ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 132

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

66. Jahrgang
14. April 2023


Inhalt

Seite

 

 

EUROPÄISCHES PARLAMENT
SITZUNGSPERIODE 2022-2023
Sitzungen vom 3. bis 6. Oktober 2022
ANGENOMMENE TEXTE

1


 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIEßUNGEN

 

Europäisches Parlament

 

Dienstag, 4. Oktober 2022

2023/C 132/01

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem weiteren Vorgehen in den Bemühungen um eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Aquakultur in der EU (2021/2189(INI))

2

2023/C 132/02

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 über die Auswirkungen neuer Technologien auf die Besteuerung von Kryptowerten und der Blockchain-Technologie (2021/2201(INI))

15

2023/C 132/03

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zum Zentrum AccessibleEU zur Unterstützung der Strategien für die Barrierefreiheit im Binnenmarkt der EU (2022/2013(INI))

23

 

Mittwoch, 5. Oktober 2022

2023/C 132/04

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zur Lage von Roma-Gemeinschaften, die in Siedlungen in der EU leben (2022/2662(RSP))

29

2023/C 132/05

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zu den strategischen Zielen der Europäischen Union für die 19. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES) vom 14. bis 25. November 2022 in Panama (2022/2681(RSP))

41

2023/C 132/06

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zu dem Zugang zu Wasser als Menschenrecht — die externe Dimension (2021/2187(INI))

54

2023/C 132/07

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zur Reaktion der EU auf die steigenden Energiepreise in Europa (2022/2830(RSP))

65

 

Donnerstag, 6. Oktober 2022

2023/C 132/08

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zur Menschenrechtslage in Haiti insbesondere in Bezug auf Bandengewalt (2022/2856(RSP))

74

2023/C 132/09

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zur massiven Beschneidung der Medienfreiheit in Myanmar, insbesondere den Fällen von Htet Htet Khine, Sithu Aung Myint und Nyein Nyein Aye (2022/2857(RSP))

79

2023/C 132/10

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu der jüngsten humanitären und Menschenrechtskrise in Tigray (Äthiopien), insbesondere bei Kindern (2022/2858(RSP))

84

2023/C 132/11

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zum Tod von Mahsa Dschina Amini und zur Unterdrückung der Demonstranten für Frauenrechte im Iran (2022/2849(RSP))

89

2023/C 132/12

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu Russlands Eskalation seines Angriffskriegs gegen die Ukraine (2022/2851(RSP))

94

2023/C 132/13

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zum Ergebnis der Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans für Handel und nachhaltige Entwicklung durch die Kommission (2022/2692(RSP))

99

2023/C 132/14

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu dem Thema Ein Ansatz der EU für das Weltraumverkehrsmanagement — ein Beitrag der EU zur Bewältigung einer globalen Herausforderung (2022/2641(RSP))

103

2023/C 132/15

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu neuen Impulsen für eine gestärkte Meerespolitik und die Erhaltung der biologischen Vielfalt (2022/2836(RSP))

106

 

EMPFEHLUNGEN

 

Europäisches Parlament

 

Mittwoch, 5. Oktober 2022

2023/C 132/16

Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission / Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu der strategischen Beziehung und Partnerschaft der EU mit dem Horn von Afrika (2021/2206(INI))

115


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Europäisches Parlament

 

Dienstag, 4. Oktober 2022

2023/C 132/17

P9_TA(2022)0332
Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (COM(2020)0726 — C9-0366/2020 — 2020/0320(COD))
P9_TC1-COD(2020)0320
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten

130

2023/C 132/18

P9_TA(2022)0333
Schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU (COM(2020)0727 — C9-0367/2020 — 2020/0322(COD))
P9_TC1-COD(2020)0322
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU

132

2023/C 132/19

P9_TA(2022)0336
Bewirtschaftungs-, Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Zuständigkeitsbereich der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Bewirtschaftungs-, Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Zuständigkeitsbereich der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1936/2001, (EG) Nr. 1984/2003 und (EG) Nr. 520/2007 des Rates (COM(2021)0113 — C9-0095/2021 — 2021/0058(COD))
P9_TC1-COD(2021)0058
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Bewirtschaftungs-, Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Zuständigkeitsbereich der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1936/2001, (EG) Nr. 1984/2003 und (EG) Nr. 520/2007 des Rates

133

2023/C 132/20

P9_TA(2022)0337
Flexible Unterstützung für Gebiete (FAST-CARE) ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 und der Verordnung (EU) 2021/1060 im Hinblick auf zusätzliche Flexibilität zur Bewältigung der Folgen des militärischen Angriffs durch die Russische Föderation: FAST — CARE (Flexible Assistance for Territories — Flexible Unterstützung für Gebiete) (COM(2022)0325 — C9-0218/2022 — 2022/0208(COD))
P9_TC1-COD(2022)0208
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) 2021/1060 im Hinblick auf zusätzliche Flexibilität zur Bewältigung der Folgen des militärischen Angriffs durch die Russische Föderation FAST — CARE (Flexible Assistance for Territories — Flexible Unterstützung für Gebiete)

134

2023/C 132/21

P9_TA(2022)0338
Richtlinie über Funkanlagen: einheitliches Ladegerät für Elektronikgeräte ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/53/EU über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt (COM(2021)0547 — C9-0366/2021 — 2021/0291(COD))
P9_TC1-COD(2021)0291
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/53/EU über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt

135

2023/C 132/22

P9_TA(2022)0340
Single-Window der EU für den Zoll ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Single-Window-Umgebung der Europäischen Union für den Zoll und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (COM(2020)0673 — C9-0338/2020 — 2020/0306(COD))
P9_TC1-COD(2020)0306
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Single-Window-Umgebung der Europäischen Union für den Zoll und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013

136

2023/C 132/23

P9_TA(2022)0341
Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1165/2008, (EG) Nr. 543/2009 und (EG) Nr. 1185/2009 und der Richtlinie 96/16/EG des Rates (COM(2021)0037 — C9-0009/2021 — 2021/0020(COD))
P9_TC1-COD(2021)0020
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 617/2008 der Kommission sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1165/2008, (EG) Nr. 543/2009 und (EG) Nr. 1185/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinie 96/16/EG des Rates

137

2023/C 132/24

P9_TA(2022)0342
Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 über persistente organische Schadstoffe ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe (COM(2021)0656 — C9-0396/2021 — 2021/0340(COD))
P9_TC1-COD(2021)0340
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 über persistente organische Schadstoffe

139

 

Donnerstag, 6. Oktober 2022

2023/C 132/25

P9_TA(2022)0348
Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Gemeinschaft: vorübergehende Entlastung ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates hinsichtlich der vorübergehenden Entlastung von den Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Gemeinschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie (COM(2022)0334 — C9-0225/2022 — 2022/0214(COD))
P9_TC1-COD(2022)0214
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates hinsichtlich der vorübergehenden Entlastung von den Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Union aufgrund einer epidemiologischen Lage oder einer militärischen Aggression

141


Erklärung der benutzten Zeichen

*

Anhörungsverfahren

***

Zustimmungsverfahren

***I

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (erste Lesung)

***II

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (zweite Lesung)

***III

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (dritte Lesung)

(Die Angabe des Verfahrens beruht auf der im Entwurf eines Rechtsakts vorgeschlagenen Rechtsgrundlage.)

Änderungsanträge des Parlaments:

Neue Textteile sind durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet. Auf Textteile, die entfallen, wird mit dem Symbol ▌hingewiesen oder diese Textteile erscheinen durchgestrichen. Textänderungen werden gekennzeichnet, indem der neue Text in Fett- und Kursivdruck steht und der bisherige Text gelöscht oder durchgestrichen wird.

DE

 


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/1


EUROPÄISCHES PARLAMENT

SITZUNGSPERIODE 2022-2023

Sitzungen vom 3. bis 6. Oktober 2022

ANGENOMMENE TEXTE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIEßUNGEN

Europäisches Parlament

Dienstag, 4. Oktober 2022

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/2


P9_TA(2022)0334

Weiteres Vorgehen in den Bemühungen um eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Aquakultur in der EU

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem weiteren Vorgehen in den Bemühungen um eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Aquakultur in der EU (2021/2189(INI))

