10.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 323/12


BESCHLUSS 2009/916/GASP DES RATES

vom 23. Oktober 2009

über die Unterzeichnung und den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Seychellen über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Seychellen im Rahmen der EU-Militäroperation Atalanta

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 24,

auf Empfehlung des Vorsitzes,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (VN-Sicherheitsrat) hat am 15. Mai 2008 die Resolution 1814 (2008) verabschiedet, mit der die Staaten und Regionalorganisationen aufgefordert werden, Maßnahmen zum Schutz des Schiffsverkehrs im Zusammenhang mit der Beförderung und Lieferung humanitärer Hilfsgüter nach Somalia und mit von den Vereinten Nationen genehmigten Tätigkeiten zu ergreifen.

(2)

Der VN-Sicherheitsrat hat am 2. Juni 2008 die Resolution 1816 (2008) verabschiedet, mit der den Staaten, die mit der Übergangs-Bundesregierung von Somalia zusammenarbeiten, für einen Zeitraum von sechs Monaten ab dem Datum jener Resolution gestattet wird, in die Hoheitsgewässer Somalias einzulaufen und in einer mit dem einschlägigen Völkerrecht zu vereinbarenden Weise alle erforderlichen Maßnahmen anzuwenden, um seeräuberische Handlungen und bewaffnete Raubüberfälle auf See zu bekämpfen. Diese Bestimmungen wurden mit der am 2. Dezember 2008 vom VN-Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution 1846 (2008) um weitere zwölf Monate verlängert.

(3)

Der Rat hat am 10. November 2008 die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP über die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (1) (Operation „Atalanta“) angenommen.

(4)

In Artikel 11 der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP ist vorgesehen, dass der Status der EU-geführten Truppen und ihres Personals, die im Landgebiet von Drittstaaten stationiert sind oder in den Hoheitsgewässern oder den Binnengewässern von Drittstaaten operieren, nach dem Verfahren des Artikels 24 des Vertrags festgelegt wird.

(5)

Nachdem er vom Rat am 18. September 2007 gemäß Artikel 24 des Vertrags hierzu ermächtigt worden war, hat der Vorsitz, unterstützt vom Generalsekretär/Hohen Vertreter, ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Seychellen über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Seychellen ausgehandelt.

(6)

Das Abkommen sollte genehmigt werden —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Seychellen über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Seychellen im Rahmen der EU-Militäroperation Atalanta wird im Namen der Europäischen Union genehmigt.

Der Wortlaut des Abkommens ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person(en) zu bestellen, die befugt ist (sind), das Abkommen rechtsverbindlich für die Europäische Union zu unterzeichnen.

Artikel 3

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Annahme wirksam.

Artikel 4

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Luxemburg am 23. Oktober 2009.

Im Namen des Rates

Der Präsident

T. BILLSTRÖM


(1)  ABl. L 301 vom 12.11.2008, S. 33.


ÜBERSETZUNG

ABKOMMEN

zwischen der Europäischen Union und der Republik Seychellen über die Rechtsstellung der EU-geführten Einsatzkräfte in der Republik Seychellen im Rahmen der EU-Militäroperation Atalanta

DIE EUROPÄISCHE UNION (EU) —

einerseits und

DIE REPUBLIK SEYCHELLEN, nachstehend „Aufnahmestaat“ genannt,

andererseits,

beide nachstehend „Parteien“ genannt —

IN ANBETRACHT

der Resolutionen 1814 (2008),1838 (2008), 1846 (2008) und 1851 (2008) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen,

der Schreiben der Republik Seychellen vom 2. April 2009 und vom 21. August 2009, in denen diese um die Präsenz von Seestreitkräften der EU in ihrem Hoheitsgebiet nachsucht,

der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäischen Union vom 10. November 2008 über die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias;

der Tatsache, dass dieses Abkommen die Rechte und Pflichten der Parteien aufgrund internationaler Übereinkommen und anderer Übereinkünfte zur Errichtung internationaler Gerichtshöfe, einschließlich des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, unberührt lässt —

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

(1)   Dieses Abkommen findet auf die EU-geführten Einsatzkräfte und deren Personal Anwendung.

