|
Amtsblatt |
DE Reihe C |
|
C/2025/4200 |
20.8.2025 |
Entschließung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Beitrag zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2026
(C/2025/4200)
Berichterstatter: Christa SCHWENG (Gr. I)
Maria del Carmen BARRERA CHAMORRO (Gr. II)
Krzysztof Stanisław BALON (Gr. III)
|
Berater |
Jukka AHTELA (für die Berichterstatterin der Gruppe I) Ioannis GRIGORIADIS (für die Berichterstatterin der Gruppe II) Piotr SADOWSKI (für den Berichterstatter der Gruppe III) |
|
Rechtsgrundlage |
Artikel 52 Absatz 4 der Geschäftsordnung |
|
Verabschiedung im Plenum |
19.6.2025 |
|
Plenartagung Nr. |
597 |
|
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
156/4/8 |
1. Einleitung
|
1.1. |
Mit dieser Entschließung legt der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) als institutionelles Sprachrohr der organisierten Zivilgesellschaft in Europa seinen Beitrag zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2026 vor. Die EU muss Demokratie, Menschenrechte, Nachhaltigkeit, Gleichheit und soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen. Die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft und der Freiwilligensektor sind von entscheidender Bedeutung für die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft und müssen anerkannt, geschützt und bei allen Krisen substanziell in die Vorausschau, Vorsorge und Erholung einbezogen werden. |
|
1.2. |
Damit die EU ihre weltweite Führungsrolle in einer sich rasch wandelnden Welt behaupten kann, muss sie ein neues Konzept von Wettbewerbsfähigkeit verfolgen, in das die Industriepolitik, die Klimaziele und die geopolitische Strategie einbezogen werden. Dazu muss der Schwerpunkt entschieden auf Investitionen, die Förderung von Innovation und die Unterstützung des sozialen Zusammenhalts gelegt und für ein nachhaltiges, soziales, inklusives und robustes Wirtschaftswachstum gesorgt werden. Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum müssen mit sozialer Inklusion Hand in Hand gehen. |
|
1.3. |
Im Interesse einer widerstandsfähigen Industriepolitik müssen Innovationen, grüner und digitaler Wandel und die Union der Kompetenzen vorrangige Themen sein. Gleichzeitig gilt es, lebenslanges Lernen und hochwertige Arbeitsplätze zu fördern. Die Sozial- und Solidarwirtschaft ist ein Motor für Gerechtigkeit und Zusammenhalt und muss deshalb unterstützt werden. Da die Verteidigungsbereitschaft im neuen Sicherheitsumfeld von entscheidender Bedeutung ist, muss sie zu einer gemeinsamen Priorität werden. Dabei müssen Rechte, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit weiterhin die Grundlage bilden. |
|
1.4. |
Vor dem Hintergrund einer neuen geopolitischen Ordnung, in der Herausforderungen und Krisen an der Tagesordnung sind und eine Bedrohung für Europa, seine Werte und seine Bürgerinnen und Bürger darstellen, appelliert der EWSA an die EU, sich auf die zivile, gesellschaftliche und militärische Abwehrbereitschaft zu konzentrieren, und betont, dass auf allen Ebenen der Gesellschaft sozialer Zusammenhalt und eine Kultur der Resilienz entwickelt werden müssen. |
|
1.5. |
Die zahlreichen Krisen haben die Lebensqualität vieler Menschen in Europa beeinträchtigt. Wir müssen das Vertrauen in das Funktionieren unserer auf europäischen Werten beruhenden Gesellschaften, in unsere Volkswirtschaften und in die Stellung Europas in der Welt zurückgewinnen. Dazu muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen in Europa mit den raschen gesellschaftlichen Entwicklungen Schritt halten können und dass niemand zurückgelassen wird. Der Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung zum Erwerb der Kompetenzen, die auf den sich ständig wandelnden Arbeitsmärkten benötigt werden, wird ein wesentlicher Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand Europas sein. |
