ISSN 1725-2539

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 83

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

51. Jahrgang
26. März 2008


Inhalt

 

I   Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

 

Verordnung (EG) Nr. 272/2008 der Kommission vom 25. März 2008 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der im Sektor Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

1

 

 

II   Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

 

 

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

 

 

Rat

 

 

2008/261/EG

 

*

Beschluss des Rates vom 28. Februar 2008 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Protokolls

3

 

 

2008/262/EG

 

*

Beschluss des Rates vom 28. Februar 2008 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Protokolls

5

 

 

Kommission

 

 

2008/263/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 27. Juni 2007 über die Staatliche Beihilfe C 50/2006 (ex NN 68/2006, CP 102/2006), die Österreich zugunsten der BAWAG-PSK gewährt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 3038)  ( 1 )

7

 

 

2008/264/EG

 

*

Beschluss der Kommission vom 25. März 2008 über Brandsicherheitsanforderungen, denen Europäische Normen für Zigaretten gemäß der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates genügen müssen ( 1 )

35

 

 

RECHTSAKTE VON ORGANEN, DIE DURCH INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE GESCHAFFEN WURDEN

 

 

2008/265/EG

 

*

Beschluss Nr. 1/2008 des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands eingesetzten Gemischten Ausschusses EU/Schweiz vom 28. Februar 2008 zur Änderung seiner Geschäftsordnung

37

 

 

III   In Anwendung des EU-Vertrags erlassene Rechtsakte

 

 

IN ANWENDUNG VON TITEL V DES EU-VERTRAGS ERLASSENE RECHTSAKTE

 

*

Beschluss 2008/266/GASP des Rates vom 28. Januar 2008 über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Tschad über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Tschad

39

Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Tschad über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Tschad

40

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

VERORDNUNGEN

26.3.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/1


VERORDNUNG (EG) Nr. 272/2008 DER KOMMISSION

vom 25. März 2008

zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der im Sektor Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 der Kommission vom 21. Dezember 2007 mit Durchführungsbestimmungen zu den Verordnungen (EG) Nr. 2200/96, (EG) Nr. 2201/96 und (EG) Nr. 1182/2007 des Rates im Sektor Obst und Gemüse (1), insbesondere auf Artikel 138 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die in Anwendung der Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde von der Kommission festzulegenden, zur Bestimmung der pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigenden Kriterien sind in der Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 für die in ihrem Anhang angeführten Erzeugnisse und Zeiträume festgelegt.

(2)

In Anwendung der genannten Kriterien sind die im Anhang zur vorliegenden Verordnung ausgewiesenen pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die in Artikel 138 der Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 genannten pauschalen Einfuhrwerte sind in der Tabelle im Anhang zur vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am 26. März 2008 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 25. März 2008

Für die Kommission

Jean-Luc DEMARTY

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 350 vom 31.12.2007, S. 1.


ANHANG

zur Verordnung der Kommission vom 25. März 2008 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der im Sektor Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

(EUR/100 kg)

KN-Code

Drittland-Code (1)

Pauschaler Einfuhrpreis

0702 00 00

JO

57,9

MA

61,0

TR

108,7

ZZ

75,9

0707 00 05

JO

196,3

MA

69,9

MK

99,4

TR

162,2

ZZ

132,0

0709 90 70

MA

60,5

TR

130,6

ZZ

95,6

0709 90 80

EG

242,2

ZZ

242,2

0805 10 20

EG

43,9

IL

57,9

MA

51,2

TN

59,9

TR

60,4

ZZ

54,7

0805 50 10

IL

106,7

TR

133,3

ZA

147,5

ZZ

129,2

0808 10 80

AR

92,3

BR

87,5

CA

103,7

CL

89,6

CN

92,1

MK

44,4

US

115,6

UY

55,2

ZA

69,0

ZZ

83,3

0808 20 50

AR

80,9

CL

78,9

CN

77,6

ZA

93,5

ZZ

82,7


(1)  Nomenklatur der Länder gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1833/2006 der Kommission (ABl. L 354 vom 14.12.2006, S. 19). Der Code „ZZ“ steht für „Verschiedenes“.


II Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

Rat

26.3.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/3


BESCHLUSS DES RATES

vom 28. Februar 2008

über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Protokolls

(2008/261/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 62, Artikel 63 Nummer 3 Buchstaben a und b, Artikel 66 und Artikel 95 in Verbindung mit Artikel 300 Absatz 2 Unterabsatz 1 Satz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 27. Februar 2006 ermächtigte der Rat die Kommission, Verhandlungen mit dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über ein Protokoll über den Beitritt Liechtensteins zum Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands aufzunehmen (im Folgenden jeweils als „Protokoll“ beziehungsweise als „Abkommen“ bezeichnet). Die Verhandlungen wurden abgeschlossen, und das Protokoll wurde am 21. Juni 2006 in Brüssel paraphiert.

(2)

Das Protokoll sollte vorbehaltlich seines späteren Abschlusses unterzeichnet werden.

(3)

Das Protokoll sieht die vorläufige Anwendung einiger seiner Bestimmungen vor. Diese Bestimmungen sollten bis zum Inkrafttreten des Protokolls vorläufig angewendet werden.

(4)

Soweit die Entwicklung des Schengen-Besitzstands, der unter den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fällt, berührt ist, sollte der Beschluss 1999/437/EG (1) auf die Beziehungen zu Liechtenstein entsprechende Anwendung finden.

(5)

Dieser Beschluss lässt die Position des Vereinigten Königreichs nach dem Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union im Anhang des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie nach dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (2), unberührt.

(6)

Dieser Beschluss lässt die Position Irlands nach dem Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union im Anhang des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie nach dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (3) unberührt.

(7)

Dieser Beschluss lässt die Position Dänemarks nach dem Protokoll über die Position Dänemarks im Anhang des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unberührt —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person/en zu bestellen, die befugt ist/sind, das Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands sowie die damit zusammenhängenden Dokumente vorbehaltlich seines späteren Abschlusses im Namen der Europäischen Gemeinschaft zu unterzeichnen.

Der Wortlaut des Protokolls und der damit zusammenhängenden Dokumente ist diesem Beschluss beigefügt (4).

Artikel 2

Dieser Beschluss findet Anwendung auf die Bereiche, die von den in Artikel 2 Absätze 1 und 2 des Protokolls genannten Bestimmungen abgedeckt werden, und auf ihre Entwicklung, soweit diese Bestimmungen eine Rechtsgrundlage im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft haben oder eine solche mit dem Beschluss 1999/436/EG des Rates (5) für sie festgelegt wurde.

Artikel 3

Die Artikel 1 bis 4 des Beschlusses 1999/437/EG gelten entsprechend für die Assoziierung Liechtensteins bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, der unter den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fällt.

Artikel 4

Gemäß Artikel 9 Absatz 2 des Protokolls finden Artikel 1, Artikel 4 und Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a Satz 1 des Protokolls sowie die Rechte und Pflichten nach Artikel 3 Nummern 1 bis 4, Artikel 4, Artikel 5 und Artikel 6 des Abkommens ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Protokolls bis zu dessen Inkrafttreten vorläufig Anwendung.

Geschehen zu Brüssel am 28. Februar 2008.

Im Namen des Rates

Der Präsident

D. MATE


(1)  Beschluss des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen- Besitzstands (ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31).

(2)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(3)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(4)  Ratsdokument 16462/06; zugänglich unter http://register.consilium.europa.eu

(5)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 17.


26.3.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/5


BESCHLUSS DES RATES

vom 28. Februar 2008

über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Protokolls

(2008/262/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 24 und Artikel 38,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 27. Februar 2006 ermächtigte der Rat den Vorsitz, mit Unterstützung der Kommission Verhandlungen mit dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über ein Protokoll über den Beitritt Liechtensteins zum Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (im Folgenden jeweils als „Protokoll“ beziehungsweise als „Abkommen“ bezeichnet) aufzunehmen. Die Verhandlungen wurden abgeschlossen und das Protokoll wurde am 21. Juni 2006 in Brüssel paraphiert.

(2)

Das Protokoll sollte vorbehaltlich seines späteren Abschlusses unterzeichnet werden.

(3)

Das Protokoll sieht die vorläufige Anwendung einiger seiner Bestimmungen vor. Diese Bestimmungen sollten bis zum Inkrafttreten des Protokolls vorläufig angewendet werden.

(4)

Soweit die Entwicklung des Schengen-Besitzstands, der unter Titel VI des Vertrags über die Europäische Union fällt, berührt ist, sollte der Beschluss 1999/437/EG des Rates (1) ab der Unterzeichnung auf die Beziehungen zum Fürstentum Liechtenstein entsprechende Anwendung finden.

(5)

Dieser Beschluss lässt die Position des Vereinigten Königreichs nach dem Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union im Anhang des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie nach dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (2), unberührt.

(6)

Dieser Beschluss lässt die Position Irlands nach dem Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union im Anhang des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie nach dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (3) unberührt —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person/en zu bestellen, die befugt ist/sind, das Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands sowie die damit zusammenhängenden Dokumente vorbehaltlich seines späteren Abschlusses im Namen der Europäischen Union zu unterzeichnen.

Der Wortlaut des Protokolls und der damit zusammenhängenden Dokumente ist diesem Beschluss beigefügt (4).

Artikel 2

Dieser Beschluss findet Anwendung auf die Bereiche, die von den in Artikel 2 Absätze 1 und 2 des Protokolls genannten Bestimmungen abgedeckt werden, und auf ihre Entwicklung, soweit diese Bestimmungen eine Rechtsgrundlage im Vertrag über die Europäische Union haben oder eine solche mit dem Beschluss 1999/436/EG (5) für sie festgelegt wurde.

Artikel 3

Die Artikel 1 bis 4 des Beschlusses 1999/437/EG gelten entsprechend für die Assoziierung Liechtensteins bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, der unter Titel VI des Vertrags über die Europäische Union fällt.

Artikel 4

Gemäß Artikel 9 Absatz 2 des Protokolls finden Artikel 1, Artikel 4 und Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a Satz 1 des Protokolls sowie die Rechte und Pflichten nach Artikel 3 Nummern 1 bis 4, Artikel 4, Artikel 5 und Artikel 6 des Abkommens ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Protokolls bis zu dessen Inkrafttreten vorläufig Anwendung.

Geschehen zu Brüssel am 28. Februar 2008.

Im Namen des Rates

Der Präsident

D. MATE


(1)  Beschluss 1999/437/EG vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31).

(2)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(3)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(4)  Ratsdokument 16462/06; über http://register.consilium.europa.eu abrufbar.

(5)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 17.


Kommission

26.3.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/7


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 27. Juni 2007

über die Staatliche Beihilfe C 50/2006 (ex NN 68/2006, CP 102/2006), die Österreich zugunsten der BAWAG-PSK gewährt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 3038)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/263/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (1),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Artikeln (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Nach dem Erscheinen von Presseberichten zu finanziellen Schwierigkeiten der Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft (nachfolgend „BAWAG-PSK“ genannt) hat die Kommission am 5. Mai 2006 ein Auskunftsersuchen an Österreich gerichtet. Am selben Tag erhielt die Kommission ein Schreiben der österreichischen Behörden mit Informationen über eine Haftungsübernahme des Bundes für die BAWAG-PSK.

(2)

Mit Schreiben vom 30. Mai 2006 ersuchte die Kommission Österreich um weitere Auskünfte. Die österreichischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 16. Juni 2006.

(3)

Am 27. Juni und 4. Dezember 2006 fanden Besprechungen zwischen Vertretern der österreichischen Behörden und der BAWAG-PSK statt. Im Anschluss an diese Treffen übermittelte Österreich mit Schreiben vom 18. Juli und 21. September 2006 zusätzliche Informationen.

(4)

Die Kommission unterrichtete Österreich mit Schreiben vom 22. November 2006 über ihre Entscheidung, das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(5)

Durch eine Veröffentlichung dieser Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) forderte sie die Beteiligten zur Äußerung auf, erhielt aber keine Stellungnahmen.

(6)

Auf das Auskunftsersuchen der Kommission hin übermittelte Österreich mit Schreiben vom 31. Dezember 2006 und 31. Januar 2007 weitere Informationen.

(7)

Am 28. Februar, 30. März, 25. April und 8. Mai 2007 fanden Besprechungen zwischen Vertretern der österreichischen Behörden, der BAWAG-PSK und von Cerberus statt. Daraufhin erteilte Österreich mit Schreiben vom 28. März, 19. April, 4., 21. und 31. Mai sowie vom 13. Juni 2007 weitere Auskünfte.

II.   HINTERGRUND

(8)

Die BAWAG-PSK ist die viertgrößte Bank Österreichs. Als nicht-börsennotierter Bank- und Finanzkonzern ist sie in allen Bereichen der Finanzdienstleistungen in und außerhalb Österreichs tätig. Sie betreibt das größte zentral geleitete inländische Zweigstellen-Netzwerk (rund 157 BAWAG- und 1 300 Postfilialen) und hat 1,2 Mio. Privat- und mehr als 60 000 Firmenkunden. Am 31. Dezember 2005 betrug die Bilanzsumme 53 Mrd. EUR, während sich die eingelegten Sparguthaben auf rund 18 Mrd. EUR beliefen.

(9)

Die folgende Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die wichtigsten Kennzahlen der BAWAG-PSK im Zeitraum 2004 bis 2006:

Tabelle 1

BAWAG-PSK

Bilanzsumme

(in Mrd. EUR)

Mitarbeiterzahl

Spareinlagen

(in Mrd. EUR)

Operatives Ergebnis

(in Mio. EUR)

Jahresüberschuss

(in Mio. EUR)

2004

56,3

6 275

18,7

280

160,3

2005

57,9

6 632

18,2

217

6,2

2006

50,8

6 670

14,6

140

40,4

(10)

Bis 2006 befand sich die BAWAG-PSK mittelbar im vollständigen Besitz des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB) (4). Die Geschichte der Bank geht zurück bis ins Jahr 1922, als die „Arbeiterbank“ gegründet wurde, um Guthaben der Gewerkschaften und Konsumgenossenschaften zu verwalten. Die Bank wurde von den österreichischen Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg wiedereröffnet.

(11)

Im Dezember 2005 wies die BAWAG-PSK folgende Eigentümerstruktur auf:

Image

(12)

Am 1. August 2005 (Spaltungs- und Übernahmevertrag) gliederte die BAWAG ihren gesamten Bankbetrieb aus. Der BAWAG-Bankbetrieb ging in eine neue Gesellschaft, die neue BAWAG-PSK, über. Die übertragende Gesellschaft, BAWAG, wurde in weiterer Folge in AVB umfirmiert. Die in der AVB (vormals BAWAG) verbliebenen Vermögensgegenstände sind neben Wertpapieren im Wesentlichen die 100 %-Beteiligung an der BAWAG-PSK. Auf der Passivseite verblieben in der Bilanz der AVB ein Teil der BAWAG-Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten im Betrag von […] (5) Mrd. EUR sowie ein Teil des Eigenkapitals der BAWAG.

(13)

Am 31. Dezember 2005 beliefen sich die Forderungen der BAWAG-PSK gegen die direkten und indirekten Anteilseigner auf […] Mrd. EUR (6). Die Werthaltigkeit dieser Forderungen hing in erster Linie von der Höhe des für den Verkauf von Anteilen an der BAWAG-PSK erzielten Preises ab. Um eine vollständige Werthaltigkeit der Forderungen zu erzielen, hätte der potenzielle Käufer eine Gesamtinvestition von rund […] Mrd. EUR (7) tätigen müssen.

(14)

Die BAWAG-PSK unterteilt den inländischen Markt in fünf Hauptgeschäftsfelder:

a)

Das Privatkunden-Segment enthält das Retail-Geschäft, den Vertrieb über Postfilialen, den mobilen Vertrieb und das E-Banking. Bei diesen Kunden handelt es sich um unselbständig Erwerbstätige und Klein- und Mittelbetriebe.

b)

Das Firmenkunden-Segment umfasst institutionelle Kunden und Sozialversicherungsträger sowie nationale und internationale Großkunden. In Österreich ansässige Kunden werden diesem Segment ab einem bilanziellem Umsatz von mindestens 4 Mio. EUR zugeordnet.

c)

Das Segment des öffentlichen Sektors schließt vor allem Kredit- und Zahlungsdienstleistungen für die Bundesregierung, die Bundesländer und die österreichischen Gemeinden ein.

d)

Dem Kapitalmarkt-Segment sind die Treasury-Aktivitäten der Gruppe und insbesondere das Ergebnis des Bankbuchs sowie der Vermögens- und Fondsverwaltung und der Emissionstätigkeit zuzuordnen.

e)

Das Immobilien- und Leasingsegment enthält das Ergebnis der in diesen Bereichen tätigen Tochterunternehmen und der Kreditfinanzierungen für Immobilienprojekte, die vor allem Firmenkunden gewährt werden.

(15)

Die Marktanteile der BAWAG-PSK in Österreich gegliedert nach Produkten waren im Jahr 2005 wie folgt (Tabelle 2):

Tabelle 2

Produkte nach Geschäftsfeldern

Marktanteil

Einlagengeschäft mit inländischen Kunden

Privatkunden

12 %

Firmenkunden

8 %

Kreditgeschäft mit inländischen Kunden inkl. Hypothekarkredite

Privatkunden

6 %

Firmenkunden

8 %

Öffentlicher Sektor

25 %

Kreditkartengeschäft (Privatkunden)

Debitkarten

13 %

Kreditkarten

11 %

Leasinggeschäft

 

7 %

Kapitalmarktgeschäft

 

5 %

(16)

Die BAWAG-PSK befindet sich als […] Erbringer von Bankdienstleistungen für den öffentlichen Sektor in einer starken Position. Der […] der Regierungsüberweisungen und Gehaltszahlungen an Bedienstete im öffentlichen Dienst wird über diese Bank ausgeführt.

(17)

Die BAWAG-PSK ist ferner über die BAWAG Versicherung AG und die PSK Versicherung AG (8) im Versicherungssektor und über die BAWAG-PSK Immobilien AG, die Schuhhandelskette Stiefelkönig und den Fernsehsender ATV Privat-TV Services im Bereich der bankfremden Dienstleistungen tätig.

(18)

Auch auf internationaler Ebene hat die Bank expandiert. Der Anteil des Vermögens ausländischer Zweigstellen ist von ca. […] % im Jahr 1995 auf ca. […] % und auf etwas mehr als […] %, wenn Tochtergesellschaften eingeschlossen werden, im Jahr 2004 gewachsen. Die Bank verfügt über Tochtergesellschaften oder Beteiligungen in der Tschechischen Republik, der Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta und Libyen. Ihre Marktanteile in den neuen Mitgliedstaaten sind jedoch gering.

(19)

Am 30. Dezember 2006 veräußerte der ÖGB die BAWAG-PSK an ein Konsortium um den US-Investmentkonzern Cerberus Capital Management L.P. (im Folgenden „das Konsortium“ genannt) (9). Das Closing erfolgte nach Erteilung der aufschiebenden regulatorischen und wettbewerbsbehördlichen Genehmigungen am 15. Mai 2007. Der Kaufpreis beläuft sich auf […] Mrd. EUR. Zudem sagte das Konsortium eine Kapitalerhöhung um […] Mio. EUR zu.

(20)

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der BAWAG-PSK waren hauptsächlich auf zwei Sondergeschäfte, die „Karibikgeschäfte“ und „Refco“, die durch einige Mitglieder des früheren Managements durchgeführt wurden, zurückzuführen. Ermöglicht wurden diese Sondergeschäfte durch ein unzureichendes Risikocontrolling und die bewusste Umgehung bestehender Kontrollinstanzen durch die Beteiligten.

(21)

Die „Karibikgeschäfte“ wurden im Wesentlichen zwischen 1995 und 2001 getätigt. Von 1995 bis 1998 wurden in vorerst drei Tranchen insgesamt 550 Mio. USD über die BAWAG International Finance, Dublin, an Gesellschaften mit Sitz auf den Kaimaninseln überwiesen. Im Jahr 1998 wurde noch ein weiterer Kredit in Höhe von 89 Mio. USD vergeben. Im September 1998 stellte sich das Engagement so dar, dass die BAWAG-PSK über ihre Tochtergesellschaft in Dublin insgesamt 639 Mio. USD an vier Gesellschaften zum Zweck diverser Investments kreditiert hatte. Diese Beträge wurden verwendet, um in die Kursentwicklung des Yen gegen den US-Dollar zu spekulieren. Die als Deckung fungierende von dritter Seite aufgebrachte Eigenkapitaltranche und die Mittel aus den Senior-Deposit-Agreements wurden als Margin für die Spekulationen sukzessive verbraucht, weil die erwartete Kursentwicklung nicht eingetreten war. Bezüglich der bis 1998 erfolgten Finanzierungen trat auf diese Weise ein Totalverlust in Höhe von […] Mio. USD ein.

(22)

Bis Jahresende 1998 wurden weitere Finanzierungen über insgesamt […] Mio. USD vorgenommen und 1999 Kreditengagements über ca. […] Mio. EUR eingegangen, die sich abermals als nicht werthaltig erwiesen. Wieder war eine erwartete Yen-Kursentwicklung nicht eingetreten; Optionen, die im Zeitverlauf deutlich gefallen waren, wurden mit sehr großem Verlust verkauft. Das Obligo per Ende 1999 betrug […] Mrd. EUR, wobei die starke Obligoausweitung zu einem großen Teil auch auf starke Verschiebungen im Wechselkursgefüge zurückzuführen war.

(23)

Ende 1999/Anfang 2000 wurde ein weiterer, letzter Versuch unternommen, die bis dahin erlittenen Verluste aus diesen Geschäften doch noch zu kompensieren. Es wurden weitere […] Mio. EUR gemeinsam mit den aus vorherigen Optionen verbliebenen […] Mio. USD in Fonds veranlagt. Die Investitionen wurden wiederum in Yen-Swaps-Spekulationen unternommen, wodurch neuerlich ein Totalverlust der investierten Mittel verursacht wurde. Ende 2000 bestand aufgrund dieser Geschäfte ein Obligo von […] Mrd. EUR. Ab 2001 wurden die Verluste häufig umstrukturiert und durch teilweise Abschreibungen schließlich per Oktober 2005 auf ca. […] Mrd. EUR reduziert.

(24)

Die Geschäftsbeziehung der BAWAG-PSK zu Refco Group Ltd. LLC (nachfolgend „Refco“ genannt) (10) begann im Jahr 1998 und dauerte bis Oktober 2005. Schwerpunkte dieser Geschäftsbeziehung waren:

a)

eine Beteiligung der BAWAG-PSK an Refco im Zeitraum 1999 bis 2004,

b)

Finanzierungen im Rahmen eines Proceeds-Participation-Agreement,

c)

eine Kooperation zwischen der BAWAG-PSK und Refco auf mehreren Gebieten des täglichen Bank- und Wertpapiergeschäfts,

d)

Kreditgewährungen der BAWAG-PSK an Refco, beginnend mit einem Kredit im Jahr 1998, der im Zusammenhang mit der Beendigung der Beteiligung der BAWAG-PSK an Refco im Jahr 2004 rückgeführt worden war, bis zur Kreditgewährung über 350 Mio. EUR im Oktober 2005. Dazwischen gab es immer wieder Kreditgewährungen an Refco oder Refco-Gesellschaften, u. a. auch mehrere sehr kurzfristige Kredite, die Refco den Abschluss seiner Bilanz ermöglichten (sog. „Year-End Transactions“).