(2)   Dieses Abkommen findet nur im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats, einschließlich seiner Gewässer und seines Luftraums, Anwendung.

(3)   Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck

a)

„EU-geführte Einsatzkräfte (EUNAVFOR)“ die militärischen Hauptquartiere der EU und die zu der EU-Operation „Atalanta“ beitragenden nationalen Kontingente, ihre Schiffe, ihre Luftfahrzeuge, ihre Ausrüstung und ihre Transportmittel;

b)

„Operation“ die Vorbereitung, Einsetzung, Durchführung und Unterstützung der Militärmission entsprechend dem Mandat, das sich aus den Resolutionen 1814 (2008), 1838 (2008), 1846 (2008) und 1851 (2008) sowie jeder späteren einschlägigen Resolution des VN-Sicherheitsrats, dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und den Einladungsschreiben der Republik Seychellen vom 2. April 2009 und vom 21. August 2009 ergibt;

c)

„Befehlshaber der Operation“ den Befehlshaber der Operation;

d)

„Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte“ den Befehlshaber im Einsatzgebiet;

e)

„militärische Hauptquartiere der EU“ die militärischen Hauptquartiere und Teile davon, ungeachtet ihres Standorts, unter Aufsicht der militärischen Befehlshaber der EU, welche die militärische Führung der Operation wahrnehmen;

f)

„nationale Kontingente“ die Einheiten, Schiffe, Luftfahrzeuge und Komponenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der an der Operation teilnehmenden Drittstaaten, einschließlich Schutzeinheiten an Bord von Handelsschiffen;

g)

„EUNAVFOR-Personal“ das der EUNAVFOR zugewiesene zivile und militärische Personal sowie das zur Vorbereitung der Operation entsandte Personal, das Personal zur Begleitung der von EUNAVFOR aufgegriffenen Personen sowie das im Auftrag eines Entsendestaats oder eines EU-Organs im Rahmen der Operation im Einsatz befindliche Personal, das sich — sofern in diesem Abkommen nichts anderes vorgesehen ist — im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats befindet; ausgenommen hiervon ist das örtliche Personal und das von internationalen kommerziellen Auftragnehmern beschäftigte Personal;

h)

„örtliches Personal“ das Personal, das die Staatsangehörigkeit des Aufnahmestaats besitzt oder dort seinen ständigen Aufenthalt hat;

i)

„Einrichtungen und Anlagen“ Gebäude, Unterkünfte und Gelände, die für die EUNAVFOR und ihr Personal benötigt werden;

j)

„Entsendestaat“ einen Staat, der ein nationales Kontingent für die EUNAVFOR bereitstellt, einschließlich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Drittstaaten, die an der Operation teilnehmen;

k)

„Gewässer“ die Binnengewässer, die Archipelgewässer und das Küstenmeer des Aufnahmestaats und den Luftraum über diesen Gewässern;

l)

„amtlicher Schriftverkehr“ den gesamten die Operation und ihre Aufgaben betreffenden Schriftverkehr.

Artikel 2

Allgemeine Bestimmungen

(1)   Die EUNAVFOR und das EUNAVFOR-Personal beachten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmestaats und enthalten sich jeder Handlung oder Tätigkeit, die mit den Zielen der Operation nicht vereinbar ist.

(2)   Die EUNAVFOR informiert die Regierung des Aufnahmestaats regelmäßig über die Stärke des im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats stationierten EUNAVFOR-Personals sowie über die Identität der Schiffe, Luftfahrzeuge und Einheiten, die in den Gewässern des Aufnahmestaats operieren oder die Häfen des Aufnahmestaats anlaufen.

Artikel 3

Identifizierung

(1)   Die im Landgebiet des Aufnahmestaats anwesenden Mitglieder des EUNAVFOR-Personals müssen jederzeit ihren Reisepass oder ihren Militärausweis mit sich führen.

(2)   Fahrzeuge, Luftfahrzeuge, Schiffe und andere Transportmittel der EUNAVFOR sind mit unverwechselbaren Kennzeichnungen und/oder Nummernschildern der EUNAVFOR zu versehen, die den zuständigen Behörden des Aufnahmestaats vorab mitzuteilen sind.

