2002 viele nicht angemeldete und nicht vereinbare Beihilfen erhalten. Die mit der Entscheidung in der Sache C 10/94 genehmigten Umstrukturierungsbeihilfen wurden der Werft gewährt, die begleitenden Bedingungen jedoch nicht eingehalten.

(332)

Da die Bürgschaft, die HDW/Ferrostaal von ETVA erhalten hat, eine nicht vereinbare Beihilfe zugunsten von HSY darstellt, ist die Kommission der Auffassung, dass sie sofort beendet werden muss.

4.16.5.4.   Verbot der Bürgschaft an sich (per se)

(333)

Wie in der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung erwähnt, ist die Bürgschaft, die HDW/Ferrostaal erhalten hat, auch aus einem zweiten Grund mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Bürgschaft an sich (per se) nicht vereinbar ist, da sie die Durchführung der EG-Beihilfevorschriften nicht erlaubt, indem sie die praktische Wirksamkeit („effet utile“) jeglicher Beihilferückforderung von HSY verhindert.

(334)

TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki und HSY bezweifeln diese Betrachtungsweise. Konkret erinnern sie daran, dass im Falle einer Entschädigungszahlung diese nicht von HSY eingenommen wird. Tatsächlich sichert die von ETVA gewährte Bürgschaft HDW/Ferrostaal und nicht HSY ab. Wenn demnach die Kommission die Rückforderung der Beihilfe anordnet, muss HSY sie zurückerstatten, um die Versetzung in den vorherigen Zustand zu erreichen. TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki kann nicht verstehen, weshalb ihre Entschädigung (als Nachfolgerin von HDW/Ferrostaal) dieses Ergebnis aufheben würde. Tatsächlich hat TKMS/ΕΝΑΕΧ keine Verpflichtung, die erhaltene Entschädigung in HSY zu reinvestieren.

(335)

Die Kommission weist darauf hin, dass 100 % der HSY-Firmenanteile von HDW/Ferrostaal aufgekauft wurden und jetzt TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki gehören. Das bedeutet, dass sie eine einheitliche Wirtschaftseinheit bilden, auch wenn HSY und ihr Aktionär zwei unterschiedliche Rechtspersonen sind. Aufgrund der Bürgschaft wird diese Wirtschaftseinheit vollständig (zu 100 %) für jede Beihilfe entschädigt, zu deren Rückerstattung sie gegenüber dem griechischen Staat verpflichtet sein sollte. Demnach ist die Kommission der Auffassung, dass auf diese Art die praktische Wirksamkeit (effet utile) jedes Rückforderungsverfahrens aufgehoben wird.

(336)

Was das Fehlen einer Rechtsbestimmung angeht, die TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki verpflichtet, jede gewährte Entschädigung HSY wieder zuzuführen, kann die Kommission nicht verstehen, auf welche Weise dies die vorige Schlussfolgerung aufhebt. Die Kommission weist zusätzlich darauf hin, dass da, wo keine Verpflichtung besteht, es auch kein Verbot dafür geben kann. Demnach könnte TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki die erhaltene Entschädigung bei HSY einbringen. Darüber hinaus kann man annehmen, dass TKMS als erfolgreiche private Unternehmensgruppe ihre finanziellen Mittel auf die bestmögliche Weise den Rechtspersonen ihrer Unternehmensgruppe zur Verfügung stellt. Daraus folgt, wenn eine Rechtsperson der Unternehmensgruppe eine Strafe zahlen muss und eine andere eine Entschädigung für diese Strafe bekommt, wird der Vorstand der Unternehmensgruppe beschließen, die Entschädigungssumme an die erste Rechtsperson zu übertragen, um die bestmögliche Aufgliederung der Mittel unter den Rechtspersonen der Unternehmensgruppe zu erreichen. Auch wenn TKMS/Εlliniki Nafpigokataskevastiki nicht verpflichtet ist, die Mittel der HSY wieder zuzuführen, ist es wahrscheinlich, dass der Vorstand so entscheiden wird.

(337)

Die Kommission folgert, dass die Beihilfe, die HDW/Ferrostaal von ETVA erhalten hat, an sich (per se) mit den Beihilfevorschriften nicht vereinbar ist.

5.   SCHLUSSFOLGERUNG

(338)

Die Kommission stellte fest, dass von den sechzehn Maßnahmen Der förmlichen Prüfung manche keine staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 sind, manche eine vereinbare Beihilfe sind, andere nicht vereinbare Beihilfen, während mehrere Beihilfen, die in der Vergangenheit von der Kommission genehmigt waren, missbräuchlich durchgeführt wurden. Bei Fällen von nicht vereinbaren staatlichen Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags gewährt worden sind, und solchen der missbräuchlichen Durchführung von Beihilfen kam die Kommission zum Ergebnis, dass diese Beihilfen zurückgefordert werden müssen.

(339)

Die Kommission ist der Auffassung, dass das nachfolgend dargelegte Problem die effektive Beihilferückforderung eventuell verhindern könnte, sowie dass zusätzliche Bedingungen vorgeschrieben werden müssen, um das zu vermeiden. Dieses Thema wird im nächsten Kapitel erwogen.

5.1.   Sicherstellung, dass die Rückzahlung der Beihilfen, die für den Zivilbereich von HSY gewährt wurden, nicht teilweise vom Verteidigungsbereich finanziert wird

(340)

Wie in Kapitel 3.3 erläutert und für die entsprechenden Maßnahmen gültig, hat die Kommission akzeptiert, dass im Fall der Leistung von staatlichen Beihilfen an die Werft, die nicht zur Finanzierung einer bestimmten Tätigkeit vorgesehen waren, davon ausgegangen werden kann, dass den Tätigkeiten im Verteidigungsbereich 75 % dieser Beihilfen zugute kamen und dem Zivilbereich 25 %. Diese Schlussfolgerung stützt sich darauf, dass HSY keine getrennte Buchführung hat und demnach die Nutzung dieser Mittel nicht beurteilt werden kann.

(341)

Unter der Annahme, dass 75 % aller zugeführten staatlichen Mittel die Tätigkeiten im Verteidigungsbereich der Werft finanzieren, muss die Kommission auch folgern, dass 75 % jeder Geldabführung aus der Werft den Verteidigungsbereich der HSY belasten werden. Das bedeutet, dass 75 Cent von jedem von der Werft zurückgeforderten EUR den Verteidigungsbereich der HSY belasten werden. Die Forderung an HSY, die Beihilfen zurückzuerstatten, die den Tätigkeiten der Werft im Zivilbereich gewährt wurden, wird nur zur Versetzung in den vorherigen Zustand führen, wenn Griechenland bei der Kommission stichhaltige Beweise einreicht, dass diese Rückzahlung ausschließlich vom Zivilbereich der Werft finanziert wurde.

(342)

Da die meisten HSY-Tätigkeiten aus dem Verteidigungsbereich stammen und HSY keine getrennten Bücher für Tätigkeiten im Zivilbereich führt, besteht klar die Gefahr, dass die Rückzahlung der Beihilfen, die für Tätigkeiten der Werft im Zivilbereich gewährt wurden, hauptsächlich aus Kapital finanziert wird, das sonst Tätigkeiten im Verteidigungsbereich zufließen würde. Die Rückforderung, die gänzlich den Zivilbereich der Werft belasten sollte, würde hauptsächlich den Verteidigungsbereich belasten. Da der griechische Staat eine umfangreiche und wiederholte finanzielle Unterstützung und Finanzierung für Tätigkeiten im Verteidigungsbereich der HSY gewährt hatte (167), entspricht die Nutzung von Mitteln für zivile Tätigkeiten — die sonst Tätigkeiten im Militärbereich finanzieren würden — der Übertragung der staatlichen Beihilfen auf die Tätigkeiten im Zivilbereich der Werft. Das bedeutet, dass ein Teil der finanziellen Unterstützung der Tätigkeiten im Verteidigungsbereich seitens des griechischen Staates in Wirklichkeit die Tätigkeiten im Zivilbereich von HSY unterstützen wird (und folglich nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags fällt; in der Tat können diese Mittel zur Finanzierung der Tätigkeiten im Verteidigungsbereich nicht als erforderlich angesehen werden, da sie nicht zu diesem Zweck verwendet werden). Demnach wird es keine Versetzung der Märkte im Zivilbereich in den vorherigen Zustand geben, und darüber hinaus werden automatisch auch andere nicht vereinbare Beihilfen an den Zivilbereich der HSY gewährt.

(343)

Um daher die Rückversetzung in den Zustand, der ohne staatliche Beihilfe geherrscht hätte, zu erreichen und um die Leistung weiterer Beihilfen an das Zivilgeschäft zu verhindern, muss Griechenland die Rückforderung der Beihilfen ausschließlich vom Zivilbereich der Werft sichern (168)

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfen für Investitionsleistungen, die HSY vor dem 31. Dezember 2001 im Rahmen des Investitionsplans realisiert hatte, beschrieben in der Entscheidung der Kommission vom 15. Juli 1997 zur Rechtssache N 401/97 (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme D1 genannt), fallen in den Anwendungsbereich der Entscheidung der Kommission vom 15. Juli 1997.

Jede Beihilfe für andere von der HSY realisierten Investitionsleistungen — und insbesondere Investitionsleistungen, die nach dem 31. Dezember 2002 realisiert wurden — fällt nicht in den Anwendungsbereich der Entscheidung der Kommission vom 15. Juli 1997 und ist mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Artikel 2

Die Bürgschaft, die Griechenland ETVA mit Entscheidung vom 8. Dezember 1999 gewährte — ein Darlehen von ETVA an HSY über 4,67 Mrd. GRD (13,72 Mio. EUR) — (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme D2 genannt), stellt als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und ist mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Sollte die Bürgschaft zum Datum dieser Entscheidung weiterhin bestehen, muss die staatliche Bürgschaft sofort gesperrt werden. Darüber hinaus müssen die Beihilfen für den Zeitraum von der vollständigen Rückzahlung des garantierten Darlehens an die HSY bis zur Tilgung der Bürgschaft zurückgefordert werden.

Die zurückzufordernde Bürgschaft entspricht der Differenz zwischen dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 600 Basispunkte und den gesamten Finanzierungskosten des garantierten Darlehens (Zinssatz zuzüglich Garantiegebühr, die HSY entrichtete).

Artikel 3

Das Darlehen über 1,56 Mrd. GRD (4,58 Mio. EUR), gewährt im Juli 1999 von ETVA an HSY und 2004 getilgt (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme D3 genannt), stellt als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und ist mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Für den Zeitraum von der vollständigen Entrichtung des Darlehens an HSY bis zur Tilgung entspricht die zurückzufordernde Bürgschaft der Differenz zwischen dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 600 Basispunkte und dem Zinssatz des Darlehens.

Artikel 4

Das zweijährige Darlehen über 13,75 Mio. EUR vom 31. Mai 2002 zwischen ETVA und HSY, das HSY nie entrichtet wurde (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme D4 genannt), stellt keine Beihilfe dar.

Artikel 5

Die Beihilfe über 54 Mrd. GRD (160 Mio. EUR), genehmigt mit Entscheidung der Kommission vom 15. Juni 1997 zur Rechtssache staatliche Beihilfe C 10/94 (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E7 genannt), ist missbräuchlich durchgeführt worden und muss zurückgefordert werden.

Artikel 6

Die Beihilfe über 29,5 Mio. EUR, genehmigt mit Entscheidung der Kommission vom 5. Juni 2002 zur Rechtssache N 513/01 (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E8 genannt), ist missbräuchlich durchgeführt worden und muss zurückgefordert werden.

Artikel 7

75 % der Kapitalzuführung in Höhe von 8,72 Mrd. GRD (25,6 Mio. EUR) von ETVA an HSY in den Jahren 1996 und 1997 (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E9 genannt) unterliegen Artikel 296 des EG-Vertrags. Die restlichen 25 % stellen als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und sind mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Artikel 8

Die Kapitalzuführung über 800 Mrd. GRD (2,3 Mio. EUR) von ETVA an HSY vom 20. Mai 1998 (diese und die zwei nächsten Erhöhungen des Aktienkapitals wurden in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E10 genannt) stellt keine Beihilfe dar.

Die Kapitalzuführungen über 321 Mio. GRD (0,9 Mio. EUR) und 397 Mio. GRD (1,2 Mio. EUR) von ETVA an HSY am 24. Juni 1999 und am 22. Mai 2000 stellen als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und sind mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar. Diese Beihilfe muss zurückgefordert werden.

Artikel 9

Die Nachbürgschaften, die der griechische Staat ETVA gewährte, um für die Garantien zu bürgen, die ETVA im Rahmen der Verträge von HSY mit der Hellenic Railways Organisation (OSE) und der Athens Piraeus Electric Railways (ISAP) schloss (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E12b genannt), stellen als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und sind mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Bei den Nachbürgschaften der Verträge mit ISAP entspricht die Beihilfe der Differenz zwischen der jährlichen Garantiegebühr von 480 Basispunkten (das heißt 4,8 %) und den Prämien, die HSY tatsächlich entrichtete (das heißt die Garantiegebühr, die HSY an ETVA entrichtete, zuzüglich der Garantiegebühr an den griechischen Staat). Diese Beihilfe muss für den Zeitraum bis zur Tilgung der Nachbürgschaft des griechischen Staates zurückgefordert werden.

Sollten die Nachbürgschaften der Verträge mit OSE immer noch gültig sein, müssen sie sofort gesperrt werden. Darüber hinaus müssen die Beihilfen für den Zeitraum seit Geltungsdauer der Nachbürgschaften zurückgefordert werden. Die zurückzufordernden Garantien entsprechen der Differenz zwischen der jährlichen Garantiegebühr von 680 Basispunkten (das heißt 6,8 %) und den Prämien, die HSY tatsächlich entrichtete (das heißt die Garantiegebühr, die HSY an ETVA entrichtete, zuzüglich der Garantiegebühr an den griechischen Staat).

Artikel 10

Die Durchführung der Verträge zwischen HSY und OSE bzw. ISAP sowie die Änderung der Verträge, von OSE 2002-2003 angenommen (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E12c genannt), stellt keine Beihilfe dar.

Artikel 11

Das Darlehen über 16,9 Mrd. GRD (49,7 Mio. EUR), gewährt am 29. Oktober 1999 von ETVA an HSY und 2004 getilgt (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E13a genannt), stellt als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und ist mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Die zurückzufordernde Beihilfe für den Zeitraum bis zum Juni 2001 entspricht der Differenz zwischen dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 600 Basispunkte und dem Zinssatz, den HSY tatsächlich an ETVA entrichtete.

Für den Zeitraum bis zur Tilgung des Darlehens entspricht die zurückzufordernde Beihilfe der Differenz zwischen dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 400 Basispunkte und dem Zinssatz, den HSY tatsächlich an ETVA entrichtete.

Artikel 12

Die Bürgschaften über 3,26 Mio. EUR bzw. 3,38 Mio. EUR, die ETVA am 4. März 1999 bzw. 17. Juni 1999 gewährte und die 2002 storniert wurden (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E13b genannt), stellen als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und sind mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Die zurückzufordernde Beihilfe für den Zeitraum bis zum Abbau der Bürgschaften entspricht der Differenz zwischen der jährlichen Garantieprämie von 480 Basispunkten (4,8 %) und den Darlehensprämien, die HSY tatsächlich entrichtete.

Artikel 13

75 % der staatlichen Bürgschaft, gewährt am 8. Dezember 1999 als Sicherheit für ein Darlehen in Höhe von 10 Mrd. GRD (29,3 Mio. EUR), das ETVA an HSY geleistet hat (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E14 genannt), fallen in den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags.

Die restlichen 25 % der staatlichen Bürgschaft fallen nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags und stellen als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar. Ein Betrag von 750 Mrd. GRD (2,20 Mio. EUR) dieser Beihilfe war mit dem Gemeinsamen Markt bis zum 31. März 2002 vereinbar. Nach diesem Datum war nur ein Betrag von 1,32 Mio. EUR mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Der Rest der Beihilfe ist nicht vereinbar.

Wenn die Bürgschaft des griechischen Staates weiterhin besteht, muss der Teil dieser Bürgschaft, der eine nicht vereinbare Beihilfe darstellt (das heißt 25 % der noch laufenden Bürgschaft, minus 1,32 Mio. EUR, die vereinbar sind), sofort gesperrt werden.

Für den Zeitraum von der Entrichtung des Darlehens an HSY bis zum Ablauf der nicht vereinbaren Bürgschaft des griechischen Staates muss darüber hinaus die Beihilfe zurückgefordert werden, die der Differenz zwischen dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 600 Basispunkte und den gesamten Finanzierungskosten des garantierten Darlehens (Zinssatz zuzüglich der Garantiegebühr, die HSY entrichtete) entspricht.

Diese Beihilfe wird in Relation zum Anteil der staatlichen Bürgschaft berechnet, die eine nicht vereinbare Beihilfe darstellte.

Artikel 14

75 % der Darlehen von 1,99 Mrd. GRD (5,9 Mio. EUR) bzw. 10 Mio. USD bzw. 5 Mio. USD, die ETVA an HSY am 25. Juli bzw. am 15. Oktober 1997 bzw. am 27. Januar 1998 geleistet hat (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E16 genannt), fallen in den Anwendungsbereich von Artikel 296 des EG-Vertrags.

Die restlichen 25 % der genannten Darlehen stellen eine Beihilfe dar.

Die im ersten Darlehen beinhaltete Beihilfe in GRD entspricht der Differenz zwischen dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 400 Basispunkte und dem Zinssatz, den HSY tatsächlich entrichtete. Die im zweiten und dritten Darlehen beinhaltete Beihilfe in USD entspricht der Differenz zwischen LIBOR für USD-Handel zuzüglich 475 Basispunkte und dem Zinssatz, den HSY entrichtete.

In allen drei Fällen ist die Beihilfe als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags durchgeführt worden und ist mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

Diese Beihilfen müssen demnach zurückgefordert werden.

Artikel 15

25 % der 81,3 Mio. EUR und der 40 Mio. EUR, welche annähernde Schätzungen der Vorauszahlungen bilden, die die Griechische Marine in den Jahren 2000 und 2001 in Überschreitung der HSY-Kosten für die Erfüllung dieser Verträge entrichtete (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme Ε17 genannt), stellen eine Beihilfe für ein Jahr dar.

Die Beihilfe ist als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags durchgeführt worden und mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar. Die zurückzufordernde staatliche Beihilfe entspricht dem Referenzsatz für Griechenland zuzüglich 600 Basispunkte, der für ein Jahr berechnet werden muss.

Artikel 16

Die Schadloshaltung, die ETVA der HDW/Ferrostaal gewährte und die besagt, dass ETVA die HDW/Ferrostaal für jede staatliche Beihilfe entschädigen wird, die von HSY zurückgefordert wird (in der Einleitung dieser Entscheidung Maßnahme E18c genannt), stellt als Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags eine Beihilfe dar und ist mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar. Darüber hinaus ist die Bürgschaft per se nicht vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und muss demnach sofort gesperrt werden.

Artikel 17

Da die zurückzufordernde Beihilfe, wie in den Artikeln 2, 3, 5, 6, 8, 9 und 11 bis 15 bestimmt, nur und ausschließlich dem Zivilbereich von HSY zugutegekommen ist, muss die Beihilfe vom Zivilbereich der HSY zurückgefordert werden. Dazu muss Griechenland detaillierte Belege dazu einreichen — einschließlich der Bescheinigung eines unabhängigen Unternehmens, das die Buchführung kontrolliert —, dass die Rückzahlung ausschließlich vom Zivilbereich der HSY finanziert wurde.

Artikel 18

(1)   Griechenland wird von HSY die zurückzufordernden Beihilfen verlangen, wie in den Artikeln 2, 3, 5, 6, 8, 9 und 11 bis 15 bestimmt.

(2)   Die zurückzufordernden Beträge sind seit dem Datum, an dem sie HSY zur Verfügung gestellt wurden, und bis zur konkreten Wiedergewinnung mit Zinsen belastet.

(3)   Der Zins wird durch Aufzinsung gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission berechnet (169).

(4)   Die Rückforderung der Beihilfe ist unmittelbar und konkret.

(5)   Griechenland stellt die Erfüllung dieser Entscheidung innerhalb von vier Monaten nach Anmeldung sicher.

Artikel 19

(1)   Innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung dieser Entscheidung reicht Griechenland folgende Ausführungen bei der Kommission ein:

a)

den Betrag (Kapital zuzüglich Rückforderungszinsen), der vom Empfänger zurückgefordert wird;

b)

die detaillierte Beschreibung der bereits ergriffenen und der geplanten Maßnahmen zur Einhaltung dieser Entscheidung;

c)

Dokumente, die belegen, dass dem Empfänger die Beihilferückzahlung angeordnet wurde.

(2)   Griechenland hält die Kommission über die Fortschritte der ergriffenen nationalen Maßnahmen zur Erfüllung der Beihilferückforderung auf dem Laufenden, reicht nach einfachem Antrag der Kommission sofort Ausführungen zu bereits ergriffenen und geplanten Maßnahmen zur Einhaltung dieser Entscheidung ein und reicht auch detaillierte Ausführungen über die Beihilfebeträge und die Rückforderungszinsen ein, die bereits vom Empfänger wiedergewonnen sind.

Artikel 20

Diese Entscheidung ist an die Hellenische Republik gerichtet.

Brüssel, den 2. Juli 2008

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  Die Einleitung des Verfahrens wurde im ABl. C 202 vom 10.8.2004, S. 3 mitgeteilt Die Ausdehnung des Verfahrens wurde im ABl. C 236 vom 30.9.2006, S. 40 mitgeteilt.

(2)  ABl. C 47 vom 12.2.1998, S. 3. Die Entscheidung wurde Griechenland am 1. August 1997 (Schreiben SG(97)D6556) übersandt.

(3)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(4)  ABl. C 202 vom 10.8.2004, S. 3.

(5)  Siehe Anmerkung 1.

(6)  S. Anmerkung 1.

(7)  S. Anmerkung 1.

(8)  Es wird in Erinnerung gerufen, dass die Stellungnahmen der Beteiligten in der Tat zwecks Vorlage von Bemerkungen an die griechischen Behörden weitergeleitet werden müssen. Griechenland steht danach eine Monatsfrist zur Erwiderung zur Verfügung. Im Falle ausführlicher Äußerungen könnte die griechische Seite um einen längeren Zeitraum für die Erwiderung ersuchen. Sollten gewisse Behauptungen nicht ausreichend belegt sein, so könnten die Kommissionsbehörden weitere Unterlagen zu ihrer Untermauerung anfordern. Ebenso können die Kommissionsbehörden der griechischen Seite detaillierte Fragen im Hinblick auf neue in den Stellungnahmen der Beteiligten erwähnte Angelegenheiten unterbreiten.

(9)  Das betreffende Schreiben umfasst 65 Seiten zuzüglich Anhang von 290 Seiten, das Schreiben vom 24. April umfasst 35 Seiten zuzüglich Anhang von 900 Seiten, und das Schreiben vom 2. Juni umfasst 63 Seiten zuzüglich Anhang von 1 750 Seiten.

(10)  Die Angaben im vorliegenden Abschnitt stammen vorwiegend aus dem Schriftstück: „Hellenic Shipyards S.A. — Confidential Information Memorandum — Alpha Finance/Commercial Bank of Greece/KPMG/Elias SP. Paraskevas“ vom März 2001, das an die Kaufinteressenten verteilt wurde. Eine Abschrift des genannten Berichts wurde durch die TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki mit Schreiben vom 21. Juni 2007 zugesandt.

(11)  ABl. L 380 vom 31.12.1990, S. 27. Die Griechenland betreffenden Sonderverordnungen fallen unter Art. 10.

(12)  ABl. C 88 vom 30.3.1993, S. 6.

(13)  ABl. C 138 vom 20.5.1994, S. 2.

(14)  PV (95) 1258 vom 26.7.1995, SEC(95) 1322/2 vom 24.7.1995.

(15)  ABl. C 68 vom 6.3.1996, S. 4.

(16)  ABl. C 80 vom 13.3.1997, S. 8.

(17)  ABl. L 148 vom 6.6.1997, S. 1.

(18)  ABl. C 306 vom 8.10.1997, S. 5.

(19)  Der Zusammenschluss wurde durch Entscheidung der Kommission in der Sache M.2772 vom 25.4.2002 (ABl. C 143 vom 15.6.2002, S. 7) gebilligt.

(20)  Der Zusammenschluss wurde durch die Entscheidung der Kommission M.3596 vom 10.12.2004 (ABl. C 103 vom 29.4.2006, S. 30) genehmigt.

(21)  Der Zusammenschluss wurde durch die Entscheidung der Kommission in der Sache M.3932 vom 10.11.2005 (ABl. C 287 vom 18.11.2005, S. 5) genehmigt.

(22)  ABl. C 186 vom 6.8.2002, S. 5.

(23)  ABl. L 75 vom 22.3.2005, S. 44.

(24)  Die griechischen Behörden bestätigten diese Einschätzung mit Schreiben vom 20. Oktober 2004.

(25)  Abschnitt 2.1 des Schreibens vom 20. Oktober 2004.

(26)  Zur Würdigung der Eigenmittel des Unternehmens ist das Eigenkapital höher als das Aktienkapital einzuschätzen. Das Eigenkapital berücksichtigt tatsächlich Gewinne und Verluste der vorangegangenen Jahre, welche die Eigenmittel des Unternehmens entsprechend erhöhen oder vermindern.

(27)  Das Geschäftsjahr dauerte vom 1.1.2003 bis 30.9.2003.

(28)  ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3.

(29)  Die Kommission weist darauf hin, dass HSY erfolglos versucht hat, Kapitalanleihen zu einem niedrigeren Zinssatz auf dem Kapitalmarkt zu tätigen. Dies geht aus den Protokollen des Verwaltungsrats von HSY vom 1. Dezember 1998 und 27. Januar 1999 hervor, deren Abschriften von TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki mit Schreiben vom 21. Juni 2007 eingereicht wurden. Der Versuch, auf dem Kapitalmarkt Darlehen zu tätigen, wurde auch in der Presse angeführt („Hellenic Shipyards beantragen erstes Darlehen auf dem Euromarkt“, „Hellenic Shipyards set first euromarket loan“, Reuters News, 19. März 1999).

(30)  Dank des Schuldenerlasses durch den griechischen Staat war HSY fast schuldenfrei, was dazu führte, dass die Zinsausgaben (das heißt die den Banken für gewährte Darlehen gezahlten Zinsen) in den Jahren 1997 und 1998 sehr niedrig waren (was sich in den Folgejahren dramatisch ändern sollte). Hätten sich 1997 und 1998 die Zinsausgaben auf normalerem Niveau bewegt, so wären die wirtschaftlichen Ergebnisse weniger günstig gewesen und 1998 wäre höchstwahrscheinlich kein Gewinn erzielt worden.

(31)  Der Umstrukturierungsplan sah ebenfalls einen starken Anstieg der Tätigkeit im Schiffsumbaubereich nach 1998 vor. Die Umsetzung dieses Ziels war HSY jedoch nicht gelungen.

(32)  Es handelte sich um praktisch den ersten Schiffbauvertrag, der im Verlauf von fast zwei Jahrzehnten mit einem Privatunternehmen abgeschlossen wurde.

(33)  Vom ersten Geschäftsjahr an umfassen die Jahresabschlüsse der HSY Prognosen über im Zuge der Ausführung des oben genannten Auftrags vorhergesagte Verluste. In den Folgejahren wuchs der prognostizierte Betrag kontinuierlich an. Darüber hinaus waren diese Prognosen scheinbar unzureichend, da TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki diesbezüglich gegen den Verkäufer von HSY vor Gericht geklagt hatte. Was den Abschluss eines an sich nicht profitablen Vertrags betrifft, merkt die Kommission an, dass durch diesen Abschluss die Unternehmensführung höchstwahrscheinlich die Fixkosten des Werftbetriebs decken (zu dieser Zeit lagen keine Schiffbauaufträge vor) und demzufolge die zu erwartenden Verluste gering halten wollte.

(34)  Dieser Auftrag fand auch in der Presse Erwähnung: siehe zum Beispiel den Artikel „Hellenic Shipyards schließen maßgeblichen Auftrag über Bau von Unterseebooten ab“ („Hellenic lands crucial submarine contract“), Lloyd's List International, 30. Juli 1999.

(35)  Laut S. 5-12 des Berichts der Deloitte Financial Advisory Services (nachstehend „erster Deloitte-Bericht“), den HSY zur Untermauerung seiner Stellungnahme zur Ausdehnung des Prüfverfahrens einreichte, sollte der Bau der Unterseeboote nicht vor 2003 beginnen.

(36)  Laut Presseveröffentlichungen warnte die Unternehmensführung von HSY die Aktionäre bereits im Oktober 1998 in Bezug auf die zu erwartenden Probleme (s. Artikel aus Anmerkung 38). Gemäß dem Protokoll der Verwaltungsratssitzung der HSY vom 1. Dezember 1998 wurden für 1999 Verluste erwartet. Die Unternehmensführung von HSY räumte Anfang Dezember 1999 öffentlich ein, die Werft werde für das Jahr 1999 und 2000 Verluste in Höhe von 10 Mrd. GRD (29 Mio. EUR) erzielen („Direktor von Hellenic Shipyards erwartet für 2001 Gewinne“, „Hellenic boss expects profit in 2001“, Lloyd's List International, 6. Dezember 1999). Die Wahrscheinlichkeit so hoher Verluste für das Jahr 1999 war bereits im November 1999 in der Presse angeführt worden („Hellenic Shipyards entlässt Brown & Root-Teams“, „Brown & Root team ousted from Hellenic“, Lloyd's List International, 19. November 1999).

(37)  Es sei denn, der griechische Staat würde zusätzliche (nicht vereinbarte) Beihilfen zur Stützung der zivilen Tätigkeitsbereiche der Werft gewähren und den militärischen Tätigkeitsbereich umfangreich fördern.

(38)  Demnach lief die Werft Gefahr, die von den griechischen Behörden versprochenen Investitionsbeihilfen nicht zu erhalten, die den 31. Dezember 1999 als Frist für den Abschluss des Investitionsplans vorsahen. Nach griechischer Gesetzgebung mussten für die Gewährung einer Verlängerung zu diesem Termin mindestens 50 % der Ausgaben getätigt worden sein.

(39)  Im Schriftstück „Hellenic Shipyards S.A. — Vertrauliches Memorandum — Alpha Finance/Commercial Bank of Greece/KPMG/Elias SP. Paraskevas“, „Hellenic Shipyards S.A. — Confidential Information Memorandum — Alpha Finance/Commercial Bank of Greece/KPMG/Elias SP. Paraskevas“) vom März 2001, das den Kaufinteressenten zur Verfügung gestellt wurde (eine Abschrift wurde von TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki mit dem Schreiben vom 21. Juni 2007 übermittelt), taucht folgende Beschreibung auf: „Im Jahr 1999 stellten sich die wirtschaftlichen Ergebnisse des Unternehmens gleichwohl erneut negativ dar. Brown & Roots beharrten darauf, Umstrukturierungen im Personalsektor vorzunehmen, was von den Aktionären (ETVA und Beschäftigte) nicht angenommen wurde und zur Auflösung des Vertrags mit Brown & Roots führte.“ (S. 15). Die Presseartikel sind noch deutlicher: „Man nimmt an, die Unternehmensführung habe die Eigentümer von HSY bereits seit dem vergangenen Oktober darüber informiert, dass das laufende Geschäftsjahr negativ verlaufen würde, wenn nicht Rationalisierungsmaßnahmen im Personalsektor vorgenommen würden, dessen Beschäftigte zusammen mit einer staatseigenen Bank Miteigentümer sind. Da nach vielen Jahren Gelder für die Modernisierung von HSY ausgegeben wurden, verstärkte die Errichtung neuer Anlagen das genannte Problem einer überzähligen Belegschaft, doch die Aktionäre haben bislang Vorschläge zur Kürzung von mindestens 250 Arbeitsplätzen vor allem im Angestelltenbereich zurückgewiesen. Gleichzeitig forderte die Unternehmensführung eine größere Flexibilität in den Arbeitsmethoden der Werft. Das Hauptproblem scheint jedoch der Konflikt mit der Gewerkschaftsführung zu sein, die eine Absetzung der achtköpfigen Unternehmensführung unter der Leitung von Herrn Groves forderte, die von der britischen Brown & Roots nach Griechenland entsandt wurde.“

(40)  Randnummer 68 der Entscheidung der Kommission vom 16. Juni 2004 über die Maßnahmen, die Spanien zugunsten von Siderúrgica Añón SA durchgeführt hat (ABl. L 311 vom 26.11.2005, S. 22); Randnummer 42 der Entscheidung der Kommission vom 11. Dezember 2002 über die staatliche Beihilfe, die Spanien zugunsten von Sniace SA gewährt hat (ABl. L 108 vom 30.4.2003, S. 35).

(41)  S. Anmerkung 34.

(42)  Seiten 5-19 des Berichts.

(43)  S. Anmerkung 28.

(44)  Hier beschreibt die Kommission eine Reihe von Fehlern, die im Kapitel 5.0 des ersten Deloitte-Berichts „Bonität der Hellenic Shipyards SA“ („Credit Worthiness of Hellenic Shipyards SA“) aufscheinen.

Zum ersten enthält der erste Deloitte-Bericht in Bezug auf die „Durchführung des Investitionsplans (aktueller Stand und Entwicklung)“ („Implementation of the Investment Plan (Status and Evolution)“) auf S. 5-4 die Behauptung, dass am 30. Juni 1999„der zertifizierte Betrag 50 % der Gesamtinvestition überstiegen hat“. In Wirklichkeit jedoch entsprach der zertifizierte Betrag am 30. Juni 1999 nur 18 % des gesamten Investitionsplans. Dies zeigt, dass die Durchführung des Investitionsplans langsam vonstatten ging. „Aktueller Stand und Entwicklung“ („Status and Evolution“) des Plans bildet daher eher einen „Negativ“-Faktor der Tabelle von S. 5-2 des Berichts.

Zum zweiten ist die Kommission in Bezug auf die Kriterien „Verfügbarkeit von als Sicherheiten hinterlegbaren Vermögenswerten“ („Availability of property that could be encumbered“) (S. 5-5 und 5-6) der Ansicht, dass in diesem Punkt nicht in die Würdigung eingeht, ob eine Privatbank die von ETVA und der öffentlichen Hand gestellten Darlehen und Bürgschaften gewährt haben könnte. Tatsächlich waren die genannten Darlehen und Bürgschaften nicht mit dinglichen Sicherheiten versehen worden. Bei der Würdigung, ob ein Darlehen oder Bürgschaft seitens des Staates eine Beihilfe darstellt, muss berücksichtigt werden, ob genau diese Transaktion auch für einen privaten Kapitalgeber akzeptabel gewesen wäre. Die Kommission muss nicht würdigen, ob HSY mit Abschluss eines andersartigen und dem Darlehensgeber mehr Rechte einräumenden Vertrags in der Lage gewesen wäre, die Darlehen und Bürgschaften zu erlangen. Selbst wenn das Bestehen von als Sicherheiten hinterlegbaren Vermögenswerten maßgeblich gewesen wäre, bemerkt die Kommission, dass die bestehenden Vermögenswerte bereits mit Sicherheiten in Höhe von 199 Mill. EUR bis zum Jahr 1998 und in Höhe von 51 Mill. EUR bis zum Jahr 2003 belastet waren. Folglich wäre ein potentieller Darlehensgeber in der Lage gewesen, ein vorrangiges Vorrecht nur auf einen eingeschränkten Teil der Vermögenswerte zu erwerben. Darüber hinaus war das Anlagevermögen von HSY nur von geringem Liquidationswert. Dies wird durch die Deloitte Financial Advisory Services auf S. 8-8 und 8-9 des zweiten, am 18. Juni 2007 erstellten Berichts (nachfolgend „zweiter Deloitte-Bericht“) selbst bestätigt, der von TKMS/Elliniki Nafpigokataskevastiki zur Untermauerung ihres Schreibens an die Kommission vom 21. Juni 2007 eingereicht wurde. Folglich zieht die Kommission den Schluss, dass „die Verfügbarkeit von als Sicherheiten hinterlegbaren Vermögenswerten“ bei der Würdigung der Maßnahmen keinen Platz finden könne und dass ein potentieller Darlehensgeber, selbst im Falle einer Berücksichtigung dieses Faktors, diesen Punkt nicht in derselben positiven Weise wie der erste Deloitte-Bericht einbezogen hätte.

Zum dritten bietet die „Verfügbarkeit von im Produktionsprozess befindlichen und als Sicherheiten hinterlegbaren Konstruktionen“ („Availability of construction relating to work in progress that could be encumbered“) (S. 5-7) den Kreditgebern keinen vollständigen Schutz im Fall eines Leistungsunvermögens seitens der HSY und einer Einstellung ihrer Tätigkeiten. Tatsächlich ist der Marktwert eines im Herstellungsprozess befindlichen Produkts im Vergleich zum Kapital, welches das Unternehmen zu seiner Herstellung leihen musste, sowie im Vergleich zum Auftragswert gewöhnlich niedrig. Dies erwies sich im Fall der beiden von Strintzis Lines in Auftrag gegebenen Fracht-/Passagierfähren, die zu einem niedrigen Preis und erst (das heißt nicht früher als) zwei Jahre nach Stornierung des Schiffbauvertrags verkauft wurden. Was die Übertragung von Forderungen der HSY auf die darlehensgebende Bank betrifft, so handelt es sich wieder um keinen vollständigen Schutz, da im Fall einer Einstellung der Tätigkeiten der Werft der Käufer das in Auftrag gegebene Produkt nicht erhalten würde und folglich nicht verpflichtet wäre, den Kaufpreis zu bezahlen. Dies bedeutet, dass genau im erforderlichen Fall die Sicherheit keinen Wert hätte. Daher gestattet die Übertragung von Forderungen aus Verträgen auf die darlehensgebende Bank im Konkursfall der HSY keine Rückforderung der Gelder (s. zum Beispiel Anmerkungen 128 und 131 dieser Entscheidung). Deshalb hätte ein potentieller Darlehensgeber diesen Punkt nicht in derselben positiven Weise wie der erste Deloitte-Bericht berücksichtigt.

Zum vierten verweist die Kommission in Bezug auf das „Verhältnis der gesamten Bankdarlehen zu Aktienkapital und ausstehenden Schulden“, „Unterzeichnete Kundenaufträge (Auftragsbuch der HSY)“, „Einnahmenentwicklung“ und „Profitabilitätsentwicklung“ („Total bank loans to shareholder's Equity ratio & debt obligations outstanding at the time“, „Signed Client Contracts (HS's orderbook)“, „Evolution of revenue generation“ und „Evolution of profitability“) auf die vorhin dargestellten Bemerkungen in dieser Entscheidung. Unter anderem ruft die Kommission in Erinnerung, dass bereits seit dem letzten Quartal des Jahres 1998 vorhersehbar war, dass HSY im Jahr 1999 Verluste verzeichnen würde. In den folgenden Monaten wurde deutlich, dass der Umfang der Verluste hoch sein würde und auch für das Jahr 2000 hohe Verluste zu erwarten waren, und zwar in solchem Ausmaß, dass das Eigenkapital der HSY aufgebraucht sein würde. Zusammenfassend bringt die Kommission die Ansicht zum Ausdruck, der erste Deloitte-Bericht berücksichtige nicht, dass die negativen Ergebnisse der Jahre 1999 und 2000 bereits am Anfang eines jeden Jahres vorhersehbar waren.

Zum fünften und letzten hätte, wie bereits erläutert, jeder potentielle Darlehensgeber die Umstände und die Gründe für die Entlassung der bestehenden Unternehmensführung der HSY als negativen Faktor aufgefasst. Daher kann die Klassifizierung als „unbestimmt“ auf S. 5-2 von der Kommission nicht zugelassen werden.

(45)  Dieser Punkt wird im folgenden Abschnitt (Abschnitt 3.2) dargestellt, in dem die Kommission die Zurechenbarkeit der Haltung von ETVA an den griechischen Staat erwägt. Die einzige Aufgabe von ETVA war zu jener Zeit, als Bank für Industrielle Entwicklung zu agieren. Die griechischen Behörden führen in Anmerkung 63 ihrer Erwiderung auf die Entscheidung über die Ausdehnung des Verfahrens an: „ETVA war die einzige Bank für Industrielle Entwicklung in Griechenland, und folglich gibt es in Bezug auf die Entwicklungstätigkeit keinen Vergleichswert mit anderen Kreditinstituten.“

(46)  S. Anmerkung 52.

(47)  In Bezug auf den Zeitraum nach dem 30. Juni 1999 sieht sich die Kommission ebenfalls außerstande nachzuvollziehen, welchen „Wert“ die HSY-Aktie hatte und, infolgedessen, welchen „Wert“ ETVA zu bewahren versuchte. Tatsächlich war die wirtschaftliche Lage so schlecht, dass nicht nachvollziehbar ist, in welchem Ausmaß die Aktien überhaupt einen bedeutenden Wert haben konnten.

(48)  EuGH-Urteil, Rechtssache C-482/99, Französische Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften („Stardust“). Sammlung der Rechtsprechung 2002, S. I-4397, Randnummer 52.

(49)  Schreiben vom 5. Oktober 2006, Absatz 156.

(50)  Schreiben vom 5. Oktober 2006, Absatz 156.

(51)  Der Aktienkaufvertrag wurde am 18. Dezember 2001 unterzeichnet und am 20. März 2002 geändert, als der Verkauf durchgeführt (abgeschlossen) wurde.

(52)  Zahlreiche Presseartikel beziehen sich auf die Involvierung der Regierung in obige Entscheidung. S. etwa „Frist für griechische Werft/Regierung will über Kauf der Hellenic Shipyards entscheiden“ („Deadline for Greek shipyard/Government to decide on purchase of Hellenic Shipyards“), Financial Times, 19. April 1985; „Nach Aussagen des griechischen Ministers für Wirtschaft und Schifffahrt G. Arsenis steht die Regierung aufgrund der Struktur der griechischen Industrie unter Druck, Hellenic Shipyards zu kaufen“ („According to the Greek minister of national economy and shipping, Mr. G. Arsenis, the government is under pressure to buy the Hellenic Shipyards because of the structure of Greek industry“), Lloyd's List International, 29. Juni 1985; „Kauf von Hellenic Shipyards, die in Schwierigkeiten sind, durch Regierung“ („Government to buy ailing Greek shipyard“), Financial Times, 17. Juli 1985; „Der griechische Minister für Verteidigung A. Drossoyannis teilt mit, dass alle künftigen Aufträge für Schiffneubauten der Griechischen Marine an Hellenic Shipyards gehen werden“ („Mr. A. Drossoyannis, the Greek Minister for National Defense, has announced that all future naval newbuilding orders will be placed with Hellenic Shipyards“), Lloyd's List International, 26. Juli 1985; „Arbeitslose Werftarbeiter auf Protestmarsch in Athen“ („Jobless shipyard workers march in Athens“), The Wall Street Journal, 12. Juli 1985.

(53)  Mit Schreiben vom 25. November 1986 teilte Griechenland der Kommission eine Kapitalzuführung zugunsten von HSY in Höhe von 58,3 Mill. USD durch ETVA mit. Die Rechtssache wurde unter Nr. N 230/86 eingetragen. Mit Schreiben vom 20. März 1987 (Referenznummer SG (87) D/3738) teilte die Kommission Griechenland mit, sie sei der Meinung, dass die Kapitelzuführung durch ETVA zwar eine staatliche Beihilfe darstelle, mit dem Gemeinsamen Markt jedoch vereinbar sei.

(54)  Kapitel V (Art. 12-15) Gesetz 2367/1995.

(55)  Art. 13 Gesetz 2367/1995 etwa sieht einen Abbau des Humankapitals des Unternehmens um 600 Arbeitsplätze vor und legt die entsprechenden Anreize detailliert fest. Ebenso werden laut Art. 14 desselben Gesetzes 99 % der damals bestehenden Schulden der HSY erlassen.

(56)  Wie vorhin erwähnt begann der griechische Staat unmittelbar nach dem Kauf, hohe Beihilfen an HSY zu leisten.

(57)  Wie bereits festgestellt, verfügte HSY seit dem 30. Juni 1999 über keinen Zugang zu Privatbanken mehr. Da HSY keine Darlehen auf dem Kapitalmarkt erlangen konnte und da das Unternehmen in einer prekären wirtschaftlichen Lage war, hätte sich die Situation von HSY bei einer Ablehnung von Darlehen oder einer Anhebung des Zinssatzes durch ETVA weiter verschlechtert (und hätte sogar den Ausschlag für ihren Konkurs geben können), was für den griechischen Staat unzulässig gewesen wäre. Demzufolge hatte ETVA aufgrund des staatlichen Einflusses keine andere Wahl, als HSY die verlangten Darlehen zu gewähren.

(58)  Mitteilung der Kommission gemäß Art. 93 Absatz 2 des EG-Vertrags an die übrigen Mitgliedstaaten und die anderen Beteiligten über eine Beihilfe Griechenlands zugunsten der Werft Hellenic Shipyards (ABl. C 80 vom 13.3.1997, S. 8).

(59)  EuGH-Urteil, Rechtssache C-482/99, Französische Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften („Stardust“). Sammlung der Rechtsprechung 2002, S. I-4397, Randnummer 56.

(60)  Schreiben der griechischen Behörden vom 18. September 2002 (von der Kommission am 23. September 2002 unter Nr. A/36895 eingetragen), das im Zusammenhang mit der Rechtssache CP 101/2002 übersandt wurde.

(61)  EuGH-Urteil, Rechtssache C-482/99, Französische Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften („Stardust“). Sammlung der Rechtsprechung 2002, S. I-4397, Randnummer 56.

(62)  Schreiben der griechischen Behörden vom 20. November 2003, die im Zusammenhang mit der Rechtssache CP 101/02 übersandt wurde.

(63)  Darüber hinaus wurden sie zusätzlich zur bereits bestehenden Involvierung von ETVA in die Werft HSY gewährt, so dass die Risikoübernahme von ETVA HSY gegenüber sehr hoch war. Ein Nachweis für die Bedeutsamkeit dieser Risikoübernahme war die Anerkennung von Verlusten, welche die Bank aufgrund ihrer Involvierung in die Werft HSY erlitten hatte, im Jahresbericht von ETVA für das Jahr 2000 (S. 42—43).

(64)  Schreiben der griechischen Behörden vom 15. Januar 2006 (Nummer des Rückforderungsverfahrens: CR 40/2002).

(65)  In der Entscheidung in der Beihilfesache C 10/94 prüft die Kommission die Schuldabschreibungen nicht, die aus „dem militärischen Schiffbau“ stammen, da es sich um eine „nicht durch den EG-Vertrag erfasste Tätigkeit“ handelt. Desgleichen wird in Entscheidung N 513/01 ein Prozentsatz von 75 % staatlicher Beihilfen in Höhe von 118 Mio. EUR nicht geprüft, da sie den militärischen Schiffbau betreffen.

(66)  Es wird in Erinnerung gerufen, dass HSY in den zu prüfenden Geschäftsjahren über keine getrennte Buchführung für den zivilen und den militärischen Schiffbau verfügte. Folglich kann eine Finanzierungsmaßnahme nur dann einer bestimmten Tätigkeit zugewiesen werden, wenn in der Entscheidung zur Beihilfengewährung die zu finanzierende Tätigkeit genau angeführt wird.

(67)  ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2.

(68)  Im selben Jahr wurde die Schuldabschreibung für die Tätigkeiten im Verteidigungsbereich der Werft durch die Kommission aufgrund der Beihilfevorschriften nicht gewürdigt.

(69)  Dies geht auch klar aus der Formulierung in Entscheidung C 10/94 hervor.

(70)  Diese Auskunft wurde auch den am Privatisierungsverfahren von 2001 beteiligten Interessenten erteilt, wie aus dem von Arthur Andersen für HDW und Ferrostaal erstellten Bericht zur „Prospektprüfung“ („Due Diligence“), S. 23 vom 19. Juni 2001 hervorgeht (der als Anhang C des von TKMS und Elliniki Nafpigokataskevastiki im Schreiben vom 21. Juni 2007 eingereichten Berichts übermittelt wurde).

(71)  Die Kommission ruft in Erinnerung, dass die Privatisierung im Zeitraum 2001—2002 — und erst recht die Einfrierung des Investitionsplans während dieses Verfahrens — nicht auf ihre Aufforderung zurückgeht.

(72)  Abschnitt 1.3.b. des Schreibens vom 20. Oktober 2004.

(73)  Von den griechischen Behörden in Euro gemeldeter Betrag.

(74)  Diese Informationen werden in Abschnitt 1.3 und in den Anhängen 4, 5 und 6 des Schreibens der griechischen Behörden vom 20. Oktober 2004 angeführt.

(75)  ABl. C 71 vom 11.3.2000, S. 14.

(76)  S. Anmerkung 14 im Schreiben Griechenlands vom 20. Oktober 2004.

