ISSN 1725-2539

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 32

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

50. Jahrgang
6. Februar 2007


Inhalt

 

II   Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

Seite

 

 

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

 

 

Kommission

 

 

2007/51/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 18. Februar 2004 über die Staatliche Beihilfe C 27/2001 (ex NN 2/2001) für die Durchführung des Programms zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung durch die Landwirtschaft (PMPOA) 1994-2000 in Frankreich (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 415)

1

 

 

2007/52/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 19. Mai 2004 über die Beihilferegelung, die Italien zugunsten der Geflügelzuchtbetriebe einführen will — Programm A.I.M.A., Bereich Geflügelzucht — C 59/2001 (ex N 97/1999) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 1802)

14

 

 

2007/53/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 24. Mai 2004 in einem Verfahren gemäß Artikel 82 EG-Vertrag und Artikel 54 EWR-Abkommen gegen die Microsoft Corporation in der Sache COMP/C-3/37.792 — Microsoft (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 900)  ( 1 )

23

 

 

2007/54/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 2. Juni 2004 über eine staatliche Beihilfe, die Italien (Region Sizilien) zugunsten der Absatzförderung und Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse durchführen will (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 1923)  ( 1 )

29

 

 

2007/55/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 9. November 2005 über die von Frankreich geplante Beihilferegelung zugunsten der Erzeuger und Händler der Likörweine Pineau des Charentes, Floc de Gascogne, Pommeau de Normandie und Macvin du Jura (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2005) 4189)

37

 

 

2007/56/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 16. Mai 2006 über die Staatliche Beihilfe C 26/2004 (ex NN 38/2004) Deutschlands zugunsten der Schneider Technologies AG (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 1857)  ( 1 )

49

 

 

2007/57/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 7. Juni 2006 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten des Erwerbs von Geschäftsanteilen von Winzergenossenschaften gewährt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 2070)

56

 

 

2007/58/EG

 

*

Beschluss der Kommission vom 28. August 2006 über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie

64

 

*

Abkommen zwischen der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie

65

 

 

2007/59/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 26. September 2006 über die staatliche Beihilfe, die die Niederlande zugunsten von Holland Malt BV gewährt haben (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 4196)

76

 

 

2007/60/EG

 

*

Beschluss der Kommission vom 26. Oktober 2006 zur Einrichtung der Exekutivagentur für das transeuropäische Verkehrsnetz gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 des Rates

88

 

 

2007/61/EG

 

*

Beschluss Nr. 1/2006 des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen eingesetzten Gemischten Veterinärausschusses vom 1. Dezember 2006 zur Änderung der Anlagen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 10 des Anhangs 11 des Abkommens

91

 

 

2007/62/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 8. Dezember 2006 über die von Dänemark mitgeteilten nationalen Vorschriften für bestimmte industrielle Treibhausgase (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 5934)

130

 

 

2007/63/EG

 

*

Beschluss Nr. 2/2006 vom 13. Dezember 2006 des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung eingesetzten Ausschusses betreffend die Aufnahme einer Konformitätsbewertungsstelle in das sektorale Kapitel Persönliche Schutzausrüstungen

135

 

 

2007/64/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 15. Dezember 2006 zur Festlegung revidierter Umweltkriterien sowie der diesbezüglichen Beurteilungs- und Prüfanforderungen für die Vergabe des gemeinschaftlichen Umweltzeichens für Kultursubstrate (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6962)  ( 1 )

137

 

 

2007/65/EG

 

*

Beschluss der Kommission vom 15. Dezember 2006 über Standard-Sicherheitsmaßnahmen und Alarmstufen der Kommission sowie zur Änderung ihrer Geschäftsordnung im Hinblick auf operationelle Verfahren für das Krisenmanagement

144

 

 

2007/66/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 2006 über einen zeitlich begrenzten Versuch im Rahmen der Richtlinie 66/401/EWG des Rates über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut im Hinblick auf die Erhöhung des Höchstgewichts einer Partie (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6572)  ( 1 )

161

 

 

2007/67/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 2006 zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, vorläufige Zulassungen für den neuen Wirkstoff Tritosulfuron zu verlängern (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6573)  ( 1 )

164

 

 

2007/68/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 2006 über einen Antrag der Republik Lettland auf Genehmigung der Anwendung eines ermäßigten MwSt.-Satzes auf die Lieferung von Fernwärme, Erdgas und Elektrizität an Haushalte (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6592)

165

 

 

2007/69/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 2006 zur Ermächtigung Rumäniens, die Anwendung bestimmter Vorschriften der Richtlinie 2002/53/EG des Rates hinsichtlich des Inverkehrbringens bestimmter Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten aufzuschieben (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6568)  ( 1 )

167

 

 

2007/70/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2006 über die Verlängerung der Frist für das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten, die bestimmte Wirkstoffe enthalten, die nicht im Rahmen des Zehn-Jahres-Arbeitsprogramms gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie 98/8/EG untersucht wurden (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6707)

174

 

 

2007/71/EG

 

*

Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2006 zur Einsetzung einer wissenschaftlichen Expertengruppe für Ursprungsbezeichnungen, geografische Angaben und garantierte traditionelle Spezialitäten

177

 

 

2007/72/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2006 betreffend die Verlängerung bestimmter Beihilfeentscheidungen (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6927)  ( 1 )

180

 

 

2007/73/EG

 

*

Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2006 betreffend die Bestellung der Mitglieder der Prüfgruppe, die mit der Entscheidung 2006/505/EG zur Einsetzung einer Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen zur Beratung der Kommission hinsichtlich der Objektivität und Neutralität der von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) abgegebenen Stellungnahmen eingesetzt wurde

181

 

 

2007/74/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 21. Dezember 2006 zur Festlegung harmonisierter Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme in Anwendung der Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6817)  ( 1 )

183

 

 

2007/75/EG

 

*

Beschluss der Kommission vom 22. Dezember 2006 zur Einsetzung einer Sachverständigengruppe Verrechnungspreise

189

 

 

2007/76/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 2006 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden bezüglich der Amtshilfe (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6903)  ( 1 )

192

 

 

2007/77/EG

 

*

Beschluss Nr. 35/2006 vom 22. Dezember 2006 des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über die gegenseitige Anerkennung eingesetzten Gemischten Ausschusses zur Aufnahme von Konformitätsbewertungsstellen in die Liste des sektoralen Anhangs über Telekommunikationsgeräte

198

 

 

EMPFEHLUNGEN

 

 

Kommission

 

 

2007/78/EG

 

*

Empfehlung der Kommission vom 22. Dezember 2006 über sichere und effiziente bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme: Neufassung des europäischen Grundsatzkatalogs zur Mensch-Maschine-Schnittstelle

200

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

Kommission

6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/1


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 18. Februar 2004

über die Staatliche Beihilfe C 27/2001 (ex NN 2/2001) für die Durchführung des Programms zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung durch die Landwirtschaft (PMPOA) 1994-2000 in Frankreich

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 415)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(2007/51/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem genannten Artikel (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Aufgrund von Informationen über ein Programm zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung durch die Landwirtschaft (nachstehend „PMPOA“ oder „Programm“) hat die Kommission mit Schreiben vom 24. Februar 2000 an die französischen Behörden um nähere Einzelheiten über die Durchführung des Programms seit 1994 gebeten. Frankreich hat mit Schreiben vom 31. Mai 2000 bestimmte Informationen mitgeteilt, die unter anderem die Existenz des PMPOA seit 1994 bestätigten. Mit Schreiben vom 11. Juli 2000 hat die Kommission ergänzende Auskünfte angefordert. Die französischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 26. Dezember 2000.

(2)

Frankreich hatte am 13. Februar 1991 eine staatliche Beihilfe für einzelbetriebliche Umweltinvestitionen in der Schweinhaltung angemeldet. Die Kommission genehmigte diese Beihilfe mit Schreiben vom 11. Dezember 1991 (2). Ferner haben die französischen Behörden im Rahmen eines kofinanzierten Strukturprogramms nach Artikel 29 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates vom 15. Juli 1991 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur (3) am 20. April 1993 die Erlasse DEPSE/SDEE Nr. 93-7005 vom 2. März 1993 und DEPSE/SDEE Nr. 7027 vom 5. November 1992 über Investitionsbeihilfen in der Mastrinderhaltung mitgeteilt. Entsprechend den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 hat die Kommission am 29. Juli 1993 eine Entscheidung zur Genehmigung einer finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft an dieser gemeinsamen Maßnahme erlassen (4). Allerdings ist die staatliche Beihilfe nicht im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag bei der Kommission angemeldet worden (5). Nach Auskunft der französischen Behörden wurden die bereits vor Durchführung des PMPOA erlassenen Maßnahmen für die Rinder- und Schweinehaltung durch den Erlass DEPSE Nr. 7016 vom 22. April 1994 in das Programm integriert. Auch dieser Erlass wurde bei der Kommission nicht im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag angemeldet.

(3)

Mit Schreiben vom 13. Juni 1994 haben die französischen Behörden eine staatliche Beihilfe für Investitionen zum Umweltschutz in der Geflügelhaltung angemeldet. Die Kommission hat diese Regelung, die ebenfalls in das PMPOA einbezogen wurde, mit Schreiben vom 26. April 1995 genehmigt (6).

(4)

Die französischen Behörden haben weder die Vereinbarung vom 8. Oktober 1993 über das PMPOA noch sonstige Unterlagen über die Einzelheiten des Programms, insbesondere dessen Finanzierungsschlüssel, im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag mitgeteilt (7). So wurde die Kommission auch nicht über die Beteiligung der Wasserbehörden an der Finanzierung des Programms informiert.

(5)

Die französischen Behörden haben auch die geplanten Investitionsbeihilfen in der Rinderhaltung nicht bei der Kommission angemeldet.

(6)

Die Kommission hat auch keine Anmeldung der Beihilfe für Junglandwirte erhalten.

(7)

Mit Schreiben vom 11. April 2001 gab die Kommission Frankreich ihren Beschluss bekannt, hinsichtlich des PMPOA das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten. Die vorliegende Entscheidung betrifft nur die Durchführung des Programms im Zeitraum 1994-2000.

(8)

Der Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (8). Die Kommission forderte die anderen Mitgliedstaaten und sonstigen Beteiligten auf, sich zu den betreffenden Beihilfen zu äußern. Die Kommission hat keine entsprechenden Stellungnahmen erhalten. Die französischen Behörden haben sich mit Schreiben vom 21. Juni 2001 geäußert.

(9)

Die Fortschreibung des PMPOA ab 2001 wurde von der Kommission mit Schreiben vom 30. Oktober 2001 genehmigt (9).

II.   BESCHREIBUNG

1.   Beihilferegelung

(10)

Das PMPOA ist das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen dem französischen Staat und den französischen Landwirtschaftsverbänden vom 8. Oktober 1993 und trat am 1. Januar 1994 in Kraft. Das Programm soll den Landwirten die Anpassung ihrer Betriebseinrichtungen und Verfahren zum besseren Schutz der Umwelt, namentlich der Gewässer ermöglichen. In dem Programm als Umweltbelastungen ausgewiesen ist die Wasserverschmutzung durch Pflanzenschutzmittel und durch mineralische und organische Dünger.

(11)

Das Programm dient insbesondere der Umsetzung der Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen (10) (nachstehend „Nitratrichtlinie“) sowie von einzelstaatlichen Bestimmungen zur Einführung eines Kodex guter landwirtschaftlicher Praktiken. Es betrifft alle Produktionsbereiche, Tierhaltung wie Pflanzenbau.

(12)

Zur Einhaltung der Vorschriften und zur Vorbeugung gegen die Verschmutzung der Wasserressourcen durch tierische Ausscheidungen wurde es für notwendig erachtet, bauliche Verbesserungen an den Ställen vorzunehmen und die Abwasserbehandlung zu verbessern. Allein die Kosten für die Arbeiten an den Gebäuden wurden damals mit etwa 1 Mrd. EUR als Richtwert für die Zeit bis zum Jahre 2002 angesetzt. Ein Investitionsprogramm wurde aufgelegt, dessen Finanzierung wie folgt geplant war: Tierhaltungsbetriebe 1/3, Staat (Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei) und Gebietskörperschaften zusammen 1/3 und Wasserbehörden (11) (Agences de l'eau) 1/3. Im Gegenzug unterliegen die Tierhaltungsbetriebe, die für Beihilfen in Betracht kommen, der von den Wasserbehörden erhobenen Umweltverschmutzungsabgabe.

(13)

Das französische Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft hat in einem Vermerk vom 24. Februar 1994 den zuständigen Verwaltungsstellen nähere Einzelheiten zum Verfahren mitgeteilt, die von dem mit der Durchführung des Programms befassten nationalen Begleitausschuss festgelegt worden waren: Zeitplan, Finanzierungsschlüssel, Anwendung bei den Tierhaltungsbetrieben.

(14)

Zum Zusammenhang zwischen dem Programm und meldepflichtigen Anlagen wiesen die französischen Behörden in dem Vermerk darauf hin, es liege im Interesse der Tierhalter, dass ihr Betrieb nach Abschluss der in den Verträgen zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung vorgesehenen Arbeiten den Bestimmungen zum Wasserschutz in den Ministerialerlassen vom 29. Februar 1992 über die Tierhaltung genügen.

(15)

Das Programm wurde sektorweise durchgeführt auf Basis von Runderlassen des Ministeriums für Landwirtschaft und Fischerei über die Beihilfemodalitäten an die Präfekten der Regionen und Departements. Die französischen Behörden haben der Kommission auf Anfrage Kopien der folgenden Erlasse übermittelt:

Circulaire DEPSE/SDEEA no 7016 du 22 avril 1994, „Aides à la mise en conformité des élevages bovins et porcins“ (Rinder- und Schweinehaltung);

Circulaire DEPSE/SDEEA no 7021 du 18 avril 1995, „Aides à la mise en conformité des élevages avicoles“ (Geflügelhaltung);

Circulaire DEPSE/SDEEA no 7028 du 19 juin 1995, „Aides à la mise en conformité des élevages“ (Tierhaltung);

Circulaire DEPSE/SDEEA no 7001 du 15 janvier 1996, „Aide à la mise en conformité des élevages. Cas des jeunes agriculteurs qui s'installent à compter du 1er janvier 1996“ (Junglandwirte).

(16)

Beihilfeempfänger waren die Betriebsinhaber bzw. die Besitzer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, namentlich in der Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung. Die Investitionen betrafen bauliche Verbesserungen zur Erhöhung der Lagerkapazität für Tierdung und zur Anpassung der Lagervorrichtungen an die Bestimmungen der Nitratrichtlinie (12).

(17)

Die Finanzierung bestand in einer staatlichen Zuwendung in Höhe von 35 % der Investitionskosten, bestehend aus einem Kapitalzuschuss für 30 % und gegebenenfalls einem vergünstigten Darlehen mit einem Subventionsäquivalent von 5 % der Kosten. Die finanzielle Beteiligung der Wasserbehörden in Höhe von 1/3 der Kosten war in den im Erwägungspunkt 15 genannten Runderlassen nicht erwähnt.

(18)

Im Rinder- und Schweinesektor waren ferner Beihilfen in Form einer Kapitalbeihilfe von 30 % und eines Darlehens mit Subventionsäquivalent von 15 % vorgesehen für Betriebsinhaber, die ihr Vorhaben im Rahmen eines Betriebsverbesserungsplans in benachteiligten Gebieten durchführen. Die Beihilfesätze erhöhten sich bei Junglandwirten (43,75 % im Flachland und 56,25 % in benachteiligten Gebieten). Im Geflügelsektor gab es für Junglandwirte einen Zuschlag von 5 % in Form eines vergünstigten Darlehens.

(19)

Mit dem Erlass DEPSE/SDEEA Nr. 7001 vom 15. Januar 1996 wurden die Beihilfesätze für Junglandwirte geändert, die sich ab 1. Januar 1996 niederließen. Der Kapitalzuschuss erhöhte sich in benachteiligten Gebieten und ländlichen Gebieten mit Förderpriorität von 30 auf 35 %. Ein begünstigtes Darlehen war nicht vorgesehen. In den anderen Gebieten wurde die Kapitalbeihilfe von 30 auf 32,5 % angehoben, mit der Möglichkeit eines ergänzenden Darlehens zu 2,5 % Subventionsäquivalent.

(20)

Um die Beihilfen in Anspruch nehmen zu können, mussten die Erzeuger vorab eine Studie vorlegen, die sie bei anerkannten Sachverständigen in Auftrag gaben und die mit der Darlegung des Investitionsvorhabens des Erzeugers abschloss. Die Beurteilung diente als Grundlage für den Vertrag zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung (siehe Erwägungsgrund 21) sowie zur Festsetzung des Betrags, der für eine Förderung durch die an der öffentlichen Finanzierung des Vorhabens Beteiligten in Frage kommt. Diese Studien machten 2 % der Investitionskosten aus und wurden bis zu einem Höchstbetrag von 6 000 FRF (914 EUR), ohne Steuern, zu 50 % vom Staat und zu 50 % von den Wasserbehörden finanziert.

(21)

Der Vertrag zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung garantierte dem Tierhalter die Anwendung der im PMPOA vorgesehenen Beihilfebestimmungen und einen Ausgleich für die etwaige Abgabe an die Wasserbehörde. Es handelt sich um einen Vertrag des gegenseitigen Vertrauens, der zwangsläufig Umweltprobleme im Betrieb ans Licht bringt, doch zu deren Lösung beiträgt. Er wird von allen Finanzierungspartnern einschließlich des Tierhalters unterzeichnet.

2.   Argumente der Kommission bei der Einleitung des Prüfverfahrens

(22)

Die Kommission kam zunächst zu der Auffassung, dass die Beteiligung der Wasserbehörden am PMPOA eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt. Die Wasserbehörden haben sich an der Finanzierung der Vorhaben in Höhe von 1/3 der Investitionskosten beteiligt. Dies wurde den Dienststellen der Kommission erst nach der Verbreitung eines Bewertungsberichts über die Durchführung und Bilanz des Programms bekannt (13).

(23)

Dabei berücksichtigte die Kommission, dass Artikel 2 des französischen Dekrets Nr. 66-700 vom 14. September 1966 über die regionalen Finanzbehörden die Wasserbehörden als finanziell und rechtlich selbständige Einrichtungen des Staates ausweist. Das französische Recht behandelt die Wasserbehörden somit zweifelsfrei als öffentliche Einrichtungen.

(24)

In ihrem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens kam die Kommission in Anbetracht der französischen Rechtsvorschriften über die Wasserbehörden und ihre Funktionsweise sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz (14) zu dem Schluss, dass die Wasserbehörden als Zweig der staatlichen Verwaltung zu betrachten sind und die Finanzierung von Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben durch diese Behörden daher eine staatliche Beihilfe darstellt (1).

(25)

Nach Auffassung der Kommission verschafften die Zuwendungen an die Rinder-, Schweine- und Geflügelerzeuger, einschließlich des Anteils der Wasserbehörden, diesen einen Vorteil gegenüber anderen Produktionszweigen. Es handelte sich somit um eine staatliche Beihilfe Frankreichs, die den Wettbewerb verfälschte oder zu verfälschen drohte, indem sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigte und dadurch den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen konnte. Infolgedessen fällt die Maßnahme unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag.

(26)

Ferner stellte die Kommission fest, dass es sich bei den von Frankreich gewährten staatlichen Beihilfen um neue Beihilfen handelte, die bei der Kommission nicht angemeldet wurden und daher im Sinne des EG-Vertrags rechtswidrig sein könnten. Dabei stützte sich die Kommission unter anderem auf Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (15), der rechtswidrige Beihilfen als neue Beihilfen definiert, die unter Verstoß gegen Artikel 93 (jetziger Artikel 88) Absatz 3 des Vertrags eingeführt wurden. Dabei umfasst der Begriff neue Beihilfen alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen.

(27)

Die Kommission wies darauf hin, dass eine von ihr genehmigte Beihilferegelung, an der später erhebliche Änderungen vorgenommen werden — im vorliegenden Fall betreffend die Beteiligung einer öffentlichen Einrichtung an der Finanzierung der Beihilfe, mit wesentlicher Änderung des Finanzierungsschlüssels und somit der Beihilfeintensität — eine neue Beihilfe darstellt, die nach Artikel 88 EG-Vertrag bei der Kommission angemeldet und von ihr genehmigt werden muss. Diese Anmeldepflicht wurde durch Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 bestätigt. Der Kommission erschien die geänderte Beihilfeintensität allein schon als erhebliche Änderung der Beihilfe, die eine Anmeldung nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag erforderlich machte.

(28)

Danach prüfte die Kommission die fraglichen Beihilfen unter Berücksichtigung von Nummer 23.3 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (16) (nachstehend „Gemeinschaftsrahmen für den Agrarsektor“), wonach rechtswidrige Beihilfen im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 nach den zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe geltenden Vorschriften und Leitlinien zu bewerten sind.

(29)

Hinsichtlich der geförderten Investitionen und der Form der Beihilfen stellte die Kommission fest, dass im Schweinesektor die Investitionsart tatsächlich in das Programm aufgenommen wurde und die Investitionen somit im Wesentlichen denen entsprachen, die bei der Kommission angemeldet und von ihr genehmigt worden sind. Was den Rindersektor anbelangt, konnte die Kommission, obgleich sie die Beihilfe seinerzeit nicht unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsregeln geprüft hat, bei der Einleitung des Verfahrens deren Vereinbarkeit mit diesen Regeln feststellen. Zum Geflügelsektor stellte die Kommission fest, dass die Maßnahme im Rahmen des Programms genau in der von ihr zuvor genehmigten Form durchgeführt wurde. Zu der Regelung für Junglandwirte, die sich ab 1. Januar 1996 niederließen, bemerkte die Kommission, dass sich bei den förderfähigen Investitionen keine Änderungen ergeben, sondern nur bei der Form der Beihilfe in dem vom Staat finanzierten Teil.

(30)

So kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Beihilfen zwar rechtswidrig seien, in Bezug auf die die von den französischen Behörden vorgesehenen Investitionsarten und Beihilfeformen jedoch den damals geltenden Wettbewerbsbestimmungen der Gemeinschaft entsprachen. Die Kommission hat diesen Teil der Anwendung der Beihilfen folglich nicht erneut in Frage gestellt.

(31)

Zum Finanzierungsschlüssel der Beihilfen wies die Kommission darauf hin, dass nach den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Programms anwendbaren Bestimmungen der Höchstsatz für Investitionsbeihilfen zum Schutz der Umwelt bei 35 % der Kosten lag (in benachteiligten Gebieten bei 45 %). Die Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 gestattete in Artikel 12 Absatz 5 fünfter Gedankenstrich, der eine Prüfung der einzelstaatlichen Beihilfen in Bezug auf die früheren Artikel 92 und 93 (jetzt 87 und 88) EG-Vertrag und Artikel 6 der Verordnung vorsah, Beihilfen für Investitionen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt, sofern sie nicht zu einer Produktionssteigerung führen. Bei ihrer Entscheidung zur staatlichen Beihilfe N 136/91 berücksichtigte die Kommission, dass es gängige Praxis war, einen Satz von 35 % der förderfähigen Kosten (45 % in benachteiligten Gebieten im Sinne der Richtlinie des Rates vom 28. April 1975 über die Landwirtschaft in Berggebieten und in bestimmten benachteiligten Gebieten (17) bei dieser Art von Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu betrachten. Diese Beihilfesätze wurden im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (18), Nummer 3.2.3, kurze Zeit nach Inkrafttreten des Programms bestätigt.

(32)

Im Übrigen wurden Art und Gültigkeit dieser Obergrenzen von den französischen Behörden in den im Erwägungspunkt 15 genannten Erlassen zur Anwendung des PMPOA in den einzelnen Sektoren mit folgenden Worten erläutert: „Die Europäische Union hat bei öffentlichen Beihilfen für diese Art von Investitionen zur Verbesserung der Umwelt ausnahmsweise einen Höchstsatz von 35 % zugelassen.“

(33)

Da der Finanzierungsschlüssel für das Programm eine Beteiligung an den Investitionskosten in Höhe von 1/3 durch den Staat und die Gebietskörperschaften (zu gleichen Teilen, d. h. jeweils 1/6), 1/3 durch die Wasserbehörden und 1/3 durch die Betriebsinhaber vorsieht und der Beitrag der Wasserbehörden eine staatliche Beihilfe darstellt, stellte die Kommission in ihrem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens fest, dass die zulässigen Beihilfehöchstsätze für diese Art von Investitionen offensichtlich nicht eingehalten wurden. Der Beitrag der Wasserbehörden zur Finanzierung des Programms hätte eine Erhöhung des Satzes der öffentlichen Finanzierung auf 2/3 der Investitionskosten zur Folge gehabt, das heißt auf etwa 66,6 % der angefallenen Kosten. Damit wäre der zulässige Satz um etwa 31,6 % (21,6 % in benachteiligten Gebieten) der Kosten überschritten worden. Zu einer Überschreitung in gleicher Höhe wäre es bei der Maßnahme zugunsten von Junglandwirten gekommen, die sich nach dem 1. Januar 1996 niederließen, da die hier vorgenommenen Änderungen nur die Form der Beihilfe in ihrem staatlich finanzierten Teil betrafen und somit nicht zu einer Erhöhung des Gesamtfördersatzes für Junglandwirte führten.

(34)

Die Kommission hat ferner berücksichtigt, dass sie jedoch seit dem 1. Januar 2000 — Datum des Inkrafttretens des neuen Gemeinschaftsrahmens für den Agrarsektor — auf der Grundlage von dessen Nummer 4.1.1.2 für diese Art von Investitionen Beihilfesätze in Höhe von 40 % der angefallenen Kosten (50 % in benachteiligten Gebieten) zulässt. Bei Junglandwirten beträgt der zulässige Satz 45 % (55 % in benachteiligten Gebieten). Dies bedeutet, dass die Überschreitung der Beihilfesätze bei den im Jahr 2000 gewährten Beihilfen unter Zugrundelegung der günstigeren Bedingungen lediglich 26,6 % (16,6 % in benachteiligten Gebieten) und bei Beihilfen für Junglandwirte 21,6 % (11,6 % in benachteiligten Gebieten) betragen hätte. Dies beträfe die Investitionen, die nach dem 1. Januar 2000 getätigt wurden und allen Bedingungen des Gemeinschaftsrahmens entsprechen.

(35)

Da die Kommission bei der Genehmigung der Investitionsbeihilfen von einer zulässigen öffentlichen Finanzierung von höchstens 35 % der Investitionskosten (45 % in benachteiligten Gebieten) und ab dem 1. Januar 2000 je nach Anwendungsfall von 40 % bis 55 % ausging, sah sie sich in ihrem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens zu der Feststellung veranlasst, dass die Höhe der im Rahmen des Programms gewährten Beihilfen möglicherweise nicht mit dem von ihr zugelassenen Beihilfesatz übereinstimmte und daher jegliche, über die zugelassenen Höchstsätze hinausgehende öffentliche Finanzierung eine mit dem EG-Vertrag unvereinbare staatliche Beihilfe darstellt.

(36)

Nach Prüfung der von den französischen Behörden vorgelegten Informationen hatte die Kommission Zweifel, ob die Investitionsbeihilfen im Rahmen des PMPOA im Zeitraum 1994-2000 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar waren, insbesondere hinsichtlich der Beihilfebeträge, die möglicherweise die zulässigen Höchstsätze von 35 % bzw. 45 % überstiegen. Aus diesem Grund hat die Kommission das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet.

(37)

Daneben kam die Kommission zu dem Schluss, dass der von den französischen Behörden zugrunde gelegte Beihilfesatz für die Durchführung von Betriebsdiagnosen den geltenden Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft entspricht.

III.   STELLUNGNAHME FRANKREICHS

(38)

Die französischen Behörden nahmen mit Schreiben vom 21. Juni 2001 Stellung zu dem Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag hinsichtlich der angemeldeten Beihilfe.

(39)

Die französischen Behörden haben die juristische Klarstellung der Kommission zum staatlichen Charakter der Beihilfen der Wasserbehörden zur Kenntnis genommen. Sie teilten mit, das Gesetz Nr. 64/1245 vom 16. Dezember 1964 über die Gewässerregelung und -verteilung und die Bekämpfung der Wasserverschmutzung, das die grundlegenden Bestimmungen zur Funktionsweise der Wasserbehörden enthält, werde demnächst von der französischen Regierung überarbeitet, wobei künftig u. a. die Modalitäten für die Berechnung der Abgaben und die Orientierungen für die Förderprogramme der Wasserbehörden vom Parlament gebilligt werden sollen.

(40)

Die französischen Behörden vertraten allerdings den Standpunkt, die Überschreitung der Sätze von 35 % bzw. 45 % sei durch die Bestimmungen von Artikel 12 Absatz 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 und Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 950/97 des Rates 20. Mai 1997 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur (19) gerechtfertigt gewesen. Diese Bestimmungen hätten es erlaubt, die Beihilfeverbote und -höchstsätze bei bestimmten Investitionen, so u. a. zum Schutz der Umwelt, nicht anzuwenden.

(41)

Zur Wettbewerbswirkung der Beteiligung der Wasserbehörden am PMPOA waren die französischen Behörden der Auffassung, diese begünstige nicht unangemessen einen bestimmten nationalen Wirtschaftszweig. Denn es handle sich um nicht produktive Investitionen, die selbst mit erheblicher Förderung die Betriebe wirtschaftlich belasten und die betreffenden Tierhaltungsbetriebe in eine ungünstigere Situation versetzen gegenüber denen — in Frankreich bei weitem die Mehrzahl, die solche Investitionen nicht vornehmen. Eine Wettbewerbsverzerrung entstünde somit insgesamt eher zu Lasten als zu Gunsten der betreffenden Tierhalter.

(42)

Wenn es eine Wettbewerbsverzerrung im Sinne von Artikel 87 EG-Vertrag gäbe, dann etwa nur gegenüber Tierhaltern in anderen Mitgliedstaaten, die ähnliche Investitionen vorgenommen hätten, jedoch mit Beihilfen zu einem Höchstsatz von 35 %, bzw. 45 % in benachteiligten Gebieten. Ob solche Wettbewerbsverzerrungen tatsächlich vorlägen, ließe sich nach Ansicht der französischen Behörden nur am konkreten Fall beurteilen.

(43)

Die französischen Behörden führten ihre Argumentation fort mit der Feststellung, dass die tatsächlich angewandten Beihilfesätze aufgrund der genauen Durchführungsmodalitäten des Programms von einem Betrieb zum anderen unterschiedlich ausfielen. Ganz überwiegend lägen die Beihilfesätze deutlich unter 60 %, wenn man den Beihilfewert als Prozentsatz des Investitionsbetrags entsprechend Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 und Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 950/97 berechnet.

(44)

Die französischen Behörden wiesen darauf hin, dass die der Kommission mitgeteilten Durchführungsbestimmungen für die vom Staat gewährten Beihilfen den generellen Rahmen für die Anwendung des PMPOA vorgeben. Die Wasserbehörden haben die gleiche Liste förderfähiger Arbeiten festgelegt, doch die Beihilfehöchstsätze sind bisweilen unterschiedlich. Regional wurden technische Begrenzungen hinzugefügt (z. B. Auslauffläche in m2), sowohl für die Beihilfen der Wasserbehörden wie des Staates bzw. der Gebietskörperschaften, durch die sich der Finanzierungsanteil der förderfähigen Arbeiten häufig verringert. Bestimmte Wasserbehörden haben auch eine generelle Begrenzung der Bemessungsgrundlage der Beihilfe nach Stickstoffmenge/Großvieheinheit (UGBN) angewandt.

(45)

Durch diese verschiedenen Begrenzungen läge der tatsächlich gewährte Beihilfesatz, bezogen auf die Ausgaben der Tierhalter für die förderfähigen Arbeiten in der Regel unter den im Programm zugelassenen Höchstsätzen.

(46)

Die französischen Behörden führten weiter aus, dass bestimmte Tierhalter zusammen mit den Arbeiten zur Umweltverbesserung Modernisierungsarbeiten durchführten. Diese sind nicht förderfähig und kommen daher für die Beihilfen im Rahmen des PMPOA nicht in Betracht.

(47)

In der Rinderhaltung, auf die 80 % der im Rahmen des PMPOA förderfähigen Betriebe entfallen, liege der durchschnittliche tatsächliche Beihilfesatz verhältnismäßig niedrig, überwiegend zwischen 35 und 50 %, und sei je nach Produktionssystemen sehr unterschiedlich. Dies erklärt sich durch die verschiedenen Typen von Wirtschaftsdünger — flüssig, fest, oder meistens gemischt — und somit von Lagervorrichtungen, sowohl nach ihrer Art (Mistgrube, Jauchetank) wie nach ihrer Kapazität, sowie durch die technischen Begrenzungen bzw. besonders niedrigen Förderhöchstsätze für diese Lagerinvestitionen wie für betonierte bzw. abgedeckte Stall- und Auslaufflächen.

(48)

In der bodenunabhängigen Schweine- und Geflügelhaltung sind die bestehenden Lagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger angesichts der geltenden Ausbringungsverbote meist unzureichend. Die geförderten Arbeiten bestehen meist in der Wiederabdichtung vorhandener Lagervorrichtungen oder Betonflächen, der Einrichtung von Zweiphasen-Versorgungssystemen zur Reduzierung der Ausgangsbelastung in der Schweinehaltung, oder der Verbesserung der Mistverarbeitung in der Geflügelhaltung. Die tatsächlichen Beihilfesätze können hier bis zu 60 % der förderfähigen Ausgaben erreichen (siehe Tabelle 1), doch sind die Ausgaben für die Arbeiten in der Regel deutlich niedriger als in der Rinderhaltung.

(49)

Nach einer Erhebung aus 20 000 Anträgen im Einzugsbereich der Wasserbehörde Loire-Bretagne betrug der tatsächliche durchschnittliche Beihilfesatz 40 %.

(50)

Ein Teil dieser Anträge betrifft Neubauten, die im Rahmen des Programms vorgenommen wurden, wenn die Durchführung der vorgesehenen Arbeiten in den bestehenden Gebäuden aus verschiedenen Gründen für ungeeignet erachtet wurde. Nach Ansicht der französischen Behörden sind diese Fälle getrennt zu behandeln, da es hier nicht mehr um Beihilfen zum Umweltschutz, sondern zur Modernisierung nach Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 und Artikel 12 Absatz 4 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 950/97 geht. Der Beihilfesatz darf in diesem Fall 35 % bzw. 26,25 % (45 % bzw. 38,75 % in benachteiligten Gebieten) der Ausgaben nicht überschreiten, je nachdem ob der Tierhalter einen Betriebsverbesserungsplan vorlegt oder nicht. Bei den Beispielen für diese Fälle in Tabelle 2 liegt der tatsächliche Beihilfesatz stets unter diesen Werten. In Spalte a der Tabelle ist angegeben, was die Arbeiten zum Umweltschutz gekostet hätten, wenn sie in den vorhandenen Gebäuden vorgenommen worden wären.

(51)

Neubauten und Arbeiten an vorhandenen Gebäuden können auch in ein und demselben Betrieb durchgeführt werden.

(52)

Nach Erachten der französischen Behörden müssten bei einer fallweisen Prüfung gemäß Artikel 87 EG-Vertrag streng genommen die Tierhalter ausgenommen werden, die eine jährliche Abgabe an die Wasserbehörden zahlen.

Tabelle 1

Beispiele tatsächlicher Beihilfesätze für die Anpassung von Betrieben im Rahmen des PMPOA

(in FRF

Art des Betriebs

Erforderliche Verbesserungen

Gesamtausgaben (a)

Förder fähige Ausgaben (b)

Förder betrag Staat (c)

Förder betrag Wasserbehörde (d)

Gesamtbeihilfe (e)

Tatsäch-licher Satz (e/b)

Gemischte Rinderhaltung:

52 Milchkühe 20 Mutterkühe und Nachwuchs: 120 UGB N

Abdeckung und Abdichtung Auslaufbereich. Vergrößerung Mistgrube: Bau Jauchetank.

334 154

257 372

236 550

236 550

141 930

55,1  %

60 Milchkühe und Nachwuchs: 80 UGB N

Abdichtung vorhandene Grube. Bau offene Grube. Abdichtung Auslaufbereich.

328 178

328 178

272 038

272 038

163 222

49,7  %

90 Milchkühe und Nachwuchs: 120 UGB N

Neubau Mistgrube. Vergrößerung Jauchetank. Regenwassertrennung. Ausbringungsplan

1 220 700

671 020

495 800

495 800

252 780

36,7  %

Gemischte Tierhaltung: 450 Mastschweine 84 Mast- und Milchrinder: 115 UGB N

Ausbau Lagerkapazität auf 9 Monate Dungproduktion. Abdeckung Auslaufbereich. Trinkwasserbrunnen für Schweine

196 380

188 330

177 225

177 225

115 195

57,5  %

147 Sauen 27 Eber 1 840  Mastschweine: 223 UGB N

Abwassertrennung. Abdeckung Auslaufbereiche.

93 180

305 510

16 163

16 163

10 505

34,4  %

210 Sauen 1 318 Mastschweine: 167 UGB N

Abdichtung Mistgrube. Abwassernetz. Mehrphasenfütterung.

100 293

55 375

55 375

55 375

33 225

60 %

242 000 Stück Zuchtgeflügel: 1 128 UGB N

Vorrichtungen zur Mistentfernung und -trocknung.

1 575 200

547 700

310 930

310 930

186 558

34,6  %


Tabelle 2

Beispiele tatsächlicher Beihilfesätze bei Neubauten

(in FRF)

Art des Betriebs

Erforderliche Verbesserungen

Geschätzte Kosten für vorhandene Gebäude (a)

Gesamtausgaben (b)

Förder-betrag Staat (c)

Förder-betrag Wasserbehörde (d)

Gesamtbeihilfe (e)

Tatsäch-licher Satz (e/b)

80 Milchkühe und Nachwuchs: 123 UGB N

Bau von Streuboxen für alle Tiere. Anlage von Abwasserrinnen.

380 120

468 502

328 640

90 880

118 592

25,3  %

75 Milchkühe und Nachwuchs: 116 UGB N

Bau von Laufställen. Vergrößerung Mist- und Jauchgruben

280 634

741 807

212 436

111 211

97 094

13,1  %

82 Milchkühe und Nachwuchs: 134 UGB N

Bau von Laufställen. Abdichtung der Betonflächen. Vergrößerung Mist- und Jauchegruben

605 565

1 197 152

437 153

196 951

190 231

15,9  %

70 Milchkühe und Nachwuchs: 110 UGB N

Bau von Laufställen. Abdichtung der Betonflächen. Vergrößerung Jauchetank

160 940

565 612

88 550

6 000

26 565

4,7  %

34 650 Legehennen: 214 UGB N

Bau von Geflügelställen. Vorrichtungen zur Mistlagerung und -trocknung

368 454

2 309 993

368 454

176 454

163 472

7,1  %

IV.   BEURTEILUNG

1.   Einleitung: Artikel 87 Abs. 1 EG-Vertrag

(53)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag schreibt vor: „Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(54)

Die Artikel 87 bis 89 EG Vertrag finden bzw. fanden nach Artikel 21 der Verordnung (EWG) Nr. 2759/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Schweinefleisch (21), Artikel 40 der Verordnung (EG) Nr. 1254/99 des Rates vom 17. Mai 1990 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (22), Artikel 24 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (23) und Artikel 19 der Verordnung (EWG) Nr. 2777/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Geflügelfleisch (24) in den betreffenden Sektoren Anwendung.

1.1.   Selektiver Vorteil durch staatliche Mittel

(55)

Die Natur der Beihilfe ist auf Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe festzustellen, die Investitionen im Rahmen des PMPOA vorgenommen haben. Nach Auffassung der Kommission erhielten die französischen Landwirte durch die Finanzierung des PMPOA einen selektiven Vorteil.

(56)

Entgegen den Argumenten der französischen Behörden ist die Kommission der Auffassung, dass die Beihilfe — obgleich es sich um nicht produktive Investitionen handelt — dem Beihilfeempfänger rein wirtschaftlich einen Vorteil verschafft, da sie ihm Kosten abnimmt, die er normalerweise selbst zu tragen hätte. Er wird dadurch gegenüber Wettbewerbern begünstigt, die keine solche Beihilfe erhalten.

(57)

Selbst unter der Annahme, diese nicht produktiven Investitionen würden die Betriebe wirtschaftlich belasten, indem sie — nach Auffassung der französischen Behörden — die betreffenden Tierhalter in eine ungünstigere Situation versetzen gegenüber denen, die solche Investitionen nicht vornehmen, bleibt festzustellen, dass die Investitionen einer gesetzlichen Pflicht entsprechen und auf längere Sicht von allen betroffenen Betriebsinhabern getätigt werden müssen, um geltendem Recht nachzukommen.

1.2.   Beeinträchtigung des Handels

(58)

Um festzustellen, ob die vorliegende Beihilfe unter den Geltungsbereich von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fällt, ist schließlich zu klären, ob sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.

(59)

Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt: Verstärkt ein von einem Mitgliedstaat gewährter Vorteil die Position einer Kategorie von Unternehmen gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, so muss dieser als durch den Vorteil beeinflusst erachtet werden (25).

(60)

Die vorliegenden Beihilfen sind geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, indem sie die einheimische Erzeugung gegenüber Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten begünstigen. Die betreffenden Sektoren sind dem gemeinschaftsweiten Wettbewerb besonders ausgesetzt und daher äußerst empfindlich gegenüber allen Maßnahmen zugunsten der Erzeugung in dem einen oder anderen Mitgliedstaat.

(61)

Tabelle 3 zeigt den Handel mit den betreffenden Erzeugnissen zwischen Frankreich und den anderen Mitgliedstaaten im ersten Jahr nach Inkrafttreten des PMPOA.

Tabelle 3

Frankreich/EU 11

Rindfleisch

Schweinefleisch

Geflügel

Einfuhren 1994

 

 

 

Tonnen

525 000

463 000

85 000

Mio. ECU

1 664

860

170

Ausfuhren 1994

 

 

 

Tonnen

796 000

361 000

389 000

Mio. ECU

2 368

669

863

1.3.   Eigenschaft der Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(62)

Die in der vorliegenden Entscheidung geprüften Maßnahmen sind staatliche Beihilfen im Sinne des EG-Vertrags, da sie den Empfängern einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, den andere Sektoren genießen. Infolgedessen schließt die Kommission, dass die Maßnahmen unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen.

2.   Rechtswidrigkeit der Beihilfen

(63)

Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 definiert rechtswidrige Beihilfen als neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag eingeführt werden. Nach Artikel 1 Buchstabe c der genannten Verordnung umfasst der Begriff neue Beihilfen alle Beihilfen, also alle Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen.

(64)

Jede von der Kommission genehmigte Beihilferegelung, die später erheblich geändert wird — im vorliegenden Fall bezüglich der Beteiligung einer öffentlichen Einrichtung an der Finanzierung der Beihilfe mit wesentlicher Änderung des Finanzierungsschlüssels und somit der Beihilfeintensität —, gilt als neue Beihilfe, die nach Artikel 88 EG-Vertrag bei der Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden muss.

(65)

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt die in Artikel 88 Absatz 3 Satz 1 vorgesehene Pflicht, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen zu unterrichten, nicht nur für das ursprüngliche Vorhaben, sondern erstreckt sich auch auf die später vorgenommenen Änderungen, wobei eine solche Unterrichtung der Kommission im Rahmen der Konsultationen erfolgen kann, zu denen die ursprüngliche Mitteilung Anlass gibt (26).

(66)

Diese Anmeldepflicht wurde durch Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 bestätigt.

(67)

Die Aufnahme eines Informationsblattes in die Bestandsaufnahme der Beihilfen des französischen Landwirtschaftsministeriums hat nur informativen Wert und kann nicht als Anmeldung im Sinne des EG-Vertrags betrachtet werden. Das Informationsblatt bestätigte übrigens nur, dass sich der staatliche Zuschuss auf 35 % der Investitionskosten beläuft, und enthielt keine Angaben zur Beteiligung der Wasserbehörden an dem Programm.

(68)

Die Kommission war nicht in der Lage, die Beteiligung der Wasserbehörden an dem Programm und deren etwaige Auswirkungen auf die staatliche Förderung der Investitionen zu beurteilen. Insbesondere war es der Kommission nicht möglich, die etwaigen Folgen der Beteiligung einer öffentlichen Einrichtung an der Finanzierung der Beihilfe in Bezug auf die Beihilfeintensität zu prüfen. Daraus folgt, dass die von den französischen Behörden tatsächlich gewährten Beihilfen nicht unbedingt den von der Kommission im Rahmen der staatlichen Beihilfen N 136/91 und N 342/94 genehmigten Maßnahmen entsprachen.

(69)

Die geänderte Beihilfeintensität allein stellt eine substanzielle Änderung der Beihilfe dar, die unter die Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag fällt.

(70)

Die geplanten Investitionsbeihilfen in der Rinderhaltung wurden von den französischen Behörden nicht bei der Kommission angemeldet. Sie machten geltend, sie hätten auf die Vereinbarkeit mit den Gemeinschaftsvorschriften schließen können, nachdem die Kommission mitgeteilt habe, die Maßnahme käme für eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft in Betracht. Die damals gültige Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 sieht jedoch in Artikel 12 Absatz 5 vor, dass Investitionsbeihilfen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt zulässig sind, sofern sie nicht zu einer Produktionssteigerung führen und mit Artikel 92 bis 94 (jetzt 87 bis 89) EG-Vertrag in Übereinstimmung stehen. Dies beinhaltet die Pflicht zur Anmeldung jeder staatlichen Beihilferegelung im Sinne des damaligen Artikel 93 Absatz 3, umso mehr als die 1994 angewandten Beihilfebedingungen nicht denen entsprachen, die der Kommission 1991 mitgeteilt worden waren.

(71)

Demnach waren die von Frankreich eingeführten staatlichen Beihilfen neue Beihilfen, die bei der Kommission nicht angemeldet wurden, und dadurch rechtswidrig im Sinne des EG-Vertrags.

3.   Vereinbarkeit der Beihilfe

(72)

Artikel 87 EG-Vertrag sieht jedoch Freistellungen und Ausnahmen vor, wobei die in seinem Absatz 2 vorgesehenen Freistellungen im vorliegenden Fall offenkundig nicht anwendbar sind und von den französischen Behörden auch nicht geltend gemacht wurden.

(73)

Die in Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag vorgesehenen Beihilfen sind bei der Prüfung regionaler oder sektorbezogener Beihilfeprogramme oder einzelner Anwendungsfälle allgemeiner Beihilferegelung streng auszulegen. Insbesondere dürfen sie nur dann eingeräumt werden, wenn die Kommission feststellen kann, dass die Beihilfe zur Verwirklichung eines der betreffenden Ziele notwendig ist. Die Gewährung einer dieser Ausnahmen für Beihilfen, bei denen eine derartige Gegenleistung nicht vorgesehen ist, würde bedeuten, Beeinträchtigungen des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und Wettbewerbsverzerrungen zuzulassen, ohne dass dies im Gemeinschaftsinteresse begründet wäre, und dabei den Wirtschaftsbeteiligten bestimmter Mitgliedstaaten ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen.

(74)

Nach Auffassung der Kommission sind die vorliegenden Beihilfen nicht im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung eines Gebiets bestimmt, in dem die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Sie dienen auch nicht der Förderung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischen Interesse oder der Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b EG-Vertrag. Ebenso wenig sind sie auf die Förderung der Kultur oder die Erhaltung des kulturellen Erbes im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag gerichtet.

(75)

Nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Um für diese Ausnahme in Betracht zu kommen, müssen die Beihilfen zur Entwicklung des betreffenden Wirtschaftssektors beitragen.

(76)

In Bezug auf die geförderten Investitionen und die Form der Beihilfen kam die Kommission bei der Einleitung des Verfahrens zu dem Schluss, dass die Beihilfen zwar rechtswidrig eingeführt worden sind, in ihrer Anwendung aber den damals geltenden Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft entsprachen. Die Kommission hat keinen Grund, diesen Teil der Anwendung der Beihilfe erneut in Frage zu stellen.

(77)

Im Folgenden ist daher nur zu prüfen, ob die von den französischen Behörden angewandten Beihilfesätze mit den geltenden Wettbewerbsbestimmungen vereinbar sind.

(78)

Bei der Einleitung des Prüfverfahrens wies die Kommission darauf hin, dass nach den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Programms geltenden Bestimmungen der Höchstsatz für Investitionsbeihilfen zum Schutz der Umwelt 35 % der Kosten betrug (45 % in benachteiligten Gebieten).

(79)

Dagegen machten die französischen Behörden geltend, eine Überschreitung der Sätze von 35 % bzw. 45 % sei durch die Bestimmungen von Artikel 12 Absatz 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 und Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 950/97 gerechtfertigt gewesen. Diese Bestimmungen hätten es erlaubt, die Beihilfeverbote und Höchstsätze bei bestimmten Investitionen so u. a. zum Schutz der Umwelt nicht anzuwenden.

(80)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass Artikel 12 Absatz 5 fünfter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91, der eine Prüfung der staatlichen Beihilfen auf ihre Übereinstimmung mit den früheren Artikeln 92 und 93 (jetzt 87 und 88) EG-Vertrag und Artikel 6 der genannten Verordnung vorsah, Beihilfen für Investitionen zum Schutz der Umwelt zuließ, sofern sie nicht zu einer Produktionssteigerung führen. Die Kommission hält es für erwiesen, dass die von den vorliegenden Beihilfen betroffenen Investitionen keine Produktionssteigerungen bewirkten, da sie allein dem Schutz der Umwelt im ländlichen Raum (Lagerung und Behandlung von Wirtschaftsdünger) dienten.

(81)

In Bezug auf den zulässigen Beihilfesatz wies die Kommission in ihrer Entscheidung zur staatlichen Beihilfe N 136/91 an Frankreich darauf hin, dass sie bei dieser Art von Beihilfen in der Regel einen Satz von 35 % der zuschussfähigen Ausgaben (45 % in benachteiligten Gebieten) als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt betrachtet.

(82)

Diese Höchstsätze wurden kurz nach der Einführung des PMPOA im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen bestätigt. Nach dessen Nummer 3.2.3 sind Investitionsbeihilfen für Umweltzwecke bis zu einer bestimmten Höhe zulässig. In der entsprechenden Fußnote 14 Absatz 2 ist näher ausgeführt: „Für Investitionen, die in den Anwendungsbereich des Artikels 12 Absätze 1 und 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates (…) fallen, beträgt die Höchstbeihilfe 35 % bzw. 45 % in (…) benachteiligten Gebieten. Diese Beihilfehöchstgrenzen gelten unabhängig von der Unternehmensgröße und dürfen daher nicht, wie weiter unten in diesem Abschnitt vorgesehen, für KMU erhöht werden. Für Investitionen in den Ziel-1- und - 5b-Gebieten behält sich die Kommission vor, im Einzelfall höhere Beihilfegrenzen zuzulassen, wenn der Mitgliedstaat glaubhaft nachweisen kann, dass sie begründet sind.“

(83)

Die Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 950/97 aufgehoben. Nach deren Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe e können die Mitgliedstaaten Beihilfen gewähren für „Investitionen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt, sofern sie nicht zu einer Ausweitung der Produktionskapazitäten führen“. In Absatz 3 war weiter ausgeführt: „In Einzelbetrieben oder Betriebszusammenschlüssen, die den Bedingungen der Artikel 5 und 9 entsprechen, sind Investitionsbeihilfen verboten, die die Werte und Beträge des Artikels 7 Absätze 2 und 3 und des Artikels 11 überschreiten“. Nach Artikel 12 Absatz 3 Unterabsatz 2 Buchstabe d waren von diesem Verbot ausgenommen „Beihilfen für Investitionen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt“.

(84)

Allerdings fanden nach Artikel 12 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 950/97 die Artikel 92 bis 94 (jetzt 87 bis 89) EG-Vertrag auf diese Beihilfen Anwendung. Dies verstand sich als Bezugnahme auf die damals geltenden Wettbewerbsregeln, d. h. auf die bereits in der Entscheidung zur staatlichen Beihilfe N 136/91 zitierte Gemeinschaftspraxis und auf die Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens für Umweltschutzbeihilfen.

(85)

Nach den im Zeitraum 1994-1999 geltenden Bestimmungen, wie sie in der vorliegenden Entscheidung beschrieben sind, muss die Kommission feststellen, dass der zulässige Höchstsatz für die vorliegenden Beihilfen 35 % der Ausgaben (45 % in benachteiligten Gebieten) betrug und die über diesen Satz hinausgehenden Beihilfebeträge jenen Bestimmungen nicht entsprachen.

(86)

Für das Jahr 2000 ist nach Nr. 4.1.1.2 des Gemeinschaftsrahmens für den Agrarsektor bei staatlichen Beihilfen für Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben ein Höchstsatz von 40 % der zuschussfähigen Investitionen (50 % in benachteiligten Gebieten) vorgesehen. Bei Investitionen von Junglandwirten innerhalb von fünf Jahren nach der Niederlassung erhöht sich dieser Höchstsatz auf 45 % bzw. 55 % in benachteiligten Gebieten.

(87)

Nach Nr. 4.1.2.4 des Gemeinschaftsrahmens können die unter Nr. 4.1.1.2 genannten Beihilfehöchstsätze von 40 % bzw. 50 % ausnahmsweise um 20 bzw. 25 Prozentpunkte angehoben werden, wenn Mehrkosten bei Investitionen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt entstehen. Diese Anhebung kann für Investitionen gewährt werden, die der Erfüllung neu eingeführter Mindestanforderungen dienen, sofern die Bestimmungen von Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1750/1999 der Kommission vom 23. Juli 1999 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) (27) zutreffen. Die Anhebung ist streng auf die zuschussfähigen Mehrkosten zu beschränken, die zur Erreichung des genannten Ziels notwendig sind, und darf keine Investitionen betreffen, die zu einer Steigerung der Produktionskapazität führen.

(88)

Durch das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1/2004 der Kommission vom 23. Dezember 2003 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfe an kleine und mittlere in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen (28) hat sich die Rechtslage für die vorliegenden Beihilfen geändert. Diese Verordnung lässt unter bestimmten Voraussetzungen Beihilfen an kleine und mittlere landwirtschaftliche Unternehmen unter Freistellung von der in Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag vorgesehenen Anmeldepflicht zu.

(89)

Nach den Angaben der französischen Behörden waren die Empfänger der im Rahmen des PMPOA finanzierten Investitionsbeihilfen im Zeitraum 1994-2000 kleine und mittlere Unternehmen im Sinne von Artikel 2 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2004.

(90)

Nach Artikel 20 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2004 sind vor deren Inkrafttreten ohne Zustimmung der Kommission und unter Verstoß gegen die Verpflichtung von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag angewandte Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen sowie nach diesen Regelungen gewährte Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag und von der Anmeldepflicht freigestellt, wenn sie die Bedingungen von Artikel 3 der Verordnung erfüllen, ausgenommen die Vorschrift von Absatz 1 und Absatz 2 Buchstaben b und c.

(91)

Nach Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2004 sind Beihilfen, die auf der Grundlage der in dessen Absatz 2 genannten Regelungen gewährt werden, im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 freigestellt, wenn sie die Bedingungen dieser Verordnung erfüllen.

(92)

Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2004 enthält die Voraussetzungen, die im vorliegenden Fall, d. h. bei einer nicht angemeldeten Investitionsbeihilferegelung für kleine und mittlere Unternehmen erfüllt sein müssen.

(93)

Nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2004 ist eine Beihilfe für Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben zur Erzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht freigestellt, wenn die Bruttobeihilfeintensität höchstens 50 % der zuschussfähigen Investitionen in benachteiligten Gebieten und 40 % in anderen Gebieten beträgt.

(94)

Bei Investitionen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt, die Mehrkosten verursachen, kann jedoch die maximale Beihilfeintensität von 50 % bzw. 40 % um 25 bzw. 20 Prozentpunkte angehoben werden. Diese Anhebung darf nur für Investitionen gewährt werden, die über die geltenden Mindestanforderungen der Gemeinschaft hinausgehen, oder für Investitionen, die zur Erfüllung von neu eingeführten Mindestanforderungen erforderlich sind. Die Anhebung ist auf die beihilfefähigen Mehrkosten beschränkt, die zur Erreichung des genannten Ziels notwendig sind, und gilt nicht für Investitionen, die zu einer Steigerung der Produktionskapazität führen.

(95)

Im vorliegenden Fall handelt es sich selbstverständlich um Investitionen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt, die der Erfüllung einer Umweltvorschrift, nämlich der Nitratrichtlinie dienten. Allerdings wurde diese Vorschrift 1991 erlassen und konnte daher im Jahr 2000 nicht mehr als neue Vorschrift gelten.

(96)

Die Kommission hat sich bereits im Rahmen der staatlichen Beihilfe N 355/2000 zu dieser Problematik geäußert und dabei die Fortführung des PMPOA von 2001 bis 2006 genehmigt. Bezug nehmend auf die damalige Begründung kann die Kommission auch jetzt nicht unberücksichtigt lassen, dass das erste Aktionsprogramm Frankreichs zur Umsetzung der Nitratrichtlinie erst 1997 beschlossen wurde und die Auflagen für die Tierhaltungsbetriebe zur Umsetzung des Programms noch jüngeren Datums sind. Obgleich Frankreich bei der Umsetzung der Richtlinie offensichtlich nicht die nötige Sorgfalt walten ließ und die nötigen Bestimmungen innerhalb von längst verstrichenen Fristen hätte erlassen müssen (29), ist nicht zu verkennen, dass die ersten Auflagen den Tierhaltungsbetrieben erst viel später bekannt waren.

(97)

Im Gegensatz zu anderen Gemeinschaftsvorschriften enthält die Nitratrichtlinie auch keine genauen Auflagen, denen die Wirtschaftsbeteiligten ohne vorherige Maßnahmen des Mitgliedstaats hätten nachkommen müssen. Die Richtlinie enthält auch keine Frist für die Anpassung der Einrichtungen.

(98)

Wegen dieser besonderen Situation im Zusammenhang mit der Nitratrichtlinie bleibt die Kommission bei ihrer Auffassung, dass die Auflagen für die Tierhaltungsbetriebe als neue Vorschriften im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1/2004 betrachtet werden konnten. Jede andere Auslegung würde die Tierhalter wegen der rechtlichen Versäumnisse Frankreichs bestrafen.

(99)

Nach Auffassung der Kommission waren für die Investitionen in nicht gefährdeten Gebieten im Sinne der Nitratrichtlinie, wo deren Auflagen nicht anwendbar sind, höhere Beihilfesätze zulässig, da die vorgesehenen Arbeiten über die dort geltenden Mindestanforderungen hinausgingen.

(100)

Hinsichtlich der Investitionen in gefährdeten Gebieten kommt die Kommission nach ihren obigen Ausführungen zur Neuheit der Auflagen für die Tierhaltungsbetriebe zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall ein höherer Beihilfesatz (60 % der Investitionskosten bzw. 75 % in benachteiligten Gebieten) angewandt werden durfte.

(101)

Da die von den französischen Behörden vorgelegten Zahlenangaben belegen, dass die Beihilfen in der Praxis einen Satz von 60 % der Ausgaben nicht überschritten, können die von 1994 bis 1999 gewährten Beihilfen von der Kommission genehmigt werden.

(102)

Aufgrund dieser Ausführungen hält die Kommission die angemeldete Beihilfemaßnahme für vereinbar mit den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft, insbesondere Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag.

V.   SCHLUSSFOLGERUNG

(103)

Für die Maßnahme zur Gewährung von Investitionsbeihilfen für landwirtschaftliche Betriebsinhaber im Rahmen des Programms zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung durch die Landwirtschaft (PMPOA) im Zeitraum 1994-2000 kommt die Ausnahme nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag zur Anwendung —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die von Frankreich eingeführte staatliche Beihilferegelung zur Finanzierung von Investitionen landwirtschaftlicher Betriebsinhaber im Rahmen des Programms zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung durch die Landwirtschaft (PMPOA) von 1994 bis 2000 ist im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 18. Februar 2004

Für die Kommission

Franz FISCHLER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 179 vom 23.6.2001, S. 18.

(2)  Staatliche Beihilfe N 136/91.

(3)  ABl. L 218 vom 6.8.1991, S. 1.

(4)  C(93) 1888.

(5)  Vgl. das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 15. September 1998, verbundene Rechtssachen T-126/96 und C-127/96, Breda Fucine Meridionali SpA und andere/Kommission, Slg. S. II-3437: Das Gericht hat das Argument der Kommission berücksichtigt, wonach die Mitteilung eines Mitgliedstaats nicht als Anmeldung einer staatlichen Beihilfe gelten kann, wenn sie keinen ausdrücklichen Hinweis auf Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag enthält und nicht beim Generalsekretariat der Kommission eingereicht wurde. Daher muss die Beihilfe als nicht angemeldet betrachtet werden.

(6)  Staatliche Beihilfe N 342/94.

(7)  Siehe Fußnote 5.

(8)  Siehe Fußnote 1.

(9)  Staatliche Beihilfe N 355/2000.

(10)  ABl. L 375 vom 31.12.1991, S. 1.

(11)  Nach den der Kommission vorliegenden Informationen — unter anderem aus den Internetseiten der Wasserbehörden (http://www.eaufrance.tm) — wurden die Wasserbehörden 1964 als finanziell eigenständige öffentlich-rechtliche Einrichtungen geschaffen. Sie unterstehen der Aufsicht der Ministerien für Umwelt und für Wirtschaft und Finanzen und werden von einem Verwaltungsrat geleitet, der sich aus Vertretern der verschiedenen Wassernutzer zusammensetzt. Die Wasserbehörden verteilen sich auf sechs große Regionen, die das ganze französische Mutterland abdecken (Adour-Garonne, Artois-Picardie, Loire-Bretagne, Rhin-Meuse, Rhône-Méditerrannée-Corse und Seine-Normandie) und haben jeweils die gleiche Organisationsstruktur mit einem Gebietsausschuss, einer Wasserbehörde und ihrem Verwaltungsrat. Sie sind in dem vom Gebietsausschuss festgelegten Rahmen in folgenden Bereichen tätig: Bewirtschaftung der Wasserressourcen, Schutz gegen Umweltverschmutzung, Erhaltung der Wassereinzugsgebiete und Überwachung der Qualität der Binnen- und Küstengewässer.

Zwischen 1997 und 2001 haben die Wasserbehörden die Förderung von Investitionen zum Wasserschutz und zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung in Höhe von rund 16 Mrd. Euro vorgesehen. Sie beraten Abgeordnete, Industrieunternehmen und Landwirte in technischen Fragen und gewähren finanzielle Unterstützung für Maßnahmen zur Bekämpfung von Wasserverschmutzung und zum Gewässerschutz. Die Finanzmittel der Wasserbehörden stammen von Gebühren, die bei Wasserverschmutzern, -versorgern und -verbrauchern erhoben werden. Aus diesen Gebühren fließen Beihilfen (Subventionen und Darlehen) an Gebietskörperschaften, Industrie und Landwirtschaft (oder sonstige Bauträger) zur Ausführung von Arbeiten wie Kläranlagen, Sanierungsnetze, Anlagen zur Trinkwassergewinnung, Flussregulierung, Studien, Messnetze.

(12)  Einzelheiten der subventionierten Investitionen sind aus dem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens ersichtlich.

(13)  Bericht vom 26. Juli 1999, im Jahr 2000 veröffentlicht unter der Internet-Adresse des französischen Landwirtschaftsministeriums: http://www.agriculture.gouv.fr.

(14)  Vgl. insbesondere Gericht erster Instanz, 12. Dezember 1996, Rechtssache T-358/94, Compagnie nationale Air France/Kommission, Slg. S. II-2109; EuGH, 22. März 1977, Rechtssache 78/76, Steinike & Weinlig/Deutschland, Slg., S. 595; EuGH, 31. Januar 2001, verbundene Rechtssachen T-197/97 und T-198/97, Weyl Beef Products BV und andere/Kommission, Slg. S. II-303; EuGH, 30. Januar 1985, Rechtssache 290/83, Kommission/Frankreich, Slg. S. 439; Mitteilung der Kommission vom 26. März 1997 über Umweltsteuern und -gebühren im Binnenmarkt (KOM (97) 9 endg.).

(1)  Vgl. die ausführlichen Argumente der Kommission über den öffentlichen Charakter der Wasserbehörden in ihrem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens.

(15)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(16)  ABl. C 28 vom 1.2.2000, S. 2 und Berichtigung ABl. C 232 vom 12.8.2000, S. 17.

(17)  ABl. L 128 vom 19.5.1975, S. 1.

(18)  ABl. C 72 vom 10.3.1994, S. 3.

(19)  ABl. L 142 vom 2.6.1997, S. 1.

(20)  1 FRF = 0,15 EUR

(21)  ABl. L 282 vom 1.11.1975, S. 1.

(22)  ABl. L 160 vom 26.6.1999, S. 21.

(23)  ABl. L 148 vom 28.6.1968, S. 24.

(24)  ABl. L 282 vom 1.11.1975, S. 77.

(25)  EuGH, 17. September 1980, Rechtssache 730/79, Philip Morris Holland BV/Kommission, Slg. S. 2671, Rn. 11.

(26)  EuGH, 9. Oktober 1984, verbundene Rechtssachen 91 und 127/83, Heineken Brouwerijen BV/Inspecteur der Vennootschapsbelasting Amsterdam und Utrecht, Slg. S. 3435.

(27)  ABl. L 214 vom 13.8.1999, S. 31. Artikel 2 Absatz 2 sieht vor: „Werden die Investitionen jedoch getätigt, um neu eingeführte Mindestanforderungen in Bezug auf Umwelt […] zu erfüllen, so können zur Erreichung dieser neuen Normen Beihilfen gewährt werden. In diesem Fall kann eine Frist zur Erfüllung dieser Mindestanforderungen vorgesehen werden, sofern eine solche Frist zur Lösung spezifischer Probleme in Bezug auf die Erfüllung der betreffenden Normen notwendig ist und soweit diese Frist den spezifischen einschlägigen Rechtsvorschriften entspricht.“

(28)  ABl. L 1 vom 3.1.2004, S. 1.

(29)  Dazu ist festzuhalten, dass die Kommission nach einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich wegen mangelhafter Anwendung der Nitratrichtlinie in diesem Mitgliedstaat den Gerichtshof befasst hat. Der Gerichtshof hat Frankreich verurteilt, weil es die Bestimmung der Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind, und demzufolge die Ausweisung der entsprechenden gefährdeten Gebiete nicht in angemessener Weise vorgenommen hat (EuGH, 27. Juni 2002, Rechtssache C-258/00, Kommission/Frankreich, Slg. S. I-05959).


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/14


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 19. Mai 2004

über die Beihilferegelung, die Italien zugunsten der Geflügelzuchtbetriebe einführen will — Programm A.I.M.A., Bereich Geflügelzucht — Nr. C 59/2001 (ex N 97/1999)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 1802)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(2007/52/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem genannten Artikel,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Mit ihrem Schreiben vom 17. Dezember 1999 (eingegangen am 22. Dezember 1999) hat die Ständige Vertretung der Republik Italien bei der Europäischen Union der Kommission die Regelung im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags mitgeteilt, welche die Maßnahmen der A.I.M.A. (der italienischen Vereinigung für die Agrarmärkte) zugunsten des italienischen Geflügelmarktes betrifft, der aufgrund der Dioxinkrise des Jahres 1999 einen drastischen Einbruch des Verzehrs und des Verkaufs von Geflügel verzeichnet hatte.

(2)

Mit ihren Schreiben vom 8. August 2000 (eingegangen am 9. August 2000), vom 15. November 2000 (eingegangen am 21. November 2000), vom 27. Februar 2001 (eingegangen am 1. März 2001) und vom 23. Mai 2001 (eingegangen am 28. Mai 2001) hat die Ständige Vertretung der Republik Italien bei der Europäischen Union der Kommission die ergänzenden Informationen übermittelt, die sie mit ihren Schreiben vom 18. Februar 2000 (Nr. AGR 5073), vom 2. Oktober 2000 (Nr. AGR 25123), vom 10. Januar 2001 (Nr. AGR 000449) und vom 24. April 2001 (Nr. AGR 009825) von den italienischen Behörden verlangt hatte.

(3)

Mit ihrem Schreiben vom 30. Juli 2001 hat die Kommission Italien von ihrem Beschluss unterrichtet, das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des Vertrags in Bezug auf die fragliche Beihilfe einzuleiten.

(4)

Veröffentlicht wurde der Beschluss der Kommission, das Verfahren einzuleiten, im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften  (1). Die Kommmission hat die Beteiligten aufgefordert, sich zu der fraglichen Maßnahme zu äußern.

(5)

Die italienischen Behörden haben ihre Anmerkungen mit ihrem Schreiben vom 24. Oktober 2001 (eingegangen am 26. Oktober 2001) vorgelegt. Die Kommission hat keine Einwände von anderen Parteien erhalten.

II.   BESCHREIBUNG

Rechtsgrundlage

(6)

Nationales Programm der A.I.M.A.-Interventionen für das Jahr 1999. Rechtsgrundlage der geplanten Beihilfemaßnahme ist Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d) des Gesetzes Nr. 610/82, das die AIMA ermächtigt, „unter Einsatz eigener Finanzmittel für den Inlandsmarkt und soweit verfügbar landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel in bestimmte Entwicklungsländer zu liefern, und zwar im Einvernehmen mit dem Außenministerium und nach Anhörung der Stellungnahme des nationalen Ernährungsinstituts“.

Kontext

(7)

Der italienische nationale Geflügelzuchtverband (U.N.A.) hatte bei der A.I.M.A. Maßnahmen auf der Ebene des Marktes beantragt, um den schwer wiegenden Folgen der Dioxinkrise im Bereich des Verzehrs von Geflügelfleisch zu begegnen.

(8)

Zunächst (vgl. das Schreiben vom 17. Dezember 1999) hatte der UNA infolge der Weigerung der AIMA, 17 000 t unverkauftes Fleisch — im Wert von 40 Milliarden ITL (etwa 20 Millionen EUR) — zu erwerben, vorgeschlagen, einen Teil des Fleisches (11 450 t) zu günstigen Preisen auf die Märkte von Entwicklungsländern zu bringen: Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Handelswert der Ware und ihrem Verkaufspreis (etwa 20 Milliarden ITL, also 50 % des üblichen Handelswertes) hätte zulasten der AIMA gehen müssen.

(9)

Im Anschluss an die Anmerkungen der Kommissionsdienststellen (vgl. das Schreiben vom 18. Februar 2000), nach denen sich die Beihilfe eher als eine Exportrückerstattung zur Deckung der Differenz zwischen dem Preis des Geflügels in den Entwicklungsländern und dem Preis auf dem italienischen Markt darstellte (eine Beihilfe, die sich aufgrund ihrer Art als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt, den Verpflichtungen der Gemeinschaft im Rahmen der weltweiten Organisation des Handels und der gemeinsamen Organisation der Märkte erwiesen hätte), haben die italienischen Behörden in ihrem Schreiben vom 10. August 2000 nicht mehr auf den anfänglichen Zweck der Beihilfe Bezug genommen, sondern waren der Meinung, dass die Verluste, welche die italienischen Geflügelzüchter erlitten haben, als durch außergewöhnliche Ereignisse (und nicht durch die normalen Risiken des Marktes) verursacht angesehen werden konnten und dass daher die Abweichung geltend gemacht werden konnte, die in Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags vorgesehen ist.

Die Maßnahme

(10)

Das fragliche Programm sieht einen Ausgleich für die Geflügelzüchter infolge des Rückganges der Preise und des Einbruches der Verkäufe vor, die auf die Dioxinkrise und auf die Panikstimmung zurückzuführen waren, die sich unter den Verbrauchern breit gemacht hat. Die Beihilfe entspricht der Differenz zwischen den Durchschnittspreisen in den Ländern, die nicht von der Dioxinkrise betroffen waren, und den italienischen Preisen während des Zeitraums von Juni bis Juli 1999 (dies ist derjenige Zeitraum, der zu Zwecken der Ausgleichszahlung berücksichtigt wird). Die Durchschnittspreise in den nicht von der Krise betroffenen Ländern (mit Ausnahme Italiens) betrugen laut Angabe der italienischen Behörden 137,89 EUR/100 kg im Monat Juni und 132,35 EUR/100 kg im Monat Juli. Die Differenz der Preise belief sich daher auf 53,966 EUR/100 kg für den Monat Juni und auf 46,218 EUR/100 kg für den Monat Juli (2). Die Beihilfe entspricht höchstens 21 150 ITL (10,92 EUR)/100 kg und 15 400 ITL (7,95 EUR)/100 kg. Die Beihilfe wird für das im Juni und Juli 2001 erzeugte und vermarktete Fleisch gewährt, so dass sich ein Gesamtbetrag von höchstens 10 329 138 EUR ergibt.

(11)

Zur Stützung dieses Argumentes haben die italienischen Behörden darauf hingewiesen, dass die Dioxinkrise nicht nur einen Rückgang der Produktion und des Handels (aufgrund der Störungen des Marktes infolge des Ereignisses), sondern auch einen starken Einbruch des Verzehrs von Geflügelerzeugnissen hervorgerufen hat. Auf der Grundlage der von den italienischen Behörden vorgelegten Daten ging es bei den Verkäufen zu einem herabgesetzten Preis um folgende Mengen: im Monat Juni 1999 34 700 000 kg Fleisch (gegenüber 52 000 000 kg im Juni 1998) und im Monat Juli 1999 30 200 000 kg (gegenüber 51 000 000 kg im Juli 1998 (3). Ungeachtet dessen, dass der UNA vorbeugende Maßnahmen getroffen hatte, die darauf gerichtet waren, eine Krise durch die Überproduktion von Geflügelfleisch zu vermeiden (die darin bestanden, dass im März Küken geschlachtet wurden, die in den folgenden Monaten zur Reife gelangt wären), hat es die Dioxinkrise verhindert, dass in diesem Sektor zufrieden stellende Ergebnisse erzielt wurden.

(12)

In ihren Schreiben vom 21. November 2000 und vom 28. Mai 2001 haben die italienischen Behörden Wert darauf gelegt, auf die äußerst wichtige Rolle hinzuweisen, die von den Nachrichtenmedien in den Monaten der Krise gespielt wurde: Die von ihnen geschaffene Unruhe hätte den starken Rückgang des Verzehrs von Geflügelfleisch noch verschlimmert (gegenüber dem vorherigen Jahr im Juni um 29,1 % geringer, um 10,1 % im Monat Juli, um 16,2 % im Monat August und auf das ganze Jahr gerechnet um 5,9 % geringer). Der Einbruch der Nachfrage hat zu einem starken Rückgang der Preise geführt, der im Juni und Juli besonders ausgeprägt war (– 30 % und -30,1 % gegenüber denselben Monaten des Vorjahres). Um dieser Situation zu begegnen, mussten die italienischen Erzeuger angesichts der Unmöglichkeit, es auf den Markt zu bringen, außerdem 4 150 t Hühnerfleisch im Juni, 9 271 t im Juli und 2 595 t im August einlagern.

(13)

Die Beihilfe sieht keine Entschädigung für die Beseitigung von Tieren oder Erzeugnissen tierischen Ursprunges vor, die nicht für den Verzehr und für die Vermarktung geeignet sind.

Die Höhe der Beihilfe

(14)

Der Höchstbetrag des vorgesehenen Zuschusses beträgt insgesamt 20 Milliarden ITL (10 329 138 EUR).

Zweifel, welche die Einleitung des Verfahrens veranlasst haben

(15)

Die Kommission hat das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des Vertrags eingeleitet, da sie Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Regelung mit dem gemeinsamen Markt hegte. Diese Zweifel betrafen die Möglichkeit, die Beihilfe, um die es sich handelt, einer Beihilfe gleichzustellen, die dazu bestimmt ist, die Verluste auszugleichen, die auf ein außergewöhnliches Ereignis zurückzuführen sind. Tatsächlich haben die italienischen Behörden Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags geltend gemacht, der festlegt, dass Beihilfen, die dazu bestimmt sind, von außergewöhnlichen Ereignissen verursachten Schäden zu begegnen, mit dem gemeinsamen Markt vereinbar sind. Die Anmeldung nimmt auf die Dioxinkrise als ein außergewöhnliches Ereignis Bezug.

(16)

Der Begriff des außergewöhnlichen Ereignisses ist im Vertrag nicht definiert, und die Kommission wendet diese Bestimmung Fall für Fall an, nachdem sie aufmerksam die spezifische Tatsache bewertet hat, um die es geht. Im Falle der Dioxinkrise, welche die Lebensmittel und das Tierfutter betraf, die in Belgien hergestellt wurden, hatte die Kommission in Anbetracht der Art und des Umfanges der Beschränkungen, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit in diesem Lande vorgeschrieben werden mussten, den Schluss gezogen, dass es sich um ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags handelte (4).

(17)

Es gibt weitere Präzedenzfälle, was die Definition eines außergewöhnlichen Ereignisses betrifft, vor allem im Rahmen verschiedener Beihilfen, die vom Vereinigten Königreich (5) in Bezug auf die BSE-Krise gewährt wurden. Die Kommission war zu dem Schluss gelangt, dass es sich insbesondere unter Berücksichtigung des Ausfuhrverbots für Rindfleisch und des Einbruches beim Verzehr von Rindfleisch infolge der Unsicherheit und der Unruhe, die von den Informationen über BSE hervorgerufen wurden, um ein außergewöhnliches Ereignis handelte. Es muss jedoch unterstrichen werden, dass sich die oben genannten Beispiele auf Länder beziehen, die direkt verwickelt waren (das Vereinigte Königreich bei BSE beziehungsweise Belgien bei Dioxin), und nicht wie in dem geprüften Fall um ein Land, in dem der Markt aufgrund der Sorgen der Verbraucher in Bezug auf das Dioxin gestört wurde.

(18)

In den genannten Fällen wurde die Entschädigung der Erzeuger wegen des Einkommensverlustes von der Kommission unter der Voraussetzung zugelassen, dass der Verlust von Marktanteilen und der Rückgang des Verbrauchs nicht nur von der Unruhe in der Gesellschaft, sondern auch von außergewöhnlichen Faktoren hervorgerufen wurden, die den normalen Handel mit den fraglichen Produkten behindert haben (von einer Reihe von Maßnahmen der öffentlichen Hand in Verbindung mit einem ganz und gar ungewöhnlichen Verhalten der Verbraucher und der Nachrichtenmedien). In den genannten Beschlüssen konnte man immer eine direkte und unmittelbare Beziehung zwischen der Gesamtheit der Tatsachen, die als außergewöhnliches Ereignis angesehen wurden, und den Verlusten feststellen, welche die Betriebe erlitten haben.

(19)

Obwohl die italienischen Behörden aufgefordert wurden, die Existenz einer Beziehung zwischen den Einkommensverlusten, welche die landwirtschaftlichen Erzeuger erlitten haben, und der Existenz eines außergewöhnlichen Ereignisses nachzuweisen, damit die Kommission die Entschädigung dieser Verluste nach Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags genehmigen konnte, ist es ihnen bisher nicht gelungen, eine überzeugende Erklärung abzugeben. Die schnelle Ausbreitung einer Panikstimmung in der Gesellschaft, die in einer starken Störung des Marktes, auf dem die italienischen Züchter tätig waren, im Verlust von Marktanteilen und infolgedessen im Rückgang des Umsatzes im Vergleich zu einer normalen Situation ihren Ausdruck gefunden hat, scheint — auf der Grundlage der gegenwärtig verfügbaren Informationen — für sich allein kein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des Vertrags darzustellen. Außerdem gibt es nichts, was darauf hinweist, dass seitens der nationalen Behörden oder derjenigen der Gemeinschaft Maßnahmen zu einem Stopp der Verkäufe getroffen worden wären.

(20)

Auch wenn man zu dem Schluss gelangte, anerkennen zu müssen, dass die „Medienwirkung“ in Italien angesichts der Empfindlichkeit der Bevölkerung auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit und der Existenz einer sehr kritischen Meinungsbewegung gegenüber den Produktionssystemen im Tierzuchtsektor stärker als in anderen europäischen Ländern war, scheinen diese Überlegungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszureichen, um das Bestehen des Charakters der Außergewöhnlichkeit des fraglichen Ereignisses zu beweisen.

(21)

Die Kommission fragte sich angesichts dessen, dass Italien im Unterschied zu Belgien nicht zu den Ländern gehörte, die direkt von der Dioxinkrise betroffen waren, eher, aus welchem Grund die italienischen Erzeuger sich nicht eine solche Situation zu Nutze machten und die Verkäufe landwirtschaftlicher Erzeugnisse im Ausland (oder auch auf dem Staatsgebiet) steigern konnten.

(22)

Ein weiterer zu klärender Aspekt besteht in der Behauptung der italienischen Behörden, nach der die Züchter das unverkaufte Fleisch tiefgefrieren mussten (4 150,8 t im Juni, 9 271,3 t im Juli und 2 595,9 t im August). Auf der Grundlage dieser Behauptung konnte man nicht ausschließen, dass diese Operation den Verkauf der während der Dauer der Krise unverkauft gebliebenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht hätte. In diesem Falle wären die Verluste sehr viel begrenzter als diejenigen, die im Rahmen der Prüfung des Falles deklariert wurden. Außerdem war die Kommission nicht in der Lage festzustellen, ob die Fleischmenge aufgrund des Rückganges der Nachfrage unverkauft geblieben war, den die Angst vor enthaltenem Dioxin verursacht hatte, oder durch Überproduktion, die auf eine fehlerhafte Einschätzung der Nachfrage im Sommer zurückzuführen war.

(23)

Auf der Grundlage der oben dargestellten Überlegungen konnte die Kommission nicht ausschließen, dass es sich um eine Beihilfe handelte, die allein bezweckte, die finanzielle Lage der Erzeuger zu verbessern, ohne in irgendeiner Weise zur Entwicklung des Sektors beizutragen, eine Beihilfe, die darüber hinaus nur auf der Grundlage des Preises, der Menge oder der Produktionseinheit gewährt wurde, in anderen Worten also eine Beihilfe, die einer Betriebsbeihilfe gleichgestellt werden muss und die infolgedessen im Sinne von Punkt 3.5 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (nachstehend „Gemeinschaftsrahmen“) mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar ist (6).

(24)

Die Kommission hatte daher Zweifel hinsichtlich des Bestehens einer Beziehung zwischen den Einkommensverlusten, welche die Erzeuger im italienischen Geflügelzuchtsektor erlitten hatten, und dem Vorliegen eines außerordentlichen Ereignisses zum Ausdruck gebracht sowie hinsichtlich der Frage, ob die geprüften Beihilfen die Bedingungen erfüllten, um nach Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) oder Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) des Vertrags genehmigt oder als mit dem Gemeinschaftsrahmen vereinbar erklärt zu werden.

III.   ANMERKUNGEN ITALIENS

(25)

In ihrem Schreiben vom 24. Oktober 2001 (eingegangen am 26. Oktober 2001) haben die italienischen Behörden vor allem unterstrichen, dass der Rückgang des Verzehrs von Geflügelerzeugnissen in den Monaten Juni, Juli und August sowie in bescheidenerem Maße bis Ende Dezember 1999 in dem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens nicht in Frage gestellt wurde.

(26)

Da die Kommission die Verluste bei Verkäufen und durch Rückgang der Preise nicht in Zweifel gezogen hatte, war es nach Meinung der italienischen Behörden nur notwendig, die Verbindung zwischen diesen Verlusten und der Dioxinkrise nachzuweisen. Diese Verbindung wäre durch die Tatsache bewiesen, dass die ersten Nachrichten vom „Dioxinhuhn“ am 28. Mai 1999 um 19 Uhr 00 verbreitet wurden und dass der plötzliche Rückgang der Verkäufe vom Monat Juni 1999 an stattgefunden hat (ein Rückgang der Verkäufe um 29 % im Vergleich zu Juni 1998). Die Entwicklung des Verbrauchs in Italien hätte einen Verlauf parallel zu der Panikstimmung genommen, die von den Nachrichtenmedien geweckt wurde; dabei kam es zu einem starken Rückgang der Verkäufe während der ersten Verbreitung der Informationen über das Dioxin, einer Erholung im Monat Juli, als sich das Interesse der Medien abgeschwächt hatte, und einem fortgesetzten Rückgang der Verkäufe im Monat August infolge der Verbreitung des Beschlusses der Europäischen Union, den in einigen Produkten zulässigen Höchstgehalt von Dioxin zu verdoppeln. Vom Monat September an hätten die Massenmedien dem Ereignis immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt, und der Verbrauch von Geflügelerzeugnissen hätte sich allmählich normalisiert.

(27)

Infolgedessen ist es für die italienischen Behörden nicht zu leugnen, dass es eine Verbindung zwischen der Alarmstimmung in der Gesellschaft, die sich infolge der Informationen über das Dioxin in Belgien ausgebreitet hat, und dem Rückgang des Verbrauches und des Preises gibt.

(28)

Es bliebe daher die Tatsache nachzuweisen, dass die Dioxinkrise, die in Italien aufgetreten ist, als ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags angesehen werden kann. In Anbetracht der Art und des Umfanges der zum Schutz der öffentlichen Gesundheit auferlegten Beschränkungen hätte die Kommission zugegeben, dass die in Belgien ausgebrochene Dioxinkrise ein außergewöhnliches Ereignis ist. Es ist richtig, dass Italien nicht direkt von der Dioxinkrise betroffen war; die italienischen Behörden vertreten jedoch die Meinung, dass man nicht leugnen kann, dass die Auswirkungen der Krise die Landesgrenzen überschritten und auch benachbarte Länder wie zum Beispiel Italien betroffen haben.

(29)

Die italienischen Behörden vertreten die Meinung, dass jeder Vorfall, der wie Naturkatastrophen nicht vorhersehbar oder schwer vorhersehbar ist, ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags darstellt. Es ist daher notwendig, das Ereignis an sich zu berücksichtigen und nicht die getroffenen Maßnahmen, um der Krisensituation zu begegnen, die nur eine Folge des Ereignisses selbst sind. Im Übrigen hätte die Kommission im Falle von BSE im Vereinigten Königreich den außergewöhnlichen Charakter des Ereignisses unter Bezugnahme auf das Ausfuhrverbot für das Fleisch, vor allem aber aufgrund des Rückganges des Verzehrs von Rindfleisch anerkannt, der von der Ungewissheit und von den Ängsten ausgelöst wurde, die von den Informationen über BSE geschürt wurden. Dieselbe Situation wäre 1999 in Italien infolge der Dioxinkrise aufgetreten. Das Ausfuhrverbot im Vereinigten Königreich hat keine großen Auswirkungen auf den Rückgang des Verbrauchs gehabt, denn auch ohne dieses Verbot hätten die ausländischen Verbraucher (wie auch die englischen Verbraucher selbst) in jedem Fall den Verzehr von Rindfleisch eingeschränkt, und dadurch wurde verhindert, dass im Ausland irgendein anderer Absatzmarkt für diese Produkte zu finden gewesen wäre. Im Falle von Dioxin im Jahre 1999 müsste man hinzufügen, dass alle Drittländer in demselben Zeitraum die Einfuhr von Geflügelfleisch, das aus der EU stammt, verboten haben.

(30)

Der Grund, aus dem sich die italienischen Erzeuger nicht anderen Märkten im Ausland zugewandt oder sich nicht des italienischen Marktes bedient hätten, würde also in dem länderübergreifenden Charakter eines Ereignisses beruhen, das bei Weitem die Grenzen Belgiens überschritten hat.

(31)

Die Erlöse einiger italienischer Geflügelzuchtbetriebe im Zeitraum von Juni bis August 1999 würden nach Meinung der italienischen Behörden klar und deutlich auf diesen Rückgang der Preise und der Verkäufe hindeuten.

IV.   RECHTLICHE WÜRDIGUNG

Vorliegen einer Beihilfe

(32)

Im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 des Vertrags sind in dem Maße, wie sie sich auf den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten auswirken, Beihilfen mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, die von den Staaten oder mithilfe staatlicher Mittel in irgendeiner Form gewährt werden, so dass sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, indem sie einige Unternehmen oder einige Produktionsformen begünstigen.

(33)

In der Verordnung (EG) Nr. 2777/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Geflügel (7) heißt es in Artikel 19, dass vorbehaltlich gegenteiliger Bestimmungen derselben Verordnung die Artikel 87, 88 und 89 des Vertrags auf die Erzeugung und die Vermarktung der Produkte anwendbar sind, die in dieser Verordnung behandelt werden.

(34)

Die geplante Maßnahme sieht die Zahlung öffentlicher Zuschüsse an einige Betriebe vor, und die entsprechende Beihilfe (die sich auf 20 Milliarden ITL beläuft) würde selektiv Züchtern gewährt, von denen angenommen wird, dass sie Schäden erlitten haben, die sich aus der Dioxinkrise ergeben. Außerdem begünstigt die vorgesehene Maßnahme einige Produktionsformen (diejenigen des Sektors der Geflügelzucht), und sie kann angesichts des Anteils, den Italien an der gesamten Geflügelproduktion der Union hat (13,2 %), den Handel beeinflussen. Im Jahre 2001 entfielen auf die italienische Geflügelproduktion brutto 1 134 000 t von den insgesamt 9 088 000 t der EU-15 (8).

(35)

Im vorliegenden Fall handelt es sich daher um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 des Vertrags.

Vereinbarkeit der Beihilfe

(36)

Das Verbot der Gewährung staatlicher Beihilfen gilt nicht bedingungslos. Im vorliegenden Falle haben die italienischen Behörden die Ausnahmen nach Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) geltend gemacht. Der Vertrag sieht vor, dass als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar Maßnahmen im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) angesehen werden können, die dazu bestimmt sind, Schäden abzuhelfen, die von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Ereignissen verursacht wurden.

(37)

Der Vertrag liefert keine Definition eines „außergewöhnlichen Ereignisses“, und es ist daher erforderlich zu prüfen, ob die „Dioxinkrise“ in Italien einem außergewöhnlichen Ereignis im Sinne von Artikel 87, Absatz 2, Buchstabe b), des Vertrags gleichgestellt werden kann.

(38)

Nach Maßgabe des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (9) war die Kommission bei der Bewertung der Beihilfen, die dazu bestimmt sind, Verluste auszugleichen, die sich aus Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen ergeben, logischerweise der Meinung, dass die Begriffe „Naturkatastrophe“ und außergewöhnliches Ereignis, auf die sich Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags bezieht, restriktiv ausgelegt werden müssen, denn diese stellen Ausnahmen von dem allgemeinen Prinzip der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem gemeinsamen Markt dar, das in Artikel 87 Absatz 1 bekräftigt wird. Bisher hat die Kommission Erdbeben, Lawinen, Erdrutsche und Überschwemmungen als Naturkatastrophen angesehen. Als außergewöhnliche Ereignisse wurden Krieg, innere Unruhen und Streiks sowie mit einigen Vorbehalten und in Abhängigkeit von ihrem Umfang schwere kerntechnische oder industrielle Zwischenfälle und Brände akzeptiert, die ausgedehnte Schäden anrichten. Dagegen hat die Kommission einen Brand nicht als außergewöhnliches Ereignis anerkannt, der in einem einzigen Verarbeitungsbetrieb ausgebrochen und von einer normalen Geschäftsversicherung gedeckt war. Im Allgemeinen hält die Kommission das Auftreten von Tierseuchen oder Pflanzenkrankheiten nicht für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Ereignisse, wenn die Kommission auch in einem Fall die ausgedehnte Verbreitung einer bisher unbekannten Tierkrankheit als außergewöhnliches Ereignis anerkannt hat. Aufgrund der Schwierigkeiten, diese Ereignisse vorauszusehen, wird die Kommission Vorschläge zur Gewährung von Beihilfen nach Maßgabe von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags weiterhin von Fall zu Fall bewerten und dabei die Praxis berücksichtigen, die in dem Sektor zuvor angewandt wurde. Diese von Fall zu Fall angestellte Analyse ist im Zusammenhang mit einer Beihilfe besonders notwendig, die in einem empfindlichen Sektor wie dem des Geflügels gewährt wird, in dem jede Maßnahme, die in die Märkte eingreift, den Maßnahmen entgegenstehen könnte, die in der gemeinsamen Marktorganisation vorgesehen sind.

(39)

Die Kommission kann im Allgemeinen nicht akzeptieren, dass die chemische Kontamination von Lebensmitteln, die zum Verzehr durch den Menschen vorgesehen sind, als solche ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags darstellen könnte. Im Gegenteil, die Gefahr einer Kontamination ist eine Folge der Tatsache, dass nicht die ganze Lebensmittelkette entlang höchste Qualitätsniveaus gewährleistet sind.

(40)

Im Falle der Dioxinkrise in Belgien wurden zahlreiche Elemente in Betracht gezogen, um den Schluss zu ziehen, dass diese Krise ein außergewöhnliches Ereignis darstellte. Vor allem hat die Kommission die Fülle der Maßnahmen in Betracht gezogen, die getroffen wurden, um der Krise zu begegnen und die menschliche Gesundheit zu schützen; dazu zählten das Verbot, Geflügelfleisch auf den Markt zu bringen und im Einzelhandel zu vertreiben, das Verbot des Handels mit einigen Erzeugnissen tierischen Ursprunges, die für den menschlichen und tierischen Verzehr bestimmt sind, und ihrer Ausfuhr in Drittländer sowie die Auferlegung einer Reihe von Bedingungen, welche die Überwachung, die Rückverfolgung und die Kontrolle der fraglichen Erzeugnisse umfasste (10). Die Feststellung eines außergewöhnlichen Ereignisses stützt sich daher auf zwei Elemente, nämlich die Ankündigung und die daraus folgende Umsetzung von Notmaßnahmen und die Unmöglichkeit, die Produktion abzusetzen, was die belgischen Erzeuger in eine Krise gestürzt hat. Diese Krise unterschied sich aufgrund ihrer Merkmale und aufgrund der Auswirkungen auf die betroffenen Betreiber deutlich von der üblichen Situation und stand außerhalb der normalen Marktbedingungen. Die rasche Ausbreitung einer Panikstimmung unter den Verbrauchern und das Embargo, das von verschiedenen Drittländern gegen Tiere und Erzeugnisse tierischen Ursprunges aus Belgien verhängt wurde, haben dazu beigetragen, die Krise zu nähren, und sie haben in einer starken Störung des Marktes ihren Ausdruck gefunden, auf dem die belgischen Erzeuger mit dem Verlust von Marktanteilen und infolgedessen mit dem Rückgang des Umsatzes operierten, der in einer normalen Marktsituation vorauszusehen war.

(41)

Weder die chemische Kontamination der Erzeugnisse noch der Rückgang der Verkäufe hätten für sich allein ausgereicht, den Schluss zu ziehen, das Ereignis wäre durch Außergewöhnlichkeit gekennzeichnet gewesen; diese ergab sich aus der Kombination der bedeutenden restriktiven Maßnahmen gegenüber der Vermarktung und der Ausfuhr dieser Erzeugnisse sowie dem Rückgang der Verkäufe und der Preise. Die Alarmstimmung in der Gesellschaft und die Reaktionen der Verbraucher auf die Kontamination des Geflügelfleisches durch Dioxin haben zu der Außergewöhnlichkeit des Ereignisses beigetragen.

(42)

Im Falle der italienischen Erzeuger ist festzustellen, dass keine restriktive Maßnahme gegen den Verkauf und die Ausfuhr und auch keine restriktive Maßnahme zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher getroffen wurde, da das Land nicht direkt von der Krise betroffen war. Der einzige unvorhersehbare und den Markt störende Faktor war die Ausbreitung der Panikstimmung in der Gesellschaft und die Reaktion der Verbraucher auf eine Kontamination, die andernorts aufgetreten war.

(43)

Die Situation in Italien kann nicht mit derjenigen in den Ländern verglichen werden, die direkt von der Krise betroffen waren; in der Tat wurde die Dioxinkrise zu einem außergewöhnlichen Ereignis in Belgien und nicht grundsätzlich zu einem außergewöhnlichen Ereignis erklärt. Wie schon in den Randnummern 35 bis 38 unterstrichen, stellten die bloße chemische Kontamination der Lebensmittel, die für den Verzehr durch den Menschen bestimmt sind, oder die Verbreitung einer Alarmstimmung in der Gesellschaft für sich allein noch kein außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags dar.

(44)

Die italienischen Behörden haben auch auf die erste BSE-Krise im Vereinigten Königreich Bezug genommen. In diesem Falle war die außerordentliche Situation des Rindfleischsektors auf das totale Verbot der Ausfuhr von lebenden Tieren und von Rindfleisch aus dem Vereinigten Königreich in europäische Länder und in Drittländer zurückzuführen. Die Auswirkungen der im Rahmen der BSE-Krise getroffenen Marktmaßnahmen haben im Vereinigten Königreich daher eine Dimension wie niemals zuvor erreicht. Unter den in Reaktion auf diese Krise getroffenen Maßnahmen erinnerte die Kommission an die Existenz eines vollständigen Embargos für britisches Fleisch sowie sämtliche daraus abgeleiteten Erzeugnisse, die in die Nahrungskette von Menschen und Tieren gelangen können, sowie einen nie da gewesenen Einbruch beim Verzehr von Fleisch im Inland. Der Einbruch des Verbrauches hing mit den einschneidenden Marktbeschränkungen zusammen, und dies hat zu einer Situation geführt, die als außergewöhnlich bezeichnet werden konnte.

(45)

Außerdem hat die Kommission in den neueren BSE-Fällen in Europa bekräftigt (11), dass der Rückgang der Verkäufe oder der Einkünfte nicht als außergewöhnlich angesehen wird. Der Einbruch der Verkäufe wird als die Folge eines außergewöhnlichen Ereignisses angesehen, das sich aus der seltenen Kombination verschiedener Faktoren ergibt. Wie in den oben genannten Fällen wurden die Beihilfen, die dazu bestimmt waren, einem außergewöhnlichen Ereignis im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags zu begegnen, in den direkt betroffenen Ländern gewährt, in denen verschiedene Faktoren zu der Außergewöhnlichkeit der Krise beigetragen haben: die für die landwirtschaftlichen Erzeuger in Europa äußerst negativen Auswirkungen, die Panikstimmung in der Gesellschaft, die sich unter den Verbrauchern verbreitet hatte, und das von vielen Drittländern gegenüber den Tieren und den Fleischerzeugnissen, die aus der EU stammen, verhängte Embargo sowie eine Reihe von Zwischenfällen, die sich der Kontrolle der Züchter entzogen und die dazu beigetragen haben, die Krisensituation zu verschärfen und Ängste unter den Verbrauchern zu verbreiten. Dies ist in einer starken Störung des Marktes, auf dem die europäischen Erzeuger operieren, mit dem daraus folgenden Verlust von Marktanteilen und damit dem Rückgang des bei normaler Marktsituation zu erwartenden Umsatzes zum Ausdruck gekommen.

(46)

Ein wichtiges Element, das die Kommission zur Anerkennung der genannten Krise als außergewöhnliches Ereignis in Betracht gezogen hat, waren die Stabilität und das Gleichgewicht des Rindfleischmarktes vor dem Ausbruch der Krise. Wie dies jedoch nachstehend belegt ist (vgl. Randnr. 52 bis 55) und wie die italienischen Behörden selbst erklärt haben (vgl. die Schreiben vom 28.8.2000 und vom 15. November 2000), galt dies nicht für den Geflügelmarkt in Italien, der bereits einen Produktionsüberschuss und ein Nachgeben der Preise verzeichnete.

(47)

In allen oben genannten Fällen und insbesondere denjenigen, die von den italienischen Behörden zitiert wurden, ist das außergewöhnliche Ereignis in dem betroffenen Land eingetreten und hat zu einer Reihe von restriktiven Maßnahmen zur Markt- und Gesundheitskontrolle geführt, zu denen der Einbruch der Verkäufe und der Preise der fraglichen Erzeugnisse hinzugekommen ist.

(48)

Außerdem muss ein außergewöhnliches Ereignis mindestens die Merkmale eines Vorfalles aufweisen, der sich wegen seiner Art und wegen seiner Wirkung auf die betroffenen Betreiber deutlich von der üblichen Situation unterscheidet und außerhalb der normalen Marktbedingungen angesiedelt ist. Die bloße Unvorhersehbarkeit des Ereignisses oder die Schwierigkeit, es vorherzusehen, können ein Element der Außergewöhnlichkeit des Ereignisses sein, sind allein aber nicht ausreichend, um es im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags für „außergewöhnlich“ zu erklären.

(49)

Im vorliegenden Falle unterscheidet sich der mutmaßliche Rückgang der Verkäufe nicht von anderen Ereignissen, die sich wie zum Beispiel die Schließung eines Exportmarktes auf die Nachfrage auswirken. Auch dieses Ereignis ist unvorhersehbar, fällt aber in den Rahmen des normalen geschäftlichen Risikos eines Betriebs und hätte daher keinen Charakter der Außergewöhnlichkeit im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags.

(50)

Nach Angabe der italienischen Behörden hatten die italienischen Erzeuger keine anderen Absatzmärkte, da sich die Krise weit über die belgischen Grenzen hinaus verbreitet hat und der Rückgang des Verzehrs von Geflügelfleisch überall in Europa aufgetreten ist.

(51)

Nun sind im Einklang mit den Daten, die der Kommission zur Verfügung stehen, die Ausfuhren von Geflügelfleisch innerhalb der Gemeinschaft in den Monaten Juni und August 1999 im Vergleich zu der jährlichen Tendenz konstant geblieben oder gegenüber 1998 sogar gestiegen. Die Ausfuhren innerhalb der Gemeinschaft im Monat Juli sind ihrerseits höher als die Tendenz, die im Jahre 1999 und im entsprechenden Monat des vorhergehenden Jahres verzeichnet wurde. Obwohl es nicht ausreicht, um den gesamten Überschuss an unverkauften Produkten abzusetzen, der von den italienischen Behörden deklariert wurde, hat diese Zunahme die Auswirkungen der Krise auf die Erzeuger vermindert und es ihnen erlaubt, einen Teil der Produktion auf dem Markt der Gemeinschaft zu verkaufen. Die italienischen Behörden haben keine Zahl zum Beweis des Mangels an anderen Absatzmöglichkeiten auf dem Markt der Gemeinschaft vorgelegt und sich darauf beschränkt, nur zu behaupten, dass aufgrund der Krise auch in den anderen Ländern der Verbrauch von Hühnerfleisch zurückgegangen wäre. Nach Angabe der Behörden selbst hätten jedoch einige Länder (wie zum Beispiel Dänemark, Griechenland, Spanien, Irland, Österreich, Portugal, Finnland, Schweden, das Vereinigte Königreich) aufgrund der Tatsache, dass sie nicht von der Krise betroffen waren, als Bezug genommen werden können, um Vergleichspreise festzulegen (vgl. Randnr. 7). Sie hätten daher Abnehmer zumindest eines Teils dieser Überschussproduktion sein können.

(52)

Nach der von der Kommission bei Anwendung von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags im landwirtschaftlichen Sektor betriebenen Politik muss außerdem jeder überhöhte Ausgleich von Verlusten ausgeschlossen werden.

(53)

Der von den italienischen Behörden vorgesehene Ausgleichsmechanismus stützt sich auf eine Beihilfe für das Fleisch, das in den Monaten Juni und Juli 1999 erzeugt und vermarktete wurde, berechnet auf der Grundlage des Unterschieds zwischen den Durchschnittspreisen der nicht von der Krise betroffenen Länder und den italienischen Durchschnittspreisen. Dieser Unterschied beläuft sich laut Angabe der italienischen Behörden auf 53,966 EUR/100 kg für den Monat Juni und auf 46,218 EUR/100 kg für den Monat Juli. Die Beihilfe entspricht 21 150 ITL (10,92 EUR)/100 kg und 15 400 ITL (7,95 EUR)/100 kg.

(54)

Diese Methode der Berechnung wirft zwei Probleme auf. Erstens geht es um die Behauptung der italienischen Behörden, nach der die Züchter das unverkaufte Fleisch tiefgefrieren mussten (12). Dies hätte es erlaubt, zu einem späteren Zeitpunkt die während der Dauer der Krise unverkauft gebliebenen Geflügelerzeugnisse abzusetzen, und die Verluste wären begrenzter gewesen, als dies im Zusammenhang mit der Prüfung des Falles deklariert wurde. Die italienischen Behörden haben diesen Punkt nicht erläutert. Infolgedessen ist die Gefahr eines überhöhten Ausgleiches der Verluste durch einen späteren Verkauf eines Teils der Produktion zu Preisen nicht auszuschließen, die sich wahrscheinlich normalisiert haben. Außerdem haben die italienischen Behörden erklärt, dass im Monat Juni 1999 Hühner für 43 170,1 t Fleisch und im Juli für 47 485,9 t, also insgesamt 90 656 t geschlachtet wurden (vgl. das Schreiben vom 15. November 2000), während sich die verkauften Mengen auf 34 700 000 kg Fleisch im Monat Juni 1999 und auf 30 200 000 kg im Monat Juli, also auf 64 900 t beliefen. Tiefgefroren wurden 4 150,8 t Fleisch im Juni und 9 271,3 t im Juli, also 13 422,1 t.

(55)

Später nimmt Italien Bezug auf die Durchschnittspreise der anderen europäischen Länder, die nicht von der Krise betroffen waren, ohne die Tatsache, dass die Preise in Italien schon vor Juni 1999 zurückgegangen waren, und ohne die Unbeständigkeit der Preise für Geflügelfleisch zu berücksichtigen. Diese Entwicklung ergibt sich für die Jahre 1998, 1999 und 2000 (13) und für Italien aus der nachstehenden Tabelle:

Marktpreise pro Monat, ganze Hühner,

EUR/100 kg

Image

(56)

Wenn man sich an die Erklärung der italienischen Behörden hält, litt der Sektor des Geflügelfleisches bereits an einer Überproduktion, und im März hatten die Erzeuger daher beschlossen, eine Teil der Hühner zu töten, die für die Schlachtung in den Monaten April und Mai vorgesehen waren, um das Fleischangebot im Juni um 4,8 % herabzusetzen. Aufgrund der Dioxinkrise wurden laut Angabe der italienischen Behörden 10 % der Produktion im Juni nicht geschlachtet und auf den Markt gebracht, sondern auf die Monate Juli und August verschoben, so dass es in diesen beiden Monaten zu einem größeren Angebot kam. Auf der Grundlage der Daten, die der Kommission zur Verfügung stehen, ist die Zahl der Küken, die der Aufzucht zugeführt wurden, in den Monaten Februar, März und April tatsächlich gestiegen, so dass die Zunahme der Produktion im Monat Juni auf 5,6 % geschätzt werden kann.

(57)

Die Daten, die sich auf die Schlachtung der Hühner in dem Zeitraum Mai bis August 1999 beziehen, weisen im Vergleich zu denselben Monaten des Vorjahres darauf hin, dass im Mai 1999 eine Zunahme der Schlachtung und daher des Angebots an Hühnern um fast + 9 % zu verzeichnen war, dass das Angebot im Juni 1999 im Vergleich zu Juni 1998 um - 10 % zurückgegangen ist und dass im Juli fast 10 % mehr Hühner geschlachtet wurden als 1998. Diese zunehmende Tendenz des Angebots setzt sich im Monat August 1999 fort (+6,5 %). Angesichts dessen, dass die Preise tendenziell dem Verlauf des Angebots folgen, könnte daraus auf einen Rückgang der Preise gegenüber den Preisen im April geschlossen werden, die aufgrund der Überproduktion schon niedriger als im europäischen Durchschnitt waren. Infolgedessen würde ein Vergleich zwischen den Preisen der Hühner in Italien in den Monaten Juni und Juli und den Preisen der Länder, die nicht von der Dioxinkrise betroffen waren, zu einer Überschätzung des mutmaßlichen Wertes der Hühner in Italien führen.

(58)

Angesichts der Veränderlichkeit der Preise von Hühnern in Italien und der Abwärtstendenz der Preise schon vor dem Ausbruch der Dioxinkrise wäre ein Vergleich zwischen den Preisen der Verkäufe im Juni 1999 und im Juni 1998 nicht korrekt und würde die Überproduktion, die auf dem italienischen Geflügelmarkt bereits vorlag, und den daraus folgenden Rückgang der Preise, der bereits zu verzeichnen war, nicht widerspiegeln. Die Erklärung der italienischen Behörden, nach der die Erzeuger bereits Maßnahmen zur Korrektur getroffen hätten, indem sie im Monat März die Küken vorzeitig töteten, die in den Monaten April und Mai geschlachtet werden sollten, um das Angebot in den Monaten Juni und Juli zu verringern, steht im Widerspruch zu den Daten, die sich auf die der Aufzucht zugeführten Küken beziehen, und damit zu der Schätzung der Produktion, die auf eine Zunahme des Angebots im Monat Juni und einen geringen Rückgang (1,6 %) im Monat Juli hinweist. Auf der Grundlage dieser Umstände wäre jede Vorhersage der Verkaufspreise in den Monaten Juni und Juli 1999 (im Vergleich zu den Preisen im Juni 1998 oder den Preisen, die in den anderen europäischen Ländern zu verzeichnen waren, die nicht von der Dioxinkrise betroffen waren) fraglich.

(59)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass angesichts dessen, dass die Panikstimmung in der Gesellschaft für sich allein keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags darstellt und dass die von den italienischen Behörden vorgeschlagene Methode zur Berechnung der Verluste zu einer Überbewertung der Verluste führen könnte, welche die italienischen Geflügelfleischerzeuger erlitten haben, die Regelung auf der Grundlage von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) nicht als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann.

(60)

Auch wenn man die Beihilfe im Lichte von Artikel 87 Absatz 3 des Vertrags prüft, kann man nur zu dem Schluss gelangen, dass sie mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) ist nicht anwendbar, da die Beihilfe nicht dazu bestimmt ist, die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen zu fördern, in denen der Lebensstandard ungewöhnlich niedrig ist und eine starke Unterbeschäftigung vorliegt.

(61)

Was Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b) betrifft, ist die fragliche Beihilfe nicht dazu bestimmt, die Durchführung eines bedeutenden Projektes von gemeinsamem europäischem Interesse zu fördern oder einer schweren Störung der Wirtschaft eines Mitgliedsstaates abzuhelfen.

(62)

Unter Bezugnahme auf Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b) des Vertrags betrifft die fragliche Beihilfe nicht die Ziele, die in dem Artikel selbst angegeben sind.

(63)

Was Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) des Vertrags betrifft, so findet, da das fragliche Gesetz von den italienischen Behörden gemäß Artikel 88 Absatz 3 zur Beurteilung ordnungsgemäß angemeldet wurde, der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (14) (nachstehend: Gemeinschaftsrahmen) Anwendung. Denn laut Ziffer 23.3 des Gemeinschaftsrahmens gilt dieser auch für neue staatliche Beihilfen mit Wirkung vom 1. Januar 2000, wenn sie von den Mitgliedsstaaten bereits angemeldet wurden, die Kommission aber noch nicht darüber entschieden hat.

(64)

Die Beihilfen, die dazu bestimmt sind, Einnahmeverluste auszugleichen, die von Tierseuchen hervorgerufen werden, sind in Ziffer 11.4 geregelt. Die Entschädigung kann einen angemessenen Ausgleich der entgangenen Gewinne unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, die sich auf die Ersetzung des Viehs oder auf die Wiederanpflanzung beziehen, und der Quarantäne oder der anderen Wartezeiten umfassen, die von den zuständigen Behörden vorgeschrieben oder empfohlen wurden, um die Eliminierung der Krankheit zu ermöglichen, bevor das Vieh oder die Kulturen ersetzt werden. Eine notwendige Bedingung für die Gewährung der Beihilfe ist daher die obligatorische Tötung der Tiere auf die Anordnung der Gesundheits- oder Veterinärbehörden hin im Rahmen eines Plans, der darauf abzielt, die Tierseuche zu verhüten oder zu bekämpfen.

(65)

Aus der gemeldeten Maßnahme ergibt sich klar und deutlich, dass die Gesundheits- oder Veterinärbehörden keine Anordnung zur Schlachtung der Tiere im Rahmen eines Plans erlassen haben, der darauf abzielt, die Tierseuche zu verhüten oder zu bekämpfen, da die italienischen Betriebe von der chemischen Kontamination nicht betroffen waren. Die geprüfte Maßnahme erfüllt daher nicht die Bedingungen von Ziffer 11.4 des Gemeinschaftsrahmens.

(66)

Angesichts dieser Darlegungen kann die Beihilfe zugunsten der Betriebe, die im Bereich der Geflügelproduktion tätig sind, nicht als eine Beihilfe angesehen werden, die zum Ausgleich der Schäden bestimmt ist, die von einem außergewöhnlichen Ereignis im Sinne von Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe b) verursacht wurden, und auch nicht als eine Beihilfe, die in den Genuss einer der Ausnahmen kommen könnte, die in Artikel 87 Absatz 3 vorgesehen ist. Die fraglichen Beihilfen sind daher als Betriebsbeihilfen anzusehen; sie sind nach Maßgabe von Ziffer 3.5 des Gemeinschaftsrahmens mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar (15).