(3)   Die EUNAVFOR ist berechtigt, die Flagge der Europäischen Union sowie Kennzeichen wie militärische Abzeichen, Titel und amtliche Symbole an ihren Einrichtungen und Anlagen, Fahrzeugen und anderen Transportmitteln zu führen. Die Uniformen des EUNAVFOR-Personals sind mit einem unverwechselbaren EUNAVFOR-Emblem zu versehen. Nationale Flaggen oder Hoheitszeichen der an der Operation beteiligten nationalen Kontingente dürfen auf Beschluss des Befehlshabers der EU-Einsatzkräfte an den Einrichtungen und Anlagen, Fahrzeugen und anderen Transportmitteln sowie Uniformen der EUNAVFOR geführt werden.

Artikel 4

Überschreiten der Grenzen und Bewegung im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats

(1)   Mit Ausnahme der Besatzungen der Schiffe und Luftfahrzeuge der EUNAVFOR benötigen die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals für die Einreise in das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats stets die in Artikel 3 Absatz 1 genannten Dokumente. Sie unterliegen bei der Einreise in das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats, bei der Ausreise aus diesem Gebiet und innerhalb dieses Gebiets keinen Pass- und Visumbestimmungen und keinen Einwanderungs- und Zollkontrollen.

(2)   Die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals unterliegen nicht den Bestimmungen des Aufnahmestaats über die Registrierung und Kontrolle von Ausländern, erwerben jedoch keinerlei Recht auf ständigen Aufenthalt oder ständigen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats.

(3)   Die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals beachten bei der Einreise in einen Flughafen oder Hafen des Aufnahmestaats die Gesetze und Vorschriften des Aufnahmestaats im Bereich Gesundheit und Umwelthygiene. Zu diesem Zweck kann eine Durchführungsvereinbarung gemäß Artikel 18 getroffen werden.

(4)   Dem Aufnahmestaat wird zur Information ein allgemeines Verzeichnis der Mittel der EUNAVFOR, die in sein Hoheitsgebiet verbracht werden, übermittelt. Diese Mittel werden mit einer EUNAVFOR-Kennzeichnung versehen. Die Mittel und Transportmittel der EUNAVFOR, die zur Unterstützung der Operation in das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats verbracht oder durch dieses Gebiet befördert werden oder es verlassen, sind von der Pflicht zur Vorlage von Bestandsverzeichnissen und anderen Zollunterlagen sowie von allen Kontrollen befreit.

(5)   Die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals dürfen unter Einhaltung der Gesetze und Vorschriften des Aufnahmestaats in dessen Hoheitsgebiet Kraftfahrzeuge lenken sowie Schiffe und Luftfahrzeuge führen, sofern sie einen gültigen nationalen, internationalen oder Militärführerschein, ein Kapitänspatent bzw. einen Pilotenschein besitzen.

(6)   Für die Zwecke der Operation gewährt der Aufnahmestaat der EUNAVFOR und dem EUNAVFOR-Personal in seinem Hoheitsgebiet, einschließlich seiner Gewässer und seines Luftraums, Bewegungs- und Reisefreiheit. Die Bewegungsfreiheit in den Gewässern des Aufnahmestaats schließt auch das Anhalten und Ankern unter jeglichen Umständen ein.

(7)   Für die Zwecke der Operation darf die EUNAVFOR vorbehaltlich der Genehmigung der Behörde des Aufnahmestaats, die für die Flugsicherheit zuständig ist, im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats, einschließlich seines Küstenmeers und seines Luftraums, Luftfahrzeuge oder militärisches Gerät starten bzw. aussetzen, landen oder an Bord nehmen.

(8)   Für die Zwecke der Operation sind die EUNAVFOR-Unterseeboote nicht verpflichtet, im Küstenmeer des Aufnahmestaats über Wasser zu fahren und ihre Flagge zu zeigen.

Für die Zwecke der Operation dürfen die EUNAVFOR und die von ihr angemieteten Transportmittel öffentliche Straßen, Brücken, Fähren, Flughäfen und Häfen ohne Entrichtung von Zöllen, Gebühren, Mauten, Steuern und ähnlichen Abgaben nutzen. Die EUNAVFOR ist nicht von der Entrichtung angemessener Abgaben für die Dienstleistungen befreit, die sie auf ihr Ersuchen hin zu denselben Bedingungen erhält, wie sie für die Streitkräfte des Aufnahmestaats gelten.