(77)  In Nr. 2.1.2. der Mitteilung über Bürgschaften findet Folgendes Erwähnung: „Selbst wenn im Rahmen einer Garantie keinerlei Zahlungen des Staates erfolgen, kann also trotzdem eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 vorliegen. Die Beihilfe wird bei Übernahme der Garantie gewährt und nicht erst dann, wenn die Garantie in Anspruch genommen wird oder aufgrund der Garantie Zahlungen erfolgen. Ob eine Garantie eine staatliche Beihilfe darstellt oder nicht und, falls dies der Fall ist, auf welchen Betrag sie sich beläuft, muss zum Zeitpunkt der Garantieübernahme beurteilt werden.“

(78)  Zum Beispiel wird auf Seite 10 des den Kaufinteressenten zur Verfügung gestellten Schriftstücks „Hellenic Shipyards S.A. — Vertrauliches Memorandum — Alpha Finance/Commercial Bank of Greece/KPMG/Elias SP. Paraskevas“ („Hellenic Shipyards S.A. — Confidential Information Memorandum — Alpha Finance/Commercial Bank of Greece/KPMG/Elias SP. Paraskevas“) vom März 2001 „Portugal Shipyards“ als Konkurrenzunternehmen von HSY genannt. Eine Abschrift wurde von TKMS/GNS mit dem Schreiben vom 21. Juni 2007 übermittelt.

Die Kommission bemerkt zudem, dass im Titel „Definition des geografischen Marktes“ ihrer Entscheidung über einen angemeldeten Zusammenschluss in der Rechtssache COMP/M.2772 — HDW/Ferrostaal/Hellenic Shipyard Folgendes angeführt wird: „Die Beteiligten sind der Auffassung, dass der Markt für Schiffbau, Schiffsreparatur und Schiffsumbau aller Arten von Handelsschiffen geografisch gesehen international ist, da die Kosten von Seetransporten relativ niedrig sind und es keine bedeutenden Handelsbeschränkungen gibt.“

(79)  Die Kommission bemerkt zudem, dass vorangegangene Entscheidungen der Kommission und des Rates in Bezug auf HSY gewährte staatliche Beihilfen auf der Tatsache von Wettbewerbsverzerrung und Beeinträchtigung des Handels unter Mitgliedstaaten fußten. Diese Entscheidungen wurden niemals angefochten. Folglich muss bei der Würdigung der im selben Zeitraum durchgeführten Maßnahmen keine ausführliche Überprüfung erfolgen, inwiefern diese beiden Kriterien erfüllt sind.

(80)  ABl. L 202 vom 18.7.1998, S. 1.

(81)  ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2.

(82)  Diese Informationen legte Griechenland im Abschnitt 1.3.a und im Anhang 4 des Schreibens vom 20. Oktober 2004 vor.

(83)  Hätte die Werft ihren Betrieb eingestellt, dann hätten die zuständigen Kontrollbehörden entscheiden können, von einer Prüfung in Bezug auf die Durchführung des Plans abzusehen, was bedeutet hätte, dass die Voraussetzung der ersten Ratenzahlung nicht erfüllt gewesen wäre.

(84)  In der Einheit 1.2.2 mit dem Titel „Durchführung der 1. Prüfung durch die zuständigen Organe“ aus dem Schreiben vom 20. Oktober 2004 erklären die griechischen Behörden, dass sich die Erstellung des Prüfungsbogens seitens des Wirtschaftsministeriums bis nach der von der griechischen Genehmigungsentscheidung gesetzten Frist vom 31. Dezember 1999 verzögert hatte. Die Beihilfezahlung konnte nur nach Fristverlängerung für die Umsetzung des Investitionsplans durch die griechischen Behörden erfolgen. Eine Entscheidung zur Fristverlängerung des Investitionsplans konnte ihrerseits nur nach Fristverlängerung für den Beratenden Ausschuss erfolgen, was sich aufgrund von Gesetzesänderungen als schwierig erwies.

(85)  ABl. C 368 vom 23.12.1994, S. 12.

(86)  Die Differenz zwischen beiden Zinssätzen muss mit dem geschuldeten Darlehenskapital (das heißt mit dem nicht getilgten Kapitalteil) während des zu prüfenden Jahres multipliziert werden.

(87)  Gleichermaßen wird in der Mitteilung über Bürgschaften angeführt, dass die Beihilfe dann gewährt wird, wenn die Bürgschaft geleistet wird, und nicht zu einem späteren Zeitpunkt (s. Anmerkung 77).

(88)  In der Tat hängt der Marktwert eines Darlehens vom Barwert des künftigen Cash-Flow ab, der auf den Barwert unter Verwendung eines dem Kreditrisiko entsprechenden Zinssatzes zurückgeführt wird. Wenn der im Darlehensvertrag vorgesehene Zinssatz unter diesem Zinssatz liegt, fällt der Marktwert sogleich unter den Nennwert des Darlehens.

(89)  Wäre durch den neuen Eigentümer von ETVA nach der Privatisierung eine Verlängerung eines nicht staatlich gesicherten Kredits über die ursprüngliche Laufzeit hinaus erfolgt, so läge keine Beihilfe für den Zeitraum über die ursprüngliche Kreditlaufzeit hinaus vor, da laut dieser Schlussfolgerung keine öffentlichen Gelder involviert sind.

(90)  Diese Auskünfte wurden von griechischer Seite im Abschnitt 1.3 und im Anhang 6 des Schreibens vom 20. Oktober 2004 vorgelegt.

(91)  S. Anmerkung 84.

(92)  Es könnte sich die Frage stellen, warum ETVA den Darlehensvertrag am 31. Mai 2002 unterzeichnet hat, wenn sie nicht die Absicht hatte, HSY den entsprechenden Betrag zu bezahlen. Die Kommission bemerkt, dass das Datum der Vertragsunterzeichnung genau mit dem Datum des Verkaufsabschlusses von HSY zusammenfällt. Folglich lässt sich vermuten, dass die Käufer von HSY die ETVA-Bank unter Druck setzten, HSY eine höhere Finanzierung zu gewähren unter der Androhung, andernfalls den Abschluss des Verkaufs abzulehnen. Angesichts dieser Sachlage akzeptierte ETVA wahrscheinlich diesen Kreditabschluss, nahm jedoch in den Vertrag Bestimmungen auf, die ihr die Möglichkeit offenhielten, die Kreditzahlung an HSY abzulehnen, sollte HSY die Auszahlung beantragen. Wie in der Würdigung von Maßnahme E18c aufgrund des Abschnitts 8.2.2 des Vertrags vom 20. März 2002 erläutert, sollte die Piraeus Bank wohl den griechischen Staat beim Abschluss des Verkaufs von HSY unterstützen. Auf dieser Grundlage hat der griechische Staat vermutlich ebenfalls auf ETVA Druck ausgeübt, den Darlehensvertrag zu unterzeichnen, um den Abschluss des Verkaufs von HSY zu erleichtern.

(93)  HSY unterbreitete mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 Bemerkungen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verfahrensausdehnung. In Absatz 4 des Schreibens wird angeführt: „Da HSY bei der Formulierung der bei der Europäischen Kommission eingereichten Erwiderung eng mit dem griechischen Staat zusammengearbeitet hat, erachtet es das Unternehmen als unnötig, erneut Informationen einzureichen, die bereits durch den griechischen Staat unterbreitet wurden, und dieselben, von ihr voll und ganz unterstützten Argumente aufzuführen. Doch um die Vollständigkeit der Erwiderung zu gewährleisten und die Arbeit der Kommission zu unterstützen, werden sie die bereits dargelegten Argumente zusammenfassen und alle neuen Beweismittel, die im Zeitraum nach der Erwiderung Griechenlands bis zur vorliegenden Erwiderung gesammelt wurden, vorlegen und alle neuen oder zusätzlichen Argumente vorbringen.“ Deshalb werden die Bemerkungen von HSY und den griechischen Behörden zur Entscheidung zur Verfahrensausdehnung zwecks Vermeidung von Wiederholungen in der Argumentation in vorliegender Entscheidung gebündelt.

(94)  Anhand der Richtlinie Nr. 90/684/EWG werden die Umstrukturierungsbeihilfen (Kapitel III) unterteilt in Investitionsbeihilfen (Artikel 6), Schließungsbeihilfen (Artikel 7), Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen (Artikel 8) und Betriebsbeihilfen zu Umstrukturierungszwecken (Artikel 9 und 10).

(95)  Schreiben der griechischen Behörden vom 15. Februar 2008, Absatz 26.

(96)  Schreiben der griechischen Behörden vom 19. März 2007. Dies wird im Schreiben vom 29. Juni 2007, Absätze 62 und 63, erneut vorgebracht.

(97)  Die Einzelheiten zu dieser Beteiligung werden im Zuge der Erwägungen von Maßnahme E10 angeführt.

(98)  Schreiben der griechischen Behörden vom 31. März 2003, Auszug aus der Erwiderung auf Frage 5.

(99)  Schreiben der griechischen Behörden vom 29. Juni 2007, Auszug aus Absatz 49, 50 und 51.

(100)  Die Kommission konnte allerdings die Tatsache nicht übersehen, dass die Belegschaft vorrangig die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze zum Ziel hat und dadurch versucht, dieses Ziel bei der Führung des in ihrem Besitz befindlichen Unternehmens zu sichern. Aufgrund des hohen Kaufpreises war gleichwohl auch die Werterhaltung und Wertsteigerung ihrer Aktien eine für die Belegschaft wichtige Zielsetzung.

(101)  Es sei daran erinnert, dass die Zahlung des Verkaufspreises durch die Belegschaft mittels Einbehaltung eines Teils der Gehälter und der Zulagen nicht nur im Vertrag vom September 1995, sondern auch in Artikel 12 Gesetz 2367/1995 vorgesehen war.

(102)  Es sei daran erinnert, dass ETVA, wie im Vertrag vom September 1995 vorgesehen, als Aktienpfandhalterin zu einer Zwangsvollstreckung greifen konnte, sollten die Werftarbeiter den Kaufpreis nicht zahlen.

(103)  Es sei daran erinnert, dass die Zahlung des Verkaufspreises durch die Beschäftigten mittels eines Lohn- und Zulagenabzugs nicht nur im Vertrag vom September 1995, sondern auch in Artikel 12 des Gesetzes 2367/1995 vorgesehen ist.

(104)  Im Vertrag vom September 1995 wird klar dargestellt, dass die Werftarbeiter verpflichtet waren, gleichermaßen den Kaufpreis und ihren Beitrag zur Kapitalerhöhung zu entrichten. Dieser zweifache Zahlbetrag war demnach nichts Unvorhergesehenes. Er bildete einen wesentlichen Bestandteil des Vertrags aus dem Jahr 1995. Griechenland war verpflichtet, die Einlösbarkeit der Grundbestimmungen abzuklären, bevor es der Kommission den Vertrag als Privatisierung präsentierte. Wenn sich wesentliche Bestimmungen eines Vertrags, den Griechenland selbst der Kommission vorlegt, als undurchführbar erweisen, ist daraus zu schließen, dass die Entscheidung C 10/94 auf irreführenden, von Griechenland vorgelegten Auskünften fußt und widerrufen werden muss.

(105)  Absatz 56 und 60 des Schreibens der griechischen Behörden vom 29. Juni 2007.

(106)  Absatz 191 des Schreibens Griechenlands vom 5. Oktober 2006 führt an: „Seit dem 31.12.1998 wurde bis zum Verkauf der HSY-Aktien an das Konsortium HDW/FS (11.10.2001) ein Teil der Löhne der Beschäftigten und Aktionäre einbehalten, um an ETVA den Kaufpreis des Aktienanteils von 49 % abzubezahlen.“ HSY gab in Absatz 36 und 37 ihres Schreibens vom 31. Oktober 2006 eine ähnliche Erklärung ab. Vor der Entscheidung über die Verfahrensausdehnung hatten die griechischen Behörden ähnliche Erklärungen im 8. Kapitel ihres Schreibens vom 26. Mai 2005 abgegeben. Zudem führte Griechenland in einer Reihe von Schreiben an, die Belegschaft halte 49 % der Aktien. Auf diese Weise erweckte Griechenland den Eindruck, der Vertrag vom September 1995 sei durchgeführt worden. Erst nach der Verfahrenseinleitung stellte die Kommission fest, dass Griechenland seine eigene Gesetzgebung (das heißt Gesetz 2367/1995) nicht zur Anwendung gebracht hatte, da es zwar der Belegschaft das Eigentum von 49 % an HSY übertragen, doch den Rest des Vertrags nicht durchgeführt und insbesondere die Zahlung des Verkaufspreises von dieser nicht gefordert hatte. Im Gegensatz dazu hatten die griechischen Behörden in ihrem Schreiben vom 31. März 2003 durchblicken lassen, die Belegschaft (oder ein Teil von ihr) hätte die vorgesehenen jährlichen Raten (bzw. einen Teil von ihnen) nicht gezahlt.

(107)  Schreiben der Kommission vom 27. April 2007 an Griechenland (Frage 3) und Schreiben der Kommission vom 23. August 2007 an HSY.

(108)  Schreiben der Kommission vom 27. April 2007 an Griechenland (Frage 4) und Schreiben der Kommission vom 23. August 2007 an ΗSY. Das letzte Schreiben wurde Griechenland am 13. November 2007 übersandt und ermöglichte Griechenland, zum zweiten Mal Stellungnahmen einzureichen.

(109)  Abschnitte 2.3.c und 2.4 des Schreibens Griechenlands vom 29. Juni 2007, Schreiben ΗSY vom 9. Oktober 2007, und Schreiben Griechenlands vom 14. Dezember 2007 und vom 15. Februar 2008.

(110)  Was die Reparatur des Schiffs ΚΕΥΜΑR in den ersten Monaten des Jahres 2003 angeht, macht Griechenland geltend, dass — weil sich im vorliegenden Fall die Reparatur komplizierter und spezialisierter gestaltete als in anderen Fällen — es logisch sei, dass der Prozentsatz der Arbeitsstunden 25 % und nicht 20 % betrug.

(111)  Absatz 144 des Schreibens Griechenlands vom 5. Oktober 2006.

(112)  Daten, die unter die berufliche Schweigepflicht fallen.

(113)  Schreiben der Kommission vom 27. April 2007 (Frage 2.2), auf das Griechenland mit Schreiben vom 29. Juni 2007 antwortete.

(114)  Wahrscheinlich zeigt diese Anzahl an, was das Unternehmen eine Produktionsstunde der HSY-Arbeitnehmer bei gegebener Verwendung kostet. Die Anzahl der Produktionsstunden eines Arbeitnehmers ist nur ein Teil der Stunden, für die ein Arbeitnehmer von HSY entlohnt wird. Diese Zahl hängt von vielen Faktoren ab, insbesondere von der Struktur und der Effizienz der Werften. Daher befinden sich die Subunternehmer in Konkurrenz zueinander. Aus diesem Grund müssen sie wettbewerbsfähig und flexibel sein. Sie haben begrenzte Festkosten (das heißt Festangestellte) und müssen ihre Kosten niedrig halten. Die Werften wenden sich deswegen an Subunternehmer, weil diese weniger kosten, als wenn sie selbst Personal einstellen.

(115)  Der Berater weist auf folgendes hin:

 

„Die Anzahl der Subunternehmer/Arbeitsstunden kann sich aus den Kosten ergeben; mittlere Arbeitsstundenkosten sind unter den Subunternehmern einer Branche eines Landes vergleichbar.

 

Laut der Studie mit dem Titel ‚Lohnentwicklung 2006‘, die von der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen herausgegeben wurde, beträgt das unterste Bruttomonatseinkommen in Griechenland 625,97 EUR und in Frankreich 1 254,28 EUR.

 

Der mittlere Marktpreis einer Arbeitsstunde in der Schiffbau-/Schiffsreparaturbranche beträgt in Frankreich zwischen 40 und 50 EUR. Durch Anwendung des Koeffizienten 2, der zwischen Griechenland und Frankreich für die untersten Einkommen gilt, könnte man einen Preis von 20 bis 25 EUR pro Arbeitsstunde in der Schiffbau-/Schiffsreparaturbranche in Griechenland erwarten.

 

Das Ergebnis der Prüfungen, die wir durchgeführt haben, zeigt, dass sich diese Preise Anfang 2007 zwischen 30 und 36 EUR bewegen. Es handelt sich um einen Preis, der für jede unmittelbare Arbeitsstunde gestellt wird und der alle entsprechenden Aufwendungen beinhaltet: indirekte Arbeitsstunden, Verwaltungsstunden, allgemeine Kosten und Festkosten.

 

Da wir nicht feststellen konnten, wie sich die mittleren Löhne in der Schiffbau-/Schiffsreparaturbranche in Bezug auf die Mindestlöhne in den beiden Ländern entwickeln, haben wir es vorgezogen, eine konservative Schätzung anzuwenden, und ermittelten mit Arbeitsstundenpreisen, die sich zwischen 30 und 36 EUR/Stunde bewegen.

 

Die Preise der Arbeitsstunde der Subunternehmer entwickeln sich, gemäß Absatz 6 der Stellungnahmen, die Griechenland an die Kommission übermittelte, wie folgt:

(EUR)

Jahr

Direkte Kosten

Inklusive Verteilungskosten (15 %) und indirekte Kosten (20 %), nach der Methode gemäß Absatz 6 der Stellungnahmen Griechenlands

2002

25,97

40

2003

27,49

42,3

2004

(…)

(…)

2005

(…)

(…)

2006

(…)

(…)

 

Wenn wir die Summe der Arbeitsstunden der Subunternehmer aufgrund eines Arbeitsstundenpreises zwischen 30 und 36 ΕUR 2006 berechnen und für die Jahre zuvor die Kostenstaffelung Eurostat berücksichtigen, ergeben sich folgende Preise:

INDEX: Im-Ici-tot

2002

2003

(9 Monate)

2004

2005

2006

Index ΕΕ-27

108,9

112,8

116,5

119,7

121,6

Index Griechenland

113,5

116,6

127,0

127,7

133,9

Gesamtkosten Subunternehmerpersonal

3 804 891

16 471 323

(…)

(…)

(…)

Schätzung des Beraters

Preis Arbeitsstunde (min. Preis)

25,4

26,1

28,5

28,6

30

Unmittelbare Arbeitsstunden Subunternehmer (max. Schätzung)

149 598

630 388

(…)

(…)

(…)

Schätzung des Beraters

Preis Arbeitsstunde (max. Preis)

30,5

31,4

34,2

34,3

36

Unmittelbare Arbeitsstunden Subunternehmer (min. Schätzung)

124 665

525 324

(…)

(…)

(…)

Daten HSY

Preis Arbeitsstunde

25,97

27,49

(…)

(…)

(…)

Preis Arbeitsstunde + mittelbar + Gewinn

40,0

44,5

(…)

(…)

(…)

Unmittelbare Arbeitsstunden Subunternehmer

95 232

370 142

(…)

(…)

(…)“

(116)  Schreiben der Kommission vom 27. April 2007 (Frage 2.2d), auf das Griechenland mit Schreiben vom 29. Juni 2007 erwiderte.

(117)  Rechtssache T-296/97 Alitalia/Kommission, Sammlung der Rechtsprechung 2000, S. II-3871, Randnummer 82 und 84.

(118)  Insbesondere kann ETVA nicht einerseits den Bestandteil des Vertrags vom September 1995 zur Entrichtung des Kaufpreises nicht erfüllen (also die entsprechenden Jahreszahlungen nicht einfordern) und andererseits behaupten, dass sie aufgrund eben dieses Vertrags verpflichtet gewesen sei, sich an der Erhöhung des Aktienkapitals zu beteiligen. Da ETVA und die griechischen Behörden beschlossen hatten, grundlegende Vertragsbestimmungen nicht in gebührender Weise anzuwenden, sind sie demnach nicht gleichzeitig berechtigt, sich selektiv auf andere Bestimmungen dieses konkreten Vertrags zu berufen, um ihre Behauptung zu erhärten, dass ETVA vertraglich verpflichtet war, bestimmte Schritte zu unternehmen (das heißt sich an der Erhöhung des Aktienkapitals zu beteiligen).

(119)  Die HSY-Arbeitnehmer beteiligten sich an der Kapitalzuführung. Trotzdem unterschied sich ihre Lage von der der ETVA. Konkret hatten sie bereits gegen den Vertrag vom September 1995 verstoßen, indem sie den Kaufpreis an ETVA nicht entrichteten. Darüber hinaus unterschied sich ihre Lage sowohl von der der ETVA als auch von der eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers. Konkret interessierten sie sich für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze, was für sie der Anreiz war, in HSY zu investieren, auch wenn die zu erwartende finanzielle Kapitalrendite nicht ausreichend war, um einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber zu überzeugen, in das betreffende Unternehmen zu investieren.

(120)  Griechenland hat eine Kopie obigen Gesetzes als Anhang 10 seines Schreibens vom 5. Oktober 2006 vorgelegt.

(121)  Es ist aufgrund der Angaben, die die griechischen Behörden und HSY eingereicht haben (inklusive des ersten Deloitte-Berichts) nicht vollkommen klar, ob die Gebühr 0,4 % auf jährlicher Basis betrug, jedoch pro Quartal entrichtet wurde, oder 0,4 % pro Quartal. Obwohl dieses Element im Rahmen des Rückforderungsverfahrens eine wichtige Rolle spielt, ändert es nichts an der Schlussfolgerung dieser Entscheidung.

(122)  Diese Aufzählung befindet sich auf den Seiten 3–11 und 3–12 des Berichts als Erwägung des Darlehens in Höhe von 10 Mrd. GRD, wofür eine staatliche Bürgschaft gemäß Gesetz 2322/1995 (Maßnahme E14 dieser Entscheidung) gewährt wurde.

(123)  Die Kommission hat in der Vergangenheit bestimmte Garantieregelungen für den Schiffbau genehmigt, die keine staatliche Beihilfe beinhalteten, und zwar in folgenden Ländern: Deutschland (ABI C 62 vom 11.3.2004, S. 3), Niederlande (ABI C 228 vom 17.9.2005, S. 10), Frankreich (ABI C 259 vom 27.10.2006, S. 14) und Finnland (ABI C 152 vom 6.7.2007, S. 6). Die letzten zwei Garantieregelungen beinhalten ausdrücklich Bürgschaften für Vorauszahlungen.

(124)  Da ETVA zu 100 % in Staatsbesitz ist, entsprach die Garantiegebühr, die HSY an ETVA entrichtete, bereits einer Prämie für den griechischen Staat, als die Bank die Bürgschaften für Vorauszahlungen gewährte.

(125)  Geändert wurde Folgendes:

 

Programmatische Übereinkunft 33α — SD 33α (Lieferung 20 HA/A): die Strafzinsen wurden bis zum 31.12.2002 berechnet und als angefallene Summen in den Änderungen registriert. Vereinbart wurde, diese in 10 Raten zu entrichten, beginnend mit der Lieferung des ersten Fahrzeugs, während die restlichen 9 Raten jeweils bei Lieferung der 9 letzten elektrischen Triebfahrzeuge zu entrichten sind. Vereinbart wurde, dass die laufenden Strafzinsen ab 1.1.2003 unter der Voraussetzung eingestellt würden, dass das Konsortium (Siemens AG, Siemens SA und HSY) OSE äquivalente Fahrzeuge liefern würde. Das Konsortium entsprach nur teilweise dieser Bedingung, so dass OSE die Strafzinsen für den ganzen Zeitraum berechnete und in Rechnung stellte.

 

Programmatische Übereinkunft 39 — SD 39 (Lieferung 24 elektrischer Triebfahrzeuge): die Strafzinsen wurden bis zum 31.12.2002 berechnet und als angefallene Summen in den Änderungen registriert. Vereinbart wurde, diese in 10 Raten zu entrichten, beginnend mit der Lieferung des ersten Fahrzeugs, während die restlichen 9 Raten jeweils bei Lieferung jedes der 9 letzten elektrischen Triebfahrzeuge zu entrichten sind. Die Lieferzeit wurde um eine bestimmte Zeitspanne verlängert, ohne dass ein Strafzins fällig wurde. Im Fall von PS 39 SD 39 war keine Lieferung äquivalenter Fahrzeuge vorgesehen, dafür wurde der Zeitplan für die Lieferungen geändert. OSE nahm die Strafzinsen in Anspruch, die sich bis zum 31.12.2002 angesammelt hatten, und erhielt sie tatsächlich vom Konsortium (Siemens AG, Siemens SA und HSY).

 

Programmatische Übereinkunft 35 — SD 35 (Lieferung 29 rail bus): Es wurde kein Zeitraum ohne Strafzins vorgesehen, daher verlangte OSE die Strafzinsen und hat diese kassiert. Für den Zeitraum verzögerter Entrichtung der Strafzinsen wurden Verzugszinsen berechnet und gefordert.

(126)  Bis zum Datum des Schreibens Griechenlands vom 5. Oktober 2006 waren bereits 9 932 511,99 EUR einbehalten worden und es verblieb noch ein Abzug von 826 556 EUR.

(127)  Das Konsortium, das die betreffende programmatische Übereinkunft abgeschlossen hatte, bestand aus der HSY, der Siemens AG und der ABB Daimler-Benz Transportation (seit dem 1.5.2001 umbenannt in Bombardier Transportation). Die Durchführungsindikatoren dieses Abkommens waren 22,06 % des gesamten Endkaufpreises für HSY und 77,94 % für die restlichen Unternehmen.

(128)  Dieses Abkommen sah noch den Umbau und den Einbau automatischer Warnsysteme und automatischer Zugerkennung in 50 Halbzügen vor. Der entsprechende Zeitplan sah den Abschluss der Arbeiten im Januar 2004 vor. Der Aufsichtsrat beschloss durch die Entscheidung Nr. 578/4/4-9-2002 einstimmig die Verlängerung der Lieferzeit bis zum 19.5.2004, da die Verzögerung nicht durch das Konsortium zu vertreten war. Schließlich wurden die Arbeiten am 4.6.2004 abgeschlossen. Gemäß Absatz 14 der programmatischen Übereinkunft begannen die Sanktionen wegen Nichteinhaltung der vereinbarten Lieferzeiten 40 Tage nach dem vertraglichen Liefertermin, und dann nur im Fall der Nichteinhaltung dieser Zeiten durch Verschulden des Lieferanten. Daher gab es keinen Grund zur Auferlegung von Straf- und Verzugszinsen aufgrund dieser Verzögerung.

(129)  Aufgrund der Angaben, die die griechischen Behörden und HSY eingereicht haben (inklusive des ersten Deloitte-Berichts), ist nicht klar ersichtlich, ob das Darlehen ursprünglich in GRD oder EUR ausgestellt war. In der Antwort Griechenlands auf die Entscheidung über die Verfahrenseinleitung werden Summen nur in Euro aufgeführt und der Zinssatz auf Basis des Zinssatzes Euribor für ein Quartal angegeben. Dagegen wird im ersten Deloitte-Bericht erwähnt, dass das Darlehen 16,92 Mrd. GRD betrug und der Zinssatz sich auf Libor bezog. Das konkrete Thema kann im Rahmen des Rückforderungsverfahrens geklärt werden.

(130)  Mit ihrem Schreiben vom 21. Juni 2007 reichen TKMS und GNSH den zweiten Deloitte-Bericht ein. Anhang C dieses Berichts trägt den Titel „Prospektprüfung zu Hellenic Shipyards SA — Abschrift zu Vorlage“ mit einer Zusammenfassung, erstellt von Arthur Andersen, vom 19. Juni 2001. Auf Seite 7 dieses Prospektprüfungsberichts werden die HSY-Anforderungen analysiert und es wird darauf hingewiesen, dass die Handelsschuld von Strintzis Lines „erst nach der Lieferung der Schiffe 2002 einbringbar ist“. Dies bestätigt, dass mit Ausnahme der begrenzten Vorauszahlungen, die ohnehin damals bereits entrichtet worden waren und somit nicht mehr einbringbar waren, der Rest des Kaufpreises vor Lieferung der Schiffe nicht mehr einbringbar war.

(131)  Die griechischen Behörden haben in den Schreiben vom 21. Oktober 2004 und 17. Dezember 2004 zur Rechtssache CP 71/02 bestätigt, dass HSY einen Betriebsbeihilfeantrag von 9 % für die beiden Schiffe gestellt hat, der auch vom zuständigen Ministerium angenommen wurde. Die griechischen Behörden bekräftigten jedoch, dass die Beihilfe schließlich nicht gezahlt wurde, weil HSY den Schiffbau nicht abgeschlossen hatte. Die entsprechenden Genehmigungen wurden schließlich widerrufen. Die Maßnahme 13(c) aus der Entscheidung zur Verfahrensausdehnung betrifft das konkrete Thema.

(132)  S. Anmerkung 128.

(133)  Was die möglichen Einnahmen während der Vertragserfüllung angeht (das heißt vor Lieferung), nimmt die Kommission wieder auf das Dokument der Anmerkung 129 dieser Entscheidung Bezug; dort wird erwähnt, dass die Handelsschuld im Rahmen der Verträge mit OSE am 31. Dezember 2000 lediglich 0,5 Mio. EUR betrug. Darüber hinaus steht im selben Dokument: „Diese Forderungen werden mit den entsprechenden eingenommenen Vorauszahlungen verrechnet.“ Das zeigt, dass zum gegebenen Zeitpunkt seitens OSE kein Betrag fällig war.

(134)  Die anfängliche Marge betrug 25 Basispunkte und erhöhte sich ab 1. April 2000 auf 125 Basispunkte. Die Kommission stützt ihre Begründung auf den ersten Deloitte-Bericht.

(135)  Der folgende Presseartikel deutet an, dass die Schiffsreparaturen nicht empfindlich gestört waren: „Contracts — Hellenic declares business as usual after Athens earthquake“ („Verträge — HSY erklärt, dass die Arbeiten nach dem Athener Erdbeben normal weitergehen“), Lloyd's List International, 14. September 1999.

(136)  Es handelt sich um das Schreiben, mit dem die griechischen Behörden ihre Stellungnahme zur Entscheidung über die Verfahrenseinleitung unterbreitet haben.

(137)  Dieser Betrag wird im Schreiben Griechenlands vom 29. Juni 2007 erwähnt.

(138)  Am 19. Mai 1999 wurde diese Kreditlinie von USD in Euro umgewandelt

(139)  Was den Geldeinzug vor Produktlieferung betrifft, weist die Kommission auf das Dokument, das in Anmerkung 128 erwähnt wird, aber auch auf Anmerkung 124 hin. Dieser Prospektprüfungsbericht bezieht sich auf eine Zeitspanne nach Tilgung der zu prüfenden Darlehen. Trotzdem ist es von Nutzen, klarzustellen, dass es vor Produktlieferung kaum möglich ist, einen Geldbetrag einzutreiben. Dieser Prospektprüfungsbericht zeigt insbesondere, dass es am 31. Dezember 2000 kaum einen einbringbaren Anspruch gegenüber Strintzis Lines, der Griechischen Marine, OSE und ISAP gab.

(140)  Siehe Mitteilung der Kommission über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABI C 273 vom 9.9.1997, S. 3).

(141)  Dieser Jahresabschluss geht aus den Dokumenten hervor, die TKMS und GNSH eingereicht haben und die in Anmerkung Nr. 128 dieser Entscheidung beschrieben werden.

(142)  Im Falle der Unterseeboote wird aufgrund der Bedingungen, die der griechische Staat stellte, das erste Unterseeboot komplett in Kiel/Deutschland hergestellt, während die beiden nächsten in den HSY-Anlagen zusammengebaut werden (siehe Randnummer 44 dieser Entscheidung). Es wäre wahrscheinlich günstiger und effektiver gewesen, alle drei Unterseeboote in Deutschland zu produzieren. Außerdem wäre es vernünftiger, HSY als Krisenunternehmen nicht in das betreffende Konsortium einzubinden, das zudem auch keine Erfahrung mit Unterseebooten hatte.

(143)  Zum gegebenen Zeitpunkt muss das strittige Kapital zur Deckung der Erfüllungskosten der entsprechenden Verträge im Verteidigungsbereich wohl erforderlich gewesen sein. Damals jedoch war das Kapital zur Finanzierung anderer HSY-Tätigkeiten nicht mehr verfügbar. Mit anderen Worten war zu diesem Zeitpunkt ein Teil des vom griechischen Staat gewährten Vorteils bereits aufgehoben. Des Weiteren besteht der Vorteil darin, dass dieses Kapital, das die Werft in Form von Bankdarlehen nicht hätte sichern können, ihr in den vorherigen Quartalen umsonst zur Verfügung stand.

(144)  Seite 30 des Schreibens vom 30. Oktober 2006.

(145)  Zum Beispiel wird in Entscheidung in der Sache C 10/94 die sehr große Schuldabschreibung im Verteidigungsbereich erwähnt, nicht aber auf der Grundlage der Beihilfevorschriften evaluiert; die Kosten der Betriebsstilllegung im Verteidigungsbereich werden in Entscheidung N 513/01 erwähnt, nicht aber auf der Grundlage der Beihilfevorschriften gewürdigt; dasselbe trifft auch auf viele Maßnahmen aus dem Entscheidung über die Verfahrensausdehnung zu.

(146)  Zum Beispiel wird in der Einladung zur Abgabe verbindlicher Angebote zum Aktienkauf der Hellenic Shipyards SA vom 2. Juli 2001 erwähnt: „Es wird klargestellt, dass die eventuelle Erhebung einer Geldstrafe wegen eines möglichen Verstoßes gegen die EU-Beihilfevorschriften den Meistbietenden nicht belasten wird. Diese Sicherung wird vor Abschluss der Übertragung der Firmenanteile geleistet.“

(147)  Die von den Teilnehmern unterzeichneten Sitzungsprotokolle vom 14. September 2001 führen Folgendes an: „Es wird vereinbart, dass die EU-Zustimmung eine Vorbedingung für die Erfüllung des Vertrags nach dessen Unterzeichnung sein soll. Alternativ dazu sind, falls sich die betreffende Entscheidung der EU verzögern […] oder nicht zufrieden stellend sein sollte, die Beteiligten damit einverstanden, dass ETVA eine Bürgschaft für HDW-Ferrostaal übernimmt im Hinblick auf alle anhängigen Fragen bezüglich der ΕU über etwaige ältere oder aktuelle Beihilfen an HSY.“

(148)  Zum Beispiel wird im Schreiben von Alpha Finance — Berater des griechischen Staates und der ETVA — vom 6. Dezember 2001, gerichtet an HDW und in Kopie an Ferrostaal, erwähnt: „Wir haben Weisungen vom Ministerium für Entwicklung und der ETVA erhalten, Ihnen im Anhang die Formulierung einzureichen, die ETVA für die […] Unterstützungserklärung der ETVA an HDW/Ferrostaal im Fall der Nichterfüllung der Klausel 1.2.3 der Übereinkunft vorschlägt.“ In von HDW per Fax an Alpha Finance geschickten Nachrichten vom 23. Januar 2002, vom 31. Januar 2002 und vom 8. März 2002 werden Stellungnahmen zur genauen Formulierung der Bürgschaft vorgebracht.

(149)  Die Piraeus Bank hat diverse Presseartikel eingereicht, die sich auf den Zeitraum zwischen Oktober 2001 und Mai 2002 beziehen und aus denen hervorgeht, dass die griechische Regierung am HSY-Privatisierungsprozess direkt beteiligt war.

(150)  Im Schreiben vom 23. Mai 2005 steht:

„Der Verkauf von HSY wurde durch den Prozess der Entstaatlichung abgeschlossen (Gesetz 2001/1990). Dem schuldrechtlichen Vertrag vom 11.10.2001 und der folgenden Veräußerungshandlung vom 31.5.2002 ging das Ausschreibungsverfahren voran, das alle wesentlichen Bedingungen der Übertragung beinhaltete, wie auch die Übergabe ausführlicher Anmerkungen (mit Datum April 2001) und die Abgabe von Angeboten. In all diesen Phasen, bei denen alle Interessenten (darunter auch der Beschwerdeführer) Zugang zu den Daten hatten, wurde die Bedingung der Bürgschaft formuliert.“

Demnach handelt es sich hier, wie das Schreiben vom 17.12.2004 unterstreicht, um eine Bedingung, die nicht nur legitim und handelsüblich ist, sondern auch um eine Bedingung, die von Anfang an in die Verhandlungen zur Privatisierung der Werft eingegliedert war, eine sogar kritische (sine qua non) Bedingung, ohne deren Genehmigung der Abschluss des Verkaufs der HSY-Firmenanteile nicht möglich gewesen wäre. Es ist bezeichnend, dass diese Klausel in unterschiedlichen Formulierungen, aber immer mit demselben Ziel, also der rationalen Erleichterung wirtschaftlicher Transaktionen im Rahmen der Marktgesetze, von Beginn des Privatisierungsprozesses an in folgenden Texten erscheint:

 

Ausschreibung des Beraters;

 

Einladung zur Abgabe verbindlicher Angebote;

 

Angebot des erwerbenden Konsortiums (jedoch ohne in der Verzichtserklärung auf die Klauseln enthalten zu sein);

 

diverse Verhandlungstexte; und schließlich

 

Kaufvertrag vom 11. Oktober 2001.

Demnach richtete sich die Bürgschaftserklärung im Zusatz des Gewährleistungsvertrags vom 31.5.2002 von Anfang an an den Höchstbietenden und stellt keine staatliche Beihilfe für den endgültigen Käufer dar. Dieselbe Klausel hätte für jeden Meistbietenden gegolten, da sie — wie bereits erwähnt — Eingang in das Verfahren der Entstaatlichung gefunden hatte. Verständlich ist auch, dass, da das Verfahren der Entstaatlichung im Februar 2001 begann (zu einem Zeitpunkt, als der griechische Staat Mehrheitsaktionär der damaligen Verkäuferin ETVA war), der griechische Staat als Verkäufer der ETVA der Piraeus Bank gegenüber ebenfalls verpflichtet war, eine Bürgschaftserklärung zu gewähren (und dies auch getan hat) in Bezug auf den zu veräußernden Vermögenswert, das heißt in Bezug auf die Werft, da der Staat als Verkäufer verpflichtet war, eine solche Erklärung abzugeben. Diese Bürgschaftserklärungen, die — wie bereits betont — mit absoluter Transparenz und Klarheit in allen Vertragstexten der Entstaatlichung enthalten sind, und insbesondere im schuldrechtlichen Vertrag vom 11.10.2001, sind dem Charakter des Handels (Verkauf eines bestimmten Vermögenswerts) angemessen, gelten für alle kandidierenden Meistbietenden und räumen keinem weitere Vorteile ein. Auf dieser Basis wird die konkrete Natur dieser Bürgschaftserklärung (notwendig für den Handel und üblich nach den Marktregeln) und ihre Verbindlichkeit im Vorfeld des Privatisierungsverfahrens, aber auch im Rahmen des Kaufvertrags der HSY-Firmenanteile vom 11.10.2001 bewiesen, dem der Kaufvertrag der ETVA-Firmenanteile vom 18.10.2001 zwischen ETVA und dem griechischen Staat folgte. Grundlegend ist jedoch, und das wird nachdrücklich betont, dass die Bürgschaftsklausel im ganzen Entstaatlichungsverfahren anzutreffen ist und nicht zum ersten Mal beim Aufsetzen des Vertrags erscheint. Sie ist also nicht, wie der Beschwerdeführer es aussehen lassen will, eine „Erfindung“ in letzter Minute, um die Vorschriften der Gemeinschaft zu umgehen und die staatlichen Beihilfen zu erreichen.

Der griechische Staat hätte als Verkäufer der ETVA-Firmenanteile nicht nur gemäß dem Vertrag vom 18.10.2001, sondern auch nach dem Gesetz die Pflicht gehabt, die ETVA-Firmenanteile an die Piraeus Bank frei von Belastungen oder Verbindlichkeiten zu übertragen. Da die Piraeus Bank nicht in das Verfahren der Entstaatlichung von HSY einbezogen war, hätte sie nach dem Gesetz und der Verkehrssitte von jeglicher Verpflichtung, die vom HSY-Übertragungsvertrag herrührt, abgesichert werden müssen, da sie daran nicht beteiligt war. Diese Sicherheit gewährt ihr die Erklärung zur Bürgschaft des griechischen Staates vom 18.3.2002. Diese Bürgschaftserklärung ist selbstverständlich und legitim. Der griechische Staat gewährte sie als vertragliche Verpflichtung und agierte gegenüber der Käuferin Piraeus Bank als Vertragspartei, das heißt als Fiscus, und nicht als Träger öffentlicher Gewalt.

Die Kommission weist darauf hin, dass Griechenland zum Zeitpunkt dieses Schreibens im Hinblick auf die Behauptung der Elefsis Shipyards, die Bürgschaft stelle eine Beihilfe an HDW/Ferrostaal dar, beweisen wollte, dass diese Bürgschaft keinen Vorteil bilde, der selektiv HDW/Ferrostaal gewährt wurde, sondern allen Kaufkandidaten (einschließlich ihr selbst), die am Privatisierungsprozess beteiligt waren, angeboten wurde. Bei der nächsten Stellungnahme vor der Kommission hat Griechenland in der Erkenntnis, dass die Kommission diese Bürgschaft als Beihilfe an HSY erachten könnte, versucht, die Zurechenbarkeit der Maßnahme an den griechischen Staat mit der Behauptung anzufechten, die Bürgschaft sei erst im Mai 2002 gewährt worden, was den Behauptungen im Schreiben vom 23. Mai 2005 vollkommen widerspricht.

(151)  Wie in Randnummer 59 erwähnt, wurde die Privatisierung mit Entscheidung Nr. 14/3.1.2001 des zuständigen Interministeriellen Ausschusses für Entstaatlichung beschlossen.

(152)  Die Kommission stellt fest, dass Formulierung und Gliederung des Abkommens vom 20. März 2002 verwirrend sind. Artikel 8.2.4. dieser Übereinkunft legt fest, dass bei der in Artikel 3 bis 6 des Gesetzes 2941/2001 erfassten Beihilfe (s. Randnummer (33) dieser Entscheidung, die das genannte Gesetz beschreibt) der griechische Staat verpflichtet wird, der Piraeus Bank 100 % eines jeden Betrags zu entrichten, den ETVA an HDW/Ferrostaal zahlen würde. Im Falle einer Rückforderung von Beihilfen jedoch, die von Artikel 3 bis 6 des Gesetzes 2941/2001 nicht erfasst werden, findet Artikel 8.2.4 des Abkommens vom 20. März keine Anwendung. Demnach wird Artikel 8.2.1. angewendet. Dieser Artikel sieht vor, dass der griechische Staat der Piraeus Bank 57,7 % desjenigen Betrags zahlt, den ETVA an HDW/Ferrostaal entrichtet. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass gemäß Artikel 8.2.2 des Abkommens, trotz des Verkaufs der Mehrheit der Firmenanteile von ETVA an die Piraeus Bank, das HSY-Verkaufsverfahren vom griechischen Staat verwaltet werden sollte — und nicht von Piraeus Bank/ETVA. Dieser Artikel — und insbesondere die Randnummer 8.2.2.(d) — erwähnt, dass der griechische Staat die Verpflichtung übernimmt, dass der Käufer in Bezug auf die Privatisierung der Hellenic Shipyards keinen Verlust erleidet. Wie aus Artikel 8.2.4 (und Artikel 7.4 des Abkommens vom 18. Dezember 2001) hervorgeht, stützt sich das Abkommen auf die Annahme, dass Piraeus Bank und ETVA bald fusionieren; daher würde die Verpflichtung, die der griechische Staat in Artikel 8.2.2 eingegangen ist, nicht eingehalten, wenn er der Piraeus Bank nur 57,7 % desjenigen Betrags zahlen würde, den ETVA an HDW/Ferrostaal entrichtet. Damit die Verpflichtung aus Randnummer 8.2.2 eingehalten wird — konkret die Sicherheit, dass die Piraeus Bank durch den Verkauf von HSY keinen Verlust erleidet —, muss demnach der in Artikel 8.2.4 vorgesehene Mechanismus in jedem Fall von Beihilfenrückforderung angewendet werden, und nicht nur in denjenigen, die aus Gesetz 2941/2001 hervorgehen.

(153)  Mit Schreiben vom 28. Mai 2002 hat die Piraeus Bank die Stellungnahme der Regierung in Bezug auf die Formulierung der Bürgschaft eingeholt, die ETVA an HDW/Ferrostaal gewähren sollte, und forderte die Bestätigung, dass im Fall der Inanspruchnahme dieser Bürgschaft Artikel 8.2.4 des Abkommens vom 20. März 2002 gelten würde. Mit Schreiben vom 31. Mai 2002 gab die Regierung an ETVA ihre Einwilligung zur Leistung dieser Bürgschaft und bestätigte, dass im Fall der Inanspruchnahme Artikel 8.2.4. gelten würde. Im Gegensatz zur erwähnten Schlussfolgerung bedeutet das, dass der griechische Staat anhand des Abkommens vom 20. März 2002 verpflichtet war, der Piraeus Bank nur 57,7 % desjenigen Betrags zu entrichten, den ETVA an HDW/Ferrostaal zahlt; dies änderte sich mit Schreiben der Regierung vom 31. Mai 2002, die vorbehaltlos erklärt, dass der von Artikel 8.2.4 des Abkommens vom 20. März 2002 vorgesehene Mechanismus (das heißt eine 100 %ige Entschädigung) gelte.

(154)  Auf konkrete Anfrage der Kommission mit Schreiben vom 12. Februar 2008 bestätigte Griechenland mit Schreiben vom 3. März 2008 die Verpflichtung, der Piraeus Bank den gesamten Betrag (das heißt zu 100 % und nicht zu 57,7 %) zu zahlen, den ETVA an HDW/Ferrostaal entrichtet.

(155)  Wie in Würdigung von Maßnahme E7 angeführt, hatte die Belegschaft diese Firmenanteile inne, obwohl sie den an ETVA zu zahlenden Kaufpreis nicht entrichtet hatte.

(156)  Siehe Randnrummer 33 zur Beschreibung des Gesetzes.

(157)  Rechtssache C-334/99, Bundesrepublik Deutschland/Kommission, Randnummern 133 bis 141.

(158)  Die Kommission weist zusätzlich darauf hin, dass ihres Wissens keines dieser von Artikel 296 gedeckten Darlehen oder keine dieser Bürgschaften den Voraussetzungen aus Abschnitt 3.1 dieser Entscheidung entspricht. Demnach wären sie von einem marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber nicht akzeptiert worden.

(159)  Unter Berücksichtigung der Risikoabwendung seitens der Wirtschaftsträger wäre der Verkauf der HSY nur dann ihrer Liquidation vorzuziehen gewesen, wenn die statistisch wahrscheinlichen Zahlungen aufgrund der Garantie wesentlich unter 6 Mio. EUR blieben.

(160)  Siehe Randnummer 33 zur Beschreibung des Gesetzes.

(161)  Das wurde von der Kommission bereits in der Entscheidung zur Ausdehnung des Verfahrens analysiert, und konkret bei der Beschreibung und Bewertung der Maßnahme 18a. Die Kommission weist auch darauf hin, dass im zweiten Deloitte-Bericht steht: „Obige Klausel d) in Bezug auf die Gliederung des Austausches zwischen demjenigen Betrag zur Aufstockung des Aktienkapitals und demjenigen Teil für den Erwerb der bestehenden Firmenanteile im Verhältnis 2:1 ist aus unserer Erfahrung bei ähnlichen Maßnahmen keine besonders übliche Bedingung. Unter Berücksichtigung der gravierenden Probleme im Betriebsablauf und der sich verschlechternden Finanzsituation des Unternehmens glauben wir jedoch, dass die Entscheidung der Verkäufer (und ihrer Berater), diese Bedingungen zu stellen, sowohl angemessen als auch logisch war.“ (S. 9-2). Laut Auslegung der Kommission bestätigt sich an diesem Punkt, dass diese Art der Leistung des Entgelts eine logische und angemessene Forderung des Staates war, unter der Annahme, dass die Zielsetzung die langfristige Fortsetzung der Tätigkeiten von ENAE war (Zielsetzung einer öffentlichen Behörde), und nicht die Maximierung der Einnahmen durch den Verkauf (Zielsetzung eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers).

(162)  S. Anmerkung 148.

(163)  Die Kommission macht nicht geltend, dass eine per Prospektprüfung durchgeführte Lagekontrolle die Feststellung erlaubt hätte, ob alle Beihilfen oder nur einige von ihnen laut dieser Entscheidung zurückgefordert werden müssen. In ihrem Schreiben vom 21. Juni 2007 reichte TKMS/GNSH einige Berichte über Prospektprüfungen ein, die 2001 von Arthur Andersen für HDW/Ferrostaal durchgeführt wurden. Arthur Andersen weist in diesen Berichten darauf hin, dass nicht ausgeschlossen ist, dass HSY staatliche Beihilfen erhalten hat, die in Zukunft zurückgezahlt werden müssen.

(164)  Da ETVA und Griechenland in den Wettbewerbsunterlagen, die den Käufanwärtern unterbreitet wurden, obige Beihilfe in Aussicht gestellt hatten, hätte die Tatsache, dass die Garantie nicht als Bedingung im Angebot von Elefsis Shipyards enthalten war, diese nicht daran gehindert, sie im späteren Verlauf der Verhandlungen einzufordern.

(165)  Dieser Punkt wird im zweiten Deloitte-Bericht geltend gemacht: Hätte HDW/Ferrostaal das Risiko der Verpflichtung tragen müssen, staatliche Beihilfen zurückzuerstatten, die HSY in den vergangenen Jahren gewährt worden waren, hätte sie sie nicht gekauft.

(166)  Dies geht aus dem Text und der Gliederung der Siebten Richtlinie über Beihilfen für den Schiffbau klar hervor, wo die „Investitionsbeihilfen“ unter Kapitel III über die „Umstrukturierungsbeihilfen“ fallen.