(67)

Die Beihilfe stellt außerdem eine Verletzung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 2777/75, wonach für die Produkte, auf die sich ihr Artikel 1 bezieht, nur die nachstehenden Maßnahmen getroffen werden dürfen: Maßnahmen, die darauf abzielen, eine bessere Organisation der Produktion, der Verarbeitung und der Vermarktung zu fördern; Maßnahmen, die darauf abzielen, ihre Qualität zu verbessern; Maßnahmen, die darauf abzielen, die Erstellung kurz- und langfristiger Prognosen anhand der Kenntnis der eingesetzten Produktionsmittel zu ermöglichen; Maßnahmen, die darauf abzielen, die Feststellung der Entwicklung der Preise auf dem Markt für die genannten Produkte zu erleichtern. Um außerdem die Beschränkungen des freien Warenverkehrs zu berücksichtigen, die sich aus dem Treffen von Vorkehrungen ergeben müssten, die dazu bestimmt sind, die Ausbreitung von Krankheiten der Tiere zu bekämpfen, können im Einklang mit dem Verfahren, auf das sich Artikel 17 bezieht, auch außergewöhnliche Maßnahmen zur Stützung des Marktes getroffen werden, der von diesen Beschränkungen betroffen ist. Die genannten Maßnahmen dürfen nur in dem Maße und für die Dauer getroffen werden, wie dies zur Stützung dieses Marktes unbedingt erforderlich ist. Im vorliegenden Fall wurde von Italien keine der genannten Maßnahmen getroffen; daraus folgt, dass jede andere öffentliche Beihilfe nur nach Maßgabe der Artikel 87 bis 89 des Vertrags gewährt werden darf. Wie dies im vorstehenden Absatz angegeben ist, entspricht die fragliche Beihilfe nicht den Vorschriften, welche die staatlichen Beihilfen regeln, und sie ist daher mit dem gemeinsamen Markt nicht vereinbar.

V.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(68)

Angesichts dessen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die in dem A.I.M.A.-Programm zugunsten des Geflügelsektors vorgesehenen Beihilfen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 darstellen, die nicht in den Genuss einer der Ausnahmen kommen können, die in Artikel 87 Absatz 2 oder in Artikel 87 Absatz 3 vorgesehen sind.

(69)

Das Programm wurde nach Artikel 88 Absatz 3 des Vertrags gemeldet, dem zufolge der Mitgliedsstaat die geplante Maßnahme erst nach der Genehmigung durch die Europäische Kommission durchführen darf, so dass es keinen Grund gibt, die Rückforderung der Beihilfen zu verlangen —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfen, die Italien auf der Grundlage des nationalen Programms der A.I.M.A.-Interventionen für 1999 gewähren will, sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar.

Italien darf die fraglichen Beihilfen nicht gewähren.

Artikel 2

Italien teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Verabschiedung dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die getroffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Republik Italien gerichtet.

Brüssel, den 19. Mai 2004.

Für die Kommission

Franz FISCHLER

Mitglied der Kommission


(1)  Amtsblatt C 254 vom 13.9.2001, S. 2.

(2)  Die herabgesetzten Preise in Italien betrugen 83,924 EUR/100 kg beziehungsweise 86,132 EUR/100 kg.

(3)  Einschließlich der Mengen an Erzeugnissen, die von Familien und Kollektiven erworben wurden.

(4)  Vgl. insbesondere ihre Beschlüsse, die im Rahmen der staatlichen Beihilfen NN 87/99, NN 88/99, NN 89/99, N 380/99, N 386/99 und NN 95/99, N 384/99 gefasst wurden.

(5)  Vgl. die staatlichen Beihilfen N 299/96, N 290/96, N 278/96 und N 289/96.

(6)  Amtsblatt C 232 vom 12.8.2000.

(7)  Amtsblatt L 282 vom 1.11.1975, S. 77.

(8)  Quelle: Eurostat und Europäische Kommission.

(9)  Amtsblatt C 28 vom 1.2.2000, S. 2.

(10)  Diese Maßnahmen haben in drei Beschlüssen der Kommission ihren Ausdruck gefunden: Beschluss 1999/363/EG der Kommission vom 3. Juni 1999 über den Schutz einiger Erzeugnisse tierischen Ursprunges, die für den menschlichen oder tierischen Verzehr bestimmt sind, vor der Kontamination durch Dioxin (Amtsblatt L 141 vom 4.6.1999, S. 24). Diese Maßnahmen betrafen insbesondere das Geflügelfleisch und sämtliche Erzeugnisse, die wie zum Beispiel Eier und Eiprodukte, Fette, tierisches Eiweiß, für die Ernährung bestimmte Rohstoffe usw. von Geflügel stammten; Beschluss 1999/368/EG der Kommission vom 4. Juni 1999 und Beschluss 1999/389/EG der Kommission vom 11. Juni 1999 über Maßnahmen zum Schutz von Erzeugnissen, die für den menschlichen oder tierischen Verzehr bestimmt sind und die von Tieren der Gattungen Rind und Schwein gewonnen werden, vor der Kontamination durch Dioxin (Amtsblatt L 142 vom 5.6.1999, S. 46, und Amtsblatt L 147 vom 12.6.1999, S. 26). Diese Maßnahmen betrafen insbesondere das Rind- und Schweinefleisch sowie die Milch und sämtliche daraus abgeleiteten Erzeugnisse.

(11)  Vgl. zum Beispiel die Beihilfen N 113/A/2001 (Beschluss SG 01.290550 vom 27.7.2001), N 437/2001 (Beschluss vom 27.7.2001 SG 01 290526D), N 657/2001 (Beschluss vom 9.11.2001 SG 01 292096) und NN 46/2001 (Beschluss SG 01.290558 vom 27.7.2001).

(12)  Vgl. das Schreiben vom 23.5.2001, in dem die italienischen Behörden erklären, dass die Erzeuger gezwungen waren, 4 150,8 t im Juni, 9 271,3 t im Juli und 2 595,9 t im August tiefzugefrieren.

(13)  Die Daten betreffen die Ausfuhren des gesamten Geflügelfleisches (als Schlachtgewicht) innerhalb der Gemeinschaft.

(14)  Amtsblatt C 28 vom 1.2.2000, S. 2.

(15)  Urteil des Gerichtes erster Instanz vom 8.6.1995 in der Sache T 459/1993 (Siemens SAKommission der Europäischen Gemeinschaften) Slg. [1995] S. 1675.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/23


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 24. Mai 2004

in einem Verfahren gemäß Artikel 82 EG-Vertrag und Artikel 54 EWR-Abkommen gegen die Microsoft Corporation

in der Sache COMP/C-3/37.792 — Microsoft

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 900)

(Nur der englische Wortlaut ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/53/EG)

Am 24. März 2004 erließ die Kommission eine Entscheidung in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag und Artikel 54 EWR-Abkommen. Gemäß Artikel 21 der Verordnung Nr. 17 (1) veröffentlicht die Kommission hiermit die Namen der Beteiligten und den wesentlichen Inhalt der Entscheidung, wobei sie den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung trägt. Eine nicht vertrauliche Fassung des vollständigen Wortlauts der Entscheidung ist in den verbindlichen Sprachen der Wettbewerbssache und den Arbeitssprachen der Kommission auf der Website der GD COMP unter folgender Adresse abrufbar: http://europa.eu.int/comm/competition/index_en.html

I.   ZUSAMMENFASSUNG DER ZUWIDERHANDLUNG

Adressat der Entscheidung, Art und Dauer der Zuwiderhandlung

(1)

Diese Entscheidung ist an die Microsoft Corporation gerichtet.

(2)

Microsoft Corporation hat mit folgenden Verhaltensweisen gegen Artikel 82 EG-Vertrag und Artikel 54 EWR-Abkommen verstoßen:

Verweigerung der Offenlegung von Interoperabilitätsinformationen und ihrer Nutzung zum Zwecke der Entwicklung und Vermarktung von Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver vom Oktober 1998 bis zum Erlass dieser Entscheidung;

Bindung des Erwerbs des Client-PC-Betriebssystems Windows an den gleichzeitigen Erwerb des Windows Media Player (WMP) vom Mai 1999 bis zum Erlass dieser Entscheidung.

Die relevanten Märkte

PC-Betriebssysteme

(3)

Betriebssysteme sind Softwareprodukte, die die Grundfunktionen eines Computers steuern. „Personal Computer“ für Endnutzer (nachstehend „Client-PCs“) sind Allzweckrechner für die Nutzung durch jeweils nur eine Person, die an ein Computernetz angeschlossen werden können.

(4)

Unterschieden werden muss zwischen i) Betriebssystemen für so genannte „Intel- kompatible“ PCs und ii) Betriebssystemen für andere PCs. Der Begriff „Intel-kompatibel“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine spezifische Hardwarearchitektur Die „Portierung“ (d. h. Anpassung) nicht Intel-kompatibler Betriebssysteme (wie Apple-Macintosh) auf Intel-kompatible Rechner ist langwierig und teuer. Die Frage, ob sowohl Intel-kompatible als auch nicht Intel-kompatible PCs in den sachlich relevanten Markt einbezogen werden sollen, kann jedoch offen bleiben, da die Würdigung der Marktmacht von Microsoft in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis führen würde.

(5)

Betriebssysteme für Geräte wie „Personal Digital Assistants“ („PDAs“) oder „intelligente“ Mobilfunkgeräte und Betriebssysteme für Server sind momentan nicht als wettbewerbsfähige Ersatzprodukte für Client-PC-Betriebssysteme zu betrachten.

(6)

Zur angebotsseitigen Substituierbarkeit ist zu vermerken, dass derzeit nicht dem Markt der Betriebssysteme für Client-PCs zuzurechnende Software substanziell modifiziert werden müsste, um den besonderen Bedürfnissen der Verbraucher auf diesem Markt gerecht zu werden. Entwicklungs- und Testphase würden viel Zeit (oft mehr als ein Jahr) und einen hohen finanziellen Aufwand erfordern und sind mit einem erheblichen geschäftlichen Risiko verbunden. Darüber hinaus müssten Neuanbieter angesichts der nachstehend behandelten beherrschenden Stellung von Microsoft auf dem relevanten Markt erhebliche Marktzutrittsschranken überwinden.

Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver

(7)

„Arbeitsgruppenserverdienste“ sind die grundlegenden Infrastrukturdienste, die Büroarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit in Anspruch nehmen: gemeinsame Nutzung von Dateien, die auf Servern gespeichert sind, gemeinsame Nutzung von Druckern sowie zentrale „Verwaltung“ ihrer Zugangsrechte durch die IT-Abteilung ihres Unternehmens bzw. ihrer Organisation. „Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver“ sind Betriebssysteme, die entworfen und vertrieben werden, um diese Dienste gleichzeitig für relativ wenige Client-PCs zu leisten, die in kleinen bis mittelgroßen Netzen zusammengeschlossen sind.

(8)

Von der Kommission im Zuge ihrer Untersuchung eingeholte Marktdaten bestätigen, dass Abnehmer Arbeitsgruppenserverdienste als eine spezifische Kategorie von Serverdiensten ansehen. Datei- und Druckdienste einerseits und Gruppen- und Nutzerverwaltungsdienste andererseits sind eng miteinander verwoben: ohne korrekte Verwaltung von Gruppen und Nutzern hätte der Nutzer keinen effizienten und sicheren Zugang zu Datei- und Druckdiensten.

(9)

Arbeitsgruppenserver (d. h. Server, auf denen Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme laufen) sind von Hochleistungsservern zu unterscheiden, die für unternehmenswichtige Anwendungen wie Lagerhaltung, Flugreservierungen oder Banktransaktionen benutzt werden. Solche Aufgaben können die Speicherung enormer Datenmengen sowie eine maximale (oft „felsenfeste“ genannt) Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit erfordern. (2) Sie werden von teuren, manchmal „Unternehmensserver“ genannten Maschinen oder von Großrechnern ausgeführt. Im Gegensatz dazu sind Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver im Allgemeinen auf preiswerteren Computern installiert.

(10)

Doch werden nicht alle weniger leistungsfähigen Server als Arbeitsgruppenserver eingesetzt. So können weniger leistungsfähige Server etwa auch am „Rand“ von Netzen installiert werden und speziell zum Web-Serving (3), Web-Caching (4) oder als Firewall (5) und nicht für die zentralen Arbeitsgruppenserverdienste eingesetzt werden.

(11)

Auch ist darauf hinzuweisen, dass die zentralen Arbeitsgruppendienste zwar nur Datei- und Druckdienste sowie Gruppen- und Nutzerverwaltungsdienste umfassen, dass jedoch auf Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver genau wie auf anderen Betriebssystemen auch Anwendungen laufen können. Diese Anwendungen werden oft eng mit Gruppen- und Nutzerverwaltungsdiensten verbunden sein. Da Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme in der Regel auf preisgünstiger Hardware installiert werden, erfordern diese Anwendungen meist keine extrem hohe Zuverlässigkeit.

Medienabspielprogramme mit Datenstrom-Kapazitäten

(12)

Bei Medienabspielprogrammen handelt es sich um Software-Anwendungen für Client-PCs, die aus dem Internet (oder anderen Netzen) kopierte oder über das Internet (oder andere Netze) übertragene digitale Ton- und Videodateien dekodieren, dekomprimieren und abspielen (und ihre weitere Verarbeitung ermöglichen). Sie sind ferner zum Abspielen von bereits auf physischen Datenträgern wie CDs und DVDs gespeicherten Ton- und Videodateien in der Lage.

(13)

Klassische Abspielgeräte wie CD- und DVD-Spieler sind auf der Nachfrageseite kein Ersatz für Medienabspielprogramme, da sie nur einen sehr begrenzten Teil von deren Funktionen bieten. Medienabspielprogramme, die von eigentumsrechtlich geschützten Technologien eines anderen Unternehmens abhängig sind, dürften anders als der WMP von Microsoft, der RealOne Player von RealNetworks und der QuickTime Player von Apple nicht das Wettbewerbsverhalten des betreffenden Unternehmens einschränken. Medienabspielprogramme, die nicht in der Lage sind, Ton- und Videodatenströme aus dem Internet zu empfangen, können nicht als Ersatz für datenstromtaugliche Medienabspielprogramme betrachtet werden, da sie einer spezifischen Verbrauchernachfrage nach Datenstromtauglichkeit nicht gerecht werden.

(14)

Wegen der erheblichen erforderlichen Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen, des Schutzes der vorhandenen Technologien durch geistige Eigentumsrechte und der indirekten Netzeffekte wird der Markt auf der Angebotsseite durch hohe Marktzutrittsschranken für Entwickler anderer Softwareanwendungen, wie etwa nicht datenstromtauglicher Medienabspielprogramme, geprägt.

Marktbeherrschung

PC-Betriebssysteme

(15)

Microsoft hat anerkannt, dass es auf dem Markt für PC-Betriebssysteme eine beherrschende Stellung innehat.

(16)

Ausdruck dieser beherrschenden Stellung sind u. a. seit mindestens 1996 sehr hohe Marktanteile (die in den letzten Jahren über 90 % lagen) und sehr hohe Marktzutrittsschranken. Diese Marktzutrittsschranken sind u. a. auf indirekte Netzwerkeffekte zurückzuführen. Die Popularität eines PC-Betriebssystems unter den Nutzern hängt nämlich von seiner Popularität unter den Anbietern von PC-Anwendungen ab, die ihre Entwicklungstätigkeit wiederum auf das unter den Nutzern meistbeliebte PC-Betriebssystem konzentrieren. Die dadurch entfaltete Eigendynamik schützt Windows als de facto-Standard für PC-Betriebssysteme („anwendungsabhängige Markzutrittsschranke“).

Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver

(17)

Die Kommission gelangte zu der Schlussfolgerung, dass Microsoft auf dem Markt für Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme eine beherrschende Stellung innehat. Ausschlaggebend dafür waren insbesondere folgende Feststellungen:

Die Kommission hat eine Vielfalt von Daten geprüft, um den Marktanteil von Microsoft bei Arbeitsgruppenserver-Betriebssystemen zu bestimmen. Alle diese Datensätze bestätigen, dass Microsoft bei weitem den führenden Marktanteil hält — bei sämtlichen Messmethoden ergibt sich ein Anteil von mehr als 50 %, und bei den meisten davon liegt die Zahl in der Größenordnung von 60-75 %.

Mehrere Hindernisse erschweren den Zutritt auf den Markt der Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver. Je einfacher es ist, Fachpersonal für die Verwaltung eines bestimmten Arbeitsgruppenserver-Betriebssystems zu finden, umso geneigter sind die Kunden, dieses Betriebssystem zu kaufen. Umgekehrt gilt, je beliebter ein solches Betriebssystem unter den Kunden ist, umso einfacher ist es für Fachleute (und umso geneigter sind diese), die für diese Technologie erforderlichen Kenntnisse zu erwerben. Dieser Mechanismus lässt sich aus wirtschaftlicher Sicht als Netzeffekt charakterisieren.

Zwischen dem Markt für Client-PC-Betriebssysteme und dem Markt für Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme bestehen enge kommerzielle und technische Verbindungen. Daher hat die Dominanz von Microsoft bei Client-PC-Betriebssystemen signifikante Auswirkungen auf den benachbarten Markt für Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme.

Weigerung der Offenlegung von Informationen

(18)

In der Entscheidung trifft die Kommission folgende Feststellungen:

Microsoft hat sich geweigert, Sun die Informationen zu übermitteln, die Sun benötigt, um Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme zu konzipieren, die nahtlos mit der „Active Directory domain architecture“ kommunizieren können, einem Geflecht von PC-Server- und Server-Server-Protokollen, das Windows-Arbeitsgruppen-Netzwerke organisiert. Hierzu hätte Microsoft lediglich Spezifizierungen der einschlägigen Protokolle, d. h. eine technische Dokumentation, vorlegen müssen, nicht aber den Software-Code von Windows, oder gar dessen Reproduktion durch Sun erlauben müssen. In diesem Zusammenhang sind noch zwei weitere Umstände von Bedeutung. Zum einen fügt sich die Weigerung Microsofts, Sun Informationen zu liefern, in ein allgemeineres Verhaltensmuster ein, Anbietern von Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver Interoperabilitätsinformationen vorzuenthalten. Zum anderen bricht das Unternehmen mit seiner bisherigen Offenlegungspolitik, da die entsprechenden Angaben für frühere Versionen der Microsoft-Produkte Sun und den übrigen Unternehmen der Branche mittelbar über eine Lizenz für AT&T zur Verfügung gestellt worden waren.

Die Informationsverweigerung durch Microsoft droht, den Wettbewerb auf dem Markt für Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme auszuschalten, da die vorenthaltenen Angaben für die Tätigkeit der Wettbewerber auf diesem Markt unerlässlich sind. Kundenbezogenes Beweismaterial bestätigt den kausalen Zusammenhang zwischen der privilegierten Interoperabilität der Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme von Microsoft mit seinem marktbeherrschenden PC-Betriebssystem einerseits und ihrem raschen Aufstieg zum marktbeherrschenden Produkt (sowie dem zunehmenden Erfolg der Merkmale der Active-Directory-Domain-Architektur, die mit den Produkten der Konkurrenz inkompatibel sind). Die Untersuchung der Kommission hat zudem ergeben, dass es für die verweigerten Informationen keinen gegenwärtig verfügbaren oder potenziellen Ersatz gibt.

Die Informationsverweigerung von Microsoft führt zu einer Einschränkung der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher, was insbesondere gegen Artikel 82 Buchstabe b verstößt. Hätten die Konkurrenten Zugang zu den vorenthaltenen Angaben, könnten sie dem Verbraucher neue und verbesserte Produkte anbieten. Die Marktdaten belegen den großen Wert, den die Verbraucher Produktmerkmalen wie Sicherheit und Zuverlässigkeit beimessen; diese Merkmale treten jedoch hinter dem Interoperabilitätsvorteil von Microsoft zurück. Damit schädigt die Weigerung von Microsoft mittelbar auch die Verbraucher.

(19)

Diese außergewöhnlichen Umstände führen zu der Schlussfolgerung, dass Microsoft mit der Verweigerung der Informationen seine beherrschende Stellung unter Verstoß gegen Artikel 82 EGV missbraucht, sofern sie nicht sachlich gerechtfertigt ist.

(20)

Microsoft rechtfertigt die Informationsverweigerung mit dem Argument, dass die Offenlegung, auf deren Grundlage die Konkurrenten kompatible Produkte herstellen könnten, der Vergabe einer Lizenz über geistige Eigentumsrechte gleichkäme. Die Kommission hat zu der Berechtigung der allgemeinen Ansprüche von Microsoft auf geistige Eigentumsrechte nicht Stellung genommen; diese könnten ohnehin erst im Einzelfall überprüft werden, sobald Microsoft die entsprechenden Spezifizierungen vorbereitet hat. Nach der einschlägigen Rechtsprechung stellt das Interesse eines Unternehmens an der Ausübung seiner geistigen Eigentumsrechte als solches keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund dar, wenn außergewöhnliche Umstände wie die oben genannten festgestellt wurden.

(21)

Die Kommission hat auch geprüft, ob angesichts der hier vorliegenden besonderen Umstände die von Microsoft vorgebrachten Rechtfertigungsgründe schwerer wiegen als die betreffenden Umstände, kam aber zu dem Ergebnis, dass Microsoft keinerlei Belege hierfür erbracht hat. Insbesondere kann die Anordnung zur Offenlegung der einschlägigen Angaben nicht dazu führen, dass das Microsoft-Produkt geklont wird. Dabei berücksichtigte die Kommission auch den Umstand, dass die Offenlegung von Angaben, wie sie Microsoft vorenthält, in der Branche üblich ist.

(22)

Darüber hinaus hat sich die Kommission auf die IBM-Verpflichtungszusage von 1984 (6) und die Software-Richtlinie von 1991 (7) gestützt. Microsoft erkennt an, dass die IBM-Verpflichtungszusage und die Software-Richtlinie auch für den vorliegenden Fall nützliche Orientierungshilfen bieten. In den Augen der Kommission ist eine Offenlegungsanordnung in der hier in Rede stehenden Sache der IBM-Verpflichtungszusage gleichzusetzen, da sie sich nur auf Schnittstellen-Spezifizierungen erstrecken würde. Ferner bewertet die Kommission die Verweigerung der Angaben als eine Verweigerung zur Vorlage von Interoperabilitätsinformationen im Sinne der Software-Richtlinie. In der Software-Richtlinie war die Ausübung von Urheberrechten an Computerprogrammen (auch durch nicht marktbeherrschende Unternehmen) zugunsten der Interoperabilität eingeschränkt worden, wodurch die besondere Bedeutung des Interoperabilitätsgrundsatzes in der Softwarebranche hervorgehoben wird. Außerdem wird in dieser Richtlinie ausdrücklich bestimmt, dass ihre Bestimmungen einer Anwendung von Artikel 82 EGV nicht entgegenstehen, insbesondere wenn ein marktbeherrschender Anbieter notwendige Interoperabilitätsinformationen verweigert.

(23)

Ferner leugnete Microsoft, dass die Vorenthaltung von Interoperabilitätsinformationen die Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt der Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme bezwecken könne, weil für das Unternehmen keine wirtschaftlichen Anreize zur Verwirklichung einer solchen Strategie bestünden. Die Kommission hat diesen Einwand zurückgewiesen, weil das ihm zugrunde liegende ökonomische Modell dem behandelten Sachverhalt nicht gerecht wurde und er auch im Widerspruch zu Aussagen leitender Microsoft-Mitarbeiter aus während der Untersuchung erhaltenen internen Unterlagen des Unternehmens steht.

Produktkopplung

(24)

In der Entscheidung wird festgestellt, dass Microsoft durch die Kopplung des Windows Media Player („WMP“) an das Windows-PC-Betriebssystem gegen Artikel 82 EG-Vertrag verstößt. Aus den nachstehenden vier Gründen stufte die Kommission die Produktkopplung als eine missbräuchliche Verhaltensweise ein: Erstens verfügt Microsoft auf dem Markt der PC-Betriebssysteme über eine beherrschende Stellung; zweitens handelt es sich beim PC-Betriebssystem Windows und dem WMP um zwei separate Produkte; drittens gibt Microsoft seinen Kunden nicht die Möglichkeit, Windows ohne den WMP zu erwerben; viertens wird durch diese Kopplung der Wettbewerb eingeschränkt. Darüber hinaus werden die von Microsoft vorgebrachten Argumente zur Rechtfertigung der WMP-Kopplung zurückgewiesen.

(25)

Microsoft bestreitet nicht, dass es auf dem Markt für PC-Betriebssysteme eine beherrschende Stellung innehat.

(26)

Die Kommission stellt in ihrer Entscheidung fest, dass datenstromtaugliche Medienabspielprogramme und PC-Betriebssysteme zwei separate Produkte sind (entgegen dem Vorbringen von Microsoft, dass der WMP integraler Bestandteil von Windows sei). Hierzu wird in der Entscheidung eingangs dargelegt, dass es weiterhin eine separate Verbrauchernachfrage nach eigenständigen Medienabspielprogrammen gibt, die sich von der Nachfrage nach PC-Betriebssystemen unterscheidet, obwohl Microsoft sein Medienabspielprogramm schon seit geraumer Zeit mit Windows koppelt. Ferner gibt es eine Reihe von Anbietern, die Medienabspielprogramme entwickeln und einzeln vertreiben. Drittens entwickelt und vertreibt Microsoft selbst Versionen seines WMP für andere PC-Betriebssysteme. Schließlich wirbt Microsoft für seinen WMP in unmittelbarem Wettbewerb mit Medienabspielprogrammen anderer Anbieter.

(27)

Dritter Bestandteil des Koppelungsvorwurfs war der Umstand, dass Microsoft seinen Kunden keine Möglichkeit gibt, Windows ohne WMP zu erwerben. Die PC-Hersteller können Lizenzen nur für Windows mit dem WMP nehmen. Wer von ihnen eine andere Abspielsoftware auf Windows installieren möchte, kann dies nur zusätzlich zu WMP tun. Dasselbe gilt für die Nutzer, die Windows separat im Einzelhandel kaufen. Der Einwand von Microsoft, dass Verbraucher für den WMP keinen „Zusatz“preis entrichten müssten und nicht zu seiner Verwendung gezwungen seien, ist für die Feststellung eines Nötigungstatbestands im Sinne von Artikel 82 EGV nicht von Belang.

(28)

Schließlich wird in der Entscheidung ausgeführt, warum die Produktkopplung im vorliegenden Fall den Wettbewerb auszuschalten droht. Die Kopplung mit Windows verschafft WMP eine beispiellose weltweite Omnipräsenz bei Client-PCs. Andere alternative Verteilungskanäle sind nach den gesammelten Erkenntnissen zweitrangig. Mit der Kopplung garantiert Microsoft den Inhalteanbietern und Softwareentwicklern, dass sie praktisch alle Client-PC-Nutzer weltweit erreichen können, wenn sie Microsofts Medientechnologie unterstützen. Die der Kommission vorliegenden Belege zeigen, dass die Unterstützung mehrerer Medientechnologien mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Daher verführt die Omnipräsenz von WMP Inhalteanbieter und Softwareentwickler dazu, sich vor allem auf die Medientechnologie von Windows zu stützen. Die Verbraucher ihrerseits werden vorzugsweise WMP verwenden, da für dieses Produkt ein breiteres Spektrum ergänzender Software und Inhalte verfügbar sein wird. Mit seiner Kopplungspraxis verstärkt und verzerrt Microsoft diese „Netzeffekte“ zu seinen Gunsten und fügt dem Wettbewerb auf dem Markt der Medienabspielprogramme erheblichen Schaden zu. Die Kommission konnte belegen, dass die Nutzung des WMP durch die Kopplungspraxis zugenommen hat, obwohl andere Medienabspielprogramme von den Nutzern als qualitativ höherwertig eingestuft werden. Die verfügbaren Markterhebungen über die Nutzung von Medienabspielprogrammen und Formaten sowie über Inhalteangebote im Internet zeigen übereinstimmend einen Trend auf, nach dem die Nutzung von WMP und Windows-Medienformaten zum Nachteil der wichtigsten konkurrierenden Medienabspielprogramme (und Medienabspiel-Technologien) zunimmt. In der Entscheidung wird diese Entwicklung zugunsten des WMP und der Windows-Medienformate hervorgehoben, aber auch betont, dass die Kommission nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht beweisen muss, dass der Markt bereits abgeschottet wurde oder eine vollständige Ausschaltung jeglichen Wettbewerbs droht, um eine Kopplung als Missbrauch einzustufen. Andernfalls käme ein Antitrust-Verfahren auf bestimmten Softwaremärkten zu spät, da sich Beweise für Auswirkungen auf den Markt erst ergäben, wenn der Markt „umgekippt“ ist.

(29)

Darüber hinaus werden die von Microsoft vorgebrachten Argumente zur Rechtfertigung der WMP-Kopplung und insbesondere die angeführten Effizienzgewinne gewürdigt. Die von Microsoft angeführten Effizienzvorteile in Form geringerer Transaktionskosten für die Verbraucher, weil diese gleich bei Lieferung einen fertigen PC mit einer bestimmten vorweg eingestellten Programmkonfiguration vorfänden und daher Zeit sparen und Komplikationen vermeiden würden, weist die Kommission zurück. Der Vorteil eines vorinstallierten Medienabspielprogramms für den Verbraucher ist nicht gleichbedeutend mit seiner Vorauswahl durch Microsoft. Die PC-Hersteller können durchaus selbst gewährleisten, dass die Nachfrage von Verbrauchern nach vorab installierten Medienabspielprogrammen ihrer Wahl gedeckt wird. Ferner wird in der Entscheidung festgestellt, dass Microsoft keinerlei technische Effizienzvorteile angeführt hat, die nachweislich die „Integration“ des WMP ins Betriebssystem voraussetzen würden. Die Kopplung des WMP schützt vielmehr Microsoft vor wirksamem Wettbewerb durch potenziell effizientere Anbieter von Medienabspielprogrammen, die seine Stellung gefährden könnten. Microsoft bewirkt damit, dass weniger Talent und Kapital in die Innovation von Medienabspielprogrammen investiert werden.

II.   ABHILFEN

Weigerung der Offenlegung von Informationen

(30)

In der Entscheidung wird Microsoft angewiesen, die verweigerten Informationen offen zu legen und ihre Nutzung für die Entwicklung kompatibler Produkte zu erlauben. Die Offenlegungsanordnung beschränkt sich auf Protokollspezifizierungen und die Gewährleistung der Interoperabilität mit den wesentlichen Funktionen eines typischen Arbeitsgruppennetzes. Sie gilt nicht nur gegenüber Sun, sondern gegenüber sämtlichen Unternehmen, die auf dem Markt der Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver mit Microsoft konkurrierende Produkte entwickeln wollen. Soweit die Entscheidung Microsoft an der uneingeschränkten Durchsetzung seiner geistigen Eigentumsrechte hindert, ist dies durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, das Missbrauchsverhalten abzustellen.

(31)

Gemäß dieser Entscheidung muss Microsoft zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen die betreffenden Informationen offen legen und deren Verwendung gestatten. Die Verpflichtung von Microsoft zu angemessenen und nicht diskriminierenden Konditionen gilt insbesondere für jegliche Vergütung, die Microsoft für die Offenlegung verlangt. Sie darf beispielsweise keinesfalls den strategischen Wert der Macht von Microsoft auf dem Markt für Client-PC-Betriebssysteme oder dem Markt für Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme widerspiegeln. Ferner darf Microsoft keine Beschränkungen im Hinblick auf die Art der Produkte, in denen diese Spezifikationen verwendet werden dürfen, auferlegen, falls dies Hindernisse für Konkurrenzerzeugnisse aufbauen oder die Innovationsfähigkeit der Nutznießer über Gebühr einschränken würde. Ferner müssen künftig von Microsoft auferlegte Konditionen in ausreichendem Maß vorhersehbar sein.

(32)

Microsoft muss die einschlägigen Protokoll-Spezifikationen unverzüglich offen legen, d. h. zu dem Zeitpunkt, zu dem Microsoft bereits über eine funktionierende und hinreichend stabile Implementierung dieser Protokolle in seinen Produkten verfügt.

Produktkopplung

(33)

Zur Abstellung der missbräuchlichen Kopplungspraxis wird Microsoft in der Entscheidung angewiesen, Endnutzern und PC-Herstellern für den Handel im EWR eine voll funktionsfähige Version des Windows-Betriebssystems anzubieten, in der der WMP nicht enthalten ist. Microsoft ist weiterhin berechtigt, Windows auch zusammen mit dem WMP anzubieten.

(34)

Microsoft muss die Anwendung von Mitteln unterlassen, die die gleiche Wirkung haben wie die Kopplung von Windows und WMP, z. B. dem WMP nicht eine privilegierte Stellung bei der Interoperabilität mit Windows oder einen privilegierten Zugang zu Windows APIs vorbehalten oder WMP auf andere Art und Weise durch Windows gegenüber konkurrierenden Produkten fördern. Microsoft darf den OEMs oder Benutzern ferner keinen Rabatt geben, wenn diese Windows zusammen mit dem WMP erlangen, oder OEMs oder Benutzer de facto mit finanziellen oder anderen Mitteln in ihrer Freiheit beeinträchtigen, wenn diese sich für Windows ohne den WMP entscheiden. Die entkoppelte Version von Windows darf nicht weniger leistungsstark sein als eine gekoppelte Version von Windows mit WMP, abgesehen davon, dass die WMP-Funktionen per Definition nicht Teil der entkoppelten Version von Windows ist.

III.   GELDBUSSEN

Grundbetrag

(35)

Die Kommission betrachtet die festgestellte Zuwiderhandlung ihrer Art nach als einen besonders schweren Verstoß gegen Artikel 82 EGV und Artikel 54 EWRA.

(36)

Die kontinuierliche Praxis von Microsoft, unter Ausnutzung seiner starken Stellung auf einem bestimmten Markt Wettbewerber von benachbarten Märkten zu verdrängen, hat zudem massive Auswirkungen auf die Märkte der Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver und der Medienwiedergabeprogramme.

(37)

Für die Bemessung der Schwere der Missbrauchshandlungen handelt es sich bei den Märkten der Client-PC-Betriebssysteme, der Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme und der Medienabspielprogramme um EWR-weite Märkte.

(38)

Der aufgrund der Schwere des Verstoßes festgesetzte Ausgangsbetrag der Geldbuße sollte angesichts dieser Umstände 165 732 101 EUR betragen. Wegen der außerordentlichen Finanzstärke von Microsoft (8) sollte dieser Betrag, um eine ausreichende abschreckende Wirkung zu entfalten, auf 331 464 203 EUR verdoppelt werden.

(39)

Schließlich wird der Grundbetrag wegen der Dauer der Missbräuche (fünfeinhalb Jahre) um 50 % erhöht. Der Grundbetrag der Geldbuße beläuft sich somit auf 497 196 304 EUR.

Erschwerende und mildernde Umstände

(40)

Es gibt keine für diese Entscheidung relevanten erschwerenden oder mildernden Umstände.


(1)  ABl. 13 v. 21.2.1962, S. 204/62. Zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. L 1 v. 4.1.2003, S. 1).

(2)  Zuverlässigkeit ist die Fähigkeit eines Betriebssystems, lange Zeit ohne Ausfälle und ohne erneut hochgefahren werden zu müssen zu funktionieren. Verfügbarkeit ist die Fähigkeit eines Betriebssystems, lange Zeit zu funktionieren, ohne für routinemäßige Wartung oder Aufrüstung außer Dienst gestellt werden zu müssen. Ein anderer Aspekt der Verfügbarkeit ist die Schnelligkeit, mit der ein Betriebssystem nach einem Fehler wieder zum Laufen gebracht werden kann.

(3)  Ein Webserver beherbergt Webseiten und macht sie mittels standardisierter Web-Protokolle zugänglich.

(4)  In einem Zwischenspeicher (Cache) werden zeitweilige Kopien von Web-Objekten aufbewahrt. Bei der Zwischenspeicherung von Webseiten werden also Web-Dateien so für die spätere Wiederverwendung gespeichert, dass der Endnutzer schneller auf sie zugreifen kann.

(5)  „Firewalls“ sind Hard- und/oder Software-Lösungen, mit denen Organisationen ihre Netze abschotten und sie so gegen externe Bedrohungen schützen.

(6)  Sache IV/29.479. Die Kommission stellte ihre in den 70er Jahren eingeleiteten Untersuchungen nach der von IBM gemachten Zusage ein.

(7)  Richtlinie 91/250/EWG des Rates (ABl. L 122 vom 17.5.1991, S. 42).

(8)  Microsoft ist derzeit nach dem Börsenwert das größte Unternehmen der Welt. (siehe http://news.ft.com/servlet/ContentServer? pagename=FT.com/StoryFT/FullStory&c=StoryFT&cid=1051390342368&p=1051389855198 und http://specials.ft.com/spdocs/global5002003.pdf — the Financial Times „World’s largest Companies“, aktualisiert am 27. Mai 2003, gedruckt am 13. Januar 2004). Unter Verwendung der gleichen Messgröße (Börsenkapitalisierung) lässt sich feststellen, dass Microsoft kontinuierlich zu den größten Unternehmen der Welt zählte; 2000 lag es an erster, 2001 an fünfter und 2002 an zweiter Stelle (s. http://specials.ft.com/ln/specials/global5002a.htm (für das Jahr 2000, gedruckt am 24. Januar 2003), http://specials.ft.com/ft500/may2001/FT36H8Z8KMC.html (für das Jahr 2001, gedruckt am 24. Januar 2003), http://specials.ft.com/ft500/may2002/FT30M8IPX0D.html (für das Jahr 2002, gedruckt am 24. Januar 2003)). Auch die Ressourcen und Gewinne des Unternehmens sind immens. Die Bilanzerklärung von Microsoft für die US-Börsenaufsichtsbehörde weist für das US-Rechnungsjahr von Juli 2002 bis Juni 2003 zum 30. Juni 2003 eine Bar- (und kurzfristige Anlage-)Reserve von 49 048 Mrd. USD aus. Die Gewinne beliefen sich im gleichen Zeitraum nach der gleichen Quelle auf 13 217 Mrd. USD bei Einnahmen von insgesamt 32 187 Mrd. USD (was einer Gewinnspanne von 41 % gleichkommt). Davon entfielen auf das Client-PC-Betriebssystem Windows (Produktsegment „Client“) 8 400 Mrd. USD bei Einnahmen von insgesamt 10 394 Mrd. USD (was einer Gewinnspanne von 81 % gleichkommt).


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/29


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 2. Juni 2004

über eine staatliche Beihilfe, die Italien (Region Sizilien) zugunsten der Absatzförderung und Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse durchführen will

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 1923)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/54/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem genannten Artikel (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   DAS VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 2. September 1997, eingegangen am 5. September 1997, hat die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag den Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 27 der Region Sizilien notifiziert.

(2)

Mit Fernschreiben VI/41836 vom 28. Oktober 1997 haben die Kommissionsdienststellen die zuständigen Behörden um Erläuterungen zu der in Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 27 von 1997 vorgesehenen Beihilfe gebeten.

(3)

Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 haben die zuständigen Behörden ergänzende Informationen übermittelt und mitgeteilt, dass das Gesetz bereits in Kraft getreten sei. Daher wurde die Notifizierung unter der Nummer NN 36/98 in das Verzeichnis der nicht notifizierten Beihilfen eingetragen, was Italien mit Schreiben SG(98)D/32328 vom 3. April 1998 mitgeteilt wurde. Die zuständigen Behörden haben allerdings ausdrücklich erklärt, dass die in dem Gesetz vorgesehenen Beihilfen nicht gewährt würden, bevor dies im Rahmen des Verfahrens gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag genehmigt würde.

(4)

Mit Fernschreiben VI/13937 vom 31. Mai 2000 (nach Übermittlung des Fernschreibens in der englischen Fassung unter der Nummer 2000/VI/10442 am 14. April) haben die Kommissionsdienststellen die zuständigen Behörden aufgefordert, Erläuterungen zu den Bestimmungen des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 zu übermitteln und eine Kopie des Wortlauts dieses Gesetzes zu übersenden.

(5)

Mit Schreiben vom 31. Juli 2002, eingegangen am 5. August 2002, haben die zuständigen Behörden ergänzende Auskünfte zu Artikel 5 des genannten Gesetzes erteilt.

(6)

Mit Fernschreiben AGR 024925 vom 22. Oktober 2002 haben die Kommissionsdienststellen die zuständigen Behörden aufgefordert, Erläuterungen und Ergänzungen zu den kurz zuvor erteilten Informationen und zu den im Regionalgesetz Nr. 27/1997 vorgesehenen Maßnahmen zu übermitteln. In demselben Schreiben hat die Kommission die zuständigen Behörden auf die Möglichkeit hingewiesen, die fragliche Notifizierung zurückzuziehen, falls die in Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 27 von 1997 und gegebenenfalls in anderen Bestimmungen des genannten Gesetzes vorgesehenen Maßnahmen noch nicht angenommen worden seien und die zuständigen Behörden zusichern könnten, dass im Rahmen des genannten Gesetzes bis dahin keine Beihilfen gewährt worden sind und auch künftig nicht gewährt würden.

(7)

Da die Kommissionsdienststellen keine Antwort auf das genannte Fernschreiben erhielten, ersuchten sie die italienischen Behörden mit Fernschreiben AGR 30657 vom 20. Dezember 2002, innerhalb eines Monats die angeforderten Informationen zu übermitteln. Falls innerhalb dieser Frist nicht alle Fragen zufrieden stellend beantwortet seien, werde eine Anordnung zur Auskunftserteilung gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (2) erlassen.

(8)

Mit Schreiben 2003 SG(2003)D/230470 vom 10. Juli 2003 hat die Kommission Italien von ihrer am 9. Juli 2003 (K(2003) 2054 endg.) gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 erlassenen Entscheidung unterrichtet, die Erteilung von Auskünften zu den Artikeln 6 und 4 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 anzuordnen.

(9)

Mit derselben Anordnung zur Auskunftserteilung hat die Kommission Italien aufgefordert, ihr innerhalb von 20 Werktagen ab der Mitteilung ihrer Entscheidung alle Unterlagen, Informationen und Angaben zu übermitteln, anhand deren sie die Vereinbarkeit der in dem Gesetz vorgesehenen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt prüfen könne. Neben der Aufforderung an Italien, etwaige weitere für die Bewertung der genannten Maßnahme zweckdienliche Informationen zu übermitteln, wurden in der Anordnung zur Auskunftserteilung noch einige weitere Informationen angefordert.

(10)

Zu der genannten Anordnung haben die Kommissionsdienststellen weder eine Antwort noch eine Bitte um Verlängerung der Frist, innerhalb deren die Antwort erteilt werden sollte, erhalten.

(11)

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2003 (SG(2003)D/233550) hat die Kommission die italienischen Behörden über ihre Entscheidung K(2003) 4473 endg. vom 16. Dezember 2003 unterrichtet, wegen der Maßnahmen gemäß Artikel 4 (Werbung für sizilianische Erzeugnisse) und Artikel 6 (Genossenschaften, Genossenschaftskellereien) des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 das Verfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(12)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission hat die Beteiligten zur Stellungnahme hierzu aufgefordert.

(13)

Mit Schreiben vom 10. Februar 2004, eingegangen am 13. Februar 2004, hat die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union die Kommission im Namen Siziliens ersucht, die Frist für die in der Entscheidung K(2003) 4473 endg. vom 16. Dezember 2003 zu Artikel 4 des Regionalgesetzes (Werbung für sizilianische Erzeugnisse) angeordneten Auskunftserteilung um 20 Werktage zu verlängern. Dabei haben die italienischen Behörden auch ihre Absicht mitgeteilt, die Notifizierung der in Artikel 6 (Genossenschaften, Genossenschaftskellereien) vorgesehenen Maßnahme zurückzuziehen, die, wie in dem Schreiben erklärt wurde, nicht durchgeführt worden sei.

(14)

Mit Fernschreiben AGR 05312 vom 23. Februar 2004 haben die Kommissionsdienststellen mitgeteilt, dass dem Antrag Italiens auf Fristverlängerung mit Wirkung vom 13. Februar 2004 stattgegeben würde.

(15)

Mit Schreiben vom 18. Februar 2004, eingegangen am 26. Februar 2004, hat die Ständige Vertretung Italiens in Bezug auf die betreffende Beihilfemaßnahme eine weitere Fristverlängerung um 20 Werktage beantragt.

(16)

Mit Schreiben vom 24. Februar 2004 eingegangen am 1. März 2004, danach bestätigt mit Schreiben vom 12. März 2003, eingegangen am 17. März 2003, haben die italienischen Behörden der Kommission mitgeteilt, dass sie die Notifizierung der Beihilfemaßnahme gemäß Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 (Genossenschaften, Genossenschaftskellereien) zurückzögen, die nicht durchgeführt worden sei und auch in Zukunft nicht durchgeführt würde.

(17)

Mit Fernschreiben AGR 07074 vom 11. März 2004 wurde den italienischen Behörden mitgeteilt, dass ihnen keine weitere Fristverlängerung für die Übermittlung der Auskünfte und/oder Stellungnahmen über den 24. März 2004 hinaus eingeräumt würde, weil der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens bereits im Amtsblatt der Europäischen Union vom 24. Februar 2004 veröffentlicht worden und die Frist für die Übermittlung der diesbezüglichen Stellungnahmen zu diesem Zeitpunkt vorgesehen sei. In demselben Fernschreiben haben die Kommissionsdienststellen die Rücknahme der Notifizierung betreffend Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 (Genossenschaften, Genossenschaftskellereien) zur Kenntnis genommen.

(18)

Mit Schreiben vom 15. März 2004 (eingegangen am 18. März 2004) hat die Kommission die Stellungnahme der italienischen Behörden zu Artikel 4 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 (Werbung für sizilianische Erzeugnisse) erhalten.

(19)

Gemäß dem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens (4) bezieht sich die vorliegende Entscheidung ausschließlich auf staatliche Beihilfen gemäß Artikel 4 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 (Werbung für sizilianische Erzeugnisse) zugunsten von landwirtschaftlichen Erzeugnissen gemäß Anhang I EG-Vertrag, die nach Inkrafttreten der Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung für in Anhang I des EG-Vertrags genannte Erzeugnisse und bestimmte nicht in Anhang I genannte Erzeugnisse (5), (nachfolgend „Leitlinien für die Werbung“), d. h. nach dem 1. Januar 2002, festgelegt und gewährt wurden.

(20)

Da die Notifizierung von Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 (Genossenschaften, Genossenschaftskellereien) von Italien mit Schreiben vom 24. Februar 2004, eingegangen am 1. März 2004, zurückgezogen wurde, besteht kein Grund, die diesbezüglichen Maßnahmen zu beschreiben bzw. zu bewerten.

II.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MAßNAHMEN

(21)

In Artikel 4 (Werbung für sizilianische Erzeugnisse), mit dem Artikel 17 des Regionalgesetzes Nr. 14/1966 geändert wird, heißt es: „1. Werbekampagnen werden direkt vom Assessorat oder durch das Institut für Außenhandel oder durch Facheinrichtungen oder durch von der Ente Fiera del Mediterraneo und der Ente Fiera di Messina gebildete Konsortien oder durch diese Gebietskörperschaften und eine oder mehrere Handelskammern der Region auf der Grundlage der in Artikel 15 aufgeführten Programme durchgeführt. Diese Programme können eine Dauer von drei Jahren haben. 2. Ausgenommen für die o. g. Konsortien gelten, wenn Stellen außerhalb der nationalen oder regionalen Verwaltung mit der Durchführung der Programme betraut werden, die Vorschriften über die Erbringung von Leistungen der öffentlichen Verwaltung.“

(22)

Auch nach wiederholten Informationsersuchen der Kommissionsdienststellen und der Anordnung der Kommission zur Auskunftserteilung (Entschließung vom 9. Juli 2003) haben die italienischen Behörden keine Informationen übermittelt, anhand deren die Kommission hätte prüfen können, ob der Artikel 4 tatsächlich staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag vorsieht bzw. ob diese gegebenenfalls mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Außerdem war nicht klar, ob die betreffenden Beihilfen bereits gewährt worden waren.

(23)

In ihrem Beschluss, wegen der fraglichen Maßnahme das Verfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 einzuleiten, hat die Kommission angemerkt, dass sie beim damaligen Stand des Verfahrens mangels Auskünften seitens der italienschen Behörden nicht wisse, ob Artikel 4 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 die Einführung oder Änderung staatlicher Beihilfen für die Absatzförderung und/oder Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Anhang I EG-Vertrag vorsieht.

(24)

Außerdem hat die Kommission auch wegen des Fehlens einer Antwort der italienischen Behörden Zweifel an der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt geäußert, da keineswegs klar war, ob diese in Artikel 4 des genannten Gesetzes vorgesehenen Maßnahmen mit den derzeit geltenden diesbezüglichen Vorschriften oder mit den Leitlinien für die Werbung vereinbar waren.

(25)

Was ferner die Durchführungsmodalitäten der unter Erwägungsgrund 21 beschriebenen Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen gemäß Artikel 4 betrifft, so bezweifelt die Kommission, dass die etwaigen diesbezüglichen Maßnahmen nach den Gemeinschaftsvorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe durchgeführt wurden. Insbesondere bei der direkten Auswahl der Gesellschaften und Einrichtungen, die mit den Werbemaßnahmen beauftragt werden, bezweifelte die Kommission, dass ein schriftlicher Vertrag über entgeltliche Leistungen zwischen der vertragsschließenden Behörde und den vorab ausgewählten Dienstleistungserbringern geschlossen wurde und dass dabei die im Teckal—Urteil (6) festgelegten strengen Bedingungen eingehalten wurden. Falls diese Bedingungen nicht erfüllt wurden, so hatte die Kommission Zweifel daran, dass die Dienstleistungserbringer gemäß den Vorschriften der Richtlinie 92/50/EWG des Rates (7), soweit anwendbar, und nach den Grundsätzen des EG-Vertrags in Bezug auf Gleichbehandlung und Transparenz ausgewählt würden, um entsprechend der Forderung des Gerichtshofs (8) einen „angemessenen Grad von Öffentlichkeit“ sicherzustellen

III.   STELLUNGNAHMEN DRITTER

(26)

Bei der Kommission sind keine Stellungnahmen Dritter eingegangen.

IV.   BEMERKUNGEN ITALIENS

(27)

Die Kommission hat mit Schreiben vom 15. März 2004, eingegangen am 18. März 2004, die Bemerkungen Italiens im Namen der Region Sizilien erhalten.

(28)

In diesem Schreiben bestätigten die italienischen Behörden die Rücknahme der Notifizierung von Artikel 6 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 und übermittelten ihre Bemerkungen zu Artikel 4.

(29)

Die italienischen Behörden haben insbesondere darauf hingewiesen, dass die mit Artikel 4 (Werbung für sizilianische Erzeugnisse) bei Artikel 17 des Regionalgesetzes Nr. 14/1966 vorgenommene Änderung betreffend die Durchführung von Werbemaßnahmen durch Konsortien, die von der Ente fiera del Mediterraneo und der Ente fiera die Messina oder durch eine dieser beiden Einrichtungen und eine oder mehrere Handelskammern der Region zusammengestellt wurden, nie angewandt wurde, weil entsprechende Konsortien nie gebildet worden sind.

(30)

Nach den vorliegenden Auskünften werden die Absatzförderungsmaßnahmen direkt durch das Assessorato oder das Istituto per il commercio estero durchgeführt (Übereinkünfte aus den Jahren 1993-1998 und 1999-2001-2003 im Rahmen der Verträge zwischen dem Ministero delle Attività produttive und den Regionen). Die zuständigen Personen wählen alljährlich die zur Finanzierung vorgeschlagenen Vorhaben aus und sorgen dafür, dass die notwendigen Dienstleistungen für ihre Durchführung entsprechend den einschlägigen Vorschriften unter Beachtung der Marktregeln erbracht werden, sofern mit den Organisatoren keine Ausschließlichkeitsverträge geschlossen wurden.

(31)

Die Zuständigkeiten des Assessorato umfassen neben dem Agrarsektor noch andere Sektoren (Handwerk, Verlagswesen, Textilsektor usw.). In dem zu prüfenden Sektor werden folgende Maßnahmen zu 100 % aus öffentlichen Mitteln finanziert:

a)

Teilnahme an Ausstellungen und Messen in Italien und im Ausland: die Ausgaben die sich direkt aus Standmiete, Standaufbau, Wasser- und Stromversorgung, Eintragung in den offiziellen Veranstaltungskatalog, entsprechenden Werbemaßnahmen, Dolmetschertätigkeit, Transport und Versicherungen ergeben;

b)

Veranstaltung internationaler Workshops in Italien und im Ausland: Ausgaben für Organisation und Durchführung der Treffen (Anmietung von Tagungsräumen, Aufbau der Ausstattung, Auswahl der Treffen, Dolmetschertätigkeit und entsprechende Werbemaßnahmen);

c)

Werbemaßnahmen in den Massenmedien (Presse, Plakate, Rundfunk, Fernsehen).

(32)

Begünstigte der Finanzierung der Ausgaben gemäß den Buchstaben a und b sind die Konsortien und Unternehmen, die vorschriftsmäßig in den sizilianischen Handelskammern eingetragen sind. Die Auswahl der Begünstigten erfolgt jährlich durch öffentliche Aufforderung zur Einreichung von Teilnahmeanträgen auf der Grundlage von Auswahlkriterien, die vorab im Amtsblatt der Region Sizilien veröffentlicht wurden. Nach dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De minimis“-Beihilfen (9) stellen die Beihilfen gemäß den Buchstaben a und b keine Ausfuhrbeihilfen dar und fallen ab 2002 unter die „De minimis“-Regeln. Was die Ernährungswirtschaft betrifft, können die betreffenden Beihilfen nach den Leitlinien für die Werbung als geringfügige Beihilfen angesehen werden, die unter der Ziffer 14.1 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (10) in Bezug auf die „Veranstaltung von Wettbewerben, Ausstellungen und Messen“ geregelt sind. Außerdem bleiben die Beträge, die den einzelnen Unternehmen für die Teilnahme an Messen und Workshops gewährt wurden, weit unter dem im Regionalgesetz genannten Höchstbetrag von 100 000 EUR je Begünstigten innerhalb von drei Jahren.

(33)

Bezüglich der Werbung in den Massenmedien haben die italienischen Behörden erklärt, dass die Werbekampagnen in Italien und in der übrigen Gemeinschaft sich nicht auf Erzeugnisse eines Unternehmens oder einer Gruppe von Unternehmen beziehen, sondern ein Erzeugnis allgemein bewerben, ohne dessen Ursprung hervorzuheben, auch wenn es sich um für die Region typische Erzeugnisse handele. In den Werbekampagnen für die Ernährungswirtschaft betreffe die Werbebotschaft ein Produkt oder eine Produktgruppe ohne Bezugnahme auf die betreffenden Unternehmen in der Region. Die Werbung sei allgemein gehalten, ohne zum Kauf von Erzeugnissen allein wegen ihres regionalen Ursprungs anzuregen, und könne auch nicht als Negativwerbung für Produkte aus anderen Mitgliedstaaten angesehen werden. Die Werbung stelle also keinen Verstoß gegen Artikel 28 EG-Vertrag dar.

(34)

Die Stellungnahme der italienischen Behörden bezieht sich auf Absatzförderungs- und Werbemaßnahmen, die in der Europäischen Gemeinschaft oder in Drittländern durchgeführt werden, da dieselben Kriterien eingehalten werden.

V.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

(35)

Gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(36)

Die vorliegende Maßnahme sieht Beihilfen aus öffentlichen Mitteln der Region zugunsten bestimmter landwirtschaftlicher Betriebe in Sizilien vor, die unbestreitbar einen erheblichen wirtschaftlichen und finanziellen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen erhalten, die nicht für einen entsprechenden Beitrag infrage kommen. Verstärkt eine von einem Mitgliedstaat gewährte Finanzhilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, so muss dieser der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zufolge als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden (11).

(37)

Die Maßnahme hat insofern Einfluss auf den innergemeinschaftlichen Handel, als dieser bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen einen erheblichen Umfang hat, wie aus der nachstehenden Tabelle (12) hervorgeht, in der der Gesamtwert des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen zwischen Italien und der Gemeinschaft im Zeitraum 1997-2001 (13) wiedergegeben ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Region Sizilien in Italien ein wichtiger Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte ist.

 

Landwirtschaft insgesamt

 

Mio. ECU/EUR

Mio. ECU/EUR

 

Ausfuhren

Einfuhren

1997

9 459

15 370

1998

9 997

15 645

1999

10 666

15 938

2000

10 939

16 804

2001

11 467

16 681

(38)

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach einem Urteil des Gerichtshofs eine Beihilfe für ein Unternehmen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen kann, wenn dieses Unternehmen im Wettbewerb mit Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten steht, ohne selbst an den Ausfuhren teilzunehmen. Wenn nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann die inländische Erzeugung dadurch beibehalten oder erhöht werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Erzeugnisse auf den Markt dieses Mitgliedstaats auszuführen, verringern. Eine solche Beihilfe kann somit den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen (14).

(39)

Dementsprechend fällt die fragliche Beihilfe nach Auffassung der Kommission unter das Verbot gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag. Die italienischen Behörden haben diesen Sachverhalt nie bestritten.

(40)

Das Verbot gemäß Artikel 87 Absatz 1 wird durch die Ausnahmeregelungen von Artikel 87 Absätze 2 und 3 eingegrenzt.

(41)

Die in Artikel 87 Absatz 2 Buchstaben a, b und c aufgeführten Ausnahmen kommen in Anbetracht des Charakters der Beihilfemaßnahmen und ihrer Ziele eindeutig nicht zur Anwendung. Die italienischen Behörden haben sich auch nicht auf sie berufen.

(42)

Auch Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, da die Beihilfen nicht zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten beitragen, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder in denen eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Außerdem hat Italien auch Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a nicht geltend gemacht.

(43)

Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b ist auf die fraglichen Beihilfen ebenfalls nicht anwendbar, weil diese nicht dazu dienen, Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse zu fördern oder eine beträchtliche Störung der italienischen Wirtschaft zu beheben. Im Übrigen hat Italien auch Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b nicht angeführt.

(44)

Ferner sind die vorliegenden Beihilfen weder dazu bestimmt noch geeignet, zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d beizutragen, und auch diese Bestimmung hat Italien nicht geltend gemacht.

(45)

Angesichts des Charakters und der Ziele der betreffenden Beihilfen käme demzufolge allein die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag infrage.

Anwendbare Vorschriften

(46)

Die Anwendbarkeit der im Erwägungsgrund 45 genannten Ausnahmeregelung muss auf der Grundlage der Bestimmungen für staatliche Beihilfen zur Werbung und Absatzförderung im Agrarsektor oder der Leitlinien für die Werbung (15) geprüft werden.

(47)

Gemäß Abschnitt 7.1 der Leitlinien für die Werbung wendet die Kommission die genannten Leitlinien ab 1. Januar 2002 auf neue Beihilfen einschließlich anhängiger Notifizierungen der Mitgliedstaaten an. Die im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vorschriftswidrigen Beihilfen werden unter Anwendung der Leitlinien geprüft, die zum Zeitpunkt ihrer Gewährung in Kraft waren.

(48)

Gemäß dem Beschluss zur Einleitung des Verfahrens, in dem die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahmen mit den derzeit für diese Art von Beihilfen geltenden Vorschriften geäußert hat (16), bezieht sich die vorliegende Entscheidung ausschließlich auf Beihilfen, die seit dem 1. Januar 2002 zugunsten der Absatzförderung und Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Anhang I EG-Vertrag gewährt wurden bzw. werden.

(49)

Bezüglich der Beihilfen für die Absatzförderung ist in Abschnitt 8 der Leitlinien für die Werbung festgelegt, dass Aktionen zur Absatzförderung wie die Verbreitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Veranstaltung von Messen und Ausstellungen, die Teilnahme hieran sowie ähnliche Aktionen der Öffentlichkeitsarbeit einschließlich Umfragen und Marktforschung nicht als Werbung gelten. Staatliche Beihilfen zugunsten der Absatzförderung im weitesten Sinne sind in den Abschnitten 13 und 14 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (17) geregelt. Da in der Notifizierung nicht angegeben ist, ob die betreffenden Beihilfen nur für kleine und mittlere Unternehmen gelten, kommt im vorliegenden Fall die Verordnung (EG) Nr. 1/2004 der Kommission vom 23. Dezember 2003 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen (18) nicht zur Anwendung.

(50)

Bezüglich der Beihilfe für die Werbung ist in Abschnitt 7 der Leitlinien für die Werbung festgelegt, dass als „Werbung“ — dem Gegenstand der einschlägigen Leitlinien — nicht nur Maßnahmen gelten, die über die Massenmedien (wie Presse, Rundfunk, Fernsehen oder Plakate) durchgeführt werden, sondern jegliche Aktion, die darauf ausgerichtet ist, die Marktteilnehmer bzw. die Verbraucher zum Kauf eines bestimmten Erzeugnisses anzuregen, aber auch sämtliches Material, das mit derselben Absicht direkt an die Verbraucher verteilt wird, einschließlich Werbemaßnahmen, die sich am Verkaufsort an den Verbraucher richten.

Beihilfen zugunsten der Absatzförderung

(51)

Aus den vorliegenden Informationen geht hervor, dass die Beihilfen für die Teilnahme an Messen und Workshops in der Gemeinschaft und in Drittländern gemäß Erwägungsgrund 31 Buchstaben a und b und Erwägungsgrund 32 dieser Entscheidung nur insofern in vollem Umfang als Beihilfen zur Absatzförderung angesehen werden können, als die beschriebenen Tätigkeiten weder die Marktteilnehmer bzw. Verbraucher zum Kauf eines bestimmten Erzeugnisses anregen, noch Material zur Verteilung an die Verbraucher in derselben Absicht umfassen. Gemäß Abschnitt 7 der Leitlinien gilt als Werbung jegliche Aktion, die darauf ausgerichtet ist, die Marktteilnehmer oder die Verbraucher zum Kauf eines bestimmten Erzeugnisses anzuregen, sowie sämtliches Material, das mit derselben Absicht direkt an die Verbraucher verteilt wird.

(52)

Sofern die Maßnahmen für die Teilnahme an Messen und Workshops in der Gemeinschaft und in Drittländern tatsächlich als Absatzförderungsmaßnahmen im Sinne der Abschnitte 13 und 14 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor anzusehen sind, kann der betreffende Beihilfesatz bis zu 100 % betragen, darf aber 100 000 EUR je Begünstigten innerhalb eines Dreijahreszeitraums nicht überschreiten. Dieser letztgenannte Betrag kann im Fall von Unternehmen, die der Definition kleiner und mittlerer Unternehmen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (19) entsprechen, auch höher sein, vorausgesetzt, dass 50 % der zuschussfähigen Kosten nicht überschritten werden. Zur Berechnung des Beihilfebetrags gilt der Empfänger der Dienstleistung als Begünstigter. Wie aus den Bemerkungen der italienischen Behörden hervorgeht, wird der genannte Höchstbetrag bei der Finanzierung der betreffenden Absatzförderungsmaßnahmen eingehalten, so dass diese als mit den einschlägigen Vorschriften vereinbar angesehen werden können (20).

(53)

Um Wettbewerbsverfälschungen vorzubeugen, sollten gemäß Abschnitt 14 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor diese Art der Beihilfen grundsätzlich allen zuschussfähigen natürlichen und juristischen Personen in dem betreffenden Gebiet auf der Grundlage objektiv definierter Kriterien zur Verfügung stehen. Nach den Informationen, die Italien übermittelt hat und die im Erwägungsgrund 32 dieser Entscheidung wiedergegeben sind, scheint diese Bedingung erfüllt zu sein (21). Beihilfen, die nur auf bestimmte Vereinigungen begrenzt sind und nur deren Mitglieder begünstigen, tragen nicht zur Entwicklung des Sektors als Ganzem bei und sind als Betriebsbeihilfen anzusehen. Sofern sie also von Erzeugerorganisationen oder anderen landwirtschaftlichen Vereinigungen erbracht werden, müssen die betreffenden Dienstleistungen allen Landwirten offen stehen. In diesen Fällen müssen etwaige Beiträge zu den Verwaltungskosten der betreffenden Vereinigung bzw. Organisation auf die Kosten beschränkt sein, die durch die Erbringung der Dienstleistung entstehen.

Beihilfen zugunsten der Werbung

(54)

Sofern die genannten Maßnahmen Tätigkeiten beinhalten, die die Marktteilnehmer oder Verbraucher zum Kauf eines bestimmten Erzeugnisses anregen sollen, oder Material vorsehen, das in derselben Absicht direkt an die Verbraucher verteilt wird, (etwa Werbematerial an Verkaufsstellen, das für Marktteilnehmer wie Landwirte, Groß- oder Einzelhändler, Gaststätten, Hotels oder andere Betriebe des Gaststättenwesens bestimmt ist) müssen die betreffenden Maßnahmen zur Förderung der Teilnahme an Messen und Workshops — ebenso wie die Werbemaßnahmen in den Massenmedien (Presse, Plakate, Rundfunk, Fernsehen), die im Erwägungsgrund 31 Buchstabe c und im Erwägungsgrund 33 dieser Entscheidung beschrieben sind — gemäß den geltenden Vorschriften für Beihilfen zur Werbung geprüft werden.

(55)

Nach den Leitlinien für die Werbung sollten die Erzeuger und Händler die Kosten für die Werbung im Rahmen ihrer üblichen Geschäftstätigkeit selbst tragen.

(56)

Damit also die Beihilfen für die Werbung nicht als Betriebsbeihilfen eingestuft, sondern als mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag vereinbar angesehen werden, dürfen sie die Bedingungen für den Handel nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft (negative Kriterien), bzw. müssen sie die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete erleichtern (positive Kriterien). Außerdem müssen sie unter Inachtnahme der internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft gewährt werden, welche sich im Fall der Landwirtschaft aus dem Landwirtschaftsübereinkommen (WTO-GATT 1994) ergeben.

(57)

Gemäß Abschnitt 3.1 der Leitlinien für die Werbung sind die negativen Kriterien erfüllt, wenn die Beihilfen nicht zugunsten von Werbemaßnahmen gewährt werden, die Artikel 28 EG-Vertrag zuwiderlaufen (Abschnitt 3.1.1), die gegen das sekundäre Gemeinschaftsrecht verstoßen (Abschnitt 3.1.2) oder die auf bestimmte Unternehmen ausgerichtet sind (Abschnitt 3.1.3). Sofern außerdem die Durchführung der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Werbemaßnahmen Privatunternehmen übertragen wird, muss die Auswahl dieser Unternehmen — um eine Beihilfegewährung an diese Unternehmen auszuschließen — unter Einhaltung marktwirtschaftlicher Regeln, in nicht diskriminierender Weise und gegebenenfalls durch Ausschreibungsverfahren in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht (22) erfolgen, mit einem Grad an Werbung, der eine Öffnung des Dienstleistungsmarktes für den Wettbewerb und eine Prüfung der Unparteilichkeit der Auftragsvergabeverfahren ermöglicht.

(58)

Nach den vorliegenden Informationen scheinen die Kriterien gemäß den Abschnitten 3.1.1 (Maßnahmen, die Artikel 28 EG-Vertrag zuwiderlaufen) und 3.1.3 (Werbung für bestimmte Unternehmen) bei den Werbemaßnahmen gemäß dem Erwägungsgrund 30, dem Erwägungsgrund 31 Buchstabe c und dem Erwägungsgrund 33 dieser Entscheidung eingehalten zu sein. Allerdings haben die italienischen Behörden keine Angaben zu der Frage übermittelt, ob auch das Kriterium von Abschnitt 3.1.2 (Werbemaßnahmen, die gegen das sekundäre Gemeinschaftsrecht verstoßen) eingehalten wurde.

(59)

Neben den negativen Kriterien gemäß Abschnitt 3.2 der Leitlinien für die Werbung müssen öffentlich geförderte Beihilfemaßnahmen auch mindestens ein positives Kriterium erfüllen, das als Beleg dafür dient, dass die Beihilfe tatsächlich die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete fördert. Diese Bedingung gilt als erfüllt, wenn die öffentlich geförderte Werbemaßnahme eine der folgenden Fälle betrifft: landwirtschaftliche Überschusserzeugnisse oder ungenügend ausgenutzte Arten, neue Erzeugnisse oder Ersatzerzeugnisse, die nicht überschüssig sind, Qualitätserzeugnisse einschließlich Erzeugnissen, die aus umweltfreundlichen Produktionsverfahren oder Fangmethoden hervorgehen, zum Beispiel Erzeugnisse aus ökologischem Landbau, Entwicklung bestimmter Gebiete, Entwicklung der kleinen und mittleren Unternehmen, wie definiert durch die Verordnung (EG) Nr. 70/2001, Projekte, die von Organisationen durchgeführt werden, die im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates vom 17. Dezember 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur offiziell anerkannt wurden (23) oder Projekte, die gemeinsam von Erzeugerorganisationen oder anderen Organisationen des Fischereisektors durchgeführt werden, die von den nationalen Behörden anerkannt wurden.

(60)

Was die Beihilfen für die Werbung betrifft, so geht aus der Stellungnahme der italienischen Behörden nicht hervor, ob die fraglichen Werbemaßnahmen eines der oben genannten Kriterien erfüllen.

(61)

Bezüglich der Höchstgrenze staatlicher Beihilfen für die Werbung für landwirtschaftliche und andere Erzeugnisse ist in Abschnitt 5 der Leitlinien für die Werbung vorgesehen, dass eine direkte Beihilfe (aus allgemeinen öffentlichen Haushaltsmitteln) grundsätzlich nicht den Betrag überschreiten darf, den der Sektor selbst für bestimmte Werbeaktionen ausgibt. Deshalb sollte der Anteil der direkten Beihilfe bei Werbemaßnahmen nicht mehr als 50 % betragen, wobei die Unternehmen des betreffenden Sektors entweder durch freiwillige Beiträge oder durch parafiskalische Abgaben oder Pflichtbeiträge mindestens 50 % zu den Kosten beizusteuern haben. Um der Bedeutung bestimmter unter Abschnitt 3.2 angeführter positiver Kriterien Rechnung zu tragen, kann die Kommission eine Erhöhung der oben genannten Höchstsätze für direkte Beihilfen auf bis zu 75 % der Kosten im Fall von Werbeaktionen für Produkte genehmigen, die von KMU in Gebieten hergestellt werden, in denen Förderungen gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag infrage kommen.

(62)

Aus den übermittelten und im Erwägungsgrund 31 wiedergegebenen Informationen geht hervor, dass alle in der betreffenden Beihilferegelung vorgesehenen Absatzförderungs- und Werbemaßnahmen zu 100 % aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Die Bedingung, wonach 50 % (bzw. 25 %) der Kosten aus dem betreffenden Sektor stammen müssen, ist also nicht erfüllt.

(63)

Daher kann die Kommission davon ausgehen, dass die fraglichen Beihilfen für die Werbung nicht den Kriterien gemäß den Abschnitten 3.1.2 (Maßnahmen, die gegen das sekundäre Gemeinschaftsrecht verstoßen), 3.2 (positive Kriterien) und 5 (Höchstgrenzen staatlicher Beihilfen) der Leitlinien für die Werbung entsprechen.

(64)

Diese Schlussfolgerung gilt gleichermaßen für die Maßnahmen innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft. Da die Beihilfen für die Werbung außerhalb der Gemeinschaft im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor nicht ausdrücklich behandelt werden, geht die Kommission bei deren Bewertung nach eigenem Ermessen vor. Nach ihrer gängigen Praxis werden diese Beihilfen dann als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen, wenn sie den für Beihilfen innerhalb der Gemeinschaft geltenden Regeln für staatliche Beihilfen entsprechen; dann können sie bis zu einer Höhe von 80 % (24) genehmigt werden. Wie aus den in den Erwägungsgründen 31 und 33 wiedergegebenen Auskünften hervorgeht, werden innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft dieselben Maßnahmen durchgeführt und Beihilfen in Höhe von 100 % der Kosten gewährt. Deshalb sind auch in diesem Fall weder die Kriterien des Abschnitts 3.1.2 (Maßnahmen, die gegen das sekundäre Gemeinschaftsrecht verstoßen) noch die Kriterien des Abschnitts 3.2 (positive Kriterien) der Leitlinien für die Werbung noch die von der Kommission festgesetzten Höchstgrenzen staatlicher Beihilfen berücksichtigt (25). Daher sind auch diese Beihilfen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

(65)

Die vorliegende Entscheidung betrifft ausschließlich Beihilfemaßnahmen im Agrarsektor zugunsten der Absatzförderung und Werbung für Agrarerzeugnisse gemäß Anhang I EG-Vertrag. Sie gibt nicht den formellen Standpunkt der Kommission zur Vereinbarkeit der Auswahl von Dienstleistungserbringern mit den Vorschriften der Gemeinschaft für öffentliche Ausschreibungen und den diesbezüglichen Urteilen des Gerichtshofs wieder. Die Kommission behält sich vor, diese Frage aus Sicht der einschlägigen Vorschriften zu prüfen.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(66)

Aus den obigen Erwägungen ergibt sich, dass die Beihilfemaßnahmen zugunsten der Absatzförderung, sofern sie mit den Abschnitten 13 und 14 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor im Einklang sind, als mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c vereinbar angesehen werden können, da sie die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete fördern.

(67)

Die Beihilfemaßnahmen zugunsten der Werbung, die den Bestimmungen der Leitlinien für die Werbung für Erzeugnisse gemäß Anhang I EG-Vertrag nicht entsprechen, sind nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie so geändert werden, dass sie mit den genannten Bestimmungen vereinbar sind.

(68)

Bereits gewährte Beihilfen zugunsten der Werbung, die nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, sind von den Begünstigten zurückzufordern —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die von Italien in Anwendung von Artikel 4 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 der Region Sizilien vorgesehenen staatlichen Beihilfen zugunsten der Absatzförderung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen gemäß Anhang I EG-Vertrag sind mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Die Durchführung dieser Beihilfen wird deshalb genehmigt.

Artikel 2

Die von Italien in Anwendung von Artikel 4 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 der Region Sizilien vorgesehenen Beihilfen zugunsten der Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Artikel 4 des Regionalgesetzes Nr. 27/1997 der Region Sizilien sind nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Diese Beihilfen dürfen deshalb nicht durchgeführt werden.

Artikel 3

Italien trifft alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 2 genannten und rechtswidrig zur Verfügung gestellten Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern.

Die Rückforderung erfolgt unverzüglich nach den nationalen Verfahren, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe den Empfängern zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung. Die Zinsen werden auf der Grundlage der Berechnung des Subventionsäquivalents der Regionalbeihilfen verwendeten Bezugssatzes berechnet.

Artikel 4

Italien ändert seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften für Beihilfen zur Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Anhang I EG-Vertrag, um sie mit Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung für in Anhang I des EG-Vertrags genannte Erzeugnisse und bestimmte nicht in Anhang I genannte Erzeugnisse in Einklang zu bringen.

Artikel 5

Italien teilt der Kommission innerhalb zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 2. Juni 2004.

Für die Kommission

Franz FISCHLER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 48 vom 24.2.2004, S. 2.

(2)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1. Verordnung geändert durch die Beitrittsakte von 2003.

(3)  Vgl. Fußnote 1.

(4)  Vgl. Erwägungsgründe 27, 28 und 29 des im ABl. C 48 vom 24.2.2004, S. 2, veröffentlichten Beschlusses.

(5)  ABl. C 252 vom 12.9.2001, S. 5.

(6)  Urteil des Gerichtshofs vom 18. November 1999 in der Rechtssache C-107/98, Teckal Srl gegen Comune di Viano und Azienda Gas-Acqua Consorziale (AGAC) di Reggio Emilia (Slg. 1999, I-08121).

(7)  ABl. L 209 vom 24.7.1992, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 2003.

(8)  Urteil des Gerichtshofs vom 7. Dezember 2000 in der Rechtssache C-324/98, Telaustria Verlags GmbH und Telefonadress GmbH gegen Telekom Austria AG (Slg. 2000, I-10745).

(9)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 30.

(10)  ABl. C 28 vom 1.2.2000, S. 2. Berichtigung im ABl. C 232 vom 12.8.2000, S. 17.

(11)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980 in der Rechtssache C-730/79, Philip Morris Holland BV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1980, S. 2671, Randnummern 11 und 12.

(12)  Quelle: Eurostat.

(13)  Nach geltender Rechtsprechung ist die Bedingung der Beeinträchtigung des Handels dann erfüllt, wenn der Beihilfeempfänger eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die Gegenstand von Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten ist. Die einfache Tatsache, dass die Beihilfe die Position dieses Unternehmens gegenüber anderen im innergemeinschaftlichen Warenaustausch konkurrierenden Unternehmen stärkt, lässt die Ansicht zu, dass diese Handelsbeziehungen beeinträchtigt wurden. Was die Beihilfen im Agrarsektor betrifft, so ist es inzwischen feststehende Rechtsprechung, dass eine bestimmte Beihilfe den innergemeinschaftlichen Handel und Wettbewerb auch bei einem insgesamt geringfügigen und auf eine große Zahl von Unternehmen aufgeteilten niedrigen Betrag beeinträchtigen kann. Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2002 in der Rechtssache C-113/00, Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 2002, I-7601, Randnummern 30 bis 36 und 54 bis 56, und Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2002 in der Rechtssache C-114/00, Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 2002, I-7657, Randnummern 46 bis 52 und 68 bis 69.

(14)  Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 1988 in der Rechtssache 102/87, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik, Slg. 1988, S. 4067.

(15)  Vgl. Fußnote 5.

(16)  Vgl. Erwägungsgründe 27, 28 und 29 der im ABl. C 48 vom 24.2.2004, S. 2, veröffentlichten Entscheidung.

(17)  Vgl. Fußnote 9.

(18)  ABl. L 1 vom 3.1.2004, S. 1.

(19)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 33. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 364/2004 (ABl. L 63 vom 28.2.2004, S. 22).

(20)  Was den Agrarsektor betrifft, so werden die Beihilfen für außerhalb der Gemeinschaft durchgeführte Absatzförderungs- und Werbemaßnahmen im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor nicht ausdrücklich behandelt. Dementsprechend bewertet die Kommission sie nach eigenem Ermessen. Nach der gängigen Praxis der Kommission können diese Maßnahmen dann als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, wenn sie den einschlägigen Vorschriften für im Gebiet der Gemeinschaft gewährte Beihilfen entsprechen. Vgl. z. B. Italien/Toskana, Beihilfe N 656/02, Beihilfe NN 150/02 (ex N 109/02) (Schreiben K(2003) 1747 der Kommission vom 11.6.2003) und Beihilfe NN 44/03 (ex N 6/2003) (Schreiben K(2003) 2534 der Kommission vom 23.7.2003.

(21)  Wie bereits in der Entscheidung K(2002) 1768 endg. der Kommission vom 7.5.2002 (Beihilfe N 241/01, Italien/Handelskammer) erklärt, unterliegt die Gründung eines Unternehmens oder dessen Eintragung in die jeweils zuständige Handelskammer keinerlei rechtlichen oder faktischen Beschränkung. Vgl. auch Beihilfe N 62/01 (Italien/Unione delle Camere di Commercio del Piemonte e del Veneto) — Entscheidung SG(2001)D/290914 der Kommission vom 8.8.2001.

(22)  Siehe Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-324/98 (bereits angeführt).

(23)  ABl. L 17 vom 21.1.2000, S. 22. Verordnung geändert durch die Beitrittsakte von 2003.

(24)  Vgl. z. B. Italien/Toskana, Beihilfen N 656/02, NN 150/02 (ex N 109/02) (Schreiben K(2003) 1747 der Kommission vom 11.6.2003) und NN 44/03 (ex N 6/03) (Schreiben K(2003) 2534 der Kommission vom 23.7.2003).

(25)  Vgl. Fußnote 23.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/37


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 9. November 2005

über die von Frankreich geplante Beihilferegelung zugunsten der Erzeuger und Händler der Likörweine Pineau des Charentes, Floc de Gascogne, Pommeau de Normandie und Macvin du Jura

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2005) 4189)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(2007/55/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem genannten Artikel (1)

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 hat die Ständige Vertretung Frankreichs bei der Europäischen Union der Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag eine Beihilferegelung notifiziert, die sie zugunsten der Erzeuger und Händler der Likörweine Pineau de Charentes, Floc de Gascogne, Pommeau de Normandie und Macvin du Jura anzuwenden beabsichtigt. Ergänzende Angaben wurden mit Schreiben vom 9. August und vom 24. und 28. November 2003 sowie vom 17. und 24. Februar 2004 übermittelt.

(2)

Mit Schreiben vom 20. April 2004 hat die Kommission Frankreich ihren Beschluss mitgeteilt, in Bezug auf diese Beihilfemaßnahme das Verfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(3)

Der Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission forderte hierin alle Betroffenen auf, zu der fraglichen Beihilfemaßnahme Stellung zu nehmen.

(4)

Es gingen keine Stellungnahmen bei der Kommission ein.

(5)

Mit Schreiben vom 11. Juni 2004, eingegangen am 14. Juni 2004, hat Frankreich der Kommission seine Bemerkungen übermittelt.

II.   BESCHREIBUNG

(6)

Bei den angemeldeten Beihilfen handelt es sich um die Verlängerung der bereits angemeldeten und von der Kommission genehmigten Maßnahmen im Rahmen der staatlichen Beihilfen Nr. N 703/95 (3) und N 327/98 (4). Sie sind für Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen, Forschungs- und Versuchsprogramme, Maßnahmen der technischen Hilfe sowie für Maßnahmen zur Förderung der Qualitätserzeugung bestimmt.

(7)

Die Entscheidung der Kommission über die staatliche Beihilfe Nr. N 703/95 wurde durch ein Urteil des Gerichtshofes, das nachstehend im Einzelnen erläutert wird, aufgehoben.

(8)

Die Auszahlung der ursprünglich für einen Zeitraum von 5 Jahren ab 1995/1996 vorgesehenen Beihilfen N 703/95 und 327/98 sollte in 7 Raten erfolgen, wobei sich die letzte Rate auf den Zeitraum Mai 2001 — April 2002 bezog. Aufgrund von der Regierung auferlegter Haushaltsrestriktionen wurden die Mittel für die Auszahlung dieser letzten Rate jedoch bis heute nicht freigegeben. Der Stichtag für den Ablauf der vorherigen Beihilferegelung wurde auf den 30. April 2002 verschoben.

(9)

Neu gegenüber den vorherigen Regelungen ist, dass die begünstigten Branntweinhersteller (Armagnac, Calvados, Cognac) keine Verlängerung der Beihilferegelung beantragt haben. Die französischen Behörden haben daher beschlossen, die Beihilferegelung auf Likörweine mit geschützter Ursprungsbezeichnung zu beschränken.

(10)

Für alle genannten Branchenverbände und alle nachfolgend beschriebenen Beihilfen ist ein Gesamtbetrag von 12 Mio. EUR für einen Zeitraum von fünf Jahren vorgesehen, der wie folgt aufgeteilt ist: Pineau de Normandie: 9,36 Mio. EUR, Floc de Gascogne: 2,04 Mio. EUR, Pommeau de Normandie: 360 000 EUR und Macvin du Jura: 240 000 EUR.

(11)

Die Maßnahmen im Bereich der Forschung, der technischen Hilfe und der Entwicklung der Qualitätserzeugung werden allein aus Haushaltsmitteln des Staates finanziert. Die Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen werden teils aus staatlichen Mitteln, teils aus von den Mitgliedern der betreffenden Branchenverbände entrichteten „freiwilligen obligatorischen Beiträgen“ (cotisations volontaires obligatoires — CVO) finanziert. Werbemaßnahmen innerhalb der Europäischen Union finanziert der Staat zu maximal 50 %.

(12)

Die „freiwilligen obligatorischen Beiträge“ werden auf die Mengen an Likörwein mit geschützter Ursprungsbezeichnung erhoben, die von den Winzern, Branntweinherstellern, Händlern und Großhändlern aus dem Erzeugungsgebiet mit der betreffenden geschützten Ursprungsbezeichnung auf den Markt gebracht werden.

(13)

Im Jahr 2002 beliefen sich die „freiwilligen obligatorischen Beiträge“ für den Pineau de Charentes auf 12,96 EUR/Hektoliter, für den Floc de Gascogne auf 0,25 EUR/Flasche), für den Pommeau de Normandie auf 30,79 EUR/Hektoliter und für den Macvin de Jura auf 2,75 EUR/Hektoliter.

1.   Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen

(14)

Die französischen Behörden haben erklärt, dass die vorgesehenen Programme auf bestimmten Märkten der Europäischen Union, darunter Frankreich, sowie auf Märkten in Drittländern durchgeführt werden sollen. Mit den Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen soll die Entwicklung der Kaufabsichten durch eine verbesserte Kenntnis der Likörweine positiv beeinflusst werden, wobei die Werbung niemals auf die Erzeugnisse bestimmter Unternehmen beschränkt sein darf. Bei den Erzeugnissen, die Gegenstand der Werbemaßnahmen sind, handelt es sich sämtlich um solche mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung: Pineau des Charentes, Floc de Gascogne, Pommeau de Normandie und Macvin du Jura.

(15)

Diese Maßnahmen kommen sämtlichen organisierten Erzeugern von Likörweinen zugute, die laut den französischen Behörden alleine nicht in der Lage wären, die Vermarktung ihrer Erzeugnisse auf gleiche Weise zu fördern und zu entwickeln.

(16)

Es wird dafür Sorge getragen, dass die in den Werbemaßnahmen vermittelten Botschaften weder die Verbraucher davon abschrecken, Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten zu kaufen, noch diese Erzeugnisse in schlechtem Licht darstellen.

(17)

Die Werbe-, Informations- und Kommunikationskampagnen umfassen unterschiedliche Arten von Aktivitäten, insbesondere die Werbung in den Medien, die Erstellung und Verbreitung sonstigen absatzfördernden Materials sowie die Durchführung von mit den Kampagnen verbundenen Werbemaßnahmen an den Verkaufsorten. Diese Aktivitäten können durch absatzfördernde Maßnahmen wie Öffentlichkeitsarbeit, Teilnahme an Messen, Durchführung von Seminaren und Veranstaltungen, Erstellung von Informationsbroschüren bzw. –dokumenten sowie Studien über die Produktwahrnehmung und die Wirksamkeit der Werbekampagnen ergänzt werden.

(18)

Die französischen Behörden haben sich verpflichtet, das für diese Kampagnen verwendete Werbematerial oder Kopien desselben vorzulegen.

(19)

Der Höchstsatz der von den genannten Branchenverbänden geplanten Werbebeihilfen beschränkt sich auf 50 % für Maßnahmen in den Ländern der Europäischen Union, darunter Frankreich, sowie auf 80 % für Maßnahmen in Drittländern.

(20)

Die für diese Maßnahmen vorgesehenen Beihilfen belaufen sich auf (in Euro):

 

EU

Drittländer

Gesamt

Floc de Gascogne

1 490 000

212 500

1 702 500

Pineau des Charentes

6 956 000

1 000 000

7 956 000

Pommeau de Normandie

360 000

360 000

Macvin du Jura

175 000

175 000

Insgesamt

8 981 000

1 212 500

10 193 500

2.   Forschungsprogramme

(21)

Laut den französischen Behörden zielen die Maßnahmen zur Unterstützung der Forschungs- und Versuchsprogramme ausschließlich auf für den Sektor nützliche Forschungsarbeiten allgemeiner Art ab, die der gesamten Branche zugute kommen.

(22)

Pineau des Charentes: Mikrobiologie, bakterielle Veränderungen und ihre Folgen (Ermittlung der Faktoren für die Entwicklung von Milchsäurebakterien im Pineau des Charentes, Entwicklung von Kontaminierungsproben und Behandlungstechniken); Alterungsmechanismen des Pineau des Charentes (Aufstellung analytischer, für das Oxidationsphänomen charakteristischer Kriterien sowie Herausarbeitung der Faktoren des Alterungsprozesses); Aufbau einer analytischen Datenbank (allgemeine Analysen — vinifizierbarer Alkoholgehalt, Zucker, PH-Wert -, eventuelle chemische oder bakterielle Kontaminationen, Metalle, Kationen, flüchtige Verbindungen, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln);

(23)

Floc de Gascogne: Studie über die Rebsorten und Sortengemische (Assemblages), mit dem Ziel, eine bessere Harmonisierung bei den Sortengemischen zu erreichen und damit die Frische und Fruchtigkeit bei der Herstellung des Floc de Gascogne zu steigern (angestrebt wird ein hoher Zuckergehalt, eine ausgeprägte Farbintensität und ein angemessener Gesamtsäuregehalt); Studie des Armagnac im Hinblick auf die Herstellung des Floc de Gascogne (fortlaufende Analysen zur Ermittlung des Kupfer-, Äthanol-, Äthylacetat- und Alkoholgehalts — Verbesserung des verwendeten Armagnac); Studie und Entwicklung eines Floc de Gascogne zum gezielten Verbrauch, Durchführung qualitativer und quantitativer Tests; Haltbarkeit;

(24)

Macvin du Jura: technische Entwicklung (Überwachung des Reifungsprozesses der Rebsorten des Jura zur Feststellung ihres Reifegrades und somit der Rebsorten, die für die Herstellung des Macvin du Jura am besten geeignet sind); Auswahl und Beurteilung der Rebflächen; Qualität des Mosts sowie Kelterung (Auswirkung der Extraktionsverfahren — Enzymierung und Kaltmazeration — und der Hülsen-Maischung auf die aromatische Qualität des Macvin du Jura); Auswirkung der SO2-Zugaben auf den Prozess des Vorklärens; Klären und Behandlung zum Zwecke des Abfüllens in Flaschen (Vergleich unterschiedlicher Methoden, die darauf abzielen, die für den Macvin du Jura charakteristische Klarheit zu erzielen und diese auch nach dem Abfüllen in Flaschen zu erhalten);

(25)

Die geplanten Forschungsarbeiten werden zu 100 % finanziert. Die für den Fünfjahreszeitraum vorgesehenen Beihilfen für diese Forschungstätigkeit, einschließlich der Kosten der Informationstechnologie und bibliographischen Arbeiten sowie sämtlicher Mittel zur Verbreitung der Ergebnisse dieser Arbeiten unter den beteiligten Unternehmen des Sektors, werden wie folgt aufgeteilt: Pineau de Normandie: 9,36 Mio. EUR, Pommeau de Normandie: 118 000 EUR und Macvin du Jura: 65 000 EUR.

3.   Technische Hilfe

(26)

Laut Beschreibung der französischen Behörden handelt es sich bei den geplanten Maßnahmen zur technischen Hilfe in erster Linie um technische Schulungen, die auf die Verbesserung und Kontrolle aller Ebenen des Herstellungsprozesses (Primärerzeugung, Weinbereitung, Weinprüfung) ausgerichtet sind, sowie um Maßnahmen zur Verbreitung von Kenntnissen.

(27)

Diese Maßnahmen werden unter Vorbehalt der vorerwähnten Höchstgrenze zu 100 % finanziert. Die für den Fünfjahreszeitraum vorgesehenen Beihilfen in diesem Bereich werden wie folgt aufgeteilt: Pineau des Charentes: 280 000 EUR, Floc de Gascogne: 169 000 EUR.

4.   Beihilfen für die Herstellung von Qualitätserzeugnissen

(28)

Beihilfen für die Herstellung von Qualitätserzeugnissen sind in den Sektoren Pineau des Charentes und Floc de Gascogne vorgesehen. Dabei handelt es sich um Maßnahmen in den Bereichen HACCP und Rückverfolgbarkeit (Ausarbeitung und Verbreitung eines Bezugssystems, das die technischen und vorschriftsmäßigen Anforderungen erfüllt) sowie um technische und wirtschaftliche Studien zur Förderung qualitätssteigernder Initiativen.

(29)

Die für den Fünfjahreszeitraum vorgesehenen Beihilfen in diesem Bereich werden wie folgt aufgeteilt: Pineau des Charentes: 210 600 EUR, Floc de Gascogne: 50 500 EUR.

III.   EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 DES EG-VERTRAGS

(30)

Was die Art der Beihilfen, ihre Vergabebedingungen oder Finanzierungsmethode betrifft, hat die Vorprüfung der Maßnahmen keine grundlegenden Zweifel aufgeworfen, wenngleich es die Kommission im Fall der Werbebeihilfen für notwendig erachtet, dass sich Frankreich ausdrücklich dazu verpflichtet, etwaigen Hinweisen auf den nationalen Ursprung der Erzeugnisse nur eine untergeordnete Rolle beizumessen.

(31)

Aufgrund der Frage der Vereinbarkeit der Beihilfen mit anderen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere Artikel 90 EG-Vertrag, eröffnete die Kommission das Verfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag.

(32)

An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Entscheidung der Kommission über die staatliche Beihilfe Nr. N 703/95, die mit der notifizierten Maßnahme verlängert wird, vom Gerichtshof (5) aufgehoben wurde.

(33)

Der Gerichtshof erinnert in seinem Urteil daran, dass die französische Regierung im Laufe der Jahre 1992 und 1993 (6) ein differenziertes Besteuerungssystem für Likörweine und natürliche Süßweine eingeführt hatte. Damit wurde ab dem 1. Juli 1993 eine Verbrauchsteuer von 1 400 FRF (7) pro Hektoliter auf Likörweine und von 350 FRF pro Hektoliter auf natürliche Süßweine erhoben.

(34)

Im Jahr 1993/1994 hatten einige französische Erzeuger es abgelehnt, die zusätzliche Verbrauchsteuer auf Likörweine zu entrichten. Als dieser „Steuerstreik“ im Juni 1994 ausgesetzt wurde, begründete der Vorsitzende der Confédération nationale des producteurs de vins de liqueur à appellation d'origine contrôlée (Nationale Vereinigung der Erzeuger von Likörweinen mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung) die Aussetzung damit, dass die französische Regierung den französischen Likörweinerzeugern als Ausgleich der unterschiedlichen Besteuerung für den Zeitraum 1994 bis 1997 jährliche Entschädigungen und Rückflüsse in Aussicht gestellt habe.

(35)

Im Jahre 1995 legte die Associação de Exportadores de Vinho do Porto (Vereinigung der Portweinexporteure, im Folgenden: AEVP) bei der Kommission zwei Beschwerden ein. Die AEVP behauptete, zwischen der unterschiedlichen Besteuerung von Likörweinen und natürlichen Süßweinen einerseits und bestimmten Beihilfen zugunsten französischer Likörweinerzeuger andererseits bestehe ein Zusammenhang. Die fraglichen Beihilfen seien dazu bestimmt, diesen Unterschied in der Besteuerung für die französischen Likörweinerzeuger auszugleichen, so dass letztlich nur die ausländischen Likörweinerzeuger dem höheren Steuersatz unterlägen. Diese diskriminierende Steuerregelung sei daher nicht mit Artikel 95 (inzwischen Artikel 90) EG-Vertrag vereinbar gewesen.

(36)

Der Gerichtshof stellte fest, dass ein Teil der Beihilfen eine Gruppe von Erzeugern zu begünstigen schien, die weitgehend mit der durch das Besteuerungssystem benachteiligten Gruppe der französischen Likörweinerzeuger übereinstimmt. Insofern stelle das etwaige Bestehen einer Verbindung zwischen dem Besteuerungssystem und dem fraglichen Beihilfevorhaben eine ernste Schwierigkeit für die Beurteilung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit den Vertragsbestimmungen dar.

(37)

Der Gerichtshof betonte, unter diesen Umständen wäre die Kommission nur durch Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 2 (heute Artikel 88 Absatz 2) EG-Vertrag in der Lage gewesen, die in den Beschwerden der AEVP aufgeworfenen Fragen zu klären.

(38)

Darüber hinaus stellte der Gerichtshof einen Begründungsmangel fest, da die Kommission in ihrer Entscheidung nicht dargelegt hat, weshalb sie zu dem Schluss gelangt war, die Beschwerde der AEVP hinsichtlich eines möglichen Verstoßes gegen Artikel 95 (inzwischen 90) EG-Vertrag sei nicht begründet.

(39)

Der Gerichtshof kam daher zu dem Schluss, dass die angefochtene Entscheidung sowohl aufgrund der nicht erfolgten Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 (heute Artikel 88 Absatz 2) EG-Vertrag als auch wegen des Verstoßes gegen die Begründungspflicht gemäß Artikel 190 (heute 253) EG-Vertrag rechtswidrig ist.

(40)

Vor dem Hintergrund dieses Urteils hält die Kommission es für unerlässlich, die notifizierte Maßnahme, d. h. die Verlängerung der in der vom Gerichtshof aufgehobenen Entscheidung gebilligten Beihilfen, auf ihre Vereinbarkeit mit Artikel 90 EG-Vertrag zu prüfen.

(41)

Im Rahmen der Vorprüfung der Maßnahme bat die Kommission Frankreich daher um Antwort auf die Frage, ob die betreffende staatliche Beihilfe de facto nicht in einer teilweisen Übertragung der gemäß Artikel 402 bis des Code général des impôts erhobenen Steuer ausschließlich zugunsten der französischen Likörweinerzeuger besteht.

(42)

Den in dieser Phase von Frankreich vorgelegten Angaben zufolge hat zu keinem Zeitpunkt, weder in der Vergangenheit noch heute, ein Zusammenhang zwischen den vorgeschlagenen Unterstützungsmaßnahmen und der Verbrauchsteuer bestanden. Hierfür werden folgende Gründe angeführt:

(43)

Laut Frankreich steht der Beihilfebetrag (2,4 Mio. EUR pro Jahr, d. h. 12 Mio. EUR über 5 Jahre) in keinem Verhältnis zu dem Verbrauchsteueraufkommen des Sektors. So beliefen sich die Verbrauchsteuereinnahmen aus den 150 000 Hektoliter auf den Markt gebrachten Likörweins mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung, bei einer Verbrauchsteuerbelastung von 214 EUR/hl, auf mehr als 32 Mio. EUR pro Jahr.

(44)

Aufgrund dieses spezifischen Verbrauchsteuersatzes (214 EUR/hl anstatt 54 EUR/hl für natürliche Süßweine) ist der Likörweinsektor einer Mehrbelastung von 24 Mio. EUR ausgesetzt. Laut Frankreich steht dieser Betrag in keinem Verhältnis zum vorgeschlagenen Beihilfeniveau.

(45)

Zudem seien zu keinem Zeitpunkt Vorkehrungen getroffen worden, die Einnahmen aus dem Artikel 402 bis des Code général des impôts zugunsten der nationalen Likörweinerzeuger zu verwenden. Die zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 31. Dezember 2000 erzielten Einnahmen seien in den „Solidaritätsfonds zur Altersvorsorge“ geflossen. Zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2003 hätten sie einem Fonds zur Finanzierung der Arbeitszeitreduzierung gedient. Seit dem 1. Januar 2004 würden diese Einnahmen in den Staatshaushalt zurückgezahlt.

(46)

Nach Prüfung dieser Angaben kam die Kommission zu dem Schluss, dass ihre Zweifel in Bezug auf eine mögliche Verbindung zwischen der betreffenden Steuer und der Beihilfe nicht vollständig ausgeräumt werden konnten.

(47)

Die Kommission ist vielmehr der Auffassung, dass die Abwesenheit einer unmittelbaren Verbindung zwischen dem Beihilfebetrag (2,4 Mio. EUR) und den Einnahmen aus der Verbrauchsteuer auf Likörweine (32 Mio. EUR) bzw. zwischen dem Beihilfebetrag (2,4 Mio. EUR) und der Mehrbelastung gegenüber natürlichen Süßweinen aufgrund des erhöhten Verbrauchsteuersatzes für Likörweine (24 Mio. EUR) keinen hinreichenden Beweis dafür darstellt, dass kein Zusammenhang zwischen dieser Steuer und den Beihilfen existiert. In diesem Stadium des Verfahrens sei daher die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass die Beihilfen zumindest teilweise dazu dienten, die französischen Likörweinerzeuger zu entschädigen, während Erzeuger aus anderen Ländern der Gemeinschaft nicht in den Genuss eines solchen Ausgleichs gelangen.

(48)

Darüber hinaus ist nach Ansicht der Kommission dem Anliegen des Gerichtshofs nachzukommen, den beteiligten Dritten die Möglichkeit zur Äußerung im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen Artikel 90 EG-Vertrag zu geben.

(49)

Im Rahmen ihres Beschlusses zur Eröffnung des Verfahrens gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag forderte die Kommission Frankreich daher auf, zusätzliche Informationen und Zahlen zur Unterstützung seiner Argumente vorzulegen.

(50)

Zunächst wurde Frankreich um Antwort auf die Frage gebeten, ob sich die französischen Behörden möglicherweise gegenüber den französischen Likörweinerzeugern verpflichtet haben, diese ganz oder teilweise für die Folgen der Einführung der betreffenden Steuer im Jahre 1993 zu entschädigen oder ihnen einen entsprechenden Ausgleich zu gewähren.

(51)

Darüber hinaus wurde Frankreich aufgefordert, Zahlen zu den erhobenen Verbrauchsteuerbeträgen sowohl für französische als auch für eingeführte Erzeugnisse sowie zu den erhobenen Verbrauchstreuerbeträgen pro Erzeuger, sowohl für die französischen Erzeuger als auch für die Erzeuger aus anderen Mitgliedstaaten, vorzulegen.

(52)

Die Kommission hat festgestellt, dass der Pineau de Charentes der Hauptbegünstigte der angemeldeten Beihilfen ist und mit 78 % der Beträge weit vor dem Floc de Gascogne (17 %), dem Pommeau de Normandie (3 %) und dem Macvin de Jura (2 %) liegt. Sie hat die französischen Behörden daher gefragt, ob diese Prozentsätze jeweils den Einnahmen entsprechen, die der Staat durch die Likörweinsteuer erzielt.

(53)

Da sich die meisten Beihilfen auf Werbemaßnahmen konzentrieren, wurde Frankreich um Stellungnahme darum gebeten, inwiefern diese Auswahl als repräsentativ für die Auswahl des französischen Staates in anderen landwirtschaftlichen Erzeugungsbereichen gelten kann, insbesondere was die Qualitätserzeugung betrifft.

(54)

Ferner bat die Kommission für jedes der vier betroffenen Erzeugnisse um Informationen über die Höhe der Beihilfen für die in Frankreich durchgeführten Werbekampagnen.

(55)

Schließlich sollte nach Ansicht der Kommission auch auf den möglichen Zusammenhang zwischen den Einnahmen aus den freiwilligen obligatorischen Beiträgen und den Einnahmen aus den staatlichen Haushaltsmitteln zur Finanzierung der Beihilfen eingegangen werden.

IV.   STELLUNGNAHME FRANKREICHS

(56)

Mit Schreiben vom 10. Januar 2005 ließ Frankreich der Kommission folgende Informationen und Kommentare zukommen:

(57)

Was die Werbemaßnahmen betrifft (siehe Erwägungsgrund 30), haben sich die französischen Behörden verpflichtet, bei der Produktwerbung im Rahmen der finanzierten Maßnahmen den französischen Ursprung der betreffenden Likörweine nicht in den Vordergrund zu stellen.

(58)

Hinsichtlich eines möglichen Zusammenhangs zwischen der auf Likörweine erhobenen Steuer und den Beihilfen hat Frankreich erneut betont, dass zwischen den Einnahmen aus dieser Verbrauchsteuer und den aus Haushaltsmitteln finanzierten Beihilfen kein Zusammenhang besteht. Die Einnahmen aus der Verbrauchsteuer, auch im Bereich der Likörweine, würden dem allgemeinen Staatshaushalt zugeführt. Laut Frankreich treffen die staatlichen Behörden ihre Beihilfeentscheidungen zugunsten bestimmter Wirtschaftssektoren in vollständiger Unabhängigkeit. Im vorliegenden Fall soll mit den Beihilfen Abhilfe für bestimmte strukturelle Hindernisse geschaffen werden, mit denen der Weinsektor konfrontiert ist, insbesondere im Hinblick auf die mangelnden Kenntnisse der Verbraucher, die geringe Größe und die geografische Verstreutheit der Erzeugerbetriebe sowie den Mangel an für die Positionierung am Markt erforderlichen Mitteln.

(59)

Frankreich hat bestätigt, dass es keinerlei Rechtsgrundlage für einen Ausgleich der von den Likörweinerzeugern gezahlten Verbrauchsteuer gibt (siehe Erwägungsgrund 50).

(60)

Was die Einnahmen aus der Vermarktung französischer bzw. importierter Likörweine betrifft (siehe Erwägungsgrund 51), hat Frankreich erklärt, dass es anhand der Steuerstatistiken (die nach Verbrauchsteuersätzen zusammengestellt werden) nicht möglich ist, zwischen französischen Erzeugnissen und Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten zu unterscheiden.

(61)

Laut den Zahlen der Zolldienststellen jedenfalls verteilen sich die Einnahmen aus der Verbrauchsteuer (142,5 Mio. EUR), die im Jahr 2003 auf natürliche Süßweine und Likörweine gleich welchen Ursprungs erhoben wurde, wie folgt: 25,2 Mio. EUR entfallen auf die Kategorie der natürlichen Süßweine (d. h. ein Volumen von 467 000 hl), welche einem Steuersatz von 54 EUR/hl unterliegen, und 117,3 Mio. EUR auf die Kategorie der Likörweine (d. h. ein Volumen von 548 000 hl), welche einem Steuersatz von 214 EUR/hl unterliegen.

(62)

Anhand der Ernteerklärungen ist es möglich, die Menge der in Frankreich erzeugten Likörweine einzeln zu beziffern, nämlich ein Volumen von 94 477 hl Pineau des Charentes, 2 091 hl Macvin du Jura und 5 680 hl Pommeau und 6 057 hl Floc de Gascogne.

(63)

Frankreich hat eine Tabelle übermittelt, die die Aufteilung der geplanten Beihilfen auf die vier Branchenverbände sowie die Verteilung der in den betreffenden Sektoren erzeugten Volumen illustriert (siehe Erwägungsgrund 52).

Ursprungsbezeichnungen

Erzeugtes Volumen

Erzeugtes Volumen in Prozent

Prozentsatz der geplanten Beihilfe

Pineau des Charentes

112 436 hl (2001)

87 %

78 %

Floc de Gascogne

8 413 hl (2003)

7 %

17 %

Pommeau

5 111 hl (2002)

4 %

3 %

Macvin du Jura

2 717 hl (2002)

2 %

2 %

(64)

Frankreich weist darauf hin, dass der Anteil der einzelnen Likörweine an der Gesamterzeugung und der Prozentsatz der geplanten Beihilfen zwar nah beieinander liegen, jedoch nicht vollkommen übereinstimmen. Frankreich betont, dass die Verteilung der geplanten Beihilfen das Ergebnis der Abstimmung zwischen den begünstigten Branchenverbänden darstellt und keine Entscheidung, die von den staatlichen Behörden auferlegt wird.

(65)

Was die Frage der Kommission hinsichtlich der Höhe der für Werbemaßnahmen gewährten Beihilfen betrifft (siehe Erwägungsgrund 53), lassen die von Frankreich vorgelegten Zahlen darauf schließen, dass vor allem im Sektor Qualitätsweine die für Werbemaßnahmen vorgesehenen Beihilfebeträge zwischen 50 % und 74 % der den Branchenverbänden zur Verfügung stehenden Gesamtmittel ausmachen.

(66)

Frankreich hat für jeden der betroffenen Branchenverbände den Anteil der Mittel angegeben, die für in Frankreich durchgeführte Werbemaßnahmen gewährt werden: Diese Aufteilung, die so bestehen bleiben soll, wenn die Beihilferegelung gebilligt wird, sei ebenfalls das Ergebnis einer freien Abstimmung unter den Branchenverbänden.

Likörweine mit Ursprungsbezeichnung

Budget 2003 für absatzfördernde Maßnahmen

Davon in Frankreich

Geplante Beihilfen (2,4 Mio EUR/Jahr)

Davon in Frankreich

Pineau des Charentes

1 671 000 EUR

74 %

1 872 000 EUR

74 %

Floc de Gascogne

279 000 EUR

64 %

408 000 EUR

64 %

Pommeau

166 000 EUR

100 %

72 000 EUR

100 %

Macvin du Jura

22 600 EUR

100 %

48 000 EUR

100 %

(67)

Was einen etwaigen Zusammenhang zwischen den Einnahmen aus den freiwilligen obligatorischen Beiträgen und den staatlichen Haushaltsmitteln zur Finanzierung der Beihilfen betrifft, hat Frankreich folgende Tabelle vorgelegt:

Ursprungsbezeichnung

Volumen

CVO-Beitragssatz

Für absatzfördernde Maßnahmen genutzte Einnahmen aus den CVO

Staatliche Beihilfen für absatzfördernde Maßnahmen

Pineau des Charentes

112 436 hl

12,96 EUR/hl

1 457 000 EUR

1 591 000 EUR

Floc de Gascogne

8 413 hl

0,25 EUR/Flasche

279 000 EUR

340 000 EUR

Pommeau

5 111 hl

30,79 EUR/hl

157 000 EUR

72 000 EUR

Macvin du Jura

2 717 hl

2,75 EUR/hl

75 000 EUR

35 000 EUR

(68)

Die für Werbezwecke nutzbaren Einnahmen beschränken sich jedoch nicht nur auf die freiwilligen obligatorischen Beiträge. Die Branchenverbände können auch auf andere Mittel zurückgreifen, die sie beispielsweise aus Dienstleistungen, dem Verkauf von Werbeartikeln oder sonstigen Aktivitäten beziehen. Frankreich hat bestätigt, dass die Werbemaßnahmen zum Teil aus privaten Mitteln in Höhe von mindestens 50 % der zulässigen Kosten finanziert werden.

(69)

Zum Vergleich der geplanten Beihilfen und der Einnahmen aus der Verbrauchsteuer, die sich am Erntevolumen (8) bemessen, hat Frankreich folgende Zahlen vorgelegt:

Ursprungsbezeichnungen

Voraussichtliche Verbrauchsteuereinnahmen pro Jahr

Vorgesehene Beihilfen

Beihilfen/Verbrauchsteuer

Pineau des Charentes

20 218 078 EUR

1 872 000 EUR

9,3  %

Floc de Gascogne

1 296 198 EUR

408 000 EUR

31,5  %

Pommeau

1 215 520 EUR

72 000 EUR

5,9  %

Macvin du Jura

447 474 EUR

48 000 EUR

10,7  %

(70)

Frankreich betont, letztere Tabelle sei von besonderer Bedeutung, da die jeweiligen Beträge keinerlei Zusammenhang erkennen lassen und somit einen Ausgleich der Verbrauchsteuerbelastung durch die Beihilfen nicht bestätigen.

V.   WÜRDIGUNG

1.   Beihilfecharakter. Anwendbarkeit von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(71)

Gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sind, soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(72)

Damit eine Maßnahme in den Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag fällt, müssen demnach folgende vier Bedingungen kumulativ erfüllt sein: (1) die Maßnahme muss vom Staat oder aus staatlichen Mitteln finanziert werden, (2) sie muss selektiv bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige betreffen, (3) sie muss einen wirtschaftlichen Vorteil für die begünstigten Unternehmen darstellen, (4) sie muss den Handel innerhalb der Gemeinschaft beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

(73)

Im vorliegenden Fall ist die Kommission der Ansicht, dass diese Bedingungen erfüllt sind. Denn:

1.1   Staatliche Mittel

(74)

Die Maßnahmen in den Bereichen Forschung, technische Hilfe und Entwicklung von Qualitätserzeugnissen werden ausschließlich aus Haushaltsmitteln des Staates finanziert.

(75)

Demgegenüber werden Maßnahmen der Werbung und Absatzförderung teils vom Staat und teils (zu mindestens 50 %) von den betroffenen Berufsverbänden finanziert, die ihre Mittel im Wesentlichen aus den freiwilligen obligatorischen Beiträgen ihrer Mitglieder beziehen.

(76)

Nach Auffassung der Kommission handelt es sich bei den für Absatzförderungs- und Werbemaßnahmen verwendeten Mitteln gänzlich um staatliche Mittel, wofür sie die nachstehenden Gründe anführt.

(77)

Nach einer gängigen Praxis der Kommission gelten die obligatorischen Beiträge der Unternehmen eines Sektors, die für die Finanzierung einer finanziellen Unterstützungsmaßnahme verwendet werden, als steuerähnliche Abgaben und damit als staatliche Mittel, wenn die Zahlung dieser Beiträge vom Staat auferlegt oder das Aufkommen aus diesen Beiträgen von einem per Gesetz geschaffenen Organ verwaltet wird.

(78)

Im vorliegenden Fall wurden die eingesammelten Beiträge zu Pflichtbeiträgen, da die französische Regierung die Branchenvereinbarungen für allgemein verbindlich erklärt hat. Dies geschah durch einen im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlichten Erlass. Das bedeutet, dass es eines öffentlichen Rechtsaktes bedurfte, damit die Beiträge rechtskräftig erhoben werden konnten.

(79)

Laut der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist andererseits bei der Beurteilung des Beihilfecharakters einer staatlichen Maßnahme auch zu untersuchen, ob die betreffende Maßnahme dem Staat zurechenbar  (9) ist. Die neuere Rechtsprechung (10) hat hierzu Elemente geliefert, die an dieser Stelle geprüft werden sollen.

(80)

Der Gerichtshof hat erklärt, dass bestimmte Maßnahmen, die aus den Beiträgen der Mitglieder von Berufsverbänden finanziert werden, nicht in den Anwendungsbereich des Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen, da a) diese Beiträge für die Finanzierung dieser Maßnahmen zweckgebunden sind; b) die betreffende Organisation oder die staatlichen Behörden zu keinem Zeitpunkt befugt sind, frei über diese Mittel zu verfügen und c) diese Maßnahmen ausschließlich den Mitgliedern des betreffenden Berufsverbands zuzurechnen sind und nicht im Rahmen eines staatlichen Programms durchgeführt werden.