Artikel 5

Vorrechte und Immunitäten, die der EUNAVFOR vom Aufnahmestaat gewährt werden

(1)   Die Einrichtungen und Anlagen der EUNAVFOR sowie ihre Schiffe und Luftfahrzeuge sind unverletzlich. Die Bediensteten des Aufnahmestaats dürfen sie nur mit Zustimmung des Befehlshabers der EU-Einsatzkräfte betreten.

(2)   Die Einrichtungen und Anlagen der EUNAVFOR, ihre Ausstattung und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie ihre Transportmittel genießen Immunität von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung oder Vollstreckung.

(3)   Die EUNAVFOR, ihre Vermögensgegenstände und Mittel genießen Immunität von jeder Form der Gerichtsbarkeit, gleichviel wo und in wessen Besitz sie sich befinden.

(4)   Die Unverletzlichkeit der Archive und Unterlagen der EUNAVFOR gilt ohne zeitliche und örtliche Einschränkung.

(5)   Der amtliche Schriftverkehr der EUNAVFOR ist unverletzlich.

(6)   Die EUNAVFOR sowie ihre Zulieferer und Vertragspartner sind in Bezug auf erworbene oder eingeführte Güter, in Anspruch genommene Dienstleistungen und die von der EUNAVFOR für die Zwecke der Operation genutzten Einrichtungen und Anlagen von allen nationalen, regionalen und kommunalen Gebühren, Steuern und ähnlichen Abgaben befreit. Die EUNAVFOR ist nicht von Gebühren, Steuern oder Abgaben befreit, die als Vergütung für angeforderte und erbrachte Dienstleistungen erhoben werden.

(7)   Der Aufnahmestaat gestattet die Ein- und Ausfuhr der für die Operation bestimmten Gegenstände und befreit sie von allen Zöllen, Gebühren, Mauten, Steuern und ähnlichen Abgaben, mit Ausnahme von Gebühren für Lagerung, Transport und andere angeforderte und erbrachte Dienstleistungen.

Artikel 6

Vorrechte und Immunitäten, die dem EUNAVFOR-Personal vom Aufnahmestaat gewährt werden

(1)   Das EUNAVFOR-Personal unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art.

(2)   Die Dokumente, der Schriftverkehr und das Eigentum des EUNAVFOR-Personals sind — außer im Falle von Vollstreckungsmaßnahmen, wie sie nach Absatz 6 zulässig sind — unverletzlich.

(3)   Das EUNAVFOR-Personal genießt unter jeglichen Umständen Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Aufnahmestaats.

Der Entsendestaat oder das betreffende Organ der Europäischen Union kann je nach Lage des Falles auf die Immunität des EUNAVFOR-Personals von der Strafgerichtsbarkeit verzichten. Ein solcher Verzicht muss stets schriftlich erklärt werden.

(4)   Das EUNAVFOR-Personal genießt Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Aufnahmestaats in Bezug auf seine mündlichen oder schriftlichen Äußerungen und alle in Ausführung seines offiziellen Auftrags vorgenommenen Handlungen. Wird ein Zivilverfahren gegen Mitglieder des EUNAVFOR-Personals vor einem Gericht des Aufnahmestaats angestrengt, sind der Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte und die zuständige Stelle des Entsendestaats oder des EU-Organs unverzüglich zu benachrichtigen. Vor Einleitung des Verfahrens vor dem Gericht stellen der Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte und die zuständige Stelle des Entsendestaats oder des EU-Organs gegenüber dem Gericht fest, ob die betreffende Handlung von Mitgliedern des EUNAVFOR-Personals in Ausführung ihres offiziellen Auftrags vorgenommen wurde.

Wurde die Handlung in Ausführung des offiziellen Auftrags vorgenommen, wird das Verfahren nicht eingeleitet und Artikel 15 findet Anwendung. Wurde die Handlung nicht in Ausführung des offiziellen Auftrags vorgenommen, kann das Verfahren aufgenommen werden. Die Feststellung des Befehlshabers der EU-Einsatzkräfte und der zuständigen Stelle des Entsendestaats oder des EU-Organs ist für die Gerichtsbarkeit des Aufnahmestaats bindend und kann vom Aufnahmestaat nicht angefochten werden.