(25)

Im April 2006 wurden in den USA seitens Refco, des Creditors Committee (Ausschuss der unbesicherten Refco-Gläubiger), des Department of Justice (US-Justizministerium) und der Securities and Exchange Commission (SEC, US-Börsenaufsicht) gegen die BAWAG-PSK Klagen angestrengt. Im Rahmen dieser Verfahren war ein Betrag von rund […] Mrd. USD durch gerichtliche Verfügung gesperrt worden. Schließlich wurde eine Lösung mit den Behörden der Vereinigten Staaten und mit den Refco-Gläubigern verhandelt.

(26)

Aus der Beziehung mit Refco ergab sich per Ende 2005 ein Gesamtaufwand von […] Mio. EUR für die BAWAG-PSK, der sich zusammensetzt aus:

350 Mio. EUR Wertberichtigungsbedarf aus einer Kreditvergabe,

[…] Mio. EUR Verlust aus Gold-Swaps,

[…] Mio. EUR Verlust aus dem Verkauf von Senior Secured Loans,

[…] Mio. EUR Wertberichtigungen sonstiger Engagements sowie

entsprechenden Rechtskosten.

(27)

Diesem Betrag hinzuzurechnen war die Rückstellung in Höhe von […] Mio. EUR, die Anfang Mai 2006 rückwirkend für den Vergleich mit den Refco-Gläubigern gebildet werden musste. Daraus ergab sich ein Fehlbetrag aus Refco-Geschäften in Höhe von 1,0045 Mrd. EUR.

(28)

Am 5. Juni 2006 schloss die BAWAG-PSK eine Vereinbarung mit den Refco-Gläubigern. Die BAWAG-PSK musste […] Mio. USD an die Gläubiger und Aktionäre von Refco zahlen. Zudem verzichtete sie auf Kreditforderungen in Höhe von […] Mio. USD. Die Vertragsparteien vereinbarten ferner, dass […] % des über […] Mio. EUR hinausgehenden Verkaufspreises, höchsten jedoch […] Mio. USD, an die Gläubiger und Aktionäre von Refco gezahlt werden mussten.

(29)

Im Jahr 2004 wurden Forderungen aus dem Karibikkomplex im Ausmaß von rund […] Mio. EUR abgeschrieben.

(30)

Zur Bewältigung der Verluste der Karibikgeschäfte in 2005 wurden liquide Mittel in Höhe von […] Mio. EUR, Abschreibungen im Zuge der Umgründung in 2005 in Höhe von 534 Mio. EUR und weitere Wertberichtigungen im Anschluss an 2005 in Höhe von […] Mio. EUR verwendet. […]. Der noch verbleibende Betrag in Höhe von […] Mio. EUR wurde voll wertberichtigt.

(31)

Im Oktober 2005 wurde die BAWAG-PSK durch die Refco-Insolvenz getroffen und zur gleichen Zeit wurden die Verluste aus den Karibikgeschäften bekannt.

(32)

Diese Ereignisse führten zu Wertberichtigungen von […] Mrd. EUR in der Bilanz des Jahres […] (11). Die BAWAG-PSK konnte nur […] Mio. EUR durch Auflösung von Rückstellungen und das Jahresergebnis abdecken.

(33)

Gewarnt durch die Presse zogen Kunden Ende April/Anfang Mai 2006 in großem Umfang Geld von den Girokonten und Sparkonten ab. Insgesamt wurden zwischen September 2005 und Juni 2006 die Einlagen auf den Girokonten der Bank um […] Mio. EUR und die Einlagen auf den Sparkonten um […] Mrd. EUR reduziert.

III.   BESCHREIBUNG DER ZU BEURTEILENDEN MASSNAHME

(34)

Bei der in der vorliegenden Entscheidung zu beurteilenden Maßnahme handelt es sich um die Haftungsübernahme des Bundes für die BAWAG-PSK über 900 Mio. EUR, die durch das am 8. Mai 2006 verabschiedete BAWAG-PSK-Sicherungsgesetz (nachfolgend „BAWAG-PSK-Gesetz“ genannt) geregelt wird. Das Gesetz enthielt die Auflage, dass die Eigentümer die BAWAG-PSK an einen Dritten verkaufen müssten.

(35)

Ohne eine Haftungsübernahme des Bundes hätte die BAWAG-PSK die Solvabilitäts- und Eigenmittelbestimmungen des Österreichischen Bankwesengesetzes (nachfolgend „BWG“ genannt) nicht einhalten und die Bilanz 2005 nicht schließen können.

(36)

Am 31. Mai 2006 unterzeichneten die damaligen unmittelbaren und mittelbaren Eigentümer der BAWAG-PSK (ÖGB, ÖGSP, ÖBG, ÖVV und AVB) eine Verkaufsvereinbarung, mit der sie sich zum Verkauf ihrer Anteile an einen unabhängigen Dritten verpflichteten.

(37)

Am 6. Juni 2006 unterzeichneten Österreich und die BAWAG-PSK eine Bürgschaftsvereinbarung, die sich auf dieses Gesetz stützt. Sie enthielt nähere Angaben zur Bürgschaft, den Bedingungen, dem Haftungsentgelt, der Verantwortung der BAWAG-PSK und der Laufzeit der Bürgschaft. Die Verkaufsvereinbarung war der Bürgschaftsvereinbarung beigefügt.

(38)

Darüber hinaus schlossen Österreich und die damaligen unmittelbaren und mittelbaren Eigentümer der BAWAG-PSK (ÖGB, ÖGSP, ÖBG, ÖVV und AVB) eine umfassende Vereinbarung mit Datum vom 6. Juni 2006. In Kapitel 7 § 3 dieser Vereinbarung wird die Verwendung des Verkaufserlöses festgelegt. Bei einem Verkauf der Anteile an der BAWAG-PSK ist der Verkaufserlös unter Berücksichtigung folgender hierarchischer Prioritäten zu verwenden:

a)

Erfüllung der Ansprüche Dritter, um den Verkauf sicherzustellen,

b)

Erfüllung der Forderungen gegen die Eigentümer gemäß dem Vergleich in der Refco-Sache,

c)

Begleichung aller zum Zeitpunkt der Zahlung verbliebenen Verbindlichkeiten der AVB,

d)

Begleichung aller zum Zeitpunkt der Zahlung verbliebenen Verbindlichkeiten aller (ehemaligen) mittelbaren Eigentümer der BAWAG-PSK,

e)

Reduzierung der Bürgschaft Österreichs durch Bereitstellung von Eigenkapital für die BAWAG-PSK.

(39)

Die Garantie lief am 15. Mai 2007 mit dem Closing des Verkaufs der BAWAG-PSK an das Konsortium aus.

(40)

Gemäß Informationen Österreichs zielte die Haftung auf Folgendes ab:

a)

Stabilisierung und Stärkung der Lage der BAWAG-PSK,

b)

Ermöglichung der Bilanzerstellung 2005,

c)

Ermöglichung des Beginns bzw. der Fortsetzung der Verkaufsmaßnahmen,

d)

Aufrechterhaltung der zukunftsorientierten Funktionsfähigkeit der BAWAG-PSK,

e)

Stärkung des Vertrauens der Anleger in den österreichischen Finanzplatz.

(41)

Gemäß den ursprünglichen Bedingungen würde die Haftung 60 Tage nach Veräußerung der BAWAG-PSK, grundsätzlich aber nicht später als zum 1. Juli 2007, erlöschen. Eine Verlängerung unter bestimmten Bedingungen war jedoch möglich.

(42)

Das von der BAWAG-PSK zu zahlende Entgelt wurde für den Zeitraum bis 30. Juni 2007 auf jährlich 0,2 % und anschließend 1,2 % festgelegt.

(43)

Die Haftung Österreichs konnte nur in Anspruch genommen werden, wenn kumulativ

kein Verkauf der BAWAG-PSK stattfand;

die BAWAG-PSK, ihre direkten und indirekten Gesellschafter zur Zahlung und zur Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse aufgefordert worden waren und bis zur Ausschöpfung ihrer Zahlungsfähigkeit hatten zahlen müssen;

die wirtschaftliche Bedrohung der Bank (Unterschreitung der gesetzlichen Eigenmittelerfordernisse) nach wie vor gegeben war, und

eine Insolvenz der BAWAG-PSK (Zahlungsunfähigkeit durch Überschuldung) drohte oder bereits eingetreten war.

(44)

Die Inanspruchnahme der Bürgschaft war auch dann gestattet, wenn eine Insolvenz nur deshalb drohte, weil die Bürgschaft zum 1. Juli 2007 auslaufen würde; Österreich konnte durch Verlängerung der Bürgschaft die Inanspruchnahme abwehren. Allerdings war dafür ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich.

(45)

Die Haftung deckte nur Forderungen ab, die in die Bemessungsgrundlage nach § 22 Abs. 2 BWG einzurechnen waren und die gemäß der Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (12) (nachfolgend „FMA“ genannt) eingestuft waren.

(46)

Die Haftung Österreichs gemäß dieser Haftungsvereinbarung, ausgenommen aus bereits erfolgten Haftungsinanspruchnahmen, würde mit dem Eigentumsübergang (direkt oder indirekt) der Anteile an der BAWAG-PSK an Dritte im Sinne des § 3 Abs. 1 BAWAG-PSK-Gesetz, spätestens jedoch am 1. Juli 2007, erlöschen. Die BAWAG-PSK hatte jeden solchen Eigentumsübergang dem Bund unverzüglich unter Vorlage entsprechender Nachweise schriftlich mitzuteilen, sofern sie davon Kenntnis erhielt. Wenn dies für die Durchführung des Verkaufs der Anteile an Dritte im Sinne des § 3 Abs. 1 BAWAG-PSK-Gesetz erforderlich wäre, würde Österreich über begründetes Ersuchen der BAWAG-PSK die Haftung bis zu 60 Tage nach dem Eigentumsübergang verlängern, längstens aber bis zum 30. Juni 2007.

(47)

Österreich konnte durch den Bundesminister für Finanzen (mit Zustimmung der Bundesregierung) die in dieser Vereinbarung übernommene Haftung prolongieren, falls die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 BAWAG-PSK-Gesetz vorlägen. Österreich konnte eine solche Verlängerung insbesondere dann in Erwägung ziehen, wenn aufgrund eines Erlöschens der Haftung die nachhaltige Sanierung der BAWAG-PSK oder deren Verkauf gefährdet wäre. Die BAWAG-PSK würde, sobald sie eine Verlängerung anstreben würde, spätestens aber bis 31. März 2007, ein entsprechendes Ansuchen an Österreich richten, in dem das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Prolongierung zu begründen und zu dokumentieren wäre. Sofern eine Haftungsinanspruchnahme auf eine drohende Insolvenz gestützt würde, die auf einen künftigen Wegfall der Bundeshaftung zurückzuführen wäre, hätte Österreich eine solche Haftungsinanspruchnahme dadurch abwenden können, dass es die Haftung vor deren Ablauf prolongierte. In diesem Fall würden die Folgen einer Haftungsinanspruchnahme nicht eintreten.

(48)

Eine weitere mit der Haftungsübernahme verbundene Bedingung gab der BAWAG-PSK und ÖGB auf, ihre Anteile an der Oesterreichischen Nationalbank („OeNB“) zu verkaufen. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines solchen Vorgangs stellte Österreich fest, dass ein Marktpreis für diese Anteile um das […]- bis […]fache über dem Nennwert der Aktien liegen würde. Mit dieser Schätzung gelangte man zu einem „Marktpreis“ zwischen […] Mio. EUR und […] Mio. EUR. Der endgültige Verkaufspreis an die österreichischen Behörden betrug […] Mio. EUR ([…] Mio. EUR für die BAWAG-PSK). Der Verkaufserlös entsprach dem Buchwert der Beteiligung.

(49)

Zusätzlich zur Bundeshaftung waren zwei Special Purpose Vehicles (nachfolgend „SPV“ genannt) von privaten Banken einerseits und Versicherungsgesellschaften andererseits gegründet worden, um die bankrechtliche Kernkapitalquote der BAWAG-PSK abzusichern. Im Rahmen der Vereinbarung haben die vier Kreditinstitute Bank Austria Creditanstalt, Erste Bank, Österreichische Volksbanken-AG und Raiffeisen Zentralbank Österreich AG und die vier Versicherungsgesellschaften Allianz, Generali, Uniqa und Wiener Städtische zwei SPV gegründet, um die BAWAG-PSK zu unterstützen. Während BA-CA, Erste Bank und RZB jeweils […] Mio. EUR und ÖVAG […] Mio. EUR in Kapital zu einem SPV beitrugen, trug jede der vier Versicherungsgesellschaften […] Mio. EUR zur zweiten Gesellschaft bei. Der BAWAG-PSK kam die Funktion des Kontrollgesellschafters mit […] % in beiden SPV zu. Diese Vereinbarung ermöglichte es der BAWAG-PSK, ihr anrechenbares Kapital (Tier-I-Kapital) um 450 Mio. EUR zu erhöhen. Als Gruppe erreichte die BAWAG-PSK somit wieder eine angemessene Kapitalquote. Um das Risiko für die teilnehmenden Banken und Versicherungsgesellschaften so viel wie möglich zu begrenzen, konnten die zur Verfügung gestellten Geldmittel ausschließlich in höchsteingestufte Euro-Staatsanleihen investiert werden. Nach dem Closing des Verkaufs der BAWAG-PSK an das Konsortium am 15. Mai 2007 war jeder Anteilseigner zur Auflösung des entsprechenden SPV berechtigt. Bei der anschließenden Liquidation erhielt jeder Gesellschafter durch eine Ausschüttung in Form von Sachwerten (d. h. durch Übertragung der Wertpapiere, in die investiert wurde) die seinem Anteil am Kapitalbeitrag entsprechenden Vermögenswerte.

IV.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(50)

Die Kommission hat in ihrer Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag die in Rede stehende Maßnahme vorläufig als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag und des Artikels 61 Absatz 1 EWR-Abkommen eingestuft, da die Förderung aus staatlichen Mitteln gewährt wurde und sie durch die Verbesserung der finanziellen Verfassung des Empfängers wahrscheinlich die wirtschaftliche Position der Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigte (13), folglich den Wettbewerb verzerrte oder zu verzerren drohte und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigte.

(51)

Die Kommission bezweifelte, dass die Insolvenz/der Konkurs der BAWAG-PSK systemische Auswirkungen auf das österreichische Finanzsystem und, in weiterem Sinne, auf die gesamte österreichische Volkswirtschaft gehabt hätte. Daher wäre Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b in diesem Fall nicht anwendbar gewesen. Auf der Grundlage ihrer vorläufigen Bewertung gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Beihilfe anhand der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (14) (nachfolgend „Leitlinien“ genannt) zu prüfen ist und dass keine anderen die Vereinbarkeit betreffenden Bestimmungen des EG-Vertrags oder anderer Leitlinien der Gemeinschaft auf eine Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt schließen lassen. Die Kommission stimmte Österreich zu, dass die BAWAG-PSK ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne des Abschnitts 2.1 der Leitlinien ist, bezweifelte jedoch stark, dass die Beihilfemaßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbaren seien.

(52)

Den Leitlinien zufolge ist eine Rettungsbeihilfe ihrem Wesen nach eine vorübergehende, reversible Unterstützungsmaßnahme, die das Unternehmen so lange über Wasser halten soll, bis ein Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan erstellt worden ist. Nach Randnummer 15 der Leitlinien darf die Laufzeit einer solchen Beihilfe sechs Monate nicht übersteigen.

(53)

Die Bürgschaft wurde zwar am 6. Juni 2006 gewährt, trat effektiv aber, wie die Kommission feststellte, rückwirkend am 31. Dezember 2005 in Kraft. Ihre Laufzeit überschritt somit den in den Leitlinien festgesetzten Höchstzeitraum von sechs Monaten.

(54)

Die Kommission hatte daher erhebliche Zweifel daran, dass die Bürgschaft als Rettungsbeihilfe betrachtet werden könnte, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar wäre.

(55)

Gemäß den Randnummern 34 bis 37 der Leitlinien muss die Kommission bei allen Einzelbeihilfen einen Umstrukturierungsplan genehmigen und bewerten, ob dieser Plan die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist auf der Grundlage realistischer Annahmen ermöglicht.

(56)

Die Kommission vertrat die Auffassung, dass der Erfolg des Umstrukturierungsplans, das Gelingen der Sanierung und die Weiterführung der Bank entscheidend von einem hohen Verkaufspreis abhängen. Die vorgelegten Verkaufsszenarien zeigten, dass der potenzielle Erwerber insgesamt mindestens rund […] Mrd. EUR investieren müsste, um die langfristige Rentabilität der Bank ohne weitere staatliche Unterstützung wiederherzustellen. Laut Umstrukturierungsplan würde es eine Gesamtinvestition unterhalb dieses Schwellenwerts dem ÖGB und seinen verbundenen Unternehmen nicht gestatten, die Kredite zu tilgen; auch wäre der Erwerber in diesem Fall nicht in der Lage, die erforderlichen Eigenkapitalerhöhungen durchzuführen.

(57)

Die Kommission schloss nicht aus, dass der BAWAG-PSK aufgrund des massiven Einlagenabzugs im Frühjahr 2006 und der Verschlechterung ihres Ratings (15) und somit höheren Refinanzierungskosten weitere Schwierigkeiten entstanden sind. Dies würde sich erst im Jahresabschluss 2006 niederschlagen. Zudem könnten Werbekampagnen, die z. B. auf hohen Erträgen für Sparbücher aufbauen, die Rentabilität der Bank ebenfalls beeinflussen. In Presseberichten wurde darauf hingewiesen, dass die BAWAG-PSK 2006 weitere Verluste in Höhe von 20 Mio. EUR erleiden könnte.

(58)

Die Kommission wies ferner darauf hin, dass der Umstrukturierungsplan gemäß den Leitlinien verschiedene Szenarien enthalten muss, die eine optimistische, eine pessimistische und eine mittlere Hypothese widerspiegeln. Von Österreich wurde jedoch lediglich ein Base-Case-Szenario vorgelegt, das den Angaben entspricht, die den potenziellen Interessenten im Informationsmemorandum offengelegt wurden. Diese Businessplanung wurde im Hinblick auf den Verkauf der Bank erstellt. Die Kommission bezweifelt, dass die der Businessplanung zugrunde liegenden Annahmen die Voraussetzungen des Base-Case-Szenarios in einem Umstrukturierungsplan erfüllen. Die Kommission erwartete, dass zwei noch vorzulegende Szenarien, von denen eines einer optimistischen Hypothese und das andere einer pessimistischen Hypothese entspricht, die Stabilität und Durchführbarkeit des Umstrukturierungsplans belegen würden.

(59)

Sie bezweifelte ferner, dass einige Risiken im Businessplan berücksichtigt wurden, insbesondere:

a)

Klagen in den USA: Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass weitere angedrohte Klagen (mit teilweise substanziellen Forderungen) von Seiten der Kläger Erfolg versprechend geführt werden könnten. Für gewisse Unsicherheiten (Vergleiche im Vorfeld einer möglichen Klageführung) wurde im Rahmen der Rückstellung für Refco im Jahresabschluss 2005 vorgesorgt. Zudem war nicht auszuschließen, dass einzelne Geschädigte keine Zahlungen aus den durch den Vergleich mit dem Gläubigerausschuss zur Verfügung stehenden Mitteln erhalten wollen. In diesem Fall könnten solche Geschädigte gegen die BAWAG-PSK klagen, der Gläubigerausschuss hätte die anteiligen Gelder an die BAWAG-PSK zu refundieren, jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die effektiv zu leistende Zahlung den Refundierungsbetrag übersteigt.

b)

Nichterfüllung der Verpflichtungen der Aktionäre der BAWAG-PSK gegenüber den US-Gläubigern — hier träfe die BAWAG-PSK eine Subsidiaritätshaftung.

c)

Das im Jahresabschluss 2005 erwähnte Gerichtsurteil zu den Zinsgleitklauseln hat sich möglicherweise ebenfalls negativ auf die BAWAG-PSK ausgewirkt.

Die Kommission vertrat die Auffassung, dass für die Aufstellung eines umfassenden Umstrukturierungsplans auch eine Bewertung dieser Risiken erforderlich ist.

(60)

Die Ausnahmeregelung nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag kann nur herangezogen werden, wenn die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Nach den Randnummern 38 bis 42 der Leitlinien müssen Maßnahmen getroffen werden, um nachteilige Auswirkungen der Beihilfe auf Wettbewerber nach Möglichkeit abzumildern. In Betracht kommen die Veräußerung von Vermögenswerten, der Abbau von Kapazitäten, die Begrenzung der Marktpräsenz oder eine Senkung der Zutrittsschranken auf den betreffenden Märkten. Die Maßnahmen müssen im Verhältnis zu den durch die Beihilfe verursachten Verzerrungseffekten und insbesondere zur Stellung des Unternehmens auf seinem Markt oder seinen Märkten stehen. Sie müssen über die für die Wiederherstellung der Rentabilität erforderlichen Maßnahmen hinausgehen. Wenn die Kommission prüft, ob die Ausgleichsmaßnahmen geeignet sind, berücksichtigt sie die Marktstruktur und das Wettbewerbsumfeld, um sicherzustellen, dass diese Maßnahmen keine Verschlechterung der Marktstruktur beispielsweise durch die mittelbare Schaffung eines Oligopols bewirken.

(61)

Die anfangs von Österreich vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen bestanden in der Veräußerung der Bank Frick & Co., der Beteiligungen der BAWAG-PSK an der Österreichischen Nationalbank, dem Verkauf des polnischen Unternehmens Kinomax SP. z o.o. und der Wiener Liegenschaft. Da die Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die BAWAG-PSK ziemlich vage beschrieben wurden, konnte die Kommission ihre Gesamtwirkung nicht beurteilen. Die Kommission benötigte daher detaillierte Angaben über die Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen auf das Vermögen und die künftige Marktstellung der BAWAG-PSK sowie Angaben zum Wert dieser Maßnahmen und ihrer Reduzierungswirkungen (z. B. im Hinblick auf die Bilanzsumme).

(62)

Die Kommission bezweifelte, dass weitere Ausgleichsmaßnahmen den Gesamtwert der BAWAG-PSK und damit auch die Chance, den zur Schuldenbedienung erforderlichen Kaufpreis zu erzielen, verringern würden. Vielmehr würde der erforderliche Kaufpreis durch die Veräußerung weiterer Vermögenswerte schlicht um die erzielten Veräußerungserlöse sinken.

(63)

Die Kommission bezweifelte, dass die schwere Liquiditätskrise der BAWAG-PSK zu einem engeren Oligopol auf den österreichischen Bankenmärkten geführt hätte, nicht zuletzt da ein neuer Marktteilnehmer die Aktivitäten der Bank hätte übernehmen können.

(64)

Die Kommission wies ferner darauf hin, dass der ab September 2005 bis Juni 2006 eingetretene „Bank-Run“ nicht unbedingt mit einer Ausgleichsmaßnahme im Sinne der Leitlinien vergleichbar ist.