|
1.6. |
Investitionen in Forschung, Entwicklung, Kompetenzen und strategische Branchen müssen im Mittelpunkt der Industriepolitik stehen, um industrielle Resilienz und ein langfristiges Wirtschaftswachstum sowie gute Arbeitsplätze zu gewährleisten. Die EU kann sich ihren Wettbewerbsvorteil in Branchen mit hoher Wertschöpfung bewahren, indem sie bevorzugt auf Technologien wie menschenzentrierte künstliche Intelligenz und erneuerbare Energien setzt. |
|
1.7. |
Ein wettbewerbsfähiges europäisches Sozialmodell kann nur gewahrt werden, wenn gezielte Investitionen in öffentliche Dienste, Sozialschutz und eine ehrgeizige Strategie zur Armutsbekämpfung fließen. Der EWSA stellt die Wechselbeziehung zwischen Lebensmitteln, Wasser, Natur und Klima heraus und fordert eine rechtebasierte Europäische Wasserresilienzstrategie als zentrale Säule des europäischen Blauen Deals. |
|
1.8. |
Auf internationaler Ebene muss die EU eine friedensstiftende Führungsrolle übernehmen und mit neuen Partnern zusammenarbeiten. Um auf europäischer Ebene gemeinsam etwas bewirken zu können, muss in den zivilgesellschaftlichen und den sozialen Dialog, in demokratische Teilhabe und künftige Generationen investiert werden. |
2. Ein neuer Plan für nachhaltigen Wohlstand und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit in Europa
Der EWSA spricht folgende Vorschläge/Forderungen aus:
Industriepolitik
|
2.1. |
Im Rahmen des Binnenmarkts sollte stärker von fragmentierten industriepolitischen Maßnahmen auf nationaler Ebene abgerückt und stattdessen auf einen ehrgeizigeren und besser koordinierten europäischen Ansatz gesetzt werden, bei dem Regulierungs-, Steuer- und Handelsstrategien zugunsten der globalen Wettbewerbsfähigkeit und hochwertiger Arbeitsplätze aufeinander abgestimmt werden. |
|
2.2. |
Für neue Technologien sollten Technologiefahrpläne ausgearbeitet werden. Technologierisiken sollten durch Pilotprojekte und gemeinsame Unternehmen gemindert werden. Ferner sollten zur Verringerung der Abhängigkeit von Drittstaaten kreislaufwirtschaftliche Grundsätze angenommen und finanzielle Hilfen wirksamer gestaltet werden, u. a. über den künftigen Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit. |
|
2.3. |
In Ergänzung zum Deal für eine saubere Industrie sollte eine übergreifende Wasserbewirtschaftungspolitik für die EU-Industrie umgesetzt werden, die dann auf verschiedene Industriezweige zugeschnitten werden kann. Im Hinblick darauf sollte die EU in Erwägung ziehen, das Potenzial von Natrium-Ionen-Batterien zu prüfen, mit denen gleichzeitig die Elektrifizierung vorangetrieben und die Wasserresilienz verbessert werden könnte. |
Wettbewerbsfähigkeit
|
2.4. |
Die Vereinfachungsagenda sollte fortgesetzt und so ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen geleistet werden. Besondere Aufmerksamkeit sollte Unternehmen mit strategischem Marktstatus gewidmet werden. Eine Vereinfachung der Rechtsvorschriften kann zwar für mehr Effizienz und Produktivität sorgen und die Ausschöpfung des Binnenmarktpotenzials erleichtern, darf aber nicht dazu führen, dass wesentliche Sozial-, Umwelt- und Arbeitsnormen geschwächt werden, da diese auf ausgewogene Weise dafür sorgen, dass Unternehmen unterstützt, Arbeitnehmer geschützt und die übergeordneten Interessen der Gesellschaft verfolgt werden. |
|
2.5. |
Auch wenn die Wettbewerbsfähigkeit ein zentrales strategisches Ziel mit Blick auf den langfristigen Wohlstand der EU ist, darf ihre soziale Dimension nicht verloren gehen. Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität sind entscheidende Faktoren für hochwertige Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen, den sozialen Dialog und Tarifverhandlungen. Durch die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Unternehmensführung kann die Produktivität gesteigert und die Resilienz gestärkt werden. |