(81)

Wie aus dem Urteil hervorgeht, ist das Kriterium der staatlichen Zurechenbarkeit nicht erfüllt, wenn der Staat eine reine Mittlerrolle innehat, da er nicht an den strategischen Entscheidungen der Berufsverbände beteiligt ist und zu keiner Zeit Zugriff auf die erhobenen Beiträge hat, die für die Finanzierung der betreffenden Maßnahme zweckgebunden sind. Insofern ist durchaus möglich, dass die Qualifizierung dieser Maßnahmen als staatliche Beihilfen nicht zutreffend ist.

(82)

Im vorliegenden Fall sind die im Pearle-Urteil genannten Kriterien jedoch nicht erfüllt. Insbesondere die Tatsache, dass der Staat die Finanzierung dieser Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen zu 50 % trägt, deutet eindeutig darauf hin, dass diese Maßnahmen durchaus Bestandteil einer staatlichen Politik sind und die für ihre Finanzierung verwendeten Gelder daher sämtlich als öffentliche Mittel zu betrachten sind, die im Rahmen dem Staat zurechenbarer Maßnahmen eingesetzt werden.

1.2.   Selektivität

(83)

Die Maßnahmen kommen ausschließlich den französischen Likörweinerzeugern zugute und sind daher als selektiv zu bezeichnen.

1.3.   Bestehen eines Vorteils

(84)

Die Likörweinerzeuger erhalten einen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer Finanzhilfe für verschiedene Maßnahmen (Forschungsprojekte, technische Hilfe, Entwicklung von Qualitätserzeugnissen, Absatzförderung und Werbung). Dieser Vorteil verbessert die Wettbewerbsposition der begünstigten Unternehmen. Laut der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs bedeutet die Verbesserung der Wettbewerbsposition eines Unternehmens aufgrund einer staatlichen Beihilfe i.d.R. eine Verzerrung des Wettbewerbs im Vergleich zu anderen Unternehmen, die nicht dieselbe Unterstützung (11) erhalten.

1.4.   Beeinträchtigung des Handels und Verfälschung des Wettbewerbs

(85)

Die Beihilfen können den Handel zwischen den Mitgliedstaaten insofern beeinträchtigen, als sie die nationale Erzeugung zulasten der Erzeugung anderer Mitgliedstaaten begünstigen. Zudem ist der Weinbausektor besonders offen für den Wettbewerb auf Gemeinschaftsebene, was die Existenz einer gemeinsamen Marktorganisation in dem Sektor übrigens nachhaltig bezeugt.

(86)

Nachstehende Tabelle illustriert dies am Beispiel des innergemeinschaftlichen und französischen Handelsvolumens im Weinsektor in den Jahren 2001, 2002 und 2003 (12).

Wein (1 000 hl)

Jahr

Einfuhren in die EU

Ausfuhren aus der EU

Einfuhren nach Frankreich

Ausfuhren aus Frankreich

2001

39 774

45 983

5 157

15 215

2002

40 453

46 844

4 561

15 505

2003

43 077

48 922

4 772

14 997

(87)

Einige der geplanten Maßnahmen sollen außerhalb der Europäischen Union umgesetzt werden. Angesichts der wechselseitigen Abhängigkeit der Märkte, auf denen die Unternehmen der Gemeinschaft tätig sind, ist nicht auszuschließen, dass eine Beihilfe zu einer Verfälschung des innergemeinschaftlichen Wettbewerbs führt, indem sie die Wettbewerbsposition der begünstigten Unternehmen (13) stärkt, selbst wenn die Beihilfe nur Erzeugnissen zugute kommt, die für die Ausfuhr aus der Gemeinschaft (14) bestimmt sind.

(88)

In Anbetracht des Vorstehenden fallen die betreffenden Maßnahmen in den Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag und können, sofern keine Ausnahmeregelung für diesen Fall vorgesehen ist, nicht als mit dem EG-Vertrag vereinbar erklärt werden.

2.   Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt

(89)

Die einzig mögliche Ausnahmeregelung in diesem Stadium bietet Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c, wonach Beihilfen „zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

(90)

Um in den Genuss dieser Ausnahmeregelung zu gelangen, müssen die betreffenden Beihilfen mit den Rechtsvorschriften über staatliche Beihilfen übereinstimmen. Die Kommission überprüft zunächst die Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 1/2004 der Kommission vom 23. Dezember 2003 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen (15). Ist die genannte Verordnung nicht anwendbar, so prüft die Kommission, ob andere Rechtsgrundlagen wie Leitlinien oder Rahmenbestimmungen der Gemeinschaft möglicherweise Anwendung finden.

(91)

Da die geplanten Beihilfen nicht auf kleine und mittlere Unternehmen beschränkt sind, ist die Verordnung (EG) Nr. 1/2004 nicht anwendbar. In ihrer Würdigung stützt sich die Kommission daher auf folgende Instrumente: a) den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (16) (nachstehend: „Agrarleitlinien“); b) die Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen zur Werbung für in Anhang I des EG-Vertrags genannte Erzeugnisse und bestimmte nicht in Anhang I genannte Erzeugnisse (17) (nachstehend: „Werbeleitlinien“) sowie c) den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen (18).

(92)

Da die geplanten Beihilfen zumindest teilweise über steuerähnliche Abgaben (die CVO) finanziert werden sollen, nahm die Kommission auch eine Beurteilung der Finanzierungsmodalitäten der Beihilfe vor.

2.1.   Die Maßnahmen

2.1.1.   Beihilfen zur Werbung und Absatzförderung

(93)

Die Werbeleitlinien (19) enthalten positive und negative Kriterien, die bei allen nationalen Beihilferegelungen einzuhalten sind. Gemäß den Randnummern 16 bis 30 dieser Leitlinien dürfen die Werbemaßnahmen nicht gegen Artikel 28 EG-Vertrag oder das sekundäre Gemeinschaftsrecht verstoßen und nicht auf bestimmte Unternehmen ausgerichtet sein.

(94)

Die französischen Behörden haben erklärt, dass die Maßnahmen nicht bestimmten Unternehmen zugute kommen sollen, dass keine diskriminierende Werbung gegenüber anderen Gemeinschaftserzeugnissen betrieben und keine unfairen Vergleiche angestellt werden sollen, bei denen der nationale Ursprung der Erzeugnisse in den Vordergrund gestellt wird.

(95)

Die Hinweise auf den nationalen Ursprung müssen gegenüber der Hauptbotschaft, die dem Verbraucher mit der Kampagne übermittelt wird, im Hintergrund stehen und nicht den Hauptgrund darstellen, weshalb zum Kauf des Erzeugnisses geraten wird. Im vorliegenden Fall ist es wichtig, dass der französische Ursprung der Erzeugnisse nicht die prioritäre Botschaft der auf französischem Hoheitsgebiet durchgeführten Werbekampagnen darstellt.

(96)

Die von den französischen Behörden eingesandten Muster sowie ihre ausdrückliche Verpflichtung diesbezüglich lassen den Schluss zu, dass der Akzent nicht auf den nationalen Ursprung der betreffenden Erzeugnisse gesetzt wird und etwaige Hinweise auf den Ursprung gegenüber der Hauptbotschaft der Werbekampagnen nur eine untergeordnete Rolle spielen.

(97)

Was die positiven Kriterien betrifft, so müssen die Erzeugnisse, die von den Werbekampagnen profitieren, gemäß den Randnummern 31-33 der Werbeleitlinien mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllen: Es handelt sich um landwirtschaftliche Überschusserzeugnisse oder ungenügend ausgenutzte Arten, um neue Erzeugnisse oder Ersatzerzeugnisse, die nicht überschüssig sind, um die Entwicklung bestimmter Gebiete, die Entwicklung der kleinen und mittleren Unternehmen oder um Qualitätserzeugnisse, einschließlich Erzeugnissen aus ökologischem Anbau.

(98)

Die französischen Behörden haben diesbezüglich erklärt, die Maßnahmen hätten zum Ziel, zur Entwicklung der betroffenen Erzeugungsgebiete beizutragen, indem sie die Vermarktung ihrer traditionellen Erzeugnisse fördern. Sie entsprächen der Notwendigkeit, das Netz der kleinen und mittleren Unternehmen in den betreffenden geografischen Bereichen zu unterstützen: Die betroffenen Unternehmen des Weinbausektors sind hauptsächlich kleine, häufig noch familiär geprägte Strukturen mit geringer Mitarbeiterzahl. Die Maßnahmen zielen auch auf die Entwicklung von Qualitätserzeugnissen (mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung) ab.

(99)

Was die Beihilfen zur Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit einer bei der Gemeinschaft eingetragenen geschützten Ursprungsbezeichnung oder geschützten geographischen Angabe (20) im Besonderen betrifft, überprüft die Kommission, ob alle Hersteller des Erzeugnisses, auf das sich die geschützte Ursprungsbezeichnung bezieht, über dasselbe Recht auf staatliche Beihilfe verfügen. Damit gewährleistet sie, dass die Beihilfen nicht einzelnen Erzeugern gewährt werden. Dies bedeutet, dass sich die Werbemaßnahmen auf die kontrollierte Ursprungsbezeichnung selbst beziehen müssen, und nicht auf ein Logo oder ein Etikett, es sei denn alle Erzeuger sind zu ihrer Verwendung berechtigt. Ebenso verlangt die Kommission, wenn eine Beihilfe aus praktischen Gründen einer Erzeugergemeinschaft gewährt wird, Zusicherungen, dass die Beihilfe tatsächlich allen Erzeugern zugute kommt, und zwar unabhängig davon, ob diese der Erzeugergemeinschaft angehören oder nicht.

(100)

Die französischen Behörden haben sich verpflichtet, als Begünstigte der Beihilfen im Rahmen der gemeinsam durchgeführten Maßnahmen unterschiedslos alle Hersteller des beworbenen Erzeugnisses anzuerkennen, sowie all jene, die an dessen Vermarktung beteiligt sind.

(101)

Was die unter Randnummer 60 der Leitlinien vorgesehene Höchstgrenze für Werbebeihilfen betrifft, können die Werbemaßnahmen zu 50 % aus staatlichen Mitteln finanziert werden, die übrige Finanzierung ist von den begünstigten Berufsorganisationen oder Branchenverbänden zu übernehmen.

(102)

Die französischen Behörden verpflichten sich, den öffentlichen Finanzierungsanteil auf maximal 50 % der innerhalb der Europäischen Union durchgeführten Werbemaßnahmen zu begrenzen. Die Differenz ist von den Unternehmen des betroffenen Agrarsektors zu tragen.

(103)

Maßnahmen außerhalb der Europäischen Union können zu 80 % finanziert werden. Dies entspricht der Politik der Kommission (21), wonach die Beteiligung der Erzeuger an dieser Art von Maßnahmen ein Konzept ist, auf das u. a. in der Verordnung (EG) Nr. 2702/1999 des Rates vom 14. Dezember 1999 über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse in Drittländern (22) eingegangen wird, in der von kofinanzierten Maßnahmen die Rede ist. Da es sich hierbei um Maßnahmen handelt, die von der Kommission in Drittländern durchgeführt werden können, sind Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, der Absatzförderung und Werbung für Agrarerzeugnisse und Nahrungsmittel gemäß Artikel 9 der genannten Verordnung zu einem Teil von den beteiligten Berufsorganisationen zu finanzieren. Bei Maßnahmen mit einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren beträgt der von diesen Organisationen zu tragende Kostenanteil i.d.R. mindestens 20 %, während die Beteiligung der Gemeinschaft bei maximal 60 % und die der Mitgliedstaaten bei ebenfalls 20 % liegt. Hieraus folgt, dass eine finanzielle Beteiligung der Begünstigten an dieser Art von Maßnahmen zu mindestens 20 % geeignet scheint, Wettbewerbsverzerrungen auf Ebene der Gemeinschaft einzuschränken.

(104)

Die französischen Behörden haben der Kommission Beispiele der durch die notifizierte Maßnahme finanzierten Absatzförderungs- und Werbemaßnahmen zugesandt und ihre diesbezüglichen Verpflichtungen damit bestätigt.

(105)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass diese Beihilfen die auf der Ebene der Gemeinschaft geltenden Voraussetzungen erfüllen.

2.1.2.   Forschungsbeihilfen

(106)

Was die Forschungsmaßnahmen und Versuchsprojekte sowie die Maßnahmen zur Verbreitung technischer Fortschritte betrifft, sind die Beihilfen zu Forschung und Entwicklung (FuE) laut Randnummer 17 der Agrarleitlinien gemäß den Kriterien des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen (23) zu prüfen. Laut diesem Gemeinschaftsrahmen kann eine Beihilfeintensität von bis zu 100 % mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein, selbst wenn die FuE von Unternehmen betrieben wird, vorausgesetzt die folgenden vier Bedingungen sind erfüllt:

a)

Die Beihilfe ist von allgemeinem Nutzen in dem betreffenden Sektor, und der Wettbewerb in anderen Sektoren wird nicht ungerechtfertigt verzerrt.

b)

Die Informationen werden in geeigneten Fachzeitschriften veröffentlicht, die landesweit vertrieben werden und deren Auflage nicht auf Mitglieder einer bestimmten Organisation begrenzt ist, so dass allen interessierten Unternehmen leicht zur Kenntnis gebracht werden kann, dass diese Maßnahme durchgeführt wird oder wurde und die Ergebnisse jedem Interessenten auf Anfrage zur Verfügung stehen oder gestellt werden. Diese Bekanntgabe erfolgt spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem gegebenenfalls auch Mitglieder einer bestimmten Organisation unterrichtet werden.

c)

Die Ergebnisse der Arbeit stehen allen Interessenten, einschließlich des Beihilfeempfängers, zu zeit- und kostenmäßig gleichen Bedingungen zur Nutzung offen.

d)

Die Beihilfe erfüllt die Voraussetzungen in Anhang 2 „Interne Stützung: Grundlage für Ausnahmen von den Senkungsverpflichtungen“ des im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde geschlossenen Übereinkommens über die Landwirtschaft (24).

(107)

Die französischen Behörden haben folgende Zusagen gemacht:

a)

Es handelt sich ausschließlich um Forschungsaktivitäten von allgemeinem Interesse für den betreffenden Sektor, die zur allgemeinen Nutzung und Verbreitung bestimmt sind, so dass sie die Handelsbedingungen nicht verfälschen und keine ungerechtfertigte Verzerrung des Wettbewerbs mit anderen Sektoren hervorrufen.

b)

Sobald die im Rahmen der einzelnen Programme gesammelten Daten validiert sind, werden sie in verschiedenen, für die Interessierten leicht zugänglichen Zeitungen veröffentlicht. Die Veröffentlichung und Verbreitung der Ergebnisse dieser Forschungsaktivitäten erfolgt in einer Weise, dass alle Händler und in der Branche Tätigen unterschiedslos zum selben Zeitpunkt und auf einfache Anfrage Zugang dazu haben. Die Bekanntgabe der Ergebnisse dieser Arbeiten bzw. deren Zusammenfassung erfolgt in für das breite Publikum bestimmten Veröffentlichungen der betreffenden Branchenverbände, in Fachzeitschriften der an der Durchführung dieser Studien und Forschungsarbeiten beteiligten technischen Einrichtungen sowie in Broschüren und sonstigen Veröffentlichungen. Sie werden den Unternehmen des Sektors über die zuständigen Stellen des Agrarsektors bzw. durch das Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei zur Verfügung gestellt.

c)

Angesichts des gemeinnützigen Charakters der Forschungsaktivitäten ist keine kommerzielle Nutzung der Ergebnisse vorgesehen. Die Frage der Kosten für die Abtretung eines Nutzungsrechts oder der Zugangsbedingungen eines Nutzungsrechts wird sich daher nicht stellen.

d)

Die französischen Behörden stellen sicher, dass die finanzierten Maßnahmen weder zur Zahlung einer direkten Beihilfe an die Erzeuger noch an die verarbeitenden Betriebe Anlass geben und den von der Europäischen Union anerkannten internationalen Handelskriterien entsprechen.

(108)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass diese Beihilfen die auf der Ebene der Gemeinschaft geltenden Voraussetzungen erfüllen.

2.1.3.   Beihilfen für technische Hilfe

(109)

Gemäß Randnummer 14 der Agrarleitlinien ist für diese Art der Beihilfe eine Beihilfeintensität von 100 % zulässig, wenn die Beihilfe allen beihilfefähigen Beteiligten in dem betreffenden Gebiet auf der Grundlage objektiv definierter Kriterien zugänglich ist und der Gesamtbeihilfebetrag in einem Zeitraum von drei Jahren 100 000 EUR pro Begünstigten nicht überschreitet. Im Falle kleiner und mittlerer Unternehmen darf der Gesamtbeihilfebetrag 50 % der beihilfefähigen Kosten nicht überschreiten (es gilt der höhere Betrag). Die französischen Behörden haben sich zur Einhaltung dieser Bedingungen verpflichtet.

(110)

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass diese Beihilfen die auf der Ebene der Gemeinschaft geltenden Voraussetzungen erfüllen.

2.1.4.   Beihilfe zur Herstellung von Qualitätserzeugnissen

(111)

Gemäß Randnummer 13 der Agrarleitlinien ist für diese Art der Beihilfe eine Beihilfeintensität von 100 % zulässig, wenn die Beihilfe allen beihilfefähigen Beteiligten in dem betreffenden Gebiet auf der Grundlage objektiv definierter Kriterien zugänglich ist und der Gesamtbeihilfebetrag in einem Zeitraum von drei Jahren 100 000 EUR pro Begünstigten nicht überschreitet. Im Falle kleiner und mittlerer Unternehmen darf der Gesamtbeihilfebetrag 50 % der beihilfefähigen Kosten nicht überschreiten (es gilt der höhere Betrag). Die französischen Behörden haben sich zur Einhaltung dieser Bedingungen verpflichtet.

(112)

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass diese Beihilfen die auf der Ebene der Gemeinschaft geltenden Voraussetzungen erfüllen.

2.2.   Finanzierung der Beihilfen

2.2.1.   Die freiwilligen obliatorischen Beiträge (CVO)

(113)

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs (25) ist die Kommission normalerweise der Auffassung, dass die Finanzierung einer staatlichen Beihilfe über Pflichtabgaben insofern eine Auswirkung auf die Beihilfe haben kann, als der Schutzeffekt über die eigentliche Beihilfe hinausgeht. Die fraglichen Beiträge (CVO) stellen in der Tat Pflichtabgaben dar. Entsprechend derselben Rechtsprechung ist die Kommission der Ansicht, dass eine Beihilfe nicht durch steuerähnliche Abgaben finanziert werden kann, die auch auf eingeführte Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten erhoben werden.

(114)

Die „freiwilligen obligatorischen Beiträge“ werden auf die Mengen an Likörwein mit geschützter Ursprungsbezeichnung erhoben, die von den Winzern, Branntweinherstellern, Händlern und Großhändlern aus dem Erzeugungsgebiet mit der betreffenden geschützten Ursprungsbezeichnung vermarktet werden. Die französischen Behörden haben außerdem erklärt, dass im Gegensatz zu den Abgaben, die gemäß den Gemeinschaftsrichtlinien über Alkohol und alkoholische Getränke erhoben werden, Branchenbeiträge per definitionem nur für diejenigen Likörweine erhoben werden, die von einer entsprechenden geschützten Ursprungsbezeichnung profitieren, d. h. ausschließlich in den von der betreffenden Regelung erfassten Anbaugebieten erzeugt werden; damit seien Likörweine aus anderen Mitgliedstaaten von dieser Regelung ausgeschlossen.

(115)

Was die Großhändler im Besonderen betrifft, wird nicht ausgeschlossen, dass sie auch importierte Erzeugnisse vertreiben. Die französischen Behörden haben jedoch präzisiert, dass bei den Großhändlern lediglich für die von der Notifizierung betroffenen Likörweine mit geschützter Ursprungsbezeichnung Branchenbeiträge erhoben werden, d. h. für den Pineau des Charentes, den Floc de Gascogne, den Pommeau de Normandie und den Macvin du Jura. Damit sind importierte Weine sämtlich von dieser Abgabe ausgenommen.

(116)

Demnach lässt sich feststellen, da die Abgabe ausschließlich die unter die Maßnahme fallenden einheimischen Likörweine mit geschützter Ursprungsbezeichnung betrifft, dass auf eingeführte Erzeugnisse keine Abgaben erhoben werden.

(117)

Zu den aus steuerähnlichen Abgaben finanzierten staatlichen Beihilfen hat der Gerichtshof noch weitere Kriterien aufgestellt, die an dieser Stelle ebenfalls untersucht werden sollten. In der Rechtssache Nygard (26) urteilte der Gerichtshof, dass eine Steuer das Diskriminierungsverbot nach Artikel 90 EG-Vertrag verletzt, wenn die mit der Verwendung der betreffenden Steuereinnahmen verbundenen Vorteile besonders den besteuerten einheimischen Erzeugnissen zugute kommen, die auf dem einheimischen Markt verarbeitet oder in Verkehr gebracht werden; dies stelle einen teilweisen Ausgleich für die Belastung der betreffenden Erzeugnisse dar, benachteilige jedoch die ausgeführten nationalen Erzeugnisse.

(118)

Die Absatzförderungs- und Werbemaßnahmen, die als einzige aus den freiwilligen obligatorischen Beiträgen finanziert werden, kommen dem Vertriebssektor zugute und können von Händlern, die ausschließlich auf den Absatz außerhalb Frankreichs oder der Europäischen Union ausgerichtet sind, ganz anders eingeschätzt werden.

(119)

Die französischen Behörden haben jedoch versichert, dass der nationale Ausschuss für den Pineau des Charentes und der branchenübergreifende Ausschuss für den Floc de Gascogne Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen sowohl in Frankreich als auch in der Europäischen Union und in Drittländern finanzieren. Die diesbezüglichen Entscheidungen würden vom Verwaltungsrat dieser Ausschüsse, in denen alle Akteure der betreffenden Branche vertreten sind, vollkommen unabhängig getroffen.

(120)

Dagegen beabsichtigten die Branchenverbände für Obstweinerzeugungen sowie für Jura-Weine derzeit keine Finanzierung von Maßnahmen außerhalb des französischen Markts. Nach Aussagen der französischen Behörden entspricht die Tatsache, dass die Maßnahmen stark auf den französischen Markt ausgerichtet sind, der Politik der Branche selbst, die es für vorrangig erachtet, ihre Position auf dem einheimischen Markt zu festigen, zumal der Vertrieb der besagten Likörweine im Ausland keine etablierte Handelspraxis ist. Die französischen Behörden versichern, dass diese Ausrichtung auf den einheimischen Markt keinem Händler zum Schaden gereicht, da außerhalb des französischen Marktes nur geringe Mengen vertrieben würden und es keine Händler gebe, die auf den Exportvertrieb spezialisiert seien.

(121)

Die französischen Behörden haben sich jedenfalls verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die aus den Branchenbeiträgen finanzierten Maßnahmen den ausgeführten Erzeugnissen nicht weniger zugute kommen als den im Inland verkauften Erzeugnissen.

(122)

Die Kommission nimmt diese Verpflichtung zur Kenntnis. Sie ist der Auffassung, dass die von Frankreich gelieferten Informationen zum jetzigen Zeitpunkt keine Hinweise auf eine etwaige Diskriminierung ausgeführter Likörweine enthalten.

(123)

Die Kommission weist die französischen Behörden jedoch auf die Auswirkungen des Urteils in der Rechtssache Nygard in Bezug auf diskriminierende Unterscheidungen zwischen ausgeführten und im Inland vermarkteten Erzeugnissen hin. Nach dem Urteil des Gerichtshofs obliegt es der nationalen Gerichtsbarkeit, das Ausmaß einer etwaigen Diskriminierung der Erzeugnisse festzustellen. Zu diesem Zweck ist innerhalb eines bestimmten Bezugszeitraums zu prüfen, ob die Einnahmen, die insgesamt aus der Abgabe auf die im Inland vermarkteten Erzeugnisse erzielt werden, und die Vorteile, in deren Genuss ausschließlich diese Erzeugnisse gelangen, finanziell gleichwertig sind.

2.2.2.   Vereinbarkeit mit den sonstigen Bestimmungen des EG-Vertrags

(124)

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass eine staatliche Beihilfe, die aufgrund einzelner Modalitäten gegen andere Bestimmungen des EG-Vertrags verstößt, nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden kann. Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Begründetheit der Beschwerdepunkte der AEVP gegen die Beihilfe N 703/95 hinsichtlich eines möglichen Verstoßes gegen Artikel 90 EG-Vertrag geprüft. Im Übrigen stellt die Kommission fest, dass die AEVP im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keine Bemerkungen übermittelt hat.

(125)

In Artikel 90 heißt es: „Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben“.

(126)

In diesem Fall ist der Verbrauchsteuersatz für Likörweine in Frankreich derselbe wie für Weine mit Ursprung in anderen Mitgliedstaaten.

(127)

Es läge nur dann der Tatbestand einer diskriminierenden inländischen Besteuerung vor, die gegen Artikel 90 EG-Vertrag verstieße, wenn die von den französischen Erzeugern gezahlte Steuer teilweise durch die für dieselben Erzeuger vorbehaltenen staatlichen Beihilfen ausgeglichen würde, so dass allein die nicht französischen Erzeuger die betreffende Steuer in vollem Umfang entrichten müssten.

(128)

Zunächst ist festzustellen, dass Abgaben nicht in den Anwendungsbereich der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen fallen, sofern sie nicht den Finanzierungsmodus einer staatlichen Beihilfe darstellen und integraler Bestandteil dieser Beihilfe sind.

(129)

Hieraus folgt, dass die Besteuerung der Likörweine keinen Einfluss auf die Beurteilung der Vereinbarkeit der geplanten Beihilfen mit dem EG-Vertrag hat und daher nur dann untersucht werden muss, wenn zwischen der genannten Steuer und den Beihilfemaßnahmen eine hinreichende Verbindung besteht.

(130)

Das Urteil des Gerichtshofs vom 13. Januar 2005 in der Rechtssache Streekgewest Westelijk Noord-Brabant (27), das im Rahmen des nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleiteten Verfahrens in Bezug auf die Beihilfen erging, welche Gegenstand der vorliegenden Entscheidung sind, brachte Klarheit hinsichtlich der Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um von einem hinreichenden Zusammenhang zwischen einer Steuer/Abgabe und einer Beihilfemaßnahme auszugehen und die betreffende Steuer/Abgabe als integralen Bestandteil der Beihilfe ansehen zu können.

(131)

Randnummer 26 des vorgenannten Urteils bestimmt insbesondere, dass eine Steuer/Abgabe oder ein Teil davon nur dann als integraler Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, wenn gemäß den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der Abgabe und der Beihilfe besteht, und zwar insofern, als das Aufkommen aus der Abgabe die Höhe der Beihilfe und folglich die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unmittelbar beeinflusst.

(132)

In der Rechtssache Streekgewest urteilte der Gerichtshof, dass auch wenn im Rahmen des Haushaltsvoranschlags des betreffenden Mitgliedstaats ein Ausgleich zwischen der Abgabenerhöhung und dem Vorteil (der Beihilfe) erkennbar ist, dieser Umstand allein nicht ausreicht, um das Vorhandensein eines zwingenden Zusammenhangs zwischen der Steuer/Abgabe und dem Vorteil (28) nachzuweisen.

(133)

Im vorliegenden Fall gab Frankreich an, dass die Einnahmen aus dieser Steuer dem Gesamthaushalt des Staates zugeführt werden und für einen Ausgleich der von den Likörweinerzeugern entrichteten Verbrauchsteuer keinerlei Rechtsgrundlage besteht. Im Übrigen liegen der Kommission keine gegenteiligen Angaben vor. Auf der Grundlage dieser Feststellung zieht die Kommission daher den Schluss, dass zwischen den Einnahmen aus der auf Likörweine erhobenen Steuer und der für diese Erzeugnisse gewährten Beihilfen kein zwingender Verwendungszusammenhang besteht. Der Nachweis eines etwaigen quantitativen Zusammenhangs zwischen den von Frankreich erzielten Einnahmen und den im Rahmen der Beihilfemaßnahmen ausgezahlten Beträge muss nicht geführt werden.

(134)

Im Übrigen stellt die Kommission äußerst hilfsweise fest, dass aus den Zahlentabellen, die Frankreich im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag vorgelegt hat, kein quantitativer Zusammenhang zwischen den aus der Besteuerung der verschiedenen Erzeugnisse erzielten Einnahmen und der für diese Erzeugnisse gewährten Beihilfen hervorgeht.

(135)

In Ermangelung eines hinreichenden Zusammenhangs zwischen der Steuer und dem Beihilfevorhaben ist es im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung der staatlichen Beihilfen gemäß Artikel 88 EG-Vertrag nicht erforderlich, die Auswirkungen dieser Steuer auf die Vereinbarkeit der notifizierten Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt, insbesondere im Hinblick auf Artikel 90 EG-Vertrag, zu beurteilen.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(136)

In Anbetracht des Vorstehenden kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die von Frankreich geplanten Beihilfen unter die Ausnahmeregelung des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c des EG-Vertrags fallen und damit als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden können.

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Höhe von 12 000 000 EUR, die Frankreich zugunsten der Erzeuger und Händler von Likörweinen zu gewähren beabsichtigt, ist gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c des EG-Vertrags mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Die Gewährung dieser Beihilfe wird daher genehmigt.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an Frankreich gerichtet.

Brüssel, den 9. November 2005

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 42 vom 18.2.2005, S. 2.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Schreiben an die französischen Behörden vom 21. November 1996, Nr. GS(96) D/9957.

(4)  Schreiben an die französischen Behörden vom 4.8.1998, Nr. GS(98) D/6737.

(5)  Urteil des Gerichtshofes vom 3.5.2001, Rechtssache C-204/97, Portugiesische Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg., S. I-03175.

(6)  Finanzberichtigungsgesetz Nr. 93-859 vom 22. Juni 1993

(7)  1 FRF = 0,15 EUR

(8)  (Die angegebenen Volumen können von den zum Verbrauch freigestellten Volumen abweichen)

(9)  Urteil des Gerichtshofs vom 16.5.2002, Rechtssache C-482/99, Französische Republik gegen Kommission, Slg. 2002, S. I-4397, Randnummer 24, sowie Rechtssache C-126/01 GEMO, Urteil vom 20.11.2003, Slg. 2003, S. I-13769.

(10)  Urteil des Gerichtshofs vom 15.7.2004, Rechtssache C/345/02, Pearle gegen Hoofdbedrijfschap Ambachten, Slg. 2004, S. I-7139.

(11)  Urteil vom 17.9.1980, Rechtssache 730/79, Philippe Morris/Kommission, Slg. 1980, S.-2671, Randnummern 11 und 12.

(12)  Agriculture in the European Union, Statistical and economic information 2004. Generaldirektion Landwirtschaft, Europäische Kommission.

(13)  Urteil des Gerichtshofs vom 10.12.1969, verbundene Rechtssachen 6 und 11/69, Kommission/Französische Republik, Slg., Randnummer 20.

(14)  Urteil des Gerichtshofs vom 21.3.1990, Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, Slg., Randnummer 35.

(15)  ABl. L 1 vom 1.1.2004, S. 1.

(16)  ABl. C 232 vom 12.8.2000, S. 17.

(17)  ABl. C 252 vom 12.9.2001, S. 5.

(18)  ABl. C 45 vom 17.2.1996, S. 5, später im Hinblick auf dessen Gültigkeit für den Agrarsektor geändert, ABl. C 48 vom 13.2.1998, S. 2.

(19)  ABl. C 252 vom 12.9.2001, S. 5.

(20)  Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 208 vom 24.7.1992).

(21)  ABl. L 327 vom 21.12.1999, S. 7.

(22)  Beihilfe Nr. N 166/2002.

(23)  Siehe Seite 18.

(24)  ABl. L 336 vom 23.12.1994, S. 22.

(25)  Urteil des Gerichtshofs vom 25.6.1970, Rechtssache 47/69, Regierung der Französischen Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1970, S. 487.

(26)  Urteil vom 23. April 2002, Rechtssache C-234/99, Niels Nygard gegen Svineafgiftsfonden, Slg. 2002, S. I 3657.

(27)  Noch nicht in der Sammlung veröffentlicht.

(28)  Randnummer 27 des vorgenannten Urteils.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/49


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 16. Mai 2006

über die Staatliche Beihilfe C 26/2004 (ex NN 38/2004) Deutschlands zugunsten der Schneider Technologies AG

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 1857)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/56/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung (1) gemäß den vorgenannten Artikeln und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   DAS VERFAHREN

(1)

Am 24. März 2003 erhielt die Kommission eine Beschwerde, die mehrere mutmaßliche Beihilfemaßnahmen zugunsten der Schneider Technologies AG („Schneider AG“) betraf. Bei der Beschwerdeführerin, der Gebrüder Schneider GmbH & Co. KG, handelt es sich um eine Holdinggesellschaft, die die Anteile der Schneider AG besaß und zwei Brüdern der Familie Schneider gehört.

(2)

Am 14. Juli 2004 leitete die Kommission in Bezug auf drei Darlehen der Bayrischen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung („LfA“) und zwei Darlehen der Bayrischen Forschungsstiftung („BFS“) für Forschung und Entwicklung („FuE“) das förmliche Prüfverfahren ein. Der Beschluss der Kommission über die Verfahrenseinleitung wurde am 22. Februar 2005 (2) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Kommission forderte alle Beteiligten auf, sich zu der mutmaßlichen Beihilfe zu äußern. Es gingen keine Stellungnahmen von Dritten ein (3). Deutschland übermittelte seine Antwort auf die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens mit Schreiben vom 16. und 24. September 2004, die jeweils am selben Tag registriert wurden.

(3)

Die Kommission erbat am 6. September 2005 weitere Auskünfte, die Deutschland mit Schreiben vom 5. Oktober 2005 (registriert am 6. Oktober 2005) erteilte. Zusätzliche Informationen wurden am 6. Februar 2006 übermittelt (registriert am 7. Februar 2006).

II.   BESCHREIBUNG

1.   DIE BEGÜNSTIGTE

(4)

Die Schneider AG war ein großes deutsches Unternehmen mit Sitz in Türkheim, Bayern, das Farbfernsehgeräte herstellte. Neben seiner Fertigungstätigkeit beteiligte sich das Unternehmen in den 90er Jahren an einem ehrgeizigen Projekt zur Entwicklung einer Laser-Display-Technologie, die schärfere Bilder, höhere Lichtleistung, unbegrenzte Bildschirmgröße und Flexibilität in Bezug auf die Projektionsfläche versprach. Beide Tätigkeitsbereiche wurden zwischen 2000 und 2002 zwei neu gegründeten Tochtergesellschaften der Schneider AG übertragen, und zwar der Schneider Electronics AG („SE“), die die Fernseherproduktion übernahm, und der Schneider Laser Technologies AG („SLT“).

(5)

Die LfA, deren Auftrag die regionale Wirtschaftsförderung ist, hielt seit 1998 Anteile an der Schneider AG. 1999 und 2000 war die LfA mit einer Beteiligung von 35,6 % der größte Anteilseigner. Lehman Brothers, eine private Investmentbank, hielt 26,6 % der Anteile, die Gebr. Schneider GmbH & Co. KG 14,6 % und andere private Investoren 23,2 %.

(6)

Zu diesem Zeitpunkt bewertete der Markt die Erfolgsaussichten der Schneider AG angesichts ihrer führenden Rolle bei der Laser-Display-Technologie äußerst positiv. Zwischen 1998 und 2000 stieg der Kurs der Schneider-Aktien um fast das Zehnfache; von 1999 auf 2000 um etwa das Zweieinhalbfache. Diese positive Erwartung in die Zukunft des Unternehmens teilte auch der zweitgrößte Investor, Lehman Brothers, wie eine Studie vom April 2000 zeigt, in der für die Sparte Unterhaltungselektronik ab Ende 2000 und für die Laser-Display-Technologie ab dem letzten Quartal 2001 Gewinne prognostiziert wurden. Lehman Brothers kaufte von Mitte 1999 bis Mitte 2000 von der LfA [...] (*1) Aktien.

(7)

Die Leistung der Unternehmen entwickelte sich jedoch nicht wie erwartet. SE produzierte Fernseher von geringerer Qualität und konnte nicht mit den in erster Linie aus Asien eingeführten Billigprodukten konkurrieren. Da die Fernsehersparte keinen Gewinn brachte, fehlten der Schneider AG die Mittel, die die SLT brauchte, um ihre Arbeiten an der Lasertechnologie fortzusetzen, die wesentlich langsamer vorankamen als ursprünglich erwartet. Ein erster Prototyp stand erst im Mai 2000 zur Verfügung, viel später als geplant, und er eignete sich nur für die industrielle Verwendung. Bis 2002 hatte das Unternehmen kein für private Abnehmer geeignetes Produkt entwickelt, was das eigentliche wirtschaftliche Ziel der SLT gewesen war.

(8)

Im März 2002 wurden drei separate Insolvenzverfahren für die Schneider AG und ihre zwei Tochtergesellschaften eingeleitet. Der Insolvenzverwalter veräußerte die Vermögenswerte der Schneider AG und der SE an das chinesische Elektronikunternehmen TCL, und das Vermögen der SLT an Jenoptik Laser, Optik, Systeme GmbH („LOS“). TCL und LOS hatten jeweils die höchsten Angebote unterbreitet.

2.   DIE FINANZMASSNAHMEN

(9)

In ihrem Beschluss über die Verfahrenseinleitung äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der folgenden beiden Maßnahmen.

2.1.   DIE DREI LFA-DARLEHEN

(10)

Die drei LfA-Darlehen waren Teil eines im Herbst 1999 zwischen der LfA, Lehman Brothers, der Beschwerdeführerin und einem Bankenpool vereinbarten Gesamtkonzepts. Deutschland erklärte, dass das Unternehmen 1998 Verluste machte, nachdem es erfolglos versucht hatte, den Absatz von Fernsehgeräten über den Facheinzelhandel zu steigern. Das Management beschloss daher, das Unternehmen umzustrukturieren und das OEM-Geschäft auszubauen. Um diese Umstrukturierung zu finanzieren, die Produktion für Großaufträge vorzufinanzieren und die Verluste zu decken, benötigte das Unternehmen Liquidität.

(11)

Das erste LfA-Darlehen („Darlehen 1“) in Höhe von 2,1 Mio. EUR wurde im September 1999 zu einem Zinssatz von [...] % gewährt. Das zweite LfA-Darlehen („Darlehen 2“) in Höhe von 5,1 Mio. EUR wurde ebenfalls im September 1999 genehmigt, zu einem Zinssatz von [...] %. Das dritte Darlehen („Darlehen 3“) in Höhe von 5,6 Mio. EUR wurde im Februar 2000 gewährt und der Zinssatz betrug [...] %. Die ersten beiden Darlehen wurden für die Dauer von einem Jahr zur Verfügung gestellt, Darlehen 3 lief bis zum 31. Dezember 2001 und hatte somit eine Laufzeit von fast zwei Jahren.

(12)

Im September 2000 wurden die ersten beiden Darlehen bis zum 30. September 2002, also um weitere zwei Jahre, verlängert und die Zinssätze heraufgesetzt: für Darlehen 1 auf [...] % und für Darlehen 2 auf [...] %. Im Dezember 2000 wurde auch Darlehen 3 bis zum 30. September 2002 verlängert und der Zinssatz auf [...] % angehoben.

(13)

Als Sicherheit für Darlehen 1 dienten im Wesentlichen Grundschulden, Globalzessionen der Forderungen und eine Sicherungsübereignung der Waren. Diese Absicherung erfolgte jedoch im Nachrang zu den Forderungen der Poolbanken, deren Darlehen bereits vorher bestanden. Die Darlehen 2 und 3 wurden ohne weitere Sicherheiten ausgereicht. Deutschland erklärte, anstelle von Sicherheiten sei ein höherer Zinssatz vereinbart worden. Der tatsächliche Wert der Sicherheiten für die LfA als Gesellschafter der Schneider AG war sehr gering, da nach deutschem Recht das Gesellschafterdarlehen aller Wahrscheinlichkeit nach (§ 30 GmbHG) als Nachschuss zum Stammkapital angesehen würde.

(14)

Die privaten Partner leisteten die folgenden Beiträge zum Gesamtkonzept:

(a)

Lehman Brothers führte zunächst dem Unternehmen Ende 1999 durch den Kauf der bis dahin im Besitz von Daimler Chrysler befindlichen SLT-Aktien 25 Mio. EUR zu und war darüber hinaus bei einer weiteren Kapitalaufstockung im Februar 2000 mit zusätzlichen 46 Mio. EUR zur Finanzierung der Weiterentwicklung des Lasergeschäfts der Leadinvestor.

(b)

Die privaten Poolbanken hatten der Schneider AG 1998 eine Kreditlinie von 31 Mio. EUR eingeräumt. Der hierfür vereinbarte Zinssatz betrug [...] %. Die Aufrechterhaltung dieser Kreditlinie als Teil des Gesamtkonzepts wurde im September 1999 ausdrücklich vereinbart. Außerdem akzeptierten die Poolbanken eine kurzfristige Überschreitung der Kreditlinie bis zu einer Höhe von [...] EUR. Im selben Monat erhöhte der Poolleader seine Zinsen auf [...] %. Deutschland erklärte, dass ihm keine Informationen über eine Abweichung der anderen Poolbanken von dem ursprünglich vereinbarten Zinnsatz von [...] % vorlagen.

(c)

Die Beschwerdeführerin stellte ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 7,7 Mio. EUR zu denselben Bedingungen wie die Poolbanken zur Verfügung.

2.2.   DIE FUE-ZUWENDUNGEN

(15)

1994 und 1997 gewährte die Bayrische Forschungsstiftung (BFS) der Schneider AG zwei Zuschüsse in Höhe von insgesamt 9 050 121,88 EUR (4).

Projekt 1 („Laser-Display-Technologie“)

(16)

Die erste Zuwendung in Höhe von 6 498 468,68 EUR (5) erfolgte am 16. Dezember 1994 und diente der Finanzierung des Projekts „Laser-Display-Technologie“ („Projekt 1“). Diese Beihilfe wurde während der Laufzeit des Projekts, d. h. zwischen Januar 1995 und Juni 1997, in mehreren Raten ausgezahlt. Die förderfähigen Kosten betrugen 12 484 972,74 EUR, die Beihilfeintensität lag bei 48,9 %.

(17)

Ziel von Projekt 1 war es, die Grundlagen zu schaffen für neue Arbeitsmethoden bei der Projektion großer hochauflösender Farbbilder für unterschiedliche Anwendungsbereiche und die wissenschaftlich-technologische Grundlagen für die Einzelkomponenten des späteren Systems zu entwickeln.

(18)

Folgende Projektkosten wurden bei Gewährung der Beihilfe berücksichtigt (*2)

Projektkosten

Kosten (in EUR)

Personalkosten (einschl. Reisekosten)

4 304 566,36

Sonstige Betriebskosten (Material und Bedarfsmittel)

4 399 666,63

Instrumente und Ausrüstungen

667 235,91

Forschung durch Dritte

2 296 459,41

Zusätzliche Gemeinkosten

817 044,43

Gesamtkosten

12 484 972,74

(19)

Deutschland bestätigte, dass die Kosten unmittelbar in Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt entstanden.

(20)

Im Einklang mit den Zuwendungsvereinbarungen wurden die Ergebnisse des Projekts einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und allgemein zugänglich gemacht.

(21)

Die BFS finanzierte außerdem zu 100 % ein Forschungsprojekt der Universität Würzburg zum Thema „Blauer Laser“. Die Projektkosten beliefen sich auf 0,26 Mio. EUR. Projekt 1 und das Projekt „Blauer Laser“ wurden auf Wunsch der BFS miteinander verknüpft, da diese sich davon einen wissenschaftlichen Knowhow-Transfer versprach.

Projekt 2 („Laser-Display-Technologie — Systemintegration und Prototypen“)

(22)

Der zweite Zuschuss in Höhe von 2 551 653,20 EUR wurde am 23. Juli 1997 bewilligt. Er diente zur Finanzierung des Projekts „Laser-Display-Technologie — Systemintegration und Prototypen“ („Projekt 2“) im Anschluss an Projekt 1. Diese Beihilfe wurde während der Laufzeit des Projekts, d. h. zwischen April 1997 und September 1999, in mehreren Raten ausgezahlt. Die förderfähigen Kosten wurden auf 5 103 293,22 EUR veranschlagt, sodass die Beihilfeintensität 50 % betrug.

(23)

Im Rahmen von Projekt 2 sollten die Ergebnisse von Projekt 1 weiter entwickelt werden; außerdem sollte versucht werden, die wichtigsten Einzelkomponenten in ein Gesamtsystem zu integrieren. Die Arbeiten umfassten außerdem Untersuchungen zur Bilderzeugung mit Pikosekunden-Impulslasern, zur Laserfestigkeit der Einzelkomponenten sowie zur Miniaturisierung von monochronisierten Lasersystemen.

(24)

Folgende Projektkosten wurden bei Gewährung der Beihilfe berücksichtigt:

Projektkosten

Kosten (in EUR)

Personalkosten

2 584 273,68

Sonstige Betriebskosten (Material und Bedarfsmittel)

1 061 850,98

Forschung durch Dritte

1 123 308,26

Zusätzliche Gemeinkosten

817 044,43

Gesamtkosten

5 103 293,22

(25)

Deutschland bestätigte, dass die Kosten unmittelbar in Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt entstanden.

(26)

Im Einklang mit den Zuwendungsvereinbarungen wurden die Ergebnisse des Projekts einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und allgemein zugänglich gemacht. Auf Antrag mussten Nutzungsrechte zu Marktkonditionen vergeben werden.

III.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(27)

In Bezug auf die drei LfA-Darlehen vertrat die Kommission zunächst die Auffassung, dass diese Darlehen aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar sind. Es fehlten ihr jedoch genauere Informationen, um zu einer abschließenden Bewertung zu gelangen. Im Übrigen hatte die Kommission Zweifel, ob die FuE-Zuwendungen für die beiden Lasertechnologieprojekte mit den Beihilferegeln der Gemeinschaft vereinbar waren.

IV.   STELLUNGNAHMEN DRITTER

(28)

Es gingen keine Stellungnahmen Dritter ein.

V.   STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS

(29)

In seiner Stellungnahme zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens machte Deutschland geltend, die Darlehen seien keine staatliche Beihilfe, da sie mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar seien.

(30)

Zu den FuE-Zuwendungen legte Deutschland dar, dass seiner Ansicht nach beide Projekte als industrielle Forschung anzusehen seien und folglich Zuwendungen von bis zu 50 % der förderfähigen Kosten mit den Vorschriften für FuE-Beihilfen vereinbar seien, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der einzelnen Zuwendungen galten. Zu Projekt 2 erklärte Deutschland, dass der Projekttitel „Systemintegration und Prototyp“ irreführend sei, da Ziel des Projekts die genauere Erforschung der Einzelkomponenten des Projekts gewesen sei.

VI.   WÜRDIGUNG

1.   DIE LFA-DARLEHEN

1.1.   STAATLICHE BEIHILFEN

(31)

Nach Artikel 87 EG-Vertrag sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Um festzustellen, ob Gesellschafterdarlehen staatlicher Einrichtungen eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 EG-Vertrag darstellen, ist zu prüfen, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter ähnlichen Umständen Darlehen zu vergleichbaren Bedingungen gewährt hätte.

(32)

Nach Ansicht der Kommission spricht vieles dafür, dass die drei Darlehen keine staatliche Beihilfe darstellten, da sie im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers standen. Erstens war es nach den der Kommission vorliegenden Informationen unter den 1999 und 2000 gegebenen Umständen wirtschaftlich nicht unvernünftig, der Schneider AG Darlehen zu Zinssätzen zwischen [...] %, [...] % und [...] % (Referenzzinssatz der Kommission: 4,76 %) zu gewähren, die später auf [...] %, [...] % und [...] % (Referenzzinssatz der Kommission: 5,7 %) angehoben wurden. Das Vertrauen des Marktes auf künftige Gewinne der Schneider AG — in erster Linie durch eine Führungsposition im Lasertechnologiegeschäft — äußerte sich z. B. darin, dass der Kurs der Schneider-Aktien zwischen 1998 und 2000 um fast das Zehnfache stieg und die strategische Investmentbank Lehman Brothers nach einer sehr positiven Studie in diesem Zeitraum weitere [...] Aktien der Schneider AG kaufte. Im Juli 2000 waren rund 50 % des Gesellschaftskapitals im Besitz von rund 40 strategischen Investoren. Zweitens verhielt sich die LfA wesentlich vorsichtiger als der private Anteilseigner Lehman Brothers. Lehman Brothers erhöhte das Gesellschaftskapital der Schneider AG im Dezember 1999 um 25 Mio. EUR und war im Februar 2000 Leadinvestor bei der Kapitalerhöhung um weitere 46 Mio. EUR. Abgesehen von ihrer Beteiligung an der Kapitalerhöhung vom Februar mit rund 8,74 Mio. EUR (die bereits in dem Beschluss über die Verfahrenseinleitung als mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar angesehen wurde) stellte die LfA weitere 12,8 Mio. EUR ausschließlich in Form verzinslicher rückzahlbarer Darlehen bereit. Drittens waren die Zinssätze der LfA höher als die Zinssätze der Poolbanken, und dies sowohl bei der ursprünglichen Darlehensbewilligung (September 1999 und Februar 2000) als auch bei der späteren Verlängerung der Darlehen (September und Dezember 2002).

(33)

Dessen ungeachtet bestehen weiterhin gewisse Zweifel hinsichtlich der Art der Darlehen. Angesichts des Auftrags der LfA, die regionale Wirtschaft zu fördern, und anhand der vorliegenden Informationen kann die Kommission nicht ausschließen, dass der Zweck der Investition darin bestand, die schwierige Zeit für die Schneider AG zu überbrücken und Arbeitsplätze in der Region zu retten. Außerdem ist unklar, ob die höheren Zinssätze ausreichten, um fehlende Sicherheiten auszugleichen. Die Schneider AG war in einer schwierigen finanziellen Lage, als die Darlehen gewährt wurden, und es war nicht auszuschließen, dass die Lasertechnologie scheitern würde. Ob die höheren Zinsen ausreichten, um dieses Risiko abzudecken, ist schwer zu beurteilen.

1.2.   GEGENSTANDSLOSE ENTSCHEIDUNG

(34)

Nach Ansicht der Kommission kann offen gelassen werden, ob es sich bei den LfA-Darlehen um staatliche Beihilfen handelt oder nicht. Selbst wenn die Darlehen als unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft würden, wäre eine Negativentscheidung zur Rückforderung der Beihilfen gegenstandslos, da es kein Unternehmen mehr gibt, das entweder direkt oder indirekt durch die mutmaßliche staatliche Beihilfe begünstigt wurde.

(35)

Begünstigter des Darlehens war formal gesehen die Schneider AG. SE und SLT wurden erst nach Gewährung der Darlehen gegründet, allerdings ist nicht auszuschließen, dass sie durch die Darlehen begünstigt wurden. Die Insolvenzverfahren gegen die drei Schneider-Unternehmen wurden im März 2002 eingeleitet und alle drei Unternehmen wurden aufgelöst. Die Darlehensschuld wurde der Insolvenzmasse zugeschlagen.

(36)

Die Vermögenswerte der drei Unternehmen wurden vom Insolvenzverwalter unter Aufsicht der Insolvenzgerichte veräußert. Die Kommission ist der Ansicht, dass für die einzelnen Vermögenswerte der Marktpreis gezahlt wurde, sodass der Vorteil der Beihilfe nicht an einen der Käufer weitergegeben wurde.

(a)

Bei den Vermögenswerten, die die Schneider AG zum Zeitpunkt ihrer Auflösung besaß, handelte es sich um Handelsmarken. Nach einer weltweiten Suche nach potenziellen Anlegern mit Hilfe eines M&A-Consultants verkaufte der Insolvenzverwalter die Handelsmarken an den chinesischen Unterhaltungselektronikhersteller TCL für 3,48 Mio. EUR. Parallel hierzu war ein zweiter Berater aufgefordert worden, den Wert der Handelsmarken zu bestimmen. Er erhielt mehrere Angebote, die deutlich unter dem Angebot von TCL lagen. Die Kommission geht daher davon aus, dass die Handelsmarken zum Marktpreis verkauft wurden.

(b)

Die Vermögenswerte der SE, bestehend aus der Fernseher-Produktionslinie und Lagerbeständen, verkaufte der Insolvenzverwalter an TCL für einen Gesamtpreis von 5 745 480 EUR. Nach den von Deutschland übermittelten Informationen führte der Insolvenzverwalter ausführliche Gespräche mit einer Reihe potenzieller Investoren. Es bestand jedoch sehr geringes Interesse am Kauf einer bereits mehrere Jahre alten, auf die Schneider AG zugeschnittenen Fernseher-Produktionslinie; für die Lagerbestände an Fernsehgeräten, für die keine Garantie übernommen und kein Kundendienst angeboten werden konnte, fand sich gar kein Interessent. TCL machte das höchste Angebot, das folglich als Marktpreis angesehen wird.

(c)

Im Falle von SLT hatte der Insolvenzverwalter einen M&A-Consultant beauftragt, der die Verkaufsdokumentation an rund 150 potenzielle Investoren verschickte. Mit einer Reihe potenzieller Interessenten fanden eingehende Gespräche statt. Angesichts der technischen Probleme bei der Entwicklung der Laser-Display-Technology war das Interesse letztlich sehr gering. Kein Angebot war höher als das der LOS, auch nicht, als versucht wurde, die bestehenden und noch einzutragenden Patente einzeln zu veräußern. Die Vermögenswerte der SLT wurden in zwei Schritten (6) für einen Gesamtkaufpreis von 6 025 000 EUR an LOS veräußert. Die Kommission ist daher der Ansicht, dass auch für die Vermögenswerte der SLT der Marktpreis gezahlt wurde.

2.   DIE FUE-PROJEKTE

2.1.   STAATLICHE BEIHILFE

(37)

Die Finanzierung der Forschung wird vom Land Bayern über die BFS bereitgestellt. Die Finanzierung stammt somit aus staatlichen Mitteln und ist dem Staat zuzuordnen. Die Schneider AG wurde durch die Finanzierung des von SLT durchgeführten Teils von Projekt 1 und von Projekt 2 begünstigt. Da Unterhaltungselektronik zwischen den Mitgliedstaaten gehandelt wird, droht die Maßnahme den Wettbewerb zu verfälschen und beeinträchtigt den Handel zwischen den Mitgliedstaaten. Folglich handelt es sich bei den Zuwendungen zu den Projekten 1 und 2 um staatliche Beihilfen.

(38)

Im Falle der Finanzierung des Projekts „Blauer Laser“ der Universität Würzburg hingegen ist die staatliche Finanzierung nach Ansicht der Kommission nicht als Beihilfe anzusehen. Das Projekt betraf die Grundlagenforschung mit dem Ziel der allgemeinen Erweiterung der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse. Gemäß Ziffer 2.2 des Gemeinschaftsrahmens für Forschung und Entwicklung von 1986 (7) (der 1994 zum Zeitpunkt der Zuwendungen galt), ist die Förderung von Grundlagenforschung normalerweise nicht als staatliche Beihilfe einzustufen. „Jedoch kann die Kommission in Ausnahmefällen, in denen diese Forschung bei oder zugunsten von besonderen Unternehmen ausgeübt wird, die Möglichkeit, dass die Beihilfe unter Artikel 92 Absatz 1 [jetzt 87(Absatz 1)] fällt, nicht ausschließen.“ Ein solcher Fall liegt nicht vor. Das Projekt wurde nicht für Schneider durchgeführt. Der Förderantrag wurde unabhängig von der Universität Würzburg gestellt und die Zuschüsse wurden direkt an die Universität ausgezahlt. Wie Deutschland der Kommission mitteilte, waren die Ergebnisse der Universitätsforschung für die Schneider AG nicht relevant, da das Unternehmen eigene Vorstellungen für die Lösung der Probleme im Zusammenhang mit dem blauen Laser hatte. Die Schneider AG verfolgte ihre Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten unabhängig von dem Projekt „Blauer Laser“ und verwertete die Ergebnisse des Universitätsprojekts nicht für die eigene technische Lösung. Beide Projekte waren auf Wunsch der BFS miteinander verknüpft worden, die sich davon Synergien versprach, die letztlich nicht eintraten.

2.2.   AUSNAHME GEMÄß ARTIKEL 87 ABSATZ 3 EG-VERTRAG

(39)

Die FuE-Zuwendungen sind nach Maßgabe des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen (im Folgenden „FuE-Gemeinschaftsrahmen“) von 1986 (8) bzw. 1996 (9) zu bewerten, wonach staatliche Beihilfen zugunsten von Grundlagenforschung, industrieller (Grundlagen-) Forschung und vorwettbewerblicher Entwicklung zulässig sind.

Projekt 1

FuE-Stufe — Beihilfeintensität

(40)

Projekt 1 kann der industriellen Grundlagenforschung im Sinne von Anhang 1 zum FuE-Gemeinschaftsrahmen von 1986 (10) zugeordnet werden. Ziel der Forschungstätigkeit war es, durch neue theoretische und experimentelle Arbeiten vollständig neue Kenntnisse im Bereich der Projektion großer hochauflösender Farbbilder für verschiedene Anwendungsbereiche zu gewinnen sowie die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen für die Einzelkomponenten eines künftigen Laser-Display-Systems zu entwickeln.

(41)

BFS förderte das Projekt zu 48,98 %, d. h. die Beihilfeintensität liegt unter der für industrielle Grundlagenforschung geltenden Schwelle von 50 %.

Anreizeffekt

(42)

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die FuE-Beihilfe einen Anreizeffekt hatte, weil das Projekt ohne die staatliche Unterstützung nicht durchgeführt worden wäre. Das Projekt war mit einem sehr hohen technischen und wirtschaftlichen Risiko verbunden, die Technologie war sehr innovativ; es erforderte Grundlagenforschung und einen hohen Input. Dies wurde in einer externen Studie bestätigt, die die BFS in Auftrag gegeben hatte, bevor sie über die Zuwendung entschied. Die befragten Experten vertraten die Ansicht, dass das Projekt angesichts der hohen Komplexität und anspruchsvollen Zielsetzung nur mit erheblicher Unterstützung realisiert werden konnte. Als größtes technisches Risiko galt die genaue Bildwiedergabe. Die Experten bestätigten außerdem, dass diese völlig neue Technologie eine Vielzahl von Einzelproblemen aufwarf, die nur im Rahmen eines intensiven, konzentrierten und finanziell gut ausgestatteten FuE-Projekts zu lösen waren.

Projekt 2

FuE-Stufe — Beihilfeintensität

(43)

In Bezug auf Projekt 2 machte Deutschland geltend, dass auch dieses Projekt als industrielle Forschung anzusehen ist (11). Nach Angaben Deutschlands entsprachen die Arbeiten im Rahmen dieses Projekts trotz dessen irreführenden Untertitels („Systemintegration und Prototypen“) ihrer Art nach durchaus der entsprechenden Definition. Deutschland erläuterte, dass das Projekt darauf abzielte, die Einzelkomponenten der Technologie weiterzuentwickeln. Aus diesem Grund war das Projekt in den Augen der BFS vollständig als industrielle Forschung einzustufen. Außerdem wurde der erste Prototyp einige Monate nach Abschluss von Projekt 2 entwickelt, wobei der Prototyp für die industrielle Verwendung bestimmt war und nicht für die kommerzielle, wie ursprünglich geplant. Die eigentliche vorwettbewerbliche Forschung folgte erst nach Projekt 2 und ohne weitere öffentliche Finanzierung.

(44)

Die Kommission gibt zu bedenken, ob das Projekt nicht zumindest teilweise der vorwettbewerblichen Entwicklung (12) zuzuordnen ist. Die Förderung wäre auf 25 % begrenzt oder müsste gemäß Punkt 5.5 und Punkt 5.9 des FuE-Gemeinschaftsrahmens von 1996 dem gewichteten Mittel der zulässigen Beihilfeintensitäten entsprechen. Nach Ansicht der Kommission könnte die Integration der einzelnen Komponenten in ein Gesamtsystem unter die Definition vorwettbewerblicher Entwicklung fallen. Außerdem wurde der erste Prototyp nur wenige Monate nach Abschluss von Projekt 2 fertiggestellt, was dafür spricht, dass das Projekt auf die Entwicklung eines ersten Prototyps abzielte.

(45)

Eine weitergehende Analyse der Frage wäre jedoch gegenstandslos, da etwaige unvereinbare Beihilfen den Markt nicht mehr verzerren würden. Die FuE-Zuwendungen gingen an die Schneider AG. SE und SLT wurden erst später gegründet. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Fernsehhersteller SE durch die FuE-Beihilfe für die Lasertechnologieforschung begünstigt wurde, die vollständig in der vereinbarten Weise verwendet wurde. SLT könnte durch die Beihilfe einen Vorteil erhalten haben. Allerdings wurden die Unternehmen in der Zwischenzeit aufgelöst, die FuE-Zuwendungen der Insolvenzmasse zugeschlagen (13) und die Vermögensgegenstände zu Marktpreisen veräußert (siehe Randnummer 36).

Anreizeffekt

(46)

Die Kommission ist der Ansicht, dass das technologische und wirtschaftliche Risiko bei Projekt 2 noch sehr hoch war und SLT das Projekt ohne Unterstützung durch die BFS nicht hätte durchführen können. Wie bereits das erste Projekt hatte auch das zweite einen äußerst innovativen Charakter und erforderte erheblichen Input.

VII.   SCHLUSSFOLGERUNG

(47)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Forschungs- und Entwicklungsbeihilfe in Höhe von 6 498 468,68 EUR für Projekt 1 und 50 % der Forschungs- und Entwicklungsbeihilfe für Projekt 2, das sind 1 275 826,60 EUR, mit den Beihilferegeln der Gemeinschaft vereinbar waren.

(48)

Was die drei LfA-Darlehen in einer Gesamthöhe von 12,8 Mio. EUR und 50 % der Forschungs- und Entwicklungsbeihilfe für Projekt 2 anbelangt, so reichen nach Ansicht der Kommission die vorliegenden Informationen nicht aus, um zu einer abschließenden Beurteilung zu gelangen. Die entscheidende Frage jedoch, ob es sich bei den Darlehen um staatliche Beihilfen handelte und inwieweit Projekt 2 der industriellen Forschung diente, kann offen gelassen werden. Etwaige unvereinbare staatliche Beihilfen könnten nicht zurückgefordert werden, da die Beihilfe den Markt nach Auflösung aller tatsächlichen oder potenziellen Begünstigten und nach der Veräußerung ihrer Vermögenswerte zu Marktpreisen nicht mehr verzerren würde.

Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitete förmliche Prüfverfahren in Bezug auf die drei Darlehen und einen Teil von Projekt 2 gegenstandslos geworden ist —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfen an die Schneider AG, Türkheim, in Höhe von 6 498 468,68 EUR zugunsten des Forschungsprojekts „Laser-Display-Technologie“ und in Höhe von 1 275 826,60 EUR zugunsten des FuE-Projekts „Laser-Display-Technologie — Systemintegration und Prototypen“ sind mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Das förmliche Prüfverfahren wird, soweit es die Darlehen der Bayrischen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung in Höhe von insgesamt 12,8 Mio. EUR und den Zuschuss von 1 275 826,60 EUR zu dem Forschungsprojekt „Laser-Display-Technologie — Systemintegration und Prototypen“ betrifft, eingestellt.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 16. Mai 2006.

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 46 vom 22.2.2005, S. 12.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Einige Beiträge, die während oder nach der Prüfphase eingingen, können nicht als förmliche Stellungnahmen angesehen werden (hauptsächlich unkommentierte, nicht fallbezogene Presseartikel und ein — ebenfalls nicht weiter erläutertes — Angebot fallbezogener Beratungsdienste an die Kommission).

(*1)  Betriebsgeheimnis

(4)  Einschließlich der Fördermittel für das Projekt „Blauer Laser“, das von der Universität Würzburg durchgeführt wurde.

(5)  Einschließlich der Fördermittel für das Projekt „Blauer Laser“, das von der Universität Würzburg durchgeführt wurde.

(*2)  Diese Tabelle enthält nur die Kosten für die Forschungstätigkeit der Schneider AG; nicht berücksichtigt ist die Zuwendung von 0,26 Mio. EUR für das Projekt „Blauer Laser“, das von der Universität Würzburg durchgeführt und auf Wunsch der BFS mit dem Schneiderprojekt verknüpft wurde.

(6)  Erster Schritt war die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, auf das die Vermögenswerte der SLT übertragen wurden. An dem Gemeinschaftsunternehmen war LOS mit 60 % beteiligt, 40 % flossen in die Insolvenzmasse ein. Dieser Zwischenschritt, der auf ein Jahr angelegt war, sollte es ermöglichen, einen strategischen Investor zu finden, der die 40 % aus der Insolvenzmasse übernehmen würde. Ein solcher Investor wurde jedoch nicht gefunden und LOS konnte 100 % erwerben.

(7)  ABl. C 83 vom 11.4.1986, S. 2.

(8)  Siehe Fußnote 8.

(9)  ABl. C 45 vom 17. 2. 1996, S. 5.

(10)  Gemäß Anhang 1 zum FuE-Gemeinschaftsrahmen von 1986 ist „industrielle Grundlagenforschung als eigenständige theoretische oder experimentelle Arbeit definiert, deren Ziel es ist, neues oder besseres Verständnis der Gesetze von Wissenschaft und Technik einschließlich ihrer Anwendung auf einen Industriesektor oder die Tätigkeiten eines bestimmten Unternehmens zu gewinnen.“

(11)  Gemäß Anhang 1 zum FuE-Gemeinschaftsrahmen von 1996 ist industrielle Forschung definiert als planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Kenntnisse mit dem Ziel, diese Kenntnisse zur Entwicklung neuer Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen oder zur Verwirklichung erheblicher Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen nutzen zu können.

(12)  Gemäß Anhang 1 zum FuE-Gemeinschaftsrahmen von 1996 umfasst die vorwettbewerbliche Entwicklung die Umsetzung von Erkenntnissen der industriellen Forschung in einen Plan, ein Schema oder einen Entwurf für neue, geänderte oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie zum Verkauf oder zur Verwendung bestimmt sind, einschließlich der Schaffung eines ersten, nicht zur kommerziellen Verwendung geeigneten Prototyps. Außerdem kann sie die konzeptuelle Planung und den Entwurf von alternativen Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen wie auch erste Demonstrations- oder Pilotprojekte umfassen, sofern diese Projekte nicht für industrielle Anwendungen oder eine kommerzielle Nutzung umgewandelt oder verwendet werden können.

(13)  Nachdem feststand, dass die Vermögenswerte der SLT außerhalb Bayerns verkauft würden, war eine der förmlichen Voraussetzungen für die Behilfe nicht mehr erfüllt.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/56


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 7. Juni 2006

über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten des Erwerbs von Geschäftsanteilen von Winzergenossenschaften gewährt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 2070)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(2007/57/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem vorgenannten Artikel (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   DAS VERFAHREN

(1)

Die Maßnahme wurde aufgrund einer schriftlichen Anfrage der Kommissionsdienststellen per Schreiben vom 19. April 2001 an die Kommission notifiziert. Da die Maßnahme zu diesem Zeitpunkt schon durchgeführt worden war, wurde die Beihilfe in das Verzeichnis der nicht notifizierten Beihilfen übertragen (Beihilfe Nr. NN 32/01).

(2)

Zusätzliche Informationen wurden mit Schreiben am 13. Februar 2002, eingegangen am 18. Februar 2002, mit Schreiben vom 5. Juli 2002, eingegangen am 9. Juli 2002, und mit Schreiben vom 5. Dezember 2002, eingegangen am 10. Dezember 2002, übermittelt. Am 25. Juni 2002 fand darüber hinaus eine Besprechung in den Diensträumen der Generaldirektion Landwirtschaft statt.

(3)

Die Kommission setzte Deutschland mit Schreiben vom 2. Oktober 2003, SG (2003) D/232035, von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen dieser Maßnahme das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten (Beihilfe Nr. C 60/2003).

(4)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission forderte die Beteiligten zur Äußerung zu der betreffenden Beihilfe.

(5)

Die Kommission erhielt mit Schreiben vom 18. November 2003, eingegangen am 25. November 2003, mit Schreiben vom 23. Dezember 2003, eingegangen am 5. Januar 2004, und mit Schreiben vom 12. Februar 2004, eingegangen am 17. Februar 2004, Stellungnahmen von Beteiligten bzw. den die Beihilfe gewährenden deutschen Regionalbehörden.

(6)

Deutschland übermittelte mit Schreiben vom 5. November 2003, eingegangen am 6. November 2003, eine Stellungnahme an die Kommission.

(7)

Deutschland übermittelte mit Schreiben vom 7. März 2005, eingegangen am 9. März 2005, eine ergänzende Stellungnahme an die Kommission, in der um eine Beurteilung der Maßnahme gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 der Kommission vom 6. Oktober 2004 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrar- und Fischereisektor (3) ersucht wurde.

II.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

II.1.   Titel der Maßnahme

(8)

Zuschuss für den Erwerb von Geschäftsanteilen durch Winzer in Rheinland-Pfalz

II.2.   Rechtsgrundlage

(9)

Die Maßnahme wird auf Grundlage der folgenden 4 Richtlinien durchgeführt:

Förderrichtlinie zur Gewährung von Zuschüssen aus Mitteln des Landkreises Bernkastel-Wittlich zur Förderung von Winzern, die einer Winzergenossenschaft beitreten.

Förderrichtlinie zur Gewährung von Zuschüssen aus Mitteln des Landkreises Cochem-Zell zur Förderung von Winzern, die einer Winzergenossenschaft/Erzeugergemeinschaft beitreten.

Förderrichtlinie zur Gewährung von Zuschüssen aus Mitteln des Landkreises Trier-Saarburg zur Förderung von Winzern, die einer Winzergenossenschaft/Erzeugergemeinschaft beitreten.

Mitteilung der Verbandsgemeinde Schweich, die Zuschüsse des Landkreises Trier-Saarburg zur Förderung von Winzern, die einer Winzergenossenschaft/Erzeugergemeinschaft beitreten, zu erhöhen.

(10)

Die Richtlinie der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich sieht Beihilfen für den Ankauf von Geschäftsanteilen einer bestimmten Genossenschaft, der Genossenschaft Moselland, vor. Die Richtlinien der Kreisverwaltung Cochem-Zell sehen ähnliche Bestimmungen vor, die in der Praxis dazu geführt haben, dass ausschließlich Geschäftsanteile der Genossenschaft Moselland gefördert wurden. Die Richtlinien der Kreisverwaltung Trier-Saarburg und der Verbandsgemeinde Schweich sind nicht spezifisch auf ein bestimmtes Unternehmen ausgerichtet, sondern allgemein auf Genossenschaften bzw. Erzeugergemeinschaften, die nach dem deutschen Marktstrukturgesetz anerkannt wurden.

II.3.   Ziel der Maßnahme

(11)

Ziel der Maßnahme war die Erhöhung des Erfassungsanteils von Trauben durch Erzeugergemeinschaften und die Reduzierung des Anteils an frei verkäuflichem, d. h. nicht über Erzeugergemeinschaften verkauftem, Fasswein. Dies sollte zu einer Preisstabilisierung am Fassweinmarkt beitragen. Gleichzeitig sollten dadurch auf Einzelhöfen gelegenen Produktionskapazitäten im Bereich der Kellerwirtschaft insbesondere in den kleinen Winzerbetrieben des Weinbaugebietes Mosel-Saar-Ruwer langfristig stillgelegt werden.

(12)

Mit der Beihilfe wurde Weinbaubetrieben ein Teil der Kosten für den Erwerb von Geschäftsanteilen von Winzergenossenschaften bzw. Erzeugergemeinschaften (im Folgenden: Erzeugergemeinschaften) ersetzt. Die Beihilfe wurde gewährt, wenn sich der Winzer verpflichtete, die Geschäftsanteile für die Dauer von 5 Jahren ab Antragstellung zu halten. Weiters musste der Betrieb mit den von ihm bewirtschafteten Rebflächen der Erzeugergemeinschaft beitreten und sämtliche erzeugte Trauben bzw. Most oder Wein an die Erzeugergemeinschaft abliefern. Weiters wurde der Weinbaubetrieb verpflichtet, seine entsprechenden kellerwirtschaftlichen Einrichtungen stillzulegen.

II.4.   Haushaltsmittel der Beihilfe

(13)

Die Beihilfe wurde in Form von direkten Zuschüssen und in Form von Zinsenzuschüssen zu Kapitalmarktdarlehen gewährt.

(14)

Die Kosten für den Erwerb eines Geschäftsanteils betrugen normalerweise EUR 293,99. Sofern sich die Kosten für einen Geschäftsanteil verringerten, wurde der Zuschuss anteilig reduziert.

(15)

Folgende Zuschüsse pro Geschäftsanteil wurden gewährt:

Landkreis bzw. Gemeinde

Für den Erwerb von 1 bis 5 Geschäftsanteilen

Darüber hinaus pro Anteil

Maximaler Zuschuss pro neu beitretendem Betrieb

Bernkastel-Wittlich

EUR 76,69

EUR 38,35

EUR 766,94

Cochem-Zell

EUR 76,69

EUR 76,69

Keine Obergrenze

Trier-Saarburg

EUR 76,69

EUR 38,35

EUR 766,94

Schweich

EUR 51,13

EUR 255,65

(16)

Die Zuschüsse der Verbandsgemeinde Schweich wurden zusätzlich (kumulativ) zu den Zahlungen im Landkreis Trier-Saarburg geleistet.

(17)

Im Landkreis Cochem-Zell wurden Zinsenzuschüsse für allenfalls aufgenommene Darlehen für den Ankauf von Geschäftsanteilen bis zu einer Höhe von 4,95 % über einen Zeitraum von maximal vier Jahren gewährt.

(18)

Im Jahr 2000 wurden folgende Zahlungen an Erzeugergemeinschaften geleistet:

Landkreis bzw. Gemeinde

Winzergenossenschaft Moselland

Erzeugergemeinschaft Moselherz

Erzeugergemeinschaft Mosel Gate

Bernkastel-Wittlich

EUR 44 022

EUR -

EUR -

Cochem-Zell

EUR 20 171

EUR -

EUR -

Trier-Saarburg

EUR 51 270

EUR 6 990

EUR 7 631

Schweich

EUR 16 975

EUR 3 390

EUR 5 011

Summe

EUR 132 438

EUR 10 380

EUR 12 642

(19)

Insgesamt wurden im Jahr 2000 EUR 155 460 ausbezahlt. Die Maßnahme wurde aus Mitteln der Kreisverwaltungen bzw. der Gemeinde Schweich finanziert.

II.5.   Laufzeit der Maßnahme

(20)

Die Geltungsdauer der Maßnahme im Landkreis Cochem-Zell betrug vier Jahre (2000 bis 2003). Die anderen Beihilferegelungen waren auf das Jahr 2000 beschränkt.

II.6.   Begünstigte

(21)

Die Beihilfe wurde direkt an die Erzeugergemeinschaften bezahlt, welche die Geschäftsanteile verbilligt an neu beitretende Winzer und Weinbaubetriebe verkauften.

(22)

Die Winzer und Weinbaubetriebe im jeweiligen Landkreis konnten dadurch die Geschäftsanteile an Erzeugergemeinschaften zu geringeren Kosten erwerben.

(23)

Die Erzeugergemeinschaften konnten durch die Maßnahme ihr Eigenkapital erhöhen und die Rohstoffbeschaffung absichern.

II.7.   Gründe für die Einleitung des formalen Prüfverfahrens

(24)

Nach einer vorläufigen Prüfung war diese Maßnahme als Betriebsbeihilfe an Winzerbetriebe und Erzeugergemeinschaften einzustufen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Daher hat die Kommission ein formales Prüfverfahren eingeleitet.

III.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

III.1.   Gegen die Maßnahme vorliegende Beschwerden

(25)

Die Dienststellen der Kommission hatten eine Beschwerde im Zusammenhang mit der Einführung der vorliegenden Beihilferegelung erhalten. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass durch die Beihilfe Winzer verbilligt Geschäftsanteile bei hiesigen Erzeugergemeinschaften erwerben konnten. Neben dem Vorteil der Kapitalerhöhung konnten die Erzeugergemeinschaften dadurch auch die Rohstoffbeschaffung bei Most und Rohweinen absichern. Mitbewerber hätten Nachteile zu erleiden, soweit die Beschaffung von Most und Rohweinen betroffen ist.

III.2.   Stellungnahmen von Beteiligten im Rahmen des formalen Prüfverfahrens

(26)

Die Stellungnahmen der Beteiligten bzw. der die Beihilfe gewährenden deutschen Regionalbehörden betonten die Unterstützung des notwendigen Strukturwandels in einem 2 000 jährigen Weinbaugebiet mit Steillagenweinbau, dessen Erhalt ernorme Bedeutung für den Tourismus und die Gastronomie habe. Die Maßnahme diene der Stilllegung von Produktionskapazitäten. Weiters wurde um die Anwendung der Verordnung Nr. 1860/2004 ersucht.

IV.   STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS

(27)

In der Stellungnahme hat Deutschland die notwendige Unterstützung des notwendigen Strukturwandels in einem 2 000 jährigen Weinbaugebiet mit Steillagenweinbau, dessen Erhalt ernorme Bedeutung für den Tourismus und die Gastronomie hat, hervorgehoben. Die Beihilfe sollte die Nachteile von Winzern und Weinbaubetrieben ausgleichen, welche ihre eigenen Kellerkapazitäten stilllegen mussten, um die fünfjährige Ablieferungsverpflichtung an die Erzeugergemeinschaften zu erfüllen und ist daher als Stilllegungsmaßnahme gerechtfertigt.

(28)

In der ergänzenden Stellungnahme hat Deutschland um die Anwendung der Verordnung Nr. 1860/2004 gebeten.

V.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

CMO

(29)

Artikel 36 des EG-Vertrages ist anwendbar auf Weinbau und –verarbeitung, welche von der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (4) abgedeckt werden.

(30)

Nach der Stellungnahme von Deutschland und jener der Beteiligten waren die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Winzer und Weinbaubetriebe durch den Strukturwandel bei den Absatzmöglichkeiten bedingt. Die übliche Vermarktung von Fasswein mit eigenen kellerwirtschaftlichen Einrichtungen wurde immer schwieriger. Der Markt verlangte nun entweder Rohmaterialien (Trauben oder frisch gepressten Most) oder qualitäts- und marktorientierte Weine. Private Gesellschaften hätten in ähnliche Verträge mit den Weinbaubetrieben treten und deren Vermarktungsrisiken übernommen können.

(31)

In diesem Kontext, wie oben im Absatz 12 beschrieben, haben regionale Behörden teilweise die Anschaffungskosten der Anteile der Erzeugergemeinschaften der Winzer getragen. Käufer von Geschäftsanteilen der betroffenen Erzeugergemeinschaften waren verpflichtet, die gesamte kultivierte Fläche in die Erzeugergemeinschaft einzubringen und sämtliche Trauben bzw. Most und Wein an die Erzeugergemeinschaft abzuliefern. Die Weinbaubetriebe hatten die Verpflichtung zu übernehmen, die Geschäftsanteile für fünf Jahre zu behalten, was im Ergebnis einer Stilllegung der kellerwirtschaftlichen Einrichtungen gleichgekommen ist. Die Erzeugergemeinschaften konnten — verglichen mit anderen Gesellschaften in der Weinproduktion und des Weinmarketing — den Kauf von Rohmaterialien durch die Verpflichtung der Winzer und Weinbaubetriebe absichern, sämtliche produzierten Trauben bzw. Most und Wein für einen Zeitraum von fünf Jahren an die Erzeugergemeinschaft abzuliefern (siehe oben Abschnitt II.2).

(32)

Die Begünstigung der Erzeugergemeinschaften, bestehend in der Einholung einer Zusicherung der Weinbaubetriebe zur Ablieferung sämtlicher Trauben bzw. von Most und Wein sowie der Stilllegung ihrer eigenen Kellerwirtschaft, stellt eine Strukturmaßnahme dar, welche die Erzeugergemeinschaften gestärkt hat. Der Vorteil der gesicherten Beschaffung dieser Erzeugergemeinschaften, kann, isoliert betrachtet, als eine Auswirkung einer Marktrestrukturierungsmaßnahme, die den Zielen des Artikels 39 der Verordnung 1493/1999 entspricht, gerechtfertigt werden.

STAATLICHE BEHILFE

(33)

Nach Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung 1493/1999 sind

„[v]orbehaltlich anderslautender Bestimmungen dieser Verordnung […] die Artikel 87, 88 und 89 des Vertrags auf die Erzeugung der unter diese Verordnung fallenden Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen anwendbar.“

(34)

Artikel 71 Absatz 2 besagt, dass

„Titel II Kapitel II (Prämien für die endgültige Aufgabe des Weinbaus) steht der Gewährung von innerstaatlichen Beihilfen, die ähnliche Ziele wie das genannte Kapitel verfolgen, nicht entgegen. Jedoch findet auf solche Beihilfen Absatz 1 Anwendung.“

(35)

Gemäß Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrags sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gleich welcher Art gewährte Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, verboten, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(36)

Das besagte Beihilfenregime wurde aus öffentlichen Mitteln der Kreise und einer Gemeinde im deutschen Land Rheinland-Pfalz finanziert. Die Beihilfe ist geeignet, den Wettbewerb zu verfälschen (5) und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. (6)

V.1.   Begünstigung der Winzer und Weinbaubetriebe durch den Zuschuss zum Erwerb von Geschäftsanteilen und Zinsenzuschüsse

(37)

Bestimmte Winzer und Weinbaubetriebe in Rheinland-Pfalz haben Geschäftsanteile von Erzeugergemeinschaften mit Unterstützung der regionalen Behörden erworben, folglich einen reduzierten Preis für die Geschäftsanteile bezahlt (siehe oben Absatz 15). Der Betrag, der vom üblichen Preis der Geschäftsanteile abgezogen wurde, sollte normalerweise von ihnen getragen werden. Dies stellt daher einen direkten wirtschaftlichen Vorteil für diese Unternehmen dar, der aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde.

(38)

Zinszuschüsse von bis zu 4,95 %, die einigen Winzern und Weinbaubetrieben für einen derartigen Kauf (siehe oben Absatz 17) gewährt wurden, stellen ebenfalls einen wirtschaftlichen Vorteil für diese Landwirte dar, der aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde.

(39)

Daher ist Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrages anwendbar.

(40)

Es wird unten (Abschnitt V.3) geprüft werden, ob für die oben angeführte Begünstigung Punkt 9 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (7) (im Folgenden: Agrargemeinschaftsrahmen) in Bezug auf Beihilfen für Kapazitätsstilllegungen anwendbar ist.

V.2.   Begünstigung der Erzeugergemeinschaften

(41)

Die Kommission bestätigt die in ihrem Brief zur Eröffnung des formalen Prüfverfahrens enthaltene Meinung, dass die Erzeugergemeinschaften durch die Beihilfe zum Ankauf ihrer Geschäftsanteile an die Winzer und Weinbaubetriebe begünstigt wurden. Die Beihilfe für den Erwerb von Geschäftsanteilen war auf bestimmte anerkannte Erzeugergemeinschaften beschränkt (siehe oben Absatz 10). Die Winzer und Weinbaubetriebe mussten die Geschäftsanteile für 5 Jahre behalten.

(42)

Nach den deutschen Behörden war eine Restrukturierung des Weinmarktes unvermeidlich. Obwohl Winzer Geschäftsanteile von Erzeugergemeinschaften erwerben hätten können, da der Preis der Geschäftsanteile nicht sehr hoch war, hat dieser strukturelle Wandel nicht stattgefunden, bis das Beihilfenregime der regionalen und kommunalen Behörden gestartet wurde.

(43)

Diese Erzeugergemeinschaften konnten — verglichen mit anderen Unternehmen in der Weinproduktion und im Weinmarketing — durch das zusätzliche Eintreten von Gesellschaftern, welche die Geschäftsanteile zu reduzierten Preisen oder mit der Hilfe von Zinszuschüssen erwerben konnten, ihr Kapital und ihre Liquidität erhöhen und zusätzliche Einkommen erzielen. Ein weiterer Vorteil für die Erzeugergemeinschaften bestand in der Verpflichtung der Winzer, verbunden mit dem subventionierten Ankauf von Geschäftsanteilen, sämtliche Trauben bzw. Most und Wein abzuliefern sowie kellerwirtschaftliche Einrichtungen stillzulegen.

(44)

Es ist zweckmäßig, sich auf Randnummer 26 des EuGH Urteils in Fall C-156/98 Kommission gegen Deutschland  (8) zu beziehen:

„Der Vorteil, der den in § 52 Absatz 8 EStG bezeichneten Unternehmen mittelbar gewährt wird, besteht im Verzicht des Mitgliedstaats auf die Steuereinnahmen, die er normalerweise erzielt hätte, da durch diesen Verzicht die Investoren die Möglichkeit erhalten haben, Beteiligungen an diesen Unternehmen zu steuerlich günstigeren Bedingungen zu erwerben.“

(45)

Dieses Urteil wurde in der Randnummer 95 der Rechtssache des GEI T-93/02, Confédération nationale du Crédit Mutuel gegen Kommission  (9) , bestätigt:

„… [D]ie Feststellung des Vorliegens einer aus staatlichen Mitteln finanzierten Maßnahme zugunsten eines Unternehmens [..] erfordert [nicht], dass dieses Unternehmen der damit unmittelbar Begünstigte ist. Aus Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe a EG folgt nämlich, dass Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher in den Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 1 EG fallen können. Auch der Verzicht eines Mitgliedstaats auf Steuereinnahmen kann einen mittelbaren Zufluss staatlicher Mittel implizieren, der als Beihilfe zugunsten anderer Wirtschaftsbeteiligter als derjenigen, denen der Steuervorteil unmittelbar gewährt wird, qualifiziert werden kann (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 2000 in der Rechtssache C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-6857, Randnrn. 24 bis 28).“

(46)

Im Lichte der oben zitierten Rechtsprechung beschließt die Kommission, dass die Beihilfe an Winzer und Weinbaubetriebe zum Ankauf von Geschäftsanteilen an bestimmten Erzeugergemeinschaften und Haltung dieser für mindestens fünf Jahre zu einer Steigerung des Kapitals der Erzeugergemeinschaft geführt hat, welche ansonsten nicht geschehen wäre. Der Ankauf von solchen Geschäftsanteilen mit staatlicher Unterstützung stellt einen indirekten Transfer von staatlichen Mitteln an Erzeugergemeinschaften dar. Die resultierende Erhöhung des Kapitals der Erzeugergemeinschaft stellt einen indirekten wirtschaftlichen Vorteil dar, der als andere staatliche Beihilfe behandelt werden soll als der Vorteil, der den Winzern und Weinbaubetrieben gewährt wurde.

(47)

Daher ist Artikel 87 Absatz 1 des EG-Vertrages anwendbar.

V.3.   Ausnahmetatbestände nach Artikel 87 Absatz 2 und 3 des EG-Vertrages

(48)

Es ist dann zu prüfen, ob eine der Ausnahmen bzw. Freistellungen vom grundsätzlichen Beihilfeverbot gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag zur Anwendung kommen.

(49)

Nach den verfügbaren Informationen sind die Ausnahmetatbestände der Artikel 87 Absatz 2 und Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben a, b und d des EG-Vertrages nicht anwendbar, da es sich weder um

Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlichen niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, noch um

Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates oder

Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, handelt.

(50)

Den einzigen möglicherweise anwendbaren Ausnahmetatbestand stellt daher Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) dar.

Vereinbarkeit der Beihilfe an Winzer und Weinbaubetriebe

(51)

Mit Schreiben vom 13. Februar 2002 haben die deutschen Behörden vorgeschlagen, die vorliegende Maßnahme auf der Grundlage von Punkt 9 des Agrargemeinschaftsrahmens zu bewerten.

(52)

Gemäß Punkt 9 können Beihilfen für die Stilllegung von Produktionskapazitäten gewährt werden, sofern sie mit anderen Gemeinschaftsregelungen zur Reduzierung von Produktionskapazitäten kohärent sind und hierbei die folgenden Bedingungen erfüllen:

a)

Die Beihilfe muss im allgemeinen Interesse des betreffenden Sektors gewährt werden und zeitlich beschränkt sein.

b)

Der Begünstigte hat eine ausreichende Gegenleistung zu erbringen, normalerweise bestehend in der festen und endgültigen Entscheidung, die in Frage kommenden Produktionskapazitäten tatsächlich zu verschrotten oder unumkehrbar stillzulegen.

c)

Es ist die Möglichkeit auszuschließen, dass die Beihilfe zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten dient.

d)

Es darf keine Überkompensation des Produktionswertverlustes und des zukünftigen Einkommensverlustes eintreten. Zumindest die Hälfte der Kosten der Beihilfemaßnahmen sollte aus Beiträgen des betreffenden Sektors beglichen werden, und zwar entweder durch freiwillige Beiträge oder durch Zwangsabgaben.

e)

Es dürfen keine Beihilfen gewährt werden, die die Mechanismen der gemeinsamen Marktorganisationen beeinträchtigen würden.

Ad a) Im allgemeinen Interesse des Sektors

(53)

Die Beihilfe scheint eine positive Wirkung durch die Konzentration der landwirtschaftlichen Produktion zu haben und zu einer gewissen Stabilisierung der Preissituation auf dem Fassweinmarkt geführt zu haben. Die Beihilfe war auf drei Landkreise und eine Gemeinde in Rheinland-Pfalz beschränkt. Die Richtlinie der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich sah Beihilfen für den Ankauf von Geschäftsanteilen einer bestimmten Genossenschaft, der Genossenschaft Moselland, vor. Die Richtlinien der Kreisverwaltung Cochem-Zell sahen ähnliche Bestimmungen vor, die in der Praxis dazu führten, dass ausschließlich Geschäftsanteile der Genossenschaft Moselland gefördert wurden. Die Richtlinien der Kreisverwaltung Trier- Saarburg und der Verbandsgemeinde Schweich waren nicht spezifisch auf ein bestimmtes Unternehmen ausgerichtet, begünstigten aber Genossenschaften bzw. Erzeugergemeinschaften, die nach dem deutschen Marktstrukturgesetz anerkannt waren. Private Betriebe, die sich mit Weinherstellung oder Weinhandel befassten, und die die oben genannten Bestimmungen nicht erfüllten, konnten sich also nicht an der Maßnahme beteiligen. Das Regime war auf eine maximale Dauer von vier Jahren beschränkt.

(54)

Gemäß Punkt 9.6 des Agrargemeinschaftsrahmens sind Beihilferegelungen für die Stilllegung von Kapazitäten allen Marktteilnehmern des betreffenden Sektors zugänglich zu machen. Wie oben dargestellt, kann diese Bedingung nicht als erfüllt angesehen werden. Die Kommission hat darüber hinaus eine Beschwerde eines Marktbeteiligten erhalten, der darauf hingewiesen hat, dass die Förderung bestimmter Genossenschaften im Rahmen dieser Maßnahme keinesfalls im allgemeinen Interesse des Weinsektors ist, da private Betriebe, die sich mit Weinherstellung oder Weinhandel befassten, sich nicht an der Maßnahme beteiligen konnten.

Ad b) Gegenleistung

(55)

Die deutschen Behörden haben mitgeteilt, dass es sich bei der Beihilfe um eine Maßnahme zur Stilllegung von Produktionskapazitäten der Winzerbetriebe handelt. Dies wurde damit begründet, dass sich die Landwirte zur Ablieferung sämtlicher Trauben bzw. von Most und Wein an die Erzeugergemeinschaft verpflichteten und die eigenen Kapazitäten im Bereich der Kellerwirtschaft daher langfristig stillgelegt wurden.

(56)

Gemäß Punkt 9.2 des Agrargemeinschaftsrahmens können Beihilfen für den Abbau von Kapazitäten nur genehmigt werden, wenn sie im Rahmen eines Programms zur Umstrukturierung des Sektors vorgesehen sind, das klar definierte Ziele und Zeitvorgaben hat. Die vorliegende Maßnahme wurde ohne Erstellung eines solchen Umstrukturierungsprogramms durchgeführt.

(57)

Gemäß Punkt 9.4 des Agrargemeinschaftsrahmens hat der Begünstigte eine ausreichende Gegenleistung zu erbringen, die in der Regel in der festen und endgültigen Entscheidung besteht, die in Frage kommenden Produktionskapazitäten tatsächlich zu verschrotten oder unumkehrbar stillzulegen. Der Begünstigte hat die rechtlich bindende Verpflichtung einzugehen, dass die Stilllegung endgültig und unwiderruflich ist. Die deutschen Behörden haben angegeben, dass keine rechtlich verbindlichen Zusagen der Winzer zur Stilllegung der eigenen Kapazitäten gemacht wurden. Betreffend die Produktion von Wein ist die Verpflichtung zur Ablieferung von Trauben, Most und Wein gleichbedeutend mit der Stilllegung solcher Kapazitäten, aber nur für die fünfjährige Periode, welche die Verpflichtung umfasst. Die Kommission beschließt daher, dass diese Bedingung nicht erfüllt ist.

Ad c) Keine Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten

(58)

Diese Bedingung ist nicht ausdrücklich in den Förderrichtlinien verankert.

Ad d) Keine Überkompensation und Beitrag des Sektors

(59)

Punkt 9.6 des Agrargemeinschaftsrahmens legt fest, dass der Beihilfebetrag strikt auf den Ausgleich von Wertverlusten des Vermögens beschränkt werden, zuzüglich einer Anreizzahlung, die 20 % des Wertes des Vermögens nicht übersteigen darf. Punkt 9.7 des Agrargemeinschaftsrahmens sieht weiters vor, dass mindestens die Hälfte der Kosten derartiger Beihilfemaßnahmen aus Beiträgen des betreffenden Sektors beglichen werden sollten, und zwar entweder durch freiwillige Beiträge oder durch Zwangsabgaben.

(60)

Die deutschen Behörden haben keine exakten Berechnungen zur Höhe der Wertverluste des Vermögens (wenn überhaupt gegeben) der Weinbaubetriebe vorgelegt. Es kann daher derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine Überkompensation der Verluste vorliegt und dass die Beihilfe 50 % der tatsächlichen Kosten der Beihilfemaßnahme übersteigt. Daher betrachtet die Kommission diese Bedingungen als nicht erfüllt.

Ad 5. Gemeinsame Marktorganisation

(61)

Die Beihilferegelung beeinträchtigt nicht die Ziele der gemeinsamen Marktorganisationen für Wein.

(62)

Da die an Winzer und Weinbaubetriebe gewährte Beihilfe nach den oben angeführten Gründen nicht mit Punkt 9 des Agrargemeinschaftsrahmens vereinbar ist, stellt diese eine Betriebsbeihilfe dar, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

(63)

Keine anderen Rechtfertigungsgründe nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c des EG-Vertrages sind anwendbar.

Vereinbarkeit der Beihilfe an die Erzeugergemeinschaften

(64)

Soweit die Erzeugergemeinschaften betroffen sind, steht die Kommission im Agrarsektor der Bildung von Erzeugergemeinschaften positiv gegenüber, in denen Landwirte zusammengeschlossen sind, um das Angebot zu konzentrieren und die Produktion an die Erfordernisse des Marktes anzupassen. Eine staatliche Beihilfe kann für die Gründung einer solchen Organisation (Punkt 10.5 des Agrargemeinschaftsrahmens) oder im Falle einer beträchtlichen mengenmäßigen Ausweitung ihres Tätigkeitsbereiches auf neue Erzeugnisse oder neue Sektoren gewährt werden (Punkt 10.6 des Agrargemeinschaftsrahmens). Im gegenständlichen Fall ist keine dieser Bedingungen erfüllt.

(65)

Nach Punkt 10.8 des Agrargemeinschaftsrahmens sind an Erzeugergemeinschaften gewährte Beihilfen, die nicht direkt Gründungskosten darstellen, wie Investitionen, nach den Regeln für diese Beihilfen zu behandeln. Da die gegenständliche Maßnahme nur in einer Erhöhung des Kapitals der Erzeugergemeinschaften besteht, ist keine Investition gegeben und dieser Punkt daher keine Grundlage für eine Bewertung der Vereinbarkeit.

(66)

Für die oben angeführten Gründe ist die an die Erzeugergemeinschaften gewährte Beihilfe nicht mit Punkt 10 des Agrargemeinschaftsrahmens vereinbar. Daher stellt diese eine Betriebsbeihilfe dar, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

(67)

Keine anderen Rechtfertigungsgründe nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c des EG-Vertrages sind anwendbar.

V.4.   De minimis Beihilfe an Erzeugergemeinschaften und Weinbaubetriebe

(68)

Die Erfahrung der Kommission hat gezeigt, dass Beihilfen mit geringfügigen Beträgen unter bestimmten Bedingungen nicht unter die Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen.

(69)

Nach der Verordnung Nr. 1860/2004 fallen Beihilfen, die einen Höchstbetrag von EUR 3 000 je Empfänger innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen, bei gleichzeitiger Begrenzung des Beihilfegesamtvolumens auf etwa 0,3 % des jährlichen Produktionswerts der Landwirtschaft den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen, den Wettbewerb nicht verfälschen bzw. zu verfälschen drohen und somit nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen.

(70)

Gemäß Artikel 5 der Verordnung Nr. 1860/2004 gilt diese auch für Beihilfen vor Inkrafttreten, wenn die Voraussetzungen der Artikel 1 und 3 erfüllt werden.

(71)

Artikel 1 beschränkt die Anwendung auf den Agrarsektor. Die Beihilfe betrifft die Vermarktung von Wein. Die Einschränkungen des Artikels 1 Buchstabe a bis c liegen nicht vor.

(72)

Daher stellen diese Maßnahmen bis zu einem Maximalbetrag von EUR 3 000 keine Beihilfe dar, weil nicht alle Bedingungen des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrages erfüllt sind. Um eine Doppelberechnung zu vermeiden, soll diese Grenze nur auf der Ebene der Weinbaubetriebe angewendet werden.

(73)

Die Kommission stellt aufgrund der oben angeführten Gründe fest, dass die Gewährung von Subventionen für den Erwerb von Geschäftsanteilen bis zum Maximalbetrag von EUR 3 000 keine Beihilfe darstellt, wenn die Bedingungen der Verordnung Nr. 1860/2004 erfüllt sind. Jeder diese Schwelle auf der Ebene der begünstigten Winzer und Weinbaubetriebe überschreitende Betrag stellt in seiner Gesamtheit eine Beihilfe dar.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(74)

Die Kommission beschließt, dass die unter dieser Maßnahme gewährten Zuschüsse und Zinsstützungen eine Betriebsbeihilfe darstellen, die durch keine der Ausnahmetatbestände des allgemeinen Beihilfenverbots abgedeckt ist und daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Die Kommission stellt ebenfalls fest, dass Deutschland die gegenständliche Maßnahme unrechtmäßig durchgeführt hat.

(75)

Wenn eine unrechtmäßig gewährte Staatsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt als unvereinbar angesehen wird, ist die natürliche Konsequenz dieser Feststellung die Rückforderung, um die Wettbewerbsposition, wie vor der Gewährung der Beihilfe existierte, so weit wie möglich wiederherzustellen.

(76)

Die Entscheidung betrifft das gegenständliche Regime und muss einschließlich der Rückforderung der Beihilfe entsprechend Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (10) sofort durchgeführt werden.

(77)

Um die direkte und indirekte Begünstigung von Winzern und Weinbaubetrieben sowie den Erzeugergemeinschaften zu beseitigen, zur gleichen Zeit aber eine Doppelberechnung der Beihilfe zu vermeiden, soll Deutschland die Beihilfe von den Unternehmen rückfordern, an welche die staatlichen Mittel bezahlt wurden. Die Verpflichtung der Rückforderung der Beihilfe von Erzeugergemeinschaften ist jedoch unbeschadet der Möglichkeit, dass eine an Winzer und Weinbaubetriebe gewährte Unterstützung von bis zu EUR 3 000 keine Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrages darstellt, insoweit die Bedingungen der Verordnung Nr. 1860/2004 erfüllt sind. Jeder Betrag, welcher diese Schwelle auf der Ebene des begünstigten Winzers oder Weinbaubetriebs überschreitet, stellt in seiner Gesamtheit eine Beihilfe dar und soll von der Erzeugergemeinschaft zurückgefordert werden, dessen Geschäftsanteile der Endbegünstigte erworben hat.

(78)

Diese Entscheidung ist unbeschadet der Möglichkeit für die betroffenen Erzeugergemeinschaften, einen entsprechenden Betrag von den Winzern und Weinbaubetrieben zu fordern, oder Gebrauch von anderen Rechtsbehelfen zu machen, wenn eine solche Möglichkeit nach nationalem Recht besteht.

(79)

Im Bezirk Cochem-Zell soll, soweit die Zinsstützungen betroffen sind, die rückzufordernde Beihilfe von den Winzern und Weinbaubetrieben der von ihnen erhaltenen Zinsunterstützung entsprechen. Die Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe von den Winzern und Weinbaubetrieben ist jedoch unbeschadet der Möglichkeit, dass eine an Winzer und Weinbaubetriebe gewährte Unterstützung von bis zu EUR 3 000 keine Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 des EG-Vertrages darstellt, insoweit die Bedingungen der Verordnung Nr. 1860/2004 erfüllt sind. Jeder Betrag, welcher diese Schwelle auf der Ebene des begünstigten Winzers oder Weinbaubetriebs überschreitet, stellt in seiner Gesamtheit eine Beihilfe dar und soll in voller Höhe zurückgefordert werden.

(80)

Diese Entscheidung ist unbeschadet der Möglichkeit für die betroffenen Winzer und Weinbaubetriebe, Gebrauch von anderen Rechtsbehelfen gegenüber den Erzeugergemeinschaften zu machen, wenn eine solche Möglichkeit nach nationalem Recht besteht.

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Das Staatsbeihilfenregime in der Form von direkten Zuschüssen oder Zinsstützungen an Winzer und Weinbaubetriebe für die Investition in Geschäftsanteile von Erzeugergemeinschaften und in der Form von direkten Zuschüssen zugunsten der Erzeugergemeinschaften, das unrechtmäßig in Verletzung von Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrages von der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde, ist, unbeschadet Artikel 2, unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt.

Artikel 2

Die im Artikel 1 angeführten von der Bundesrepublik Deutschland den Begünstigten gewährten Maßnahmen stellen keine Beihilfe dar, insoweit diese die Bedingungen der Verordnung Nr. 1860/2004 erfüllen.

Artikel 3

(1)   Innerhalb einer Frist von 2 Monaten vom Datum der gegenständlichen Entscheidung soll die Bundesrepublik Deutschland alle von der Anwendung dieses Staatsbeihilfenregimes betroffenen Weinbaubetriebe und Erzeugergemeinschaften über die Entscheidung der Kommission informieren, dass das im Artikel 1 angeführte Staatsbeihilfenregime mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

(2)   Die Bundesrepublik Deutschland soll alle notwendigen Maßnahmen unternehmen, um die im Artikel 1 angeführte und unrechtmäßig an die Begünstigten gewährte Beihilfe von den Weinbaubetrieben oder, wie es der Fall sein mag, von den Erzeugergemeinschaften, rückzufordern, unbeschadet des Artikels 2 oder folgender Ansprüche nach nationalem Recht. Die Bundesrepublik Deutschland soll die Kommission innerhalb einer Frist von zwei Monaten vom Datum der Zustellung dieser Entscheidung über die Identität dieser Begünstigten, dem individuell gewährten Beihilfebetrag und die Methoden zur Bestimmung dieser Beträge informieren.

(3)   Die Rückforderung soll ohne Verzug und in Übereinstimmung mit den Verfahren des nationalen Rechts erfolgen, welche die sofortige und effektive Durchführung der Entscheidung erlauben.

(4)   Die zurückzufordernde Beihilfe soll Zinsen über die gesamte Periode, beginnend mit dem Datum, an dem diese erstmals dem Begünstigten zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückerstattung, umfassen.

(5)   Die Zinsen sollen in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Kapitels V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags berechnet werden.

Artikel 4

Die Bundesrepublik Deutschland soll die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung über die bereits getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Durchführung informieren. Deutschland soll innerhalb des gleichen Zeitraums alle Dokumente vorlegen, die beweisen, dass die Rückforderungsverfahren gegen die Begünstigten dieser unrechtmäßigen Beihilfe eingeleitet wurden.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 7. Juni 2006

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 267 vom 6. November 2003, S. 2.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  ABl. L 325 vom 28. Oktober 2004, S. 4.

(4)  ABl. L 179 vom 14. Juli 1999, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2165/2005 (ABl. L 345 vom 28.12.2005, S. 1).

(5)  Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs deutet die Verbesserung der Wettbewerbsposition eines Unternehmens aufgrund einer staatlichen Beihilfe im Allgemeinen auf eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber konkurrierenden Unternehmen hin, die keine solche Unterstützung erhalten (Rechtssache C-730/79, Philip Morris, Sammlung der Rechtssprechung 1980, S. 2 671, Randnummern 11 und 12).

(6)  Der innergemeinschaftliche Handel mit Agrarprodukten von Deutschland mit Wein betrug 10 364 000 Millionen Hektoliter in Importen und 1 881 900 Millionen Hektoliter in Exporten in 1999. Für Rheinland-Pfalz sind keine separaten Daten verfügbar (Quelle: Statistisches Bundesamt).

(7)  ABl. C 232 vom 12. August 2000, S. 19.

(8)  Rechtssache C-156/98, Deutschland gegen Kommission, Sammlung der Rechtsprechung 2000, I-6857, Randnummer 26.

(9)  Rechtssache T-93/02, Confédération nationale du Crédit Mutuel gegen Kommission, noch nicht in der Sammlung der Rechtssprechung veröffentlicht, Randnummer 95.

(10)  ABl. L 83 vom 27. März 1999, S. 1 Verordnung geändert durch die Beitrittsakte 2003.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/64


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 28. August 2006

über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie

(2007/58/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 101 Absatz 2,

gestützt auf den Beschluss des Rates vom 27. Februar 2006 zur Genehmigung des Abschlusses eines Abkommens zwischen der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie durch die Kommission,

In Erwägung nachstehenden Grundes:

Das Abkommen zwischen der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie sollte genehmigt werden -

BESCHLIESST:

Artikel 1

Das Abkommen zwischen der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie wird hiermit im Namen der Europäischen Atomgemeinschaft genehmigt.

Der Wortlaut des Abkommens ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2

Das für Energie zuständige Mitglied der Kommission nimmt die in Artikel 17 Absatz 1 des Abkommens vorgesehene Notifikation im Namen der Gemeinschaft vor.

Brüssel, den 28. August 2006.

Für die Kommission

A. PIEBALGS

Mitglied der Kommission


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/65


ABKOMMEN

zwischen der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie

DIE REGIERUNG JAPANS UND DIE EUROPÄISCHE ATOMGEMEINSCHAFT (NACHSTEHEND „GEMEINSCHAFT“ GENANNT) –

in der Absicht, die langfristige und stabile Zusammenarbeit zum Nutzen Japans, der Gemeinschaft und Dritter bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie — ohne Verwendung für Kernsprengungen — auf der Grundlage des gegenseitigen Nutzens und der Reziprozität fortzuführen und weiter auszubauen,

angesichts der Tatsache, dass Japan, die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie und bei der durch ihre jeweiligen Rechts- und Verwaltungsvorschriften gewährleisteten Sicherheit in Bezug auf die Gesundheit, die technische Sicherheit, die friedliche Nutzung der Kernenergie und den Umweltschutz einen vergleichbaren, fortgeschrittenen Stand erreicht haben,

in der Absicht, langfristige Vereinbarungen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie — ohne Verwendung für Kernsprengungen — zu treffen, die vorhersehbar und praktisch anwendbar sind und die Notwendigkeiten der Kernenergieprogramme beider Seiten berücksichtigen und Handel, Forschung und Entwicklung sowie die sonstige Zusammenarbeit zwischen Japan und der Gemeinschaft erleichtern,

unter erneuter Betonung des entschiedenen Einsatzes der Regierung Japans, der Gemeinschaft und der Regierungen der Mitgliedstaaten für die nukleare Nichtverbreitung, einschließlich der Stärkung und effizienten Anwendung der damit einhergehenden Sicherungs- und Exportkontrollregelungen, in deren Rahmen die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie zwischen Japan und der Gemeinschaft stattfinden soll,

unter erneuter Betonung der Unterstützung der Ziele der Internationalen Atomenergie-Organisation (nachstehend „IAEO“ genannt) und deren Sicherungssystems seitens der Regierung Japans, der Gemeinschaft und der Regierungen ihrer Mitgliedstaaten sowie des Wunsches, die universelle Einhaltung des Vertrags über die nukleare Nichtverbreitung vom 1. Juli 1968 (nachstehend „Nichtverbreitungsvertrag“ genannt) zu fördern,

angesichts der Tatsache, dass in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft nach Maßgabe des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25. März 1957 (nachstehend „Euratom-Vertrag“ genannt) eine Sicherheitsüberwachung stattfindet,

angesichts des im Euratom-Vertrag niedergelegten Grundsatzes des freien Verkehrs von Kernmaterial, kerntechnischer Ausrüstung und nicht-nuklearem Material auf dem Gebiet der Gemeinschaft und

angesichts der Bedeutung einer hohen Transparenz bei der Verwaltung von Plutonium, um so das Risiko der Verbreitung von Kernwaffen zu verringern und den Schutz von Arbeitskräften, Bevölkerung und Umwelt zu gewährleisten –

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck:

a)

„Vertragsparteien“ die Regierung Japans und die Gemeinschaft; „Vertragspartei“ eine der genannten Vertragsparteien;

b)

„Gemeinschaft“ sowohl

i)

die Rechtsperson, die durch den Euratom-Vertrag geschaffen wurde, als auch

ii)

die Hoheitsgebiete, für die der Euratom-Vertrag gilt;

c)

„Person“ eine natürliche Person, ein Unternehmen oder eine Institution, die den im Hoheitsgebiet einer der Parteien geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften unterliegen, jedoch nicht die Vertragsparteien selbst;

d)

„zuständige Behörde“ für die japanische Regierung die von dieser Regierung benannte Regierungsbehörde, für die Gemeinschaft die Europäische Kommission oder eine andere Behörde, die die Gemeinschaft der Regierung Japans jederzeit auf schriftlichem Wege nennen kann;

e)

„keine Verschlusssache“ Informationen, die weder von den Vertragsparteien noch von einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft als vertraulich eingestuft wurden;

f)

„Kernmaterial“

i)

„Ausgangsmaterial“, d. h. Uran, das die in der Natur auftretende Isotopen-Mischung Isotop 235 enthält; an dem Isotop 235 abgereichertes Uran; Thorium; jeden der erwähnten Stoffe in Form von Metall, Legierung, chemischer Verbindung oder von Konzentrat; alles sonstige Material, das einen oder mehrere der erwähnten Stoffe in einer Anhäufung enthält, die vom Direktorium der IAEO gemäß Artikel XX der Satzung vom 26. Oktober 1956 (nachstehend „Satzung“ genannt) bestimmt wird und über deren Annahme die zuständigen Behörden der Vertragsparteien sich gegenseitig schriftlich unterrichten, sowie alles sonstige Material, das vom Direktorium der IAEO gemäß Artikel XX der Satzung bezeichnet wird und über dessen Annahme die zuständigen Behörden der Vertragsparteien sich gegenseitig schriftlich unterrichten;

ii)

„besonderes spaltbares Material“, d. h. Plutonium, Uran 233, mit den Isotopen 233 oder 235 angereichertes Uran, jedes Material, das einen oder mehrere der genannten Stoffe enthält, sowie alles sonstige Material, das vom Direktorium der IAEO gemäß Artikel XX der Satzung bezeichnet wird und über dessen Annahme die zuständigen Behörden der Vertragsparteien sich gegenseitig schriftlich unterrichten. Der Ausdruck „besonderes spaltbares Material“ schließt jedoch Ausgangsmaterial nicht ein.

g)

„sensibles Kernmaterial“ abgetrenntes Plutonium (auch in Mischoxidbrennstoff) oder mit den Isotopen 235 und/oder 233 um über 20 % angereichertes Uran;

h)

„Ausrüstung“ Anlagen, Maschinen und Geräte oder größere Teile derselben, die speziell für kerntechnische Tätigkeiten ausgelegt bzw. hergestellt wurden und die in Anhang A Teil A aufgeführt sind;

i)

„nicht-nukleares Material“ Schwerwasser oder sonstiges Material, das zur Verwendung in einem Reaktor geeignet ist, um schnelle Neutronen abzubremsen und die Wahrscheinlichkeit weiterer Spaltungen zu erhöhen, gemäß den Angaben in Anhang A Teil B;

j)

„rückgewonnenes oder als Nebenprodukt produziertes Kernmaterial“ besonderes spaltbares Material, das aus nach diesem Abkommen geliefertem Kernmaterial gewonnen wird oder das durch Anwendung eines oder mehrerer Verfahren im Rahmen der Nutzung von nach diesem Abkommen gelieferten kompletten Kernreaktoren oder der Nutzung sonstiger Ausrüstungen gemäß Anhang A Teil A, die im Rahmen dieses Abkommens geliefert werden sollen, gewonnen wird, sofern die japanische Regierung und die Europäische Kommission (nach Konsultationen zwischen der Europäischen Kommission und der Regierung des betroffenen EG-Mitgliedstaates) sich im letztgenannten Falle vor der Lieferung der betreffenden Ausrüstungen schriftlich darauf geeinigt haben.