(2023/C 132/01)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. Mai 2021 über strategische Leitlinien für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU für den Zeitraum 2021-2030 (COM(2021)0236),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. März 2021 über einen Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion (COM(2021)0141),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „,Vom Hof auf den Tisch“ — eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381) und auf die Entschließung des Parlaments vom 20. Oktober 2021 (1) zu dieser Strategie,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380) und auf die Entschließung des Parlaments vom 9. Juni 2021 (2) zu dieser Strategie,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640) und die Entschließung des Parlaments vom 15. Januar 2020 (3) zu diesem Thema,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (4),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 über den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1004 (5),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (6),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (7) („Vogelschutzrichtlinie“),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates vom 24. September 2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung (8),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen (9),

unter Hinweis auf die Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere (10),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 22. September 2021 zu den strategischen Leitlinien für die nachhaltige Entwicklung der Aquakultur in der EU,

unter Hinweis auf den Entwurf einer Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 1.–3. Dezember 2021 zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft und Aquakultur,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 17. Dezember 2015 zur Zukunft der europäischen Aquakultur,

unter Hinweis auf die „2030 Strategy for sustainable fisheries and aquaculture in the Mediterranean and the Black Sea“ (Strategie 2030 für nachhaltige Fischerei und Aquakultur im Mittelmeer und im Schwarzen Meer) der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO),

unter Hinweis auf die Zwischenbewertung der offenen Koordinierungsmethode in der Aquakultur in der EU (11),

unter Hinweis auf die Eurobarometer-Sonderumfrage 515 aus dem Jahr 2021 zu den Verbrauchergewohnheiten bei Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen,

unter Hinweis auf die vom Fischereiausschuss (PECH) angeforderte Studie mit dem Titel „Impacts of the COVID-19 pandemic on EU fisheries and aquaculture“ (Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Fischerei und die Aquakultur in der EU), die am 7. Juli 2021 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juni 2018 zu dem aktuellen Stand und den künftigen Herausforderungen bei der Entwicklung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen Aquakulturbranche (12),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Dezember 2008 zur Erstellung eines Europäischen Kormoran-Managementplans zur Reduzierung der zunehmenden Schäden durch Kormorane für Fischbestände, Fischerei und Aquakultur (13),

gestützt auf die Artikel 3, 4, 38 und 43 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses (A9-0215/2022),

A.

in der Erwägung, dass in der Gemeinsamen Fischereipolitik festgestellt wird, dass die Aquakultur dazu beitragen sollte, das Potenzial zur Erzeugung von Nahrungsmitteln unionsweit auf einer nachhaltigen Grundlage zu erhalten, um den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern so langfristig Ernährungssicherheit, einschließlich Nahrungsmittelversorgung sowie Wachstum und Beschäftigung, zu bieten und die wachsende weltweite Nachfrage nach Lebensmitteln aus Wassertieren decken zu können; in der Erwägung, dass die Gemeinsame Fischereipolitik den Anforderungen an die Tiergesundheit, das Tierwohl und die Lebens- und Futtermittelsicherheit in vollem Umfang Rechnung tragen sollte; in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, den Verwaltungsaufwand zu verringern und das Unionsrecht effizienter umzusetzen, damit den Bedürfnissen der Interessenträger besser Rechnung getragen wird;

B.

in der Erwägung, dass der Meeresfrüchtesektor und der Aquakultursektor in der EU in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht eine wichtige und wertvolle Rolle spielen und dazu beitragen, die Lebensqualität in den Küstenregionen, im Landesinneren und in den Gebieten in äußerster Randlage der EU zu verbessern;

C.

in der Erwägung, dass diese Industriezweige in vielen Küsten-, Fluss-, Insel-, Binnen- und Lagunenregionen für die Ernährungssicherheit und die Sicherung des Lebensunterhalts von grundlegender Bedeutung sind;

D.

in der Erwägung, dass im Rahmen des europäischen Grünen Deals, der Biodiversitätsstrategie und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ darauf abgezielt wird, bis 2050 ein klimaneutrales Europa zu erreichen und die Lebensmittelsysteme in der gesamten Union fair, gesund und umweltfreundlich zu gestalten; in der Erwägung, dass Aquakultur gesunde Lebensmittel mit geringeren Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt liefern kann als die nichtaquatische, bodengebundene Landwirtschaft;

E.

in der Erwägung, dass in der Erklärung der FAO für nachhaltige Fischerei und Aquakultur anerkannt wird, dass die Aquakultur in den letzten fünf Jahrzehnten die weltweit am schnellsten wachsende Nahrungsmittelbranche war, dass sie für die Verdoppelung des weltweiten Fischkonsums pro Kopf seit 1960 verantwortlich ist und dass sie in zunehmendem Maße Nahrungsmittel und Lebensunterhalt für eine wachsende Bevölkerung bereitstellt;

F.

in der Erwägung, dass im Rahmen der strategischen Leitlinien der EU für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU, der Erklärung von Schanghai mit dem Titel „Aquaculture for food and sustainable development“ (Aquakultur für Ernährung und nachhaltige Entwicklung) der FAO vom September 2021 und des Gesundheitskodexes für Wassertiere der Weltorganisation für Tiergesundheit aus dem Jahr 2021 die Ziele für das Tierwohl in der Aquakultur festgelegt werden, um Erzeuger und Verbraucher zu unterstützen;

G.

in der Erwägung, dass die Aquakulturerzeugung in der EU den jüngsten Zahlen zufolge (2018) nur 1,15 % der weltweiten Erzeugung ausmacht (14);

H.

in der Erwägung, dass die Gründung oder Erweiterung eines Aquakulturbetriebs in der EU verschiedene Lizenzen und Genehmigungen erfordert und im Allgemeinen ein langwieriges, komplexes Verfahren ist, bei dem es mitunter an Rechtssicherheit und wirtschaftlicher Planbarkeit mangelt; in der Erwägung, dass durch diese Lage die Entwicklung der Branche beeinträchtigt wird, indem Unternehmen von Investitionen abgehalten, übermäßige Kosten für die Branche verursacht und gleichzeitig Einfuhren aus Drittländern gefördert werden;

I.

in der Erwägung, dass aus dem FAO-Bericht 2020 über den weltweiten Zustand der Fischerei und der Aquakultur hervorgeht, dass der Anteil der Frauen an den Beschäftigten in der Aquakultur insgesamt (19 %) höher ist als in der Fischerei (12 %) und dass Frauen insgesamt eine entscheidende Rolle in der Wertschöpfungskette der Fischerei und der Aquakultur spielen und sowohl in der allgemeinen kommerziellen als auch in der handwerklichen Fischerei tätig sind; in der Erwägung, dass in der Aquakultur in der EU im Allgemeinen mehr als 74 000 Menschen in mehr als 12 000 Unternehmen unmittelbar beschäftigt sind (15);

J.

in der Erwägung, dass jedes vierte in Europa konsumierte Meereserzeugnis aus der Aquakultur stammt; in der Erwägung, dass zwischen 2018 und 2019 der sichtbare Pro-Kopf-Verbrauch landwirtschaftlicher Erzeugnisse um 2 % gestiegen ist; in der Erwägung, dass die EU im Jahr 2019 einen Selbstversorgungsgrad von 41,2 % bei Fisch und Meereserzeugnissen aufwies und dass lediglich 10 % der in der EU konsumierten Meeresfrüchte aus der EU-Aquakultur stammen, was weniger als 2 % der weltweiten Erzeugung ausmacht;

K.

in der Erwägung, dass sich fast 70 % der Aquakulturerzeugung in der EU auf vier Mitgliedstaaten (Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland) konzentrieren, wobei Muscheln, Forellen, Meerbrassen, Austern, Wolfsbarsche, Karpfen und Venusmuscheln den überwiegenden Teil der Erzeugung ausmachen; in der Erwägung, dass in Bezug auf die Erzeugerländer und die gezüchteten Arten nach wie vor ein großes Potenzial für weiteres Wachstum und weitere Diversifizierung besteht;

L.

in der Erwägung, dass 2021 zwar fast zwei Drittel der Europäer mindestens einmal im Monat Fischerei- oder Aquakulturerzeugnisse zu Hause verzehrten, dies jedoch im Vergleich zu 2018 eine rückläufige Tendenz darstellt; in der Erwägung, dass die Verbraucher im Jahr 2021 hinsichtlich ihrer Vorliebe für Wild- oder Zuchterzeugnisse geteilter Meinung waren, wobei etwa ein Drittel der Verbraucher Wilderzeugnisse und ein Drittel der Verbraucher Zuchterzeugnisse bevorzugte und ein ähnlicher Anteil keine Präferenz hatte;

M.

in der Erwägung, dass einige erste Schätzungen auf einen Rückgang des Verkaufsvolumens um 17 % und des Gesamteinkommens um 18 % hindeuten, wobei die Auswirkungen auf den Meeresfrüchtesektor besonders schwerwiegend sind;

N.

in der Erwägung, dass die Meeresfrüchteerzeugung in der EU hauptsächlich aus Weichtieren, insbesondere Muscheln, Austern und Venusmuscheln, besteht und dass es sich dabei im Allgemeinen um eine traditionelle, arbeitsintensive und familienbetriebene Aquakulturtätigkeit handelt, die vollständig in die lokale Landschaft integriert ist;

O.

in der Erwägung, dass in der „2030 Strategy for sustainable fisheries and aquaculture in the Mediterranean and the Black Sea“ (Strategie 2030 für nachhaltige Fischerei und Aquakultur im Mittelmeer und im Schwarzen Meer) der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer angegeben wird, dass die Aquakulturerzeugung die Nachfrage befriedigen, nachhaltig wachsen, aus Innovation, Digitalisierung und dem Austausch von Wissen Nutzen ziehen und ihre Attraktivität für Investitionen stärken muss; in der Erwägung, dass in der Strategie ferner festgestellt wird, dass die Überwachung und Verringerung des ökologischen Fußabdrucks der Branche, der Umgang mit dem Klimawandel und der Umweltverschmutzung sowie die Wahrung der Tiergesundheit und des Tierwohls für die Verwirklichung der Nachhaltigkeit von entscheidender Bedeutung sind;

