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Amtsblatt
der Europäischen Union

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Serie C


C/2024/1980

18.3.2024

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — KMU-Entlastungspaket und BEFIT

(C/2024/1980)

Berichterstatterin:

Kate FEENEY (IE/Renew Europe), Mitglied des Grafschaftsrates von Dún Laoghaire-Rathdown

Referenzdokumente:

Mitteilung über das KMU-Entlastungspaket,

COM(2023) 535 final

Vorschlag für eine Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

COM(2023) 533 final

Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung eines hauptsitzbasierten Steuersystems für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen sowie zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU

COM(2023) 528 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Unternehmensbesteuerung in Europa (BEFIT)

COM(2023) 532 final

Vorschlag für eine Richtlinie über die Verrechnungspreisgestaltung

COM(2023) 529 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

Allgemeine Bemerkungen

1.

ist besorgt über das Ausmaß der geopolitischen und wettbewerbspolitischen Herausforderungen, vor denen die europäischen Unternehmen stehen, sowie über deren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Europas; teilt die Auffassung, dass KMU, die 99 % der Unternehmen in der EU ausmachen und für zwei Drittel der Arbeitsplätze in der EU sorgen, aufgrund der derzeitigen globalen wirtschaftlichen Unsicherheiten mit beispiellosen Schwierigkeiten wie Engpässen in den Lieferketten, Arbeits- und insbesondere Fachkräftemangel, unfairem Wettbewerb und steigendem Regulierungsdruck zu kämpfen haben, wodurch ihre wirtschaftlichen Aktivitäten weiter erschwert werden;

2.

stellt ferner fest, dass viele Herausforderungen für KMU seit Längerem bestehen und bereits vor der derzeitigen geopolitischen Krise und der COVID-19-Pandemie vorhanden waren; begrüßt daher das Bestreben der Europäischen Kommission, KMU in den Fokus zu nehmen; stellt jedoch fest, dass diese Unterstützung fortlaufend und eher proaktiv als reaktiv sein sollte;

3.

stimmt zu, dass die Bewältigung dieser Herausforderungen Teil der Industriestrategie der EU sein muss. Dabei sollte auf der Dynamik der Energieeffizienzrichtlinie, der Erneuerbare-Energien-Richtlinie III, der Energiebesteuerungsrichtlinie und des Chip-Gesetzes zur Schaffung der offenen strategischen Autonomie der Europäischen Union aufgebaut werden;

4.

erinnert daran, dass die Kommission eine Mitteilung zur wirtschaftlichen Sicherheit in Europa vorgelegt hat; weist darauf hin, dass der größere industriepolitische Rahmen der EU in den nationalen Reformprogrammen der Mitgliedstaaten und den Programmen der Regionen für intelligente Spezialisierung verankert sein sollte;

5.

begrüßt in diesem Zusammenhang die Mitteilung zum KMU-Entlastungspaket und die flankierenden Legislativvorschläge als ein lang erwartetes Legislativpaket zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit von KMU, die das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bilden;

6.

bedauert, dass das KMU-Entlastungspaket erst so spät in der politischen Mandatszeit veröffentlicht wurde und daher erst mit Verzögerung zur Bewältigung der kombinierten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine sowie der dadurch verursachten Energiekrise, Probleme in der globalen Lieferkette, steigenden Inflation usw. beitragen kann; Dies führt zu einer langsamen Erholung und einer geringeren Leistungsfähigkeit europäischer KMU;

7.

sieht in der laufenden Entwicklung ein Indiz für eine zunehmende Bedrohung der Gesellschaft durch multiple Krisen. Die Wirtschaft muss daher angepasst werden, um nachhaltig, robust und widerstandsfähig zu werden. Wir müssen uns auf eine neue Realität unsicherer geopolitischer Situationen, Pandemien und Wetterextreme vorbereiten. Zudem werden Anstrengungen erforderlich sein, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen, da laut dem IPCC-Bericht 2023 (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) die weltweiten Treibhausgasemissionen weiter ansteigen. Diese Herausforderungen werden die Bedingungen für wirtschaftliche Aktivitäten grundlegend verändern;

8.