(65)

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Kommission wichtige Informationen für die angemessene und hinreichend gründliche Beurteilung der Auswirkungen der vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen fehlten. Angesichts der verfügbaren Fakten hatte sie daher ernste Zweifel daran, dass die geplanten Reduzierungsmaßnahmen ausreichen, um die wettbewerbsverfälschenden Auswirkungen der Beihilfe abzumildern.

(66)

Gemäß den Randnummern 43 bis 45 der Leitlinien muss sich die Beihilfe auf die für die Umstrukturierung unbedingt notwendigen Mindestkosten beschränken, so dass dem Unternehmen keine überschüssige Liquidität zugeführt wird, die es für ein aggressives und marktverzerrendes Verhalten oder sogar für eine Expansion verwenden könnte. Die Leitlinien besagen ferner, dass die Beihilfeempfänger durch den Verkauf von Vermögenswerten, wenn diese für den Fortbestand des Unternehmens nicht unerlässlich sind, oder durch Fremdfinanzierung zu Marktbedingungen einen erheblichen Beitrag zum Umstrukturierungsplan leisten müssen. Für große Unternehmen wie die BAWAG-PSK sollte der Eigenbeitrag des Unternehmens den Leitlinien zufolge im Prinzip 50 % der Umstrukturierungskosten erreichen.

(67)

Österreich machte geltend, dass die Maßnahme keine Kapitalzufuhr darstelle, sondern der Staat lediglich eine befristete Bürgschaft geleistet habe. Die Kommission konnte auf der Grundlage der verfügbaren Informationen nicht genau feststellen, ob die Beihilfe auf das unbedingt notwendige Mindestmaß begrenzt ist, und sie bezweifelte, dass Österreich das Beihilfeelement der Bundeshaftung angemessen bewertet hat, da die Bürgschaft ähnliche Auswirkungen wie eine Kapitalzufuhr hat.

(68)

Österreich wies darauf hin, dass die Umstrukturierungskosten […] Mrd. EUR betragen und zu 100 % von der BAWAG-PSK selbst sowie den derzeitigen und künftigen Eigentümern getragen werden. Die Kommission äußerte Zweifel daran und forderte weitere Informationen an, um prüfen zu können, ob der Beitrag der BAWAG-PSK tatsächlich 50 % der Umstrukturierungskosten erreicht.

V.   STELLUNGNAHME ÖSTERREICHS

(69)

Österreich äußerte sich auf der Grundlage des verfügbaren Umstrukturierungsplans zur Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens und übermittelte weitere Informationen, die insbesondere folgende Punkte betrafen:

(70)

Österreich vertrat die Ansicht, dass die Haftungsübernahme als eine Beihilfe zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates notifiziert wurde. Eine Insolvenz der BAWAG-PSK hätte unvorhersehbare und weit reichende negative Auswirkungen auf die Wirtschaft gehabt. Die durch die mögliche Insolvenz der BAWAG-PSK zu erwartende Panik hätte rasch auf andere Banken übergreifen können, insbesondere weil nach dem in Österreich bestehenden gesetzlichen Einlagensicherungsmodell auch andere Banken bei Insolvenz eines Kreditinstituts herangezogen werden könnten. Dies hätte massive Folgen für die österreichische Gesamtwirtschaft und vor allem auch für die im Bankensektor beschäftigten rund 70 000 Arbeitnehmer. Die Schaffung von zwei Sondergesellschaften (siehe unten) veranschauliche ebenfalls die eindeutige Unterstützung der BAWAG-PSK von Seiten der größten Marktteilnehmer im österreichischen Finanzmarkt, die bereit waren, die Stabilität des Finanzmarkts in Österreich zu sichern.

(71)

Eine Insolvenz hätte neben dem Österreichischen Gewerkschaftsbund als Eigentümer insbesondere auch Österreich betroffen,

da der Bund Träger der Staatsaufgabe Finanzmarktstabilität ist,

da die BAWAG-PSK alle Zahlungen für Österreich (z. B. Zahlungen im Zusammenhang mit Steuern, Ruhegehälter, Leistungen für Arbeitslose und Familienförderung) durchführt, und

der Bund früher Eigentümer und Haftungsträger für bestimmte Verbindlichkeiten der Österreichischen Postsparkasse war.

(72)

Überdies hätte Österreich die Bundesbediensteten der Österreichischen Postsparkasse mit ihren Rechten im öffentlichen Dienst (jährliche Gehaltszahlungen von insgesamt […] Mio. EUR) übernehmen müssen. Da die BAWAG-PSK die österreichischen Postämter auch als Zweigstellen nutzt, wäre aufgrund des reduzierten Geschäftsvolumens bei den Finanzdienstleistungen in den österreichischen Postämtern auch die Schließung weiterer Postämter erforderlich geworden. Dies hätte Strukturprobleme im ländlichen Raum hervorgerufen.

(73)

Österreich vertrat die Ansicht, dass eine quantitative Abschätzung eventueller Konsequenzen einer Insolvenz der Bank auf die Gesamtwirtschaft kaum möglich sei.

(74)

Österreich erklärte, die staatliche Beihilfe sei erforderlich, um den „Bank-Run“, der im September 2005 einsetzte, zu beenden und die Solvabilität der BAWAG-PSK und der BAWAG-PSK-Gruppe zu gewährleisten. Ohne die Haftungsübernahme des Bundes für die BAWAG-PSK wäre kein Privatinvestor bereit gewesen, Mittel zu stellen, die als Eigenkapital betrachtet würden.

(75)

Österreich zufolge ist das Beihilfeelement der Haftungsübernahme anhand der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (16) (nachfolgend „Mitteilung“ genannt) zu ermitteln. Die Mitteilung verleihe der Kommission einen weiten Ermessensspielraum hinsichtlich der Bestimmung der Höhe der Beihilfe. Verbindlich vorgegeben werde lediglich, dass das Beihilfeelement in Bezug auf die Einzelheiten der Haftungsübernahme zu beurteilen ist. Randnummer 3.2 der Mitteilung besagt: „Ist es bei Übernahme der Garantie sehr wahrscheinlich, dass der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht wird nachkommen können, z. B. weil er in finanziellen Schwierigkeiten ist, so kann der Wert der Garantie genauso hoch sein wie der Betrag, der durch die Garantie effektiv gedeckt ist.“ Hierzu erklärte Österreich, dass die BAWAG-PSK kein Kreditnehmer, für den der Staat eine Garantie übernehme, sondern der Kreditgeber sei. Daher sei die finanzielle Lage der BAWAG-PSK für die Bewertung des Ausfallrisikos irrelevant. Die Kommission könne somit aus der finanziellen Lage der BAWAG-PSK keine Rückschlüsse auf das Ausfallrisiko ziehen.

(76)

Österreich führte aus, dass das Moody’s „Financial Strength Rating“ (nachstehend „FSR“ genannt) (17) ein geeigneter Indikator für die finanzielle Situation der BAWAG-PSK sei, da das FSR ausschließlich auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens selbst ohne externe Unterstützung abstelle. Das Rating enthalte implizit eine Bewertung der künftigen Entwicklung der Bank und vermittle ein aussagekräftiges Bild der gesamten Ausfallwahrscheinlichkeit. Das FSR von „E+“ der BAWAG-PSK entspreche einem „Baseline Rating“ von B1 bis B3 und würde somit eine Ausfallwahrscheinlichkeit zwischen 3,2 und 10,5 % innerhalb eines Jahres bedeuten.

(77)

Österreich zufolge lässt sich aus der Tatsache, dass die BAWAG-PSK zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung als Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten einzustufen war, nicht folgern, dass das Beihilfeelement dem Nominalwert der Garantie von 900 Mio. EUR entspricht. Die Kommission solle stattdessen von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch machen und die Besonderheiten und Einzelheiten der Haftungsvereinbarung wie auch den ermittelten Risikofaktor berücksichtigen. Die finanziellen Schwierigkeiten eines Kreditnehmers seien lediglich ein Indiz für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe, ermöglichten aber keine Aussage über die Höhe des Beihilfewerts. Die Kommission hat in mehreren Umstrukturierungsfällen das Beihilfeelement einer Bürgschaft zugunsten eines Unternehmens in Schwierigkeiten geringer als den Nominalwert festgesetzt. Im Fall Crédit Foncier de France (nachstehend „CFF“ genannt) (18) berechnete die Kommission den Beihilfewert anhand des Preises, den die Bank hypothetischerweise für eine solche Garantie auf dem Markt hätte zahlen müssen. Im Fall Bankgesellschaft Berlin (nachstehend „BGB“ genannt) (19) setzte die Kommission den Beihilfewert einer Bürgschaft, die sog. Risikoabschirmung, mit dem „wirtschaftlichen Wert“ und nicht mit dem Nominalwert fest. Auch im Fall der Umstrukturierungsbeihilfe, die Deutschland den Chemischen Werken Piesteritz (nachstehend „CWP“ genannt) (20) gewährte, setzte die Kommission den Beihilfewert einer Bürgschaft weit unter dem Nominalwert des Darlehens an, obgleich die CWP sich zu diesem Zeitpunkt in finanziellen Schwierigkeiten befanden.

(78)

Bezüglich der kurzen Laufzeit der Bürgschaft erklärte Österreich, dass der Bundesminister für Finanzen die Laufzeit gemäß § 3 Abs. 2 letzter Satz BAWAG-PSK-Sicherungsgesetz verlängern könne. Dafür sei jedoch die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich, die einstimmig gegeben werden müsse. Eine Verlängerung liege somit im politischen Ermessen der Bundesregierung. Die BAWAG-PSK könne im Hinblick auf eine Verlängerung allenfalls wirksamen Druck auf Österreich ausüben, wenn die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme vorlägen. Dafür sei die drohende Insolvenz der BAWAG-PSK erforderlich. Die BAWAG-PSK müsste ihre Eigentümer vorab zur Zahlung auffordern und zur Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse zwingen. Dies seien hohe Hürden für die Haftungsinanspruchnahme, so dass der Bürgschaft keine „de facto endlose Laufzeit“ unterstellt werden könne. Auch wirtschaftlich könne man nicht davon ausgehen, dass die Bürgschaft endlos wirke. Die BAWAG-PSK habe vielmehr auch im Falle eines nicht erfolgreichen Verkaufsprozesses eine ganze Reihe von Möglichkeiten, ihren Kapitalbedarf nach Ablauf der einjährigen Bürgschaftsfrist anderweitig zu decken. Zum ersten führen Gewinne der Bank zu einer Verbesserung des Kapitalbedarfs. Zum zweiten kann sie ihren Kapitalbedarf durch Reduktion ihrer Risikoaktiva vermindern. Zum dritten besteht auch die Möglichkeit, Kapital bei Dritten aufzunehmen. In der unmittelbaren Krise des „Bank-Run“ im Mai 2006 standen diese Möglichkeiten aus Zeitgründen nicht zur Verfügung. Wäre ein Verkauf nicht zustande gekommen, hätte die Bank die Möglichkeit gehabt, diese Ansätze zu verfolgen.

(79)

Nach Ansicht Österreichs kann die Bürgschaft wirtschaftlich nicht so betrachtet werden, als sei sie dauerhaft in das Vermögen der BAWAG-PSK eingezahlt worden („paid in“). Ein neuer Eigentümer müsse diesen Betrag durch seine Einlage ersetzen. Es bestehe kein Automatismus hinsichtlich der Verlängerung der Bürgschaft. Ein Erwerber würde nicht einfach einen Betrag in derselben Höhe als Eigenkapital zum Ablauf der Bürgschaft zur Verfügung stellen. Er habe vielmehr eine Reihe von Möglichkeiten, einen eventuellen Kapitalengpass der BAWAG-PSK zu adressieren. Die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme würde ferner durch die spezifischen Modalitäten der Bürgschaft begrenzt. Besonders würde sich auch der Umstand, dass die Bürgschaft lediglich eine Ausfallbürgschaft sei, risikomindernd auswirken. Die Haftung Österreichs käme lediglich im Falle der drohenden Insolvenz der BAWAG-PSK in Frage. Eine solche Insolvenz sei aber gerade wegen und nach Gewährung der Haftungsübernahme sehr unwahrscheinlich.

(80)

Zur Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme erklärte Österreich, dass zum Zeitpunkt der Bürgschaftsgewährung eine hohe Wahrscheinlichkeit bestand, die BAWAG-PSK binnen eines Jahres zu einer Gesamtinvestition des Käufers von insgesamt mehr als 2,6 Mrd. EUR zu veräußern. Ein starkes Indiz für den tatsächlichen Wert der BAWAG-PSK im April 2006, also vor Gewährung der Bundesbürgschaft, sei der Kaufpreis bzw. das Gesamtinvestment der Bieter in ihren endgültigen Angeboten vom Dezember 2006. Weil die BAWAG-PSK im Frühjahr 2006 im Kern gesund gewesen und nur wegen der eingrenzbaren Probleme in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei, sei ihr Wert im Zeitpunkt der Übernahme der Bundeshaftung mit rund 2,6 Mrd. EUR angesetzt worden. Dieser hohe Wert spiegle sich auch im Bieterverfahren wieder, nämlich in den endgültigen Angeboten der Bieter vom Dezember 2006 und schließlich im von Cerberus getätigten Gesamtinvestment. Die Angebote der Bieter wurden im Rahmen eines internationalen Bieterverfahrens abgegeben, das offen und diskriminierungsfrei durchgeführt wurde und den Bietern ausreichend Zeit gewährte, um das potenzielle Kaufobjekt vor Abgabe eines Angebots zu prüfen. Zur Kenntnis Österreichs über den tatsächlichen Wert der BAWAG-PSK wird erklärt, dass Österreich durch die Tätigkeit der FMA im Zeitpunkt der Haftungsübernahme ausreichende Informationen über die wirtschaftliche Situation der BAWAG-PSK hatte. Bis zur Gewährung der Bürgschaft betrachtete Österreich die BAWAG-PSK als ein grundsätzlich lebensfähiges Unternehmen, das nur bis zu seiner Veräußerung einer Überbrückungshilfe bedurfte.

(81)

Bezüglich der Vergleichbarkeit mit anderen Finanzinstrumenten erklärte Österreich, dass die Bundeshaftung nicht mit einer Kapitalzufuhr zu vergleichen sei, sofern der Haftungsfall nicht eintrete. Das Ausfallrisiko betrage bei einem FSR von E+ lediglich 5,49 %, so dass mit einer fast 95 %igen Wahrscheinlichkeit keine Zahlungen an die BAWAG-PSK fließen würden.

(82)

Österreich vertrat die Auffassung, dass die Bundeshaftung für die Zwecke der Berechnung des Beihilfeelements indirekt mit einer beispielsweise im Fall CFF gewährten Bürgschaft für Verbindlichkeiten vergleichbar sei. Mit einer Bürgschaft über sämtliche Verbindlichkeiten der Bank hätte sich das Rating der BAWAG-PSK erheblich auf ein im A-Bereich liegendes Rating verbessert. Eine solche Ratingverbesserung hätte einen unmittelbaren positiven Effekt auf den Refinanzierungsaufwand der Bank gehabt. Damit hätte sich wiederum die Ergebnislage der Bank verbessert. Zusammen mit dem Rating hätte dies ihre Möglichkeiten, sich frisches Kapital zu besorgen, zumindest deutlich verbessert. Auch eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten könne deshalb — mittelbar — die notwendige Kernkapitalquote sicherstellen. Die Berechnung des Beihilfeelements solle sich daher auf die Höhe des wirtschaftlichen Werts aus der Sicht des Beihilfeempfängers stützen. Nicht in die Berechnung einfließen dürfe hingegen, ob der Staat auf eine Bürgschaft oder auf andere Mittel als ein privater Investor zurückgreife.

(83)

Angesichts der Risiko mindernden Gründe und der zeitlichen Begrenzung wegen des zu erwartenden Verkaufs der Bank in naher Zukunft erscheine die Ausfallwahrscheinlichkeit von B2 als realistisch und fair. Das Beihilfeelement der Haftungsübernahme würde sich daher auf 49,1 Mio. EUR (21) belaufen. Unter Berücksichtigung des Haftungsentgelts von 0,2 % im ersten Jahr würde das Beihilfeelement netto 47,3 Mio. EUR (22) betragen. Die Plausibilität dieser Berechnung sei auch daran zu erkennen, dass die Zinsen bei Gewährung eines Darlehens für den Gesamtbetrag in etwa ebenso hoch wie das Haftungsentgelt gewesen wären.

(84)

Österreich führte weiter aus, dass hinsichtlich der erwarteten Ausfälle nicht nur die Ausfallwahrscheinlichkeit, sondern auch der Umfang der Ausfälle zu berücksichtigen sei. Die in Erwägungsgrund 83 dargelegte Berechnung geht von einer Ausfallquote bei einem 100 %igen Ausfall aus. Bei einem 50 %igen Ausfall (23) ergäbe sich jedoch ein erheblich geringerer Beihilfewert von rund 25 Mio. EUR. Zudem würde ein privater Investor auch Kapitalkosten von rund 10 Mio. EUR (24) berücksichtigen. Daher belaufe sich der Gesamtwert der Bürgschaft auf rund 35 Mio. EUR abzüglich des Haftungsentgelts von 1,8 Mio. EUR.

(85)

Österreich bewertete den Wert der Bürgschaft auch durch Ermittlung des theoretischen Refinanzierungsvorteils der Bundeshaftung für die BAWAG-PSK. Aufgrund der Bürgschaft verringerte sich die Risikoprämie um rund 0,2 % (25). Unter Berücksichtigung der von dem Rating betroffenen Verbindlichkeiten in Höhe von 24,7 Mrd. EUR würde sich der wirtschaftliche Wert der Bürgschaft auf 49,4 Mio. EUR belaufen.

(86)

Österreich erklärte, das Beihilfeelement würde in jedem Fall weit entfernt vom Nominalwert der Garantie liegen. Der Kapitalmarkt kenne hybride Eigenkapitalinstrumente, die starke Merkmale von Verbindlichkeiten aufweisen, die bankaufsichtsrechtlich als so genanntes Kernkapital anerkannt seien. Allerdings hätten diese aufgrund der bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen lange Mindestlaufzeiten, in der Regel mindestens 10 Jahre. Für solche Instrumente gebe es einen festen Verzinsungsanspruch, der naturgemäß oberhalb dessen liege, was für ein einjähriges Instrument zu zahlen wäre. Banken, deren Rating mit demjenigen der BAWAG-PSK vergleichbar war, emittierten im Frühjahr/Sommer 2006 Hybridkapital mit zehnjähriger Mindestlaufzeit zu Zinssätzen von circa 5,1 %:

Tabelle 3

Hybridkapitalemissionen von Banken mit vergleichbarem Rating

Emittent

Datum der Emission

Rating im Zeitpunkt der Emission

Zinssatz

Banca Italease

6. Juni 2006

Moody's

:

Baa2

Fitch

:

BBB+

Composite

:

BBB

5,159 %

AIB UK

6. Juni 2006

Moody's

:

A2

S&P

:

A–

Fitch

:

A+

Composite

:

A

5,142 %

(87)

Österreich ergänzte den Umstrukturierungsplan durch ein aktualisiertes Base-Case-Szenario und eine Sensitivitätsanalyse mit einem optimistischen und einem pessimistischen Szenario.

(88)

Das Base-Case-Szenario lautet wie folgt (Tabelle 4):

Tabelle 4

(in Mio. EUR)

Gewinn und Verlustrechnung nach Handelsgesetzbuch

 

2006

2007

2008

2009

2010

2011

Nettozinsertrag

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Beteiligungserträge

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Provisionserträge

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Finanzergebnis

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Sonstige betriebliche Erträge

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Betriebserträge

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Personalaufwand

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Sachaufwand

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Abschreibungen

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Sonstiger betrieblicher Aufwand

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Betriebsergebnis

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Risikovorsorge und Bewertung von Finanzanlagen

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Steuern

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Jahresüberschuss

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

(89)

Österreich erklärte, dass unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Marktbedingungen eine Aktualisierung der Planung für das Jahr 2007 erforderlich geworden sei. Der Jahresüberschuss von […] Mio. EUR sei auf rund […] % des ursprünglich erwarteten Betrags gesunken. Österreich erläuterte die dem Base-Case-Szenario zugrunde liegenden Annahmen und die wichtigen Finanzkennzahlen. Die Planung für 2008 und die folgenden Jahre blieb unverändert.

(90)

Die wichtigsten Gründe für die Änderungen im Base-Case-Szenario sind

die langfristige Änderung des Anstiegs der Zinskurve,

die unerwartet langsame Rückkehr der während des „Bank-Run“ verlorenen Spareinlagen und Kundenkonten,

der Liquiditätsengpass und die Notwendigkeit, Vermögenspositionen zu veräußern, um die Liquidität zu erhöhen,

die anhaltend negative Berichterstattung über die BAWAG-PSK in den Medien,

die Stagnation des Kreditgeschäfts infolge der unzureichenden Liquidität.

(91)

Österreich erläuterte, dass die wichtigsten Annahmen, die im optimistischen und im pessimistischen Szenario voneinander abweichen, der Nettozinsertrag, Investitionserträge und Erträge aus Provisionen, das Wachstum des Geschäfts, die Personal- und Sachkosten und die Risikoquote sind. Im pessimistischen Szenario erhöht sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von […] Mio. EUR im Jahr 2007 auf […] Mio. EUR im Jahr 2011 und liegt damit rund […] % unter dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Base-Case-Szenario. Im optimistischen Szenario beläuft sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 2007 auf […] Mio. EUR und 2011 auf […] Mio. EUR. Somit liegt im optimistischen Szenario das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahr 2011 um rund […] % höher als im Base-Case-Szenario.

(92)

Nach Ansicht Österreichs ermöglicht der Umstrukturierungsplan die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität der BAWAG-PSK. Das am 14. Dezember 2006 erfolgreich abgeschlossene Bieterverfahren sei der beste Markttest für die Plausibilität des Umstrukturierungsplans. Cerberus habe mit seinem Angebot über eine Gesamtinvestition von […] Mrd. EUR klar zum Ausdruck gebracht, dass es von der langfristigen Rentabilität der Bank überzeugt sei.

(93)

Die spezifischen Risiken in Zusammenhang mit den „Refco“-Klagen in den Vereinigten Staaten, der Nichterfüllung der Verpflichtungen der BAWAG-PSK-Aktionäre gegenüber den amerikanischen Gläubigern und dem Gerichtsurteil zu den Zinsgleitklauseln werden nach Ansicht Österreichs im Umstrukturierungsplan ausreichend berücksichtigt:

Das Risiko durch Klagen von Refco-Gläubigern in den USA sei überschaubar gering und müsse daher bilanziell nicht gesondert berücksichtigt werden; es werde durch die allgemeine Risikovorsorge abgedeckt.

Das Risiko der Nichterfüllung von Verpflichtungen der BAWAG-PSK-Aktionäre gegenüber den US-Gläubigern bestehe nicht mehr. Am 18. Dezember 2006 schlossen die BAWAG-PSK und ihre mittelbaren und unmittelbaren Eigentümer eine Vereinbarung über die Verpflichtungen der Vertragsparteien, mit der die BAWAG-PSK und ihre Eigentümer wechselseitig auf Regressansprüche gegeneinander verzichten.