P.

in der Erwägung, dass aus dem Wirtschaftsbericht 2020 des Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei über die EU-Aquakulturbranche hervorgeht, dass nahezu 80 % aller Aquakulturunternehmen in der EU Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten sind;

Q.

in der Erwägung, dass das Fazit der Zwischenbewertung der offenen Koordinierungsmethode lautete, dass die Mitgliedstaaten größere Anstrengungen unternehmen sollten, um die Aquakulturbranche in der EU auszubauen, indem ihre Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit verbessert und insbesondere der Zugang zu Raum und Wasser sowie ein transparenter und effizienter Rechts- und Verwaltungsrahmen sichergestellt werden;

R.

in der Erwägung, dass die Entwicklung der Aquakultur in den Gebieten in äußerster Randlage trotz des Potenzials der Branche nach wie vor einen erheblichen Rückstand aufweist;

S.

in der Erwägung, dass aus dem Bericht der Europäischen Marktbeobachtungsstelle für Fischmehl und Fischöl in den Bereichen Fischerei und Aquakultur vom September 2021 hervorgeht, dass der größte Teil des Fischmehls in der Aquakultur in Asien als Futtermittel verbraucht wird und dass im Jahr 2019 34 % des Fischmehls in China, 35 % in anderen asiatischen Ländern und 9 % des Fischmehls in Europa verwendet wurden; in der Erwägung, dass 20 Millionen Tonnen Wildfisch für andere Futterzwecke als für die menschliche Ernährung gefangen werden; in der Erwägung, dass auf den weltweiten Märkten für Tierfutter ein zunehmender Wettbewerb zwischen Aquakulturproduzenten und Viehzüchtern um Fischmehl herrscht; in der Erwägung, dass durch die höheren Futtermittelpreise das Erfordernis der Weiterentwicklung alternativer Futtermittel und der Verbesserung der Futterverwertung erhöht wird, um die Rentabilität hochwertiger Aquakulturerzeugnisse sicherzustellen;

T.

in der Erwägung, dass aus dem Fachbeitrag der FAO über Fischerei und Aquakultur vom 19. Februar 2019 mit dem Titel „A third assessment of global marine fisheries discards“ (Eine dritte Bewertung der weltweiten Rückwürfe der Meeresfischerei) hervorgeht, dass sich die Rückwürfe auf insgesamt 9,1 Mio. Tonnen belaufen, was 10,8 % der jährlichen durchschnittlichen Fangmenge zwischen 2010 und 2014 entspricht;

U.

in der Erwägung, dass aus dem Bericht der Europäischen Marktbeobachtungsstelle für Fischerei und Aquakultur vom Mai 2017 über die ökologische Aquakultur in der EU hervorgeht, dass die ökologische Aquakulturerzeugung in einigen Mitgliedstaaten erheblich zunimmt, während sich andere Mitgliedstaaten noch in der Anfangsphase der Entwicklung dieser Erzeugungsverfahren befinden;

V.

in der Erwägung, dass Aquakultur gegenüber extremen Wetterereignissen in Flussbetten und Küstengebieten besonders empfindlich ist, die aufgrund der globalen Erwärmung immer häufiger vorkommen, einschließlich Dürren, Stürmen und Wellen, die schwere Schäden an der Aquakulturinfrastruktur sowie bei den gezüchteten Arten verursachen;

W.

in der Erwägung, dass im Rahmen der Richtlinie 2014/89/EU zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung gefordert wird, dass alle Küstenmitgliedstaaten der Kommission „so rasch wie möglich, jedoch spätestens bis zum 31. März 2021“ nationale Raumordnungspläne vorlegen;

X.

in der Erwägung, dass die Gebiete in äußerster Randlage in besonderem Maße instabilen Klimabedingungen und extremen Wetterereignissen ausgesetzt sind, was das Potenzial der Branche in diesen Gebieten gefährden kann;

Y.

in der Erwägung, dass die Kormoranpopulation stark zugenommen hat; in der Erwägung, dass durch diese Zunahme vielen marinen Branchen, einschließlich der Aquakultur, schweren Schaden zugefügt wird;

Z.

in der Erwägung, dass das Parlament in seiner vor 13 Jahren angenommenen Entschließung zur Erstellung eines Europäischen Kormoran-Managementplans zur Reduzierung der zunehmenden Schäden durch Kormorane für Fischbestände, Fischerei und Aquakultur mehrere mögliche Maßnahmen zur Lösung der Probleme, die Kormorane nach wie vor verursachen, vorgeschlagen hat;

AA.

in der Erwägung, dass in seiner Entschließung mit dem Titel „Aktueller Stand und die künftigen Herausforderungen bei der Entwicklung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen Aquakulturbranche“ neben vielen anderen Maßnahmen hervorgehoben wird, wie wichtig es ist, die zunehmenden Auswirkungen von Kormoranen auf die Aquakultur auf ein Minimum zu begrenzen;

AB.

in der Erwägung, dass Betreibern von Aquakulturen und Fischereien ein finanzieller Ausgleich für Verluste zur Verfügung steht, die durch die Interaktion von Kormoranen mit der Fischerei entstehen;

AC.

in der Erwägung, dass die gesamte Aquakulturbranche in Europa die Last der steigenden Strom- und Gaskosten tragen muss, wobei die Aussichten aufgrund der steigenden Produktionskosten und der Unsicherheit bei der Vermarktung, die auch durch die COVID-19-Pandemie verursacht wird, noch schlechter sind;

AD.

in der Erwägung, dass die großen Erzeuger von Fisch und Fischerzeugnissen in der Nachbarschaft der EU planen, bis zum Jahr 2030 ihre Aquakulturerzeugung gegenüber dem Stand des Jahres 2020 zu verdoppeln, wodurch sich der Druck auf die Erzeugung in der EU noch verstärken könnte;

AE.

in der Erwägung, dass nicht in allen Mitgliedstaaten das Potenzial zur Entwicklung der Aquakultur oder ihre möglichen sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen ausreichend berücksichtigt werden;

AF.

in der Erwägung, dass der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Fischereierzeugnissen in der EU sehr stark schwankt und zwischen etwa 6 kg und 60 kg liegt; in der Erwägung, dass die Nachfrage nach Aquakulturerzeugnissen in der EU daher in absehbarer Zukunft steigen könnte;

AG.

in der Erwägung, dass es für viele Unternehmen schwierig ist, ihren Marktanteil sowohl im Inland als auch im Ausland zu halten;

AH.

in der Erwägung, dass nach den jüngsten Daten von Eurostat und der FAO im Jahr 2019 rund 76 % des in der EU verzehrten Fischs aus Wildfang und 24 % aus Zuchtbetrieben stammten;

AI.

in der Erwägung, dass von insgesamt 1 382 Erzeugnissen mit geschützter geografischer Angabe (g. g. A.) lediglich 62 Erzeugnisse mit g. g. A. in der Klasse 1.7 (Fisch, Muscheln und Schalentiere, frisch und Erzeugnisse daraus) registriert sind; in der Erwägung, dass für 14 weitere Erzeugnisse dieser Klasse das Verfahren für die Erlangung der Bezeichnung „geschützte geografische Angabe“ eingeleitet wurde; in der Erwägung, dass im Register der garantiert traditionellen Spezialitäten in dieser Klasse lediglich vier derartige Lebensmittel eingetragen sind; in der Erwägung, dass es sich bei einem Teil der erfolgreichen Registrierungen um Aquakulturerzeugnisse handelt;

AJ.

in der Erwägung, dass im Rahmen der EU-Fischereifonds (des Europäischen Fischereifonds (EFF), des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) und des Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF)) die Aquakulturbranche in der EU finanziell unterstützt wurde;

AK.

in der Erwägung, dass aus Aquakulturbetrieben entflohene Fische genetische Veränderungen in Wildpopulationen verursachen können;

Der Beitrag der Aquakultur zum europäischen Grünen Deal

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission über strategische Leitlinien für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU für den Zeitraum 2021-2030; ist der Ansicht, dass diese Leitlinien für den Zweck der Förderung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen EU-Aquakultur mit einem langfristigen Fokus auf der Nachhaltigkeit der Aquakulturbranche und ihrem Beitrag zum europäischen Grünen Deal umfassend, solide und geeignet sind; bedauert jedoch, dass sie zu stark auf Umweltaspekte ausgerichtet und nicht ehrgeizig genug sind, als dass mit ihnen eine nachhaltige Erzeugung und die Entwicklung einer wirklich florierenden und wettbewerbsfähigen Aquakulturbranche in der EU gefördert werden könnte; hält es für wichtig, im Rahmen der Leitlinien quantitative Ziele für das Wachstum dieser Branche festzulegen, genauso wie in der Biodiversitätsstrategie, der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und anderen Strategien im Zusammenhang mit dem Grünen Deal Umweltziele vorgegeben werden; fordert die Mitgliedstaaten und den Beirat für Aquakultur nachdrücklich auf, die in den Leitlinien empfohlenen Maßnahmen umzusetzen; fordert die Kommission auf, die Einhaltung dieser Empfehlungen regelmäßig zu überwachen und das Parlament auf dem Laufenden zu halten;