teilt die Auffassung, dass das im KMU-Entlastungpaket enthaltene breite Spektrum an politischen Maßnahmen und Finanzierungsinstrumenten in enger Partnerschaft mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (LRG) umgesetzt werden muss, um das Unternehmertum und die Innovation vor Ort zu fördern und die Stärken und Ressourcen jeder Region wirksam einzusetzen;

9.

fordert die uneingeschränkte Anerkennung des Grundsatzes „Vorfahrt für KMU“ als für den gesamten Gesetzgebungszyklus der EU gültiges Paradigma, und hofft sehr, dass die Kommission und die Mitgesetzgeber diesen Grundsatz in ihrer Arbeit uneingeschränkt beherzigen werden; erinnert daran, dass der Grundsatz „Vorfahrt für KMU“ die seiner Ansicht nach für alle Politikbereiche der EU geltende Bedeutung der Nachhaltigkeit nicht untergraben sollte;

10.

begrüßt die Ernennung eines KMU-Beauftragten der EU, der direkt der Präsidentin der Europäischen Kommission unterstellt ist, wodurch die Rolle des Netzes der KMU-Beauftragten und der KMU-Filter gestärkt werden; fordert die Kommission zugleich auf, dafür zu sorgen, dass diese Funktion auch einen Mehrwert hat, um Überschneidungen mit den Arbeiten der GD GROW zu vermeiden; schlägt vor, stärkere Synergien zwischen dem Netz der KMU-Beauftragten und den einschlägigen territorialen Akteuren zu schaffen;

11.

fordert die Europäische Kommission auf, einen neuen Rahmen zur Unterscheidung von Start-ups und Scale-ups von anderen KMU zu erwägen und so die entscheidende Rolle dieser Unternehmenskategorie bei der Verwirklichung von Wirtschaftswachstum und der Förderung eines klimaneutralen Wachstums sowie ihren Beitrag zur Stärkung der industriellen Autonomie der EU anzuerkennen;

Regulatorische Entlastung und Digitalisierung

12.

stellt fest, dass Regulierungs- und Verwaltungsaufwand zu den von den KMU und den Branchenverbänden (1) systematisch beklagten Haupthindernissen gehören und begrüßt, dass das KMU-Entlastungspaket diesem Anliegen weitgehend gerecht wird; unterstreicht das Engagement des AdR für die Beseitigung von Belastungen und Hindernissen in einer grenzüberschreitenden Dimension im Rahmen der Arbeit seiner EVTZ-Plattform (Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit);

13.

räumt ein, dass die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals in einem zunehmend komplexen globalen Kontext einen vereinfachten Rechtsrahmen erfordert, um flexibel, agil, verhältnismäßig und den angestrebten Zielen entsprechend handeln zu können. Dies ist insbesondere für die am stärksten exponierten Wirtschaftsakteure wie Kleinstunternehmen und Familienunternehmen von entscheidender Bedeutung;

14.

nimmt die Zusage der Kommission zur Kenntnis, dass KMU-Tests, KMU-Filter und Check-ups der Wettbewerbsfähigkeit bei der EU-Politikgestaltung zur Norm werden sollen; betont, dass die Europäische Kommission in Bezug auf KMU-Tests sicherstellen sollte, dass ihre Direktionen mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet sind und über die organisatorischen Kapazitäten verfügen, um hochwertige KMU-Tests durchzuführen. Der KMU-Test sollte bei der Ausarbeitung aller Legislativentwürfe und nicht nur bei Wirtschaftsthemen durchgeführt werden. Dabei sind auch die kumulativen Auswirkungen und der Kaskadeneffekt von Rechtsvorschriften zu berücksichtigen. Der Test sollte über das gesamte Gesetzgebungsverfahren hinweg aktualisiert werden. Ähnliche Mechanismen sind auf der Ebene der Mitgliedstaaten erforderlich. Dabei sollte die Rolle der LRG bei der Umsetzung des EU-Rechts anerkannt werden, ohne den Rechtsvorschriften weitere Anforderungen hinzuzufügen;

15.

fordert die Kommission auf, bezüglich des KMU-Tests dafür zu sorgen, dass bei den Folgenabschätzungen zwischen verschiedenen Größenklassen von KMU (Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen) unterschieden wird, um die Auswirkungen der einzelnen Initiativen unter engerer Einbeziehung der KMU-Interessenträger detaillierter und gezielter zu bewerten;