Artikel 2

Umfang der Zusammenarbeit

(1)   Die Vertragsparteien arbeiten im Rahmen dieses Abkommens zusammen, um den Handel mit Kernmaterial, Forschung und Entwicklung sowie weitere Tätigkeiten zur friedlichen Nutzung der Kernenergie — ohne Verwendung für Kernsprengungen — in Japan und in der Gemeinschaft sowie untereinander im wechselseitigen Interesse der Produzenten, der für den Kernbrennstoffzyklus arbeitenden Industrie, der Versorgungsunternehmen, der in Forschung und Entwicklung tätigen Institute und der Verbraucher, bei gleichzeitiger Einhaltung der Nichtverbreitungsgrundsätze zu erleichtern und zu fördern.

(2)   Die Vertragsparteien arbeiten wie folgt zusammen:

a)

Die Vertragsparteien oder ermächtigten Personen können der jeweils anderen Vertragspartei oder den ermächtigten Personen entsprechend den zwischen Lieferant und Empfänger vereinbarten Bedingungen Kernmaterial, Ausrüstungen und nicht-nukleares Material liefern oder von ihnen solches entgegennehmen.

b)

Die Vertragsparteien oder ermächtigten Personen können für die jeweils andere Vertragspartei oder ermächtigte Person entsprechend den zwischen Erbringer und Nutzer vereinbarten Bedingungen Dienste des Kernbrennstoffkreislaufs und sonstige Dienste im Rahmen dieses Abkommens erbringen oder von der jeweils anderen Vertragspartei oder ermächtigten Person solche Dienste in Anspruch nehmen.

c)

Die Vertragsparteien fördern die Zusammenarbeit untereinander und zwischen bestimmten Personen durch den Austausch von Experten. Ist für die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens der Austausch von Experten erforderlich, erleichtern die Vertragsparteien deren Einreise nach Japan und in die Gemeinschaft sowie deren Aufenthalt.

d)

Die Vertragsparteien erleichtern die Bereitstellung und den Austausch von Informationen, die keine Verschlusssachen sind, entsprechend den zwischen ihnen, zwischen bestimmten Personen oder zwischen einer Vertragspartei und bestimmten Personen getroffenen Vereinbarungen.

e)

Die Vertragsparteien können auf andere von ihnen als geeignet angesehene Weise zusammenarbeiten und die Zusammenarbeit untereinander und zwischen bestimmten Personen fördern.

(3)   Die Zusammenarbeit gemäß den Absätzen 1 und 2 findet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abkommens sowie der in Japan und der Gemeinschaft geltenden internationalen Übereinkommen und Rechts- und Verwaltungsvorschriften statt.

Artikel 3

Dem Abkommen unterliegende Güter

(1)   Kernmaterial, das zwischen Japan und der Gemeinschaft direkt oder über ein Drittland weitergegeben wird, unterliegt diesem Abkommen, sobald es in den Hoheitsbereich der empfangenden Vertragspartei gelangt, sofern die liefernde Vertragspartei der empfangenden Vertragspartei schriftlich den geplanten Transfer mitgeteilt und die empfangende Vertragspartei schriftlich bestätigt hat, dass die jeweiligen Güter dem Abkommen gemäß behandelt werden und es sich bei dem vorgeschlagenen Empfänger — falls es sich nicht um die empfangende Vertragspartei selbst handelt — um eine ermächtigte Person im Hoheitsbereich der empfangenden Vertragspartei handelt.

(2)   Ausrüstung und nicht-nukleares Material, das zwischen Japan und der Gemeinschaft direkt oder über ein Drittland weitergegeben wird, unterliegt diesem Abkommen, sobald es in den Hoheitsbereich der empfangenden Vertragspartei gelangt, sofern:

a)

bei einem Transfer aus Japan in die Gemeinschaft die Regierung Japans, oder, bei einem Transfer von der Gemeinschaft nach Japan, die Regierung des betroffenen Mitgliedstaats der Gemeinschaft oder die Europäische Kommission, beschlossen hat, dass der Transfer der Güter im Rahmen des Abkommens stattfinden soll, und

b)

die liefernde Vertragspartei der empfangenden Vertragspartei schriftlich den geplanten Transfer mitgeteilt und die empfangende Vertragspartei schriftlich bestätigt hat, dass die jeweiligen Güter dem Abkommen gemäß behandelt werden und es sich bei dem vorgeschlagenen Empfänger — falls es sich nicht um die empfangende Vertragspartei selbst handelt — um eine ermächtigte Person im Hoheitsbereich der empfangenden Vertragspartei handelt.

(3)   Die gemäß den Absätzen 1 und 2 verlangten schriftlichen Mitteilungen und Bestätigungen sind gemäß den Verfahren des Artikels 14 vorzulegen.

(4)   Diesem Abkommen unterliegende(s) Kernmaterial, Ausrüstung und nicht-nukleares Material unterliegen diesem Abkommen so lange, bis

a)

die Güter gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Abkommens weitergegeben werden, so dass sie sich außerhalb des Hoheitsbereichs der Empfangspartei befinden,

b)

sich die Vertragsparteien darauf einigen, dass die Güter nicht mehr unter das Abkommen fallen, oder

c)

bei Kernmaterial gemäß den Bestimmungen für die Beendigung der Sicherungsmaßnahmen in den in Artikel 8 Absatz 1 aufgeführten Übereinkünften festgestellt wird, dass es so verbraucht bzw. verdünnt wurde, dass es für kerntechnische Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Sicherheitsüberwachung relevant sind, nicht mehr nutzbar oder praktisch nicht mehr rückgewinnbar ist.

Artikel 4

Zusammenarbeit auf dem Gebiet der kerntechnischen Forschung und Entwicklung

(1)   Gemäß Artikel 2 des Abkommens bauen die Vertragsparteien die Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung zur friedlichen Nutzung der Kernenergie — ohne Verwendung für Kernsprengungen — untereinander und zwischen ihren Behörden aus (soweit die Gemeinschaft betroffen ist, im Einklang mit den spezifischen Programmen). Die Vertragsparteien bzw. ihre Behörden können Forschern und Einrichtungen aus allen Forschungsbereichen — auch Hochschulen, Laboratorien und Privatunternehmen — die Teilnahme an dieser Zusammenarbeit gestatten. Die Vertragsparteien erleichtern ferner die Zusammenarbeit zwischen auf diesem Gebiet tätigen Personen.

(2)   Zur Erleichterung und zum Ausbau der unter diesen Artikel fallenden Tätigkeiten schließen die Vertragsparteien ein getrenntes Abkommen.

Artikel 5

Durchführung des Abkommens

(1)   Die Bestimmungen dieses Abkommens werden nach Treu und Glauben so durchgeführt, dass keine Behinderung oder Verzögerung der kerntechnischen Tätigkeiten in Japan und in der Gemeinschaft oder keine unzulässige Einmischung stattfindet, sowie im Einklang mit umsichtigen Managementpraktiken, die für eine wirtschaftliche und sichere Durchführung solcher Tätigkeiten erforderlich sind.

(2)   Die Bestimmungen des Abkommens dürfen nicht geltend gemacht werden, um wirtschaftliche oder industrielle Vorteile anzustreben, auf handelspolitische oder industrielle — sowohl internationale als auch inländische — Interessen einer der Vertragsparteien oder ermächtigter Personen Einfluss zu nehmen, auf die Nuklearpolitik einer der Vertragsparteien oder der Regierungen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Einfluss zu nehmen oder die Förderung der friedlichen Nutzung der Kernenergie — ohne Verwendung für Kernsprengungen — oder den freien Verkehr von unter das Abkommen fallenden Gütern — oder von solchen, bei denen mitgeteilt wurde, dass sie unter die Bestimmungen des Abkommens fallen sollen — auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet der Vertragsparteien sowie zwischen Japan und der Gemeinschaft zu behindern.

(3)   Dem Abkommen unterliegendes Kernmaterial kann gemäß den Grundsätzen der Fungibilität und Proportionalität behandelt werden, wenn es im Rahmen der Konversion, Brennstoffherstellung, Anreicherung und Aufbereitung bei Mischvorgängen verwendet wird, bei denen es seine Identität verliert oder von einem Identitätsverlust ausgegangen wird.

(4)   Bei der Durchführung dieses Abkommens handeln Japan, die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Übereinkommen über nukleare Sicherheit, das am 24. Oktober 1996 in Kraft getreten ist.

Artikel 6

Geistiges Eigentum

Die Vertragsparteien sorgen im Einklang mit den einschlägigen internationalen Übereinkommen und den in Japan sowie den Europäischen Gemeinschaften oder ihren Mitgliedstaaten geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften für einen angemessenen und effizienten Schutz des geistigen Eigentums und der Technologien, die im Rahmen der Zusammenarbeit gemäß diesem Abkommen erworben oder weitergegeben werden, sicher.

Artikel 7

Friedliche Nutzung

(1)   Die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens findet ausschließlich zu friedlichen Zwecken — ohne Verwendung für Kernsprengungen — statt.

(2)   Kernmaterial, Ausrüstung und nicht-nukleares Material, die gemäß diesem Abkommen weitergegeben wurden, und rückgewonnenes oder als Nebenprodukt produziertes Kernmaterial dürfen nicht für andere als friedliche Zwecke verwendet werden. Sie dürfen ferner nicht für Kernsprengkörper, für die Forschung über Kernsprengkörper oder zu deren Entwicklung eingesetzt werden.

Artikel 8

IAEO- und Euratom-Sicherungsmaßnahmen

(1)   Die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens setzt die Sicherheitsüberwachung durch die Gemeinschaft gemäß dem Euratom-Vertrag bzw. die Akzeptanz der Durchführung von Sicherungsmaßnahmen durch die IAEO entsprechend den folgenden Sicherungsübereinkünften voraus:

d)

Abkommen zwischen der Regierung Japans und der IAEO gemäß Artikel III Absätze 1 und 4 des Nichtverbreitungsvertrags vom 4. März 1977 (nachstehend „Sicherungsabkommen für Japan“ genannt), ergänzt durch das Zusatzprotokoll vom 4. Dezember 1998;

e)

Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, der Republik Finnland, der Republik Griechenland, Irland, der Republik Italien, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Portugal, dem Königreich Schweden, der Slowakischen Republik, dem Königreich Spanien, der Gemeinschaft und der IAEO gemäß Artikel III Absätze 1 und 4 des Nichtverbreitungsvertrags vom 5. April 1973 (nachstehend „Sicherungsübereinkommen für die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, außer für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Republik Frankreich“ genannt), ergänzt durch das Zusatzprotokoll vom 22. September 1998, in der später genannten Fassung;

f)

Übereinkommen zwischen dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, der Gemeinschaft und der IAEO zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen in Großbritannien und Nordirland in Verbindung mit dem Nichtverbreitungsvertrag vom 6. September 1976 (nachstehend „Sicherungsübereinkommen für das Vereinigte Königreich“ genannt), ergänzt durch das Zusatzprotokoll vom 22. September 1998;

g)

Übereinkommen zwischen der Republik Frankreich, der Gemeinschaft und der IAEO über Sicherungsmaßnahmen in Frankreich vom 27. Juli 1978 (nachstehend „Sicherungsübereinkommen für Frankreich“ genannt), ergänzt durch das Zusatzprotokoll vom 22. September 1998.

(2)   Für Kernmaterial, das gemäß diesem Abkommen weitergegeben wurde, und rückgewonnenes oder als Nebenprodukt produziertes Kernmaterial gelten

h)

auf dem Hoheitsgebiet Japans die Sicherungsmaßnahmen der IAEO entsprechend dem Sicherungsabkommen für Japan und

i)

auf dem Hoheitsgebiet der Gemeinschaft die Sicherheitsüberwachung der Gemeinschaft gemäß dem Euratom-Vertrag, sowie gegebenenfalls die Sicherungsmaßnahmen der IAEO entsprechend dem Sicherungsübereinkommen für die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, außer für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Republik Frankreich, dem Sicherungsübereinkommen für das Vereinigte Königreich und dem Sicherungsübereinkommen für Frankreich.

(3)   Sollte die IAEO aus irgendeinem Grund keine Sicherungsmaßnahmen gemäß Absatz 2 anwenden, beraten die Vertragsparteien unverzüglich über Korrekturmaßnahmen; sind solche nicht vorgesehen, treffen sie unverzüglich Vereinbarungen, die den Sicherungsgrundsätzen und -verfahren der IAEO entsprechen und nach Effizienz und Umfang den in Absatz 2 genannten Sicherungsmaßnahmen der IAEO gleichwertig sind.

Artikel 9

Retransfers

(1)   Bei Kernmaterial, Ausrüstung und nicht-nuklearem Material, die gemäß diesem Abkommen weitergegeben wurden, und rückgewonnenem oder als Nebenprodukt produziertem Kernmaterial findet, außer in das Hoheitsgebiet der liefernden Vertragspartei, kein Retransfer außerhalb der Hoheitsgewalt der empfangenden Vertragspartei statt, es sei denn, der empfangenden Vertragspartei liegen Garantien vor, dass die Bedingungen des Anhangs B in angemessener Weise erfüllt sind, oder aber es wurde zuvor die schriftliche Zustimmung der liefernden Vertragspartei eingeholt.

(2)   Zusätzlich gilt, dass bei den nachstehenden Gütern, die gemäß diesem Abkommen weitergegeben wurden, außer in das Hoheitsgebiet der liefernden Vertragspartei kein Retransfer außerhalb des Hoheitsgebietes der empfangenden Vertragspartei stattfindet, wenn nicht zuvor die schriftliche Zustimmung der liefernden Vertragspartei eingeholt wurde:

j)

sensibles Kernmaterial und

k)

Ausrüstung für die Anreicherung, die Aufarbeitung und die Produktion von Schwerwasser,

ausgenommen bei Gütern, die von Japan in die Gemeinschaft verbracht werden und die dem jeweiligen bilateralen Kooperationsabkommen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie zwischen der japanischen Regierung und der Regierung des Empfänger-Drittlandes unterliegen, und bei Transfers von der Gemeinschaft nach Japan, wenn das Empfänger-Drittland in eine von der Gemeinschaft zu erstellende Liste aufgenommen und die liefernde Vertragspartei von der empfangenden Vertragspartei über den Retransfer unterrichtet wurde.

Artikel 10

Transparenz

Die Vertragsparteien tauschen Informationen über die sichere und effiziente Verwaltung von Kernmaterial, Ausrüstung und nicht-nuklearem Material aus, das bzw. die gemäß diesem Abkommen weitergegeben wird.

Artikel 11

Physischer Schutz

(1)   Bei Kernmaterial, das gemäß diesem Abkommen weitergegeben wird, und bei rückgewonnenem oder als Nebenprodukt produziertem Kernmaterial wenden die japanische Regierung und die Regierungen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bzw. die Europäische Kommission Maßnahmen des physischen Schutzes gemäß den von ihnen jeweils festgelegten Kriterien an, die zumindest das in Anhang C dargelegte Sicherheitsniveau gewährleisten.

(2)   Japan und die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bzw. die Gemeinschaft beachten im Zusammenhang mit dem internationalen Transport von Kernmaterial, das diesem Abkommen unterliegt, die Bestimmungen des von ihnen unterzeichneten Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial, das am 8. Februar 1987 in Kraft getreten ist und dem sie als Vertragsparteien angehören.

Artikel 12

Frühere Abkommen

(1)   Dieses Abkommen ergänzt das Abkommen zwischen der Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und der Regierung Japans über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie vom 25. Februar 1998 und das Abkommen zwischen der Regierung Japans und der Regierung der Republik Frankreich über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie vom 26. Februar 1972 in der durch das Protokoll vom 9. April 1990 von den Parteien geänderten Fassung und hat gegebenenfalls Vorrang vor den genannten bilateralen Abkommen.

(2)   Enthalten die in Absatz 1 genannten bilateralen Abkommen Rechte und Pflichten für die Regierung Japans, die Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und die Regierung der Republik Frankreich, die über das vorliegende Abkommen hinausgehen, gelten diese weiterhin im Rahmen der genannten bilateralen Abkommen.

(3)   Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 3 Absatz 1 gilt dieses Abkommen für Kernmaterial, das vor Inkrafttreten des Abkommens zwischen Japan und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie zwischen Japan und der Republik Frankreich gemäß den in Absatz 1 genannten bilateralen Abkommen weitergegeben wurde.

(4)   Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 3 Absatz 1 gilt dieses Abkommen für Kernmaterial, das vor Inkrafttreten des Abkommens zwischen Japan und den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft — außer dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Republik Frankreich — weitergegeben wurde, sofern die Vertragsparteien sich darauf einigen, dass dieses Kernmaterial unter das Abkommen fällt.

Artikel 13

Aussetzung und Beendigung

(1)   Wenn die Gemeinschaft, einer ihrer Mitgliedstaaten oder Japan zu irgendeinem Zeitpunkt nach Inkrafttreten dieses Abkommens

l)

den Bestimmungen der Artikel 7, 8, 9 oder 11 oder den Beschlüssen des Schiedsgerichts nach Artikel 15 zuwiderhandelt oder

m)

eine der in Artikel 8 Absatz 1 genannten Sicherungsübereinkünfte mit der IAEO beendet oder erheblich verletzt,

hat die Regierung Japans oder die Gemeinschaft das Recht, die weitere Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens ganz oder teilweise einzustellen oder dieses Abkommen zu beenden und die Rückgabe von Kernmaterial zu verlangen, das im Rahmen des Abkommens geliefert wurde.

(2)   Zündet die Gemeinschaft oder ein Mitgliedstaat der Gemeinschaft, außer dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Republik Frankreich, einen Kernsprengkörper, hat die Regierung Japans das in Absatz 1 genannte Recht.

(3)   Zündet das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland oder die Republik Frankreich einen Kernsprengkörper unter Verwendung von im Rahmen dieses Abkommens geliefertem Kernmaterial, hat die Regierung Japans das in Absatz 1 genannte Recht.

(4)   Zündet Japan einen Kernsprengkörper, hat die Gemeinschaft das in Absatz 1 genannte Recht.

(5)   Bevor eine der Vertragsparteien Schritte ergreift, um die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens ganz oder teilweise einzustellen, das Abkommen zu beenden oder die Rückgabe von Kernmaterial zu verlangen, finden zwischen den Vertragsparteien Konsultationen über Abhilfemaßnahmen statt, bei denen gegebenenfalls Folgendes eingehend zu erwägen und eventuell die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen zu berücksichtigen ist:

n)

die Folgen solcher Schritte und

o)

die Frage, ob der Sachverhalt, der der Grund für solche Schritte ist, absichtlich verursacht wurde.

(6)   Die Rechte nach diesem Artikel können nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die andere Vertragspartei es versäumt, binnen eines angemessenen Zeitraums im Anschluss an die Konsultationen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.

(7)   Übt eine der Vertragsparteien ihr Recht gemäß diesem Artikel auf Forderung nach Rückgabe von Kernmaterial aus, das im Rahmen des Abkommens weitergegeben wurde, entschädigt sie die andere Vertragspartei oder die betroffenen Personen in Höhe des fairen Marktpreises des Kernmaterials.

Artikel 14

Durchführungsverfahren

Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien legen Verfahren fest und ändern diese gegebenenfalls, um die wirksame Durchführung der Bestimmungen dieses Abkommens sicherzustellen.

Artikel 15

Konsultation und Schiedsverfahren

(1)   Im Interesse der Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens können die Vertragsparteien auf Ersuchen einer der Parteien einander auf diplomatischer Ebene oder im Rahmen anderer Beratungsgremien konsultieren.

(2)   Die Vertragsparteien konsultieren einander auf Ersuchen einer der Vertragsparteien zu Fragen der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens.

(3)   Können Streitigkeiten, die sich aus der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens ergeben, nicht im Verhandlungsweg, durch Vermittlung, durch Schlichtung oder ein ähnliches Verfahren beigelegt werden, kann dies mit Zustimmung beider Vertragsparteien durch Vorlage bei einem Schiedsgericht, das aus drei nach diesem Absatz ernannten Schiedsrichtern besteht, geschehen. Jede Vertragspartei benennt einen Schiedsrichter, der Staatangehöriger Japans oder eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft sein kann, und diese beiden Schiedsrichter wählen einen dritten, der nicht Staatsangehöriger Japans oder eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft ist und der den Vorsitz führt. Hat keine der Vertragsparteien binnen dreißig Tagen nach dem Antrag auf ein Schiedsverfahren einen Schiedsrichter benannt, so kann jede der Vertragsparteien den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs um Ernennung eines Schiedsrichters ersuchen. Das gleiche Verfahren findet Anwendung, wenn binnen dreißig Tagen nach der Benennung oder Ernennung des zweiten Schiedsrichters der dritte Schiedsrichter noch nicht gewählt worden ist, der kein Staatsangehöriger Japans oder eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft sein darf. Das Quorum ist mit der Mehrheit der Mitglieder des Schiedsgerichts erreicht. Alle Beschlüsse müssen die Zustimmung von zwei Schiedsrichtern erhalten. Das Schiedsverfahren wird durch das Schiedsgericht festgelegt. Die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind für die Vertragsparteien verbindlich.

Artikel 16

Stellenwert der Anhänge

Die Anhänge sind vollgültiger Bestandteil dieses Abkommens. Sie können durch beiderseitige, schriftliche Einwilligung der Regierung Japans und der Europäischen Kommission ohne Änderung des Abkommens modifiziert werden.

Artikel 17

Inkrafttreten und Geltungsdauer

(1)   Dieses Abkommen tritt am dreißigsten Tag nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien sich in einem diplomatischen Notenwechsel gegenseitig mitteilen, dass ihre jeweiligen für das Inkrafttreten erforderlichen innerstaatlichen Verfahren abgeschlossen sind, und gilt für eine Dauer von dreißig Jahren (1).

Danach wird das Abkommen automatisch um jeweils fünf Jahre verlängert, sofern nicht eine der Vertragsparteien spätestens sechs Monate vor Ablauf des Abkommens der anderen Partei schriftlich ihre Absicht mitteilt, das Abkommen zu beenden.

(2)   Ungeachtet einer vollständigen oder teilweisen Einstellung der weiteren Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens oder einer Beendigung des Abkommens, gleichgültig, aus welchem Grund, gelten die Bestimmungen der Artikel 7, 8, 9 und 11 weiter.

Das Abkommen und seine Anhänge werden in zwei Urschriften in dänischer, deutscher, englischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, japanischer, niederländischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache erstellt. Bei Abweichungen sind der englische und der japanische Wortlaut verbindlich.

Zu Urkund dessen haben die hierzu von der Regierung Japans und der Europäischen Atomgemeinschaft gehörig befugten Unterzeichneten dieses Abkommen unterschrieben.

Geschehen zu Brüssel 24. Februar 2006.

Im Namen der Regierung Japans

T. KAWAMURA

Im Namen der Europäischen Atomgemeinschaft

A. PIEBALGS


(1)  Der diplomatische Notenwechsel fand am 20. November 2006 statt. Im Einklang mit den Bestimmungen des Abkommens ist der Tag des Inkrafttretens der 20. Dezember 2006.


ANHANG A

Teil A

1.

Komplette Kernreaktoren:

Für den Betrieb einer kontrollierten, sich selbst erhaltenden Kernspaltungs-Kettenreaktion geeignete Kernreaktoren, ausschließlich Nullleistungsreaktoren; letztere werden als Reaktoren mit einer projektierten maximalen Plutoniumerzeugung von nicht mehr als 100 g pro Jahr definiert.

2.

Reaktorbehälter:

Metallbehälter oder werkstattgefertigte Hauptbestandteile dafür, die speziell für den Kern eines Kernreaktors im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind, sowie entsprechende Reaktoreinbauten gemäß Nummer 8.

3.

Be- und Entladevorrichtungen für Brennelemente:

Bedienungseinrichtungen, die speziell zum Einführen oder zum Herausnehmen von Brennelementen aus einem Kernreaktor im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind.

4.

Regelstäbe und -ausrüstung:

Stäbe, Träger oder Aufhängevorrichtungen hierfür, Steuerstabantriebe und Stabführungsrohre, die speziell zur Regelung der Reaktionsrate in einem Kernreaktor im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind.

5.

Reaktordruckrohre:

Rohre, die speziell zur Unterbringung der Brennelemente und des Primärkühlmittels in einem Kernreaktor im Sinne von Nummer 1 bei einem Betriebsdruck von mehr als 5,1 MPa (740 psi) ausgelegt oder angefertigt sind.

6.

Zirkoniumrohre:

Zirkoniummetall oder -legierungen in Form von Rohren oder Rohrsystemen und in Mengen von mehr als 500 kg in jedem Zwölfmonatszeitraum, die speziell zur Verwendung in einem Kernreaktor im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind und bei denen das Hafnium-Zirkonium-Verhältnis weniger als 1:500 Gew.- % beträgt.

7.

Primärkühlmittelpumpen:

Pumpen, die speziell für den Kreislauf des Primärkühlmittels von Kernreaktoren im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind.

8.

Reaktoreinbauten:

Reaktoreinbauten, die speziell zur Verwendung in einem Kernreaktor im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind, beispielsweise Stützen für den Kern, Brennelementkanäle, thermische Abschirmungen, Leitbleche, Kerngitter und Diffusorplatten.

9.

Wärmetauscher:

Wärmetauscher (Dampfgeneratoren), die speziell für den Kreislauf des Primärkühlmittels von Kernreaktoren im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind.

10.

Neutronenerfassungs- und -Messeinrichtungen:

Neutronenerfassungs- und -Messeinrichtungen, die speziell für die Bestimmung der Neutronenflusshöhen innerhalb des Kerns von Kernreaktoren im Sinne von Nummer 1 ausgelegt oder angefertigt sind.

11.

Anlagen für die Wiederaufbereitung bestrahlter Kernbrennstoffe und speziell ausgelegte oder angefertigte Ausrüstungen hierfür.

12.

Anlagen für die Herstellung von Brennelementen und speziell ausgelegte oder angefertigte Ausrüstungen hierfür.

13.

Anlagen für die Trennung von Uranisotopen und speziell dafür ausgelegte oder angefertigte Ausrüstungen, mit Ausnahme von Analysegeräten.

14.

Anlagen zur Herstellung von schwerem Wasser, Deuterium oder Deuteriumverbindungen und besonders ausgelegte oder angefertigte Ausrüstungen hierfür.

15.

Anlagen zur Umwandlung von Uran und Plutonium für die Herstellung von Brennelementen und die Trennung von Uranisotopen gemäß den Nummern 12 und 13 und besonders ausgelegte oder angefertigte Ausrüstungen hierfür.

Teil B

1.

Deuterium und Schwerwasser:

Deuterium bzw. Schwerwasser (Deuteriumoxid) und jede Deuteriumverbindung, in der das Deuterium-Wasserstoffatom-Verhältnis größer ist als 1:5 000, zur Verwendung in einem Kernreaktor im Sinne von Teil A Nummer 1 in Mengen von mehr als 200 kg Deuteriumatomen in jedem Zwölfmonatszeitraum.

2.

Nuklearreines Grafit

Grafit mit einem Reinheitsgrad, der einem Boräquivalent von weniger als 5 ppm entspricht, und mit einer Dichte von über 1,50 g/cm3, zur Verwendung in einem Kernreaktor im Sinne von Teil A Nummer 1 in Mengen von mehr als 30 t in jedem Zwölfmonatszeitraum.


ANHANG B

iii)

Güter, bei denen ein Retransfer stattgefunden hat, dürfen im Empfänger-Drittland ausschließlich für friedliche Zwecke (keine Kernsprengungen) verwendet werden.

iv)

Ist das Empfänger-Drittland ein Nichtkernwaffenstaat, unterliegt das gesamte Kernmaterial in diesem Land den Sicherungsmaßnahmen der IAEO.

v)

Findet ein Retransfer von Kernmaterial statt, werden die Sicherungsmaßnahmen der IAEO im Empfänger-Drittland auf das Kernmaterial angewendet.

vi)

Findet ein Retransfer von Kernmaterial statt, trifft das Empfänger-Drittland angemessene Vorkehrungen für den physischen Schutz dieses Materials, die den in Anhang C dargelegten mindestens gleichwertig sind.

vii)

Güter, bei denen ein Retransfer stattgefunden hat, dürfen über das Empfänger-Drittland hinaus nicht an ein anderes Land weitergegeben werden, es sei denn, dieses Land bietet Garantien, die den in diesem Anhang genannten gleichwertig sind.


ANHANG C

Grad des physischen Schutzes

Es wird ein Grad des physischen Schutzes vereinbart, den die Regierung von Japan und die Regierungen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bzw. gegebenenfalls die Europäische Kommission bei Verwendung, Lagerung und Beförderung von Kernmaterial der in beigefügter Tabelle aufgeführten Kategorien gewährleisten müssen, der mindestens folgende Merkmale aufweist:

KATEGORIE III

Verwendung und Lagerung in einem Bereich mit Zugangskontrolle.

Beförderung unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen, einschließlich vorheriger Absprachen zwischen Lieferant, Empfänger und Transporteur, sowie — beim internationalen Transport — vorherige Vereinbarungen der Beteiligten im Einklang mit den Rechtsvorschriften von Liefer- bzw. Empfängerstaat über Zeit, Ort und Verfahren zur Übertragung der Verantwortung für den Transport.

KATEGORIE II

Verwendung und Lagerung in einem geschützten Bereich mit Zugangskontrolle, d. h. in einem fortlaufend durch Wachpersonal oder elektronisch überwachten Bereich, der von einer physischen Barriere umgeben ist und über eine begrenzte Zahl von entsprechend kontrollierten Einlasspunkten verfügt, oder in einem Bereich mit einem gleichwertigen physischen Schutz.

Beförderung unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen, einschließlich vorheriger Absprachen zwischen Lieferant, Empfänger und Transporteur, sowie — beim internationalen Transport — vorherige Vereinbarungen der Beteiligten im Einklang mit den Rechtsvorschriften von Liefer- bzw. Empfängerstaat über Zeit, Ort und Verfahren zur Übertragung der Verantwortung für den Transport.

KATEGORIE I

Kernmaterial dieser Kategorie ist mit äußerst zuverlässigen Systemen wie folgt gegen unbefugte Verwendung zu schützen:

Verwendung und Lagerung in einem besonders geschützten Bereich, d. h. in einem geschützten Bereich gemäß der Definition für Kategorie II, bei dem außerdem der Zugang nur Personen gestattet ist, deren Vertrauenswürdigkeit festgestellt wurde, und der von Wachpersonal bewacht wird, das in enger Verbindung mit den zuständigen Behörden steht. Die in diesem Zusammenhang ergriffenen spezifischen Maßnahmen sollten die Ermittlung und Verhinderung von Angriffen, unbefugtem Zugang und unbefugter Entfernung des jeweiligen Kernmaterials zum Ziel haben.

Beförderung unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen, wie sie für die Beförderung von Kernmaterial der Kategorien II und III angeführt wurden, ferner unter ständiger Überwachung durch Begleitpersonal und unter Bedingungen, die eine enge Verbindung mit den zuständigen Behörden sicherstellen.

Tabelle:

Einstufung von Kernmaterial

Kernmaterial

Form

Kategorie I

Kategorie II

Kategorie III

1.

Plutonium (1)

nicht bestrahlt (2)

2 kg und mehr

weniger als 2 kg, mehr als 500 g

500 g oder darunter (3)

2.

Uranium-235

nicht bestrahlt (2)

 

 

 

auf 20 % U 235 oder mehr angereichertes Uran

5 kg und mehr

weniger als 5 kg, mehr als 1 kg

1 kg und darunter (3)

auf 10 bis unter 20% U 235 angereichertes Uran

 

10 kg und mehr

weniger als 10 kg (3)

auf weniger als 10 % U 235 angereichertes Uran (4)

 

 

10 kg und mehr

3.

Uranium-233

nicht bestrahlt (2)

2 kg und mehr

weniger als 2 kg, mehr als 500 g

500 g und darunter (3)

4.

bestrahlter Brennstoff

 

 

abgereichertes und natürliches Uran und Thorium sowie schwach angereicherter Brennstoff (weniger als 10 % Spaltstoffe) (5)  (6)

 


(1)  Außer Plutonium mit einem Gehalt an Plutonium 238 von über 80 %.

(2)  Kernmaterial, das nicht in einem Reaktor bestrahlt wurde, und Kernmaterial, das in einem Reaktor auf eine Entfernung von 1 m (nicht abgeschirmt) mit einer Strahlungsdosis von höchstens 1 Gy/hr (100 rads/hr) bestrahlt wurde.

(3)  Mengen, die zu gering sind, um radiologisch signifikant zu sein, sollten ausgenommen werden, jedoch im Einklang mit umsichtigen Managementpraktiken geschützt werden.

(4)  Natürliches Uran, abgereichertes Uran, Thorium und Uran, das auf weniger als 10 % angereichert ist, in Mengen, die nicht in die Kategorie III fallen, sollten im Einklang mit umsichtigen Managementpraktiken geschützt werden.

(5)  Hierbei handelt es sich um das empfohlene Schutzniveau, aber es steht der Regierung Japans und den Regierungen der Mitgliedstaaten bzw. gegebenenfalls der Europäischen Kommission offen, nach Beurteilung der besonderen Gegebenheiten eine andere Einstufung vorzunehmen.

(6)  Andere Brennstoffe, die aufgrund ihres ursprünglichen Spaltstoffgehalts vor der Bestrahlung in Kategorie I oder II eingestuft wurden, können um eine Kategorie zurückgestuft werden (bei einer Strahlungsintensität des Brennstoffs von mehr als 1 Gy/hr (100 rads/hr) auf eine Entfernung von 1 m (nicht abgeschirmt)).


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/76


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 26. September 2006

über die staatliche Beihilfe, die die Niederlande zugunsten von Holland Malt BV gewährt haben

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 4196)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(2007/59/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem vorgenannten Artikel (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Die Maßnahme wurde gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag mit Schreiben vom 31. März 2004, eingegangen am 6. April 2004, notifiziert.

(2)

Mit Schreiben vom 1. Juni 2004, 12. August 2004 und 16. Februar 2005 hat die Kommission die Niederlande um nähere Auskünfte gebeten. Mit Schreiben vom 5. Juli 2004, 17. Dezember 2004 und 15. März 2005, eingegangen am 7. Juli 2004, 3. Januar 2005 bzw. 23. März 2005, haben die Niederlande die Fragen der Kommission beantwortet.

(3)

Die Kommission hat die Niederlande mit Schreiben vom 5. Mai 2005 von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, wegen dieser Beihilfe das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(4)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht. Die Kommission hat alle Beteiligten aufgefordert, sich zu der fraglichen Beihilfemaßnahme zu äußern.

(5)

Mit Schreiben vom 10. Juni 2005 haben die Niederlande einige Bemerkungen übermittelt.

(6)

Die Stellungnahmen, die die Kommission von Beteiligten erhalten hat, sind den Niederlanden zugeleitet worden, denen Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde; die Kommission hat die Bemerkungen der Niederlande mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 erhalten.

II.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFEMAßNAHME

(7)

Die Niederlande haben beschlossen, der Holland Malt BV im Rahmen eines regionalen Investitionsprogramms „Regionale investeringsprojecten 2000“ (im Folgenden „IPR-Programm“) eine Beihilfe zu gewähren. Dieses regionale Investitionsprogramm wurde im Jahr 2000 von der Kommission genehmigt (3), ebenso wie eine Programmänderung am 18. Februar 2002 (4), wonach das IPR-Programm auch auf die Bereiche der Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Erzeugnisse des Anhangs I EG-Vertrag) Anwendung findet.

(8)

Es handelt sich hier um eine Beihilfe zu einem Investitionsvorhaben der Holland Malt BV. Holland Malt BV, im Folgenden „Holland Malt“ genannt, ist ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen der Bierbrauerei Bavaria NV und Agrifirm, einer Genossenschaft von Getreideerzeugern in den Nordniederlanden und in Deutschland. Die Beihilfe betrifft den Bau einer Mälzerei in Eemshaven, Gemeinde Eemsmond. Diese Investition ermöglicht es, die gesamte Lagerungs- und Verarbeitungskette für Braugerste sowie die Erzeugung und Vermarktung von Malz zusammenzufassen.

(9)

Das niederländische Wirtschaftsministerium hat beschlossen, eine Finanzhilfe in Höhe von 13,5 % brutto (10 % netto) der zuschussfähigen Investitionen in Höhe von 55 Millionen Euro zu gewähren, mit einem Höchstbetrag von 7 425 000 EUR. Da es sich um eine Beihilfe zu einem Investitionsvorhaben eines Unternehmens im Bereich der Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Erzeugnisse des Anhangs I EG-Vertrag) handelt und die beihilfefähigen Ausgaben für das Vorhaben 25 Millionen Euro überschreiten, muss die Beihilfe gemäß Ziffer 4.2.6 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor  (5) , im Folgenden „Gemeinschaftsrahmen“ genannt, der Kommission gesondert notifiziert werden.

(10)

Holland Malt hat die Investition beschlossen, nachdem die niederländische Regierung sich mit Schreiben vom 23. Dezember 2003 zu der Finanzhilfe verpflichtet hatte. Diese Verpflichtung wurde unter der aufschiebenden Bedingung eingegangen, dass die Europäische Kommission die Beihilfe genehmigen würde. Die Bauarbeiten von Holland Malt in Eemshaven begannen im Februar 2004, die Mälzerei ist im April 2005 in Betrieb gegangen.

(11)

Bei der Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag ist die Kommission von folgenden Überlegungen ausgegangen.

(12)

Nachdem die Kommission festgestellt hatte, dass es sich bei der Maßnahme in diesem Stadium offensichtlich um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag handelt, hat sie geprüft, ob die Maßnahme aufgrund der Ausnahmebestimmungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann.

(13)

Unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Maßnahme findet sich die einzig mögliche Ausnahmebestimmung in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag, wonach Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

(14)

Da die Beihilfe eine Investition in die Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen betrifft, musste die Kommission prüfen, ob alle in Ziffer 4.2 des Gemeinschaftsrahmens genannten Anforderungen erfüllt sind. Die Kommission hegt aus den nachstehenden Gründen Zweifel, ob Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag anwendbar ist.

(15)

Gemäß Ziffer 4.2.5 des Gemeinschaftsrahmens dürfen Beihilfen für Investitionen im Zusammenhang mit der Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen nicht gewährt werden, wenn nicht einwandfrei erwiesen ist, dass für die betreffenden Erzeugnisse normale Absatzmöglichkeiten bestehen. Aufgrund der der Kommission bei Einleitung des Verfahrens zur Verfügung stehenden Informationen war nicht auszuschließen, dass der Malzmarkt Überkapazitäten aufweist.

(16)

Holland Malt erklärte, dass das Unternehmen hochwertiges „Premium Malz“ für die Herstellung von „Premium Bier“ liefert und der Markt für diese Art von Malz und Bier weiterhin expandiert. Bei Einleitung des Verfahrens war jedoch nicht deutlich, ob es sich bei „Premium Malz“ und „Premium Bier“ nicht nur um reine Marketingkonzepte handelt und eine Überkapazität für diese Erzeugnisse ausgeschlossen werden kann.

III.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(17)

Die Kommission hat Stellungnahmen erhalten

vom finnischen Mälzerbund

vom britischen Mälzerbund

vom deutschen Mälzerbund

vom französischen Mälzerbund

vom dänischen Mälzerbund

von einem Beteiligten, der aufgrund eines etwaigen Nachteils um Nichtbekanntgabe seiner Identität ersucht hat

vom niederländischen Bauernverband („Nederlandse land- en tuinbouworganisatie (LTO Nederland“))

von Agrifirm

von Holland Malt

von der niederländischen Provinz Groningen

(18)

Der finnische Mälzerbund spricht sich gegen die Absicht der Niederlande aus, Holland Malt BV eine Beihilfe zu gewähren, weil staatliche Investitionsbeihilfen für Mälzereien seiner Ansicht nach zu Marktstörungen führen. Er weist darauf hin, dass im Malzsektor der Gemeinschaft eine Überkapazität von ca. 1 Mio. Tonne besteht und die Kapazität in den kommenden Jahren daher um 10 % verringert werden muss. Bezüglich der Aussage, dass Holland Malt „Premium Malz“ für die Herstellung von „Premium Bier“ liefere, weist der finnische Mälzerbund darauf hin, dass bestehende Mälzereien in der Gemeinschaft den Markt mit einer Vielzahl von Malzsorten, einschließlich hochwertigem „Premium Malz“, versorgen können.

(19)

Nach Ansicht des britischen Mälzerbundes müssen staatliche Beihilfen für Mälzereien ausdrücklich untersagt werden. Er verweist auf ein Schreiben von Euromalt (Europäischer Dachverband der Mälzereien) aus dem Jahr 2004 an die Kommission, in dem dieser Dachverband die Auffassung vertrat, dass in Anbetracht der derzeitigen Überkapazität der Malzherstellung in der Gemeinschaft und auf dem Weltmarkt keine staatlichen Mittel für neue Mälzereikapazitäten gewährt werden sollten (6). Nach Angaben des britischen Mälzerbunds beträgt die Mälzereikapazität in den Mitgliedstaaten 8,8 Millionen Tonnen und beläuft sich die Nachfrage auf rund 5,9 Millionen Tonnen. Dies ergibt einen potenziellen Exportüberschuss in der Gemeinschaft von 2,9 Millionen Tonnen für einen Weltmarkt, auf dem jährlich 4,3 Millionen Tonnen gehandelt werden. Im Wirtschaftsjahr 2003/2004 wurden in der Gemeinschaft Ausfuhrlizenzen für insgesamt 2,48 Millionen Tonnen Malz ausgestellt. In dem im Juni 2005 abgelaufenen Wirtschaftsjahr war diese Menge auf 2,22 Millionen Tonnen zurückgegangen, was auf die schwierige Marktlage und die begrenzten Absatzmöglichkeiten für Mälzereien in der Gemeinschaft hindeutet. Der britische Mälzerbund schätzt den Malzüberschuss in der Gemeinschaft auf 500 000 Tonnen und rechnet damit, dass sich dieser Überschuss auf fast 1 Million Tonnen erhöhen wird, was darauf zurückzuführen ist, dass noch neue Kapazitäten in Betrieb genommen werden und die Nachfrage aus Russland und Osteuropa zurückgehen wird, weil diese Gebiete inzwischen nahezu autark sind. Nach Ansicht des britischen Mälzerbundes hat diese Überkapazität dazu geführt, dass die heutigen Marktpreise für Malz auf ein Niveau gesunken sind, auf dem die variablen Kosten nicht länger gedeckt sind. Des Weiteren bezweifelt der britische Mälzerbund, dass die neuen niederländischen Kapazitäten gebaut wurden, um Premium Malz für Premium-Märkte herzustellen. Der Brauereisektor habe sich weitgehend konsolidiert, und die meisten Kunden von Mälzereien wollten nur qualitativ hochwertiges Malz, das ihren strengen (und häufig allgemeinen) Spezifikationen sowie den Anforderungen in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit genügen. Die Aufspaltung des Malzmarktes in einen Premium-Sektor und einen Nicht-Premium-Sektor ist nach Ansicht des britischen Mälzerbundes nicht relevant.

(20)

Der deutsche Mälzerbund zeigt sich sehr besorgt über die Absicht der Niederlande, eine Investitionsbeihilfe für den Bau einer Mälzerei in der Provinz Groningen zu gewähren. Nach Ansicht des deutschen Mälzerbundes wird die Ausfuhr aus der Gemeinschaft auf traditionelle Absatzgebiete wie die Mercosur-Länder und Russland/Ukraine beträchtlich zurückgehen, weil diese Länder eine eigene Malzindustrie aufbauen und sich gegen Einfuhren schützen. Überdies sind überseeische Konkurrenten wie Kanada und Australien aufgrund ihrer Nähe zu den noch expandierenden Biermärkten im Fernen Osten und in Südostasien und dank der liberalen Handelspolitik ihrer Regierungen sehr stark. Gleichzeitig stagniert der Malzverkauf auf dem Binnenmarkt, was eine Überkapazität von rund 1 Million Tonne in der Gemeinschaft zur Folge hat. Nach Ansicht des deutschen Mälzerbundes ist die Förderung der örtlichen Produktion von Braugerste kein Argument. Er weist darauf hin, dass die gesamte niederländische Produktion von Braugerste bereits durch die Malzindustrie gekauft wird und dass die neue Mälzerei in Groningen von Gersteeinfuhren abhängen wird.

(21)

Der französische Mälzerbund lehnt staatliche Beihilfen für neue Mälzereien in der Gemeinschaft ab. Wie der britische Mälzerbund verweist auch er auf das Schreiben von Euromalt und nennt dieselben Zahlen für die Erzeugung und die Ein- und Ausfuhr von Malz. Auch nach Ansicht des französischen Mälzerbundes wird Malz derzeit zu Preisen gehandelt, die die variablen Kosten nicht decken. Seiner Ansicht kann die staatliche Beihilfe für die Investition in den Niederlanden nicht damit gerechtfertigt werden, dass auf einen gesonderten Markt für qualitativ hochwertiges Malz verwiesen wird, da bei den meisten Brauereien eine Nachfrage nach solch qualitativ hochwertigem Malz besteht. Schließlich müsste die Malzindustrie in der Gemeinschaft nach Ansicht des französischen Mälzerbundes eigentlich veraltete Mälzereien schließen, um die Marktbedingungen zu verbessern.

(22)

Der dänische Mälzerbund meldet Bedenken gegen die geplante Beihilfe zugunsten von Holland Malt an. Seiner Ansicht nach beruht die Malzindustrie weltweit auf freien Marktbedingungen. Kennzeichnend hierfür sind Privateigentum und private Investitionen durch Unternehmen im Malzsektor. Eine Beihilfe in Höhe von 7,4 Millionen Euro bei einer Gesamtinvestition von 55 Millionen Euro würde den Wettbewerb verzerren und einen ungerechtfertigten komparativen Vorteil für das Unternehmen schaffen, das eine solche Beihilfe erhält, vor allem in den ersten Jahren nach Inbetriebnahme. Des Weiteren lehnt der dänische Mälzerbund die Unterscheidung zwischen „Premium Malz“ und „normalem Malz“ ab. Malz ist ein generisches Erzeugnis, mit geringfügigen Variationen, für das aber bestimmte Qualitätsnormen des Brauereisektors gelten. Schließlich gibt es nach Ansicht des dänischen Mälzerbundes auf örtlicher oder regionaler Ebene keine Gründe, eine Finanzhilfe für die Investition in der Region Eemsmond zu gewähren, da es sich seiner Ansicht nach um eine normal entwickelte Region in den Niederlanden handelt, mit einer Infrastruktur, die eng mit der Versorgungskette für Gerste und Malz verbunden ist.

(23)

Der Beteiligte, der aufgrund eines etwaigen Nachteils um Nichtbekanntgabe seiner Identität ersucht hat, äußert aus folgenden Gründen Bedenken zu der Beihilfe. Seiner Ansicht nach sei die Unterscheidung zwischen Premium Malz und normalem Malz künstlich, bestünden auf örtlicher oder regionaler Ebene keine Gründe für eine Investitionsbeihilfe und würde die Beihilfe Wettbewerbsverzerrungen auf dem Malzmarkt bewirken, der durch Privateigentum und private Investitionen gekennzeichnet sei.

(24)

Der niederländische Bauernverband („Nederlandse land- en tuinbouworganisatie — LTO Nederland)“ ist der Ansicht, dass die Mälzerei Holland Malt in Eemshaven für die Landwirtschaft in dieser Region große Bedeutung hat. Die Lage der Mälzerei an einem Seehafen und der auf ein hochwertiges Segment des Malz- und Biermarktes ausgerichtete Produktionsprozess bieten für die Landwirtschaft im Nordosten der Niederlande wichtige sozioökonomische Perspektiven. Dies wird ein Anreiz sein für den Anbau von Getreide, das in diesem Produktionsprozess verwendet werden kann. Die Gerste der Landwirte ist Bestandteil einer vollständig registrierten und zertifizierten, integrierten Kette, deren Endprodukt qualitativ hochwertiges Bier ist. Die beiden wichtigsten Kulturen in dieser Region sind Stärkekartoffeln und Zuckerrüben. Die Verbesserung der Produktivität und die Reform der Gemeinschaftspolitik haben dazu geführt, dass die Fläche für diese Kulturen kleiner geworden ist. Braugerste ist eine der wenigen rentablen Alternativen für den Anbau dieser Kulturen. Daher haben die Landwirte auch eine finanzielle Beteiligung an Holland Malt zugesagt.

(25)

Agrifirm befürwortet uneingeschränkt die Gewährung einer Beihilfe für Holland Malt. Agrifirm arbeitet mit der Brauerei Bavaria in dem Gemeinschaftsunternehmen Holland Malt zusammen, in dem die gesamte Anbau-, Lagerungs- und Verarbeitungskette für Braugerste zusammengefasst ist. Nach Ansicht von Agrifirm bieten die Produktions- und Lagerungseinrichtungen von Holland Malt einzigartige Chancen. Der Anbau von Braugerste würde den Landwirten in dieser Region bessere Perspektiven bieten. Wenn sich diese auf die Produktion von Braugerste konzentrieren, die den Anforderungen an Premium Malz genügt, können sie von den Wachstumsperspektiven des Marktes für Premium Bier profitieren. Durch den Bau der Fabrik in Eemshaven wird unter Berücksichtigung der damit zusammenhängenden logistischen Vorteile eine neue Wirtschaftstätigkeit in den Nordniederlanden geschaffen. Der Beschluss der niederländischen Regierung über die Gewährung einer Beihilfe ist die Grundlage für einen rentablen Betrieb in den ersten kritischen Jahren des Vorhabens.

(26)

Nach Ansicht von Holland Malt kann von einem gesonderten Markt für Premium Bier und Premium Malz gesprochen werden. Auf dem Markt für Premium Malz finden sich leicht Absatzmöglichkeiten für HTST-Malz („high temperature, short time“) von Holland Malt. HTST-Malz erhöht die Stabilität des Geschmacks und des Aromas sowie die Perlung und folglich auch die Haltbarkeit des Biers. Holland Malt verweist auf ein Schreiben der Universität Weihenstephan-München, in dem bestätigt wird, dass die patentierte Technologie eine Malzsorte ergibt, die sich deutlich von normalem Malz unterscheidet (7). Des Weiteren sei auf eine Anlage zu dem Schreiben von Holland Malt hingewiesen, in dem ein Hersteller von Premium Bier erklärt, dass HTST-Malz einzigartige Charakteristika aufweist. HTST-Malz ist überdies auch teurer als normales Malz anderer Mälzereien. Nach Ansicht von Holland Malt ist HTST-Malz aufgrund seiner einzigartigen Charakteristika, der eindeutigen Qualität und der höheren Preisklasse nicht oder kaum mit normalem Malz austauschbar. Für HTST-Malz dürfte es eine eigene Nachfrage und einen eigenen Markt geben. Nach Ansicht von Holland Malt wird die Investition daher nicht notwendigerweise zu einer Kapazitätserhöhung um 55 000 Tonnen auf dem Markt für normales Malz führen.

(27)

Des Weiteren führt Holland Malt aus, dass die geplante Investition nicht unbedingt zu einem weiteren Anstieg der Überkapazität auf dem Weltmalzmarkt führen wird. Die an einem Tiefseehafen gelegene Mälzerei wird normale Absatzmöglichkeiten auf dem Markt für Exportmalz finden. Zwar könnten sich die Wachstumsperspektiven für nicht am Meer gelegene Anlagen des europäischen Malzsektors in Anbetracht der rückläufigen Malznachfrage in Westeuropa verschlechtern, aber der Malzexport bietet beträchtliche Wachstumsperspektiven. Holland Malt zufolge wird dies von drei Berichten aus dem Jahr 2005 (8) bestätigt. Aus diesen Berichten geht hervor, dass neue Märkte in Asien, Lateinamerika, Afrika und Osteuropa höchste Anforderungen an die Malzqualität stellen und dass der europäische Malzsektor aufgrund der hohen Qualität seines Malzes einen Wettbewerbsvorteil hat. Holland Malt zufolge ist es nicht schwierig, normale Absatzmärkte für sein Malz zu finden, waren die Auftragsbücher für 2005 voll und hat das Unternehmen im zweiten aufeinander folgenden Jahr mehr Malz verkauft als es produzierte. Holland Malt weist auch darauf hin, dass die Stilllegung der Anlagen in Wageningen und Lieshout mit der Schrumpfung des Malzmarktes in Westeuropa einhergegangen ist, während die neue Produktionskapazität in Eemshaven auf den expandierenden Exportmarkt ausgerichtet ist. Die Nettozunahme der Kapazität auf dem Malzmarkt wird geringer sein als in dem Schreiben der Kommission vom 5. Mai 2005 angegeben. Holland Malt legt dar, dass die geplante Investition in die Anlage in Eemshaven sich eher auf den Handel mit Drittländern als auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirken wird, weil der Malzexport ein gesondertes Marktsegment ist, das unabhängig von dem Segment ist, in dem inländische Malzlieferanten tätig sind. Holland Malt unterstreicht, dass die Situation auf dem Weltmalzmarkt die Kommission nicht davon abgehalten hat, eine Investitionsbeihilfe für eine Mälzerei in Litauen zu genehmigen.

(28)

Nach Ansicht von Holland Malt wird sich die Investition positiv auf die ländliche Entwicklung in den Nordniederlanden und in Deutschland auswirken. Für eine große Anzahl von Landwirten (rund 1 800) wird hiermit eine Alternative geschaffen. Sie werden Qualitätsbraugerste für einen expandierenden Markt anbauen, die im Gegensatz zur Futtergerste nicht unter die Interventionsregelung der Gemeinschaft fällt. Überdies ist der Anbau von Braugerste umweltfreundlicher als der Anbau von Futtergerste. Schließlich weist Holland Malt darauf hin, dass die integrierte Anlage für die Malzherstellung und die Lagerung von Gerste zur Lebensmittelsicherheit beiträgt.

(29)

Die Provinz Groningen befürwortet die Gewährung einer staatlichen Investitionsbeihilfe zugunsten von Holland Malt. Sie weist darauf hin, dass sich dieses Vorhaben positiv auf die Beschäftigungslage in dieser Region auswirken wird, und unterstreicht auch den innovativen Aspekt des Vorhabens, das die Entwicklung von Eemshaven fördern wird, u. a. durch Errichtung eines Agro Business Parks. Die Provinz unterstreicht ferner, dass die geplante Investition ein Stimulans ist für Landwirte, die beim Anbau traditioneller örtlicher Kulturen wie Stärkekartoffeln mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Der Anbau von Braugerste würde bessere Perspektiven bieten.

IV.   STELLUNGNAHME DER NIEDERLANDE

(30)

Die Niederlande haben auf die Einleitung des Verfahrens mit Schreiben vom 10. Juni 2005 reagiert. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 sind sie auf die Bemerkungen Dritter eingegangen, nachdem sie um eine Verlängerung der Antwortfrist ersucht hatten.

(31)

In ihrem ersten Schreiben stellen die Niederlande fest, dass der Malzexport beträchtliche Wachstumsperspektiven bietet, dass sich aber die Wachstumsperspektiven des nicht am Meer gelegenen europäischen Malzsektors wegen der rückläufigen Malznachfrage in Westeuropa verschlechtern könnten. Dass Holland Malt an einem Tiefseehafen gelegen ist, ist von großem Vorteil. In diesem Zusammenhang kann von einer Dualität des Malzmarktes gesprochen werden. Die Investition in Holland Malt wird sich nicht auf den bereits rückläufigen Markt für örtliche, nicht am Meer gelegene Mälzereien in Westeuropa auswirken. Die Niederlande führen aus, dass die Malzmenge, für die in der Gemeinschaft Ausfuhrlizenzen erteilt worden sind, in den Jahren 2004/2005 und 2003/2004 gleich groß war, und bitten die Kommission daher, die aktuellen Angaben zu den Ausfuhrlizenzen zu berücksichtigen. Nach Ansicht der Niederlande gibt es auch ein besonderes Marktsegment für das qualitativ hochwertige Malz von Holland Malt. Sie verweisen auf das Schreiben der Universität Weihenstephan, in dem die Unterscheidungsmerkmale von HTST-Malz bestätigt werden.

(32)

Bezugnehmend auf die Bemerkungen Dritter erklären die Niederlande, dass der Weltmalzmarkt in den nächsten Jahren wachsen wird. Es wird auf ein Seminar vom 4./5. Oktober 2005 über Braugerste hingewiesen, auf dem der Internationale Getreiderat (9) mit einem Anstieg der gesamten Kapazität der Malzherstellung bis zum Jahr 2010 um 10 % rechnete. Auf diesem Seminar führte die Rabobank ferner aus, dass der gesamte Bierverbrauch jährlich um 2 % steigt, was vor allem auf die Zunahme des Bierverbrauchs auf neuen Märkten wie Südamerika, Afrika, Russland, Südostasien und China zurückzuführen ist. Moderne Mälzereien, die an Tiefseehäfen gelegen und in der Lage sind, in loser Schüttung zu produzieren, werden von dieser Entwicklung profitieren können. Die Niederlande erinnern an ein Schreiben von Euromalt vom August 2005 (10), in dem es heißt, dass kleine, veraltete und ineffiziente Kapazitäten stillgelegt werden müssen. In demselben Schreiben ist die Rede von einer Überkapazität im gemeinschaftlichen Malzsektor in Höhe von mindestens 500 000 bis 700 000 Tonnen. Nach Ansicht der Niederlande beruhen diese Zahlen aber auf einer Produktion von 24 Stunden täglich, sieben Tagen wöchentlich und 365 Tagen jährlich. Zeiten von Stillstand sind nicht berücksichtigt, weshalb nicht feststeht, ob tatsächlich eine Überkapazität vorliegt. Die Niederlande weisen ferner auf einen Bericht (11) des Studienbüros Frontier Economics über Holland Malt (Analyse des geografischen Marktes und der Innovationsaspekte) hin. Die Schlussfolgerung dieses Berichtes lautet: Nichts deutet darauf hin, dass die Beihilfe zugunsten von Holland Malt zu einer Verlagerung des Malzabsatzes anderer europäischer Hersteller führen wird, möglicherweise finden aber solche Verlagerungen unabhängig davon statt. Mit anderen Worten, es besteht kein Grund zu der Annahme, dass durch die Gewährung einer Beihilfe eine etwaige Überkapazität bei europäischen Herstellern von normalem Malz noch erhöht würde. Die Niederlande ersuchen die Kommission, Kenntnis zu nehmen vom Bestehen eines gesonderten Marktes für HTST-Malz, einer Malzsorte hoher Qualität, die dem „Altern“ von Bier entgegenwirkt. Des Weiteren weisen die Niederlande auf Stilllegungen von Mälzereikapazitäten in Höhe von 12 000 Tonnen Malz hin, wodurch sich die gesamten Stilllegungen von bestehenden Kapazitäten auf 77 000 Tonnen erhöhen. Die zusätzliche Kapazität betrage nur 0,5 % der gesamten Produktionskapazität in der Gemeinschaft, was keine Marktstörungen auf dem gemeinschaftlichen Malzmarkt zur Folge haben dürfte. Schließlich sei diese Beihilfe dazu bestimmt, den Standortnachteil von Eemshaven auszugleichen und Holland Malt faire Wettbewerbsbedingungen zu bieten (ohne Beihilfe wäre eine vergleichbare Investition in eine Mälzerei im Tiefseehafen Terneuzen erfolgt).

V.   BEURTEILUNG DER BEIHILFEMAßNAHME

Marktorganisationen

(33)

Die Maßnahme betrifft eine Beihilfe für ein Gerste verarbeitendes Unternehmen. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1784/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die gemeinsame Marktordnung für Getreide (12) sind die Artikel 87, 88 und 89 EG-Vertrag auf die in dieser Verordnung genannten Erzeugnisse anwendbar. Der Sektor, auf den sich die vorliegende Beihilfemaßnahme bezieht, fällt somit unter die Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen.

Verbot staatlicher Beihilfen aufgrund von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(34)

Nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(35)

Die Maßnahme besteht in einer direkten Investitionsbeihilfe. Sie ist insofern selektiv, als nur ein einziges Unternehmen, nämlich Holland Malt, Empfänger ist.

(36)

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes lässt sich eine Wettbewerbsverfälschung vermuten, wenn sich die Wettbewerbsposition eines Unternehmens im Vergleich zu anderen Unternehmen, die eine solche Unterstützung nicht erhalten haben, infolge einer staatlichen Beihilfe verbessert (13).

(37)

Eine Maßnahme beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten, wenn sie die Einfuhr aus anderen Mitgliedstaaten erschwert oder die Ausfuhr in andere Mitgliedstaaten erleichtert. Entscheidend hierbei ist, ob sich der innergemeinschaftliche Handel durch die betreffende Maßnahme anders entwickelt oder zu entwickeln droht.

(38)

Die vorliegende Beihilfemaßnahme betrifft ein Erzeugnis (Malz) mit einem beträchtlichen innergemeinschaftlichen Handelsvolumen. Im Jahre 2004 wurden in der Gemeinschaft rund 1,3 Millionen Tonnen Malz gehandelt, d. h. rund 15 % der gesamten gemeinschaftlichen Malzproduktion im Jahr 2004 (14). Der Malzsektor unterliegt daher dem Wettbewerb. Es besteht somit die Gefahr, dass sich der innergemeinschaftliche Handel infolge der Beihilfemaßnahme anders entwickelt.

(39)

Die betreffende Maßnahme ist daher eine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag.

Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag: Ausnahmebestimmungen

(40)

In Artikel 87 Absätze 2 und 3 sind Ausnahmen von dem Verbot gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag vorgesehen.

(41)

Die in Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag genannten Ausnahmen finden angesichts der Art und Ziele der genannten Beihilfemaßnahme keine Anwendung. Die Niederlande haben sich im Übrigen auch nicht auf Artikel 87 Absatz 2 bezogen.

Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag: Ausnahmen von der Beurteilung der Kommission

(42)

In Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag sind die Bedingungen aufgeführt, unter denen staatliche Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Diese Vereinbarkeit muss vom Standpunkt der Gemeinschaft aus beurteilt werden und nicht von dem eines Mitgliedstaats. Denn im Interesse der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Marktes sind Ausnahmebestimmungen gemäß Artikel 87 Absatz 3 restriktiv auszulegen.

(43)

In Bezug auf Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag sei darauf hingewiesen, dass der Beihilfeempfänger nicht in einem Gebiet angesiedelt ist, in dem die wirtschaftliche Entwicklung als besonders ungünstig im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung  (15) (Pro-Kopf-BIP (in KKS) überschreitet nicht den Schwellenwert von 75 % des Gemeinschaftsdurchschnitts) bezeichnet werden kann. Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag kann somit eine Beihilfe für die Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen des Anhangs I EG-Vertrag nicht rechtfertigen.

(44)

In Bezug auf Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe b) EG-Vertrag ist festzustellen, dass die betreffende Maßnahme nicht der Förderung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischen Interesse oder der Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats dient.

(45)

Die Beihilfe ist außerdem nicht dazu bestimmt oder dafür geeignet, die Ziele gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d) EG-Vertrag zu erreichen.

Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag

(46)

Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete können aufgrund von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen europäischen Interesse zuwiderläuft.

(47)

Da Holland Malt kein kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne der Definition der Kommission (16) ist, findet die Verordnung (EG) Nr. 1/2004 vom 23. Dezember 2003 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen (17) keine Anwendung. Ob die Beihilfe für Investitionen in die Verarbeitung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag vereinbar ist, wird daher auf der Grundlage von Ziffer 4.2 des Gemeinschaftsrahmens beurteilt.

Beihilfefähige Ausgaben und Beihilfesatz

(48)

Gemäß Ziffer 4.2.3 des Gemeinschaftsrahmens können als beihilfefähige Ausgaben die Errichtung, der Erwerb oder die Modernisierung von unbeweglichem Vermögen und neue Maschinen und Einrichtungen, einschließlich Computersoftware, gelten. Die Beihilfe darf 50 % der beihilfefähigen Investitionen in Ziel-1-Regionen und 40 % in anderen Regionen nicht überschreiten.

(49)

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da die Beihilfe für die Errichtung von Gebäuden, den Erwerb von Grundstücken für diese Gebäude und für Einrichtungen gewährt wird. Des Weiteren haben die Niederlande die notifizierte Beihilfe auf maximal 13,5 % der beihilfefähigen Kosten begrenzt.

Rentabilität und gemeinschaftliche Mindestnormen

(50)

Nach Ziffer 4.2.3 des Gemeinschaftsrahmens dürfen Investitionsbeihilfen nur Unternehmen gewährt werden, die aufgrund einer Bewertung der Aussichten des Unternehmens wirtschaftlich lebensfähig sind und zudem die an den Umweltschutz, die Hygienebedingungen und den Tierschutz gestellten Mindestanforderungen erfüllen.

(51)

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Niederlande haben ausreichende Garantien für die Rentabilität von Bavaria NV und Agrifirm, die zusammen Holland Malt bilden, gegeben. Des Weiteren erfüllt die Mälzerei nachweislich die gemeinschaftlichen Mindestanforderungen in Bezug auf Umweltschutz, Hygienebedingungen und Tierschutz, wie sie im Programm für die ländliche Entwicklung der Niederlande festgelegt sind.

Absatzmöglichkeiten

(52)

Nach Ziffer 4.2.5 des Gemeinschaftsrahmens dürfen keine Investitionsbeihilfen gewährt werden, wenn nicht erwiesen ist, dass für die betreffenden Erzeugnisse normale Absatzmöglichkeiten bestehen. Dies ist auf geeigneter Ebene im Hinblick auf die betreffenden Erzeugnisse, die Investitionsarten und die bestehenden und geplanten Kapazitäten zu bewerten. Zu diesem Zweck sind auch alle Produktionsbeschränkungen oder Einschränkungen der gemeinschaftlichen Fördermaßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisationen zu berücksichtigen.

(53)

Das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag wurde eingeleitet, weil aufgrund der der Kommission bei Einleitung des Verfahrens zur Verfügung stehenden Informationen nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Malzmarkt Überkapazitäten aufweist.

(54)

Die Stellungnahme der Niederlande und von Holland Malt nach Einleitung des Verfahrens betreffen im Wesentlichen drei Punkte. Zunächst wird die Überkapazität auf dem Malzmarkt bestritten (die Niederlande und Holland Malt streiten jedoch nicht ab, dass durch das Vorhaben eine zusätzliche Kapazität auf dem Malzmarkt geschaffen wird). Ferner wird festgestellt, dass die Investition in die Anlage in Eemshaven sich eher auf den Handel mit Drittländern als auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken wird, weil der Malzexport ein gesondertes Marktsegment ist, das unabhängig von dem Segment ist, in dem inländische Malzlieferanten tätig sind. Schließlich wird davon ausgegangen, dass es gesonderte Märkte für normales Malz und für Premium Malz gibt.

Überkapazität auf dem Malzmarkt

(55)

Die Kommission hat die Situation unter Berücksichtigung der Malzproduktion und des Malzhandels auf dem Weltmarkt und auf dem Gemeinschaftsmarkt geprüft. Da die Malz-Statistiken von Eurostat unvollständig sind (fehlende oder vertrauliche Angaben betreffend die Produktion und den Export einiger Länder), hat die Kommission die Informationen von Euromalt und des Internationalen Getreiderats sowie den Bericht von H.M. Gauger zum Braugerstemarkt zugrunde gelegt.

(56)

In Bezug auf die Situation auf dem Weltmarkt kann aus den Informationen von Euromalt abgeleitet werden, dass die derzeitige weltweite Lieferkapazität der Mälzereien die Nachfrage bei weitem übersteigt und dies auch in den kommenden Jahren so sein wird. Das Schreiben von Euromalt vom August 2005 (18) enthält folgende Tabelle betreffend die weltweiten Malzkapazitäten.

Weltweite Malzkapazität

(in 1000 Tonnen)

 

2004

Überschuss

2006 (Schätzung)

Überschuss

EU-15

7 500

 

7 600

 

EU-10

1 200

 

1 150

 

EU-25 insgesamt

8 700

2 500

8 750

2 700

Russland

850

-550

1 550

100

Ukraine

230

-50

330

120

Belarus

70

-6

70

-10

Mittel- und Osteuropa

460

-60

470

-60

Europa insgesamt

10 130

1 834

11 170

2 850

NAFTA

3 600

 

3 900

 

Südamerika

1 220

 

1 370

 

Ozeanien

770

 

950

 

Mittlerer Osten und Zentralasien

200

 

200

 

Afrika

380

 

380

 

China

3 000

 

3 300

 

Ferner Osten

300

 

340

 

Insgesamt

9 470

-1 300

10 440

-900

Insgesamt weltweit

19 780

534

21 610

1 950

(57)

Wie aus dieser Tabelle hervorgeht, überstieg die weltweite Malzproduktionskapazität im Jahre 2004 die Nachfrage um etwa eine halbe Million Tonnen. Schätzungen für 2006 zufolge wird diese Überkapazität auf ca. 2 Millionen Tonnen ansteigen.

(58)

In dem Schreiben von Euromalt heißt es, dass die weltweite Bierproduktion voraussichtlich um durchschnittlich mindestens 1 bis 2 % jährlich zunehmen wird. Dieses durchschnittliche Wachstum ist das Ergebnis eines zweistelligen Wachstums in einer Reihe „neuer“ Bierregionen (Südamerika, Afrika, Russland, Südostasien und China) und eines Rückgangs in den „alten“ Regionen (Westeuropa und Nordamerika). Die Effizienz neuer Investitionen in Brauereien in Wachstumsgebieten und die Tendenz zu „leichteren“ Bieren führten jedoch zu einem drastischen Rückgang des Malzverbrauchs je Liter Bier. Euromalt schließt daraus, dass die steigende Biernachfrage in den nächsten Jahren nicht mit einer Zunahme der weltweiten Malznachfrage einhergehen wird. Das Wachstumsprofil des Bierverbrauchs und das vorhergesagte Anhalten dieser Entwicklung haben den Bau zusätzlicher Mälzereikapazitäten in der Welt zu sehr stimuliert, so dass die heutige weltweite Kapazität auf der Angebotsseite die Nachfrage bei Weitem übersteigt, und diese Situation wird noch einige Jahre andauern. Euromalt zufolge muss weiter in Mälzereien investiert werden, allerdings sind in Europa keine zusätzlichen neuen Kapazitäten erforderlich, da die Exportmärkte rückläufig sind.

(59)

Die heutige weltweite Überkapazität wird offensichtlich durch rückläufige Handelszahlen für Malz bestätigt, die der Internationale Getreiderat auf dem Seminar über Braugerste vom 4./5. Oktober 2005 in Brüssel (19) vorgelegt hat. Dem Internationalen Getreiderat zufolge ist der Weltmalzhandel innerhalb von zwei Jahren von 5 621 000 Tonnen im Jahre 2002/2003 auf 5 275 000 Tonnen im Jahr 2004/2005 zurückgegangen (die letztgenannten Zahlen sind eine Schätzung). Für das Jahr 2005/2006 erwartet der Internationale Getreiderat einen weiteren Rückgang des Malzhandels. Diese rückläufige Tendenz äußert sich auch in einem Rückgang der Zahl der bei den Malzexporteuren im Jahre 2004/2005 registrierten Ausfuhrlizenzen (2 219 661 Tonnen) im Vergleich zu 2003/2004 (2 477 849 Tonnen), wobei die Erwartungen für 2005/2006 noch unter den Zahlen für 2004/2005 (20) liegen. Auch in dem Bericht von RM International (21) über den Malzmarkt wird offensichtlich auf eine weltweite Überkapazität hingewiesen: Durch die höhere Standardkapazität neuer Mälzereien und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Weltbierproduktion im Laufe der letzten Jahre langsamer gestiegen ist, dürfte die neue Malzproduktion durch die Nachfrage weniger schnell absorbiert werden.

(60)

Die Niederlande erklären in dem Schreiben vom 14. Oktober 2005, dass die weltweite Malznachfrage bis zum Jahr 2010 voraussichtlich um 10 % steigen wird. Es wird auf einen Vortrag des Internationalen Getreiderats auf dem Seminar über Braugerste vom 4./5. Oktober 2005 in Brüssel hingewiesen, auf dem allerdings erklärt wurde, dass hinsichtlich der Prognosen für 2010 die weltweite Malzkapazität voraussichtlich um 10 % steigen wird. Es scheint nicht angemessen, die weltweite Malzproduktion als Indikation für die Nachfrage zu benutzen, wie dies die Niederlande offensichtlich tun.

(61)

In den kommenden Jahren dürften auf dem Weltmalzmarkt zwei wichtige Entwicklungen stattfinden. Zunächst einmal steigt der Bierverbrauch in den „neuen“ Bierregionen. Es ist allerdings abzuwarten, in welchem Maße der Malzsektor in der Gemeinschaft von diesem Wachstum profitieren kann.

(62)

Die Zunahme der Bierproduktion in China hat nicht zu einem beträchtlichen Anstieg der Malzeinfuhren geführt. Dem Bericht der Rabobank über den internationalen Malzsektor (22) zufolge ist die eingeführte Menge Malz nicht gestiegen, selbst nicht nach einer merklichen Senkung der Einfuhrzölle im Jahre 2002, weil das riesige verarbeitende Gewerbe in China die Einfuhr von Braugerste begünstigt.

(63)

Der Anstieg von Bierverbrauch und -produktion in Südostasien ist weitgehend auf die Zunahme der Malzeinfuhren aus Australien zurückzuführen; diese Entwicklung wird durch die Nähe Australiens und die Freihandelsabkommen mit diesem Land begünstigt.

(64)

An einem Tiefseehafen gelegene Mälzereien in der Gemeinschaft wie beispielsweise Holland Malt befinden sich offensichtlich in einer guten Position, die steigende Malznachfrage in Südamerika und Afrika zu decken. Was Südamerika anbelangt, so wird die neue, derzeit in Argentinien entstehende Mälzereikapazität allerdings teilweise die zunehmende Malznachfrage decken können. Des Weiteren wird die Ausdehnung des Mercosur auf Venezuela und möglicherweise auf andere südamerikanische Länder möglicherweise zu einem Anstieg des Malzhandels in Südamerika führen.

(65)

Die Entwicklungen in Russland sind ein zweiter wichtiger Faktor für den Weltmalzmarkt. Russland, dessen gesamte Mälzereikapazität 1 Million Tonnen beträgt, errichtet derzeit eine zusätzliche Kapazität von 450 000 Tonnen. Da Qualitätsbraugerste zur Verfügung steht und die Kapazität ausgeweitet wird, ist es möglich, dass Russland bald autark ist und wahrscheinlich Malzexporteur wird.

(66)

Daher deutet nach Ansicht der Kommission nichts darauf hin, dass die derzeitige Überkapazität auf dem Weltmalzmarkt in den nächsten Jahren beseitigt wird. Nach Auffassung des Internationalen Getreiderats wird das Volumen des Weltmalzhandels bis zum Jahr 2010 relativ stabil bleiben, weil die rückläufige Tendenz in Russland aufgefangen wird durch das Wachstum in Südamerika, wie es in dem Vortrag auf dem Seminar über Braugerste im Oktober 2005 hieß.

(67)

In Bezug auf die Malzproduktionskapazität und den Malzhandel in der Gemeinschaft sei darauf hingewiesen, dass die Mälzerei von Holland Malt in Eemshaven im April 2005 in Betrieb gegangen ist. In dem Schreiben von Euromalt vom August 2005 heißt es, dass in der Gemeinschaft trotz der Stilllegung einer Reihe von Mälzereien wegen zu geringer Rentabilität noch stets eine Malzüberkapazität von mindestens 500 000 bis 700 000 Tonnen besteht (für die Gemeinschaft beläuft sich die Kapazität auf 8 800 000 Tonnen, der Verbrauch auf 5 900 000 Tonnen und die Ausfuhr auf 2 250 000 Tonnen).

(68)

Euromalt zufolge wird die Rentabilität des Malzsektors in der Gemeinschaft im Wirtschaftsjahr 2005/2006 wegen der großen Zahl Verlust leidender Unternehmen, deren Kosten nur teilweise gedeckt werden, einen Tiefpunkt erreichen. Vermutlich als Folge dieser geringen Rentabilität hat der große deutsche Malzhersteller Weissheimer in Andernach im Frühjahr 2006 Konkurs angemeldet. Überdies wurden andere Malzproduktionsanlagen auf Dauer geschlossen, darunter vier Fabriken im Vereinigten Königreich, zwei in Deutschland und eine in Frankreich. Es handelt sich hier um ältere Anlagen großer Unternehmen. Andere Malzhersteller haben beschlossen, einen Teil ihrer Kapazität vorübergehend zu schließen. In anderen Fällen sind veraltete Malzproduktionskapazitäten durch neue Kapazitäten ersetzt worden. In diesem Zusammenhang veranschlagte H.M. Gauger die gesamte Mälzereikapazität in der Gemeinschaft im Juli 2006 auf 8 800 000 Tonnen (23), wobei die Schätzungen für den Verbrauch in der Gemeinschaft und die Ausfuhr aus der Gemeinschaft vergleichbar sind mit den Angaben im Schreiben von Euromalt vom August 2005. Dies würde aber noch immer eine Überkapazität von ca. 600 000 Tonnen bedeuten.

(69)

In dem Schreiben vom Oktober 2005 erklären die Niederlande, dass die von Euromalt genannte Zahl von 500 000 bis 700 000 Tonnen Überkapazität im Mälzereisektor in der Gemeinschaft auf so genannten „Name Plate“-Kapazitäten beruht, d. h. einer Produktion von 24 Stunden täglich, 7 Tagen wöchentlich und 365 Tagen jährlich. Zeiten von Stillstand wegen Wartungsmaßnahmen, technischen Störungen und Überprüfungen sind hierbei nicht berücksichtigt, weshalb nicht sicher ist, ob tatsächlich von Überkapazität gesprochen werden kann.

(70)

Die Kommission ist von der tatsächlichen Kapazität und Produktion im gemeinschaftlichen Malzsektor in den vergangenen Jahren ausgegangen. Den Statistiken 2004/2005 von H.M. Gauger, deren Quellen nationale Statistiken, Euromalt und Eurostat sind, hat die Kommission folgende Tabelle entnommen.

Gesamte Mälzereikapazität und Malzproduktion in der Gemeinschaft

 

Kapazität (in Tonnen)

Produktion (in Tonnen)

2002

8 613 304

8 455 119

2003

8 632 525

8 595 156

2004

8 818 633

8 644 575

(71)

Die Angaben in der Tabelle weisen auf eine Auslastung der gesamten Kapazität von mindestens 98 % in den Jahren 2002-2004 hin. Die Zahlen in dem Bericht von Frontier Economics (24) deuten auf eine vergleichbare Auslastung hin. Im Jahre 2005 war die Auslastung geringer; die Malzproduktion in der Gemeinschaft belief sich damals auf 8,4 Millionen Tonnen, die Kapazität auf 8,8 Millionen Tonnen. Für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 wird mit einer Gesamtproduktion von 8 Millionen Tonnen bei einer Kapazität von 8,8 Millionen Tonnen (25) gerechnet. Diese geringere Auslastung gibt jedoch offensichtlich die Reaktion der Mälzereien auf die geringe Rentabilität wieder, d. h. den Beschluss, weniger Malz zu produzieren und Produktionskapazitäten vorübergehend zu schließen. Für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 kann die schlechte Ernte von Braugerste ebenfalls eine teilweise Erklärung sein. Diese Zahlen für 2002 bis einschließlich 2004 zeigen, dass es technisch möglich ist, mindestens 98 % der gesamten Produktionskapazität zu benutzen. Diese hohe Auslastung der gesamten Kapazität scheint kein Grund dafür zu sein, das Bestehen einer Überkapazität im Malzsektor in der Gemeinschaft in Frage zu stellen.

(72)

Künftig werden, wie im Schreiben von Euromalt vom August 2005 ausgeführt, kleine, veraltete und ineffiziente Kapazitäten geschlossen werden müssen. Dies wird in Anbetracht der Struktur dieses Sektors in bestimmten Mitgliedstaaten ein langsamer Prozess sein. Offensichtlich hat sich dieser Prozess 2006 aber beschleunigt. Mitte 2006 sieht es so aus, als bestünde wieder ein Gleichgewicht zwischen der Malzproduktion in der Gemeinschaft und der tatsächlichen Nachfrage, da die Malzerzeuger gelernt haben, ihre Produktion nach Maßgabe der Absatzmöglichkeiten zu begrenzen (26). Selbst nach der vorerwähnten endgültigen Stilllegung veralteter Malzproduktionsanlagen liegt die gesamte Produktionskapazität für Malz in der Gemeinschaft noch immer um ca. 600 000 Tonnen über der tatsächlichen Nachfrage. Des Weiteren wird angesichts des stagnierenden Bierverbrauchs nicht mit einer Zunahme der Nachfrage innerhalb der Gemeinschaft gerechnet, während für die Ausfuhren aus der Gemeinschaft gilt, dass die Lage auf dem Weltmarkt in den kommenden Jahren wahrscheinlich relativ stabil bleiben wird. Nach Ansicht der Kommission gibt es daher keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass sich die derzeitige Situation, die gekennzeichnet ist von Überkapazität, rasch verändern wird.

Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten

(73)

Nach Ansicht der Niederlande und von Holland Malt wird sich die Investition in die Malzfabrik in Eemshaven stärker auf den Handel mit Drittländern als auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken, weil der Malzexport ein gesondertes Marktsegment ist, das unabhängig von dem Segment ist, in dem inländische Malzlieferanten tätig sind.

(74)

Der Kommission ist bekannt, dass ein Teil der Mälzereikapazität in der Gemeinschaft aus kleinen privaten Unternehmen/Familienunternehmen, die nicht am Meer gelegen sind, besteht, und diese hauptsächlich für den Binnenmarkt produzieren. Ein Teil der Produktion kann jedoch auch für die Ausfuhr bestimmt sein, und in diesem Fall wären sie dem Wettbewerb anderer Mälzereien in der Gemeinschaft ausgesetzt, die hauptsächlich auf die Ausfuhr ausgerichtet sind (wie Holland Malt).

(75)

Darüber hinaus gibt es im gemeinschaftlichen Malzsektor große Konzerne, die ihr Malz sowohl innerhalb als außerhalb der Gemeinschaft absetzen. Holland Malt gehört zu dieser Kategorie; die Lage an einem Tiefseehafen ermöglicht dem Unternehmen, sowohl den Gemeinschaftsmarkt als auch den Markt außerhalb der Gemeinschaft zu beliefern. Mälzereien in der Gemeinschaft, die in erster Linie auf die Ausfuhr auf andere Märkte ausgerichtet waren, bekämen daher Konkurrenz von Holland Malt. Dies gilt auch für Mälzereien in der Gemeinschaft, die vor allem auf dem Binnenmarkt verkaufen, da Holland Malt beabsichtigt, eine beträchtliche Menge Malz in europäischen Ländern abzusetzen. In seinem Geschäftsplan vom August 2003 gibt Holland Malt an, dass es im Jahre 2005 71 540 Tonnen Malz in Europa absetzen will (sowie 28 100 Tonnen in Asien, 40 600 Tonnen in Lateinamerika und 29 000 Tonnen in Russland).

(76)

Es ist denkbar, dass Mälzereien, die hauptsächlich auf den Export in Länder außerhalb der Gemeinschaft ausgerichtet sind (wie Holland Malt), keine Käufer für die für den Export bestimmte Produktion finden und dann versuchen, diese in der Gemeinschaft abzusetzen. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar. Die Gemeinschaft betrachtet die Segmente innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft daher nicht als vollständig gesonderte Segmente. Es gibt insofern Zusammenhänge, als sich die Entwicklungen außerhalb der Gemeinschaft auf die innerhalb der Gemeinschaft auswirken können und umgekehrt.

(77)

Daher teilt die Kommission nicht die Schlussfolgerung des Berichts von Frontier Economics, da nichts darauf hinweist, dass die Beihilfe zugunsten von Holland Malt zu einer Verlagerung des Malzabsatzes anderer europäischer Hersteller führen wird, möglicherweise finden aber solche Verlagerungen unabhängig davon statt. Die Kommission kann derartige Verlagerungen beim Verkauf von Malz anderer gemeinschaftlicher Malzerzeuger an Kunden innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft nicht ausschließen. Daher stellt sie abschließend fest, dass sich die Beihilfe auf den Handel und den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten auswirken kann.

Ein Markt für Premium Malz

(78)

Die Kommission hat die Informationen der Niederlande und von Holland Malt (einschließlich Schreiben von Dritten) zu der Entwicklung von HTST-Malz zur Kenntnis genommen (27). Die Niederlande, Holland Malt und die Beteiligten beschreiben HTST-Malz als eine Malzsorte, die über andere Merkmale als normales Malz verfügt, die dem Bier mehr Geschmack und Aroma verleiht sowie Perlung und Haltbarkeit verbessert.

(79)

Den Niederlanden und Holland Malt zufolge kann HTST-Malz als Premium Malz betrachtet werden. In Anbetracht der besonderen Merkmale, der tatsächlichen Qualität und der höheren Preisklasse ist es ihrer Ansicht nach auch sehr wahrscheinlich, dass HTST-Malz und normales Malz nicht oder kaum austauschbar sind. Für HTST-Malz wird es voraussichtlich eine eigene Nachfrage und einen eigenen Markt geben.

(80)

Die Kommission erkennt an, dass HTST-Malz besondere Merkmale aufweisen und von hoher Qualität sein kann. Es muss jedoch geprüft werden, ob ein gesonderter Markt für Premium Malz (der mit HTST-Malz versorgt wird) neben einem Markt für normales Malz besteht. Das Gericht erster Instanz hat erklärt, dass von einem hinreichend gesonderten Markt der betreffenden Dienstleistung oder Ware nur dann gesprochen werden kann,

„wenn diese durch besondere Merkmale gekennzeichnet ist, durch die sie sich von anderen Dienstleistungen oder Waren so unterscheidet, dass sie mit ihnen nur in geringem Maß austauschbar und ihrem Wettbewerb nur in wenig spürbarer Form ausgesetzt ist. In diesem Rahmen ist die Frage, in welchem Maße Erzeugnisse untereinander austauschbar sind, aufgrund ihrer objektiven Merkmale sowie der Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt und der Wettbewerbsbedingungen zu beurteilen (28).“

(81)

Zur Struktur der Nachfrage, zum Angebot auf dem Markt und zu den Wettbewerbsbedingungen hat die Kommission Stellungnahmen mehrerer Beteiligter (vor allem nationaler Mälzervereinigungen) erhalten, aus denen hervorgeht, dass nicht eindeutig zwischen normalem Malz und Premium Malz unterschieden werden kann. Diesen Stellungnahmen zufolge ist Malz vielmehr ein generisches Produkt, mit geringfügig variierenden Merkmalen, für das die Qualitätsnormen des Brauereisektors gelten. Die meisten Kunden von Mälzereien sind offensichtlich nur an Qualitätsmalz interessiert, das ihren Anforderungen sowie den Anforderungen in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit genügt.

(82)

Es ist daher unwahrscheinlich, dass die verschiedenen Malzsorten verschiedener Mälzereien nur in geringem Maße austauschbar sind, zumal alle Mälzereien qualitativ hochwertiges Malz herstellen müssen, um der Nachfrage seitens der Kunden nachzukommen.

(83)

Dies scheint bekräftigt zu werden durch Informationen, aus denen hervorgeht, dass Premium Bier nicht notwendigerweise unter Verwendung einer anderen Malzqualität als normales Bier hergestellt wird. Den Niederlanden zufolge wird Holland Malt sein HTST-Malz in erster Linie für das Premium-Segment des Biermarktes herstellen. Die Niederlande führen aus, dass für die Herstellung dieses Premium Biers qualitativ hochwertige Grundstoffe erforderlich sind, die Merkmale aufweisen, die dem Bier einen besseren Geschmack verleihen. Holland Malt verweist in seinem Schreiben auf den Bericht „Just Drinks.com 2004 report (29)“, in dem Holland Malt zufolge wichtige Brauereien erklären, dass Premium Bier ein qualitativ besseres Getränk ist, das über einen volleren und spezifischeren Geschmack verfügt.

(84)

Nach Auffassung der Kommission verweist dieser Satz in dem Bericht aber auf die Vorstellung der Verbraucher von Premium Bier und ist dies keine Erklärung wichtiger Brauereien. Auf Seite 59 dieses Berichts heißt es, dass der Verbraucher nach Ansicht von Scottish & Newcastle die Vorstellung hat, dass eine Premium-Marke von höherer Qualität ist und mehr Status hat. Wichtige Faktoren sind: Vorstellung von einer besseren Qualität — Premium Bier ist besser und hat einen volleren und spezifischeren Geschmack.

(85)

In der von Holland Malt erstellten Zusammenfassung des Berichts heißt es, dass aus Interviews von just-drinks.com mit einer Reihe wichtiger internationaler Akteure des Brauereisektors deutlich wurde, dass Premium Bier eigentlich ein Marketingkonzept ist. Im weiteren Verlauf des Berichts hießt es, dass ein Standardbier in einer bestimmten Region oder einem bestimmten Land ein Premium Bier werden kann und dass die wichtigsten internationalen Brauereien ihre Marketingstrategie dem Markt anpassen. Biersorten, die in bestimmten Regionen als Premium-Marke vorgestellt werden, sind dies nicht notwendigerweise auch in anderen Regionen. Des Weiteren heißt es in dem Bericht, dass sich der Leser darüber im Klaren sein muss, dass die Nachfrage nach Premium Bier, wenn die Entwicklung von Jahr zu Jahr über einen Zeitraum von mehreren Jahren beobachtet wird, variiert nach Maßgabe der Vorstellung, die sich der Verbraucher macht, und nicht nach Maßgabe von Veränderungen in der Produktspezifikation. Wie Interbrew feststellt, ist es der Verbraucher, der bestimmt was Premium ist, und nicht die Industrie.

(86)

Die Tatsache, dass die Produktspezifikation kein wichtiger Faktor dafür ist zu bestimmen, welche Biersorten als Premium Bier eingestuft werden, könnte darauf hindeuten, dass die verschiedenen Malzsorten, sofern sie den Qualitäts-(Mindest)Normen des Brauereisektors genügen, leicht austauschbar sind. Auf diese Austauschbarkeit wird in der Fusionssache Hugh Baird/Scottish and Newcastle (30) hingewiesen. In Bezug auf den betreffenden Produktmarkt erklären die anmeldenden Parteien (Hugh Baird en Scottish and Newcastle), dass dieser mindestens genauso groß ist wie der Malzmarkt. In der Verfügung heißt es, dass obwohl der Malzmarkt deutlich in einen Malz- und einen Destillationsmarkt aufgeteilt ist, die Parteien dies in Anbetracht der ausgeprägten Substituierbarkeit auf der Angebotsseite nicht als Argument gelten lassen.

(87)

Überdies hat die Kommission bei der Prüfung der statistischen Quellen für die Malzproduktion keinen gesonderten Markt für Premium Malz entdeckt. Im Gegenteil, all diese Quellen (Eurostat, Euromalt, Internationaler Getreiderat) geben nur Informationen zu dem allgemeinen Malzmarkt. Die Niederlande und Holland Malt selbst haben keine Informationen über bestehende Kapazitäten für Premium Malz im Allgemeinen und seine Produktion im Besonderen geliefert. Im Gegenteil, in den Darlegungen über die Überkapazität haben sie auf Zahlen für Malz (als ein einziges Produkt) hingewiesen, ohne zwischen normalem Malz und Premium Malz zu unterscheiden.

(88)

Nach Auffassung der Kommission kann nicht klar zwischen den beiden Kategorien (normales Malz und Premium Malz) unterschieden werden. Möglicherweise gibt es Qualitätsunterschiede, aber diese dürften nicht dergestalt sein, dass die Austauschbarkeit von Malzsorten oder der Wettbewerb zwischen Mälzereien beträchtlich eingeschränkt wird.

(89)

Aufgrund der vorgenannten Schlussfolgerungen über die Überkapazität auf dem Malzmarkt, die möglichen Auswirkungen der betreffenden Beihilfemaßnahme auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und die nicht eindeutige Nachweisbarkeit eines gesonderten Marktes für Premium Malz ist die Kommission der Auffassung, dass die Beihilfemaßnahme nicht den Anforderungen von Ziffer 4.2.5 des Gemeinschaftsrahmens entspricht, wo es heißt, dass Investitionsbeihilfen nicht gewährt werden dürfen, wenn nicht einwandfrei erwiesen ist, dass für die betreffenden Erzeugnisse normale Absatzmöglichkeiten bestehen.

Beihilfe für eine Mälzerei in Litauen

(90)

Holland Malt weist darauf hin, dass die Situation auf dem Weltmalzmarkt die Kommission nicht davon abgehalten hat, eine Investitionsbeihilfe für eine Mälzerei in Litauen zu genehmigen.

(91)

Die Kommission erklärt, dass sie keine staatliche Beihilfe für eine Investition in eine Mälzerei in Litauen nach dem Beitritt dieses Landes zur Gemeinschaft am 1. Mai 2004 genehmigt hat. Vor diesem Zeitpunkt gab es in Litauen keine Bestimmungen über staatliche Beihilfen für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Wie dem auch sei, die Tatsache, dass andere Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen aufgrund von Artikel 87 und 88 EG-Vertrag nicht nachgekommen sind, ist nicht relevant für die Beurteilung der Frage, ob der Mitgliedstaat, gegen den das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet worden ist, eine (rechtswidrige) Beihilfe gewährt hat (31).

(92)

Die Kommission weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass sie das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet hat, nachdem Spanien seine Absicht bekundet hatte, eine Beihilfe für die Mälzerei Maltacarrión S.A. zu gewähren (32). Das Verfahren wurde aus denselben Gründen wie im vorliegenden Fall eingeleitet, d. h. es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf dem Malzmarkt eine Überkapazität besteht. Nach Einleitung dieses Verfahrens hat Spanien die Notifizierung der betreffenden Beihilfemaßnahme zurückgezogen.

Regionale Aspekte

(93)

Die Kommission räumt ein, dass die Beihilfe zugunsten von Holland Malt für die regionale Entwicklung von Bedeutung ist, wie die Niederlande und verschiedene Beteiligte darlegen, und die Kommission bezweifelt dies nicht. Aus dieser Sicht würde dieses Vorhaben gut in das IPR-Programm passen.

(94)

Das Vorhaben muss jedoch alle im Gemeinschaftsrahmen enthaltenen Bedingungen für Investitionsbeihilfen für die Verarbeitung und den Absatz von landwirtschaftlichen Erzeugnissen erfüllen. Da das Vorhaben mindestens eine wichtige Bedingung nicht erfüllt, kann die Kommission die staatliche Beihilfe für dieses Vorhaben nicht genehmigen, auch wenn es in Bezug auf die Regionalentwicklung positive Aspekte aufweist.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(95)

Aus diesen Gründen betrachtet die Kommission die Beihilfe zugunsten von Holland Malt als nicht mit den Artikeln 87 und 88 EG-Vertrag vereinbar. Die Beihilfemaßnahme entspricht nicht Ziffer 4.2.5 des Gemeinschaftsrahmens, wo es heißt, dass Beihilfen nicht gewährt werden dürfen, wenn nicht einwandfrei erwiesen ist, dass für die betreffenden Erzeugnisse normale Absatzmöglichkeiten bestehen.

(96)

Die Niederlande haben in ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2004 erklärt, dass die Gewährung der Beihilfe von der Genehmigung durch die Kommission abhängig ist. Sofern trotz dieses Vorbehalts dennoch eine Beihilfe gewährt worden ist, muss diese zurückgefordert werden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe, die die Niederlande Holland Malt BV in Form einer Finanzhilfe in Höhe von 7 425 000 EUR vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kommission gewährt haben, ist nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Die Niederlande ziehen die in Artikel 1 genannte staatliche Beihilfe wieder ein.

Artikel 3

1.   Die Niederlande ergreifen alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 1 genannte, rechtswidrig zur Verfügung gestellte Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.

2.   Die Rückforderung der Beihilfe erfolgt unverzüglich und nach den nationalen Verfahren, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung. Die Zinsen werden auf der Grundlage des für die Berechnung des Subventionsäquivalents der Regionalbeihilfen verwendeten Bezugssatzes berechnet.

Artikel 4

Die Niederlande teilen der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an das Königreich der Niederlande gerichtet.

Brüssel, den 26. September 2006.

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 154 vom 25.6.2005, S. 6.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Regionale investeringsprojecten 2000 (IPR 2000-2006), N 549/99. Genehmigt am 17. August 2000 mit Schreiben SG (2000) D/106266.

(4)  Wijziging Regionale investeringsprojecten 2000, N831/2001. Genehmigt am 18. Februar 2002 mit Schreiben C (2002)233.

(5)  ABl. C 28 vom 1.2.2000, S. 2.

(6)  Schreiben vom 23. Juli 2004 über die Gewährung von Beihilfen für den Bau von Mälzereien.

(7)  Schreiben von Dr. Krottenthaler (Universiteit van Weihenstephan) vom Mai 2005.

(8)  RM International, Malt Market Report, 22. April 2005. Rabobank, The malt industry, a changing industry structure, driven by emerging beer markets, März 2005. H.M. Gauger, Market report, Mai 2005. H.M. Gauger ist ein Makler/Consultant für Malz, der Monatsberichte über den Malzmarkt mit Angaben zur Malzproduktion und zum Malzhandel veröffentlicht.

(9)  Eine zwischenstaatliche Organisation für den Getreidehandel.

(10)  Euromalt: „The EU malting industry“, August 2005.

(11)  Frontier Economics: „Holland Malt“, Oktober 2005.

(12)  ABl. L 270 vom 21.10.2003, S. 78. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1155/2005 der Kommission (ABl. L 187 vom 19.7.2005, S. 11).

(13)  Urteil des Gerichtshofes vom 17. September 1980 in der Rechtssache C-730/79, Philip Morris/Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Slg. 1980, S. 2671, Absätze 11 und 12.

(14)  Quelle: H.M. Gauger Statistical Digest 2004-2005.

(15)  ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9.

(16)  Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

(17)  ABl. L 1 vom 3.1.2004, S. 1.

(18)  Siehe Fußnote 10.

(19)  Vortrag von John Tjaardstra über Tendenzen in der Produktion und im Verbrauch von Bier, Braugerste und Malz.

(20)  Bericht Nr. 5 von H.M. Gauger vom 2. Juni 2006. In diesem Bericht wird für 2005/2006 ausgegangen von einer Gesamtausfuhr von 2 140 000 Tonnen.

(21)  Siehe Fußnote 8.

(22)  Siehe Fußnote 8.

(23)  H.M. Gauger, Juli 2006 — State of the European Malt Industry.

(24)  Siehe Fußnote 11.

(25)  H.M. Gauger — Market report nl. 4, 2. Mai 2006.

(26)  H.M. Gauger, Juli 2006 — State of the European Malt Industry.

(27)  Erklärung von Bühler betreffend die Technologien von Holland Malt, ohne Datum.

Schreiben der Universität Freising — Weihenstephan München vom Mai 2005.

Schreiben eines Beteiligten, mit Betriebsgeheimnissen, die vertraulich behandelt werden.

(28)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T-229/94, Deutsche Bahn/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1997, S. II-1689, Absatz 10.

(29)  www.just-drinks.com, ‚A global market review of premium beer — with forecasts to 2010‘.

(30)  Zaak nr. IV/M.1372 vom 18.12.1998.

(31)  Siehe beispielsweise das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. April 1998 in der Rechtssache T-214/95, Het Vlaamse Gewest/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1998, S. II-717, Absatz 54.

(32)  Rechtssache C 48 vom 21.12.2005. Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/88


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 26. Oktober 2006

zur Einrichtung der Exekutivagentur für das transeuropäische Verkehrsnetz gemäß der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 des Rates

(2007/60/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 58/2003 des Rates vom 19. Dezember 2002 zur Festlegung des Statuts der Exekutivagenturen, die mit bestimmten Aufgaben bei der Verwaltung von Gemeinschaftsprogrammen beauftragt werden (1), insbesondere auf Artikel 3 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 wird der Kommission die Befugnis übertragen, die Einrichtung von Exekutivagenturen entsprechend dem mit der genannten Verordnung festgelegten Statut zu beschließen und ihnen bestimmte Aufgaben bei der Verwaltung von einem oder mehreren Gemeinschaftsprogrammen oder von einer oder mehreren Gemeinschaftsmaßnahmen zu übertragen.

(2)

Mit der Schaffung einer Exekutivagentur wird das Ziel verfolgt, die Kommission in die Lage zu versetzen, sich vorrangig auf die Tätigkeiten und Aufgaben zu konzentrieren, die nicht ausgelagert werden können. Die Kommission wird jedoch die von den Exekutivagenturen verwalteten Maßnahmen kontrollieren und überwachen und die endgültige Verantwortung übernehmen.

(3)

Die Verwaltung von Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes zielt auf die Durchführung von Projekten ab, die keine politische Entscheidung voraussetzen, und erfordert während des gesamten Projektzyklus fundierte technische und finanzielle Fachkenntnisse.

(4)

Werden Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung dieser Gemeinschaftsmaßnahmen auf eine Exekutivagentur übertragen, kann eine deutliche Trennung vorgenommen werden zwischen der Programmplanung, der Festlegung der Prioritäten und der Programmbewertung, die in die Zuständigkeit der Kommissionsdienststellen fallen werden, und der Projektdurchführung, für welche die Exekutivagentur verantwortlich sein wird.

(5)

Eine zu diesem Zweck durchgeführte Kosten-Nutzen-Analyse ergab, dass sich das transeuropäische Verkehrsnetz durch die Einrichtung einer Exekutivagentur effizienter und zu niedrigeren Kosten verwirklichen ließe. In Anbetracht der besonderen Merkmale des transeuropäischen Verkehrsnetzes ist der Schwerpunkt auf die Übertragung technischer Aufgaben zu legen mit dem zentralen Ziel, die Verbindungen zwischen dem transeuropäischen Verkehrsnetz und den Fachkreisen zu stärken.

(6)

Die Agentur soll im Dienste der von der Kommission festgelegten Ziele und unter deren Aufsicht große Sachkompetenz mobilisieren. Die Einrichtung der Agentur soll die Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes auch dadurch optimieren, dass leichter Mitarbeiter eingestellt werden können, die auf Fragen des transeuropäischen Verkehrsnetzes spezialisiert sind.

(7)

Durch die Einrichtung der Agentur sollen die Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes flexibler umgesetzt werden. Durch ihr jährliches Arbeitsprogramm soll die Agentur insbesondere einen Beitrag zur Umsetzung der von der Kommission geplanten und beschlossenen jährlichen Prioritäten zur Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes leisten. Ferner soll die Agentur eine bessere Abstimmung der Finanzierungen mit anderen Instrumenten der Gemeinschaft gewährleisten.

(8)

Eine Verwaltung, die sich auf die Ergebnisse der Agentur stützt und die erforderlichen Kontroll- und Koordinierungsverfahren und -wege einführt, soll die Modalitäten der Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes durch die Dienststellen der Kommission vereinfachen. Diese können den Nutzen der von der Agentur geleisteten Facharbeit dadurch steigern, dass sie parallel zu ihr und in zweckmäßiger Weise Aufgaben konzipieren, die eine politische Bewertung voraussetzen.

(9)

Die Zusammenarbeit zwischen der Agentur und den Dienststellen der Kommission und die Wahrnehmung ihrer besonderen Aufgaben sollen das Profil der Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes schärfen.

(10)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stimmen mit der Stellungnahme des Ausschusses der Exekutivagenturen überein —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Einrichtung der Agentur

1.   Es wird eine Exekutivagentur (im Folgenden „Agentur“ genannt) für die Verwaltung von Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes eingerichtet, deren Statut in der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 geregelt ist.

2.   Die Agentur wird „Exekutivagentur für das transeuropäische Verkehrsnetz“ genannt.

Artikel 2

Sitz

Sitz der Agentur ist Brüssel.

Artikel 3

Dauer

Die Agentur wird für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 31. Dezember 2008 eingerichtet.

Artikel 4

Ziele und Aufgaben

1.   Der Agentur wird im Rahmen der Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes die Durchführung der Aufgaben im Zusammenhang mit der Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen gemäß der Verordnung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2) unter Ausschluss der Programmplanung, der Festlegung der Prioritäten, der Programmbewertung, der Finanzierungsbeschlüsse und der Verfolgung der Anwendung der Rechtsvorschriften übertragen. Sie wird insbesondere mit den folgenden Aufgaben betraut:

(a)

Verwaltung der Prüfungs-, Finanzierungs- und Nachbetreuungsphase im Zusammenhang mit den Gemeinschaftszuschüssen, die Projekten von gemeinsamem Interesse aus dem Haushalt für das transeuropäische Verkehrsnetz gewährt werden, und Durchführung der dazu erforderlichen Kontrollen durch sachdienliche Entscheidungen, die auf der Grundlage der Befugnisübertragung durch die Kommission getroffen werden;

(b)

Koordinierung mit anderen Instrumenten der Gemeinschaft dadurch, dass vorrangige Projekte, die auch Mittel aus den Strukturfonds, aus dem Kohäsionsfonds und von der Europäischen Investitionsbank erhalten, über die gesamte Streckenführung besser aufeinander abgestimmt werden;

(c)

technische Unterstützung der Projektträger im Bereich der Finanzierungstechniken für Projekte und Entwicklung gemeinsamer Bewertungsmethoden;

(d)

Annahme der Rechtsakte für den Haushaltsvollzug bei Einnahmen und Ausgaben sowie — auf der Grundlage der Befugnisübertragung durch die Kommission — Durchführung aller Maßnahmen, die für die Verwaltung der in der Verordnung (EG) Nr. 2236/95 des Rates vorgesehenen Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes erforderlich sind, insbesondere jener, die mit der Vergabe von Aufträgen und Subventionen im Zusammenhang stehen (3);

(e)

Erhebung und Analyse aller für die Verwirklichung des transeuropäischen Netzes erforderlichen Informationen und Weiterleitung an die Kommission;

(f)

technische und administrative Unterstützung auf Verlangen der Kommission.

2.   Die Wahrnehmung der in Absatz 1 Buchstabe b genannten Aufgaben berührt weder die Zuständigkeit der Behörden, welche die aus den Strukturfonds oder dem Kohäsionsfonds mitfinanzierten operativen Programme verwalten, was die Auswahl oder die Verwirklichung der Projekte betrifft, die Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes sind, noch die finanzielle Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Rahmen der gemeinsamen Verwaltung dieser Programme.

3.   Zusätzlich zu den unter Absatz 1 genannten Aufgaben kann die Agentur nach Stellungnahme des Ausschusses der Exekutivagenturen von der Kommission mit der Durchführung gleichartiger Aufgaben im Rahmen anderer Gemeinschaftsprogramme oder -maßnahmen im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 beauftragt werden, sofern diese Programme oder Maßnahmen nicht über Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes hinausgehen.

4.   In dem Beschluss über die Befugnisübertragung durch die Kommission werden alle der Agentur übertragenen Aufgaben im Einzelnen festgelegt, und der Beschluss wird unter Berücksichtigung zusätzlicher Aufgaben, die der Agentur gegebenenfalls übertragen werden, angepasst. Dieser Beschluss wird dem Ausschuss der Exekutivagenturen zur Information übermittelt.

Artikel 5

Organisatorische Struktur

1.   Die Agentur wird von einem Lenkungsausschuss und einem Direktor, die von der Kommission ernannt werden, verwaltet.

2.   Die Mitglieder des Lenkungsausschusses werden für die in Artikel 3 genannte Dauer ernannt.

3.   Der Direktor der Agentur wird für die in Artikel 3 genannte Dauer ernannt.

Artikel 6

Zuschuss

Die Agentur erhält einen im Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften ausgewiesenen Zuschuss, welcher der Finanzausstattung der Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes und gegebenenfalls anderer Gemeinschaftsprogramme oder -maßnahmen, für deren Durchführung die Agentur gemäß Artikel 4 Absatz 3 verantwortlich ist, entnommen wird.

Artikel 7

Kontrolle und Berichterstattung

Die Agentur unterliegt der Kontrolle der Kommission und erstattet über die Durchführung der ihr anvertrauten Gemeinschaftsmaßnahmen im Bereich des transeuropäischen Verkehrsnetzes regelmäßig Bericht, wobei die einschlägigen Modalitäten und die Häufigkeit der Berichterstattung im Beschluss über die Befugnisübertragung präzisiert sind.

Artikel 8

Ausführung des Verwaltungshaushaltsplans

Die Agentur führt ihren Verwaltungshaushaltsplan nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1653/2004 der Kommission (4) aus.

Brüssel, den 26. Oktober 2006.

Für die Kommission

Jacques BARROT

Vizepräsident


(1)  ABl. L 11 vom 16.1.2003, S. 1.

(2)  ABl. L 228 vom 9.9.1996, S. 1, Entscheidung zuletzt geändert durch die Entscheidung Nr. 884/2004/EG (ABl. L 167 vom 30.4.2004, S. 1).

(3)  ABl. L 228 vom 23.9.1995, S. 1.

(4)  ABl. L 297 vom 22.9.2004, S. 6.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/91


BESCHLUSS NR. 1/2006 DES MIT DEM ABKOMMEN ZWISCHEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT UND DER SCHWEIZERISCHEN EIDGENOSSENSCHAFT ÜBER DEN HANDEL MIT LANDWIRTSCHAFTLICHEN ERZEUGNISSEN EINGESETZTEN GEMISCHTEN VETERINÄRAUSSCHUSSES

vom 1. Dezember 2006

zur Änderung der Anlagen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 10 des Anhangs 11 des Abkommens

(2007/61/EG)

DER AUSSCHUSS —

gestützt auf das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (nachstehend „Agrarabkommen“ genannt), insbesondere auf Anhang 11 Artikel 19 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Agrarabkommen ist am 1. Juni 2002 in Kraft getreten.

(2)

Mit Artikel 19 Absatz 1 des Anhangs 11 des Agrarabkommens wird ein Gemischter Veterinärausschuss eingesetzt, der alle Fragen prüft, die sich im Zusammenhang mit Anhang 11 des Agrarabkommens und seiner Durchführung stellen, und die in jenem Anhang vorgesehenen Aufgaben wahrnimmt. Gemäß Artikel 19 Absatz 3 des Agrarabkommens kann der Gemischte Veterinärausschuss die Anlagen zu Anhang 11 des Agrarabkommens ändern und aktualisieren.

(3)

Die Anlagen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 11 zu Anhang 11 des Agrarabkommens wurden erstmals durch den Beschluss Nr. 2/2003 des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen eingesetzten gemischten Veterinärausschusses vom 25. November 2003 zur Änderung der Anlagen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 11 zu Anhang 11 des Abkommens (1) geändert.

(4)

Die Anlagen 1, 2, 3, 4, 5 und 11 zu Anhang 11 des Agrarabkommens wurden zuletzt durch den Beschluss Nr. 2/2004 des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen eingesetzten gemischten Veterinärausschusses vom 9. Dezember 2004 zur Änderung der Anlagen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 11 zu Anhang 11 des Abkommens (2) geändert.

(5)

Anlage 6 zu Anhang 11 des Agrarabkommens wurde durch den Beschluss Nr. 1/2005 des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen eingesetzten gemischten Veterinärausschusses vom 21. Dezember 2005 zur Änderung der Anlage 6 von Anhang 11 des Abkommens (3) geändert.

(6)

Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat sich verpflichtet, die folgenden Vorschriften in ihr nationales Recht umzusetzen: die Richtlinie 2003/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern und zur Änderung der Entscheidung 90/424/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 92/117/EWG des Rates (4), die Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbaren Zoonoseerregern (5) und die Verordnung (EG) Nr. 1003/2005 der Kommission vom 30. Juni 2005 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 hinsichtlich eines Gemeinschaftsziels zur Senkung der Prävalenz bestimmter Salmonella-Serotypen bei Zuchtherden von Gallus gallus und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 (6).

(7)

Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat sich verpflichtet, die Richtlinie 97/78/EG des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (7) in nationales Recht umzusetzen.

(8)

Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat sich verpflichtet, die folgenden Vorschriften in ihr nationales Recht umzusetzen: die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel (8), die Verordnung (EG) Nr. 2074/2005 der Kommission vom 5. Dezember 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften für bestimmte unter die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallende Erzeugnisse und für die in den Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vorgesehenen amtlichen Kontrollen, zur Abweichung von der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 853/2004 und (EG) Nr. 854/2004 (9) sowie die Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 der Kommission vom 5. Dezember 2005 mit spezifischen Vorschriften für die amtlichen Fleischuntersuchungen auf Trichinen (10).

(9)

Die Anlage 1 zu Anhang 11 des Agrarabkommens sollte geändert werden, um den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und denen der Schweiz über Zoonosen und den besonderen Verfahren für den Handel zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft Rechnung zu tragen.

(10)

Die Anlagen 1, 2, 3, 4, 5 und 10 zu Anhang 11 des Agrarabkommens sollten geändert werden, um den Änderungen Rechnung zu tragen, die an den am 1. Juli 2006 geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der Schweiz vorgenommen wurden.