2.

hebt den Stellenwert einer ordnungsgemäßen und koordinierten Umsetzung der Leitlinien durch die Mitgliedstaaten hervor, damit ihre Zielsetzungen erreicht werden; verweist auf die Bedeutung der Rolle der Kommission bei der Unterstützung und Koordinierung der Umsetzung in den Mitgliedstaaten, damit für gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Aquakulturbetreiber in der EU gesorgt ist; bestärkt die Kommission darin, die Umsetzung dieser Leitlinien und anderer Rechtsakte, die die Aquakultur betreffen, — z. B. der Verordnung über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen (16) — unablässig zu verfolgen und bei Bedarf Änderungen zu dieser Verordnung und möglicherweise anderen Texten vorzuschlagen, mit denen gegen Hindernisse für die Verwirklichung der EU-Ziele im Bereich der ökologischen/biologischen Produktion, wie sie beispielsweise in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ dargelegt sind, vorgegangen wird;

3.

betont das Potenzial der Beiträge der Aquakulturbranche zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals, und hebt hervor, dass es notwendig ist, die langfristige Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit der Branche, insbesondere in Anbetracht der COVID-19-Krise, sicherzustellen; vertritt die Auffassung, dass das unerschlossene Potenzial in der Aquakulturbranche als potenziell wichtiger und noch größerer Teil der Kreislaufwirtschaft und als eine Branche, die einen Nettobeitrag zur Umwandlung von überschüssigen Nährstoffen in zusätzliches hochwertiges Eiweiß leistet, beim Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem in Europa ausgeschöpft werden muss;

4.

betont, dass die Aquakultur in der EU zwar hohe Standards in Bezug auf Produktqualität und Tiergesundheit erfüllt, dass jedoch noch Spielraum für Verbesserungen in Bezug auf Diversifizierung, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltleistung besteht; weist darauf hin, dass Aquakultur mit geringen Auswirkungen (z. B. Aquakultur mit niedrigem Trophiegrad, multitrophische und ökologische/biologische Aquakultur) und Umweltdienstleistungen aus der Aquakultur, sofern sie weiterentwickelt werden, erheblich zum europäischen Grünen Deal, zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft beitragen können (17);

5.

weist darauf hin, dass davon ausgegangen wird, dass Aquakultur zur Nahrungsmittelversorgung und Ernährungssicherheit beitragen wird, indem die Angebotslücke bei Fisch wieder ausgeglichen wird, da 70 % aller in der EU konsumierten Lebensmittel aus Wassertieren eingeführt werden, was ein jährliches Handelsbilanzdefizit von 21 Mrd. EUR (im Jahr 2019) verursacht; ist der Auffassung, dass die Aquakultur ein beträchtliches Entwicklungs- und Wachstumspotenzial aufweist, das innerhalb der ökologischen Grenzen verbessert werden muss, sodass sie nachhaltige und qualitative Lebensmittel liefern, die Abhängigkeit Europas von Einfuhren von Lebensmitteln aus Wassertieren verringern und mehr Arbeitsplätze und andere sozioökonomische Möglichkeiten schaffen kann, insbesondere in Küstenregionen, aber auch in ländlichen Gebieten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen soliden, zuverlässigen, vorhersehbaren, optimierten und unternehmensfreundlichen Rechtsrahmen bereitzustellen und von den verfügbaren finanziellen Ressourcen des EMFAF in vollem Umfang Gebrauch zu machen, da es sich hierbei um das eigens für die Ziele der Fischerei- und Aquakulturbewirtschaftung der EU vorgesehene Finanzierungsinstrument handelt; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität ausreichende Mittel bereitzustellen, um die Innovation, Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit der Aquakulturbranche der EU zu unterstützen;

6.

hebt hervor, dass die Aquakultur als gesellschaftliches Erfordernis entwickelt wurde, um für eine konstante Versorgung mit frischen Lebensmitteln aus Wassertieren in Saisons und Regionen zu sorgen, in denen die Fischerei diese nicht liefern konnte, und somit eine der wichtigsten Aufgaben für die Gesellschaft erfüllt, darunter gehört die Bereitstellung gesunder, frischer Lebensmittel vor allem für den lokalen oder regionalen Markt; betont daher, dass die Ausweitung der Aquakultur in Europa eng mit traditionellen kulturellen Verfahren zusammenhängt, die mehr oder weniger spezifisch für ihren jeweiligen Teil des Kontinents sind;

7.

weist darauf hin, wie wichtig genaue Daten und Statistiken für Aquakulturerzeugnisse, insbesondere in Bezug auf Verbrauch sowie Ein- und Ausfuhren, sind, damit die Ziele und Zielvorgaben, die für die Branche gesetzt werden, erreicht werden; fordert, dass in diesem Zusammenhang mehr Daten zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht werden;

8.

weist darauf hin, dass das Ungleichgewicht im Außenhandel mit in der Union produzierten Aquakulturerzeugnissen weder wirtschaftlich (wegen des damit einhergehenden Handelsdefizits) noch sozial (aufgrund der mangelnden Ausschöpfung des Beschäftigungspotenzials) hinnehmbar ist;

9.

betont, dass Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele im Rahmen des europäischen Grünen Deals mit der Sicherstellung der Ernährungssicherheit in Drittländern in Einklang gebracht werden müssen;

10.

befürwortet die Einrichtung des neuen EU-Mechanismus zur Unterstützung der Aquakultur als innovatives Instrument, mit dem die Kommission, die Mitgliedstaaten, die regionalen Gebietskörperschaften, die Branche und andere Interessenträger dabei unterstützt werden sollen, weitere Leitlinien auszuarbeiten und bewährte Verfahren zu verschiedenen einschlägigen Bereichen zu konsolidieren; vertritt die Ansicht, dass alle einschlägigen Interessenträger, einschließlich des Parlaments, und insbesondere alle Mitglieder des Beirats für Aquakultur gemäß Artikel 11 EUV, in dem die partizipative Demokratie als grundlegender demokratischer Grundsatz anerkannt wird, an der Ausarbeitung dieses Mechanismus beteiligt werden sollten; fordert zu einem zielführenden Dialog mit der Zivilgesellschaft auf;

11.

hebt hervor, dass das Wachstumspotenzial der EU-Aquakulturbranche auf nachhaltige Weise weiterentwickelt werden muss, wobei alle drei Säulen der Nachhaltigkeit — die wirtschaftliche, soziale und ökologische Säule — zu berücksichtigen sind; weist darauf hin, dass eine attraktive und marktorientierte Branche, auch für neue Fischzüchter, mit einem Rechtsrahmen notwendig ist, um Unternehmensinvestitionen anzuziehen, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen und aufrechtzuerhalten und die Umwelt zu schützen, indem nachhaltige Futtermittelquellen verwendet und die Wassergesundheit, das Tierwohl und die Biosicherheit verbessert werden, der Einsatz antimikrobieller Mittel in Übereinstimmung mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen verringert wird und verantwortbare und umsichtige Verfahren im Einklang mit der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ gefördert werden;

12.

ist der Ansicht, dass die Aquakulturbranche dazu in der Lage ist, beständig einen Beitrag zu Ökosystemleistungen für die Gesellschaft zu leisten, und dass die Teichaquakultur sowie die Algen- und Muschelzucht zur Dekarbonisierung der Volkswirtschaft in der EU und zur Eindämmung des Klimawandels beitragen können; betont jedoch, dass die Kohlenstoffbindung durch die Algen- und Muschelzucht je nach Erzeugungsverfahren und Verwendungszweck zum Zeitpunkt der Ernte des Erzeugnisses begrenzt ist; unterstützt die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Klimawandel, betont jedoch, dass eine gemeinsame Methodologie erforderlich ist, um den CO2-Fußabdruck einzelner Aquakulturbetriebe zu messen, und fordert eine Folgenabschätzung für alle vorgeschlagenen Maßnahmen, einschließlich ihrer Auswirkungen auf einzelne Bereiche der Aquakultur; fordert die Mitgliedstaaten auf, gegebenenfalls effiziente kurze Lieferketten zu fördern, um so einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten;

13.

ist der Auffassung, dass umfangreiche Investitionen durch Eindämmungs- und Anpassungsmaßnahmen erforderlich sind, um die Auswirkungen von Katastrophen und extremen Wetterereignissen auf die Bereiche Fischerei und Aquakultur zu verhindern und zu verringern, um produktive und widerstandsfähige aquatische Ökosysteme zu stärken und die Vorteile für die Verbraucher und das Tierwohl aufrechtzuerhalten;

14.

weist darauf hin, dass bei der Umsetzung der strategischen Leitlinien den Kleinst- und Kleinunternehmen der Aquakulturbranche und ihren besonderen Bedürfnissen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

15.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, durch die Bereitstellung technischer und finanzieller Mittel die Einrichtung von Berufsausbildungskursen zu unterstützen, die für die Aquakulturbranche geeignet sind, um junge Menschen anzuziehen und den in der Fischereiindustrie Beschäftigten eine Umschulung zu ermöglichen und so zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Küsten- und Inselregionen beizutragen, die traditionell stärker von der Fischerei abhängig sind;