(167)  Siehe die sehr hohe Schuldabschreibung, angeführt in Entscheidung in der Sache C 10/94, die Kostenübernahme für Unternehmensschließungen, angeführt in Entscheidung N 513/01, und alle Arten von finanzieller Unterstützung, die der griechische Staat aufgrund von Artikel 296 übernommen hat, angeführt im Entscheidung über die Verfahrensausdehnung.

(168)  Was zum Beispiel die staatliche Unterstützung an HSY, ohne die Finanzierung einer bestimmten Tätigkeit vorzusehen, angeht, war die Kommission der Auffassung, dass die Tätigkeiten im Zivilbereich nur von 25 % der staatlichen Beihilfen begünstigt wurden. Wenn jedoch nur 25 % der staatlichen Beihilfen zurückgefordert werden, werden reell nur 6,25 % davon (das heißt 25 % von 25 %) aus den Tätigkeiten im Zivilbereich zurückgefordert. So wird die Versetzung der HSY-Tätigkeiten im Zivilbereich in den vorherigen Zustand nicht erreicht, da diese 25 % der staatlichen Unterstützung bekommen haben und nur 6,25 % zurückerstatten werden.

(169)  ABI. L 140, 30.4.2004, S. 1.


27.8.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 225/180


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 8. Juli 2008

über die Maßnahmen C 58/02 (ex N 118/02) Frankreichs zugunsten der Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 3182)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2009/611/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Am 18. Februar 2002 meldete die Französische Republik bei der Kommission die geplante Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten der Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (nachstehend „SNCM“ genannt) an (2). Diese Anmeldung wurde am 3. Juli 2002 ergänzt (3). Die angemeldete Umstrukturierungsbeihilfe bestand in einer Aufstockung des Kapitals der SNCM durch die Compagnie Générale Maritime et Financière (nachstehend „CGMF“ genannt) (4) um 76 Mio. EUR.

(2)

Mit Schreiben vom 19. August 2002 teilte die Kommission den französischen Behörden ihren Beschluss mit, in Anwendung von Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 EG-Vertrag (5) einzuleiten.

(3)

Am 8. Oktober 2002 (6) übermittelten die französischen Behörden der Kommission ihre Stellungnahmen zum Beschluss vom 19. August 2002 (7).

(4)

Auf Ersuchen der französischen Behörden fanden am 24. Oktober 2002, 3. Dezember 2002 und 25. Februar 2003 Arbeitsbesprechungen mit den Kommissionsdienststellen statt.

(5)

Im Rahmen der Einleitung des Verfahrens gingen bei der Kommission Stellungnahmen von zwei Unternehmen ein, und zwar am 8. Januar 2003 (8) die Stellungnahme von Corsica Ferries France (nachstehend „CFF“ genannt) und am 7. Januar 2003 die Stellungnahme der Gruppe Stef-TFE. Darüber hinaus gingen ihr am 18. Dezember 2002 und am 9. und 10. Januar 2002 Stellungnahmen verschiedener französischer Gebietskörperschaften zu. Mit Schreiben vom 13. und 16. Januar und vom 5. und 21. Februar 2002 leitete sie diese Stellungnahmen zur Äußerung an Frankreich weiter.

(6)

Die französischen Behörden übermittelten der Kommission ihre Antworten auf die Stellungnahmen von CFF und Stef-TFE am 13. Februar 2003 (9) und am 27. Mai 2003 (10).

(7)

Am 16. Januar 2003 sandten die Dienststellen der Kommission ein Auskunftsersuchen an die französischen Behörden, das von diesen am 21. Februar 2003 beantwortet wurde.

(8)

In ihrem Schreiben vom 10. Februar 2003 (11) führten die französischen Behörden Argumente aus, die beweisen sollten, dass das Beihilfevorhaben den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen (12) (nachstehend „Leitlinien von 1999“ genannt) in allen Punkten entsprach.

(9)

Am 25. Februar 2003 (13) übermittelten die französischen Behörden auf Ersuchen der Kommission eine Kopie des Aktionärsvertrags zwischen der SNCM und der Gruppe Stef-TFE.

(10)

Mit der Entscheidung 2004/166/EG vom 9. Juli 2003 (nachstehend „Entscheidung von 2003“ genannt) (14) genehmigte die Kommission unter bestimmten Auflagen die Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten der SNCM, die in zwei Tranchen ausgezahlt werden sollte. Die erste Tranche belief sich auf 66 Mio. EUR, während die zweite in Höhe von maximal 10 Mio. EUR anhand des Nettoerlöses aus der Veräußerungen von Vermögenswerten nach dem Erlass der Entscheidung von 2003 bestimmt werden sollte.

(11)

Am 13. Oktober 2003 reichte die CFF beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaft (nachstehend „das Gericht“ genannt) Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung von 2003 ein (Rechtssache T-349/03).

(12)

In ihrem Beschluss vom 8. September 2004 vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Vereinbarkeit der mit der Entscheidung von 2003 genehmigten Umstrukturierungsbeihilfe durch die von Frankreich am 23. Juni 2004 beantragten Änderungen, d. h. durch den Tausch des Schiffs Aliso gegen das Schiff Asco in der Liste der Schiffe, die die SNCM nach der Entscheidung von 2003 weiter betreiben durfte, und durch den Verkauf des Schiffs Aliso anstelle des Schiffs Asco nicht infrage gestellt wird (15).

(13)

Mit Beschluss vom 16. März 2005 (nachstehend „Beschluss von 2005“ genannt) genehmigte die Kommission die Auszahlung einer zweiten Tranche der Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 3,3 Mio. EUR, durch die sich der Gesamtbetrag der genehmigten Umstrukturierungsbeihilfe auf 69 292 400 EUR erhöhte.

(14)

Am 15. Juni 2005 erklärte das Gericht die Entscheidung von 2003 in der Rechtssache T-349/03 wegen einer fehlerhaften Beurteilung des Minimalcharakters der Beihilfe für nichtig. Dieses Urteil hatte zur Folge, dass das mit Beschluss der Kommission vom 19. August 2002 eingeleitete förmliche Prüfverfahren neu eröffnet wurde und die Beschlüsse vom 8. September 2004 und vom 16. März 2005, die auf der Grundlage der für nicht erklärten Entscheidung von 2003 erlassen worden waren, hinfällig wurden.

(15)

Am 25. Oktober 2005 (16) sandten die französischen Behörden der Kommission Informationen über die Finanzlage des Unternehmens seit der Anmeldung der geplanten Umstrukturierungsbeihilfe vom 18. Februar 2002.

(16)

Am 17. November 2005 (17) übermittelten die französischen Behörden Angaben zur Aktualisierung des Umstrukturierungsplans von 2002 und zur Aufstockung des Eigenkapitals der SNCM (18).

(17)

Am 15. März 2006 leiteten die französischen Behörden der Kommission eine Zusammenfassung über den Markt, den Businessplan (Teil Erträge) und die Gewinn- und Verlustrechnung zu (19). Weitere Unterlagen wurden den Kommissionsdienststellen am 28. März 2006 und am 7. April 2006 übergeben (20). In letztgenanntem Schreiben forderten die französischen Behörden die Kommission unter anderem auf, einen Teil der Umstrukturierungsbeihilfe von 2002, insbesondere den Betrag von 53,48 Mio. EUR, aufgrund des Charakters als „Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“ nicht als Maßnahme im Rahmen eines Umstrukturierungsplans anzusehen. Dieser Betrag sei gemäß dem Altmark-Urteil (21) nicht als Beihilfe, sondern als eigenständige und vom Umstrukturierungsplan unabhängige Maßnahme im Sinne von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag zu betrachten.

(18)

Am 21. April 2006 wurde bei der Kommission gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (22) ein Zusammenschlussvorhaben angemeldet. Danach sollten die Unternehmen Veolia Transport (nachstehend „VT“ genannt) (23) und Butler Capital Partners (nachstehend „BCP“ genannt) die gemeinsame Kontrolle über die SNCM erlangen (24). Mit der Entscheidung der Kommission vom 29. Mai 2006 (25) wurde dieses Zusammenschlussvorhaben genehmigt.

(19)

Am 21. Juni 2006 (26) übermittelten die französischen Behörden der Kommission den Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Finanzen und Industrie vom 26. Mai 2006 zur Genehmigung der Finanzgeschäfte der CGMF, das Dekret Nr. 2006-606 vom 26. Mai 2006 zur Überführung der SNCM in die private Hand sowie den Erlass vom 26. Mai 2006 zur Genehmigung der Finanzgeschäfte der SNCF.

(20)

Auskünfte zum Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst und zu den Beihilfen sozialer Art zur Verkehrsanbindung Korsikas wurden der Kommission am 7. Juni 2006 (27) zugesandt.

(21)

Am 13. September 2006 beschloss die Kommission, wegen der neuen Maßnahmen zugunsten der SNCM das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten und auch den 2002 angemeldeten Umstrukturierungsplan einzubeziehen (28) (nachstehend „Beschluss von 2006“ genannt).

(22)

Frankreich ließ der Kommission seine Stellungnahmen zum Beschluss von 2006 mit Schreiben vom 16. November 2006 zukommen (29).

(23)

Nachdem einige Beteiligte beantragt hatten, die Frist für die Abgabe der Stellungnahmen um einen Monat zu verlängern (30), beschloss die Kommission, allen Beteiligten diese Fristverlängerung zu gewähren (31).

(24)

Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von CFF (32) und STIM d’Orbigny (nachstehend „STIM“ genannt) (33) ein, die mit Schreiben vom 20. Februar 2007 an die französischen Behörden weitergeleitet wurden. Auch ein Drittbetroffener gab eine Stellungnahme ab, die ebenfalls an die französischen Behörden weitergeleitet wurde, zog diese jedoch am 28. Mai 2008 zurück.

(25)

Die französischen Behörden äußerten sich am 30. April 2007 zu den Stellungnahmen der Beteiligten (34).

(26)

Am 20. Dezember 2007 reichte CFF — ergänzend zu den am 15. Juni 2007 und 30. November 2007 übermittelten Informationen — eine Beschwerde wegen der staatlichen Beihilfen gegen SNCM ein. Diese Beschwerde betraf Artikel 3 des neuen Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für den Zeitraum 2007—2013, der im Juni 2007 zwischen der Gebietskörperschaft Korsika und dem Zusammenschluss Compagnie Méridionale de Navigation-SNCM unterzeichnet worden war. Nach Ansicht von CFF würden durch die Umsetzung dieser Klausel neue Finanzmittel für die SNCM in Höhe von ca. 10 Mio. EUR für das Jahr 2007 bereitgestellt. Darüber hinaus sei die Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen an die SNCM eine staatliche Beihilfe, die zudem rechtswidrig sei, da sie nicht bei der Kommission angemeldet worden sei.

(27)

Nachdem der Kommission verschiedene Informationen erst nach Ablauf der ursprünglich auf den 13. Februar 2007 angesetzten Frist übermittelt wurden (35), unterrichtete sie die Beteiligten über ihren Beschluss, die Abgabefrist für die Stellungnahmen der Beteiligten bis zum 14. März 2008 zu verlängern.

(28)

Die Kommission leitete die Stellungnahmen der Beteiligten am 26. März 2008 an Frankreich weiter, das sich am 28. März 2008, 10. April 2008 und 28. April 2008 dazu äußerte.

2.   FESTSTELLUNG DES BEIHILFEEMPFÄNGERS

(29)

Empfänger der Beihilfen, um die es in dieser Entscheidung geht, ist die Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM), die mehrere Tochterunternehmen im Seeverkehr umfasst und Passagiere, Personen- und Lastkraftwagen auf den Seeverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika, Italien (Sardinien) und Nordafrika (Algerien und Tunesien) befördert.

(30)

Die SNCM ist eine Aktiengesellschaft, die 1969 aus der Fusion der Compagnie Générale Transatlantique und der Compagnie de Navigation Mixte, die beide im Jahr 1850 gegründet worden waren, hervorging. Das ursprünglich Compagnie Générale Transméditerranéenne genannte Unternehmen firmierte 1976 in Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée um, nachdem die Société Nationale des Chemins de Fer (SNCF) eine Kapitalbeteiligung übernommen hatte. Das Unternehmen wurde von der französischen Regierung dazu ausgewählt, den Grundsatz der Kontinuität der Festlandsverbindungen mit Korsika umzusetzen, d. h. die Angleichung der Preise für den Seeverkehr an die Preise der SNCF für den Bahnverkehr. Grundlage hierfür bildete ein Vertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren, der am 31. März 1976 geschlossen worden war. Die Compagnie Générale Transatlantique war von der französischen Regierung bereits aufgrund eines früheren Vertrags vom 23. Dezember 1948 mit der Verkehrsanbindung Korsikas beauftragt worden.

(31)

Zum Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalaufstockung im Jahr 2002 wurde die SNCM zu 20 % von der SNCF und zu 80 % von der CGMF gehalten. Seit der Öffnung des Kapitals der SNCM am 30. Mai 2006 (siehe Randnummer 18 dieser Entscheidung) halten BCP und VT 38 % bzw. 28 % des Kapitals der SNCM, während die CGMF noch 25 % der Kapitalanteile besitzt (9 % des Kapitals sind im Besitz der Belegschaft).

(32)

Die wichtigsten Tochterunternehmen der SNCM sind die Compagnie Méridionale de Navigation (nachstehend „CMN“ genannt) (36), die Compagnie Générale de Tourisme et d’Hôtellerie (CGTH) (37), Aliso Voyage (38), Sud-Cargos (39), die Société Aubagnaise de Restauration et d’Approvisionnement (SARA) (40), Ferrytour (41) und Les Comptoirs du Sud (42).

(33)

Nach dem Verkauf der Hochgeschwindigkeitsschiffe Aliso im September 2004 und Asco  (43) im Mai 2005 bestand die Flotte der SNCM aus zehn Schiffen (fünf Autofähren (44), vier kombinierte Fracht-/Fahrgastschiffe (45) und ein Hochgeschwindigkeitsschiff, das hauptsächlich ab Nizza eingesetzt wird (46), von denen sieben ihr gehören (47).

(34)

Der Vollständigkeit halber ist daran zu erinnern, dass die regelmäßigen Seeverkehrsdienste zwischen den französischen Festlandshäfen und Korsika seit 1948 im Rahmen eines Vertrags zur Übertragung öffentlicher Dienstleistungen gewährleistet werden. Von 1976 bis 2001 waren die SNCM und die CMN gemäß einer ursprünglich für 25 Jahre geschlossenen Rahmenvereinbarung Inhaber dieser Konzession. Gemäß den geltenden Gemeinschaftsvorschriften (48) und auf eine europaweite Ausschreibung (49) hin, die von der Gebietskörperschaft Korsika (50) veranstaltet wurde, erhielten die SNCM und die CMN gemeinsam den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für die Verbindung nach Korsika ab Marseille gegen Ausgleichszahlungen während des Zeitraums 2002-2006.

(35)

Da der Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst Ende 2006 auslief, wurde der öffentliche Seeverkehrsdienst für diese Strecke erneut europaweit ausgeschrieben (51). Den Zuschlag für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2013 erhielten die SNCM und die CMN, mit Subventionen von rund 100 Mio. EUR pro Jahr.

(36)

Gleichzeitig wurden allen Unternehmen, die die Insel von Toulon und Nizza aus anlaufen, Verpflichtungen hinsichtlich der Häufigkeit der Verbindungen auferlegt. Auf diesen Strecken erhalten die Bewohner Korsikas und weitere Passagiergruppen seit 2002 und bis 2013 Beihilfen sozialer Art, die gemäß den Entscheidungen der Kommission vom 2. Juli 2002 (52) und vom 24. April 2007 (53) eingeführt wurden.

3.   WETTBEWERBLICHER HINTERGRUND

(37)

Die SNCM ist auf zwei verschiedenen Märkten sowohl im Fahrgast- als auch im Güterverkehr tätig: zum einen auf dem Markt für Verbindungen nach Korsika und Nordafrika von Frankreich aus und zum anderen auf dem Markt für Verbindungen nach Italien und Spanien.

3.1   Verbindungen nach Korsika

(38)

Der Markt für Verbindungen nach Korsika ist beim Fahrgastverkehr durch starke saisonale Schwankungen gekennzeichnet. Dabei können die saisonalen Spitzenbesuchszahlen das Zehnfache der nachfrageschwächsten Monate betragen, so dass die Anbieter über eine Flotte verfügen müssen, die auf dieses Spitzenaufkommen ausgelegt ist. Die Hälfte des Umsatzes wird im Juli und August erwirtschaftet. Darüber hinaus besteht selbst in Spitzenzeiten je nach Reiserichtung ein Ungleichgewicht. Im Juli fahren die Schiffe beispielsweise voll vom Festland ab, kehren aber fast leer zurück. Die durchschnittliche jährliche Auslastung der Schiffe ist dadurch relativ gering.

(39)

Die SNCM ist der etablierte Anbieter von Verbindungen zwischen Korsika und dem französischen Festland. Grob gesagt, entfallen zwei Drittel ihrer Geschäftstätigkeit auf die Verbindungen zwischen Marseille und Korsika im Rahmen eines Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst, während das letzte Drittel Verbindungen mit anderen Ausgangs- oder Zielhäfen umfasst (Nizza-Korsika, Toulon-Korsika, internationale Verbindungen nach Sardinien oder Nordafrika).

(40)

Die SNCM hatte bei ihrer Haupttätigkeit lange Zeit eine Monopolstellung inne. Seit 1996 steht sie dagegen mit anderen Anbietern in einem Wettbewerb, der sich sehr schnell entwickelt hat. So hat das Unternehmen Corsica Ferries France (CFF) heute eine marktbeherrschende Stellung bei Seeverbindungen zwischen dem Festland und Korsika, und sein Marktanteil wächst weiter. Obwohl CFF erst seit 1996 auf diesem Markt tätig ist, ist das Fahrgastaufkommen zwischen 2000 und 2005 um […] (54) jährlich gestiegen und nimmt weiter zu. So nehmen heute fast […] der Passagiere bei Überfahrten zwischen dem Festland und Korsika ein Schiff von CFF, wohingegen nur […] ein Schiff der SNCM besteigen; die restlichen Fahrgäste, d. h. […], befördert die CMN.

(41)

Die Stellung, die CFF in den letzten sieben Jahren auf dem betrachteten Markt erlangt hat, zeigt sich auch bei der Zahl der Passagiere, die je Saison zwischen Korsika und dem französischen Festland befördert werden. Die folgende Grafik zeigt, dass der Marktanteil von CFF von 45 % im Jahr 2000 auf […] % in 2007 gestiegen und der Marktanteil der SNCM im gleichen Zeitraum von 53 % auf […] % gesunken ist, was einer Differenz bei den beförderten Fahrgästen von als einer Million entspricht.

Grafik 1

Zahl der Passagiere, die je Saison (Mai-September) zwischen dem französischen Festland und Korsika befördert wurden — Saisons 2000 bis 2007

Image

(42)

Weitere kleinere Wettbewerber der SNCM bei Verbindungen nach Korsika sind die Compagnie Méridionale de Navigation (CMN), Moby Lines, Happy Lines und TRIS.

(43)

In den letzten beiden Jahren waren das Angebot der SNCM und ihre Marktanteile bei Verbindungen nach Korsika rückläufig, mit einem Rückgang des Platzangebots um […] % (– […] % bei den Verbindungen ab Nizza und – […] % bei den Verbindungen ab Marseille).

(44)

Die weiter abnehmenden Marktanteile zeigen jedoch, dass das Vertrauen der Fahrgäste, das infolge der Streiks und der Beeinträchtigungen durch soziale Konflikte in den Jahren 2004 und 2005, vor allem bei der Privatisierung des Unternehmens, weitgehend eingebrochen war, nur sehr langsam zurückkehrt. Dieses Vertrauen ist jedoch Voraussetzung dafür, den in den letzten Jahren verzeichneten Rückgang der Marktanteile der SNCM aufzuhalten. Der Anstieg des Umsatzes in 2007 zeigt dabei, dass das Unternehmens bestandsfähig ist, obwohl es erhebliche Marktanteile an seinen einzigen Wettbewerber abgeben musste, der ihm heute vom Marktanteil her weit überlegen ist.

(45)

Der Markt für den Fahrgastseeverkehr zwischen dem Festland und Korsika ist in den letzten 15 Jahren um durchschnittlich 4 % gewachsen; dieses Wachstum dürfte anhalten, wobei für 2008 ein Anstieg um […] % und für die Folgejahre ein schwächeres Wachstum prognostiziert wird. Dennoch scheinen keine neuen Marktteilnehmer in diesen Markt einsteigen zu wollen. Auf die Ausschreibung des Office des Transports de Corse zur Vergabe eines Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrdienst zu bestimmten Häfen Korsikas für den Zeitraum 2007—2013 gingen außer denen von CFF und SNCM-CMN keine weiteren Bewerbungen ein, obwohl auch Teilangebote für eine bestimmte Strecke möglich gewesen wären.

(46)

CFF, der Hauptwettbewerber der SNCM, hat sein Platzangebot zwischen 1999 und 2007 ganz erheblich um 500 000 Plätze auf […] Millionen ausgebaut (davon allein zwischen 2006 und 2007 um […] %) und konnte dadurch seine Passagierzahlen (von […] Millionen in 2005 auf […] Millionen in 2007) und seinen Marktanteil steigern. Aufgrund dieser Politik ist die Auslastung bei CFF allerdings strukturell geringer als bei der SNCM; die Differenz betrug 2007 etwa […] Prozentpunkte. Bei der SNCM betrug die durchschnittliche Auslastung im Jahr 2007 […] %, was angesichts der starken Saisonabhängigkeit des Marktes (siehe oben) normal ist.

(47)

Beim Frachtverkehr mit Korsika hatte die SNCM 2005 einen Marktanteil von rund […] % des Marktes für Verbindungen von Marseille/Toulon nach Korsika.

(48)

Im allgemeinen Güterverkehr (unbegleitet) hatten die SNCM und die CMN de facto ein Quasi-Monopol. Im Rahmen des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst gewährleisten die beiden Unternehmen häufige Verbindungen zwischen Marseille und allen Häfen Korsikas.

(49)

Bei Anhängern mit Begleitung, die auf Autofähren verladen werden und — gemessen in laufenden Metern — insgesamt 24 % des gesamten Güterverkehrs ausmachen, herrscht zwischen allen Anbietern, die auch Fahrgäste befördern, Wettbewerb. Die SNCM und die CMN besitzen zusammen den Löwenanteil des Marktes für begleiteten Verkehr. Auf die anderen Marktteilnehmer, insbesondere CFF, entfallen 10 %, entsprechend 2 % des Gesamtmarktes.

(50)

Bei den begleiteten Lastzügen (55), die auf Autofähren verladen werden (rund 24 % des allgemeinen Güterverkehrs in 2003), haben SNCM und CMN ebenfalls den größten Anteil des betreffenden Marktes inne. Ab 2002 hat CFF jedoch das Angebot ausgebaut und besitzt einen Marktanteil von etwa […] %.

3.2   Verbindungen nach Nordafrika

(51)

Tunesien und Algerien bilden mit rund 5 Mio. Passagieren einen großen Markt, der vom Luftverkehr beherrscht wird. Auf den Seeverkehr entfallen dabei etwa 15 % des Aufkommens. Während Algerien mit rund 560 000 Fahrgästen einen bedeutenden Seeverkehrsmarkt darstellt, ist der Markt Tunesien mit nur rund 250 000 Fahrgästen kleiner.

(52)

Der Markt für den Seeverkehr von Frankreich nach Nordamerika ist in den letzten Jahren anhaltend gewachsen; zwischen 2001 und 2005 wurde ein Anstieg um etwa 13 % verzeichnet. Angesichts der Wachstumsaussichten für den Fremdenverkehr in diese Region sind für den Seeverkehr bis 2010 jährliche Zuwachsraten von ca. 4 % zu erwarten.

(53)

In Algerien ist die SNCM hinter dem Entreprise Nationale de Transport Maritime de Voyageurs (ENTMV), einem öffentlichen algerischen Unternehmen, der zweitgrößte Marktteilnehmer. Der Marktanteil der SNCM ist von 24 % in 2001 auf […] % in 2005 gestiegen.

(54)

Auf dem Markt für Seeverkehr nach Tunesien ist die SNCM der zweitgrößte Marktteilnehmer hinter der Compagnie tunisienne de navigation (CTN). Obwohl die SNCM seit 2001 Marktanteile an die CTN abgeben musste und ihr Marktanteil von 44 % auf […] % in 2004 sank, war 2005 eine Besserung zu verzeichnen ([…] %).

4.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

4.1   Aufstockung des Kapitals der SNCM im Jahr 2002

4.1.1   Beschreibung

(55)

Nach der Entscheidung der Kommission vom 17. Juli 2002 zur Genehmigung einer Rettungsbeihilfe zugunsten der SNCM (56) meldeten die französischen Behörden bei der Kommission am 18. Februar 2002 eine geplante Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten der SNCM an. Diese Maßnahme bestand in einer Aufstockung des Kapitals der SNCM über ihre Muttergesellschaft CGMF um 76 Mio. EUR, davon 46 Mio. EUR für Umstrukturierungskosten (57). Durch diese Kapitalerhöhung sollte das Eigenkapital der SNCM um 30 Mio. EUR auf 106 Mio. EUR angehoben werden.

(56)

Entsprechend den Leitlinien von 1999 legten die französischen Behörden der Kommission einen Umstrukturierungsplan (58) für die SNCM vor, der fünf Punkte umfasste:

i)

Senkung der Zahl der Überfahrten und Umverteilung der Schiffe auf die verschiedenen Strecken (weniger Verbindungen nach Korsika, dagegen mehr Verbindungen nach Nordafrika) (59);

ii)

Verkleinerung der Flotte um vier Schiffe, die 21 Mio. EUR Liquidität bringen sollte;

iii)

Veräußerung bestimmter Immobilienwerte;

iv)

Personalabbau (60) um rund 12 %, der es gemeinsam mit einer angemessenen Lohnpolitik ermöglichen sollte, die Besatzungskosten von 61,8 Mio. EUR in 2001 im Zeitraum 2003—2006 auf durchschnittlich […] Mio. EUR und die Kosten für das Landpersonal von 50,3 Mio. EUR in demselben Zeitraum auf […] Mio. EUR zu senken;

v)

Schließung von zwei Tochtergesellschaften, der Compagnie Maritime Toulonnaise und der Corsica Marittima, deren restliche Aktivitäten von der SNCM übernommen werden sollten.

(57)

Nach den Bemerkungen der Kommission in ihrem Beschluss vom 19. August 2002 beschrieben die französischen Behörden in ihrem Schreiben vom 31. Januar 2003 die Verbesserungen, die an den folgenden Punkten des Umstrukturierungsplans vorgenommen worden waren:

Verpflichtungen und Präzisierungen zur Lohnpolitik,

Plan zur Senkung der Kosten für Vorleistungen,

die Verpflichtung, dass die SNCM keinen Preiskampf mit ihren Wettbewerbern auf der Korsikastrecke auslösen wird.

(58)

Zum letzten Punkt führten die französischen Behörden aus: „Die SNCM steht vorbehaltlos zu dieser Verpflichtung, da ein Preiskampf nach ihrer Auffassung im Widerspruch stünde zu ihrer strategischen Positionierung und ihren eigenen Interessen, da dadurch ihre Einnahmen sinken würden, sowie zu ihrer gängigen Praxis und ihrem Know-how.“

(59)

In ihrem Umstrukturierungsplan legten die französischen Behörden der Kommission ein detailliertes Finanzmodell für den Zeitraum 2002—2007 auf der Grundlage eines durchschnittlichen Szenarios für eine Reihe von Variablen (61) vor. In den finanziellen Vorausschätzungen wurde unter anderem eine Rückkehr zu positiven Ergebnissen ab 2003 angegeben.

Tabelle 1

Finanzmodell für den Zeitraum 2002—2007

(in Mio. EUR)

 

2000

2001

2002

2002

2003

2004

2005

2006

2007

Ist

Ist

Plan

Ist

Plan

Plan

Plan

Plan

Plan

Umsatz

204,9

204,1

178

205,8

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Betriebssubventionen

85,4

86,7

74,5

77,7

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Laufendes Ergebnis

–14,7

–5,1

1,2

–5,8

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Nettoergebnis

–6,2

–40,4

23

4,2

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Eigenmittel

67,5

29,7

119

33,8

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Nettofinanzverbindlichkeiten (ohne Leasing)

135,8

134,5

67,7

144,8

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Finanzielle Kennzahlen

 

 

 

 

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Laufendes Ergebnis/Umsatz + Subventionen

–5 %

–2 %

0 %

–2 %

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Eigenmittel/Verschuldung in der Bilanz

50 %

22 %

176 %

23 %

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Die Zahlen für 2000, 2001 und 2002 sind den Jahresabschlüssen der SNCM für 2001 und 2002 entnommen.

(60)

Die Kapitalzuführung von 76 Mio. EUR und die für 2003 angepeilte Wiederherstellung der Rentabilität des Betriebs sollten es nach Angaben der französischen Behörden ermöglichen, das Eigenkapital von etwa 30 Mio. EUR Ende 2001 kurzfristig (bis 2003) auf 120 Mio. EUR und anschließend bis zum Ende des Planzeitraums (2006—2007) auf […] Mio. EUR zu erhöhen. Dadurch sollte die Verschuldung von 145 Mio. EUR im Jahr 2002 auf ein Niveau von […] bis […] Mio. EUR von 2003 bis 2005 gesenkt werden. Für die letzten Jahre des Plans wurde ein Anstieg der Verschuldung zur Erneuerung von ein bis zwei Schiffen, die sich im Besitz des Unternehmens befanden, geplant.

(61)

Die französischen Behörden legten auch eine Sensitivitätsanalyse für die erwarteten Ergebnisse in Bezug auf die Arbeitshypothesen für den Verkehr auf den einzelnen Strecken vor. Danach zeigen die verschiedenen Simulationen, dass die SNCM in den betrachteten Beispielfällen wieder rentable Betriebsergebnisse erwirtschaften dürfte.

4.1.2   Festlegung der Höhe der Kapitalaufstockung

(62)

Die von den französischen Behörden zur Festlegung der Höhe der Kapitalaufstockung angewandte Methode (62) besteht darin, den Finanzierungsbedarf auf der Grundlage des durchschnittlichen Verhältnisses zwischen den Eigenmitteln und den Verbindlichkeiten zu berechnen, das im Jahr 2000 bei fünf europäischen Seeverkehrsgesellschaften festgestellt wurde. Trotz der Unterschiede zwischen den Bilanzen dieser Unternehmen lag der von den französischen Behörden berücksichtigte Mittelwert bei 79 %. Die französischen Behörden behaupten, dass die finanziellen Vorausschätzungen für den Zeitraum 2002 bis 2007 zu einem durchschnittlichen Verhältnis zwischen Eigenkapital und Verbindlichkeiten von 77 % führen würden, wobei das Eigenkapital im Jahr 2007 169 Mio. EUR betragen würde. Eine solche Eigenkapitalausstattung sollte durch eine Aufstockung des Kapitals um 76 Mio. EUR sowie durch das Gelingen der im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Maßnahmen erreicht werden.

4.2   Maßnahmen nach der Kapitalaufstockung im Jahr 2002

4.2.1   Vorbemerkung

(63)

Die Kapitalaufstockung und der Umstrukturierungsplan von 2002 brachten nicht das erwartete Ergebnis, und ab 2004 verschlechterte sich die wirtschaftliche und finanzielle Lage der SNCM stark. Zu dieser Verschlechterung trugen sowohl interne Faktoren (soziale Konflikte, ungenügendes und verspätetes Erreichen der Produktivitätsziele, Verlust von Marktanteilen) als auch exogene Faktoren (geringere Attraktivität des Ziels Korsika, Zugewinn von Marktanteilen durch CFF, Geschäftsführungsfehler des Staates (63) und die gestiegenen Kraftstoffkosten bei.

(64)

So betrug das laufende Ergebnis der SNCM – 32,6 Mio. EUR im Jahr 2004 und – 25,8 Mio. EUR im Jahr 2005. Das Nettoergebnis belief sich dagegen auf – 29,7 Mio. EUR in 2004 und – 28,8 Mio. EUR in 2005.

(65)

Die verschlechterte Wirtschafts- und Finanzlage der SNCM veranlasste die französischen Behörden, mehr Vermögenswerte zu veräußern, als im Umstrukturierungsplan von 2002 vorgesehen und in der Entscheidung von 2003 gefordert waren, und sich auf die Suche nach privaten Partnern zu begeben.

Tabelle 2

Liste der Vermögenswerte, die von der SNCM seit 2002 veräußert wurden  (64)

 

Reinerlös aus der Veräußerung

Datum

In der Anmeldung von 2002 vorgeschlagene Veräußerungen (in EUR)

25 165 000

 

Aliso (anstelle der Asco, gemäß dem Beschluss der Kommission vom 8. September 2004)

[…]

30.9.2004

Napoléon

[…]

6.5.2002

Monte Rotondo

[…]

31.7.2002

Liberté

[…]

27.1.2003

Immobilienkomplex Schuman

[…]

20.1.2003

Zusätzliche Veräußerungen, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 9. Juli 2003 zur Auflage gemacht wurden (in EUR)

5 022 600

 

SCI Espace Schuman

[…]

24.6.2003

Southern Trader

[…]

22.7.2003

Someca

[…]

30.4.2004

Amadeus

[…]

12.10.2004

CCM

[…] (65)

Zusätzliche Veräußerungen seit der Entscheidung von Juli 2003 (in Mio. EUR)

12,6

 

Asco

[…]

24.5.2005

Sud-Cargos

[…]

15.9.2005

Verkauf von Wohnungen des Immobilienbestands der SNCM (vormals von Mitarbeitern der SNCM bewohnt)

[…]

September 2003 bis 2006

Gesamt (in Mio. EUR)

42,385

 

4.2.2   Maßnahmen nach der Kapitalaufstockung im Jahr 2002

(66)

Nach einem offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Auswahlverfahren (66) wurde schließlich am 13. Oktober 2005 in einem äußerst schwierigen sozialen und finanziellen Kontext eine Vereinbarung zwischen dem Staat, BCP und VT getroffen. Somit ist VT der industrielle Betreiber der SNCM (Beteiligung von 28 %), während BCP mit einer Beteiligung von 38 % Referenzaktionär ist. Der Staat verpflichtete sich insbesondere gegenüber den Beschäftigten, 25 % der Aktien des Unternehmens zu behalten (67). BCP und VT erstellten einen Geschäftsplan für die SNCM, der der Europäischen Kommission am 7. April 2006 übermittelt wurde.

(67)

Die Vereinbarung, der zufolge 75 % des Kapitals der SNCM an private Übernehmer veräußert wird, wurde am 16. Mai 2006 von den Parteien (BCP, VT und CGMF) unterzeichnet.

(68)

In Teil II der Vereinbarung wird vorgesehen, dass die CGMF sich verpflichtet, eine Erhöhung des Kapitals der SNCM um insgesamt 142,5 Mio. EUR zu genehmigen, zu zeichnen und vollständig einzuzahlen.

(69)

Nach der Kapitalerhöhung sollte das Gesellschaftskapital der SNCM durch Einziehung von Aktien auf den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwert für nicht kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften herabgesetzt werden.

(70)

Ergänzend zu dieser Kapitalerhöhung verpflichtete sich die CGMF, der SNCM 38,5 Mio. EUR in Form eines Kontokorrentvorschusses bereitzustellen. Dieser Kontokorrentvorschuss sollte von der SNCM auf ein Treuhandkonto (bei der Bank CIC) eingezahlt werden und zur Finanzierung des Anteils der Kosten dienen, der für den Fall eines Personalabbaus durch die Übernehmer zusätzlich zu den gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gezahlt würde (68). Die Ausgleichsleistungen, die über die Abfindungen aufgrund gesetzlicher und tarifvertraglicher Verpflichtungen hinausgehen, werden individuell und namentlich an Beschäftigte gezahlt, die das Unternehmen verlassen haben und deren Arbeitsvertrag gekündigt wurde.

(71)

Teil III der Vereinbarung sieht vor, dass die CGMF an die privaten Übernehmer nach diesen Vorgängen Aktien im Wert von 75 % des Gesellschaftskapitals des Unternehmens und […] veräußert; damit sollte der über die vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehende Teil des Sozialplans finanziert werden.

(72)

Teil III der Vereinbarung sieht auch die gemeinsame und gleichzeitige Zeichnung junger Aktien mit einem Gesamtbetrag von 35 Mio. EUR durch die Übernehmer und die CGMF vor und eine Kontokorrenteinlage von 8,75 Mio. EUR durch BCP/VT, die der SNCM entsprechend deren Liquiditätsbedarf bereitgestellt würde. In Abschnitt III.2.7 der Vereinbarung ist vorgesehen, dass der Wert der Aktien der CGMF jederzeit dem anfänglichen Nennwert zuzüglich von […] % des eingezahlten Nennwerts, multipliziert mit T/365, entspricht, wobei T die Anzahl der Tage seit dem Realisierungszeitpunkt ist, nach Abzug aller bezogenen Summen (z. B. Dividenden). Im Fall der Sanierung oder gerichtlichen Liquidation des Unternehmens gelten diese Bestimmungen nicht.

(73)

Die Vereinbarung (Teil III.5) enthält eine die Veräußerung der SNCM auflösende Vertragsbestimmung; diese Auflösungsklausel kann von den Übernehmern bei Eintreten eines der folgenden Ereignisse in Anspruch genommen werden, sofern diese Annahmen zur Folge hätten, dass die Glaubwürdigkeit ihres Geschäftsplans und die Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens infrage gestellt werden:

Nichtvergabe des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst nach Korsika für den Zeitraum ab 1. Januar 2007 […];

eine ablehnende Entscheidung der Europäischen Kommission oder ein Urteil des Gerichts oder des Gerichtshofs wie beispielsweise Ablehnung des Vorhabens oder die Auferlegung von Bedingungen, die sich wesentlich auf den Wert des Unternehmens auswirken […].

(74)

Teil VII der Vereinbarung sieht vor, dass die CGMF einen Teil der sozialen Verpflichtungen der SNCM für die Krankenversicherungskosten ihrer Rentenempfänger von schätzungsweise 15,5 Mio. EUR ab dem Tag der Übereignung des Unternehmens übernimmt.

(75)

Einzelheiten zur Führung des Unternehmens werden in Teil IV der Vereinbarung ausgeführt. Vorgesehen ist eine Änderung der Art der Geschäftsführung der SNCM, die in eine Aktiengesellschaft mit Vorstand und Aufsichtsrat umgewandelt werden soll. Dieser soll zunächst aus 10, später dann aus 14 Mitgliedern bestehen. Den Vorsitz soll übergangsweise ein Vertreter des Staates führen. Wenn die SNCM den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst erhält, wird der Aufsichtsratsvorsitzende von einem Vertreter von BCP abgelöst. Der Vorstand ist dagegen für die Führung des operativen Geschäfts der SNCM zuständig.

(76)

Am 26. Mai 2006 hat die französische Regierung die Veräußerung der SNCM sowie die genannten Maßnahmen bestätigt.

(77)

Die Vereinbarung enthält somit drei Arten staatlicher Maßnahmen, die vor dem Hintergrund der Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen zu prüfen sind:

die Veräußerung von 100 % der SNCM zu einem negativen Preis von 158 Mio. EUR (Kapitalzuführung von 142,5 Mio. EUR und Übernahme der Krankenversicherungskosten in Höhe von 15,5 Mio. EUR);

der Kontokorrentvorschuss der CGMF in Höhe von 38,5 Mio. EUR zugunsten der freigesetzten Beschäftigten der SNCM;

die Kapitalerhöhung von 8,75 Mio. EUR, die von der CGMF gemeinsam und gleichzeitig mit der Einlage von VT und BCP in Höhe von 26,25 Mio. EUR gezeichnet wurde.

5.   GELTUNGSBEREICH DIESER ENTSCHEIDUNG

(78)

Diese abschließende Entscheidung betrifft die Maßnahmen, die Frankreich seit dem 18. Februar 2002 zugunsten der SNCM umgesetzt hat, und zwar:

die Kapitalzuführung der CGMF an die SNCM in Höhe von 76 Mio. EUR im Jahr 2002 (davon 53,48 Mio. EUR für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und der Rest als Umstrukturierungsbeihilfen);

der negative Preis für den Verkauf der SNCM durch die CGMF von 158 Mio. EUR;

die Zuführung der CGMF von 8,75 Mio. EUR;

die Übernahme bestimmter zusätzlicher Sozialmaßnahmen in Höhe von 38,5 Mio. EUR durch die CGMF.

(79)

Die vorliegende Entscheidung betrifft nicht die Prüfung der Ausgleichszahlungen, die die SNCF für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Zeitraum 2007—2013 erhalten hat oder erhalten wird; diese sind Gegenstand eines gesonderten Verfahrens.

6.   GRÜNDE FÜR DIE ANNAHME DER ENTSCHEIDUNGEN DER KOMMISSION VON 2002 UND 2006

6.1   Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens von 2002

(80)

In ihrem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens vom 19. August 2002 hatte die Kommission die SNCM zwar als Unternehmen in Schwierigkeiten anerkannt, aber dennoch Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit den Kriterien von Ziffer 3.2.2 der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Leitlinien von 1999 geäußert.

(81)

Die Kommission hatte gewisse Zweifel am Umstrukturierungsplan, da keine Analyse der Ursachen für die Verluste des Unternehmens vorlag. Im Besonderen stellte die Kommission Fragen zum Zusammenhang zwischen den Verlusten und den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, zu den Auswirkungen der Politik des Schiffserwerbs durch die SNCM auf ihre Ergebnisrechnungen und zu den geplanten Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität des Unternehmens.

(82)

Zudem wies die Kommission auf einige Lücken des Umstrukturierungsplans hin, insbesondere das Fehlen konkreter Maßnahmen zur Verringerung der Vorleistungen und das Fehlen von Angaben zur zukünftigen Preispolitik der SNCM.

(83)

Die Kommission fragte sich auch, ob die von den französischen Behörden zur Bestimmung der Höhe der Kapitalaufstockung eingesetzte Berechnungsmethode die richtige war, und äußerte Zweifel an bestimmten, bei den Finanzsimulationen berücksichtigten Hypothesen.

6.2   Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens von 2006

(84)

Am 13. September 2006 beschloss die Kommission, das förmliche Prüfverfahren von 2002 auf die im Rahmen der Privatisierung der SNCM geplanten Maßnahmen auszuweiten.

(85)

Unter Berücksichtigung der Aufforderung der französischen Behörden vom 7. April 2006 (siehe Ziffer 17 dieser Entscheidung), einen Teil des Betrags der Kapitalzuführung von 2002 anhand des Urteils in der Rechtssache Altmark zu prüfen, äußerte die Kommission zunächst Bedenken hinsichtlich der Erfüllung der Bedingungen, die das Gemeinschaftsgericht in diesem Urteil aufgestellt hatte (insbesondere die zweite und vierte Bedingung) (69).

(86)

Für den Fall, dass dieser Betrag als mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarende Beihilfe im Sinne von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag angesehen werden sollte, vertrat die Kommission in ihrem Beschluss von 2006 die Auffassung, dass der neue, anhand der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen zu würdigende Betrag sich auf 15,81 Mio. EUR belaufen würde. Da die Umstrukturierungsbeihilfe deutlich unter dem 2002 angemeldeten und 2003 genehmigten Betrag liegen würde, äußerte die Kommission Zweifel an der Angemessenheit, alle Auflagen, die der SNCM in der Entscheidung von 2003 gemacht wurden, aufrechtzuerhalten.

(87)

Die Kommission äußerte auch Zweifel daran, ob die Auflagen der Entscheidung von 2003, d. h. das Prinzip der „price leadership“ und die Zahl der Hin- und Rückfahrten nach Korsika, erfüllt wurden.

(88)

Hinsichtlich des negativen Preises für die Veräußerung der SNCM äußerte die Kommission Zweifel daran, ob die Kapitalaufstockung durch den Staat vor der Veräußerung der SNCM mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers vereinbar sei. Im Besonderen äußerte die Kommission Bedenken an der Stichhaltigkeit der Berechnung der Liquidationskosten, die der Staat als Aktionär bei einer Liquidation der SNCM zu zahlen hätte.

(89)

Die Kommission zog in Zweifel, dass sich die finanziellen Maßnahmen nach den Leitlinien für Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung rechtfertigen lassen.

(90)

Im Übrigen äußerte sie bezüglich der zweiten Kapitalaufstockung um 8,75 Mio. EUR Zweifel an der Erfüllung des Grundsatzes der Gleichzeitigkeit von staatlichen und privaten Investitionen und des Grundsatzes der Gleichheit der Zeichnungsbedingungen im Sinne der Rechtsprechung.

(91)

Schließlich äußerte die Kommission die Bedenken, dass die zusätzlichen Sozialmaßnahmen in Höhe von 38,5 Mio. EUR an personenbezogenen Beihilfen einen indirekten Vorteil für das Unternehmen darstellen könnten. Sie unterstrich auch das Risiko, dass diese im Widerspruch zur Berücksichtigung der zusätzlichen Abfindungen unter den Risken, die ein umsichtiger Kapitalgeber eingehen würde, stehen könnten.

7.   STANDPUNKT DER FRANZÖSISCHEN BEHÖRDEN

7.1   Zur Kapitalaufstockung von 2002

7.1.1   Zum Betrag von 53,48 Mio. EUR im Lichte des Altmark-Urteils

7.1.1.1   Erfüllung der vier Altmark-Bedingungen

(92)

In ihrem Schreiben vom 7. April 2006 sowie im Rahmen der nach dem Beschluss von 2006 abgegebenen Stellungnahmen forderten die französischen Behörden die Kommission auf festzustellen, dass ein Teil der Kapitalerhöhung von 2002, genauer gesagt 53,48 Mio. EUR, im Licht des Urteils Altmark keine staatliche Beihilfe, sondern eine „Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen“ für den Zeitraum 1991—2001 sei, da die vier im Urteil aufgestellten Bedingungen im vorliegenden Fall erfüllt seien.

(93)

Speziell im Hinblick auf die zweite Altmark-Bedingung betonen die französischen Behörden, dass nach dem Altmark-Urteil nur die Berechnungsparameter zuvor objektiv und transparent aufzustellen seien. Im vorliegenden Fall sei nun aber der Betrag von 53,48 Mio. EUR im November 2003 auf der Grundlage von Berechnungsparametern, die vor dem betreffenden Zeitraum (1991—2001) aufgestellt worden seien, gezahlt worden (70).

(94)

Nach Auffassung Frankreichs werde durch die nachträgliche Zahlung der Neubewertung wegen Unterkompensation nicht infrage gestellt, dass die Berechnungsparameter, auf deren Grundlage die Ausgleichszahlung von 53,48 Mio. EUR berechnet worden sei, eindeutig vor der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf objektive und transparente Weise aufgestellt worden seien.

(95)

Die vierte Altmark-Bedingung betreffe nach Ansicht der französischen Behörden die Merkmale eines mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung betrauten Unternehmens, das als durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen einzustufen sein müsse, enthalte jedoch keinen Hinweis auf eine geforderte Mindest- oder Durchschnittsrentabilität des betreffenden Unternehmens.

(96)

Nach Ansicht der französischen Behörden müsse für die SNCM die „Vermutung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung“ im Zeitraum 1991—2001 gelten und dürfe dem Unternehmen nicht bloß aufgrund der finanziellen Verluste im Zeitraum 1991—2001 der „Vorwurf des Missmanagements“ gemacht werden. Die Verluste der SNCM seien nicht auf Missmanagement zurückzuführen, sondern auf die Starrheit der 1991 und 1996 unterzeichneten Verträge und auf die plötzlichen tiefgreifenden Veränderungen auf dem historisch gewachsenen Markt, der sich von einem Monopol hin zu einem stark wettbewerbsgeprägten Umfeld gewandelt habe. Die SNCM habe sich daher wie ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen verhalten.

(97)

Frankreich unterstreicht, dass das öffentliche Unternehmen als einziges Unternehmen in der Lage gewesen sei, diesen Verpflichtungen mit der geforderten Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Verbindungen nachzukommen, und dies trotz des Markteintritts eines privaten Unternehmens im Jahr 1996, das nur bestimmte Strecken und nur in der Hochsaison bedient habe. Im Übrigen gebe es streng genommen kein Unternehmen, dessen Kosten als Bezugsgröße herangezogen werden könnten, um zu bestimmen, ob die der SNCM gewährte Ausgleichszahlung über das hinausgehen würde, was erforderlich sei, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zu decken. Nach Ansicht der französischen Behörden ist die Kostenstruktur der SNCM aufgrund der Besonderheiten ihrer Aktivität und des Marktes, auf dem sie tätig sei, nur schwer mit der Kostenstruktur anderer Seeverkehrsunternehmen vergleichbar.

(98)

Obwohl es praktisch unmöglich sei, ein Unternehmen zu finden, das für diesen Zeitraum als Bezugsgröße herangezogen werden könnte, habe sich Frankreich bemüht, während des Informationsaustausches mit der Kommission in 2005 und 2006 objektive und nachweisbare Angaben zu machen, die es ermöglichen würden zu beweisen, dass die SNCM ein „durchschnittliches, gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen“ sei, und festzustellen, dass das vierte Kriterium des Altmark-Urteils erfüllt sei (71).

(99)

Nach Auffassung Frankreichs kann ein Vergleich auf der Grundlage der vorliegenden Angaben zur Kostenstruktur von CFF und SNCM die Vermutung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung der SNCM vor allem deshalb nicht widerlegen, weil ein nicht unerheblicher Anteil der Kosten der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, der den Frachtverkehr betreffe, nicht berücksichtigt werde.