Strengt ein Mitglied des EUNAVFOR-Personals ein Gerichtsverfahren an, so kann es sich in Bezug auf eine Widerklage, die mit der Hauptklage in direktem Zusammenhang steht, nicht auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen.

(5)   Die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals können nicht gezwungen werden, als Zeugen auszusagen. Die EUNAVFOR und die Entsendestaaten bemühen sich jedoch, Zeugenaussagen oder eidesstattliche Erklärungen (Affidavits) von den Mitgliedern des EUNAVFOR-Personals vorzulegen, die an einem Vorfall beteiligt waren, mit dem im Zusammenhang eine Übergabe von Personen durch die EUNAVFOR an den Aufnahmestaat gemäß einem Übereinkommen zwischen der Europäischen Union und dem Aufnahmestaat über die Bedingungen für die Übergabe mutmaßlicher Urheber von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen und deren Vermögensgegenständen erfolgt ist.

(6)   Gegen die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals dürfen keine Vollstreckungsmaßnahmen getroffen werden, es sei denn, ein Zivilverfahren, das nicht im Zusammenhang mit der Ausführung ihres offiziellen Auftrags steht, wird gegen sie eingeleitet. Das Eigentum von Mitgliedern des EUNAVFOR-Personals, in Bezug auf das der Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte bescheinigt, dass es für die Ausführung des offiziellen Auftrags notwendig ist, darf nicht beschlagnahmt werden, um die Ansprüche aus einem Urteil, einer Entscheidung oder Anordnung zu befriedigen. In Zivilverfahren dürfen Mitglieder des EUNAVFOR-Personals keinen Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit oder anderen Zwangsmaßnahmen unterworfen werden.

(7)   Die Immunität der Mitglieder des EUNAVFOR-Personals von der Gerichtsbarkeit des Aufnahmestaats befreit diese nicht von der Gerichtsbarkeit des jeweiligen Entsendestaats.

(8)   Die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals sind in Bezug auf ihre für die EUNAVFOR erbrachten Dienste von den im Aufnahmestaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit.

(9)   Die Mitglieder des EUNAVFOR-Personals sind im Aufnahmestaat von jeder Form der Besteuerung der Gehälter und Bezüge, die sie von der EUNAVFOR oder den Entsendestaaten erhalten, sowie der Einkünfte, die sie aus Quellen außerhalb des Aufnahmestaats beziehen, befreit.

Nach Maßgabe der Gesetze und Vorschriften, die er gegebenenfalls erlässt, gestattet der Aufnahmestaat die Einfuhr von Gegenständen für den persönlichen Gebrauch des EUNAVFOR-Personals und befreit sie von allen Zöllen, Steuern und ähnlichen Abgaben mit Ausnahme von Gebühren für Einlagerung, Beförderung und ähnliche Dienstleistungen.

Das EUNAVFOR-Personal ist von der Kontrolle seines persönlichen Gepäcks befreit, sofern nicht triftige Gründe für die Annahme vorliegen, dass es Gegenstände enthält, die nicht für den persönlichen Gebrauch des EUNAVFOR-Personals bestimmt sind, oder deren Ein- oder Ausfuhr nach dem Recht des Aufnahmestaats verboten oder durch dessen Quarantänevorschriften geregelt ist. In solchen Fällen darf die Kontrolle nur in Anwesenheit des betreffenden Mitglieds des EUNAVFOR-Personals oder eines bevollmächtigten Vertreters der EUNAVFOR stattfinden.

Artikel 7

Örtliches Personal

Örtlichem Personal stehen Vorrechte und Immunitäten nur in dem vom Aufnahmestaat zugelassenen Umfang zu. Der Aufnahmestaat darf jedoch seine Hoheitsgewalt über diese Personen nur so ausüben, dass er die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen der Operation nicht ungebührlich behindert.