|
2.6. |
Die Wettbewerbsregeln sollten angepasst werden, um Markteffizienz mit industrieller Resilienz und Innovation, Wirtschaftswachstum und der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Einklang zu bringen und das Modell der sozialen Marktwirtschaft der EU zu wahren. |
|
2.7. |
Es muss sichergestellt werden, dass die EU-Wettbewerbsvorschriften Investitionen in den grünen und den digitalen Wandel ermöglichen und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse fördern, während gleichzeitig gegen Marktkonzentration und den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen vorgegangen wird, um Unternehmen, Arbeitnehmer, Verbraucher und die am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu schützen. |
Grüner Wandel und Dekarbonisierung
|
2.8. |
In kritischen Branchen wie dem Gesundheitssektor und der Chemie- und Pharmaindustrie muss strategische Autonomie angestrebt und ein integrierter Fahrplan für alle Lieferketten dieser Wirtschaftszweige entwickelt werden. |
|
2.9. |
Es bedarf gezielter politischer Maßnahmen, damit auch energieintensive Industrien von den Kostenvorteilen von Strom aus sauberen Quellen profitieren können. |
|
2.10. |
Bei der Ausarbeitung des Rechtsakts über die Kreislaufwirtschaft muss dafür gesorgt werden, dass die Stimme der Zivilgesellschaft durch ihre Mitwirkung im Rahmen der Europäischen Plattform der Interessenträger für die Kreislaufwirtschaft (ECESP) gehört wird. |
|
2.11. |
Eine Reform des Strommarkts sollte nicht nur dem Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050, sondern auch den Zielen der Versorgungssicherheit und stabiler und erschwinglicher Preise dienen. Besonderes Augenmerk sollte dabei dem Zugang zu Energie für Menschen in prekären Lagen gelten. |
|
2.12. |
Es sollte gewährleistet werden, dass ein an hohen Standards orientierter sozialer und wirtschaftlicher Zusammenhalt im Binnenmarkt gefördert und gleichzeitig an den Umweltstandards der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen festgehalten wird. |
Forschung, Technologie und Innovation
|
2.13. |
Innerhalb des Europäischen Forschungsraums sollte ein einheitlicher Regelungsrahmen für Forscherinnen und Forscher gelten sowie für gute Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten im FuI-System gesorgt werden, insbesondere für Nachwuchsforscher. Forscherinnen und Forscher aus Drittstaaten sollten in der EU arbeiten und sich frei bewegen können. |
|
2.14. |
Die Wettbewerbspolitik sollte in langfristigen Investitionen und Innovationen verankert werden und eine nachhaltige Transformation der Industrie sowie den grünen und den digitalen Wandel unterstützen. |
|
2.15. |
Es muss sichergestellt werden, dass Digitalisierung und KI auf den Menschen ausgerichtet sind und nicht zu prekären Beschäftigungsverhältnissen führen, dass algorithmische Systeme, die im Beschäftigungsbereich und im Rahmen der Beziehungen zwischen den Sozialpartnern eingesetzt werden, transparent und gerecht sind und im Rahmen von sozialem Dialog und Tarifverhandlungen erörtert werden und dass der Grundsatz der Kontrolle durch den Menschen bei der Umsetzung von KI-Rechtsvorschriften wirksam angewandt wird. |
|
2.16. |
Es sollte in Umschulung und lebenslanges Lernen investiert werden, die sehr wichtig sind, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zugang zu den durch den technologischen Wandel geschaffenen Arbeitsplätzen erhalten. |
|
2.17. |