16.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, umweltfreundliche Aquakultur wie etwa ökologische/biologische Aquakulturbetriebe, Aquakulturbetriebe in einem geschlossenen System, Algen-, Muschel- und Teichfischzuchtanlagen sowie integrierte multitrophische und aquaponische Aquakultursysteme zu ermöglichen, zu fördern und angemessen zu unterstützen;

17.

ist der Ansicht, dass die Entwicklung von Aquaponik-Systemen unterstützt werden sollte, d. h. von geschlossenen Produktionssystemen an Land, die die Aquakulturerzeugung mit der pflanzlichen Erzeugung in Einklang bringen, wobei letztere die organischen Stoffe im Wasser verbrauchen und so die Auswirkungen der Verschmutzung durch überschüssige organische Stoffe verringern;

18.

vertritt die Auffassung, dass die Süßwasseraquakultur in vielen ländlichen Regionen Europas von besonderer Bedeutung ist und damit nicht nur hochwertige Nahrungsmittel erzeugt und für Beschäftigung gesorgt wird, sondern auch interessante Ökosystemleistungen erbracht werden; fordert die Kommission auf, die Verwendung des Begriffs „Lebensmittel aus Wassertieren“ zu verallgemeinern, der als Begriff mehr umfasst und inklusiver ist und die Betreiber von Süßwasser-Aquakulturanlagen nicht ausschließt;

19.

weist darauf hin, dass insbesondere für die Süßwasseraquakultur Raubtiere und Dürren eine Herausforderung darstellen, die sich in der Quantität, Größe und Qualität von Zuchtfischen niederschlägt und sich letztlich negativ auf die Rentabilität der Branche auswirkt;

20.

erklärt erneut, dass in der EU ein System zur Lebensmittelrückverfolgung erforderlich ist, mit dem die Nachhaltigkeit der Aquakulturbranche verbessert und auf die Verbrauchernachfrage reagiert werden kann, indem Informationen darüber bereitgestellt werden, wo, wann, wie und welche Fische oder aquatischen Erzeugnisse gezüchtet wurden, in erster Linie, um die Lebensmittelsicherheit zu verbessern, aber auch um Kontrollen in der gesamten Kette sowohl von EU-Erzeugnissen als auch Einfuhren von Ländern außerhalb der EU zu ermöglichen und Betrug zu bekämpfen; ist der Ansicht, dass an diesem System alle Akteure in der Wertschöpfungskette beteiligt werden sollten, sodass sie mithilfe von digitalen Systemen, künstlicher Intelligenz und anderen technologischen Innovationen miteinander zusammenarbeiten können;

21.

hebt den Wert hervor, den die europäischen Verbraucher den Qualitätsbezeichnungen, einschließlich der Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben, beimessen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Verwendung bei Erzeugnissen aus der Aquakultur zu fördern, die die erforderlichen Eigenschaften und Voraussetzungen im Sinne der EU-Qualitätsverordnung aufweisen, etwa die geschützte Ursprungsbezeichnung Mexillón de Galicia g. U.;

22.

begrüßt die Absicht der Kommission, umweltfreundliche Geschäftsmodelle wie die Kohlenstoffbindung zu unterstützen, damit die Lieferketten nachhaltiger gestaltet werden; betont in diesem Zusammenhang, dass bestimmte Aquakulturmethoden wie die Muschel- oder Austernzucht und die Teichpolykultur im Kontext der EU-Klimaschutzbestimmungen ein erfolgreiches Modell für künftige Emissionsgutschriftsysteme sein können; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Art von grünem Geschäft im Licht der Ziele der Strategie zu unterstützen;

23.

hält es für äußerst wichtig, evidenzbasierte Standards und Interventionen anzuwenden, um das Fischwohl bei der Zucht, dem Transport und der Schlachtung zu verbessern, einschließlich der Bewahrung der Wasserqualität innerhalb der für das Wohlergehen und die Umwelt relevanten Grenzen, um die Häufigkeit und Verbreitung von Krankheiten zu verringern und dadurch die Notwendigkeit des Einsatzes von Antibiotika weiter zu verringern, die in jedem Fall weiter verringert werden sollte; fordert, dass den Fütterungsmethoden besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, um den Gehalt an organischen Stoffen zu kontrollieren, sei es in offenen oder geschlossenen Kreisläufen, mit dem Ziel, gute Umweltpraktiken aufrechtzuerhalten und zu verbessern; betont, dass die Zuchtmethoden im Einklang mit den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zur Verfügung stehen, weiter verbessert werden sollten, um ein Tierwohl zu erzielen, das dazu beiträgt, die Zielsetzungen in Bezug auf Umweltauswirkungen, die Widerstandsfähigkeit gegen Klimaänderungen und die Optimierung des Ressourcenverbrauchs zu verbessern;

24.

weist erneut darauf hin, dass mehrere Empfehlungen zum Tierschutz naturgemäß nicht für die Fischerei und die Aquakultur gelten;

25.

fordert die Mitgliedstaaten auf, weiterhin Anreize für die Förderung der Algenzucht zu setzen und die Anwendung und Entwicklung von Algen als Lebens- und Futtermittel zu fördern, indem u. a. leichtere Zulassungsverfahren ermöglicht werden, ohne die anderen in der Aquakultur gezüchteten Arten zu vernachlässigen; hebt hervor, dass es in der Algenzucht noch ungenutztes Potenzial für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Bereitstellung von Ökosystemleistungen und umweltfreundlicheren Lebens- und Futtermitteln gibt; ist der Ansicht, dass eine bessere Bewirtschaftung von Algenpopulationen in gewissem Maße ein wirksamer Weg sein könnte, um zusätzlich zur Algenzucht die Bekämpfung der Eutrophierung zu unterstützen und überschüssigen Stickstoff und Phosphor aus dem Wasser zu entfernen, was auch für überschüssigen Kohlenstoff gilt, wenn die Algen im Wasser verbleiben und sich am Grund ablagern; begrüßt die Absicht der Kommission, eine konkrete Initiative zur Unterstützung des Algenkonsums in der EU vorzulegen; weist darauf hin, dass ein besserer Schutz der Algenpopulationen Ökosystemleistungen erbringen, als Kohlenstoffsenke fungieren und zur Verbesserung der biologischen Vielfalt beitragen kann;

26.

begrüßt die Rolle der Frauen in den Wertschöpfungsketten der Aquakultur und fordert daher mit Nachdruck, dass ihnen menschenwürdige Arbeitsbedingungen sichergestellt werden und die Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit geachtet wird; ist ferner der Ansicht, dass ihre Sichtbarkeit und Vertretung in den Entscheidungsstrukturen und -prozessen verstärkt werden sollten;

Die größten Hindernisse für die Aquakultur in der Union und mögliche Lösungen

27.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Haupthindernisse, die der Entfaltung des Potenzials der Branche entgegenstehen, bei den nationalen Plänen für die nachhaltige Entwicklung der Aquakultur berücksichtigt werden, und anzuerkennen, dass der Aquakultur durch eine angemessene Raumplanung Raum zugewiesen werden muss; hebt den Stellenwert eines transparenten und partizipativen Mechanismus im Einklang mit der Richtlinie 2014/89/EU für die maritime Raumplanung hervor, damit allen Interessenträgern auf gerechte Art und Weise Raum zugewiesen wird, auch in Bezug auf bestehende und neue Fanggründe, Aquakulturanlagen und geschützte Meeresgebiete sowie Fischereisperrgebiete; bedauert, dass einige Mitgliedstaaten der Kommission ihre nationalen maritimen Raumordnungspläne trotz der in der Richtlinie festgelegten Frist noch nicht vorgelegt haben, und fordert sie nachdrücklich auf, ihre Pläne möglichst umgehend vorzulegen;

28.

unterstützt das Ziel der Kommission, Werbekampagnen einzuleiten, um den Verbrauch von EU-Aquakulturerzeugnissen zu fördern, die Aquakultur in der EU hervorzuheben und ihre nachhaltige Entwicklung weiter zu unterstützen; betont in diesem Zusammenhang, dass umfassende und leicht zugängliche Verbraucherinformationen benötigt werden, unter anderem über gesunde Ernährung, Umweltvorteile und andere Nachhaltigkeitsparameter wie Klimaauswirkungen;

29.

ist der Auffassung, dass Aquakulturanlagen, die in offenen Gewässern geplant und errichtet werden, nicht mit Fischereizonen zusammenfallen oder in Konflikt geraten sollten; ist ferner der Ansicht, dass das Fischereiwesen und seine Akteure und Vertreter umfassend in dieses Verfahren einbezogen werden sollten;

30.

weist darauf hin, dass die Aquakulturproduktion in der EU im Hinblick auf die Mitgliedstaaten und die Zuchtarten nach wie vor sehr begrenzt ist und dass ein erhebliches Potenzial für eine Diversifizierung besteht;

31.

betont, dass die Raumplanung eines der wichtigsten Instrumente ist, mit denen die Voraussetzungen für die langfristige Entwicklung der Aquakultur geschaffen werden, und dass geeignete Standorte für die Aquakulturplanung unter Berücksichtigung anderer Tätigkeiten in dem Gebiet sichergestellt werden sollten;