(11)

Die in der Schweiz vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen sind bekanntermaßen gleichwertig zu Handelszwecken bei tierischen Erzeugnissen, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Die Anlage 6 zu Anhang 11 des Agrarabkommens sollte daher geändert werden.

(12)

Die Anlagen 5 und 10 zu Anhang 11 des Agrarabkommens werden im Gemischten Veterinärausschuss spätestens ein Jahr nach dem Tag des Inkrafttretens dieses Beschlusses erneut überprüft werden—

BESCHLIESST:

Artikel 1

Anhang 11 Anlagen 1, 2, 3, 4, 6, und 10 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrarabkommen) wird durch die entsprechenden Anlagen im Anhang dieses Beschlusses ersetzt.

Artikel 2

Anhang 11 Anlage 5 Kapitel 3 Ziffer V Absatz A erhält folgende Fassung:

„A.

Für die Kontrolle von lebenden Tieren aus Ländern, die nicht unter diesen Anhang fallen, verpflichten sich die schweizerischen Behörden, zumindest die in Kapitel VI der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vorgesehenen Gebühren für amtliche Kontrollen zu erheben, und zwar zu den Mindestsätzen, die im Anhang V jener Verordnung vorgesehen sind.“

Artikel 3

Dieser Beschluss ist in zwei Urschriften abgefasst und wird von den beiden Vorsitzenden oder anderen Personen, die befugt sind, im Namen der Vertragsparteien zu handeln, unterzeichnet.

Artikel 4

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Er wird zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem die letzte Unterschrift geleistet wird.

Unterzeichnet in Bern am 1. Dezember 2006.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft

Der Leiter der Delegation

Hans WYSS

Unterzeichnet in Brüssel am 1. Dezember 2006.

Für die Europäische Gemeinschaft

Der Leiter der Delegation

Paul VAN GELDORP


(1)  ABl. L 23 vom 28.1.2004, S. 27.

(2)  ABl. L 17 vom 20.1.2005, S. 1.

(3)  ABl. L 347 vom 30.12.2005, S. 93.

(4)  ABl. L 325 vom 12.12.2003, S. 31.

(5)  ABl. L 325 vom 12.12.2003, S. 1.

(6)  ABl. L 170 vom 1.7.2005, S. 12.

(7)  ABl. L 24 vom 30.1.1998, S. 9.

(8)  ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 1.

(9)  ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 27.

(10)  ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 60.


ANHANG

Anlage 1

SEUCHENBEKÄMPFUNG/SEUCHENMELDUNG

I.   Maul- und Klauenseuche

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

1.

Richtlinie 2003/85/EG des Rates vom 29. September 2003 über Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, zur Aufhebung der Richtlinie 85/511/EWG sowie der Entscheidungen 89/531/EWG und 91/665/EWG und zur Änderung der Richtlinie 92/46/EWG (ABl. L 306 vom 22.11.2003, S. 1) geändert durch die Entscheidung 2005/615/EG der Kommission vom 16. August 2005 zur Änderung von Anhang XI der Richtlinie 2003/85/EG des Rates hinsichtlich nationaler Laboratorien in bestimmten Mitgliedstaaten.

1.

Tierseuchengesetz (TSG) vom 1. Juli 1966, zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 49 (Umgang mit tierpathogenen Mikroorganismen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 99 bis 103 (besondere Bestimmungen betreffend die Maul- und Klauenseuche)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium, Registrierung, Kontrolle und Bereitstellung von Impfstoff gegen die Maul- und Klauenseuche)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Kommission und das Bundesamt für Veterinärwesen teilen einander mit, wenn sie eine Notimpfung durchzuführen beabsichtigen. In äußersten Dringlichkeitsfällen werden der Beschluss über die Durchführung der Notimpfung und die einschlägigen Durchführungsvorschriften mitgeteilt. In jedem Falle finden im Rahmen des Gemischten Veterinärausschusses umgehend Beratungen statt.

2.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation zur Bekämpfung der einzelnen Seuchen, die auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

3.

Das Institute for Animal Health Pirbright Laboratory, Ash Road, Pirbright, Woking, Surrey GU24 ONF, Vereinigtes Königreich, wird zum gemeinsamen Referenzlaboratorium zur Identifizierung des Maul- und Klauenseuchevirus benannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang XVI der Richtlinie 2003/85/EG festgelegt.

II.   Klassische Schweinepest

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 2001/89/EG des Rates vom 23. Oktober 2001 über Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung der klassischen Schweinepest (ABl. L 316 vom 1.12.2001, S. 5), zuletzt geändert durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge — Anhang II: Liste nach Artikel 20 der Beitrittsakte — 6. Landwirtschaft — B. Veterinär- und Pflanzenschutzrecht — I. Veterinärrecht (ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 381)

1.

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG), zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung (TSV) vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 40 bis 47 (Entsorgung und Verwertung von Abfällen), 49 (Umgang mit tierpathogenen Mikroorganismen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 116 bis 121 (Feststellung der Schweinepest bei der Schlachtung, besondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Schweinepest)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium)

4.

Verordnung vom 23. Juni 2004 über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP), zuletzt geändert am 22. Juni 2005 (SR 916.441.22)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Kommission und das Bundesamt für Veterinärwesen teilen einander mit, wenn sie eine Notimpfung durchzuführen beabsichtigen. Im Rahmen des Gemischten Veterinärausschusses finden umgehend entsprechende Beratungen statt.

2.

Gemäß Artikel 117 Absatz 5 der Tierseuchenverordnung erlässt das Bundesamt für Veterinärwesen erforderlichenfalls technische Vorschriften für die Kennzeichnung und Behandlung von Fleisch aus den Schutz- und Überwachungszonen.

3.

Gemäß Artikel 121 der Tierseuchenverordnung verpflichtet sich die Schweiz, einen Plan zur Tilgung der Klassischen Schweinepest bei frei lebenden Wildschweinen gemäß den Artikeln 15 und 16 der Richtlinie 2001/89/EG durchzuführen. Im Rahmen des Gemischten Veterinärausschusses finden umgehend entsprechende Beratungen statt.

4.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation zur Bekämpfung der einzelnen Seuchen, die auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

5.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 21 der Richtlinie 2001/89/EG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

6.

Gemäß Artikel 89 Absatz 2 der Tierseuchenverordnung erlässt das Bundesamt für Veterinärwesen erforderlichenfalls technische Vorschriften für die serologische Kontrolle von Schweinebeständen in den Schutz- und Überwachungszonen gemäß Kapitel IV des Anhangs der Entscheidung 2002/106/EG (ABl. L 39 vom 9.2.2002, S. 71).

7.

Das Institut für Virologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Bünteweg 17, D-30559 Hannover, wird zum gemeinsamen Referenzlaboratorium für Klassische Schweinepest ernannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang IV der Richtlinie 2001/89/EG festgelegt.

III.   Afrikanische Schweinepest

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 2002/60/EG des Rates vom 27. Juni 2002 zur Festlegung von besonderen Vorschriften für die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest sowie zur Änderungen der Richtlinie 92/119/EWG hinsichtlich der Teschener Krankheit und der Afrikanischen Schweinepest (ABl. L 192 vom 20.7.2002, S. 27), zuletzt geändert durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge — Anhang II: Liste nach Artikel 20 der Beitrittsakte — 6. Landwirtschaft — B. Veterinär- und Pflanzenschutzrecht — I. Veterinärrecht (ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 381)

1.

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG), zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung (TSV) vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 40 bis 47 (Entsorgung und Verwertung von Abfällen), 49 (Umgang mit tierpathogenen Mikroorganismen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 116 bis 121 (Feststellung der Schweinepest bei der Schlachtung, besondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Schweinepest)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium)

4.

Verordnung vom 23. Juni 2004 über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP), zuletzt geändert am 22. Juni 2005 (SR 916.441.22)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Das Centro de Investigación en Sanidad Animal, 28130 Valdeolmos, Madrid, Spanien, , wird zum gemeinschaftlichen Referenzlaboratorium für Klassische Schweinepest ernannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang V der Richtlinie 2002/60/EG festgelegt.

2.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation zur Bekämpfung der einzelnen Seuchen, die auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

3.

Gemäß Artikel 89 Absatz 2 der Tierseuchenverordnung erlässt das Bundesamt für Veterinärwesen erforderlichenfalls technische Vorschriften für die Methoden zur Diagnose der afrikanischen Schweinepest im Einklang mit der Entscheidung 2003/422/EG (ABl. L 143 vom 11.6.2003, S. 3571).

4.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 20 der Richtlinie 2002/60/EG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

IV.   Pferdepest

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 92/35/EWG des Rates vom 29. April 1992 zur Festlegung von Kontrollregeln und Maßnahmen zur Bekämpfung der Pferdepest (ABl. L 157 vom 10.6.1992, S. 19), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1)

1.

Tierseuchengesetz (TSG) vom 1. Juli 1966, zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung (TSV) vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 49 (Umgang mit tierpathogenen Mikroorganismen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 112 bis 115 (besondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pferdepest)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Im Falle eines außergewöhnlich schwerwiegenden Seuchenausbruchs in der Schweiz tritt der Gemischte Veterinärausschuss zusammen, um die Lage zu prüfen. Die zuständigen Behörden der Schweiz verpflichten sich, die auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Prüfung erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

2.

Das Laboratorio de Sanidad y Producción Animal, Ministerio de Agricultura, Pesca y Alimentación, 28110 Algete, Madrid, Spanien, , wird zum gemeinsamen Referenzlaboratorium für Pferdepest ernannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang III der Richtlinie 92/35/EWG festgelegt.

3.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 16 der Richtlinie 92/35/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

4.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über einen Interventionsplan zur Bekämpfung der einzelnen Seuchen, der auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

V.   Geflügelpest

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

1.

Richtlinie 92/40/EWG des Rates vom 19. Mai 1992 mit Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung der Geflügelpest (ABl. L 167 vom 22.6.1992, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1)

2.

Richtlinie 2005/94/EG des Rates vom 20. Dezember 2005 mit Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung der Aviären Influenza und zur Aufhebung der Richtlinie 92/40/EWG (ABl. L 10 vom 14.1.2006, S. 16)

1.

Tierseuchengesetz (TSG) vom 1. Juli 1966, zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 49 (Umgang mit tierpathogenen Mikroorganismen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 122 bis 125 (besondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Geflügelpest)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Das Central Veterinary Laboratory, New Haw, Weybridge, Surrey KT15 3NB, Vereinigtes Königreich, wird zum gemeinsamen Referenzlaboratorium für Geflügelpest ernannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang V der Richtlinie 92/40/EWG und in Anhang VII der Richtlinie 2005/94/EG festgelegt.

2.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation zur Bekämpfung der einzelnen Seuchen, die auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

3.

Die Kontrollen vor Ort, insbesondere gemäß Artikel 18 der Richtlinie 92/40/EWG, Artikel 60 der Richtlinie 2005/94/EG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

VI.   Newcastle-Krankheit

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 92/66/EWG des Rates vom 14. Juli 1992 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung der Newcastle-Krankheit (ABl. L 260 vom 5.9.1992, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1)

1.

Tierseuchengesetz (TSG) vom 1. Juli 1966, zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 40 bis 47 (Entsorgung und Verwertung von Abfällen), 49 (Umgang mit tierpathogenen Mikroorganismen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 122 bis 125 (besondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Newcastle-Krankheit)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium)

4.

Weisung (Richtlinie technischer Art) vom 20. Juni 1989 über die Bekämpfung der Paramyxovirose der Tauben (Bull. Bundesamt für Veterinärwesen 90 (13), S. 113 (Impfung usw.))

5.

Verordnung vom 23. Juni 2004 über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP), zuletzt geändert am 22. Juni 2005 (SR 916.441.22)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Das Central Veterinary Laboratory, New Haw, Weybridge, Surrey KT15 3NB, Vereinigtes Königreich, wird zum gemeinsamen Referenzlaboratorium für die Newcastle-Krankheit benannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang V der Richtlinie 92/66/EWG festgelegt.

2.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation zur Bekämpfung der einzelnen Seuchen, die auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

3.

Die Informationen gemäß Artikel 17 und 19 der Richtlinie 92/66/EWG fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

4.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 22 der Richtlinie 92/66/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

VII.   Fisch- und Weichtierkrankheiten

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

1.

Richtlinie 93/53/EWG des Rates vom 24. Juni 1993 zur Festlegung von Mindestmaßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung bestimmter Fischseuchen (ABl. L 175 vom 19.7.1993, S. 23), zuletzt geändert durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge — Anhang II: Liste nach Artikel 20 der Beitrittsakte — 6. Landwirtschaft — B. Veterinär- und Pflanzenschutzrecht — I. Veterinärrecht (ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 381)

2.

Richtlinie 95/70/EG des Rates vom 22. Dezember 1995 zur Festlegung von Mindestmaßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung bestimmter Muschelkrankheiten (ABl. L 332 vom 30.12.1995, S. 33), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1)

1.

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG), zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 10 (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung (TSV) vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 3 und 4 (aufgelistete Seuchen), 61 (Verpflichtungen der Pächter von Fischereirechten und der Organe der Fischaufsicht), 62 bis 76 (allgemeine Bekämpfungsmaßnahmen), 275 bis 290 (besondere Maßnahmen zur Bekämpfung von Fischseuchen, Untersuchungs- boratorium)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Lachse sind in der Schweiz nicht heimisch, und die Lachszucht ist zurzeit nicht zugelassen. Die infektiöse Anämie der Lachse gilt in der Schweiz gemäß der Tierseuchenverordnung als auszurottende Seuche.

2.

In der Schweiz werden zurzeit keine Plattaustern gezüchtet. Für den Fall des Auftretens der Bonamiose oder der Marteilliose verpflichtet sich das Bundesamt für Veterinärwesen, gemäß Artikel 57 des Tierseuchengesetzes und nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft die erforderlichen Dringlichkeitsmaßnahmen zu treffen.

3.

Die Informationen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 93/53/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

4.

Das Statens Veterinaere Serumlaboratorium, Landbrugsministeriet, Hangövej 2, 8200 Aarhus, Dänemark, wird zum gemeinsamen Referenzlaboratorium für Fischseuchen benannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang C der Richtlinie 93/53/EWG festgelegt.

5.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über einen Interventionsplan zur Bekämpfung der einzelnen Seuchen, der auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

6.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 16 der Richtlinie 93/53/EWG, Artikel 8 der Richtlinie 95/70/EG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

7.

Die Informationen gemäß Artikel 5 der Richtlinie 95/70/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

8.

Das Laboratoire IFREMER, BP 133, 17390 La Tremblade, Frankreich, wird zum gemeinschaftlichen Referenzlaboratorium für Muschelkrankheiten benannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang B der Richtlinie 95/70/EWG festgelegt.

VIII.   Transmissible spongiforme Enzephalopathien

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147 vom 31.5.2001, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 688/2006 der Kommission vom 4. Mai 2006 zur Änderung der Anhänge III und XI der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Überwachung transmissibler spongiformer Enzephalopathien und spezifizierten Risikomaterials von Rindern in Schweden (ABl. L 120 vom 5.5.2006, S. 10)

1.

Tierschutzverordnung vom 27. Mai 1981 (TSchV), zuletzt geändert am 12. April 2006 (SR 455.1), insbesondere Artikel 64f (Betäubungsverfahren)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

3.

Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände vom 9. Oktober 1992 (LMG), zuletzt geändert am 16. Dezember 2005 (SR 817.0), insbesondere Artikel 24 (Inspektion und Probenerhebung) und 40 (Lebensmittelkontrolle)

4.

Verordnung des EDI vom 23. November 2005 über Lebensmittel tierischer Herkunft (SR 817.022.108), insbesondere Artikel 4 und 7 (ungeeignete Tierkörperteile)

5.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere Artikel 6 (Begriffe und Abkürzungen), 36 (Patent), 61 (Meldepflicht), 130 (Überwachung des schweizerischen Tierbestandes), 175 bis 181 (transmissible spongiforme Enzephalopathien), 297 (Vollzug im Inland), 301 (Aufgaben des Kantonstierarztes), 303 (Aus- und Weiterbildung für amtliche Tierärzte) und 312 (diagnostische Laboratorien)

6.

Futtermittelbuch-Verordnung vom 10. Juni 1999 (FMBV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.307.1), insbesondere Artikel 28 (Transport von Futtermitteln für Nutztiere), Anhang 1 Teil 9 (Erzeugnisse von Landtieren) Teil 10 (Fische, andere Meerestiere, ihre Erzeugnisse und Nebenprodukte) und Anhang 4 (Liste der verbotenen Stoffe)

7.

Verordnung vom 23. Juni 2004 über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP), zuletzt geändert am 22. Juni 2005 (SR 916.441.22)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Veterinary Laboratories Agency, Woodham Lane New Haw, Addlestone, Surrey KT15 3NB, Vereinigtes Königreich, wird zum gemeinschaftlichen Referenzlaboratorium für transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE) benannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang X Kapitel B der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 festgelegt.

2.

Gemäß Artikel 57 des Tierseuchengesetzes verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation zur Durchführung von TSE-Bekämpfungsmaßnahmen.

3.

Gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 werden in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft alle TSE-verdächtigen Tiere bis zum Vorliegen der Ergebnisse einer von der zuständigen Behörde durchgeführten klinischen und epidemiologischen Untersuchung unter eine amtliche Verbringungssperre gestellt oder zum Zwecke der Laboruntersuchung unter amtlicher Überwachung getötet.

Gemäß den Artikeln 179b und 180a der Tierseuchenverordnung untersagt die Schweiz die Schlachtung von Tieren, bei denen Verdacht auf eine transmissible spongiforme Enzephalopathie besteht. Die verdächtigen Tiere müssen unblutig getötet und direkt verbrannt werden; das Gehirn muss im schweizerischen TSE-Referenzlaboratorium untersucht werden.

Gemäß Artikel 10 der Tierseuchenverordnung werden Rinder in der Schweiz dauerhaft gekennzeichnet, so dass die Zurückverfolgung zum Muttertier und zum Herkunftsbestand möglich ist und festgestellt werden kann, dass sie nicht von BSE-verdächtigen oder an BSE-erkrankten Kühen abstammen.

Gemäß Artikel 179c der Tierseuchenverordnung werden in der Schweiz von BSE befallene Tiere sowie die Nachkommen von an BSE erkrankten Kühen, die in den zwei Jahren vor der Diagnose geboren wurden, getötet. Seit dem 1. Juli 1999 werden die Tiere nach Geburtsjahrgängen getötet (vom 14. Dezember 1996 bis 30. Juni 1999 wurden die Bestände getötet).

4.

Gemäß Artikel 180b der Tierseuchenverordnung werden in der Schweiz alle an der Traberkrankeit erkrankten Tiere, die Muttertiere, die von erkrankten Tieren direkt abstammenden Tiere sowie alle übrigen Schafe und Ziegen des Bestandes getötet, mit Ausnahme von:

Schafen mit mindestens einem ARR-Allel und keinem VRQ-Allel und

Tieren unter zwei Jahren, die ausschließlich zur Schlachtung bestimmt sind. Der Kopf und die Organe des Bauchraums dieser Tiere werden gemäß der Verordnung über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP) vernichtet.

Bei seltenen Rassen kann ausnahmsweise davon abgewichen werden, den ganzen Bestand zu töten. Der Bestand wird in diesem Fall zwei Jahre lang unter amtstierärztliche Überwachung gestellt; während dieser Zeit werden die Tiere des Bestands zweimal jährlich klinisch untersucht. Werden in diesem Zeitraum Tiere getötet, wird ihr Kopf mit den Mandeln im Referenzlaboratorium auf TSE untersucht.

Diese Maßnahmen werden anhand der Ergebnisse der tiergesundheitlichen Überwachung überprüft. Vor allem wird der Überwachungszeitraum bei Auftreten eines neuen Krankheitsfalls im Bestand verlängert.

Bei Bestätigung der BSE bei einem Schaf oder einer Ziege verpflichtet sich die Schweiz, die Maßnahmen nach Anhang VII der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 anzuwenden.

5.

Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 untersagen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft die Verfütterung von verarbeiteten tierischen Proteinen an Nutztiere, die zur Nahrungsmittelproduktion gehalten, gemästet oder gezüchtet werden. In den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gilt ein absolutes Verbot der Verfütterung von tierischen Proteinen an Wiederkäuer.

Gemäß Artikel 18 der Verordnung über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP) gilt in der Schweiz ein absolutes Verbot der Verwendung tierischer Proteine in der Ernährung von Zuchttieren, das am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist.

6.

Gemäß Artikel 6 und Anhang III Kapitel A der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 führen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft jährlich ein BSE-Überwachungsprogramm durch. Zu diesem Programm gehört ein BSE-Schnelltest bei allen mehr als 24 Monate alten Rindern, die notgeschlachtet wurden, im Betrieb verendet sind oder bei der Schlachttieruntersuchung für krank befunden wurden, und bei allen mehr als 30 Monate alten Rindern, die zum Verzehr geschlachtet werden.

Die von der Schweiz verwendeten BSE-Tests sind in Anhang X Kapitel C der Verordnung (EG) 999/2001 aufgeführt.

Gemäß Artikel 179 der Tierseuchenverordnung führt die Schweiz obligatorisch bei allen mehr als 30 Monate alten Rindern, die notgeschlachtet wurden, im Betrieb verendet sind oder bei der Schlachttieruntersuchung für krank befunden wurden, sowie an einer Stichprobe von mehr als 30 Monate alten Rindern, die zum Verzehr geschlachtet wurden, einen BSE-Schnelltest durch. Außerdem führen die Marktteilnehmer ein freiwilliges Programm zur Überwachung von mehr als 20 Monate alten Rindern durch, die zum Verzehr geschlachtet werden.

7.

Gemäß Artikel 6 und Anhang III Kapitel A der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 führen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft jährlich ein Programm zur Überwachung der Traberkrankheit durch.

Gemäß Artikel 177 der Tierseuchenverordnung hat die Schweiz ein Programm zur Überwachung der TSE bei mehr als 12 Monate alten Schafen und Ziegen durchgeführt. Alle Tiere, die notgeschlachtet wurden, im Betrieb verendet sind oder bei der Schlachttieruntersuchung für krank befunden wurden sowie alle zum Verzehr geschlachteten Tiere wurden im Zeitraum Juni 2004 bis Juli 2005 untersucht. Da sämtliche Proben BSE-negativ getestet wurden, werden die klinisch verdächtigen Tiere sowie alle Tiere, die notgeschlachtet wurden oder im Betrieb verendet sind, fortgesetzt durch die Entnahme von Stichproben überwacht.

Die Anerkennung der Übereinstimmung der Rechtsvorschriften im Bereich der TSE-Überwachung bei Schafen und Ziegen wird vom Gemeinsamen Veterinärausschuss erneut geprüft.

8.

Die Informationen gemäß Artikel 6 und Anhang III Kapitel B sowie Anhang IV (3.III) der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

9.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

C.   ZUSÄTZLICHE INFORMATIONEN

1.

Gemäß der Verordnung vom 20. November 2002 über die Ausrichtung von Beiträgen an die Kosten der Entsorgung von tierischen Abfällen im Jahre 2003 (SR 916.406) zahlt die Schweiz seit dem 1. Januar 2003 den Betrieben und Schlachthöfen, in denen die Rinder geboren bzw. geschlachtet wurden, einen finanziellen Zuschuss, wenn sie die in den geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Verfahren für die Meldung von Tierverbringungen einhalten.

2.

Gemäß Artikel 8 und Anhang XI Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 entfernen und beseitigen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft spezifiziertes Risikomaterial (SRM).

Als spezifiziertes Risikomaterial bei Rindern gelten der Schädel ohne Unterkiefer, aber einschließlich Hirn und Augen, und das Rückenmark von über 12 Monate alten Rindern, Wirbelsäule ohne Schwanzwirbel, Dorn- und Querfortsätze der Hals-, Brust- und Lendenwirbel und Crista sacralis mediana sowie Kreuzbeinflügel, aber einschließlich der Spinalganglien von über 24 Monate alten Rindern, Tonsillen sowie Darm von Duodenum bis Rektum und Mesenterium von Rindern aller Altersklassen.

Als spezifiziertes Risikomaterial bei Schafen und Ziegen gelten Schädel, einschließlich Gehirn und Augen, Tonsillen und Rückenmark von Schafen und Ziegen, die über 12 Monate alt sind oder bei denen ein bleibender Schneidezahn das Zahnfleisch durchbrochen hat, sowie Milz und Ileum von Schafen und Ziegen aller Altersklassen.

Gemäß Artikel 179d der Tierseuchenverordnung und Artikel 4 der Verordnung über Lebensmittel tierischer Herkunft dürfen spezifizierte Risikomaterialien in der Schweiz nicht in die Lebens- oder Futtermittelkette gelangen. Als spezifiziertes Risikomaterial gelten bei Rindern insbesondere die Wirbelsäule von über 30 Monate alten Tieren und Tonsillen sowie Darm von Duodenum bis Rektum und Mesenterium von Tieren aller Altersklassen.

Gemäß Artikel 180c der Tierseuchenverordnung und Artikel 4 der Verordnung über Lebensmittel tierischer Herkunft dürfen spezifizierte Risikomaterialien in der Schweiz nicht in die Lebens- oder Futtermittelkette gelangen. Als spezifiziertes Risikomaterial gelten bei Schafen und Ziegen insbesondere das nicht aus der Schädelhöhle entfernte Gehirn, das Rückenmark mit Dura mater sowie Tonsillen von Tieren, die über 12 Monate alt sind oder bei denen ein bleibender Schneidezahn das Zahnfleisch durchbrochen hat, sowie Milz und Ileum von Tieren aller Altersklassen.

3.

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates wurden die in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft geltenden Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte festgelegt.

Gemäß Artikel 13 der Verordnung über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten werden in der Schweiz tierische Nebenprodukte der Kategorie 1, einschließlich spezifizierten Risikomaterials und im Betrieb verendeter Tiere, verbrannt.

IX.   Blauzungenkrankheit

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 2000/75/EG des Rates vom 20. November 2000 mit besonderen Bestimmungen für Maßnahmen zur Bekämpfung und Tilgung der Blauzungenkrankheit

1.

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG), zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 126 bis 127 (andere hochansteckende Seuchen)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Das Institute for Animal Health Pirbright Laboratory, Ash Road, Pirbright, Woking, Surrey GU24 ONF, Vereinigtes Königreich, wird zum gemeinschaftlichen Referenzlaboratorium für die Blauzungenkrankheit ernannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang II, Kapitel B der Richtlinie 2000/75/EG festgelegt.

2.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation, die auf der Website des Bundesamtes für Veterinärwesen veröffentlicht wird.

3.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 17 der Richtlinie 2000/75/EG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

X.   Zoonosen

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

1.

Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbaren Zoonoseerregern (ABl. L 325 vom 12.12.2003, S. 1).

2.

Richtlinie 2003/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern und zur Änderung der Entscheidung 90/424/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 92/117/EWG des Rates (ABl. L 325 vom 12.12.2003, S. 31)

1.

Tierseuchengesetz (TSG) vom 1. Juli 1966, zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40)

2.

Tierseuchenverordnung (TSV) vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401)

3.

Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (LMG), zuletzt geändert am 16. Dezember 2005 (SR 817.0)

4.

Lebensmittel– und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV) vom 23. November 2005 (SR 817.02)

5.

Hygieneverordnung des EDI vom 23. November 2005 (HyV) (SR 817.024.1)

6.

Bundesgesetz vom 18. Dezember 1970 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz), zuletzt geändert am 21. März 2001 (SR 818.101)

7.

Verordnung vom 13. Januar 1999 über die Meldung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Melde-Verordnung), zuletzt geändert am 15. Dezember 2003 (SR 818.141.1)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Gemeinschaftliche Referenzlaboratorien:

Gemeinschaftliches Referenzlabor für Nachweise und Untersuchungen der Zoonosen (Salmonellen):

Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu (RIVM)

3720 BA Bilthoven

Niederlande

Gemeinschaftliches Referenzlabor für die Überwachung mariner Biotoxine:

Agencia Española de Seguridad Alimentaria (AESA):

E-36200 Vigo

Spanien

Gemeinschaftliches Referenzlabor für die Überwachung viraler und bakterieller Muschelkontamination

The laboratory of the Centre for Environment, Fisheries and Aquaculture Science (CEFAS)

Weymouth

Dorset DT4 8UB

Vereinigtes Königreich

Gemeinschaftliches Referenzlabor für Listeria monocytogenes:

AFSSA — Laboratoire d'études et de recherches sur la qualité des aliments et sur les procédés agroalimentaires

(LERQAP)

F-94700 Maisons-Alfort

Frankreich

Gemeinschaftliches Referenzlabor für coagulasepositive Staphylokokken, einschließlich Staphylococcus aureus:

AFSSA — Laboratoire d'études et de recherches sur la qualité des aliments et sur les procédés agroalimentaires

(LERQAP)

F-94700 Maisons-Alfort

Frankreich

Gemeinschaftliches Referenzlabor für Escherichia coli einschließlich Verotoxin bildendes E. Coli (VTEC):

Istituto Superiore di Sanità (ISS)

I-00161 Rom

Italien

Gemeinschaftliches Referenzlabor für Campylobacter:

Statens Veterinärmedicinska Anstalt (SVA)

S-751 89 Uppsala

Schweden

Gemeinschaftliches Referenzlabor für Parasiten (insbesondere Trichinen, Echinococcus und Anisakis):

Istituto Superiore di Sanità (ISS)

I-00161 Rom

Italien

Gemeinschaftliches Referenzlaboratorium für antimikrobielle Resistenz:

Danmarks Fødevareforskning (DFVF)

DK-1790 Kopenhagen V

Dänemark

2.

Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus diesen Benennungen ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Für die Zuständigkeiten und Aufgaben dieser Laboratorien gilt die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).

3.

Die Schweiz übermittelt der Kommission jährlich Ende Mai einen Bericht über die Entwicklung und die Quellen von Zoonosen und Zoonoseerregern sowie die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel, zusammen mit den Daten, die gemäß den Artikeln 4, 7 und 8 der Richtlinie 2003/99/EG im zurückliegenden Jahr erhoben wurden. Dieser Bericht enthält auch die Angaben gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003. Der Bericht wird von der Kommission an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit übermittelt, im Hinblick auf die Veröffentlichung eines zusammenfassenden Berichts über die Entwicklung und die Ursachen von Zoonosen, die Zoonoseerreger und die Antibiotikaresistenz in der Gemeinschaft.

XI.   Andere Tierseuchen

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 92/119/EWG des Rates vom 17. Dezember 1992 mit allgemeinen Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung bestimmter Tierseuchen sowie besonderen Maßnahmen bezüglich der vesikulären Schweinekrankheit (ABl. L 62 vom 15.3.1993, S. 69), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1)

1.

Tierseuchengesetz (TSG) vom 1. Juli 1966, zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 1, 1a, 9a (Maßnahme zur Bekämpfung hochansteckender Seuchen, Ziele der Tierseuchenbekämpfung) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung (TSV) vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 (hochansteckende Seuchen), 49 (Umgang mit tierpathogenen Mikroorganismen), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 77 bis 98 (gemeinsame Bestimmungen betreffend hochansteckende Seuchen), 103 bis 105 (besondere Maßnahmen zur Bekämpfung der Vesikulärkrankheit der Schweine)

3.

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, zuletzt geändert am 10. März 2006 (SR 172.216.1), insbesondere Artikel 8 (Referenzlaboratorium)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Informationen gemäß Artikel 6 der Richtlinie 92/119/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

2.

Das Institute for Animal Health Pirbright Laboratory, Ash Road, Pirbright, Woking, Surrey GU24 ONF, Vereinigtes Königreich, wird zum gemeinsamen Referenzlaboratorium für die vesikuläre Schweinekrankheit benannt. Die Schweiz trägt die Kosten, die ihr im Rahmen der sich aus dieser Benennung ergebenden Vorgänge zuzurechnen sind. Funktionen und Aufgaben dieses Laboratoriums sind in Anhang III der Richtlinie 92/119/EWG festgelegt.

3.

Gemäß Artikel 97 der Tierseuchenverordnung verfügt die Schweiz über eine Notfalldokumentation. Diese Dokumentation ist Gegenstand der technischen Ausführungsvorschrift Nr. 95/65 des Bundesamtes für Veterinärwesen.

4.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 22 der Richtlinie 92/119/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

XII.   Seuchenmeldung

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 82/894/EWG des Rates vom 21. Dezember 1982 über die Mitteilung von Viehseuchen in der Gemeinschaft (ABl. L 378 vom 31.12.1982, S. 58), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2004/216/EG der Kommission zur Änderung der Richtlinie 82/894/EWG des Rates über die Mitteilung von Viehseuchen in der Gemeinschaft zur Aufnahme bestimmter Pferdekrankheiten und bestimmter Bienenkrankheiten in die Liste der anzeigepflichtigen Krankheiten (ABl. L 67 vom 5.3.2004, S. 27)

1.

Tierseuchengesetz (TSG) vom 1. Juli 1966, zuletzt geändert am 23. Juni 2004 (SR 916.40), insbesondere die Artikel 11 (Melde- und Anzeigepflicht) und 57 (Ausführungsvorschriften technischer Art, internationale Zusammenarbeit)

2.

Tierseuchenverordnung (TSV) vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 2 bis 5 (aufgelistete Seuchen), 59 bis 65 und 291 (Meldepflicht, Berichterstattung), 292 bis 299 (Aufsicht, Ausführung, Amtshilfe)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Veterinärwesen beteiligt die Kommission die Schweiz nach Maßgabe der Richtlinie 82/894/EWG am Tierseuchenmeldesystem.

Anlage 2

TIERGESUNDHEIT: HANDEL UND VERMARKTUNG

I.   Rinder und Schweine

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 64/432/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen (ABl.  121 vom 29.7.1964, S. 1977/64), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97 (ABl. L 3 vom 5.1.2005, S. 1)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (TSV, SR 916.401), insbesondere die Artikel 27 bis 31 (Viehmärkte, Viehausstellungen), 34 bis 37 (Viehhandel), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 116 bis 121 (Afrikanische Schweinepest), 135 bis 141 (Aujeszkysche Krankheit), 150 bis 157 (Rinderbrucellose), 158 bis 165 (Tuberkulose), 166 bis 169 (Enzootische Rinderleukose), 170 bis 174 (IBR/IPV), 175 bis 195 (Spongiforme Enzephalopathien), 186 bis 189 (Deckinfektionen der Rinder), 207 bis 211 (Schweinebrucellose), 297 (Anerkennung von Viehmärkten, Sammelstellen, Entsorgungsbetrieben)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Nach Artikel 297 Absatz 1 der Tierseuchenverordnung erkennt das Bundesamt für Veterinärwesen Sammelstellen im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 64/432/EWG an. Für die Zwecke dieses Anhangs erstellt die Schweiz gemäß den Bestimmungen der Artikel 11, 12 und 13 der Richtlinie 64/432/EWG ein Verzeichnis ihrer zugelassenen Sammelstellen, Transporteure und Händler.

2.

Die Informationen gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 64/432/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

3.

Für die Zwecke dieses Anhangs wird anerkannt, dass die Schweiz die Anforderungen des Anhangs A Teil II Nummer 7 der Richtlinie 64/432/EWG hinsichtlich der Rinderbrucellose erfüllt. Zur Aufrechterhaltung des Status der amtlich anerkannten Brucellosefreiheit des nationalen Rinderbestands verpflichtet sich die Schweiz, folgende Anforderungen zu erfüllen:

a)

Jedes brucelloseverdächtige Rind ist den zuständigen Behörden zu melden und amtlich auf Brucellose zu untersuchen. Diese Untersuchungen umfassen zumindest zwei Komplementbindungstests sowie eine mikrobiologische Untersuchung geeigneter Proben in Abortfällen;

b)

während des Verdachtszeitraums, der fortbesteht, bis die Untersuchungen gemäß Buchstabe a negative Befunde erbringen, wird der Status der amtlich anerkannten Brucellosefreiheit bei Beständen mit einem oder mehreren seuchenverdächtigen Rindern ausgesetzt.

Dem Gemischten Veterinärausschuss werden genaue Informationen über die positiven Bestände und ein Bericht über die epidemiologische Entwicklung übermittelt. Erfüllt die Schweiz eine der Anforderungen des Anhangs A Teil II Nummer 7 Unterabsatz 1 der Richtlinie 64/432/EWG nicht mehr, so unterrichtet das Bundesamt für Veterinärwesen unverzüglich die Kommission. Der Gemischte Veterinärausschuss überprüft alsdann die Bestimmungen des vorliegenden Artikels.

4.

Für die Zwecke dieses Anhangs wird anerkannt, dass die Schweiz die Anforderungen des Anhangs A Teil I Nummer 4 der Richtlinie 64/432/EWG hinsichtlich der Rindertuberkulose erfüllt. Zur Aufrechterhaltung des Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit des nationalen Rinderbestands verpflichtet sich die Schweiz, folgende Anforderungen zu erfüllen:

a)

Jedes Rind kann mit Hilfe eines Kennzeichnungssystems zum Herkunftsbestand zurückverfolgt werden;

b)

alle Schlachtkörper werden von einem amtlichen Tierarzt einer Fleischuntersuchung unterzogen;

c)

jeder Tuberkuloseverdacht bei einem lebenden, verendeten oder geschlachteten Tier wird den zuständigen Behörden gemeldet;

d)

in jedem Falle veranlassen die zuständigen Behörden die erforderlichen Untersuchungen zur Klärung des Verdachts und ermitteln die Herkunfts- und Transitbestände. Werden bei der Autopsie oder bei der Schlachtung tuberkuloseverdächtige Läsionen festgestellt, so senden die zuständigen Behörden geeignetes Probematerial zur Laboruntersuchung ein;

e)

der Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit der Herkunfts- und Transitbestände tuberkuloseverdächtiger Rinder wird so lange ausgesetzt, bis durch die klinischen Untersuchungen oder Laboruntersuchungen oder Tuberkulinproben nachgewiesen wird, dass keine Rindertuberkulose vorliegt;

f)

wird ein Tuberkuloseverdacht durch Tuberkulinproben, klinische Untersuchungen oder Laboruntersuchungen bestätigt, so wird der Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit der Herkunfts- und Transitbestände aufgehoben;

g)

der Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit kann nur erlangt werden, sofern alle als infiziert geltenden Tiere aus dem Bestand entfernt und die Räumlichkeiten und Ausrüstungen des betreffenden Betriebs desinfiziert wurden sowie alle über sechs Wochen alten verbleibenden Tiere auf mindestens zwei amtliche intrakutane Tuberkulinproben im Sinne des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG negativ reagiert haben, wobei die erste Tuberkulinprobe frühestens sechs Monate, nachdem das infizierte Tier den Bestand verlassen hat, und die zweite Probe frühestens sechs Monate nach der ersten Probe durchgeführt wurde.

Dem Gemischten Veterinärausschuss werden genaue Informationen über die infizierten Bestände und ein Bericht über die epidemiologische Entwicklung übermittelt. Erfüllt die Schweiz eine der Anforderungen des Anhangs A Teil I Nummer 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 64/432/EWG nicht mehr, so unterrichtet das Bundesamt für Veterinärwesen unverzüglich die Kommission. Der Gemischte Veterinärausschuss überprüft alsdann die Bestimmungen des vorliegenden Absatzes.

5.

Für die Zwecke dieses Anhangs wird anerkannt, dass die Schweiz die Anforderungen des Anhangs D Kapitel I Abschnitt F der Richtlinie 64/432/EWG hinsichtlich der enzootischen Rinderleukose erfüllt. Zur Aufrechterhaltung des Status der amtlich anerkannten Leukosefreiheit des nationalen Rinderbestands verpflichtet sich die Schweiz, folgende Anforderungen zu erfüllen:

a)

Der nationale Bestand wird im Rahmen von Stichprobenuntersuchungen überwacht. Der Umfang der Stichprobe wird so festgelegt, dass mit einer Nachweissicherheit von 99 % eine Befallsrate von 0,2 % der Bestände festgestellt werden kann;

b)

alle Schlachtkörper werden von einem amtlichen Tierarzt einer Fleischuntersuchung unterzogen;

c)

jeder bei einer klinischen Untersuchung, einer Autopsie oder einer Fleischuntersuchung aufkommende Leukoseverdacht wird den zuständigen Behörden gemeldet;

d)

bei Verdacht auf oder bei Bestätigung der enzootische(n) Rinderleukose wird der Status der amtlich anerkannten Leukosefreiheit des betreffenden Bestands ausgesetzt, bis die Bestandssperre aufgehoben ist;

e)

die Bestandssperre wird aufgehoben, wenn die verbleibenden Tiere nach Entfernung der infizierten Tiere und ggf. ihrer Kälber im Abstand von mindestens 90 Tagen mit Negativbefund zwei serologischen Untersuchungen unterzogen wurden.

Wird bei 0,2 % des nationalen Bestands enzootische Rinderleukose festgestellt, so unterrichtet das Bundesamt für Veterinärwesen unverzüglich die Kommission. Der Gemischte Veterinärausschuss überprüft alsdann die Bestimmungen des vorliegenden Absatzes.

6.

Für die Zwecke dieses Anhangs wird anerkannt, dass die Schweiz amtlich anerkannt frei von Infektiöser Boviner Rhinotracheitis ist. Zur Aufrechterhaltung dieses Status verpflichtet sich die Schweiz, folgende Anforderungen zu erfüllen:

a)

Der nationale Bestand wird im Rahmen von Stichprobenuntersuchungen überwacht. Der Umfang der Stichprobe wird so festgelegt, dass mit einer Nachweissicherheit von 99 % eine Befallsrate von 0,2 % der Bestände festgestellt werden kann;

b)

über 24 Monate alte Zuchtbullen werden jährlich einer serologischen Untersuchung unterzogen;

c)

jeder Verdacht auf Infektiöse Rhinotracheitis wird den zuständigen Behörden gemeldet, und seuchenverdächtige Tiere werden amtlich virologisch oder serologisch auf Rhinotracheitis untersucht;

d)

bei Verdacht auf oder bei Bestätigung der Infektiöse(n) Rhinotracheitis wird der Status der amtlich anerkannten Seuchenfreiheit des betreffenden Bestands ausgesetzt, bis die Bestandssperre aufgehoben ist;

e)

die Bestandssperre wird aufgehoben, wenn die verbleibenden Tiere frühestens 30 Tage nach Entfernung der infizierten Tiere mit Negativbefund serologisch untersucht wurden.

Aufgrund der Anerkennung des Seuchenfreiheitsstatus der Schweiz gelten die Bestimmungen der Entscheidung 2004/558/EG (ABl. L 249 vom 23.7.2004, S. 20) sinngemäß.

Das Bundesamt für Veterinärwesen unterrichtet die Kommission unverzüglich über jede Änderung der Bedingungen, die zur Anerkennung des Status geführt haben. Der Gemischte Veterinärausschuss überprüft alsdann die Bestimmungen des vorliegenden Absatzes.

7.

Für die Zwecke dieses Anhangs wird anerkannt, dass die Schweiz amtlich anerkannt frei von der Aujeszkyschen Krankheit ist. Zur Aufrechterhaltung dieses Status verpflichtet sich die Schweiz, folgende Anforderungen zu erfüllen:

a)

Der nationale Bestand wird im Rahmen von Stichprobenuntersuchungen überwacht. Der Umfang der Stichprobe wird so festgelegt, dass mit einer Nachweissicherheit von 99 % eine Befallsrate von 0,2 % der Bestände festgestellt werden kann;

b)

jeder Verdacht auf Aujeszkysche Krankheit wird den zuständigen Behörden gemeldet, und seuchenverdächtige Tiere werden amtlich virologisch oder serologisch auf Aujeszkysche Krankheit untersucht;

c)

bei Verdacht auf oder bei Bestätigung der Aujeszkysche(n) Krankheit wird der Status der amtlich anerkannten Seuchenfreiheit des betreffenden Bestands ausgesetzt, bis die Bestandssperre aufgehoben ist;

d)

die Bestandssperre wird aufgehoben, wenn alle Zuchttiere und eine repräsentative Anzahl Masttiere nach Entfernung der infizierten Tiere mit Negativbefund im Abstand von mindestens 21 Tagen mit Negativbefund serologisch untersucht wurden.

Aufgrund der Anerkennung des Seuchenfreiheitsstatus der Schweiz gelten die Bestimmungen der Entscheidung 2001/618/EG (ABl. L 215 vom 9.8.2001, S. 48), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2005/768/EG (ABl. L 290 vom 4.11.2005, S. 27), sinngemäß.

Das Bundesamt für Veterinärwesen unterrichtet die Kommission unverzüglich über jede Änderung der Bedingungen, die zur Anerkennung des Status geführt haben. Der Gemischte Veterinärausschuss überprüft alsdann die Bestimmungen des vorliegenden Absatzes.

8.

Die Frage etwaiger zusätzlicher Garantien hinsichtlich der Transmissiblen Gastroenteritis der Schweine (TGE) und des porcinen respiratorischen und reproduktiven Syndroms (PRRS) wird vom Gemischten Veterinärausschuss umgehend geprüft. Die Kommission unterrichtet das Bundesamt für Veterinärwesen über die Ergebnisse dieser Prüfung.

9.

Zuständig für die amtliche Tuberkulinkontrolle im Sinne von Anhang B Nummer 4 der Richtlinie 64/432/EWG in der Schweiz ist das Institut für Veterinärbakteriologie der Universität Bern.

10.

Zuständig für die amtliche Antigenkontrolle (Brucellose) im Sinne von Anhang C Abschnitt A Nummer 4 der Richtlinie 64/432/EWG in der Schweiz ist das Institut für Veterinärbakteriologie der Universität Bern.

11.

Rinder- und Schweinesendungen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz müssen Veterinärbescheinigungen nach den Mustern in Anhang F der Richtlinie 64/432/EWG mitführen. Dabei sind folgende Anpassungen vorzunehmen:

in Muster 1:

Abschnitt C der Bescheinigung wird wie folgt angepasst:

unter Nummer 4 über die zusätzlichen Garantien werden die Gedankenstriche wie folgt ergänzt:

„—

in Bezug auf (Seuche): Infektiöse Bovine Rhinotracheitis

gemäß der Entscheidung 2004/558/EG der Kommission, welche sinngemäß anzuwenden ist;“;

in Muster 2:

Abschnitt C der Bescheinigung wird wie folgt angepasst:

unter Nummer 4 über die zusätzlichen Garantien werden die Gedankenstriche wie folgt ergänzt:

„—

in Bezug auf (Seuche): Aujeszkysche Krankheit

gemäß der Entscheidung 2001/618/EG der Kommission, welche sinngemäß anzuwenden ist;“;

12.

Für die Zwecke des vorliegenden Anhangs müssen die Rinder im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz von einer zusätzlichen Veterinärbescheinigung begleitet sein, die folgende Erklärung enthält:

„—

Es handelt sich um Rinder, die

mit Hilfe eines dauerhaften Kennzeichnungssystems identifiziert werden, mit dem das Muttertier oder der Herkunftsbestand ermittelt und festgestellt werden kann, dass die Tiere nicht von BSE-verdächtigen oder an BSE erkrankten Kühen abstammen, die in den zwei Jahren vor der Diagnose geboren wurden;

nicht aus Beständen stammen, die wegen eines BSE-Verdachtfalls untersucht werden;

nach dem 1. Juni 2001 geboren wurden.“

II.   Schafe und Ziegen

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 91/68/EWG des Rates vom 28. Januar 1991 zur Regelung tierseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Schafen und Ziegen (ABl. L 46 vom 19.2.1991, S. 19), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2005/932/EG der Kommission vom 21. Dezember 2005 zur Änderung von Anhang E der Richtlinie 91/68/EWG des Rates hinsichtlich der Aktualisierung des Musters der Gesundheitsbescheinigungen für Schafe und Ziegen (ABl. L 340 vom 23.12.2005)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995, zuletzt geändert am 23. November 2005 (TSV, SR 916.401), insbesondere die Artikel 27 bis 31 (Viehmärkte, Viehausstellungen), 34 bis 37 (Viehhandel), 73 und 74 (Reinigung und Desinfektion), 142 bis 149 (Tollwut), 158 bis 165 (Tuberkulose), 166 bis 169 (Traberkrankheit), 190 bis 195 (Schaf- und Ziegenbrucellose), 196 bis 199 (Infektiöse Agalaktie), 200 bis 203 (Caprine Arthritis-Enzephalitis), 233 bis 235 (Widderbrucellose), 297 (Anerkennung von Viehmärkten, Sammelstellen, Entsorgungsbetrieben)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Informationen gemäß Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 91/68/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

2.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 11 der Richtlinie 91/68/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

3.

Für die Zwecke dieses Anhangs wird anerkannt, dass die Schweiz amtlich anerkannt frei von Schaf- und Ziegenbrucellose ist. Zur Aufrechterhaltung dieses Status verpflichtet sich die Schweiz, die in Anhang A Kapitel I Ziffer II Nummer 2 der Richtlinie 91/68/EWG vorgesehenen Maßnahmen zu treffen.

Die Schweiz unterrichtet den Gemischten Veterinärausschuss über jeden Ausbruch oder Wiederausbruch der Schaf- und Ziegenbrucellose, damit je nach Seuchenlage geeignete Maßnahmen getroffen werden können.

4.

Schaf- und Ziegensendungen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz müssen Veterinärbescheinigungen nach den Mustern in Anhang E der Richtlinie 91/68/EWG mit führen.

III.   Equiden

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 90/426/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Vorschriften für das Verbringen von Equiden und für ihre Einfuhr aus Drittländern (ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 42), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/68/EG des Rates vom 26. April 2004 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr und die Durchfuhr bestimmter lebender Huftiere in bzw. durch die Gemeinschaft, zur Änderung der Richtlinien 90/426/EWG und 92/65/EWG und zur Aufhebung der Richtlinie 72/462/EWG (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 320)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 112 bis 115 (Pferdepest), 204 bis 206 (Beschälseuche, Enzephalomyelitis, Infektiöse Anämie, Rotz), 240 bis 244 (Ansteckende Pferdemetritis)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Informationen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 90/426/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

2.

Die Informationen gemäß Artikel 6 der Richtlinie 90/426/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

3.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 10 der Richtlinie 90/426/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

4.

Die Bestimmungen der Anhänge B und C der Richtlinie 90/426/EWG gelten sinngemäß für die Schweiz.

IV.   Geflügel und Bruteier

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 90/539/EWG des Rates vom 15. Oktober 1990 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den innergemeinschaftlichen Handel mit Geflügel und Bruteiern für ihre Einfuhr aus Drittländern (ABl. L 303 vom 31.10.1990, S. 6), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 25 (Transportmittel), 122 bis 125 (Klassische Geflügelpest und Newcastle-Krankheit), 255 bis 261 (Salmonella Enteritidis), 262 bis 265 (Infektiöse Laryngotracheitis der Hühner)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Gemäß Artikel 3 der Richtlinie 90/539/EWG unterbreitet die Schweiz dem Gemischten Veterinärausschuss einen Plan, in dem die Maßnahmen für die Zulassung von Betrieben festgelegt sind.

2.

Das nationale Referenzlabor für die Schweiz im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie 90/539/EWG ist das Institut für Veterinärbakteriologie der Universität Bern.

3.

Die Haltungsbedingung gemäß Artikel 7 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie 90/539/EWG gilt sinngemäß für die Schweiz.

4.

Für den Versand von Bruteiern in die Gemeinschaft verpflichten sich die schweizerischen Behörden, die Kennzeichnungsvorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1868/77 der Kommission einzuhalten. Für die Schweiz wird das Kürzel „CH“ verwendet.

5.

Die Haltungsbedingung gemäß Artikel 9 Buchstabe a der Richtlinie 90/539/EWG gilt sinngemäß für die Schweiz.

6.

Die Haltungsbedingung gemäß Artikel 10 Buchstabe a der Richtlinie 90/539/EWG gilt sinngemäß für die Schweiz.

7.

Die Haltungsbedingung gemäß Artikel 11 Absatz 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 90/539/EWG gilt sinngemäß für die Schweiz.

8.

Für die Zwecke dieses Anhangs wird anerkannt, dass die Schweiz die Anforderungen des Artikels 12 Absatz 2 der Richtlinie 90/539/EWG hinsichtlich der Newcastle-Krankheit erfüllt und entsprechend den Status der „Nichtimpfung“ besitzt. Das Bundesamt für Veterinärwesen unterrichtet die Kommission unverzüglich über jede Änderung der Bedingungen, die zur Anerkennung des Status geführt haben. Der Gemischte Veterinärausschuss überprüft alsdann die Bestimmungen des vorliegenden Absatzes.

9.

In Artikel 15 der Richtlinie 90/539/EWG gilt jeder Bezug auf den Namen des Mitgliedstaats sinngemäß für die Schweiz.

10.

Sendungen von Geflügel und Bruteiern im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz müssen Gesundheitsbescheinigungen nach den Mustern in Anhang IV der Richtlinie 90/539/EWG mit führen.

11.

Für Sendungen aus der Schweiz nach Finnland oder Schweden verpflichten sich die schweizerischen Behörden, die gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Garantien in Bezug auf Salmonellosen zu leisten.

V.   Tiere und Erzeugnisse der Aquakultur

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 91/67/EWG des Rates vom 28. Januar 1991 betreffend die tierseuchenrechtlichen Vorschriften für die Vermarktung von Tieren und anderen Erzeugnissen der Aquakultur (ABl. L 46 vom 19.2.1991, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1).

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 275 bis 290 (Fischseuchen und Krebspest) und 297 (Anerkennung von Betrieben, Gebieten und Laboratorien)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Informationen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 91/67/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

2.

Die etwaige Anwendung der Artikel 5, 6 und 10 der Richtlinie 91/67/EWG auf die Schweiz fällt in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

3.

Die etwaige Anwendung der Artikel 12 und 13 der Richtlinie 91/67/EWG auf die Schweiz fällt in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

4.

Zur Anwendung des Artikels 15 der Richtlinie 91/67/EWG verpflichten sich die schweizerischen Behörden, die Probenahmepläne und die Diagnoseverfahren vorschriftsmäßig festzulegen.

5.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 17 der Richtlinie 91/67/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

6.

a)

Die Transportbescheinigung für die Vermarktung von lebenden Fischen, Eiern und Gameten aus einem zugelassenen Gebiet ist in Anhang E Kapitel 1 der Richtlinie 91/67/EWG festgelegt.

b)

Die Transportbescheinigung für die Vermarktung von lebenden Fischen, Eiern und Gameten aus einem zugelassenen Zuchtbetrieb ist in Anhang E Kapitel 2 der Richtlinie 91/67/EWG festgelegt.

c)

Die Transportbescheinigung für die Vermarktung von Weichtieren aus einem zugelassenen Küstengebiet ist in Anhang E Kapitel 3 der Richtlinie 91/67/EWG festgelegt.

d)

Die Transportbescheinigung für die Vermarktung von Weichtieren aus einem zugelassenen Zuchtbetrieb ist in Anhang E Kapitel 4 der Richtlinie 91/67/EWG festgelegt.

e)

Die Transportbescheinigung für die Vermarktung von Fischen, Weichtieren oder Krebstieren aus Zuchtbetrieben, ihren Eiern und Gameten, die nicht zu den für IHN, VHS, Bonamiose bzw. Marteilliose empfänglichen Arten gehören, ist in Anhang I der Entscheidung 2003/390/EG der Kommission festgelegt.

f)

Die Transportbescheinigung für die Vermarktung von frei lebenden Fischen, Weichtieren oder Krebstieren, ihren Eiern und Gameten ist in Anhang I der Entscheidung 2003/390/EG der Kommission festgelegt.

VI.   Rinderembryonen

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 89/556/EWG des Rates vom 25. September 1989 über viehseuchenrechtliche Fragen beim innergemeinschaftlichen Handel mit Embryonen von Hausrindern und ihrer Einfuhr aus Drittländern (ABl. L 302 vom 19.10.1989, S. 1), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2006/60/EG der Kommission vom 2. Februar 2006 zur Änderung von Anhang C der Richtlinie 89/556/EWG hinsichtlich des Musters der Tiergesundheitsbescheinigung für den innergemeinschaftlichen Handel mit Embryonen von Hausrindern (ABl. L 31 vom 3.2.2006, S. 24)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 56 bis 58 (Embryotransfer)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 15 der Richtlinie 89/556/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

2.

Sendungen von Rinderembryonen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssenGesundheitsbescheinigungen nach dem Muster in Anhang C der Richtlinie 89/556/EWG mitführen.

VII.   Rindersperma

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 88/407/EWG vom 14. Juni 1988 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Anforderungen an den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit gefrorenem Samen von Rindern und an dessen Einfuhr (ABl. L 194 vom 22.7.1988, S. 10), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2006/16/EG vom 5. Januar 2006 zur Änderung von Anhang B der Richtlinie 88/407/EWG des Rates und von Anhang II der Entscheidung 2004/639/EG über die Einfuhrbedingungen für Rindersperma (ABl. L 11 vom 17.1.2006, S. 21)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 51 bis 55 (Künstliche Besamung)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Für die Zwecke der Anwendung des Artikels 4 Absatz 2 der Richtlinie 88/407/EWG wird zur Kenntnis genommen, dass sich in allen schweizerischen Besamungsstationen ausschließlich Tiere befinden, die mit Negativbefund einem Serum-Neutralisationstest oder ELISA-Test unterzogen wurden.

2.

Die Informationen gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 88/407/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

3.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 16 der Richtlinie 88/407/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

4.

Sendungen von Rindersperma im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssenGesundheitsbescheinigungen nach dem Muster in Anhang D der Richtlinie 88/407/EWG mit führen.

VIII.   Schweinesperma

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 90/429/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Anforderungen an den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Samen von Schweinen und an dessen Einfuhr (ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 62), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 51 bis 55 (Künstliche Besamung)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Die Informationen gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 90/429/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

2.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 16 der Richtlinie 90/429/EWG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

3.

Sendungen von Schweinesperma im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Gesundheitsbescheinigungen nach dem Muster in Anhang D der Richtlinie 90/429/EWG mit führen.

IX.   Andere Tierarten

A.   RECHTSVORSCHRIFTEN

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Abschnitt I der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen (ABl. L 268 vom 14.9.1992, S. 54), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/68/EG des Rates vom 26. April 2004 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr und die Durchfuhr bestimmter lebender Huftiere in bzw. durch die Gemeinschaft, zur Änderung der Richtlinien 90/426/EWG und 92/65/EWG und zur Aufhebung der Richtlinie 72/462/EWG (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 320)

Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG des Rates (ABl. L 146 vom 13.6.2003, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 590/2006 der Kommission vom 12. April 2006 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste von Ländern und Gebieten (ABl. L 104 vom 13.4.2006, S. 8)

1.

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401), insbesondere die Artikel 51 bis 55 (Künstliche Besamung), 56 bis 58 (Embryotransfer)

2.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

B.   BESONDERE DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN

1.

Für die Zwecke dieses Anhangs regelt dieser Abschnitt den Handel mit lebenden Tieren, die nicht unter die Ziffern I bis V fallen, sowie den Handel mit Sperma, Eizellen und Embryonen dieser Tiere, soweit diese Erzeugnisse nicht unter die Ziffern VI bis VIII fallen.

2.

Die Europäische Gemeinschaft und die Schweiz verpflichten sich, dass der Handel mit den unter Nummer 1 genannten lebenden Tieren, ihrem Sperma, ihren Eizellen und Embryonen nicht aus anderen tierseuchenrechtlichen Gründen als denen, die sich aus der Anwendung dieses Anhangs und insbesondere im Zuge der etwaigen Schutzmaßnahmen gemäß Artikel 20 ergeben, verboten oder beschränkt wird.

3.

Sendungen von Huftieren im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz — außer den Tieren gemäß den Ziffern I, II und III — müssen Gesundheitsbescheinigungen gemäß Anhang E Teil 1 der Richtlinie 92/65/EWG, ergänzt durch den Bestätigungsvermerk gemäß Artikel 6 Absatz A Unterabsatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 92/65/EWG, mitführen.

4.

Sendungen von Hasentieren im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Gesundheitsbescheinigungen gemäß Anhang E Teil 1 der Richtlinie 92/65/EWG, gegebenenfalls ergänzt durch den Bestätigungsvermerk gemäß Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/65/EWG, mitführen.

Dieser Vermerk kann von den schweizerischen Behörden geändert werden, um die Anforderungen des Artikels 9 der Richtlinie 92/65/EWG insgesamt darin aufzunehmen.

5.

Die Informationen gemäß Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 4 der Richtlinie 92/65/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

6.

a)

Sendungen von Hunden und Katzen aus der Europäischen Gemeinschaft in die Schweiz unterliegen den Bestimmungen des Artikels 10 Absatz 2 der Richtlinie 92/65/EWG.

b)

Sendungen von Hunden und Katzen aus der Schweiz in die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, ausgenommen das Vereinigte Königreich, Irland, Malta und Schweden, unterliegen den Bestimmungen des Artikels 10 Absatz 2 der Richtlinie 92/65/EWG.

c)

Sendungen von Hunden und Katzen aus der Schweiz in das Vereinigte Königreich, nach Irland, Malta und Schweden unterliegen den Bestimmungen des Artikels 10 Absatz 3 der Richtlinie 92/65/EWG.

d)

Für die Kennzeichnung gilt die Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 (ABl. L 146 vom 13.6.2003, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 590/2006 der Kommission vom 12. April 2006 (ABl. L 104 vom 13.4.2006, S. 8). Es ist der Ausweis gemäß der Entscheidung 2003/803/EG der Kommission (ABl. L 312 vom 27.11.2003, S. 1) zu verwenden. Die Gültigkeit der Tollwutimpfung bzw. der Auffrischungsimpfung wird nach den Empfehlungen des Herstellungslabors anerkannt, wie dies in Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 und der Entscheidung 2005/91/EG der Kommission (ABl. L 31 vom 4.2.2005, S. 61) vorgesehen ist.

7.

Sendungen von Sperma, Eizellen und Embryonen von Schafen und Ziegen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Veterinärbescheinigungen gemäß der Entscheidung 95/388/EG, zuletzt geändert durch die Entscheidung 2005/43/EG der Kommission vom 30. Dezember 2004 (ABl. L 20 vom 22.1.2005, S. 34), mitführen.

8.

Sendungen von Equidensperma im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Veterinärbescheinigungen gemäß der Entscheidung 95/307/EG mitführen.

9.

Sendungen von Eizellen und Embryonen von Equiden im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Veterinärbescheinigungen gemäß der Entscheidung 95/294/EG mitführen.

10.

Sendungen von Eizellen und Embryonen von Schweinen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Bescheinigungen gemäß der Entscheidung 95/483/EG mitführen.

11.

Sendungen von Bienenvölkern (Bienenstöcke oder Königinnen mit Arbeiterinnen) im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Gesundheitsbescheinigungen gemäß Anhang E Teil 2 der Richtlinie 92/65/EWG mitführen.

12.

Sendungen von Tieren, Sperma, Embryonen und Eizellen, die aus gemäß Anhang C der Richtlinie 92/65/EWG zugelassenen Einrichtungen, Instituten oder Zentren stammen, im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz müssen Gesundheitsbescheinigungen gemäß Anhang E Teil 3 der Richtlinie 92/65/EWG mitführen.

13.

Die Informationen gemäß Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 92/65/EWG werden dem Gemischten Veterinärausschuss mitgeteilt.

Anlage 3

EINFUHR LEBENDER TIERE UND DEREN SPERMA, EIER UND EMBRYONEN AUS DRITTLÄNDERN

I.   EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT — RECHTSVORSCHRIFTEN

A.   Huftiere mit Ausnahme von Equiden

Richtlinie 2004/68/EG des Rates vom 26. April 2004 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr und die Durchfuhr bestimmter lebender Huftiere in bzw. durch die Gemeinschaft, zur Änderung der Richtlinien 90/426/EWG und 92/65/EWG und zur Aufhebung der Richtlinie 72/462/EWG (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 320).

B.   Equiden

Richtlinie 90/426/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Vorschriften für das Verbringen von Equiden und für ihre Einfuhr aus Drittländern (ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 42), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/68/EG des Rates vom 26. April 2004 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr und die Durchfuhr bestimmter lebender Huftiere in bzw. durch die Gemeinschaft, zur Änderung der Richtlinien 90/426/EWG und 92/65/EWG und zur Aufhebung der Richtlinie 72/462/EWG (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 320).

C.   Geflügel und Bruteier

Richtlinie 90/539/EWG des Rates vom 15. Oktober 1990 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den innergemeinschaftlichen Handel mit Geflügel und Bruteiern für ihre Einfuhr aus Drittländern (ABl. L 303 vom 31.10.1990, S. 6), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1).

D.   Tiere der Aquakultur

Richtlinie 91/67/EWG des Rates vom 28. Januar 1991 betreffend die tierseuchenrechtlichen Vorschriften für die Vermarktung von Tieren und anderen Erzeugnissen der Aquakultur (ABl. L 46 vom 19.2.1991, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1).

E.   Rinderembryonen

Richtlinie 89/556/EWG vom 25. September 1989 über viehseuchenrechtliche Fragen beim innergemeinschaftlichen Handel mit Embryonen von Hausrindern und ihrer Einfuhr aus Drittländern (ABl. L 302 vom 19.10.1989, S. 1), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2006/60/EG der Kommission vom 2. Februar 2006 zur Änderung von Anhang C der Richtlinie 89/556/EWG des Rates hinsichtlich des Musters der Tiergesundheitsbescheinigung für den innergemeinschaftlichen Handel mit Embryonen von Hausrindern (ABl. L 31 vom 3.2.2006, S. 24).

F.   Rindersperma

Richtlinie 88/407/EWG vom 14. Juni 1988 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Anforderungen an den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit gefrorenem Samen von Rindern und an dessen Einfuhr (ABl. L 194 vom 22.7.1988, S. 10), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2006/16/EG vom 5. Januar 2006 zur Änderung von Anhang B der Richtlinie 88/407/EWG des Rates und von Anhang II der Entscheidung 2004/639/EG über die Einfuhrbedingungen für Rindersperma (ABl. L 11 vom 17.1.2006, S. 21).

G.   Schweinesperma

Richtlinie 90/429/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Anforderungen an den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Samen von Schweinen und an dessen Einfuhr (ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 62), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1).

H.   Andere lebende Tiere

1.

Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Abschnitt I der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen (ABl. L 268 vom 14.9.1991, S. 54), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/68/EG des Rates vom 26. April 2004 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Einfuhr und die Durchfuhr bestimmter lebender Huftiere in bzw. durch die Gemeinschaft, zur Änderung der Richtlinien 90/426/EWG und 92/65/EWG und zur Aufhebung der Richtlinie 72/462/EWG (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 320).

2.

Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Änderung der Richtlinie 92/65/EWG des Rates (ABl. L 146 vom 13.6.2003, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 590/2006 der Kommission vom 12. April 2006 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste von Ländern und Gebieten (ABl. L 4 vom 13.4.2006, S. 8).

II.   SCHWEIZ — RECHTSVORSCHRIFTEN

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11).

Für die Zwecke dieses Anhangs wird der Zoo Zürich für die Schweiz als zugelassenes Zentrum gemäß den Bestimmungen des Anhangs C der Richtlinie 92/65/EWG anerkannt.

III.   DURCHFÜHRUNGSVORSCHRIFTEN

Das Bundesamt für Veterinärwesen wendet die unter Ziffer I dieser Anlage genannten Einfuhrbedingungen an. Es kann jedoch strengere Maßnahmen festlegen und zusätzliche Garantien verlangen. Der Gemischte Veterinärausschuss tritt zusammen, um über geeignete Maßnahmen zur Klärung der Lage zu beraten.

Anlage 4

TIERZUCHT, EINSCHLIESSLICH EINFUHR AUS DRITTLÄNDERN

I.   EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT — RECHTSVORSCHRIFTEN

A.   Rinder

Richtlinie 77/504/EWG des Rates vom 25. Juli 1977 über reinrassige Zuchtrinder (ABl. L 206 vom 12.8.1977, S. 8), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Rates (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 36).

B.   Schweine

Richtlinie 88/661/EWG vom 19. Dezember 1988 über die tierzüchterischen Normen für Zuchtschweine (ABl. L 382 vom 31.12.1988, S. 36), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1).

C.   Schafe und Ziegen

Richtlinie 89/361/EWG des Rates vom 30. Mai 1989 über reinrassige Zuchtschafe und -ziegen (ABl. L 153 vom 6.6.1989, S. 30).

D.   Equiden

a)

Richtlinie 90/427/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierzüchterischen und genealogischen Vorschriften für den innergemeinschaftlichen Handel mit Equiden (ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 55).

b)

Richtlinie 90/428/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über den Handel mit Sportpferden und zur Festlegung der Bedingungen für die Teilnahme an pferdesportlichen Veranstaltungen (ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 60).

E.   Reinrassige Zuchttiere

Richtlinie 91/174/EWG des Rates vom 25. März 1991 über züchterische und genealogische Bedingungen für die Vermarktung reinrassiger Tiere und zur Änderung der Richtlinien 77/504/EWG und 90/425/EWG (ABl. L 85 vom 5.4.1991, S. 37).

F.   Einfuhr aus Drittländern

Richtlinie 94/28/EG des Rates vom 23. Juni 1994 über die grundsätzlichen tierzüchterischen und genealogischen Bedingungen für die Einfuhr von Tieren, Sperma, Eizellen und Embryonen aus Drittländern und zur Änderung der Richtlinie 77/504/EWG über reinrassige Zuchtrinder (ABl. L 178 vom 12.7.1994, S. 66).

II.   SCHWEIZ — RECHTSVORSCHRIFTEN

Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Tierzucht, zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.310)

III.   DURCHFÜHRUNGSVORSCHRIFTEN

Unbeschadet der in den Anlagen 5 und 6 aufgeführten Vorschriften für Tierzuchtkontrollen verpflichten sich die schweizerischen Behörden, dafür Sorge zu tragen, dass die Schweiz bei ihren Einfuhren die Bestimmungen der Richtlinie 94/28/EG des Rates einhält.

Bei Handelsschwierigkeiten wird auf Antrag einer der beiden Parteien der Gemischte Veterinärausschuss befasst.

Anlage 6

TIERISCHE ERZEUGNISSE

KAPITEL I

SEKTOREN, IN DENEN DIE GLEICHWERTIGKEIT DER RECHTSVORSCHRIFTEN BEIDERSEITIG ANERKANNT WIRD

„Zum Verzehr bestimmte tierische Erzeugnisse“

Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 finden sinngemäß Anwendung.

 

Gemeinschaftsausfuhren in die Schweiz und Schweizer Ausfuhren in die Europäische Gemeinschaft

 

Handelsbedingungen

Gleichwertigkeit

 

EG-Normen

Schweizer Normen

Tiergesundheit:

1.

Frischfleisch, auch Hackfleisch/Faschiertes, Fleischzubereitungen, Fleischerzeugnisse, nicht verarbeitete und ausgelassene Fette

Haus-Huftiere

Haus-Einhufer

Richtlinie 64/432/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (1)

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401) (1)

Ja (1)

2.

Zuchtwildfleisch, Fleischzubereitungen, Fleischerzeugnisse

Andere als die unter Punkt 1 genannten zur Zucht gehaltenen Landsäugetiere

Richtlinie 64/432/EWG

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Verordnung (EG) Nr. 999/2001

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja

Zuchtlaufvögel

Hasentiere

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

ja

3.

Wildfleisch, Fleischzubereitungen, Fleischerzeugnisse

Wild lebende Huftiere

Hasentiere

Andere Landsäugetiere

Jagdfederwild

Richtlinie 2002/99/EG

Verordnung (EG) Nr. 999/2001

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja

4.

Geflügelfrischfleisch, Fleischzubereitungen, Fleischerzeugnisse, Fette und ausgelassene Fette

Geflügel

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja

5.

Mägen, Blasen und Därme

Rinder

Schafe und Ziegen

Schweine

Richtlinie 64/432/EWG

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (1)

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401) (1)

ja (1)

6.

Knochen und Knochenerzeugnisse

Haus-Huftiere

Haus-Einhufer

Andere zur Zucht gehaltenen oder wild lebende Landsäugetiere

Geflügel, Laufvögel und Wildgeflügel

Richtlinie 64/432/EWG

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (1)

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401) (1)

ja (1)

7.

Verarbeitete tierische Proteine, Blut und Blutprodukte

Haus-Huftiere

Haus-Einhufer

Andere zur Zucht gehaltenen oder wild lebende Landsäugetiere

Geflügel, Laufvögel und Wildgeflügel

Richtlinie 64/432/EWG

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (1)

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401) (1)

ja (1)

8.

Gelatine und Kollagen

 

Richtlinie 2002/99/EG

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (1)

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401) (1)

ja (1)

9.

Milch und Milcherzeugnisse

 

Richtlinie 64/432/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja

10.

Eier und Eierzeugnisse

 

Richtlinie 90/539/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja

11.

Fischereierzeugnisse, Muscheln, Stachelhäuter, Manteltiere und Meeresschnecken

 

Richtlinie 91/67/EWG

Richtlinie 93/53/EWG

Richtlinie 95/70/EG

Richtlinie 2002/99/EG

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja

12.

Honig

 

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja

13.

Schnecken und Froschschenkel

 

Richtlinie 92/118/EWG

Richtlinie 2002/99/EG

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966 (TSG) (SR 916.40)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV) (SR 916.401)

ja


Gemeinschaftsausfuhren in die Schweiz und Schweizer Ausfuhren in die Europäische Gemeinschaft

Handelsbedingungen

Gleichwertigkeit

EG-Normen

Schweizer Normen

Öffentliche Gesundheit

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147 vom 31.5.2001, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 688/2006 der Kommission vom 4. Mai 2006 zur Änderung der Anhänge III und XI der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Überwachung transmissibler spongiformer Enzephalopathien und spezifizierten Risikomaterials von Rindern in Schweden (ABl. L 120 vom 5.5.2006, S. 10)

Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1)

Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 55)

Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 206)

Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1)

Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel (Text von Bedeutung für den EWR) (ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 1)

Verordnung (EG) Nr. 2074/2005 der Kommission vom 5. Dezember 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften für bestimmte unter die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallende Erzeugnisse und für die in den Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vorgesehenen amtlichen Kontrollen, zur Abweichung von der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 853/2004 und (EG) Nr. 854/2004 (ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 27)

Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 der Kommission vom 5. Dezember 2005 mit spezifischen Vorschriften für die amtlichen Fleischuntersuchungen auf Trichinen (ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 60)

Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG), zuletzt geändert am 16. Dezember 2005 (SR 817.0)

Tierschutzverordnung vom 27. Mai 1981 (TSchV), zuletzt geändert am 12. April 2006 (SR 455.1)

Verordnung vom 1. März 1995 über die Ausbildung der Kontrollorgane für die Fleischhygiene (VAFHy), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 817.191.54)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23.11.05 (SR 916.401)

Verordnung vom 23. November 2005 über die Primärproduktion (VPrP) (SR 916.020)

Verordnung vom 23. November 2005 über das Schlachten und die Fleischkontrolle (VSFK) (SR 817.190)

Lebensmittel– und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV) vom 23. November 2005 (SR 817.02)

Verordnung des EDI vom 23. November 2005 über den Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung (SR 817.025.21)

Verordnung des EVD vom 23. November 2005 über die Hygiene bei der Primärproduktion (VHyPrP) (SR 916.020.1)

Hygieneverordnung des EDI vom 23. November 2005 (HyV) (SR 817.024.1)

Verordnung des EVD vom 23. November 2005 über die Hygiene beim Schlachten (VHyS) (SR 817.190.1)

Verordnung des EDI vom 23. November 2005 über Lebensmittel tierischer Herkunft (SR 817.022.108)

Ja, mit Sonderbedingungen

Sonderbedingungen

(1)

Für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Erzeugnisse, die zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz gehandelt werden, verkehren ausschließlich unter denselben Bedingungen wie tierische Erzeugnisse für den menschlichen Verzehr, die zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gehandelt werden. Diesen Produkten müssen gegebenenfalls die Gesundheitsbescheinigungen beigefügt sein, die für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vorgeschrieben oder in diesem Anhang festgelegt und im System TRACES verfügbar sind.

(2)

Die Schweiz erstellt ein Verzeichnis zugelassener Betriebe im Sinne von Artikel 31 (Eintragung/Zulassung von Betrieben) der Verordnung (EG) Nr. 882/2004.

(3)

Die Schweiz wendet bei Einfuhren die gleichen Bestimmungen an wie diejenigen, die in der Gemeinschaft gelten.

(4)

Die Schweizer Behörden können keinen Gebrauch von der Ausnahme für die Untersuchung auf Trichinen machen, die in Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 vorgesehen ist. Wollen sie dies dennoch tun, teilen die Schweizer Behörden der Kommission schriftlich mit, in welchen Regionen das Trichinenrisiko bei Hausschweinen offiziell vernachlässigbar gering ist. Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft können innerhalb von drei Monaten ab dem Eingang einer solchen Notifizierung der Kommission eine schriftliche Stellungnahme übermitteln. Erheben die Kommission und die Mitgliedstaaten keine Einwände, so wird die Region als Region mit vernachlässigbarem Trichinenrisiko anerkannt und Hausschweine aus dieser Region sind von der Untersuchung auf Trichinen zum Zeitpunkt der Schlachtung ausgenommen. Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 gilt sinngemäß.

(5)

Bei der Trichinenuntersuchung verwendet die Schweiz die in Anhang I Kapitel I und II der Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 beschriebenen Nachweismethoden. Die in Anhang I Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 beschriebene Trichinoskopiemethode findet keine Anwendung.

(6)

Die Schweizer Behörden können bei Schlachtkörpern oder Fleisch von Hausschweinen, die zur Mast und Schlachtung in kleinen Schlachtbetrieben gehalten werden, von der Trichinenuntersuchung absehen.

Diese Bestimmung gilt bis zum 31. Dezember 2009.

Gemäß Artikel 8 Paragraph 3a der Verordnung des EVD vom 23. November 2005 über die Hygiene beim Schlachten (SR 817.190.1) und der Verordnung des EDI vom 23. November 2005 über Lebensmittel tierischer Herkunft (SR 817.022.108) sind die Schlachtkörper oder das Fleisch von Hausschweinen, die zur Mast und Schlachtung gehalten werden, sowie die von ihnen stammenden Fleischzubereitungen, Fleischerzeugnisse und verarbeiteten Fleischerzeugnisse mit dem besonderen Genusstauglichkeitskennzeichen zu versehen, das dem Muster in Anhang 9 Paragraph 2 der Verordnung des EVD vom 23. November 2005 über die Hygiene beim Schlachten (SR 817.190.1) genügt. Diese Produkte dürfen gemäß den Artikeln 9a und 14a der Verordnung des EDI vom 23. November 2005 über Lebensmittel tierischer Herkunft (SR 817.022.108) nicht in den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz gelangen.

(7)

Schlachtkörper oder Fleisch von Hausschweinen, die zur Mast und Schlachtung gehalten werden, und wofür folgende Herkunft nachgewiesen werden kann:

aus einem Betrieb, der von der zuständigen Behörde der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft als trichinenfrei anerkannt wurde;

aus Regionen, in denen das Trichinenrisiko bei Hausschweinen amtlich als vernachlässigbar anerkannt ist;

und wofür gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 keine Trichinenuntersuchung durchgeführt wurde, können unter denselben Bedingungen zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz gehandelt werden, wie sie für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gelten.

(8)

Nach Artikel 2 der Hygieneverordnung (SR 817.024.1) können die zuständigen Schweizer Behörden in besonderen Fällen Anpassungen an die Artikel 8, 10 und 14 der Hygieneverordnung (SR 817.024.1) vorsehen:

a)

um den Bedürfnissen von Betrieben in Bergregionen zu entsprechen, die im Anhang des Bundesgesetzes vom 21. März 1997 über Investitionshilfe für Berggebiete verzeichnet sind.

Die zuständigen Schweizer Behörden verpflichten sich, der Kommission diese Änderungen schriftlich zu melden. Diese Meldung umfasst:

eine ausführliche Darstellung der Bestimmungen, die nach Auffassung der zuständigen Schweizer Behörden geändert werden müssen und eine Beschreibung der Art der geplanten Änderung;

eine Beschreibung der betreffenden Lebensmittel und Unternehmen;

eine Erläuterung der Gründe für die Anpassung (gegebenenfalls mit einer Zusammenfassung der durchgeführten Risikoanalyse und der Angabe aller Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass die Anpassung nicht die Ziele der Hygieneverordnung (SR 817.024.1) gefährdet,

etwaige andere maßgebliche Informationen.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten verfügen über eine Frist von drei Monaten ab dem Empfang der Meldung, um schriftliche Bemerkungen zu übermitteln. Erforderlichenfalls tritt der Gemischte Veterinärausschuss zusammen;

b)

um der Herstellung von Lebensmitteln gerecht zu werden, die traditionelle Merkmale aufweisen.

Die zuständigen Schweizer Behörden verpflichten sich, der Kommission diese Änderungen spätestens zwölf Monate nach der Gewährung der Ausnahmen einzeln oder gesammelt schriftlich zu melden. Jede Meldung umfasst:

eine Kurzbeschreibung der geänderten Vorschriften;

eine Beschreibung der betreffenden Lebensmittel und Unternehmen und

etwaige andere maßgebliche Informationen.

(9)

Die Kommission unterrichtet die Schweiz über die Ausnahmen und Änderungen, die in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gemäß Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 852/2003, Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 854/2003 und Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2074/2005 angewandt werden.

(10)

Bis die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der Schweiz im Hinblick auf spezifiziertes Risikomaterial angeglichen sind, verpflichtet sich die Schweiz, im Wege interner technischer Weisung dafür zu sorgen, dass keine Schlachtkörper von weniger als 24 Monate alten Rindern mit Spinalknochen oder daraus hergestellte Produkte in den Handel mit den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gelangen.

„Nicht zum Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte“

Gemeinschaftsausfuhren in die Schweiz und Schweizer Ausfuhren in die Europäische Gemeinschaft

Handelsbedingungen

Gleichwertigkeit

EG-Normen

Schweizer Normen

Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. L 273 vom 10.10.2002, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 208/2006 der Kommission vom 7. Februar 2006 zur Änderung der Anhänge VI und VIII der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Verarbeitungsstandards für Biogas- und Kompostieranlagen sowie der Bestimmungen über Gülle (ABl. L 36 vom 8.2.2006, S. 25).

Verordnung vom 23. November 2005 über das Schlachten und die Fleischkontrolle (VSFK) (SR 817.190)

Verordnung des EVD vom 23. November 2005 über die Hygiene beim Schlachten (VHyS) (SR 817.190.1)

Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995 (TSV), zuletzt geändert am 23. November 2005 (SR 916.401)

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV)

Verordnung vom 23. Juni 2004 über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP), zuletzt geändert am 22. Juni 2005 (SR 916.441.22)

ja

Sonderbedingungen

Die Schweiz wendet bei ihren Einfuhren gemäß Artikel 29 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 die gleichen Bestimmungen an wie in den Anhängen VII, VIII, X (Bescheinigungen) und XI (Länder).

Der Handel mit Material der Kategorien 1 und 2 ist untersagt, außer für bestimmte technische Verwendungszwecke gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (mit der Verordnung (EG) Nr. 878/2004 der Kommission festgelegte Übergangsbestimmungen).

Material der Kategorie 3 im Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz müssen gemäß den Artikeln 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 die in Anhang II Kapitel III vorgesehenen Handelspapiere und Veterinärbescheinigungen beigefügt sein.

Die Schweiz erstellt gemäß Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 ein Verzeichnis der entsprechenden Betriebe.

KAPITEL II

Nicht unter Kapitel I fallende Sektoren

I.   Gemeinschaftsausfuhren in die Schweiz

Diese Ausfuhren unterliegen den Vorschriften für den innergemeinschaftlichen Handel. Die zuständigen Behörden bescheinigen jedoch in jedem Fall, dass die Ausfuhrbedingungen erfüllt sind. Diese Bescheinigung liegt der Ausfuhrsendung bei.

Erforderlichenfalls werden die Bescheinigungsmuster im Gemischten Veterinärausschuss geprüft.

II.   Schweizer Ausfuhren in die Gemeinschaft

Diese Ausfuhren erfolgen nach den einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften. Die entsprechenden Bescheinigungsmuster werden im Gemischten Veterinärausschuss geprüft.

Bis zur Festlegung dieser Muster gelten die derzeit vorgeschriebenen Bescheinigungen.

KAPITEL III

Übergang eines Sektors von Kapitel II zu Kapitel I

Sobald die Schweiz Vorschriften erlassen hat, die nach Auffassung der Schweiz den Gemeinschaftsvorschriften gleichwertig sind, wird diese Frage vom Gemischten Veterinärausschuss geprüft. Kapitel I dieser Anlage wird umgehend geändert, um den Ergebnissen dieser Prüfung Rechnung zu tragen.

Anlage 10

GRENZKONTROLLEN UND KONTROLLGEBÜHREN

KAPITEL I

A.   Grenzkontrollen in Sektoren, in denen die Gleichwertigkeit der Rechtsvorschriften gegenseitig anerkannt wird

Art der Grenzkontrolle

Kontrollsatz

1.

Dokumentenprüfung

100 %

2.

Warenkontrollen

1 %

B.   Grenzkontrollen in nicht unter Abschnitt A fallenden Sektoren

Art der Grenzkontrolle

Kontrollsatz

1.

Dokumentenprüfung

100 %

2.

Warenkontrollen

max. 10 %

C.   Besondere Maßnahmen

Der Anhang 3 der Empfehlung Nr. 1/94 des Gemischten Ausschusses EWG-Schweiz über bestimmte Kontrollen und tiermedizinische Formalitäten bei Erzeugnissen tierischen Ursprungs und lebenden Tieren wird zur Kenntnis genommen. Die Frage wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Gemischten Veterinärausschuss erneut geprüft.

D.   Kontrollgebühren

1.

In Sektoren, in denen die Gleichwertigkeit der Rechtsvorschriften gegenseitig anerkannt wird, werden folgende Gebühren erhoben:

1,50 EUR/t, jedoch mindestens 30 EUR und höchstens 350 EUR je Partie.

2.

In allen anderen Sektoren werden folgende Gebühren erhoben:

3,50 EUR/t, jedoch mindestens 30 EUR und höchstens 350 EUR je Partie.

E.   Vorschriften für tierische Erzeugnisse bei Durchfuhr durch das Hoheitsgebiet der Gemeinschaft oder der Schweiz

1.

Die tierischen Erzeugnisse aus der Schweiz, die über das Hoheitsgebiet der Europäischen Union befördert werden müssen, unterliegen den unter den Punkten A bzw. B genannten Kontrollen. Artikel 11 Punkt 2 c, d und e der Richtlinie 97/78/EG gilt nicht für die Erzeugnisse, bei denen die Gleichwertigkeit der Rechtsvorschriften gegenseitig anerkannt wird und die wieder aus dem Gebiet der Gemeinschaft ausgeführt werden, sofern es bei den Veterinärkontrollen gemäß der vorstehenden Ziffer A keine Beanstandungen gibt.

2.

Die tierischen Erzeugnisse aus der Europäischen Union, die über das Hoheitsgebiet der Schweiz befördert werden müssen, unterliegen den unter den Ziffern A bzw. B genannten Kontrollen.

F.   System TRACES

1.   Rechtsvorschriften

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

Entscheidung 2004/292/EG der Kommission zur Einführung des TRACES-Systems und zur Änderung der Entscheidung 92/486/EWG (ABl. L 94 vom 31.3.2004, S. 63), zuletzt geändert durch die Entscheidung 2005/515/EG der Kommission vom 14. Juli 2005 zur Änderung der Entscheidung 2004/292/EG zur Einführung des TRACES-Systems und zur Änderung der Entscheidung 92/486/EWG (ABl. L 187 vom 19.7.2005, S. 29)

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

2.   Besondere durchführungsbestimmungen

In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Veterinärwesen bezieht die Kommission die Schweiz gemäß der Entscheidung 2004/292/EG der Kommission in das System TRACES ein.

Artikel 3 der Entscheidung 2004/222/EG über die Erfassung der Gemeinsamen Veterinärdokumente für die Einfuhr im rechnergestützten System TRACES gilt nicht für die Erzeugnisse, bei denen die Gleichwertigkeit der Rechtsvorschriften gegenseitig anerkannt wird, mit Ausnahme derjenigen, die nach den Verfahren des Artikels 8, des Artikels 12 Absatz 4 und des Artikels 13 der Richtlinie 97/78/EG eingelassen werden und derjenigen, denen nach der Grenzkontrolle der Eingang verweigert wurde.

Tierische Erzeugnisse in von beiden Seiten als gleichwertig anerkannten Sektoren, die zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz gehandelt werden, verkehren ausschließlich unter denselben Bedingungen wie Erzeugnisse, die zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gehandelt werden. Diesen Erzeugnissen müssen gegebenenfalls die Gesundheitsbescheinigungen beigefügt sein, die für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vorgeschrieben oder in diesem Anhang festgelegt und im System TRACES verfügbar sind.

Der Gemischte Veterinärausschuss legt erforderlichenfalls Übergangsbestimmungen fest.

KAPITEL II

KONTROLLEN BEI EINFUHREN AUS DRITTLÄNDERN

1.   Rechtsvorschriften

Die Kontrollen bei Einfuhren aus Drittländern werden nach den folgenden Bestimmungen durchgeführt:

Europäische Gemeinschaft

Schweiz

1.

Verordnung (EG) Nr. 136/2004 der Kommission vom 22. Januar 2004 mit Verfahren für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen an den Grenzkontrollstellen der Gemeinschaft (ABl. L 21 vom 28.1.2004, S. 11)

2.

Verordnung (EG) Nr. 745/2004 der Kommission vom 16. April 2004 mit Einfuhrvorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs zum persönlichen Verbrauch (ABl. L 122 vom 26.4.2004, S. 1)

3.

Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 206)

4.

Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1)

5.

Richtlinie 97/78/EG des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (ABl. L 24 vom 30.1.1998, S. 9), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1)

6.

Richtlinie 2002/99/EG des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Festlegung von tierseuchenrechtlichen Vorschriften für das Herstellen, die Verarbeitung, den Vertrieb und die Einfuhr von Lebensmitteln tierischen Ursprungs (ABl. L 18 vom 23.1.2003, S. 11)

1.

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV), (SR 916.443.11)

2.

Bundesgesetz über Lebensmittel vom 9. Oktober 1992 (LMG), zuletzt geändert am 18. Juni 2004 (SR 817.0)

3.

Lebensmittel– und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV) vom 23. November 2005 (SR 817.02)

4.

Verordnung vom 23. November 2005 über den Vollzug der Lebensmittelgesetzgebung (SR 817.025.21)

2.   Durchführungsvorschriften

Für die Zwecke der Durchführung des Artikels 6 der Richtlinie 97/78/EG sind folgende Grenzkontrollstellen zuständig: Flughafen Basel-Mülhausen, Flughafen Ferney-Voltaire/Genf und Flughafen Zürich. Spätere Änderungen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

Die Kontrollen vor Ort insbesondere gemäß Artikel 23 der Richtlinie 97/78/EG und Artikel 57 des Tierseuchengesetzes fallen in den Zuständigkeitsbereich des Gemischten Veterinärausschusses.

Die besondere Situation der Grenzkontrollstellen Flughafen Basel-Mülhausen und Flughafen Ferney-Voltaire/Genf wird vom Gemischten Veterinärausschuss spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Anlage geprüft.

Zur Durchführung der Richtlinie 97/78/CE bezieht die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Veterinärwesen die Schweiz gemäß der Entscheidung 2004/292/EG der Kommission in das System TRACES ein.

Im Rahmen der Tätigkeiten gemäß der Richtlinie 97/78/EG erheben die Schweizer Behörden die Gebühren oder Abgaben für die amtlichen Kontrollen nach Kapitel VI der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 in Höhe der in deren Anhang V vorgesehenen Mindestsätze.

KAPITEL III

BEDINGUNGEN FÜR DIE EINFUHR TIERISCHER ERZEUGNISSE AUS DRITTLÄNDERN

1.   Europäische Gemeinschaft — Rechtsvorschriften

A.   VORSCHRIFTEN IM BEREICH DER ÖFFENTLICHEN GESUNDHEIT

1.

Richtlinie 96/23/EG des Rates vom 29. April 1996 über Kontrollmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Stoffe und ihrer Rückstände in lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinien 85/358/EWG und 86/469/EWG und der Entscheidungen 89/187/EWG und 91/664/EWG (ABl. L 125 vom 23.5.1996, S. 10), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).

2.

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147 vom 31.5.2001, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 688/2006 der Kommission vom 4. Mai 2006 zur Änderung der Anhänge III und XI der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Überwachung transmissibler spongiformer Enzephalopathien und spezifizierten Risikomaterials von Rindern in Schweden (ABl. L 120 vom 5.5.2006, S. 10)

3.

Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbaren Zoonoseerregern (ABl. L 325 vom 12.12.2003, S. 1).

4.

Richtlinie 2004/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Aufhebung bestimmter Richtlinien über Lebensmittelhygiene und Hygienevorschriften für die Herstellung und das Inverkehrbringen von bestimmten, zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs sowie zur Änderung der Richtlinien 89/662/EWG und 92/118/EWG des Rates und der Entscheidung 95/408/EG des Rates (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 33).

5.

Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2076/2005 der Kommission vom 5. Dezember 2005 zur Festlegung von Übergangsregelungen für die Durchführung der Verordnungen (EG) Nr. 853/2004, (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 853/2004 und (EG) Nr. 854/2004 (ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 83).

6.

Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2076/2005 der Kommission vom 5. Dezember 2005 zur Festlegung von Übergangsregelungen für die Durchführung der Verordnungen (EG) Nr. 853/2004, (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 853/2004 und (EG) Nr. 854/2004 (ABl. L 338 vom 22.12.2005, S. 83).

B.   VORSCHRIFTEN IM BEREICH DER TIERGESUNDHEIT

1.

Richtlinie 91/67/EWG des Rates vom 28. Januar 1991 betreffend die tierseuchenrechtlichen Vorschriften für die Vermarktung von Tieren und anderen Erzeugnissen der Aquakultur (ABl. L 46 vom 19.2.1991, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122 vom 16.5.2003, S. 1).

2.

Richtlinie 93/53/EWG des Rates vom 24. Juni 1993 zur Festlegung von Mindestmaßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung bestimmter Fischseuchen (ABl. L 175 vom 19.7.1993, S. 23), zuletzt geändert durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge — Anhang II: Liste nach Artikel 20 der Beitrittsakte — 6. Landwirtschaft — B. Veterinär- und Pflanzenschutzrecht — I. Veterinärrecht (ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 381)

3.

Richtlinie 92/118/EWG des Rates vom 17. Dezember 1992 über die tierseuchenrechtlichen und gesundheitlichen Bedingungen für den Handel mit Erzeugnissen tierischen Ursprungs in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Kapitel I der Richtlinie 89/662/EWG und — in Bezug auf Krankheitserreger — der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen (ABl. L 62 vom 15.3.1993, S. 49), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Aufhebung bestimmter Richtlinien über Lebensmittelhygiene und Hygienevorschriften für die Herstellung und das Inverkehrbringen von bestimmten, zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs sowie zur Änderung der Richtlinien 89/662/EWG und 92/118/EWG des Rates und der Entscheidung 95/408/EG des Rates (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 33).

4.

Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147 vom 31.5.2001, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 688/2006 der Kommission vom 4. Mai 2006 zur Änderung der Anhänge III und XI der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Überwachung transmissibler spongiformer Enzephalopathien und spezifizierten Risikomaterials von Rindern in Schweden (ABl. L 120 vom 5.5.2006, S. 10)

5.

Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. L 273 vom 10.10.2002, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 208/2006 der Kommission vom 7. Februar 2006 zur Änderung der Anhänge VI und VIII der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Verarbeitungsstandards für Biogas- und Kompostieranlagen sowie der Bestimmungen über Gülle (ABl. L 36 vom 8.2.2006, S. 25).

6.

Richtlinie 2002/99/EG des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Festlegung von tierseuchenrechtlichen Vorschriften für das Herstellen, die Verarbeitung, den Vertrieb und die Einfuhr von Lebensmitteln tierischen Ursprungs (ABl. L 18 vom 23.1.2003, S. 11)

2.   Schweiz — Rechtsvorschriften

Verordnung vom 20. April 1988 über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten (EDAV)

3.   Durchführungsvorschriften

Das Bundesamt für Veterinärwesen wendet die unter Kapitel 3 Ziffer 1 dieser Anlage genannten Einfuhrbedingungen an. Es kann jedoch strengere Maßnahmen festlegen und zusätzliche Garantien verlangen. Der Gemischte Veterinärausschuss tritt zusammen, um über geeignete Maßnahmen zur Klärung der Lage zu beraten.

KAPITEL IV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Die Bestimmungen dieser Anlage werden spätestens ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten im Gemischten Veterinärausschuss überprüft.


(1)  Die Anerkennung der Übereinstimmung der Rechtsvorschriften im Bereich der TSE-Überwachung bei Schafen und Ziegen wird vom Gemeinsamen Veterinärausschuss erneut geprüft.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/130


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 8. Dezember 2006

über die von Dänemark mitgeteilten nationalen Vorschriften für bestimmte industrielle Treibhausgase

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 5934)

(Nur der dänische Text ist verbindlich)

(2007/62/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   TATBESTAND UND VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben der Ständigen Vertretung des Königreichs Dänemark bei der Europäischen Union vom 2. Juni 2006 hat die dänische Regierung der Kommission gemäß Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) die dänischen Rechtsvorschriften zur Regelung der Emission bestimmter industrieller Treibhausgase, deren Beibehaltung auch nach der Annahme der genannten Verordnung für notwendig gehalten wird, sowie die Gründe hierfür mitgeteilt.

(2)

In diesem Schreiben teilt die dänische Regierung mit, dass das Königreich Dänemark beabsichtigt, nationale Rechtsvorschriften, die strenger als die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 sind, auf Basis von Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung bezubehalten.

1.   Gemeinschaftsrecht

1.1.   Artikel 95 Absätze 4 und 6 EG-Vertrag

(3)

Artikel 95 Absatz 4: „Hält es ein Mitgliedstaat, wenn der Rat oder die Kommission eine Harmonisierungsmaßnahme erlassen hat, für erforderlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 30 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung der Kommission mit.“

(4)

Artikel 95 Absatz 6: „Die Kommission beschließt binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen die betreffenden einzelstaatlichen Bestimmungen zu billigen oder abzulehnen, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und ob sie das Funktionieren des Binnenmarktes behindern.“

1.2.   Verordnung (EG) Nr. 842/2006

(5)

Die Verordnung (EG) Nr. 842/2006 über bestimmte fluorierte Treibhausgase (F-Gase) zielt darauf ab, Emissionen bestimmter unter das Kyoto-Protokoll fallender F-Gase (HFC, PFC und SF6) zu verhindern und zu minimieren.

(6)

Sie enthält auch eine begrenzte Anzahl von Verwendungs- und Vermarktungsverboten für den Fall, dass realisierbare Alternativen vorhanden und Verbesserungen bei Emissionsminderungen und Rückgewinnung nicht möglich sind.

(7)

Die Verordnung hat zwei Rechtsgrundlagen — Artikel 175 Absatz 1 EG-Vertrag für alle Bestimmungen mit Ausnahme der Artikel 7, 8 und 9, die sich aufgrund ihrer Auswirkungen auf den freien Warenverkehr auf dem Binnenmarkt auf Artikel 95 EG-Vertrag stützen.

(8)

Artikel 9 der Verordnung regelt das Inverkehrbringen und untersagt insbesondere die Vermarktung bestimmter Erzeugnisse und Einrichtungen, die unter die Verordnung fallende F-Gase enthalten oder zu ihrem Funktionieren benötigen. Gemäß Absatz 3 Buchstabe a dieses Artikels können Mitgliedstaaten, die zum 31. Dezember 2005 einzelstaatliche Maßnahmen erlassen, die strenger als die des vorliegenden Artikels sind und in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, diese Maßnahmen bis zum 31. Dezember 2012 beibehalten. Gemäß Absatz 3 Buchstabe b teilt der betreffende Mitgliedstaat der Kommission die einzelstaatlichen Maßnahmen mit einer Begründung versehen bis zum 4. Juli 2007 mit. Die Maßnahmen müssen mit dem Vertrag vereinbar sein.

(9)

Die Verordnung gilt mit Wirkung vom 4. Juli 2007, mit Ausnahme von Artikel 9 und Anhang II, die bereits seit dem 4. Juli 2006 Anwendung finden.

2.   Mitgeteilte nationale Vorschriften

(10)

Die von Dänemark mitgeteilten nationalen Vorschriften wurden mit Erlass Nr. 552 vom 2. Juli 2002 eingeführt.

(11)

Der Erlass betrifft drei unter das Kyoto-Protokoll fallende Treibhausgase mit zumeist hohem Erderwärmungspotenzial: fluorierte Kohlenwasserstoffe (HFC), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) und Schwefelhexafluorid (SF6).

(12)

Aufgrund des Erlasses sind die Einfuhr, der Verkauf und die Verwendung neuer Erzeugnisse, die die vorgenannten Treibhausgase enthalten, sei dem 1. Januar 2006 generell untersagt; das Verbot gilt auch für Einfuhr, den Verkauf und die Verwendung der betreffenden Treibhausgase, ungeachtet, ob es sich um neue und rückgewonnene Gase handelt.

(13)

Das allgemeine Verbot für die betreffenden F-Gase enthaltende neue Erzeugnisse geht mit Ausnahmeregelungen einher, die in Anhang I des Erlasses festgelegt sind.

(14)

Nach dem Erlass werden Ausnahmen von der Dänischen Umweltschutzbehörde nur in „ganz besonderen Fällen“ gewährt. Die Mitteilung enthält Angaben zu den Fällen, in denen eine Ausnahmeregelung gewährt werden könnte, z. B. bei unvorhergesehenen, unverhältnismäßig starken Auswirkungen eines Verbots, wenn keine Alternativen vorhanden oder realisierbar sind, oder wenn sich herausstellt, dass die Gesamtmenge der in Kohlendioxidäquivalent umgerechneten Treibhausgasemissionen bei einem F-Gas-System nachweislich niedriger ist. Die Mitteilung enthält auch Leitlinien der Dänischen Umweltschutzbehörde für Unternehmen, die gewillt sind, eine Ausnahmeregelung zu beantragen. Das vorliegende Dokument beschreibt die Kriterien, nach denen die Dänische Umweltschutzbehörde Anträge auf Ausnahmen annimmt oder ablehnt, und gibt einen kurzen Überblick über die bisherigen Anträge und die diesbezüglichen Entscheidungen der Behörde.

(15)

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 hat die Kommission der dänischen Regierung den Eingang der Mitteilung bestätigt und mitgeteilt, dass die Sechsmonatsfrist für die Prüfung der Mitteilung gemäß Artikel 95 Absatz 6 am 9. Juni 2006, also am Tag nach dem Tag des Eingangs der Mitteilung, angelaufen ist.

(16)

Mit Schreiben vom 19. September 2006 hat die Kommission die anderen Mitgliedstaaten über die Mitteilung Dänemarks in Kenntnis gesetzt und ihnen eine Frist von 30 Tagen zur Stellungnahme eingeräumt. Die Kommission hat die Mitteilung außerdem im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht, um andere interessierte Parteien über die dänischen Rechtsvorschriften und die Gründe für ihre Beibehaltung zu informieren.

II.   BEWERTUNG

1.   Überprüfung der Zulässigkeit

(17)

Artikel 95 Absatz 4 betrifft Fälle, in denen es ein Mitgliedstaat nach dem Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme für notwendig hält, nationale Rechtsvorschriften, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 30 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind, beizubehalten.

(18)

Die dänische Mitteilung bezieht sich auf nationale Vorschriften, die von der Regelung gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 abweichen. Die betreffenden nationalen Vorschriften wurden im Jahr 2002, also vor der Verabschiedung der genannten Verordnung, angenommen und in Kraft gesetzt.

(19)

Das Inverkehrbringen von Erzeugnissen und Einrichtungen, die bestimmte F-Gase enthalten, wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, insbesondere Artikel 9 und Anhang II, auf Gemeinschaftsebene harmonisiert.

(20)

Der dänische Erlass enthält strengere Vorschriften als die Verordnung (EG) Nr. 842/2006, denn er setzt seit dem 1. Januar 2006 ein allgemeines Einfuhr-, Verkaufs- und Verwendungsverbot für F-Gase enthaltende neue Erzeugnisse sowie ebenfalls seit dem 1. Januar 2006 ein Einfuhr-, Verkaufs- und Verwendungsverbot für neue und rückgewonnene F-Gase um, während die Verordnung ein begrenztes Vermarktungsverbot enthält, insofern als sie sich nur auf in Anhang II genannte Erzeugnisse bezieht.

(21)

Auf dieser Grundlage, einschließlich Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, teilen die Mitgliedstaaten ihre Vorschriften der Kommission mit einer Begründung versehen mit. Die Vorschriften müssen mit dem Vertrag vereinbar sein.

(22)

Die Vereinbarkeit wird unter Berücksichtigung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 nach den Verfahrensvorschriften von Artikel 95 Absätze 4 und 6 EG-Vertrag geprüft. Gemäß Artikel 95 Absatz 4 EG-Vertrag werden Bestimmungen, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 30 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind, zusammen mit den Gründen für ihre Beibehaltung mitgeteilt.

(23)

Angesichts dieser Argumente ist die Kommission der Auffassung, dass der von Dänemark gestellte Antrag auf Genehmigung der Beibehaltung seiner nationalen Vorschriften für bestimmte industrielle Treibhausgase gemäß Artikel 95 Absatz 4 EG-Vertrag zulässig ist.

2.   Sachliche Beurteilung

(24)

Gemäß Artikel 95 Absatz 4 und Artikel 95 Absatz 6 Unterabsatz 1 EG-Vertrag muss die Kommission sicherstellen, dass alle Bedingungen, die es einem Mitgliedstaat gestatten, seine nationalen Vorschriften in Abweichung von einer Harmonisierungsmaßnahme der Gemeinschaft im Sinne des genannten Artikels beizubehalten, gegeben sind. Die nationalen Vorschriften müssen insbesondere durch wichtige Erfordernisse im Sinne von Artikel 30 des Vertrags oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sein, dürfen nicht ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen Mitgliedstaaten darstellen oder das Funktionieren des Binnenmarktes auf unangemessene oder unnötige Weise behindern.

2.1.   Nachweislast

(25)

Bei der Prüfung, ob die gemäß Artikel 95 Absatz 4 mitgeteilten nationalen Vorschriften gerechtfertigt sind, stützt sich die Kommission auf die von dem betreffenden Mitgliedstaat mitgeteilte „Begründung“, d. h. die Verantwortung für den Nachweis der Rechtfertigung der staatlichen Vorschriften liegt nach den Bestimmungen des EG-Vertrags bei dem Mitgliedstaat, der die Beibehaltung dieser Vorschriften beantragt.

(26)

Es ist Sache des notifizierenden Mitgliedstaats, genügend Gründe, Fakten und wissenschaftliche Informationen vorzulegen, damit die Genehmigung zur Beibehaltung strengerer nationaler Vorschriften erteilt werden kann. Es liegt also im Interesse des Mitgliedstaats, der Mitteilung alle stichhaltigen oder juristischen Elemente beizufügen, die seinen Antrag untermauern (3). Liegen diese Elemente nicht bei, so sieht sich die Kommission veranlasst, die Mitteilung als nicht fundiert abzulehnen.

2.2.   Rechtfertigung aufgrund wichtiger Erfordernisse gemäß Artikel 30 oder des Schutzes der Umwelt oder des Arbeitsumfelds

2.2.1.   Der dänische Standpunkt

(27)

Die dänischen Behörden untermauern ihren Antrag auf Beibehaltung der dänischen Rechtsvorschriften durch folgende Begründung:

(28)

Der Erlass Nr. 552 vom 2. Juli 2002 regelt die Emission bestimmter industrieller Treibhausgase (HFC, PFC und SF6), alle drei mit starkem Treibhauscharakter. Beispiel: 1 kg der beiden gängigsten HFC-Gase in Dänemark (HFC-134a und HFC-404A) entsprechen 1 300 bzw. 3 780 kg CO2, während 1 kg SF6 über 22 000 kg CO2 entspricht.

(29)

Im Rahmen des Kyoto-Protokolls hat sich die Gemeinschaft verpflichtet, die kumulierten Treibhausgasemissionen der Mitgliedsstaaten in der Handelsperiode 2008-2012 um mindestens 8 % unter den Stand von 1990 zu senken. Bei den anschließenden Diskussionen innerhalb der Gemeinschaft (Entscheidung 2002/358/EG des Rates vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft, Lastenteilungsvereinbarung) (4) hat sich Dänemark engagiert, seine Gesamttreibhausgasemissionen in diesem Zeitraum um 21 % zu verringern.

(30)

In ihrer Mitteilung haben die dänischen Behörden das Ziel des Umweltschutzes und insbesondere das Erfordernis angeführt, das Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Sinne der Entscheidung 2002/358/EG zu erreichen.

(31)

Der zur Debatte stehende Erlass zielt darauf ab, Treibhausgasemissionen durch Verhinderung der Emission fluorierter Treibhausgase zu reduzieren.

(32)

Die dänischen Behörden erläutern, Sinn und Zweck des dänischen Erlasses über industrielle Treibhausgase liege darin, die Verwendung und somit die Emission industrieller Treibhausgase so weit wie möglich einzuschränken, um auf diesem Wege zur Reduzierung der dänischen Gesamtemissionen beizutragen und den internationalen Verpflichtungen Dänemarks nachzukommen. Die dänischen Behörden sind der Auffassung, dass das ehrgeizige Ziel der THG-Emissionsreduzierung, das sich Dänemark in Anwendung der Entscheidung 2002/358/EG gesetzt hat, eine konzertierte Aktion erfordert, damit jede einzelne THG-Emissionsquelle unter Kontrolle gebracht werden kann.

(33)

HFC werden in Dänemark hauptsächlich als Kühlflüssigkeit in Kühlaggregaten, PFC überhaupt nicht mehr verwendet. SF6 wurde bisher in schallsicherem Isolierglas und in elektrischen Schaltanlagen verwendet. Heutzutage ist seine Verwendung auf letztere beschränkt, und es werden jährlich nur wenige Tonnen benötigt.

(34)

In ihrer Mitteilung beziehen sich die dänischen Behörden auf Projektionen, wonach sich der Emissionspegel ohne weitere Regulierung bis 2010 verdoppelt, was 0,5- 0,7 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent mehr ausmacht, als dies bei den mitgeteilten Rechtsvorschriften der Fall wäre.

(35)

Die dänischen Behörden weisen darauf hin, dass die mit der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 auf Gemeinschaftsebene eingeführten Grundsätze zur Emissionsreduzierung durch Verwendungsbeschränkung schon seit über 50 Jahren in der dänischen Gesetzgebung verankert sind und seit dieser Zeit auf Anwendungen, bei denen F-Gase zum Einsatz kommen, angewandt werden, und dass daher in Dänemark kaum mit weiteren Reduktionen zu rechnen sei.

(36)

In seiner Mitteilung gibt Dänemark einen kurzen Überblick über einige der Anwendungsbereiche, für die alternative Lösungen entwickelt wurden und die daher unter die dänische Regelung fallen. Dänemark geht davon aus, dass Alternativen zu industriellen Treibhausgasen in Anwendungen, die seit dem 1. Januar 2006 verboten sind oder ab dem 1. Januar 2007 verboten sein werden, vorhanden sind.

(37)

Das allgemeine Einfuhr-, Verkaufs- und Verwendungsverbot für neue Erzeugnisse, die die betreffenden F-Gase enthalten, geht mit einer Ausnahmeregelung einher, die in Anhang I des Erlasses festgelegt ist und eine Reihe sehr spezifischer Anwendungen betrifft. Die Regelung basiert (für eine Reihe gängiger Anwendungen) auf der Menge der in dem jeweiligen System verwendeten Treibhausgase, wodurch beispielsweise Kühlaggregate, Wärmepumpen oder Klimaanlagen mit Lasten zwischen 0,15 kg und 10 kg sowie Kühlsysteme zur Wärmerückgewinnung mit einer Last von weniger oder gleich 50 kg freigestellt werden. Erzeugnisse für Schiffe und militärische Verwendung sowie die Verwendung von SF6 in Hochspannungsanlagen sind ebenfalls freigestellt.

(38)

Über die genannten Ausnahmen hinaus sieht der dänische Erlass für „ganz besondere Fälle“ eine Ausnahme von dem allgemeinen Verbot vor, um zu verhindern, dass das Verbot in besonderen Fällen unverhältnismäßig schwere Auswirkungen zeitigt (so in Fällen, die zum Zeitpunkt der Annahme des Erlasses nicht absehbar waren, in besonderen Situationen, in denen die Installation von Kühlaggregaten auf Basis von HFC-Alternativen dem Installateur/Besitzer außergewöhnliche und unsinnige zusätzliche Kosten verursachen würde, oder in Situationen, in denen die gesamten in Kohlendioxidäquivalent umgesetzten THG-Emissionen bei einem System auf Basis von F-Gasen nachweislich geringer wären).