Das aus dem Gerichtsurteil zu den Zinsgleitklauseln erwachsende Risiko ist in den allgemeinen Rückstellungen in der Bilanz der BAWAG-PSK berücksichtigt.

(94)

Österreich erinnert daran, dass zwei Special Purpose Vehicles (nachfolgend „SPV“ genannt) von privaten Banken einerseits und Versicherungsgesellschaften andererseits gegründet worden sind, um die bankrechtliche Kernkapitalquote der BAWAG-PSK abzusichern.

(95)

Nach Ansicht Österreichs zeigt die Gründung der das Eigenkapital der BAWAG-PSK stärkenden SPV mit mehreren österreichischen Banken einerseits und österreichischen Versicherern andererseits, dass die Wettbewerber die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der BAWAG-PSK ihrerseits zum Anlass von kurzfristigen Unterstützungsmaßnahmen im Interesse der Wahrung des Rufs des Finanzplatzes Österreich genommen haben. Es wäre unlogisch, wenn die Wettbewerber der BAWAG-PSK mit Hilfe der SPV vorübergehend finanzielle Unterstützung leisteten, wenn sie zugleich aus der Bundeshaftung eine nennenswerte Wettbewerbsverzerrung ableiteten. Vielmehr zeige das Vorgehen der Banken und Versicherer, dass der durch die Bundeshaftung gesicherte Fortbestand der BAWAG-PSK jedenfalls nicht als Wettbewerbsstörung aufgefasst wurde und wird. Zudem habe kein Dritter bei der Kommission eine Stellungnahme zur Eröffnungsentscheidung der Kommission abgegeben. Die Bundeshaftung habe also auch aus der Sicht sonstiger Wettbewerber nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs geführt.

(96)

Österreich vertritt die Auffassung, dass der Verkauf der BAWAG-PSK durch ihren früheren Eigentümer, den ÖGB, eine wichtige Ausgleichsmaßnahme darstellt. Der Verkauf unterstreiche den gemeinsamen Willen zur nachhaltigen Umstrukturierung der Bank. Wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten verkauft werde, so sei dies ein wesentlicher Schritt einer nachhaltigen Umstrukturierung. Im Allgemeinen kann nach Ansicht Österreichs davon ausgegangen werden, dass ein Unternehmen unter der Kontrolle eines neuen, privaten Eigentümers eher langfristig lebensfähig ist und damit sichergestellt wird, dass das Unternehmen kein zweites Mal staatliche Beihilfen benötigen wird (26). Wenngleich im vorliegenden Fall keine Privatisierung vorliege, sei die gänzliche Übertragung der BAWAG-PSK unter die Kontrolle eines erfahrenen privaten Investors ein wesentlicher Schritt, die Schwierigkeiten der Vergangenheit zu überwinden und eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen. Darüber hinaus ermögliche der Verkauf der Bank einen überaus hohen Eigenbeitrag im Sinne der Leitlinien, mit dem die Umstrukturierung der BAWAG-PSK de facto zu 100 % finanziert werde. Durch den Verkauf der BAWAG-PSK könne die Lebensfähigkeit der Bank gesichert werden, da die BAWAG-PSK-Eigentümer mit Hilfe des Kaufpreises unter anderem auch ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Bank bedienen könnten. Damit werde die Werthaltigkeit der gegenständlichen Forderungen der BAWAG-PSK wiederhergestellt. Der Verkauf erweise sich somit als Schlüsselelement der Umstrukturierung der BAWAG-PSK Die damit verbundenen Kosten würden letztendlich in keiner Weise aus der Bürgschaft, sondern zur Gänze aus dem Verkauf der Bank finanziert.

(97)

Österreich teilte der Kommission mit, dass folgende Desinvestitionen bereits getätigt worden seien.

Tabelle 5

Übersicht über die bereits erfolgten Desinvestitionen

Maßnahme

Geschäftsfeld

Zeitpunkt der Durchführung

Verkauf Bank Frick & Co.

Retail-Banking

19. Juli 2006

Verkauf Österreichische Nationalbank

Zentralbank

12. Juli 2006

Verkauf Kinomax Sp. z o.o.

Immobiliendienstleistung

14. Dezember 2006

Verkauf Wiener Liegenschaft, 1010 Wien

Immobiliendienstleistung

8. Mai 2006

Verkauf HOBEX AG

Einzugsermächtigung

29. März 2007

Verkauf Funk International Austria GmbH

Versicherungsbroker

1. Januar 2007

Verkauf Cosmos Elektrohandel GmbH & Co KG oder COSMOS Geschäftsführungs- und Beteiligungs-GmbH

Einzelhandel

14. September 2006

Voestalpine AG

Stahl

9. November 2006 bis 13. April 2007

(98)

Österreich hat der Kommission auch weitere Zusagen der BAWAG-PSK übermittelt:

a)

Die BAWAG-PSK AG wird die folgenden Vermögenswerte an einen von der BAWAG-PSK-Gruppe unabhängigen Dritten veräußern:

i)

Veräußerung einer Beteiligung von mehr als 50 % an der PSK Versicherung AG und an der BAWAG-Versicherung Aktiengesellschaft mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […] und Einräumung einer Call-Option für den Erwerber auf die restlichen Anteile;

ii)

Abschluss der Veräußerung von Immobilien im Wert von etwa […] Mio. EUR mit gesamter bilanzieller Wirkung spätestens zum […].

iii)

Veräußerung der Beteiligung von […] % an der […] mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […];

iv)

Veräußerung der Beteiligung von 42,56 % an der ATV Privat-TV Services AG mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […];

v)

Veräußerung der […] mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […].

b)

Die BAWAG-PSK-Gruppe reduziert den Bestand ihrer Darlehen an die Bundesrepublik Österreich von […] Mrd. EUR auf […] Mrd. EUR zum Ende des Geschäftsjahres […] und hält diesen Betrag für einen Zeitraum von […], also bis zum […], als Obergrenze ein. Ausgenommen davon sind bestehende Verpflichtungen von Gesellschaften der BAWAG-PSK-Gruppe aus künftigen Tranchen von bereits eingegangenen Beschaffungsvorgängen.

c)

Die BAWAG-PSK AG verzichtet für die Dauer von […], beginnend am […], an Bieterverfahren teilzunehmen, in denen die Bundesrepublik Österreich sog. Primary Dealers mit der Emission von Schuldverschreibungen des Bundes („state bonds“) beauftragt.

d)

Die BAWAG-PSK AG wird […] Zweigstellen in Wien bis zum […] schließen.

e)

Bis zum 31. Dezember 2010 werden der BAWAG-PSK keine anderen Beihilfen als Beihilfen gemäß Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag, Beihilfen im Rahmen von durch die Europäische Union kofinanzierten Forschungsprojekten, Beihilfen für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen oder Energiesparmaßnahmen im Rahmen genehmigter Regelungen gewährt.

(99)

Österreich machte detaillierte Angaben zum Wert und zur Reduzierungswirkung der einzelnen Ausgleichsmaßnahmen. Seiner Ansicht nach werden diese Maßnahmen (einschließlich des „Bank-Run“ — siehe Erwägungsgrund 103 — dazu führen, dass die Bilanzsumme der Gruppe insgesamt um […] % niedriger als im Jahr 2005 liegen wird.

(100)

Österreich erläuterte, warum weitere Reduzierungen die Rentabilität der Bank gefährden würden. Es erinnerte daran, dass der österreichische Bankenmarkt bereits stark konzentriert ist und von vier Bankengruppen — Bank Austria Creditanstalt, die ERSTE Bank/Sparkassengruppe, Raiffeisengruppe und BAWAG-PSK — dominiert wird. Diese Gruppen hätten im Privatkunden- und im Firmenkundengeschäft einen gemeinsamen Marktanteil von 90—100 %. Andere Kreditinstitute würden lediglich eine untergeordnete Rolle spielen. Daher ähnle der österreichische Bankensektor bereits jetzt einem Oligopol. Im Falle einer Insolvenz der BAWAG-PSK würden ihre Marktanteile mit hoher Wahrscheinlichkeit den drei größten Wettbewerbern im Bankensektor zufallen. Dies würde deren bereits bedeutende Marktposition stärken. Für die Märkte für Bankdienstleistungen gebe es besondere rechtliche und institutionelle Parameter. Aufgrund der bestehenden erheblichen Marktzutrittsschranken im Privatkunden- wie auch im Firmenkundengeschäft könnten bereits Marktanteile von 30 % beherrschende Marktstellungen begründen (27). Im Falle einer Insolvenz der BAWAG-PSK bestünde daher die Gefahr, dass die drei Bankengruppen in Österreich eine marktbeherrschende Stellung erlangen oder ausbauen könnten, was die Gefahr einer Marktbeherrschung durch ein Oligopol beträchtlich erhöht. Folglich würde eine Situation vorliegen, in der staatliche Beihilfen genehmigt werden müssen, um die Begründung oder Stärkung eines marktbeherrschenden Oligopols zu vermeiden.

(101)

Österreich erklärte, die BAWAG-PSK verfüge über moderate Marktanteile im Privatkunden- und im Firmenkundengeschäft, die 2006 sogar noch weiter gesunken seien. Dies sei den Marktanteilen (28) im Jahr 2006 zu entnehmen (Tabelle 6):

Tabelle 6

Produkte nach Geschäftsfeldern

Marktanteil 2005

Marktanteil 2006

Einlagengeschäft mit inländischen Kunden

Privatkunden

12 %

[…]

Firmenkunden

8 %

[…]

Kreditgeschäft mit inländischen Kunden inkl. Hypothekarkredite

Privatkunden

6 %

[…]

Firmenkunden

8 %

[…]

Die entsprechenden Marktanteile der drei größten Bankengruppen lägen in all diesen Bereichen bei über 20 %.

(102)

Österreich erklärte, dass die infolge des „Bank-Run“ eingetretenen Marktanteilsverluste, die Regelung für die Verwendung von Zahlungen im Rahmen der Bürgschaftsvereinbarung und die mögliche Wirkung von Ausgleichsmaßnahmen auf den österreichischen Bankensektor für die Bewertung der Ausgleichsmaßnahmen sehr wichtig seien.

(103)

Im Zusammenhang mit dem Verlust von Marktanteilen infolge des „Bank-Run“ vertritt Österreich die Auffassung, dass die Marktposition der Bank durch die Reduzierung der Sicht- und Spareinlagen um rund […] Mrd. EUR von Ende September 2005 bis Juni 2006 bereits erheblich geschwächt worden sei. Aufgrund der durch Medienberichte ausgelösten „Massenhysterie“ habe die BAWAG-PSK keine Möglichkeit gehabt, den Zusammenbruch ihres Spareinlagengeschäfts zu verhindern. Die Beihilfe habe daher den Wettbewerb in keiner Weise zugunsten der BAWAG-PSK verzerrt. Österreich betrachtet den „Bank-Run“, der für die BAWAG-PSK Marktanteilsverluste zur Folge hatte, als Ausgleichsmaßnahme.

(104)

Österreich zufolge war ein hoher Verkaufspreis für den Erfolg der Umstrukturierung und die Fortführung der Bank von entscheidender Bedeutung. Jede Senkung des Verkaufspreises auf weniger als […] Mrd. EUR aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen hätte direkte Auswirkungen auf die Bank gehabt. Eine Verringerung des Werts der BAWAG-PSK durch Ausgleichsmaßnahmen hätte die Möglichkeiten geschmälert, einen für die Bedienung der Verbindlichkeiten erforderlichen Verkaufspreis zu erzielen.

(105)

Österreich erklärte, dass die Ausgleichsmaßnahmen auch negative Folgen für die Marktstruktur des österreichischen Bankensektors hätten. Der Verkauf von österreichischen Bankfilialen der BAWAG-PSK an eines der drei anderen großen österreichischen Kreditinstitute würde im Rahmen der Fusionskontrolle große Bedenken aufwerfen. Ein Verkauf von Filialen an ein ausländisches Kreditinstitut würde die Gefahr bergen, dass Bankkunden der BAWAG-PSK (vor allem Privatkunden und mittlere Unternehmen) zu anderen österreichischen Banken wechseln, was eine weitere Verengung des bereits stark konzentrierten österreichischen Bankenmarkts zur Folge hätte. Nach den Leitlinien muss die Kommission in einem solchen Fall Ausgleichsmaßnahmen so gestalten, dass diese Situation vermieden wird.

(106)

Österreich erklärte, dass die in Rede stehende Beihilfe auf das Mindestmaß begrenzt sei, da es sich nicht um eine dauerhafte Kapitalzufuhr, sondern um eine befristete, an Bedingungen geknüpfte Bürgschaft handle, die für die Wahrung einer ausreichenden Solvabilität erforderlich war.

(107)

Österreich führte aus, dass seit der Unterzeichung des Kaufvertrags am 30. Dezember 2006 feststehe, dass die BAWAG-PSK den im Umstrukturierungsplan vorgesehenen Eigenbeitrag leisten könne. Die Finanzierung der Umstrukturierung werde zu 100 % von der BAWAG-PSK selbst sichergestellt. Auch die Kapitalzufuhr von 600 Mio. EUR müsse als Eigenbeitrag betrachtet werden.

VI.   STELLUNGNAHMEN ANDERER BETEILIGTER

(108)

Nach Veröffentlichung der Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens im Amtsblatt der Europäischen Union gingen bei der Kommission keine Stellungnahmen von Beteiligten ein.

VII.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

(109)

Gemäß Randnummer 9 der Leitlinien befindet sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift.

(110)

Österreich hat in seiner Stellungnahme zur Einleitung des Prüfverfahrens der Auffassung der Kommission, bei der BAWAG-PSK habe es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß den Leitlinien gehandelt, nicht widersprochen.

(111)

Nach Auffassung der Kommission wäre die Bank ohne die Haftungsübernahme nicht in der Lage gewesen, einen anhaltenden Einlagenabzug in beträchtlicher Höhe zu verkraften. Wie im Jahresabschluss 2005 angegeben, hätten die Prüfer insbesondere dem Jahresabschluss der BAWAG-PSK keinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk hinsichtlich des Grundsatzes der Unternehmensfortführung geben können.

(112)

Folglich hätte die BAWAG-PSK ohne die Bürgschaft innerhalb von Wochen Insolvenz/Konkurs anmelden müssen.

(113)

Ferner wäre der ÖGB nach Auffassung der Kommission ohne Unterstützung nicht in der Lage gewesen, die Schwierigkeiten seiner Tochtergesellschaft zu bewältigen. Dass die BAWAG-PSK Forderungen gegen ihre Eigentümer in Höhe von […] Mio. EUR wertberichtigen musste, bestätigt diese Auffassung.

(114)

Daraus ergibt sich, dass die BAWAG-PSK zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme ein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Randnummer 9 der Leitlinien war. Darüber hinaus sind die Schwierigkeiten der BAWAG-PSK eindeutig der Bank selbst zuzuschreiben und wiegen zu schwer, als dass sie von der Gruppe, der die Bank angehört, hätten bewältigt werden können. Weder der ÖGB noch die AVB wären in der Lage gewesen, die BAWAG-PSK ohne öffentliche Unterstützung umzustrukturieren. Daher kommt die BAWAG-PSK für Rettungs- und/oder Umstrukturierungsbeihilfen gemäß Randnummer 13 der Leitlinien in Frage.

(115)

Die Investitionen von Privatbanken und Versicherungsgesellschaften in die beiden SPV zur Stärkung der Kapitalquoten der BAWAG-PSK sind nicht auf einer ähnlichen Grundlage wie die staatliche Bürgschaft erfolgt. Die Privatinvestoren tragen ein wesentlich geringeres Risiko als der Staat durch seine Bürgschaft. Österreich hat bestätigt, dass ohne die Haftungsübernahme des Bundes für die BAWAG-PSK kein Privatinvestor bereit gewesen wäre, Mittel zu stellen, die als Eigenkapital betrachtet würden. Die Investitionen von privater Seite stehen daher nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass sich die BAWAG-PSK in Schwierigkeiten befand.

(116)

Um zu beurteilen, ob eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt, muss die Kommission prüfen, ob sie

vom Staat oder aus staatlichen Mitteln finanziert wird,

einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft,

durch selektive Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen könnte und ob sie

den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

(117)

Um als staatliche Beihilfe zu gelten, müssen die finanziellen Mittel dem Staat zurechenbar sein und direkt oder indirekt aus staatlichen Mitteln gewährt werden.

(118)

Im vorliegenden Fall sind diese beiden kumulativen Bedingungen erfüllt, da es sich bei der Maßnahme um eine staatliche Bürgschaft handelt, die auf der Grundlage eines Bundesgesetzes gewährt wurde.

(119)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag verbietet Beihilfen, die bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen, d. h. selektive Beihilfen.

(120)

Durch die Bürgschaft wird ausschließlich die BAWAG-PSK begünstigt. Demnach ist die Maßnahme als selektiv einzustufen.

(121)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag verbietet Beihilfen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

(122)

Die Kommission muss im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung nicht eine tatsächliche Auswirkung von Beihilfen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und eine tatsächliche Wettbewerbsverfälschung nachweisen, sondern lediglich, ob Beihilfen geeignet sind, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (29). Stärkt die Beihilfe eines Mitgliedstaats die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, muss deren Wettbewerbsfähigkeit als durch die Beihilfe beeinträchtigt angesehen werden.

(123)

Die Kommission erinnert daran, dass der Bankensektor seit vielen Jahren für den Wettbewerb geöffnet ist. Der Wettbewerb, der unter Umständen bereits aufgrund des im EG-Vertrag vorgesehenen freien Kapitalverkehrs bestand, hat sich durch fortschreitende Liberalisierung verbessert.

(124)

Die BAWAG-PSK verfügt über Zweigstellen bzw. Tochtergesellschaften in verschiedenen Mitgliedstaaten, insbesondere der Tschechischen Republik, der Slowakei, Slowenien, Ungarn und Malta. Umgekehrt sind auch Banken aus anderen Mitgliedstaaten in Österreich tätig, entweder direkt über Zweigstellen bzw. Vertretungen oder indirekt durch die Kontrolle über in Österreich ansässige Banken und Finanzinstitute.

(125)

Schließlich findet im Bankensektor Handel zwischen Mitgliedstaaten statt. Die Bürgschaft stärkt die BAWAG-PSK gegenüber anderen Bankunternehmen, mit denen sie im innergemeinschaftlichen Handel im Wettbewerb steht. Die Bürgschaft ist daher geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen.

(126)

Ein Kriterium für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe ist, dass eine Maßnahme den Begünstigten einen Vorteil verschafft.

(127)

Gemäß Randnummer 4.2 der Mitteilung über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften stellt eine Garantie dann keine staatliche Beihilfe dar, weil kein wirtschaftlicher Vorteil vorliegt, wenn folgende vier Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Der Kreditnehmer ist nicht in finanziellen Schwierigkeiten;

b)

der Kreditnehmer wäre grundsätzlich in der Lage, ohne Eingreifen des Staates auf den Finanzmärkten Gelder zu Marktbedingungen aufzunehmen;

c)

die Garantie ist an eine bestimmte Finanztransaktion geknüpft und auf einen festen Höchstbetrag beschränkt, deckt höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrages oder der sonstigen finanziellen Verpflichtungen und ist von begrenzter Laufzeit;

d)

es wird eine marktübliche Prämie für die Garantie gezahlt.

(128)

Nach Auffassung der Kommission ist die Voraussetzung a im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da es sich bei der BAWAG-PSK bei Haftungsübernahme um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelte.

(129)

Darüber hinaus hätte kein Marktteilnehmer die Haftung für ein von der BAWAG-PSK gezahltes Entgelt von 0,2 % übernommen. Wie Österreich bestätigte, hätte ein marktübliches Entgelt zwischen 32 und 49 Mio. EUR im Jahr gelegen. Daher ist auch die Voraussetzung d nicht erfüllt.

(130)

Die Haftungsübernahme des Bundes verschafft der BAWAG-PSK folglich einen Vorteil.

(131)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass es sich bei der Haftungsübernahme des Bundes für die BAWAG-PSK um eine staatliche Beihilfe handelt.

(132)

Die Beihilfe wurde von Österreich am 8. Mai 2006 mit Rückwirkung ab dem 31. Dezember 2005 gewährt, d. h. vor einer Entscheidung der Kommission über ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt.

(133)

Zur Bestimmung des in der Haftungsübernahme enthaltenen Beihilfeelements muss die Kommission prüfen, ob und zu welchen Bedingungen bzw. unter welchen Voraussetzungen ein unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen handelnder Investor/Bürge unter vergleichbaren Umständen die Haftung übernommen hätte.

(134)

Ein hypothetischer Investor handelt wie ein umsichtiger Kapitalgeber (30), der seine Gewinne maximieren möchte, ohne jedoch zu große Risiken im Verhältnis zur Rendite einzugehen (31).

(135)

„Schließlich ist das Verhalten eines öffentlichen Kapitalgebers mit dem eines privaten im Hinblick darauf zu vergleichen, wie sich ein privater Kapitalgeber bei dem fraglichen Vorgang angesichts der zum entsprechenden Zeitpunkt verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen verhalten hätte.“ (32) Ereignisse nach dem Erlass der Investitionsentscheidung sind folglich nicht relevant für die Beurteilung des in der Haftungsübernahme enthaltenen Beihilfebetrags (33).

(136)

Gemäß Randnummer 3.1 der Mitteilung sollte das Beihilfeelement unter Bezugnahme auf die Besonderheiten der Garantie beurteilt werden.

(137)

Im vorliegenden Fall diente die Haftungsübernahme als Sicherheit für spezifische notleidende Kredite der BAWAG-PSK in Höhe von 900 Mio. EUR. Durch die Haftungsübernahme behielten die Aktiva ihren Wert und wurden Wertberichtigungen, die zu weiteren Verlusten in Höhe von 900 Mio. EUR im Jahresabschluss 2005 geführt hätten, überflüssig. Auswirkung und Charakter der Haftungsübernahme sind in dieser Hinsicht mit denen einer Kapitalzufuhr vergleichbar (34). Auf diese Weise konnte vermieden werden, dass die Kernkapitalquote der BAWAG-PSK die gesetzlichen Mindestanforderungen unterschreitet.

(138)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die vorliegende Haftungsübernahme nicht mit einer Bürgschaft über sämtliche Verbindlichkeiten einer Bank vergleichbar ist (35). Bei derartigen Bürgschaften haben die Gläubiger der Bank ein unmittelbares Forderungsrecht. Im Insolvenzfall muss der Bürge die Verbindlichkeiten übernehmen, die nicht aus den Vermögenswerten der Bank beglichen werden können. Wirtschaftlich gesehen sinken durch diese Art Bürgschaft die Refinanzierungskosten der Bank über Schuldverschreibungen. Die Kommission erkennt an, dass die Haftungsübernahme, indem sie die Werthaltigkeit von etwa 1,6 % der gesamten Aktiva der Bank bei Ausfall garantiert, in begrenztem Umfang indirekt auch die Verbindlichkeiten besichert, doch kann die Gesamtwirkung der Haftungsübernahme nicht als vergleichbar angesehen werden. Aus der von Frankreich in der CFF-Sache (36) gewährten Garantie, die alle Verbindlichkeiten des CFF abdeckte, kann daher keine für den anstehenden Fall relevante Schlussfolgerung gezogen werden.