Die Beteiligung der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft an der Gestaltung der Forschungsagenden in der EU sollte gefördert werden. |
Wirtschaftspolitik und Kohäsion
|
2.18. |
Mit einem glaubwürdigen mittelfristigen haushaltspolitischen Rahmen sollte im Sinne wirtschaftlicher und systemischer Resilienz für makroökonomische und finanzielle Stabilität gesorgt werden. |
|
2.19. |
Es sollte ein EU-Investitionsfonds eingerichtet werden, mit dem finanzielle Mittel für Investitionsvorhaben von strategischem europäischen Interesse bereitgestellt werden. Dieser sollte durch eine Mischung an Ressourcen finanziert werden, darunter Beiträge der Mitgliedstaaten und neue Eigenmittel. |
|
2.20. |
Zum Abbau des Investitionsrückstands gegenüber den USA und anderen wichtigen Konkurrenten sollten geeignete Voraussetzungen für die Bildung von Risikokapital und insbesondere für Start-ups und Scale-up-Unternehmen geschaffen werden. |
|
2.21. |
Die Rahmenbedingungen für private Investitionen im Binnenmarkt sollten verbessert werden. Dazu gehören die Umsetzung zentraler Komponenten der Kapitalmarktunion/Spar- und Investitionsunion und die Vollendung der Bankenunion. Ein zentraler Punkt auf der Agenda sollte die Förderung der Aufsichtskonvergenz und die Stärkung der Rolle der Europäischen Aufsichtsbehörden sein. |
|
2.22. |
Im Zuge der Vereinfachung der Steuervorschriften sollte die Bereitstellung kosteneffizienter Informationen gefördert und die Nutzung und der Austausch von Informationen zwischen den Steuerbehörden verbessert werden. Dies sollte weder zu unfairen oder unbeabsichtigten Änderungen der Steuerschuld führen noch Schlupflöcher für Steuerhinterziehung oder schädlichen Steuerwettbewerb eröffnen. Für jeden Vorschlag sollte eine Folgenabschätzung durchgeführt werden, um die konkreten Auswirkungen neuer Gesetzgebungsinitiativen auf Steuerzahler und Steuerbehörden angemessen zu bewerten. |
|
2.23. |
Es sollten die wirksamsten Lösungen für EU-Inseln ermittelt und eine ganzheitliche Strategie für Inseln vorgelegt werden, die dem Problem der Insellage Rechnung tragen. |
|
2.24. |
Die Zivilgesellschaft sollte aktiver in die EU-Städteagenda eingebunden werden, und der Frage des erschwinglichen Wohnraums sowie ihrem Bezug zur Kohäsionspolitik sollte Rechnung getragen werden. |
Sozialpolitik
|
2.25. |
Gleichbehandlung und faire Mobilität der Arbeitnehmer sollte zu einem Eckpfeiler gemacht werden. Gegen Missbrauch muss mit wirksamen Maßnahmen vorgegangen werden. |
|
2.26. |
Die Europäische Kommission sollte ein umfassendes Maßnahmenpaket für einen gerechten Übergang ausarbeiten, bei dem die Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Einbeziehung des sozialen Dialogs im Mittelpunkt stehen. Der Einsatz öffentlicher Gelder als Anreiz für Transformationspläne von Unternehmen sollte mit Sozialauflagen einhergehen. Es sollten Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme mit Schwerpunkt auf den am stärksten vom grünen und vom digitalen Wandel betroffenen Branchen (wie Tourismus und Verkehr) ausgearbeitet werden. |
|
2.27. |
Der Strukturwandel muss auf sozial gerechte Weise durch inklusive Governance-Rahmen bewältigt werden, bei denen Teilhabe, sozialer und zivilgesellschaftlicher Dialog sowie Tarifverhandlungen im Vordergrund stehen. |
|
2.28. |
Es sollte eine Beobachtungsstelle für einen gerechten Übergang eingerichtet werden, die für Forschung und Datenerhebung zuständig ist und die organisierte Zivilgesellschaft in allen Phasen des Wandels einbezieht. |
|
2.29. |
Es sollte eine Initiative zur Telearbeit und zum Recht auf Nichterreichbarkeit vorgelegt werden. |
3. Eine neue Ära für die europäische Verteidigung und Sicherheit
Der EWSA spricht folgende Vorschläge/Forderungen aus:
|
3.1. |