(100)

Im Übrigen behauptet Frankreich, dass in einem Fall wie diesem davon ausgegangen werden dürfe, dass die Rechtsprechung, die zum Altmark-Urteil geführt habe (insbesondere das Urteil Ferring), als Nachweis des Nichtvorliegens einer Überkompensation zu verstehen sei. Hierzu führen die französischen Behörden aus, dass die gewährten Subventionen die Kosten, die der SNCM aufgrund ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen tatsächlich entstanden seien, nicht überstiegen hätten, wie die Kommission in ihrer Entscheidung vom 30. Oktober 2001 (72) festgestellt habe.

(101)

Schließlich behaupten die französischen Behörden, dass die Tatsache, dass das Altmark-Urteil auf den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst von 2002-2006 anzuwenden sei, dazu beitragen dürfte, die Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit dieses Urteils auf die Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Zeitraum 1991—2001 auszuräumen. Denn auch bei den Ausgleichszahlungen, die von 1991 bis 2001 und von 2002 bis 2006 gewährt worden seien, habe es sich um Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gehandelt, da die Parameter zur Festlegung, d. h. umfassende Anforderungen an den öffentlichen Seeverkehrsdienst, die Präsenz eines einzigen Unternehmens, das in der Lage sei, diese Verpflichtungen zu übernehmen, und ein Schema zur Berücksichtigung der Betriebskosten, identisch gewesen seien.

(102)

Zusammenfassend ist Frankreich der Ansicht, dass das Bestehen von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in der Kombination mit dem Nichtvorliegen einer Überkompensation im Zeitraum 1991-2001 die Erfüllung der vier Bedingungen des Altmark-Urteils bestätige.

7.1.1.2   Vereinbarkeit des Betrags von 53,48 Mio. EUR anhand von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag

(103)

Für den Fall, dass die Kommission darauf erkennen sollte, dass diese Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstelle, vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass diese eigenständige und vom Umstrukturierungsplan von 2002 unabhängige Maßnahme nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei und dass diese Rechtsgrundlage für die Vereinbarkeit vom Gericht in seinem Urteil von 2005 nicht bestritten worden sei.

(104)

Die französischen Behörden weisen nachdrücklich darauf hin, dass der fragliche Betrag in diesem Fall nicht anhand der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 1999 und 2004 gewürdigt werden dürfe und dass er im Besonderen bei der Würdigung der im Plan von 2002 auferlegten Bedingungen nicht berücksichtigt werden dürfe. Nach Auffassung Frankreichs ist die Anrechnung der 53,48 Mio. EUR als Umstrukturierungsbeihilfen nach den Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen von 2004 (Randnummer 68) nicht gerechtfertigt.

(105)

Hierzu versichert Frankreich, dass der Betrag von 53,48 Mio. EUR an Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen im Zeitraum 1991—2001 keine in der Umstrukturierungsphase gewährte Maßnahme — unabhängig davon, ob es sich um den Umstrukturierungsplan von 2002 oder dessen Aktualisierung handle — sondern eine Maßnahme im Vorfeld der betreffenden Umstrukturierungspläne sei. Weiter machen die französischen Behörden geltend, dass eine Maßnahme zum Ausgleich von Kosten, die Unternehmen aufgrund von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen tragen müssten, keine Umstrukturierungsbeihilfe im Sinne der Leitlinien sei.

(106)

Nach Ansicht der französischen Behörden ist die Kommission, auch wenn dieser Betrag im Rahmen einer umfassenden Kapitalzuführung als Umstrukturierungsbeihilfe angemeldet worden sei, nicht an die Einstufungen der Mitgliedstaaten gebunden. Ihr komme es im Gegenteil zu, eine Maßnahme gegebenenfalls nicht als staatliche Beihilfe anzusehen oder im Gegenteil eine staatliche Maßnahme als Beihilfe zu betrachten, obwohl sie vom betreffenden Mitgliedstaat nicht als solche angemeldet worden sei.

7.1.2   Zu dem als Umstrukturierungsbeihilfe angemeldeten Restbetrag

(107)

Nach Ansicht Frankreichs beläuft sich der Betrag der Beihilfe, der als Umstrukturierungsbeihilfe gemäß der Anmeldung von 2002 zu berücksichtigen sei, falls darauf erkannt werde, dass der Betrag von 53,48 Mio. EUR keine Beihilfeelemente enthalte oder eine mit Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag vereinbare Beihilfe sei, nicht auf 76 Mio. EUR, sondern nur noch auf 15,81 Mio. EUR.

7.2.   Zu den Maßnahmen nach der Kapitalaufstockung im Jahr 2002

(108)

Zunächst weist Frankreich darauf hin, dass die schweren Arbeitskämpfe in den Jahren 2004/2005 und die verschlechterte Wirtschafts- und Finanzlage der SNCM den Staat als Aktionär veranlasst hätten, im Januar 2005 ein Verfahren zur Auswahl privater Investoren einzuleiten und Dringlichkeitsmaßnahmen umzusetzen (insbesondere die Veräußerung der Asco und der Beteiligung an Sud-Cargos (73).

7.2.1   Zum negativen Kaufpreis der SNCM

(109)

In Anwendung der einschlägigen Gemeinschaftsrechtsprechung fordern die französischen Behörden die Kommission auf festzustellen, dass der negative Kaufpreis für die SNCM in Höhe von 158 Mio. EUR keine Maßnahme enthalte, die als Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen sei, da sich der französische Staat wie ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber verhalten habe.

(110)

Zunächst bemerkt Frankreich, dass der Endpreis von 158 Mio. EUR, der infolge des Audits der SNCM geringer als der ursprünglich von den Übernehmern geforderte negative Preis sei, das Ergebnis von Verhandlungen über die Abtretung der Kontrolle im Rahmen einer offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Ausschreibung gewesen sei und deshalb sehr wohl einen Marktpreis darstelle.

(111)

Nach Auffassung Frankreichs ist der Veräußerungspreis ein Marktpreis, weil die Suche nach einem privaten Partner für die SNCM im Rahmen einer offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Ausschreibung vorgenommen worden sei, aus der das günstigste Angebot hervorgegangen sei.

(112)

Die Veräußerung zum negativen Preis von 158 Mio. EUR sei unter den nach der Gemeinschaftsrechtsprechung und der Entscheidungspraxis der Kommission günstigsten Bedingungen für den Staat erfolgt und enthalte daher keine Beihilfeelemente. Dieser negative Preis liege unter den Liquidationskosten, die der Staat im Fall einer Liquidation des Unternehmens hätte tragen müssen.

(113)

Diese Schlussfolgerung gelte sowohl in Anwendung des Ansatzes aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend „Urteil Gröditzer“ genannt (74) als auch in Anwendung des Ansatzes, der auf der Analyse der tatsächlichen Liquidationskosten der SNCM beruhe (Entscheidung ABX (75).

(114)

Zur ersten Methode, die auf dem Urteil Gröditzer beruht, führt Frankreich aus, dass dieses Urteil die Würdigung der Kommission in ihrer Entscheidung vom 8. Juli 1999 bestätigt habe, der zufolge „nur der […] Liquidationswert der Vermögenswerte […] als Liquidationskosten zu berücksichtigen sind“ (76).

(115)

Im Bericht der CGMF (77) und im Bericht von Oddo-Hastings (78) wird der Liquidationswert der Vermögenswerte mit Stand vom 30. September 2005 auf mindestens […] Mio. EUR geschätzt (79).

(116)

Da der Staat als Anteilseigner einer Gesellschaft für deren Schulden nur bis zur Höhe des Liquidationswertes ihres Aktivvermögens haftet (Urteil Hytasa (80), behauptet Frankreich, dass der Liquidationswert der Vermögenswerte des Unternehmens von schätzungsweise mindestens […] Mio. EUR deutlich über dem negativen Kaufpreis von 158 Mio. EUR liege.

(117)

Die zweite Methode ergebe sich nach Angaben Frankreichs aus der Entscheidung der Kommission über die staatliche Beihilfe, die Belgien zugunsten von ABX Logistics gewährt hat, in der die Kommission einen negativen Kaufpreis, der wie im vorliegenden Fall ein Marktpreis gewesen sei, geprüft habe, indem sie ihn mit den Kosten verglich, die der Staat als Anteilseigner einem Gutachten eines unabhängigen Dritten zufolge im Rahmen eines Vergleichs oder einer gerichtlichen Liquidation hätte übernehmen müssen. Nach Auffassung Frankreichs erkennt die Kommission in dieser Entscheidung insbesondere die Gültigkeit bestimmter Kosten an, die sich aus einer insolvenzrechtlichen Ausfalldeckungsklage seitens der Gläubiger oder aus der Liquidation für andere Geschäftszweige der Gruppe, die ihr Tochterunternehmen abwickelt, ergeben könnten.

(118)

Auf der Grundlage der genannte Berichte von CGMF und Oddo-Hastings vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass sich die tatsächlichen Kosten, die die Französische Republik als Anteilseigner hätte tragen müssen, mit Stand vom 30. September 2005 auf […] bis […] Mio. EUR belaufen hätten.

(119)

Bei dieser Methode wird insbesondere das Risiko berücksichtigt, dass der französische Staat zum „Ausgleich des Passivsaldos“ herangezogen worden wäre, wenn ein Gericht darauf erkannt hätte, dass er faktischer Geschäftsführer der SNCM war. Nach Ansicht der französischen Behörden ist das Risiko der Ausfalldeckungsklage insbesondere angesichts eines Präzedenzfalls vor der Cour de Cassation in Frankreich nicht auszuschließen (81). So haben die französischen Behörden in mehreren Schreiben an die Kommission vertreten, dass die Annahme einer Verurteilung des Staats zum Ausgleich des Passivsaldos des von ihm geführten Unternehmens durch ein nationales Gericht ein mehr als plausibles Szenario darstelle und bei der Berechnung der tatsächlichen Kosten einer etwaigen Liquidation der SNCM habe berücksichtigt werden müssen.

(120)

Per 30. September 2005 habe der Restwert der Aktiva der SNCM (entsprechend […] Mio. EUR) nach Bezahlung der bevorrechtigten Verbindlichkeiten […] Mio. EUR betragen. Die sonstigen Kostenelemente, die bei einer Ausfalldeckungsklage gegen den Staat berücksichtigt werden würden, umfassten insbesondere die Kündigungskosten der wichtigsten Betriebsverträge, die Kosten im Zusammenhang mit der Kündigung der Leasingverträge für die Schiffe und die Zahlung der nicht bevorrechtigten Verbindlichkeiten, was zu einer Unterdeckung in Höhe von […] Mio. EUR geführt hätte. Nach Ansicht der französischen Behörden wäre der Staat dazu verurteilt worden, […] bis […] % dieses Betrags zu übernehmen.

(121)

Nach Ansicht der französischen Behörden hätte das Gericht darüber hinaus im Fall der Liquidation aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses zur SNCM und gemäß einem weiteren französischen Urteil (82) die Zahlung von Schadenersatz an die Beschäftigten anordnen können. Aufgrund dieses Urteils wäre es nach Auffassung der französischen Behörden mehr als wahrscheinlich, dass ein Gericht die Höhe der zusätzlichen Abfindungen auf der Grundlage der Abfindungen festgesetzt hätte, die im Rahmen eines vor der Liquidation vorgelegten Sozialplans gezahlt worden wären.

(122)

Nach Ansicht Frankreichs hätte der Staat bei Anwendung des Urteils Aspocomp auf den vorliegenden Fall zusätzliche Abfindungen mit Gesamtkosten von […] bis […] Mio. EUR zahlen müssen, was letzten Endes zu Liquidationsgesamtkosten zulasten des Staates zwischen […] und […] Mio. EUR geführt hätte.

(123)

Die Analyse der tatsächlichen Kosten, die der Staat als Anteilseigner hätte tragen müssen, ergebe, dass die Kosten des Staates beim Verkauf der SNCM zu einem negativen Preis von 158 Mio. EUR geringer gewesen seien als die tatsächlichen Kosten, die er bei der gerichtlichen Liquidation des Unternehmens hätte tragen müssen.

(124)

Zusammenfassend vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass dieser Betrag nicht als staatliche Beihilfe angesehen werden kann.

7.2.2   Zur gemeinsamen Kapitalzuführung der Aktionäre

(125)

Nach Ansicht Frankreichs hat sich der Staat mit dieser Beteiligungsübernahme wie ein umsichtiger Kapitalgeber verhalten, da diese Beteiligungsübernahme zum einen gleichzeitig mit den Investitionen von BCP und VT erfolgt und niedriger als diese gewesen sei und zudem mit […] % jährlich fest verzinst werde, so dass das Risiko der Erfüllung des Geschäftsplans für den Staat entfalle. Frankreich führt aus, dass diese Rendite für einen privaten Kapitalgeber sehr zufrieden stellend sei (83). Bei einer Sanierung oder gerichtlichen Liquidation der SNCM oder bei Inanspruchnahme der Auflösungsklausel durch die Übernehmer würden allerdings keine Zinsen fällig.

7.2.3   Zu den zusätzlichen Sozialmaßnahmen (personenbezogene Beihilfe)

(126)

Frankreich vertritt unter Berufung auf die Entscheidungspraxis der Kommission, insbesondere im Fall SFP (Société française de production)  (84) die Auffassung, dass diese Finanzierung eine personenbezogene Beihilfe darstelle, die nicht dem Unternehmen zugute komme. Die Verwendung von öffentlichen Mitteln für zusätzliche Sozialmaßnahmen zugunsten der Entlassenen, ohne den Arbeitgeber von seinen normalen Kosten zu entlasten, falle unter die Sozialpolitik der Mitgliedstaaten und stelle keine staatliche Beihilfe dar.

7.2.4   Schlussfolgerung

(127)

Für den Fall, dass die Kommission dennoch alle oder einen Teil der neuen Maßnahmen als staatliche Beihilfe ansehen sollte, weist Frankreich die Kommission darauf hin, dass die neuen Maßnahmen durch die Wiederherstellung der Rentabilität der SNCM die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs auf den betreffenden Märkten, insbesondere auf dem Markt für Verbindungen nach Korsika, ermöglichen würden. Dies sei einer der Grundsätze der Leitlinien bei der Rettung eines Unternehmens in Schwierigkeiten, wie von der Kommission in diesem Fall (Randnummer 283 ihrer für nichtig erklärten Entscheidung) und vom Gericht in seinem Urteil vom 15. Juni 2005 angeführt worden sei. Das Gericht habe die Kommission insbesondere daran erinnert, dass sie bei der Ausübung ihres weiten Ermessens davon ausgehen könne, dass die Präsenz eines Unternehmens notwendig sei, um das Entstehen einer noch ausgeprägteren Oligopolstruktur auf den fraglichen Märkten zu verhindern.

(128)

Hinsichtlich der etwaigen, der SNCM aufzuerlegenden Gegenleistungen schlägt Frankreich vor, dass die Kommission die Struktur des Marktes berücksichtigen sollte. So würde eine Herabsetzung der Beförderungskapazitäten der SNCM dazu führen, die bereits beherrschende Stellung von CFF auf dem Markt für Verbindungen nach Korsika zu stärken (85).

(129)

Den französischen Behörden zufolge erfüllt der Umstrukturierungsplan die Kriterien für die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt, die die Kommission in ihren Leitlinien von 1999 und 2004 nennt. Alle im Zusammenhang mit der Privatisierung der SNCM dargelegten Maßnahmen würden es auch ermöglichen, die langfristige Rentabilität der SNCM ab Ende 2009 wiederherzustellen, und seien auf das zur Wiederherstellung der Rentabilität unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränkt.

7.3   Zur Aufhebung der Auflagen der für nichtig erklärten Entscheidung von 2003

(130)

Die französischen Behörden zum einen erinnern daran, dass alle in der Entscheidung von 2003 gemachten Auflagen im Zeitraum 2003—2006 umgesetzt und erfüllt worden seien. Zum anderen seien diese Maßnahmen nicht mehr notwendig, um eine Wettbewerbsverfälschung zu verhindern, und würde ihre Aufrechterhaltung angesichts der Herabsetzung der Umstrukturierungsbeihilfen auf nunmehr 15,81 Mio. EUR dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuwiderlaufen. Die französischen Behörden sind insbesondere der Ansicht, dass die möglicherweise noch geltenden Auflagen aufgehoben werden müssten; dies betreffe das Verbot der Modernisierung der Flotte der SNCM, die Einhaltung des Grundsatzes der „price leadership“ bei der Preisgestaltung und die Beibehaltung einer bestimmten Zahl von Hin- und Rückfahrten.

8.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

8.1   Zur Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens von 2002

8.1.1   Stellungnahme von Corsica Ferries (CFF)

(131)

CFF bestreitet zunächst, dass die SNCM ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien ist (86), und wirft die Frage auf, ob die SNCM in der Lage sei, auf den nicht bezuschussten Strecken wieder rentabel zu arbeiten. CFF merkt im Übrigen an, dass Livorno entgegen den Ankündigungen im Umstrukturierungsplan (87) nach wie vor angelaufen werde.

(132)

Zum Punkt der Kostensenkung bedauert CFF, keinen Zugang zu bestimmten Bestandteilen des Umstrukturierungsplans zu haben, an dem seine Vertreter Kritik geäußert hätten (88).

(133)

Nach Meinung von CFF ist die Berechnung der französischen Behörden, die einen Betrag von 76 Mio. EUR ergebe, rein fiktiv (89) und das von den französischen Behörden festgesetzte Verhältnis zwischen Eigenmitteln und Verbindlichkeiten von 79 % übertrieben (90). Hinsichtlich der Beteiligungen der SNCM stellt CFF fest, dass einige der Tochterunternehmen keinen Nutzen für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens brächten (91).

(134)

Zusammenfassend ziele das Beihilfevorhaben nach Ansicht von CFF darauf ab, die Kabotageverordnung zu umgehen und die Ausschreibung für die Verbindungen von Marseille nach Korsika auszuhöhlen. CFF weist nachdrücklich darauf hin, dass die geplante Beihilfe kein aggressiveres kommerzielles Angebot der SNCM ermöglichen werde. Das Unternehmen schlägt vor, eine Umstrukturierungsbeihilfe erst im Jahr 2007 und nur dann zu gewähren, wenn die SNCM die nächste Ausschreibung im Jahr 2006 nicht für sich entscheiden sollte, da nur dieses Szenario das staatliche Seeverkehrsunternehmen wirklich in Schwierigkeiten bringen würde.

8.1.2   Stellungnahme der Gruppe Stef-TFE  (92)

(135)

Die Gruppe Stef-TFE macht geltend, dass die Beteiligungen der SNCM an der CMN als reine Finanzanlagen zu werten seien. Die Unternehmen CMN und SNCM seien voneinander unabhängig und stünden bei den Verbindungen, die nicht von Marseille abgehen, im Wettbewerb zueinander, auch wenn sie gemeinsam Auftragnehmer im Rahmen des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst seien.

(136)

In dem Schreiben wird angegeben, dass sich die Gruppe Stef-TFE verpflichten würde, die auf 15 bis 17 Mio. EUR geschätzten „Beteiligungen der SNCM an der CMN vollständig oder teilweise, bevorzugt vollständig, zu übernehmen“, falls die Kommission in ihrer abschließenden Entscheidung zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass „eine solche Veräußerung im Hinblick auf die Ausgewogenheit des Umstrukturierungsplans erforderlich ist“.

8.1.3   Stellungnahmen von Vertretern lokaler Gebietskörperschaften

(137)

Der Bürgermeister von Marseille, der Präsident des Conseil Général (Departementsvertretung) von Bouches-du-Rhône und der Präsident des Conseil Régional (Regionalrat) von Provence-Alpes-Côte d’Azur unterstreichen die wirtschaftliche Bedeutung der SNCM für die Wirtschaft der Region.

(138)

Nach Ansicht des Präsidenten des Conseil Régional von Provence-Alpes-Côte d’Azur sind zudem die Voraussetzungen dafür gegeben, dass der Umstrukturierungsplan für die SNCM die Rentabilität des Unternehmens garantiert.

(139)

Der Präsident des Conseil Exécutif de l’Assemblée de Corse (Exekutivrat des korsischen Regionalparlaments) übermittelte einen Beschluss der Assemblée vom 18. Dezember 2002. Darin gab die Assemblée de Corse eine „befürwortende Stellungnahme“ zum Vorhaben der Kapitalaufstockung der SNCM ab.

8.1.4   Stellungnahme des Office des Transports de Corse

(140)

Das Office des Transports de Corse (OTC) (93) betont, dass auf die Ausschreibung des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst nur ein einziges Angebot eingegangen sei, und zwar das Angebot der Bietergemeinschaft aus CMN und SNCM. In dem Bestreben, eine zuverlässige und hochwertige Verkehrsanbindung aufrechtzuerhalten, habe die Gebietskörperschaft Korsika in ihren Vertrag finanzielle Ausgleichs- bzw. Korrekturmechanismen aufgenommen, die sich an der Effizienz und Zuverlässigkeit dieser Verkehrsdienste orientiert hätten. Schließlich wird daran erinnert, dass die Gebietskörperschaft Korsika die seit 1996 beobachtete Entwicklung des Angebots bei den von den französischen Festlandshäfen abgehenden Verbindungen berücksichtigt und die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf die Verbindungen ab Marseille beschränkt habe.

(141)

Das OTC führt weiterhin aus, dass die SNCM heute als einziges Unternehmen in der Lage sei, die vertraglichen Anforderungen hinsichtlich des Fahrgastverkehrs zu erfüllen, und dass ihr Verschwinden „zu einer sofortigen erheblichen Einschränkung des Beförderungsdienstleistungsangebots führen würde“. Es erinnert zudem an die Bedeutung der SNCM für die Wirtschaft Korsikas.

8.2   Zur Entscheidung über die Ausweitung des Verfahrens von 2006

8.2.1   Stellungnahme von Corsica Ferries (CFF)

(142)

CFF unterstreicht die Höhe der in Rede stehenden Summen, ihre Unverhältnismäßigkeit in Bezug auf den Umsatz der SNCM und die Tatsache, dass sie der SNCM gezahlt worden seien, bevor sich die Kommission zu ihrer Einstufung im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag geäußert habe.

(143)

CFF weist die Kommission darauf hin, dass die Unterstützung der SNCM durch den französischen Staat für die Entwicklung von CFF von strategischer Bedeutung sei. Durch diese unzulässigen Maßnahmen könne die SNCM eine sehr aggressive Preispolitik auf Strecken betreiben, auf denen CFF seit 10 Jahren positioniert sei und auf denen sie nun seit ihrer Niederlassung erstmals Marktanteile verlieren würde.

(144)

Nach Ansicht von CFF gibt es auf allen betroffenen Strecken, mit oder ohne Verträge über einen öffentlichen Seeverkehrsdienst, Alternativen zur SNCM, die sowohl für die SNCM als auch für den Wettbewerb ganz allgemein zahlreiche Vorteile hätten. Im Hinblick auf den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst (94) ist CFF der Ansicht, dass die SNCM ihr Angebot auf den unter diesen Vertrag fallenden Verbindungen einschränken müsse, um einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung zu verhindern, neue Investitionen zu vermeiden und einen auf 120 Saisonarbeitsplätze beschränkten Sozialplan einzuführen, ohne kostenaufwändigere unbefristete Verträge kündigen zu müssen. Im Hinblick auf die unter keinen Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst fallenden Strecken schlägt CFF vor, dass die SNCM ein saisonal eingesetztes Schiff abzieht.

8.2.1.1   Zur Kapitalaufstockung von 2002

(145)

CFF wirft die Frage auf, ob der Betrag von 53,48 Mio. EUR bei der Berechnung der Ausgleichszahlung von 787 Mio. EUR, die mit der Entscheidung der Kommission von 2001 genehmigt wurde, möglicherweise doppelt erfasst worden sei.

(146)

Nach Ansicht von CFF müssten die im Rahmen des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst geleisteten Ausgleichszahlungen, auch wenn das Urteil Altmark erst nach dessen Unterzeichnung ergangen sei, anhand der in diesem Urteil festgelegten Kriterien geprüft werden. CFF vertritt dabei die Auffassung, dass die Altmark-Kriterien mit Ausnahme des ersten nicht erfüllt seien.

(147)

Insbesondere zum vierten Altmark-Kriterium teilt CFF die Bedenken der Kommission, ob die SNCM als gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen betrachtet werden könne. Dabei weist CFF die Kommission darauf hin, dass fast 50 % der Verluste der SNCM in den Jahren 2000 und 2001 verzeichnet worden seien, was darauf schließen lasse, dass die Verluste der SNCM nicht ausschließlich durch die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bedingt seien.

(148)

Zur Möglichkeit, diesen Betrag anhand von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag zu würdigen, ist CFF der Ansicht, dass das Gericht die Kommission aufgefordert habe, die Einstufung des Betrags als Beihilfe und nicht seine Rechtfertigung im Rahmen dieses Artikels zu bewerten. Die Kommission sei verpflichtet zu prüfen, ob dieser Betrag nicht in Bezug auf die Mehrkosten, die durch die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen veranlasst würden, überhöht sei.

8.2.1.2   Zu den Maßnahmen nach der Kapitalaufstockung im Jahr 2002

(149)

Im Hinblick auf das Ausschreibungsverfahren zur Veräußerung des Unternehmens ist CFF der Ansicht, dass dieses nicht in vollem Umfang transparent gewesen sei, da das ausgewählte Unternehmen, d. h. BCP, die SNCM nicht mehr leite, sondern seinen Platz der Gruppe VT überlassen habe. Da sich zudem die finanziellen Bedingungen für die Käufer im positiven Sinne entwickelt hätten, wirft CFF die Frage nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Investoren auf, der für den gesamte Vorgang hätte gelten müssen.

(150)

Was den negativen Kaufpreis von 158 Mio. EUR anbelange, bezweifelt CFF, dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden umsichtigen Kapitalgebers im vorliegenden Fall erfüllt ist. Zum einen fragt sich CFF, ob davon ausgegangen werden könne, dass die fragliche Transaktion vom Staat parallel zu einem wesentlichen und gleichzeitigen Engagement der betroffenen privaten Unternehmen unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt worden sei, wo doch der Staat das Kapital des Unternehmens vor der gemeinsamen Kapitalzuführung der Aktionäre und dem neuen Umstrukturierungsplan aufgestockt habe. Zum anderen ist CFF der Ansicht, dass ein umsichtiger Kapitalgeber angesichts der ernsten Finanzlage der SNCM früher interveniert wäre, um zu verhindern, dass sich der Wert seiner Anlage verringert (95).

(151)

CFF hält den Verweis auf die Rechtssache ABX Logistics für nicht relevant. Die Umstände dieser Rechtssache seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar; darüber hinaus habe der Beihilfeempfänger in dieser Rechtssache einen erheblichen Beitrag geleistet, was bei der SNCM offenkundig nicht der Fall sei. Im Übrigen seien in der Entscheidung der Kommission von 2006 die Kosten im Zusammenhang mit drohenden Gerichtsverfahren im Rahmen einer Liquidation des betroffenen Unternehmens außer Acht gelassen worden. Nach Auffassung von CFF ist die nationale Rechtsprechung, auf die sich Frankreich zur Rechtfertigung der Kosten einer Liquidation der SNCM beruft, nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar (96).

(152)

Nach Ansicht von CFF müsse die Anwendung der Gemeinschaftsrechtsprechung in den Rechtssachen Gröditzer und Hytasa auf den vorliegenden Fall zwangsläufig zu dem Ergebnis führen, dass sich der Staat nicht wie ein privater Kapitalgeber verhalten habe, da gemäß dieser Rechtsprechung die Kapitalzuführung des Staates an den Verkauf von 75 % seiner Beteiligung an der SNCM geknüpft worden sei und damit die Gewinnaussichten entsprechend verringert habe.

(153)

Schließlich müsse beim Vergleich der Liquidationskosten mit den Kosten einer Kapitalaufstockung der Wert der Vermögenswerte berücksichtigt werden, die in beiden Fällen auf den Käufer übergehen würden. Der Wert der an die Übernehmer abgegebenen Vermögenswerte beträgt nach Angaben von CFF unter Berücksichtigung des Marktwerts der Flotte der SNCM, welcher von CFF mit Stand von August 2006 auf 644 bis 664 Mio. EUR geschätzt wird, zwischen 640 Mio. EUR und 755 Mio. EUR (97).

(154)

Im Hinblick auf die Einstufung der nach der Kapitalaufstockung von 2002 durchgeführten Maßnahmen als Umstrukturierungsbeihilfen ist CFF der Ansicht, dass, wenn die SNCM die Bedingungen der Leitlinien von 2004 für Unternehmen in Schwierigkeiten im Zeitraum vor der ersten Kapitalaufstockung von 142,5 Mio. EUR erfüllt habe, diese Einstufung für den Zeitraum vor der zweiten Kapitalerhöhung um 8,75 Mio. EUR umstritten sei, da die Eigenmittel des Unternehmens aufgestockt worden seien.

(155)

Zur Rentabilität des Unternehmens betont CFF, dass die Veräußerung der SNCM nur teilweise erfolgt sei und aufgrund der mit den Übernehmern ausgehandelten Auflösungsklauseln nicht unwiderruflich sei. Diese Umstände seien wesentliche Unsicherheitsfaktoren hinsichtlich des Bestrebens und des Vermögens der Übernehmer, die SNCM zu sanieren, und würden daher die Aussichten auf eine langfristige Rentabilität des Unternehmens belasten. Weiter teilt CFF mit, dass die französischen Behörden entgegen den Bestimmungen der Leitlinien von 2004 keinen Rückzug aus Geschäftsbereichen, die auch nach der Umstrukturierung noch defizitär wären (98), in Betracht gezogen hätten. Zudem äußert sich CFF skeptisch zum Kostensenkungsplan, wo doch die Flotte der SNCM vergrößert worden sei (99), und zum Personalabbauplan, vor allem nach dem Scheitern des Sozialplans von 2002.

(156)

CFF bezweifelt, dass die neuen Beihilfen auf das Mindestmaß beschränkt wurden, und begründet dies zum einen damit, dass nicht eindeutig sei, was die Sozialkosten abdeckten, und zum anderen mit dem Inhalt des Protokolls der Hauptversammlung der SNCM vom 28. April 2006, aus dem hervorgehe, dass ein Teil dieser Beihilfen zur Deckung der Betriebsverluste des Unternehmens aus den Jahren 2006 und 2007 gedient habe. Nach Ansicht von CFF würden die Übernehmer der SNCM nicht wesentlich zur Umstrukturierung des Unternehmens beitragen.

(157)

Zur Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen müssten die Gegenleistungen, die der SNCM 2003 auferlegt worden seien, weitergeführt und präzisiert werden und um neue Auflagen zur Reduzierung der Präsenz der SNCM auf dem Markt ergänzt werden (100). Ein Teil der Maßnahmen, die der SNCM mit der Entscheidung von 2003 auferlegt wurden, sei zudem nicht erfüllt worden (101).

(158)

Zum Charakter der zweiten Kapitalaufstockung um 8,75 Mio. EUR meint CFF, dass die staatliche und private Investition nicht nur gleichzeitig erfolgen müssten, sondern dass die private Investition wesentlich sein müsse und unter vergleichbaren Bedingungen getätigt werden müsse, um die Beteiligung des Staates billigen zu können. Im vorliegenden Fall seien diese beiden Bedingungen nicht erfüllt. Zum einen sei die Beteiligung der Übernehmer im Verhältnis zur ersten Kapitalerhöhung um 142,5 Mio. EUR nicht wesentlich. Zum anderen sei das Engagement der Übernehmer insbesondere aufgrund der Auflösungsklauseln und der erwarteten Rendite aus der Minderheitsbeteiligung der CGMF nicht zu Bedingungen erfolgt, die mit denen des Staates vergleichbar gewesen seien.

(159)

Im Hinblick auf die Sozialmaßnahmen in Höhe von 38,5 Mio. EUR ficht CFF die Einstufung dieses Betrags als personenbezogene Beihilfe an. Diese Summe komme zwar direkt den Arbeitnehmern der SNCM zugute, könne aber — insbesondere durch die Befriedung des sozialen Klimas — indirekte positive Auswirkungen auf die SNCM haben.

8.2.2   Stellungnahme von STIM d’Orbigny (Gruppe Stef-TFE)

8.2.2.1   Zur Kapitalaufstockung von 2002

(160)

Die STIM betont, dass der Staat die SNCM mit der Zahlung von 53,48 Mio. EUR als Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zwei Mal für dieselben gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entschädigt habe. Zudem erfülle diese Zahlung die Kriterien des Altmark-Urteils nicht.

(161)

Insbesondere hinsichtlich des zweiten und vierten Altmark-Kriteriums bestreitet die STIM, dass die Parameter vor der Erfüllung der Verpflichtungen objektiv und transparent aufgestellt wurden und dass die Kennzahlen der SNCM und der CMN für den Zeitraum 1991—2001 vergleichbar sind (102). STIM behauptet, die der Kommission vorgelegten Daten seien offenkundig verfälscht worden (103).

8.2.2.2   Zu den Maßnahmen nach der Kapitalaufstockung im Jahr 2002

(162)

Im Hinblick auf den negativen Kaufpreis von 158 Mio. EUR ist die STIM der Ansicht, dass dieser Preis keinen Marktpreis darstelle, der aus einem offenen und nicht diskriminierenden Ausschreibungsverfahren hervorgegangen sei, da die Kapitalaufstockung unter anderen Bedingungen erfolgt sei als denen, von denen sich normalerweise ein privater Kapitalgeber leiten lasse. Die STIM ist der Ansicht, dass das neubewertete Reinvermögen schlimmstenfalls eine für den Staat kostenfreie Liquidation, vielleicht aber sogar einen Liquidationserlös ermöglichen würde, dass der Kaufpreis im Verhältnis zum Wert des Unternehmens (der von der STIM auf 350 Mio. EUR geschätzt wird) lächerlich gering sei und dass die Beihilfe im Verhältnis zum Bedarf des Unternehmens unverhältnismäßig sei.

(163)

Die STIM weist die Kommission auch darauf hin, dass die Auflösungsklausel für die Privatisierung übertrieben sei.

(164)

Schließlich ficht die STIM die Rechtfertigung des Verkaufs zu einem negativen Preis mit einer sozial schwierigen Liquidation an; diese Hypothese sei eher unrealistisch.

(165)

Im Hinblick auf die zweite Kapitalaufstockung um 8,75 Mio. EUR vertritt die STIM die Auffassung, dass der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers bei dieser Kapitalzuführung aufgrund der unzureichenden Sicherheiten für eine Kapitalrendite nicht erfüllt sei. Die STIM bestreitet das Argument der Gleichzeitigkeit von staatlicher und privater Investition, mit dem der Investition der Beihilfecharakter abgesprochen werden solle Eine solche Gleichzeitigkeit stelle, sofern sie überhaupt erwiesen sei, nur ein Indiz dar und sei für sich genommen kein Qualifizierungskriterium (104). Schließlich behauptet die STIM, diese Einlage diene den Übernehmern als Sicherheit der französischen Regierung dafür, dass SNCM den Zuschlag für den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für die Verbindung nach Korsika erhalten würde.

(166)

Im Hinblick auf die 38,5 Mio. EUR an personenbezogenen Beihilfen ist die STIM der Ansicht, dass der SNCM mit dieser Summe in Wirklichkeit Mittel an die Hand gegeben werden sollen, um bestimmte wesentliche Aspekte des der Kommission vorgelegten Sanierungsplans, die nicht umgesetzt worden seien, insbesondere der Personalabbau, erfüllen zu können.

8.2.2.3   Zur Vereinbarkeit mit den Leitlinien von 2004

(167)

Nach Ansicht der STIM wurden die der SNCM gewährten Beihilfen nicht auf das Mindestmaß begrenzt. Der Beitrag der SNCM und der Übernehmer zum Umstrukturierungsplan sei angesichts der Bedingungen der Leitlinien von 2004 unzureichend, und es sei nicht bewiesen, dass die Lage der SNCM so außergewöhnlich gewesen sei, dass ein geringerer eigener Beitrag gerechtfertigt gewesen wäre. Zudem unterstreicht die STIM die Unverhältnismäßigkeit der 2006 gewährten Beihilfen, da sie es der SNCM ermöglicht hätten, Rücklagen zur Deckung zukünftiger Verluste zu bilden. Dass die SNCM nicht geplant habe, Vermögenswerte zu veräußern, die für den Fortbestand des Unternehmens nicht unerlässlich seien, verstoße gegen die Leitlinien von 2004.

(168)

Nach Ansicht der STIM wurde mit den gezahlten Summen der in den Leitlinien von 2004 aufgestellte Grundsatz der Einmaligkeit verletzt. Die Verschlechterung der Finanzlage des Unternehmens sowie die sozialen Konflikte dürften nicht als außergewöhnliche und unvorhersehbare Fälle, für die das begünstigte Unternehmen nicht verantwortlich sei, gewertet werden.

(169)

Die STIM fordert daher zusätzliche Ausgleichsleistungen in Höhe der Hälfte der Beihilfen, d. h. 98,25 Mio. EUR, durch den Verkauf eines weiteren Schiffs sowie durch Veräußerung der direkten und indirekten Beteiligungen der SNCM an der CMN. Diese seien keine strategischen Beteiligungen im Sinne der Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen, da sie weder „für den Fortbestand des Unternehmens unerlässlich“ noch unveräußerliche Vermögenswerte seien.

(170)

Die STIM macht zudem geltend, dass es die angeblichen Synergien zwischen der SNCM und der CMN nicht gebe, da die SNCM an der Geschäftsführung und Entwicklung der CMN nicht mitwirke. Schließlich betont die STIM, dass die Aktionärsvereinbarung zwischen den beiden Unternehmen, wie die Cour d’Appel de Paris festgestellt habe, von der CMN zum 15. März 2006 gekündigt worden sei.

8.2.3   Stellungnahme der SNCM

(171)

Die SNCM übermittelte der Kommission ein Dossier mit einem Bericht zur wirtschaftlichen Lage und Wettbewerbssituation sowie ein Rechtsgutachten bezüglich der Gefahr, dass der Staat im Fall eines Liquidationsverfahrens als faktischer Geschäftsführer des Unternehmens für den Zeitraum vor der Privatisierung angesehen werden könnte.

(172)

Die von der SNCM beauftragte […] kommt zu dem Ergebnis, dass der französische Staat auf der Grundlage der Geschäftsunterlagen des Unternehmens und des Schriftverkehrs, der Beiträge und Berichte der Kontrollorgane […] (105)  (106)  (107). In dem Bericht wird unter anderem betont, dass […] (108). Schließlich beruft sich dieser Bericht darauf, dass […].

(173)

Danach gelangt der Sachverständige der SNCM zu dem Ergebnis, dass der französische Staat vom Tribunal de Commerce de Marseille mit hoher Wahrscheinlichkeit als Geschäftsführer angesehen worden wäre.

(174)

Zudem würde aus den Fakten, die insbesondere durch Berichte des Rechnungshofs bewiesen würden, hervorgehen, dass Geschäftsführungsfehler (109), die vom französischen Staat als dem faktischen Geschäftsführer der SNCM zu vertreten seien, zur festgestellten Kapitalunterdeckung der SNCM beigetragen hätten. Der Schaden durch die Geschäftsführungsfehler des Staates belaufe sich auf […].

(175)

An einer Verurteilung des französischen Staates zur Übernahme aller oder eines Teils der Unterdeckung im Rahmen einer Ausfalldeckungsklage bestehe nach Angaben des Sachverständigen der SNCM aufgrund der sehr starken Einbindung des Staates in die Geschäftsführung der SNCM, der offenkundigen Geschäftsführungsfehler und seiner umfassenden Finanzmittel kein Zweifel.

(176)

Aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung gelangt der Sachverständige der SNCM zu dem Schluss, dass der Staat, wenn die SNCM liquidiert worden wäre, höchstwahrscheinlich dazu verurteilt worden wäre, die Sozialverbindlichkeiten der SNCM in voller Höhe zu übernehmen. Dies hätte dazu geführt, dass ein Anteil von schätzungsweise […] bis […] % der festgestellten Unterdeckung (d. h. zwischen […] und […] Mio. EUR) zulasten des Staates als Anteilseigner gegangen wäre. Mit der Entscheidung, die SNCM zu privatisieren und ihre Eigenmittel vorher um 158 Mio. EUR aufzustocken, habe sich der französische Staat daher wie ein umsichtiger Kapitalgeber verhalten.

9.   ÄUSSERUNGEN FRANKREICHS ZU DEN STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

9.1   Äußerungen Frankreichs zu den Stellungnahmen der Beteiligten zum Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens von 2002

9.1.1   Zur Stellungnahme von Corsica Ferries

(177)

Die französischen Behörden gaben an, dass einige der von CFF vorgelegten Daten zum Angebot der SNCM nicht richtig seien.

(178)

Nach Ansicht des französischen Staates wurde der Umstrukturierungsplan — anders als von CFF behauptet — so angelegt, dass die SNCM möglichst rasch gesunden konnte und die Voraussetzungen für ihr mittel- und langfristiges Überleben geschaffen werden konnten. Die französischen Behörden erinnern daran, dass ein erheblicher Teil des Kostensenkungsprogramms bereits umgesetzt worden sei (110). Im Jahr 2001 habe die SNCM 21,3 Mio. EUR zur Finanzierung von Umstrukturierungsmaßnahmen, insbesondere für den Plan zur Arbeitsplatzerhaltung, in die Rücklagen eingestellt.

(179)

Hinsichtlich der Bestimmung der Höhe des Beihilfebetrags bestätigen die französischen Behörden, dass ein Verhältnis von Eigenkapital zu Gesamtverschuldung von 0,79 außer in Sonderfällen typisch für die Bilanzen der meisten Seeverkehrsunternehmen sei (111).

9.1.2   Zur Stellungnahme von Stef-TFE

(180)

Nach Ansicht der französischen Behörden entspricht die von Stef-TFE abgegebene Beschreibung der Beziehungen zwischen der SNCM und der CMN im Rahmen der Erfüllung des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst nicht den Tatsachen.

(181)

Den französischen Behörden zufolge ist die Entscheidung, ein zeitlich befristetes Unternehmenskonsortiums zu bilden, in dem die SNCM und die CMN gemeinsam als Auftragnehmer für jeweils eigene Teillose auftreten und nicht etwa beide durch den Gesamtumfang gebunden sind, entgegen der Behauptung von Stef-TFE in keiner Weise durch „den umfassenden Charakter der Angebotsaufforderung erzwungen worden“. Die Entscheidung, ein Konsortium aus SNCM und CMN zu bilden, sei das Ergebnis einer von den beiden Unternehmen vorgenommenen Analyse, aufgrund derer sich diese durch Fortführung ihrer historisch gewachsenen und natürlichen Partnerschaft in dieser Form im Rahmen der Ausschreibung — vor allem unter Wettbewerbsgesichtspunkten — eine bestmögliche Ausgangslage hätten sichern können. Die Beteiligung der CMN an diesem Konsortium sei also das Ergebnis einer gezielten Entscheidung des Unternehmens gewesen, die der Einschätzung der eigenen Interessenlage entsprungen sei, und nicht etwa das Ergebnis eines Zwangs, der sich aus der Form der Ausschreibung ergeben habe.

(182)

Die französischen Behörden führen aus, dass die beiden Unternehmen SNCM und CMN — entgegen den Ausführungen von Stef-TFE — weder unabhängig seien noch in direktem Wettbewerb zueinander stünden. Eine solche Situation stünde im Widerspruch zum Grundprinzip des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst, dessen Mitunterzeichner beide Unternehmen seien.

(183)

Die französischen Behörden halten daran fest, dass die Beteiligung der SNCM am Kapital der CMN nicht — wie Stef-TFE zu behaupten scheine — als reine Finanzanlage zu werten sei. Frankreich vertritt den Standpunkt, dass den Beteiligungen der SNCM an der CMN eine außerordentliche strategische Bedeutung zukomme. Eine Veräußerung dieser Beteiligungen wäre nach Ansicht Frankreichs nicht nur wirtschaftlich widersinnig, sondern auch ein gravierender strategischer Fehler.

9.1.3   Äußerungen Frankreichs zu den Stellungnahmen von Vertretern lokaler Gebietskörperschaften

(184)

Frankreich stimmt zwar dem Schreiben des Präsidenten der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur inhaltlich insgesamt zu, möchte jedoch unbedingt darauf hinweisen, dass das Angebot auf der Verbindung zwischen dem französischen Festland und Korsika entgegen dem, was unter Ziffer 2 dieses Schreibens (112) behauptet wird, „im Verhältnis zur Nachfrage nicht überdimensioniert“ sei und dass die SNCM mit ihrer Preispolitik der Verpflichtung nachkomme, keinen Preiskampf auszulösen und kein price leader zu sein.

9.2   Äußerungen Frankreichs zu den Stellungnahmen der Beteiligten zur Entscheidung von 2006

(185)

Frankreich stellt allgemein fest, dass sich die Stellungnahmen von STIM und CFF größtenteils mit den Äußerungen dieser Unternehmen gegenüber der Kommission aus dem Jahr 2003 decken würden. Die Äußerungen von CFF seien vor dem Gericht erster Instanz im Rahmen der Klage auf Nichterklärung der Entscheidung der Kommission vom 9. Juli 2003 abgegeben worden und zum größten Teil sowohl von der Kommission als auch vom Gericht zurückgewiesen worden.

(186)

Im Hinblick auf den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für die Verbindungen von Marseille nach Korsika bestreitet Frankreich das Vorbringen, das Vergabeverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Tatsache, dass diese nationalen Verfahren vor den zuständigen nationalen Gerichten als ordentliches Gemeinschaftsgericht anhängig seien, bedeute nach Auffassung Frankreichs, dass für die Kommission kein Gemeinschaftsinteresse bestehe, die Fragen bezüglich des Vergabeverfahrens für den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst zu prüfen.

9.2.1   Zur vorzeitigen Durchführung der Maßnahmen des ersten Umstrukturierungsplans und seiner Änderungen

(187)

Die allgemeine Bemerkung zur vorzeitigen Durchführung der als Beihilfen anzusehenden Maßnahmen durch Frankreich beantworten die französischen Behörden damit, dass diese Durchführung aufgrund der Besonderheit des Verfahrens gerechtfertigt sei, d. h. aufgrund der Nichtigerklärung der Genehmigungsentscheidung der Kommission vom 9. Juli 2003 im Jahr 2005. Die französischen Behörden würden sich keineswegs über ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag hinwegsetzen. Im Übrigen weist Frankreich darauf hin, die Kommission nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission stets über den Fortgang und ihre seit Januar 2005 ergriffenen Maßnahmen auf dem Laufenden gehalten zu haben.

(188)

Da keine dieser Maßnahmen Beihilfen darstellen würden, komme nach Auffassung der französischen Behörden Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag letztendlich nicht zur Anwendung, so dass sie in keiner Weise verpflichtet seien, die Durchführung auszusetzen.

9.2.2   Zur Kapitalaufstockung von 2002

(189)

Zunächst führen die französischen Behörden aus, die Anwendbarkeit des Altmark-Urteils nicht in Zweifel gezogen zu haben, weisen jedoch auf gewisse Probleme bei der Durchführung der mit diesem Urteil auferlegten Prüfung hin, da der betreffende Betrag vor diesem Urteil festgelegt worden sei und somit diesen neuen Kriterien nicht habe Rechnung tragen können.

(190)

Frankreich teilt mit, dass die in Rede stehenden 53,48 Mio. EUR zu den 69,3 Mio. EUR gehören würden, die von der Kommission 2003 für vereinbar erklärt worden seien. Die Bedenken der Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss von 2006 beträfen daher nicht die Vereinbarkeit dieser Maßnahmen, die nicht infrage gestellt werde, wie die STIM in ihrer Stellungnahme zu behaupten scheine, sondern den Beihilfecharakter dieses Betrags, der als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gewährt worden sei.

(191)

Frankreich zufolge würden die Stellungnahmen von CFF und STIM die Anwendbarkeit der ersten und zweiten Altmark-Bedingung auf den vorliegenden Fall nicht infrage stellen.

(192)

Im Hinblick auf das dritte Altmark-Kriterum widerlegen die französischen Behörden das Vorbringen von CFF und STIM, die Zahlung dieses Summe würde zwangsläufig zu einer Überkompensation führen, da die Kommission mit ihrer Entscheidung vom 30. Oktober 2001 die Zahlung von 787 Mio. EUR als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen genehmigt habe. Hierzu führt Frankreich aus, die Kommission habe in ihrer Entscheidung von 2003 in der Tat festgestellt, dass diese Verpflichtungen unterkompensiert gewesen seien und dass der Betrag von 53,48 Mio. EUR als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gerechtfertigt sei.

(193)

Was die vierte Altmark-Bedingung anbelangt, so betonen die französischen Behörden, sich bemüht zu haben, Angaben zu übermitteln, die einen möglichst genauen Vergleich mit ähnlichen Unternehmen, d. h. hauptsächlich der CMN, ermöglichen würden, obwohl es kein Referenzunternehmen gebe und es daher nicht möglich sei, einen umfassenden Vergleich zwischen der SNCM und anderen Unternehmen anzustellen, was auch von CFF bestätigt worden sei. Frankreich bestreitet das Vorbringen von STIM und CFF, die Strukturkosten der SNCM seien höher als die der CMN. Selbst wenn dies so sein sollte, kämen die Produktivitätskennzahlen der SNCM denen der CMN sehr nahe. Schließlich werde die SNCM genauso gut geführt wie die CMN, die von STIM zu keiner Zeit als schlecht geführtes Unternehmen bezeichnet worden sei.