(139)

Unter den in der Bürgschaftsvereinbarung festgelegten Bedingungen kann die Bürgschaft in Anspruch genommen werden, wenn die Bank wirtschaftlich weiterhin bedroht ist. Die BAWAG-PSK bestätigte im Jahresabschluss 2006 Folgendes: „Die Inanspruchnahme der Bürgschaft ist auch dann gestattet, wenn eine Insolvenz der Bank nur deshalb droht, weil die Bürgschaft mit 1. Juli 2007 ausläuft; der Bund kann durch die Verlängerung der Bürgschaft die Inanspruchnahme abwehren.“ Der Bürge könnte dann bis zu 900 Mio. EUR verlieren, ohne Anteile an der Bank zu behalten, die ihm erlauben würden, an einem späteren Aufwärtstrend teilzunehmen.

(140)

Eine wichtige Voraussetzung für die Gewährung der Bürgschaft ist die Zusage der BAWAG-PSK-Anteilseigner gegenüber der Bundesregierung, all ihre Anteile an der BAWAG-PSK oder der AVB an Dritte zu übertragen.

(141)

Diese Verkaufsverpflichtung bildet die wichtigste Grundlage für die Bewertung der Bundeshaftung.

(142)

Nach Auffassung der Kommission hängen die Inanspruchnahme und somit das Beihilfeelement der Haftungsübernahme unmittelbar von der Gesamtinvestition des potenziellen Erwerbers ab, also dem Verkaufspreis und der Bereitschaft des Erwerbers, weiteres Eigenkapital zuzuführen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Österreich im Umstrukturierungsplan schreibt, „dass das Gelingen der Sanierung und die Weiterführung der Bank entscheidend von einem hohen Verkaufspreis abhängen. Jede Reduktion eines Verkaufspreises unterhalb von EUR […] Mrd. aufgrund von Kompensationsmaßnahmen beeinflusst die Bank unmittelbar“.

(143)

Ohne Zuführung weiteren Eigenkapitals oder kurzfristige Verringerungen der Risikoaktiva läge die Wahrscheinlichkeit der Bürgschaftsinanspruchnahme umso höher, je weiter die Gesamtinvestition des Erwerbers […] Mrd. EUR unterschreitet.

(144)

Die Kommission hat die Bürgschaft und die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme beurteilt und ist zu dem Schluss gelangt, dass ein privater Kapitalgeber/Bürge zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme bei der Risikoanalyse drei wichtige Szenarien betrachtet hätte:

a)

Erstes Szenario: Verkauf der Bank vor Juni 2007 bei einer Gesamtinvestition (Verkaufspreis + Kapitalzufuhr) des Erwerbers von über […] Mrd. EUR, so dass die Bürgschaft am Tag des Closing ohne Inanspruchnahme auslaufen kann.

b)

Zweites Szenario: Verkauf der Bank vor Juni 2007 bei einer Gesamtinvestition von weniger als […] Mrd. EUR, so dass die Bürgschaft teilweise oder in vollem Umfang in Anspruch genommen wird.

c)

Drittes Szenario: Der Verkauf der BAWAG-PSK gelingt nicht vor Juni 2007. In diesem Fall muss die Bürgschaft — auch wenn ihr Gesamtbetrag (durch Jahresüberschüsse der Bank oder verringerte Risikoaktiva usw.) schrittweise sinkt — für einen unbestimmten Zeitraum verlängert werden. Anderenfalls würde die Bürgschaft höchstwahrscheinlich in Anspruch genommen, was zu hohen Verlusten für den Staat führen würde.

(145)

Zwar vertrat Österreich die Auffassung, die BAWAG-PSK könne die erforderlichen Kapitalreserven durch Kapitalzufuhren neuer Kapitalgeber (37) oder durch mehrere positive Jahresergebnisse aufbauen oder einen anderen, weniger ehrgeizigen Umstrukturierungsplan aufstellen, der weniger Kernkapital vorsieht und der Bank somit mehr Raum für die weitere Reduzierung des Haftungsgesamtbetrags lässt, doch hätte nach Auffassung der Kommission ein privater Kapitalgeber/Bürge zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme derartige — nicht auszuschließende — Hypothesen nicht in Betracht gezogen, da die alternativen Szenarien zu hypothetisch gewesen wären. Insbesondere wäre ein privater Kapitalgeber im Falle eines Umstrukturierungsplans, der weniger ehrgeizig wäre als derjenige, auf dem die Szenarien beruhen, davon ausgegangen, dass Österreich die Haftungsübernahme im Juli 2007 erforderlichenfalls verlängert. Die Kommission teilt die Auffassung Österreichs nicht, dass die Haftung im Juli 2007 nicht mit Sicherheit verlängert würde, wäre die Bank vor diesem Zeitpunkt noch nicht verkauft. Vielmehr würde die Bürgschaft ohne Verlängerung fast in voller Höhe in Anspruch genommen, da die BAWAG-PSK noch nicht wieder die zur Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Kennzahlen erforderlichen finanziellen Mittel erwirtschaftet hatte und erneut die Insolvenz drohen würde.

(146)

Die Kommission hat die anderen von Österreich vorgebrachten Möglichkeiten, wie die Eigenkapitalanforderungen bei Ablauf des einjährigen Bürgschaftszeitraums mangels Verkauf der Bank erfüllt werden könnten, geprüft. Sie ist zu der Auffassung gelangt, dass derartige Hypothesen zwar nicht auszuschließen sind, jedoch von einem privaten Kapitalgeber/Bürgen zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme nicht in Betracht gezogen worden wären, da die alternativen Szenarien, auf denen sie beruhen, hypothetisch sind oder sich auf den Unternehmensplan der Bank negativ auswirken. Kurz- und mittelfristig würden die erwarteten Gewinne es der Bank nicht erlauben, ihre Eigenkapitalausstattung erheblich zu verbessern (38). Eine Senkung der Eigenkapitalanforderungen durch Verringerung der Risikoaktiva würde sich nachteilig auf die zukünftige Ertragsfähigkeit der Bank auswirken (39), und der Rückgriff auf Fremdkapital wäre mit einem teilweisen Verkauf der Bank vergleichbar (40).

(147)

Ideal wäre es, könnte die Kommission jedem der drei Szenarien einen Wahrscheinlichkeitsgrad zuordnen, bezogen auf den Zeitpunkt der Haftungsübernahme. Der Beihilfebetrag könnte dann daraus abgeleitet werden. Es war der Kommission auf der Grundlage der verfügbaren Informationen jedoch nicht möglich, entsprechende Wahrscheinlichkeitsgrade genau zu bestimmen. Zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme war nicht klar vorhersehbar, wie sich die BAWAG-PSK weiter entwickeln würde.

(148)

Österreich gibt an, zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme durch die Tätigkeit der FMA über ausreichende Informationen betreffend die wirtschaftliche Situation der BAWAG-PSK verfügt und die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der drei beschriebenen Szenarien abgeschätzt zu haben. Im Ergebnis sei nur das erste Szenario für realistisch gehalten worden. Österreich hat hierfür jedoch keine Belege übermittelt. Beispielsweise wurden der Kommission keine genauen Daten zu einer Bewertung der Bank vor der Haftungsübernahme vorgelegt.

(149)

Der Wert der BAWAG-PSK bei Verabschiedung des Bundesgesetzes im April/Mai 2006 kann lediglich mittels ungefährer Berechnungen geschätzt werden:

a)

Gestützt auf verfügbare Unterlagen hätte ein privater Bürge eine Discounted-Cash-flow-Methode (DCF-Methode) einsetzen können. Ein solcher Ansatz, der auf projizierten Zahlen für einen angemessenen Zeitraum aufbaut, führt jedoch zu Zahlen, bei denen der Endwert einen sehr hohen Prozentsatz des Gesamtwerts ausmacht. Ein Beispiel: Ausgehend von dem Nettoertrag, der in dem von Österreich im September 2006 vorgelegten Unternehmensplan genannt wurde (stellvertretend für die Informationen, die einem privaten Bürgen im April/Mai 2006 zur Verfügung standen), ergibt sich mittels DCF ein Wert von […] Mrd. EUR (41), wobei der Endwert bei 85 % dieses Betrags liegt. Da diese Methode zu stark vom Endwert abhängt, erlaubt sie nach Auffassung der Kommission im vorliegenden Fall keine zuverlässigen Schlussfolgerungen.

b)

Gestützt auf den Verkaufspreis für die BAWAG-PSK in Höhe von […] Mrd. EUR (im Frühjahr 2006 nicht bekannt) und den Eigenkapitalwert zum 31. Dezember 2005 von 1,7 Mrd. EUR kann ein Geschäftswert (Kundenkreis und Zweigstellennetz) von etwa […] Mrd. EUR errechnet werden. Aus der Eigenkapitalsumme zum 31. Dezember 2005 und dem Geschäftwert, abzüglich der von den neuen Eigentümern zu leistenden Kapitalzufuhr in Höhe von […] Mio. EUR und der Refco-Zahlung in Höhe von […] Mio. EUR in Verbindung mit dem Verkaufspreis, ergibt sich ein geschätzter Wert der BAWAG-PSK im Frühjahr 2006 von rund […] Mrd. EUR (42).

(150)

Von der Kommission ist auch zu berücksichtigen, dass der Zeitdruck im April/Mai 2006, als der private Bürge hätte handeln müssen, sehr groß war. Es standen lediglich einige Wochen zur Verfügung, um die finanzielle Lage der Bank genau zu analysieren und ein Angebot zu unterbreiten. Der laufende „Bank-Run“ auf die BAWAG-PSK stellte eine große Gefahr für ihre Zahlungsfähigkeit dar. Eine Fortsetzung dieser Entwicklung auch nur über kurze Zeit hätte die Bank nicht überlebt. Durch den Zeitdruck und den hohen erforderlichen Haftungsbetrag waren Angebote privater Marktteilnehmer kaum oder überhaupt nicht möglich.

(151)

Ferner bestanden weitere Unsicherheitsfaktoren, z. B. in Zusammenhang mit der Refco-Sache in den USA, und ein privater Bürge hätte beurteilen müssen, ob sein Eingreifen — im Vergleich zu einer Bundeshaftung — ausreichend gewesen wäre, um den „Bank-Run“ zu beenden.

(152)

Aus den vorstehend beschriebenen Umständen schließt die Kommission Folgendes:

a)

der Zeitpunkt des Verkaufs und die Höhe des Kaufpreises für die BAWAG-PSK waren zwei unbekannte Faktoren mit hohem Risiko für einen marktorientierten Bürgen;

b)

der Zeitdruck machte es für einen Marktbeteiligten sehr schwierig, ein Angebot abzugeben;

c)

der Substanzwert der Bank war nicht so gering, dass er die Übernahme einer Haftung im Gesamtbetrag von 900 Mio. EUR durch einen privaten Bürgen völlig ausgeschlossen hätte, wenn auch die Zahlung eines hohen Entgelts Voraussetzung gewesen wäre.

(153)

Nach Auffassung der Kommission wäre von einem privaten Kapitalgeber eher eine Kapitalzufuhr zu erwarten gewesen, die ihn zum Anteilseigner gemacht und an den Entscheidungen für die erfolgreiche Umstrukturierung beteiligt hätte. Die Kommission und Österreich sind sich jedoch einig, dass kein privater Kapitalgeber bereit gewesen wäre, Mittel zu stellen, die als Eigenkapital betrachtet würden (43).

(154)

Eine Bürgschaft wäre einem privaten Kapitalgeber auch deshalb nicht als wirklich geeignetes Instrument erschienen, weil das verlangte hohe Entgelt die Ertragsaussichten verschlechtert und damit der Bürgschaft entgegengewirkt hätte. Die Übernahme der Bürgschaft spiegelt vielmehr die Interessen Österreichs wieder, die in erster Linie darin bestanden, das Vertrauen der Anleger und Partner in die Stabilität der Bank und den Finanzsektor in Österreich wiederherzustellen. Auch verfügt Österreich als Bürge über sehr umfangreiche Kapazitäten und günstige Bedingungen (AAA-Rating).

(155)

Folglich kann das in der Bundeshaftung enthaltene Beihilfeelement nach Auffassung der Kommission nur als Bandbreite geschätzt werden. Das obere Ende dieser Bandbreite liegt bei 898 Mio. EUR, also dem Nominalbetrag der Haftung abzüglich des von der Bank dafür gezahlten Entgelts von 0,2 %. Die Festlegung des unteren Endes ist weitaus komplexer; es könnte nach Auffassung der Kommission bei mindestens 2/3 des Nominalbetrags der Haftung liegen.

(156)

Die Kommission hat die von Österreich angestellten Analysen zum Beihilfeelement der Bürgschaft geprüft und ist zu der Auffassung gelangt, dass diese Analysen aus mehreren Gründen unzulänglich sind.

(157)

Nach Ansicht der Kommission spiegeln das FSR der BAWAG-PSK und die entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeit nicht das Risiko des Bürgen in den drei relevanten Szenarien wieder. Moody’s FSR bleibt in jedem Szenario im Wesentlichen unverändert, da die Bürgschaft über 900 Mio. EUR aus der Sicht eines Investors mit einer bereits getätigten Kapitalaufstockung um denselben Betrag vergleichbar ist. Im ersten Szenario wird das Kapital allein vom künftigen Eigentümer der Bank erhöht. Im zweiten Szenario erfolgt die Kapitalerhöhung zum Teil über den künftigen Eigentümer der Bank; für den Restbetrag wird die Bürgschaft in Anspruch genommen. Im dritten Szenario bleibt die Bürgschaft (wenn auch mit abnehmendem Wert) bestehen, solange keine geeignete Kapitalzufuhr erfolgt oder die Bank nicht die erforderlichen finanziellen Mittel erwirtschaftet. Das Risiko des Bürgen hängt jedoch stark von der Wahrscheinlichkeit der einzelnen Szenarien ab, da die Laufzeit der Bürgschaft und der in Anspruch genommene Betrag je nach Zeitpunkt des Verkaufs der BAWAG-PSK und dem dabei erzielten Preis stark variieren.

(158)

Österreich berücksichtigte bei der auf das FSR gestützten Bewertung des Risikos einer Inanspruchnahme der Bürgschaft lediglich das Szenario, bei dem der Verkauf spätestens am 1. Juli 2007 abgeschlossen wird und der Erwerber eine Gesamtinvestition von mindestens […] Mrd. EUR tätigt. In diesem Szenario würde die Bürgschaft nur bei einem Ausfall der BAWAG-PSK vor ihrem Verkauf in Anspruch genommen werden. Die Kommission vertritt dagegen die Auffassung, dass die weitere Entwicklung der BAWAG-PSK zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme nicht absehbar war und alle beschriebenen Szenarien bei der Risikoabschätzung bewertet werden mussten.

(159)

Folglich sind ihrer Ansicht nach das FSR und die entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeit nicht als Indikatoren für die Bewertung des in der Bürgschaft enthaltenen Beihilfebetrags geeignet.

(160)

Die Kommission betrachtet die von Österreich vorgenommene Plausibilitätsprüfung als irrelevant. Ein Kredit gilt nach dem BWG nicht als Eigenkapital und würde ein Absinken der Kapitalquote unter die gesetzlichen Eigenmittelerfordnisse nicht verhindern.

(161)

Die Kommission hält auch Österreichs Vorgehensweise, die Bürgschaft durch Bestimmung des mit ihr verbundenen theoretischen Refinanzierungsvorteils für die BAWAG-PSK zu bewerten, für ungeeignet. Der angesprochene Asset Swap Spread stützt sich auf Ratings, die eine mögliche staatliche Unterstützung berücksichtigen und somit nicht die intrinsische Stabilität der BAWAG-PSK widerspiegeln.

(162)

Die Kommission stellt ferner fest, dass sie im BGB-Fall die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Risiken, für die die Bürgschaft gilt, eingehend geprüft hat. Da einige Risiken sehr unwahrscheinlich waren, kam die Kommission aufgrund des in diesem Fall angemessenen Szenarios („wirtschaftlicher Wert“) zu dem Ergebnis, dass das Beihilfeelement der betreffenden Bürgschaft unter ihrem Nominalwert liegt. Im CWP-Fall konnte das Unternehmen dank der von Österreich angesprochenen Garantien Kredite zu günstigeren Finanzierungsbedingungen als marktüblich erhalten. Diese Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nachdem die Kommission die besondere Lage der CWP untersucht hatte, kam sie jedoch zu dem Ergebnis, dass der Marktpreis der in Rede stehenden Bürgschaft dem Referenzzinsatz plus 400 Basispunkte entsprach. Im Fall BAWAG-PSK führte die Kommission ebenfalls eine eingehende Prüfung aller Aspekte der drei möglichen Szenarien durch, um den Beihilfewert der Bundeshaftung zu ermitteln.

(163)

Daher ist die Kommission nicht der Ansicht, dass sich ihre Methodik im vorliegenden Fall von ihrer Vorgehensweise in den von Österreich genannten Fällen unterscheidet.

(164)

Nach Auffassung der Kommission hat Österreich nicht dargelegt, dass die Insolvenz/der Konkurs der BAWAG-PSK systemische Auswirkungen auf das österreichische Finanzsystem und, in weiterem Sinne, auf die gesamte österreichische Volkswirtschaft gehabt hätte.

(165)

Österreich hat eingeräumt, dass eine quantitative Abschätzung eventueller Konsequenzen einer Insolvenz der Bank auf die Gesamtwirtschaft kaum möglich ist.

(166)

In diesem Zusammenhang dürften nach Ansicht der Kommission die Einlagen auf mindestens 95 % der Kundenkonten weniger als 20 000 EUR betragen haben und wären somit im Fall der Insolvenz der BAWAG-PSK über die gesetzliche Einlagensicherung abgedeckt gewesen. Dass im Insolvenzfall andere Banken zur Sicherung von Einlagen hätten herangezogen werden können, reicht an sich nicht aus, um zu zeigen, dass alle Marktteilnehmer in der österreichischen Bankbranche gefährdet gewesen wären.

(167)

Im Juni 2006 erklärte die OeNB, das österreichische Bankensystem habe sich im Verlauf des Jahres 2005 trotz der Probleme der BAWAG-PSK und der Hypo Alpe-Adria Bank positiv entwickelt. Auch zeigten Belastungstests die hohe Schockresistenz des Bankensystems. Allgemein galt das österreichische Bankensystem als in gutem Zustand.

(168)

Die Kommission hat Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b immer sehr restriktiv angewandt. Letztmals wurde er in den 80er Jahren angewandt, als die griechische Volkswirtschaft nach dem EU-Beitritt mit ernsthaften Ungleichgewichten kämpfte und die Gemeinschaft selbst zur Behebung der Probleme spezielle Ausnahmemaßnahmen genehmigt hatte (44).

(169)

Die Kommission ist im Prinzip der Auffassung, dass Beihilfen mit nur einem Begünstigten nicht geeignet sind, Situationen zu beheben, auf die der zweite Teil von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b abstellt. Im Fall Crédit Lyonnais  (45), als die Beihilfemaßnahmen einen Wert von rund 20 Mrd. EUR hatten (46), handelte es sich der Kommission zufolge nicht „um eine Beihilfe zur Behebung einer schwerwiegenden wirtschaftlichen Störung, da die Beihilfe darauf abzielt[e], die Schwierigkeiten eines einzigen Begünstigten, des Crédit Lyonnais, und nicht des gesamten Wirtschaftszweigs zu beheben.“ Die Beihilfe wurde entsprechend nicht nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b EG-Vertrag, sondern auf der Grundlage von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c als Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(170)

Die Kommission geht aus diesen Gründen davon aus, dass Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden kann.

(171)

Randnummer 15 der Leitlinien zufolge ist eine Rettungsbeihilfe ihrem Wesen nach eine vorübergehende, reversible Unterstützungsmaßnahme, die das Unternehmen so lange über Wasser halten soll, bis ein Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan erstellt worden ist. Gemäß derselben Randnummer 15 darf die Laufzeit einer solchen Beihilfe sechs Monate nicht übersteigen.

(172)

Die Haftungsübernahme wurde am 6. Juni 2006 (und im Prinzip bis zum Verkauf der BAWAG-PSK bzw. Juli 2007) gewährt. Ihre Laufzeit überschreitet den in den Leitlinien festgesetzten Höchstzeitraum von sechs Monaten. Darüber hinaus trat sie effektiv und rückwirkend am 31. Dezember 2005 in Kraft.

(173)

Die Haftungsübernahme kann daher nicht gemäß den Leitlinien als Rettungsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

(174)

Die Leitlinien enthalten Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit eine Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt werden kann:

a)

Es muss ein Umstrukturierungsplan zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität vorliegen und in vollem Umfang durchgeführt werden;

b)

die Beihilfe ist auf das Mindestmaß zu begrenzen;

c)

unzumutbare Wettbewerbsverfälschungen sind zu vermeiden.

(175)

Für die Kommission ist der Übergang der BAWAG-PSK als Ganzes unter die Kontrolle eines privaten Kapitalgebers für die Lösung der aufgetretenen Schwierigkeiten und eine positive wirtschaftliche Entwicklung der Bank von zentraler Bedeutung. In der Tat kann, wie Österreich anmerkt, davon ausgegangen werden, dass ein Unternehmen unter der Kontrolle eines neuen, privaten Eigentümers bessere Aussichten auf langfristige Rentabilität hat und auf diese Weise sichergestellt wird, dass keine weiteren Beihilfen notwendig werden. Der Verkauf erweist sich als Schlüsselelement der Umstrukturierung der BAWAG-PSK.

(176)

Im Januar 2007 wurde der Kommission ein von der BAWAG-PSK aktualisierter Umstrukturierungsplan übermittelt. Die Änderungen (gegenüber dem ursprünglichen Plan) in Bezug auf die Hypothesen und Annahmen sind nach Auffassung der Kommission von Bedeutung für die präzise Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen Lage; die wichtigen Finanzkennzahlen werden von der Kommission als realistisch und erreichbar bewertet.

(177)

Die Kommission hält die dem Plan zugrunde liegenden Marktprognosen für angemessen und die erwartete Kapitalrendite für hoch genug, damit die BAWAG-PSK aus eigener Kraft im Wettbewerb auf dem österreichischen und dem internationalen Finanzmarkt bestehen kann.

(178)

Wie die ausführliche Beschreibung der Umstände, die zu den Schwierigkeiten der Bank geführt haben, zeigt, ist eine bessere Risikoüberwachung von entscheidender Bedeutung, damit sich die gravierenden Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Dieses Thema ist von der neuen Geschäftsführung der Bank 2006 umfassend angegangen worden, insbesondere durch drei Hauptmaßnahmen:

a)

Einführung eines Corporate-Governance-Kodex und einer neuen Geschäftsordnung für den Vorstand;

b)

Änderungen im Risikocontrolling und Installation eines Risikovorstands;

c)

Verbesserung von Rechnungsanweisungsprozessen (47) aus Risikosicht.

(179)

Diese Maßnahmen sind nach Auffassung der Kommission angemessen.