32.

betont, dass für die Entwicklung der Aquakultur ein solider, zuverlässiger, klarer und aus Verwaltungsperspektive einfacher Rechtsrahmen für die Nutzung von Raum und Lizenzen erforderlich ist, durch den Vertrauen und Sicherheit für Investitionen in die Branche geschaffen werden; hebt hervor, dass die Raumplanung zu einem effektiveren und flexibleren Plan führen sollte, bei dem die sich ständig verändernde Meeres- und Süßwasserumwelt berücksichtigt wird, innerhalb derer Aquakultur betrieben wird, und dass eine allzu restriktive Zoneneinteilung abschreckend auf Investitionen und Entwicklung wirken kann;

33.

hebt die Bedeutung von Rechtssicherheit und Planbarkeit von Investitionen für das nachhaltige Wachstum der Aquakulturbranche in der EU hervor; betont, dass alle Maßnahmen der verschiedenen Behörden in den Mitgliedstaaten zur Vereinfachung der Fristen und Verwaltungsformalitäten beitragen müssen, damit die öffentlichen Stellen ihren Verpflichtungen nachkommen, rechtzeitig Entscheidungen treffen und unnötige Verzögerungen bei den Genehmigungs- und Vergabeverfahren vermeiden; lehnt eine rückwirkende Verkürzung oder Verlängerung der Laufzeit von Konzessionen ab und fordert die Mitgliedstaaten auf, das Vertrauen und die berechtigten Erwartungen der Konzessionäre zu schützen;

34.

weist darauf hin, dass die derzeitige bürokratische Komplexität und Verzögerungen bei der Lizenzvergabe und der Planung mit zusätzlichen Kosten für potenzielle Investoren einhergehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für klare und transparente Genehmigungsverfahren zu sorgen, um Anreize für Investoren zu schaffen;

35.

betont, dass die offene Methode der Koordinierung weiter umgesetzt werden sollte, um eine Koordinierung mit nationalen, regionalen und lokalen Behörden zu erreichen, die über Zuständigkeiten in der Aquakulturbranche verfügen; ist der Auffassung, dass diese Koordinierung für die Anpassung der nationalen Rechtsvorschriften und die Bereitstellung von Leitlinien für den regulatorischen Rahmen, der für die Branche gilt, notwendig ist; fordert die Kommission auf, die länderspezifischen Empfehlungen zu veröffentlichen, die sie zur Entwicklung der Aquakultur in der EU an die Mitgliedstaaten richtet;

36.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für eine bessere Koordinierung der geteilten Zuständigkeiten der EU und die Koordinierung zwischen nationalen, regionalen und lokalen Behörden zu sorgen;

37.

hebt die Bedeutung nachhaltiger Futtermittelbestandteile für die Aquakultur in der Union hervor; vertritt die Ansicht, dass Aquakultur die Angebotslücke bei Fisch nur schließen kann, wenn alle gezüchteten Arten einen Nettozuwachs an Fischprotein bieten, das heißt, dass für die Aquakultur nicht mehr Wildfisch aus den Meeren und anderen Gewässern für den Futtermittelbedarf entnommen wird, als sie selbst erzeugt; betont, dass weltweit ein großer Teil des zur Herstellung von Fischmehl und -öl verwendeten Fischs in den ausschließlichen Wirtschaftszonen von Entwicklungsländern gefangen wird; hält es für wichtig, dass ökologisch nachhaltiges Eiweiß und Öl von Meerestieren in Form von Nebenprodukten und Abfällen, andere Proteine und innovative Lösungen wie z. B. Insektenmehl und Mikroalgen, die zur Fütterung verwendet werden, gefördert werden und Eiweiß und Öl von Meerestieren teilweise durch Alternativen ersetzt werden, die nicht von Meerestieren stammen und nachhaltig erzeugt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Forschung und Innovation zu investieren, um den Übergang zu nachhaltigen und neuen Proteinquellen zu fördern, und fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob diesbezüglich legislative Änderungen erforderlich sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, nachhaltige Verfahren zu fördern und den Prozentsatz unabhängig zertifizierten Fischmehls und -öls an den Futtermitteln zu erhöhen, wobei die Zertifizierung durch vertrauenswürdige und unabhängige ökologische und soziale Zertifizierungssysteme erfolgt, bei denen Bewertungskriterien niedriger trophischer Stufe sowie der Verhaltenskodex der FAO verwendet werden;

38.

nimmt zur Kenntnis, dass es derzeit nicht möglich ist, die Aquakultur mit ausreichend Fischmehl und -öl zu versorgen, das lediglich aus Abfällen und Nebenprodukten der Fischereiwirtschaft stammt, teilweise aufgrund der gestiegenen Nachfrage auf dem Markt für Fischmehl; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für eine nachhaltige Erzeugung von Fischmehl und -öl zu sorgen und sich gemeinsam vermehrt um Forschung und Innovation zu bemühen, um das Problem der gestiegenen Nachfrage auf dem Markt für Fischmehl durch die Entwicklung nachhaltiger Alternativen zu lösen;

39.

ist besorgt über die wachsende Zahl von Fischmehl- und Fischölfabriken entlang der westafrikanischen Küste, die hauptsächlich von chinesischen Unternehmen betrieben werden und deren nicht nachhaltige Produktion existenzielle Probleme für die regionale und handwerkliche Fischerei verursacht, und fordert die Kommission daher auf, dafür zu sorgen, dass in Aquakulturanlagen in der EU keine Futtermittel aus einer solchen Produktion verwendet werden;

40.

fordert die Kommission auf, digitale Systeme und künstliche Intelligenz zu nutzen, um die Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit von Aquakulturerzeugnissen zu verbessern, und die Rückverfolgbarkeit auf die verwendeten Futtermittel auszuweiten;

41.

fordert die Kommission auf, zur Kenntnis zu nehmen, dass es wichtig ist, EU-weite Kommunikationskampagnen über die nachhaltige Aquakultur in der EU und die Bedeutung der Produktion mit direkt verwalteten Mitteln im Einklang mit den Zielen der strategischen Leitlinien durchzuführen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit den Zielen der strategischen Leitlinien die Organisation von Informations- und Kommunikationskampagnen zu spezifischen Teilbranchen der nachhaltigen Aquakultur in der EU in alle operativen Programme einzubeziehen;

42.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, EU-Agrarförderungsprogramme zu unterstützen, mit denen Aquakulturerzeugnisse gezielt und individuell gefördert werden können; erachtet es als sehr wichtig, die derzeitige Überprüfung der Agrarförderungspolitik zu nutzen, um die Förderung nachhaltiger Aquakulturerzeugnisse besser zu positionieren, und fordert die Kommission auf, mit der Agrarförderungspolitik diejenigen Branchen und Akteure zu unterstützen, die von Natur aus zur Verwirklichung der Ziele des Grünen Deals beitragen oder beim entsprechenden Übergang mit gutem Beispiel vorangehen;

43.

begrüßt die Arbeitsqualität der Europäischen Marktbeobachtungsstelle für Fischerei und Aquakultur (EUMOFA); fordert die Kommission auf, zusätzliche zweckgebundene Finanzmittel für die EUMOFA vorzusehen, damit die Berichte der Beobachtungsstelle, die häufig entweder nur in einer oder in höchstens fünf EU-Amtssprachen vorliegen, in alle Amtssprachen der EU übersetzt werden; ist davon überzeugt, dass diese Angaben der Aquakulturbranche dabei behilflich sein werden, an aktuelle und hochwertige Informationen zu gelangen, die für eine bessere und erfolgreiche Vermarktung erforderlich sind;

44.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Mittel für Forschung und Innovation in der Aquakulturbranche (sowohl in der Meeres- als auch in der Süßwasseraquakultur) wesentlich zu erhöhen, insbesondere in neuen Kenntnisgebieten wie dem Studium des Mikrobioms oder der wissenschaftlichen Beobachtung der Umweltleistungen der Aquakultur; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Finanzierung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Aquakultur sicherzustellen bzw. aufzustocken und den Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Branche und auf andere Interessenträger zu verstärken;

45.

fordert die Mitgliedstaaten und ihre Behörden auf, das Potenzial von Qualitätsregelungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel bei Aquakulturerzeugnissen besser auszuschöpfen; weist auf die Möglichkeit hin, regionale oder nationale Qualitätsregelungen einzuführen, durch die Erzeugern dabei geholfen werden kann, ihre Sichtbarkeit und damit ihre Vermarktung und ihre Einkommen zu verbessern;

46.

betont, dass Wissen und Innovation (einschließlich des Einsatzes digitaler Technologien) von entscheidender Bedeutung sind, um die anderen Ziele zu erreichen, die für die Aquakultur der EU festgelegt wurden, und dass Horizont Europa, das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, eine wichtige Gelegenheit bietet, in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen;

47.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, anhand von Machbarkeitsstudien und Erfahrungsberichten die Kenntnisse über das Potenzial der Aquakulturbranche in den Gebieten in äußerster Randlage zu vertiefen und zusammenzutragen sowie eine spezifische Unterstützung für Start-up-Unternehmen festzulegen, die in der Branche in diesen Gebieten tätig werden möchten;