(39)

Die Ausnahmeregelung soll so angewandt werden, dass die durch das Verbot erwartete Verbesserung der Umwelt aus einer umweltpolitischen Gesamtperspektive, einschließlich aus energietechnischer Sicht, auf bestmögliche und wirksamste Weise, erreicht wird.

(40)

Gemäß Artikel 8 des Gesetzes Nr. 21 vom 16. Januar 1996 über chemische Stoffe und Produkte gilt das Verbot nicht für die Einfuhr, die Herstellung und den Verkauf von Erzeugnissen, die ausschließlich zur Ausfuhr bestimmt sind.

(41)

Das Verbot gilt außerdem nicht für die Einfuhr von industriellen Treibhausgasen, die zur Herstellung eines zur Ausfuhr bestimmten Erzeugnisses verwendet werden sollen.

(42)

Die dänische Regierung ist der Auffassung, dass der Sinn des Erlasses darin liegt, die Umwelt zu schützen, und dass er zur Vermeidung und Reduzierung von Emissionen fluorierter Gase notwendig und angemessen ist. Insofern sei er mit dem Vertrag vereinbar.

2.2.2.   Bewertung des dänischen Standpunkts

(43)

Nach Prüfung der von Dänemark übermittelten Informationen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der Antrag auf Beibehaltung von Vorschriften, die strenger sind als die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, aus folgenden Gründen als mit dem Vertrag vereinbar angesehen werden kann:

2.2.2.1.   Der Umweltgesichtspunkt:

(44)

Der Erlass ist Teil einer breiter angelegten Strategie Dänemarks, das im Rahmen des Kyoto-Protokolls und der anschließend auf Gemeinschaftsebene getroffenen Lastenteilungsvereinbarung gesteckte Emissionsreduktionsziel zu erreichen. Im Rahmen einer solchen Gemeinschaftsregelung wird Dänemark seine THG-Emissionen im Handelszeitraum 2008-2012 gemessen am Basisjahr 1990 um 21 % reduzieren.

(45)

Dänemark verwirklicht demnach eine alle THG-Emissionsquellen umfassende Klimastrategie, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Maßnahmen für F-Gase sind daher Teil der Gesamtstrategie zur Erfüllung der genannten Verpflichtungen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich, wenn keine weitere Regulierung stattfindet, F-Gasemissionen angesichts der zunehmenden Verwendung von Kühlsystemen, aber auch infolge des bevorstehenden Auslaufes von HCFC zu Kühlungszwecken im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 2037/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (5), bis 2010 schätzungsweise verdoppeln werden.

(46)

Es wird davon ausgegangen, dass F-Gasemissionen im Zuge der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 gemeinschaftsweit stark reduziert werden, vor allem in den Mitgliedstaaten, in denen es bisher keine angemessene Regelung zur Reduzierung von F-Gasemissionen gab, und zwar hauptsächlich durch Maßnahmen zur weiteren Einschränkung und Rückgewinnung von F-Gasen, die in bestimmten Anwendungen zum Einsatz kommen. Der dänische Gesetzgeber hatte jedoch bereits vergleichbare Vorschriften (Maßnahmen zur Verwendungsbeschränkung, insbesondere auf Basis obligatorischer Ausbildungsprogramme und regelmäßiger Leckage-Kontrollen) vor über 50 Jahren eingeführt, die anschließend auf Anwendungen, bei denen F-Gase zum Einsatz kommen, angewandt wurden, und daher ist in Dänemark kaum mit weiteren Reduktionen zu rechnen, die der erwarteten Zunahme von F-Gasemissionen entgegen wirken könnten.

(47)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass der von Dänemark angeführte Umweltgesichtspunkt, namentlich die Reduzierung und Vermeidung von Emissionen fluorierter Gase, stichhaltig ist.

2.2.2.2.   Relevanz und Angemessenheit des dänischen Erlasses gemessen am Ziel der weiteren Reduzierung fluorierter Treibhausgase:

(48)

In diesem Zusammenhang und zur weiteren Reduzierung und Vermeidung von Emissionen fluorierter Gase hat Dänemark bereits 2002 beschlossen, das Inverkehrbringen neuer Ausrüstungen auf der Grundlage von Untersuchungen zur Kontrolle insbesondere der Existenz und Verfügbarkeit F-gasfreier Alternativen selektiv zu verbieten.

(49)

Ausgehend von diesen Untersuchungen wird mit dem Erlass ab 1. Januar 2006 ein allgemeines Einfuhr-, Verkaufs- und Verwendungsverbot für F-Gase enthaltende neue Erzeugnisse eingeführt, mit einer ganzen Reihe automatischer oder unter bestimmten Bedingungen möglicher Abweichungen und Ausnahmen für bestimmte Erzeugnisse und Ausrüstungen, die es auch ermöglichen, die Verbotsfristen vorzuziehen bzw. hinauszuzögern. Anhang I des Erlasses enthält eine besondere Ausnahmeregelung für eine Reihe hoch spezifischer Anwendungen (wie medizinische Aerosole und Laborausrüstungen) sowie einige gängigere Anwendungen, wobei die Menge der im jeweiligen System verwendeten fluorierten Gase zugrunde gelegt wird; demnach kommen für eine Ausnahmeregelung Kühlaggregate, Wärmepumpen oder Klimaanlagen mit Lasten zwischen 0,15 kg und 10 kg sowie Kühlsysteme zur Wärmerückgewinnung mit einer Last von weniger oder gleich 50 kg in Frage. Produkte für Schiffe oder für militärische Verwendung und die Verwendung von SF6 in Hochspannungsanlagen fallen ebenfalls darunter.

(50)

Darüber hinaus sieht der Erlass vor, dass Ausnahmen in „ganz besonderen Fällen“ auch von der dänischen Umweltbehörde gewährt werden können, so in Fällen, die bei Annahme des Erlasses nicht absehbar waren, in Situationen, in denen Alternativen weder vorhanden noch realisierbar sind, oder wenn sich herausstellt, dass der Gesamtumfang der in Kohlendioxidäquivalent umgerechneten Treibhausgasemissionen (einschließlich „indirekter Emissionen“ infolge des Energieverbrauchs) bei einem F-Gas-System nachweislich niedriger ist.

(51)

Das von der Umweltbehörde anzuwendende Verfahren ist genau festgelegt, ebenso wie die Kriterien, nach denen die Entscheidung zur Gewährung oder Ablehnung einer Ausnahmeregelung getroffen wird. Diese Kriterien tragen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung.

(52)

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der dänische Erlass die Verwendung von F-Gasen zur Wartung und Instandhaltung existierender Ausrüstungen zulässt, um zu verhindern, dass Geräte nicht unnötig ausgemustert werden.

(53)

Obgleich sich der Erlass auf den freien Warenverkehr in der Gemeinschaft auswirkt, gelangt die Kommission nach der vorstehenden Analyse dennoch zu dem Schluss, dass er aus umweltpolitischer Sicht gerechtfertigt ist und den Auswirkungen der vorgesehenen Verbote auf den Binnenmarkt Rechnung trägt, und die Möglichkeit besteht, in Einzelfällen Ausnahmen zu gewähren.

(54)

Es sollte ferner darauf hingewiesen werden, dass Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 die Beibehaltung nationaler Vorschriften nur bis 31. Dezember 2012 gestattet. Daraus folgt, dass der Erlass, nicht zuletzt, weil das Königreich Dänemark in seiner Mitteilung auf diesen Artikel der Verordnung Bezug genommen hat, von begrenzter Laufzeit ist.

2.3.   Keine willkürliche Diskriminierung/verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

(55)

Gemäß Artikel 95 Absatz 6 EG-Vertrag billigt die Kommission die nationalen Vorschriften oder lehnt sie ab, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.

(56)

Es wird daran erinnert, dass Anträge gemäß Artikel 95 Absatz 4 EG-Vertrag unter den Bedingungen sowohl von Absatz 4 und von Absatz 6 dieses Artikels geprüft werden müssen. Ist eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, so ist der Antrag abzulehnen, ohne dass die Erfüllung der anderen Bedingungen überprüft werden muss.

(57)

Die mitgeteilten nationalen Vorschriften sind allgemeiner Art und betreffen sowohl einheimische als auch eingeführte Erzeugnisse. Es gibt keinen Beweis dafür, dass die mitgeteilten nationalen Vorschriften als Mittel zur willkürlichen Diskriminierung zwischen Wirtschaftsteilnehmern in der Gemeinschaft verwendet werden können.

(58)

Ziel des Erlasses ist der Umweltschutz, und es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass er von seiner Zielsetzung her oder im Zuge seiner Umsetzung einer willkürlichen Diskriminierung und verschleierten Beschränkung des Handels Vorschub leistet.

(59)

Angesichts der Umweltgefährdung durch bestimmte F-Gase ist die Kommission der Auffassung, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die von den dänischen Behörden mitgeteilten nationalen Vorschriften das Funktionieren des Binnenmarktes, was die verfolgten Ziele anbelangt, unverhältnismäßig behindern.

III.   SCHLUSSFOLGERUNG

(60)

Im Lichte der obigen Erwägungen und unter Berücksichtigung der von den Mitgliedstaaten und anderer dritter Parteien übermittelten Bemerkungen zu der Mitteilung der dänischen Behörden ist die Kommission der Auffassung, dass der Antrag Dänemarks vom 2. Juni 2006, nationale Vorschriften, die in Bezug auf das Inverkehrbringen von Erzeugnissen und Einrichtungen, die F-Gase enthalten oder zu ihrem Funktionieren benötigen, strenger sind als die Regelung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, bis 31. Dezember 2012 beizubehalten, zulässig ist.

Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass die nationalen Vorschriften

Umweltschutzerfordernissen gerecht werden,

der Existenz sowie der technischen und wirtschaftlichen Verfügbarkeit von Alternativen zu in Dänemark verbotenen Anwendungen Rechnung tragen und die wirtschaftlichen Auswirkungen begrenzt sein dürften,

kein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung darstellen,

keine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und

somit mit dem Vertrag vereinbar sind.

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Vorschriften genehmigt werden können —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die der Kommission mit Schreiben vom 2. Juni 2006 vom Königreich Dänemark mitgeteilten nationalen Vorschriften für bestimmte fluorierte Treibhausgase, die in Bezug auf das Inverkehrbringen von Erzeugnissen und Einrichtungen, die F-Gase enthalten oder zu ihrem Funktionieren benötigen, strenger sind als die diesbezüglichen Auflagen der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, werden hiermit genehmigt. Das Königreich Dänemark wird ermächtigt, die genannten Vorschriften bis 31. Dezember 2012 beizubehalten.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an das Königreich Dänemark gerichtet.

Brüssel, den 8. Dezember 2006

Für die Kommission

Stavros DIMAS

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 161 vom 16.4.2006, S. 1.

(2)  ABl. C 228 vom 22.9.2006, S. 4.

(3)  Siehe Mitteilung der Kommission zu Artikel 95 (Absätze 4, 5 und 6) des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (KOM(2002) 760 endg. vom 23.12.2002), insbesondere Absatz 13.

(4)  ABl. L 130 vom 15.5.2002, S. 1.

(5)  ABl. L 244 vom 29.9.2000, S. 1.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/135


BESCHLUSS Nr. 2/2006

vom 13. Dezember 2006

des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung eingesetzten Ausschusses betreffend die Aufnahme einer Konformitätsbewertungsstelle in das sektorale Kapitel „Persönliche Schutzausrüstungen“

(2007/63/EG)

DER AUSSCHUSS —

gestützt auf das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, insbesondere auf Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe a und Artikel 11,

in der Erwägung, dass für die Aufnahme von Konformitätsbewertungsstellen in die Liste eines sektoralen Kapitels in Anhang 1 des Abkommens ein Beschluss des Ausschusses erforderlich ist —

BESCHLIESST:

1.

Die Konformitätsbewertungsstelle nach Anlage A wird in die Liste der schweizerischen Konformitätsbewertungsstellen im sektoralen Kapitel „Persönliche Schutzausrüstungen“ in Anhang 1 des Abkommens aufgenommen.

2.

Die Listung der in der Anlage A aufgeführten Konformitätsbewertungsstelle erstreckt sich auf die von den Vertragsparteien vereinbarten Produkte und Konformitätsbewertungsverfahren; über die Erstreckung befinden im Weiteren die Parteien.

Dieser Beschluss wird in zwei Urschriften von den Vertretern des Ausschusses unterzeichnet, die bevollmächtigt sind, für die Zwecke der Änderung des Abkommens im Namen der Vertragsparteien zu handeln. Er tritt an dem Tag in Kraft, an dem er von der letzten Vertragspartei unterzeichnet wird.

Unterzeichnet in Bern am 22. November 2006

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft

Heinz HERTIG

Unterzeichnet in Brüssel am 13. Dezember 2006

Im Namen der Europäischen Gemeinschaft

Andra KOKE


ANLAGE A

Schweizerische Konformitätsbewertungsstelle, die in die Liste der schweizerischen Konformitätsbewertungsstellen im sektoralen Kapitel „Persönliche Schutzausrüstungen“ in Anhang 1 des Abkommens aufgenommen wird.

TESTEX

Gotthardstrasse 61

8027 Zurich

Schweiz

Herr Adrian Meili

Tel.: + 41 (0) 44 206 42 42

Telecopieur: + 41 (0) 44 206 42 30

E-mail: zuerich@testex.ch


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/137


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 15. Dezember 2006

zur Festlegung revidierter Umweltkriterien sowie der diesbezüglichen Beurteilungs- und Prüfanforderungen für die Vergabe des gemeinschaftlichen Umweltzeichens für Kultursubstrate

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6962)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/64/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1980/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Revision des gemeinschaftlichen Systems zur Vergabe eines Umweltzeichens (1), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 2,

nach Anhörung des Ausschusses für das Umweltzeichen der Europäischen Union,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1980/2000 wurde rechtzeitig eine Überprüfung der in der Entscheidung 2001/688/EG (2) festgelegten Umweltkriterien sowie der Beurteilungs- und Prüfanforderungen für die Vergabe des gemeinschaftlichen Umweltzeichens für Bodenverbesserer und Kultursubstrate vorgenommen.

(2)

Infolge dieser Überprüfung wurde die Produktgruppe in zwei gesonderte Produktgruppen unterteilt und die Entscheidung 2006/799/EG über Bodenverbesserer angenommen. Mit dieser Entscheidung wurde die Entscheidung 2001/688/EG in Bezug auf Bodenverbesserer ersetzt.

(3)

Es ist jedoch auch notwendig, die Entscheidung 2001/688/EG in Bezug auf Kultursubstrate zu ändern.

(4)

Aufgrund des Ergebnisses der Überprüfung empfiehlt es sich, zur Berücksichtigung der Entwicklungen in Wissenschaft und Wirtschaft die Kriterien und Anforderungen in Bezug auf Kultursubstrate, deren Geltungsdauer am 28. August 2007 ausläuft, zu revidieren.

(5)

Die revidierten Umweltkriterien und Anforderungen sollten für einen Zeitraum von vier Jahren gelten.

(6)

Erzeugern, die das Umweltzeichen vor dem 1. Oktober 2006 erhalten oder das Umweltzeichen vor diesem Zeitpunkt beantragt haben, sollte ein Übergangszeitraum von höchstens 18 Monaten eingeräumt werden, damit sie genügend Zeit haben, um ihre Produkte an die revidierten Kriterien und Anforderungen anzupassen.

(7)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des nach Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1980/2000 eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Produktgruppe „Kultursubstrate“ umfasst andere Stoffe als Boden (in situ), in denen Pflanzen gezogen werden.

Artikel 2

Um das gemeinschaftliche Umweltzeichen für Kultursubstrate gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1980/2000 zu erhalten, muss ein Produkt der Produktgruppe „Kultursubstrate“ gemäß Artikel 1 angehören und den im Anhang dieser Entscheidung festgelegten Umweltkriterien entsprechen.

Artikel 3

Die Umweltleistung der Produktgruppe „Kultursubstrate“ wird anhand der speziellen, im Anhang festgelegten Umweltkriterien beurteilt.

Artikel 4

Zu verwaltungstechnischen Zwecken erhält die Produktgruppe „Kultursubstrate“ den Produktgruppenschlüssel „029“

Artikel 5

Umweltzeichen, die vor dem 1. Oktober 2006 für Produkte der Produktgruppe „Bodenverbesserer und Kultursubstrate“ vergeben wurden, können bis zum 30. April 2008 weiter verwendet werden.

Wurde für Produkte der Produktgruppe „Bodenverbesserer und Kultursubstrate“ das Umweltzeichen vor dem 1. Oktober 2006 beantragt, so können diese Produkte das Umweltzeichen unter den bis zum 28. August 2007 geltenden Bedingungen erhalten. In diesem Fall kann das Umweltzeichen bis zum 30. April 2008 verwendet werden.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 15. Dezember 2006

Für die Kommission

Stavros DIMAS

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 237 vom 21.9.2000, S. 1.

(2)  ABl. L 242 vom 12.9.2001, S. 17. Entscheidung zuletzt geändert durch die Entscheidung 2005/384/EG. (ABl. L 127 vom 12.5.2005, S. 20).


ANHANG

RAHMENBESTIMMUNGEN

Prüfungen und Probenahmen erfolgen gegebenenfalls gemäß dem vom Technischen Ausschuss entwickelten Prüfverfahren CEN 223 („Soil improvers and growing media“), bis entsprechende, unter der Leitung der CEN-Task Force 151 „Horizontal“ erarbeitete Normen vorliegen.

Die Probenahme erfolgt nach den vom CEN/TC 223 (Arbeitsgruppe 3) festgelegten und von CEN in der Norm EN 1259 „Soil Improvers and Growing Media — Sampling“ genau ausgeführten und genehmigten Verfahren. Sind Prüfungen oder Probenahmen erforderlich, die nicht unter die genannten Verfahren fallen, so teilt (teilen) die zuständige(n) Stelle(n), die den Antrag prüft (prüfen) (im Folgenden „zuständige Stelle“) mit, welche Prüf- und/oder Probenahmeverfahren sie zulässt (zulassen).

Gegebenenfalls können andere Prüfmethoden angewandt werden, wenn die zuständige Stelle sie für gleichwertig erachtet. Werden keine Prüfungen erwähnt oder sind sie zu Prüfungs- oder Überwachungszwecken angegeben, so sollten sich die zuständigen Stellen gegebenenfalls auf Erklärungen oder Unterlagen des Antragstellers oder auf unabhängige Prüfungen stützen.

Den zuständigen Stellen wird empfohlen, die Umsetzung anerkannter Umweltmanagementsysteme wie EMAS oder ISO 14001 zu berücksichtigen, wenn sie Anträge prüfen oder die Einhaltung der in diesem Anhang festgelegten Kriterien überwachen. (Anmerkung: Es besteht keine Pflicht zur Umsetzung solcher Konzepte.)

Diese Kriterien haben insbesondere Folgendes zum Ziel:

Verwendung erneuerbarer Stoffe und/oder stoffliche Verwertung organischer Stoffe durch die Sammlung und/oder Verarbeitung von Abfällen und somit Beitrag zur Minimierung der Menge fester Abfälle bei der endgültigen Entsorgung (z. B. auf Deponien);

Minimierung der Umweltauswirkungen bei Gewinnung und Erzeugung nicht erneuerbarer Stoffe.

Die Kriterien sind so festgelegt, dass die Kennzeichnung von Kultursubstraten gefördert wird, die die Umwelt während ihres ganzen Lebenszyklus weniger schädigen.

UMWELTKRITERIEN

1.   Inhaltsstoffe

Folgende Inhaltsstoffe sind zulässig:

1.1.   Organische Inhaltsstoffe

Ein Produkt kommt nur dann für die Vergabe des Umweltzeichens infrage, wenn es keinen Torf enthält und sein Anteil an organischen Stoffen aus der Verarbeitung oder Wiederverwendung von Abfällen (gemäß der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle (1) und in Anhang I der genannten Richtlinie) stammt.

Der Antragsteller teilt der zuständigen Stelle die genaue Zusammensetzung des Produkts mit und legt ihr eine Erklärung über die Erfüllung der genannten Anforderung vor.

1.2.   Schlämme

Die Produkte dürfen keinen Klärschlamm enthalten. (Klärschlammfreie) Schlämme sind nur dann zulässig, wenn sie folgende Kriterien erfüllen:

Als Schlämme im Sinne des Abfallverzeichnisses (gemäß der Entscheidung 2001/118/EG der Kommission zur Änderung der Entscheidung 2000/532/EG (2) gelten folgende Abfälle:

02 03 05

Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung, die bei der Zubereitung und Verarbeitung von Obst, Gemüse, Getreide, Speiseölen, Kakao, Kaffee, Tee und Tabak, aus der Konservenherstellung, der Herstellung von Hefe und Hefeextrakt sowie der Zubereitung und Fermentierung von Melasse entstehen.

02 04 03

Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung, die bei der Herstellung von Zucker entstehen.

02 05 02

Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung, die bei der Milchverarbeitung entstehen.

02 06 03

Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung, die bei der Herstellung von Back- und Süßwaren entstehen.

02 07 05

Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung, die bei der Herstellung von alkoholischen und alkoholfreien Getränken (ohne Kaffee, Tee oder Kakao) entstehen.

Schlämme werden jeweils an der Quelle getrennt, wurden also nicht mit Abwässern oder Schlämmen vermischt, die außerhalb des speziellen Produktionsprozesses entstanden.

Die Höchstkonzentrationen an Schwermetallen im Abfall vor der Behandlung (mg/kg Trockengewicht) entsprechen dem Kriterium 2.

Schlämme müssen allen anderen in diesem Anhang genannten Kriterien für die Vergabe des Umweltzeichens entsprechen; in diesem Fall sind sie als ausreichend stabilisiert und gereinigt anzusehen.

Der Antragsteller teilt der zuständigen Stelle die genaue Zusammensetzung des Produkts mit und legt ihr eine Erklärung über die Erfüllung aller genannten Anforderungen vor.

1.3.   Mineralstoffe

An folgenden Orten dürfen Mineralstoffe nicht abgebaut werden:

notifizierten Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (3);

Gebieten des Netzwerks Natura 2000, das zusammen aus den besonderen Schutzgebieten gemäß der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten und den Gebieten gemäß der Richtlinie 92/43/EWG besteht oder gleichwertigen Gebieten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft, die unter die entsprechende Bestimmungen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt fallen.

Der Antragsteller legt der zuständigen Stelle eine von den betreffenden Behörden erteilte Bescheinigung über die Erfüllung dieser Anforderung vor.

2.   Grenzwerte für gefährliche Stoffe

In den organischen Bestandteilen des Kultursubstrats muss der Gehalt an folgenden Elementen, gemessen in Trockenmasse, unter den nachstehend aufgeführten Werten liegen:

Element

mg/kg (Trockenmasse)

Zn

300

Cu

100

Ni

50

Cd

1

Pb

100

Hg

1

Cr

100

Mo (*1)

2

Se (*1)

1.5

As (*1)

10

F (*1)

200

Anmerkung: Diese Grenzwerte gelten nur, wenn die innerstaatlichen Rechtsvorschriften keine strengeren Grenzwerte vorsehen.

Der Antragsteller legt der zuständigen Stelle die einschlägigen Prüfberichte und eine Erklärung über die Erfüllung dieser Anforderung vor.

3.   Wirkungsgrad des Produkts

Die Produkte dürfen das Keimen und anschließende Wachstum der Pflanzen nicht nachteilig beeinflussen.

Der Antragsteller legt der zuständigen Stelle die einschlägigen Prüfberichte und eine Erklärung über die Erfüllung dieser Anforderung vor.

4.   Gesundheit und Sicherheit

Bei keinem Produkt dürfen die nachstehend aufgeführten Höchstmengen an primären Krankheitserregern überschritten werden:

Salmonellen: keine in 25 g;

Wurmeier: keine in 1,5 g. (4)

E. Coli: <1 000 MPN/g (MPN: wahrscheinlichste Anzahl) (5)

Der Antragsteller legt der zuständigen Stelle die einschlägigen Prüfberichte und Unterlagen sowie eine Erklärung über die Erfüllung dieser Anforderungen vor.

5.   Keimfähige Samen/Fortpflannzungskeime

Im Endprodukt darf der Gehalt an Unkrautsamen oder sich vermehrenden Pflanzenteilen von wucherndem Unkraut 2 Einheiten pro Liter nicht überschreiten.

Der Antragsteller legt der zuständigen Behörde eine Erklärung über die Erfüllung dieser Anforderungen sowie einschlägige Prüfberichte und/oder Unterlagen vor.

6.   Sonstige Kriterien

a)

Die elektrische Leitfähigkeit der Produkte darf 1,5 dS/m nicht überschreiten.

b)

Nur für mineralische Kultursubstrate:

Im Falle größerer gewerblicher Anbieter (also wenn der jährliche Umsatz auf dem betreffenden gewerblichen Absatzmarkt in einem Land mehr als 30 000 m3 beträgt) informiert der Antragsteller den Anwender umfassend über die Möglichkeiten der Beseitigung und Verarbeitung der Kultursubstrate nach der Anwendung. Diese Information ist in die begleitenden Datenblätter aufzunehmen.

Der Antragsteller teilt der zuständigen Stelle mit, welche Möglichkeit(en) zur Verfügung steht (stehen) und wie er von diesen Möglichkeiten Gebrauch macht, insbesondere:

eine Beschreibung der Sammlung, Verarbeitung und der Verwendungszwecke. In jedem Fall sollten Kunststoffe von Mineral- bzw. organischen Stoffen getrennt und gesondert verarbeitet werden;

eine jährliche Übersicht über die gesammelten (Eingang) und verarbeiteten Kultursubstrate (nach Verwendungszweck aufgeschlüsselt).

Der Antragsteller muss nachweisen, dass mindestens 50 % der Kultursubstratabfälle nach der Verwendung stofflich verwertet wurden.

7.   Dem Produkt beiliegende Informationen

Allgemeine Information:

Folgende Informationen sind dem Produkt entweder auf der Verpackung oder auf einem begleitenden Informationsblatt beizufügen:

a)

Name und Anschrift der für den Vertrieb verantwortlichen Stelle;

b)

Produkttypbezeichnung, einschließlich der Angabe „KULTURSUBSTRAT“;

c)

Nummer der Herstellungscharge;

d)

Menge (Gewicht oder Volumen);

e)

Hauptausgangsstoffe (mit Anteil über 5 Vol.- %), aus denen das Produkt hergestellt wurde;

Gegebenenfalls müssen folgende Informationen über die Verwendung des Produkts durch Angabe auf der Verpackung oder auf einem begleitenden Informationsblatt bereitgestellt werden:

a)

empfohlene Lagerungsbedingungen und Mindesthaltbarkeitsdatum;

b)

Leitlinien für eine sichere Handhabung;

c)

Beschreibung des Verwendungszwecks, für den das Produkt bestimmt ist, und gegebenenfalls Verwendungseinschränkungen;

d)

Angabe einer besonderen Eignung des Produkts für bestimmte Gruppen von Pflanzen (z. B. kalkliebende oder kalkmeidende Pflanzen);

e)

pH-Wert und Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C:N);

f)

Erklärung über die Stabilität der organischen Stoffe (stabil oder sehr stabil) nach nationalen oder internationalen Normen;

g)

empfohlene Verwendungsformen;

h)

bei Verwendung in der Freizeitgärtnerei: empfohlene Verwendungshäufigkeit in kg oder l des Produkts je Flächeneinheit (m2) und Jahr;

Das Fehlen einer oder mehrer dieser Informationen ist nur dann zulässig, wenn dies vom Antragsteller ausreichend begründet wird.

Anmerkung: Diese Informationen werden bereitgestellt, sofern die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nichts anderes vorsehen.

Ausführliche Informationen

Parameter

Prüfverfahren

Mengenbestimmungen

EN 12580

pH-Wert

EN 13037

Elektrische Leitfähigkeit

EN 13038

Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C:N)

C/N (*2)

Schwermetalle (Cd, Cr, Cu, Pb, Ni, Zn)

EN 13650

Quecksilber (Hg)

ISO 16772

Salmonellen

ISO 6579

Wurmeier

prXP X 33-017

E. Coli

ISO 11866-3

8.   Für das Umweltzeichen vorgeschriebene Angaben

Kästchen 2 des Umweltzeichens muss folgenden Text enthalten:

fördert das Recycling von Stoffen;

fördert die Verwendung von Erzeugnissen, die in nachhaltigerer Weise hergestellt wurden, und vermindert so die Schädigung der Umwelt.


(1)  ABl. L 194 vom 25.7.1975, S. 39.

(2)  ABl. L 47 vom 16.2.2001, S. 1.

(3)  ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7.

(*1)  Daten über den Nachweis dieser Elemente sind nur für Produkte erforderlich, die Stoffe aus industriellen Verfahren enthalten.

(4)  Für Erzeugnisse, deren organische Bestandteile nicht ausschließlich von ökologischen, Garten- oder Parkabfällen stammen.

(5)  Für Erzeugnisse, deren organische Bestandteile ausschließlich von ökologischen, Garten- oder Parkabfällen stammen.

(*2)  Kohlenstoff = Organische Stoffe (EN 13039) × 0,58, Gesamtstickstoff: prEN 13654/1-2.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/144


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 15. Dezember 2006

über Standard-Sicherheitsmaßnahmen und Alarmstufen der Kommission sowie zur Änderung ihrer Geschäftsordnung im Hinblick auf operationelle Verfahren für das Krisenmanagement

(2007/65/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 218 Absatz 2,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 131,

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 28 Absatz 1 und Artikel 41 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Es ist angebracht, dass die Kommission operationelle Verfahren und Maßnahmen zur Bewältigung von Krisen und Notfallsituationen (nachstehend als „Krisensituationen“ bezeichnet) festlegt, um insbesondere sicherzustellen, dass alle Entscheidungen so wirksam und rasch wie möglich getroffen werden können und gleichzeitig unter politischer Kontrolle bleiben.

(2)

Die Kommission muss eine operationelle Struktur für die Krisenbewältigung festlegen.

(3)

Unter anderem müssen Verfahren und Maßnahmen für die Sicherheitsaspekte einer Krisensituation festgelegt werden. Im Interesse der Klarheit sollten die Verfahren und Maßnahmen, die unter normalen Sicherheitsbedingungen Anwendung finden, ebenfalls spezifiziert werden.

(4)

Zu einem guten Krisenmanagement gehört die Möglichkeit, die Bediensteten rasch über die Art der Bedrohung und über zu ergreifende Schutzmaßnahmen zu informieren.

(5)

Die gängige Praxis in den Mitgliedstaaten und anderen internationalen Organisationen zeigt, dass die Einrichtung eines Alarmstufensystems die wirksamste Möglichkeit ist, um sicherzustellen, dass geeignete und verhältnismäßige Sicherheitsmaßnahmen entsprechend der Risikoeinschätzung ergriffen werden. Daher sollte ein System mit Standard-Sicherheitsmaßnahmen und drei Alarmstufen eingerichtet werden. Es muss in allen Gebäuden der Kommission gelten.

(6)

Die Sicherheitsbestimmungen der Kommission, die ihrer Geschäftsordnung durch den Beschluss 2001/844/EG, EGKS, Euratom der Kommission (1) im Anhang hinzugefügt wurden, sehen vor, dass ein Kommissionsmitglied für Sicherheitsfragen und die Umsetzung der Sicherheitspolitik der Kommission zuständig ist.

(7)

Zu den in Abschnitt 2 des Anhangs festgelegten allgemeinen Grundsätzen zählen Legalität, Transparenz, Rechenschaftspflicht und Subsidiarität (Verhältnismäßigkeit), die gleichermaßen für das Krisenmanagement gelten.

(8)

Die Befugnisübertragung innerhalb der Kommission und die besondere Situation der Delegationen der Gemeinschaft in Drittländern erfordern besondere Verfahren und unterschiedliche Arten von Maßnahmen, die davon abhängen, ob die Sicherheitsmaßnahmen Kommissionsgebäude in den Mitgliedstaaten oder in Drittländern betreffen.

(9)

Nach dem Grundsatz der Kontinuität des öffentlichen Dienstes sollte die Kommission in der Lage sein, unter allen Umständen die Aufgaben auszuführen, mit denen sie kraft der Verträge betraut ist. Daher sollte der Kommissionspräsident bei außergewöhnlichen und unvorhergesehenen Ereignissen, die es der Kommission unmöglich machen, gemäß ihrer Geschäftsordnung im schriftlichen oder mündlichen Verfahren Beschlüsse als Kollegium zu fassen (2), über außerordentliche Entscheidungsbefugnisse verfügen, um Maßnahmen zu ergreifen, die in der besonderen Situation als dringend und notwendig erachtet werden.

(10)

Die ihrer Geschäftsordnung per Beschluss 2003/246/EG, Euratom der Kommission (3) als Anhang beigefügten Vorschriften der Kommission über operationelle Verfahren für das Krisenmanagement sind daher entsprechend zu ändern. Aus Gründen der Klarheit sind sie durch den vorliegenden Beschluss zu ersetzen —

BESCHLIESST:

Artikel 1

(1)   Das Krisenmanagementsystem wird von dem in Absatz 2 genannten Krisenstab verwaltet. Er wird von einer Einsatzgruppe und einem Beobachtungsteam unterstützt, die vom Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission eingerichtet werden.

(2)   Der Krisenstab tritt unter dem Vorsitz des stellvertretenden Generalsekretärs zusammen. Er setzt sich zusammen aus einem Mitglied des Kabinetts des Präsidenten und des für Sicherheitsfragen zuständigen Kommissionsmitglieds, dem Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission, den Generaldirektoren des Juristischen Dienstes, der Generaldirektion Personal und Verwaltung, der Generaldirektion Haushalt, der Generaldirektion Kommunikation, der Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit, der Generaldirektion Außenbeziehungen, der Generaldirektion Datenverarbeitung sowie weiteren Mitgliedern, die der stellvertretende Generalsekretär je nach Umständen für geeignet hält.

(3)   Tritt außerhalb der Europäischen Union eine Krisensituation ein, so ist ein Mitglied des Kabinetts des für Außenbeziehungen zuständigen Kommissionsmitglieds zu den Sitzungen des Krisenstabes einzuladen.

(4)   Der Krisenstab ist verantwortlich für die Beratung der Kommission, insbesondere des für Sicherheitsfragen zuständigen Kommissionsmitglieds, im Hinblick auf Maßnahmen, die zum Schutz der Bediensteten und der Vermögenswerte der Kommission zu ergreifen sind, und gewährleistet deren Funktionsfähigkeit im Falle einer Krisensituation.

(5)   Der Kommissionspräsident, das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied und jedes weitere von der Krisensituation betroffene Kommissionsmitglied werden vom Leiter des Krisenstabes über die Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

(6)   Ein Bereitschaftsdienst rund um die Uhr mit einer durchgehenden Anwesenheit von mindestens zwei Beamten wird eingerichtet, so dass die Direktion „Sicherheit“ ihren Pflichten nachkommen kann.

Artikel 2

(1)   Innerhalb der Europäischen Union kann das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied den Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission jederzeit anweisen, das Krisenmanagementsystem in Betrieb zu setzen.

(2)   Tritt außerhalb der Europäischen Union eine Krisensituation ein, so wird die Entscheidung, das Krisenmanagementsystem in Betrieb zu setzen, gemeinsam vom für Außenbeziehungen zuständigen Kommissionsmitglied und dem für Sicherheitsfragen zuständigen Kommissionsmitglied getroffen.

Artikel 3

(1)   Damit Entscheidungen rasch genug getroffen werden können, um Kommissionsbedienstete (und deren Gesundheit am Arbeitsplatz), Informationen, Gebäude und andere Vermögenswerte vor einer Bedrohung zu schützen und ihre Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, kommen in Situationen, in denen die Dringlichkeit die üblichen Beschlussfassungsverfahren unmöglich macht, die Absätze 2 und 3 zur Anwendung.

(2)   Tritt innerhalb der Europäischen Union eine Krisensituation ein, so kann das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied die Entscheidungen treffen, die es für notwendig hält, um Bedienstete und Vermögenswerte der Kommission vor einer solchen Bedrohung zu schützen.

In Fällen äußerster Dringlichkeit kann der Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission entsprechend dem ersten Unterabsatz Entscheidungen treffen. Dabei handelt er möglichst in Absprache mit dem Krisenstab. Jede Anwendung dieser Befugnisse wird umgehend dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zur Prüfung und gegebenenfalls Billigung, Änderung oder Aufhebung vorlegt. Der Leiter des Krisenstabs ist gleichzeitig mit dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zu informieren.

(3)   Tritt außerhalb der Europäischen Union eine Krisensituation ein, kann der Leiter einer Vertretung oder Delegation der Kommission in Fällen äußerster Dringlichkeit entsprechend dem ersten Unterabsatz von Absatz 2 Entscheidungen treffen. Die Ausübung dieser Befugnisse ist dem für Außenbeziehungen zuständigen Mitglied der Kommission zu melden, das unverzüglich das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied unterrichtet. Diese Entscheidungen sind von beiden Mitgliedern zu überprüfen und gegebenenfalls zu billigen, zu ändern oder aufzuheben. Der Leiter des Krisenstabs ist gleichzeitig mit dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zu informieren.

(4)   Alle nach diesem Artikel gefassten Beschlüsse werden dem Kollegium auf seiner nächsten Sitzung zur Prüfung und gegebenenfalls Billigung, Änderung oder Aufhebung vorgelegt.

Artikel 4

(1)   Bei außergewöhnlichen und unvorhergesehenen Ereignissen, die es der Kommission unmöglich machen, gemäß Artikel 4 der Geschäftsordnung im schriftlichen oder mündlichen Verfahren in gemeinschaftlichen Sitzungen Beschlüsse zu fassen, kann der Kommissionspräsident im Namen der Kommission eigenverantwortlich Maßnahmen ergreifen, die in der besonderen Krisensituation als dringend und notwendig erachtet werden, um das öffentliche Interesse der Gemeinschaft zu schützen, die rechtlichen Verpflichtungen der Gemeinschaft zu erfüllen und eine unvermeidliche Schädigung der Einrichtungen und Organe der Gemeinschaft, der Mitgliedstaaten oder der Bürger und Unternehmen der Europäischen Union abzuwenden.

(2)   Der Präsident handelt möglichst nach Konsultation der Dienststellen mit einem berechtigten Interesse und der Mitglieder der Kommission, die unbeeinträchtigt ihr Amt ausüben können.

(3)   Alle nach diesem Artikel gefassten Beschlüsse werden der gesamten Kommission zur Prüfung und gegebenenfalls Billigung, Änderung oder Aufhebung vorgelegt, sobald die Kommission wieder im Kollegium arbeiten kann.

Artikel 5

Die Bestimmungen über die Befugnisübertragung gemäß der Geschäftsordnung der Kommission und der Durchführungsbestimmungen gelten entsprechend auch für den vorliegenden Beschluss.

Artikel 6

Ein System mit Standard-Sicherheitsmaßnahmen und drei Alarmstufen wird eingerichtet. Das System und die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen werden im Anhang näher erläutert. Es gilt in allen Gebäuden der Kommission.

Artikel 7

Die ihrer Geschäftsordnung per Beschluss 2003/246/EG, Euratom als Anhang beigefügten Vorschriften der Kommission über operationelle Verfahren für das Krisenmanagement werden aufgehoben.

Artikel 8

Dieser Beschluss gilt unbeschadet der Vorschriften der Kommission zur Einrichtung des allgemeinen Alarmsystems ARGUS, die ihrer Geschäftsordnung durch den Beschluss 2006/25/EG, Euratom der Kommission (4) beigefügt wurden.

Artikel 9

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Er wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Brüssel, den 15. Dezember 2006

Für die Kommission

Siim KALLAS

Vizepräsident


(1)  ABl. L 317 vom 3.12.2001, S. 1. Beschluss zuletzt geändert durch den Beschluss 2006/548/EG (ABl. L 215 vom 5.8.2006, S. 38).

(2)  ABl. L 347 vom 30.12.2005, S. 83.

(3)  ABl. L 92 vom 9.4.2003, S. 14.

(4)  ABl. L 19 vom 24.1.2006, S. 20.


ANHANG

STANDARD-SICHERHEITSMASSNAHMEN UND ALARMSTUFEN

Abschnitt 1

Ein Sicherheitssystem mit Standard-Sicherheitsmaßnahmen und drei Alarmstufen für Bedrohungen gilt für alle Kommissionsgebäude. Die Standard-Sicherheitsmaßnahmen und die Alarmstufen eins bis drei, die ansteigenden Bedrohungsgraden, die in Anlage 1 näher erläutert werden, entsprechen, sind durch die Farbcodes „WEISS“, „GELB“, „ORANGE“ und „ROT“ gekennzeichnet.

Abschnitt 2

Die in den Anlagen 2A und 2B aufgeführten, durch den Farbcode „WEISS“ gekennzeichneten Standard-Sicherheitsmaßnahmen gelten, wenn keine besondere Sicherheitsbedrohung festgestellt wurde.

Die in Anlage 2A zu diesem Anhang aufgeführten Standard-Sicherheitsmaßnahmen gelten in allen Gebäuden der Europäischen Kommission in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Die in Anlage 2B zu diesem Anhang aufgeführten Standard-Sicherheitsmaßnahmen gelten in allen Gebäuden der Europäischen Kommission in Drittländern.

Abschnitt 3

1.

Innerhalb der EU kann der Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission eine höhere Alarmstufe auslösen, um der Einschätzung der Risikolage zu einer bestimmten Zeit bzw. an einem bestimmten Ort Rechnung zu tragen. Er unterrichtet das für die Sicherheit zuständige Kommissionsmitglied und den Leiter des Krisenstabs unverzüglich über seine Maßnahmen und deren Gründe.

Unbeschadet des Abschnitts 4 Absatz 3 Buchstabe a hat das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied folgende Aufgaben. Es entscheidet:

a)

über die Auslösung der Alarmstufen „GELB“, „ORANGE“ oder „ROT“, über die Rückkehr zu einer niedrigeren Alarmstufe und zu den Standard-Sicherheitsmaßnahmen der Stufe „WEISS“;

b)

darüber, welche Maßnahmen der Alarmstufen angewandt werden, um der jeweiligen Sicherheitslage Rechnung zu tragen. Bei diesen Entscheidungen zieht er den Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission zurate.

In Fällen äußerster Dringlichkeit, die die umgehende Auslösung einer Alarmstufe erfordern, trifft der Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission die Entscheidungen gemäß dem voranstehenden Unterabsatz. Er unterrichtet das für die Sicherheit zuständige Kommissionsmitglied und den Leiter des Krisenstabs unverzüglich über seine Maßnahmen und deren Gründe. Nach Möglichkeit berät sich der Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission entsprechend Artikel 1 Absatz 2 dieses Beschlusses mit dem Krisenstab.

2.

Außerhalb der EU kann der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen eine höhere Alarmstufe auslösen, um Situationen vor Ort Rechnung zu tragen. Er unterrichtet umgehend das für Außenbeziehungen zuständige Mitglied der Kommission, das unverzüglich das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied und den Leiter des Krisenstabs über die getroffenen Maßnahmen und deren Gründe unterrichtet.

Unbeschadet des Abschnitts 4 Absatz 3 Buchstabe a entscheidet das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied mit dem für Außenbeziehungen zuständigen Kommissionsmitglied gemeinsam:

a)

über die Auslösung der Alarmstufen „GELB“, „ORANGE“ oder „ROT“ sowie über die Rückkehr zu einer niedrigeren Alarmstufe und zu den Standard-Sicherheitsmaßnahmen der Stufe „WEISS“;

b)

darüber, welche Maßnahmen der Alarmstufen angewandt werden, um der jeweiligen Sicherheitslage Rechnung zu tragen. Bei diesen Entscheidungen ziehen sie den Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission zurate.

In Fällen äußerster Dringlichkeit, die die umgehende Auslösung einer Alarmstufe erfordern, trifft der Leiter einer Vertretung oder Delegation der Kommission die Entscheidungen gemäß Unterabsatz 2. Er unterrichtet umgehend das für Außenbeziehungen zuständige Mitglied der Kommission, das unverzüglich das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied und den Leiter des Krisenstabs über die getroffenen Maßnahmen und deren Gründe unterrichtet.

Abschnitt 4

1.   Die Vertretungen der Kommission auf nationaler oder regionaler Ebene und die EU- Vertretungen bei internationalen Organisationen in den Mitgliedstaaten

a)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission erarbeitet Leitlinien für die Vertretungen der Kommission auf nationaler und regionaler Ebene. Diese Leitlinien werden gemeinsam mit der Generaldirektion Kommunikation bzw. der Generaldirektion Außenbeziehungen unter Berücksichtigung aller Risikoeinschätzungen durch die Direktion „Sicherheit“ der Kommission entwickelt. Für die Umsetzung und Durchsetzung der betreffenden Sicherheitsmaßnahmen ist die Generaldirektion Kommunikation bzw. die Generaldirektion Außenbeziehungen zuständig.

b)

Hält ein Leiter einer Vertretung der Kommission auf nationaler oder regionaler Ebene in den Mitgliedstaaten die Auslösung einer Alarmstufe für notwendig, so stellt er einen entsprechenden Antrag mit Kopie an die Generaldirektion Kommunikation bzw. die Generaldirektion Außenbeziehungen bei der Direktion „Sicherheit“ der Kommission, die die Lage analysiert und den Antrag dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zur Prüfung vorlegt.

c)

In Fällen äußerster Dringlichkeit kann der Leiter einer Vertretung der Kommission auf nationaler oder regionaler Ebene in den Mitgliedstaaten jede für notwendig erachtete Entscheidung treffen, um Bedienstete und Vermögenswerte vor einer Bedrohung zu schützen. Jede Anwendung dieser Befugnisse ist umgehend mit Kopie an die Generaldirektion Kommunikation bzw. die Generaldirektion Außenbeziehungen der Direktion „Sicherheit“ der Kommission zu melden, die die Entscheidung dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zur Prüfung und gegebenenfalls Billigung, Änderung oder Aufhebung vorlegt. Der Leiter des Krisenstabs ist gleichzeitig mit dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zu informieren.

2.   Gemeinsame Forschungsstelle

a)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission erarbeitet Leitlinien für die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission. Diese Leitlinien werden zusammen mit der Gemeinsamen Forschungsstelle unter Berücksichtigung der Risikoeinschätzung durch die Direktion „Sicherheit“ der Kommission entwickelt. Für die Umsetzung und Durchsetzung der betreffenden Sicherheitsmaßnahmen ist die Gemeinsame Forschungsstelle zuständig.

b)

Hält der Leiter der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission die Auslösung einer Alarmstufe für notwendig, so stellt er einen entsprechenden Antrag bei der Direktion „Sicherheit“ der Kommission, die die Lage analysiert und den Antrag dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zur Prüfung vorlegt.

c)

In Fällen äußerster Dringlichkeit kann der Leiter der Gemeinsamen Forschungsstelle jede für notwendig erachtete Entscheidung treffen, um Bedienstete und Vermögenswerte vor einer Bedrohung zu schützen. Jede Anwendung dieser Befugnisse wird umgehend dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zur Prüfung und Billigung, Änderung oder Aufhebung vorlegt. Der Leiter des Krisenstabs ist gleichzeitig mit dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zu informieren.

3.   Delegationen und Vertretungen der Kommission in Drittländern

a)

In Drittländern entscheidet das für Außenbeziehungen zuständige Kommissionsmitglied gemeinsam mit dem für Sicherheitsfragen zuständigen Kommissionsmitglied über die Alarmstufe für jede EU-Delegation.

b)

In Fällen äußerster Dringlichkeit oder in Situationen, in denen es nicht möglich ist, Rücksprache zu halten, kann der Leiter einer Delegation der Kommission jede für notwendig erachtete Entscheidung — einschließlich der vorübergehenden Auslösung einer Alarmstufe — treffen, um Bedienstete und Vermögenswerte vor einer Bedrohung zu schützen. Jede Ausübung dieser Befugnis und jede Änderung der Alarmstufe teilt der Leiter der EU-Delegation umgehend dem für Außenbeziehungen zuständigen Mitglied der Kommission mit, das unverzüglich das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied über die getroffenen Maßnahmen und deren Gründe unterrichtet. Der Leiter des Krisenstabs ist gleichzeitig mit dem für Sicherheitsfragen zuständigen Mitglied der Kommission zu informieren.

c)

Hält der Leiter einer Vertretung oder Delegation der Kommission in einem Drittland in einer Lage, die nicht unter den vorhergehenden Absatz fällt, die Auslösung einer Alarmstufe für notwendig, so wendet er sich an den Generaldirektor der GD Außenbeziehungen, der dem Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission Bericht erstattet. Die Genehmigung zur Auslösung der Alarmstufe wird gemeinsam von dem für Außenbeziehungen zuständigen Kommissionsmitglied und dem für Sicherheitsfragen zuständigen Kommissionsmitglied erteilt.

Anlage 1

ALARMSTUFEN IN DER KOMMISSION

Einführung

Eine Alarmstufe umfasst eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen, die den Bediensteten, der Information, den Gebäuden und anderen Vermögensgegenständen der Kommission einen bestimmten Umfang an Schutz bieten und ihre Funktionsfähigkeit gewährleisten sollen. Diese Sicherheitsmaßnahmen werden entsprechend dem zu- oder abnehmenden Bedrohungsgrad in ihrer Gesamtheit oder einzeln angewandt oder beendet.

Für jede Alarmstufe müssen auf die jeweilige Art der Bedrohung abgestimmte Sicherheitsmaßnahmen festgelegt werden, die die Direktion „Sicherheit“ oder der von der Krisensituation betroffene Delegationsleiter ergreifen muss. Die einzelnen Maßnahmen sind in einem separaten Beschluss aufgeführt.

Die Standard-Sicherheitsmaßnahmen — STUFE „WEISS“

Die Stufe „WEISS“ bedeutet, dass keine erhebliche Bedrohung der Sicherheit festgestellt wurde. Die nachstehenden Standard-Sicherheitsmaßnahmen werden routinemäßig angewandt. Sie gelten für eine normale Sicherheitslage und gewährleisten ein Mindestmaß an Sicherheit. Auf ihnen bauen die in den Gebäuden der Kommission angewandten Sicherheitsmaßnahmen auf.

Alarmstufe „GELB“

Die Alarmstufe „GELB“ wird ausgelöst, wenn Drohungen ausgesprochen werden oder außergewöhnliche Ereignisse eintreten, die Bedienstete, Informationen, Gebäude oder sonstige Vermögensgegenstände der Kommission schädigen und nachteilige Auswirkungen auf die Europäische Kommission oder deren Arbeit haben können.

Alarmstufe „ORANGE“

Die Alarmstufe „ORANGE“ wird ausgelöst, wenn Drohungen ausgesprochen werden oder außergewöhnliche Ereignisse eintreten, die Bedienstete, Informationen, Gebäude oder sonstige Vermögensgegenstände der Kommission schädigen können und auf die Europäische Kommission oder ihre Arbeit abzielen, ohne dass Gegenstand, Ziel oder Uhrzeit des Angriffs ermittelt werden konnten.

Alarmstufe „ROT“

Die Alarmstufe „ROT“ wird ausgelöst, wenn die Europäische Kommission oder ihre Arbeit das Ziel von Drohungen oder außergewöhnlichen Ereignissen wird, die Bedienstete, Informationen, Gebäude und sonstige Vermögensgegenstände der Kommission gefährden. Diese Drohungen sind eindeutig und offensichtlich und können jederzeit wahr gemacht werden.

Anlage 2A

STANDARD-SICHERHEITSMASSNAHMEN, DIE FÜR ALLE KOMMISSIONSGEBÄUDE IN DEN MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN UNION GELTEN

Einführung

Die Standard-Sicherheitsmaßnahmen sind allgemein gefasst und werden durch genaue Anweisungen an die für deren Umsetzung zuständigen Dienststellen ergänzt. Für die Erarbeitung dieser Anweisungen und die Überwachung ihrer Anwendung ist die Direktion „Sicherheit“ der Kommission zuständig.

1.   Anwendungsbedingungen

Die nachstehenden Standard-Sicherheitsmaßnahmen gelten generell. Sie sorgen für Sicherheit in einer Situation, in der kein erhöhter Bedrohungsgrad besteht. Diese Situation wird durch den Farbcode „WEISS“ gekennzeichnet. Auf ihnen bauen die in den Gebäuden der Kommission angewandten Sicherheitsmaßnahmen auf.

2.   Kommunikation mit externen Stellen

a)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission pflegt die Verbindung zu den örtlichen und staatlichen Polizeidienststellen in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Belgien und Luxemburg. Sie richtet Verbindungsstellen für den regelmäßigen Informationsaustausch in beiderseitigem Interesse — insbesondere über Sicherheitsmaßnahmen — ein. Gegebenenfalls finden Koordinierungssitzungen statt.

b)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission pflegt die Verbindung zu den Sicherheitsdiensten der Mitgliedstaaten. Sie sorgt für den regelmäßigen Informationsaustausch im beiderseitigen Interesse zwischen den Verbindungsstellen. Gegebenenfalls finden Koordinierungssitzungen statt.

c)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission pflegt die Verbindung zu den Sicherheitsdiensten der anderen Organe der Gemeinschaft. Sie sorgt für den regelmäßigen Informationsaustausch im beiderseitigen Interesse zwischen den Verbindungsstellen. Gegebenenfalls finden Koordinierungssitzungen statt.

3.   Kommunikation innerhalb der Kommission

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission unterrichtet alle neuen Bediensteten einschließlich der Bediensteten auf Zeit, der nationalen Sachverständigen und der Auftragnehmer über die in den Räumlichkeiten der Kommission geltenden Standard-Sicherheitsmaßnahmen. Durch Sensibilisierungsmaßnahmen wird zumindest die Verantwortlichkeit der einzelnen Kommissionsbediensteten für folgende Bereiche gestärkt: Zugang zu den Kommissionsgebäuden, Besucher, Regeln für die Veranstaltung von Sitzungen, Nutzung des Postsystems, Nutzung des E-Mail-Systems, Sicherheitsaspekte bei der Nutzung des Fernsprechnetzes sowie Handhabung und Verwendung von EU-Verschlusssachen.

4.   Personen- und Objektschutz/Zugangskontrolle

4.1.   Grundsätze der Zugangskontrolle

a)

Zugang zu den Gebäuden der Kommission haben nur Personen, die diese Gebäude betreten müssen. Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission legt die Grundsätze fest, nach denen der Zugang zu den Kommissionsgebäuden oder Teilen hiervon kontrolliert wird.

b)

Alle Personen, die ein Kommissionsgebäude betreten, müssen über einen von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission anerkannten gültigen Zugangsausweis verfügen. Alle Personen, die Kommissionsgebäude betreten, sind verpflichtet, alle von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission oder einem Mitglied des Wachdienstes erteilten Sicherheitsanweisungen zu befolgen.

c)

Alle Personen, die sich in den Gebäuden der Kommission und auf Kommissionsgelände aufhalten, haben den gültigen Zugangsausweis ständig deutlich sichtbar mit sich zu führen.

d)

Die Uhrzeiten, während deren die einzelnen Gruppen von Bediensteten zu den Kommissionsgebäuden Zugang haben, werden in Zusammenarbeit mit der Direktion „Sicherheit“ der Kommission festgelegt.

e)

Außerhalb dieser Uhrzeiten, an Wochenenden und an Feiertagen tragen sich die Personen, die im Besitz eines Dienstausweises der Kommission sind, in das an der Rezeption ausliegende Register ein. Alle anderen Personen müssen sich ebenfalls in das Register eintragen und benötigen außerdem eine gültige Zugangsberechtigung für das Kommissionsgebäude. Diese Zugangsberechtigung wird auf Antrag der zuständigen Dienststelle von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission erteilt und der betreffenden Rezeption entsprechend den geltenden Verfahren übermittelt.

4.2.   Gültige Zugangsausweise

a)

Dienstausweise werden an Kommissionsmitglieder und Kommissionsbedienstete, d. h. Personen, die dem Statut der oder den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften unterliegen, sowie an abgeordnete nationale Sachverständige und gegebenenfalls an Bedienstete der anderen Organe, Agenturen und sonstigen in den Kommissionsgebäuden befindlichen Einrichtungen ausgegeben. Dienstausweise anderer EU-Organe werden auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem betreffenden Organ als Passierschein akzeptiert.

b)

Zugangsausweise werden an alle sonstigen Personen ausgegeben, die Zugang zu den Kommissionsgebäuden benötigen, um ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kommissionsdienststellen zu erfüllen. Ausweise von Personen mit einem befristeten Vertrag dürfen nicht über den betreffenden Zeitraum hinaus gültig sein, es sei denn, dies wurde von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission genehmigt. In keinem Fall jedoch darf der Geltungszeitraum eines Zugangsausweises für diesen Personenkreis über das Ende des betreffenden Jahres hinausgehen. Wenn ein Mitglied des Europäischen Parlaments ein Kommissionsgebäude betreten möchte, so ist ihm dies gestattet, wenn er dem Wachhabenden seinen vom Europäischen Parlament ausgestellten Zugangsausweis vorzeigt, ohne dass die für externe Besucher erforderlichen zusätzlichen Sicherheitsprüfungen notwendig wären.

c)

Sonstige Passierscheine (Laissez-passer) werden von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission aus berechtigten Gründen, die den Zugang zu Kommissionsgebäuden rechtfertigen, ausgestellt.

d)

Presseausweise: Akkreditierungsanträge von Journalisten werden von der Generaldirektion Kommunikation in Zusammenarbeit mit dem Rat und den nationalen Dienststellen bearbeitet. Wird ein Akkreditierungsantrag genehmigt, bittet die Generaldirektion Kommunikation die Direktion „Sicherheit“ der Kommission, einen entsprechenden Ausweis auszustellen.

e)

Besucherausweise und Ausweise für Besucher von Auftragnehmern sind befristete Ausweise, die Besuchern im Rezeptionsbereich nach Überprüfung eines amtlichen Ausweises ausgestellt werden.

f)

In den Kommissionsgebäuden dürfen nur Inhaber eines Dienstausweises Besucher empfangen. Will eine Kommissionsdienststelle, in der Inhaber anderer gültiger Ausweise tätig sind, Besucher empfangen, so kann sie bei der Direktion „Sicherheit“ der Kommission einen mit Gründen versehenen Antrag stellen.

g)

Familienangehörige von Kommissionsbediensteten, die Zugang zu den Verwaltungsgebäuden benötigen, werden wie Besucher behandelt.

h)

Alle Dienstausweise und Zugangsberechtigungen bleiben Eigentum der Kommission und sind der Direktion „Sicherheit“ der Kommission auf deren Aufforderung hin zurückzugeben. Die Kommissionsdienststellen, die bei der Direktion „Sicherheit“ der Kommission gültige Zugangsausweise beantragt haben, tragen dafür Sorge, dass diese Ausweise nach Ende des betreffenden Vertrags bzw. nach Wegfall des Ausstellungsgrunds an die Direktion „Sicherheit“ der Kommission zurückgegeben werden.

4.3.   Besucher in den Gebäuden der Kommission

a)

Einzelne Besucher in den Verwaltungsbereichen der Kommission müssen von einer Person mit Dienstausweis der Kommission begleitet werden. Als Verwaltungsbereiche gelten die Räumlichkeiten der Kommission, die nicht von allgemeinem Interesse sind und die Tätigkeit der Kommission betreffen. Besucher werden an der Rezeption empfangen und nach Ende ihres Besuchs auf ihrem Weg zurück zur Rezeption begleitet. Einzelne Besucher dürfen sich nicht ohne Begleitung in den Räumlichkeiten der Kommission bewegen.

b)

Besucher, die an Sitzungen oder Veranstaltungen teilnehmen: Die Generaldirektion, das Kabinett oder die Dienststelle, die für eine Sitzung bzw. Veranstaltung verantwortlich sind, sorgt dafür, dass den Besuchern bzw. Teilnehmern im Rezeptionsbereich des Gebäudes, in dem die betreffende Sitzung bzw. Veranstaltung stattfindet, entsprechende Besucherausweise ausgehändigt werden. Diese sind während der Anwesenheit in dem betreffenden Kommissionsgebäude deutlich sichtbar zu tragen.

c)

Besucher von Auftragnehmern erhalten einen befristeten Ausweis; zuvor müssen sie den Zweck ihres Besuchs angeben und ein amtliches Ausweispapier vorlegen. Beim Zutritt eines solchen Besuchers sind die Verfahren für den Zugang und die Eintragung der Besucher zu beachten.

d)

Die Zugangskontrollen finden jederzeit statt, auch im Falle der Räumung eines Gebäudes oder in einer Notsituation.

e)

Die für die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zuständige Kommissionsdienststelle kündigt der Direktion „Sicherheit“ der Kommission alle Räumungsübungen an, damit während und nach einer solchen Übung die Zugangskontrolle sichergestellt ist.

f)

Lieferanten legen einen Lieferschein vor, in dem die Gründe für die Lieferung genannt sind. Jeder Verstoß gegen dieses Verfahren wird der Direktion „Sicherheit“ der Kommission umgehend gemeldet.

g)

Wird jemandem der Zugang zu einem oder mehreren Kommissionsgebäuden verweigert, so wird die Direktion „Sicherheit“ der Kommission davon unterrichtet und trifft die erforderlichen Maßnahmen.

h)

Besucher, die Kommissionsgebäude betreten wollen, können Sicherheitskontrollen wie z. B. Durchsuchungen oder Gepäckkontrollen unterzogen werden.

4.4.   Hochrangige Besucher

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission ist bei allen offiziellen Besuchen in den Räumlichkeiten der Kommission oder in angrenzenden Bereichen für die Sicherheitsvorkehrungen zuständig. Hierzu zählen auch Besuche hochrangiger Persönlichkeiten, die zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen erforderlich machen. Die für die Vorbereitung des betreffenden Besuchs zuständige Kommissionsdienststelle unterrichtet die Direktion „Sicherheit“ der Kommission über alle notwendigen Einzelheiten, sobald sie von diesen Kenntnis erhält. Die betreffende Dienststelle hält die Direktion „Sicherheit“ der Kommission über alle neuen Entwicklungen und Änderungen am notifizierten Programm auf dem Laufenden.

4.5.   Eingeschränkter Zugang zu den Kommissionsgebäuden

a)

Die Polizeibehörden der Gastgeberländer haben entsprechend dem Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere Artikel 1 und 19, nur dann ein Recht auf Zugang zu den Kommissionsgebäuden, wenn sie vorher bei den zuständigen Kommissionsdienststellen einen entsprechenden Antrag stellen. Wird der Zugang gestattet, so wird die Polizei erforderlichenfalls durch Bedienstete der Kommission unterstützt.

b)

Einzelfragen zum Zugang der Gastgeberländer können in speziellen Vereinbarungen geregelt werden.

c)

Bewaffnete Personen dürfen sich nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung der Direktion „Sicherheit“ der Kommission in einem Kommissionsgebäude aufhalten.

d)

Tiere dürfen die Kommissionsgebäude nicht betreten; ausgenommen sind Hunde, die auf Anforderung der Direktion „Sicherheit“ der Kommission die Kommissionsräumlichkeiten durchsuchen, Diensthunde, die aus Sicherheitsgründen in den Räumlichkeiten der Kommission eingesetzt werden, sowie Blinden- und Hörhunde.

e)

Ohne vorherige Erlaubnis der für Kommunikation zuständigen Kommissionsdienststelle und der Direktion „Sicherheit“ dürfen — außer für dienstliche Zwecke — in den Kommissionsgebäuden keine Foto-, Film- oder Tonaufnahmen angefertigt werden.

4.6.   Zugang zu Garagen und Parkplätzen

a)

Nur Personen, die im Besitz eines gültigen Parkausweises und eines gültigen Dienstausweises, Zugangsausweises oder sonstigen Passierscheins (Laissez-passer) sind, dürfen ihr Fahrzeug in Garagen oder auf Parkplätzen der Kommission abstellen. Alle Mitfahrer müssen über einen gültigen Zugangsausweis für die Kommissionsgebäude verfügen. Dienst- und Zugangsausweise sind den Wachhabenden oder den Mitarbeitern der Direktion „Sicherheit“ der Kommission auf Verlangen vorzuzeigen.

b)

In allen Fahrzeugen mit Ausnahme ordnungsgemäß gekennzeichneter Dienstfahrzeuge der Kommission muss während des gesamten Aufenthalts in der Garage oder auf dem Parkplatz ein deutlich sichtbarer Parkausweis angebracht sein.

c)

Ein Kommissionsbediensteter, der eine Parkerlaubnis beantragt, erhält nur einen Parkausweis. Dieser Ausweis ist wieder zurückzugeben, wenn der Bedienstete einen neuen Ausweis erhält. Ein neuer Ausweis wird erst dann ausgestellt, wenn der alte Ausweis zurückgegeben wurde. Bei Verlust oder Diebstahl des Ausweises ist der Direktion „Sicherheit“ der Kommission förmlich Meldung zu erstatten.

d)

Außerhalb der Bürozeiten dürfen die Garagen- oder Parkplätze der Kommission nur genutzt werden, wenn der betreffende Kommissionsbedienstete auf Dienstreise ist. Darüber hinaus ist in diesem Fall vorab die Genehmigung der Direktion „Sicherheit“ der Kommission einzuholen.

e)

Der Zugang zu Garagen und Parkplätzen der Kommission kann von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission aus Sicherheitsgründen verweigert werden, wenn außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen.

f)

Um den Schutz und die Sicherheit aller Fahrzeuge zu gewährleisten, die in den Garagen, auf den Parkplätzen oder in unmittelbarer Umgebung der Kommissionsgebäude abgestellt sind, können bestimmte Dringlichkeitsmaßnahmen ergriffen werden.

4.7.   Zustellung von Briefen und Paketen

a)

Alle von außen bei der Kommission eingehenden Briefe und Pakete werden zunächst durch die zuständige Posteingangsstelle geleitet. Ungewöhnliche und/oder verdächtige Postsendungen werden gegebenenfalls weiteren Sicherheitskontrollen unterzogen.

b)

Die persönliche Zustellung einer externen Sendung in einem Kommissionsgebäude ist nur zulässig, wenn sie vorab der Direktion „Sicherheit“ der Kommission angekündigt und von dieser gebilligt wurde.

4.8.   Wertsachen

Kommissionsbedienstete, denen Eigentum der Kommission anvertraut ist, treffen alle Vorsichtsmaßnahmen für dessen sachgemäße Verwendung und Aufbewahrung sowie für die Vermeidung von Beschädigung, Verlust oder unbefugtem Zugang.

4.9.   Sicherheit in der Umgebung der Kommissionsgebäude

a)

Alle in den Räumlichkeiten der Kommission tätigen Personen müssen der Direktion „Sicherheit“ der Kommission melden, wenn Personen versuchen, Kommissionsgebäude heimlich zu betreten. Verdächtige Fahrzeuge oder Gegenstände in der Nähe von Kommissionsgebäuden sind der Direktion „Sicherheit“ der Kommission umgehend zu melden.

b)

Alle in den Räumlichkeiten der Kommission tätigen Personen haben, bevor sie die Kommissionsgebäude nach Dienstschluss sowie vor Wochenenden und Feiertagen verlassen, insbesondere darauf zu achten, dass alle Fenster und gegebenenfalls Türen geschlossen und alle Lampen gelöscht sind.

c)

Wird die Direktion „Sicherheit“ der Kommission über möglicherweise sicherheitsrelevante Ereignisse oder Vorkommnisse vor oder in der Nähe eines Kommissionsgebäudes unterrichtet, ergreift sie umgehend die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, um den unbefugten Zugang von Personen oder Fahrzeugen zu verhindern. Gegebenenfalls setzt sich die Direktion „Sicherheit“ der Kommission mit den Sicherheits- oder Rettungsdiensten des Gastgeberlandes in Verbindung.

4.10.   Sicherheit innerhalb der Kommissionsgebäude

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission legt die Sicherheitsstandards fest, die für alle in den Kommissionsgebäuden befindlichen Personen gelten.

4.11.   Maßnahmen der Direktion „Sicherheit“ der Kommission bei Sicherheitsvorkommnissen

a)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission umfasst die für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in Angelegenheiten der Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz zuständige Kommissionsdienststelle.

b)

Der interne Notrufdienst wird von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission geleitet. Gegebenenfalls werden unter Beachtung der geltenden Anweisungen für Notfälle die Feuerwehr und/oder der ärztliche Rettungsdienst des Gastgeberlandes benachrichtigt.

c)

Wird der Direktion „Sicherheit“ der Kommission ein Sicherheitsvorkommnis wie z. B. ein medizinischer Notfall, ein Brand, austretendes Gas, ein Stromausfall, eine Überschwemmung oder ein schwer wiegender Gebäudeschaden gemeldet, so benachrichtigt sie die Bediensteten der in dem Gebäude untergebrachten Dienststellen und den technischen Dienst.

d)

Bei Bedarf sorgt die Direktion „Sicherheit“ der Kommission für die Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Evakuierung der in den Kommissionsgebäuden aufhältigen Personen.

e)

Kommt es zu einem Zwischenfall, bei dem Personen schwere Verletzungen erlitten haben, so kann jeder Bedienstete den Rettungsdienst des Gastgeberlandes benachrichtigen. Die Person, die den Rettungsdienst benachrichtigt, informiert unverzüglich die Direktion „Sicherheit“ der Kommission. Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission gewährleistet, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass das Kommissionsgebäude unbeaufsichtigt bleibt.

4.12.   Maßnahmen bei Demonstrationen außerhalb von Kommissionsgebäuden

a)

Im Falle einer Demonstration in unmittelbarer Nähe eines Kommissionsgebäudes informieren die Bediensteten an der Rezeption und in den Garagen die Direktion „Sicherheit“ der Kommission, die Schutzmaßnahmen ergreift und Anweisungen im Hinblick auf die Sicherheit des Gebäudes erteilt.

b)

Bei Hinweisen auf einen möglichen Angriff auf Räumlichkeiten der Kommission erteilt die Direktion „Sicherheit“ der Kommission allen betroffenen Dienststellen und Bediensteten spezielle Anweisungen. Je nach Art der Bedrohung ergreift die Direktion „Sicherheit“ der Kommission die notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung des Problems und zur Einleitung der im Kommissionsbeschluss zur Anwendung des Alarmstufensystems niedergelegten Maßnahmen.

4.13.   Unbefugter Zutritt zu Kommissionsgebäuden

a)

Alle Personen, die sich in Kommissionsgebäuden aufhalten dürfen, müssen den entsprechenden gültigen Dienst- oder Zugangsausweis deutlich sichtbar tragen. Personen ohne entsprechenden Dienst- oder Zugangsausweis können gezwungen werden, die Räumlichkeiten der Kommission nach Aufforderung der für die Zugangskontrolle verantwortlichen Bediensteten oder eines ordnungsgemäß benannten Bediensteten der Direktion „Sicherheit“ der Kommission umgehend zu verlassen.

b)

Versucht eine Person, sich unbefugt Zutritt zu den Räumlichkeiten der Kommission zu verschaffen, so verschließen die Kommissionsbediensteten zunächst die Büros, Tresore und Räume, sofern ihre eigene Sicherheit nicht gefährdet ist. Sie melden den Vorfall unverzüglich der Direktion „Sicherheit“ der Kommission. Wird die Direktion „Sicherheit“ der Kommission über entsprechende Vorkommnisse informiert, so erteilt sie Anweisungen für die zu treffenden Maßnahmen und die zu benachrichtigenden Dienststellen.

c)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission ergreift die notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung des Problems und zur Einleitung der im Kommissionsbeschluss zur Anwendung des Alarmstufensystems niedergelegten Maßnahmen.

4.14.   Anwesenheit verdächtiger Personen in den Räumlichkeiten der Kommission

a)

Um einen ausreichenden Sicherheitsschutz für Personen und Vermögensgegenstände in den Räumlichkeiten der Kommission zu gewährleisten, müssen alle Kommissionsbediensteten Personen mit ungewöhnlichem oder verdächtigem Verhalten melden. Die Kommissionsbediensteten sind verpflichtet, diese Personen der Direktion „Sicherheit“ der Kommission zu melden.

b)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission ist umgehend über verdächtige Personen und alle Fälle von unbefugtem Zugang zu den Kommissionsgebäuden zu unterrichten. Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission erteilt in jedem Fall unverzüglich Anweisungen über die zu treffenden Maßnahmen und über die zu benachrichtigenden Dienststellen.

4.15.   Bombendrohungen

a)

Erhält eine in den Räumlichkeiten der Kommission tätige Person eine Bombendrohung, so benachrichtigt sie unverzüglich die Direktion „Sicherheit“ der Kommission. Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission versucht, von dem Anrufer möglichst viele Angaben zu erhalten bzw. der eingegangenen Nachricht möglichst viele Informationen zu entnehmen.

b)

Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission erteilt Anweisungen über die zu jeder Tageszeit zu treffenden Maßnahmen bzw. zu benachrichtigenden Dienststellen. Hierzu gehört gegebenenfalls auch eine Evakuierung.

4.16.   Verdächtige Pakete oder sonstige Gegenstände

a)

Jeder Dienst tuende Kommissionsbedienstete oder sonstige Bedienstete informiert umgehend die Direktion „Sicherheit“ der Kommission, wenn er ein verdächtiges Paket oder einen sonstigen verdächtigen Gegenstand entdeckt. Wird ein verdächtiges Paket oder ein sonstiger verdächtiger Gegenstand entdeckt, wird entweder von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission oder von der örtlich für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zuständigen Kommissionsdienststelle ein angemessener Sicherheitskordon darum herum eingerichtet. Niemand berührt diesen Gegenstand oder hantiert mit ihm. In der Nähe des Gegenstandes ist der Gebrauch von Geräten zur Mobil- oder Drahtlos-Kommunikation verboten. Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission arbeitet bei solchen Einsätzen eng mit der örtlich für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zuständigen Kommissionsdienstelle zusammen.

b)

Nach Einschätzung der Bedrohung und der damit zusammenhängenden Umstände setzt sich die Direktion „Sicherheit“ der Kommission mit der örtlich für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zuständigen Kommissionsdienststelle und mit den zuständigen nationalen Behörden in Verbindung. Die Direktion „Sicherheit“ der Kommission ist für die Koordinierung der Maßnahmen mit anderen Kommissionsdiensten oder Dienststellen des Gastgeberlandes verantwortlich.

4.17.   Sicherung von Beweisstücken

Im Falle von Vergehen oder Straftaten in den Räumlichkeiten der Kommission müssen sich die Zeugen bei der Direktion „Sicherheit“ der Kommission melden, die die geeigneten Maßnahmen ergreift. Zeugen dürfen Beweisstücke nicht berühren.

Anlage 2B

STANDARD-SICHERHEITSMAßNAHMEN FÜR ALLE KOMMISSIONSGEBÄUDE IN DRITTLÄNDERN

EINFÜHRUNG

Außerhalb der Europäischen Union werden die Standard-Sicherheitsmaßnahmen und die dazugehörigen genauen Anweisungen unter der Verantwortung des Leiters der EU-Delegation der Europäischen Kommission angewandt. Der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen hält den Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission jederzeit auf dem Laufenden.

Befindet sich eine EU-Delegation im Diplomatenbezirk eines Mitgliedstaates oder auf dem Gelände einer internationalen Organisation, werden zumindest diesem Beschluss gleichwertige Sicherheitsvorschriften in einer Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und dem Mitgliedstaat, dem Gastgeberland oder der Organisation festgelegt.

1.   Anwendungsbedingungen

Die nachstehenden Standard-Sicherheitsmaßnahmen gelten generell. Sie sorgen für Sicherheit in einer Situation, in der kein erhöhter Bedrohungsgrad besteht. Diese Situation wird durch den Farbcode „WEISS“ gekennzeichnet. Auf ihnen bauen die in den Gebäuden der Kommission angewandten Sicherheitsmaßnahmen auf.

Gegebenenfalls werden diese Standard-Sicherheitsmaßnahmen bestimmten Situationen vor Ort angepasst.

2.   Kommunikation mit Stellen außerhalb der EU-Delegation

a)

Der Leiter der EU-Delegation stellt nach Möglichkeit regelmäßige Kontakte im Bereich Sicherheit zu den Behörden des Gastgeberlandes her und pflegt diese. Gegebenenfalls finden Koordinierungssitzungen statt.

b)

Der Leiter der EU-Delegation richtet Verbindungsstellen für den regelmäßigen Informationsaustausch in beiderseitigem Interesse — insbesondere über Sicherheitsmaßnahmen — mit den Botschaften der anderen Mitgliedstaaten ein. Gegebenenfalls finden Koordinierungssitzungen statt.

c)

Bei Bedarf können solche Kontakte auch zu internationalen Organisationen vor Ort geknüpft werden.

3.   Kommunikation innerhalb der EU-Delegation

Der Leiter der EU-Delegation unterrichtet alle neuen Bediensteten einschließlich der Bediensteten auf Zeit, der nationalen Sachverständigen und der Vertragsbediensteten, über die in den Räumlichkeiten der Kommission geltenden Standard-Sicherheitsmaßnahmen. Durch Sensibilisierungsmaßnahmen wird zumindest die Verantwortlichkeit der einzelnen Kommissionsbediensteten in den folgenden Bereichen gestärkt: Zugang zu den Kommissionsgebäuden, Besucher, Regeln für die Veranstaltung von Sitzungen, Nutzung des Postsystems, Nutzung des E-Mail-Systems, Sicherheitsaspekte bei der Nutzung des Fernsprechnetzes sowie Handhabung und Verwendung von EU-Verschlusssachen.

4.   Personen- und Objektschutz/Zugangskontrolle

4.1.   Grundsätze der Zugangskontrolle

a)

Zugang zu den Räumlichkeiten der Delegation haben nur Personen, die diese betreten müssen. Der Leiter der Delegation legt in enger Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Außenbeziehungen die operationellen Grundsätze fest, die den Zugang zu Delegationsgebäuden regeln.

b)

Alle Personen, die ein Delegationsgebäude betreten, müssen über einen von der Direktion „Sicherheit“ der Kommission oder vom Leiter der Delegation entsprechend den Regeln und Bestimmungen der Direktion „Sicherheit“ ausgestellten gültigen Zugangsausweis verfügen. Alle Personen, die Kommissionsgebäude betreten, sind verpflichtet, alle Sicherheitsanweisungen des Leiters der Delegation zu befolgen.

c)

Alle Personen, die sich in den Räumlichkeiten der Delegation und auf deren Gelände aufhalten, haben den gültigen Zugangsausweis ständig deutlich sichtbar mit sich zu führen.

4.2.   Gültige Zugangsausweise

a)

Dienstausweise werden an Kommissionsbedienstete, d. h. an Personen, die dem Statut oder den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften unterliegen, sowie an abgeordnete nationale Sachverständige und gegebenenfalls an Bedienstete der anderen Organe, Agenturen und sonstigen in den Delegationsgebäuden befindlichen Einrichtungen ausgegeben.

b)

Zugangsausweise werden an alle sonstigen Bediensteten ausgegeben, die Zugang zu den Gebäuden der Delegation benötigen, um ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kommissionsdienststellen zu erfüllen. Ausweise von Bediensteten mit einem befristeten Vertrag dürfen nicht über den betreffenden Zeitraum hinaus gültig sein. In keinem Fall jedoch darf der Geltungszeitraum eines Zugangsausweises über das Ende des betreffenden Jahres hinausgehen.

c)

Sonstige Passierscheine (Laissez-passer) werden vom Leiter der Delegation aus berechtigten Gründen, die den Zugang zu Delegationsgebäuden rechtfertigen, ausgestellt.

d)

Besucherausweise und Ausweise für Besucher von Auftragnehmern sind befristete Ausweise, die Besuchern im Empfangsbereich des Delegationsgebäudes nach Überprüfung eines amtlichen Ausweises ausgestellt werden.

e)

Familienangehörige von Bediensteten der EU-Delegation, die Verwaltungsbereiche betreten wollen, werden wie Besucher behandelt.

f)

In den Delegationsgebäuden dürfen nur Inhaber eines Dienstausweises Besucher empfangen.

g)

Dienstausweise und Zugangsberechtigungen bleiben Eigentum der Kommission und sind dem Leiter der Delegation auf dessen Aufforderung hin zurückzugeben. Die Dienststellen, die gültige Zugangsausweise ausgestellt haben, tragen dafür Sorge, dass diese Ausweise nach Ende des betreffenden Vertrags bzw. nach Wegfall des Ausstellungsgrunds zurückgegeben werden.

4.3.   Besucher in den Gebäuden der Kommission

a)

Einzelne Besucher in den Verwaltungsbereichen einer Delegation müssen von einer Person mit Dienstausweis der Kommission begleitet werden. Als Verwaltungsbereiche gelten die Räumlichkeiten der EU-Delegation, die nicht von allgemeinem Interesse sind und die Tätigkeit der EU-Delegation betreffen. Besucher werden an der Rezeption empfangen und nach Ende ihres Besuchs auf ihrem Weg zurück zur Rezeption begleitet. Einzelne Besucher dürfen sich nicht ohne Begleitung in den Räumlichkeiten der Delegation bewegen.

b)

Im Hinblick auf Teilnehmer an Sitzungen oder Veranstaltungen sorgt der Leiter der Delegation dafür, dass den Besuchern bzw. Teilnehmern im Empfangsbereich des Gebäudes, in dem die betreffende Sitzung bzw. Veranstaltung stattfindet, entsprechende Besucherausweise ausgehändigt werden. Diese sind während der Anwesenheit in dem betreffenden Delegationsgebäude deutlich sichtbar zu tragen.

c)

Besucher von Auftragnehmern erhalten einen befristeten Ausweis; zuvor müssen sie den Zweck ihres Besuchs angeben und ein amtliches Ausweispapier vorlegen. Beim Zutritt eines solchen Besuchers sind die Verfahren für den Zugang und die Eintragung der Besucher zu beachten.

d)

Die Zugangskontrollen finden nach Möglichkeit jederzeit statt, auch im Falle der Räumung eines Gebäudes oder in einer Notsituation.

e)

Die Öffnungszeiten der Delegation werden vom Delegationsleiter festgelegt. Außerhalb der oben genannten Öffnungszeiten, an Wochenenden und an Feiertagen tragen sich die Personen, die im Besitz eines Dienstausweises der Kommission sind und die Delegation betreten wollen, in das an der Rezeption ausliegende Register ein.

f)

Alle Besucher werden an der Rezeption der Delegation registriert. Sie müssen sich ebenfalls in das Register eintragen und benötigen außerdem eine gültige Zugangsberechtigung für die Delegation.

g)

Lieferanten legen einen Lieferschein vor, in dem die Gründe für die Lieferung genannt sind. Jeder Verstoß gegen dieses Verfahren wird der Generaldirektion Außenbeziehungen umgehend gemeldet.

h)

Besucher, die Kommissionsgebäude betreten wollen, können Sicherheitskontrollen wie z. B. Durchsuchungen oder Gepäckkontrollen unterzogen werden.

4.4.   Hochrangige Besucher

Der Delegationsleiter ist für die Sicherheitsvorkehrungen bei allen offiziellen Besuchen in den Räumlichkeiten der Delegation oder in angrenzenden Bereichen zuständig.

4.5.   Eingeschränkter Zugangs zu den Delegationsgebäuden

a)

Der Zugang zu den Delegationsgebäuden wird geregelt durch:

das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und Zusatzprotokolle vom 18. April 1961;

den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere Artikel 218, das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere Artikel 1 und 19, und den Beschluss K(1998) 2528/1 der Kommission vom 12. August 1998 über die für die Aufhebung der Unverletzlichkeit von Räumlichkeiten, Gebäuden und Archiven der Kommission zuständige Behörde;

die Vereinbarungen über die Einrichtung von Delegationen zwischen der Kommission und den Drittländern.

b)

Zugangsmodalitäten für Gastgeberländer können in Einzelvereinbarungen festgelegt werden, nach denen die Rettungsdienste des Gastgeberlands bei unmittelbarer Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit des Personals, die ein sofortiges Eingreifen erforderlich macht, die Delegationsgebäude ohne Weiteres betreten dürfen, sofern der Delegationsleiter den Zugang nicht verweigert. Der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen ist hierüber unverzüglich zu informieren.

Die Polizeibehörden der Gastgeberländer haben nur dann ein Recht auf Zugang zu Delegationsgebäuden, wenn sie beim Delegationsleiter einen entsprechenden Antrag stellen. Wird der Zugang gestattet, so wird die Polizei erforderlichenfalls von Delegationsbediensteten unterstützt.

c)

Bewaffnete Personen dürfen sich nur nach vorheriger Vereinbarung mit dem Delegationsleiter in einem Delegationsgebäude aufhalten.

d)

Tiere dürfen die Delegationsgebäude nicht betreten; ausgenommen sind Hunde, die die Delegationsräumlichkeiten durchsuchen, Diensthunde, die aus Sicherheitsgründen eingesetzt werden, sowie Blinden- und Hörhunde.

e)

Ohne vorherige Erlaubnis des Delegationsleiters dürfen — außer für dienstliche Zwecke — in den Delegationsgebäuden keine Foto-, Film- oder Tonaufnahmen angefertigt werden.

4.6.   Zugang zu Garagen und Parkplätzen

a)

Nur Personen, die im Besitz eines gültigen Parkausweises und eines gültigen Dienstausweises, Zugangsausweises oder sonstigen Passierscheins (Laissez-passer) sind, dürfen ihr Fahrzeug in Garagen oder auf Parkplätzen von Delegationen abstellen. Alle Mitfahrer müssen über einen gültigen Zugangsausweis für die Delegationsgebäude verfügen. Die Dienst- und Zugangsausweise sind auf Verlangen vorzuzeigen.

b)

Mit Ausnahme ordnungsgemäß gekennzeichneter Dienstfahrzeuge der Kommission muss in allen Fahrzeugen, die in Garagen oder auf Parkplätze von Delegationen fahren wollen, nicht nur bei der Einfahrt in das Gebäude, sondern auch während des Aufenthalts in der Garage oder auf dem Parkplatz ein deutlich sichtbarer Parkausweis angebracht sein.

c)

Ein Kommissionsbediensteter, der eine Parkerlaubnis beantragt, erhält nur einen Parkausweis. Dieser Ausweis ist zurückzugeben, wenn der Bedienstete einen neuen Ausweis erhält. Ein neuer Ausweis wird erst dann ausgestellt, wenn der alte Ausweis zurückgegeben wurde. Bei Verlust oder Diebstahl des Ausweises ist dem Leiter der Delegation förmlich Meldung zu erstatten.

d)

Der Zugang zu Garagen und Parkplätzen der Delegation kann vom Delegationsleiter aus Sicherheitsgründen verweigert werden.

e)

Um den Schutz und die Sicherheit aller Fahrzeuge zu gewährleisten, die in den Garagen, auf den Parkplätzen oder in unmittelbarer Umgebung der Delegationsgebäude abgestellt sind, können bestimmte Dringlichkeitsmaßnahmen ergriffen werden.

4.7.   Zustellung von Briefen und Paketen

a)

Mit Ausnahme der Diplomatenpost werden alle von außen eingehenden Briefe und Pakete, sofern sie ungewöhnlich oder verdächtig erscheinen, weiteren Sicherheitsüberprüfungen unterzogen.

b)

Die persönliche Zustellung einer externen Sendung an einen Adressaten in einer Delegation ist nur zulässig, wenn sie vorab dem Delegationsleiter angekündigt und von diesem gebilligt wurde.

4.8.   Wertsachen

Delegationsbedienstete, denen Eigentum der Kommission anvertraut ist, treffen alle Vorsichtsmaßnahmen für dessen sachgemäße Verwendung und Aufbewahrung sowie für die Vermeidung von Beschädigung, Verlust oder unbefugtem Zugang.

4.9.   Sicherheit in der Umgebung von Delegationsgebäuden

a)

Alle in einem Delegationsgebäude tätigen Personen müssen melden, wenn Personen Delegationsgebäude beobachten oder versuchen, diese heimlich zu betreten. Verdächtige Fahrzeuge, Gegenstände oder Personen vor oder in der Nähe von Delegationsgebäuden sind dem Leiter der Delegation umgehend zu melden.

b)

Alle in den Räumlichkeiten der Delegation tätigen Personen haben, bevor sie die Delegationsgebäude nach Dienstschluss sowie vor Wochenenden und Feiertagen verlassen, insbesondere darauf zu achten, dass alle Fenster und gegebenenfalls Türen geschlossen und alle Lampen gelöscht sind.

c)

Wird der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen über möglicherweise sicherheitsrelevante Ereignisse oder Vorkommnisse vor oder in der Nähe eines Delegationsgebäudes unterrichtet, informiert er unverzüglich den Leiter der Delegation, der umgehend die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen ergreift, um den unbefugten Zugang von Personen oder Fahrzeugen zu verhindern. Gegebenenfalls kontaktiert er die zuständige Behörde des Gastgeberlandes.

4.10.   Sicherheit in den Delegationsgebäuden

Der Leiter der Delegation legt die Vorkehrungen, Aufgaben und Hinweise zur Sicherheit fest, die für alle in den Delegationsgebäuden oder in deren Umgebung befindlichen Personen gelten.

4.11.   Maßnahmen, die der Leiter der Delegation bei Sicherheitsvorkommnissen ergreift

a)

Wird ein Vorkommnis gemeldet, bei dem Personen schwere Verletzungen erlitten haben, so kann jeder Bedienstete den örtlichen Rettungsdienst benachrichtigen.

b)

Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass das Delegationsgebäude unbeaufsichtigt bleibt.

4.12.   Maßnahmen bei Demonstrationen vor Delegationsgebäuden

a)

Im Falle einer Demonstration in unmittelbarer Nähe von Delegationsgebäuden informieren die Bediensteten an der Rezeption und in den Garagen den Leiter der Delegation, der Schutzmaßnahmen ergreift und Anweisungen im Hinblick auf die Sicherheit des Gebäudes erteilt.

b)

Bei Hinweisen auf einen möglichen Angriff auf das Gelände der Delegation erteilt der Leiter der Delegation allen betroffenen Dienststellen und den Delegationsbediensteten spezielle Anweisungen und informiert unverzüglich den Generaldirektor der GD Außenbeziehungen, der den Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission benachrichtigt. Je nach der Art der Bedrohung werden entsprechende Maßnahmen ergriffen.

4.13.   Unbefugter Zutritt zu Delegationsgebäuden

a)

Alle Personen, die sich in Delegationsgebäuden aufhalten dürfen, müssen den entsprechenden Ausweis deutlich sichtbar tragen. Personen ohne Dienst- oder Zugangsausweis können gezwungen werden, die Räumlichkeiten der Delegation nach Aufforderung durch die für die Zugangskontrolle verantwortlichen Bediensteten oder durch einen vom Leiter der Delegation ordnungsgemäß benannten Bediensteten umgehend zu verlassen.

b)

Versucht eine Person, sich unbefugt Zutritt zu den Räumlichkeiten der Delegation zu verschaffen, so verschließen die Delegationsbediensteten zunächst die Büros, Tresore und Schlösser, sofern ihre eigene Sicherheit nicht gefährdet ist. Sie informieren unverzüglich den Generaldirektor für Außenbeziehungen und bitten um Anweisungen im Hinblick auf die zu ergreifenden Maßnahmen und die zu benachrichtigenden Dienststellen.

c)

Der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen ergreift in Zusammenarbeit mit dem Direktor der Direktion „Sicherheit“ der Kommission die zur Lösung des Problems erforderlichen Maßnahmen. Er kann die zuständigen Behörden des Gastgeberlandes kontaktieren und um Unterstützung bitten, wozu auch das Anfordern von Polizeikräften gehören kann.

4.14.   Anwesenheit verdächtiger Personen in Delegationsgebäuden

a)

Um einen ausreichenden Sicherheitsschutz für die in Delegationsgebäuden tätigen Personen und Vermögensgegenstände der Kommission zu gewährleisten, müssen alle Delegationsbediensteten Personen mit ungewöhnlichem oder verdächtigem Verhalten melden. Die Delegationsbediensteten haben diese Personen dem Leiter der Delegation zu melden.

b)

Der Delegationsleiter ist umgehend über alle Fälle von verdächtigem oder unbefugtem Zugang zu den Kommissionsgebäuden zu unterrichten. Der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen erteilt in jedem Fall unverzüglich Anweisungen über die zu treffenden Maßnahmen und über die zu benachrichtigenden Dienststellen.

4.15.   Bombendrohungen

a)

Erhält eine in einer Delegation tätige Person eine Bombendrohung, so benachrichtigt sie unverzüglich den Generaldirektor der GD Außenbeziehungen. Sie versucht, von dem Anrufer möglichst viele Angaben zu erhalten bzw. der eingegangenen Nachricht möglichst viele Informationen zu entnehmen.

b)

Der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen erteilt Anweisungen über die zu treffenden Maßnahmen und informiert umgehend das für Außenbeziehungen zuständige Kommissionsmitglied, das wiederum das für Sicherheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied benachrichtigt.

c)

Auf Bitte der zuständigen Behörden des Gastgeberlandes (d. h. der Rettungsdienste) kann der Leiter der Delegation die Räumung des Delegationsgebäudes anordnen. Der Generaldirektor der GD Außenbeziehungen ist umfassend zu informieren.

4.16.   Verdächtige Pakete oder sonstige Gegenstände

a)

Jeder Dienst tuende Delegationsbedienstete oder sonstige Bedienstete informiert umgehend den Leiter der Delegation, wenn er ein verdächtiges Paket oder einen sonstigen verdächtigen Gegenstand entdeckt. Wird ein verdächtiges Paket oder ein sonstiger verdächtiger Gegenstand entdeckt, wird ein angemessener Sicherheitskordon darum herum eingerichtet. Niemand berührt diesen Gegenstand. In der Nähe des Gegenstandes ist der Gebrauch von Geräten zur Mobil- oder Drahtlos-Kommunikation verboten.

b)

Nach Einschätzung der Bedrohung und der Umstände kontaktiert der Leiter der Delegation die zuständigen Behörden des Gastgeberlandes.

4.17.   Sicherung von Beweisstücken

Im Falle von Vergehen oder Straftaten in Delegationsgebäuden müssen sich die Zeugen beim Leiter der EU-Delegation melden, der die geeigneten Maßnahmen ergreift. Zeugen dürfen Beweisstücke nicht berühren.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/161


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 18. Dezember 2006

über einen zeitlich begrenzten Versuch im Rahmen der Richtlinie 66/401/EWG des Rates über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut im Hinblick auf die Erhöhung des Höchstgewichts einer Partie

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6572)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/66/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 66/401/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut (1), insbesondere auf Artikel 13a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In der Richtlinie 66/401/EWG ist das Höchstgewicht einer Partie im Zusammenhang mit der Saatgutprüfung festgelegt, um Abweichungen zwischen den geprüften Partien zu vermeiden.

(2)

Veränderungen in der Saatgutproduktion und in den Vermarktungspraktiken für Saatgut, insbesondere die höhere Saatgutgröße und die Art der Saatgutbeförderung, einschließlich der Beförderung als Massengut, lassen es angeraten erscheinen, bei Grassaatgut das vorgeschriebene Partiehöchstgewicht anzuheben.

(3)

Die Entscheidung 2002/454/EG der Kommission (2) sieht vor, dass ein zeitlich begrenzter Versuch durchgeführt wird, um festzustellen, ob das Partiehöchstgewicht von bestimmtem Futterpflanzensaatgut im Rahmen der Richtlinie 66/401/EWG erhöht werden kann. Dieser Versuch sollte am 1. Juni 2003 abgeschlossen sein. An dem Versuch nahmen jedoch keine Saatgutbetriebe teil, denn laut der Entscheidung war für jede im Rahmen des Versuchs produzierte Saatgutpartie eine mit hohen Mehrkosten verbundene Heterogenitätsprüfung vorzunehmen.

(4)

Die derzeitigen internationalen Gepflogenheiten, abzuleiten insbesondere aus dem Technischen Protokoll der Internationalen Vereinigung für Saatgutprüfung (ISTA)/des Internationalen Saatgutverbands (ISF), das vom ISTA-Exekutivausschuss am 10. Februar 2006 angenommen und vom OECD-Rat (Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) am 24. Mai 2006 verabschiedet wurde, lassen Verfahren zu, die eine Anhebung des Höchstgewichts von Grassaatgutpartien vorsehen.

(5)

Um in der Praxis zu ermitteln, unter welchen Bedingungen Saatgutbetriebe ausreichend homogene große Saatgutpartien herstellen können, sollte ein zeitlich begrenzter Versuch zur Erhöhung des Höchstgewichts von Grassaatgutpartien durchgeführt werden.

(6)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Abweichend von Artikel 7 Absatz 2 und Anlage III der Richtlinie 66/401/EWG wird für Mitgliedstaaten, die an dem zeitlich begrenzten Versuch teilnehmen, und in Bezug auf in Anlage III Spalte 2 der Richtlinie unter der Überschrift „GRAMINEAE“ genanntes Saatgut ein Partiehöchstgewicht von 25 Tonnen festgesetzt.

(2)   Für Mitgliedstaaten, die an dem zeitlich begrenzten Versuch teilnehmen, gelten zusätzlich zu den in der Richtlinie 66/401/EWG genannten Bedingungen auch die Bedingungen im Anhang der vorliegenden Entscheidung.

(3)   Die Mitgliedstaaten, die an diesem Versuch teilnehmen, geben der Kommission Bescheid. Sie können ihre Teilnahme jederzeit beenden; hierfür genügt eine entsprechende Mitteilung an die Kommission

Artikel 2

Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten für jedes Versuchsjahr — bis zum 31. März des jeweils folgenden Jahres — einen Bericht über die Versuchsergebnisse.

Artikel 3

Der zeitlich begrenzte Versuch beginnt am 1. Januar 2007 und endet am 30. Juni 2012.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 18. Dezember 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl.  125 vom 11.7.1966, S. 2298/66. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/117/EG (ABl. L 14 vom 18.1.2005, S. 18).

(2)  ABl. L 155 vom 14.6.2002, S. 57.


ANHANG

Die in Artikel 1 genannten Bedingungen lauten wie folgt:

a)

Bei Abweichung von dem für Gramineae-Saatgutpartien vorgegebenen Höchstgewicht ist nach dem vom OECD-Rat am 24. Mai 2006 gebilligten ISTA/ISF-Versuch zur Partiegröße von Futterpflanzensaatgut (1) zu verfahren.

b)

Saatgutbetriebe müssen von der amtlichen Anerkennungsstelle offiziell zugelassen sein.

c)

Das gemäß der Richtlinie 66/401/EWG vorgeschriebene amtliche Etikett muss nach den Worten „Rechts- und Verwaltungsvorschriften der EG“ die Nummer der vorliegenden Entscheidung tragen.

d)

Von einem an dem zeitlich begrenzten Versuch teilnehmenden Mitgliedstaat für Vergleichsversuche der Gemeinschaft gelieferte Proben müssen von Saatgutpartien stammen, die gemäß den Versuchsbedingungen offiziell zugelassen wurden.

e)

Die amtliche Anerkennungsstelle beaufsichtigt den Versuch und kontrolliert gegebenenfalls bis zu 5 % der durchgeführten Heterogenitätsprüfungen.


(1)  http://www.seedtest.org/en/content —1 – 1039.html)


6.2.2007   

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L 32/164


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

18. Dezember 2006

zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, vorläufige Zulassungen für den neuen Wirkstoff Tritosulfuron zu verlängern

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6573)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/67/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 1 vierter Unterabsatz,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Deutschland hat im Juni 2001 von der BASF AG einen Antrag nach Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG auf Aufnahme des Wirkstoffs Tritosulfuron in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG erhalten. Mit der Entscheidung 2002/268/EG (2) der Kommission wurde bestätigt, dass die Unterlagen vollständig sind und den Anforderungen der Anhänge II und III der genannten Richtlinie hinsichtlich der Daten und Informationen grundsätzlich genügen.

(2)

Die Vollständigkeit der Unterlagen musste bestätigt werden, damit deren eingehende Prüfung ermöglicht und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden kann, für Pflanzenschutzmittel mit dem betreffenden Wirkstoff auf höchstens drei Jahre befristete vorläufige Zulassungen zu erteilen, sofern die Voraussetzungen von Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 91/414/EWG erfüllt sind, insbesondere die Voraussetzung, anhand der Bestimmungen der Richtlinie eine eingehende Beurteilung des Wirkstoffs und des Pflanzenschutzmittels vorzunehmen.

(3)

Die Auswirkungen dieses Wirkstoffs auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt wurden gemäß Artikel 6 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/414/EWG für die vom Antragsteller vorgeschlagenen Anwendungen geprüft. Der Bericht erstattende Mitgliedstaat hat der Kommission den Entwurf des Bewertungsberichts über den Wirkstoff am 5. September 2002 übermittelt.

(4)

Nachdem der Bericht erstattende Mitgliedstaat den Entwurf des Bewertungsberichts vorgelegt hatte, wurde entschieden, beim Antragsteller weitere Informationen einzuholen und diese dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat zur Prüfung und Bewertung vorzulegen. Da die Prüfung der Unterlagen noch im Gange ist, wird es nicht möglich sein, die Beurteilung innerhalb der in der Richtlinie 91/414/EWG vorgesehenen Frist abzuschließen.

(5)

Da die Beurteilung bisher keinen Anlass zur unmittelbaren Besorgnis ergeben hat, sollte den Mitgliedstaaten nach Artikel 8 der Richtlinie 91/414/EWG die Möglichkeit eingeräumt werden, die vorläufigen Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit dem betreffenden Wirkstoff um 24 Monate zu verlängern, so dass die Prüfung der Unterlagen fortgesetzt werden kann. Der Zeitraum von 24 Monaten dürfte ausreichen, um die Beurteilung abzuschließen und über die Aufnahme von Tritosulfuron in Anhang I der Richtlinie zu entscheiden.

(6)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Mitgliedstaaten dürfen vorläufige Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Tritosulfuron enthalten, um einen Zeitraum von höchstens 24 Monaten nach Erlass dieser Entscheidung verlängern.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 18. Dezember 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/75/EG (ABl. L 248 vom 12.9.2006, S. 3).

(2)  ABl. L 92 vom 9.4.2002, S. 34.


6.2.2007   

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L 32/165


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 18. Dezember 2006

über einen Antrag der Republik Lettland auf Genehmigung der Anwendung eines ermäßigten MwSt.-Satzes auf die Lieferung von Fernwärme, Erdgas und Elektrizität an Haushalte

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6592)

(Nur der lettische Text ist verbindlich)

(2007/68/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (1), insbesondere auf Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe b,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit einer ersten Anfrage vom 19. April 2006 und einem darauf folgenden förmlichen Schreiben, eingegangen bei der Kommission am 10. Juli 2006, unterrichtete die Republik Lettland die Kommission von ihrer Absicht, ermäßigte MwSt.-Sätze auf die Lieferung von Fernwärme, Erdgas und Elektrizität an Haushalte anwenden zu wollen. Lettland definierte Haushalte als Endverbraucher und natürliche Personen, mit denen entsprechende Versorgungsverträge geschlossen werden.

(2)

Gemäß anhang VIII zum Beitrittsvertrag durfte Lettland abweichend von Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG (im Folgenden „Sechste MwSt.-Richtlinie“ genannt) bis zum 31. Dezember 2004 eine Mehrwertsteuerbefreiung auf die Lieferung von Heizenergie an Haushalte beibehalten. Tatsächlich hielt Lettland für die Versorgung von Haushalten mit Fernwärme die Mehrwertsteuerbefreiung auch nach diesem Datum aufrecht.

(3)

Lettland möchte auf die Lieferung von Fernwärme, Erdgas und Elektrizität an Haushalte einen ermäßigten Satz von 5 % anwenden. Hiervon ausgeschlossen sind Lieferungen für gewerbliche oder sonstige beruflichen Tätigkeiten. Dieser Satz führt weder zu Wettbewerbsverzerrungen noch zu einer Verlagerung des Verbrauchs von Elektrizität, Erdgas oder Fernwärme auf andere Energieträger. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die drei Erzeugnisse aus technisch-technologischer Sicht lediglich für Heizzwecke austauschbar sind. Da die Anwendung des ermäßigten Satzes auf Haushalte beschränkt ist, erscheint eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber juristischen Personen unwahrscheinlich, da diese zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt sind und damit die Kosten der Mehrwertsteuer letztendlich nicht tragen.

(4)

Zudem wurden die in der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG niedergelegten MwSt.-Vorschriften über den Ort der Lieferung von Erdgas und Elektrizität mit der Richtlinie 2003/92/EG des Rates (2) geändert. Die Lieferung von Elektrizität und Gas auf der Stufe des Endverbrauchs, also vom Unternehmer und Verteiler an den Endverbraucher, wird an dem Ort besteuert, an dem der Erwerber die Gegenstände tatsächlich nutzt und verbraucht, damit gewährleistet ist, dass die Besteuerung im Lande des tatsächlichen Verbrauchs erfolgt. Was die Lieferung von Fernwärme angeht, so erfolgt diese nicht grenzüberschreitend, sondern lokal. Damit besteht keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung im Sinne des Artikels 12 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten MwSt.-Richtlinie.

(5)

Die geplante Maßnahme, auf die Lieferung von Fernwärme, Erdgas und Elektrizität gemäß Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten MwSt.-Richtlinie einen ermäßigten Satz anzuwenden, beschränkt sich auf Lieferungen an Endverbraucher und ist nicht auf Lieferungen an Steuerpflichtige zum Zwecke ihrer gewerblichen, beruflichen oder sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten anwendbar.

(6)

Da sich die geplante Maßnahme auf die Lieferungen an Endverbraucher beschränkt und auf Lieferungen an Steuerpflichtige zum Zwecke ihrer gewerblichen, beruflichen oder sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht anwendbar ist, ist davon auszugehen, dass keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung besteht. Da die Voraussetzungen des Artikels 12 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten MwSt.-Richtlinie damit erfüllt sind, sollte Lettland erlaubt werden, diese Maßnahme ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieser Entscheidung anzuwenden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Lettland darf die in seinem am 10. Juli 2006 bei der Kommission eingegangenen Schreiben mitgeteilte Maßnahme anwenden, wonach auf die Lieferung von Fernwärme, Erdgas und Elektrizität an Haushalte unabhängig von der Art und Weise ihrer Produktion und Lieferung ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewendet werden soll.

Artikel 2

Für die Zwecke dieser Entscheidung sind Haushalte natürliche Personen, die Empfänger der in Absatz 1 genannten Lieferungen zum Zwecke des Endverbrauchs sind, was Lieferungen für gewerbliche, berufliche oder andere wirtschaftliche Tätigkeiten ausschließt.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Republik Lettland gerichtet.

Brüssel, den 18. Dezember 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 145 vom 13.6.1977, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/69/EG (ABl. L 221 vom 12.8.2006, S. 9).

(2)  ABl. L 260 vom 11.10.2003, S. 8.


6.2.2007   

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L 32/167


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 18. Dezember 2006

zur Ermächtigung Rumäniens, die Anwendung bestimmter Vorschriften der Richtlinie 2002/53/EG des Rates hinsichtlich des Inverkehrbringens bestimmter Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten aufzuschieben

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6568)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/69/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens, insbesondere auf Artikel 4 Absatz 3,

gestützt auf die Akte über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens, insbesondere auf Artikel 42,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 42 der Beitrittsakte kann die Kommission Übergangsmaßnahmen erlassen, wenn diese erforderlich sind, um den Übergang von den in Bulgarien und Rumänien bestehenden Regelungen auf die Regelung zu erleichtern, die sich aus der Anwendung der veterinär- und pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften der Gemeinschaft ergibt. Diese Vorschriften schließen die Bestimmungen über das Inverkehrbringen von Saatgut mit ein.

(2)

Gemäß der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten (1) darf Saatgut von Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten, die unter Artikel 1 Absatz 1 der genannten Richtlinie fallen, nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn die Anforderungen von Artikel 4 Absatz 1, Artikel 7 und Artikel 11 der genannten Richtlinie erfüllt sind.

(3)

Das Inverkehrbringen von Saatgut bestimmter Sorten müsste in Rumänien ab dem Zeitpunkt des Beitritts verboten werden, wenn keine Ausnahme von diesen Vorschriften gewährt wird.

(4)

Damit Rumänien die erforderlichen Maßnahmen treffen und anwenden kann, um zu gewährleisten, dass die fraglichen Sorten gemäß den Grundsätzen der Gemeinschaftsregelung zugelassen wurden, sollte es dem Land gestattet werden, die Anwendung der Richtlinie 2002/53/EG hinsichtlich des Inverkehrbringens in seinem Hoheitsgebiet von Saatgut der in seinem Katalog enthaltenen Sorten, die nach anderen Grundsätzen als denen der genannten Richtlinie festgelegt wurden und im förmlichen Antrag Rumäniens vom 28. September 2006 aufgeführt sind, um drei Jahre ab dem Zeitpunkt des Beitritts zu verschieben.

(5)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Abweichend von Artikel 4 Absatz 1, Artikel 7 und Artikel 11 der Richtlinie 2002/53/EG darf Rumänien die Anwendung dieser Richtlinie hinsichtlich des Inverkehrbringens von Saatgut der im Anhang zu dieser Entscheidung aufgeführten Sorten in seinem Hoheitsgebiet um drei Jahre ab dem Zeitpunkt seines Beitritts verschieben.

Während dieses Zeitraums wird solches Saatgut ausschließlich im Hoheitsgebiet Rumäniens in Verkehr gebracht. Aus jedem amtlichen oder nichtamtlichen Etikett oder Dokument, das an der Saatgutpartie gemäß den Bestimmungen der vorliegenden Entscheidung befestigt oder dieser beigefügt ist, muss deutlich hervorgehen, dass das Saatgut nur für das Inverkehrbringen im Hoheitsgebiet Rumäniens bestimmt ist.

Artikel 2

Diese Entscheidung gilt vorbehaltlich des Inkrafttretens des Vertrags über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 18. Dezember 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1).


ANHANG

Art/Sorte

Beta vulgaris L. — Zuckerrüben

Graf

Beta vulgaris L. — Futterrüben

Lovrin 515

Lovrin 628

Dactylis glomerata L.

Magda

Marius (ant. Adrian)

Ovidiu

Poiana

Regent

Simina

Festuca arundinacea Schreber

Adela

Vio

Festuca pratensis Hudson

Postăvar

Tâmpa

Transilvan

Festuca rubra L.

Feruma

Măgurele 23 (ant. Pastoral)

Peisaj (ant. Tedi)

Lolium multiflorum Lam.

Ancuţa (ant. Anca)

Iuliana (ant. Iulia)

Lolium perenne L.

Martarom (ant. Marta)

Măgura

Lolium x boucheanum Kunth

Cătălin

Florin

Phleum pratense L.

Horia

Rarău

Tirom

Poa pratensis L.

Colina (ant. Fima)

Lotus corniculatus L.

Doru

Nicol (ant. Nico)

Oltim

Lupinus albus L.

Medi

Medicago sativa L.

Adin

Alina

Carina

Cosmina

Daniela (ant. Dana)

Dorinela (ant. Dorina)

Granat

Magnat

Mădălina

Opal (ant. Topaz)

Sandra

Satelit

Sigma

Tamas

Pisum sativum L.

Aurora

Dorica (ant. Dora)

Mona

Vedea

Trifolium alexandrinum L.

Viorel

Trifolium repens L.

Carmencita (ant. Carmen)

Carpatin

Danitim

Mioriţa

Trifolium pratense L.

Novac

Rotrif (ant. Roza)

Sătmărean

Vicia faba L.

Montana

Brassica napus L., var. napobrassica (L.) Rchb.

Ana Maria

Montana

Arachis hypogaea L.

Solar

Venus

Brassica napus L. (part.)

Diana

Doina

Perla

Cannabis sativa L.

Denise

Diana

Zenit

Carthamus tinctorius L.

CW1221

CW4440

Linum usitatissimum L.

Ada

Adria

Alexin

Alin

Bazil

Betalisa (ant. Elisa)

Codruţa

Cosmin

Cristina

Ferdinand (ant. Carolina)

Floriana

Florinda

Fluin

Iunia 96

Louis

Luncavăţ (ant. Elena)

Martin

Monica

Nineta

Paula

Radu

Rareş

Sabena

Şumuleu

Vasilelin (ant. Iordan)

Sinapis alba L.

Alex

Petrana

Glycine max. (L.) Merrill

Balkan

Columna

Daciana

Danubiana

Eugen

Felix

Granat (ant. Agat)

Kiskun Daniela

Onix

Perla

Proteinka

Românesc 99

Safir

Stine 2250

Triumf

Venera

Avena sativa L.

Jeremy

Mureş

Lovrin 1

Lovrin 27

Hordeum vulgare L. — Zweizeilige Gerste

Andreea

Bogdana (ant. Avânt)

Capriana

Daciana

Haşdate (ant. Aura)

Jubileu

Kristal

Laura

Maria

NS 525

NS 529

Romaniţa

Stindard

Hordeum vulgare L. — Mehrzeilige Gerste

Amical (ant. Adi)

Andrei

Compact

Dana

Liliana

Mădălin

NS 313

Orizont

Regal

Univers

Oryza sativa L.

Brăila

Dunărea

Elida

Magic

Polizeşti 28

Speranţa

Zefir

Secale cereale L.

Suceveana

Sorghum bicolor (L.) Moench

Andrea

Donaris

Dorina

F135ST

Fundulea 21

Fundulea 32

Marina

Regina

Siret

Sorghum sudanense (Piper) Stapf.