(180)

Das in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung beschriebene spezifische Risiko im Zusammenhang mit Refco, dem Risiko der Nichterfüllung der Verpflichtungen der Aktionäre der BAWAG-PSK gegenüber den US-Gläubigern und den Zinsgleitklauseln, wird im Umstrukturierungsplan nach Auffassung der Kommission ausreichend berücksichtigt.

(181)

Für 2006 wurde bereits ein geringer Bilanzgewinn von 0,2 Mio. EUR erwirtschaftet, und der Jahresüberschuss lag mit […] Mio. EUR höher als im Umstrukturierungsplan erwartet. Diese Zahlen belegen, dass sich die Bank entsprechend dem Umstrukturierungsplan entwickelt.

(182)

Die Kommission hat auch die von Österreich vorgelegte Sensitivitätsanalyse, die ein optimistisches und ein pessimistisches Szenario enthält, geprüft und hält die Darstellung für angemessen. Zum einen ergibt sich im pessimistischen Szenario mit einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von […] Mio. EUR im Jahr 2011 ein Wert, der das langfristige Überleben der Bank sicherstellt. Zum anderen bleibt die erwartete Rentabilität der BAWAG-PSK im optimistischen Szenario mit einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von […] Mio. EUR im Jahr 2011 im Rahmen der Rentabilität der Wettbewerber.

(183)

Österreich hat bestätigt, dass das Konsortium den von der BAWAG-PSK aktualisierten Umstrukturierungsplan durchführen wird, und hat ihn daher in vollem Umfang genehmigt.

(184)

Wie die Gesamtinvestition des potenziellen Käufers unmittelbar das Beihilfeelement der Haftungsübernahme bedingt, so hängt eine erfolgreiche Umstrukturierung der Bank nach Auffassung der Kommission auch entscheidend von der Kapitalerhöhung ab, die die neuen Eigentümer erreichen müssen (48). Die Gesamtinvestitionen des Konsortiums sorgen nicht nur dafür, dass die Haftung nicht in Anspruch genommen wird, sondern schaffen auch eine angemessene Kapitalausstattung als Basis für die Umsetzung des Umstrukturierungsplans.

(185)

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der Umstrukturierungsplan, der einen ausführlichen Plan für die weitere Entwicklung der Bank bis 2011 enthält, in der Hauptsache im Zeitraum […] durchgeführt werden soll.

(186)

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich die Verbesserung der Rentabilität der BAWAG-PSK in erster Linie aus internen Maßnahmen ergibt und die in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung zum Ausdruck gebrachten Bedenken alle ausgeräumt wurden. Die Kommission ist überzeugt, dass der Umstrukturierungsplan es der BAWAG-PSK ermöglichen wird, die langfristige Rentabilität wiederherzustellen.

(187)

Die Kommission ist gemäß den Randnummern 44 und 50 der Leitlinien über die Fortschritte bei der Durchführung des Plans auf dem Laufenden zu halten.

(188)

Für große Unternehmen wie die BAWAG-PSK sollte der Eigenbeitrag des Unternehmens den Leitlinien zufolge im Prinzip 50 % der Umstrukturierungskosten erreichen.

(189)

Die Umstrukturierungskosten belaufen sich auf mindestens […] Mrd. EUR. Sie werden nicht unmittelbar durch die Bundeshaftung finanziert, sondern zu 100 % von der Bank und ihren Eigentümern getragen. Auch die Desinvestitionen tragen zur Finanzierung des Umstrukturierungsprogramms bei.

(190)

Selbst wenn die Kommission den Gesamtbetrag der Haftung als Beihilfe zur Finanzierung der Umstrukturierungskosten ansehen würde, läge der Eigenbeitrag der BAWAG-PSK bei über 50 %.

(191)

Nach Ansicht der Kommission wird durch Form und Höhe der Beihilfe — staatliche Bürgschaft für notleidende Darlehen, die die Einhaltung aufsichtsrechlicher Vorschriften ermöglicht — vermieden, die BAWAG-PSK mit überschüssiger Liquidität auszustatten, die für aggressives, marktverzerrendes Verhalten ohne Bezug zum Umstrukturierungsprozess eingesetzt werden könnte. Ferner entspricht das obere Ende der Bandbreite, in der das Beihilfeelement liegt, mit 898 Mio. EUR lediglich 1,6 % der Bilanzsumme der Bank, einem im Vergleich zu anderen Fällen, in denen die Kommission eine positive Entscheidung erlassen hat, sehr geringen Prozentsatz (49).

(192)

Im vorliegenden Fall wurde auch keine Rettungsbeihilfe gewährt.

(193)

Aufgrund des Vorstehenden ist die Kommission der Auffassung, dass die Beihilfe auf das zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität unbedingt notwendige Mindestmaß begrenzt ist, und stellt fest, dass der Eigenbeitrag des Begünstigten mit den Leitlinien in Einklang steht.

(194)

Den Leitlinien zufolge müssen Maßnahmen getroffen werden, um nachteilige Auswirkungen der Beihilfe auf Wettbewerber nach Möglichkeit abzumildern. In Betracht kommen die Veräußerung von Vermögenswerten, der Abbau von Kapazitäten, die Begrenzung der Marktpräsenz oder eine Senkung der Zutrittsschranken auf den betreffenden Märkten. Die Maßnahmen müssen im Verhältnis zu den durch die Beihilfe verursachten Verzerrungseffekten und insbesondere zur Stellung des Unternehmens auf seinem Markt oder seinen Märkten stehen.

(195)

Die der Kommission von Österreich übermittelten Zusagen der BAWAG-PSK sind Bestandteil des Umstrukturierungsprozesses. Insbesondere die vorgenommenen oder noch vorzunehmenden Desinvestitionen tragen in der Tat zur Finanzierung der Umstrukturierungskosten bei und räumen wettbewerbsrechtliche Bedenken der Kommission aus.

(196)

Zahlreiche Maßnahmen haben Auswirkungen auf das Kerngeschäft der Bank.

(197)

Im Kreditgeschäft mit der öffentlichen Hand, in dem die BAWAG-PSK den […] Marktanteil gehalten hat (25 % im Jahr 2005), reduziert die Bank den Bestand ihrer Darlehen an den Bund (Republik Österreich) bis Ende […] um […] ([…] Mrd. EUR) auf höchstens […] Mrd. EUR. Diese Obergrenze von […] Mrd. EUR wird bis zum […] nicht überschritten (50).

(198)

Ferner verzichtet die Bank, ein wichtiger sog. „Primary Dealer“ von Schuldverschreibungen des Bundes, für die Dauer von […], beginnend am […], bis […] auf die Teilnahme an Bieterverfahren. Das bedeutet, dass die BAWAG-PSK an Verfahren mit einem geschätzten Gesamtwert von rund […] Mrd. EUR nicht teilnehmen darf.

(199)

Diese Maßnahmen könnten den Ruf der Bank bei Kunden des öffentlichen Sektors schädigen und somit die künftige Ausweitung dieses Geschäftsbereichs verlangsamen. Auch begrenzt die Maßnahme in Bezug auf Schuldverschreibungen die Bandbreite von Anlageprodukten, die die Bank insbesondere Privatkunden anbieten kann.

(200)

Die beiden beschriebenen Maßnahmen betreffen Märkte, auf denen die Bank nach der Umstrukturierung eine wichtige Stellung einnehmen wird, und gehen über das zur Wiederherstellung der Rentabilität notwendige Maß hinaus.

(201)

Ferner erinnert die Kommission daran, dass die BAWAG-PSK als Voraussetzung für die Haftungsübernahme des Bundes ihre OeNB-Aktien verkaufen musste. Diese Beteiligung war für die Bank wirklich wichtig. Darüber hinaus wurden im Juli 2006 bzw. März 2007 Anteile an der Bank Frick & Co. AG und an der hobex AG verkauft. Mit der Veräußerung der Beteiligung an der hobex AG, tätig im Geschäftsfeld Einzugsermächtigungen, zog sich die BAWAG-PSK aus einem wichtigen Bereich zurück, in dem die größten Banken in Österreich präsent sind.

(202)

Österreich zieht vor, die Schließung von drei Zweigstellen in Wien nicht als wirksame Ausgleichsmaßnahme zu betrachten. Die Schließung von drei Zweigstellen in Wien kann auch nach Auffassung der Kommission im vorliegenden Fall nicht als wirksame Ausgleichsmaßnahme betrachtet werden, da nicht nachgewiesen worden ist, dass es sich bei den betreffenden Zweigstellen nicht um verlustbringende Tätigkeiten handelt, die zur Wiederherstellung der Rentabilität in jedem Fall hätten eingestellt werden müssen.

(203)

Im Versicherungsbereich, nah am Kerngeschäft, wird die BAWAG-PSK eine Beteiligung von über 50 % an PSK Versicherung AG und BAWAG-Versicherung Aktiengesellschaft schnell veräußern und dem Erwerber ferner eine Call-Option auf die restlichen Anteile einräumen. Der entsprechende Barwert beläuft sich auf über […] Mrd. EUR. Im Januar 2007 wurde darüber hinaus der Versicherungsbroker Funk International Austria GmbH verkauft.

(204)

Die Bank hat sich des Weiteren verpflichtet, die wichtigsten Beteiligungen in nicht zum Kerngeschäft gehörenden Bereichen zu veräußern (insbesondere die Beteiligungen an Cosmos Elektrohandels GmbH & Co KG, COSMOS Geschäftsführungs- und Beteiligungs GmbH, […], sowie die 42-prozentige Beteiligung an der ATV Privat-TV Services AG). Auf diese Weise wird sich die BAWAG-PSK wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.

(205)

Damit der Veräußerungsprozess reibungslos vonstatten geht und der laufende Umstrukturierungsprozess abgeschlossen werden kann, akzeptiert die Kommission, dass (51) der Verkauf der […] lediglich vor dem […] stattfindet und die 42-prozentige Beteiligung an der ATV Privat-TV Services AG lediglich vor dem […] veräußert wird.

(206)

Im Jahr 2006 wurden für […] Mio. EUR verschiedene Liegenschaften veräußert. Vor Ende 2008 sollen weitere Immobilien mit einem Bilanzwert von etwa […] Mio. EUR veräußert werden. Darüber hinaus sollen 2007 Industriebeteiligungen an Voestalpine und […] verkauft werden.

(207)

Ferner nahmen die Sichteinlagen in- und ausländischer Kunden bei der BAWAG-PSK von Ende September 2005 bis Juni 2006 um über 560 Mio. EUR ab (der Marktanteil sank um […] % auf […] %). Die Spareinlagen reduzierten sich im selben Zeitraum um 4 Mrd. EUR (der Marktanteil sank um fast […] % auf […] %). Wenn dieser Kundeneinlagenverlust auch nicht in vollem Umfang mit einer Ausgleichsmaßnahme im Sinne der Leitlinien vergleichbar sein mag, so wirkte er sich doch negativ auf die wichtigste Refinanzierungsquelle der Bank aus. Der „Bank-Run“ ist nach Auffassung der Kommission in diesem Zusammenhang bei der Gesamtbeurteilung eventueller unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen als mildernder Umstand zu berücksichtigen.

(208)

Insgesamt hat die Bilanzsumme der BAWAG-PSK zum 31. Dezember 2006 nach der Haftungsübernahme des Bundes gegenüber dem 31. Dezember 2005 um 11 % (6 Mrd. EUR) (52) und gegenüber dem 30. Juni 2006 um 9,3 % (5 Mrd. EUR) abgenommen. Weitere Maßnahmen, insbesondere die Reduzierung der Bundesdarlehen um […] Mrd. EUR, werden sich ab […] auswirken und dürften einem weiteren Rückgang der Bilanzsumme um […] % (gegenüber 2005) entsprechen.

(209)

Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen können den Leitlinien zufolge in Ausnahmefällen als gerechtfertigt betrachtet werden, wenn eine wettbewerbsbestimmte Marktstruktur erhalten bleiben soll und das Verschwinden von Unternehmen zu einer Monopolsituation oder zu einem Oligopol führen könnte. Das Verschwinden der BAWAG-PSK im Insolvenzfall hätte wahrscheinlich in erster Linie die wichtigsten Wettbewerber der Bank gestärkt, und zwar auf einem bereits relativ konzentrierten Markt (53), auf dem die Bank Austria Creditanstalt, die Erste Bank/Sparkassengruppe und die Raiffeisengruppe in Österreich zusammen über 80 % der Marktanteile im Bereich des Retail-Banking halten.

(210)

Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die Ausgleichsmaßnahmen unter Berücksichtigung der für das Beihilfeelement der Haftungsübernahme festgestellten Bandbreite im Verhältnis zu den wettbewerbsverfälschenden Auswirkungen der der BAWAG-PSK gewährten Beihilfe stehen.

(211)

Bei der dem ÖGB von Österreich auferlegten Verkaufspflicht handelt es sich nach Auffassung der Kommission nicht um einen Ausgleich für die Wettbewerbsverfälschung, da die BAWAG-PSK und nicht der ÖGB unmittelbarer Beihilfeempfänger ist. Der Verkauf der Bank an das Konsortium wird jedoch als förderlich für den Umstrukturierungsprozess angesehen (siehe oben).

(212)

Auch bedeutet die Tatsache, dass Wettbewerber der BAWAG-PSK zur Absicherung der Kapitalbasis der Bank die SPV gründeten, nicht, dass die Haftungsübernahme des Bundes keine merklichen Wettbewerbsverfälschungen hervorgerufen hätte. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die SPV erst nach Übernahme der Haftung für die BAWAG-PSK gegründet wurden.

(213)

Die Kommission ist über die Fortschritte bei der Umsetzung der oben genannten Ausgleichsmaßnahmen auf dem Laufenden zu halten.

(214)

Die Fristen für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen können von der Kommission verlängert werden, wenn Österreich den Eintritt nicht vorhersehbarer Umstände nachweist. In von Österreich angemessen zu begründenden Ausnahmefällen kann die Kommission auf Antrag manche Auflagen und Bedingungen auch abändern und/oder durch gleichwertige andere Maßnahmen ersetzen.

(215)

Zusätzlich zu den Maßnahmen zur Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen kann die Kommission die Bedingungen und Auflagen vorschreiben, die sie für notwendig hält, damit der Wettbewerb nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verfälscht wird.

(216)

In diesem Zusammenhang möchte die Kommission sicherstellen, dass keine weitere(n) Beihilfe(n) gewährt wird bzw. werden, die die Verhältnismäßigkeit der Beihilfemaßnahme, auf die sich die vorliegende Entscheidung bezieht, beeinflussen würde(n). Die Kommission hat zwar die von Österreich übermittelten Zusagen der BAWAG-PSK in Bezug auf die Gewährung anderer Beihilfen bis Ende 2010 festgehalten, weist jedoch auch darauf hin, dass in jedem Fall gemäß Abschnitt 3.3 der Leitlinien für die Dauer von 10 Jahren nach dieser Entscheidung ein allgemeines Verbot für Umstrukturierungsbeihilfen zugunsten der BAWAG-PSK besteht. Die gegebene Zusage ist nach Auffassung der Kommission im Sinne von Randnummer 46 Buchstabe c der Leitlinien angemessen und notwendig. Das allgemeine Verbot betrifft nicht Beihilfen gemäß Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag. Die Kommission kann in Anbetracht der angestrebten Ziele akzeptieren, dass der BAWAG-PSK Beihilfen im Rahmen von durch die Europäische Union kofinanzierten Forschungsprojekten, Beihilfen für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen (54) im Rahmen genehmigter Regelungen und Beihilfen für Energiesparmaßnahmen (55) im Rahmen genehmigter Regelungen gewährt werden, da sich solche Beihilfen nicht wesentlich auf die Verhältnismäßigkeit des Beihilfeelements der Haftungsübernahme auswirken würden.

(217)

Ferner erfüllen die oben in den Erwägungsgründen 197 und 198 genannten Zusagen nach Auffassung der Kommission die Anforderungen gemäß Randnummer 46 Buchstabe a und b der Leitlinien.

VIII.   SCHLUSSFOLGERUNG

(218)

Die Kommission stellt fest, dass die von Österreich gewährte Beihilfe in Form einer Haftungsübernahme im Betrag von 900 Mio. EUR gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag verstößt und somit rechtswidrig ist. Jedoch kann die Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden, sofern die gemachten Auflagen erfüllt werden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe, die Österreich für die Umstrukturierung der BAWAG-PSK in Form einer übernommenen Bundeshaftung für einen Gesamtbetrag von 900 Mio. EUR gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, sofern die in Artikel 2 genannten Bedingungen und Auflagen erfüllt werden

Artikel 2

(1)   Österreich stellt sicher, dass der am 3. Januar 2007 der Kommission übermittelte Plan für die Umstrukturierung der BAWAG-PSK in vollem Umfang durchgeführt wird.

(2)   Österreich stellt sicher, dass folgende Beteiligungen an einen von der BAWAG-PSK-Gruppe unabhängigen Dritten veräußert werden:

a)

Veräußerung einer Beteiligung von mehr als 50 % an der PSK Versicherung AG und an der BAWAG-Versicherung Aktiengesellschaft mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […] und Einräumung einer Call-Option für den Erwerber auf die restlichen Anteile;

b)

Abschluss der Veräußerung von Immobilien im Wert von etwa […] Mio. EUR mit gesamter bilanzieller Wirkung spätestens zum […];

c)

Veräußerung der Beteiligung von […] % an der […] mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […];

d)

Veräußerung der Beteiligung von 42,56 % an der ATV Privat-TV Services AG mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […];

e)

Veräußerung der […] mit bilanzieller Wirkung spätestens zum […].

(3)   Österreich stellt sicher, dass der Bestand der Darlehen der BAWAG-PSK an Österreich zum Ende des Geschäftsjahres 2007 auf höchstens […] Mrd. EUR reduziert wird. Dieser Betrag wird bis zum […] nicht überschritten. Ausgenommen davon sind bestehende Verpflichtungen von Gesellschaften der BAWAG-PSK-Gruppe aus künftigen Tranchen von bereits eingegangenen Beschaffungsvorgängen.

(4)   Die BAWAG-PSK soll während eines Zeitraums von […], beginnend am […], nicht als Emittent von Schuldverschreibungen des Bundes ausgewählt werden.

(5)   Bis zum 31. Dezember 2010 werden der BAWAG-PSK keine anderen Beihilfen als Beihilfen gemäß Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag, Beihilfen im Rahmen von durch die Europäische Union kofinanzierten Forschungsprojekten, Beihilfen für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen genehmigter Regelungen oder Beihilfen für Energiesparmaßnahmen im Rahmen genehmigter Regelungen gewährt. In den kommenden zehn Jahren werden keine Umstrukturierungsbeihilfen genehmigt.

(6)   Damit die Erfüllung der Bedingungen gemäß den Absätzen 1 bis 5 überwacht werden kann, legt Österreich bis 2010 regelmäßige Berichte über die Fortschritte bei der Umstrukturierung der BAWAG-PSK vor. Der erste Jahresbericht wird im Januar 2009 vorgelegt. Die folgenden Berichte beziehen sich auf das Jahr 2009 bzw. 2010 und werden jeweils bis Ende März 2010 bzw. 2011 vorgelegt.

Artikel 3

Österreich teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Republik Österreich gerichtet.

Brüssel, den 27. Juni 2007

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1. Verordnung geändert durch die Beitrittsakte von 2003.

(2)  ABl. C 232 vom 30.12.2006, S. 11.

(3)  Siehe Fußnote 2.

(4)  Der ÖGB hielt direkt 51 % der Gesellschaftsanteile und indirekt — über seine private Stiftung Österreichische Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung („ÖGSP“) — 49 % der Anteile. Der ÖGB ist der Gründer der ÖGSP.

(5)  Betriebsgeheimnis.

(6)  Den Löwenanteil dieser Forderungen bildeten zwei unbesicherte Kredite, die der AVB in Form von Überziehungskrediten in Höhe von insgesamt 1,531 Mrd. EUR gewährt worden waren, und zwei Kredite für die ÖGSP in Form von Überziehungskrediten von insgesamt […] Mio. EUR.

(7)  Summe des Verkaufspreises und der für die BAWAG-PSK benötigten Kapitalzufuhr.

(8)  Die BAWAG Versicherung AG und die PSK Versicherung AG halten einen Anteil von […] % am österreichischen Lebensversicherungsmarkt.

(9)  Das Konsortium besteht aus Cerberus European Investments, der Österreichischen Post, Generali Holding Vienna AG, Wüstenrot Verwaltungs- und Dienstleistungen GmbH, anderen Finanzinstituten und Privatpersonen.

(10)  Refco war damals der größte Termin- und Rohstoffhändler der USA.

(11)  […].

(12)  Im Anhang zum Audit-Bericht, BGBl. II Nr. 305/2005, in Teil IV Z 14 lit. c und lit. d.

(13)  Urteil des Gerichtshofs vom 14.9.1994 in den verbundenen Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Königreich Spanien/Kommission, Slg. 1994, I-4103.

(14)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(15)  Das Rating der BAWAG-PSK durch Moody’s verschlechterte sich für alle kurz- und langfristigen Einlagen und Forderungen von A2 auf A3, das Financial Strength Rating auf E+.

(16)  ABl. C 71 vom 11.3.2000, S. 14.

(17)  Das FSR stellt Moody’s Einschätzung der intrinsischen Sicherheit und Bonität der Bank dar und berücksichtigt daher gewisse externe Kreditrisiken und Kredit-Unterstützungselemente nicht, die von Moody’s Bank Deposit Ratings erfasst werden.

(18)  Entscheidung der Kommission vom 23. Juni 1999, K(1999) 2035, Crédit Foncier de France, ABl. L 34 vom 3.2.2001, S. 36, Erwägungsgrund 49.

(19)  Entscheidung der Kommission vom 18. Februar 2004, K(2004) 327, Bankgesellschaft Berlin, ABl. L 116 vom 4.5.2005, S. 1, Erwägungsgrund 27.

(20)  Entscheidung der Kommission vom 2. März 2005, K(2005) 427, Chemische Werke Piesteritz, ABl. L 296 vom 12.11.2005, S. 19, Erwägungsgrund 107.

(21)  900 Mio. EUR × 5,47 % = 49,1 Mio. EUR.

(22)  49,1 Mio. EUR – (900 × 0,2 %) = 47,3 Mio. EUR.

(23)  Vgl. Moody’s Investor Service, „Default and Recovery Rates of Corporate Bond Issuers: 2000“.

(24)  Unter Zugrundelegung eines Standardsolvabilitätskoeffizienten von 8 %.

(25)  Unter Zugrundelegung der Änderung der Swap Spreads vor und nach Gewährung der Bundeshaftung.