(194)

Nach Angaben Frankreichs seien die zwischen 1991 und 2001 verzeichneten Verluste nicht durch den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst bedingt, wie CFF offenbar glauben machen wolle. Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen hätten die SNCM jedoch daran gehindert, sich an das geänderte Wettbewerbsumfeld anzupassen. Die französischen Behörden führen weiter aus, dass sich diese Verluste nicht auf den Zeitraum 2000-2001 konzentriert hätten, sondern sich in diesem Zeitraum aufgrund der gestiegenen Zahl der Überfahrten von CFF beschleunigt hätten.

(195)

Hinsichtlich der Vereinbarkeit der 53,48 Mio. EUR als Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag erinnern die französischen Behörden daran, dass die Vereinbarkeit dieses Betrags mit diesem Artikel von der Kommission bereits in ihrer Entscheidung von 2003 erklärt worden sei und durch das Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005 nicht infrage gestellt worden sei.

9.2.3   Zu den Maßnahmen nach der Kapitalaufstockung im Jahr 2002

(196)

Zum Veräußerungsverfahren teilt Frankreich mit, von Anfang an klassische Auswahlkriterien vorgesehen zu haben und sich dabei in erster Linie auf das Preisangebot für die SNCM-Anteile und erst an zweiter Stelle auf andere Parameter (Wirtschaftsplan, Sozialplan usw.) gestützt zu haben, darunter den Betrag, den die Bewerber bereit gewesen seien, im Rahmen einer Kapitalaufstockung in das Unternehmen zu investieren. Frankreich bestreitet mit Nachdruck das Vorbringen der Beteiligten, das Verkaufsverfahren sei nicht transparent gewesen, und erinnert daran, dass der Staat in diesem Fall sogar über die bereits strengen und zwingenden gesetzlichen Pflichten für die Veräußerung staatlicher Beteiligungen hinausgegangen sei. Frankreich erinnert daran, dass die Entwicklung im Anschluss an das Übernahmeangebot von BCP für 100 % der Anteile der SNCM in einem sehr schwierigen finanziellen und sozialen Kontext verlaufen sei und dass der Vorgang dadurch, dass sich VT dem Angebot von BCP angeschlossen habe, kaufmännisch und finanziell nicht geändert worden sei (außer im Hinblick auf die Verteilung des Kapitals).

(197)

Was den negativen Kaufpreis von 158 Mio. EUR anbelange, erinnern die französischen Behörden daran, dass die SNCM in Anbetracht ihrer Finanzlage mit Stand vom 30. September 2005 zu einem Marktpreis verkauft worden sei und dass der Verkauf wirtschaftlich günstiger als die Liquidation des Unternehmens gewesen sei. Hierzu führen sie aus, dass die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers auf den Fall eines kurz vor der Liquidation stehenden Unternehmens nicht als Anstreben der „Rentabilität der staatlichen Intervention“, sondern als Vermeidung höherer Verluste, die dem Aktionär bei einer kostenaufwändigeren Liquidation entstanden wären, betrachtet werden müsse.

(198)

Hinsichtlich des Kaufpreises bestreitet Frankreich das Argument, die SNCM sei zu einem Preis veräußert worden, der nicht ihrem tatsächlichen Wert entsprochen habe (113).

(199)

Die französischen Behörden widerlegen auch das Argument von CFF, den Marktwert der Flotte der SNCM, den CFF mit 406,5 bis 426,5 Mio. EUR ansetzen würde, unterbewertet zu haben. Die bei der Berechnung von CFF berücksichtigten Schiffe würden nicht denen entsprechen, die der SNCM am 30. September 2005 gehörten. Der Kontext einer möglichen gerichtlichen Liquidation dieser Vermögenswerte sei nicht in Form von Abschläge vom Marktwert berücksichtigt werden, und der Marktwert sei für August 2006 und nicht für den Zeitpunkt einer potenziellen Liquidation der SNCM, d. h. den 30. September 2005, berechnet worden. Weiter stellt Frankreich fest, dass der negative Preis bei Berücksichtigung der von CFF vorgelegten Berechnung um das Dreifache niedriger als der im Urteil Gröditzer geforderte Liquidationswert der Aktiva wäre, was somit günstiger als die der Kommission von den französischen Behörden vorgelegten Hypothesen sei.

(200)

Zum Argument von CFF, mit dem die Anwendung des Urteils Gröditzer dadurch infrage gestellt wird, dass die Zuführung von staatlichem Kapital an die SNCM an den Verkauf von 75 % seiner Beteiligung geknüpft worden sei, was die Gewinnaussichten entsprechend verringert habe, erinnern die französischen Behörden daran, dass der negative Verkaufspreis von 158 Mio. EUR sehr wohl der Veräußerung des gesamten Kapitals der SNCM mit einer anschließenden neuen Investition des Staates in Höhe von 25 % entspreche, mit einer Rendite von […] % pro Jahr. Nach Ansicht Frankreichs bleibe die Kapitalrendite aufgrund der 25 %igen Beteiligung am Kapital des Unternehmens garantiert, da für diese Beteiligung ein sehr hoher Ertrag garantiert werde.

(201)

Frankreich bestreitet auch das Vorbringen von CFF hinsichtlich der Nichtübertragbarkeit des Ansatzes der Rechtssache ABX auf den vorliegenden Fall, der vor allem auf der Analyse der tatsächlichen Liquidationskosten der SNCM beruhe und auf dem Risiko, dass der Staat im Rahmen einer Ausfalldeckungsklage für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haftbar gemacht werden könnte, wie in den französischen Insolvenzverfahren vorgesehen und von der nationalen Rechtsprechung bestätigt (Urteil der Cour d’Appel de Rouen vom 22. März 2005). Die französischen Behörden sind zwar der Ansicht, dass ihr Verhalten als Geschäftsführer der SNCM bei einer solchen Klage nicht als „fehlerhaft“ qualifiziert werden könne, weisen aber nachdrücklich darauf hin, dass das Risiko der Verurteilung des Staates durch ein nationales Gericht wegen Unterdeckung der SNCM aufgrund der flexiblen Kriterien für die Qualifizierung des Geschäftsführungsfehlers nach Artikel L.651-2 Code de Commerce (französisches Handelsgesetzbuch) und der genannten Rechtsprechung, die auf diesen Fall anwendbar wäre, sehr hoch sei.

(202)

Im Hinblick auf die Kapitalaufstockung um 8,75 Mio. EUR erinnert Frankreich daran, dass diese Kapitalzuführung — entgegen den Behauptungen von CFF und STIM — aufgrund der Gleichzeitigkeit dieser Investition, der Vergleichbarkeit der Zeichnungsbedingungen und der überdurchschnittlichen Rendite, die der Staat über die CGMF erhalte, keine staatliche Beihilfe darstelle.

(203)

Die französischen Behörden führen insbesondere an, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Investoren durch vorhandene Auflösungsklauseln nicht infrage gestellt werde, da Letztere im Rahmen der Veräußerung von 100 % der SNCM und nicht im Rahmen der sich daran anschließenden Kapitalaufstockung von 35 Mio. EUR vorgesehen worden seien.

(204)

Zudem sei die Investition des Staates geringer als die der Übernehmer gewesen, da nur der Betrag von 8,75 Mio. EUR mit der Investition der Übernehmer (26,25 Mio. EUR) zu vergleichen sei. Die erste Kapitalaufstockung von 142,5 Mio. EUR dürfe daher nur im Rahmen des Vergleichs mit dem Liquidationswert geprüft werden.

(205)

Schließlich bestreitet Frankreich das Argument der STIM, die Einlage habe den privaten Übernehmern als Sicherheit dafür dienen sollen, dass die SNCM den Zuschlag für den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für die Verbindung nach Korsika erhalten würde. Die französischen Behörden machen geltend, dass diese Kapitalerhöhung umsichtig und unabhängig von der Performance des Unternehmens sei und dass sich die Renditeaussichten durch die Vergabe des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst an die SNCM nicht verbessern würden.

(206)

Hinsichtlich der 38,5 Mio. EUR an Sozialmaßnahmen bekräftigt Frankreich, dass es sich bei diesen Maßnahmen um personenbezogene Beihilfen handle und dass die Übernahme durch den Staat nicht als indirekter Vorteil für das Unternehmen angesehen werden könne, da diese Maßnahmen über die zulasten der SNCM gehenden gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen hinausgehen würden. Zudem erinnert Frankreich daran, dass diese Maßnahmen keinen Abbau von Personal ermöglichen würden, das ohne diese Maßnahmen von der SNCM weiterbeschäftigt werden müsste.

(207)

Entgegen dem Vorbringen von CFF führen die französischen Behörden aus, dass die 38,5 Mio. EUR nicht der Umsetzung des im Sozialplan für 2003 vorgesehenen Personalabbaus entsprächen, da diese Stellen — trotz Verzögerung — bereits abgebaut worden seien. Der neue Sozialplan ergänze somit die ersten Sozialmaßnahmen von 2003.

9.2.4   Zur Vereinbarkeit mit den Leitlinien

(208)

Nach Ansicht Frankreichs beläuft sich der anhand der Leitlinien zu würdigende Beihilfebetrag auf 15,81 Mio. EUR.

(209)

Im Gegensatz zu CFF vertreten die französischen Behörden mit Blick auf Ziffer 11 der Leitlinien von 2004 die Auffassung, dass die SNCM trotz der ersten Kapitalzuführung, die eine Aufstockung der Eigenmittel der SNCM ermöglicht habe, weiter als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden müsse, da diese Kapitalaufstockung zur Weiterführung des Unternehmens gewährt worden sei.

(210)

Frankreich widerlegt die Behauptungen von CFF, es habe dem Unternehmen keine weiteren Finanzspritzen zukommen lassen dürfen, da die SNCM Bankkredite hätte aufnehmen können. Hierzu erinnern die französischen Behörden daran, dass die Banken der SNCM am 24. August 2005 die Gewährung neuer Kreditlinien verweigerten und daher als einzige Alternativen die Privatisierung oder die Liquidation des Unternehmens in Betracht gekommen seien.

(211)

Frankreich bestreitet die Argumente von CFF und STIM bezüglich des Scheiterns des Umstrukturierungsplans von 2002; er sei — wenn auch mit einiger Verzögerung — im Jahr 2005 umgesetzt worden und habe es ermöglicht, die Ziele zu erreichen. Die Verschlechterung der Wirtschafts- und Finanzlage der SNCM aufgrund exogener Faktoren habe anschließend eine Verlängerung des 2002 angemeldeten Plans und die Einführung neuer Maßnahmen erforderlich gemacht.

(212)

Nach Ansicht Frankreichs seien die Sanierungsaussichten für die SNCM gut und könne die Rentabilität des Unternehmens durch die von den neuen Aktionären geplanten Maßnahmen, insbesondere die Durchführung des Sozialplans, die Umverteilung bei den Verbindungen und die Erneuerung einiger Schiffe, wiederhergestellt werden. Aufgrund der Einnahmen aus dem Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst (etwa […] des Umsatzes der SNCM) und angesichts der hohen Fixkosten und der Schwierigkeiten bei der Umverteilung der 6 Schiffe, die auf der Strecke Marseille–Korsika betrieben werden, sei dieser Vertrag ein wesentlicher Faktor für die Strategie des Unternehmens und für seine Bestandsfähigkeit.

(213)

Hinsichtlich der Beschränkung der Beihilfe auf das Mindestmaß meint Frankreich, die Umstrukturierungskosten auf die für die Durchführung der Umstrukturierung unbedingt erforderlichen Mindestkosten beschränkt zu haben. Die französischen Behörden erinnern daran, dass die Kommission in ihrer Entscheidung von 2003 anerkannt habe, dass das Unternehmen mit der Veräußerung von Vermögenswerten in Höhe von 30,2 Mio. EUR einen ausreichenden Beitrag aus einen Mitteln zum Umstrukturierungsplan geleistet habe. Angesichts weiterer Veräußerungen durch die SNCM in Höhe von 12,2 Mio. EUR würde sich die Eigenleistung des Unternehmens sogar auf 42,4 Mio. EUR belaufen. Dieser Betrag liege erheblich über dem, was zur Genehmigung der Umstrukturierungsbeihilfen an Eigenbeitrag erforderlich sei. Schließlich würden sich die Umstrukturierungsbeihilfen, da die anderen Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen seien, nur noch auf 15,81 Mio. EUR belaufen.

9.2.5   Zu den von der Kommission in ihrer Entscheidung von 2003 gemachten Auflagen und zu etwaigen neuen Ausgleichsleistungen

(214)

Die französischen Behörden versichern, entgegen den Behauptungen von STIM und CFF alle Auflagen der Entscheidung von 2003, an die sie bis Ende 2006 gebunden waren, erfüllt zu haben, insbesondere die Aufrechterhaltung der Flotte von 11 Schiffen und das Anbieten von Preisen unter denen der Wettbewerber.

(215)

Im Übrigen ist Frankreich der Auffassung, dass die Gegenleistungen der SNCM im Rahmen der neuen abschließenden Entscheidung von der Höhe her angepasst werden müssten, da die Umstrukturierungsbeihilfen nur noch 15,81 Mio. EUR anstelle von 69,3 Mio. EUR betragen würden.

(216)

Hierzu bestreitet Frankreich die Äußerungen der STIM zu der Möglichkeit, dass die Kommission der SNCM als Gegenleistung die Veräußerung ihrer Beteiligung an der CMN auferlegen könne. Frankreich bestreitet auch das Argument der STIM, die Definition der strategischen Vermögenswerte sei in den Leitlinien von 2004 gegenüber denen von 1999 infrage gestellt worden.

(217)

Zu den von CFF genannten Maßnahmen zur Reduzierung der Präsenz der SNCM auf dem Markt erinnern die französischen Behörden daran, dass auf den betroffenen Märkten (Frankreich-Korsika und Nordafrika) — worauf im Übrigen die Kommission in ihrer Entscheidung von 2003 hingewiesen habe (Randnummer 87) — keine Überkapazitäten bestünden und dass eine Umgestaltung der Verbindungen nach Korsika mit und ohne Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst die Lebensfähigkeit des Unternehmens gefährden würde.

(218)

Zum Vorbringen von CFF, die Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen zugunsten der SNCM berge die ernsthafte Gefahr, dass ihr Hauptwettbewerber vom Markt für Verbindungen vom französischen Festland nach Korsika verschwinden würde, machen die französischen Behörden geltend, dass die Aufrechterhaltung einer Wettbewerbsstruktur angesichts des derzeitigen Gefüges dieses Marktes, auf dem CFF der größte Wettbewerber sei, von der Genehmigung des Umstrukturierungsplans für die SNCM und von deren Präsenz auf dem betreffenden Markt abhängig sei.

10.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN

(219)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag lautet: „Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

(220)

Eine nationale Maßnahme ist als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen, wenn die folgenden kumulativen Bedingungen erfüllt sind: 1) die fragliche Maßnahme gewährt einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil; 2) dieser Vorteil wird aus staatlichen Mitteln finanziert; 3) dieser Vorteil verfälscht den Wettbewerb oder droht, ihn zu verfälschen und 4) dieser Vorteil beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten (114).

(221)

Die Kommission stellt fest, dass die SNCM staatliche Mittel in Höhe von insgesamt 274,54 Mio. EUR über die CGMF erhalten hat, die zu 100 % im Besitz des französischen Staates ist.

(222)

Da die SNCM im Sektor des Seeverkehrs tätig ist, der für den innereuropäischen Wettbewerb geöffnet ist, könnte der potenzielle wirtschaftliche Vorteil, den sie erhalten hat, den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(223)

Der Umstand, dass die Inselkabotage im Mittelmeerraum bis zum 1. Januar 1999 zeitweilig von der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (115) ausgenommen war, ermöglicht es nicht, von Vornherein auszuschließen, dass Subventionen für die Bedienung der Kabotageverbindungen mit den Mittelmeerinseln im Rahmen des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen können.

(224)

Während bis zum 1. Januar 1999 Subventionen für die Bedienung von Kabotageverbindungen den Handel nicht beeinträchtigen und den Wettbewerb nicht verfälschen konnten, hat sich die Lage seitdem geändert, da der Seekabotagemarkt nunmehr gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 allen Marktteilnehmer der Gemeinschaft offensteht. Darüber hinaus betreibt die SNCM nicht nur Kabotagebeförderung, sondern ist auch auf dem internationalen Seeverkehrsmarkt tätig, der durch die Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern (116) liberalisiert wurde.

(225)

Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass die letzten drei Kriterien von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag, die unter Randnummer 220 dieser Entscheidung genannt werden, im vorliegenden Fall erfüllt sind. In den folgenden Abschnitten wird für jede einzelne Beihilfe das Vorliegen eines selektiven wirtschaftlichen Vorteils und gegebenenfalls die Vereinbarkeit der als staatliche Beihilfe eingestuften Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt untersucht.

10.1   Kapitalzuführung von 53,48 Mio. EUR als Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen

(226)

Obwohl die Kommission in ihrer Entscheidung von 2003 einen Teil dieser 76 Mio. EUR, genauer gesagt 53,48 Mio. EUR, als Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen für die Verkehrsanbindung von Korsika im Zeitraum 1991—2001 anerkannt hat, würdigte die Kommission die gesamte Kapitalzuführung von 76 Mio. EUR im Rahmen der Umstrukturierungsbeihilfen, da der Betrag von den französischen Behörden als solche angemeldet worden war. In seinem Urteil vom 15. Juni 2005 zur Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission von 2003 forderte das Gemeinschaftsgericht die Kommission auf, den Betrag von 53,48 Mio. EUR im Lichte des Urteils des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache Altmark zu prüfen.

(227)

Darüber hinaus baten die französischen Behörden die Kommission, einen Teil der Umstrukturierungsbeihilfe von 2002 aufgrund ihres Charakters als „Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“ im Lichte des Urteils Altmark nicht als Beihilfe anzusehen.

(228)

Da sich die französischen Behörden auf die Anwendung des Altmark-Urteils und gegebenenfalls auf die Ausnahmeregelung des Artikels 86 Absatz 2 EG-Vertrag berufen haben, ist die Kommission verpflichtet, sich hierzu zu äußern, da diesen Argumenten in der Stellungnahme Frankreichs wesentliche Bedeutung zukommt (117).

10.1.1   Vorbemerkungen

(229)

Die Kommission erinnert zunächst daran, dass die Kriterien, die das Gemeinschaftsgericht in diesem Urteil aufgestellt hat, auf den vorliegenden Fall anwendbar sind, obwohl das Urteil Altmark nach der genannten Maßnahme ergangen ist.

(230)

Erst kürzlich hat das Gericht daran erinnert (118), dass der Gerichtshof die Tragweite seiner Feststellungen im Urteil Altmark zeitlich nicht begrenzt hat. Diese Feststellungen, die sich aus einer Auslegung von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag ergeben, sind mangels einer derartigen zeitlichen Begrenzung in vollem Umfang auf die Sach- und Rechtslage des vorliegenden Falls anwendbar.

(231)

Zunächst ist festzustellen, dass die SNCM im Zeitraum 1991—2001 auf allen Verbindungen nach Korsika, für die gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen bestanden, trotz der mit der Kommissionsentscheidung von 2001 genehmigten Subventionen erhebliche Verluste verzeichnete (119). Unter Randnummer 105 dieser Entscheidung stellte die Kommission fest, dass der kumulierte Verlust vor Steuern für den Zeitraum 1991—1999 für Verbindungen nach Korsika (120), der von dem von der Kommission beauftragten Sachverständigen in seinem Bericht ermittelt wurde, einschließlich der erhaltenen Subventionen 217 Mio. französische Francs, entsprechend 33,08 Mio. EUR, betrug.

(232)

Für die Jahre 2000 und 2001 (121) folgte die Kommission dem Ansatz des Sachverständigenberichts und rechnete anhand der vorgelegten Betriebsbuchführungsergebnisse das Vorsteuerergebnis nach, wobei sie die Umstrukturierungsrückstellungen, die bereits in den angemeldeten Umstrukturierungskosten erfasst wurden, abzog. Darüber hinaus konnte die Kommission anhand der Jahresabschlüsse des Unternehmens nachprüfen, dass in diesen beiden Jahren keine Schiffe veräußert wurden.

(233)

Die Kommission ist der Ansicht, dass der Verlust des Jahres 2002 auf der Strecke Marseille–Korsika nicht berücksichtigt werden kann, da die Preise für die Verbindung nach Korsika ab Marseille und die Höhe der Ausgleichszahlungen zwischen den Behörden und der SNCM ab 1. Januar 2002 — anders als nach den Bestimmungen der Verträge von 1991 und 1996 — vertraglich festgelegt wurden.

(234)

Gemäß dem Ansatz und der Begründung der Entscheidung von 2001 gelangt die Kommission daher zu den folgenden Ergebnissen:

Tabelle 3

Kalkulatorische Ergebnisrechnung für den Zeitraum 1991—2001

Verbindungen nach Korsika

2001

2000

1991—1999 (122)

Summe 1991—2001

Mio. FRF

Mio. EUR

Mio. FRF

Mio. EUR

Mio. FRF

Mio. EUR

Mio. FRF

Mio. EUR

Ergebnis vor Steuern

– 302,575

–46,127

–40,256

–6,137

– 216,98

–33,078

– 559,811

–85,343

Wertberichtigungen/Abschreibung Liamone  (123)

96,895

14,771

0,000

0,000

0,000

0,000

96,895

14,771

Wertberichtigungen/Sozialplan

112,110

17,091

0,000

0,000

0,000

0,000

112,110

17,091

Berichtigung Veräußerungsgewinn Schiffe

0,000

0,000

0,000

0,000

182,100

27,761

182,100

27,761

Ergebnis vor Steuern und ohne Veräußerungsgewinn sowie ohne Umstrukturierung

–93,571

–14,265

–40,256

–6,137

– 216,980

–33,078

– 350,807

–53,480

(235)

Der Gesamtverlust, den die SNCM auf der Strecke Marseille–Korsika verzeichnete, belief sich zuzüglich der mit der Entscheidung von 2001 genehmigten Subventionen und berichtigt um die Gewinne aus der Veräußerung von Schiffen in diesem Zeitraum und um die Umstrukturierungskosten, für den gesamten Zeitraum 1991—2001 auf 53,48 Mio. EUR.

(236)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass von der Kapitalzuführung von 76 Mio. EUR, die 2002 angemeldet wurde (124), 53,48 Mio. EUR als Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen angesehen werden können.

10.1.2   Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils im Lichte des Urteils Altmark

(237)

Dem Gerichtshof zufolge fällt eine staatliche Maßnahme nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag, soweit sie als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugute kommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen.

(238)

Ein derartiger Ausgleich ist jedoch nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn eine Reihe kumulativer Voraussetzungen erfüllt sind (siehe Fußnote 68 dieser Entscheidung).

(239)

Insbesondere zum vierten Kriterium, das der Gerichtshof im Urteil Altmark aufgestellt hat, ist festzustellen, dass die SNCM nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgewählt wurde, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann.

(240)

Da es kein Vergabeverfahren gab, muss nach Auffassung der Kommission der Mitgliedstaat nachweisen, dass die Höhe der Ausgleichszahlung an die SNCM nicht über die Kosten hinausgeht, die ein durchschnittliches, gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen unter Berücksichtigung der entsprechenden Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen gemäß den Anforderungen der Rechtsprechung des Gerichtshofs hätte.

(241)

Im vorliegenden Fall räumen die französischen Behörden in ihren Schreiben vom 16. November 2006 selbst ein, dass es aufgrund der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der SNCM nahezu unmöglich sei, ein Unternehmen zu finden, das für diesen Zeitraum 1991—2001 als Bezugsgröße herangezogen werden könnte, da die SNCM als einziges Unternehmen in der Lage gewesen sei, diese Verpflichtungen zu übernehmen. Die französischen Behörden hätten sich daher bemüht, Angaben zu machen, die einen möglichst genauen Vergleich mit ähnlichen Unternehmen, insbesondere mit der CMN, ermöglichen, wobei sie jedoch betonen, dass sich die Betriebsbedingungen dieser Unternehmen aufgrund der Verträge über den öffentlichen Seeverkehrsdienst zwischen 1991 und 2001 von denen der SNCM unterscheiden würden.

(242)

Nach Auffassung der Kommission haben die französischen Behörden in ihrer Argumentation nicht aufgezeigt, inwiefern die von ihnen als ähnlich bezeichneten Unternehmen die in der Gemeinschaftsrechtsprechung verlangte Bezugsgröße darstellen. Die Kommission betont, dass sie anhand der von Frankreich übermittelten Daten über diese Unternehmen weder die angebliche Ähnlichkeit beurteilen noch die Auswirkungen der angeblich unterschiedlichen Betriebsbedingungen auf den Vergleich, der mit Blick auf die Anwendung des vierten Kriteriums angestellt werden müsste, analysieren kann.

(243)

Unter diesen Umständen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die französischen Behörden mit den im Rahmen dieses Verfahrens übermittelten Informationen und Daten nicht nachgewiesen haben, dass das vierte Altmark-Kriterium erfüllt ist.

(244)

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass die fragliche Maßnahme der SNCM einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt hat. Da die Maßnahme nur der SNCM zugute kam, handelt es sich um einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil. Die Ausgleichszahlung in Höhe von 53,48 Mio. EUR, die der SNCM im Rahmen der Verträge aus 1991 und 1996 gewährt wurde, stellt daher eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

10.1.3   Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag

(245)

Da sich die französischen Behörden auf die Ausnahmeregelung des Artikels 86 Absatz 2 EG-Vertrag berufen haben, wird die Kommission bei der Würdigung der fraglichen Maßnahme den gleichen Ansatz und die gleiche Begründung wie in ihrer Entscheidung von 2001 verwenden.

(246)

Nach diesem Artikel fällt die Zahlung einer Beihilfe nicht unter das Verbot von Artikel 87 EG-Vertrag, wenn die betreffende Beihilfe nur die Mehrkosten ausgleichen soll, die dem mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrauten Unternehmen durch die Erfüllung der ihm übertragenen besonderen Aufgaben entstehen, und die Gewährung der Beihilfe notwendig ist, um dem Unternehmen die Erfüllung seiner gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu ermöglichen.

(247)

Unter Berücksichtigung der für den Zeitraum 1991—2001 geltenden Rechtsprechung (125) muss die Kommission wie in ihrer Entscheidung von 2001:

prüfen, ob es sich bei den Dienstleistungen, mit denen die SNCM betraut wurde, um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse handelt, und

prüfen, inwieweit die Höhe der Subventionen, die der SNCM im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Seeverbindungen nach Korsika gewährt wurden, angesichts der Mehrkosten, die der SNCM zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst entstanden sind, angemessen ist.

(248)

Im vorliegenden Fall, in dem es um Ausgleichszahlungen geht, die im Zeitraum 1991—2001 geleistet wurden, beruhen die der SNCM und der CMN auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wie die Kommission in ihrer Entscheidung von 2001 festgestellt hat, auf zwei Fünfjahresverträgen zwischen diesen beiden Unternehmen und dem Office de transport de la Corse (OTC). In diesen Verträgen, deren Rechtsgrundlage die Rahmenvereinbarung 1976—2001 ist, wurden die Modalitäten für die Durchführung des öffentlichen Linienverkehrs für die Jahre 1991—1996 und 1996—2001 festgelegt. Darin wurde auch definiert, nach welchen Grundsätzen die Pauschalbeihilfe gezahlt werden sollte. Diese Beihilfe wird aus den Mitteln für die Kontinuität der Festlandsverbindungen gezahlt und ist als Ausgleich für die Belastungen gedacht, die mit der Übernahme gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen verbunden sind.

(249)

Zur Frage, ob diese Verpflichtungen einer wirklichen Notwendigkeit einer öffentlichen Dienstleistung entsprechen, stellte die Kommission in ihrer Entscheidung von 2001 fest, dass die Rahmenvereinbarung und die Fünfjahresverträge dem Grundsatz der Kontinuität der Festlandsverbindungen entsprechen, der die Nachteile der Insellage verringern soll und die Verkehrsanbindung Korsikas so gestalten soll, dass sie den Verbindungen auf dem Festland möglichst nahe kommt. Die Kommission stellt auch fest, dass es sich bei diesem Ziel um ein legitimes öffentliches Interesse handelt und dass es in der Vergangenheit nicht durch das freie Spiel der Marktkräfte erreicht werden konnte (126).

(250)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass das in der Rahmenvereinbarung und in den Fünfjahresverträgen vorgesehene System des Linienverkehrs einer wirklichen Notwendigkeit einer öffentlichen Dienstleistung entspricht.

(251)

Wie die Kommission in ihrer Entscheidung von 2001 festgestellt hat, hat die SNCM im Zeitraum 1991—2001 auf der Grundlage des genannten Rechtsrahmens eine jährliche pauschale Beihilfe erhalten, deren Höhe für fünf Jahre festgelegt wurde und jährlich in Abhängigkeit von der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts ohne Leistungen des Staates sowie nach den Informationen und Daten der Betriebsbuchführung, die von der SNCM vorgelegt wurden, angepasst wurde.

(252)

Unter Randnummer 30 ihrer Entscheidung stellt die Kommission fest: „Gemäß Artikel 4 des Vertrags von 1976 (127) wird die jährliche Beihilfe in zwölf gleichen Monatsraten überwiesen. Damit die Mittel angewiesen werden können, muss die SNCM spätestens am 1. Juli jedes Jahres ihre Unternehmensbilanz für das vergangene Geschäftsjahr vorlegen. Die Bilanz muss zuvor von einem staatlichen Kontrollbeauftragten geprüft werden. Falls die SNCM Beträge rückerstatten muss, werden diese mit der oder den Monatsraten des laufenden Geschäftsjahres verrechnet. Die Regelung sieht auch die Möglichkeit zusätzlicher Zahlungen des Staates vor. Die Verträge, die später geschlossen wurden, sehen auch Bußgelder vor, falls die Zahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten die vertraglich festgelegte Zahl um mehr als 2 % unterschreitet. Der Konzessionsgeber kann auch einen Teil der Pauschalhilfe einbehalten, falls öffentliche Verkehrsverbindungen aufgrund von Störungen ausfallen.“

(253)

Unter Randnummer 82 der Entscheidung zitiert die Kommission den zweiten Teil von Ziffer IV des Vertrags: „Falls die wirtschaftlichen Bedingungen, insbesondere die Betriebskosten und das Verkehrsaufkommen, die der Berechnung der Beihilfe zugrunde gelegen haben, sich in erheblichem Maße verschlechtern, werden SNCM und OTC gemeinsam erörtern, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens wiederherzustellen. Dabei können sowohl eine Änderung des Verbindungsangebots und der Tarife als auch eine Anpassung der Höhe der Beihilfe in Betracht gezogen werden.“

(254)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen vertritt die Kommission wie in ihrer Entscheidung von 2001 die Auffassung, dass die Ausgleichszahlung des Staates in Höhe von 53,48 Mio. EUR keine pauschale Beihilfe ist, da ein Mechanismus vorgesehen ist, der das Ausgleichen des finanziellen Ungleichgewichts infolge der Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Betriebskosten und den Kosten, die als Grundlage für die Berechnung der Beihilfe gedient hatten, ermöglicht.

(255)

Wie die Kommission in ihrer Entscheidung von 2001 festgestellt hat (128), haben die in Anwendung der Fünfjahresverträge von 1991 und 1996 erhaltenen Ausgleichszahlungen der SNCM nicht ermöglicht, ihre Verluste aus den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen vollständig auszugleichen. Die Kommission schätzte diese Unterkompensation auf 53,48 Mio. EUR.

(256)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die vom Staat gezahlten 53,48 Mio. EUR der im Zeitraum 1991—2001 verzeichneten Unterkompensation entsprechen und dass dieser Betrag daher angesichts der Nettokosten der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung, mit der die SNCM betraut ist, verhältnismäßig ist.

10.1.4   Schlussfolgerung

(257)

Aus den genannten Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass die fragliche Beihilfe eine staatliche Beihilfe ist, die nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Da die Maßnahme am 14. November 2003 durchgeführt wurde, stellt die Kommission fest, dass diese staatliche Beihilfe rechtswidrig ist.

(258)

Der Beihilfebetrag, der als Umstrukturierungsbeihilfe gemäß der Anmeldung von 2002 anzusehen ist, beläuft sich auf 22,52 Mio. EUR (129). Dieser Betrag ist zu den 2006 angemeldeten Maßnahmen hinzuzurechnen, sofern diese Umstrukturierungsbeihilfen enthalten sollten (siehe Abschnitt 10.5 dieser Entscheidung).

10.2   Verkauf der SNCM zum negativen Preis von 158 Mio. EUR

(259)

Im vorliegenden Fall muss die Kommission prüfen, ob die Kapitalzuführung des Staates in Höhe von 158 Mio. EUR vor der Veräußerung der SNCM an private Übernehmer, d. h. letzten Endes der ebenso hohe negative Kaufpreis für das Unternehmen, Beihilfeelemente enthält.

(260)

Ein offenes, transparentes und nicht diskriminierendes öffentliches Auswahlverfahren, bei dem der Staat das Unternehmen nach einer vorherigen Kapitalaufstockung (die höher als der Kaufpreis ist) veräußert, ermöglicht es nicht unbedingt, das Vorliegen einer Beihilfe auszuschließen, die sowohl dem privatisierten Unternehmen als auch seinem Käufer zugute kommen kann (130).

10.2.1   Rechtlicher Bezugsrahmen

(261)

Bei der Prüfung, ob ein Unternehmen durch eine Kapitalzuführung des Staates einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat, wendet die Kommission grundsätzlich das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers (nachstehend „Kriterium des privaten Kapitalgebers“ genannt) an. Das Kriterium des privaten Kapitalgebers beruht auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung des öffentlichen und des privaten Sektors nach Artikel 295 EG-Vertrag. Diesem Grundsatz zufolge ist Kapital, das einem Unternehmen vom Staat direkt oder indirekt unter Umständen bereitgestellt wird, die marktüblichen Bedingungen entsprechen, nicht als staatliche Beihilfe anzusehen (131).

(262)

Zu diesem Zweck kann die Kommission insbesondere beurteilen, ob sich der Geldgeber wie ein privater Kapitalgeber verhalten hat, der eine globale oder sektorielle Strukturpolitik verfolgt und sich von langfristigen Rentabilitätsaussichten leiten lässt. Die Gültigkeit dieses Ansatzes wurde vom Gemeinschaftsgericht im Rahmen mehrerer Rechtssachen anerkannt (132).

(263)

Nach der ständigen Rechtssprechung stellt die Kapitalzufuhr eines öffentlichen Kapitalgebers ohne jede Ertragsaussicht eine staatliche Beihilfe dar (133).

(264)

Das Gemeinschaftsgericht hat auch festgestellt, dass es sich ein privater Investor, der eine von langfristigen Rentabilitätsgesichtspunkten geleitete umfassende oder sektorale Strukturpolitik verfolgt, vernünftigerweise nicht erlauben kann, nach Jahren ununterbrochener Verluste eine Kapitalzuführung vorzunehmen, die sich wirtschaftlich nicht nur kostspieliger als eine Liquidation der Aktiva erweist, sondern auch noch im Zusammenhang mit dem Verkauf des Unternehmens steht, was ihm selbst längerfristig jede Gewinnaussicht nimmt (134).

(265)

In seinem Urteil Gröditzer hat der Gerichtshof insbesondere entschieden, dass zur Klärung der Frage, ob die Privatisierung eines Unternehmens zu einem negativen Kaufpreis Elemente staatlicher Beihilfe enthält, „zu prüfen [ist], ob ein privater Investor von vergleichbarer Größe wie die Einrichtungen des öffentlichen Sektors unter den gleichen Umständen hätte veranlasst werden können, im Rahmen des Verkaufs des betreffenden Unternehmens Kapitalhilfen dieses Umfangs zu gewähren, oder ob er sich für die Liquidation des Unternehmens entschieden hätte“ (135).

10.2.2   Anwendung auf den vorliegenden Fall

(266)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen muss die Kommission zur Bestimmung des Beihilfecharakters der fraglichen Maßnahme „bewerten, ob die vom Staat gewählte Lösung gegenüber allen anderen Lösungen, einschließlich der Nichtintervention, absolut gesehen die kostengünstigere Lösung ist. Ist dies der Fall, würde daraus gefolgert werden können, dass der Staat wie ein privater Investor gehandelt hat“ (136).

10.2.2.1   Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers

(267)

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass großen Unternehmensgruppen heute, wenn sie Standorte schließen oder Tochtergesellschaften abwickeln, die sozialen Folgen solcher Schließungen oder Liquidationen nicht gleichgültig sein können.

(268)

Daher setzen sie in den meisten Fällen Sozialpläne ein, die Umschulungsmaßnahmen für das Personal, Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche, Abfindungen oder sogar Maßnahmen im lokalwirtschaftlichen Kontext, die über die gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen hinausgehen, umfassen können.

(269)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass die SNCM ein Unternehmen ist, das über die Gruppe CGMF (Compagnie Maritime Générale et Financière) vom Staat kontrolliert wird.

(270)

Die Kommission ist der Ansicht, dass solche Maßnahmen im Fall einer Liquidation der SNCM (137) zusätzlich zu den gesetzlichen Verpflichtungen eingeführt worden wären, um dem Image der Holding und ihres letzten Aktionärs nicht zu schaden (138).

(271)

Die Kommission erinnert daran, dass das Schreckgespenst der Liquidation des Unternehmens im Jahr 2004 heftige soziale Unruhen ausgelöst hat. Im September 2004 wurde beispielsweise die Flotte der SNCM 16 Tage lang blockiert. Die Kommission ergänzt, dass die französischen Behörden anhand konkreter Zahlen nachgewiesen haben, dass diese sozialen Unruhen von 2004 dem Ansehen der Holding bei den Kunden geschadet haben und dadurch zu einem Einbruch bei den Passagierzahlen der SNCM und damit auch beim Umsatz des Unternehmens geführt haben. Die Kommission betont weiterhin, dass der Aktionär des Unternehmens aufgrund des rauen sozialen Klimas im Sommer 2004, das der Finanzlage der SNCM geschadet hat, im Frühjahr 2005 einen Sozialplan eingeführt hat, der in Absprache mit den Gewerkschaften im April 2005 ausgesetzt wurde. Angesichts der vorstehenden Ausführungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Nichtübernahme der zusätzlichen Abfindungen durch die Gruppe CGMF im Fall einer Liquidation der SNCM dem Image der Holding und ihres letzten Aktionärs geschadet hätte.

(272)

Nach Ansicht der Kommission müssen die mit diesen Maßnahmen verbundenen Kosten daher bei der Berechnung der Kosten einer Liquidation einbezogen werden. Diese Kosten wären dann auf den Liquidationswert der SNCM, sofern dieser positiv gewesen wäre, angerechnet worden und/oder von der CGMF/vom Staat als Anteilseigner übernommen worden. Jede andere Lösung hätte nach Auffassung der Kommission die tatsächliche soziale Situation, mit der die großen Unternehmensgruppen heute konfrontiert sind, außer Acht gelassen (139).

(273)

Zur Ermittlung der Kosten einer Liquidation für den Aktionär hat die Kommission eine mittlere Hypothese gewählt, die nur den zusätzlichen Abfindungen entspricht.

(274)

Nach Ansicht der französischen Behörden ist auf der Grundlage des Sozialplans von 2005, der wiederum auf dem Sozialplan von 2002 beruht habe, eine Spanne von […] bis […] EUR je Beschäftigten, entsprechend einem Gesamtbetrag zwischen […] Mio. EUR und […] Mio. EUR, zu berücksichtigen. Die untere Marke dieser Spanne entspreche dabei dem Umstand, dass die Kosten des Referenzsozialplans aufgrund des sehr hohen Anteils der kurz vor dem Rentenalter stehenden Arbeitnehmer, die zu besonders vorteilhaften Bedingungen ausscheiden würden, angehoben worden seien. Berücksichtigt werde auch, dass der Kontext der Liquidation des Unternehmens und der Entlassung der gesamten Belegschaft mit einer Anpassung der Beschäftigtenzahl, die eine Fortführung der Geschäftstätigkeit ermögliche, wie dies im Referenzsozialplan der Fall sei, nicht vergleichbar sei.

(275)

Der Sachverständige der Kommission hat die von den französischen Behörden vorgelegten Zahlen und die Sozialpläne, die in der letzten Zeit in Frankreich umgesetzt wurden, vergleichend analysiert. Der Sozialplan von Hewlett Packard kostete im Jahr 2003 214 000 EUR pro Person und im Jahr 2005 zwischen 50 000 und 400 000 EUR. Der von Péchiney nach der Fusion mit Alcan im Jahr 2004 eingeführte Sozialplan kostete 128 000 EUR pro Person. Beim Sozialplan von Giat Industries aus dem Jahr 2004 beliefen sich die Gesamtkosten je Mitarbeiter auf rund 162 000 EUR, gegenüber 71 000 EUR bei Gemplus im Jahr 2002 und 69 000 EUR bei Danone (Danone Biscuits) im Jahr 2001. 2002 kündigte Yves Saint Laurent Haute Couture einen Sozialplan mit 115 000 EUR je Beschäftigten an. Der Plan Power 8, den Airbus France im Februar 2007 ankündigte, sah Kosten je Beschäftigten von 68 000 EUR vor (140). Der Sozialplan von Michelin aus dem Jahr 2008 belief sich auf 157 400 EUR je Mitarbeiter.

(276)

Da es sich um Hafenarbeiter handelt, teilt die Kommission mit, dass der französische Rechnungshof in seinem themenspezifischen Bericht von Juli 2006 „Les ports français face aux mutations du transport maritime: l’urgence de l’action“ die Gesamtkosten des Sozialplans 2004 pro Person mit 145 000 EUR je Abgang bei den Häfen ohne Selbstverwaltung und 209 000 EUR je Abgang beim Hafen von Marseille angibt.

(277)

Die Kommission erinnert daran, dass die Kosten zusätzlicher Abfindungen im Fall der Privatisierung eines Unternehmen in Schwierigkeiten in ihrer Entscheidung vom 17. Juli 2002 zur Société Française de Production anschaulich dargelegt werden. So kosteten die zusätzlichen Abfindungen den Staat 43,1 Mio. EUR (entsprechend 151 000 EUR je Beschäftigten, da der Sozialplan den Abbau von 285 Stellen vorsah), und dies zusätzlich zu den 5,3 Mio. EUR an gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen (somit insgesamt 169 000 EUR je Beschäftigten).

(278)

Angesichts dieser vergleichenden Analyse ist die Kommission der Auffassung, dass die Hypothese von […] EUR an zusätzlichen Abfindungen für jeden Beschäftigten den Kosten je freigesetzten Arbeitnehmer der Sozialpläne entspricht, die im gleichen Zeitraum von privatwirtschaftlichen Unternehmen umgesetzt wurden.

(279)

Schließlich ist die Kommission der Ansicht, dass die Hypothese der Entlassung der gesamten Belegschaft der SNCM im Rahmen einer Liquidation des Unternehmens die wahrscheinlichste Hypothese ist, vor allem, weil der Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für den Zeitraum 2007—2013 noch nicht ausgeschrieben und damit vergeben war. Angesichts der bedenklichen Finanzlage der SNCM ist zudem unwahrscheinlich, dass ein Plan zur Fortführung der Geschäftstätigkeit ausgearbeitet worden wäre, der zur gerichtlichen Sanierung des Unternehmens geführt und Entlassungen vermieden hätte.

(280)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen berücksichtigt die Kommission den Gesamtbetrag von […] Mio. EUR, den die CGMF (der Staat) für zusätzliche Abfindungen hätte aufwenden müssen.

(281)

Nun muss die Kommission den Liquidationswert der SNCM ohne die zusätzlichen Abfindungen bestimmen. Denn um zu prüfen, ob sich der Staat wie ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber verhalten hat, muss eben die Differenz zwischen diesem Liquidationswert, sofern er positiv ist, und den zusätzlichen Abfindungen mit dem negativen Kaufspreis verglichen werden. Dabei legt die Kommission die Berechnung des neubewerteten Reinvermögens zugrunde. Nach der Methode des neubewerteten Reinvermögens wird eine Kapitalunterdeckung festgestellt, wenn der wirtschaftliche Wert der tatsächlichen Vermögenswerte (der im Allgemeinen über dem Nettobuchwert liegt) nicht ausreicht, um den wirtschaftlichen Wert der tatsächlichen Verbindlichkeiten zu decken.

(282)

Um festzustellen, ob im vorliegenden Fall eine Unterdeckung vorliegt, hat die Kommission mit Hilfe ihres Sachverständigen (141), wie im Folgenden dargelegt, geprüft, ob der Wert der Aktiva der SNCM per 30. September 2005 ausreichte, um die bevorrechtigten und nicht bevorrechtigten Gläubiger (einschließlich der Beschäftigten im Sinne der klassischen Forderungen) zu befriedigen.

(283)

Nach Ansicht der Kommission wird zur Bewertung von Unternehmen im Seeverkehrssektor üblicherweise die Methode der Bewertung des Reinvermögens eingesetzt. Im Übrigen hält sie diese Methode angesichts der Situation der SNCM für besonders geeignet, da die einzige Alternative zur Veräußerung für den Referenzaktionär darin besteht, Konkurs anzumelden und das Unternehmen abzuwickeln.

(284)

Nach Ansicht der Kommission sind andere Bewertungsmethoden — insbesondere die Methode der freien operativen Cashflows — auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sie von der Weiterführung des Unternehmens ausgehen, was bei der SNCM nicht der Fall ist.

(285)

Die Kommission wählt als Stichtag für die Bewertung der SNCM den 30. September 2005, da es sich um den Zeitpunkt handelt, zu dem tatsächlich zwischen der Annahme des Übernahmeangebots und der Liquidation des Unternehmens entschieden wurde, während BCP am 27. September 2005 ausgewählt wurde.

(286)

Die Kommission stellt insbesondere fest, dass der Aktionär der SNCM in Zusammenarbeit mit dem Büro Ernst & Young eine Ermittlung der Liquidationskosten des Unternehmens (der genannte Bericht von CGMF) mit Stand vom 30. September 2005 vorgenommen hat, die von Oddo Corporate Finance und dem Büro Paul Hastings gegengeprüft wurde. Die Kommission erinnert daran, dass die Vermögenswerte der SNCM im Bericht von Oddo-Hastings mit […] Mio. EUR bewertet wurden.

(287)

Bezüglich der Bewertung der eigenen Flotte (142) wurde der Bruttomarktwert der Schiffe der SNCM vom Schiffsmakler BRS mit […] Mio. EUR per 30. September 2005 bewertet, während die Flotte der SNCM im Bericht Oddo mit […] Mio. EUR, nach Abschlag (143), Maklerprovision (144) und Rechtsprechungsrisiko (145) angesetzt wird.

Tabelle 4

Szenarien zur Bewertung der Aktiva der SNCM per 30. September 2005

(in Mio. EUR)

 

Wert der Aktiva

Bericht Oddo

Wert der Aktiva

Sachverständiger der Kommission

Immaterielle Vermögenswerte

Sachanlagen

 

 

Eigene Flotte

[…]

[…]

Immobilien (146)

[…]

[…]

Finanzanlagen (147)

[…]

[…]

Anlagevermögen

[…]

[…]

Vorräte

Vorschüsse und Anzahlungen

Kundenforderungen

[…]

[…]

Sonstige Forderungen (148)

[…]

[…]

Nettoliquidität

[…]

Abgrenzungskonten

Sonstige Aktiva

[…]

[…]

Summe der Aktiva

[…]

[…]

Quelle: Bericht Oddo-Hastings, Bericht des Sachverständigen der Kommission.

(288)

Angesichts der Tabelle oben stellt die Kommission fest, dass die Schiffsflotte bei der Bewertung der Aktiva den größten Posten darstellt. Der Sachverständige der Kommission kam nach einer vergleichenden Untersuchung, wenn dies möglich war, zu dem Ergebnis, dass der Abschlag auf den Bruttomarktwert der Schiffe und das Rechtsprechungsrisiko angemessen waren. Auf dieser Grundlage zog er den Schluss, dass keine Gründe vorliegen, um die Wertermittlung des französischen Staats für die Flotte zurückzuweisen.

(289)

Nach Ansicht der Kommission entsprechen die Abschläge von der Höhe der denen, die beim Verkauf von Schiffen im Fall der gerichtlichen Liquidation beobachtet wurden. Nach Angaben des Sachverständigen der Kommission hat beispielsweise die Régie des Transports Maritimes, ein belgisches Staatsunternehmen, das die Verbindung Ostende–Ramsgate betreibt, im Jahr 1997 zwei Fähren mit Abschlägen von schätzungsweise 35 % und 45 % verkauft. Vor kurzem hat Festival Cruises drei Kreuzfahrtschiffe mit einem Abschlag von durchschnittlich 20 % verkauft. Die in ähnlichen Fällen beobachteten Abschläge liegen somit in der Größenordnung der von den französischen Behörden im vorliegenden Fall angesetzten Abschläge.

(290)

Da auf dem Markt keine vergleichbare Transaktion stattgefunden hat, ist die Kommission hinsichtlich des Rechtsprechungsrisikos der Auffassung, dass die dafür sprechenden Argumente angesichts des begrenzten Marktes für Schiffe, die auf einen recht speziellen Betrieb ausgelegt sind, gerechtfertigt sind.