Da strategischer Autonomie und Verteidigungsbereitschaft im neuen Sicherheitsumfeld große Bedeutung zukommt, sollte eine gemeinsame Verteidigungspolitik und ein umfassendes Konzept für die europäische Verteidigung eingeführt werden. Eine verstärkte gemeinsame Beschaffung und mehr Investitionen in die Verteidigungsindustrie der EU sind unerlässlich, ohne dass dies zu sehr auf Kosten sozialer Investitionen gehen darf. Gleichzeitig müssen soziale Faktoren, auch im Zusammenhang mit Tarifverhandlungen, berücksichtigt werden. |
|
3.2. |
Es sollte eine EU-weite Kommunikationskampagne ins Leben gerufen werden, um die europäische Öffentlichkeit dahingehend zu sensibilisieren und bei ihr um Unterstützung dafür zu werben, dass Frieden, Sicherheit, Wohlstand und die Werte Europas geschützt werden müssen und dass die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung hier einen wesentlichen Beitrag leistet. Nach Ansicht des EWSA hängt das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verteidigungsfähigkeit der EU auch davon ab, dass der Schutz der Grundrechte und der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen von den Menschen als Teil der Sicherheit verstanden wird. |
|
3.3. |
Die Klimadiplomatie sollte ausgebaut und insbesondere ein Netz für Klimadiplomatie der Zivilgesellschaft eingerichtet werden. Die internen Beratungsgruppen müssen gestärkt werden. |
|
3.4. |
Klimabedingte Migration sollte angegangen werden. |
|
3.5. |
Der Klimawandel als Bedrohung für die weltweite Sicherheit muss eingedämmt werden, indem Klimasicherheit in die Verteidigungsstrategien einbezogen und auf eine klimaresiliente Infrastruktur, eine nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung und die Mobilisierung neuer Technologien durch finanzielle Unterstützung für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel gesetzt wird. |
|
3.6. |
Die Zivilgesellschaft und der Privatsektor sollten als wichtige Partner bei der Förderung der Klima- und Wasserresilienz eingebunden werden. |
|
3.7. |
Es sollte dafür gesorgt werden, dass die Wasserresilienz in allen Politikbereichen der EU wie u. a. Industrie, Energie, Landwirtschaft und im Rahmen der generellen Krisenvorsorge in sämtlichen Bereichen unterstützt wird und ein Beitrag dazu geleistet wird, die Energieversorgungssicherheit und die Ernährungssicherheit mit den Klimazielen in Einklang zu bringen. |
4. Die Menschen unterstützen, unsere Gesellschaften und unser Sozialmodell stärken
Der EWSA spricht folgende Vorschläge/Forderungen aus:
|
4.1. |
Es sollte eine Strategie zur Armutsbekämpfung umgesetzt werden, die darauf abzielt, extreme Armut zu beseitigen sowie Wohnungs-, Energie- und Mobilitätsarmut zu bekämpfen. Darin muss auch der Zusammenhang zwischen anhaltender Armut und Ausgrenzung aus demokratischen Prozessen ausdrücklich berücksichtigt werden, damit Menschen, die Armut erfahren haben, in die politische Mitgestaltung und die Bürgerbeteiligung einbezogen werden und niemandem der Zugang zu essenziellen Energieressourcen verwehrt wird. |
|
4.2. |
Der Aktionsplan zur Säule sozialer Rechte sollte weiterverfolgt werden, u. a. mit einem Paket wirksamer Maßnahmen zur Unterstützung der Arbeitnehmer beim digitalen und beim grünen Wandel durch die Antizipation von Veränderungen und deren Bewältigung. Leitprinzipien sollten hierbei der soziale Dialog und Tarifverhandlungen sein. |
|
4.3. |
Die Krise der Lebenshaltungskosten muss wirksam angegangen werden, um zahlreiche Ziele der EU zu unterstützen: Gewährleistung eines gerechten grünen und digitalen Wandels, Abbau von Ungleichheiten im Hinblick auf Chancen und Ergebnisse sowie Sicherstellung gemeinsamen Wohlstands für alle Menschen in der gesamten EU. |
|
4.4. |