Sabin

Sorin

Sorghum bicolor (L.) Moench x Sorghum sudanense (Piper) Stapf.

Catinca (ant. Tinca)

Fundulea 235 (ant. Tereza)

x Triticosecale Wittm.

Gorun

Haiduc

Plai

Silver

Stil

Trilstar

Ţebea

Triticum aestivum L.emend. Fiori et Paol.

Albota

Aniversar

Apullum

Ardeal 1

Arieşan

Beti

Boema

Briana

Ciprian

Crina

Crişana

Delabrad

Dor

Drobeta

Dropia

Dumbrava

Eliana

Esenţial

Faur

Flamura 85

Gabriela

Gasparom

Gruia

Iaşi 2

Kraljevica

Kristina

Ljiljana

Lovrin 34

Mina

Moldova 83

Pădureni (ant. Rubin)

PKB Romança

Romulus

Sonata

Speranţa

SV99

Şimnic 30

Trivale

Turda 95

Turda 2000

Voroneţ

Triticum durum Desf.

Condurum (ant. Condur)

Grandur

Pandur

Zea mays L.

Andreea

Boris 5

Brateş

Campion

Cera 6

Cera 9

Cera 10

Ciclon

Dacic

Dáma

Danubian (ant. Danubiu)

F425M

Falco

Faur

Fulger

Fundulea 322

Fundulea 365

Fundulea 376

Fundulea 475M

Fundulea 515 (ant. Premier)

Fundulea 540 (ant. Granit)

Fundulea 625

Generos

GS307

GS308

Kiskun 4230

Kiskun 4255

Kiskun 4297

Kiskun 4344

Kiskun 4380

Kiskun Aliz

Kiskun Blako

Kiskun Cilike

Kiskun Dori

Kiskun Ermina

Kiskun Galja

Kiskun Gitta

Kiskun Kristof

Kiskun Natalie (ant. Natalie)

Kiskun Nusi

Kiskun Olika

Kiskun Piros

Kiskun Reni

Kiskun Roy

Kiskun Szoliani

Kiskun Tamara

Kiskun Vanda

Kiskun Vivien

Kiskun Xintia

Klausen

Krisztina

Laurina

Lorenca

Lovrin 400

Milcov

Mv Major

Neptun

NS300

NS355

NS540

NSSC420YU

Octavian

Oituz

Olimpius (ant. Olimp)

Olt

Ozana (ant. Dana)

Paltin

Pamela

Panciu

Partizan

Patria

Podu Iloaiei 110

Rapid

Rapsodia

Rodna

Staniša

Star

Szegedi SC 276

Szegedi SC 516

Turda 145

Turda 165

Turda 167

Turda 200

Turda 201

Turda Favorit

Turda Mold 188

Turda Star

Turda Super

Turda SU181

Turda SU182

Turda SU210

ZP278

ZP335

ZP394

ZP409

ZP434

ZP471

ZP488

ZP684

Solanum tuberosum L.

Alina

Alize (ant. Amelia)

Amicii

Astral N

Armonia

Christian

Claudiu

Coval

Cristela

Dacia

Dragomirna

Dumbrava

Eterna

Frumoasa

Harghita

Ioana

Loial

Luiza

Magic

Mikel

Milenium

Moldoviţa

Nana

Nativ

Nemere

Productiv

Rapsodia

Rasant

Redsec

Robusta

Roclas

Rozal

Ruxandra (ant. Nicoleta)

Speranţa

Star

Tâmpa

Tentant

Timpuriu de Braşov

Transilvania


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/174


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 20. Dezember 2006

über die Verlängerung der Frist für das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten, die bestimmte Wirkstoffe enthalten, die nicht im Rahmen des Zehn-Jahres-Arbeitsprogramms gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie 98/8/EG untersucht wurden

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6707)

(Nur die tschechische, die dänische, die griechische, die englische, die finnische und die schwedische Fassung sind verbindlich)

(2007/70/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (1), insbesondere auf Artikel 16 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 16 Absatz 2 Unterabsatz 2 und Absatz 3 der Richtlinie 98/8/EG (nachfolgend „die Richtlinie“) kann entschieden werden, dass ein Wirkstoff nicht in die Anhänge I, IA oder IB der Richtlinie aufgenommen wird, wenn die angeforderten Informationen und Angaben für die Bewertung nicht fristgerecht vorgelegt wurden. Im Anschluss an eine solche Entscheidung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Zulassungen für Biozid-Produkte, die den betreffenden Wirkstoff enthalten, aufgehoben werden

(2)

Die Verordnungen (EG) Nr. 1896/2000 und (EG) Nr. 2032/2003 der Kommission enthalten detaillierte Regeln für die erste und zweite Stufe des Zehn-Jahres-Arbeitsprogramms gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie. Gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2032/2003 der Kommission wird der 1. September 2006 als der Zeitpunkt bestimmt, ab dem die Mitgliedstaaten bestehende Zulassungen für Biozid-Produkte aufheben, wenn diese Wirkstoffe enthalten, für die weder eine Notifizierung anerkannt worden ist noch ein Mitgliedstaat sein Interesse bekundet hat.

(3)

Artikel 4a der Verordnung (EG) Nr. 2032/2003 der Kommission, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1048/2005 der Kommission, legt die Bedingungen fest, unter denen die Mitgliedstaaten bei der Kommission eine Verlängerung der Übergangsfrist gemäß Artikel 4 Absatz 2 beantragen können, sowie die Bedingungen, unter denen eine derartige Verlängerung möglich ist.

(4)

Einige Mitgliedstaaten haben bei der Kommission die Verlängerung der Übergangsfrist für bestimmte Wirkstoffe beantragt, die ab dem 1. September 2006 nicht mehr in Biozid-Produkten verwendet werden dürfen. Ferner haben sie Informationen bereitgestellt, die die Notwendigkeit eines weiteren Einsatzes dieser Wirkstoffe belegen.

(5)

Finnland, Dänemark, Norwegen und Island haben Informationen vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass es außer Kiefernholzteer kein anderes Holzschutzmittel gibt, das für historische Gebäude, Schiffe und andere Gegenstände aus Holz geeignet ist. Zum Schutze des kulturellen Erbes dieser Mitgliedstaaten und Drittländer erscheint eine Verlängerung der Übergangsfrist für diesen Wirkstoff daher sinnvoll.

(6)

Nach Informationen der Tschechischen Republik wird von den tschechischen Streitkräften sowie im Gesundheitswesen überwiegend Sodium-N-Chlorbenzensulfonamid/Chloramin B als Desinfektionsmittel verwendet. Muss dieser Wirkstoff bis Ende der Übergangsfrist durch andere notifizierte Stoffe ersetzt werden, dann könnte dies insbesondere dort, wo öffentliche Ausschreibungen durchzuführen sind, Probleme bereiten. Um einen Umstieg auf andere Desinfektionsmittel zu ermöglichen, erscheint eine Verlängerung der Übergangsfrist für diesen Wirkstoff daher sinnvoll.

(7)

Nach Informationen Griechenlands wird Temephos von den Gesundheitsbehörden häufig zur Moskitobekämpfung eingesetzt. Muss dieser Wirkstoff bis Ende der Übergangsfrist durch andere notifizierte Stoffe ersetzt werden, dann könnte dies insbesondere dort, wo öffentliche Ausschreibungen durchzuführen sind, ein Problem bereiten. Um einen Umstieg auf andere verfügbare Stoffe zu ermöglichen, erscheint eine Verlängerung der Übergangsfrist für diesen Wirkstoff daher sinnvoll.

(8)

Nach Informationen des Vereinigten Königreichs ist es notwendig, Ammoniak als Biozid-Produkt für veterinärhygienische Maßnahmen vorübergehend weiter zu verwenden, um eine Infektion von Nutztieren mit Kokzidien, Cryptosporidien und Nematoden zu verhindern. Eine Verlängerung der Übergangsfrist erscheint sinnvoll, damit dieser Wirkstoff schrittweise durch andere verfügbare Stoffe ersetzt werden kann, die für die Überprüfung im Rahmen der Richtlinie notifiziert wurden.

(9)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Biozid-Produkte —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Abweichend von Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2032/2003 der Kommission, sind die in Spalte B im Anhang dieser Entscheidung aufgeführten Mitgliedstaaten berechtigt, für das Inverkehrbringen der in Spalte A aufgeführten Biozid-Produkte, für die ausschließliche Nutzung gemäß Spalte D und bis zu der in Spalte C genannten Frist eine Genehmigung zu erteilen oder eine bestehende Genehmigung aufrecht zu erhalten.

Artikel 2

(1)   Die Mitgliedstaaten, die von der in Artikel 1 dieser Entscheidung genannten Ausnahmeregelung Gebrauch machen, stellen sicher, dass folgende Bedingungen erfüllt sind:

a)

Die weitere Anwendung ist nur möglich, wenn Produkte, die diesen Stoff enthalten, für den vorgesehenen wesentlichen Verwendungszweck zugelassen sind.

b)

Die weitere Anwendung ist nur zulässig, wenn sie keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier und auf die Umwelt hat.

c)

Wenn die Genehmigung erteilt wird, werden alle geeigneten Maßnahmen zur Risikominderung getroffen.

d)

Biozid-Produkte, die nach dem 1. September 2006 auf dem Markt bleiben, werden entsprechend den eingeschränkten Verwendungsbedingungen neu gekennzeichnet.

e)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Inhaber der Zulassung oder die betreffenden Mitgliedstaaten gegebenenfalls nach Alternativen für solche Verwendungszwecke suchen oder dass nach dem Verfahren des Artikels 11 der Richtlinie 98/8/EG Unterlagen erstellt und bis spätestens 14. Mai 2008 vorgelegt werden.

(2)   Die betreffenden Mitgliedstaaten informieren die Kommission jährlich über die Anwendung von Absatz 1 und insbesondere über die gemäß Buchstabe e getroffenen Maßnahmen.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Hellenische Republik, die Republik Finnland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gerichtet.

Brüssel, den 20. Dezember 2006.

Für die Kommission

Stavros DIMAS

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 123 vom 24.4.1998, S. 1.


ANHANG

Verzeichnis der Zulassungen gemäß Artikel 1

Spalte A

Spalte B

Spalte C

Spalte D

Wirkstoff

Mitgliedstaat

Frist

Verwendung

Kiefernholzteer

Finnland

14.5.2010

Holzschutzmittel für Gebäude, Schiffe und Gegenstände, die zum kulturellen Erbe der antragstellenden Mitgliedstaaten gehören

EG Nr. 232-374-8

CAS Nr. 8011-48-1

Dänemark

14.5.2010

Sodium-N-Chlorbenzensulfonamid/Chloramin B

EG Nr. 204-847-9

CAS Nr. 127-52-6

Tschechische Republik

1.11.2007

Desinfektionsmittel zur Verwendung (zu zivilen Zwecken) durch das öffentliche Gesundheitswesen, den öffentlichen Veterinärdienst und die Streitkräfte des antragstellenden Mitgliedstaates

Temephos

EG Nr. 222-191-1

CAS Nr. 3383-96-8

Griechenland

1.11.2007

Bekämpfung von Moskitos (Culicidae) durch die Gesundheitsbehörden

Ammoniak

EG Nr. 231-635-3

CAS Nr. 7664-41-7

Vereinigtes Königreich

14.5.2008

Biozid-Produkt für veterinärhygienische Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen durch Kokzidien, Cryptosporidien und Nematoden; nur zu verwenden, wenn mit anderen Mitteln kein ähnlicher Effekt herbeizuführen ist.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/177


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 20. Dezember 2006

zur Einsetzung einer wissenschaftlichen Expertengruppe für Ursprungsbezeichnungen, geografische Angaben und garantierte traditionelle Spezialitäten

(2007/71/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (1) ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Bezeichnung auf Gemeinschaftsebene als geschützte geografische Angabe (g.g.A.) bzw. als geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) eingetragen werden kann.

(2)

In der Verordnung (EG) Nr. 509/2006 des Rates vom 20. März 2006 über die garantiert traditionellen Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln (2) ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Bezeichnung auf Gemeinschaftsebene als garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.) eingetragen und geschützt werden kann.

(3)

Um komplexe Probleme wissenschaftlicher und technischer Art zu lösen, die bei der Prüfung der Voraussetzungen zutage treten können, unter denen eine geschützte Ursprungsbezeichnung, eine geschützte geografische Angabe oder eine garantiert traditionelle Spezialität eingetragen werden können, muss die Kommission möglicherweise auf die Sachkenntnisse von Spezialisten zurückgreifen, die in einer beratenden Gruppe vereint sind.

(4)

Der Gruppe müssen beruflich hoch qualifizierte Fachleute aus einem breiten Spektrum wissenschaftlicher und technischer Disziplinen der Land- und Ernährungswirtschaft, der Humanwissenschaften oder des Urheberrechts angehören.

(5)

Daher ist die wissenschaftliche Expertengruppe für Ursprungsbezeichnungen, geografische Angaben und garantierte traditionelle Spezialitäten einzusetzen, ihr Mandat festzulegen und ihr Aufbau zu bestimmen.

(6)

Der mit dem Beschluss 93/53/EWG der Kommission (3) eingesetzte wissenschaftliche Ausschuss für Ursprungsbezeichnungen, geografische Angaben und die Bescheinigungen besonderer Merkmale von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln  ist aufzulösen —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Es wird eine wissenschaftliche Expertengruppe für Ursprungsbezeichnungen, geografische Angaben und garantierte traditionelle Spezialitäten, nachstehend „die Gruppe“ genannt, eingesetzt.

Artikel 2

Auftrag

Die Kommission kann die Gruppe zu allen Fragen betreffend den Schutz von geografischen Angaben und von Ursprungsbezeichnungen sowie von garantierten traditionellen Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln hören, insbesondere zu

der Einhaltung der in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 genannten Kriterien durch eine besondere Bezeichnung, die Gegenstand eines Antrags auf Eintragung ist, insbesondere zu dem Zusammenhang mit den geografischen Verhältnissen oder dem geografischen Ursprung und/oder dem Ruf,

der Einhaltung der in den Artikeln 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 509/2006 genannten Kriterien durch eine besondere Bezeichnung, die Gegenstand eines Antrags auf Eintragung ist, insbesondere zum traditionellen und/oder besonderen Charakter,

einer Gattungsbezeichnung gewordenen Bezeichnungen,

der Beurteilung der Kriterien für redlichen Handel und der Gefahr der Irreführung der Verbraucher bei Konflikten zwischen einer Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe einerseits und bereits eingetragenen Ursprungsbezeichnungen oder geografischen Angaben, Marken, Namen von Pflanzensorten und Tierrassen, gleich lautenden Bezeichnungen oder den Namen bestehender, rechtmäßig im Verkehr befindlicher Erzeugnisse andererseits,

jeder anderen Frage, die angesichts des Zuständigkeitsbereichs der Gruppe von besonderem Interesse ist.

Der Vorsitzende der Gruppe kann die Kommission auf die Zweckmäßigkeit hinweisen, die Gruppe zu einer bestimmten Frage zu konsultieren.

Die Kommission kann die Gruppe gegebenenfalls auffordern, ihre Stellungnahme zu einer bestimmten Frage innerhalb einer bestimmten Frist abzugeben.

Artikel 3

Zusammensetzung — Ernennung

(1)   Die Mitglieder der Gruppe werden von der Kommission nach einem Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen aus einem Kreis von fachlich und wissenschaftlich hoch qualifizierten Spezialisten in den Bereichen nach Artikel 2 ernannt; sie decken zusammen ein möglichst breites Spektrum wissenschaftlicher und technischer Disziplinen ab, und ihre geografische Streuung spiegelt die Vielfalt der wissenschaftlichen Fragen und Ansätze in der Gemeinschaft wider.

(2)   Die Gruppe besteht aus elf Mitgliedern.

Bewerbern, die für geeignet erachtet werden, die aber nicht ernannt wurden, wird die Aufnahme in eine Reserveliste vorgeschlagen. Auf diese Reserveliste kann die Kommission zurückgreifen, wenn Mitglieder zu ersetzen sind.

(3)   Es gilt Folgendes:

Die Mitglieder werden ad personam berufen; sie beraten die Kommission unabhängig von Weisungen von außen. Sie können ihre Befugnisse nicht an ein anderes Mitglied oder an einen Dritten delegieren.

Die Amtszeit der Mitglieder beträgt drei Jahre und kann verlängert werden. Ab der Ernennung nach Absatz 1 können die Mitglieder jedoch nicht länger als drei aufeinander folgende Mandatsperioden im Amt bleiben. Die Mitglieder verbleiben bis zu ihrer Ablösung oder bis zum Ablauf ihrer Amtszeit im Amt.

Mitglieder, die keinen wirksamen Beitrag mehr zur Arbeit der Gruppe zu leisten vermögen, die ihr Amt niederlegen oder die gegen die Verpflichtungen gemäß dem ersten oder zweiten Gedankenstrich oder gemäß Artikel 287 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verstoßen, können für die Dauer ihrer verbleibenden Amtszeit ersetzt werden.

Die Mitglieder verpflichten sich alljährlich schriftlich, im öffentlichen Interesse zu handeln, und geben eine Erklärung ab, in der sie ihrer Unabhängigkeit abträgliche Interessen verneinen oder bestätigen.

Die Namen der Mitglieder werden auf den Internetseiten der GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht. Die Namen werden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) über den Schutz und die Verarbeitung personenbezogener Daten erfasst, verwaltet und veröffentlicht.

Artikel 4

Arbeitsweise

(1)   Die Gruppe wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und zwei stellvertretende Vorsitzende. Die Wahl erfolgt mit einfacher Mehrheit der Mitglieder.

(2)   In Abstimmung mit der Kommission können Untergruppen eingesetzt werden, um auf der Grundlage eines von der Gruppe definierten Mandats Einzelfragen zu prüfen; sie werden nach Erfüllung ihres Mandats unverzüglich aufgelöst.

(3)   Der Vertreter der Kommission kann Sachverständige oder Beobachter mit besonderer Sachkenntnis für ein auf der Tagesordnung stehendes Thema einladen, an der Arbeit der Gruppe oder der Untergruppen mitzuwirken, sofern sich dies als nützlich bzw. erforderlich erweist.

(4)   Im Rahmen der Mitwirkung an den Arbeiten der Gruppe und Untergruppen erhaltene Informationen dürfen nicht weitergegeben werden, wenn die Kommission präzisiert, dass sie Angelegenheiten vertraulicher Art betreffen.

Die Mitglieder dürfen die Informationen, von denen sie als Mitglieder der Gruppe Kenntnis erhalten haben, nicht zu beruflichen Zwecken verwenden.

(5)   Die Sitzungen der Gruppe und ihrer Untergruppen finden im Allgemeinen an einem der Dienstorte der Kommission oder deren Dienststellen zu den von der Kommission festgelegten Modalitäten und Terminen statt. Die Kommissionsdienststellen nehmen die Sekretariatsgeschäfte wahr. Andere interessierte Beamte der Kommission können an diesen Sitzungen teilnehmen.

(6)   Die Gruppe gibt sich eine Geschäftsordnung auf der Grundlage der von der Kommission angenommenen Standardgeschäftsordnung.

(7)   Die Dienststellen der Kommission können im Internet Stellungnahmeersuchen, Tagesordnungen, Sitzungsberichte und die von der Gruppe angenommenen Stellungnahmen in der Originalsprache des betreffenden Dokuments veröffentlichen. Ebenso können sie auch jede Arbeitsunterlage der Gruppe veröffentlichen.

Artikel 5

Sitzungskosten

Die Reise- und Aufenthaltskosten, die den Mitgliedern, Experten und Beobachtern im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Gruppe entstehen, werden von der Kommission nach den innerhalb der Kommission geltenden Bestimmungen erstattet. Die Ausübung der Tätigkeit wird nicht vergütet.

Die Sitzungskosten werden nach Maßgabe der Mittel erstattet, die den betreffenden Dienststellen im Rahmen des jährlichen Verfahrens der Mittelzuweisung zur Verfügung gestellt werden.

Artikel 6

Aufhebung

Der Beschluss 93/53/EWG wird aufgehoben.

Der mit diesem Beschluss eingesetzte Ausschuss bleibt jedoch im Amt, bis die Kommission seine Mitglieder über den Amtsantritt der mit vorliegendem Beschluss eingesetzten Gruppe unterrichtet hat.

Artikel 7

Inkrafttreten

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union wirksam.

Brüssel, den 20. Dezember 2006

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12.

(2)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 1.

(3)  ABl. L 13 vom 21.1.1993, S. 16. Beschluss zuletzt geändert durch den Beschluss 97/656/EG (ABl. L 277 vom 10.10.1997, S. 30.)

(4)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/180


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 20. Dezember 2006

betreffend die Verlängerung bestimmter Beihilfeentscheidungen

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6927)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/72/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 87 und 88,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Geltungsdauer der Verordnungen (EG) Nr. 2204/2002 der Kommission vom 5. Dezember 2002 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Beschäftigungsbeihilfen (1), (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (2) sowie (EG) Nr. 68/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Ausbildungsbeihilfen (3) ist durch die Verordnung (EG) Nr. 1976/2006 der Kommission vom 20. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2204/2002, (EG) Nr. 70/2001 und (EG) Nr. 68/2001 in Bezug auf die Ausdehnung ihrer Anwendungszeiträume (4) bis zum 30. Juni 2008 verlängert worden.

(2)

Um unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden und Rechtssicherheit zu gewährleisten, ist es angebracht, die Geltungsdauer von Entscheidungen der Kommission zu verlängern, die angemeldete Beihilferegelungen, die aufgrund der Freistellungsverordnungen; die Gegenstand dieser Verlängerungsverordnung sind, genehmigt haben —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Unbeschadet der geeigneten Maßnahmen, die die Kommission unter Punkt 107, 3. Gedankenstrich der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2007-2013 (5) am 4. März 2006 vorgeschlagen hat und die von allen Mitgliedstaaten angenommen worden sind, wird die Geltungsdauer von Entscheidungen der Kommission, die Beihilferegelungen aufgrund von Anmeldungen auf der Grundlage der Verordnungen (EG) Nr. 2204/2002, (EG) Nr. 70/2001 und (EG) Nr. 68/2001 vor Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung genehmigt haben, bis zum 30. Juni 2008 verlängert.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Sie ist ab dem 1. Januar 2007 anwendbar.

Brüssel, den 20. Dezember 2006

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  1 ABl. L 337 vom 13.12.2002, S. 3. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1040/2006 (ABl. L 187 vom 8.7.2006, S. 8).

(2)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 33. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1040/2006.

(3)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 20. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1040/2006.

(4)  ABl. L 368 vom 23.12.2006, S. 85.

(5)  ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13.


6.2.2007   

DE

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L 32/181


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 20. Dezember 2006

betreffend die Bestellung der Mitglieder der Prüfgruppe, die mit der Entscheidung 2006/505/EG zur Einsetzung einer Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen zur Beratung der Kommission hinsichtlich der Objektivität und Neutralität der von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) abgegebenen Stellungnahmen eingesetzt wurde

(2007/73/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Entscheidung 2006/505/EG der Kommission vom 14. Juli 2006 zur Einsetzung einer Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen zur Beratung der Kommission hinsichtlich der Objektivität und Neutralität der von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) abgegebenen Stellungnahmen (1),

in Erwägung nachstehenden Grundes:

Gemäß Artikel 3 der Entscheidung der 2006/505/EG bestellt die Kommission höchstens sieben Mitglieder für die Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen aus einem Kreis von unabhängigen Sachverständigen mit Erfahrung und Sachkenntnis auf dem Gebiet der Buchführung und insbesondere der Rechnungslegung, die auf Gemeinschaftsebene weithin anerkannt sind.

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Kommission bestellt hiermit sieben Mitglieder der Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen, deren Namen im Anhang veröffentlicht werden.

Artikel 2

Diese Entscheidung wird am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union wirksam.

Geschehen zu Brüssel am, 20. Dezember 2006

Für die Kommission

Charlie McCREEVY

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 199 vom 21.7.2006, S. 33


ANHANG

VERZEICHNIS DER MITGLIEDER

Josef JÍLEK

Elisabeth KNORR

Carlos Soria SENDRA

Hervé STOLOWY

Enrico LAGHI

Jan KLAASEN

Geoffrey MITCHELL


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/183


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 21. Dezember 2006

zur Festlegung harmonisierter Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme in Anwendung der Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6817)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/74/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientierten Kraft-Wärme-Kopplung im Energiebinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 92/42/EWG (1), insbesondere auf deren Artikel 4 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2004/8/EG legt die Kommission harmonisierte Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme in Form einer nach relevanten Faktoren wie Baujahr und Brennstofftypen aufgeschlüsselten Matrix von Werten fest.

(2)

Die Kommission hat eine ausführlich dokumentierte Analyse gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2004/8/EG abgeschlossen. Aus der Entwicklung der besten verfügbaren und wirtschaftlich vertretbaren Technologien in dem durch diese Analyse abgedeckten Zeitraum ergibt sich, dass bei den harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerten für die getrennte Erzeugung von Strom nach Baujahren der KWK(Kraft-Wärme-Kopplungs)-Blöcke unterschieden werden sollte. Ferner sollten für diese Referenzwerte Korrekturfaktoren auf der Grundlage der klimatischen Bedingungen gelten, denn die Thermodynamik der Stromerzeugung aus Brennstoffen ist abhängig von der Umgebungstemperatur. Weiter sollten Korrekturfaktoren für vermiedene Netzverluste angewendet werden, um Energieeinsparungen zu berücksichtigen, die dadurch zustande kommen, dass aufgrund einer dezentralen Erzeugung das Netz nur begrenzt genutzt wird.

(3)

Hingegen ging aus der Analyse hervor, dass bei den harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerten für die getrennte Erzeugung von Wärme nicht nach Baujahren unterschieden werden muss, da sich in dem durch diese Analyse abgedeckten Zeitraum die Nettoenergieeffizienz von Heizkesseln kaum erhöht hat. Ferner sind keine Korrekturfaktoren auf der Grundlage der klimatischen Bedingungen erforderlich, denn die Thermodynamik der Wärmeerzeugung aus Brennstoffen ist nicht von der Umgebungstemperatur abhängig. Korrekturfaktoren für Wärmeverluste im Netz sind ebenfalls nicht notwendig, da Wärme immer in der Nähe des Erzeugungsortes genutzt wird.

(4)

Die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte stützen sich auf die Grundsätze des Anhangs III Buchstabe f der Richtlinie 2004/8/EG.

(5)

Für Investitionen in die Kraft-Wärme-Kopplung werden stabile Bedingungen sowie fortgesetztes Vertrauen der Investoren benötigt. Im Hinblick darauf ist es sinnvoll, für einen KWK-Block für einen längeren Zeitraum (zehn Jahre) dieselben Referenzwerte beizubehalten. Unter Berücksichtigung des Hauptziels der Richtlinie 2004/8/EG, zur Einsparung von Primärenergie die Kraft-Wärme-Kopplung zu fördern, sollte jedoch ein Anreiz zur Nachrüstung älterer KWK-Blöcke gegeben werden, damit deren Energieeffizienz erhöht wird. Daher sollten die für KWK-Blöcke geltenden Wirkungsgrad-Referenzwerte für Strom ab dem elften Jahr nach dem Bau des jeweiligen Blocks strenger sein.

(6)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für Kraft-Wärme-Kopplung —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Festlegung der harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte

Die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme werden in den Anhängen I und II festgelegt.

Artikel 2

Korrekturfaktoren für die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom

1.   Die Mitgliedstaaten wenden die in Anhang III Buchstabe a genannten Korrekturfaktoren an, um die in Anhang I festgelegten harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte an die durchschnittlichen klimatischen Bedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten anzupassen.

Die Korrekturfaktoren für die durchschnittlichen klimatischen Bedingungen gelten nicht für KWK-Technologien mit Brennstoffzellen.

Werden im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates auf der Grundlage der offiziellen meteorologischen Daten Unterschiede von 5 oC oder mehr bei den jährlichen Umgebungstemperaturen festgestellt, kann dieser Mitgliedstaat nach Mitteilung an die Kommission zur Anwendung von Unterabsatz 1 mehrere Klimazonen zugrunde legen, wobei das in Anhang III Buchstabe b genannte Verfahren anzuwenden ist.

2.   Die Mitgliedstaaten wenden die in Anhang IV genannten Korrekturfaktoren an, um die in Anhang I festgelegten harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte aufgrund vermiedener Netzverluste anzupassen.

Die Korrekturfaktoren für vermiedene Netzverluste gelten nicht für Holzbrennstoffe und Biogas.

3.   Wenden die Mitgliedstaaten sowohl die in Anhang III Buchstabe a als auch die in Anhang IV genannten Korrekturfaktoren an, so geht die Anwendung von Anhang III Buchstabe a der Anwendung von Anhang IV voraus.

Artikel 3

Anwendung der harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte

1.   Die Mitgliedstaaten wenden die in Anhang I festgelegten harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte des Baujahres des jeweiligen KWK-Blocks an. Diese gelten zehn Jahre ab dem Baujahr des jeweiligen KWK-Blocks.

2.   Ab dem elften Jahr nach dem Jahr des Baus des jeweiligen KWK-Blocks wenden die Mitgliedstaaten die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte an, die gemäß Absatz 1 für einen zehn Jahre alten KWK-Block gelten. Diese Wirkungsgrad-Referenzwerte gelten ein Jahr lang.

3.   Für die Zwecke dieses Artikels gilt als Baujahr eines KWK-Blocks das Kalenderjahr, in dem die Stromerzeugung aufgenommen wurde.

Artikel 4

Nachrüstung eines KWK-Blocks

Betragen die Kosten der Nachrüstung eines bestehenden KWK-Blocks mehr als 50 % der Investitionskosten eines vergleichbaren neuen KWK-Blocks, gilt das Kalenderjahr, in dem der nachgerüstete KWK-Block zum ersten Mal Strom erzeugt, als Baujahr für die Zwecke des Artikels 3.

Artikel 5

Brennstoffmix

Wird der KWK-Block mit einem Brennstoffmix betrieben, sind die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung proportional zum gewichteten Mittel der Energiezufuhr der einzelnen Brennstoffe anzuwenden.

Artikel 6

Adressaten

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 21. Dezember 2006

Für die Kommission

Andris PIEBALGS

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 52 vom 21.2.2004, S. 50.


ANHANG I

Harmonisierte Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom (gemäß Artikel 1)

Die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Strom in nachstehender Tabelle beruhen auf dem Netto-Heizwert und ISO-Standardbedingungen (15 oC Umgebungstemperatur bei 1,013 bar und 60 % relativer Luftfeuchtigkeit).

 

Baujahr:

Art des Brennstoffs:

bis einschließlich 1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006-2011

Feststoff

Steinkohle/Koks

39,7  %

40,5  %

41,2  %

41,8  %

42,3  %

42,7  %

43,1  %

43,5  %

43,8  %

44,0  %

44,2  %

Braunkohle/Braunkohlebriketts

37,3  %

38,1  %

38,8  %

39,4  %

39,9  %

40,3  %

40,7  %

41,1  %

41,4  %

41,6  %

41,8  %

Torf/Torfbriketts

36,5  %

36,9  %

37,2  %

37,5  %

37,8  %

38,1  %

38,4  %

38,6  %

38,8  %

38,9  %

39,0  %

Holzbrennstoffe

25,0  %

26,3  %

27,5  %

28,5  %

29,6  %

30,4  %

31,1  %

31,7  %

32,2  %

32,6  %

33,0  %

Landwirtschaftliche Biomasse

20,0  %

21,0  %

21,6  %

22,1  %

22,6  %

23,1  %

23,5  %

24,0  %

24,4  %

24,7  %

25,0  %

Biologisch abbaubare (Siedlungs-)Abfälle

20,0  %

21,0  %

21,6  %

22,1  %

22,6  %

23,1  %

23,5  %

24,0  %

24,4  %

24,7  %

25,0  %

Nicht erneuerbare (Siedlungs- und Industrie-) Abfälle

20,0  %

21,0  %

21,6  %

22,1  %

22,6  %

23,1  %

23,5  %

24,0  %

24,4  %

24,7  %

25,0  %

Ölschiefer

38,9  %

38,9  %

38,9  %

38,9  %

38,9  %

38,9  %

38,9  %

38,9  %

38,9  %

38,9  %

39,0  %

Flüssigkeit

Öl (Gasöl + Rückstandsheizöl), LPG

39,7  %

40,5  %

41,2  %

41,8  %

42,3  %

42,7  %

43,1  %

43,5  %

43,8  %

44,0  %

44,2  %

Biobrennstoffe

39,7  %

40,5  %

41,2  %

41,8  %

42,3  %

42,7  %

43,1  %

43,5  %

43,8  %

44,0  %

44,2  %

Biologisch abbaubare Abfälle

20,0  %

21,0  %

21,6  %

22,1  %

22,6  %

23,1  %

23,5  %

24,0  %

24,4  %

24,7  %

25,0  %

Nicht erneuerbare Abfälle

20,0  %

21,0  %

21,6  %

22,1  %

22,6  %

23,1  %

23,5  %

24,0  %

24,4  %

24,7  %

25,0  %

Gas

Erdgas

50,0  %

50,4  %

50,8  %

51,1  %

51,4  %

51,7  %

51,9  %

52,1  %

52,3  %

52,4  %

52,5  %

Raffineriegas/Wasserstoff

39,7  %

40,5  %

41,2  %

41,8  %

42,3  %

42,7  %

43,1  %

43,5  %

43,8  %

44,0  %

44,2  %

Biogas

36,7  %

37,5  %

38,3  %

39,0  %

39,6  %

40,1  %

40,6  %

41,0  %

41,4  %

41,7  %

42,0  %

Kokereigas, Hochofengas, andere Abfallgase, rückgewonnene Abwärme

35 %

35 %

35 %

35 %

35 %

35 %

35 %

35 %

35 %

35 %

35 %


ANHANG II

Harmonisierte Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Wärme (gemäß Artikel 1)

Die harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Wärme in nachstehender Tabelle beruhen auf dem Netto-Heizwert und ISO-Standardbedingungen (15 oC Umgebungstemperatur bei 1,013 bar und 60 % relativer Luftfeuchtigkeit).

 

Art des Brennstoffs:

Dampf (*1) /Heißwasser

unmittelbare Nutzung von Abgasen (*2)

Feststoff

Steinkohle/Koks

88 %

80 %

Braunkohle/Braunkohlebriketts

86 %

78 %

Torf/Torfbriketts

86 %

78 %

Holzbrennstoffe

86 %

78 %

Landwirtschaftliche Biomasse

80 %

72 %

Biologisch abbaubare (Siedlungs-) Abfälle

80 %

72 %

Nicht erneuerbare (Siedlungs- und Industrie-) Abfälle

80 %

72 %

Ölschiefer

86 %

78 %

Flüssigkeit

Öl (Gasöl + Rückstandsheizöl), LPG

89 %

81 %

Biobrennstoffe

89 %

81 %

Biologisch abbaubare Abfälle

80 %

72 %

Nicht erneuerbare Abfälle

80 %

72 %

Gas

Erdgas

90 %

82 %

Raffineriegas/Wasserstoff

89 %

81 %

Biogas

70 %

62 %

Kokereigas, Hochofengas + andere Abfallgase

80 %

72 %


(*1)  Die Wirkungsgrade für Dampf sind absolut um 5 Prozentpunkte zu senken, wenn Mitgliedstaaten, die Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie 2004/8/EG anwenden, bei den Berechnungen für KWK-Blöcke die Kondensatrückführung berücksichtigen.

(*2)  Die Werte für die unmittelbare Nutzung von Wärme sind zu verwenden, wenn die Temperatur 250 oC oder mehr beträgt.


ANHANG III

Korrekturfaktoren auf der Grundlage der durchschnittlichen klimatischen Bedingungen und Verfahren zur Festlegung von Klimazonen bei der Anwendung der harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte auf die getrennte Erzeugung von Strom (gemäß Artikel 2 Absatz 1)

a)

Korrekturfaktoren auf der Grundlage der durchschnittlichen klimatischen Bedingungen

Die Korrektur der Umgebungstemperatur stützt sich auf die Differenz zwischen der jährlichen Durchschnittstemperatur in einem Mitgliedstaat und den ISO-Standardbedingungen (15 oC). Es werden folgende Korrekturen vorgenommen:

Herabsetzung des Wirkungsgrades um 0,1 Prozentpunkte für jedes Grad Celsius über 15 oC;

Heraufsetzung des Wirkungsgrades um 0,1 Prozentpunkte für jedes Grad Celsius unter 15 oC.

Beispiel:

Beträgt die jährliche Durchschnittstemperatur in einem Mitgliedstaat 10 oC, muss der Referenzwert eines KWK-Blocks in diesem Mitgliedstaat um 0,5 Prozentpunkte heraufgesetzt werden.

b)

Verfahren zur Festlegung der Klimazonen

Die Grenzen der einzelnen Klimazonen werden durch Isothermen (in vollen Grad Celsius) der jährlichen mittleren Umgebungstemperaturen gebildet, die jeweils um mindestens 4 oC voneinander abweichen. Die Temperaturdifferenz zwischen den mittleren jährlichen Umgebungstemperaturen in angrenzenden Klimazonen muss mindestens 4 oC betragen.

Beispiel:

In einem Mitgliedstaat beträgt die mittlere jährliche Umgebungstemperatur an Ort A 12 oC und an Ort B 6 oC. Die Differenz ist größer als 5 oC. Der Mitgliedstaat kann nun zwei Klimazonen bestimmen, die durch die Isotherme 9 oC getrennt werden: eine Klimazone zwischen den Isothermen 9 oC und 13 oC mit einer mittleren jährlichen Umgebungstemperatur von 11 oC und eine zweite Klimazone zwischen den Isothermen 5 oC und 9 oC mit einer mittleren jährlichen Umgebungstemperatur von 7 oC.


ANHANG IV

Korrekturfaktoren für vermiedene Netzverluste bei der Anwendung der harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte auf die getrennte Erzeugung von Strom (gemäß Artikel 2 Absatz 2)

Netzspannung:

ins Netz eingespeister Strom

vor Ort verbrauchter Strom

> 200 kV

1

0,985

100-200 kV

0,985

0,965

50-100 kV

0,965

0,945

0,4 -50 kV

0,945

0,925

> 0,4 kV

0,925

0,860

Beispiel:

Ein 100-kWel-KWK-Block mit einem erdgasbetriebenen Kolbenmotor produziert Strom mit einer Spannung von 380 V. Hiervon sind 85 % für den Eigenverbrauch bestimmt, 15 % werden ins Netz eingespeist. Die Anlage wurde 1999 errichtet. Die jährliche Umgebungstemperatur beträgt 15 oC (eine Korrektur aufgrund der klimatischen Bedingungen ist daher nicht erforderlich).

Gemäß Anhang I dieser Entscheidung beträgt der harmonisierte Wirkungsgrad-Referenzwert für Erdgas für das Jahr 1999 51,1 %. Nach der Korrektur für Netzverluste ergibt sich — auf der Grundlage des gewichteten Mittels der in diesem Anhang genannten Faktoren — folgender Wirkungsgrad-Referenzwert für die getrennte Erzeugung von Strom in diesem KWK-Block:

Ref Eη = 51,1 % * (0,860 * 85 % + 0,925 * 15 %) = 44,4 %


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/189


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 22. Dezember 2006

zur Einsetzung einer Sachverständigengruppe „Verrechnungspreise“

(2007/75/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In der von den Kommissionsdienststellen erstellten Studie „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“ (1) wurde festgestellt, dass steuerliche Probleme im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen im Rahmen des Binnenmarktes eine immer größere Bedeutung erlangen.

(2)

In ihrer Mitteilung „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse — Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“ (2) wies die Kommission auf die Notwendigkeit hin, die Fachkenntnisse von Spezialisten im Bereich der Verrechnungspreise in Anspruch zu nehmen.

(3)

Im Jahre 2002 wurde das „Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum“ informell eingesetzt.

(4)

Seither hat sich das „Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum“ als ein nützliches Gremium für die Diskussion zwischen Mitgliedstaaten und Privatwirtschaft erwiesen; dies bewog die Kommission, zwei Verhaltenskodexe vorzuschlagen, die nacheinander von den Mitgliedstaaten im Rat angenommen wurden.

(5)

In Anbetracht der positiven Erfahrungen mit dem Forum und des Umstands, dass die Kommission weiterhin ein solches Gremium benötigt, sollte die Fortführung der weiteren Arbeiten des Forums auf einen formellen Rechtsakt gegründet werden. Daher ist es erforderlich, eine Sachverständigengruppe im Bereich der Verrechnungspreise einzusetzen und ihre Aufgaben und ihre Zusammensetzung festzulegen.

(6)

Der Sachverständigengruppe „Verrechnungspreise“ sollten Verrechnungspreisexperten aus den staatlichen Verwaltungen und der Privatwirtschaft angehören.

(7)

Die Sachverständigengruppe „Verrechnungspreise“ sollte die Kommission in steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen unterstützen und beraten.

(8)

Unbeschadet der Sicherheitsvorschriften im Anhang der Geschäftsordnung der Kommission gemäß Beschluss 2001/844/EG, EGKS, Euratom (3) sind Regeln für die Offenlegung von Informationen durch die Mitglieder der Gruppe festzulegen.

(9)

Personenbezogene Daten der Mitglieder der Gruppe sind gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (4) zu behandeln.

(10)

Es ist angezeigt, für die Anwendung dieses Beschlusses einen begrenzten Zeitraum vorzusehen. Die Kommission wird zu gegebener Zeit prüfen, ob eine Verlängerung sinnvoll ist —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Sachverständigengruppe „Verrechnungspreise“

Mit Wirkung vom 1. März 2007 wird eine Sachverständigengruppe „Verrechnungspreise“, nachstehend die „Gruppe“ genannt, eingesetzt.

Die Gruppe trägt die Bezeichnung „Gemeinsames EU-Verrechnungspreisforum“.

Artikel 2

Aufgaben

Die Gruppe hat zur Aufgabe,

ein Gremium zu bilden, in dessen Rahmen Sachverständige der Wirtschaft und der nationalen Steuerverwaltungen Verrechnungspreisprobleme erörtern können, die die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit in der Gemeinschaft behindern,

die Kommission in steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen zu beraten und

die Kommission dabei zu unterstützen, mit den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen (5) zu vereinbarende praktische Lösungen zu finden, die eine einheitlichere Anwendung der Verrechnungspreisregelungen in der Gemeinschaft ermöglichen.

Artikel 3

Konsultation der Gruppe

1.   Die Kommission kann sich in allen Verrechnungspreisfragen an die Gruppe wenden.

2.   Der Vorsitz der Gruppe kann die Kommission darauf hinweisen, dass es zweckmäßig sei, die Gruppe zu einer bestimmten Frage zu hören.

Artikel 4

Zusammensetzung — Ernennung der Mitglieder

1.   Die Gruppe setzt sich aus bis zu 43 Mitgliedern zusammen, nämlich

(a)

je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats,

(b)

bis zu 15 Vertretern der Privatwirtschaft und

(c)

einem Vorsitzenden.

2.   Die Mitglieder, die die Mitgliedstaaten vertreten, werden jeweils von der betreffenden nationalen Behörde ernannt. Diese Mitglieder sind Beamte, die sich mit Verrechnungspreisfragen befassen.

3.   Die Mitglieder aus der Privatwirtschaft werden von der Kommission aus dem Kreis von Fachleuten ernannt, die über Fachkompetenz und Erfahrungen im Bereich der Verrechnungspreise verfügen.

4.   Bewerber, die als Mitglieder geeignet sind, aber nicht ernannt werden, können auf eine Reserveliste gesetzt werden, die die Kommission benutzen kann, um Ersatzmitglieder zu ernennen.

5.   Die Mitglieder der Privatwirtschaft werden ad personam ernannt und beraten die Kommission unabhängig von externen Weisungen.

6.   Sie unterrichten die Kommission rechtzeitig über Interessenkonflikte, die ihre Objektivität beeinträchtigen könnten.

7.   Die Kommission ernennt einen Vorsitzenden.

8.   Die Mitglieder der Gruppe werden auf zwei Jahre ernannt; ihre Amtszeit kann verlängert werden. Sie üben ihr Amt bis zu ihrer Ersetzung oder bis zum Ablauf ihrer Amtszeit aus.

9.   Mitglieder können für die Dauer ihrer verbleibenden Amtszeit ersetzt werden, wenn

(a)

sie ihr Amt niederlegen;

(b)

sie nicht mehr in der Lage sind, einen wirksamen Beitrag zur Arbeit der Gruppe zu leisten;

(c)

sie gegen Artikel 287 EG-Vertrag verstoßen;

(d)

sie unter Verstoß gegen Absatz 5 nicht von externen Weisungen unabhängig sind;

(e)

sie unter Verstoß gegen Absatz 6 die Kommission nicht rechtzeitig über einen Interessenkonflikt unterrichten.

10.   Die Namen der Mitglieder, die ad personam ernannt werden, werden auf der Webseite der GD TAXUD veröffentlicht. Die Namen der Mitglieder werden in Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 erfasst, verarbeitet und veröffentlicht.

Artikel 5

Arbeitsweise

1.   Die Gruppe kann mit Einverständnis der Kommission Untergruppen einrichten, die gemäß dem von der Gruppe erteilten Mandat besondere Fragen untersuchen. Die Untergruppen werden aufgelöst, sobald sie ihr Mandat erfüllt haben.

2.   Der Vertreter der Kommission kann Experten oder Beobachter mit besonderer Sachkenntnis in einer auf der Tagsordnung stehenden Frage zur Teilnahme an den Arbeiten der Gruppe oder den Beratungen oder Arbeiten einer Untergruppe auffordern, wenn dies nach Auffassung der Kommission erforderlich oder nützlich ist.

Insbesondere können Vertreter der Bewerberländer und des OECD-Sekretariats als Beobachter eingeladen werden.

3.   Informationen, die durch Teilnahme an den Beratungen oder Arbeiten der Gruppe oder einer Untergruppe erlangt werden, dürfen nicht weitergegeben werden, wenn sie nach Auffassung der Kommission vertrauliche Angelegenheiten betreffen.

4.   Die Sitzungen der Gruppe und ihrer Untergruppen finden normalerweise in Räumlichkeiten der Kommission gemäß den von der Kommission festgelegten Modalitäten und Terminen statt. Die Sekretariatsgeschäfte werden von der Kommission wahrgenommen.

5.   Beamte der Kommission, die sich mit den behandelten Themen befassen, dürfen an den Sitzungen teilnehmen.

6.   Die Gruppe gibt sich eine Geschäftsordnung auf der Grundlage der von der Kommission angenommenen Mustergeschäftsordnung.

7.   Die Kommission kann alle Protokolle, Schlussfolgerungen, Auszüge aus Schlussfolgerungen und Arbeitsunterlagen der Gruppe in der Originalsprache veröffentlichen oder ins Internet stellen (6).

Artikel 6

Kostenerstattung

Den Gruppenmitgliedern, Sachverständigen und Beobachtern werden die im Rahmen der Tätigkeit der Gruppe anfallenden Reise- und gegebenenfalls Aufenthaltskosten von der Kommission gemäß den für externe Sachverständige geltenden Vorschriften erstattet.

Die Tätigkeit der Mitglieder, Sachverständigen und Beobachter wird nicht vergütet.

Die Sitzungskosten werden nach Maßgabe der Mittel erstattet, die der Gruppe jährlich von der zuständigen Kommissionsdienststelle zur Verfügung gestellt werden.

Artikel 7

Ende der Geltungsdauer

Die Geltungsdauer des Beschlusses endet am 31. März 2011.

Brüssel, den 22. Dezember 2006

Für die Kommission

László KOVÁCS

[Mitglied der Kommission]


(1)  SEK(2001) 1681 vom 23.10.2001

(2)  KOM(2001) 582 endgültig vom 23.10.2001

(3)  ABl. L 317 vom 3.12.2001, S. 1.

(4)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(5)  OECD-Verrechnungspreisgrundsätze für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, angenommen im Juli 1995.

(6)  http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/company_tax/transfer_pricing/forum/index_en.htm


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/192


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 22. Dezember 2006

zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden bezüglich der Amtshilfe

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6903)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2007/76/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 4, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 8 Absatz 7, Artikel 9 Absatz 4, Artikel 10 Absatz 3, Artikel 12 Absatz 6, Artikel 13 Absatz 5 und Artikel 15 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 regelt, wie die für die Durchsetzung der Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten untereinander und mit der Kommission zusammenarbeiten, um im Interesse des Schutzes der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher zu gewährleisten, dass diese Gesetze eingehalten werden und dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert.

(2)

In der Verordnung ist vorgesehen, dass sich diese zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten untereinander vernetzen.

(3)

Es ist notwendig, Maßnahmen zur Durchführung der Bestimmungen dieser Verordnung zu treffen, die die Verfahren und Bedingungen für die Amtshilfe unter den zuständigen Behörden sowie die Stellung der zentralen Verbindungsstelle betreffen.

(4)

Damit das System effizient operieren kann, soll festgelegt werden, welche Informationen jedes Amtshilfeersuchen mindestens enthalten muss. Außerdem sollen Regeln hinsichtlich des Inhalts der Standardformulare, mit deren Hilfe die Informationen ausgetauscht werden, aufgestellt werden, um eine effizientere und leichtere Verarbeitung dieser Informationen zu ermöglichen.

(5)

Für sämtliche Schritte des Amtshilfeverfahrens sollen Fristen festgelegt werden, damit ein zügiger Verfahrensablauf gewährleistet ist.

(6)

Es sollen Regeln für die Meldung innergemeinschaftlicher Verstöße aufgestellt werden, damit in allen betroffenen Mitgliedstaaten unverzüglich und wirksam vorgegangen werden kann.

(7)

Da die Informationen, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 ausgetauscht werden, oft sensibel sein können, sollen angemessene Regeln zur Beschränkung des Zugriffs auf diese Informationen aufgestellt werden.

(8)

Mit geeigneten allgemeinen Regelungen soll gewährleistet werden, dass die Kommunikation nicht durch sprachliche Probleme behindert wird, gleichzeitig aber im Einzelfall ein flexibles Vorgehen möglich ist.

(9)

Nach Auswertung der Erfahrungen, die mit der Arbeit der zuständigen einzelstaatlichen Durchsetzungsbehörden in den Kooperationsnetzen gesammelt werden, können weitere Maßnahmen getroffen werden.

(10)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Diese Entscheidung regelt die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 bezüglich der Amtshilfe unter den zuständigen Behörden und die Einzelheiten dieser Amtshilfe.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Entscheidung, für die außerdem die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 gelten, bezeichnet der Begriff

1.

„Datenbank“ die Datenbank nach Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004;

2.

„Warnmeldung“ eine Meldung eines innergemeinschaftlichen Verstoßes nach Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004;

3.

„vertrauliche Behandlung“ die Behandlung von Informationen unter Wahrung der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und des Geschäftsgeheimnisses nach Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004;

4.

„Rechtsgrundlage“ die Rechtsvorschrift zum Schutz der Verbraucherinteressen, die Gegenstand eines innergemeinschaftlichen Verstoßes ist oder sein könnte, wobei die einschlägige Bestimmung im Recht des Mitgliedstaates der ersuchenden Behörde genau anzugeben ist.

Artikel 3

Informationsvorschriften

In Kapitel 1 des Anhangs dieser Entscheidung ist geregelt, welche Informationen nach der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 erteilt werden müssen und in welchem Format dies zu geschehen hat.

Artikel 4

Fristen

In Kapitel 2 des Anhangs dieser Entscheidung ist geregelt, welche Fristen für die verschiedenen Phasen des Amtshilfeverfahrens nach der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 gelten.

Artikel 5

Warnmeldungen

In Kapitel 3 des Anhangs dieser Entscheidung ist geregelt, wie die Warnmeldungen zu erfolgen haben.

Artikel 6

Zugriff auf die ausgetauschten Informationen

In Kapitel 4 des Anhangs dieser Entscheidung sind Einschränkungen für den Zugriff auf die nach der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 ausgetauschten Informationen festgelegt.

Artikel 7

Sprachen

In Kapitel 5 des Anhangs dieser Entscheidung ist geregelt, welche Sprachen für Ersuchen und für die Übermittlung von Informationen nach der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 zu verwenden sind.

Artikel 8

Geltungsbeginn

Diese Entscheidung gilt ab dem 29. Dezember 2006.

Artikel 9

Adressaten

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, 22. Dezember 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


ANHANG

Regeln für die Amtshilfe unter den zuständigen Behörden nach den Kapiteln II und III der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004

1.   KAPITEL 1 – INFORMATIONSVORSCHRIFTEN

1.1.   Informationsfelder in den Datenbank-Standardformularen, auf die den zuständigen Behörden Zugriff zu gewähren ist

Die Felder, auf die in den verschiedenen Standardformularen in der Datenbank Zugriff zu gewähren ist, lassen sich folgendermaßen definieren:

a)   Einzelheiten über die Behörden und Beamten, die mit innergemeinschaftlichen Verstößen befasst sind

i)

zuständige Behörde

ii)

zentrale Verbindungsstelle

iii)

zuständiger Beamter

b)   Einzelheiten über den Verkäufer oder Dienstleistungserbringer, der für einen erwiesenen oder vermuteten innergemeinschaftlichen Verstoß verantwortlich ist

i)

Name

ii)

sonstige Firmennamen

iii)

ggf. Name der Muttergesellschaft

iv)

Art der Geschäftstätigkeit

v)

Adresse(n)

vi)

E-Mail-Adresse

vii)

Telefonnummer

viii)

Faxnummer

ix)

Website

x)

IP-Adresse

xi)

Name(n) des (der) Unternehmensleiter(s) (ggf.)

c)   Informationen betreffend den Informationsaustausch ohne Ersuchen (Warnmeldungen) (Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004)

i)

Art des innergemeinschaftlichen Verstoßes

ii)

Status des innergemeinschaftlichen Verstoßes (festgestellt, begründeter Verdacht)

iii)

Rechtsgrundlage

iv)

kurze Zusammenfassung

v)

geschätzte Anzahl der voraussichtlich geschädigten Verbraucher und geschätzter finanzieller Schaden

vi)

Notwendigkeit einer vertraulichen Behandlung

vii)

beigefügte Unterlagen (insbesondere im Zusammenhang mit Aussagen und sonstigem Beweismaterial)

d)   Informationen betreffend Amtshilfeersuchen (Artikel 6 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004)

i)

Aufenthaltsort der voraussichtlich geschädigten Verbraucher

ii)

Bezeichnung des Produkts oder der Dienstleistung

iii)

COICOP-Code, [Klassifikation des individuellen Verbrauchs nach Verwendungszwecken (statistische Methodologie der Vereinten Nationen, http://unstats.un.org/unsd/cr/registry/regcst.asp? Cl=5)]

iv)

Rechtsgrundlage

v)

eingesetztes Werbe- oder Verkaufsmedium

vi)

Art des innergemeinschaftlichen Verstoßes

vii)

Status des innergemeinschaftlichen Verstoßes (festgestellt, begründeter Verdacht)

viii)

geschätzte Anzahl der voraussichtlich geschädigten Verbraucher und geschätzter finanzieller Schaden

ix)

vorgeschlagener Zeitplan für eine Beantwortung

x)

beigefügte Unterlagen (insbesondere im Zusammenhang mit Aussagen und sonstigem Beweismaterial), Notwendigkeit einer vertraulichen Behandlung

xi)

Beschreibung der gewünschten Hilfe

xii)

ggf. Verweis auf Warnmeldung

xiii)

Liste der ersuchten Behörden und der betroffenen Mitgliedstaaten

xiv)

Antrag auf Begleitung der Ermittlungsarbeiten durch einen zuständigen Beamten (Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004)

1.2.   Mindestumfang der Informationen, die Amtshilfeersuchen und Warnmeldungen enthalten müssen (Artikel 6, 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004)

1.2.1.

In Amtshilfeersuchen oder Warnmeldungen erteilt die ersuchende Behörde alle ihr vorliegenden Auskünfte, die den ersuchten Behörden dabei helfen können, dem Ersuchen nachzukommen bzw. — im Fall einer Warnmeldung — geeignete Maßnahmen zu ergreifen; anzugeben ist auch, ob bestimmte Informationen vertraulich behandelt werden müssen.

1.2.2.

In einem Auskunftsersuchen nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 macht die ersuchende Behörde zumindest folgende Angaben:

a)

Art des vermuteten innergemeinschaftlichen Verstoßes und dessen Rechtsgrundlage;

b)

ausreichende Angaben zur Beschreibung des Verhaltens oder der Praxis, die Gegenstand der Ermittlungen ist;

c)

nähere Angaben zu den gewünschten Informationen.

1.2.3.

In einem Durchsetzungsersuchen nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 liefert die ersuchende Behörde der ersuchten Behörde zumindest folgende Informationen:

a)

Identität des Verkäufers oder Dienstleistungserbringers, gegen den sich die gewünschte Durchsetzungsmaßnahme richtet;

b)

Einzelheiten des Verhaltens oder der Praxis, das/die Gegenstand der Ermittlungen ist;

c)

juristische Einordnung des innergemeinschaftlichen Verstoßes nach geltendem Recht sowie Rechtsgrundlage;

d)

Nachweis der Schädigung der kollektiven Verbraucherinteressen, einschließlich einer Schätzung der Anzahl der voraussichtlich geschädigten Verbraucher.

1.3.   Beantwortung der Amtshilfeersuchen

1.3.1.

Bei der Beantwortung eines Auskunftsersuchens nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 macht die ersuchte Behörde alle von der ersuchenden Behörde gewünschten Angaben, damit festgestellt werden kann, ob ein innergemeinschaftlicher Verstoß vorliegt oder ob ein entsprechender begründeter Verdacht besteht.

1.3.2.

Bei der Beantwortung eines Durchsetzungsersuchens nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 teilt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde mit, welche Maßnahmen getroffen wurden oder geplant sind und welche Befugnisse ausgeübt wurden oder werden, um dem Ersuchen nachzukommen.

1.3.3.

In jedem Fall gibt die ersuchte Behörde an, ob bestimmte Informationen vertraulich behandelt werden müssen.

1.3.4.

Lehnt eine zuständige Behörde ein Ersuchen nach Artikel 15 Absatz 2, 3 oder 4 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 ab, so muss sie die Gründe hierfür in ihrer Beantwortung darlegen.

1.4.   Zusätzliche Befugnisse, die den zuständigen Behörden nach nationalem Recht eingeräumt werden

Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten mit Hilfe des Diskussionsforums, das in der Datenbank eingerichtet wird, wenn sie den zuständigen Behörden Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse eingeräumt haben, die über die Befugnisse nach Artikel 4 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 hinausgehen.

1.5.   Benennung von Stellen nach Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004, die ein legitimes Interesse an der Einstellung oder dem Verbot innergemeinschaftlicher Verstöße haben

1.5.1.

Teilt ein Mitgliedstaat nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten mit, dass er nach Artikel 4 Absatz 2 Satz 2der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 eine Stelle benannt hat, die ein legitimes Interesse an der Einstellung oder dem Verbot innergemeinschaftlicher Verstöße hat, so gibt er auch im Einzelnen an, welche Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse dieser Stelle eingeräumt worden sind.

1.5.2.

Eine ersuchte Behörde, die nach Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 beabsichtigt, eine Stelle anzuweisen, die ein legitimes Interesse an der Einstellung oder dem Verbot innergemeinschaftlicher Verstöße hat, liefert der ersuchenden Behörde genügend Informationen über diese Stelle, damit letztere feststellen kann, ob die Bedingungen in Artikel 8 Absatz 4 erfüllt sind. Vor der Anweisung dieser Stelle holt die ersuchte Behörde das Einverständnis der ersuchenden Behörde ein, die im Einzelnen angibt, welche der gelieferten Informationen die ersuchte Behörde an diese Stelle weitergeben darf.

2.   KAPITEL 2 — FRISTEN

2.1.   Amtshilfeersuchen und Beantwortung

2.1.1.

Die ersuchten Behörden kommen Amtshilfeersuchen unter Ausübung aller geeigneten Ermittlung- und Durchsetzungsbefugnisse nach besten Kräften und unverzüglich nach.

2.1.2.

Die ersuchende und die ersuchte Behörde einigen sich von Fall zu Fall auf die Fristen für die Beantwortung der Amtshilfeersuchen nach den Artikeln 6 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004; hierzu nutzen sie die Standardformulare in der Datenbank.

2.1.3.

Lässt sich keine Einigung erzielen, so antwortet die ersuchte Behörde spätestens 14 Tage, nachdem sie das Ersuchen über ihre zentrale Verbindungsstelle erhalten hat; dabei liefert die ersuchte Behörde alle ihr vorliegenden Informationen und beschreibt die bereits getroffenen oder noch geplanten Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen (einschließlich der entsprechenden Fristen). Die ersuchte Behörde hält die ersuchende Behörde über diese Maßnahmen mindestens einmal monatlich auf dem Laufenden,

a)

bis der ersuchenden Behörde alle gewünschten Informationen übermittelt worden sind, anhand deren sich feststellen lässt, ob ein innergemeinschaftlicher Verstoß vorliegt oder ob ein begründeter Verdacht besteht, dass ein solcher bevorstehen könnte,

oder

b)

bis der innergemeinschaftliche Verstoß beendet ist oder sich das Ersuchen als unbegründet erwiesen hat.

2.1.4.

Die zentrale Verbindungsstelle der ersuchten Behörde leitet alle Ersuchen, die sie über die zentrale Verbindungsstelle eines ersuchenden Landes erhalten hat, an die geeignete zuständige Behörde weiter; dies geschieht so bald wie möglich, spätestens aber zwei Arbeitstage nach Erhalt des Ersuchens.

2.1.5.

Die ersuchende Behörde meldet der Kommission die Schließung der Akte und löscht die Informationen in der Datenbank, sobald dies technisch möglich ist, spätestens aber sieben Tage später, wenn im Gefolge eines Ersuchens nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004

a)

die ausgetauschten Informationen keine Warnmeldung und kein Ersuchen nach Artikel 8 nach sich ziehen,

oder

b)

feststeht, dass kein innergemeinschaftlicher Verstoß vorliegt.

2.2.   Warnmeldungen

2.2.1.

Eine zuständige Behörde formuliert eine Warnmeldung, sobald dies technisch möglich ist, spätestens aber sieben Tage nach dem Tag, an dem sie von einem innergemeinschaftlichen Verstoß erfahren oder seit dem ein begründeter Verdacht besteht, dass ein solcher Verstoß bevorstehen könnte.

2.2.2.

Wenn sich eine Warnmeldung als unbegründet erweist, zieht die zuständige Behörde sie zurück, sobald dies technisch möglich ist, spätestens aber binnen sieben Tagen. Die Kommission löscht alle in der Datenbank gespeicherten Informationen im Zusammenhang mit einer unbegründeten Warnmeldung, sobald dies technisch möglich ist, spätestens aber sieben Tage, nachdem die zuständige Behörde die Warnmeldung zurückgezogen hat.

3.   KAPITEL 3 — ÜBERMITTLUNG VON WARNMELDUNGEN

Eine zuständige Behörde, die eine Warnmeldung veranlasst, übermittelt diese mit Hilfe des geeigneten Standardformulars in der Datenbank an die Kommission und die Behörden, die in den übrigen Mitgliedstaaten für die Durchsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften zuständig sind. Die meldende zuständige Behörde allein trifft die Entscheidung, welche Mitgliedstaaten diese Warnmeldung erhalten.

4.   KAPITEL 4 — ZUGRIFF AUF DIE AUSGETAUSCHTEN INFORMATIONEN

4.1.   Zuständige Behörden

Eine zuständige Behörde darf nicht die Möglichkeit haben, auf andere Informationen in der Datenbank zuzugreifen bzw. andere Informationen in der Datenbank zu konsultieren, als (auf) die, die in Verbindung mit Gesetzen zum Schutz der Verbraucherinteressen stehen, für deren Durchsetzung diese Behörde aufgrund der vom Mitgliedstaat gemeldeten Benennungen nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 Befugnisse hat.

4.2.   Zentrale Verbindungsstellen

Bei der Wahrnehmung ihrer Koordinierungsaufgaben, wie sie insbesondere in Artikel 9 Absatz 2 und in Artikel 12 Absätze 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 festgelegt sind, dürfen die zentralen Verbindungsstellen auf Informationen im Zusammenhang mit nicht vertraulichen Amtshilfeersuchen zugreifen.

5.    KAPITEL 5 — SPRACHEN, DIE FÜR AMTSHILFEERSUCHEN UND FÜR DIE ÜBERMITTLUNG VON INFORMATIONEN ZU VERWENDEN SIND

5.1.

Die nach Artikel 12 Absatz 4 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 von den zuständigen Behörden getroffenen Vereinbarungen über die Sprachen, die für Ersuchen und für die Übermittlung von Informationen zu verwenden sind, werden in einer Tabelle erfasst, die den zuständigen Behörden in der Datenbank zur Verfügung gestellt wird.

5.2.

Diese Vereinbarungen enthalten eine Bestimmung, wonach eine zuständige Behörde im Einzelfall die Verwendung einer anderen Sprache vorschlagen darf, um den Sprachkenntnissen des betreffenden zuständigen Beamten Rechnung zu tragen.

5.3.

Die Standardformulare in der Datenbank enthalten ein Datenfeld, in dem eine zuständige Behörde einer anderen zuständigen Behörde vorschlagen darf, eine andere Sprache zu verwenden.

Kann keine Einigung erzielt werden, so gilt Artikel 12 Absatz 4 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004.


6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/198


BESCHLUSS NR. 35/2006

vom 22. Dezember 2006

des mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über die gegenseitige Anerkennung eingesetzten Gemischten Ausschusses zur Aufnahme von Konformitätsbewertungsstellen in die Liste des sektoralen Anhangs über Telekommunikationsgeräte

(2007/77/EG)

DER GEMISCHTE AUSSCHUSS –

gestützt auf das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über die gegenseitige Anerkennung, insbesondere auf die Artikel 7 und 14,

in der Erwägung, dass für die Aufnahme von Konformitätsbewertungsstellen in die Liste eines Sektoralen Anhangs ein Beschluss des Gemischten Ausschusses erforderlich ist -

BESCHLIESST:

1.

Die Konformitätsbewertungsstelle nach Anlage A wird in die Liste der Konformitätsbewertungsstellen in Abschnitt V des Sektoralen Anhangs über Telekommunikationsgeräte aufgenommen.

2.

Die Listung der in der Anlage A aufgeführten Konformitätsbewertungsstelle erstreckt sich auf die von den Vertragsparteien vereinbarten Produkte und Konformitätsbewertungsverfahren; über die Erstreckung befinden im Weiteren die Parteien.

Dieser Beschluss ist in zwei Urschriften ausgefertigt und wird von den Vertretern des Gemischten Ausschusses unterzeichnet, die bevollmächtigt sind, für die Zwecke der Änderung des Abkommens im Namen der Vertragsparteien zu handeln. Er tritt an dem Tag in Kraft, an dem er von der letzten Vertragspartei unterzeichnet wird.

Für die Vereinigten Staaten von Amerika

James C. SANFORD

Unterzeichnet in Washington D.C. am 15. Dezember 2006.

Für die Europäische Gemeinschaft

Andra KOKE

Unterzeichnet in Brüssel am 22. Dezember 2006.


Anlage A

Konformitätsbewertungsstelle der USA, die in die Liste der Konformitätsbewertungsstellen in Abschnitt V des Sektoralen Anhangs über Telekommunikationsgeräte aufgenommen wird

Curtis-Straus LLC

A Bureau Veritas Company

527 Great Road

Littleton, Massachusetts 01460

USA

Tel: 978 486 8880

Fax: 978 486 8828

Kontaktperson: Barry Quinlan (barry.quinlan@us.bureauveritas.com)


EMPFEHLUNGEN

Kommission

6.2.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 32/200


EMPFEHLUNG DER KOMMISSION

vom 22. Dezember 2006

über sichere und effiziente bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme: Neufassung des europäischen Grundsatzkatalogs zur Mensch-Maschine-Schnittstelle

(2007/78/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 211,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Kommission nahm am 21. Dezember 1999 die Empfehlung über sichere und effiziente On-board-Informations- und Kommunikationssysteme (2000/53/EG) (1) an, die nun angesichts des technischen Fortschritts überarbeitet werden muss, um weiterhin eine sichere Nutzung bordeigener Informationssysteme zu gewährleisten.

(2)

Eine Sachverständigengruppe, die von der Kommission nach der Veröffentlichung der Empfehlung eingesetzt wurde, hat an der Erweiterung der Grundsätze gearbeitet und dazu jeden einzelnen Grundsatz näher erläutert und begründet, gute und schlechte Beispiele sowie Überprüfungsverfahren angeführt; dieser Bericht über die Erweiterung der Grundsätze wurde im Juli 2001 veröffentlicht.

(3)

Die Kommission nahm am 15. September 2003 eine Mitteilung über Informations- und Kommunikationstechnologien für sichere und intelligente Fahrzeuge [KOM(2003) 542 endg.] an, in der Empfehlungen für die Mensch-Maschine-Schnittstelle als eine der vorrangigen Maßnahmen genannt werden.

(4)

Das eSatefy-Forum, in dem Industrie und öffentlicher Sektor zusammenarbeiten, setzte eine Arbeitsgruppe zur Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) ein, die ihren Abschlussbericht im Februar 2005 vorlegte und darin die Notwendigkeit einer Neufassung der Empfehlung von 1999 bekräftigte.

(5)

Die Kommission nahm am 15. Februar 2006 eine Mitteilung über die i2010-Initiative „Intelligentes Fahrzeug“ [KOM(2006) 59 endg.] an, in der sie diese Empfehlung als eine der vorrangigen Maßnahmen ankündigt –

LEGT DIE NEUFASSUNG DER EMPFEHLUNG VON 1999 ZUR MENSCH-MASCHINE-SCHNITTSTELLE VOR

In dieser Empfehlung werden alle Beteiligten, darunter die Industrie und die Branchenverbände des Verkehrssektors, aufgerufen, sich dem neugefassten europäischen Grundsatzkatalog anzuschließen; ferner werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, dessen Anwendung und Nutzung zu beobachten. Der überarbeitete europäische Grundsatzkatalog (Fassung 2006) fasst die wesentlichen Sicherheits- und Nutzungsaspekte zusammen, die in Bezug auf die Mensch-Maschine-Schnittstelle bei bordeigenen Informations- und Kommunikationssystemen zu berücksichtigen sind. Diese Empfehlung von 2006 und ihre Anhänge ersetzen die vorherige Empfehlung von 1999 und deren Anhänge.

UND EMPFIEHLT:

1.

Die Unternehmen der europäischen Automobil- und Zulieferindustrie, die bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme entwerfen, bereitstellen oder einrichten sowie Importeure und Anbieter mobiler Geräte, und zwar sowohl in der Erstausstattung als auch bei der Nachrüstung, sollten die im Anhang beigefügte Neufassung des europäischen Grundsatzkatalog einhalten und diesbezüglich binnen neun Monaten nach Veröffentlichung dieser Empfehlung eine freiwillige Vereinbarung schließen.

2.

Die Branchenverbände des Verkehrssektors (z. B. Verkehrsunternehmen, Fahrzeugvermieter) sollten sich innerhalb der gleichen Frist diesen Grundsätzen anschließen.

3.

Die Mitgliedstaaten sollten die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) beobachten, für die Verbreitung des neugefassten Grundsatzkatalogs unter allen Beteiligten sorgen und diese zur Einhaltung der Grundsätze ermuntern. Sie sollten gegebenenfalls ihre Maßnahmen mit der Kommission, im eSafety-Forum oder in anderen einschlägigen Gremien (z. B. im „Nomadic Devices Forum“) erörtern und abstimmen. Die Mitgliedstaaten sollten die Wirkung des europäischen Grundsatzkatalogs von 2006 fortlaufend beobachten und bewerten; sie sollten der Kommission binnen 18 Monaten nach dessen Veröffentlichung über die Durchführung ihrer Verbreitungsaktivitäten und die Ergebnisse der Anwendung der Grundsätze von 2006 berichten.

Brüssel, den 22. Dezember 2006

Für die Kommission

Viviane REDING

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 19 vom 25.1.2000, S. 64.


ANHANG

NEUFASSUNG DES EUROPÄISCHEN GRUNDSATZKATALOGS ZUR MENSCH-MASCHINE-SCHNITTSTELLE FÜR BORDEIGENE INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSSYSTEME

1.   BEGRIFFSBESTIMMUNG UND ZIELSETZUNGEN

Dieser Grundsatzkatalog fasst wesentliche Sicherheitsaspekte zusammen, die bei der Mensch-Maschine-Schnittstelle bordeigener Informations- und Kommunikationssysteme zu beachten sind. Diese Neufassung aus dem Jahre 2006 ersetzt die frühere Fassung aus dem Jahre 1999.

Die entsprechenden Grundsätze fördern die Markteinführung gut konzipierter Systeme, und da sowohl die potenziellen Vorteile als auch die jeweiligen Risiken berücksichtigt werden, werden Innovationen durch diese Grundsätze nicht behindert.

Die Grundsätze setzen voraus, dass diejenigen, die diese Grundsätze anwenden, die betreffenden Produkte technisch verstehen und Zugriff auf die Ressourcen haben, die zur Anwendung dieser Grundsätze bei der Entwicklung dieser Systeme benötigt werden. Da der Fahrer primär für das sichere Führen seines Fahrzeugs in einer komplexen und dynamischen Verkehrsumgebung zuständig ist, besteht das primäre Ziel der Grundsätze in der Erfüllung dieser Anforderung.

Diese Grundsätze tragen auch den Möglichkeiten und Beschränkungen aller Beteiligten in ihren Bemühungen bei der Konzeption, Einrichtung und Nutzung bordeigener Informations- und Kommunikationssysteme Rechnung. Die für den Entwicklungsprozess maßgeblichen Grundsätze haben Aspekte wie z. B. Komplexität, Produktkosten und Vorlaufzeit zum Gegenstand und berücksichtigen insbesondere kleine und mittlere Hersteller solcher Systeme. Da letztlich der Fahrer entscheidet, ob er z. B. ein eingebautes Navigationssystem, ein mobiles Navigationsgerät oder eine Straßenkarte kauft und nutzt, soll weniger der Einschluss gewisser Funktionen aufgrund vereinfachender Bewertungen (bestanden/nicht bestanden) im Vordergrund stehen, sondern die Konzeption einer guten Mensch-Maschine-Schnittstelle unterstützt werden.

Die Grundsätze sind kein Ersatz für geltende Rechtsvorschriften und Normen, die grundsätzlich berücksichtigt werden sollten. Sie können durch nationale Gesetzgebung oder durch die individuelle Entscheidung einzelner Unternehmen ergänzt werden und sind als Mindestanforderungen zu verstehen.

2.   GELTUNGSBEREICH

Diese Grundsätze beziehen sich in erster Linie auf bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme, die der Fahrer während der Fahrt nutzen kann (z. B. Navigationssysteme, Mobiltelefone und Verkehrs- und Reiseinformationsdienste (VRI-Dienste). Da keine umfassenderen Forschungsergebnisse und keine wissenschaftlichen Belege verfügbar sind, sollen diese Grundsätze nicht für sprachgesteuerte Systeme und für Systeme zur Bremsunterstützung (etwa ABS oder ESP) oder für Systemfunktionen gelten, die den Fahrer informieren, warnen oder unterstützen und eine sofortige Reaktion des Fahrers erfordern (z. B. Systeme zur Kollisionsvermeidung oder Nachtsichtsysteme). Diese gelegentlich auch als weiterentwickelte Fahrer-Assistenzsysteme (FAS)) bezeichneten Systeme sind grundsätzlich unterschiedlich gestaltet und erfordern die Berücksichtigung zusätzlicher Aspekte hinsichtlich der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Manche dieser Grundsätze können jedoch bei der Entwicklung von FAS hilfreich sein.

Die Grundsätze beziehen sich auf alle Teile und Merkmale sämtlicher Systeme, die für den Fahrer während der Fahrt als Schnittstelle vorgesehen sind, sowie auf gewisse weitere Komponenten. Außerdem beinhalten die Grundsätze Bestimmungen zu Systemen und Funktionen, die während der Fahrt nicht genutzt werden sollten. Im Zusammenhang mit diesen Grundsätzen bezieht sich der Begriff „System“ auf die Funktionen und Teile wie z. B. Anzeigen und Bedienteile, welche die Schnittstelle zwischen den bordeigenen Systemen und dem Fahrer darstellen. Die Grundsätze gelten nicht für in Augenhöhe projizierte Anzeigen (Head-up Displays) und nicht für Aspekte, die nicht mit der Mensch-Maschine-Schnittstelle zusammenhängen (z. B. elektrische Merkmale, Materialeigenschaften und einige rechtliche Gesichtspunkte, die nicht mit einer sicheren Nutzung in Zusammenhang stehen). Einige Grundsätze unterscheiden zwischen der Nutzung von Systemen „während der Fahrt“ (auch „wenn sich das Fahrzeug in Bewegung befindet“) und anderen Nutzungen. Wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, beziehen sich die Grundsätze ausschließlich auf die Nutzung der Systeme durch den Fahrer während der Fahrt.

Die Grundsätze gelten insbesondere für Fahrzeuge der Klassen M und N (1) und beziehen sich sowohl auf tragbare als auch auf fest eingebaute Systeme. Sie gelten für alle Systeme und Funktionen auf dem Hersteller- und dem Nachrüstungsmarkt sowie für alle mobilen Systeme. Die Grundsätze sind für alle Funktionen der Mensch-Maschine-Schnittstelle unabhängig davon maßgeblich, in welchem Umfang diese Systeme integriert wurden. Im Allgemeinen ist eine Reihe von Unternehmen an der Konzeption, Herstellung und Bereitstellung von Teilen für diese Systeme und die entsprechenden Dienste beteiligt, z. B.:

Fahrzeughersteller, die bordeigene Geräte mit Informations- und Kommunikationsfunktionen anbieten,

Anbieter von Nachrüstsystemen sowie Diensteanbieter,

Anbieter mobiler Systeme, die vom Fahrer während der Fahrt nutzbar sind,

Hersteller von Teilen, welche die Nutzung mobiler Geräte durch den Fahrer während der Fahrt ermöglichen (z. B. Gerätehalter, Schnittstellen und Anschlüsse),

Diensteanbieter einschließlich Anbieter von Software-Produkten oder Rundfunk-Informationsdiensten zur Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt, z. B. Verkehrs-, Reise- und Navigationsinformationen, Radiosender mit Verkehrsfunk).

3.   BESTEHENDE BESTIMMUNGEN

Die Grundsätze stellen keinen Ersatz für Rechtsvorschriften und Normen dar, und diese sind grundsätzlich zu beachten und zu berücksichtigen.

Sämtliche Normen können geändert werden, und die Benutzer dieses Grundsatzkatalogs sollten immer die aktuelle Ausgabe der hier genannten Normen zugrunde legen.

Folgende Richtlinien der Gemeinschaft sind ggf. mit den jeweiligen Änderungen zu berücksichtigen:

Sichtfeld der Fahrer von Kraftfahrzeugen: Richtlinie 90/630/EWG der Kommission vom 30. Oktober 1990 (2),

Innenausstattung der Kraftfahrzeuge (Teile im Insassenraum — ausgenommen Innenrückspiegel –, Anordnung der Betätigungseinrichtungen, Dach und Schiebedach, Rückenlehne und hinterer Teil der Sitze): Richtlinie 74/60/EWG des Rates vom 17. Dezember 1973 (3),

Innenausstattung der Kraftfahrzeuge (Kennzeichnung der Betätigungseinrichtungen, Kontrollleuchten und Anzeiger): Richtlinie 78/316/EWG des Rates vom 21. Dezember 1977 (4),

Entschließung des Rates vom 17. Dezember 1998 (5) (4) über Gebrauchsanleitungen für technische Konsumgüter,

Richtlinie 92/59/EWG des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit (6).

Vorschriften der UNO-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE), die von der Gemeinschaft nach deren vor kurzem erfolgten Beitritt zum Geänderten Abkommen von 1958 anerkannt werden (siehe Beschluss 97/836/EG des Rates vom 27. November 1997):

ECE-R21 vom 1. Dezember 1971,

71/127/EWG — Rückspiegel von Kraftfahrzeugen und

77/649/EWG — Sichtfeld der Fahrer von Kraftfahrzeugen.

Die Grundsätze beziehen sich implizit auch auf die folgenden Normen und in Vorbereitung befindliche Normungsdokumente:

ISO 3958: Straßenfahrzeuge — Personenkraftwagen — Handreichweiten des Fahrzeugführers,

ISO (DIS) 11429: Ergonomisches System akustischer und optischer Gefahrensignale und Informationssignale,

ISO 4513 (2003): Straßenfahrzeuge — Sicht — Verfahren zur Erstellung von Augenellipsen zur Bestimmung der Lage der Fahreraugen,

ISO 15008 (2003): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und Assistenzsystemen — Anforderungen und Bewertungsmethoden der visuellen Informationsdarstellung im Fahrzeug,

ISO 15005 (2002): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Grundsätze und Prüfverfahren des Dialogmanagements,

ISO 17287 (2003): Straßenfahrzeuge -Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Verfahren zur Bewertung der Gebrauchstauglichkeit beim Führen eines Kraftfahrzeuges,

ISO 4040 (2001): Straßenfahrzeuge — Anordnung der Handbedienteile, Anzeiger und Warngeräte in Kraftfahrzeugen,

ISO 15006 (2004): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und Assistenzsystemen — Anforderungen und Konformitätsverfahren für die Ausgabe auditiver Informationen im Fahrzeug,

Road Vehicles — Ergonomic aspects of transport information and control systems — Procedure for determining priority of on-board messages presented to drivers,

ISO 15007-1 (2002): Straßenfahrzeuge — Messung des Blickverhaltens von Fahrern bei Fahrzeugen mit Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Teil 1: Begriffe und Parameter,

ISO TS 15007-2 (2001): Road vehicles — Measurement of driver visual behaviour with respect to transport information and control systems — Part 2: Equipment and procedures,

ISO FDIS 16673: Road vehicles — Ergonomic aspects of transport information and control systems — Occlusion method to assess visual distraction,

ISO 2575 (2004): Straßenfahrzeuge — Symbole für Bedienteile, Anzeige- und Warngeräte,

ISO 7000 (2004): Graphische Symbole an Einrichtungen — Index und Übersicht.

4.   EUROPÄISCHER GRUNDSATZKATALOG FÜR DIE GESTALTUNG DER MENSCH-MASCHINEN-SCHNITTSTELLE 2006

4.1.   Beteiligte an der Gestaltung und der Konstruktion von Systemen

Wie bereits im Abschnitt „Geltungsbereich“ beschrieben, gelten die Grundsätze für Systeme und Funktionen auf dem Originalgerätehersteller- und dem Nachrüstungsmarkt sowie auf dem Markt für mobile (tragbare) Systeme. Im Allgemeinen ist eine Reihe von Unternehmen an der Gestaltung, Herstellung und Bereitstellung der Elemente entsprechender Systeme und Geräte beteiligt:

Fahrzeughersteller, die bordeigene Geräte mit Informations- und Kommunikationsfunktionen anbieten,

Anbieter von Nachrüstsystemen sowie Diensteanbieter,

Anbieter mobiler Systeme, die vom Fahrer während der Fahrt nutzbar sind,

Hersteller von Teilen, welche die Nutzung mobiler Geräte durch den Fahrer während der Fahrt ermöglichen (z. B. Gerätehalter, Schnittstellen und Anschlüsse);

Diensteanbieter einschließlich Anbieter von Software-Produkten oder Rundfunk-Informationsdiensten zur Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt, z. B. Verkehrs-, Reise- und Navigationsinformationen, Radiosender mit Verkehrsfunk.

Wenn Systeme von einem Fahrzeughersteller (Originalgerätehersteller) bereitgestellt werden, ist der Hersteller zweifellos für die Gesamtkonzeption zuständig. In anderen Fällen wird zu den „für das Produkt verantwortlichen Unternehmen“ auch das Unternehmen zählen, das ein Produkt oder eine Funktion auf dem Markt eingeführt hat, auch wenn dieses Produkt teilweise oder vollständig von Anderen konzipiert und hergestellt wurde. Folglich verteilt sich die Verantwortung häufig auf mehrere Unternehmen. Im Folgenden kann sich der Begriff „Hersteller“ also immer auf mehrere für das jeweilige Produkt verantwortliche Unternehmen beziehen.

Die Frage, wo die Verantwortung für die Anwendung der Grundsätze liegt (beim Hersteller, beim Zulieferer oder beim Monteur), ist in der Regel klar zu beantworten. Wenn diese Verantwortung bei mehr als nur einer Partei liegt, sind die betreffenden Parteien gehalten, ihre jeweiligen Rollen anhand dieser Grundsätze eindeutig zu definieren.

Die Verantwortung des Fahrers für ein verkehrssicheres Verhalten während der Fahrt bei gleichzeitiger interaktiver Nutzung dieser Systeme bleibt davon unberührt.

4.2.   Allgemeine Bemerkungen

Über die Erfordernis besonderer Kompetenzen und Schulungen sowie die Eignung eines Systems für unterschiedliche Fahrergruppen entscheiden die Hersteller. Die entsprechenden Definitionen sollten berücksichtigt werden, wenn die Möglichkeit einer Anwendung dieser Grundsätze auf die Mensch-Maschine-Schnittstelle eines Systems geprüft wird.

Wenn die Absichten eines Herstellers eindeutig erklärt wurden (z. B. so, dass vernünftigerweise angenommen werden kann, dass der Fahrer entsprechend informiert war) und der Fahrer die Systeme in nicht vom Hersteller vorgesehener Weise genutzt hat, kann diese Nutzung als missbräuchlich betrachtet werden.

Die Wissenschaft ist derzeit noch nicht hinreichend imstande, in fundierter Weise einen Zusammenhang aller Grundsätze mit den Konformitätskriterien herzustellen. Aus diesem Grund wurden nicht alle Grundsätze systematisch mit Normen oder bereits definierten und anerkannten Kriterien verknüpft.

Im Allgemeinen wird erwartet, dass nach diesen Grundsätzen entwickelte Systeme sicherer sind als Systeme, bei denen diese Grundsätze nicht berücksichtigt wurden. Allerdings werden unter Umständen die Ziele der Gesamtkonzeption auch dann erfüllt, wenn gegen einen oder mehrere Grundsätze verstoßen wurde.

4.3.   Grundsätze

Im Anschluss an die Benennung eines Grundsatzes folgt jeweils eine Beschreibung, die in die folgenden Abschnitte gegliedert ist:

Erklärung: Dieser Abschnitt enthält verschiedene Begründungen und weitere Erläuterungen zum jeweiligen Grundsatz.

Beispiele: „Gute“ und „schlechte“ Beispiele vermitteln weitere Informationen zur Einführung eines Grundsatzes.

Anwendbarkeit: Dieser Abschnitt beschreibt, welche speziellen Systeme oder Funktionen der Mensch-Maschine-Schnittstelle Gegenstand des jeweiligen Grundsatzes sind; dies ist ein erster erforderlicher Schritt bei der Entscheidung darüber, ob die Mensch-Maschine-Schnittstelle eines bestimmten Systems im Einklang mit dem betreffenden Grundsatz steht.

Überprüfung: Dieser Abschnitt enthält verschiedene Informationen zur Frage, ob ein System im Einklang mit einem bestimmten Grundsatz steht. Nach Möglichkeit wird eine geeignete Methode beschrieben und die Auswertung des mit dieser Methode ermittelten Ergebnisses erläutert.

Wenn das Ergebnis einer Überprüfung mit „Ja“ oder „Nein“ ausgedrückt werden kann, lässt sich die Konformität mit dem betreffenden Grundsatz eindeutig bewerten.

In anderen Fällen kann ein Ansatz/eine Methode nicht einfach aufgrund der Erfüllung oder Nichterfüllung bestimmter Kriterien bewertet werden; in diesen Fällen besteht Gelegenheit für weitere Optimierungen der Mensch-Maschine-Schnittstelle.

In Verbindung mit Verordnungen wird auf die zugrunde liegende Richtlinie verwiesen. Das für das Produkt verantwortliche Unternehmen muss diese Richtlinie in der geltenden Fassung erfüllen.

Referenzen: Dieser Abschnitt enthält weiterführende Informationen, die im Zusammenhang mit dem jeweiligen Grundsatz von Bedeutung sein können.

Da internationale Normen geändert werden können, wird jeweils auch die betreffende Ausgabe genannt.

In Überarbeitung befindliche Normen und ISO-Normentwürfe werden gelegentlich als ergänzende Informationen für Systementwickler genannt.

4.3.1.   Grundsätze für das Gesamtdesign

4.3.1.1.   Entwicklungsziel I

Das System ist so zu gestalten, dass es den Fahrer unterstützt und nicht zu einem potenziell gefährdenden Verhalten des Fahrers oder anderer Verkehrsteilnehmer Anlass gibt.

Erklärung

Eine wichtige Grundanforderung lässt sich einfach mit der Formulierung „Es darf nicht schaden“ beschreiben. Das System sollte also die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen oder zumindest nicht beeinträchtigen. Dieses Dokument soll als systematische Anleitung für Systementwickler anhand von Grundsätzen dienen, die entwicklungsrelevante Aspekte wie z. B. Einbau, Darstellung der Informationen und Schnittstelle zum Gegenstand haben. Dieser Ansatz beruht auf dem Gedanken, dass die Auswirkungen eines Systems vielleicht nicht vollständig vorhersagbar oder messbar sind, da sie nicht nur von der Gestaltung des Systems, sondern auch vom einzelnen Fahrer und dem Führen des Fahrzeugs bzw. von der Verkehrslage abhängen.

Systeme, bei deren Entwicklung dieser Grundsatz nicht berücksichtigt wurde, dürften auch die Anforderungen der übrigen Grundsätze kaum erfüllen.

4.3.1.2.   Entwicklungsziel II

Die Aufteilung der Aufmerksamkeit des Fahrers während der Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen des Systems bleibt mit dem in der jeweiligen Verkehrssituation gegebenen Aufmerksamkeitsbedarf vereinbar.

Erklärung

Der Fahrer kann seine begrenzte, aber hinsichtlich ihres Umfangs variable Aufmerksamkeit und physische Leistungsfähigkeit dynamisch auf verschiedene Aufgaben verteilen. In welchem Umfang der Fahrer Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit aufbringt, hängt nicht nur von den individuellen Persönlichkeitsmerkmalen, sondern unter Umständen auch von der individuellen Motivation und dem individuellen Zustand des Fahrers ab. Schnittstellen (visuelle, taktile und auditive) können sowohl physische als auch kognitive Beanspruchungen verursachen.

Dieses Entwicklungsziel hat die folgenden Aufgaben zum Gegenstand:

 

Führen des Fahrzeugs (Kontrolle des Fahrzeugs, Einbindung in das Verkehrsgeschehen und Erreichen eines Zielortes); für diese Aufgabe besteht je nach Verkehrssituation unterschiedlicher Aufmerksamkeitsbedarf.

 

Interaktion mit den Anzeigen und Bedienteilen des Systems; mit Ausnahme sehr einfacher Systeme hängt der Aufmerksamkeitsbedarf für diese Aufgabe auch vom genutzten System ab.

Die Verwirklichung dieses Ziels setzt die Vereinbarkeit der beiden Aufgaben voraus; der Aufmerksamkeitsbedarf in Verbindung mit dem jeweiligen System führt nicht dazu, dass die insgesamt verfügbare Aufmerksamkeit auf ein Maß reduziert wird, bei dem die erforderliche Aufmerksamkeit für die im Führen des Fahrzeugs bestehende primäre Aufgabe nicht mehr in hinreichendem Umfang vorhanden wäre. Der Fahrer muss also in der Lage sein, den Aufmerksamkeitsbedarf sowohl beim Führen des Fahrzeugs als auch bei den untergeordneten Aufgaben abzuschätzen.

Das Konzept der Vereinbarkeit ist aus den folgenden Gründen gegenüber einer Begrenzung des Gesamtumfangs der Schnittstelle vorzuziehen:

Der Begriff der Aufgabe ist umstritten, weil sich dieselbe Aufgabe abhängig von den jeweiligen Parametern (z. B. der Dauer) sehr unterschiedlich gestalten kann; zudem ist keine geeignete Definition des Begriffs Aufgabe verfügbar.

Abhängig von Motivation und Zustand des Fahrers kann eine Schnittstelle mit Anzeigen und Bedienteilen unterschiedliche Auswirkungen haben; dies ist darauf zurückzuführen, dass eine geringere Beanspruchung nicht zwangsläufig vorteilhafter ist.

Das Verhältnis zwischen den Komponenten der Schnittstelle (Komplexität, Intensität, Dauer usw.) und der Beanspruchung ist noch nicht hinreichend geklärt.

Gemäß dem Europäischen Grundsatzkatalog entwickelte Systeme sollten so gestaltet werden, dass der Fahrer Einfluss auf den Umfang der für die Systeme erforderlichen Aufmerksamkeit nehmen kann, indem er nach eigenem Ermessen entscheidet, ob, wann und wie er mit den Systemen in Interaktion tritt. Dies bedeutet auch, dass der Fahrer den Umfang der für die Systeme erforderlichen Aufmerksamkeit absehen kann.

4.3.1.3.   Entwicklungsziel III

Das System lenkt nicht ab und dient nicht zur visuellen Unterhaltung des Fahrers.

Erklärung

Mit diesem Grundsatz soll sichergestellt werden, dass der Fahrer während der Fahrt möglichst wenig durch die Nutzung eines Fahrerinformations- und -kommunikationssystems abgelenkt wird und uneingeschränkte Kontrolle über sein Fahrzeug ausüben kann. Dieses Entwicklungsziel wird auch formuliert, um die besondere Bedeutung hervorzuheben, die der Vermeidung von Ablenkungen infolge visueller Unterhaltung zukommt.

Visuelle Unterhaltung kann gegeben sein, wenn aufgrund ihrer Form oder ihres Gegenstandes Aufmerksamkeit erregende (d. h. wahrscheinlich als Blickfang fungierende) Bilder dargestellt werden. Wegen der Bedeutung des Sehens für das sichere Führen eines Fahrzeugs ist dies besonders während der Fahrt wichtig.

4.3.1.4.   Entwicklungsziel IV

Das System zeigt dem Fahrer keine Informationen an, die ein möglicherweise gefährliches Verhalten für den Fahrer oder andere Verkehrsteilnehmer zur Folge haben könnten.

Erklärung

Der Inhalt der Informationen sollte den Fahrer nicht zu einem Verhalten anregen, das die Unfallgefahr erhöhen könnte. Ein gefährliches Verhalten könnte sich auch auf das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer auswirken. Ein Beispiel wäre etwa die Anzeige von Informationen mit dem Ziel, in Kurven möglichst hohe Geschwindigkeiten fahren zu können; dieses Verhalten könnte insgesamt zu schnellerem Fahren veranlassen.

Andere Verkehrsteilnehmer können betroffen sein, wenn der Fahrer das gefährliche Verhalten bei der Interaktion mit den anderen Verkehrsteilnehmern zeigen könnte oder wenn das System Signale erzeugt, die außerhalb des Fahrzeugs wahrgenommen werden und von anderen Verkehrsteilnehmern missverstanden werden und zu möglicherweise gefährlichen Fahrmanövern Anlass geben könnten.

4.3.1.5.   Entwicklungsziel V

Schnittstellen und Schnittstellen mit Systemen, die zur gleichzeitigen Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt vorgesehen sind, müssen einheitlich und kompatibel gestaltet sein.

Erklärung

Bei der Gestaltung aller Einzelkomponenten der Mensch-Maschine-Schnittstelle sollten die für Einzelsysteme maßgeblichen Grundsätze beachtet werden; dies gewährleistet ein Mindestmaß an Einheitlichkeit. Auch bei für sich genommen jeweils gut gestalteten Produkten kann die Einheitlichkeit jedoch ein Problem darstellen.

Eine „kombinierte“ Nutzung von Systemen ist gegeben, wenn für ein gewünschtes Ergebnis mehrere Systeme genutzt werden. Dies gilt gleichermaßen für die parallele Nutzung (d. h. die gleichzeitige) und die chronologische (d. h. die aufeinander folgende) Nutzung mehrerer Systeme. Bei der Entwicklung eines Systems zur kombinierten Nutzung mit einem anderen (möglicherweise bereits verfügbaren) System sollte das bereits verfügbare System berücksichtigt werden. Bei vollständig unterschiedlichen Funktionen kann empfehlenswert sein, die Mensch-Maschine-Schnittstelle unterschiedlich zu gestalten, um Verwechslungen zu vermeiden.

Im Interesse der erwünschten Einheitlichkeit sind bei der Entwicklung z. B. die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:

die Verwendung einheitlicher Begriffe zwischen den verschiedenen Systemen (z. B. „langsamer Verkehr“ oder „nächste Kreuzung“),

die Verwendung von Ausdrücken und/oder Symbolen zur Darstellung von Inhalten oder Funktionen (z. B. „Hilfe“ oder „Eingabe“),

die Verwendung von Farben, Symbolen, akustischen Signalen, Beschriftungen (um die bestmögliche Balance zwischen Ähnlichkeit und Unterscheidbarkeit herzustellen),

physische Interaktionsformen (z. B. Einfach- oder Doppelklick, Reaktionszeiten, Zeitüberschreitungen, Rückmeldungen (wobei funktionsbezogene Rückmeldungen (visuell, auditiv, taktil) unterschiedlich gestaltet sein sollten, um Missverständnisse auszuschließen)),

die Zusammenfassung von Begriffen und ähnlichen Menüstrukturen (bei verbundenen Funktionen) und

die Gesamtkonzeption der Dialogfunktionen und der Begriffshierarchien.

4.3.2.   Grundsätze für die Installation

4.3.2.1.   Grundsatz I für die Installation

Die Systeme sollten unter Berücksichtigung der maßgeblichen Rechtsvorschriften, Normen und Einbauanleitungen der Hersteller platziert und sicher montiert werden.

Erklärung

Die Hersteller entwickeln Produkte (Systeme, Halter, Funktionen usw.) für bestimmte Anwendungen. Wenn keine geeigneten Mittel für einen sachgemäßen Einbau (z. B. geeignete Halter) verfügbar sind oder wenn die Einbauanleitungen der Hersteller nicht berücksichtigt werden, kann dies zur Folge haben, dass der Fahrer die Systeme in vom Hersteller nicht vorgesehener Weise nutzt; dies könnte Auswirkungen auf die Sicherheit haben.

Für die Anordnung (Platzierung) der Systeme im Fahrzeug zur Nutzung durch den Fahrer kommen folgende Möglichkeiten in Betracht:

Festeinbau im Fahrzeug,

Einbau zur beweglichen Verwendung innerhalb eines bestimmten Raums (bei Systemen mit einstellbarer Position etwa mit Hilfe von Kabeln, Armen oder Halterungen),

Einbau in eine Halterung zur Nutzung der Systeme in der Halterung.

Besondere Aufmerksamkeit ist beim Einbau der Systeme auf die passive Sicherheit dahingehend zu verwenden, dass ein erhöhtes Verletzungsrisiko bei Unfällen ausgeschlossen wird.

Beispiele:

Gut: Ein Mobiltelefon mit der Möglichkeit zum Freisprechen und Freihören, das unter uneingeschränkter Berücksichtigung aller maßgeblichen Normen, Rechtsvorschriften und Herstelleranleitungen eingebaut wurde

Schlecht: Ein an der Instrumententafel montiertes System zur Anzeige von Verkehrsinformationen mit minderwertiger provisorischer Befestigung (z. B. mit Klebeband) anstelle des vom Hersteller empfohlenen Halters

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz gilt für alle in Fahrzeuge eingebaute Systeme und ist besonders bei auf dem Nachrüstungsmarkt angebotenen Systemen und bei mobilen Geräten zu beachten.

Überprüfung:

Dieser Grundsatz setzt voraus, dass bei Anordnung und Einbau der Systeme die folgenden Rechtsvorschriften und Hinweise beachtet werden und die genannte Überprüfung durchgeführt wird:

Innenausstattung der Kraftfahrzeuge (Richtlinie 74/60/EWG des Rates vom 17. Dezember 1973, ECE-R21 vom 1. Dezember 1971 und Richtlinie 78/316/EWG vom 21. Dezember 1977)

Produktinformationen des für das jeweilige Produkt zuständigen Unternehmens (z. B. in den förmlichen schriftlichen Herstellerinformationen)

Überprüfung auf Befolgung der maßgeblichen Anforderungen

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 4040 (2001): Straßenfahrzeuge — Anordnung der Handbedienteile, Anzeiger und Warngeräte in Kraftfahrzeugen.

4.3.2.2.   Grundsatz II für die Installation

Keiner der Bestandteile des Systems sollte die Sicht des Fahrers auf das Verkehrsgeschehen behindern.

Erklärung

Das erfolgreiche Führen eines Fahrzeugs beruht in erster Linie auf der Aufnahme visueller Informationen zu den örtlichen Straßen- und Verkehrsverhältnissen. Daher gewährleisten konstruktionsbezogene Rechtsvorschriften, dass alle Straßenfahrzeuge dem Fahrer vom Fahrersitz aus ein angemessenes Sichtfeld aus dem Fahrzeug bieten. Zusatzsysteme dürfen diese grundlegende Konstruktionsvorschrift nicht beeinträchtigen. Dieser Grundsatz dürfte besonders wichtig für den Einbau von auf dem Nachrüstungsmarkt angebotenen oder mobilen Systemen sein.

Die „Sicht des Fahrers“ stellt die unabdingbare Mindestanforderung gemäß den maßgeblichen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft dar. Dieser Begriff bezieht sich auf die Sicht nach vorn unmittelbar durch die Windschutzscheibe sowie auf die unmittelbare oder mittelbare Sicht durch die Seitenfenster und durch die Heckscheibe.

Wenn die physische Anordnung eines Systembauteils vom Fahrer geändert werden und dann (innerhalb des für dieses System vorgesehenen Bewegungsbereichs) die Sicht des Fahrers behindern kann, sollte der Fahrer in der Anleitung zum System (siehe Abschnitt 6) über die Form der vom Hersteller vorgesehenen Nutzung informiert werden. Wenn dem Fahrer diese Informationen nicht zur Verfügung gestellt werden, sollte dieser Grundsatz für den gesamten Einstellbereich des Systems bzw. des jeweiligen Systembauteils gelten.

Beispiele:

Gut: Eine Anzeige, die so in der Instrumententafel angebracht wurde, dass sie für den Fahrer gut sichtbar ist, die Anforderungen an das Sichtfeld des Fahrers aber nicht beeinträchtigt

Schlecht: Eine Anzeige auf einem langen beweglichen Arm oben auf der Instrumententafel, der so eingestellt werden kann, dass die Anzeige die Sicht auf das Verkehrsgeschehen zu einem erheblichen Teil verdeckt

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz gilt für alle in Fahrzeuge eingebauten Systeme und ist besonders bei auf dem Nachrüstungsmarkt angebotenen Systemen und bei mobilen Geräten zu beachten. Auf in Augenhöhe projizierte Anzeigen (Head-up Displays) ist dieser Grundsatz nicht anwendbar.

Überprüfung:

Beim Einbau in ein Fahrzeug sollte kein Bestandteil eines Systems so angeordnet sein, dass gegen maßgebliche Rechtsvorschriften verstoßen wird, weil die Sicht des Fahrers auf das Verkehrsgeschehen zu stark beeinträchtigt ist.

Ein System erfüllt diesen Grundsatz dann, wenn alle Bestandteile des Systems ordnungsgemäß unter Berücksichtigung der folgenden Vorschriften angeordnet wurden:

71/127/EWG: Rückspiegel von Kraftfahrzeugen

77/649/EWG: Sichtfeld der Fahrer von Kraftfahrzeugen

Überprüfung durch Sichtprüfung oder Messung

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

Keine weiteren Referenzen

4.3.2.3.   Grundsatz III für die Installation

Das System sollte Anzeigen sowie den Zugang zu Bedienteilen nicht behindern, die für das Führen des Fahrzeugs — die primäre Aufgabe des Fahrers — benötigt werden.

Erklärung

Dieser Grundsatz soll sicherstellen, dass die Möglichkeiten des Fahrers zur Nutzung der vorgeschriebenen Anzeigen und Bedienteile und sonstiger Anzeigen und Bedienteile, die für das Führen des Fahrzeugs benötigt werden, nicht durch das Vorhandensein eines Systems (z. B. einer Anzeige) beeinträchtigt wird. Diese Anforderung gewährleistet, dass eine Beeinträchtigung der uneingeschränkten Kontrolle des Fahrers über das Fahrzeug durch den Einbau des Systems ausgeschlossen ist.

Als Behinderung des Zugangs zu Bedienteilen wird in diesem Zusammenhang die Verhinderung oder erhebliche Erschwerung der Erkennung und/oder Bedienung der betreffenden Bedienteile im jeweils vorgesehenen Bewegungsraum bezeichnet.

Eine Behinderung von Anzeigen in diesem Zusammenhang ist dann gegeben, wenn (beliebige) Teile der betreffenden Anzeigen in der normalen Sitzposition des Fahrers nicht sichtbar sind.

Erforderliche Bedienteile und Anzeigen sind die Bedienteile und Anzeigen, die für das Führen des Fahrzeugs von Bedeutung sind, sowie alle vorgeschriebenen Bedienteile und Anzeigen.

Erforderliche Bedienteile sind Gaspedal, Bremse (Kupplung, wenn vorhanden), Lenkrad, Schalthebel, Feststellbremse, Hupe, Beleuchtungsschalter und Blinker sowie die für Scheibenwaschanlage und Scheibenwischer (in allen Betriebsarten und bei allen Geschwindigkeiten), Warnblinkanlage und Entfroster benötigten Bedienteile.

Erforderliche Anzeigen sind der Tachometer, alle Warnleuchten, Beschriftungen vorgeschriebener Bedienteile und vorgeschriebene Warnanzeigen.

Eine Behinderung oder Beeinträchtigung sonstiger Anzeigen sowie eine Behinderung oder Beeinträchtigung des Zugangs zu sonstigen Bedienteilen sollte gegen die zusätzlichen Vorteile des jeweiligen Systems abgewogen werden.

Beispiele:

Gut: Anzeige eines Navigationssystems, die in der Instrumententafel an einer hohen, mittigen Position so angeordnet ist, dass sie sonstige Anzeigen sowie den Zugang zu Bedienteilen nicht behindert

Schlecht:

Ein auf dem Nachrüstungsmarkt angebotenes Navigationssystem, das den Zugang zu den Beleuchtungsschaltern behindert

Eine Anzeige, die den Schalter der Warnblinkanlage verdeckt

Ein zusätzliches Bedienteil außen am Lenkrad, das die Handhabung des Lenkrads behindert

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz gilt für alle in Fahrzeuge eingebauten Systeme und ist besonders bei auf dem Nachrüstungsmarkt angebotenen Systemen und bei mobilen Geräten zu beachten.

Überprüfung:

Zu prüfen ist, ob der Fahrer alle Anzeigen und Bedienteile sehen kann, die für die im Führen des Fahrzeugs bestehende primäre Aufgabe erforderlich sind.

Ergebnis = Ja/Nein

Weitere Informationen:

ISO 4513 (2003): Straßenfahrzeuge — Sicht — Verfahren zur Erstellung von Augenellipsen zur Bestimmung der Lage der Fahreraugen

4.3.2.4.   Grundsatz IV für die Installation

Optische Anzeigen sollten so nahe wie machbar oder praktikabel an der normalen Sichtlinie des Fahrers positioniert werden.

Erklärung

Allgemein besteht Einigkeit dahingehend, dass die Blicke des Fahrers — abgesehen von kurzen Blicken in die Spiegel oder auf die Instrumente — immer auf das Verkehrsgeschehen gerichtet sein sollte, damit der Fahrer jederzeit die uneingeschränkte Kontrolle über sein Fahrzeug hat und das dynamische Verkehrsgeschehen wahrnimmt. Optische Anzeigen, die in der normalen Sichtlinie angeordnet sind, reduzieren die Zeitspanne, in der die Augen nicht auf die Straße gerichtet sind (im Gegensatz zu Anzeigen, die in größerem Abstand zur Sichtlinie liegen); außerdem vergrößern näher an der Sichtlinie positionierte Anzeigen die Möglichkeit des Fahrers, auffälligere Veränderungen der Verkehrsverhältnisse im peripheren Sehfeld wahrzunehmen, während er auf eine Anzeige schaut. Je weiter eine Anzeige von der normalen Sichtlinie des Fahrers entfernt angeordnet ist, desto schwieriger ist die Erfassung der betreffenden Informationen und desto größer sind die möglichen Auswirkungen auf das Fahrerverhalten.

Die wichtigsten bzw. sicherheitsrelevanten Informationen müssen möglichst nahe an der normalen Sichtlinie angezeigt werden.

Daher muss der Entwickler bzw. die für den Einbau zuständige Person einen eindeutigen und wesentlich qualitätsbezogenen Kompromiss zwischen dem praktisch Möglichen und der theoretisch wünschenswerten größtmöglichen Nähe zur Sichtlinie eingehen. Dabei sind die folgenden wichtigen Faktoren zu berücksichtigen:

die Anforderung, dass die Sicht auf das Verkehrsgeschehen nicht beeinträchtigt werden darf (siehe Grundsatz 4.3.2.2),

die Anforderung, dass sonstige Anzeigen sowie der Zugang zu sonstigen Bedienteilen nicht behindert werden dürfen (siehe Prinzip 4.3.2.3),

die Anforderung, dass die Sichtbarkeit Anzeige selbst nicht erheblich beeinträchtigt sein sollte (etwa durch Bedienteile wie z. B. das Lenkrad oder den Schalthebel).

Insbesondere bei Personenkraftwagen wird empfohlen, dass Anzeigen mit fahrtrelevanten Informationen sowie alle Anzeigen, bei denen lange Blickfolgen erforderlich werden können, in einem Winkel von bis zu 30o unter dem Blickwinkel der normalen Geradeaussicht des Fahrers angeordnet werden. Der Begriff langer Blickfolgen wird unter Prinzip 4.3.4.2 erläutert.

Beispiele:

Gut: Die Anzeige eines Navigationssystems in einem Personenkraftwagen wird innerhalb eines Winkels von etwa 30o unterhalb der Sichtlinie des Fahrers angeordnet, weil die anzuzeigenden Informationen beim Führen des Fahrzeugs von Bedeutung sind.

Schlecht: Die Anzeige eines Kommunikationssystems (z. B. eines PDA (Personal Digital Assistant)) oder ein Telefon werden in einem Personenkraftwagen trotz der langen Eingabe- und Blickfolgen, die zur Eingabe oder zum Suchen einer Telefonnummer erforderlich ist, in der Nähe des Schalthebels zwischen den Vordersitzen angeordnet.

Anwendbarkeit:

Das Prinzip gilt für alle bordeigenen Systeme mit optischen Anzeigen und für Nutzungssituationen, bei denen der Blick nach vorn gerichtet ist. Anzeigen, die bestimmte Fahrmanöver unterstützten (z. B. das Rückwärtsfahren), stellen einen Sonderfall dar.

Überprüfung:

Im Allgemeinen sollte das Ziel darin bestehen, dass sich Entwickler und Fachleute für Fragen der Ergonomie bei der Zuweisung von Raum in der Instrumententafel auf den bestmöglichen Kompromiss verständigen.

Referenzen:

ISO 4513 (2003): Straßenfahrzeuge — Sicht — Verfahren zur Erstellung von Augenellipsen zur Bestimmung der Lage der Fahreraugen

4.3.2.5.   Einbaubezogener Grundsatz V für die Installation

Optische Anzeigen sollten so entwickelt und eingebaut werden, dass sie nicht blenden und reflektieren.

Erklärung

Blendwirkungen und Reflexionen, die die Erfassung von Informationen auf der Anzeige möglicherweise erschweren, können vom Führen des Fahrzeugs oder sonstigen Aufgaben während der Fahrt ablenken. Dies dürfte für den Fahrer unangenehm und störend sein und Verhaltensanpassungen wie z. B. Blinzeln, kurzzeitiges Schließen der Augen und kurzzeitige Kopfbewegungen zur Folge haben, mit denen der Fahrer eine bessere Sicht zu erhalten versucht. Diese Auswirkungen sind alle geeignet, in gewisser Weise das Wohlbefinden des Fahrers zu mindern und damit die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen.

Als Blendwirkung wird die ablenkende (und möglicherweise behindernde) Wirkung hellen Lichts in ansonsten verhältnismäßig dunkler Umgebung bezeichnet, welche die visuelle Aufmerksamkeit und Wahrnehmung beeinträchtigt. Diese Wirkung kann im Fahrzeug in unterschiedlicher Weise auftreten:

Außenlicht (in der Regel Sonnenlicht) trifft auf eine optische Anzeige, mindert den Anzeigekontrast und erschwert die Lesbarkeit der angezeigten Informationen in der normalen Sitzposition des Fahrers.

Die Anzeige selbst ist zu hell und lenkt vom Verkehrsgeschehen und von sonstigen Anzeigen und Bedienteilen im Fahrzeug ab. Dies wird der Fahrer bei ungünstigen Lichtverhältnissen außerhalb des Fahrzeugs selbst bemerken.