(291)

Im Übrigen stellt die Kommission fest, dass ihr unabhängiger Sachverständiger den Wert der Finanzanlagen, insbesondere den der Beteiligung an der CMN, nach oben korrigiert hat (um […] Mio. EUR auf […] Mio. EUR). Angesichts des Übernahmeangebots für diese Beteiligung in Höhe von […] Mio. EUR seitens Stef-TFE, das der Kommission im Rahmen dieses Prüfverfahrens übermittelt wurde, ist die Kommission der Ansicht, dass die Bewertung der Beteiligung der SNCM an der CMN von […] Mio. EUR vor dem Hintergrund der Liquidation des Unternehmens vernünftig und angemessen ist.

(292)

Zur Bewertung der übrigen Aktivposten hat der Sachverständige der Kommission keine besonderen Einwände geäußert. Den Posten „Nettoliquidität“ berücksichtigte er allerdings nicht, da der Betrag negativ war. Die Kommission ist der Ansicht, dass dieser Posten in die Passiva der SNCM eingestellt werden muss.

(293)

Unter Berücksichtigung der vorgenommenen Anpassungen bewertet die Kommission die Aktiva der SNCM mit Stand vom 30. September 2005 auf […] Mio. EUR.

(294)

Die Kommission stellt fest, dass die französischen Behörden die bevorrechtigten Forderungen mit […] Mio. EUR und die nicht bevorrechtigten Forderungen (ohne zusätzliche Abfindungen) mit […] Mio. EUR ansetzen.

(295)

Was die Sozialverbindlichkeiten anbelangt, so bewerten die französischen Behörden die Kosten des vertraglichen Sozialplans mit […] Mio. EUR. Die mit dem vertraglichen Sozialplan verbundenen Kosten wurden personenbezogen ermittelt; dabei wurden die Art des Vertrags (unbefristeter Vertrag (CDI) oder befristeter Vertrag (CDD)), die geltenden Satzungen und Tarifvereinbarungen (Schiffsbesatzung, Landpersonal und Verwaltungspersonal), die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Lohngruppe und der Lohn bzw. das Gehalt jedes einzelnen Arbeitnehmers berücksichtigt. Dieser Betrag umfasst die Entschädigungen für die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist ([…] Mio. EUR), die Entschädigungen für Urlaubsanspruch ([…] Mio. EUR), die vertraglichen Abfindungen ([…] Mio. EUR) und den Delalande-Beitrag ([…] Mio. EUR) (149).

(296)

Die Kosten des außervertraglichen Sozialplans werden von den französischen Behörden mit […] Mio. EUR angesetzt. Dieser Sozialplan umfasst alle flankierenden Maßnahmen in Verbindung mit den gesetzlichen Verpflichtungen der SNCM bei Entlassungen (150) und die indirekten Kosten des vertraglichen Sozialplans (151).

(297)

Die Kündigungskosten der wichtigsten Betriebsverträge betreffen im Wesentlichen die Inanspruchnahme der Bankbürgschaft in Höhe von […] Mio. EUR, die als Vertragserfüllungsgarantie für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der SNCM geleistet wurde, sowie die in diesem Vertrag vorgesehene Vertragsstrafe in Höhe von […] % der Referenzausgleichszahlung in Höhe von […] Mio. EUR für das Jahr 2005, somit rund […] Mio. EUR bei Ausfall des Konzessionsnehmers.

(298)

Was die Nettopassiva im Zusammenhang mit der Veräußerung der geleasten Schiffe (152) anbelange, so betonen die französischen Behörden, dass der Veräußerungsreinerlös vom Schiffsmakler BRS auf der Grundlage bestimmter Annahmen (153) mit […] Mio. EUR per 30. September 2005 nach Abzug des Abschlags, der Maklerprovision und der Überbrückungskosten angesetzt worden sei. Nach Steuerersparnis und Bankverbindlichkeiten in Höhe von […] Mio. EUR sind für die geleasten Schiffe noch Bankverbindlichkeiten in Höhe von […] Mio. EUR zu tilgen.

Tabelle 5

Szenarien zur Bewertung der Passiva der SNCM per 30. September 2005

(in Mio. EUR)

 

Wert der Passiva

Bericht Oddo

Wert der Passiva

Sachverständiger der Kommission

Bevorrechtigte Verbindlichkeiten, darunter:

 

 

Steuer- und Sozialverbindlichkeiten

[…]

[…]

Finanzverbindlichkeiten, die durch Aktiva abgesichert sind (154)

[…]

[…]

Kosten des vertraglichen Sozialplans

[…]

[…]

Krankenversicherungskosten der Rentenempfänger (155)

[…]

[…]

Kosten des Liquidationsverfahrens

[…]

[…]

Betriebliche Zwischenverluste (156)

[…]

[…]

Befriedigung der bevorrechtigten Gläubiger

[…]

[…]

Nicht bevorrechtigte Verbindlichkeiten (157)

[…]

[…]

Kosten des außervertraglichen Sozialplans

[…]

[…]

Kündigungskosten der wichtigsten Betriebsverträge

[…]

[…]

Zusatzkosten in Verbindung mit dem Verkauf der geleasten Schiffe

[…]

[…]

Befriedigung der nicht bevorrechtigten Gläubiger

[…]

[…]

Quelle: Bericht Oddo-Hastings, Bericht des Sachverständigen der Kommission.

(299)

Die Kommission stellt fest, dass die Sozialverbindlichkeiten den größten Posten der Passiva der SNCM darstellen. Was die bevorrechtigten Sozialverbindlichkeiten anbelangt, d. h. die Kosten des vertraglichen Sozialplans, so hat der Sachverständige der Kommission die Berechnungsformeln für alle Bestandteile des Plans stichprobenweise überprüft und weder Unregelmäßigkeiten noch Fehler festgestellt. Angesichts dieser Überprüfung hält die Kommission den Betrag von […] Mio. EUR, den die französischen Behörden für den vertraglichen Sozialplan angeben, für angemessen.

(300)

Bei den betrieblichen Zwischenverlusten ist die Kommission der Ansicht, dass die Schätzung angesichts von Artikel L.622-10 Code du Commerce und Artikel 119-2 des Dekrets Nr. 85-1388 vom 27. Dezember 1985 vorsichtig ist; danach könnte die SNCM vom zuständigen Handelsgericht verpflichtet werden, den Betrieb aufgrund ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen während eines Zeitraums von zwei Monaten, der auf Antrag des Staatsanwaltschaft verlängert werden könnte, weiterzuführen.

(301)

Zu den nicht bevorrechtigten Verbindlichkeiten hat der Sachverständige der Kommission keine besonderen Einwände geäußert. Er hat jedoch den Betrag von […] Mio. EUR aufgrund der Übertragung des Aktivpostens „Nettoliquidität“ um den Betrag von […] Mio. EUR korrigiert. Nach Ansicht der Kommission steht dies im Einklang mit den Änderungen bei der Bewertung der Aktiva der SNCM.

(302)

Beim außervertraglichen Sozialplan (ohne zusätzliche Abfindungen) müssten die Kosten der Rechtsstreitigkeiten nach Ansicht des Sachverständigen der Kommission auf […] Mio. EUR gesenkt werden; die französischen Behörden waren von […] Mio. EUR ausgegangen. Die Kommission ist zwar der Ansicht, dass die Gewerkschaftsverbände mit Sicherheit eine Umwandlung der befristeten Arbeitsverträge in unbefristete Arbeitsverträge fordern werden (158), meint jedoch, dass nur diejenigen Beschäftigten mit befristeten Verträgen eingerechnet werden dürfen, bei denen das Risiko fast sicher ist (d. h. […] befristete Arbeitsverträge). Ausgehend von einem Bruttomonatslohn von […] EUR ergibt sich bei einer Abfindung von 9 Monatsgehältern für die ersten […] befristeten Arbeitsverträge und von 6 Monatsgehältern für die folgenden […] ein Betrag von […] Mio. EUR.

(303)

Was die Nettopassiva im Zusammenhang mit der Veräußerung der geleasten Schiffe anbelangt, ist die Kommission der Auffassung, dass die der Berechnung zugrunde liegenden Annahmen vor allem aufgrund des vertraglichen Formalismus der GIE gerechtfertigt sind, der jede Einsetzung Dritter anstelle der SNCM beschränkt und die Steuervorteile vom Betrieb der Schiffe unter französischer Flagge abhängig macht. Gerechtfertigt ist im Übrigen auch, dass das Rechtsprechungsrisiko nur im Rahmen der betriebenen geleasten Schiffe gilt, da diese Schiffe von den Kredit gebenden Banken der GIE veräußert werden. Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Ansicht, dass es gerechtfertigt ist, vom 30. September 2005 bis zum Zeitpunkt des tatsächlichen Verkaufs des Schiffs Überbrückungskosten zu berücksichtigen.

(304)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen schätzt die Kommission, dass sich die bevorrechtigten Verbindlichkeiten der SNCM per 30. September 2005 auf […] Mio. EUR und die nicht bevorrechtigten Verbindlichkeiten auf […] Mio. EUR belaufen.

(305)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist die Kommission der Ansicht, dass der Wert der Aktiva der SNCM mit Stand vom 30. September 2005 in Höhe von […] Mio. EUR) nicht ausreichte, um die bevorrechtigten Gläubiger ([…] Mio. EUR) und die nicht bevorrechtigten Gläubiger ([…] Mio. EUR) zu befriedigen.

(306)

Vor einem solchen Hintergrund würden sich die Kosten einer Liquidation der SNCM durch die CGMF bei Nichtvorliegen einer Ausfalldeckungsklage (siehe unten) und unter Berücksichtigung von Randnummer 273 dieser Entscheidung und der Unterdeckung auf die Kosten der zusätzlichen Abfindungen beschränken, d. h. auf […] Mio. EUR.

(307)

Die Entscheidung der französischen Behörden, die SNCM zu einem negativen Preis von 158 Mio. EUR zu verkaufen, kann daher angesichts der Mindestliquidationskosten von […] Mio. EUR als eine Entscheidung angesehen werden, die auch von einer marktwirtschaftlich handelnden privaten Unternehmensgruppe getroffen worden wäre.

10.2.2.2   Zu den Folgen einer gerichtlichen Liquidation der SNCM

(308)

Die Kommission hat auch das Argument der französischen Behörden geprüft, dass der Staat als Mehrheitsaktionär im Fall der Liquidation des Unternehmens auf Ausgleich des Passivsaldos hätte verklagt werden können (siehe unten). Nach Ansicht der französischen Behörden müsse die Berechnung der Liquidationskosten für den Staat als Anteilseigner in diesem Fall das einzelstaatliche Recht berücksichtigen, wie die Kommission in ihrer Entscheidung zu ABX Logistics (159) anerkannt habe, und unter Berücksichtigung des spezifischen Charakters des Sektors (160) und der Umstände des vorliegenden Falls bewertet werden.

(309)

Im vorliegenden Fall nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass die französischen Behörden ihr am 28. März 2008 Nachweise dafür vorgelegt haben, dass der Aktionär der SNCM nach der für ihn kostengünstigsten Lösung gesucht hat und zu diesem Zweck von Anfang an zwei Wege gleichzeitig verfolgt hat, und zwar die Liquidation des Unternehmens und den Verkauf zu einem negativen Preis.

(310)

Aufgrund der genannten, der Kommission zugeleiteten Gutachten sind die französischen Behörden der Ansicht, dass sich die tatsächlichen Kosten, die die Französische Republik als Anteilseigner — über die CGMF — hätte tragen müssen, mit Stand vom 30. September 2005 auf […] bis […] Mio. EUR belaufen hätten. Diese Schätzung berücksichtige insbesondere das Risiko, das der französische Staat zum „Ausgleich des Passivsaldos“ herangezogen worden wäre, wenn ein Gericht ihn als faktischen Geschäftsführer der SNCM angesehen hätte, und das Risiko, dass der französische Staat dazu verurteilt worden wäre, zusätzliche Abfindungen an die entlassenen Arbeitnehmer zu zahlen. Diesen Risiken müsse bei der Ermittlung der tatsächlichen Kosten einer möglichen Liquidation der SNCM Rechnung getragen werden.

(311)

Es stellt sich daher das Problem, die tatsächlichen Gesamtkosten zu bewerten, die Frankreich als Aktionär im Fall einer gerichtlichen Liquidation der SNCM wahrscheinlich hätte tragen müssen, um feststellen zu können, ob ein privater Kapitalgeber es in Anbetracht der Möglichkeit, zur Tragung dieser Kosten verurteilt zu werden, und angesichts der Höhe dieser Kosten (161) vorgezogen hätte, sein Tochterunternehmen sofort zu einem negativen Preis von 158 Mio. EUR zu verkaufen statt dieses Risiko einzugehen.

a)   Zur möglichen Verurteilung des Staates zum Ausgleich des Passivsaldos

(312)

Nach französischem Recht hat der Konkursverwalter eines Unternehmens, das sich im Stand der gerichtlichen Liquidation befindet, die Möglichkeit, im Fall der Auflösung eines Rettungsplans oder im Fall der gerichtlichen Sanierung sowie im Fall der gerichtlicher Liquidation eine Haftungsklage gegen die ehemaligen Manager des Unternehmens, die so genannte Ausfalldeckungsklage, einzureichen (162).

(313)

Das Einreichen einer solchen Ausfalldeckungsklage gegen ehemalige Manager des in Konkurs gegangenen Unternehmens liegt darin begründet, dass das Vermögen des Unternehmens wieder aufgefüllt werden muss, was zu den Aufgaben des Konkursverwalters gehört.

(314)

So haben die französischen Behörden in mehreren Schreiben an die Kommission die Auffassung vertreten, dass die Hypothese einer Verurteilung des Staats zum Ausgleich des Passivsaldos des von ihm geführten Unternehmens durch ein nationales Gericht ein mehr als plausibles Szenario darstelle und bei der Berechnung der tatsächlichen Kosten einer etwaigen Liquidation der SNCM berücksichtigt werden müsse.

(315)

Mit ihren Schreiben vom 28. Februar 2008 übermittelte die SNCM einen Sachverständigenbericht, in dem die Rechtsfolgen einer Ausfalldeckungsklage gegen den französischen Staat eingeschätzt wurden. Diesem Bericht zufolge hätte ein mit diesem Fall befasstes Handelsgericht mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Haftbarkeit des Staates erkannt und diesen dazu verurteilt, die Sozialverbindlichkeiten der SNCM in voller Höhe zu übernehmen.

(316)

Im vorliegenden Fall vertritt die Kommission der Auffassung, dass eine Ausfalldeckungsklage gegen den französischen Staat im Fall einer gerichtlichen Liquidation der SNCM angesichts der festgestellten Kapitalunterdeckung der SNCM (siehe oben) und unter Berücksichtigung der möglichen Heranziehung des Konkursverwalters zur Haftung wegen Untätigkeit gemäß dem Gesetz von 1985 und des seit 2005 bestehenden Klagerechts für die Gläubiger sehr wahrscheinlich gewesen wäre (163).

(317)

Nach der einschlägigen Gesetzgebung können die Sozialverbindlichkeiten des in Liquidation befindlichen Unternehmens dessen ehemaligen rechtlichen oder faktischen Geschäftsführern angelastet werden, wenn vier Bedingungen erfüllt sind.

i)   Anerkennung des Staats als rechtlichen oder faktischen Geschäftsführer des Unternehmens, das sich im Stand der gerichtlichen Liquidation befindet  (164)

(318)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass der Sachverständige der SNCM eine eingehende Analyse vorgelegt hat, die zu dem Ergebnis kommt, dass der französische Staat sehr wahrscheinlich als faktischer Geschäftsführer der SNCM angesehen worden wäre. In diesem Sachverständigenbericht wurde im Wesentlichen bewiesen, dass der Staat nach der einschlägigen Rechtsprechung (165) über lange Zeit positive Geschäftsführungshandlungen begangen hat, die offenkundig nicht unter die per Gesetz eingeführte behördliche Aufsicht fielen. Dem Bericht des Sachverständigen der SNCM zufolge hat der Staat im Rahmen der von ihm selbst eingerichteten Kontrollbefugnis Entscheidungen getroffen und damit seine Kontrollbefugnis umgangen, um Entscheidungen für Rechnung des Unternehmens anstelle der Geschäftsführer zu treffen, die eigentlich befugt gewesen wären, diese Entscheidungen zu treffen. Zudem seien die Geschäftsführungsorgane der SNCM gegenüber dem Staat bei der Geschäftsführung des Unternehmens faktisch nicht unabhängig gewesen. Der Staat habe anstelle der Geschäftsführungsorgane allein strategische Entscheidungen getroffen, ohne die Geschäftsführer davon zu unterrichten.

(319)

Die Kommission stellt fest, dass die französischen Behörden in ihren Schreiben vom 28. März 2008 keine Vorbehalte hinsichtlich der Einstufung des französischen Staates als faktischen Geschäftsführer der SNCM geäußert haben. In ihrem Schreiben vom 20. November 2006 teilten die französischen Behörden selbst mit, dass das Gericht den Staat als Anteilseigner der SNCM mit Gewissheit als faktischen Geschäftsführer des Unternehmens ansehen würde. Allerdings genügt natürlich eine solche Erklärung im Rahmen eines Beihilfeverfahrens für sich genommen nicht, um hinreichend zu beweisen, dass ein Gericht die nationalen Behörden als faktische Geschäftsführer des Beihilfeempfängers betrachtet hätte, und vor allem nicht, um die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falls zu beweisen.

(320)

Angesichts des Schlusses, zu dem die Kommission in Abschnitt 10.2.2.1 gelangt ist, braucht sich die Kommission unter diesen Umständen nicht weiter zur Würdigung der Punkte zu äußern, die von den französischen Behörden angeführt werden.

ii)   Vorliegen eines oder mehrerer Geschäftsführungsfehler dies französischen Staates als dem faktischen Geschäftsführer des liquidierten Unternehmens

(321)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass im Bericht des Sachverständigen der SNCM auf der Grundlage einer unvollständigen Liste mit Tatsachen anhand einer Reihe von Sachverhalten aufgezeigt wird, dass der Staat als faktischer Geschäftsführer der SNCM Geschäftsführungsfehler begangen hat.

(322)

Im Besonderen habe der französische Staat Fehler bei Investitionen begangen […]. Darüber hinaus habe der Staat auch mehrere Geschäftsführungsfehler im Bereich […] begangen.

(323)

Hierzu […] (166). In ihrem Schreiben vom 30. April 2007 haben die französischen Behörden das Risiko einer Verurteilung des Staates zur Haftung angesichts der Kriterien […] für die Qualifizierung als Geschäftsführungsfehler nach Artikel L.651-2 Code de Commerce als sehr hoch eingestuft. Allerdings genügt natürlich eine solche Erklärung im Rahmen eines Beihilfeverfahrens für sich genommen nicht, um hinreichend zu beweisen, dass ein Gericht entschieden hätte, dass die nationalen Behörden Geschäftsführungsfehler begangen haben, und vor allem nicht, um die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falls zu beweisen.

iii)   Feststellung einer Kapitalunterdeckung

(324)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass die französischen Behörden in ihrem Schreiben vom 16. November 2006 eine Bewertung der Unterdeckung der SNCM auf der Grundlage der genannten Sachverständigenberichte von CGMF und Oddo-Hastings vorgelegt haben. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass sich das Gutachten der SNCM zur Ausfalldeckungsklage, das der Kommission im Februar 2008 übermittelt wurde, bei der Feststellung des Vorliegens einer Unterdeckung im Fall der gerichtlichen Liquidation des Unternehmens ebenfalls auf diese Berichte stützt. Im Bericht von Oddo-Hastings wird eine Unterdeckung in Höhe von […] Mio. EUR mit Stand vom 30. September 2005 festgestellt; diese berechnet sich als Differenz zwischen dem Wert der Aktiva der SNCM ([…] Mio. EUR) und dem Wert der Passiva (bevorrechtige und nicht bevorrechtigte Verbindlichkeiten in Höhe von […] Mio. EUR bzw. […] Mio. EUR).

(325)

Die Kommission stellt fest, dass nach französischem Recht eine Kapitalunterdeckung gegeben ist, wenn der Konkursverwalter des Unternehmens nicht über ausreichende Vermögenswerte verfügt, um die Gläubiger — ob Vorzugsgläubiger oder nicht — befriedigen zu können. Dabei bestehen die Sozialverbindlichkeiten des Unternehmens mindestens in den klassischen Lohnforderungen, die direkt durch den Arbeitsvertrag, den Tarifvertrag oder das Gesetz begründet sind und vom Konkursverwalter automatisch zu den Passiva des Unternehmens gebucht werden (167).

(326)

Die Kommission hat die Unterdeckung der SNCM bereits auf […] Mio. EUR mit Stand vom 30. September 2005 geschätzt.

iv)   Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen den Geschäftsführungsfehlern und der festgestellten Unterdeckung

(327)

Nach Angaben der französischen Behörden braucht nach französischem Recht der Kläger bei einer Ausfalldeckungsklage den Betrag, um den sich die Passiva durch das Missmanagement des Geschäftsführers vermindert hat, nicht zu bestimmen. Auf der Grundlage von Artikel L. 624-3 Code de Commerce kann der Geschäftsführer einer juristischen Person auch dann für haftbar erklärt werden, wenn der Geschäftsführungsfehler, den er begangen hat, nur eine der Ursachen für die Kapitalunterdeckung ist, und auch dann zur Tragung der gesamten oder eines Teils der sozialen Verbindlichkeiten verurteilt werden, wenn nur ein Teil davon durch seinen Fehler verursacht wurde (168).

(328)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass der Sachverständige der SNCM den Zusammenhang zwischen den Geschäftsführungsfehlern und der festgestellten Unterdeckung als offenkundig ansieht. Nach den Schätzungen dieses Sachverständigen beläuft sich der finanzielle Schaden, der sich aus der unter Randnummer 322 dieser Entscheidung genannten unvollständigen Liste der Geschäftsführungsfehler des Staates ergibt, auf […] Mio. EUR (169).

(329)

Die französischen Behörden […] (170).

(330)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass die französischen Behörden in ihren Schreiben vom 16. November 2006, 27. April 2007 und 28. März 2008 […] (171). Die französischen Behörden […] (172). In ihrem Schreiben vom 16. November 2005 haben die französischen Behörden selbst eingeräumt, dass es „offensichtlich ist, dass der Staat als Anteilseigner, den das Gericht mit Sicherheit als faktischen Geschäftsführer der SNCM, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrachten würde, wahrscheinlich auf der Grundlage von Artikel L.651-2 Code de Commerce verurteilt würde, die Unterdeckung der SNCM in voller Höhe zu tragen.“

(331)

Angesichts des Schlusses, zu dem die Kommission in Abschnitt 10.2.2.1 gelangt ist, braucht sich die Kommission unter diesen Umständen nicht weiter zur Würdigung der Punkte zu äußern, die von den französischen Behörden angeführt werden.

b)   Zur Schätzung der Gesamtkosten der gerichtlichen Liquidation der SNCM

(332)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen braucht die Kommission nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer Inhaftungnahme des Aktionärs nicht zu ermitteln.

(333)

Hierzu stellt die Kommission fest, dass der rechtliche und faktische Geschäftsführer des Unternehmens in Liquidation nach Artikel L.624-3 Code du Commerce unter solchen Umständen verurteilt wird, die festgestellte Unterdeckung in voller Höhe oder teilweise zu übernehmen.

(334)

Die Kommission stellt fest, dass dieser Artikel den Richtern bei der Beurteilung, ob der Geschäftsführer zur Tragung der gesamten oder eines Teils der Gesellschaftsschulden zu verurteilen ist, einen breiten Ermessensspielraum an die Hand gibt. Die einschlägige Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichtshöfe und Gerichte das Verhalten des Geschäftsführers sorgfältig abwägen und dass sich das Strafmaß nach den erwiesenen Tatsachen richtet.

(335)

Die französischen Behörden sind — wie bereits angegeben — der Auffassung, dass der französische Staat einen Anteil von schätzungsweise […] bis […] % der festgestellten Unterdeckung, d. h. zwischen […] Mio. EUR und […] Mio. EUR, hätte tragen müssen.

(336)

Die Kommission betont, dass die Kammer für Handelssachen der Cour de Cassation in einem ähnlich gelagerten Fall wie dem der SNCM, der das Unternehmen Les Mines de Salsignes, eine Enkelgesellschaft der BRGM (einer öffentlichen Einrichtung mit gewerblichen Interessen) (173) betraf, die BRGM und ihre Tochterunternehmen gesamtschuldnerisch mit den übrigen Geschäftsführern der Gesellschaft Les Mines de Salsignes zur Zahlung der Unterdeckung in voller Höhe verurteilt hat (174). Der Anteil der Gesellschaftsschulden, der dem Unternehmen Coframines und BRGM und damit letzten Endes dem Staat auferlegt wurde, betrug 73,6 %. In dieser Entscheidung stellte die Cour de Cassation fest, dass der Verwaltungsrat in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den beiden betrachteten Unternehmen gestanden hat.

(337)

Nach Ansicht der Kommission haben die französischen Behörden jedoch nach den Vorschriften für staatliche Beihilfen nicht nachgewiesen, inwieweit die für das Unternehmen nachteiligen Geschäftsführungsfehler des Staates Fehler sind, die jeder andere marktwirtschaftlich handelnde private Aktionär auch hätte begehen können. Dabei ist zu betonen, dass nur solche — ordnungsgemäß bewiesene — Fehler berücksichtigt werden können, um zu bestimmen, ob ein umsichtiger privater Unternehmer es in Anbetracht des Risikos, zur Tragung dieser Kosten verurteilt zu werden, und angesichts der Höhe dieser Kosten (aktualisierter Nettowert des Risikos einer zukünftigen Verurteilung) vorgezogen hätte, sofort einen negativen Preis von 158 Mio. EUR zu bezahlen statt dieses Risiko einzugehen. Denn es ist nicht anzunehmen, dass ein privater Kapitalgeber aus nicht unternehmerischen, sondern allgemeinen Betrachtungen heraus (beispielsweise zu sozialen Zwecken oder zur regionalen Entwicklung) Fehler begeht.

(338)

Die Kommission bestreitet keineswegs, dass in gewissen Ausnahmefällen in manchen einzelstaatlichen Rechtsordnungen die Möglichkeit für Dritte vorgesehen ist, gegen die Aktionäre einer liquidierten Gesellschaft vorzugehen, insbesondere wenn diese Aktionäre als rechtliche oder faktische Geschäftsführer angesehen werden können, die für das Unternehmen nachteilige Managementfehler begangen haben. Auch wenn eine solche Möglichkeit im französischen Recht gegeben ist, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die französischen Behörden im vorliegenden Fall die Bedenken der Kommission zum Argument bezüglich des Risikos, dass der französische Staat bei einer Liquidation der SNCM zum Ausgleich von deren Passivsaldo verurteilt worden wäre, nicht hinreichend ausgeräumt haben. Angesichts der Schlussfolgerung, zu der die Kommission in Abschnitt 10.2.2.1 gelangt ist, ist es allerdings nicht erforderlich, in dieser Entscheidung zu einem Ergebnis zu diesem Punkt zu gelangen.

(339)

Den französischen Behörden zufolge hätte ein Gericht den französischen Staat angesichts der einschlägigen Rechtsprechung (175) mit Sicherheit verurteilt, nicht nur die Kapitalunterdeckung, sondern auch die zusätzlichen Abfindungen (d. h. […] bis […] Mio. EUR) zu übernehmen. Die tatsächlichen Kosten, die die Französische Republik als Aktionär hätte tragen müssen, würden sich den französischen Behörden zufolge auf […] bis […] Mio. EUR belaufen.

(340)

Die französischen Behörden teilen mit, dass französische Gerichte den rechtlichen oder faktischen Geschäftsführer vor nicht allzu langer Zeit dazu verurteilt hätten, zusätzlich zur Kapitalunterdeckung zusätzliche Abfindungen zu übernehmen, die anhand eines Sozialplans berechnet worden seien, den das Unternehmen vor seiner Liquidation aufgestellt habe.

(341)

Die französischen Behörden führen insbesondere an, dass in der Rechtssache Aspocomp das französische Unternehmen Aspocomp SAS, eine 99 %ige Tochter des finnischen Unternehmens Aspocomp Group Oyj, am 18. Januar 2002 eine Betriebsvereinbarung unterzeichnet hatte, in der die Abfindungsbedingungen eines Sozialplans für 210 der insgesamt 550 Beschäftigten festgelegt wurden. Diese Vereinbarung legte insbesondere die Höhe der Abfindungen und die Hilfen für das freiwillige Ausscheiden fest. Nach einer Änderung der Konzernstrategie beschloss die Muttergesellschaft Aspocomp Group Oyj allerdings am 21. Februar 2002, ihre Tochtergesellschaft Aspocomp SAS nicht mehr zu finanzieren, was dazu führte, dass diese Konkurs anmelden musste. Diese Entscheidung hinderte die Tochtergesellschaft faktisch daran, die Zusagen des Betriebsvereinbarung zu erfüllen, und führte zur Entlassung aller anderen Beschäftigten.

(342)

Mit dem Urteil der Cour d’Appel de Rouen wurde das Urteil des Arbeitsgerichts von Evreux bestätigt und das Unternehmen Aspocomp Group Oyj, das die Geschäfte ihres Tochterunternehmens zu 99 % kontrollierte, zu folgenden Zahlungen verurteilt: i) Zahlung der in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Abfindungen in voller Höhe sowie Zahlung von Schadenersatz wegen Entlassung ohne tatsächlichen und schwerwiegenden Grund an die unter die Betriebsvereinbarung fallenden Beschäftigten, ii) Zahlung von gleichwertigen Entschädigungen an die im Rahmen des Konkurses von Aspocomp freigesetzten Beschäftigten, wobei das Gericht die Tatsache, dass die Muttergesellschaft ihre Zusagen nicht erfüllt hatte, als illoyales Verhalten und tadelnswerte Leichtfertigkeit ansah.

(343)

Die Kommission stellt fest, dass im vorliegenden Fall aus den Akten hervorgeht, dass ein ausgehandelter, auf dem Sozialplan von 2002 beruhender und im Frühjahr 2005 eingeführter Sozialplan am 25. April 2005 vom Aktionär der SNCM ohne Absprache mit der Geschäftsleitung des Unternehmens ausgesetzt wurde. Weiterhin stellt sie fest, dass dieser Sozialplan vor der Entscheidung des Staates, die SNCM zu verkaufen, ausgearbeitet wurde.

(344)

Nach Ansicht der Kommission hätten die Beschäftigten des Unternehmens im Fall der Liquidation der SNCM die Maßnahmen dieses Sozialplans mit Sicherheit gerichtlich durchgesetzt.

(345)

Um ein solches Vorgehen in einem Fall wie dem vorliegenden als erheblich ansehen zu können, müsste die Kommission i) bewerten, ob ein Richter den Mitgliedstaat verurteilt hätte, weil er ohne Absprache mit der Geschäftsleitung des Unternehmens den betreffenden Sozialplan ausgesetzt hat, ii) den Betrag schätzen, den der Mitgliedstaat in diesem Fall aufgrund des Urteils hätte zahlen müssen, und iii) die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines solchen Falls bewerten (176).

(346)

Die Kommission stellt fest, dass ein Urteil der Kammer für Handelssachen der Cour de Cassation, in dem das Gericht angibt, dass sie bereit sei, einer Haftungsklage gegen ein beherrschendes Unternehmen stattzugeben, dessen fehlerhaftes Verhalten zum Konkurs des Tochterunternehmens und infolgedessen zu Massenentlassungen geführt hat (177), in die gleiche Richtung wie das Urteil Aspocomp geht.

(347)

Hierzu stellt die Kommission jedoch fest, dass der im Urteil der Cour d’Appel de Rouen aufgestellte Grundsatz bislang nicht durch andere gleichartige Urteile bestätigt wurde. Daher vertritt die Kommission die Auffassung, dass die französischen Behörden die Bedenken der Kommission, ob der Aktionär der SNCM auf der Grundlage dieses Urteils mit hinreichender Gewissheit dem Risiko der Inhaftungnahme und der Zahlung zusätzlicher Abfindungen ausgesetzt gewesen wäre, nicht hinreichend ausgeräumt hat. Angesichts der Schlussfolgerung, zu der die Kommission in Abschnitt 10.2.2.1 gelangt ist, ist es allerdings nicht erforderlich, in dieser Entscheidung zu einem Ergebnis zu diesem Punkt zu gelangen.

10.2.2.3   Schlussfolgerung

(348)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist die Kommission der Ansicht, dass die Entscheidung, die SNCM zu einem negativen Preis von 158 Mio. EUR zu verkaufen, eine Entscheidung ist, die angesichts der sozialen Kosten einer Liquidation des Unternehmens auch ein marktwirtschaftlich handelndes privates Unternehmen getroffen hätte.

(349)

Bei ihrer Analyse legte die Kommission nur Annahmen zugrunde, die ihr angemessen und hinreichend begründet erschienen. Nach diesen Schätzungen würde die Differenz zwischen dem von den französischen Behörden gewählten Szenario und der alternativen Lösung mindestens […] Mio. EUR betragen; etwaige Fehler bei den nach der Analyse berücksichtigten Schätzungen dürften dadurch mehr als abgedeckt sein.

(350)

Zudem ist die Kommission der Ansicht, dass der negative Preis von 158 Mio. EUR das Ergebnis kaufmännischer Verhandlungen zwischen dem Staat und den privaten Übernehmern nach einem offenen, transparenten, nicht diskriminierenden und bedingungslosen Auswahlverfahren ist. Nach Ansicht der Kommission ist dieser Preis, der so wenig negativ wie möglich ist, ein Marktpreis.

(351)

Ungeachtet der unter Randnummer 284 dieser Entscheidung aufgezeigten Grenzen teilt die Kommission mit, dass der Sachverständige der Kommission Szenarien zur Bewertung der SNCM auf der Grundlage der Methode der aktualisierten operativen freien Cashflows geprüft hat, die einem Bericht der Bank HSBC, der von den französischen Behörden in Auftrag gegeben wurde, entnommen wurden. Der Sachverständige der Kommission hält die Berechnungen der HSBC für korrekt. Die Ergebnisse dieser Simulationen lassen den Schluss zu, dass der Preis, der für die SNCM bezahlt wurde, dem Wert des Unternehmens entspricht, der nach der Methode der operativen freuen Cashflows, aktualisiert auf den Zeitpunkt der Transaktion, geschätzt wurde.

(352)

Aus Abschnitt 10.2.2.1 ergibt sich, ohne abschließend über die in Abschnitt 10.2.2.2 dargelegten Sachverhalten entscheiden zu müssen, dass diese Maßnahme weder der SNCM noch den privaten Übernehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft. Die Kapitalzuführung des Staates von 158 Mio. EUR vor der Veräußerung des Unternehmens an die privaten Übernehmer, d. h. der negative Kaufpreis von 158 Mio. EUR, stellt daher keine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

10.3   Die Kapitalzuführung der CGMF in Höhe von 8,75 Mio. EUR

10.3.1   Rechtlicher Bezugsrahmen

(353)

Wenn die fragliche Intervention der öffentlichen Hand gleichzeitig mit einem wesentlichen Engagement privatwirtschaftlicher Marktteilnehmer erfolgt ist, kann das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils a priori ausgeschlossen werden (178).

(354)

Die Entscheidungspraxis der Kommission, die vom Gemeinschaftsgericht bestätigt wurde, schließt den Beihilfecharakter einer Kapitalzuführung des Staates unter solchen Umständen a priori aus, sofern die folgenden drei Bedingungen erfüllt sind:

Das private Engagement muss von Wirtschaftsteilnehmern kommen. Dies ist bei einer Beteiligung der Beschäftigten am Kapital des betreffenden Unternehmens nicht der Fall (179);

es muss sich um ein wesentliches Engagement handeln. Dies ist beispielsweise bei einem privaten Engagement von nur 3,3 % des Betrags, um den es geht, nicht der Fall (180);

das private Engagement muss gleichzeitig mit der Intervention der öffentlichen Hand erfolgen. So hat der Gerichtshof eine Analyse der Kommission bestätigt, der zufolge staatliche Mittel eine staatliche Beihilfe darstellen können, wenn die privaten Investitionen in dasselbe Unternehmen erst nach der Gewährung der staatlichen Mittel getätigt werden (181). Die Kommission akzeptiert jedoch, in bestimmten Fällen ein privates Engagement zu berücksichtigen, das kurze Zeit nach einer staatlichen Intervention erfolgt, insbesondere wenn der private Kapitalgeber zum Zeitpunkt der staatlichen Intervention bereits eine Absichtserklärung unterzeichnet hat (182).

10.3.2   Anwendung auf den vorliegenden Fall

(355)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass die Aktien der SNCM an Wirtschaftsteilnehmer veräußert wurden, nämlich BCP und VT. Nach dem Veräußerungsgeschäft sollte der Staat gleichzeitig einen Betrag von 8,75 Mio. EUR in das Unternehmen einbringen, so dass seine Beteiligung an SNCM gemäß den Verpflichtungserklärungen, insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern, weiterhin 25 % beträgt.

(356)

Die Einlage des französischen Staates in Höhe von 8,75 Mio. EUR ist der Einlage der privaten Übernehmer von 26,25 Mio. EUR gegenüberzustellen. Diese Aufteilung beruht auf der — oben ausgeführten — Verpflichtungserklärung der französischen Behörden, eine Beteiligung von 25 % am betroffenen Unternehmen zu behalten. Da das private Engagement 75 % des Gesamtbetrags ausmacht, ist es nach Ansicht der Kommission wesentlich. Zudem betont die Kommission, dass die privaten Partner eine solide Finanzstruktur besitzen, dass die Übernahme der SNCM im Einklang mit ihrer unternehmerischen Strategie steht und dass der Geschäftsplan der Übernehmer eine Wiederherstellung der Rentabilität bis Ende 2009 vorsieht.

(357)

Was die Gleichzeitigkeit der beiden Kapitalzuführungen anbelangt, so hat der Sachverständige der Kommission nachgeprüft, dass das Kapitel von allen Aktionären der SNCM, einschließlich der CGMF, eingezahlt wurde.

(358)

Es wurde überprüft, dass der Verwaltungsrat der SNCM am 31. Mai 2006 festgestellt hat, dass alle genannten Transaktionen durchgeführt worden sind. Die gemeinsame und gleichzeitige Kapitalerhöhung durch alle Aktionäre in Höhe von 35 Mio. EUR fand am 31. Mai 2006 statt. Sie lief in zwei gleichzeitigen Schritten ab: i) Eine erste Kapitalerhöhung um […] Aktien wurde von den Übernehmern vollständig in bar und zum Nennwert gezeichnet ([…] EUR), und ii) eine zweite Kapitalerhöhung um […] Aktien (zu einem Viertel eingezahlt) wurde zum Teil von den Übernehmern ([…] Aktien, entsprechend einem Betrag von 26,25 Mio. EUR) und zum Teil vom französischen Staat über die CGMF ([…] Aktien, entsprechend einem Betrag von 8,75 Mio. EUR) zu den gleichen Konditionen, d. h. Zeichnung in bar zu einem Nennwert von […] EUR, gezeichnet.

(359)

Die staatlichen und privaten Kapitalzuführungen erfolgten daher genau gleichzeitig.

(360)

Daher vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Kriterien, die in der Rechtsprechung aufgestellt werden, um den Beihilfecharakter der fraglichen Maßnahme von Vornherein auszuschließen, erfüllt sind. Die Kommission ist daher der Ansicht, dass der SNCM durch die Kapitalzuführung des französischen Staates in Höhe von 8,75 Mio. EUR kein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird, da diese Zuführung parallel zu einer Zuführung von privatem Kapital unter vergleichbaren Bedingungen im Sinne der Gemeinschaftsrechtsprechung erfolgt ist.

(361)

Die Kommission ist in jedem Fall der Ansicht, dass der Zinssatz für die Einlage des Staates von […] % jährlich für einen privaten Kapitalgeber eine angemessene langfristige Kapitalrendite darstellt.

(362)

Hierzu stellt die Kommission fest, dass für den Staat aufgrund des festen Ertrags seiner Investition in die SNCM jegliches Risiko der Erfüllung des Geschäftsplans entfällt, da dieser Ertrag von der Performance des Unternehmens (gleich ob steigend oder fallend) völlig abgekoppelt ist. Mit der Erteilung des Zuschlags für den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst an die SNCM kann der Staat den erwarteten Ertrag seiner Beteiligung nicht erhöhen.

(363)

Der Sachverständige der Kommission folgerte daraus, dass die Kapitalzuführung des französischen Staates unter Risikoaspekten eher mit einer festverzinslichen Schuldverschreibung als mit einer Aktienanlage vergleichbar sei. Der Zinssatz von […] % ist demnach mit dem Zinssatz privater Schuldverschreibungen zum Zeitpunkt des Vorgangs zu vergleichen. Dem Sachverständigen der Kommission zufolge lag dieser Zinssatz Ende Mai 2006 bei 4,15 %.

(364)

Schließlich kann das Bestehen der Auflösungsklausel für die Veräußerung der SNCM den Grundsatz der Gleichbehandlung der Investoren nach Ansicht der Kommission nicht infrage stellen. Diese Klausel bezieht sich auf den Gesamtverkauf der SNCM an private Übernehmer und nicht auf die gleichzeitige Investition (35 Mio. EUR) durch private Übernehmer (26,25 Mio. EUR) und den Staat (8,75 Mio. EUR) in die privatisierte SNCM.

(365)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen stellt die Kommission fest, dass die fragliche Maßnahme keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag ist.

10.4   Personenbezogene Beihilfen (38,5 Mio. EUR)

10.4.1   Rechtlicher Bezugsrahmen

(366)

Um beurteilen zu können, ob eine Maßnahme einem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt, „ist […] zu bestimmen, ob das begünstigte Unternehmen eine wirtschaftliche Vergünstigung erhält, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte“ (183), oder ob sie „von Kosten entlasteten, die das Unternehmen normalerweise aus seinen Eigenmitteln hätte bestreiten müssen; dadurch wurden die normalen Marktkräfte daran gehindert, ihre normalen Wirkungen zu zeitigen“ (184).

(367)

Nach der ständigen Rechtsprechung werden unter normalen Kosten die gewöhnlichen Kosten der unternehmerischen Tätigkeit verstanden (185). Der Gerichtshof führte weiter aus, dass die Senkung von Soziallasten eine staatliche Beihilfe darstellt, wenn sie „eine Maßnahme darstellt, welche die Unternehmen eines bestimmten Industriezweiges teilweise von den finanziellen Lasten freistellen soll, die sich aus der normalen Anwendung des allgemeinen Sozialversicherungssystems ergeben, ohne dass diese Befreiung durch die Natur oder den inneren Aufbau dieses Systems gerechtfertigt ist“ (186). Mit diesem Urteil machte der Gerichtshof deutlich, dass das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils in Bezug auf das allgemeine Sozialversicherungssystem nachgewiesen werden muss und dass dabei ähnlich wie in Steuersachen zu argumentieren ist.

(368)

Am 20. September 2001 hat der Gerichtshof diesen Ansatz bestätigt: „eine Beihilfe [besteht] in einer Verringerung der Belastungen, die normalerweise den Etat der Unternehmen in Anbetracht der Natur oder des Aufbaus der fraglichen Lastenregelung treffen, während eine Sonderlast eine zusätzliche, über diese normalen Belastungen hinausgehende Last ist“ (187).

(369)

Um bestimmen zu können, was einen Vorteil im Sinne der Rechtsprechung zum Begriff der staatlichen Beihilfe darstellt, muss daher unbedingt die Bezugsvorschrift oder das allgemein geltende System im Rahmen einer gegebenen rechtlichen Regelung bestimmt werden, nach dem dieser Vorteil verglichen wird (188). Hierzu hat der Gerichtshof im Übrigen entschieden, dass der Bestimmung des Bezugsrahmens im Fall von steuerlichen Maßnahmen eine besondere Bedeutung zukommt, da das tatsächliche Vorliegen einer Vergünstigung nur in Bezug auf eine so genannte „normale“ Besteuerung festgestellt werden kann, d. h. den Satz, der in dem geografischen Gebiet gilt, das den Bezugsrahmen bildet (189).

(370)

Nach der ständigen Rechtsprechung gilt im Übrigen: „Für die Anwendung des Artikels 92 EG-Vertrag kommt es nicht darauf an, ob sich die Situation des durch die Maßnahme angeblich Begünstigten im Vergleich zur vorherigen Rechtslage verbessert oder verschlechtert hat oder ob sie im Gegenteil unverändert geblieben ist […]. Es ist lediglich festzustellen, ob eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, ‚bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige‘ im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen“ (190).

10.4.2   Anwendung auf den vorliegenden Fall

(371)

Aus der Rechtsprechung und der Entscheidungspraxis (191) der Kommission ergibt sich, dass die Kommission, um den Beihilfecharakter der fraglichen Maßnahme auszuschließen, prüfen muss, ob die Maßnahme die SNCM von Kosten entlastet, die unter ihre laufende Geschäftsführung fallen, d. h. in diesem Fall von Kosten, die auf der normalen Anwendung der Sozialgesetzgebung für den Sektor im Rahmen der Kündigung von Arbeitsverträgen beruhen.

(372)

Hierzu stellt die Kommission fest, dass das Treuhandkonto gemäß der Vereinbarung zwischen den Parteien nur zur Finanzierung der Ausgleichszahlungen an Personen verwendet werden kann, deren Arbeitsverhältnis mit der SNCM zuvor gekündigt wurde. Mit diesen Maßnahmen wird daher kein Abbau von Personal, das ohne diese Maßnahmen weiter zulasten der SNCM gegangen wäre, bezweckt oder bewirkt.

(373)

Die Kommission merkt auch an, dass diese Ausgleichszahlungen an Arbeitnehmer, die nach dem Verkauf der SNCM entlassen wurden, vom Staat und nicht vom Unternehmen gewährt wurden.

(374)

Zudem stellt die Kommission fest, dass diese zusätzlichen Sozialmaßnahmen über die in der Sozialgesetzgebung und den geltenden Tarifverträgen vorgesehenen Abfindungen hinausgehen. Die Kosten, die sich aus deren Anwendung ergeben, gehen somit weiterhin in voller Höhe zulasten der SNCM.

(375)

Schließlich bemerkt die Kommission, dass diese zusätzlichen Sozialmaßnahmen im Fall eines von den Übernehmern nach dem Verkauf der SNCM durchgeführten Personalabbaus durchgeführt werden. Mit anderen Worten entsprechen diese Ausgleichszahlungen nicht der Umsetzung der Personalabbaupläne, die im Zusammenhang mit dem Umstrukturierungsplan von 2002 vorgesehen waren.

(376)

Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass sich die Kosten der zusätzlichen sozialen Sozialmaßnahmen weder mit den Kosten der Sozialpläne vor der Veräußerung, die vom Staat übernommen wurden, noch mit den geschätzten Sozialkosten im Rahmen einer gerichtlichen Liquidation der SNCM decken.

(377)

Die zusätzlichen Maßnahmen stellen demnach keine Kosten dar, die auf der normalen Anwendung der Sozialgesetzgebung im Rahmen der Kündigung von Arbeitsverträgen beruhen.

(378)

Ergänzend stellt die Kommission fest, dass selbst dann, wenn man den Betrag von 38,5 Mio. EUR zur Kapitalzuführung des Staates in Höhe von 142,5 Mio. EUR hinzurechnet, der angepasste negative Verkaufspreis von 196,50 Mio. EUR weit unter den Liquidationskosten der SNCM liegt (siehe Ziffer 3 dieser Entscheidung).

(379)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen und gemäß ihrer Entscheidungspraxis (192) vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Durchführung zusätzlicher Sozialmaßnahmen zugunsten der entlassenen Arbeitnehmer aus öffentlichen Mitteln, ohne den Arbeitgeber von seinen normalen Kosten zu entlasten, unter die Sozialpolitik der Mitgliedstaaten fällt und keine direkte Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt. Nach Ansicht der Kommission stellen diese Maßnahmen auch keine indirekte Beihilfe dar, da sie den Arbeitnehmern nur bei ihrer Entlassung zugute kommen.

10.5   Der Restbetrag von 22,52 Mio. EUR, der als Umstrukturierungsbeihilfe angemeldet wurde

(380)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen und gemäß Randnummer 258 dieser Entscheidung beläuft sich der zu würdigende Betrag der Subvention ohne die Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auf 22,52 Mio. EUR (193); er stellt einen Teil der von den französischen Behörden in 2002 angemeldeten Finanzspritze dar.

(381)

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass dieser Betrag der SNCM einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil gewährt und dass diese Subvention daher eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt.

10.5.1   Vereinbarkeit der Maßnahme mit den Leitlinien der Gemeinschaft für Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung

(382)

Die fragliche Maßnahme wurde von den französischen Behörden 2002 im Rahmen der Leitlinien der Gemeinschaft über Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von 1999 (194) angemeldet.

(383)

Auf diese wird in den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr (195) hinsichtlich der Beurteilung von Umstrukturierungsbeihilfen für Seeverkehrsunternehmen verwiesen. Nach Ziffer 19 dieser Leitlinien „bildet Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c die einzige Rechtsgrundlage für die Vereinbarkeit von Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten“.

(384)

Im Hinblick auf die Vereinbarkeit einer staatlichen Umstrukturierungsbeihilfe mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag besagt die Rechtsprechung, dass in der Entscheidung der Kommission begründet werden muss, warum die Beihilfen ihres Erachtens mit den Leitlinien in Einklang stehen; diese Gründe sind im Wesentlichen das Vorliegen eines Umstrukturierungsplans, ein zufrieden stellender Nachweis für die langfristige Lebensfähigkeit und ein angemessenes Verhältnis zwischen den Beihilfen und dem Beitrag ihres Empfängers.