16.

fordert eine stärkere Rolle des AdR in der Plattform „Fit for the Future“ auf der Grundlage der Arbeit seines RegHub-Netzes. Es gilt, die zwischen KMU-Tests und territorialen Folgenabschätzungen bestehenden Synergien zu nutzen, da die überwiegende Mehrheit der KMU auf lokalen Märkten tätig ist;

17.

fordert, dass das RegHub-Netz des AdR in die EU-Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands einbezogen wird, und appelliert an die Behörden aller Ebenen, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ähnliche Rationalisierungsbemühungen zu unternehmen;

18.

begrüßt die Zusage der Kommission, den sich aus den EU-Rechtsvorschriften ergebenden Meldeaufwand um 25 % zu verringern; schlägt vor, dieses Ziel am besten durch die Umsetzung des Konzepts der aktiven Subsidiarität und im Rahmen einer engen Partnerschaft mit Wirtschaftsverbänden und Handelskammern zu erreichen;

19.

ist davon überzeugt, dass die Digitalisierung erhebliche Potenziale für die Beseitigung von Hindernissen und die Reduzierung des Meldeaufwands für KMU birgt; unterstützt uneingeschränkt die Einführung europäischer digitaler Innovationszentren in der gesamten EU und ist der Ansicht, dass das einheitliche digitale Zugangstor und das „Once Only Technical System (OOTS)“ bei richtiger Entwicklung und Implementierung weitere Möglichkeiten in diesem Bereich eröffnen können; betont jedoch, dass KMU über diese neuen Instrumente und ihre Funktionen informiert werden müssen, was am besten auf lokaler und regionaler Ebene geschehen kann;

20.

weist darauf hin, dass viele LRG bereits über bewährte Verfahren zur regulatorischen Entlastung und zur Verringerung des Meldeaufwands für KMU verfügen, die auf Rückmeldungen von KMU und lokalen Interessenträgern beruhen. Der AdR verfügt als Vertreter der Regionen und Kommunen in der EU über die Expertise, solche Beispiele zu sammeln und ihre Verbreitung zu fördern;

21.

begrüßt den Vorschlag der Kommission, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und dem Rat die Auswirkungen der vorgeschlagenen wesentlichen Änderungen der Legislativvorschläge der Kommission auf KMU und Wettbewerbsfähigkeit vor Ort zu bewerten; schlägt vor, dabei die entsprechenden Berichterstatter des AdR einzubeziehen, da sie aufgrund ihrer Nähe zu KMU auf lokaler Ebene hierfür wertvolle Beiträge leisten können;

22.

betont, dass die europäischen KMU von einer stärkeren Verknüpfung zwischen der Digitalisierung und der Agenda für bessere Rechtsetzung im öffentlichen Sektor profitieren würden. Dafür sollten die jüngsten Arbeiten des RegHub-Netzes zum öffentlichen Auftragswesen und zu den nationalen Interoperabilitätsstrategien in der EU genutzt und lokale und regionale Akteure in die Suche nach innovativen Regulierungslösungen einbezogen werden;

23.

betont, dass die Regionen und Städte der EU für neue Ideen offen sind und territorialen Reallaboren Raum bieten könnten, um innovationsfreundlichere Regeln und Vorschriften in einem begrenzten Umfeld zu testen und dann über bewährte Verfahren zu informieren. Der AdR ist bereits dabei, solche Projekte zu erfassen, die europäische KMU z. B. im Bereich künstlicher Intelligenz (KI) zukunftsfähig machen können. Je nach Anwendung versetzen KI-Lösungen die Unternehmen in die Lage, Prozesse zu beschleunigen oder Arbeitsabläufe effizienter und damit kostengünstiger zu gestalten. Sie könnten es für die Unternehmen aber einfacher und kostengünstiger machen, Kontakt zu den Behörden aufzunehmen und die Rechts- und Verwaltungsvorschriften einzuhalten. Ideen dieser Art sollten in größerem Maßstab in allen Städten und Regionen der EU umgesetzt werden;

24.

stellt fest, dass der digitale Wandel im und für den KMU-Sektor IT-Systeme erfordert, die auf dem neuesten Stand sind, das Vertrauen des Sektors genießen und ein Höchstmaß an Cybersicherheit bieten;