Die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter für die Zeit nach 2025 sollte mit dem Ziel weiterentwickelt werden, geschlechtsspezifische Gewalt zu beseitigen, das Geschlechtergefälle auf dem Arbeitsmarkt abzubauen, eine gleichberechtigte Teilhabe in verschiedenen Wirtschaftszweigen zu erreichen, dem geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälle entgegenzuwirken, geschlechtsbezogene Unterschiede in der Betreuung und Pflege zu beseitigen, ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in Entscheidungsprozessen und in der Politik zu erreichen und die bisher erzielten Fortschritte zu bewerten. |
|
4.5. |
Es muss anerkannt werden, dass ein gut funktionierender sozialer und zivilgesellschaftlicher Dialog auf allen Ebenen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Umsetzung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik spielt. |
|
4.6. |
Es sollte eine inklusive europäische Kompetenzagenda entwickelt und umgesetzt werden, die dem Fahrplan für hochwertige Arbeitsplätze Rechnung trägt und vorrangig auf digitale Kompetenzen, kritisches Denken und bereichsübergreifende Kompetenzen setzt, die für demokratisches Engagement, ethische Technologienutzung und fundierte Entscheidungsfindung unerlässlich sind. |
|
4.7. |
Im Hinblick auf eine schnellere und einfachere gegenseitige Anerkennung von Kompetenzen in der EU sollte die Initiative für die Portabilität von Kompetenzen rasch angenommen werden. |
|
4.8. |
Die demografischen Herausforderungen in ganz Europa müssen in Angriff genommen werden. Dabei sollte ein besonderer Schwerpunkt auf die Solidarität zwischen den Generationen und die Förderung von Reformen in den Mitgliedstaaten gelegt werden. |
|
4.9. |
Es muss ein sozialer Dialog über die Einführung von KI-Systemen stattfinden und hervorgehoben werden, dass bei allen Initiativen zur Anpassung des geltenden Rechts dem Schutz der Arbeitnehmerrechte Rechnung getragen und sichergestellt werden muss, dass der Mensch bei allen Interaktionen zwischen Mensch und Maschine die Kontrolle behält. |
|
4.10. |
Die Jugendgarantie und die Initiative ALMA sollten vollständig umgesetzt werden. Ferner ist eine Bewertung der Europäischen Garantie für Kinder angezeigt. |
|
4.11. |
Bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit unter Erwerbstätigen und schutzbedürftigen Gruppen sollte der Grundsatz „Housing First“ zur Priorität gemacht werden. |
|
4.12. |
Es sollte eine europäische Pflege- und Betreuungsgarantie, die auch Kinderbetreuung miteinschließt, mit dem Ziel umgesetzt werden, erschwingliche, zugängliche und hochwertige Gesundheits- und Pflegedienste für die Menschen in der EU sowie gute Rahmenbedingungen für die Pflege- und Betreuungsarbeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich bereitzustellen, um das geschlechtsspezifische Gefälle bei unbezahlten Betreuungs- und Pflegeaufgaben abzubauen und Frauen dabei zu unterstützen, erwerbstätig zu bleiben und sich auf ein solides Sicherheitsnetz verlassen zu können. |
5. Unsere Lebensqualität erhalten: Ernährungssicherheit, Wasser und Natur
Der EWSA spricht folgende Vorschläge/Forderungen aus:
|
5.1. |
Der Schwerpunkt sollte auf Anreize und eine gerechte und effiziente Umsetzung der internationalen Verpflichtungen der EU im Bereich der biologischen Vielfalt im Vorfeld der nächsten Vertragsstaatenkonferenz (COP 17) des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt gelegt werden. Hierzu könnte bspw. die Möglichkeit von Biodiversitätsgutschriften geprüft und sichergestellt werden, dass alle neuen Finanzinstrumente sozial und ökologisch nachhaltig sind. |
|
5.2. |