(26)  Entscheidung der Kommission vom 12. Oktober 1994 betreffend die staatliche Beihilfe Frankreichs an den Bull-Konzern in Form einer nichtnotifizierten Kapitalaufstockung (ABl. L 386 vom 31.12.2004, S. 1), Erwägungsgrund 10; Entscheidung der Kommission vom 26. Juli 1995 zur bedingten Genehmigung der von Frankreich zugunsten der Bank Crédit Lyonnais gewährten Beihilfe (ABl. L 308 vom 21.12.1995, S. 92), Erwägungsgrund 116; Entscheidung der Kommission vom 21. Juni 1995 über eine Beihilfe des italienischen Staates zugunsten des Unternehmens Enichem Agricoltura SpA (ABl. L 28 vom 6.2.1996, S. 18), Erwägungsgrund 26; Entscheidung der Kommission vom 3. Juli 2001 über die staatliche Beihilfe Spaniens zur Umstrukturierung der Babcock Wilcox España SA (ABl. L 67 vom 9.3.2002, S. 50), Erwägungsgrund 40; Entscheidung der Kommission vom 16. September 1998 über die bedingte Genehmigung der von Italien zugunsten der Società Italiana per Condotte d'Acqua SpA gewährten Beihilfe (ABl. L 129 vom 22.5.1999, S. 30), Erwägungsgrund 35; Entscheidung der Kommission vom 16. September 1998 über die bedingte Genehmigung der von Italien zugunsten der Italstrade SpA gewährten Beihilfe (ABl. L 109 vom 27.4.1999, S. 1), Erwägungsgrund 2.

(27)  Entscheidung der Kommission vom 10. Februar 1997, Bank Austria/Creditanstalt, COMP IV/M.873, Randnummer 46 f.

(28)  Österreich verweist hinsichtlich der Markanteile auf die Fusionskontrollentscheidung der Kommission vom 28. Februar 2007, Cerberus/BAWAG-PSK, COMP/M.4565.

(29)  Siehe u.a. Urteil des Gerichtshofs vom 29.4.2004 in der Rechtssache C-372/97 Italien/Kommission, Slg. 2004, S. I-3679, Randnummer 44.

(30)  Urteil des Gerichtshofs vom 16.5.2002, in der Rechtssache C-482/99 Frankreich/Kommission, Slg. 2002, S. I-4397, Randnummer 71.

(31)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6.3.2003, Verbundene Rechtssachen T-228/99 und T-233/99, Westdeutsche Landsbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, Slg. 2003, S. II-43, Randnummer 255.

(32)  Verbundene Rechtssachen T-228/99 und T-233/99, Randnummer 246.

(33)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30.4.1998, in der Rechtssache T-16/96, Cityflyer Express/Kommission, Slg. 1996, S. II-757, Randnummer 76.

(34)  Vgl. Sache C 44/03, Beihilfen Österreichs zugunsten der Bank Burgenland (ABl. L 263 vom 8.10.2005, S. 8), Erwägungsgrund 36.

(35)  Vgl. staatliche Bürgschaften für die deutschen öffentlichen Banken („Gewährträgerhaftung“) oder die österreichischen Sparkassen („Ausfallhaftung“), beide durch Entscheidungen der Kommission abgeschafft.

(36)  Entscheidung der Kommission vom 26. Juni 1999, K(1999) 2035, Crédit Foncier de France (ABl. L 34 vom 3.2.2001, S. 36), Erwägungsgrund 49. Die Entscheidung in der Sache CFF wurde erlassen, bevor die Mitteilung über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften in Kraft trat.

(37)  Kapitalzufuhren von Minderheitseigentümern sind im Zusammenhang mit der dem ÖGB von Österreich auferlegten Verkaufspflicht unwahrscheinlich.

(38)  So belaufen sich die erwarteten Jahresergebnisse der BAWAG-PSK über einen ersten 3-Jahres-Zeitraum hinweg (2006—2008) auf insgesamt […] Mio. EUR. Dieser Zeitraum wäre eine angemessene Grundlage für eine Analyse durch einen Privatinvestor. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass bei diesen Ergebnisprognosen kein marktübliches Entgelt für die Haftungsübernahme berücksichtigt wurde: Müsste die Bank ein solches Entgelt zahlen, wären die Ergebnisse im Umstrukturierungszeitraum weitaus schwerer zu erreichen.

(39)  Durch eine Verringerung der Gesamtaktiva würde die Ertragsgrundlage der BAWAG-PSK deutlich schrumpfen. Aktiva können im Allgemeinen kurzfristig nur unter Marktwert veräußert werden.

(40)  Kapitalzufuhren von Minderheitseigentümern sind im Zusammenhang mit der dem ÖGB von Österreich auferlegten Verkaufspflicht unwahrscheinlich.

(41)  Bei einem Abzinsungssatz von 10 %.

(42)  1,7 Mrd. EUR + […] Mrd. EUR – […] Mrd. EUR – […] Mrd. EUR = […] Mrd. EUR.

(43)  Die Gründung der beiden oben genannten SPV durch private Marktteilnehmer wäre ohne die Bundeshaftung nicht erfolgt und steht daher nicht im Widerspruch zu dieser Auffassung.

(44)  Entscheidung 88/167/EWG der Kommission vom 7. Oktober 1987 betreffend das Gesetz 1386/1983 über Industriebeihilfen der griechischen Regierung (ABl. L 76 vom 22.3.1988, S. 18).

(45)  Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 über Beihilfen Frankreichs zugunsten des Crédit Lyonnais (ABl. L 221 vom 8.8.1998, S. 28).

(46)  Im Jahr 1995 genehmigte die Kommission erste staatliche Beihilfen, die auf einen Höchstbetrag von 8 Mrd. EUR geschätzt werden (Entscheidung der Kommission vom 26. Juli 1995 zur bedingten Genehmigung der von Frankreich zugunsten der Bank Crédit Lyonnais gewährten Beihilfe, ABl. L 308 vom 21.12.1995, S. 92). 1996 wurden Beihilfen in Höhe von 0,6 Mrd. EUR genehmigt (Entscheidung der Kommission in der Sache N 692/96 — C 47/96, ABl. C 390 vom 24.12.1996, S. 7). Schließlich wurden 1998 weitere Beihilfen genehmigt, mit einem Wert von zwischen 8 und 15 Mrd. EUR (Entscheidung der Kommission vom 20. Mai 1998 über Beihilfen Frankreichs zugunsten des Crédit Lyonnais, ABl. L 221 vom 8.8.1998, S. 28).

(47)  Prozesse, die dazu führen, dass Rechnungen bezahlt werden.

(48)  Der Verkaufspreis wirkt sich auf die erforderliche Kapitalerhöhung aus.

(49)  Vgl. z.B. die Entscheidung 1999/508/EG der Kommission vom 14. Oktober 1998 über die bedingte Genehmigung der Beihilfen Frankreichs an die Societé Marseillaise de Crédit (Sache C 42/96 ex NN 194/95) (ABl. L 198 vom 30.7.1999, S. 1), die Entscheidung 2005/345/EG der Kommission vom 18. Februar 2004 über eine Umstrukturierungsbeihilfe Deutschlands zugunsten der Bankgesellschaft Berlin AG (Sache C 28/2002 ex NN 5/2002) (ABl. L 116 vom 4.5.2005, S. 1) sowie die Entscheidung 2001/89/EG der Kommission vom 23. Juni 1999 über die bedingte Genehmigung der von Frankreich der Bank Crédit Foncier de France gewährten Beihilfe (Sache C 30/96 ex NN 44/96) (ABl. L 34 vom 3.2.2001, S. 36).

(50)  Ausgenommen davon sind bestehende Verpflichtungen von Gesellschaften der BAWAG P.S.K-Gruppe aus künftigen Tranchen von bereits eingegangenen Beschaffungsvorgängen.

(51)  Die Fristen für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen können von der Kommission verlängert werden, wenn Österreich den Eintritt nicht vorhersehbarer Umstände nachweist. In von Österreich angemessen zu begründenden Ausnahmefällen kann die Kommission manche Auflagen und Bedingungen auch abändern oder durch gleichwertige andere Maßnahmen ersetzen.

(52)  Die Bilanzsumme für die Gruppe insgesamt hat im selben Zeitraum um 12,2 % abgenommen.

(53)  Vgl. auch Entscheidung der Kommission vom 11. Juni 2002 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag in der Sache COMP/36.571/D-1 — Österreichische Banken („Lombard Club“), ABl. L 56 vom 24.2.2004, S. 1, Erwägungsgrund 8.

(54)  Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Ausbildungsbeihilfen (ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 20. Verordnung zuletzt geändert durch die Entscheidung 2007/72/EG (ABl. L 32 vom 6.2.2007, S. 180)) umfassen „allgemeine Ausbildungsmaßnahmen“ Schulungsmaßnahmen, die sich nicht oder nur in erster Linie auf den derzeitigen oder künftigen Posten in dem geförderten Unternehmen beziehen, weitgehend auf andere Unternehmen oder Arbeitsbereiche übertragbare Qualitikationen vermitteln und somit die Vermittelbarkeit des betreffenden Arbeitnehmers deutlich erhöhen.

(55)  Gemäß dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 3) sind energieeinsparende Maßnahmen insbesondere Maßnahmen, aufgrund deren die Unternehmen den Energieverbrauch im Rahmen ihres Produktionsprozesses reduzieren können.


26.3.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/35


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 25. März 2008

über Brandsicherheitsanforderungen, denen Europäische Normen für Zigaretten gemäß der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates genügen müssen

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/264/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Richtlinie 2001/95/EG sollen europäische Normungsgremien Europäische Normen erarbeiten. Letztere sollen gewährleisten, dass Produkte der allgemeinen Sicherheitsanforderung gemäß der Richtlinie genügen.

(2)

Gemäß dieser Richtlinie ist davon auszugehen, dass ein Produkt sicher ist — soweit es um Risiken und Risikokategorien geht, die durch einschlägige nationale Normen geregelt werden —, wenn es nationalen Normen entspricht, mit denen Europäische Normen umgesetzt werden.

(3)

Zigaretten sind also solche gefährlich, da sie Hitze erzeugen und ein brennbares Material enthalten, das — nach dem Anzünden — über die gesamte Zigarettenlänge abbrennt. Zu den Risiken im Zusammenhang mit angezündeten und dann achtlos abgelegten und unbeaufsichtigten Zigaretten gehören Brände mit Todesfolge, Verletzungen und Sachschäden. Unfälle dieser Art haben sich nachweislich ereignet, und geschätzt wird, dass in der Europäischen Union jährlich mindestens 1 000 solcher Unfälle tödlich sind (2).

(4)

Technische Lösungen, mit denen verhindert werden soll, dass Zigaretten über ihre gesamte Länge auch dann abbrennen, wenn daran nicht aktiv gezogen wird, gibt es bereits. So sind in das Papier handelsüblicher Zigaretten im Abstand von 20 bis 30 mm etwa 6 mm breite Papierringe eingelassen. Solche Brandverzögerer bewirken, dass brennende Zigaretten — zumindest teilweise — von selbst verlöschen, da der Sauerstoff daran gehindert wird, in den Entflammungsbereich der Zigarette einzudiffundieren. Das verminderte Zündpotenzial verringert Brandursachen und -risiken.

(5)

Die Sicherheitsanforderung an Zigaretten sollte nach Maßgabe des Artikels 4 der Richtlinie 2001/95/EG mit dem Ziel festgelegt werden, dass die Normungsgremien ersucht werden, entsprechend dem Verfahren der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (3) eine Norm in Bezug auf ein reduziertes Zündpotenzial von Zigaretten zu erarbeiten, und dass die Verweisung auf eine solche Norm im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht werden kann. Die Normungsgremien sollten der Norm ASTM E 2187-04 angemessen Rechnung tragen.

(6)

Mit der Veröffentlichung der Verweisung auf die Norm im Amtsblatt gälte die Konformitätsvermutung hinsichtlich der allgemeinen Produktsicherheitsanforderung gemäß der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit, soweit die mit der Norm abgedeckte Brandsicherheitsanforderung betroffen ist, als gegeben.

(7)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des mit der Richtlinie 2001/95/EG eingesetzten Ausschusses —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Zweck

Mit diesem Beschluss wird die Anforderung festgelegt, auf deren Grundlage die Kommission die maßgeblichen Normungsgremien ersuchen kann, eine Norm zu erarbeiten, um das Zündpotenzial von Zigaretten zu vermindern. Dadurch soll die Zahl der Brände mit Todesfolge, Verletzungen oder Sachschäden so weit wie möglich gesenkt werden.

Artikel 2

Begriffsbestimmung

Für die Zwecke dieses Beschlusses bedeutet „Zigarette mit vermindertem Zündpotenzial“ Zigarette, die, bevor sie auf ihrer gesamten Länge abgebrannt ist, von sich aus verlöscht, wenn nicht aktiv an ihr gezogen wird.

Artikel 3

Anforderung

Für die Zwecke von Artikel 4 der Richtlinie 2001/95/EG gilt als Sicherheitsanforderung, dass nicht mehr als 25 % eines Loses zu prüfender Zigaretten auf ihrer gesamten Länge abbrennen dürfen.

Brüssel, den 25. März 2008

Für die Kommission

Meglena KUNEVA

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4.

(2)  The ASPECT Consortium, „Tobacco or Health in the European Union — Past, present and future“, Europäische Kommission, 2004.

(http://ec.europa.eu/health/ph_determinants/life_style/Tobacco/Documents/tobacco_exs_de.pdf)

(3)  ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 37. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 81).


RECHTSAKTE VON ORGANEN, DIE DURCH INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE GESCHAFFEN WURDEN

26.3.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/37


BESCHLUSS Nr. 1/2008 DES DURCH DAS ABKOMMEN ZWISCHEN DER EUROPÄISCHEN UNION, DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT UND DER SCHWEIZERISCHEN EIDGENOSSENSCHAFT ÜBER DIE ASSOZIIERUNG DIESES STAATES BEI DER UMSETZUNG, ANWENDUNG UND ENTWICKLUNG DES SCHENGEN-BESITZSTANDS EINGESETZTEN GEMISCHTEN AUSSCHUSSES EU/SCHWEIZ

vom 28. Februar 2008

zur Änderung seiner Geschäftsordnung

(2008/265/EG)

DER GEMISCHTE AUSSCHUSS —

gestützt auf das Protokoll (1) zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (nachstehend „Protokoll“ bzw. „Abkommen“ genannt), insbesondere auf die Artikel 3 und 4 dieses Protokolls,

in der Erwägung, dass aufgrund der Unterzeichnung des Protokolls in den durch das Abkommen eingesetzten Gemischten Ausschuss als weiteres Mitglied ein Vertreter des Fürstentums Liechtenstein aufzunehmen ist; dies sollte in der Geschäftsordnung des Gemischten Ausschusses berücksichtigt werden —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Die mit dem Beschluss Nr. 1/2004 des Gemischten Ausschusses vom 26. Oktober 2004 (2) angenommene Geschäftsordnung des Ausschusses wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 erhält folgende Fassung:

„Artikel 1

Der Gemischte Ausschuss besteht aus Vertretern der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (nachstehend ‚Schweiz‘ genannt) und des Fürstentums Liechtenstein (nachstehend ‚Liechtenstein‘ genannt) sowie aus den Mitgliedern des Rates der Europäischen Union (nachstehend ‚Rat‘ genannt) und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend ‚Kommission‘ genannt).

Den Vorsitz im Ausschuss führt

auf Sachverständigenebene

die Delegation, die das Mitglied des Rates vertritt, das dessen Vorsitz innehat,

auf der Ebene hochrangiger Beamter und auf Ministerebene

im ersten Halbjahr die Delegation, die das Mitglied des Rates vertritt, das den Vorsitz innehat,

im zweiten Halbjahr abwechselnd die Delegation, die die Regierung der Schweiz vertritt (nachstehend ‚schweizerische Delegation‘ genannt), und die Delegation, die die Regierung Liechtensteins vertritt (nachstehend ‚liechtensteinische Delegation‘ genannt).

Die Delegation, die das Mitglied des Rates vertritt, das den Vorsitz innehat, kann den Vorsitz des Gemischten Ausschusses der Delegation überlassen, die das Mitglied des Rates vertritt, das den nächsten Vorsitz innehaben wird. Die schweizerische Delegation sowie die liechtensteinische Delegation können den Vorsitz des Gemischten Ausschusses auf der Ebene hochrangiger Beamter und auf Ministerebene einer anderen Delegation überlassen, die zur Übernahme dieser Aufgabe bereit ist.“

2.

In Artikel 4 wird folgender Absatz angefügt:

„Ist die liechtensteinische Delegation in einem Fall nach Artikel 5 Absatz 4 des Protokolls der Auffassung, dass der Inhalt eines Rechtsakts oder einer Maßnahme die Grundsätze der direkten Demokratie beeinträchtigen kann, so wird innerhalb von drei Wochen von Liechtenstein bzw. auf Antrag Liechtensteins hin eine Tagung des Gemischten Ausschusses auf Ministerebene einberufen. Der Gemischte Ausschuss prüft sorgfältig alle Möglichkeiten zur Fortsetzung des Protokolls, insbesondere etwaige von der liechtensteinischen Delegation vorgeschlagene Alternativlösungen. Nimmt der Gemischte Ausschuss nach einer eingehenden Prüfung innerhalb der Frist nach Artikel 5 Absatz 4 des Protokolls derartige Möglichkeiten nicht an, so wird die Beendigung des Protokolls drei Monate nach Ablauf dieser Frist rechtswirksam.“

3.

In Artikel 5 Absätze 1 und 2 werden nach den Worten „Vertretern der Schweiz“ die Worte „und Liechtensteins“ angefügt.

4.

In Artikel 6 Absatz 2 werden nach den Worten „der Schweiz“ die Worte „und Liechtensteins“ angefügt.

5.

Artikel 9 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„Die vom Vorsitzenden gemäß dieser Geschäftsordnung gemachten Mitteilungen werden an die Schweizerische Mission bei den Europäischen Gemeinschaften sowie an die Mission Liechtensteins bei der Europäischen Union, an die Vertretungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und an die Kommission gerichtet.“

6.

Artikel 13 erhält folgende Fassung:

„Artikel 13

Wird der Gemischte Ausschuss gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Abkommens oder Artikel 5 Absatz 4 des Protokolls befasst, so erfordert jeder Beschluss des Gemischten Ausschusses zur Fortsetzung des Abkommens oder des Protokolls Einstimmigkeit.

Erfolgt die Beendigung des Abkommens oder des Protokolls aufgrund der Ablehnung eines Rechtsaktes oder einer Maßnahme, der/die auf Irland und/oder das Vereinigte Königreich nicht anwendbar ist, so können sich die Vertreter dieser Staaten nicht der Einstimmigkeit widersetzen.“

Artikel 2

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Annahme wirksam.

Artikel 3

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Schweiz und Liechtenstein sind für die amtliche Veröffentlichung dieses Beschlusses in ihren jeweiligen Ländern verantwortlich.

Geschehen zu Brüssel am 28. Februar 2008.

Für den Gemischten Ausschuss

Der Vorsitzende

D. MATE


(1)  Ratsdokument 16462/06; zugänglich unter http://register.consilium.europa.eu

(2)  ABl. C 308 vom 14.12.2004, S. 2.


III In Anwendung des EU-Vertrags erlassene Rechtsakte

IN ANWENDUNG VON TITEL V DES EU-VERTRAGS ERLASSENE RECHTSAKTE

26.3.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/39


BESCHLUSS 2008/266/GASP DES RATES

vom 28. Januar 2008

über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Tschad über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Tschad

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 24,

auf Empfehlung des Vorsitzes,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am 25. September 2007 die Resolution 1778 (2007) angenommen, mit der die Durchführung einer Mission der Vereinten Nationen in der Zentralafrikanischen Republik und in Tschad (MINURCAT) genehmigt und die Europäische Union ermächtigt wird, zur Unterstützung der Mission der Vereinten Nationen Einsatzkräfte für einen Zeitraum von einem Jahr ab dem Datum, an dem die vorläufige Einsatzfähigkeit erklärt wird, in diese Länder zu entsenden. Ferner werden die Regierungen der Republik Tschad und der Zentralafrikanischen Republik und die Europäische Union in der Resolution aufgefordert, möglichst rasch Abkommen über die Rechtsstellung der Einsatzkräfte der Operation der Europäischen Union zu schließen.

(2)

Der Rat hat am 15. Oktober 2007 die Gemeinsame Aktion 2007/677/GASP über die militärische Operation der Europäischen Union in der Republik Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik (1) (EUFOR Tchad/RCA) angenommen.

(3)

Nachdem er vom Rat am 18. September 2007 gemäß Artikel 24 des Vertrags hierzu ermächtigt worden war, hat der Vorsitz, unterstützt vom Generalsekretär/Hohen Vertreter, ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Tschad über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Tschad ausgehandelt.

(4)

Das Abkommen sollte genehmigt werden —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Tschad über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Tschad wird im Namen der Europäischen Union genehmigt.

Der Wortlaut des Abkommens ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person zu bestellen, die befugt ist, das Abkommen rechtsverbindlich für die Europäische Union zu unterzeichnen.

Artikel 3

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Annahme wirksam.

Artikel 4

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 28. Januar 2008.

Im Namen des Rates

Der Präsident

D. RUPEL


(1)  ABl. L 279 vom 23.10.2007, S. 21.


ÜBERSETZUNG

ABKOMMEN

zwischen der Europäischen Union und der Republik Tschad über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Tschad

DIE EUROPÄISCHE UNION,

nachstehend „EU“ genannt,

einerseits und

DIE REPUBLIK TSCHAD,

nachstehend „Aufnahmestaat“ genannt,

andererseits, —

beide nachstehend „Parteien“ genannt —

IN ANBETRACHT

der Resolution 1778 (2007) des Sicherheitsrates des Vereinten Nationen vom 25. September 2007;

der Gemeinsamen Aktion 2007/677/GASP des Rates vom 15. Oktober 2007 über die militärische Operation der Europäischen Union in der Republik Tschad und der Zentralafrikanischen Republik (1) (EUFOR Tchad/RCA);

der Tatsache, dass dieses Abkommen die Rechte und Pflichten der Parteien nach Maßgabe internationaler Übereinkommen und anderer Übereinkünfte zur Errichtung internationaler Gerichtshöfe, einschließlich des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, unberührt lässt —

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

(1)   Die Bestimmungen dieses Abkommens finden auf die EU-geführten Einsatzkräfte und deren Personal Anwendung.

(2)   Die Bestimmungen dieses Abkommens finden nur im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates Anwendung.

(3)   Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck

a)

„EU-geführte Einsatzkräfte“ (EUFOR) die militärischen Hauptquartiere der EU und die zu der Operation beitragenden nationalen Kontingente, ihre Ausrüstung und ihre Transportmittel;

b)

„Operation“ die Vorbereitung, Einsetzung, Durchführung und Unterstützung der Militärmission entsprechend dem Mandat, das sich aus der Resolution 1778 (2007) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 25. September 2007 ergibt;

c)

„EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents“ (EU Force Commander) den Befehlshaber im Einsatzgebiet;

d)

„militärisches Hauptquartier der EU“ die militärischen Hauptquartiere und Teile davon — unabhängig von ihrem Standort — unter Aufsicht der militärischen Befehlshaber der EU, welche die militärische Führung der Operation wahrnehmen;

e)

„nationale Kontingente“ die Einheiten und Truppenteile der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen an der Operation teilnehmenden Staaten;

f)

„EUFOR-Personal“ das der EUFOR unterstellte zivile und militärische Personal sowie das zur Vorbereitung der Operation entsandte Personal und das für einen Entsendestaat oder ein Organ der Europäischen Union im Rahmen der Operation im Einsatz befindliche Personal, das sich — sofern in diesem Abkommen nichts anderes vorgesehen ist — im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates befindet; ausgenommen hiervon ist das örtliche Personal und das von internationalen kommerziellen Auftragnehmern beschäftigte Personal;

g)

„örtliches Personal“ das Personal, das die Staatsangehörigkeit des Aufnahmestaates besitzt oder dort seinen ständigen Aufenthalt hat;

h)

„Einrichtungen und Anlagen“ Gebäude, Unterkünfte und Gelände, die für die EUFOR sowie für das EUFOR-Personal benötigt werden;

i)

„Entsendestaat“ den Staat, der ein nationales Kontingent für die EUFOR bereitstellt.