25.

ist der Auffassung, dass sich die Bemühungen zur Vereinfachung und Verringerung der Vorschriften und zur Förderung der Digitalisierung auf das einheitliche digitale Zugangstor der EU stützen sollten;

Investitionen und Zugang zu Finanzmitteln

26.

gibt zu bedenken, dass die meisten europäischen KMU in den Übergang ihres Unternehmens zur Nachhaltigkeit investieren, aber im Allgemeinen Schwierigkeiten haben, dafür Finanzmittel zu erhalten und die damit verbundenen Meldepflichten zu erfüllen;

27.

schlägt vor, angesichts der maßgeblichen Rolle der Bankenfinanzierung, der begrenzt verfügbaren Subventionen und der geringen Bedeutung der Kapitalmärkte für KMU die Fähigkeit der Banken zur Nachhaltigkeitsfinanzierung und zur Bereitstellung anderer, für den Erfolg von KMU erforderlicher Finanzierungen durch Anreize und vereinfachte Regulierung erheblich zu steigern. Dabei gilt es, das langfristige Ziel der finanziellen Eigenständigkeit der Unternehmen nicht aus den Augen zu verlieren;

28.

vertraut auf starke regionale Ökosysteme, die dank des internationalen Wissensaustauschs zwischen KMU und Regionalregierungen sowie durch interregionale Innovationsinvestitionen auf europäischer Ebene eng verknüpft sind;

29.

unterstützt die im Rahmen der neuen Innovationsagenda der EU entwickelten Instrumente, z. B. die regionalen Innovationsräume (Regional Innovation Valleys), und fordert insbesondere die Europäischen Unternehmerregionen (EER) auf, die damit verbundenen Finanzierungs- und Kooperationsmöglichkeiten zu nutzen;

30.

fordert engere Synergien zwischen dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), InvestEU und den Programmen Digitales Europa und Horizont, um insbesondere die Zusammenarbeit zwischen KMU, Hochschulen, Technologiezentren, europäischen digitalen Innovationszentren (EDIH) und anderen Forschungs- und Innovationseinrichtungen zu vertiefen;

31.

weist darauf hin, dass die Unterstützung von KMU im Rahmen der Kohäsionspolitik wichtig bleibt, insbesondere vor dem Hintergrund von Versorgungsengpässen, hohen Energiepreisen und Inflation. Mehr als 23 Mrd. EUR aus Mitteln der Kohäsionspolitik sollen für die Unterstützung von KMU beim Wachstum und bei der Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ausgegeben werden. Daher ist es von größter Bedeutung, die operationellen Programme in den Regionen der EU so bald wie möglich umzusetzen und unnötige Mittelübertragungen auf andere EU-Programme zu vermeiden;

32.

begrüßt zwar die Bemühungen der Kommission zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, unter anderem durch die Plattform für Strategische Technologien für Europa (Strategic Technologies for Europe Platform, STEP), die darauf abzielt, Investitionen in strategische Technologien, die für die Wettbewerbsfähigkeit und strategische Autonomie Europas von entscheidender Bedeutung sind, zu bündeln; bekräftigt indes seine in der jüngsten Stellungnahme des AdR zur Überarbeitung des MFR 2021–2027 zum Ausdruck gebrachte Ablehnung einer Schwerpunktverlagerung bei den Kohäsionsmitteln auf Großunternehmen in Übergangsregionen sowie auf stärker entwickelte Regionen von Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-BIP unter dem EU-Durchschnitt, wie dies im STEP-Vorschlag vorgesehen ist;

33.

hebt die vielversprechende Rolle von Risikokapitalfonds und Crowdfunding bei der Verbesserung des Zugangs von KMU zu Finanzmitteln hervor; fordert, diese Mittel als wirksame Instrumente zur Förderung von Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Europa stärker anzuerkennen und zu unterstützen;

34.

vertritt die Auffassung, dass verschiedene Arten von EU-Unterstützung gut miteinander kombiniert werden können, um die Schlüsselbereiche der STEP zu stärken. Hingegen ist eine Erhöhung der Kofinanzierung von STEP-Prioritäten auf 100 % abzulehnen. Wenn keine Beiträge zur Kofinanzierung gefordert werden, besteht die Gefahr, dass die langfristige Tragfähigkeit der Projekte verloren geht;