Es sollte für eine fairere Verteilung in der Lebensmittelkette, größere Gegenseitigkeit im Handel, Maßnahmen gegen Spekulationen, eine Einbeziehung junger Menschen und obligatorische Nachhaltigkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gesorgt werden. |
|
5.3. |
Sämtliche EU-Maßnahmen sollten über alle Bereiche hinweg, einschließlich Industrie, Energie, Landwirtschaft und Vorsorge im Allgemeinen einer resilienten Wasserversorgung zugutekommen, da dies für einen sozialen Ausgleich sorgt. Durch einen fehlenden Zugang zu sauberem Wasser verstetigen sich Ungleichheit, Ausgrenzung und Umweltungerechtigkeit, insbesondere in marginalisierten und vom Klimawandel betroffenen Bevölkerungsgruppen. |
|
5.4. |
Europaweit sollten Wiederaufforstungsprogramme gefördert werden. |
|
5.5. |
Es gilt, die europäische Strategie für eine resiliente Wasserversorgung, die auf dem Grundsatz des Menschenrechts auf Wasser beruht, bei der Umsetzung der Strategie der Union zur Krisenvorsorgeeinzubeziehen. |
6. Unsere Demokratie schützen und unsere Werte wahren
Der EWSA spricht folgende Vorschläge/Forderungen aus:
|
6.1. |
Die organisierte Zivilgesellschaft und die Sozialpartner sollten als Säulen der Demokratie und wichtige Akteure bei der Wahrung der europäischen Werte Menschenrechte, Solidarität und Rechtsstaatlichkeit anerkannt werden. |
|
6.2. |
Es sollte eine Strategie für die Zivilgesellschaft mit einem klaren Aktionsplan sowie Durchführungsmaßnahmen verabschiedet werden. |
|
6.3. |
Mithilfe des sozialen Dialogs, von Tarifverhandlungen und einer uneingeschränkten Umsetzung der Rechte der Arbeitnehmer auf Unterrichtung, Anhörung und Vertretung sollte die Demokratie am Arbeitsplatz gestärkt werden. Die EU-Institutionen sollten den sozialen Dialog und Tarifverhandlungen auf allen Ebenen angemessen unterstützen, um die Kapazitäten der Sozialpartner auszubauen und geeignete Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, darunter auch finanzielle Maßnahmen. Dies dient dem Ziel, die tarifvertragliche Abdeckung zu verbessern, insbesondere in Ländern und Regionen, in denen ihr Potenzial noch ungenutzt ist. |
|
6.4. |
Junge Menschen sollten als Triebkräfte für eine nachhaltigere Zukunft der EU gestärkt werden, indem ihnen Möglichkeiten für eine strukturierte Teilhabe geboten werden. |
|
6.5. |
Die generellen Anstrengungen zur Bekämpfung von Desinformation und Fehlinformationen mit potenziell nachteiligen Auswirkungen auf die Demokratie und die Sicherheit in der EU sollten fortgesetzt werden, indem der Aktionsplan gegen Desinformation vollständig umgesetzt wird. Es sollte ein Plan konzipiert werden, mit dem qualitativ hochwertige Informationen auf lokaler und regionaler Ebene gewährleistet und dem Europäischen Auswärtigen Dienst angemessene Ressourcen für die Bekämpfung und Kontrolle von Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland zur Verfügung gestellt werden. Zugleich sollten die Unabhängigkeit und die Handlungsfreiheit der Zivilgesellschaft und das Recht auf freie Meinungsäußerung gewahrt werden. |
7. Europa in der Welt: unseren Einfluss und unsere Partnerschaften nutzen
Der EWSA spricht folgende Vorschläge/Forderungen aus:
|
7.1. |
Eine gemeinsame EU-Verteidigungspolitik ist erforderlich, die im Einklang mit einer echten, vollwertigen gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik steht, die über den Rahmen der derzeitigen hinausgeht. |
|
7.2. |
Es muss größere strategische Autonomie erreicht werden, was einen koordinierten Ansatz erfordert, der die EU-Verteidigung mit der Außen-, Handels- und Industriepolitik der EU, Forschung und Innovation, vollständiger Interoperabilität zwischen den Mitgliedstaaten sowie einer gemeinsamen oder koordinierten Beschaffung von Verteidigungsgütern verbindet. Daneben ist ein Binnenmarkt für Verteidigungsgüter und -dienstleistungen erforderlich. |