48.

bekundet seine entschiedene Unterstützung für Innovationen und Fortschritte bei der Züchtung neuer Arten für die Aquakultur;

49.

stellt fest, dass eine innovative Aquakultur auch die Entwicklung geeigneter Kompetenzen erfordert, die durch die Förderung spezialisierter Lehrpläne und Kenntnisse im Bereich Aquakultur (z. B. spezielle tierärztliche Studien für Fische und Schulungen zum Thema Fischgesundheit für Aquakulturbetreiber) sowie lebenslange Schulungen für Landwirte zu innovativen Ansätzen für die Aquakultur erzielt werden;

50.

fordert die Kommission auf, sich im Rahmen der Überarbeitung internationaler Handelsabkommen und der möglichen Unterzeichnung künftiger Abkommen in Bezug auf die Einfuhr von Erzeugnissen, die nicht denselben Marktzugang haben und für die nicht dieselben ökologischen und sozialen Nachhaltigkeits- und Fischwohlvorschriften gelten wie für Erzeugnisse aus der EU, weiter für die EU-Aquakultur gegenüber den Erzeugern in Drittländern einzusetzen, unter anderem durch die Aktualisierung der Vorschriften für eine bessere Etikettierung von Lebensmitteln aus Wassertieren; vertritt die Auffassung, dass in besonderen Fällen wie der Etikettierung von Kaviar der Rechtsrahmen für Verbraucherinformationen überarbeitet werden sollte; fordert die Kommission auf, mithilfe einer Folgenabschätzung die Einbeziehung nachhaltiger Teile der Aquakulturbranche in das CO2-Grenzausgleichssystem der EU zu analysieren, um für europäische Branchen und Handelspartner der EU Anreize zu schaffen, ihre Branchen zu dekarbonisieren, Maßnahmen durchzuführen, die einen positiven Beitrag zur Verringerung der Treibhausgase leisten, und sowohl die EU-Strategie als auch die globale Strategie für den Übergang zur Klimaneutralität zu unterstützen und dabei auf eine Art und Weise vorzugehen, die weder diskriminierend ist noch eine verdeckte Einschränkung des internationalen Handels darstellt;

51.

weist auf die Möglichkeiten der Branche hin, den Handel mit Aquakulturerzeugnissen auszubauen, insbesondere in Ländern und Regionen, in denen der Pro-Kopf-Verbrauch bei solchen Erzeugnissen gering ausfällt;

52.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Fischwohl zu unterstützen, bewährte Aquakulturmethoden zum Fischwohl und die Einrichtung von EU-Referenzzentren für das Fischwohl zu fördern; betont, dass gute Tierschutzpraktiken der beste präventive Schritt sind, um den Bedarf an Arzneimitteln zu verringern und die Gesundheit und das Wohlergehen der Fische sicherzustellen; spricht sich für den weiteren Einsatz von Technologien und Innovationen aus, um Krankheiten gezielter anzugehen und so den Bedarf an Arzneimitteln zu verringern; betont, dass die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln für die Aquakulturwirtschaft bei Bedarf verbessert werden muss;

53.

empfiehlt der Kommission, auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse Legislativvorschläge zu den Bedürfnissen von Fischen und anderen Wassertieren sowie zu Transportmethoden auszuarbeiten, damit diese Tiere während des Transports möglichst wenig leiden; betont, dass die neuen Bestimmungen eine detaillierte Checkliste für die Planung und Vorbereitung vor dem Transport und konkrete Vorschriften über die Parameter für die Wasserqualität, die Besatzdichte, die Handhabung beim Be- und Entladen und über die Kontrolle des Wohlergehens nach dem Transport umfassen sollten; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die von ihr veröffentlichten Leitlinien auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aktualisiert werden und mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 in Einklang stehen, und fordert gesonderte Anforderungen für kommerzielle Transporte von Fischen; hebt außerdem hervor, dass gesonderte Schulungen und Zertifizierungen für Fischtransporte vorgesehen werden sollten;

54.

plädiert dafür, die Kapazität von Copernicus und des europäischen Meeresbeobachtungs- und Datennetzwerks in Bezug auf Beobachtung, Modellierung und Vorhersagen zu erhöhen, um die Auswirkungen von Extremwetterereignissen, für die Aquakulturanlagen sowohl an Land als auch im Meer besonders sensibel sind, besser zu antizipieren;

55.

erachtet es als wichtig, sowohl die zuständigen Behörden als auch die Landwirte angemessen dazu zu schulen, wie die Auswirkungen der Aquakulturbewirtschaftungsmethoden auf die Umwelt begrenzt und die Einhaltung strenger Tierwohl- und -gesundheitsvorschriften sichergestellt werden können;

56.

fordert die Kommission auf, auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten und Erfahrungen und der Verfahren, die bereits in den Mitgliedstaaten erprobt wurden, einen Vorschlag für einen EU-Managementplan für große Kormorane auszuarbeiten, mit dem das Problem, mit dem die Aquakultur seit vielen Jahren konfrontiert ist, angemessen und endgültig angegangen werden könnte; fordert nachdrücklich, dass der Plan so konzipiert wird, dass ihre Auswirkungen auf Aquakulturbetriebe wirksam abgemildert und kontrolliert werden, um ihre wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen auf die Produktion und die biologische Vielfalt zu verringern; betont, dass der Plan eine Liste förderfähiger Maßnahmen für präventive Koexistenzlösungen und eine angemessene Entschädigung für Verluste und Maßnahmen enthalten sollte, die mit Mitteln der EU oder der Mitgliedstaaten finanziert werden; besteht darauf, dass finanzielle Unterstützung für maßgeschneiderte Forschungsarbeiten, die darauf abzielen, Präventivmaßnahmen zu ermitteln und zu erproben, von entscheidender Bedeutung ist, aber auch für die Ermöglichung einer angemessenen Überwachung, einschließlich der Erfassung und Analyse der Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Maßnahmen von Fall zu Fall umzusetzen und der Kommission jährlich über die Umsetzung des Plans, einschließlich der Wirksamkeit der gewählten Maßnahmen, Bericht zu erstatten; fordert die Kommission auf, den EU-Managementplan für große Kormorane alle fünf Jahre zu bewerten und dem Parlament Bericht zu erstatten; fordert die Kommission nachdrücklich auf, als Sofortmaßnahme einen Leitfaden für die Anwendung von Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie auszuarbeiten und zu prüfen, ob die geltenden Rechtsvorschriften geändert werden müssen, wenn sich die Präventivmaßnahmen als unzureichend erwiesen haben und die finanziellen und sozialen Auswirkungen gemäß den besten wissenschaftlichen Gutachten keine Koexistenzlösungen ermöglichen;

57.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für eine Vereinfachung der Verfahren zu sorgen sowie weitere Anstrengungen zu unternehmen und die erforderliche zusätzliche Unterstützung für die Begünstigten des EMFAF zu leisten, damit sie Zugang zu Finanzmitteln erhalten;

Ökologische/biologische Aquakultur

58.

begrüßt die Mitteilung der Kommission über einen Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion in der EU und die 23 Maßnahmen, die in seinem Anhang enthalten sind; weist darauf hin, dass die ökologische/biologische Aquakultur im Rahmen des geplanten Wachstums der Aquakulturbranche eine Schlüsselrolle spielen muss, da sie über ein großes ungenutztes Entwicklungspotenzial verfügt, das mit dem Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem in Europa in Einklang steht und mittels des EMFAF unterstützt werden sollte;

59.

teilt die Auffassung, dass die ökologische/biologische Aquakultur Potenzial hat, hebt jedoch die Unterschiede zwischen der ökologischen/biologischen Aquakulturproduktion in den einzelnen Mitgliedstaaten hervor;

60.

stimmt dem Ziel einer erheblichen Steigerung der ökologischen/biologischen Aquakultur bis 2030 zu, ohne in diesem Plan einen konkreten Prozentsatz festzulegen, da es sich um eine relativ neue Branche handelt, deren Wachstum sich nicht einfach vorhersagen lässt; legt den Mitgliedstaaten jedoch nahe, gegebenenfalls Ziele festzulegen und dabei ihre Kenntnisse über lokale und regionale Besonderheiten und Marktentwicklungen zu berücksichtigen; weist darauf hin, dass, obgleich die ökologische/biologische Aquakultur in der EU in Bezug auf die Züchtung bestimmter Arten und in bestimmten Ländern in den letzten Jahren zugenommen hat (einschließlich Lachs in Irland und Muscheln in Dänemark und Irland), das Angebot der ökologischen/biologischen Aquakultur in der EU auf eine unsichere Nachfrage trifft und zudem die wirtschaftliche Leistung der ökologischen/biologischen Aquakultur in einigen Bereichen noch nicht zufriedenstellend ausfällt;

61.

ist der Auffassung, dass die nachhaltige Aquakultur im Allgemeinen und die ökologische/biologische Aquakultur im Besonderen bei der Verwirklichung des Ziels der EU eines klimaneutralen Europas bis 2050 eine Schlüsselrolle spielen wird, indem sie die Treibhausgasemissionen reduziert und zu einer Anpassung an den Klimawandel beiträgt, wobei sie darüber hinausgehende Vorteile für die Umwelt und biologische Vielfalt erbringt;