35.

nimmt den seit Langem erwarteten Legislativvorschlag zur Bekämpfung von Zahlungsverzug zur Kenntnis, der mit der 2020 vorgelegten AdR-Stellungnahme zur KMU-Strategie im Einklang steht; erkennt die Gründe für die Einführung strenger und einheitlicher Zahlungsvorschriften für alle Unternehmen in der gesamten EU an, ist jedoch der Ansicht, dass bei den vorgeschlagenen Bestimmungen nicht zwischen Zahlungsverzug und langen Zahlungsfristen unterschieden wird;

36.

ist der Ansicht, dass dies die Vertragsfreiheit von KMU beeinträchtigen wird. Insbesondere die Festlegung einer einheitlichen maximalen Zahlungsfrist von 30 Tagen in den Beziehungen zwischen Unternehmen würde ihre Freiheit einschränken, als private Wirtschaftsunternehmen andere Zahlungsbedingungen zu vereinbaren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Großunternehmen und KMU in unterschiedlichem Maße von Krediten und dem Finanzsektor abhängig sind;

37.

nimmt ferner die Bedenken einiger Branchen und einiger Arten von KMU zur Kenntnis, die der Ansicht sind, dass dies negative Auswirkungen insbesondere auf den — in eher ländlich geprägten Gebieten vorherrschenden — Einzelhandel haben könnte; schlägt vor, diese Vorschriften schrittweise einzuführen;

38.

vertritt die Auffassung, dass die Erhebung quantitativer Daten und die Überwachung des Zahlungsverhaltens durch die EU-Beobachtungsstelle für den Zahlungsverkehr im Hinblick auf künftige Maßnahmen nützlich sein werden;

39.

fordert die Behörden aller Ebenen in den EU-Mitgliedstaaten auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und eine Kultur der fristgerechten Zahlung bei öffentlichen Aufträgen zu fördern und die Zahlungspraktiken der verschiedenen Bereiche der öffentlichen Verwaltung daran auszurichten. Dazu gehört, soweit wie möglich sicherzustellen, dass die Zahlungen für komplexere Projekte, die von öffentlichen Auftragnehmern und ihren Unterauftragnehmern durchgeführt werden, wie Bauleistungen, Verkehr, EDV-Leistungen usw., rechtzeitig erfolgen, wenngleich sich dies möglicherweise der Kontrolle des öffentlichen Auftraggebers entziehen mag;

Kompetenzen für den grünen und den digitalen Wandel

40.

verweist auf eine aktuelle Eurobarometer-Umfrage (2), in der KMU den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und seine Folgen als mit am Abstand größtes Problem identifizierten. Häufig verfügen sie nicht über die gleichen Ressourcen wie Großunternehmen, um solche Arbeitnehmer anwerben bzw. in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten investieren zu können. Daher sollte der Qualifizierung und Umschulung von Arbeitnehmern in KMU — insbesondere im Rahmen des Jahres der Kompetenzen 2023 — große Aufmerksamkeit gewidmet werden;

41.

erkennt an, dass KMU derzeit, im Europäischen Jahr der Kompetenzen, auf unterschiedliche Kompetenzen und Talente angewiesen sind, um Unternehmergeist zur Förderung von Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum zu entwickeln. Die LRG sind in der Lage, die Gebiete und insbesondere abgelegene und ländliche Regionen dabei zu unterstützen, die richtigen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen zu schaffen, damit junge Menschen in diesen Gebieten bleiben;

42.

betont, dass die Schlüsselkompetenzen für den grünen und den digitalen Wandel der europäischen Industrie den KMU am besten durch regionale Partnerschaften, Netzwerke und Cluster vermittelt werden können; verweist auf den wichtigen Beitrag der Partnerschaften im Rahmen des Kompetenzpakts, der zahlreiche erfolgreiche territoriale Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung hervorgebracht haben;

43.

betont, dass die LRG an der Realisierung geplanter klimaneutraler Zonen (Net-Zero Valleys) und Industrieallianzen beteiligt werden müssen;

44.