Artikel 8

Strafgerichtsbarkeit

Die zuständigen Behörden des Entsendestaats haben das Recht, im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats die gesamte Straf- und Disziplinargerichtsbarkeit auszuüben, die ihnen durch das Recht des Entsendestaats über alle dem einschlägigen Recht dieses Staates unterworfenen Mitglieder des EUNAVFOR-Personals übertragen ist. Der Aufnahmestaat bemüht sich nach Möglichkeit, den zuständigen Behörden des Entsendestaats die Ausübung der Gerichtsbarkeit zu erleichtern.

Artikel 9

Uniform und Waffen

(1)   Für das Tragen von Uniform gelten vom Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte festgelegte Vorschriften.

(2)   Auf See dürfen die Mitglieder des Militärpersonals der EUNAVFOR sowie das Polizeipersonal bei der Begleitung von durch die EUNAVFOR aufgegriffenen Personen unter strikter Beschränkung auf die operativen Erfordernisse Waffen und Munition mit sich führen, sofern sie durch Befehl dazu ermächtigt sind.

(3)   Im Landgebiet der Seychellen dürfen Mitglieder des EUNAVFOR-Personals innerhalb ihrer Standorte und im Transit zwischen diesen Standorten oder ihren Schiffen und Luftfahrzeugen sowie bei der Begleitung mutmaßlicher Seeräuber Waffen mit sich führen, sofern sie durch Befehl dazu ermächtigt sind. Anderenfalls dürfen Waffen nur mit vorheriger Genehmigung im Rahmen des Waffen- und Munitionsgesetzes der Seychellen mitgeführt werden.

Artikel 10

Unterstützung durch den Aufnahmestaat und Auftragsvergabe

(1)   Der Aufnahmestaat erklärt sich bereit, die EUNAVFOR auf deren Ersuchen hin bei der Suche nach geeigneten Einrichtungen und Anlagen zu unterstützen.

(2)   Der Aufnahmestaat stellt im Rahmen seiner Mittel und Fähigkeiten in seinem Eigentum befindliche Einrichtungen und Anlagen kostenfrei bereit, sofern darum ersucht wird, diese Einrichtungen und Anlagen für die administrative und operative Tätigkeit der EUNAVFOR zu nutzen, wobei die Kosten für Wasser, Energie und Kraftstoff ausgenommen sind.

(3)   Der Aufnahmestaat leistet im Rahmen seiner Mittel und Fähigkeiten Hilfe bei der Vorbereitung, Einsetzung und Durchführung der Operation und unterstützt diese. Die vom Aufnahmestaat geleistete Hilfe und Unterstützung für die Operation erfolgt zu denselben Bedingungen wie die Hilfe und Unterstützung für die Streitkräfte des Aufnahmestaats.

(4)   Das Recht, das auf die von der EUNAVFOR im Aufnahmestaat geschlossenen Verträge Anwendung findet, wird durch die jeweiligen Verträge festgelegt.

(5)   Im Vertrag kann vorgesehen werden, dass das Streitbeilegungsverfahren nach Artikel 15 Absätze 3 und 4 auf alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags Anwendung findet.

(6)   Der Aufnahmestaat erleichtert die Ausführung von Verträgen, die die EUNAVFOR mit Geschäftsunternehmen für die Zwecke der Operation schließt.

Artikel 11

Änderungen an den Einrichtungen und Anlagen

(1)   Die EUNAVFOR ist unter Achtung der Gesetze und Vorschriften des Aufnahmestaats befugt, entsprechend ihren operativen Erfordernissen Einrichtungen und Anlagen zu errichten, zu verändern oder auf andere Weise umzugestalten.

(2)   Der Aufnahmestaat fordert von der EUNAVFOR keine Entschädigung für die Errichtung, Veränderung oder Umgestaltung dieser Einrichtungen und Anlagen.

Artikel 12

Verstorbene Mitglieder des EUNAVFOR-Personals

(1)   Der Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte ist befugt, für die Rückführung verstorbener Mitglieder des EUNAVFOR-Personals sowie ihres persönlichen Besitzes zu sorgen und die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen.

(2)   Die Autopsie eines verstorbenen Mitglieds der EUNAVFOR darf nur mit Zustimmung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die verstorbene Person besaß, und in Anwesenheit eines Vertreters der EUNAVFOR und/oder des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die verstorbene Person besaß, erfolgen.