(385)

Um für Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen als in Schwierigkeiten befindlich im Sinne der Leitlinien betrachtet werden können (196).

(386)

Im vorliegenden Fall erinnert die Kommission daran, sowohl in der Entscheidung der Kommission vom 17. Juli 2002 über die Rettungsbeihilfe zugunsten der SNCM (197) als auch im Beschluss vom 19. August 2002 zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens gegen das Vorhaben zur Kapitalaufstockung festgestellt zu haben, dass dieses Kriterium auf der Grundlage der Jahresabschlüsse der SNCM für das Jahr 2001 erfüllt war.

(387)

Im Hinblick auf diese Entscheidung hat die Kommission anhand des Jahresabschlusses des Unternehmens für 2002 überprüft, dass die SNCM diese Voraussetzung erfüllte. So war das Eigenkapital ohne die geregelten Rückstellungen (198) im Jahr 2002 mit – 26,5 Mio. EUR noch immer negativ, nachdem es im Jahr 2001 bei – 30,7 Mio. EUR gelegen hatte. Ein solches Eigenkapitalniveau zeigt, dass mehr als die Hälfte des Gesellschaftskapitals des Unternehmens verschwunden ist und dass mehr als ein Viertel in den letzten 12 Monaten nach der Anmeldung verloren gegangen ist; damit ist auch die hinreichende und nicht notwendige Bedingung unter Ziffer 5 Buchstabe a der Leitlinien erfüllt.

(388)

Abgesehen von der Entwicklung des Gesellschaftskapitals stellt die Kommission unter anderem Folgendes fest:

Von 2001 bis 2002 ist das laufende Ergebnis vor Steuern von – 5,1 Mio. EUR auf – 5,8 Mio. EUR gesunken, wobei die Nettoverluste in 2002 nur durch den Verkauf einiger Schiffe abgefedert werden konnten;

der Cashflow der SNCM, der Ende 2001 bei 39,2 Mio. EUR lag, ging bis Ende 2002 auf 35,7 Mio. EUR zurück;

die Nettofinanzverbindlichkeiten ohne Leasing stiegen in der Zeit von 2000 bis 2002 von 135,8 Mio. EUR auf 144,8 Mio. EUR;

der Finanzaufwand (Zinsen und ähnliche Aufwendungen) erhöhte sich von 7,0 Mio. EUR im Jahr 2000 auf 9,503 Mio. EUR in 2002.

(389)

Im Übrigen bestätigten die französischen Behörden der Kommission, dass die Banken aufgrund der Verschuldung des Unternehmens die Gewährung von Krediten verweigern, obwohl die SNCM bereit gewesen wäre, die letzten lastenfreien Schiffe als Sicherheit anzubieten.

(390)

Der Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst ändert an dieser Analyse nichts. Auch wenn dieser Vertrag der SNCM in Verbindung mit der erfolgreichen Durchführung des Umstrukturierungsplans ermöglichen soll, langfristig positive Betriebsergebnisse zu erreichen, dürften doch die ausgeprägte Eigenmittelknappheit, die zunehmende Verschuldung und die Kosten der operativen Maßnahmen des Umstrukturierungsplans das Unternehmen nach gewisser Zeit zur Zahlungseinstellung zwingen.

(391)

Aus diesen Gründen ist Kommission der Ansicht, dass die SNCM sowohl die Voraussetzung von Ziffer 5 Buchstabe a der Leitlinien von 1999 als auch die Voraussetzung von deren Ziffer 6 erfüllt. Danach stellt sie fest, dass die SNCM im Jahr 2002 ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne dieser Leitlinien war.

(392)

Gemäß den Leitlinien von 1999 wird die Gewährung der Beihilfe von der Durchführung eines Umstrukturierungsplans abhängig gemacht, der von der Kommission gebilligt worden ist. Wie unter Randnummer 79 des Beschlusses über die Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens von 2006 angegeben, ist die Kommission, da sie die Maßnahmen nach der Anmeldung von 2002 nicht als staatliche Beihilfen betrachtet hat, der Ansicht, dass die Vereinbarkeit der Kapitalzuführung in Höhe von 22,52 Mio. EUR mit den Leitlinien von 1999 angesichts des Umstrukturierungsplans von 2002 untersucht werden muss. Zur Prüfung der Frage muss man sich „in den Kontext der Zeit zurückversetzen …, in der die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen getroffen wurden, […] und sich jeder Beurteilung aufgrund einer späteren Situation enthalten …“ (199).

(393)

Anhand der von den französischen Behörden übermittelten Informationen stellt die Kommission fest, dass die SNCM, obwohl im Umstrukturierungsplan von 2002 eine Wiederherstellung der Rentabilität ab 2003 mit Hilfe von Maßnahmen, die im Wesentlichen über die Jahre 2002 und 2003 gestaffelt waren, vorgesehen war, erst gegen 2005/2006 wieder „ausreichende“ Eigenmittel besaß. Daher legt die Kommission das Ende der Umstrukturierungsphase auf den 31. Dezember 2006 fest.

(394)

Die Wiederherstellung der Rentabilität der Verbindung zwischen Marseille und Korsika wird kurzfristig anvisiert, und die Verbindung nach Nordafrika rentiert sich bereits. Nur der Betrieb ab Nizza ist noch eher unsicher, fällt allerdings immer weniger ins Gewicht, und die vorzeitige Abschreibung der Liamone im Jahr 2001 wird die Rückkehr zu positiven Betriebsergebnissen auf dieser Strecke erleichtern. Die Kommission akzeptiert übrigens das Argument, wonach eine — wenn auch eingeschränkte — Präsenz am Abfahrthafen Nizza für die Positionierung des Unternehmens auf dem Gesamtmarkt notwendig sei. Die Umorientierung nach Nordafrika wird die Abhängigkeit des Unternehmens von den historisch gewachsenen Strecken verringern und dürfte angesichts der […] ebenfalls zur Wiederherstellung der Rentabilität beitragen.

(395)

Da das Augenmerk auf einer langfristigen Rentabilität liegt, d. h. einer Rentabilität über das Auslaufen des derzeitigen Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst hinaus, ist die Kommission der Auffassung, dass das Unternehmen mit der Durchführung des Plans in die Lage versetzt wird, bei der Erneuerung der Verträge effizient gegen die Wettbewerber anzutreten. Schließlich stellt sie fest, dass dieser Vertrag dem Unternehmen selbst unter der Annahme teilweiser Verluste, d. h. einer Autofähre, die weitere Erwirtschaftung positiver Betriebsergebnisse ermöglichen dürfte. Käme es beim Verlust dieses Vertrags zu einem Rückgang der Erträge des Unternehmens auf seinem historisch gewachsenen Markt um 40 % oder mehr, wie auch in einem anderen Szenario beschrieben, würde nach Ansicht der Kommission ein Fall eintreten, den nur wenige Umstrukturierungspläne — ob mit oder ohne Unterstützung der öffentlichen Hand — auffangen könnten. Gegenwärtig wäre es aber verfrüht, ein solches Szenario in Betracht zu ziehen.

(396)

Was die „realistischen Annahmen hinsichtlich seiner zukünftigen Betriebsbedingungen“ anbelangt, so hält die Kommission die Marktanalyse für seriös und ist der Auffassung, dass diese Studie eine gute Grundlage für den Aufbau von Szenarien für die weitere Entwicklung des Unternehmens darstellt.

(397)

Die Kommission stellt fest, dass im Umstrukturierungsplan zur Sicherstellung der Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens vorgesehen wird, dass die Steigerung der Rentabilität in erster Linie auf internen Maßnahmen beruht, beispielsweise auf einer wirksameren Kontrolle der Produktionskosten und auf einer höheren Produktivität. Auch wenn die Verbesserung der Finanzlage der SNCM angesichts der Wachstumsaussichten dieses Marktes auf der Umorientierung nach Nordafrika beruht, enthält der Umstrukturierungsplan von 2002 doch auch Maßnahmen zur Aufgabe bestimmter Aktivitäten, beispielsweise des italienischen Tochterunternehmens Corsica Marittima.

(398)

Darüber hinaus sind die Wirkung der Maßnahmen des Plans und sein Erfolg nicht von der Marktentwicklung abhängig; ausgenommen ist lediglich die weitere Erschließung Nordafrikas, die in erster Linie der Rückkehr zu der Marktstellung entspricht, welche die SNCM bis Mitte der 90er Jahre innehatte.

(399)

Die Kommission nimmt weiterhin zur Kenntnis, dass der Umstrukturierungsplan die Situation und die voraussichtliche Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf den betreffenden Produktmärkten mit verschiedenen Szenarien, die einer optimistischen, einer pessimistischen und einer mittleren Hypothese entsprechen, und auch die spezifischen Stärken und Schwächen des Unternehmens berücksichtigt.

(400)

Schließlich ist die Kommission der Ansicht, dass im Umstrukturierungsplan eine Umstellung der SNCM in der Weise vorgeschlagen wird, dass diese nach Abschluss der Umstrukturierung alle Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzierungskosten decken kann.

(401)

Aus den genannten Gründen stellt die Kommission fest, dass das Kriterium der langfristigen Rentabilität des Unternehmens auf der Grundlage der Daten, die zurzeit der Ergreifung der finanziellen Unterstützungsmaßnahmen vorlagen, erfüllt ist.

(402)

Gemäß Ziffer 35 der Leitlinien müssen Maßnahmen getroffen werden, um nachteilige Auswirkungen der Beihilfe für Konkurrenten nach Möglichkeit abzumildern. Andernfalls müsste angenommen werden, dass die Beihilfe dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft und daher nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(403)

Im vorliegenden Fall wäre diese Bedingung bei einer Begrenzung der Präsenz des Unternehmens auf seinem angestammten Markt erfüllt, d. h. dem Markt für Verbindungen nach Korsika, auf dem es auch mit anderen in der Gemeinschaft niedergelassenen Unternehmen in Wettbewerb steht, was bei der Verbindung nach Nordafrika nicht der Fall ist.

(404)

Die Kommission ist der Ansicht, dass auf dem Markt für Seeverbindungen nach Korsika aufgrund der ausgeprägten saisonabhängigen Schwankungen und des erheblich gestiegenen Verkehrsaufkommens keine Überkapazitäten bestehen. Weiterhin stellt die Kommission fest, dass die durchschnittliche Auslastung der Schiffe des Hauptwettbewerbers geringer als die der SNCM ist. Da auf dem Markt keine Überkapazitäten im Sinne der Leitlinien bestehen, ist auch kein Beitrag zu seiner Sanierung erforderlich. Der Verkauf von Schiffen — anstelle ihrer Verschrottung — stellt daher eine Verringerung der Kapazitäten im Sinne der Leitlinien dar.

(405)

Die Begrenzung oder erzwungene Reduzierung der Präsenz auf dem Markt oder den Märkten, auf denen das Unternehmen tätig ist, stellt eine Gegenleistung für die Konkurrenten dar. Diese Gegenleistung muss im Verhältnis zu den Wettbewerbsverfälschungen stehen, die durch die Umstrukturierungsbeihilfe verursacht werden oder werden könnten.

(406)

Mit den nachstehenden Vorgängen leistet der Umstrukturierungsplan einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung der Präsenz des Unternehmens auf dem Markt, was den Wettbewerbern direkt zugute kommt:

Schließung des Tochterunternehmens Corsica Marittima (82 000 Passagiere im Jahr 2000), das die Verbindungen zwischen Italien und Korsika betrieb, und damit Rückzug der Gruppe SNCM aus dem Markt für Schiffsverbindungen zwischen Italien und Korsika;

praktisch vollständiger Rückzug der SNCM aus dem Markt für Verbindungen zwischen Toulon und Korsika, auf den im Jahr 2002 immerhin 460 000 Passagiere entfielen;

Begrenzung der Gesamtplatzangebots und der Zahl der jährlichen Hin- und Rückfahrten ab 2003, vor allem auf der Strecke zwischen Nizza und Korsika;

Verkauf von vier Schiffen.

(407)

Im Golf von Genua und im Raum Toulon verringert die SNCM ihr Angebot gegenüber 2001 um mehr als eine Million Plätze, was mehr als einer Halbierung gleichkommt und unmittelbar ihren Wettbewerbern zugute kommt, da auf eben diesen Strecken die höchsten Zuwachsraten zu verzeichnen sind.

(408)

Obwohl diese Maßnahmen bereits sehr umfangreich sind, wurden sie um die Verpflichtung für die SNCM erweitert, während der Umstrukturierungsphase keine neuen Investitionen zu finanzieren, die über die Kosten des Ausbaus der Geschäftstätigkeit nach Nordafrika, die Teil des Umstrukturierungsplans sind, hinausgehen.

(409)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen stellt die Kommission fest, dass das Kriterium der Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen erfüllt ist.

(410)

Die Höhe der Beihilfe muss sich auf das für die Umstrukturierung unbedingt notwendige Mindestmaß nach Maßgabe der verfügbaren Finanzmittel des Unternehmens, seiner Aktionäre oder des Konzerns, dem es angehört, beschränken, ohne dass dabei die Chancen für eine Wiederherstellung der Rentabilität zunichte gemacht werden.

(411)

In ihrem Beschluss vom 19. August 2002 äußerte die Kommission Zweifel an der Berechnungsmethode, die von den französischen Behörden zur Bestimmung des Beihilfebetrags vorgelegt worden war. Trotz der von den französischen Behörden vorgelegten ergänzenden Erläuterungen nahm die Kommission eine eigene Bewertung vor.

(412)

Im Zusammenhang mit dem von den französischen Behörden zugrunde gelegten Ansatz, der sich auf das Verhältnis von Eigenmitteln zu Verschuldung stützte, vertritt die Kommission die Auffassung, dass

das Panel aus fünf Unternehmen, welches von den französischen Behörden berücksichtigt wurde, für den Sektor der Seekabotage nicht hinreichend repräsentativ ist;

der Prozentsatz von 79 %, der sich bei diesem Unternehmenspanel für das Verhältnis zwischen Eigenmitteln und Schulden ergibt, keineswegs einen zuverlässigen Indikator für die Gesundheit eines Unternehmens darstellt;

die französischen Behörden nicht erläutert haben, was der Betrag der Finanzverbindlichkeiten dieser fünf Unternehmen genau umfasst, und somit auch nicht garantieren konnten, dass diese Daten der im Umstrukturierungsplan dargelegten Verschuldung der SNCM entsprechen;

die französischen Behörden nicht nachgewiesen haben, dass der Prozentsatz von 79 %, der sich bei diesem Unternehmenspanel für das Verhältnis von Eigenmitteln zu Schulden ergibt, für den Zeitraum 2002—2007 im Finanzmodell, das Teil des Umstrukturierungsplans bildet, tatsächlich eingehalten wird.

(413)

Die Kommission kritisiert die Relevanz der anderen Ansätze, die von Frankreich zum Nachweis der Begrenzung der Kapitalzuführung auf das Mindestmaß vorgeschlagen wurden (200).

(414)

Nach Ansicht der Kommission soll das vorrangige Ziel der Kapitalzuführung nicht in einer Erhöhung der Eigenmittel des Unternehmens (einfache finanzielle Umstrukturierung) bestehen, sondern darin, dem Unternehmen beim Übergang aus seiner Monopolstellung aufgrund des Vertrags von 1976 in eine Wettbewerbssituation zu helfen. Die Kommission zögert daher, die Beihilfe anhand der von den französischen Behörden gewählten Methode zu bemessen, da sich ein angemessenes Eigenkapitalniveau für die SNCM nur schwer festlegen lässt. Denn das durchschnittliche Verhältnis zwischen Eigenmitteln und Verschuldung schwankt erheblich, wenn bestimmte Unternehmen aus dem von den französischen Behörden gewählten Panel herausgenommen bzw. wieder einbezogen werden.

(415)

Die Kommission vertritt die Ansicht, dass die Umstrukturierungsbeihilfe die Kosten der einzelnen, im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Maßnahmen (operative Umstrukturierung), die durch die Änderung der rechtlichen und wettbewerblichen Rahmenbedingungen des Unternehmens bedingt sind, decken kann. Im Zusammenhang mit den Kosten der operativen Umstrukturierungsmaßnahmen berücksichtigt die Kommission den Betrag von 46 Mio. EUR (siehe Randnummer 55 dieser Entscheidung) (201).

(416)

Die Kommission erinnert daran, dass man sich zur genauen Berechnung des Beihilfebedarfs der SNCM „in den Kontext der Zeit zurückversetzen muss, in der die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen getroffen wurden, […] und dass man sich jeder Beurteilung aufgrund einer späteren Situation enthalten muss“ (202).

(417)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission unter Würdigung von Ziffer 40 der Leitlinien fest, dass zwischen dem 18. Februar 2002, dem Tag der Anmeldung der Umstrukturierungsbeihilfe durch die französischen Behörden, und dem 9. Juli 2003, dem Tag Entscheidung der Kommission zur Genehmigung der Umstrukturierungsbeihilfe, erhebliche Verkäufe von Vermögenswerten, insbesondere Schiffe, mit einem Erlös von 26,25 Mio. EUR, bereinigt um die damit verbundenen Verbindlichkeiten (203), getätigt wurden.

(418)

Allerdings reichen diese Verkäufe nicht aus, um die Rentabilität der SNCM, die auch nach diesen Maßnahmen noch immer stark überschuldet ist (19,75 Mio. EUR), wiederherzustellen. Da die SNCM keine Bankdarlehen mehr aufnehmen kann, auch nicht, indem sie ihre lastenfreien Schiffe als Sicherheit anbietet, ist die Kommission der Ansicht, dass das Unternehmen nicht in der Lage ist, weitere Eigenmittel zur Finanzierung seiner Umstrukturierung zu erschließen.

(419)

Angesichts der bisherigen Ausführungen hält die Kommission eine Summe von 19,75 Mio. EUR durchaus für gerechtfertigt, um dem Unternehmen kurzfristig die Rückkehr zur Rentabilität zu ermöglichen.

(420)

Die Kommission ist daher der Ansicht, dass von den ursprünglich als Umstrukturierungsbeihilfe angemeldeten 22,52 Mio. EUR auf der Grundlage des Liquiditätsbedarfs der SNCM und der bis zum 9. Juli 2003 durchgeführten Verkäufe von Vermögenswerten nur 19,75 Mio. EUR gerechtfertigt werden können, vorbehaltlich der Berücksichtigung des Erlöses aus den Veräußerungen (siehe unten), die von der Kommission in ihrer Entscheidung von 2003 zur Auflage gemacht wurden und die zu den im Umstrukturierungsplan vorgesehen Veräußerungen hinzukommen.

(421)

In den Leitlinien (204) wird festgelegt, dass ein Unternehmen, das bereits in der Vergangenheit eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten hat, normalerweise in den zehn Jahren nach Ende der Umstrukturierungsphase nicht erneut eine Beihilfe erhalten kann. In der Übersicht über die Beihilfen, die der SNCM bereits gewährt wurden, ist keine Umstrukturierungsbeihilfe verzeichnet. Es handelt sich also um die erste Umstrukturierung der SNCM seit ihrer Gründung im Jahr 1976.

10.5.2   Aufrechterhaltung der Ausgleichsmaßnahmen

(422)

Wie vom Gericht in seinem Urteil von 2005 vorgeschlagen und im Beschluss über die Ausweitung von 2006 unter Randnummer 137 angegeben, stellt sich angesichts der Abwärtskorrektur des im Rahmen der Leitlinien von 1999 bewilligten Beihilfebetrags die Frage nach der Aufrechterhaltung der Ausgleichsmaßnahmen, die von der Kommission in ihrer Entscheidung von 2003 auferlegt wurden.

(423)

In ihrer Entscheidung von 2003 hatte die Kommission nach den Leitlinien von 1999 eine Mittelzufuhr in Höhe von 76 Mio. EUR unter den folgenden Auflagen genehmigt (205):

i)

Unterlassung der Beschaffung neuer Schiffe und Verbot der Unterzeichnung von Verträgen über den Bau, die Bestellung oder die Charterung neuer oder generalüberholter Schiffe bis zum 31. Dezember 2006;

ii)

ausschließlicher Betrieb der elf Schiffe, die sich bereits im Besitz der SNCM befanden, bis zum 31. Dezember 2006;

iii)

Veräußerung aller direkten und indirekten Beteiligungen an der Amadeus France, der Compagnie Corse Méditerranée, der Société Civile Immobilière (SCI) Schuman, der Société méditerranéenne d’investissements et de participations und der Someca;

iv)

Unterlassung sämtlicher preispolitischer Maßnahmen im Zusammenhang mit den angebotenen Preisen, durch die niedrigere Preise als die Preise sämtlicher Wettbewerber für die gleichen Ziele und Dienste und für identische Termine angeboten werden sollen, bis zum 31. Dezember 2006;

v)

Begrenzung der jährlichen Zahl der Hin- und Rückfahrten von Schiffen auf den verschiedenen Seeverbindungen nach Korsika bis zum 31. Dezember 2006.

(424)

Der Sachverständige der Kommission hat überprüft, dass alle Auflagen, die von der Kommission in der Entscheidung von 2003 gemacht wurden, umgesetzt wurden.

(425)

Er hat die Erfüllung der Auflage, keine Schiffe zu beschaffen, bestätigt (Auflage unter Ziffer i oben). Im Hinblick hierauf ist zu betonen, dass das in Jean Nicoli umgetaufte Schiff Superfast vom Unternehmen VT gekauft wurde und ab Februar 2007 an die SNCM vermietet wurde, also nach Ablauf des in der Entscheidung von 2003 festgelegten Zeitraums (206).

(426)

Zum Betrieb der bestehenden Flotte der SNCM (Auflage unter Ziffer ii oben) hat der Sachverständige der Kommission bestätigt, dass die SNCM die Flottengröße bei 10 Schiffen gehalten hat und damit ein Schiff weniger als in der Entscheidung von 2003 vorgesehen (11 Schiffe) betrieben hat, nachdem die Aliso im Jahr 2004 durch die Asco ersetzt (207) und die Asco am 24. Mai 2005 verkauft wurde.

(427)

Hinsichtlich der Ersetzung der Aliso durch die Asco stellt die Kommission zunächst fest, dass es sich bei der Asco und Aliso um Schwesterschiffe handelt, d. h. Zwillingsschiffe, die anhand derselben Pläne auf derselben Werft gebaut wurden. Sie haben exakt die gleichen Abmessungen, die gleiche Form und die gleiche Tragfähigkeit. Nach Ansicht der Kommission sollte durch den Tausch der beiden Schiffe die Beförderungskapazität der SNCM nicht erhöht werden. Im Übrigen erinnert die Kommission daran, dass die Zusammensetzung der genehmigten Flotte der SNCM nur aus Gründen geändert werden durfte, die sich dem Einfluss der SNCM entziehen. Im vorliegenden Fall ist die Kommission der Ansicht, dass die Probleme, auf welche die SNCM beim Verkauf der Asco gestoßen ist, nicht vom Willen des Unternehmens abhängig waren. Die Kommission ist auch der Ansicht, dass, wenn die SNCM einen Käufer für die Aliso statt für die Asco gefunden hat, der Verkauf der Aliso sich nicht anders als der Verkauf der Asco auf die Beförderungskapazität der SNCM ausgewirkt hat und die französischen Behörden ihrer Verpflichtung, den Umstrukturierungsplan einzuhalten, soweit es den Verkauf der vier Schiffe der SNCM-Flotte betrifft, nachgekommen sind.

(428)

Im Übrigen hat der Sachverständige anhand der Buchführungsunterlagen festgestellt, dass alle mit der Entscheidung von 2003 auferlegten Veräußerungen von Vermögenswerten (Auflage unter Ziffer iii oben) durchgeführt wurden. Der Reinerlös aus der Veräußerung beläuft sich auf 5,02 Mio. EUR (208). Die Kommission betont, dass die SNCM zusätzlich zu den im Umstrukturierungsplan von 2002 vorgesehenen oder in der Entscheidung von 2003 auferlegten Veräußerungen weitere Vermögenswerte mit einem Reinerlös von 12,6 Mio. EUR veräußert hat (209), was vom Sachverständigen nachgeprüft wurde.

(429)

Zur Auflage des Unterlassens der „price leadership“ (210) hat der Sachverständige der Kommission zum einen überprüft, dass es bei der SNCM ein Verfahren zur Überprüfung der Erfüllung dieser Auflage gibt. Zum anderen hat er untersucht, ob die SNCM diese Auflage bei den verschiedenen Verbindungen im Zeitraum vom 16. März 2005 bis zum 31. Dezember 2006 umgesetzt hat (211). Anhand dieser Überprüfung gelangt der Sachverständige der Kommission zu dem Schluss, dass die SNCM die Auflage unter Ziffer iv bei den Ticket in […] % der Fälle erfüllt hat. Die Kommission stellt anhand der von den französischen Behörden übermittelten Informationen fest, dass die SNCM die Auflagen unter den Ziffern iv und v heute noch immer erfüllt, obwohl sie in der Entscheidung von 2006 bis zum 31. Dezember 2006 befristet wurden.

(430)

Zur Auflage unter Ziffer v stellte der Sachverständige fest, dass die SNCM die Zahl der Überfahrten in den Geschäftsjahren 2005 und 2006 eingehalten hat. Dagegen soll sie die vorgeschriebene Obergrenze für das Platzangebot auf den Verbindungen ab Marseille in 2005 und 2006 sowie — wenn auch sehr geringfügig Maße — die angebotene Frachtkapazität in laufenden Metern auf den Verbindungen ab Toulon in 2005 und 2006 und ab Marseille in 2006 überschritten haben.

(431)

Hierzu stellt die Kommission allerdings fest, dass eine genaue Einschätzung, inwieweit das Platzangebot überschritten wurde, aufgrund der Verwendung der Kabinen für eine einzige Familie schwierig ist. Aufgrund dieses Umstands allein kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die SNCM die Auflagen, die ihr in der Entscheidung von 2003 gemacht wurden, nicht erfüllt hat.

(432)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die SNCM die mit der Entscheidung von 2003 auferlegten Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt hat.

10.5.3   Schlussfolgerung

(433)

Die Kommission stellt fest, dass die Ausgleichsmaßnahmen der Entscheidung von 2003 nahezu vollständig beachtet wurden. Da der anhand der Leitlinien von 1999 genehmigte Betrag deutlich unter dem im Jahr 2003 genehmigten Betrag liegt, der die Kommission zu diesen Auflagen veranlasste, hält die Kommission es nicht für erforderlich, zusätzliche Bedingungen und Auflagen vorzuschreiben, damit der Wettbewerb nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verfälscht wird.

(434)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen und unter Berücksichtigung des genauen Betrags des Reinerlöses aus den Veräußerungen, bestimmt zum Zeitpunkt der Annahme der Entscheidung von 2005, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die in Form einer Kapitalzuführung in Höhe von 15,81 Mio. EUR (212) gewährte staatliche Beihilfe nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

11.   SCHLUSSFOLGERUNG

(435)

Zusammenfassend vertritt die Kommission die Auffassung, dass die in dieser Entscheidung gewürdigten Maßnahmen keine Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG Vertrag sind bzw. mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfen sind.

(436)

Die Kommission fordert Frankreich auf,

der Kommission umgehend und spätestens innerhalb von 15 Arbeitstagen ab dem Datum des Eingangs dieser Entscheidung mitzuteilen, welche Informationen nach Ansicht Frankreichs nach unter das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis gemäß Artikel 25 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 fallen;

den Empfänger der Beihilfe der vorliegenden Entscheidung umgehend zu unterrichten und ihm dabei erforderlichenfalls bestimmte Informationen vorzuenthalten, die unter das Geschäfts- und Berufsgeheimnis fallen und deren Weitergabe an den Beihilfeempfänger bestimmten Beteiligten schaden könnte, und ihn erforderlichenfalls in der übermittelten Fassung auf die übrigen Informationen hinzuweisen, die nach Ansicht Frankreichs unter das Geschäfts- und Berufsgeheimnis fallen und nicht vorenthalten wurden.

(437)

Die Kommission erinnert Frankreich daran, dass gemäß den Leitlinien normalerweise — außer in außergewöhnlichen, unvorhersehbaren und nicht vom Unternehmen zu vertretenden Umständen — während eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem Ende des Umstrukturierungszeitraums, d. h. im vorliegenden Fall dem 31. Dezember 2006, keine zweite Umstrukturierungsbeihilfe gewährt werden darf —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Ausgleichszahlung in Höhe von 53,48 Mio. EUR, die der französische Staat der SNCM im Zeitraum 1991—2001 für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gezahlt hat, stellt eine rechtswidrige staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag dar, ist jedoch nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Der negative Kaufpreis der SNCM von 158 Mio. EUR, die Übernahme von Sozialmaßnahmen gegenüber den Beschäftigten durch die CGMF in Höhe von 38,5 Mio. EUR und die gemeinsame und gleichzeitige Aufstockung des Kapitals der SNCM durch die CGMF um 8,75 Mio. EUR stellen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

Die Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 15,81 Mio. EUR, die Frankreich der Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM) gewährt hat, stellt eine rechtswidrige staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag dar, ist jedoch nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 8. Juli 2008

Für die Kommission

Antonio TAJANI

Vizepräsident


(1)  ABl. C 308 vom 11.12.2002, S. 29.

(2)  Dieser Umstrukturierungsplan erging, nachdem die französischen Behörden am 20. Dezember 2001 einen Liquiditätsvorschuss in Höhe von 22,5 Mio. EUR angemeldet hatten, welcher der SNCM von der Compagnie Générale Maritime et Financière als Rettungsbeihilfe gewährt worden war. Mit der Entscheidung vom 17. Juli 2002 (ABl. C 148 vom 25.6.2003, S. 7), nachstehend „Entscheidung von 2002“ genannt, genehmigte die Kommission die Rettungsbeihilfe zugunsten der SNCM im Rahmen des in Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag vorgesehenen Verfahrens zur Vorprüfung der Beihilfen. Am 19. November 2002 übermittelten die französischen Behörden der Kommission eine Kopie der Verträge zwischen der SNCM und der CGMF über den Liquiditätsvorschuss sowie Nachweise für die Rückzahlung des Vorschusses der CGMF an die SNCM durch zwei Überweisungen vom 13. Mai und 14. Juni 2002.

(3)  Registriert unter der Nummer TREU A/61846.

(4)  Die CGMF ist eine Finanzholding, deren Kapital zu 100 % vom französischen Staat gehalten wird und über die dieser alle Vorgänge des Seeverkehrs, der Bereederung und der Charterung von Schiffen im Mittelmeer abwickelt.

(5)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1. Nachdem die französischen Behörden am 11. September 2002 um die Berichtigung einiger sachlicher Fehler im Beschluss vom 19. August 2002 ersucht hatten, erließ die Kommission am 27. November 2002 einen Beschluss zur Änderung des Beschlusses vom 19. August 2002 (veröffentlicht im ABl. C 308 vom 11.12.2002 S. 29). Die Beteiligten wurden aufgefordert, ab diesem Datum ihre Stellungnahmen zu dem Beihilfevorhaben abzugeben.

(6)  Am 11. September 2002 beantragten die französischen Behörden eine Fristverlängerung für die Abgabe ihrer Stellungnahme zum Beschluss vom 19. August 2002, die von den Dienststellen der Kommission am 17. September 2002 gewährt wurde.

(7)  Registriert unter der Nummer SG(2002) A/10050.

(8)  Registriert am 15. Januar 2003 unter der Nummer DG TREN A/10962.

(9)  Registriert unter der Nummer SG(2003) A/1691.

(10)  Registriert unter der Nummer TREN A/21531.

(11)  Registriert unter der Nummer SG(2003) A/1546.

(12)  ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2.

(13)  Registriert unter der Nummer TREN A/21701.

(14)  ABl. L 61 vom 27.2.2004, S. 13. Mit Beschluss vom 8. September 2004 (nachstehend „Beschluss von 2004“ genannt) änderte die Kommission die Entscheidung von 2003 geringfügig ab und ermöglichte der SNCM über eine Änderung von Artikel 2 der Entscheidung von 2003, die Schiffe Aliso und Asco bei Bedarf zu tauschen.

(15)  ABl. L 19 vom 21.1.2005, S. 70.

(16)  Registriert unter der Nummer TREN A/27546.

(17)  Registriert unter der Nummer TREN A/30842.

(18)  Ergänzende Informationen wurden mit Schreiben vom 30. November 2005 (SG(2005) A/10782), 14. Dezember 2005 (SG(2005) A/11122) und 30. Dezember 2005 (TREN A/10016) übermittelt.

(19)  Registriert unter der Nummer TREN A/16904.

(20)  Registriert unter der Nummer TREN A/19105.

(21)  Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans GmbH/Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH (Rechtssache C-280/00, Slg. 2003, S. I-7747).

(22)  ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1.

(23)  Veolia Transport ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft von Veolia Environnement. Sie erbringt unter dem Namen Connex Personenbeförderungsdienstleistungen für Rechnung von Gebietskörperschaften (öffentlicher Nahverkehr, Zwischenorts- und Regionalverkehr) und betreibt dabei Straßen- und Schienennetze und — in geringerem Maße — Seeverkehrsdienste.

(24)  ABl. C 103 vom 29.4.2006, S. 28.

(25)  ABl. C 148 vom 24.6.2006, S. 42.

(26)  Registriert unter der Nummer TREN A/25295.

(27)  Registriert unter der Nummer TREN/A/24111.

(28)  ABl. C 303 vom 13.12.2006, S. 53.

(29)  Registriert unter der Nummer TREN/A/37907.

(30)  Antrag der Gruppe Stef-TFE vom 28. Dezember 2007 (A/20313) und Antrag von Corsica Ferries vom 27. Dezember 2006 (A/20056).

(31)  Schreiben vom 4. Januar 2007 an die Gruppe Stef-TFE (D 2007 300067) und an die Gruppe Corsica Ferries (D 2007 300068).

(32)  Am 11. Januar, 16. Januar und 9. Februar 2007, registriert unter den Nummern TREN/A/21142, A/21669 und A/23798.

(33)  Am 13. Februar 2007, registriert unter den Nummern TREN/A/24473 und TREN/A/23981.

(34)  Von den Kommissionsdienststellen unter der Nummer TREN A/30979 registriert. Die französischen Behörden beantragten mit Schreiben vom 15. März 2007 und 19. April 2007, registriert unter den Nummern TREN/A/27002 und A/29928, eine Verlängerung der Abgabefrist für ihre Stellungnahmen, die ihnen gewährt wurde.

(35)  Diese Informationen wurden von CFF am 15. März 2007 (TREN/A/27058), am 27. September 2007 (TREN/A/43510 vom 1.10.2007), am 30. November 2007 (TREN/A/49918 vom 6.12.2007), am 20. Dezember 2007 (TREN/A/51600 vom 26.12.2007) und am 14. März 2008 (TREN/A/87084), von STIM am 20. Dezember 2007 (TREN/A/51391) und von der SNCM am 28. Februar 2008 (TREN/A/85681) übermittelt. Auch Frankreich übermittelte am 21. Dezember 2007 (TREN/A/51441), 7. Januar 2008 (TREN/A/86344) und 8. Februar 2008 (TREN/A/83661) Informationen. Weitere Dokumente wurden von den französischen Behörden anlässlich einer Arbeitsbesprechung am 29. Februar 2008 übergeben.

(36)  Die SNCM hält an der CMN eine direkte Minderheitsbeteiligung von 45 % und über die Compagnie Générale de Tourisme et d’Hôtellerie (CGTH) eine indirekte Minderheitsbeteiligung von 24,1 %. Die effektive Kontrolle wurde 1992 über deren Beteiligung von 49 % an der Compagnie Méridionale de Participations (CMP) der Gruppe Stef-TFE übertragen. Die SNCM und die CMN waren im Rahmen des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für den Zeitraum 2001—2006 Partner und erhielten gemeinsam den neuen Vertrag für den Zeitraum 2007—2012/2013.

(37)  Die CGTH ist eine Holdinggesellschaft, die zu 100 % von der SNCM gehalten wird.

(38)  Aliso Voyage ist die eigene Vertriebsstruktur der SNCM. Sie umfasst 17 Reisebüros in ganz Frankreich und verkauft Schiffstickets, darunter 49,9 % der Tickets der SNCM.

(39)  Zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung von 2003 hielt die SNCM eine genauso hohe Beteiligung wie das Transportunternehmen Delmas an der französischen Seegüterverkehrsgesellschaft Sud-Cargos, die sich auf Verbindungen nach Marokko spezialisiert hat. Wie aus dem von den französischen Behörden am 28. März 2006 übermittelten Investitionsplan für 2005 hervorgeht, wurde diese Beteiligung Ende 2005 zum Preis von […] (Geschäftsgeheimnis) Mio. EUR verkauft.

(40)  Die SNCM hält 100 % dieses Unternehmens, das für die Versorgung der Schiffe der SNCM zuständig ist.

(41)  Die offene Handelsgesellschaft Ferrytour ist eine 100 %ige Tochter der SNCM und als Reiseveranstalter tätig. Sie bietet Schiffsreisen nach Korsika, Sardinien und Tunesien, aber auch Flugreisen zu zahlreichen Zielen an. Daneben bietet sie Minikreuzfahrten und Leistungen für Geschäftsreisende an.

(42)  Das 1996 gegründete Unternehmen Comptoirs du Sud ist eine 100 %ige Tochter der SNCM und betreibt die Läden an Bord der Schiffe.

(43)  Siehe Fußnote 12.

(44)  Die Napoléon Bonaparte (Kapazität 2 150 Passagiere und 708 Fahrzeuge, Leistung 43 MW, Geschwindigkeit 23,8 Knoten), eine große Autofähre der Luxusklasse; die neue Danielle Casanova, die im Mai 2002 übergeben wurde (Kapazität 2 204 Passagiere und 700 Fahrzeuge, Leistung 37,8 MW, Geschwindigkeit 23,8 Knoten), ebenfalls eine große Autofähre der Luxusklasse; die Île de Beauté (Kapazität 1 554 Passagiere und 520 Fahrzeuge, Leistung 37,8 MW, Geschwindigkeit 21,5 Knoten), die 1979 in Betrieb genommen und 1989/1990 überholt wurde; die Méditerranée (Kapazität 2 254 Passagiere und 800 Fahrzeuge, Leistung 35,8 MW, Geschwindigkeit 24 Knoten) und die Corse (Kapazität 2 150 Passagiere und 600 Fahrzeuge, Leistung 27,56 MW, Geschwindigkeit 23,5 Knoten).

(45)  Die Paglia Orba (Kapazität 500 Passagiere, 2 000 laufende Meter Fracht und 120 Fahrzeuge, Leistung 19,7 MW, Geschwindigkeit 19 Knoten); die Monte d’Oro (Kapazität 508 Passagiere, 1 615 Frachtmeter und 130 Fahrzeuge, Leistung 14,8 MW, Geschwindigkeit 19,5 Knoten); die Monte Cinto (Kapazität 111 Passagiere und 1 200 Frachtmeter, Leistung 8,8 MW, Geschwindigkeit 18 Knoten); seit Mai 2003 die Pascal Paoli (Kapazität 594 Passagiere, 2 300 Frachtmeter und 130 Fahrzeuge, Leistung 37,8 MW, Geschwindigkeit 23 Knoten).

(46)  Die Liamone (Kapazität 1 116 Passagiere und 250 Fahrzeuge, Leistung 65 MW, Geschwindigkeit 42 Knoten), die auch die Route nach Toulon bedient.

(47)  Alle Schiffe bis auf die Danielle Casanova, die Pascal Paoli und die Liamone sind geleast.

(48)  Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 über die Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs im Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7).

(49)  ABl. S 2001/10 — 007-005.

(50)  Konzessionsgeber für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen seit 1991 kraft des französischen Gesetzes Nr. 91-428 vom 13. Mai 1991.

(51)  ABl. S 2006/100-107350.

(52)  Staatliche Beihilfe N 781/01, genehmigt durch Entscheidung der Kommission vom 2. Juli 2002 (ABl. C 186 vom 6.8.2002, S. 3).

(53)  Staatliche Beihilfe N 13/07, genehmigt durch Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007, veröffentlicht auf der Website der Kommission: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/transports_2007.htm

(54)  Die Information fällt unter das Geschäftsgeheimnis.

(55)  Der Fahrer begleitet den gesamten Lastzug auf der Überfahrt. In bestimmten Fällen wird das Fahrzeug bei der Abfahrt von einem Fahrer verladen und bei der Ankunft von einem anderen entladen. Das gilt als begleiteter Verkehr, im Gegensatz zum Ro-Ro-Verkehr, bei dem der Anhänger ohne Zugmaschine befördert wird.

(56)  ABl. C 148 vom 25.6.2003, S. 7.

(57)  Dieser Betrag war wie folgt aufgeschlüsselt: 20,4 Mio. EUR für den eigentlichen Umstrukturierungsplan, 1,8 Mio. EUR für die Stilllegung der zum Verkauf stehenden Schiffe, 14,8 Mio. EUR an Abschreibungen für die Liamone und 9 Mio. EUR für die Umorientierung der Geschäftstätigkeit auf Nordafrika.

(58)  Dieser Plan wurde am 17. Dezember 2001 vom Verwaltungsrat der SNCM angenommen.

(59)  Der Umstrukturierungsplan sah eine Senkung der Zahl der Überfahrten von 4 138 (3 835 für die SNCM und 303 für ihre Tochtergesellschaft Corsica Marittima) auf 3 410 im Jahr 2003 mit den folgenden Änderungen vor:

Änderung der Verbindungen zwischen Marseille und Korsika gemäß dem Lastenheft für den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für 2001—2006,

Streichung fast aller Verbindungen zwischen Toulon und Korsika,

Einschränkung der Verbindungen zwischen Nizza und Korsika,

Schließung der Strecke Livorno–Bastia mit den zugehörigen Anlagen, die 2003 vollzogen wurde,

Ausbau der Verbindungen nach Algerien und Tunesien mit den Schiffen Méditerranée, Île de Beauté und Corse und Einstellung der Verbindung Genua–Tunis.

(60)  Der Stellenabbau sollte durch Nichtbesetzung frei gewordener Stellen, altersabhängige vorzeitige Pensionierung, Fortbildungsurlaub (congé de mobilité) oder Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge erfolgen. Der SNCM sollten dadurch schätzungsweise Kosten in Höhe von 20,4 Mio. EUR entstehen.

(61)  Beispielsweise Verkehrsaufkommen, prognostiziertes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (1,5 %), Kreditzinsen (5,5 %), Rendite der Finanzprodukte (4,5 %) und Zinssatz für kurzfristige Verbindlichkeiten (5 %).

(62)  Die französischen Behörden nannten zwei alternative Methoden, die sie jedoch aufgrund zu hoher Kosten verwarfen.

Bei der ersten Bewertungsmethode wurden die Gesamtkosten aller Umstrukturierungsmaßnahmen addiert. Daraus ergab sich ein Finanzierungsbedarf von 90,9 Mio. EUR, der Folgendes berücksichtigte:

die Gesamtverluste im Zeitraum 1991—2001 von 41,7 Mio. EUR (entsprechend 29 Mio. EUR — durch die Entscheidung 2002/149/EG vom 30. Oktober 2001 (ABl. L 50 vom 21.2.2002, S. 66) validierter Wert, 6,1 Mio. EUR für 2000 und 6,6 Mio. EUR — vor Umstrukturierungskosten — für 2001),

die Verminderung der Mittel durch die außerordentlichen Abschreibungen in diesem Zeitraum von 24 Mio. EUR (der Posten sinkt in der Bilanz über diesen Zeitraum von 86 auf 62 Mio. EUR, entsprechend der Verlängerung der Abschreibungsdauer von 12 auf 20 Jahre, der geringeren Inanspruchnahme dieser Mittel und der Inanspruchnahme des Leasings bei den letzten gelieferten Schiffen),

Veräußerungsgewinne im Zuge dieser Umstrukturierung in Höhe von 21 Mio. EUR, die den Finanzierungsbedarf herabsetzen, und

die Gesamtauswirkung der Umstrukturierungskosten von 46,2 Mio. EUR (siehe Fußnote 56).

Bei der zweiten Bewertungsmethode wird ermittelt, welches Eigenkapital die Kreditinstitute für die gesamte Flotte verlangen würden. Diese fordern zur Finanzierung des Kaufs eines Schiffes in der Regel Eigenmittel in Höhe von 20 bis 25 % des Werts des Schiffs. Die von den französischen Behörden auf der Grundlage der Anschaffungskosten der Flotte in Höhe von 843 Mio. EUR angestellte Berechnung ergab einen Eigenmittelbedarf von 157 bis 196 Mio. EUR. Nach Abzug des Ende 2001 vorhandenen Eigenkapitals ergab dieser Ansatz für die Kapitalaufstockung einen Bedarf von 101 bis 140 Mio. EUR.

(63)  Siehe unten.

(64)  In ihrem Umstrukturierungsplan von 2002 sah die SNCM die Stilllegung und den Verkauf von vier Schiffen vor: der Napoléon, der Liberté, der Monte Rotondo und des Hochgeschwindigkeitsschiffs Asco, das später gegen das Schwesterschiff Aliso getauscht wurde. Alle diese Schiffe sind heute verkauft. Der festgestellte Reinerlös aus der Veräußerung beläuft sich auf 25 165 000 EUR.

Gemäß der Entscheidung von 2003 hat die SNCM die Beteiligungen an SCI Espace Schuman, Southern Trader, Someca, Amadeus und CCM mit einem Reinerlös von 5,02 Mio. EUR verkauft.

Seit der Entscheidung von 2003 hat die SNCM ihre Beteiligung an Sud-Cargos, das Schiff Asco und Wohnungen des Immobilienbestands der SNCM für 12,2 Mio. EUR verkauft.

(65)  […]

(66)  Das Verfahren zur Auswahl privater Partner lief vom 26. Januar 2005 bis Ende September 2005.

Am 26. Januar und 17. Februar 2005 kündigte die französische Regierung an, die Suche nach einem privaten Partner aufnehmen zu wollen, der in das Kapital der SNCM einsteigen sollte, um deren finanzielle Struktur zu stärken und die zur Entwicklung erforderlichen Veränderungen zu begleiten.

Nachdem eine unabhängige Person zur Überwachung des Auswahlverfahrens benannt wurde, beauftragte die Agence des Participations de l’Etat („APE“) eine Beraterbank (die HSBC) damit, mögliche Übernahmeinteressenten zu kontaktieren.

In diesem Rahmen wurden 72 Investoren aus der Industrie und Finanzwelt kontaktiert, um so die finanziellen Bedingungen eines Angebots festzulegen, welches das Wirtschaftsprojekt des Unternehmens stärken, Arbeitsplätze erhalten und die reibungslose Durchführung des öffentlichen Seeverkehrdienstes gewährleisten sollte. […] von ihnen bekundeten Interesse, es wurden […] Geheimhaltungsvereinbarungen unterzeichnet und […] Prospekte versandt. […] Unternehmen reichten bei der ersten Runde am 5. April 2005 ein Angebot ein. Bei der zweiten Runde am 17. Juni 2005 wurden drei Angebote ([…], […] und […]) sowie eine Interessensbekundung für eine Minderheitsbeteiligung ([…]) eingereicht. Bei der dritten Runde am 28. Juli 2005 gingen drei Angebote ein.

Am 14. September 2005 wurde jedes Unternehmen aufgefordert, bis zum 15. September 2005 ein verbindliches und endgültiges Angebot einzureichen. Während das Unternehmen […] verzichtete, erhielten die Dienststellen des Staates an diesen Tag zwei verbindliche Angebote über eine Kapitalzuführung und die Übernahme des gesamten Kapitals von den französischen Gruppen Butler Capital Partners (BCP) und […].

Am 28. September 2005 gab Frankreich in einer Pressemitteilung bekannt, nach gründlicher Prüfung der beiden Angebote das von der Gruppe BCP eingereichte Angebot berücksichtigt zu haben, das unter finanziellen Gesichtspunkten am annehmbarsten gewesen sei und den Interessen des Unternehmens, des öffentlichen Dienstes und der Beschäftigten am besten entsprochen habe. Das erste Angebot von BCP sah einen negativen Preis von […] Mio. EUR vor und stellte die niedrigste Schätzung des negativen Preises dar.

In diesem ersten Angebot der möglichen Übernahmeinteressenten wurde ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, das erste Angebot nach Durchführung der Audits anzupassen. Die französischen Behörden teilten mit, dass der ursprüngliche Preis im Anschluss an die am 16. Dezember 2005 übergebenen Audits aufgrund von objektiven Sachverhalten, die den rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext der Tätigkeit der SNCM beeinflussten und nach Einreichung des Angebots vom 15. September eingetreten sind, nach oben korrigiert wurde. Der negative Preis sei auf […] Mio. EUR geändert worden.

Die Verhandlungen zwischen den französischen Behörden und den zukünftigen Übernehmern ermöglichten es, diesen Betrag auf 142,5 Mio. EUR anzuheben, zuzüglich der Übernahme eines Teils der Krankenversicherungskosten der Rentenempfänger der SNCM (15,5 Mio. EUR).

(67)  Das interne Verfahren bei der SNCM zur Durchführung der Kapitalaufstockungs- und Privatisierungsvorgänge wurde offiziell am 12. April 2006 eingeleitet und sollte am 31. Mai 2006 abgeschlossen sein. Die Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital wurde allerdings bis zum 27. November 2007 nicht durchgeführt.