begrüßt in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines EU-Talentpools und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, eine interinstitutionelle Partnerschaft mit den LRG und dem AdR aufzubauen. Es muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen mit den richtigen Kompetenzen auf die richtigen Arbeitsplätze kommen;

45.

fordert eine schnellere und effizientere Anerkennung der Berufsqualifikationen von Drittstaatsangehörigen, unter anderem durch Partnerschaften zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission mit Drittländern, um Fortschritte bei den Personaleinstellungen und der passgenauen Stellenbesetzung zu erzielen;

46.

fordert, KMU in Branchen mit akutem Arbeitskräftemangel wie Gastgewerbe und Einzelhandel in Partnerschaft mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (LRG) rasch und gezielt zu unterstützen. Ziel ist eine umfassende Ausbildung von zugewanderten Arbeitskräften und Flüchtlingen, wozu auch Programme zur Vermittlung von Sprache und Kultur gehören;

47.

weist darauf hin, wie wichtig es ist, Berufsbildungsinitiativen zu unterstützen, die neue Kompetenzen fördern und die Rolle der LRG beim Aufbau von Partnerschaften auf lokaler Ebene mit Unternehmensverbänden anerkennen; stellt fest, dass viele Regionen diesbezüglich erfolgreiche Initiativen durchführen;

48.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission nachdrücklich auf, die übergeordnete Bedeutung des Mentoring als wesentlichen Baustein für den Schritt von der Ausbildung in eine Beschäftigung und der Stärkung von Fähigkeiten, Selbstvertrauen und Motivation, vor allem im Zusammenhang mit KMU, anzuerkennen;

Steuerwesen

49.

ist der Auffassung, dass es sich bei BEFIT um einen komplexen und detaillierten Vorschlag mit erheblichen Auswirkungen auf die Regierungen und Unternehmen handelt. betont, dass die Priorität der EU derzeit auf der Umsetzung der Richtlinie des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen in der Union („Richtlinie zu Säule 2“) liegt; erkennt an, dass Regierungen und andere Interessenträger Zeit benötigen werden, um die Auswirkungen der Richtlinie zu Säule 2 zu bewerten, und dass die potenziellen Wechselwirkungen zwischen dieser Richtlinie und dem BEFIT-Vorschlag sorgfältig geprüft und analysiert werden müssen;

50.

betont, dass bei der Verrechnungspreisrichtlinie sichergestellt werden muss, dass sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht und nicht das Risiko von Divergenzen und vermehrten Streitigkeiten mit Drittländern birgt, damit Streitigkeiten über Verrechnungspreise vermieden und die Befolgungskosten für Unternehmen verringert werden können;

51.

ist der Auffassung, dass der Erfolgsfaktor eines hauptsitzbasierten Steuersystems darin besteht, Unternehmen für die Regelung zu gewinnen. Dafür muss die Regelung eine echte Vereinfachung und eine Kostensenkung für die Einhaltung der Steuervorschriften ermöglichen;

52.

ist der Ansicht, dass insbesondere Kleinunternehmen von den im Vorschlag für die Richtlinie über ein hauptsitzbasiertes Steuersystem festgelegten neuen Steuervorschriften auf ihren Märkten erheblich profitieren könnten. Davon könnten Anreize für ihr Wachstum und ihre Expansion auf dem EU-Binnenmarkt (ohne unnötigen Aufwand zur Einhaltung der Steuervorschriften) ausgehen; betont, dass der potenzielle Nutzen für KMU in einem angemessenen Verhältnis zum Verwaltungsaufwand und zu den Umsetzungskosten für die Steuerverwaltungen in der EU stehen muss.

Brüssel, den 31. Januar 2024

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  https://www.smeunited.eu/news/smes-require-rules-that-reach-objectives-not-add-red-tape.

https://www.eurochambres.eu/wp-content/uploads/2022/11/EES-2023-Euochambres-Economic-Survey-Report.pdf.

https://www.businesseurope.eu/policies/smes-and-entrepreneurship/reducing-regulatory-burdens-smes.

(2)  Eurobarometer-Studie zum Thema „KMU und Fachkräftemangel“, November 2023: https://europa.eu/eurobarometer/surveys/detail/2961.


ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/1980/oj

ISSN 1977-088X (electronic edition)