(3)   Der Aufnahmestaat und die EUNAVFOR arbeiten im Hinblick auf eine schnelle Rückführung verstorbener Mitglieder des EUNAVFOR-Personals möglichst umfassend zusammen.

Artikel 13

Sicherheit der EUNAVFOR und Militärpolizei

(1)   Der Aufnahmestaat trifft alle geeigneten Maßnahmen, um die Sicherheit der EUNAVFOR und ihres Personals zu gewährleisten.

(2)   Der Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte kann eine Militärpolizeieinheit aufstellen, um die Ordnung in den Einrichtungen und Anlagen der EUNAVFOR aufrechtzuerhalten.

(3)   Die Militärpolizeieinheit kann in Absprache und Zusammenarbeit mit der Militärpolizei oder der Polizei des Aufnahmestaats auch außerhalb dieser Einrichtungen und Anlagen eingreifen, um für die Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin unter den Mitgliedern des EUNAVFOR-Personals zu sorgen.

(4)   Mitglieder des EUNAVFOR-Personals, die zur Begleitung der durch die EUNAVFOR aufgegriffenen Personen das Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats durchqueren, dürfen gegenüber diesen Personen die erforderlichen körperlichen Zwangsmaßnahmen anwenden.

Artikel 14

Kommunikation

(1)   Die EUNAVFOR ist befugt, Funksende- und -empfangsanlagen sowie Satellitensysteme einzurichten und zu betreiben. Sie arbeitet mit den zuständigen Behörden des Aufnahmestaats zusammen, um Konflikte bei der Nutzung entsprechender Funkfrequenzen zu vermeiden. Der Aufnahmestaat gewährt im Einklang mit seinen Gesetzen und Vorschriften kostenfreien Zugang zum Frequenzspektrum.

(2)   Die EUNAVFOR hat das Recht auf uneingeschränkte Kommunikation durch Funk (einschließlich Satellitenfunk, Mobilfunk oder Handfunk), Telefon, Fernschreiber, Telefax oder andere Mittel sowie das Recht, die erforderlichen Mittel zur Aufrechterhaltung einer solchen Kommunikation in und zwischen den Einrichtungen und Anlagen der EUNAVFOR zu installieren, einschließlich des Rechts auf Verlegung von Kabeln und Erdleitungen für die Zwecke der Operation.

(3)   Innerhalb ihrer eigenen Einrichtungen und Anlagen kann die EUNAVFOR die erforderlichen Vorkehrungen für die Beförderung von Post an oder von EUNAVFOR und/oder Mitglieder(n) des EUNAVFOR-Personals treffen.

Artikel 15

Entschädigungsansprüche wegen Tod, Verwundung, Beschädigung oder Verlust

(1)   Die EUNAVFOR und das EUNAVFOR-Personal können für die Beschädigung oder den Verlust von privatem oder staatlichem Eigentum im Zusammenhang mit operativen Erfordernissen oder aufgrund von Maßnahmen im Zusammenhang mit zivilen Unruhen oder dem Schutz der EUNAVFOR nicht haftbar gemacht werden.

(2)   Zur Herbeiführung einer gütlichen Regelung sind Ansprüche aufgrund der Beschädigung oder des Verlusts von privatem oder staatlichem Eigentum, die nicht von Absatz 1 erfasst werden, sowie Ansprüche wegen des Todes oder der Verwundung von Personen und aufgrund der Beschädigung oder des Verlusts von EUNAVFOR-Eigentum über die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats an die EUNAVFOR zu richten, was Ansprüche von juristischen oder natürlichen Personen aus dem Aufnahmestaat anbelangt, oder an die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats, was die von der EUNAVFOR erhobenen Ansprüche anbelangt.

(3)   Lässt sich keine gütliche Regelung finden, sind die Ansprüche bei einem Schlichtungsausschuss anzumelden, der sich zu gleichen Teilen aus Vertretern der EUNAVFOR und Vertretern des Aufnahmestaats zusammensetzt. Die Schadensregulierung erfolgt einvernehmlich.