Artikel 2

Allgemeine Bestimmungen

(1)   Die EUFOR und das EUFOR-Personal beachten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmestaates und enthalten sich jeder Handlung oder Maßnahme, die mit den Zielen der Operation unvereinbar ist.

(2)   Die EUFOR informiert die Regierung des Aufnahmestaates regelmäßig über die Stärke des im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates stationierten EUFOR-Personals.

Artikel 3

Identifizierung

(1)   Die Mitglieder des EUFOR-Personals haben jederzeit ihren Reisepass oder ihren Militärausweis mit sich zu führen.

(2)   Fahrzeuge, Luftfahrzeuge, Schiffe und andere Transportmittel der EUFOR sind mit unverwechselbaren EUFOR-Kennzeichnungen und/oder EUFOR-Nummernschildern zu versehen, die den zuständigen Behörden des Aufnahmestaates mitzuteilen sind.

(3)   Die EUFOR ist berechtigt, die Flagge der Europäischen Union sowie Kennzeichen wie militärische Abzeichen, Kennzeichen und amtliche Symbole an ihren Einrichtungen und Anlagen, Fahrzeugen und anderen Transportmitteln zu führen. Die Uniformen der Mitglieder des EUFOR-Personals sind mit einem EUFOR-Emblem zu versehen. Nationale Flaggen oder Hoheitszeichen der an der Operation beteiligten nationalen Kontingente dürfen an den Einrichtungen und Anlagen, Fahrzeugen und anderen Transportmitteln sowie Uniformen auf Beschluss des EU-Befehlshabers des Einsatzkontingents geführt werden.

Artikel 4

Überschreiten der Grenzen und Bewegungen im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates

(1)   Die Mitglieder des EUFOR-Personals benötigen für die Einreise in das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates stets die in Artikel 3 Absatz 1 vorgesehenen Dokumente oder — im Falle der Ersteinreise — einen Einzel- oder Sammelmarschbefehl der EUFOR. Sie unterliegen bei der Einreise in das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates, bei der Ausreise aus diesem Gebiet und innerhalb dieses Gebiets keinen Pass- und Visumbestimmungen und keinen Einwanderungs- und Zollkontrollen.

(2)   Die Mitglieder des EUFOR-Personals unterliegen nicht den Bestimmungen des Aufnahmestaates über die Registrierung und Kontrolle von Ausländern, erwerben jedoch keinerlei Recht auf ständigen Aufenthalt oder Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates.

(3)   Der Aufnahmestaat erhält zu seiner Information die Liste der Mittel und Transportmittel der EUFOR, die zur Unterstützung der Operation in das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates verbracht oder durch dieses Gebiet befördert werden oder es verlassen. Die EUFOR ist jedoch von der Pflicht zur Vorlage anderer Zollunterlagen sowie von allen Kontrollen befreit.

(4)   Die Angehörigen des EUFOR-Personals dürfen im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates Kraftfahrzeuge lenken sowie Luftfahrzeuge führen, sofern sie einen gültigen nationalen, internationalen oder militärischen Führerschein oder Pilotenschein besitzen.

(5)   Für die Zwecke der Operation gewährt der Aufnahmestaat der EUFOR und dem EUFOR-Personal in seinem Hoheitsgebiet, einschließlich seines Luftraums, Bewegungs- und Reisefreiheit; dies geschieht in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden des Aufnahmestaates gemäß den Modalitäten von Artikel 18 dieses Abkommens.

(6)   Für die Zwecke der Operation darf die EUFOR im Einvernehmen mit den zuständigen tschadischen Behörden im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates, einschließlich seines Luftraums, Übungen, auch Übungen mit Waffen, durchführen.

(7)   Für die Zwecke der Operation darf die EUFOR öffentliche Straßen, Brücken, Fähren und Flughäfen ohne Entrichtung von Zöllen, Gebühren, Mauten, Steuern und ähnlichen Abgaben nutzen. Die EUFOR ist nicht von der Entrichtung angemessener Abgaben für die Dienstleistungen befreit, die sie auf ihr Ersuchen hin zu denselben Bedingungen erhält, wie sie für die Streitkräfte des Aufnahmestaates gelten.

Artikel 5

Vorrechte und Immunitäten, die der EUFOR vom Aufnahmestaat gewährt werden

(1)   Die Einrichtungen und Anlagen der EUFOR sind unverletzlich. Die Bediensteten des Aufnahmestaates dürfen sie nur mit Zustimmung des EU-Befehlshabers des Einsatzkontingents betreten.

(2)   Die Einrichtungen und Anlagen der EUFOR, ihre Ausstattung und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie ihre Transportmittel genießen Immunität von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung oder Vollstreckung.

(3)   Die EUFOR, ihre Vermögensgegenstände und Guthaben genießen unabhängig von ihrem Standort und davon, in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von jeder Form der Gerichtsbarkeit.

(4)   Die Unverletzlichkeit der Archive und Unterlagen der EUFOR gilt ohne zeitliche und örtliche Einschränkung.

(5)   Die amtliche Korrespondenz der EUFOR ist unverletzlich. Die „amtliche Korrespondenz“ ist die gesamte Korrespondenz, welche die Operation und ihre Aufgaben betrifft.

(6)   Die EUFOR ist in Bezug auf erworbene oder eingeführte Güter oder in Anspruch genommene Dienstleistungen und hinsichtlich der Einrichtungen und Anlagen, die von der EUFOR für die Zwecke der Operation genutzt werden, von allen nationalen, regionalen und kommunalen Gebühren, Steuern und ähnlichen Abgaben befreit; dasselbe gilt für ihre Zulieferer oder Auftragnehmer, sofern diese nicht Staatsangehörige des Aufnahmestaates sind. Die EUFOR ist nicht befreit von Gebühren, Steuern oder sonstigen Abgaben, die als Vergütung für erbrachte Dienstleistungen erhoben werden.

(7)   Der Aufnahmestaat gestattet die Einfuhr von ausschließlich für die Operation bestimmten Gegenständen, Militärfahrzeugen, militärischem Gerät und Produkten und befreit sie von allen Zöllen, Gebühren, Mauten, Steuern und ähnlichen Abgaben, ausgenommen die Kosten für Lagerung und Transport sowie die Abgaben, die als Vergütung für erbrachte Leistungen erhoben werden.

Artikel 6

Vorrechte und Immunitäten, die dem EUFOR-Personal vom Aufnahmestaat gewährt werden

(1)   Das EUFOR-Personal unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art.

(2)   Die Papiere, die Korrespondenz und — außer im Falle von Vollstreckungsmaßnahmen, die nach Absatz 6 zulässig sind — das Vermögen des EUFOR-Personals sind unverletzlich.

(3)   Das EUFOR-Personal genießt Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Aufnahmestaats.

Auf die Immunität von der Strafgerichtsbarkeit, die dem EUFOR-Personal zusteht, kann, je nach Lage des Falles, der Entsendestaat oder das betreffende Organ der Europäischen Union verzichten. Ein solcher Verzicht muss stets ausdrücklich erklärt werden.

(4)   Das EUFOR-Personal genießt Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Aufnahmestaats in Bezug auf seine mündlichen oder schriftlichen Äußerungen und alle in Wahrnehmung seines offiziellen Auftrags vorgenommenen Handlungen. Wird ein Zivilverfahren gegen Mitglieder des EUFOR-Personals vor einem Gericht des Aufnahmestaats eingeleitet, so sind der EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents und die zuständige Stelle des Entsendestaats oder des Organs der Europäischen Union unverzüglich zu benachrichtigen. Vor Einleitung des Verfahrens vor dem Gericht stellen der EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents und die zuständige Stelle des Entsendestaats oder des Organs der Europäischen Union gegenüber dem Gericht fest, ob die betreffende Handlung von Mitgliedern des EUFOR-Personals in Wahrnehmung ihres offiziellen Auftrags vorgenommen wurde.

Wurde die Handlung in Wahrnehmung des offiziellen Auftrags vorgenommen, so wird kein Verfahren eingeleitet, und es findet Artikel 15 Anwendung. Wurde die Handlung nicht in Wahrnehmung des offiziellen Auftrags vorgenommen, so kann das Verfahren aufgenommen werden. Die Feststellung des EU-Befehlshabers des Einsatzkontingents und der zuständigen Stelle des Entsendestaats oder des Organs der Europäischen Union ist für die Gerichte des Aufnahmestaats bindend und kann vom Aufnahmestaat nicht angefochten werden.

Strengt ein Mitglied des EUFOR-Personals ein Gerichtsverfahren an, so kann es sich in Bezug auf eine Widerklage, die mit der Hauptklage in direktem Zusammenhang steht, nicht auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen.

(5)   Die Mitglieder des EUFOR-Personals sind nicht verpflichtet, als Zeugen auszusagen.

(6)   Gegen Mitglieder des EUFOR-Personals dürfen Vollstreckungsmaßnahmen nur für den Fall getroffen werden, dass ein Zivilverfahren, das nicht im Zusammenhang mit ihrem offiziellen Auftrag steht, gegen sie eingeleitet wird. Das Vermögen von Mitgliedern des EUFOR-Personals, in Bezug auf das der EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents feststellt, dass es für die Wahrnehmung des offiziellen Auftrags notwendig ist, darf nicht zur Vollstreckung aus einem Urteil, einer Entscheidung oder Anordnung beschlagnahmt werden. In Zivilverfahren dürfen Mitglieder des EUFOR-Personals keinen Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit oder anderen Zwangsmaßnahmen unterworfen werden.

(7)   Die Immunität der Mitglieder des EUFOR-Personals von der Gerichtsbarkeit des Aufnahmestaats befreit diese nicht von der Gerichtsbarkeit des jeweiligen Entsendestaats.

(8)   Die Mitglieder des EUFOR-Personals sind in Bezug auf ihre für EUFOR erbrachten Dienste von den im Aufnahmestaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit.

(9)   Die Mitglieder des EUFOR-Personals sind im Aufnahmestaat von jeder Form der Besteuerung der Gehälter und Bezüge, die sie von EUFOR oder den Entsendestaaten erhalten, sowie der Einkünfte, die sie aus Quellen außerhalb des Aufnahmestaats beziehen, befreit.

(10)   Die dem EUFOR-Personal gehörenden persönlichen Gebrauchsgegenstände sind gemäß den Bestimmungen der Akte 2/92-UDEAC/556-CD-SE 1 vom 30. April 1992 von allen Abgaben und Steuern befreit. Um in den Genuss dieser Befreiungen zu gelangen, reicht der EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents bei den zuständigen Behörden einen von ihm unterzeichneten Freistellungsantrag ein.

Das persönliche Gepäck des EUFOR-Personals ist von der Kontrolle befreit, sofern nicht triftige Gründe für die Vermutung vorliegen, dass es Gegenstände enthält, die nicht für den persönlichen Gebrauch des EUFOR-Personals bestimmt sind, oder deren Ein- oder Ausfuhr nach dem Recht des Aufnahmestaats verboten oder durch dessen Quarantänevorschriften geregelt ist. In solchen Fällen darf die Kontrolle nur in Anwesenheit des betreffenden Mitglieds des EUFOR-Personals oder eines ermächtigten Vertreters von EUFOR stattfinden.

Artikel 7

Örtliches Personal

Örtlichem Personal stehen Vorrechte und Immunitäten nur in dem vom Aufnahmestaat zugelassenen Umfang zu. Der Aufnahmestaat darf jedoch seine Hoheitsgewalt über diese Personen nur so ausüben, dass er die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen der Operation nicht ungebührlich behindert.

Artikel 8

Strafgerichtsbarkeit

Die zuständigen Behörden des Entsendestaats haben das Recht, im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats die gesamte Straf- und Disziplinargerichtsbarkeit auszuüben, die ihnen durch das Recht des Entsendestaats über alle dem einschlägigen Recht dieses Staates unterworfenen Mitglieder des EUFOR-Personals übertragen ist.

Artikel 9

Uniform und Waffen

(1)   Für das Tragen von Uniform gelten die vom EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents festgelegten Vorschriften.

(2)   Die Mitglieder des Militärpersonals der EUFOR dürfen Waffen und Munition mit sich führen, sofern sie durch Befehl dazu ermächtigt sind.

Artikel 10

Unterstützung durch den Aufnahmestaat und Auftragsvergabe

(1)   Der Aufnahmestaat erklärt sich bereit, die EUFOR auf deren Ersuchen hin bei der Suche nach geeigneten Einrichtungen und Anlagen zu unterstützen.

(2)   Der Aufnahmestaat stellt kostenlos in seinem Eigentum befindliche Einrichtungen und Anlagen wie auch Einrichtungen und Anlagen im Besitz juristischer Personen des Privatrechts bereit, soweit diese Einrichtungen und Anlagen für administrative und operative Tätigkeiten der EUFOR erforderlich sind.

(3)   Der Aufnahmestaat leistet im Rahmen seiner Mittel und Fähigkeiten Hilfe bei der Vorbereitung, Einsetzung und Durchführung und Unterstützung der Operation. Er leistet diese Hilfe und Unterstützung für die Operation unter denselben Bedingungen wie für seine eigenen Streitkräfte.

(4)   Das Recht, das auf die von der EUFOR im Aufnahmestaat geschlossenen Verträge Anwendung findet, wird vertraglich festgelegt.

(5)   Im Vertrag kann vorgesehen werden, dass das in Artikel 15 Absätze 3 und 4 genannte Streitbeilegungsverfahren auf Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Erfüllung des Vertrags Anwendung findet.

(6)   Der Aufnahmestaat erleichtert die Ausführung von Verträgen, die die EUFOR mit Geschäftsunternehmen für die Zwecke der Operation schließt.

Artikel 11

Änderungen an den Einrichtungen und Anlagen

(1)   Die EUFOR ist befugt, Einrichtungen und Anlagen entsprechend ihren operativen Erfordernissen zu errichten, zu verändern oder umzugestalten.

(2)   Der Aufnahmestaat kann von der EUFOR keine Entschädigung für diese Errichtung, Veränderung oder Umgestaltung von Einrichtungen und Anlagen fordern.

Artikel 12

Verstorbene Mitglieder des EUFOR-Personals

(1)   Der EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents ist befugt, für die Rückführung verstorbener Mitglieder des EUFOR-Personals sowie ihres persönlichen Besitzes zu sorgen und die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen.

(2)   Eine Autopsie verstorbener Mitglieder der EUFOR darf nur mit Zustimmung des betreffenden Staates und in Anwesenheit eines Vertreters der EUFOR und/oder des betreffenden Staates erfolgen.

(3)   Der Aufnahmestaat und die EUFOR arbeiten im Hinblick auf eine schnelle Rückführung verstorbener Mitglieder des EUFOR-Personals möglichst umfassend zusammen.

Artikel 13

Sicherheit der EUFOR und Militärpolizei

(1)   Der Aufnahmestaat trifft alle erforderlichen Maßnahmen, um die Sicherheit der EUFOR und ihres Personals zu gewährleisten.

(2)   Die EUFOR ist befugt, die zum Schutz ihrer Einrichtungen und Anlagen gegen alle Angriffe und jedes Eindringen von außen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen; dies gilt auch für anlässlich von Übungen genutzte Anlagen und Einrichtungen.

(3)   Der EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents kann eine Militärpolizeieinheit aufstellen, um die Ordnung in den Einrichtungen und Anlagen der EUFOR aufrechtzuerhalten.

(4)   Die Militärpolizeieinheit kann in Absprache und Zusammenarbeit mit der Militärpolizei oder der Polizei des Aufnahmestaates auch außerhalb dieser Einrichtungen und Anlagen eingreifen, um für die Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin unter den Mitgliedern des EUFOR-Personals zu sorgen.

Artikel 14

Kommunikation

(1)   Die EUFOR ist befugt, Funksende- und -empfangsanlagen sowie Satellitensysteme einzurichten und zu betreiben. Die EUFOR arbeitet mit den zuständigen Behörden des Aufnahmestaates zusammen, um Konflikte bei der Nutzung entsprechender Funkfrequenzen zu vermeiden. Der Aufnahmestaat gewährt kostenfreien Zugang zum Frequenzspektrum.

(2)   Die EUFOR hat das Recht auf uneingeschränkte Kommunikation durch Funk (einschließlich Satellitenfunk, Mobilfunk oder Handfunk), Telefon, Fernschreiber, Telefax oder andere Mittel sowie das Recht, die erforderlichen Mittel zur Aufrechterhaltung einer solchen Kommunikation innerhalb und zwischen den Einrichtungen und Anlagen der EUFOR zu installieren, einschließlich des Rechts auf Verlegung von Kabeln und Erdleitungen für die Zwecke der Operation.

(3)   Innerhalb ihrer eigenen Einrichtungen und Anlagen kann die EUFOR die erforderlichen Vorkehrungen für die Beförderung von Post an oder von EUFOR und/oder Mitglieder(n) des EUFOR-Personals treffen.

(4)   Die Installation der oben genannten Anlagen erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Aufnahmestaat gemäß den Durchführungsbestimmungen des Artikels 18.

Artikel 15

Entschädigungsansprüche wegen Tod, Verwundung, Beschädigung oder Verlust

(1)   Die EUFOR und das EUFOR-Personal können für die Beschädigung oder den Verlust von privatem oder staatlichem Eigentum im Zusammenhang mit operativen Erfordernissen oder aufgrund von Maßnahmen in Verbindung mit zivilen Unruhen oder dem Schutz der EUFOR nicht haftbar gemacht werden.

(2)   Zur Herbeiführung einer gütlichen Regelung sind Ansprüche aufgrund der Beschädigung oder des Verlusts von privatem oder staatlichem Eigentum, die nicht von Absatz 1 erfasst werden, sowie Ansprüche wegen des Todes oder der Verwundung von Personen und aufgrund der Beschädigung oder des Verlusts von EUFOR-Eigentum über die zuständigen Behörden des Aufnahmestaates an die EUFOR zu richten, was Ansprüche von juristischen oder natürlichen Personen aus dem Aufnahmestaat anbelangt, oder an die zuständigen Behörden des Aufnahmestaates, was die von der EUFOR erhobenen Ansprüche anbelangt.

(3)   Lässt sich keine gütliche Regelung finden, so sind die Ansprüche bei einem Schlichtungsausschuss anzumelden, der sich zu gleichen Teilen aus Vertretern der EUFOR und Vertretern des Aufnahmestaates zusammensetzt. Ein Ausgleich für die Ansprüche wird einvernehmlich beschlossen.

(4)   Kann im Schlichtungsausschuss keine Regelung gefunden werden, so wird die Streitigkeit

a)

bei Ansprüchen bis zur Höhe von einschließlich 40 000 EUR auf diplomatischem Wege zwischen dem Aufnahmestaat und Vertretern der EU beigelegt;

b)

bei Ansprüchen, die die unter Buchstabe a genannte Höhe übersteigen, einem Schiedsgericht unterbreitet, dessen Entscheidungen bindend sind.

(5)   Das Schiedsgericht setzt sich aus drei Schiedsrichtern zusammen, von denen einer vom Aufnahmestaat, einer von der EUFOR und der Dritte gemeinsam vom Aufnahmestaat und der EUFOR ernannt wird. Ernennt eine der Parteien innerhalb von zwei Monaten keinen Schiedsrichter oder kann zwischen dem Aufnahmestaat und der EUFOR keine Einigung über die Ernennung des dritten Schiedsrichters erzielt werden, so wird der betreffende Schiedsrichter vom Präsidenten des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ernannt.

(6)   Zwischen der EUFOR und den Verwaltungsbehörden des Aufnahmestaates wird eine Verwaltungsvereinbarung geschlossen, in der das Mandat des Schlichtungsausschusses und des Schiedsgerichts, das in diesen Gremien anwendbare Verfahren und die Voraussetzungen für das Geltendmachen von Schadenersatzansprüchen festgelegt werden.

Artikel 16

Verbindung und Streitigkeiten

(1)   Alle Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieses Abkommens werden von Vertretern der EUFOR und den zuständigen Behörden des Aufnahmestaates gemeinsam geregelt.

(2)   Kommt eine Einigung nicht zustande, so werden die Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens ausschließlich auf diplomatischem Wege zwischen dem Aufnahmestaat und Vertretern der EU beigelegt.

Artikel 17

Sonstige Bestimmungen

(1)   Soweit in diesem Abkommen auf die Vorrechte, Immunitäten und Rechte der EUFOR und ihres Personals Bezug genommen wird, ist die Regierung des Aufnahmestaates für deren Durchsetzung und Achtung durch die zuständigen örtlichen Behörden des Aufnahmestaates verantwortlich.

(2)   Dieses Abkommen bezweckt keine Abweichung von etwaigen aus anderen Abkommen herrührenden Rechten eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Staates, der einen Beitrag zur EUFOR leistet, und darf auch nicht in diesem Sinne ausgelegt werden.

Artikel 18

Durchführungsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Abkommens können operative, administrative und technische Fragen in gesonderten Vereinbarungen geregelt werden, die zwischen dem EU-Befehlshaber des Einsatzkontingents und den Verwaltungsbehörden des Aufnahmestaates zu schließen sind.

Artikel 19

Inkrafttreten und Beendigung

(1)   Dieses Abkommen wird vom Tag seiner Unterzeichnung an vorläufig angewandt und tritt ab dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem jede der Parteien ihre internen Genehmigungsverfahren abgeschlossen hat; es bleibt bis zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die letzten EUFOR-Truppenteile und die letzten Mitglieder des EUFOR-Personals entsprechend einer Mitteilung der EUFOR das Land verlassen.

(2)   Ungeachtet Absatz 1 gelten die Bestimmungen von Artikel 4 Absatz 7, Artikel 5 Absätze 1 bis 3, 6 und 7, Artikel 6 Absätze 1, 3, 4, 6 und 8 bis 10, Artikel 10 Absatz 2, Artikel 11, Artikel 13 Absätze 1 und 2 und Artikel 15 ab dem Zeitpunkt der Verlegung der ersten Mitglieder des EUFOR-Personals, falls dieser Zeitpunkt vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens liegt.

(3)   Dieses Abkommen kann im gegenseitigen schriftlichen Einvernehmen der Parteien geändert werden.

(4)   Die Beendigung dieses Abkommens berührt nicht die Rechte oder Pflichten, die sich aus der Durchführung des Abkommens vor dessen Beendigung ergeben.

Geschehen zu N’Djaména am 6. März 2008 in vier Urschriften in französischer Sprache.


(1)  ABl. L 279 vom 23.10.2007, S. 21.