|
7.3. |
Handelsabkommen sollten durch eine Diversifizierung der Einfuhren und die Schaffung von Marktchancen für europäische Unternehmen resilienter gemacht werden. Dies würde zu mehr Sicherheit und zum Abbau geopolitischer Risiken beitragen sowie die Durchsetzung von Sozial- und Umweltstandards fördern und am Weltmarkt im Sinne eines fairen Wettbewerbs für gleiche Bedingungen sorgen. |
|
7.4. |
Frieden, Sicherheit und Verteidigung, Recht im globalen Maßstab und weltweite Fortschritte sollten durch das Eintreten für die multilaterale Ordnung und deren Schutz gefördert werden. |
|
7.5. |
Es sollte eine Strategie ausgearbeitet werden, mit der das Engagement junger Menschen in den EU-Nachbarstaaten, einschließlich der Ukraine, Moldaus, des Westbalkans, Georgiens, Armeniens und der Region Europa-Mittelmeer, beim sozialen und zivilen Dialog gestärkt wird. |
8. Gemeinsam handeln und unsere Union auf die Zukunft vorbereiten
Der EWSA spricht folgende Vorschläge/Forderungen aus:
|
8.1. |
Der Erweiterungsprozess sollte sich weiterhin in Richtung Frieden, Wohlstand und Demokratie bewegen, und unter Einbeziehung der sozialen und zivilgesellschaftlichen Akteure auf unserem Kontinent sollte auch langfristig für Stabilität gesorgt werden. Dies sollte neben Moldau und dem Westbalkan vor allem die Ukraine umfassen, deren demokratische Resilienz auch nach dem Überfall durch Russland ein gutes Beispiel für die Verteidigung der europäischen Werte ist. |
|
8.2. |
Es sollte eine starke Investitionspolitik angestrebt werden, die auf die Spitzentechnologiebranchen, die Schaffung eines europäischen Energiemarktes mit erheblich niedrigeren Energiepreisen und die Umsetzung eines gerechten ökologischen und digitalen Wandels ausgerichtet ist. |
|
8.3. |
Es sollte ein Europäischer Fonds für strategische Investitionen eingerichtet werden, aus dem vor allem vorrangige europäische Projekte finanziert werden. Die im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2028-2034 für Investitionsprioritäten vorgesehenen Mittel sollten erheblich aufgestockt werden. Hierbei sind auch konsequente Sozialauflagen zu berücksichtigen. |
|
8.4. |
Die Aufbau- und Resilienzfazilität muss einer pragmatischen Bewertung unterzogen werden, damit sie ihre volle Wirksamkeit entfalten kann. |
|
8.5. |
Die Europäische Verteidigungsunion muss ausreichende Mittel erhalten, damit das Ziel erreicht wird, bis 2040 80 % der europäischen Haushaltsmittel, die für die Beschaffung von Verteidigungsgütern bestimmt sind, in Europa zu investieren. Zudem bedarf es neuer Finanzierungsinstrumente zur Förderung der technologischen Kapazität. |
|
8.6. |
Verteidigungsinvestitionen sollten mit soliden Aufsichtsmechanismen und einer transparenten Berichterstattung einhergehen, um der Rechenschaftspflicht Genüge zu tun und gleichzeitig legitime Sicherheitsinteressen zu wahren. Die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft sollten an der Überwachung der sozioökonomischen Auswirkungen der Innovationen im Verteidigungsbereich beteiligt werden. |
|
8.7. |
Es bedarf innovativer Verfahren des zivilen Dialogs, die auf die Interessen und Formen der Beteiligung junger Menschen abgestimmt sind. Der EU-Jugenddialog und der EU-Jugendtest sind gute Beispiele für partizipatorische Instrumente der Politikgestaltung, die Jugendvertreter in Konsultationen, Folgenabschätzungen und Minderungsmaßnahmen einbeziehen und die durchgängige Berücksichtigung junger Menschen auf institutioneller Ebene fördern. |
Brüssel, den 19. Juni 2025
Der Präsident
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Oliver RÖPKE
ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2025/4200/oj
ISSN 1977-088X (electronic edition)