(4)   Kann im Schlichtungsausschuss keine Regelung gefunden werden, so wird die Streitigkeit

a)

bei Ansprüchen bis zur Höhe von einschließlich 40 000 EUR auf diplomatischem Wege zwischen dem Aufnahmestaat und Vertretern der EU beigelegt;

b)

bei Ansprüchen, die den unter Buchstabe a genannten Betrag übersteigen, einem Schiedsgericht unterbreitet, dessen Entscheidungen bindend sind.

(5)   Das Schiedsgericht setzt sich aus drei Schiedsrichtern zusammen, von denen einer vom Aufnahmestaat, einer von der EUNAVFOR und der Dritte gemeinsam vom Aufnahmestaat und der EUNAVFOR ernannt wird. Ernennt eine der Parteien innerhalb von zwei Monaten keinen Schiedsrichter oder kann zwischen dem Aufnahmestaat und der EUNAVFOR keine Einigung über die Ernennung des dritten Schiedsrichters erzielt werden, wird der betreffende Schiedsrichter vom Präsidenten des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ernannt.

Zwischen dem Befehlshaber der EU-Operation/dem Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte und den Verwaltungsbehörden des Aufnahmestaats wird eine Verwaltungsvereinbarung geschlossen, in der das Mandat des Schlichtungsausschusses und des Schiedsgerichts, das in diesen Gremien anwendbare Verfahren und die Voraussetzungen für das Geltendmachen von Ansprüchen festgelegt werden.

Artikel 16

Kontakte und Streitigkeiten

(1)   Alle Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieses Abkommens werden von Vertretern der EUNAVFOR und den zuständigen Behörden des Aufnahmestaats gemeinsam geprüft.

(2)   Kommt eine Einigung nicht zustande, so werden die Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens ausschließlich auf diplomatischem Wege zwischen den Vertretern der EU und des Aufnahmestaats beigelegt.

Artikel 17

Sonstige Bestimmungen

(1)   Soweit in diesem Abkommen auf die Vorrechte, Immunitäten und Rechte der EUNAVFOR und des EUNAVFOR-Personals Bezug genommen wird, ist die Regierung des Aufnahmestaats für deren Durchsetzung und Achtung durch die zuständigen örtlichen Behörden des Aufnahmestaats verantwortlich.

(2)   Dieses Abkommen bezweckt keine Abweichung von etwaigen aus anderen Abkommen herrührenden Rechten eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Staates, der einen Beitrag zur EUNAVFOR leistet, und darf auch nicht in diesem Sinne ausgelegt werden.

Artikel 18

Durchführungsmodalitäten

Für die Zwecke dieses Abkommens können operative, administrative und technische Fragen in gesonderten Vereinbarungen geregelt werden, die zwischen dem Befehlshaber der EU-Operation/dem Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte und den Verwaltungsbehörden des Aufnahmestaats zu schließen sind.

Artikel 19

Inkrafttreten und Beendigung

(1)   Dieses Abkommen tritt am Tag seiner Unterzeichnung in Kraft und bleibt bis zu dem — von der EUNAVFOR mitgeteilten — Tag, an dem die letzten EUNAVFOR-Truppenteile und die letzten Mitglieder des EUNAVFOR-Personals das Land verlassen, in Kraft. Jede Partei kann dieses Abkommen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten jederzeit vorzeitig kündigen.

(2)   Ungeachtet Absatz 1 gelten die Bestimmungen von Artikel 4 Absatz 8, Artikel 5 Absätze 1 bis 3, Artikel 5 Absatz 6, Artikel 5 Absatz 7, Artikel 6 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 6 Absatz 4, Artikel 6 Absatz 6, Artikel 6 Absätze 8 bis 10, Artikel 10 Absatz 2, Artikel 11, Artikel 13 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 15 ab dem Zeitpunkt als anwendbar, zu dem die ersten Mitglieder des EUNAVFOR-Personals verlegt wurden, falls dieser Zeitpunkt vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens liegt.

(3)   Dieses Abkommen kann im gegenseitigen schriftlichen Einvernehmen der Parteien geändert werden.

(4)   Die Beendigung dieses Abkommens berührt nicht die Rechte und Pflichten, die sich aus der Durchführung des Abkommens vor dessen Beendigung ergeben.

Geschehen zu Victoria, Seychellen, in doppelter Urschrift in englischer Sprache am 10. November 2009.

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