Als Reflexion wird im Allgemeinen die Abbildung eines Gegenstandes bezeichnet, die dadurch entsteht, dass das auf einen Gegenstand auftreffende Licht zurückgeworfen wird. Dies kann in unterschiedlicher Weise geschehen:

Das Licht einer Leuchtanzeige trifft auf eine andere Oberfläche (bzw. auf mehrere Oberflächen) und erzeugt eine Abbildung der Anzeigefläche (z. B. auf der Windschutzscheibe). Diese Reflexion dürfte höchstwahrscheinlich vom Fahrer wahrgenommen werden, wenn ein starker Kontrast zwischen der Abbildung und dem Hintergrund der Abbildung besteht (z. B. bei einer Spiegelung auf einer Windschutzscheibe bei Dunkelheit).

Licht aus einer externen Quelle (z. B. Sonnenlicht, Straßenbeleuchtung oder sonstige helle Objekte) wird von der Anzeigefläche auf die Augen des Fahrers reflektiert (siehe auch vorstehende Definition „Blendwirkung“).

Diese Auswirkungen sollten bei der Entwicklung und beim Einbau zu berücksichtigt werden. Weitere möglicherweise zu berücksichtigende Aspekte sind die Bereitstellung (manueller oder automatischer) Regler zur Einstellung der Anzeigehelligkeit, die zu verwendende Anzeigetechnologie, die Oberflächenstruktur der Anzeigefläche, Farbe und Glanzverhalten von Oberflächen, die auf der Anzeigefläche reflektiert werden, die positive oder negative Darstellung der Abbildung, die Sichtbarkeit und die Einstellbarkeit der Anzeige, der zurückgesetzte Einbau oder die Verwendung von Einbaublenden.

Beispiele:

Gut: Eine Anzeige mit automatischer Helligkeitsregelung, bei der keine Reflexionen auf den Scheiben des Fahrzeugs entstehen und die unter allen normalen Lichtverhältnissen gut ablesbar ist

Schlecht: Eine Anzeige, die bei Nacht so hell ist, dass sie auch in der Peripherie des Gesichtsfeldes für den Fahrer erheblich auffällt, wenn er das Verkehrsgeschehen vor dem Fahrzeug beobachtet, und deren Informationen bei Sonnenlicht wegen des geringen Kontrasts schwer lesbar sind.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz gilt für alle bordeigenen Informations- und Kommunikationssysteme mit optischen Anzeigen.

Überprüfung:

Die Überprüfung sollte auf Verfahren zur Bestimmung von Blendwirkungen und Reflexionen beruhen. Die jeweils zu berücksichtigenden Kriterien hängen vom betreffenden Fahrzeug ab.

Referenzen:

ISO 15008 (2003): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und Assistenzsystemen — Anforderungen und Bewertungsmethoden der visuellen Informationsdarstellung im Fahrzeug

4.3.3.   Grundsätze für die Darstellung von Informationen

4.3.3.1.   Grundsatz I für die Darstellung von Informationen

Die von einem System zu einem beliebigen Zeitpunkt optisch angezeigten Informationen sollten so gestaltet werden, dass der Fahrer die betreffenden Informationen mit wenigen Blicken erfassen kann, die so kurz genug sein müssen, um das Fahrverhalten nicht zu beeinträchtigen.

Erklärung

Die von einem Fahrer ausgeübte Kontrolle über das Fahrzeug und die ausgeführten fahrtechnischen Maßnahmen beruhen auf der vom Fahrer zu leistenden visuellen Verarbeitung der Verkehrsumgebung. Daher sollte die Erkennung und Erfassung visuell dargestellter maßgeblicher Informationen jederzeit nur beschränkte Anforderungen darstellen. Durch Erhöhung der Anzahl und/oder Dauer der Blickkontakte zur Erkennung und Erfassung visuell dargestellter Informationen kann sich die Wahrscheinlichkeit potenziell gefährlicher Verkehrssituationen aufgrund der Beschäftigung des Fahrers mit ungeordneten Aufgaben beim Führen des Fahrzeugs erhöhen. Die maßgeblichen Informationen sind Bestandteil aller visuell dargestellten Informationen, die der Fahrer zur Erfüllung einer bestimmten Anforderung aufzunehmen bestrebt ist.

Beispiele:

Gut: Gut lesbare und gut strukturierte Grafiken auf einer gut angeordneten optischen Anzeige, welche das Auffinden der gesuchten Menüoption mit einer einzigen Blickzuwendung mit einer Dauer von einer Sekunde ermöglichen

Schlecht: Ein Navigationssystem, das dem Fahrer eine detailreiche optische Anzeige anbietet, die die vollständige und andauernde Aufmerksamkeit des Fahrers erfordert, um das gewünschte Ziel auf einer sich bewegenden Karte ausfindig zu machen

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz gilt für alle bordeigenen Informations- und Kommunikationssysteme mit optischen Anzeigen zur Darstellung von Informationen, die der Fahrer während der Fahrt sehen soll.

Überprüfung:

Vergleich alternativer Entwicklungen zur Informationsdarstellung: Anzahl und Dauer der zur Erkennung und zur Erfassung der gleichzeitig dargestellten maßgeblichen Informationen erforderlichen Blickkontakte sollten möglichst minimiert werden.

Ergebnis: Optimierte Entwicklung einer einzigen Anzeige

Weitere Informationen:

ISO 15007-1 (2002): Straßenfahrzeuge — Messung des Blickverhaltens von Fahrern bei Fahrzeugen mit Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Teil 1: Begriffe und Parameter

ISO TS 15007-2 (2001): Road vehicles — Measurement of driver visual behaviour with respect to transport information and control systems — Part 2: Equipment and procedures,

ISO 15008 (2003): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und Assistenzsystemen — Anforderungen und Bewertungsmethoden der visuellen Informationsdarstellung im Fahrzeug,

ISO FDIS 16673: Road vehicles — Ergonomic aspects of transport information and control systems — Occlusion method to assess visual distraction.

Gegenstand von ISO TC22/SC13/WG8 ist die Entwicklung weiterer Methoden/Maßstäbe für die Quantifizierung visueller Ablenkung (z. B. eine Änderung von ISO 15008, Lesbarkeit von Anzeigen und TC22/SC13/WG8/AWI zum Spurwechseltest zur Messung der Ablenkung des Fahrers).

4.3.3.2.   Grundsatz II für die Darstellung von Informationen

International und/oder national vereinbarte Normen zu Lesbarkeit und Hörbarkeit, Symbolen, Begriffen, Akronymen und/oder Abkürzungen sollten berücksichtigt werden.

Erklärung

Die Anforderungen bezüglich der Lesbarkeit und der Hörbarkeit sowie die verschiedenen Symbole sehen bestimmte geometrische und/oder physische Merkmale für die visuell und/oder akustisch dargestellten Informationen vor, welche die größtmögliche Wahrscheinlichkeit dafür bieten sollen, dass die Informationen von den Fahrern unter vielfältigen Bedingungen und in unterschiedlichen Umgebungen leicht erfasst werden können.

In Anbetracht der ständig wachsenden Anzahl an Funktionen, die den Fahrern zur Verfügung stehen, muss bei der Wahl von Symbolen, Piktogrammen, Abkürzungen und Begriffen zur Beschreibung der verschiedenen Funktionen die jeweils am weitesten verbreitete Praxis zugrunde gelegt werden.

Beispiele:

Gut: Verkehrsinformationen werden in bordeigenen Anzeigen durch Verkehrsschildsymbole ergänzt.

Schlecht: Symbole und Piktogramme eines Navigationssystems, die nur von einem bestimmten Hersteller verwendet werden und für die Mehrheit der Fahrer nicht verständlich ist

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf alle Elemente anwendbar, die Aufschluss über Funktionen oder Aufgaben von Informations- und Kommunikationssystemen in einem Fahrzeug geben sollen.

Überprüfung:

Prüfung durch Inaugenscheinnahme, ob international und/oder national vereinbarte Anforderungen für die Lesbarkeit und die Hörbarkeit sowie für Piktogramme, Symbole, Begriffe, Akronyme und/oder Abkürzungen verwendet werden; dabei sind die wesentlichen maßgeblichen Normen zu berücksichtigen.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 15008 (2003): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und Assistenzsystemen — Anforderungen und Bewertungsmethoden der visuellen Informationsdarstellung im Fahrzeug (zurzeit in Überarbeitung)

ISO 15006 (2004): Road Vehicles — Traffic Information and Control Systems (TICS) — Auditory Presentation of Information

ISO 2575 (2004): Straßenfahrzeuge — Symbole für Bedienteile, Anzeige- und Warngeräte

ISO 7000 (2004): Graphische Symbole an Einrichtungen — Index und Übersicht

4.3.3.3.   Grundsatz III für die Darstellung von Informationen

Für das Führen des Fahrzeugs maßgebliche Informationen sollten genau sein und rechtzeitig angezeigt werden.

Erklärung

Informationen, die für das Führen des Fahrzeugs von Bedeutung sind, sollten dem Fahrer im bestmöglichen Augenblick angezeigt werden und hinreichend genau sein, um dem Fahrer bei einer angemessenen Reaktion auf die betreffenden Gegebenheiten zu unterstützen.

Beim Führen des Fahrzeugs muss der Fahrer seine Umgebung ständig beobachten, um maßgebliche Reize zu erkennen, sich auf diese Reize zu konzentrieren und die Reize zu erfassen, die eine Anpassung seines Verhaltens erfordern. Wie sich diese Anpassung gestaltet, hängt davon ab, welches Verhalten für die jeweilige Situation am besten geeignet ist, sowie welche Ziele der Fahrer hat und welche Prioritäten er setzt. Das Verhalten kann z. B. in einer Anpassung der Fahrgeschwindigkeit, im Wechsel einer Fahrspur oder in der Warnung anderer Verkehrsteilnehmer bestehen.

In geeigneter Weise zeitlich abgestimmte und genaue Informationen verringern Unsicherheiten, indem sie klare und angemessene Auskunft auf Fragen geben, die mit den folgenden Fragewörtern eingeleitet werden können: „Was?“„Wann?“„Wo?“„Wie lange?“ Die Anforderung an die Genauigkeit und zeitliche Abstimmung der Informationsdarstellung beinhaltet auch, dass die angezeigten Informationen mit der Wahrnehmung der Umgebung durch den Fahrer vereinbar sein müssen. Die angezeigten Informationen sollten daher z. B. nicht im Widerspruch zu Verkehrsschildern stehen. Systeme mit zeitlich schlecht abgestimmten und/oder unzutreffenden Informationen können für den Fahrer eine Ablenkung darstellen, welche die Fahrsicherheit beeinträchtigt und Frustrationen verursacht.

Beispiele:

Gut: Die Fahrtstrecke bis zur Ausführung der nächsten fahrtechnischen Maßnahme wird genau dann angegeben, wenn der Fahrer wissen muss, ob und in welcher Weise er eine fahrtechnische Maßnahme ausführen sollte.

Schlecht: Ein Navigationssystem gibt Anweisungen zu Änderungen der Fahrtrichtung aus, erheblich nachdem die betreffende fahrtechnische Maßnahme tatsächlich ausgeführt werden muss.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf alle hinsichtlich ihrer zeitlichen Abstimmung kritischen auditiven und visuellen Signale anwendbar.

Überprüfung:

Prüfung nach Augenschein, ob die vom System angezeigten Informationen in geeigneter Weise zeitlich abgestimmt sind und zum erwarteten Zeitpunkt erfolgen

Ergebnis: Ja/Nein

Referenzen:

Keine weiteren Referenzen

4.3.3.4.   Grundsatz IV für die Darstellung von Informationen

Informationen mit höherer Sicherheitsrelevanz sollte höhere Priorität beigemessen werden.

Erklärung

Sicherheitsrelevante Informationen muss der Fahrer unter Umständen in einer kurzen Zeitspanne erfassen und entsprechend reagieren. Daher müssen diese Informationen so schnell wie möglich dargestellt werden; Routineinformationen sollten die Darstellung sicherheitskritischer Informationen nicht verzögern.

Die Priorität von Informationen aus sicherheitsrelevanter Sicht hängt von der Dringlichkeit und der kritischen Bedeutung der Informationen ab (d. h. von der Schwere der Folgen, die eintreten würden, wenn der Fahrer nicht auf die Informationen reagieren würde). Diese Faktoren wiederum hängen ihrerseits auch von der Verkehrssituation ab (siehe ISO/TS 16951). Wenn die Informationen außerhalb des Fahrzeugs gegeben sind bzw. erzeugt werden (z. B. am Fahrbahnrand oder durch ein entferntes System), kann die Verkehrssituation bei der Gewichtung der Prioritäten nicht berücksichtigt werden; in diesem Fall kann die Priorität allgemeiner festgelegt werden. Werden Informationen aus eigenständigen Fahrzeugsystemen bezogen oder können außerhalb des Fahrzeugs und im Fahrzeug dargestellte Informationen kombiniert werden, besteht die Möglichkeit, die Verkehrssituation zu berücksichtigen und die Priorität entsprechend abzustimmen.

Bei außerhalb des Fahrzeugs dargestellten Informationen sollten diejenigen, die dynamische Informationen bereitstellen (Diensteanbieter), eine Strategie zur Informationsverbreitung zugrunde legen, mit der — über die Zeitnähe und die Verlässlichkeit hinaus — die Priorität der wichtigsten Informationen sichergestellt ist. Bordeigene Systeme müssen eingehende sicherheitsrelevante Meldungen erkennen und entsprechend reagieren.

Die Sicherheitsrelevanz von Informationen ist unter Umständen nicht immer ohne weiteres festzulegen, und möglicherweise lässt sich aus technischen Gründen nicht bei allen Informationen eine Priorität ermitteln bzw. angeben.

Beispiele:

Gut: Informationen zum Abbiegen an einer komplexen Kreuzung wird Vorrang vor einem eingehenden Telefonanruf eingeräumt.

Schlecht: Eine mit hoher Priorität bewertete Eiswarnung auf dem betreffenden Streckenabschnitt kann nicht unmittelbar dargestellt werden, weil auf der Anzeigefläche eine Staumeldung angezeigt wird.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf Systeme anwendbar, die dynamische Informationen anzeigen (Informationen, die sich infolge von Bedingungen in unmittelbarer Umgebung des Fahrzeugs oder aufgrund allgemeiner Verkehrsbedingungen ändern).

Überprüfung:

Überprüfung, ob die Priorität der Informationen berücksichtigt wird.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO/TS 16951 (2004): Road Vehicles — Ergonomic aspects of transport information and control systems — Procedure for determining priority of on-board messages presented to drivers

4.3.3.5.   Grundsatz V für die Darstellung von Informationen

Vom System erzeugte Töne oder Geräusche, deren Lautstärke vom Fahrer nicht gesteuert werden kann, sollten akustische Warnsignale innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs nicht überlagern.

Erklärung

Auditive Informationen mit einem zu hohen Schallpegel können das Fahrverhalten oder die Straßenverkehrssicherheit beeinträchtigen, wenn sie wesentliche und wichtige akustische Warnsignale im Zusammenhang mit der Straßenverkehrs- und der Fahrzeugsicherheit überlagern. Außerdem können Geräusche oder Töne bei unangemessener Gestaltung den Fahrer ablenken und stören. Daher müssen auditive Informationen so gestaltet werden, dass eine Überlagerung auditiver Informationen innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs verhindert wird. Bei jedem System einschließlich Audiosystemen sollten vor der Einführung die Auswirkungen berücksichtigt werden, die das System auf den Fahrer haben kann.

Dies kann auf unterschiedliche Weise erreicht werden:

Das System erzeugt Töne oder Geräusche mit einer Lautstärke, bei der nicht anzunehmen ist, dass akustische Warnsignale überlagert werden.

Die Töne oder Geräusche sind so kurz, dass keine Warnungen verpasst werden können.

Bei intermittierenden Tönen oder Geräuschen wird das Unterbrechungsintervall so weit ausgedehnt, dass der Fahrer gegebenenfalls akustische Warnungen aufnehmen kann.

Beispiele:

Gut: Das System gibt auditive Signale in einer Lautstärke unterhalb des Schallpegels akustischer Warnungen innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs aus.

Schlecht: Ein eingehender Telefonanruf wird so laut angezeigt, dass Warnmeldungen wahrscheinlich überlagert werden; die Lautstärke des Rufsignals kann vom Fahrer nicht eingestellt werden.

Anwendbarkeit:

Das Prinzip ist auf alle hörbaren Töne und Geräusche von Informations- und Kommunikationssystemen mit Schallpegeln anwendbar, die vom Fahrer nicht gesteuert werden können; dies gilt gleichermaßen für bordeigene Systeme, Nachrüstsysteme und mobile Systeme sowie für Töne und Geräusche infolge der Kommunikation mit der Umgebung der Fahrzeuge.

Überprüfung:

Überprüfung, ob Warnmeldungen noch gut wahrnehmbar sind, während das System unkontrollierbare Schallpegel erzeugt.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 15006 (2004): Road Vehicles — Traffic Information and Control Systems (TICS) — Auditory Presentation of Information

4.3.4.   Schnittstellen mit Anzeigen und Bedienteilen

4.3.4.1.   Grundsatz I für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Der Fahrer sollte immer in der Lage sein, mindestens eine Hand am Lenkrad zu belassen, während er mit dem System in Interaktion tritt.

Erklärung

Dieser Grundsatz betrifft Schnittstellen, bei denen der Fahrer manuelle Eingaben (z. B. mit Tasten oder Knöpfen) vornehmen muss.

In bestimmten Verkehrssituationen muss der Fahrer die Lenkung des Fahrzeugs genau steuern können; dies geschieht am besten, wenn der Fahrer beide Hände am Lenkrad hat. In anderen Situationen ist eine Hand am Lenkrad hinnehmbar, sofern auch die andere Hand sofort das Lenkrad greifen kann, wenn die Umstände dies erfordern. Daher werden Handgeräte für die Nutzung während der Fahrt nicht empfohlen.

Gemäß diesem Prinzip sollte das System so gestaltet sein, dass für die Interaktion mit dem System nur eine Hand vom Lenkrad genommen werden muss und die andere Hand am Lenkrad belassen wird. Wenn eine Hand vom Lenkrad genommen werden muss, um die Schnittstelle bedienen zu können, sollte nicht auch gleichzeitig die andere Hand zur Bedienung der Schnittstelle benötigt werden (z. B. zur Reglerbedienung).

Beispiele:

Gut: Eine Steuerung, die in einem bequem erreichbaren Halter sicher befestigt ist und mit einer Hand bedient werden kann, ohne die Steuerung aus dem Halter nehmen zu müssen

Schlecht: Eine nicht befestigte Steuerung, die der Fahrer während der Bedienung in der Hand halten muss

Anwendbarkeit:

Sämtliche Informations- und Kommunikationssysteme

Überprüfung:

Überprüfung, ob der Fahrer das System mit einer Hand bedienen kann

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

Keine weiteren Referenzen

4.3.4.2.   Grundsatz II für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Das System sollte keine lange andauernden und nicht zu unterbrechenden Ein-/Ausgabefolgen; ununterbrochene Ein-/Ausgabefolgen sind nur über kurze Zeitspannen möglich.

Erklärung

Dieser Grundsatz lässt ununterbrochene Ein-/Ausgabefolgen nur dann zu, wenn die Ein-/Ausgabefolge auf kurze Zeitspannen beschränkt ist; eine länger andauernde Ein-/Ausgabefolgen sollte der Fahrer unterbrechen können. Das System sollte also bei Unterbrechungen Fahrereingaben nur dann löschen, wenn die Ein-/Ausgabefolge auf eine kurze Zeitspanne beschränkt oder eine hinreichend lange Zeitüberschreitung erfolgt ist.

Wenn ein Fahrer weiß, dass die Ein-/Ausgabefolge unterbrochen werden kann, wird er die dynamische Verkehrssituation aufmerksamer beobachten, weil ihm bewusst ist, dass er seine Eingaben fortsetzen kann, wenn die Verkehrssituation keine erhöhte Aufmerksamkeit mehr erfordert.

Ein-/Ausgabefolgen können allerdings dann ununterbrochen aufeinander folgen, wenn sie auf eine kurze Zeitspanne beschränkt werden, um zusätzliche Eingaben zu vermeiden, mit denen das System ansonsten wieder in den normalen Betriebszustand versetzt werden müsste. Ein gutes Beispiel wäre etwa eine aus zwei oder drei Eingabeschritten bestehende Ein-/Ausgabefolge zum Ändern der Lautstärkeeinstellung eines konventionellen Radios.

Beispiele:

Gut: Eine Ein-/Ausgabefolge zum Abrufen von Verkehrsinformationen kann unterbrochen werden, ohne den Eingabestatus des Systems zu ändern.

Nur bei wenigen „auf eine kurze Zeitspanne beschränkten Ein-/Ausgabefolgen“ (höchstens drei Tastendrücke) ist eine Zeitüberschreitung bereits nach 10 Sekunden definiert.

Schlecht: Die Verzögerung zwischen der Betätigung der einzelnen Tasten bei der Eingabe einer Telefonnummer darf höchstens fünf Sekunden betragen; ansonsten werden alle zuvor eingegebenen Ziffern gelöscht.

Anwendbarkeit:

Das Prinzip ist auf Systeme mit manuellen/visuellen Ein-/Ausgabefolgen anzuwenden (d. h. dann, wenn eine Funktion mehrere Eingaben erfordert; dies ist durch Sichtprüfung festzustellen. Das Prinzip bezieht sich nicht auf sprachbasierte Systeme.

Überprüfung/Maßgebliche Methoden:

1.

Analyse, ob die Ein-/Ausgabefolge als auf eine kurze Zeitspanne beschränkt betrachtet werden kann; dabei sind die folgenden Schnittstellenparameter zu berücksichtigen:

Anzahl der einzelnen Eingaben (z. B. weniger als vier bis fünf Tastendrücke),

Komplexität der Schnittstelle (z. B. weniger als zwei Menüwechsel),

Dauer der Eingaben,

Intensität der visuellen Wirkung der Schnittstelle.

2.

Überprüfung, ob sich der Systemstatus ändert, wenn eine in Schritt 1 als über eine längere Zeitspanne andauernd bestimmte Ein-/Ausgabefolge unterbrochen wird.

Ergebnis: Ja/Nein

Weitere Informationen:

Visuelle Intensität der Schnittstelle: siehe ISO FDIS 16673 zur Verdeckung bzw. Überlagerung.

4.3.4.3.   Grundsatz III für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Der Fahrer sollte eine unterbrochene Ein-/Ausgabefolge mit dem System an der Stelle fortsetzen können, an der die Ein-/Ausgabefolge zuvor unterbrochen wurde, oder an einer anderen logisch denkbaren Stelle wieder aufnehmen können.

Erklärung

Wenn unvollständig eingegebene Daten nach einer Eingabeunterbrechung gelöscht werden, könnte der Fahrer veranlasst werden, sich auch dann um die vollständige Eingabe zu bemühen, wenn die Verkehrssituation seine volle Aufmerksamkeit erfordern würde.

Dieser Grundsatz setzt voraus, dass der Fahrer eine unterbrochene Ein-/Ausgabefolge entweder an der Stelle fortsetzen kann, an der er die Eingabe zuvor unterbrochen hat, oder anschließend an einen anderen zuvor ausgeführten Schritt wieder aufnehmen kann, ohne nochmals neu mit der Eingabe beginnen zu müssen.

Wenn der Fahrer die Eingaben fortsetzen möchte, ist die Stelle, an der die Eingabe zuvor unterbrochen wurde, unter Umständen nicht mehr von Bedeutung, da sich gewisse äußere Gegebenheiten geändert haben. In diesen Fällen vereinfacht der vom System erfasste logische Schritt die anstehende Aufgabe und reduziert die Beanspruchung des Fahrers.

Beispiele:

Gut: Der Fahrer kann die Eingabe einer Telefonnummer unterbrechen, sich mehrere Sekunden auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren und dann die Nummer vervollständigen.

Schlecht: Wenn der Fahrer eine Liste mit Verkehrsmeldungen liest und sich dann dem Verkehrsgeschehen zuwendet, obwohl er erst die halbe Liste gesehen hat, löscht das System die Liste nach einer kurzen Zeitüberschreitung. Der Fahrer muss die Liste dann erneut abrufen, um die übrigen Meldungen lesen zu können.

Anwendbarkeit:

Sämtliche Informations- und Kommunikationssysteme, bei denen eine Ein-/Ausgabefolge gegeben ist

Überprüfung:

Überprüfung, ob sich der Systemstatus ändert, wenn die Ein-/Ausgabefolge unterbrochen wurde

Ergebnis = Ja/Nein

Wenn die Überprüfung negativ ausgefallen ist, muss geprüft und bewertet werden, ob die Stelle für Fortsetzung der Eingabe logisch definiert wurde; diese Überprüfung erfolgt unter subjektiver Bewertung und Einschätzung.

Referenzen:

Keine weiteren Referenzen

4.3.4.4.   Grundsatz IV für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Der Fahrer sollte das Tempo der Ein-/Ausgabefolgen mit dem System selbst bestimmen können. Insbesondere sollte das System den Fahrer nicht veranlassen, Eingaben unter Zeitdruck vorzunehmen.

Erklärung

Ein-/Ausgabefolgen mit dem System bedeuten in diesem Zusammenhang die Bedienung (in Form von Eingaben mit Bedienteilen oder durch Sprachsteuerung) auf Initiative des Fahrers oder infolge angezeigter Informationen und somit vom System veranlasst. Eine angemessene Reaktion setzt gewöhnlich voraus, dass der Fahrer Informationen aufnimmt und verarbeitet, bevor er sich zum jeweils angemessenen Verhalten entschließt. Dabei wird angenommen, dass sich die betreffende Situation in einer Weise entwickelt, in der dem Fahrer hinreichend Zeit und Aufmerksamkeit verbleibt. Da zurzeit keine Systeme verfügbar sind, mit denen die zu erwartende Beanspruchung des Fahrers ständig und zuverlässig ermittelt werden könnte, sollte ausschließlich der Fahrer nach eigenem Ermessen im Interesse der Sicherheit und einer entspannten Fahrsituation entscheiden, ob er auf das System reagieren möchte.

Als zeitkritische Reaktionen werden Reaktionen bezeichnet, für die dem Fahrer nur ein kurzes Zeitfenster bleibt. Der Fahrer kann das Tempo der Interaktion steuern, wenn er nach eigenem Ermessen entscheiden kann, wann er Eingaben vornimmt und wie lange Informationen dargestellt werden.

Ausnahmen:

Die dargestellten Informationen stehen direkt mit der unmittelbaren Verkehrssituation in Zusammenhang (z. B. mit der genauen Fahrzeuggeschwindigkeit oder der für die Gültigkeit der angezeigten Fahrtroute maßgeblichen Entfernung bis zum nächsten Wechsel der Fahrtrichtung).

Das System muss dem Fahrer helfen, Gefahren auszuweichen oder Missverständnisse zu vermeiden; dazu muss der Fahrer binnen einer bestimmten Zeitspanne reagieren.

Ein zweiter Tastendruck bei einem Eingabegerät, das einen Doppelklick voraussetzt, stellt eine annehmbare Ausnahme dar.

Auf Eingaben, die mit demselben Bedienteil vorgenommen werden, aber je nach Dauer der Betätigung unterschiedliche Ergebnisse zur Folge haben (z. B. eine Taste, die mehrere Sekunden gedrückt gehalten wird, um einen Radiosender zu speichern), ist dieser Grundsatz nicht anwendbar.

Beispiele:

Gut: Der Fahrer kann nach eigenem Ermessen Reiseinformationen anhören, wenn die Situation dies zulässt; die Meldungen werden aber nicht automatisch sofort eingeblendet.

Schlecht: Ein Umleitungsvorschlag, den ein Navigationssystem aufgrund einer Verkehrsstörung ausgibt, muss binnen Sekunden bestätigt oder abgelehnt werden; ansonsten zeigt das System automatisch die Umleitung an.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf Systeme zur Anzeige von Informationen anwendbar, die nicht unmittelbar mit der Verkehrssituation in Zusammenhang stehen (siehe Ausnahmen unter Erklärung).

Überprüfung:

Prüfung, ob der Fahrer das Tempo der Interaktion mit dem System selbst bestimmen kann (d. h. ob der Fahrer selbst entscheiden kann, wann er eine Eingabe vornimmt und wie lange Informationen dargestellt werden)

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

Keine weiteren Referenzen

4.3.4.5.   A Grundsatz V für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Die Bedienteile des Systems sollten so gestaltet werden, dass sie ohne Beeinträchtigung der für das Führen des Fahrzeugs erforderlichen primären Bedienteile verwendet werden können.

Erklärung

Dieser Grundsatz hat die Beziehung zwischen den primären Bedienteilen zum Führen des Fahrzeugs und anderen Bedienteilen ms zum Gegenstand und soll sicherstellen, dass die Verwendbarkeit dieser Bedienteile nicht versehentlich beeinträchtigt wird. Anordnung, Kinematik, Kraftaufwand bei der Bedienung und Einstellweg der Bedienteile des Systems sollten daher so gestaltet werden, dass die Betätigung dieser Bedienteile weder die beabsichtigte Verwendung eines für das Führen des Fahrzeugs erforderlichen primären Bedienteils behindert noch die versehentliche Betätigung eines für das Führen des Fahrzeugs erforderlichen primären Bedienteils begünstigt.

Beispiele:

Gut: Die am häufigsten benötigten Bedienteile des Systems sind in Reichweite der Fingerspitzen angeordnet, während sich die Hände am Lenkrad befinden.

Schlecht: Ein Drehknopf mit konzentrischer Achse am Lenkrad, für dessen Betätigung ein Kraftaufwand erforderlich ist, der auch eine Änderung des Lenkwinkels zur Folge haben könnte

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz gilt für sämtliche zur Nutzung während der Fahrt vorgesehenen Systeme, insbesondere für mobile Geräte und Nachrüstgeräte.

Überprüfung:

Überprüfung, ob die Bedienung des Systems die Bedienbarkeit von für das Führen des Fahrzeugs benötigten primären Bedienteilen derart beeinträchtigt, dass unerwünschte Auswirkungen auf die Bewegung des Fahrzeugs gegeben sind

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 4040 (2001): Straßenfahrzeuge — Anordnung der Handbedienteile, Anzeiger und Warngeräte in Kraftfahrzeugen

4.3.4.6.   bezogener Grundsatz VI für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Der Fahrer sollte die Lautstärke auditiver Informationen steuern können, wenn diese eine Ablenkung bedeuten können.

Erklärung

Die Möglichkeit der Steuerung auditiver Informationen bedeutet, dass der Fahrer die Lautstärke einstellen und gegebenenfalls auf ein Niveau reduzieren kann, auf dem sie praktisch nicht mehr wahrnehmbar ist.

Als Ablenkung wird die Beanspruchung eines erheblichen Anteils der Aufmerksamkeit des Fahrers durch Reize bezeichnet, die sich aus für das Führen des Fahrzeugs nicht erheblichen Informationen oder aus für das Führen des Fahrzeugs erheblichen Informationen ergeben können, die so dargestellt werden, dass sie die Aufmerksamkeit des Fahrers in größerem Umfang binden als erforderlich. Diese unerwünschte Beanspruchung der Aufmerksamkeit des Fahrers kann auf die Häufigkeit, die Dauer und die Intensität der Reize sowie — im allgemeineren Sinne — auf die Unerheblichkeit der betreffenden Informationen für das Führen des Fahrzeugs zurückzuführen sein und eine störende Wirkung haben.

Da dem Fahrer vielleicht auch wichtige Informationen übertragen werden müssen, wenn der Ton abgestellt wurde, oder wenn die Lautstärke auf ein nicht mehr wahrnehmbares Niveau reduziert wurde, kann das System so gestaltet sein, dass Statusinformationen auch auf nicht auditivem Weg übertragen werden.

Beispiele:

Gut: Der Fahrer kann das akustische Rufsignal eines „eingehenden Telefonanrufs“ steuern und bei Bedarf auch eine Betriebsart einstellen, in der ausschließlich ein optisches Signal angezeigt wird.

Schlecht: Eine nicht mehr aktuelle Verkehrsmeldung wird mehrere Male wiederholt und kann nicht abgestellt werden.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist für sämtliche Systeme maßgeblich, die nicht sicherheitsrelevante auditive Informationen übertragen; auf Systeme zur Darstellung von Warnungen beim Führen des Fahrzeugs ist dieser Grundsatz nicht anzuwenden.

Überprüfung:

Prüfung, ob die auditiven Darstellungen des Systems aus- und eingeschaltet werden können bzw. ob der Fahrer die Lautstärke so weit reduzieren kann, dass das System praktisch stummgeschaltet ist.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 15006 (2004): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und Assistenzsystemen — Anforderungen und Konformitätsverfahren für die Ausgabe auditiver Informationen im Fahrzeug.

4.3.4.7.   Grundsatz VII für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Die Reaktionen des Systems (Rückmeldungen, Bestätigungen usw.) nach Fahrereingaben sollten zeitnah und deutlich wahrnehmbar erfolgen.

Erklärung

Reaktionen des Systems erfolgen auf zwei Ebenen:

auf der Ebene der Rückmeldung nach Betätigung eines Bedienteils (z. B. in Form eines Signaltons nach dem Drücken einer Taste) und

auf der Dialogebene in Form der Reaktion des Systems auf die Eingaben des Fahrers (z. B. durch Anzeige einer empfohlenen Fahrtroute).

Die Reaktion des Systems ist dann zeitnah, wenn sie als verhältnismäßig augenblicklich wahrgenommen wird. Rückmeldungen nach Betätigung eines Bedienteils sollten ab dem Moment erfolgen, in dem das System die Fahrereingabe erkannt hat. Reaktionen auf der Dialogebene (die entweder in der Ausgabe der gewünschten Informationen oder in einer Meldung zur Bestätigung des laufenden Verarbeitungsprozesses bestehen kann), sollten ab dem Abschluss der Eingabe des Fahrers erfolgen.

Wenn das System erhebliche Verarbeitungszeit benötigt, sollte ein Signal ausgegeben werden, um dem Fahrer mitzuteilen, dass das System die Eingabe erkannt hat und dass die Eingabe verarbeitet wird.

Die Reaktion des Systems ist deutlich wahrnehmbar, wenn für den Fahrer offensichtlich ist, dass im System eine Änderung verursacht wurde und dass diese Änderung auf seine Eingabe zurückzuführen ist.

Ein System, das in der vom Fahrer erwarteten Weise reagiert, trägt zur Zuverlässigkeit der Schnittstelle zwischen Fahrer und System bei. Jede verzögerte, uneindeutige oder unbestimmte Reaktion des Systems kann Anlass zu Missverständnissen bieten bzw. als Fehler des Systems oder des Fahrers betrachtet werden und zur Folge haben, dass der Fahrer seine Eingabe wiederholt.

Unsicherheit dahingehend, ob eine Eingabe tatsächlich abgeschlossen wurde, beeinträchtigt ebenfalls die Aufmerksamkeit des Fahrers für das Verkehrsgeschehen.

Beispiele:

Gut: Unmittelbar nach der vom Fahrer eingegebenen Aufforderung zur Anzeige eines anderen Kartenausschnitts erscheint die Meldung „Bitte warten ...“.

Schlecht: Die RDS-Meldung, die nach der letzten Fahrereingabe angezeigt wurde, unterscheidet sich nur in Anzahl der Kilometer von der vorherigen Anzeige. Die Anzeige wird nicht neu aufgebaut; daher besteht Unsicherheit dahingehend, ob das System die neue Eingabe erkannt hat.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf sämtliche Informations- und Kommunikationssysteme anwendbar, die manuelle Eingaben erfordern.

Sprachgesteuerte Systeme werden zurzeit nicht als von diesem Prinzip betroffen betrachtet, weil bei der Spracheingabe naturgemäß auch innerhalb eines Satzes erhebliche Pausen vorkommen können. Für sprachgesteuerte Systeme liegen noch keine hinreichenden Erfahrungen vor, nach denen der Begriff „zeitnah“ definiert werden könnte.

Überprüfung:

Messung der Reaktionszeit des Systems: Das System sollte rasch auf eine manuelle Eingabe reagieren bzw. eine entsprechende Anzeige (z. B. „Bitte warten ...“) ausgeben.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

Keine weiteren Referenzen

4.3.4.8.   Grundsatz VIII für die Interaktion mit Anzeigen und Bedienteilen

Systeme, die keine sicherheitserheblichen visuellen Informationen ausgeben, sollten in eine Betriebsart geschaltet werden können, in der der Fahrer nicht mit den betreffenden Informationen konfrontiert wird.

Erklärung

Als dynamische visuelle Informationen werden visuelle Informationen bezeichnet, die sich durch ein Verhalten des Systems ändern. Nicht sicherheitserhebliche Informationen sind Informationen, die für den Fahrer zur Vermeidung oder Reduzierung der mit einer Situation möglicherweise verbundenen unmittelbaren oder absehbaren Gefahr nicht von Bedeutung sind.

Beispiele für nicht sicherheitserhebliche Informationen sind Navigationskarten, Fracht- und Flottendaten oder Bankdienste.

Da die dynamische Darstellung nicht sicherheitserheblicher Informationen eine unannehmbare Ablenkung beim Führen des Fahrzeugs zur Folge haben kann, sollte der Fahrer die Darstellung der betreffenden Informationen ausschalten können.

Beispiele:

Gut: Der Fahrer kann über ein Menü definieren, ob nicht sicherheitserhebliche dynamische visuelle Informationen dargestellt werden sollen.

Schlecht: Eine im Sekundentakt aktualisierte Navigationskarte kann nicht ausgeschaltet werden, ohne die Navigationsanleitung vollständig abzubrechen.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz bezieht sich auf Informations- und Kommunikationssysteme zur Darstellung nicht sicherheitserheblicher dynamischer visueller Informationen.

Überprüfung:

Prüfung, ob das System in eine Betriebsart geschaltet werden kann, in der dem Fahrer sicherheitserhebliche dynamische visuelle Informationen nicht mehr angezeigt werden

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

Keine weiteren Referenzen

4.3.5.   Grundsätze für das Systemverhalten

4.3.5.1.   Grundsatz I für das Systemverhalten

Während sich das Fahrzeug in Bewegung befindet, sollten für das Führen des Fahrzeugs nicht erhebliche Informationen, die den Fahrer erheblich ablenken könnten, automatisch ausgeschaltet oder so ausgegeben werden, dass der Fahrer sie nicht sieht.

Erklärung

Dieser Grundsatz betont die Bedeutung der Form der visuellen Darstellung für ein sicheres Führen des Fahrzeugs und versucht, visuelle Informationen innerhalb des Fahrzeugs zu begrenzen, die den Fahrer vom Führen des Fahrzeugs ablenken könnte. Die Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Ablenkung bezieht sich auf Darstellungsformen, bei denen die Informationen eine dynamische und nicht vorhersehbare Komponente derart beinhalten, dass der Fahrer nicht mehr alle dargestellten Informationen mit wenigen Blickkontakten erfassen kann (z. B. Fernsehen, Video oder Bild- bzw. Textelemente mit automatischem Bildlauf).

Ein Beispiel wäre etwa die Ausgabe von Bildern und Texten mit automatischem Bildlauf in zahlreichen unterschiedlichen Darstellungsformen, bei denen der Fahrer nicht in der Lage ist, dem Tempo der Darstellungen zu folgen und bei denen die verfügbaren Informationen niemals gleichzeitig angezeigt werden können. Im Hinblick auf diese Beispiele sollten auch sonstige besondere Darstellungsformen wie z. B. „Internet-Seiten“ berücksichtigt werden. Auf sonstige Listen mit Bildlauf, die vom Fahrer gesteuert werden (z. B. Listen der Zielorte in einem Navigationssystem), ist dieser Grundsatz nicht anwendbar, da der Fahrer die Ausgabe jederzeit unterbrechen und anschließend an der Stelle wieder auf die Schnittstelle zugreifen kann, an der die Darstellung zuvor unterbrochen wurde.

Selbst wenn ein Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist, muss eine Verzögerung von einigen Sekunden eingehalten werden, bevor eine der von diesem Prinzip betroffenen Betriebsart für visuelle Darstellungen wieder aktiviert wird. (Diese Regelung wurde zumindest teilweise mit Blick auf Situationen mit geteilter Aufmerksamkeit des Fahrers getroffen (z. B. beim Stop-and-Go-Verkehr).)

Beispiele:

Gut: Ein Fernsehbild, das ausgeschaltet wird, wenn sich das Fahrzeug in Bewegung befindet und das auch dann, wenn das Fahrzeug wieder zum Stillstand gekommen ist, nicht sofort wieder angezeigt wird.

Schlecht: Ein Unterhaltungssystem für die Beifahrer, das der Fahrer sehen kann, während sich das Fahrzeug in Bewegung befindet

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist nur auf visuelle Informationen anwendbar, die nicht mit dem Führen des Fahrzeugs in Zusammenhang stehen. Nicht maßgeblich ist das Prinzip daher für nicht visuelle Informationen (z. B. in Form von Tönen oder Sprache) sowie für visuelle Informationen, die für das Führen des Fahrzeugs erheblich sind.

Überprüfung:

Überprüfung, ob Informationen, die vom Fahrer nicht gesehen werden sollen, solange sich das Fahrzeug in Bewegung befindet, nicht angezeigt werden bzw. für den Fahrer nicht sichtbar sind

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 15005 (2002): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Grundsätze und Prüfverfahren des Dialogmanagements;

ISO 4513 (2003): Straßenfahrzeuge — Sicht — Verfahren zur Erstellung von Augenellipsen zur Bestimmung der Lage der Fahreraugen

4.3.5.2.   Grundsatz II für das Systemverhalten

Das Systemverhalten sollte keine Anzeigen bzw. Bedienteile stören, die für das Führen des Fahrzeugs benötigt werden oder für die Sicherheit des Straßenverkehrs von Bedeutung sind.

Erklärung

Dieser Grundsatz soll sicherstellen, dass durch das Verhalten des Informations- und Kommunikationssystems bei normalem Betrieb oder im Falle einer Störung die uneingeschränkte Kontrolle des Fahrers über das Fahrzeug nicht (in einer sicherheitserheblichen Weise) beeinträchtigt wird. Das System sollte daher keine Informationen oder Bedienteile verdecken, die für das sichere Führen des Fahrzeugs von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang wird als Beeinträchtigung jeglicher Einfluss sowie jegliche Schnittstelle bezeichnet, durch den bzw. durch die die Funktionsfähigkeit, die Merkmale oder das Verhalten vorhandener Anzeigen und Bedienteile geändert werden.

Eine Beeinträchtigung durch Anzeigen oder Bedienteile führt insgesamt zu einer Einschränkung des (vorgesehenen) Funktionsumfangs einer Anzeige oder eines Bedienteils. Beispiele sind etwa Änderungen an vorgeschriebenen Anzeigen oder Bedienteilen. Außerdem sollte das Verhalten eines Systems nicht dazu führen, dass andere Systeme beeinträchtigt oder funktionsunfähig werden, die ausdrücklich als Sicherheitssysteme gestaltet wurden.

Beispiele:

Gut: Auf einem Kombiinstrument werden Navigationsanweisungen so ausgegeben, dass der Tacho immer gut lesbar ist.

Schlecht: Auf einem Kombiinstrument werden vorgeschriebene Informationen von Radiosenderkennungen verdeckt.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf Systeme anwendbar, bei denen vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie Anzeigen und Bedienteile stören können.

Überprüfung:

Überprüfung, ob das Systemverhalten die Nutzung von Anzeigen und die Handhabung von Bedienteilen nicht beeinträchtigt, die für die im Führen des Fahrzeugs bestehende primäre Aufgabe benötigt werden.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 4040 (2001): Straßenfahrzeuge — Anordnung der Handbedienteile, Anzeiger und Warngeräte in Kraftfahrzeugen.

4.3.5.3.   Grundsatz III für das Systemverhalten

Die Interaktion mit Systemfunktionen, die nicht zur Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt vorgesehen sind, sollte unmöglich gemacht werden, solange sich das Fahrzeug in Bewegung befindet; wenn dies nicht möglich ist, sollte zumindest in unmissverständlicher Weise vor entsprechenden nicht erwünschten Interaktionen gewarnt werden.

Erklärung

Mit diesem Prinzip soll insbesondere für den Fahrer Klarheit hinsichtlich der vom Hersteller des Systems vorgesehenen Nutzung sichergestellt werden. Wenn dieser Grundsatz befolgt wird, kann eine spätere Nutzung des Systems außerhalb des durch die vorgesehene Nutzung gegebenen Rahmens als missbräuchliche Nutzung betrachtet werden.

„Unmöglich“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die vorgesehene Systemfunktion bei normaler Nutzung oder bei vernünftigerweise absehbaren Versuchen einer missbräuchlichen Nutzung nicht verwendet werden kann. Nicht vernünftig in diesem Zusammenhang wäre z. B. die Annahme eines Herstellers, dass der Fahrer komplexe technische Maßnahmen unternehmen würde, um die Herstellerabsichten zu unterlaufen. Die Überlegungen des Herstellers können sich auf geltende Rechtsvorschriften oder auf eigene Einschätzung stützen.

Eine klare Warnung vermittelt Informationen und Hinweise zu nachteiligen Folgen einer Situation oder eines Verhaltens in hinreichender Ausführlichkeit. Die Warnung wird in Art oder Form so gestaltet, dass der Fahrer die Warnung leicht wahrnehmen kann. Die Informationen können schriftlich zur Verfügung gestellt oder vom System automatisch angezeigt werden. Vernünftige Fahrer sollten hinsichtlich der vom Hersteller vorgesehenen Nutzung des Systems keine Zweifel mehr haben, nachdem sie die betreffende klare Warnung zur Kenntnis genommen haben.

Zur Übermittlung von Warnungen bestehen verschiedene Möglichkeiten. Eine Möglichkeit ist die ständige Anzeige einer Warnung. Wenn die Warnung nicht ständig angezeigt wird, sollte sie zumindest so lange dargestellt werden, dass sichergestellt ist, dass der Fahrer Gelegenheit hatte, die Warnung zur Kenntnis zu nehmen. Dies kann erreicht werden, indem der Fahrer veranlasst wird, die Warnung mit einem Tastendruck zu bestätigen.

Beispiele:

Gut: Wenn sich das Fahrzeug in Bewegung setzt, wird die Verbindung eines Fahrers zu einer Internet-Website deaktiviert, und in der Anzeige erscheint die Meldung „Während der Fahrt nicht verfügbar“. Wenn das Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist, kann der Fahrer die Verbindung wieder aktivieren.

Schlecht: Eine Fernsehfunktion wurde so gestaltet, dass sie bei fahrendem Fahrzeug nicht verfügbar ist; ob sich das Fahrzeug in Bewegung befindet, wird von einem Positionsgeber an der Feststellbremse erkannt. Dieser Geber ist allerdings u. U. deaktiviert, wenn die Feststellbremse nicht vollständig gelöst wurde. (Dies ist ein Beispiel für einen vernünftigerweise absehbaren Missbrauch und hätte bei der Entwicklung ausgeschlossen werden sollen, bzw. es hätten entsprechende Warnungen erfolgen sollen.)

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist nur auf Systemfunktionen anwendbar, bei denen der Hersteller vorgesehen hat, dass sie während der Fahrt nicht vom Fahrer genutzt werden.

Überprüfung:

Prüfung, ob Systemfunktionen, die während der Fahrt nicht genutzt werden dürfen, für den Fahrer tatsächlich unzugänglich sind, solange sich das Fahrzeug in Bewegung befindet (bevorzugte Möglichkeit) bzw. ob eine eindeutige Warnung des Fahrers erfolgt.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 15005 (2002): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Grundsätze und Prüfverfahren des Dialogmanagements;

ISO 17287 (2003): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Verfahren zur Bewertung der Gebrauchstauglichkeit beim Führen eines Kraftfahrzeuges.

4.3.5.4.   Grundsatz IV für das Systemverhalten

Dem Fahrer sollen Informationen zum aktuellen Status sowie zu sämtlichen Systemstörungen angezeigt werden, die sicherheitsrelevante Auswirkungen haben könnten.

Erklärung

Eine Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Funktion eines Systems und den vernünftigen Erwartungen des Fahrers aufgrund der angezeigten Informationen und/oder gegebener Erfahrungen kann sicherheitserhebliche Auswirkungen haben. Daher muss eine Statusänderung oder eine Störung mit Auswirkungen auf das Systemverhalten dem Fahrer angezeigt werden.

Die anzuzeigenden Informationen sollten so gestaltet werden, dass die Folgen des aktuellen Status bzw. der Systemstörung für den Fahrer gut erkennbar sind (d. h. dass sie leicht verständlich und sinnvoll dargestellt werden); dies gilt insbesondere für die Ausübung der Kontrolle über das Fahrzeug und die Ausführung fahrtechnischer Maßnahmen im Hinblick auf das Verkehrsgeschehen und die Straßenverhältnisse.

Beispiele:

Gut: Ein bordeigenes System zur Geschwindigkeitsüberwachung teilt dem Fahrer mit, dass das System keine dynamischen Informationen mehr anzeigen kann (und zeigt nicht etwa weiterhin die eingestellte Geschwindigkeit für Streckenabschnitte außerhalb geschlossener Ortschaften an, obwohl das Fahrzeug bereits in ein Stadtgebiet einfährt).

Schlecht: Ein Navigationssystem zeigt vor jeder Anweisung zum Abbiegen die Meldung „Unzulässiger Eingabemodus 31“ an. Die Bedeutung dieser Meldung ist für den Fahrer nicht ohne weiteres nachvollziehbar.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist nur auf Statusinformationen und auf Informationen zu Störungen von Informations- und Kommunikationssystemen anwendbar, bei denen eine sicherheitsrelevante Bedeutung angenommen werden kann.

Überprüfung:

Prüfung, ob dem Fahrer in geeigneter Weise Statusinformationen sowie Informationen zu Systemstörungen angezeigt werden, die voraussichtlich von sicherheitsrelevanter Bedeutung sind.

Ergebnis = Ja/Nein

Referenzen:

ISO 15008 (2003): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und Assistenzsystemen — Anforderungen und Bewertungsmethoden der visuellen Informationsdarstellung im Fahrzeug,

ISO 15005 (2002): Straßenfahrzeuge — Ergonomische Aspekte von Fahrerinformations- und -assistenzsystemen — Grundsätze und Prüfverfahren des Dialogmanagements.

4.3.6.   Informationen für Informationen zum System

4.3.6.1.   Grundsatz I für Informationen zum System

Das System sollte dem Fahrer angemessene Anleitungen zur Nutzung und zu maßgeblichen Aspekten des Einbaus und der Wartung des Systems bieten.

Erklärung

Dieser Grundsatz soll sicherstellen, dass möglichst vielen Fahrern Informationen zur Verfügung stehen, mit denen sie sich leicht mit den Funktionen und Einschränkungen der Systeme sowie mit dem nutzungsrelevanten Rahmen, dem Einbau und der Wartung des Systems vertraut machen können. Die Fahrer sollten möglichst selten Informationen suchen müssen, die in den betreffenden Anleitungen nicht enthalten sind.

Für diesen Zweck sind Informationen in dem Umfang hinreichend, den der Hersteller vernünftigerweise als für den Fahrer notwendig erachten kann. Der Umfang der Informationen hängt von der vorgesehenen Nutzung des Systems (Funktionsumfang, Zusammenhang usw.) ab. Maßgeblich für die Angemessenheit sind etwa Größe und Qualität von Textinformationen und Abbildungen. Ausdrucke dürfen z. B. nicht verwischt oder in einer zu kleinen oder schwer lesbaren Schrift gesetzt worden sein. Bei schriftlichen Anleitungen bezieht sich der Begriff „angemessen“ auf das physische Material, das zur Darstellung verwendet wurde. Ausdrucke sollten z. B. auf Papier (oder einem sonstigen Trägermaterial) vorliegen, das eine hinreichende Haltbarkeit aufweist, und die Ausdrucke auf diesem Material sollten beständig sein. Anleitungen, die ausschließlich auf dem Verpackungsmaterial angebracht sind, werden nicht als angemessen betrachtet, da Verpackungen wahrscheinlich entsorgt und nicht an neue Besitzer weitergegeben werden. Wenn Anleitungen ausschließlich in Form von „Hilfefunktionen“ verfügbar sind, sollten diese Anleitungen in einer Weise gestaltet sein, welche die Wahrnehmung dieser Anleitungen ohne vorherigen Rückgriff auf gedrucktes Material ermöglicht.

Beispiele:

Gut: Eine in guter Qualität gedruckte farbige Anleitung mit Text und Abbildungen im A5-Format, die im Handschuhfach mitgeführt werden kann

Schlecht: Keine Anleitungen, Anleitungen in Form von Skizzen nur auf dem Verpackungsmaterial, Anleitungen auf minderwertigem Papier, Anleitungen, die so klein gehalten sind, dass sie leicht verlegt werden können

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf systembezogene Anleitungen jeder Art anwendbar.

Das Prinzip bezieht sich auf Systemanleitungen für den Fahrer; auf vollständige Werkstatthandbücher, die in einer Reparaturwerkstatt oder in einem Wartungsbetrieb benötigt werden, ist dieser Grundsatz nicht anwendbar.

Dieser Grundsatz ist auf alle Merkmale von Systemen anwendbar, bei denen der Hersteller vernünftigerweise annehmen kann, dass die Fahrer während der voraussichtlichen Lebensdauer des Systems früher oder später gewisse Informationen benötigen. Nicht anwendbar ist das Prinzip auf Merkmale von Systemen, die vom Hersteller speziell entwickelt wurden und nicht zur Nutzung während der Fahrt vorgesehen sind.

Überprüfung:

Bei der Überprüfung ist eine Bewertung und Einschätzung unter besonderer Berücksichtigung des Funktionsumfangs und der vorgesehenen Benutzergruppen vorzunehmen.

4.3.6.2.   Grundsatz II für Informationen zum System

Systembezogene Anleitungen sollten zutreffend und einfach sein.

Erklärung

Die Gestaltung von Benutzeranleitungen ist ein eigenes Thema im Zusammenhang mit der Mensch-Maschine-Schnittstelle. In der Regel werden Anleitungen von den Fahrern nicht beachtet; dieser Zustand wird durch die unzulängliche Gestaltung der Anleitungen noch verschärft. Dieser Grundsatz soll eine hohe Akzeptanz von Anleitungen seitens der Fahrer fördern.

Die Anleitungen sollten in allen wesentlichen Punkten sachlich genau sein. Die einzelnen Elemente der Anleitungen (Wortgruppen, Abbildungen, Funktionsbeschreibungen usw.) sollten für das jeweils beschriebene System zutreffend sein.

Die Anforderung der einfachen Gestaltung ist bezogen auf das jeweilige System je nach Komplexität und Funktionsumfang des Systems unterschiedlich zu verstehen. Die Anleitungen sollten eindeutig und leicht verständlich sein — möglichst für alle Mitglieder der vorgesehenen Zielgruppe (z. B. durch Formulierungen in „Alltagssprache“). Die Anleitungen sollten nicht übermäßig technisch gehalten und mit Blick auf die Benutzer formuliert werden. Wichtig ist, dass die Anleitungen auch bei komplexen Systemen einfach geschrieben sind.

Beispiele:

Gut: Gute Beispiele zeichnen sich etwa durch folgende Merkmale aus: gut aufgemachtes Handbuch mit sachlich zutreffenden Texten und Abbildungen, Inhaltsverzeichnis, Seitenzahlen, sinnvolle Verwendung von Farben, einfache Sprache mit allgemein verständlichen Begriffen, guter Index, Einsatz unterschiedlicher Schriften und Auszeichnungen (kursiv, fett, unterstrichen usw.) zur Hervorhebung von Textteilen.

Schlecht: Die Anleitung bezieht sich auf ein älteres Modell mit anderem Funktionsumfang und anderen Bedienteilen.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf systembezogene Anleitungen jeder Art anwendbar.

Überprüfung:

Die Bewertung der Richtigkeit erfolgt durch einen Vergleich des konkreten Systems mit den Anleitungen. Die Einfachheit der Anleitung ist unter Berücksichtigung des Wissensstandes und der Erwartungen des Fahrers zu bewerten.

Eine systembezogene Anleitung erfüllt diesen Grundsatz gegebenenfalls auch mit geringeren Fehlern, wenn belegt werden kann, dass diese Fehler unwesentlich und nicht zu zahlreich sind.

Eine Überprüfung setzt eine Bewertung und eine Beurteilung voraus.

4.3.6.3.   Grundsatz III für Informationen zum System

Systembezogene Anleitungen sollten in Sprachen vorliegen und in einer Form gestaltet sein, in denen bzw. in der sie von der vorgesehenen Fahrerzielgruppe verstanden werden.

Erklärung

Mit diesem Prinzip soll sichergestellt werden, dass die Anleitungen für möglichst viele Fahrer hilfreich sind und dass den Fahrern die Möglichkeiten und Einschränkungen der Systeme, der nutzungsrelevante Rahmen usw. bekannt sind.

Anleitungen können in unterschiedlichen Formen vorliegen, die auf verschiedene Weise dargestellt werden können: Auditive Anleitungen können gesprochen oder durch Signale oder so genannte Earcons übermittelt werden. Visuell können Informationen z. B. als Zeichnungen oder Fotos, durch Hervorhebung einzelner Elemente oder mit Lernprogrammen dargestellt werden.

Gesprochene und schriftliche Anleitungen (gedruckt oder innerhalb eines Systems) werden in einer oder mehreren Sprachen (z. B. auf Englisch oder auf Finnisch) formuliert.

Dieser Grundsatz setzt voraus, dass bei der Formulierung von Anleitungen die vorgesehene und die wahrscheinlichste Fahrerzielgruppe berücksichtigt wird und dass die Anleitungen so gestaltet sind, dass vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie von möglichst vielen Fahrern verstanden und genutzt werden.

Die Hersteller sollten die Fahrerzielgruppe sowie die wahrscheinliche und die vorgesehene Nutzung des Systems ebenso wie die Muttersprachen der Benutzer und sonstige gesprochene und geschriebene Sprachen berücksichtigen. Vorliegende Statistiken zum Sprachgebrauch in den einzelnen Ländern könnten als Orientierung dienen. Zumindest sollte die von der jeweiligen Bevölkerungsmehrheit eines Landes gesprochene Sprache berücksichtigt werden. Abbildungen vermitteln häufig zusätzliche Klarheit; dabei sollten in der jeweiligen Zielgruppe übliche Formen und Formulierungen verwendet werden.

Beispiele:

Gut: Bei einem in Schweden vertriebenen System sind Anleitungen in leicht verständlichem Schwedisch formuliert, und Texte werden mit Abbildungen veranschaulicht.

Schlecht: Schriftliche Anleitungen (ohne Abbildungen und Fotos) zu einem für den Vertrieb auf dem europäischen Markt vorgesehenen System, die automatisch (ohne Nachbearbeitung) aus dem Japanischen übersetzt wurden.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf sämtliche Anleitungen und Anweisungen anwendbar.

Überprüfung:

Bei der Überprüfung ist eine Bewertung und Einschätzung unter besonderer Berücksichtigung des Funktionsumfangs und der vorgesehenen Benutzergruppen vorzunehmen.

4.3.6.4.   Grundsatz IV für Informationen zum System

Die Anleitungen sollten eindeutig Auskunft darüber geben, welche Systemfunktionen vom Fahrer während der Fahrt genutzt werden dürfen und bei welchen Systemfunktionen eine Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt nicht vorgesehen ist.

Erklärung

Anleitungen, die diesen Grundsatz erfüllen, bieten dem Fahrer die Möglichkeit, sich uneingeschränkt über die vom Hersteller vorgesehene Nutzung des Systems zu informieren; außerdem wird die Verantwortung in den Fällen geklärt, in denen ein Fahrer das System in nicht vom Hersteller vorgesehener Weise nutzt. Funktionen, die vom Hersteller ausdrücklich nicht zur Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt vorgesehen wurden, sollten eindeutig entsprechend bezeichnet werden; diesbezüglich ist unerheblich, ob diese Funktionen deaktiviert sind, während sich das Fahrzeug in Bewegung befindet.

Nachdem sie die Anleitungen zur Kenntnis genommen haben, sollten vernünftige Fahrer keine Zweifel mehr dahingehend haben, welche Funktionen des Systems für die Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt vorgesehen sind (d. h. die Fahrer müssen über die vorgesehene Nutzung des Systems informiert sein). Die Fahrer sollten sich auch im Klaren über die Funktionen sein, die nicht für eine Nutzung während der Fahrt vorgesehen sind.

Ausdrücklich empfohlen wird, dass Fahrer, die während der Fahrt ein Kommunikationssystem mit der Möglichkeit zum Freisprechen und Freihören nutzen möchten, angehalten werden, die entsprechenden Vorbereitungen bei stehenden Fahrzeug zu treffen.

Beispiele:

Gut: Eine Anleitung für ein Mobiltelefon, aus der hervorgeht, dass das Mobiltelefon bei fahrendem Fahrzeug nicht genutzt werden darf (und dass das Mobiltelefon deaktiviert und auf Freisprechen und Freihören geschaltet ist, solange sich das Fahrzeug in Bewegung befindet)

Schlecht: Ein Fahrerinformations- und -kommunikationssystem mit großem Funktionsumfang, das über zusätzliche Funktionen verfügt, die von einem Beifahrer sowie — bei stehendem Fahrzeug — vom Fahrer genutzt werden können, bei dem in den Anleitungen aber nicht klar beschrieben wird, welche Funktionen zur Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt vorgesehen sind

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf sämtliche Anleitungen und Anweisungen anwendbar.

Überprüfung:

Die Prüfung ist nach Augenschein vorzunehmen.

Ergebnis = Ja/Nein

4.3.6.5.   Grundsatz V für Informationen zum System

Produktinformationen sollten so gestaltet sein, dass sie die Systemfunktionen genau beschreiben.

Erklärung

Dieser Grundsatz soll zur guten Gestaltung sämtlicher Produktinformationen veranlassen und potenziellen oder tatsächlichen Nutzern der Systeme einen Überblick über die Vorteile und die Einschränkungen des Systems vermitteln.

Alle Produktinformationen sollten sachlich richtig und klar und eindeutig gehalten sein. Genaue Informationen brauchen nicht zwangsläufig auch umfassend zu sein.

Als Funktionen bzw. Funktionsumfang werden die Möglichkeiten eines Systems sowie implizit auch die Vorteile bezeichnet, die der Funktionsumfang dem Fahrer bietet. Hinsichtlich des Funktionsumfangs sollte unterschieden werden zwischen Funktionen, die zur Nutzung durch den Fahrer während der Fahrt vorgesehen sind, und Funktionen, die vom Fahrer während der Fahrt nicht genutzt werden dürfen; die Anleitungen sollten also nicht darstellen oder implizit annehmen lassen, dass eine Funktion vom Fahrer während der Fahrt genutzt werden kann, die nicht tatsächlich dafür vorgesehen ist. Aus den Produktinformationen sollte eindeutig hervorgehen, ob für bestimmte Funktionen zusätzliche Hard- oder Software benötigt wird (die in der Grundausstattung des Systems nicht enthalten ist).

Dieser Grundsatz steht auch im Einklang mit Verbraucherschutzbestimmungen, mit Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und mit bestehenden Verhaltenskodizes im Bereich der Werbung; sämtliche Produktinformationen sollten die Anforderungen des Berichts über Werbung im Zusammenhang mit der Sicherheit im Straßenverkehr erfüllen.

Beispiele:

Gut: Ein Kommunikationssystem, in dem Rufnummern während der Fahrt nicht gespeichert werden dürfen, erläutert, dass „bereits gespeicherte Nummern mit einem einzigen Tastendruck abgerufen werden können“.

Schlecht: Bei demselben Kommunikationssystem befindet sich der Hinweis „Telefonnummern können zur späteren Verwendung gespeichert werden“ neben dem Bild eines Fahrers in einem fahrenden Fahrzeug. Diese Zuordnung impliziert das Missverständnis, dass Rufnummern während der Fahrt gespeichert werden können.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz bezieht sich auf für den Fahrer vorgesehene Produktinformationen; nicht jedoch auf vollständige Werkstatthandbücher, die in einer Reparaturwerkstatt oder in einem Wartungsbetrieb benötigt werden.

Überprüfung:

Bei der Überprüfung ist eine Bewertung und Einschätzung unter besonderer Berücksichtigung des Funktionsumfangs und der vorgesehenen Benutzergruppen vorzunehmen.

Referenzen:

Advertising in the context of road safety. Final Report VII/671/1995, Hochrangige Arbeitsgruppe der Vertreter der Regierungen für die Straßenverkehrssicherheit

4.3.6.6.   Grundsatz VI für Informationen zum System

Aus Produktinformationen sollte eindeutig hervorgehen, ob die vom Hersteller vorgesehene Nutzung eines Produktes besondere Kompetenzen voraussetzt oder ob das Produkt für bestimmte Benutzer ungeeignet ist.

Erklärung

Dieser Grundsatz soll sicherstellen, dass potenziellen und tatsächlichen Nutzern des Systems die vom Hersteller vorgesehene Zielgruppe bewusst ist. Grundsätzlich wird vorausgesetzt, dass ein System von allen Fahrern genutzt werden kann. Unter Umständen ist jedoch eine Einweisung erforderlich (z. B. bei Systemen zur professionellen Nutzung durch Fachleute). Zwar kann vorausgesetzt werden, dass alle Fahrer über eine gewisse Mindestsehfähigkeit (Fernsicht) verfügen; in Bezug auf andere Fähigkeiten können jedoch beträchtliche Unterschiede bestehen. Dies gilt auch für die Fähigkeiten von Fahrern mit besonderen Anforderungen.

Dieser Grundsatz dient auch der Erfüllung bzw. Beachtung von Verbraucherschutzbestimmungen sowie von Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und bestehenden Verhaltenskodizes im Bereich der Werbung.

Der Begriff Produktinformationen bezieht sich auf sämtliche Informationen, auf die der Fahrer im Zusammenhang mit seinem System Zugriff hat. Als Produktinformationen werden systembezogene Anleitungen, technische Daten, Werbematerial, Verpackungen usw. bezeichnet. Auf vollständige Werkstatthandbücher und technische Handbücher ist dieser Grundsatz nicht anzuwenden.

Die Hersteller müssen gegebenenfalls auf die Notwendigkeit besonderer Kompetenzen oder auf die Tatsache hinweisen, dass ein System für bestimmte Benutzergruppen nicht geeignet ist. Wenn eine besondere Kompetenz oder eine Einweisung vom Hersteller vorgesehen sind, sollte in sämtlichen Produktinformationen eindeutig darauf hingewiesen werden. Ebenso sollte der Hersteller in den Produktinformationen auf Einschränkungen hinsichtlich der vom Hersteller vorgesehenen Nutzung hinweisen.

Beispiele:

Gut: Aus den Produktinformationen geht deutlich hervor, dass Navigationsanweisungen ausschließlich auditiv ausgegeben werden und dass das System daher für Fahrer mit Hörschwächen ungeeignet ist.

Schlecht: Ein Spracheingabesystem funktioniert zuverlässig nur mit tiefen männlichen Stimmen; auf diese Einschränkung wird in den Produktinformationen aber nicht hingewiesen.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz bezieht sich auf für den Fahrer vorgesehene Produktinformationen, nicht jedoch auf vollständige Werkstatthandbücher, die in einer Reparaturwerkstatt oder in einem Wartungsbetrieb benötigt werden.

Überprüfung:

Die Prüfung ist nach Augenschein vorzunehmen.

Ergebnis = Ja/Nein

4.3.6.7.   Grundsatz VII für Informationen zum System

Darstellungen zur Nutzung des Systems (z. B. Beschreibungen, Fotos und Skizzen) sollten weder unrealistische Erwartungen bei potenziellen Nutzern begründen, noch zu einer Nutzung Anlass geben, von der eine Gefährdung ausgehen kann.

Erklärung

Dieser Grundsatz soll dem Fahrer helfen, die Funktionen, Vorteile und Einschränkungen des Systems vor (und während) der Nutzung des Systems einzuschätzen. Außerdem soll dieser Grundsatz die Straßenverkehrssicherheit und die Einhaltung der geltenden Verkehrsregeln und sonstigen verkehrsrelevanten Vorschriften sowie der Vorschriften zum Betrieb des Fahrzeugs und der Verbraucherschutzbestimmungen, der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der bestehenden Verhaltenskodizes im Bereich der Werbung unterstützen.

Als unrealistisch werden falsche, unvollständige, zu hohe oder zu allgemeine Erwartungen vernünftiger potenzieller Nutzer bezeichnet (gemessen an den jeweiligen Kenntnissen und Erfahrungen sowie an den verfügbaren Produktinformationen).

Als Nutzung, von der eine Gefährdung ausgehen kann, werden unterschiedliche Verhaltensweisen bezeichnet, die in jedem Fall jegliches Verhalten beinhalten, das im Widerspruch zu den Straßenverkehrsvorschriften der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft steht, in denen das betreffende System genutzt wird.

Beispiele:

Gut: Fotos, auf denen das System während der vom Hersteller vorgesehenen Nutzung unter Beachtung aller maßgeblichen Rechtsvorschriften und sonstigen Bestimmungen dargestellt wird.

Schlecht: Ein Foto, auf dem ein Fahrer zu sehen ist, der während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand hält.

Anwendbarkeit:

Dieser Grundsatz ist auf alle Darstellungen der Nutzung des Systems einschließlich der vom Hersteller in den Benutzerhandbüchern verwendeten Darstellungen (Abbildungen usw.), Fotos, Filme, Computer-Animationen, Sound-Clips und sonstigen Formen von Produktinformationen oder Werbung anwendbar, mit denen Benutzer oder potenzielle Benutzer des Systems konfrontiert werden können.

Überprüfung:

Bei der Überprüfung ist eine Bewertung und Einschätzung unter besonderer Berücksichtigung des Funktionsumfangs und der vorgesehenen Benutzergruppen vorzunehmen.

5.   EMPFEHLUNGEN ZUR SICHEREN NUTZUNG

5.1.   Beteiligte bei der Systemnutzung

Der Fahrer kann während der Fahrt bei der sicheren Bedienung bordeigener Systeme unterstützt werden durch

eine möglichst gute Gestaltung der einzelnen Systeme (Einbau, Darstellung der Informationen, Schnittstelle, Systemverhalten, Benutzerdokumentation) und durch

eine möglichst benutzerfreundliche Gestaltung sonstiger Merkmale im nutzungsrelevanten Rahmen; diese nicht systemspezifischen Merkmale im nutzungsrelevanten Rahmen könnten als „Mensch-Maschine-Umgebung“ bezeichnet werden.

In der gleichen Weise, in der die Grundsätze des Europäischen Grundsatzkatalogs 2006 formuliert wurden, um die für die Gestaltung und die Fertigung von Systemen verantwortlichen (oder an der Gestaltung und Fertigung von Systemen beteiligten) Unternehmen zu informieren und auf die Unternehmen einzuwirken, sollen die in diesen Empfehlungen zur sicheren Nutzung formulierten Hinweise die für die Gestaltung und die Herstellung der Mensch-Maschinen-Umgebung für die Nutzung der Systeme verantwortlichen (oder an der Gestaltung und Fertigung von Systemen beteiligten) Unternehmen informieren und auf die Unternehmen einwirken. Diese Umgebung wird durch die folgenden Faktoren geprägt:

kombinierte Nutzung von Systemen zur Durchführung von Aufgaben,

Kenntnisse und Kompetenzen des Fahrers (hinsichtlich der Systeme und der durchzuführenden Aufgaben),

Führen des Fahrzeugs/Fahrsituation,

gesellschaftliche Faktoren (einschließlich Zeitdruck).

Bei Berufskraftfahrern wird diese Umgebung auch durch die folgenden Merkmale bestimmt:

Aufgaben, die im Rahmen der jeweiligen Tätigkeit durchgeführt werden müssen (neben dem Führen des Fahrzeugs), und

Anleitungen und übliche Verhaltensweisen im betreffenden Unternehmen.

Die Grundsätze werden jeweils für Arbeitgeber, für Verkaufsorte, Mietwagenfirmen und Fahrer beschrieben.

5.2.   Empfehlungen

5.2.1.   Empfehlungen für die sichere Nutzung

5.2.1.1.   Empfehlung I für die sichere Nutzung

Die Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass alle bordeigenen Informations- und Kommunikationssysteme unter Berücksichtigung der Herstelleranleitungen genutzt werden.

Erklärung

Es wird davon ausgegangen, dass das für das jeweilige Produkt verantwortliche Unternehmen gemäß Grundsatz 4.3.6.1 des Europäischen Grundsatzkatalogs Anleitungen erstellt, mit denen die Nutzung und die Wartung des Systems beschrieben werden (physische Merkmale, Hardware, austauschbare Teile, Software, Software-Updates usw.).

Der Arbeitgeber sollte (durch unmittelbares Handeln, durch vertragliche Vereinbarungen oder durch Anleitungen) sicherstellen, dass bei der Nutzung des Systems alle empfohlenen Maßnahmen berücksichtigt werden. Dies kann dazu beitragen, dass das Produkt den Fahrer in möglichst weit reichendem Umfang unterstützt.

Beispiele:

Gut: Die Karten-CD eines Navigationssystems wird gemäß der Herstelleranleitung regelmäßig (z. B. jährlich) aktualisiert.

Schlecht: Der Arbeitgeber führt keine Unterlagen über die Informationssysteme der Fahrzeuge und wartet die Systeme nicht. Daher veralten die digitalen Karten zunehmend.

Anwendbarkeit:

Diese Empfehlung ist auf bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme anwendbar, die gemäß den Empfehlungen der für die jeweiligen Systeme zuständigen Unternehmen, gewartet werden müssen.

Überprüfung:

Die Arbeitgeber sollten ständige Aufzeichnungen über Wartungsmaßnahmen führen. Die Aufzeichnungen sollten entsprechend den Herstelleranweisungen geführt werden.

5.2.1.2.   Empfehlung II für die sichere Nutzung

Die Verfahren und Anreizpläne der Arbeitgeber sollten keine missbräuchliche Nutzung verursachen oder fördern. Es sollte eindeutig zwischen Systemen und Funktionen unterschieden werden, die (vom Arbeitgeber) für die Nutzung während der Fahrt vorgesehen sind, und Systemen, bei denen eine Nutzung während der Fahrt nicht erwünscht ist.

Erklärung

Es wird erwartet, dass die Arbeitgeber Verfahrensweisen für das Verhalten ihrer Mitarbeiter vorgegeben haben. Die Verfahrensweisen in Verbindung mit der Nutzung bordeigener Informations- und Kommunikationssysteme sollten das sichere Führen des Fahrzeugs unterstützen. Daher sollten die Verfahren die Mitarbeiter davon abhalten, während der Fahrt komplexe Informationen anzuhören oder zu beobachten. Sie sollten die Mitarbeiter nicht in eine Lage versetzen, in der sie schwierige betriebliche Entscheidungen augenblicklich am Telefon treffen müssen.

Anreizpläne oder Bestrafungsregelungen sollten keinen Anlass zu missbräuchlicher Nutzung der Systeme bieten, indem sie implizit eine Zeitersparnis durch die unangemessene Nutzung von Systemen während der Fahrt nahe legen.

Bei jedem einzelnen System sollte der Arbeitgeber in ausdrücklichen schriftlichen Anleitungen und Verfahrensbeschreibungen erklären, ob ein System (oder Systemfunktionen) während der Fahrt genutzt werden können bzw. ob eine Nutzung unzulässig ist. So wird verhindert, dass die einzelnen Fahrer individuelle (und häufig wenig begründete) Entscheidungen bezüglich der Nutzung von Systemen treffen.

Wenn den Fahrern mehrere (nicht integrierte) Systeme zur Verfügung stehen, sollten Einschränkungen hinsichtlich der gleichzeitigen Nutzung mehrerer Systeme dokumentiert werden (z. B. System A darf während der Fahrt nicht gleichzeitig mit System B genutzt werden).

Beispiele:

Gut: Die Unternehmensrichtlinien verbieten jegliche Nutzung von Mobiltelefonen während der Fahrt.

Schlecht: Der Anreizplan des Unternehmens sieht vor, dass binnen einer festen Zeitspanne eine bestimmte Anzahl von Produkten ausgeliefert sein muss; dies fördert die Nutzung eines Systems, das für diese Nutzung während der Fahrt nicht vorgesehen ist.

Anwendbarkeit:

Die Empfehlung ist anwendbar, wenn eine Arbeitgeber-/Arbeitnehmerbeziehung besteht, in der das Führen eines Fahrzeugs Bestandteil der Arbeitnehmertätigkeit ist und in der die Informationssysteme vom Arbeitgeber bereitgestellt werden.

Überprüfung:

Die Fahrer erhalten eindeutige und unbefristet maßgebliche Anleitungen, in denen die Systeme oder Funktionen eines Systems genannt sind, die während der Fahrt nicht gleichzeitig genutzt werden sollten.

Der Arbeitgeber überprüft regelmäßig, ob die Mitarbeiter über die Verfahren des Unternehmens informiert sind, die Verfahren verstehen und wissen, welche Funktionen während der Fahrt nicht genutzt werden sollten.

5.2.1.3.   Empfehlung III für die sichere Nutzung

Bei allen bordeigenen Systemen, bei denen die Arbeitgeber fordern, dass die Arbeitnehmer diese Systeme während der Fahrt nutzen, sollte eine angemessene Schulung erfolgen. Die Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass die Arbeitnehmer die Systeme nutzen können, ohne sich oder andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden.

Erklärung

Gemäß dieser Empfehlung müssen die Arbeitgeber ermitteln, welche Informationssysteme ihre Fahrer einsetzen müssen und Schulungsmaßnahmen anbieten, bei denen ihnen die Empfehlungen für eine sichere Nutzung der Systeme in vollem Umfang erläutert werden. Außerdem müssen die Arbeitgeber beurteilen, ob die Arbeitnehmer in der Praxis tatsächlich der zweifachen Aufgabe nachkommen können, die mit der gleichzeitigen Nutzung der Systeme und dem Führen des Fahrzeugs gegeben ist.

Die Notwendigkeit dieser Empfehlung ergibt sich aus den unterschiedlichen physischen und kognitiven Möglichkeiten der Fahrer und der Notwendigkeit der individuellen Beurteilung, ob die Fahrer in der Lage sind, die geforderte Tätigkeit auch tatsächlich auszuüben. In diesem Fall besteht die Tätigkeit im Führen eines Fahrzeugs bei gleichzeitiger Nutzung eines Informations- und Kommunikationssystems. Anlass dieser Empfehlung ist die Überlegung, dass Schulungsmaßnahmen die Leistungsfähigkeit und die Sicherheit erhöhen.

Wenn mehrere (nicht integrierte) Systeme genutzt werden, sollte bei Schulungsmaßnahmen und in der Dokumentation angegeben werden, wie Tätigkeiten unter gleichzeitiger Nutzung mehrerer Systeme ausgeführt werden können. Auf einzelne Systeme beschränkte Schulungsmaßnahmen sind nicht hinreichend.

Es wird grundsätzlich erwartet, dass der Fahrer das sichere Führen seines Fahrzeugs als primäre Aufgabe betrachtet (gemäß dem Wiener Übereinkommen aus dem Jahre 1968) und daher die Nutzung eines bordeigenen Informations- oder Kommunikationssystems aufgeben oder unterbrechen kann, wenn die Umstände dies erfordern.

Diesbezüglich ist eine Gemeinschaftsrichtlinie zu beachten:

Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr im Zeitraum 1997-98, zuletzt geändert am 15. Juli 2003 durch Richtlinie 2003/59/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr.

Beispiele:

Gut: Der Arbeitgeber hat ein Programm zur kontinuierlichen Überwachung und Bewertung eingerichtet, in dem ein Experte das Fahrverhalten beobachtet, während der betreffende Fahrer das zu bewertende Informationssystem nutzt. Im Rahmen dieses Programms sind außerdem die Arbeitnehmer zur Übermittlung von Rückmeldungen aufgerufen.

Schlecht: Der Arbeitgeber erklärt, dass ein System während der Fahrt genutzt werden kann (oder sollte), überwacht aber in keiner Weise, welche Auswirkungen dies auf das Fahrverhalten und die Sicherheit hat.

Anwendbarkeit:

Die Empfehlung ist anwendbar, wenn eine Arbeitgeber-/Arbeitnehmerbeziehung besteht, in der das Führen eines Fahrzeugs Bestandteil der Arbeitnehmertätigkeit ist und in der die vom Arbeitgeber bereitgestellten Informationssysteme gemäß den vom Arbeitgeber vorgegebenen Verfahrensweisen während der Fahrt genutzt werden müssen oder können.

Überprüfung:

Der Arbeitgeber ermittelt Systeme, die die beschäftigten Fahrer im Rahmen ihrer Tätigkeit nutzen müssen.

Die Fahrer werden in der Handhabung der Systeme geschult.

Der Arbeitgeber überprüft regelmäßig, ob die Arbeitnehmer über die Bedienung und den Funktionsumfang der Systeme informiert sind und Bedienung und Funktionsumfang der Systeme verstanden haben.

Der Arbeitgeber vergewissert sich regelmäßig, dass die Arbeitnehmer die Systeme während der Fahrt sicher nutzen können.

5.2.1.4.   Empfehlung IV für die sichere Nutzung

Die Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass in allen mit einem entsprechenden System ausgerüsteten Fahrzeugen ein Exemplar der Bedienungsanleitung des Herstellers verfügbar ist.

Erklärung

Da manche Informations- und Kommunikationssysteme über einen großen Funktionsumfang verfügen und einige Funktionen nur selten genutzt werden, ergeben sich häufig Situationen, in denen ein Fahrer in der Anleitung nachschlagen muss, um eine Aufgabe ausführen zu können. Ohne entsprechende Anleitung könnte der Fahrer durch das System stärker frustriert oder abgelenkt werden oder gar außerstande sein, seine Aufgabe auszuführen.

Die Empfehlung setzt voraus, dass der Arbeitgeber sicherstellt, dass Benutzerinformationen verfügbar sind und dass in jedem von den Arbeitnehmern genutzten Fahrzeug ein Exemplar der Benutzerinformationen verfügbar ist.

Wenn mehrere (nicht integrierte) Systeme genutzt werden, sollte in Schulungsmaßnahmen und in der Dokumentation beschrieben werden, wie Tätigkeiten unter gleichzeitiger Nutzung mehrerer Systeme ausgeführt werden können. Ein einziges Benutzerhandbuch pro System ist nicht hinreichend.

Beispiele:

Gut: Der Hersteller eines Telefons stellt Benutzerinformationen zur Verfügung; der Arbeitgeber legt in jedes Fahrzeug jeweils ein Exemplar der Benutzerinformationen und vergewissert sich regelmäßig, dass die Benutzerinformationen noch vorhanden sind.

Schlecht: Ein Benutzerhandbuch wird nicht zur Verfügung gestellt oder es besteht kein System, mit dem sichergestellt würde, dass in jedem mit dem betreffenden Gerät ausgerüsteten Fahrzeug ein Benutzerhandbuch vorhanden ist.

Anwendbarkeit:

Die Empfehlung ist anzuwenden, wenn eine Arbeitgeber-/Arbeitnehmerbeziehung besteht, in der das Führen eines Fahrzeugs Bestandteil der Arbeitnehmertätigkeit ist und in der Informationssysteme vom Arbeitgeber bereitgestellt werden.

Überprüfung:

Prüfung nach Augenschein, ob in jedem entsprechend ausgerüsteten Fahrzeug die richtigen Benutzerinformationen vorhanden sind.

Ergebnis = Ja/Nein

5.2.1.5.   Empfehlung V für die sichere Nutzung

Verkaufsfördernde Maßnahmen am Verkaufsort (z. B. Werbung) sollten nicht zu einer unsicheren Nutzung veranlassen.

Erklärung

Diese Empfehlung soll dem Fahrer helfen, vor (und während) der Nutzung eines Systems den Funktionsumfang, die Vorteile und die Einschränkungen des Systems einzuschätzen; außerdem soll diese Empfehlung die Straßenverkehrssicherheit erhöhen. Und schließlich soll die Empfehlung zur Erfüllung von Verbraucherschutzbestimmungen, Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und bestehenden Verhaltenskodizes im Bereich der Werbung veranlassen.

Als Werbematerial werden die am Verkaufsort vorhandenen Informationen (Abbildungen usw.), Fotos, Filme, Computer-Animationen, Sound-Clips und sonstigen Formen von Produktinformationen oder Werbung bezeichnet, denen tatsächliche oder potenzielle Nutzer eines Systems ausgesetzt sein können.

Als unsichere Nutzung wird jegliche Nutzung bezeichnet, die im Widerspruch zu diesen Empfehlungen oder zu für das sichere Führen eines Fahrzeugs erforderlichen Verhaltensweisen steht.

Beispiele:

Gut: Fotos, auf denen das System während der vom Hersteller vorgesehenen Nutzung unter Beachtung aller maßgeblichen Rechtsvorschriften und sonstigen Bestimmungen dargestellt wird

Schlecht: Ein Foto, auf dem ein Fahrer zu sehen ist, der während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand hält

Anwendbarkeit:

Die Empfehlung ist auf alle produktbezogenen Informationen anwendbar, die am Verkaufsort für beliebige bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme angeboten werden.

Überprüfung:

Die Prüfung nach Augenschein ist unter Berücksichtigung der Verhaltenskodizes im Bereich der Werbung vorzunehmen.

Ergebnis = Ja/Nein

5.2.1.6.   Empfehlung VI für die sichere Nutzung

Die am Verkaufsort verfügbaren Informationen sollten die Käufer von Fahrzeugen über sicherheitsrelevante Aspekte in Verbindung mit bordeigenen Informationssystemen aufklären.

Erklärung

Die Fahrer nutzen bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme entsprechend ihrem Wissen über die betreffenden Systeme und gemäß ihrer Einschätzung der mit einer Nutzung verbundenen Risiken. Um ein risikobewusstes Führen des Fahrzeugs zu unterstützen und somit die Sicherheit zu fördern, müssen die Fahrer über die von ihnen genutzten Systeme gut informiert sein.

Ergänzend zu ihren eigenen Erfahrungen und zu den Benutzerinformationen der Hersteller sollten sich die Fahrer auch am Verkaufsort informieren können.

Daher setzt diese Empfehlung voraus, dass geeignete Informationen vorhanden sind und/oder dass die zuständigen Mitarbeiter am Verkaufsort über angemessene Kenntnisse verfügen, um die Käufer über sicherheitsrelevante Aspekte zu informieren.

Beispiele:

Gut: Die für Kundenkontakte zuständigen Mitarbeiter am Verkaufsort verfügen über grundlegende Kenntnisse hinsichtlich einer sicheren Nutzung von Informations- und Kommunikationssystemen. Bestimmte Mitarbeiter besitzen eingehendere Kenntnisse und können die Fahrer über sichere Verhaltensweisen informieren.

Schlecht: Am Verkaufsort ist niemand über die Informationssysteme informiert; niemand ist mit ihrer Funktionsweise und mit sicherheitsrelevanten Aspekten in Verbindung mit der Nutzung der Systeme vertraut. Für potenzielle Käufer sind keine Informationen verfügbar.

Anwendbarkeit:

Diese Empfehlung bezieht sich auf den Erstverkauf sämtlicher bordeigener Informations- und Kommunikationssysteme.

Überprüfung:

Die Systemnutzung ist einer Risikobewertung zu unterziehen; bei erheblichen Risiken ist geeignetes Informationsmaterial für die Käufer zu erstellen.

Die Angemessenheit der Verfahren muss beurteilt werden. Diese Beurteilung der Angemessenheit kann auch aus Sicht der Käufer erfolgen.

5.2.1.7.   Empfehlung VII für die sichere Nutzung

Mietwagenfirmen sollten sicherstellen, dass sämtliche Informations- und Kommunikationssysteme gemäß den Herstelleranweisungen gewartet werden.

Erklärung

Es wird davon ausgegangen, dass das für ein Produkt verantwortliche Unternehmen gemäß Grundsatz 6.1 Anleitungen erstellt, in denen die Nutzung und die Wartung des Systems beschrieben werden (physische Merkmale, Hardware, austauschbare Teile, Software, Software-Updates usw.).

Die Mietwagenfirma sollte (durch unmittelbares Handeln oder durch vertragliche Vereinbarungen) sicherstellen, dass bei der Nutzung des Systems alle empfohlenen Maßnahmen berücksichtigt werden.

Beispiele:

Gut: Die Karten-CD eines Navigationssystems wird gemäß der Herstellerempfehlung jährlich aktualisiert.

Schlecht: Die Mietwagenfirma führt keine Unterlagen über die Informationssysteme der Fahrzeuge und wartet die Systeme nicht. Daher veralten die digitalen Karten zunehmend.

Anwendbarkeit:

Die Empfehlung bezieht sich nur auf bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme, die gemäß den Empfehlungen des für das jeweilige Produkt zuständigen Unternehmens einer Wartung bedürfen.

Überprüfung:

Zu prüfen ist, ob

die Mietwagenfirma kontinuierlich Aufzeichnungen über Wartungsmaßnahmen führt, und ob

Wartungen gemäß den Herstelleranweisungen geführt werden.

Prüfung nach Augenschein

Ergebnis = Ja/Nein

5.2.1.8.   Empfehlung VIII für die sichere Nutzung

Mietwagenfirmen sollten sicherstellen, dass in allen entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen ein Exemplar der Benutzerinformationen des Herstellers verfügbar ist.

Erklärung

Da manche Informations- und Kommunikationssysteme über einen großen Funktionsumfang verfügen und einige Funktionen nur selten genutzt werden, stellen sich häufig Situationen, in denen ein Fahrer in der Anleitung nachschlagen muss, um eine Aufgabe ausführen zu können. Ohne eine gewisse Anleitung könnte der Fahrer durch das System frustriert oder abgelenkt werden oder gar außerstande sein, seine Aufgabe auszuführen.

Die Empfehlung setzt voraus, dass die Mietwagenfirma sicherstellt, dass Benutzerinformationen verfügbar sind und dass in jedem von den Kunden der Mietwagenfirma eingesetzten Fahrzeug ein Exemplar der Benutzerinformationen vorhanden ist.

Beispiele:

Gut: Der Hersteller eines Telefons stellt Benutzerinformationen zur Verfügung; die Mietwagenfirma legt in jedes Fahrzeug jeweils ein Exemplar der Benutzerinformationen und vergewissert sich regelmäßig, dass die Benutzerinformationen noch vorhanden sind.

Schlecht: Ein Benutzerhandbuch wird nicht zur Verfügung gestellt oder es besteht kein System, mit dem sichergestellt würde, dass in jedem mit dem betreffenden Gerät ausgerüsteten Fahrzeug ein Benutzerhandbuch vorhanden ist.

Anwendbarkeit:

Die Empfehlung ist immer dann anwendbar, wenn ein Mietverhältnis besteht und Fahrzeuge mit den betreffenden Informationssystemen ausgeliefert werden.

Überprüfung/:

Prüfung nach Augenschein, ob in jedem entsprechend ausgerüsteten Fahrzeug die erforderlichen Benutzerinformationen vorhanden sind

Ergebnis = Ja/Nein

5.2.1.9.   Empfehlung IX für die sichere Nutzung

Die Mitarbeiter der Mietwagenfirma sollten angemessene Kenntnisse über die bordeigenen Informationssystemen in den von ihnen zur Verfügung gestellten Fahrzeugen besitzen und Hinweise zur sicheren Nutzung der Systeme geben.

Erklärung

Die Fahrer nutzen bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme entsprechend ihrem Wissen über die betreffenden Systeme und gemäß ihrer Einschätzung der mit einer Nutzung verbundenen Risiken. Um ein risikobewusstes Führen des Fahrzeugs zu unterstützen und somit die Sicherheit zu fördern, müssen die Fahrer über die von ihnen genutzten Systeme gut informiert sein.

Ergänzend zu ihren Erfahrungen und den Benutzerinformationen der Hersteller sollten die Fahrer Informationen auch dort beschaffen können, wo die Fahrzeuge vermietet werden.

Entsprechend setzt diese Empfehlung voraus, dass auch die für die Vermietung der Fahrzeuge zuständigen Mitarbeiter über hinreichende Kenntnisse verfügen, um die Kunden über sicherheitsrelevante Aspekte informieren zu können.

Beispiele:

Gut: Alle für Kundenkontakte zuständigen Mitarbeiter der Mietwagenfirma besitzen Grundkenntnisse betreffend die sichere Nutzung von Informations- und Kommunikationssystemen. Bestimmte Mitarbeiter besitzen eingehendere Kenntnisse und können die Fahrer über sichere Verhaltensweisen informieren.

Schlecht: Keiner der bei der Übergabe der Fahrzeuge anwesenden Mitarbeiter ist über die Informationssysteme informiert oder kennt sich mit der Funktionsweise der Systeme und sicherheitsrelevanten Aspekten bei der Nutzung dieser Systeme aus.

Anwendbarkeit:

Die Empfehlung ist immer dann maßgeblich, wenn ein Mietverhältnis besteht und die betreffenden Fahrzeuge mit bordeigenen Informations- und Kommunikationssystemen ausgerüstet sind.

Überprüfung:

Die Systemnutzung ist einer Risikobewertung zu unterziehen; bei erheblichen Risiken ist geeignetes Informationsmaterial für die Kunden der Mietwagenfirmen zu erstellen.

Die Angemessenheit der Verfahren muss beurteilt werden. Diese Beurteilung der Angemessenheit kann auch aus Sicht der Kunden der Mietwagenfirmen erfolgen.

5.2.2.   Empfehlungen für die Fahrer

Gemäß dem Wiener Übereinkommen (1968) müssen die Fahrer ihr Fahrzeug jederzeit uneingeschränkt kontrollieren können; entsprechend sind die Fahrer in vollem Umfang für die Nutzung von Systemen während der Fahrt verantwortlich. Darüber hinaus können die folgenden Empfehlungen zur Förderung einer sicheren Nutzung bordeigener Informations- und Kommunikationssysteme formuliert werden:

Die Fahrer sollten sicherstellen, dass mobile und nachrüstbare Systeme gemäß den Herstelleranleitungen eingebaut werden.

Die Fahrer sollten sicherstellen, dass sämtliche bordeigenen Systeme gemäß den Herstelleranleitungen gewartet werden.

Die Fahrer sind für jegliche Veränderungen an vorhandenen Systemen verantwortlich. Änderungen müssen gemäß den entsprechenden technischen Beschreibungen vorgenommen werden und sollten nicht im Widerspruch zu den Herstellerangaben stehen.

Die Fahrer sollten bordeigene Geräte ausschließlich gemäß den Herstellerempfehlungen nutzen. Dazu ist unter Umständen eine Eingewöhnungszeit oder eine Schulung erforderlich.

Die Fahrer sollten Informations- und Kommunikationssysteme während der Fahrt nur dann nutzen, wenn dies gefahrlos möglich ist.

Mobile Systeme sollten bei der Nutzung während der Fahrt nicht in der Hand gehalten oder unsicher im Fahrzeug befestigt sein.

Sämtliche Anleitungen in Verbindung mit bordeigenen Geräten sollten mit dem Fahrzeug aufbewahrt und an den nächsten Besitzer oder Nutzer des Fahrzeugs weitergegeben werden.

6.   ANWENDUNG DES EUROPÄISCHEN GRUNDSATZKATALOGS 2006 UND DER EMPFEHLUNGEN ZUR SICHEREN NUTZUNG

6.1.   Beteiligte bei der Umsetzung des Europäischen Grundsatzkatalogs 2006 und der Empfehlungen zur sicheren Nutzung

Die folgenden Maßnahmen sind für die Industrie (insbesondere im Hinblick auf mobile Geräte), für die Anbieter von Dienstleistungen im Bereich der Personen- oder Güterbeförderung, für Fuhrparkbesitzer und Fuhrparkleiter, Mitarbeiter im Bereich der Verkaufsförderung am Verkaufsort, Mietwagenfirmen und die Mitgliedstaaten von Bedeutung.

6.2.   Umsetzungsmaßnahmen

6.2.1.   Umsetzungsmaßnahmen der Industrie

Die wesentliche Anforderung in allen Branchen der Industrie besteht darin, dass der Europäische Grundsatzkatalog 2006 und die Empfehlungen zur sicheren Nutzung bekannt sind und dass die Grundsätze bei der Gestaltung und der Nutzung bordeigener Systeme berücksichtigt werden.

Bei den Fahrzeugherstellern ist der Dachverband der europäischen Automobilhersteller (ACEA) eine wesentliche Einrichtung, die sich auf die Grundsätze des Europäischen Grundsatzkatalogs 1999 verpflichtet hat. Der ACEA wird aufgefordert, in ähnlicher Weise den Europäischen Grundsatzkatalog 2006 zu unterstützen und sicherzustellen, dass der Europäische Grundsatzkatalog in der vom ACEA vertretenen Industrie einschließlich der Vertriebsketten verbreitet und anerkannt wird.

Im Zusammenhang mit mobilen Geräten sowie mit den Produkten und Diensten, für die mobile Geräte eingesetzt werden, kommen noch weitere Beteiligte in der Industrie in Betracht. Es besteht keine geeignete zentrale Stelle in der Industrie; viele der für die Gestaltung mobiler Geräte sowie für die Nutzung mobiler Geräte und die Einbindung mobiler Geräte in Fahrzeuge maßgeblichen Aspekte können allerdings im Nomadic Devices Forum diskutiert werden. Dies setzt jedoch eine ausgeprägte Unterstützung durch die Branche voraus.

Ein wesentliches Ziel des Nomadic Devices Forum besteht in der Übereinkunft über Begriffsbestimmungen und sicherheitsrelevante Fragen:

Klärung rechtlicher Aspekte (Verantwortung und Haftung) in Verbindung mit der Einbeziehung mobiler Geräte,

Vereinbarung eines Plans zur Umsetzung des Europäischen Grundsatzkatalogs für die gesamte Industrie (z. B. durch Selbstverpflichtungen, Verpflichtungszusagen (MoU) oder Gerätezertifizierungen),

Vereinbarungen über die Bereitstellung von Einbausätzen gemäß dem Europäischen Grundsatzkatalog 2006,

Entwicklung von Geräten und Funktionen zur Nutzung während der Fahrt gemäß dem Europäischen Grundsatzkatalog 2006,

Bereitstellung eindeutiger sicherheitsrelevanter Anleitungen für die Fahrer gemäß dem Europäischen Grundsatzkatalog 2006,

Zusammenarbeit zwischen den Herstellern mobiler Geräte und den Fahrzeugherstellern mit dem Ziel der Schaffung intelligenter Schnittstellen.

Die Industrie wird aufgefordert, diese Grundsätze auf internationaler Ebene (maßgeblich sind u. a. JAMA (7), AAM (8), IHRA-ITS (9) und die UNECE (10) sowie im Bereich der Normung zu unterstützen.

6.2.2.   Umsetzungsmaßnahmen für Fuhrunternehmen und gewerbliche Verkehrsbetriebe

Die Anbieter von Dienstleistungen im Bereich der Personen- und Güterbeförderung sowie Fuhrparkbesitzer und Fuhrparkleiter werden aufgefordert, sicherzustellen, dass sämtliche bordeigenen Informationssysteme in ihren Fahrzeugen gemäß den Herstelleranleitungen gewartet werden. Die entsprechend vorgegebenen Verfahrensweisen und Anreizpläne sollten keine Ursache und keinen Anlass für eine missbräuchliche Nutzung der Systeme darstellen. Es sollte eindeutig zwischen Systemen und Funktionen unterschieden werden, die (vom Arbeitgeber) für die Nutzung während der Fahrt vorgesehen sind, und Systemen, bei denen eine Nutzung während der Fahrt nicht erwünscht ist.

Außerdem sollten sie sicherstellen, dass die Arbeitnehmer die Systeme nutzen können, ohne sich oder andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Bei allen bordeigenen Systemen, bei denen die Arbeitgeber fordern, dass die Arbeitnehmer diese Systeme während der Fahrt nutzen, sollte eine angemessene Schulung erfolgen. Ferner sollten die Arbeitgeber sicherstellen, dass in allen entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen ein Exemplar der Benutzerinformationen des Herstellers verfügbar ist.

6.2.3.   Umsetzungsmaßnahmen am Verkaufsort

Verkaufsfördernde Maßnahmen am Verkaufsort (z. B. Werbung) sollten nicht zu einer unsicheren Nutzung veranlassen.

Informationen am Verkaufsort sollten die Käufer der Fahrzeuge über sicherheitsrelevante Aspekte in Verbindung mit bordeigenen Informations- und Kommunikationssystemen und der Nutzung dieser Systeme aufklären.

6.2.4.   Umsetzungsmaßnahmen für Mietwagenfirmen

Mietwagenfirmen sollten sicherstellen, dass sämtliche bordeigenen Informations- und Kommunikationssysteme in ihren Fahrzeugen gemäß den Herstelleranleitungen gewartet werden.

Sie sollten sicherstellen, dass in allen entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen ein Exemplar der Benutzerinformationen des Herstellers verfügbar ist.

Die Mitarbeiter der Mietwagenfirma sollten angemessene Kenntnisse über die bordeigenen Informationssysteme in den von ihnen zur Verfügung gestellten Fahrzeugen besitzen und Hinweise zur sicheren Nutzung der Systeme geben.

6.2.5.   Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten

Die Mitgliedstaaten sollten diese Grundsätze befürworten, die Beteiligten zur Befolgung dieser Grundsätze möglichst aufgrund schriftlicher Verpflichtungszusagen auffordern und die konkrete Einhaltung dieser Grundsätze überwachen. Sie sollten sicherstellen, dass der Europäische Grundsatzkatalog bei den für Entwicklung, Einbau, Herstellung, Verkauf und Vermietung zuständigen Personen sowie bei Fuhrparkleitern auf nationaler und örtlicher Ebene wirksam verbreitet wird, bekannt ist und berücksichtigt wird.

Sie sollten den Fahrern allgemeine Informationen zur sicheren Nutzung der bordeigenen Informations- und Kommunikationssysteme vermitteln (z. B. durch Sicherheitskampagnen).

Sie sollten Selbstverpflichtungen bezüglich der Einhaltung des Europäischen Grundsatzkatalogs bei den Anbietern von Nachrüstungsmarkt-Systemen und bei Anbietern mobiler Systeme im Zusammenhang mit sicherheitsrelevanten Auswirkungen und der sicheren Nutzung bordeigener Informations- und Kommunikationssysteme fördern (z. B. durch Verbraucherorganisationen, Automobilclubs oder Fahrschulen oder im Rahmen des EuroNCAP).

Sie sollten sicherstellen, dass regelmäßig aktualisierte Informationen zu Begriffen und zur dynamischen Entwicklung des Marktes für Nachrüstungssysteme und mobile Geräte verfügbar sind, die über die Entwicklung des Marktes und der verfügbaren Technik informieren; auf diese Weise kann sich auch die Kommission über die Entwicklung des Marktes auf dem Laufenden halten.

Sie sollten sicherstellen, dass hinreichend differenzierte Daten gesammelt werden, um eine weitere Bewertung und Überwachung der sicherheitsrelevanten Auswirkungen bordeigener Informations- und Kommunikationssysteme insbesondere auf dem Nachrüstungsmarkt und auf dem Markt für mobile Systeme zu ermöglichen.

Außerdem sollten sie geeignete Maßnahmen (rechtliche Maßnahmen und Durchsetzungsmaßnahmen) treffen, um eine sichere Befestigung von nachrüstbaren und mobilen Systemen sicherzustellen.

Sie sollten weiterhin aktiv für die Umsetzung bestehender gesundheits- und sicherheitsrechtlicher Vorschriften zu Verhaltensweisen beim beruflichen Führen von Fahrzeugen sorgen.

Sie sollten nach eigenem Ermessen Maßnahmen treffen, mit denen sichergestellt wird, dass die Nutzung mobiler Geräte durch die Fahrer während der Fahrt, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt und insbesondere die Maßnahmen ermitteln und treffen, die erforderlich sind, um eine nicht vorgesehene oder missbräuchliche Nutzung von Systemen zur visuellen Unterhaltung (z. B. von Geräten zur Wiedergabe von Filmen, Fernsehsendungen oder Videospielen) durch die Fahrer während der Fahrt auszuschließen.

7.   GLOSSAR

Ablenkung: Aufmerksamkeit, die auf eine nicht mit der Fahrzeugführung in Verbindung stehende Tätigkeit verwendet wird; in der Regel unter Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit

Anzeige: Gerät zur Informationsdarstellung für den Fahrer

Beispiele: Visuelle Anzeigen (z. B. LCDs), auditive Anzeigen (z. B. Signaltöne) und taktile Anzeigen (z. B. Vibrationen im Pedal)

Arbeitgeber: Person oder Unternehmen, die bzw. das eine Vereinbarung mit einem Arbeitnehmer geschlossen hat

Hinweis: Bei den Arbeitgebern, an die sich diese Grundsätze richten, wird von den Arbeitnehmern im Rahmen ihrer Tätigkeit das Führen von Fahrzeugen verlangt.

Beispiele: Fuhrparkleiter, Taxiunternehmen, Speditionen, Notdienste

Bedienteil für die Fahrzeugführung: Bedienteil, das zum Führen eines Fahrzeugs unmittelbar benötigt wird

Bordeigene Informations- und Kommunikationssysteme: Systeme, die dem Fahrer Informationen vermitteln oder eine Kommunikation ermöglichen, die unabhängig vom Führen des Fahrzeugs sein kann (z. B. Nachrichten oder Musik) oder mit dem Führen des Fahrzeugs in Verbindung stehen kann, ohne jedoch für ein sofortiges, zeitkritisches Verhalten des Fahrers von Bedeutung zu sein (z. B. Verkehrsmeldungen, Navigationskarten, Streckenplanung).

Dialog: Miteinander in Zusammenhang stehende aufeinander folgende Eingaben/Ausgaben

Beispiel: Eingabe eines neuen Fahrtziels oder einer Telefonnummer

Einbau: Einbau von Systemen und Teilsystemen innerhalb des Fahrzeugs (einschließlich der Installation von Software)

Hinweis: Für vollständig vorinstallierte Systeme sind die entsprechenden Tätigkeiten nicht von Bedeutung.

Fahrer-Assistenzsysteme (FAS): Systeme, die zur Unterstützung der im Führen des Fahrzeugs bestehenden Aufgabe durch die Bereitstellung spezifischer Informationen, Warnungen, Hilfsmittel oder Maßnahmen von unmittelbarer Bedeutung für das Verhalten des Fahrers mit Blick auf die Ausführung fahrtechnischer Maßnahmen entwickelt wurden

Fahrmanöver: Kontrolle des Fahrzeugs in gerader und in seitlicher Richtung in Abhängigkeit von der Verkehrsumgebung

Fahrzeugführung: Ausführung der im Führen des Fahrzeugs bestehenden primären Aufgabe sowie der sekundären Aufgaben in Verbindung mit oder zur Unterstützung der im Führen des Fahrzeugs bestehenden primären Aufgabe

Fahrzeugführung (als primäre Aufgabe): Tätigkeiten des Fahrers während der Fahrt beim Steuern des Fahrzeugs, bei der Ausführung fahrtechnischer Maßnahmen und bei der allgemeinen Handhabung des Fahrzeugs durchführen muss (u a. Lenken, Bremsen und Beschleunigen)

Fahrzeugführungsinformation: Informationen zu erforderlichen oder sicherheitsrelevanten Merkmalen eines Fahrzeugs bzw. Informationen im Zusammenhang mit der Verkehrsführung und dem Verkehrsgeschehen sowie mit fahrerbezogenen Infrastrukturdiensten

Hinweis: Die Informationen werden mit einer Anzeige (visuell oder auditiv) dargestellt.

Beispiele: Informationen zu Reifen und Bremsen, Abstand zu anderen Fahrzeugen, Navigationsanweisungen, Stauinformationen, Eiswarnungen, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Einparkinformationen

Beispiele für Informationen, die nicht mit dem Führen eines Fahrzeugs in Verbindung stehen: Nachrichten, Unterhaltung, Werbung usw.

Fahrzeug, in Bewegung befindlich: Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von mehr als etwa 5 km/h  (11)

Fahrzeug, stehend: Geschwindigkeit Null bezogen auf den Untergrund des Fahrzeugs

Freisprechen bzw. Freihören: Nutzung eines Systems, ohne das System bzw. Bestandteile des Systems ständig festhalten zu müssen

Mietwagenfirma: Person oder Unternehmen, die bzw. das einen Mietvertrag für die Überlassung eines Fahrzeugs mit einem bordeigenen Informations- oder Kommunikationssystem anbietet

Missbrauch, vernünftigerweise absehbarer: Nutzung eines Produkts, eines Verfahrens oder eines Dienstes unter Bedingungen oder für Zwecke, die vom Hersteller nicht vorgesehen wurden, die jedoch bei dem betreffenden Produkt, Verfahren oder Dienst bei normalem menschlichen Verhalten vorkommen kann

Mobile Geräte: Nicht fest eingebaute Geräte, die Personen während der Fahrt mitführen

Beispiele: Mobiltelefone, PDAs (Personal Digital Assistants)

Nachrüstbare Systeme: Systeme, die in Fahrzeuge nicht bereits in der Produktion, sondern nach Abschluss des Produktionsprozesses eingebaut werden

Nutzungsrelevanter Rahmen: Benutzer, Aufgaben, Ausrüstung (Hardware, Software und Material) und physische und gesellschaftliche Gegebenheiten, unter denen ein Produkt genutzt wird (ISO 9241-11, 1998)

Priorität: Relative Bedeutung mindestens zweier Elemente, die über deren zeitliche Abfolge oder die Prägnanz ihrer Darstellung entscheidet (ISO/TS 16951, 2004)

Produktinformationen: Sämtliche Informationen in Verbindung mit dem betreffenden System, zu denen der Fahrer Zugang hat

Beispiele: Systembeschreibungen, technische Daten, Werbematerial, Angaben auf der Verpackung

Produktverantwortliches Unternehmen: Alle am Produktionsprozess Beteiligten sowie Importeure, Lieferanten und alle sonstigen Personen, die das Produkt mit ihrem Namen, ihrer Marke oder sonstigen spezifischen Merkmalen gekennzeichnet haben.

Hinweis: Die betreffenden Unternehmen und Personen sind gemeinsam verantwortlich.

Status: Verfügbare und/oder aktive Betriebsart(en)

Beispiel: „Bitte warten ...“

Störung: Abweichen vom zu erwartenden Betriebsverhalten während der vom Hersteller vorgesehenen Nutzung des Systems

Beispiel: Verlust eines externen Signals oder Verlust der Kalibrierungsdaten eines Sensors, mit der Folge einer Beeinträchtigung der Genauigkeit eines Navigationssystems

Systembezogene Anleitungen: Informationen zum System, mit denen der Fahrer über das System aufgeklärt und bei der Nutzung des Systems für unterschiedliche Zwecke unterstützt werden soll

Hinweis: Anleitungen könnten in gedruckter Form mit Text- oder Bildinformationen vorliegen, aber auch als Hilfefunktion oder Lernprogramm in ein System integriert sein.

Systemfehler: Zustand der Betriebsunfähigkeit oder Störung eines Systems

Hinweis 1: Ein partieller Fehler kann dazu führen, dass gewisse Komponenten, Teilfunktionen oder Betriebsarten eines Systems nicht mehr genutzt werden können oder dass die vom Hersteller in den technischen Daten vorgegebenen Toleranzen überschritten werden.

Hinweis 2: Bei einem totalen Systemfehler (Systemausfall) wird das gesamte System funktionsunfähig.

Unterstützung: Optimierung einer Tätigkeit des Fahrers durch das System

Verkaufsort (POS = Point of Sale): Zugangspunkt des potenziellen Käufers zur Person oder zu dem Unternehmen, das Systeme zum Verkauf anbietet.

Beispiele: Autohändler (bei Originalgeräten), Ladengeschäfte (nachrüstbare Systeme), Websites, Helplines oder Callcenter

Visuelle Informationen: Grafiken, Bilder, Texte und Meldungen, die dem Fahrer optisch angezeigt werden

Wartung: Eine oder mehrere Maßnahmen zur Verbesserung oder zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit eines Systems

Hinweis: Das Abstauben oder sonstige Reinigen von Oberflächen (das auch für andere Komponenten im Fahrzeug erforderlich sein kann) ist mit dem Begriff „Wartung“ nicht gemeint.

Beispiele: Austausch von Teilsystemen (z. B. Batterien, Lizenzen, Software), Verfahren zur regelmäßigen Reinigung, Überprüfung und Einstellung


(1)  Klassifizierung und Definition von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern: Richtlinie 92/53/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG, Anhang II.

(2)  ABl. L 341, 6.12.1990, S. 20.

(3)  ABl. L 38, 11.2.1974, S. 2.

(4)  ABl. L 81, 28.3.1978, S. 3.

(5)  ABl. C 411, 31.12.1998, S. 24.

(6)  ABl. L 228, 11.8.1992, S. 24.

(7)  Japan Automobile Manufacturers Association (Japanischer Verband der Automobilhersteller)

(8)  Alliance of Automobile Manufacturers (Verband der Automobilhersteller)

(9)  International Harmonized Research Activities — Intelligent Transport Systems (International harmonisierte Forschungstätigkeit — intelligente Verkehrssysteme)

(10)  United Nation Economic Commission for Europe (UN-Wirtschaftskommission für Europa)

(11)  Der Wert 5 km/h wurde aus technischen Gründen gewählt, weil eine Geschwindigkeit von 0 km/h schwierig zu bestimmen ist.