(68)  Dieser Mechanismus ist in Artikel II.2 der Vereinbarung vom 16. Mai 2006 vorgesehen, der vorsieht, dass dieses Konto „der Finanzierung des Anteils der Kosten [dient], die bei freiwilligen Abgängen oder Kündigungen von Arbeitsverträgen […] zusätzlich zu den Beträgen aller Art, die vom Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher und vertraglicher Bestimmungen zu zahlen wären, gezahlt würden“. Der Treuhänder hat „die Aufgabe, die Mittel auszuzahlen, sofern die Beschäftigten, die nicht innerhalb der Gruppe SNCM weiterbeschäftigt werden, das Unternehmen tatsächlich verlassen, und den Restbetrag der verwahrten Summe bei Ablauf des Treuhandauftrags freizugeben“. […]

(69)  Die vier Kriterien des Urteils Altmark lauten:

i)

Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein;

ii)

die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, müssen zuvor objektiv und transparent aufgestellt werden, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt;

iii)

der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken;

iv)

wenn die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.

(70)  Hierzu erinnern die französischen Behörden auch daran, dass die Ausgleichszahlungen auf der präzisen Grundlage von Verpflichtungen (Zahl der Überfahrten, Platzangebot, Ersatzfahrzeuge, Höchstpreise usw.) berechnet wurden und somit auf der Grundlage von Parametern, die in den 1991 und 1996 zwischen der SNCM und der zuständigen Gebietskörperschaft geschlossenen Fünfjahresverträgen aufgeführt waren, und dass in diesen Verträgen auch eine Anpassung der Ausgleichszahlung in Abhängigkeit von den Einnahmen vorgesehen war.

(71)  Im Besonderen hätten die französischen Behörden in ihrem Schreiben vom 8. Oktober 2002 (TREN/A/10050) Angaben gemacht, die geeignet seien nachzuweisen, dass die Struktur der Betriebskosten der SNCM im Zeitraum 1991—2001 mit der Kostenstruktur ähnlicher Unternehmen des Fahrgastseeverkehrs wie Brittany Ferries, Seafrance und CMN vergleichbar war. Im Hinblick auf die CMN hätten die französischen Behörden die Effizienz der SNCM durch Vergleichen der Aktivität der kombinierten Fracht-/Fahrgastschiffe beurteilt. Diese beiden Unternehmen seien nämlich in einem ähnlichen Umfeld mit fast gleichwertigen Schiffen (3 kombinierte Fracht-/Fahrgastschiffe bei der CMN und 4 kombinierte Fracht-/Fahrgastschiffe bei der SNCM) und zu gleichwertigen Zielen tätig. Anhand der für den Zeitraum 1991—2001 zusammengetragenen Daten habe überprüft werden können, dass sich die Produktivitätskennzahlen (Verhältnis zwischen Lohnkosten und Umsatz einerseits und den Überfahrten und Schiffen andererseits) für die Aktivität der kombinierten Fracht-/Fahrgastschiffe, die 1993 auseinanderdrifteten, im untersuchten Zeitraum nahe beieinander gelegen hätten. Diese Daten würden somit zeigen, dass sich die Produktivitätskennzahlen der SNCM in diesem Zeitraum an die eines durchschnittlichen Unternehmens der Branche angenähert haben.

(72)  ABl. L 50 vom 21.2.2002, S. 66. Die französischen Behörden erinnern daran, dass die Kommission nach dem Bericht des von ihr bestellten Sachverständigen über die von den französischen Behörden vorgelegten Buchführungs- und Betriebsführungsdaten in Erwägungsgrund 98 ihrer Entscheidung vom 30. Oktober 2001 zu dem Schluss gelangt ist, „dass die Beihilfen für das Konzessionsnetz nicht für die Finanzierung von Tätigkeiten verwandt wurden, bei denen die SNCM im Wettbewerb zu anderen Unternehmen steht. Durch die getrennte Buchführung für den öffentlichen Verkehrsdienst und die Prüfungen, die von den regionalen und nationalen Kontrollgremien durchgeführt wurden, lässt sich die Verwendung der Beihilfen für die Kontinuität der Festlandsverbindungen genau nachvollziehen.“

(73)  Die französischen Behörden hatten 2002 den strategischen Charakter der Beteiligung der SNCM an Sud-Cargos vertreten. Die Entwicklung im Güterverkehr (Ausbau des Containerverkehrs zu Lasten des Ro-Ro-Verkehrs), die Übernahme von Delmas, einem anderen Aktionär von Sud-Cargos, durch CMA CGM und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Sud-Cargos erklären ebenfalls, warum diese Beteiligung nicht mehr als strategisch betrachtet wurde und von der SNCM 2005 verkauft werden konnte.

(74)  Urteil des Gerichtshofs vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission (Rechtssache C-334/99, Slg. 2003, S. I-1139).

(75)  Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2005 über die staatliche Beihilfe, die Belgien zugunsten von ABX Logistics gewährt hat (C 53/2003 (ex NN 62/03)) (ABl. L 383 vom 28.12.2006, S. 21).

(76)  Entscheidung der Kommission vom 8. Juli 1999 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der Gröditzer Stahlwerke GmbH und ihres Tochterunternehmens Walzwerk Burg GmbH gewährt hat (ABl. L 292 vom 13.11.1999).

(77)  Dieser Bericht wurde der Kommission im März 2006 übermittelt und von der CGMF mit Unterstützung von Ernst & Young, dem gesetzlichen Rechnungsprüfer der SNCM, erstellt (nachstehend „Bericht der CGMF“ genannt).

(78)  Der am 29. März 2006 von Oddo Corporate Finance und der Kanzlei Paul Hastings erstellte Bericht (Bericht Oddo) wurde der Kommission am 7. April 2006 übermittelt. Er besteht in einer von der Agence des Participations de l’Etat (APE) angeforderten kritischen Prüfung der CGMF-Berichte und einem auf Gemeinschaftsebene als annehmbar beurteilten Liquidationskostenansatz.

(79)  Unter Berücksichtigung von Sachanlagen ([…] Mio. EUR) und Finanzanlagen ([…] Mio. EUR), Kundenforderungen ([…] Mio. EUR), sonstigen Forderungen ([…] Mio. EUR) und eines Liquiditätsdefizits von -[…] Mio. EUR. Frankreich teilte mit, dass dieser Wert bei einer realistischeren Schätzung, unter Berücksichtigung weiterer Finanzelemente […], Mio. EUR betragen würde.

(80)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission (Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Slg. 1994, S. I-4103).

(81)  Urteil Nr. 98-15129 der Cour de Cassation vom 6. Februar 2001. In dieser Rechtssache wurde das BRGM (Bureau de Recherches Géologiques et Minières), eine öffentliche Einrichtung, dazu verurteilt, die Unterdeckung der Tochtergesellschaft Mines de Salsignes in voller Höhe auszugleichen, weil sich der faktische Geschäftsführer, das BRGM, ungeachtet des Wissens um die Verschlechterung der Geschäftslage und der Warnungen schuldhaft verhielt, indem er das Unternehmen die Tätigkeit fortführen ließ.

(82)  Rechtssache Aspocomp Group Oyj; Urteil der Cour d’Appel von Rouen vom 22. März 2005.

(83)  Die Rendite einer OAT (Obligation Assimilable du Trésor, Schuldverschreibung des Staates) mit einer Laufzeit von 30 Jahren, 10 Jahren, 5 Jahren und 2 Jahren liegt zum Vergleich mit Stand vom 31. Oktober 2006 bei 3,95 %, 3,82 %, 3,75 % bzw. 3,72 %.

(84)  Entscheidung der Kommission vom 17. Juli 2002, Société Française de Production, K(2002) 2593 endg. (ABl. C 71 vom 25.3.2003, S. 3).

(85)  Einer unabhängigen Markstudie zufolge, die von Frankreich übermittelt wurde, hält CFF gegenwärtig fast […] % des Fahrgastmarkts, während der Markanteil der SNCM von 82 % in 2000 auf […] % in 2005 gesunken ist. Zudem verzeichnete CFF einen sehr starken Zuwachs auf dem Frachtmarkt, auf dem die SNCM dank ihrer Beteiligung an der CMN noch das größte Verkehrsunternehmen ist.

(86)  CFF erinnert daran, dass der Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst dem Unternehmen eine staatliche Finanzhilfe von durchschnittlich 64,3 Mio. EUR pro Jahr zusichere, d. h. insgesamt 321,5 Mio. EUR über 5 Jahre. Mit Artikel 5 des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst werde der SNCM ein Cashflow von 72,8 Mio. EUR garantiert. Darüber hinaus betont Corsica Ferries, dass von den Verlusten in Höhe von rund 40,6 Mio. EUR, die die SNCM im Jahr 2001 verzeichnete, 15 Mio. EUR aus der Abschreibung des Hochgeschwindigkeitsschiffs Liamone hergerührt hätten.

(87)  Im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens wurde angegeben, dass im Umstrukturierungsplan unter anderem die „Schließung der Strecke Bastia–Livorno mit den zugehörigen Anlagen“ vorgesehen sei.

(88)  Die von CFF geäußerte Kritik bezog sich auf folgende Aspekte: kein tatsächlicher Personalabbau, keine Mobilisierung der Beteiligungen der SNCM für die Umstrukturierungsbemühungen, keine Berücksichtigung des Wertzuwachses bei den Schiffen.

(89)  Der Betrag von 76 Mio. EUR würde nach Angaben von CFF den 500 Mio. französischen Francs (FRF) entsprechen, die das Unternehmen im neuen Zeitraum 2002—2006 an Mitteln für die Kontinuität der Festlandsverbindungen einbüßen dürfte.

(90)  Bezogen auf die Kennzahlen, die CFF selbst an einem Panel von zehn Seeverkehrsunternehmen erhoben hat. Diese Kennzahlen variieren zwischen 23,69 % (Moby Lines) und 55,09 % (Grimaldi) und betragen im Falle der CMN 49,7 %.

(91)  CFF nennt die Beteiligung von 50 % am Seeverkehrsunternehmen Sud-Cargos, die Beteiligung von 13 % an Amadeus, einem auf Buchungssysteme für den Luftverkehr spezialisierten Unternehmen, die Beteiligung an der CMN und das Immobilienvermögen der CGTH.

(92)  Referenzaktionär der CMN.

(93)  In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass das OTC gemeinsam mit der Gebietskörperschaft Korsika Konzessionsgeber für den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst ist.

(94)  Die meisten Stellungnahmen von CFF zum Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für die Verbindungen Marseille-Korsika betreffen das Vergabeverfahren für den neuen Vertrag für den Zeitraum 2007—2012/2013 und die von CFF vor den nationalen Gerichten eingereichten Klagen, die in der Folge von den nationalen Gerichten abgewiesen wurden.

(95)  Hierzu erinnert CFF daran, dass vor dem Tribunal de Commerce im zweiten Halbjahr 2005 das Verfahren zur Abwendung einer drohenden Insolvenz eingeleitet wurde und aufgrund der Verluste von schätzungsweise 30 Mio. EUR eine Konkursanmeldung denkbar gewesen wäre.

(96)  Nach Angaben von CFF erwähnt die Cour de Cassation in der Rechtssache „Mines et produits chimiques de Salsignes“ in keiner Weise eine direkte Haftung des Staates im Fall der Liquidation eines Unternehmens, an dem er Anteile hält, sondern nur, dass es möglich sei, eine öffentliche Einrichtung mit gewerblichen Interessen auf Zahlung von Sozialverbindlichkeiten zu verklagen, und dass es deren Geschäftsführern nicht möglich sei, sich ihren Verpflichtungen unter Berufung auf die Intervention der öffentlichen Hand zu entziehen.

Zur Anwendbarkeit der Rechtsprechung der Cour d’Appel de Rouen in der Rechtssache „Aspocomp“ auf den vorliegenden Fall macht CFF geltend, dass dieses Urteil, in dem es um die Verurteilung einer Muttergesellschaft zur Zahlung von Entschädigungen an die Beschäftigten eines Tochterunternehmens wegen „Nichteinhaltung einer Vereinbarung“, die von der Muttergesellschaft bestätigt worden war, ging, mit den Umständen im Fall SNCM nichts zu tun habe. Ein konkretes Risiko, dass CGMF oder der Staat im Fall der Liquidation zur Zahlung von Abfindungen verurteilt würde, sei daher nicht gegeben. Im Übrigen bezweifelt CFF die geschätzte Höhe der übrigen Sozialkosten, da diese offensichtlich je nach den Sachverständigen, die mit der Ermittlung beauftragt wurden, abweichen würden.

(97)  Nach Auffassung von CFF hätte bei der Schätzung der Vermögenswerte in den Berichten Oddo und CGMF der tatsächliche Wert der Schiffe berücksichtigt werden müssen, den die SNCM bei der Einreichung ihres Angebots für den Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst angegeben habe.

(98)  Nach Angaben von CFF besteht Frankreich darauf, dass die Verbindung nach Nizza wesentlich sei, dass die Größe der Flotte erhalten bleiben müsse und dass es sich bei der Beteiligung der SNCM an der Gruppe CMN um eine strategische Beteiligung handle.

(99)  Am 1. Januar 2007, mit der Indienststellung der Superfast X.

(100)  CFF schlägt vor, die angebotenen Kapazitäten auf jedem der Wettbewerbsmärkte (Nizza, Tunesien, Algerien) auf den Stand von 2005 zu begrenzen, keine neuen Strecken zu eröffnen und die Verbindung Marseille–Korsika zur Einsparung von Kosten mit kombinierten Fracht-/Fahrgastschiffen zu bedienen.

(101)  Die SNCM habe unter Verstoß gegen Artikel 2 der Entscheidung der Kommission von 2003 neue Schiffe angeschafft. Im Übrigen habe die SNCM unter Verstoß gegen Artikel 3 der Entscheidung der Kommission ihre Beteiligung an der CCM nicht veräußert. Schließlich betreibe die SNCM seit 2003 unter Verstoß gegen Artikel 4 dieser Entscheidung eine aggressive Preispolitik mit Preisen, die unter denen von CFF lägen (Tickets für gleiche oder vergleichbare Beförderungsdienste um bis zu 30 % günstiger).

(102)  Zum einen aufgrund mangelnder Kenntnis der Buchführungs- und Rechnungslegungsmethoden der beiden Unternehmen und zum anderen, weil sich die CMN nicht an einer solchen Untersuchung beteiligt habe.

(103)  Nach Angaben der STIM hat die SNCM ihre Betriebsergebnisse absichtlich zu niedrig angesetzt. Dem Audit eines unabhängigen Sachverständigen für Rechnung des Office des Transports de Corse zufolge habe sich das Gesamtdefizit der SNCM auf den Verbindungen nach Korsika für die Jahre 1996—2001 auf 125 Mio. französische Francs (rund 19 Mio. EUR) belaufen, wobei das außerordentliche Ergebnis von 2001 nicht berücksichtigt worden sei.

(104)  Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission (Rechtssachen C-328/99 und C-399/00, Slg. 2003, S. I-4035).

(105)  Aus den in diesem Bericht angeführten Fakten geht hervor, dass […].

(106)  Zur Stützung eines Berichts des Rechnungshofs wird in dem Bericht beispielsweise angegeben, dass […].

(107)  Aus den in diesem Bericht angeführten Fakten geht hervor, dass […].

(108)  Der Staat hat beispielsweise […].

(109)  Der Bericht nennt unter anderem folgende Geschäftsführungsfehler: […].

(110)  Der Schiffsbestand sei verringert worden, und das Programm zur Veräußerung von Vermögenswerten laufe planmäßig. Die Verbindungen seien umverteilt worden, und der Maßnahmenplan zur Verringerung der Vorleistungen zeige erste Ergebnisse. Der Beschäftigungsteil des Projekts werde Zug um Zug umgesetzt.

(111)  Die von Corsica Ferries für die CMN für das Jahr 2001 genannte Kennzahl von 0,497 sei nicht richtig, da die flüssigen Mittel unter den Aktiva der Bilanz nicht berücksichtigt worden seien. Nach entsprechender Berichtigung betrage die Kennzahl der CMN 0,557. Den französischen Behörden zufolge sei ein solches Niveau für die CMN in jedem Fall dennoch unzureichend, was die schwierige Liquiditätslage der CMN im Jahr 2002 zeige. CMN habe bis zu 8. Mio. EUR an Krediten bei Stef-TFE aufnehmen müssen, um ein von den Banken nicht gedecktes Liquiditätsdefizit zu finanzieren.

(112)  In seinem Schreiben vom 9. Januar 2003 zitierte der Conseil Régional von Provence-Alpes-Côte d’Azur die Marktanalyse, die der Kommission im Rahmen der Anmeldung übermittelt worden war und ihm offensichtlich in Kopie vorlag, wobei er folgende Äußerung unterstrich: „Das Angebot [auf der Verbindung zwischen Korsika und dem französischen Festland] ist im Verhältnis zur Nachfrage überdimensioniert. Die Auslastung der Schiffe variiert im Schnitt zwischen 20 % im Winter und 50 % im Sommer.“

(113)  Im Besonderen widerlegt sie die Schätzung des Unternehmenswerts auf fast 350 Mio. EUR seitens STIM. Darin seien nur Bilanzposten berücksichtigt, die die Bewertung anhand der buchmäßigen Eigenmittel ermöglichen (außerordentliche Abschreibungen, restlicher Wertzuwachs der Schiffe usw.), während Passivposten, die sich negativ auf die Bewertung auswirken würden, nicht berücksichtigt worden seien. Diese rein buchmäßige Berechnungsmethode entspreche nicht der wirtschaftlichen Realität eines Seeverkehrsunternehmens wie der SNCM, in deren Bilanz Vermögenswerte von Wert, aber mit eingeschränkter Rentabilität, und erhebliche außerbilanzmäßige Passiva ausgewiesen seien.

(114)  Siehe beispielsweise das Urteil des Gerichtshofs vom 10. Januar 2006, Ministero dell’Economia e delle Finanze/Cassa di Risparmio di Firenze (Rechtssache C-222/04, Slg. 2006, S. I-289, Randnr. 129).

(115)  ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7.

(116)  ABl. L 378 vom 31.12.1986, S. 1.

(117)  Die Kommission braucht nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, sondern es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (Urteile des Gerichts vom 8. Juni 1995, Siemens/Kommission (Rechtssache T-459/93, Slg. 1995, S. II-1675, Randnr. 31) und vom 13. Juni 2000, EPAC/Kommission (Rechtssachen T-204/97 und T-270/97, Slg. 2000, S. II-2267, Randnr. 35).

(118)  Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission (Rechtssache T-289/03).

(119)  Siehe hierzu Entscheidung der Kommission vom 30. Oktober 2001 über die staatlichen Beihilfen Frankreichs zugunsten der SNCM (ABl. L 50 vom 21.2.2002, S. 66).

(120)  Vermindert um die Gewinne aus der Veräußerung einiger Schiffe.

(121)  Für diese beiden Jahre, die den beiden letzten Jahren entsprechen, in denen der Vertrag von 1996 zur Anwendung kam, konnten im Sachverständigenbericht — da damals keine entsprechenden Daten vorlagen — keine Betriebsbuchführungsergebnisse für die Verbindung nach Korsika berechnet werden.

(122)  Daten aus der Entscheidung 2002/149/EG.

(123)  Für das Hochgeschwindigkeitsschiff Liamone wurden 2001 Rückstellungen in Höhe von 14,8 Mio. EUR gebildet. Sie sollten die jährlichen Kosten des Schiffs auf das Kostenniveau eines Schiffs senken, das für die neuen Auflagen auf dieser Strecke geeignet war und zu gleichen Bedingungen finanziert wurde. Diese Rückstellung wurde nach Buchführungsgrundsätzen gebildet, auf deren Grundlage ein Unternehmen seine Bilanz durch Berücksichtigen einer außerordentlichen Abschreibung berichtigen muss, wenn es feststellt, dass der tatsächliche Wert oder der Marktwert eines seiner Vermögenswerte unter dem Buchwert liegt.

(124)  Gemäß ihrer Entscheidungspraxis ist es für die Kommission unerheblich, welches Mittel der Mitgliedstaat zum Ausgleich einsetzt, sofern sie nachprüfen kann, dass keine Quersubvention zugunsten wettbewerbsbestimmter Tätigkeiten vorliegt. Siehe insbesondere die Entscheidung der Kommission vom 12. März 2002 über die staatliche Beihilfe, die Italien zugunsten der Poste Italiane SpA gewährt hat (ABl. L 282 vom 19.10.2002, S. 29), und die Entscheidung der Kommission vom 23. Juli 2003 über die Kapitalerhöhung von 297,5 Mio. EUR zugunsten von La Poste Belge/De Post (ABl. C 241 vom 8.10.2003, S. 13).

(125)  Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass die Kommission im Jahr 1997 die Leitlinien der Gemeinschaft für Beihilfen im Seeverkehr aufgestellt hat. Darin werden die Bedingungen festgelegt, unter denen Beihilfen, die als Gegenleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gewährt werden, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können (ABl. C 205 vom 5.7.1997, S. 5).

(126)  Siehe Entscheidung 2002/149/EG der Kommission (ABl. L 50 vom 21.2.2002, S. 66).

(127)  Zahlungsbedingungen für den finanziellen Beitrag des Staates gemäß Ziffer IV des Fünfjahresvertrags zwischen der SNCM und dem OTC für den Zeitraum 1996—2001.

(128)  Wie in Fußnote 71 dieser Entscheidung angegeben, hat die Kommission überprüft, dass über die Erbringung dieser Leistungen für den untersuchten Zeitraum getrennt Buch geführt wurde.

(129)  Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem ursprünglich angemeldeten Betrag (76 Mio. EUR) und dem für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gezahlten Betrag (53,48 Mio. EUR).

(130)  Urteil des Gerichtshofs vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission (Rechtssache C-334/99, Slg. 2003, S. I-1139, Randnr. 142).

(131)  Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten — Anwendung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag und des Artikels 5 der Kommissionsrichtlinie 80/723/EWG über öffentliche Unternehmen in der verarbeitenden Industrie (ABl. C 307 vom 13.11.1993, S. 3), Randnr. 11. Diese Mitteilung betrifft zwar die verarbeitende Industrie, gilt jedoch in gleicher Weise für alle anderen Wirtschaftssektoren.

(132)  Siehe insbesondere das Urteil des Gerichts vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale/Kommission (Rechtssache T-233/99, Slg. 2003, S. II-435).

(133)  Urteil des Gerichts vom 21. Januar 1999, Neue Maxhütte Stahlwerke GmbH und Lech-Stahlwerke GmbH/Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Rechtssachen T-2/96 und T-129/95, Slg. 1999, S. II-17, Randnr. 116).

(134)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission (Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Slg. 1994, S. I-4103).

(135)  Urteil des Gerichtshofs vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission (Rechtssache C-334/99, Slg. 2003, S. I-1139).

(136)  Entscheidung 98/204/EG der Kommission vom 30. Juli 1997 über die bedingte Genehmigung der der GAN-Gruppe durch Frankreich gewährten Beihilfen (ABl. L 78 vom 16.3.1998, S. 1).

(137)  Siehe hierzu die Entscheidung 2006/947/EG vom 7. Dezember 2005 über die staatliche Beihilfe, die Belgien zugunsten von ABX Logistics gewährt hat (ABl. L 383 vom 28.12.2006, S. 21).

(138)  Siehe in diesem Sinne das Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission (Slg. 1991, S. I-1433).

(139)  Siehe beispielsweise die Entscheidung 92/266/EWG der Kommission vom 27. November 1991 betreffend die Rekonversionstätigkeit der französischen staatlichen Industrieunternehmen (ohne Stahl, Kohle und die Compagnie générale maritime) nach Artikel 92 und 94 EWG-Vertrag (ABl. L 138 vom 21.5.1992, S. 24). Siehe auch die Sozialpläne, auf die weiter unten verwiesen wird.

(140)  Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass von den betroffenen Beschäftigten rund die Hälfte Zeitarbeitskräfte oder vor Ort tätige Mitarbeiter von Subunternehmen waren. Daher ist davon auszugehen, dass die Kosten je Beschäftigten für die 5 000 Mitarbeiter der Stammbelegschaft von Airbus deutlich höher waren.

(141)  Nach einer Ausschreibung beauftragte die Kommission den unabhängigen Sachverständigen Moore Stephens, Chartered Accountants, dessen Abschlussbericht am 25. Januar 2008 vorgelegt wurde.

(142)  Es handelt sich um die folgenden 7 Schiffe: Corse, Île de Beauté, Méditerranée, Napoléon Bonaparte, Paglia Orba, Monte d’Oro, Monte Cino.

(143)  Dieser Abschlag von […] Mio. EUR (somit durchschnittlich […] bis […] % des Bruttomarktwerts) wird unter anderem mit der Besonderheit der Schiffe der SNCM begründet, die an die vom Unternehmen bedienten Verbindungen angepasst sind, durch den Zustand der Schiffe und durch den Kontext eines Verkaufs der gesamten Flotte (insbesondere die schwache Position des Verkäufers). Die Bewertung von BRS beruht vor allem auf der Annahme eines Verkaufs von Schiffen, die einwandfrei in Ordnung und auf dem neuesten Stand sind, instand gehalten wurden und unter normalen Bedingungen betrieben werden.

(144)  Geschätzt auf […] Mio. EUR.

(145)  Das Rechtsprechungsrisiko wird mit der Wahrscheinlichkeit gerechtfertigt, dass der Konkursverwalter gezwungen ist, die Schiffe sehr schnell zu verkaufen, und mit dem Überangebot auf einem Markt mit begrenzter Aufnahmekapazität.

(146)  Hinsichtlich der Immobilien (darunter der Geschäftssitz der SNCM) geben die französischen Behörden an, dass der Liquidationswert auf der Bewertung eines Immobiliensachverständigen von November 2003 beruht, die um + […] % berichtigt wurde, um der Preissteigerung Rechnung zu tragen.

(147)  Die Finanzanlagen betreffen im Wesentlichen die Beteiligungen der SNCM an Sud-Cargos, Aliso, CGTH, CMN und Ferrytour.

(148)  Dieser Posten betrifft im Wesentlichen Forderungen gegen den Staat, insbesondere den Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen für September 2005, und die Erstattung der Arbeitgeber-Sozialabgaben für das Geschäftsjahr 2004 durch die Assedic.

Quelle: Bericht Oddo-Hastings, Bericht des Sachverständigen der Kommission.

(149)  Dabei handelt es sich um eine Verpflichtung, die mit Artikel L.321-13 Code du travail (Arbeitsgesetzbuch) eingeführt wurde und eine Entschädigung des Arbeitgebers bei Entlassung eines mehr als 50 Jahre alten Arbeitnehmers vorsieht.

(150)  Kosten für die Wiederbelebung des Arbeitsmarktgebiets ([…] Mio. EUR), Kosten für individuelle Wiedereingliederungsmaßnahmen ([…] Mio. EUR), Kosten für das Mobilitätsbüro (Cellule Mobilité), das als Anlaufstelle dient und bei der beruflichen Wiedereingliederung unterstützt ([…] Mio. EUR).

(151)  Kosten für die Freisetzung von Personal, das bei der SNCM unter Vertrag ist, aber bei verbundenen Unternehmen eingesetzt wird, und für Personal der liquidierten Tochterunternehmen ([…] Mio. EUR) sowie Kosten für Rechtsstreitigkeiten aufgrund der Kündigung und Klagen auf Umwandlung des Arbeitsvertrags ([…] Mio. EUR).

(152)  Am 30. September 2005 betrieb die SNCM drei geleaste Schiffe: das Hochgeschwindigkeitsschiff Liamone (Eigentum der GIE (Wirtschaftliche Interessengemeinschaft) Véronique Bail), die Danielle Casanova (GIE Joliette Bail) und die Pascal Paoli (GIE Castellane Bail).

(153)  Dieser Bewertung liegen folgende Annahmen zugrunde:

Die SNCM beendet ihre Leasingverträge zum 30. September 2005, was bedeutet, dass die Schiffe ihren jeweiligen Eigentümern (GIE) zurückgegeben werden und keine Leasingrate bezahlt wird;

die Kaufoptionen können nicht ausgeübt werden;

die Schiffe werden von den Kredit gebenden Banken der GIE zum 30. September 2005 verkauft; der Nettoerlös aus dem Verkauf der Schiffe wird vorrangig zur Tilgung der Bank- und Steuerverbindlichkeiten verwendet.

(154)  Die Schiffe Napoléon Bonaparte und Paglia Orba sichern die zu ihrer Finanzierung dienenden Schiffsdarlehen ab.

(155)  Dieser Posten beruht auf der Klausel, der zufolge sich die SNCM verpflichtet, einen Teil der Krankenversicherungskosten für ihre Rentner zu übernehmen.

(156)  Bis zum Abschluss der Liquidation. Die Zwischenverluste beruhen auf der Annahme der Lohn- und Gehaltszahlung über einen einzigen Monat. Sie beinhalten auch die Stilllegungskosten für die eigenen Schiffe, die vom Wert der Aktiva nicht abgezogen wurden. Diese Kosten entsprechen den Kosten der Liegezeit der Schiffe am Kai bis zu ihrem Verkauf.

(157)  Die nicht bevorrechtigten Verbindlichkeiten schlüsseln sich wie folgt auf: Rückstellungen ([…] Mio. EUR), Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen ([…] Mio. EUR), Lieferungen und Leistungen ([…] Mio. EUR), allgemeine Vertretung ([…] Mio. EUR), Verbindlichkeiten Gruppe und verbundene Unternehmen ([…] Mio. EUR), passive Rechnungsabgrenzung ([…] Mio. EUR).

Quelle: Bericht Oddo-Hastings, Bericht des Sachverständigen der Kommission.

(158)  Da die SNCM in vielen Fällen wiederholt befristete Arbeitsverträge geschlossen hat.

(159)  In ihrer Entscheidung 2006/947/EG vom 7. Dezember 2005 über die staatliche Beihilfe, die Belgien zugunsten von ABX Logistics gewährt hat (ABl. L 383 vom 28.12.2006, S. 21), gab die Kommission an: „Die Kommission bestreitet keineswegs, dass in gewissen Ausnahmefällen in manchen einzelstaatlichen Rechtsordnungen die Möglichkeit für Dritte vorgesehen ist, gegen die Anteilseigner einer liquidierten Gesellschaft vorzugehen, insbesondere wenn diese Anteilseigner als […] angesehen werden können und/oder vermeintlich Managementfehler begangen haben. Im vorliegenden Fall besteht zwar im französischen Recht diese Möglichkeit und haben die belgischen Behörden eine Reihe von Hinweisen auf ein solches Risiko vorgelegt, doch haben sie die in diesem Dossier festgehaltenen und bei der Ausweitung des Verfahrens im April 2005 geäußerten Zweifel nicht hinreichend ausräumen können. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass es im vorliegenden Fall nicht legitim ist, zu den Kosten dieses Szenarios die nach Aussage der belgischen Behörden mit dem Risiko von […] zusammenhängenden 58 Mio. EUR zu zählen.“

(160)  Mitteilung der Kommission über die Beihilfe Frankreichs an die Société Marseillaise de Crédit (ABl. C 49 vom 19.2.1997, S. 2).

(161)  D. h. den aktualisierten Nettowert des Risikos einer zukünftigen Verteilung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die Personen, die beschuldigt werden, für die Verbindlichkeiten verantwortlich zu sein, gegen eine solche Behauptung zur Wehr setzen würden.

(162)  Gesetz Nr. 85-98 vom 25. Januar 1985 über die Sanierung und gerichtliche Liquidation von Unternehmen, kodifiziert im Code de Commerce in den Artikeln L620-1 ff.; Gesetz Nr. 2005-845 vom 26. Juli 2005 über die Rettung, Sanierung und Liquidation von Unternehmen, kodifiziert in den Artikeln 620-1 bis 670-8 Code de Commerce.

(163)  Das Szenario der Auflösung eines Rettungsplans ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da das genannte Gesetz von 2005 erst danach in Kraft getreten ist. Den der Kommission vorliegenden Angaben zufolge lässt nichts darauf schließen, dass eine mögliche gerichtliche Sanierung der SNCM gescheitert wäre.

(164)  Gemäß den einschlägigen Gesetzen fallen öffentliche Unternehmen mit privatrechtlicher Rechtsform in den Anwendungsbereich der genannten Gesetze zur Regelung der gerichtlichen Liquidation. Zudem ermöglicht die Gesetzgebung die Heranziehung juristischer Personen des öffentlichen Rechts zur Haftung als Geschäftsführer im Rahmen einer Ausfalldeckungsklage.

(165)  Nach der französischen Rechtsprechung muss ein faktischer Geschäftsführer wiederkehrend positive Geschäftsführungshandlungen begangen haben.

(166)  Erwiderung der französischen Behörden auf einige von der SNCM übermittelte Äußerungen (siehe Randnummer 172 dieser Entscheidung).

(167)  Es ist interessant festzustellen, dass es neben den klassischen Lohnforderungen gerichtliche Lohnforderungen gibt, die durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung begründet sind. Im vorliegenden Fall ruft der Arbeitnehmer das Arbeitsgericht an, um über die Begründetheit seines Antrags entscheiden zu lassen, und wenn diesem Antrag stattgegeben wird, wird er in das Forderungsverzeichnis des Unternehmens aufgenommen.

(168)  Urteil der Cour de Cassation Nr. 91-20554 vom 30. November 1993, Bull. civ. IV, Nr. 440, S. 319.

(169)  Diese Bewertung erfolgte durch Sorgem Evaluation, Finanzanlageberater. Der Verfasser der Bewertung, Maurice Nussenbaum, ist Finanzsachverständiger an der Cour d’Appel de Paris und von der Cour de Cassation zugelassen.

(170)  Erwiderung der französischen Behörden auf einige von der SNCM übermittelte Äußerungen (siehe Randnummer 174 dieser Entscheidung).

(171)  Erwiderung der französischen Behörden auf einige von der SNCM übermittelte Äußerungen (siehe Randnummern 175 und 176 dieser Entscheidung).

(172)  Erwiderung der französischen Behörden auf einige von der SNCM übermittelte Äußerungen (siehe Randnummern 175 und 176 dieser Entscheidung).

(173)  Bureau de Recherches Géologiques et Minières (BRGM).

(174)  Siehe beispielsweise das Urteil der Cour de Cassation Nr. 98-15129 vom 6. Februar 2001.

(175)  Siehe insbesondere die beiden Urteile der Cour d’Appel de Rouen vom 22. März 2005 — Urteil Nr. RG 04/02549 Aspocomp Group Oyj und Urteil Nr. RG 01/02667 — 04/02675.

(176)  Unter Berücksichtung der Tatsache, dass die Personen, die beschuldigt sind, diesen Plan schuldhaft ausgesetzt zu haben, sich wahrscheinlich heftig verteidigt hätten, um nicht haftbar gemacht zu werden.

(177)  Cass. com., 19. April 2005, Métaleurop.

(178)  Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag auf Beteiligungen der öffentlichen Hand am Kapitel von Unternehmen, Bull. EG 9/1984, Ziffer 3.2. iii.

(179)  Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2000 Alitalia/Kommission (Rechtssache T-296/97, Slg. 2000, S. II-3871).

(180)  Siehe beispielsweise das Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996, Air France/Kommission (Rechtssache T-358/94, Slg. 1996, S. II-2109, Randnr. 70).

(181)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission (Rechtssache C-301/87, Slg. 1990, S. I-307, Randnr. 40).

(182)  Siehe Mitteilung zu einer möglichen staatlichen Beihilfe bei der geplanten Zuführung öffentlichen Kapitals zum Kapital von Klöckner Stahl (ABl. C 390 vom 31.12.1994, S. 1).

(183)  Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juli 1996, SFEI (Rechtssache C-39/94, Slg. 1996, S. I-3547, Randnr. 60).

(184)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission (Rechtssache C-301/87, Slg. 1990, S. I-307, Randnr. 41).

(185)  Urteil des Gerichts vom 29. September 2000, Confederación Española de Transporte de Mercancías (CETM)/Kommission (Rechtssache T-55/99, Slg. 2000, S. II-03207, Randnr. 82).

(186)  Urteil des Gerichtshofs vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission (Rechtssache C-173/73, Slg. 1974, S. 709, Randnr. 33).

(187)  Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 2001, HJ Banks (Rechtssache C-390/98, Slg. 2001, S. I-6117, Randnr. 33).

(188)  Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2004, Salzgitter/Kommission (Rechtssache T-308/00, Slg. 2004, S. II-1933, Randnr. 79). Siehe auch Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung (ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3. Randnr. 16).

(189)  Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2006, Portugal/Kommission (Rechtssache C-88/03, Slg. 2006, S. I-7115, Randnr. 56).

(190)  Urteil des Gerichtshofs vom 8. November 2001, Adria Wien Pipeline GmbH (Rechtssache C-143/99, Slg. 2001, S. I-8365, Randnr. 41).

(191)  Siehe beispielsweise die Entscheidung der Kommission vom 10. Oktober 2007 über die Reform des Zusatzrentensystems für den griechischen Bankensektor (ABl. C 308 vom 19.12.2007, S. 9) und die Entscheidung der Kommission vom 10. Oktober 2007 über staatliche Beihilfen, die Frankreich im Zusammenhang mit der Finanzierungsreform für die Ruhegehälter der bei La Poste beschäftigten Beamten gewährt hat (ABl. L 63 vom 7.3.2008, S. 16).

(192)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 17. Juli 2002 zur Société française de production (ABl. C 71 vom 25.3.2003, S. 3): „Die Finanzierung eines Personalabbauplans, der es einem Unternehmen ermöglicht, sich eines Teil seines Personals zu entledigen, ohne die Kosten dafür voll zu tragen, durch den Staat ist ein selektiver Vorteil, der unter das Verbot staatlicher Beihilfen fallen kann. Die Durchführung zusätzlicher Sozialmaßnahmen zugunsten der entlassenen Arbeitnehmer aus öffentlichen Mitteln, ohne den Arbeitgeber von seinen normalen Kosten zu entlasten, fällt dagegen unter die Sozialpolitik der Mitgliedstaaten und stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar. […] Die SFP wird diese Kosten in voller Höhe übernehmen. Die zusätzlichen Sozialmaßnahmen zugunsten der entlassenen Arbeitnehmer der SFP, die nach dem Ausscheiden dieser Arbeitnehmer aus dem Unternehmen durchgeführt werden, befreien das Unternehmen nicht von seinen Verpflichtungen und enthalten keine staatliche Beihilfe zugunsten der SFP.“

(193)  Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich angemeldeten Betrag (76 Mio. EUR) und dem als Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen genehmigten Betrag (53,48 Mio. EUR).

(194)  ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2.

(195)  ABl. C 205 vom 5.7.1997, S. 5.

(196)  Siehe Ziffer 30 der Leitlinien von 1999.

(197)  Genannte Entscheidung.

(198)  Geregelte Rückstellungen sind Aufwendungen, die in Anwendung der Steuervorschriften verbucht werden.

(199)  Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission (Rechtssache C-482/99, Slg. 2002, S. I-4397, Randnr. 71).

(200)  Die erste alternative Methode, die sich auf das zur Finanzierung der bestehenden Flotte benötigte Eigenkapital stützt, erscheint insofern ungeeignet, als die französischen Behörden bei dieser Berechnung den Anschaffungswert der Flotte und nicht den Marktwert im Jahr 2002 zugrunde legten. Müsste mit der gleichen Flotte wie der Flotte der SNCM in ihrem heutigen Zustand ein neues Unternehmen gegründet werden, müsste dieses dafür Eigenmittel proportional zum Anschaffungswert sämtlicher Schiffe und nicht zum Herstellungswert der Schiffe beschaffen. Im Übrigen werden bei einem solchen Ansatz die übrigen harten Vermögenswerte wie das Buchungsinformationssystems oder die Immobilien des Geschäftssitzes nicht berücksichtigt.

Die zweite alternative Methode, die auf den Ausgaben der SNCM beruht, erscheint der Kommission geeigneter. Allerdings möchte die Kommission den Wert von 41,7 Mio. EUR für die Verluste aus Vorjahren überprüfen, insbesondere zur Berücksichtigung des Ergebnisses für 2002 und der Verluste, die vor 1999 allein für die Verbindung nach Korsika entstanden sind.

(201)  Der unabhängige Sachverständige der Kommission hat die tatsächlichen Kosten des Umstrukturierungsplans von 2002 auf der Grundlage der Bücher der SNCM mit […] veranschlagt.

(202)  Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission (Rechtssache C-482/99, Slg. 2002, S. I-4397, Randnr. 71).

(203)  Siehe Tabelle 2 dieser Entscheidung. Dieser Betrag beinhaltet die zum Zeitpunkt der Entscheidung von 2003 veräußerten Vermögenswerte, d. h. die Schiffe Napoléon, Monte Rotondo und Liberté, sowie die veräußerten Immobilien (Immobilienkomplex Schuman und SCI Espace Schuman).

(204)  Siehe Ziffer 48 der Leitlinien.

(205)  Siehe Anhang I.

(206)  Am 11. Dezember 2007 haben VT und ein dritter Käufer einen Vorvertrag für die Jean Nicoli geschlossen; die Eigentumsübertragung erfolgte im April 2008.

(207)  Der Kommission mit Schreiben vom 23. Juni 2004 mitgeteilt.

(208)  In diesem Betrag ist der Verkauf von SCI Espace Schuman ([…] Mio. EUR) vom 24. Juni 2003 berücksichtigt, nicht jedoch der negative Reinerlös aus dem Verkauf des Schiffs Aliso ([…] Mio. EUR) vom 30. September 2004.

(209)  Das Schiff Asco, die Beteiligung an Sud-Cargos und den Immobilienbestand.

(210)  Nach Ansicht der Kommission sind im Rahmen der Würdigung der Einhaltung von Artikel 4 der Entscheidung von 2003 die Referenzpreise zu berücksichtigen, d. h. die Preise auf Werbeträgern oder in öffentlichen Mitteilungen, die die SNCM herausgibt. Diese Auflage betrifft nicht die Preise aus dem Buchungsinformationssystem der SNCM, da diese Tarife sowohl bei der SNCM als auch bei ihren Wettbewerbern durch das „yield management“ kontingentiert sind. Die Parametrierung dieser Systeme ermöglicht es nicht, sich über Sonderpreise der Wettbewerber der SNCM zu informieren und dadurch das Nichtbestehen einer „price leadership“ der SNCM zu überprüfen.

(211)  Anhand der von den französischen Behörden vorgelegten Informationen stellt sich in der Tat heraus, dass die SNCM zwischen dem 9. Juli 2003 und dem 16. März 2005 über ihre Unternehmenskommunikation, ihre Werbekampagnen oder andere veröffentlichte Dokumente niemals niedrigere Preise als ihre Wettbewerber angegeben hat.

(212)  Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Nettoliquiditätsbedarf der SNCM (19,75 Mio. EUR) und dem Reinerlös aus der Veräußerung von Aktiva gemäß der Entscheidung von 2003 ([…] Mio. EUR aus dem Verkauf des Schiffs Aliso und der Beteiligungen an Southern Trader, Someca und Amadeus). Die Gesamtkapitalzuführung des Staates an die SNCM beträgt dadurch 69,29 Mio. EUR.


ANHANG I

TENOR DER ENTSCHEIDUNG VON 2003

Artikel 1

Die Umstrukturierungsbeihilfe, die Frankreich zugunsten der Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM) erbringen möchte, ist vorbehaltlich der in Artikel 2 bis 5 festgelegten Auflagen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Die SNCM unterlässt ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung bis zum 31. Dezember 2006 die Beschaffung neuer Schiffe sowie die Unterzeichnung von Verträgen über den Bau, die Bestellung oder die Charterung neuer oder generalüberholter Schiffe.

Die SNCM darf ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung bis zum 31. Dezember 2006 nur die 11 Schiffe betreiben, die sich bereits im Besitz der SNCM befinden, d. h. die Napoléon Bonaparte, die Danielle Casanova, die Île de Beauté, die Corse, die Liamone, die Aliso, die Méditerranée, die Pascal Paoli, die Paglia Orba, die Monte Cinto und die Monte d’Oro.

Muss die SNCM aufgrund von Ereignissen, die sich ihrem Einfluss entziehen, eines ihrer Schiffe vor dem 31. Dezember 2006 ersetzen, kann die Kommission eine entsprechende Ersatzlieferung auf der Grundlage einer von Frankreich in geeigneter Weise begründeten Notifizierung genehmigen.

Artikel 3

Die SNCM-Gruppe veräußert sämtliche direkten oder indirekten Beteiligungen an folgenden Unternehmen:

Amadeus France;

Compagnie Corse Méditerranée;

Société civile immobilière Schuman;

Société Méditerranéenne d’Investissements et de Participations;

Someca.

Statt die Beteiligungen an der Société Méditerranéenne d’Investissements et de Participations zu verkaufen, kann die SNCM auch den einzigen Vermögenswert dieses Unternehmens, die Southern Trader, verkaufen und dieses Tochterunternehmen schließen.

Die Veräußerungen können nach Ermessen der französischen Behörden entweder durch öffentliches Verkaufsangebot oder durch öffentliche Interessenbekundung mit vorheriger Veröffentlichung mit einer Bietefrist von mindestens zwei Monaten erfolgen.

Frankreich übermittelt der Kommission die Nachweise für sämtliche Veräußerungen. Unzureichende bei der SNCM eingehende Angebote dürfen nicht als Grund für die Nichtveräußerung geltend gemacht werden. Gehen keine Angebote ein und kann Frankreich nachweisen, dass sämtliche erforderlichen Veröffentlichungsmaßnahmen getroffen wurden, gilt die in Absatz 1 formulierte Auflage als erfüllt.

Artikel 4

Auf sämtlichen Strecken nach Korsika unterlässt die SNCM ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung bis zum 31. Dezember 2006 sämtliche preispolitischen Maßnahmen im Zusammenhang mit den angebotenen Preisen, durch die niedrigere Preise als die Preise sämtlicher Wettbewerber für gleiche Ziele und Dienste sowie für identische Termine angeboten werden sollen.

Die Kommission behält sich die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens in sämtlichen Fällen vor, in denen eine Nichteinhaltung der Bedingungen dieser Entscheidung, insbesondere der Bedingung gemäß Absatz 1, festgestellt wird.

Die in Absatz 1 formulierte Bedingung ist erfüllt, wenn die niedrigsten von der SNCM angebotenen Preise Tag für Tag über den niedrigsten von sämtlichen Wettbewerbern angebotenen Sonderpreisen für gleichwertige Ziele und Dienste liegen.

Die in Absatz 1 festgelegte Bedingung gilt nicht, sobald die Preise dieser Wettbewerber die inflationsbereinigten Preise der SNCM aus dem Bezugsjahr 1996 überschreiten.

Frankreich teilt der Kommission vor dem 30. Juni jeden Jahres sämtliche benötigten Informationen mit, anhand derer nachgewiesen wird, dass diese Bedingung für das vorangegangene Haushaltsjahr auf sämtlichen Strecken nach oder von Korsika erfüllt wurden.

Artikel 5

Entsprechend den Verpflichtungen der französischen Behörden im Umstrukturierungsplan wird die jährliche Zahl der Hin- und Rückfahrten der Schiffe auf den verschiedenen Seeverbindungen nach Korsika bis zum 31. Dezember 2006 auf die in Tabelle 3 dieser Entscheidung (1) festgelegten Schwellenwerte festgelegt, soweit nicht besondere, nicht von der SNCM zu vertretende Umstände eintreten, durch die das Unternehmen zur Verlegung bestimmter Fahrten in andere Häfen gezwungen ist, und sofern sich nicht die dem Unternehmen übertragenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ändern.

Artikel 6

Frankreich ist berechtigt, der SNCM ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung eine Kapitalerhöhung von 66 Mio. EUR zu gewähren.

Bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums, d. h. dem 31. Dezember 2006, kann die Kommission auf Antrag der französischen Behörden beschließen, eine zweite Auszahlung an die SNCM zu bewilligen, deren Höhe dem Unterschied zwischen den verbleibenden 10 Mio. EUR und dem Erlös der gemäß Artikel 3 nach den Modalitäten dieses Artikels verlangten Veräußerungen entspricht.

Eine entsprechende Entscheidung darf nur getroffen werden, wenn die in Artikel 3 verlangten Maßnahmen durchgeführt wurden, wenn der Erlös aus den Veräußerungen 10 Mio. EUR nicht überschreitet und soweit die in Artikel 2, 4 und 5 vorgeschriebenen Bedingungen eingehalten wurden; hiervon unbeschadet ist die Kommission berechtigt, im Fall der Nichteinhaltung einer dieser Bestimmungen erforderlichenfalls ein förmliches Untersuchungsverfahren einzuleiten. Wird eine entsprechende Nichteinhaltung festgestellt, wird die zweite Tranche der Beihilfe nicht ausgezahlt.

Artikel 7

Frankreich teilt der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung mit, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 8

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.


(1)  Siehe Anhang II dieser Entscheidung.


ANHANG II

TABELLE 3 DER ENTSCHEIDUNG VON 2003

Angebotsentwicklung der SNCM

 

Anzahl der Fahrten

Passagierkapazität

Frachtkapazität in laufenden Metern

2001

> 2003

2001

> 2003

2001

> 2003

Marseille–Korsika

1 881

[…]

1 723 050

[…]

1 469 000

[…]

Toulon–Korsika

187

[…]

303 650

[…]

0

[…]

Golf von Genua

1 768

[…]

1 708 700

[…]

0

[…]

Zwischensumme Europa

3 836

3 067

3 735 400

2 357 500

1 469 000

[…]

Nordafrika

302

372

444 000

635 000

0

0

Insgesamt

4 138

3 439

4 179 400

2 992 500

1 469 000

[…]