62.

weist darauf hin, dass eine nachhaltige Aquakultur im Allgemeinen und eine ökologische/biologische Aquakultur im Besonderen dazu beitragen können, die Verbrauchernachfrage nach abwechslungsreichen, hochqualitativen Lebensmitteln, die auf eine Weise produziert werden, mit der die Umwelt geachtet und das Fischwohl sichergestellt wird, zu erfüllen, wodurch die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot bei Fischereiprodukten in der EU geschlossen und der Druck auf die Wildfischbestände verringert wird;

63.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer nationalen Pläne für die nachhaltige Entwicklung der Aquakultur die Haupthindernisse für die Entwicklung der ökologischen Aquakultur zu analysieren und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, auf der Grundlage einer Ex-ante-Folgenabschätzung eine Steigerung der ökologischen/biologischen Aquakultur in die Ziele ihrer überarbeiteten mehrjährigen nationalen Strategiepläne für Aquakultur aufzunehmen; ist der Ansicht, dass der EMFAF zur Förderung nachhaltiger Aquakulturmethoden wie z. B. der ökologischen/biologischen Produktion und zur Unterstützung während des Übergangszeitraums eingesetzt werden sollte, was gleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber anderen ökologisch/biologisch wirtschaftenden Züchtern schaffen würde;

64.

hebt hervor, dass es erforderlich ist, die Unterstützung von Forschung und Innovation bezüglich alternativer Nährstoffquellen, Behandlungen, Zucht und Tierwohl in der Aquakultur zu erhöhen; ist der Auffassung, dass Investitionen in angepasste gemischte und multitrophische Aquakultursysteme sowie Aktivitäten in Bezug auf Brut- und Jungtierstationen für ökologische/biologische Jungtiere gefördert werden müssen; begrüßt die offene Methode der Koordinierung für den Austausch bewährter Verfahren und Innovationen in der ökologischen/biologischen Aquakultur;

65.

betont, dass sich seit der Annahme der Verordnung über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen Innovationen, einschließlich verschiedener Arten der Aquakultur, entwickelt haben; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass einige Bestimmungen, etwa die Bestimmungen über die Fortpflanzung, für die neu entwickelten innovativen und nachhaltigen Aquakulturmethoden ungeeignet sind; fordert die Kommission nachdrücklich auf, diese Verordnung entsprechend zu bewerten und die erforderlichen Änderungen vorzulegen;

66.

fordert die Kommission auf, zu analysieren, wie die Regeln für die ökologische/biologische Aquakultur in jedem Mitgliedstaat ausgelegt, umgesetzt und überwacht werden; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, Leitlinien für Mitgliedstaaten, Zertifizierungsstellen und Fischzüchter zu veröffentlichen, die darauf ausgerichtet sind, die Heterogenität bei der Umsetzung der Verordnung über die ökologische/biologische Produktion auf der Grundlage von Schlussfolgerungen, die auf dieser Analyse beruhen, zu verringern;

67.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, für einen Übergangszeitraum von fünf Jahren für alle, die in der ökologischen/biologischen Aquakulturbranche neu anfangen, in Anbetracht der positiven Auswirkungen, die es auf die Kreislaufwirtschaft haben würde, und als notwendige Unterstützungsmaßnahme angesichts der geringen Verfügbarkeit ökologisch/biologisch erzeugter Futtermittel und der hohen Preise dafür die Wiederzulassung der Verwendung von 30 % der täglichen Ration von Fischmehl und -öl aus den Abfällen nichtökologischer/-biologischer Aquakultur oder von Abfällen von Fischen, die für den menschlichen Konsum gefangen wurden und von nachhaltigen EU-Fischereiprodukten stammen, zu erwägen; fordert die Kommission auf, auch die Nutzung der Arten zu berücksichtigen, die in Europa auf natürliche Weise nicht laichen könnten und bei denen die induzierte Fortpflanzung unter Verwendung von Hypophysenextrakten durchgeführt wird, d. h. Arten, die in der Polykulturpraxis verwendet werden, um andere trophische Nischen der Zuchtumgebung zu nutzen und so zur Kohlenstoffbindung, zur Eindämmung der Eutrophierung, zur Steigerung der Gesamtproduktivität der Teiche und zur Verringerung der Nährstoffbelastung durch die Fischzucht beizutragen;

68.

erachtet es als geboten, gleiche Wettbewerbsbedingungen für ökologisch/biologisch wirtschaftende Züchter aus der EU in der gesamten Union und bei eingeführten ökologischen/biologischen Erzeugnissen zu schaffen, indem gleiche Regeln erlassen werden, gleiche Unterstützung geleistet wird und die in der ökologischen/biologischen Aquakultur und ökologischen/biologischen Tierhaltung angewandten Behandlungen für Krankheiten harmonisiert werden;

69.

weist darauf hin, dass in der Entschließung des Parlaments mit dem Titel „Aktueller Stand und künftige Herausforderungen bei der Entwicklung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen Aquakulturbranche“ in 92 Ziffern unter anderem die folgenden Maßnahmen vorgeschlagen werden, das Potenzial der Aquakultur in der EU zu erschließen: Vereinfachung von Verwaltungsverfahren, Sicherstellung von Fairness beim Zusammenspiel mit anderen Branchen, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Aquakultur innerhalb und außerhalb der Grenzen der Union, Verbesserung der Verbraucherinformationen, Sicherstellung des Tierwohls und der Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln, Durchführung besserer Förderkampagnen und besserer Kommunikation, Unterstützung für Forschung und Innovation, Förderung von Ausbildung und Beschäftigung, Verbesserung der Nachhaltigkeit der Aquakulturbranche in der EU, Sicherstellung einer angemessenen Finanzierung durch den EMFF und andere Strukturfonds und Erreichung einer harmonischen Symbiose mit der Fischerei; fordert die Kommission nachdrücklich auf, bei der Umsetzung dieser Maßnahmen eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten;

70.

weist darauf hin, dass die Konfrontation zwischen der Fischerei und der Aquakultur in einem Kontext wie dem derzeitigen, in dem die Nachfrage nach Meeresfrüchten steigt, während in der EU Fortschritte im Hinblick auf eine schrittweise Verringerung des Drucks auf die Wildfischbestände erzielt werden, nicht sinnvoll ist, und bekräftigt, dass sich die beiden Tätigkeiten ergänzen;

71.

betont, dass die Zusammenarbeit zwischen der Aquakultur einerseits und der Konservenherstellung und Verarbeitung andererseits einen großen Mehrwert für Aquakulturerzeugnisse schaffen kann, wenn diese Zusammenarbeit synergetisch erfolgt und beide Tätigkeiten gefördert werden;

o

o o

72.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Beiräten im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik zu übermitteln.

(1)  ABl. C 184 vom 5.5.2022, S. 2.

(2)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.

(3)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 2.

(4)  ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22.

(5)  ABl. L 247 vom 13.7.2021, S. 1.

(6)  ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135.

(7)  ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7.

(8)  ABl. L 303 vom 18.11.2009, S. 1.

(9)  ABl. L 3 vom 5.1.2005, S. 1.

(10)  ABl. L 221 vom 8.8.1998, S. 23.

(11)  Europäische Kommission, Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei: Studie zur Zwischenbewertung der offenen Koordinierungsmethode (OMK) für die nachhaltige Entwicklung der Aquakultur in der EU, 2019.

(12)  ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 26.

(13)  ABl. C 21 E vom 28.1.2010, S. 11.

(14)  Europäische Kommission, Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei: Der EU-Fischmarkt, Ausgabe 2020, Amt für Veröffentlichungen, 2021.

(15)  Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF) — „The EU Aquaculture Sector“ — Economic report 2020“ (Die EU-Aquakulturbranche — Wirtschaftsbericht 2020) (STECF-20-12). EUR 28359 EN, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2021.

(16)  Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 1).

(17)  Umgestaltung der blauen Wirtschaft der EU für eine nachhaltige Zukunft (2021) — https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52021DC0240&from=DE.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/15


P9_TA(2022)0335

Auswirkungen neuer Technologien auf die Besteuerung von Kryptowerten und der Blockchain-Technologie

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 über die Auswirkungen neuer Technologien auf die Besteuerung von Kryptowerten und der Blockchain-Technologie (2021/2201(INI))

(2023/C 132/02)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie“ (COM(2020)0312),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 24. September 2020 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte (COM(2020)0593),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. September 2020 über eine Strategie für ein digitales Finanzwesen in der EU (COM(2020)0591),

unter Hinweis auf den Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom 12. Oktober 2020 mit dem Titel „Taxing Virtual Currencies: An Overview of Tax Treatments and Emerging Tax Policy Issues“ (Ein Überblick über die steuerliche Behandlung und aufkommende steuerpolitische Fragen im Zusammenhang mit virtuellen Währungen),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2021 mit dem Titel „Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert“ (COM(2021)0251),

unter Hinweis auf das Arbeitspapier der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission von 2021 zur Besteuerung und zu Strukturreformen mit dem Titel „Cryptocurrencies: an empirical view from a tax perspective“ (Eine empirische Betrachtung von Kryptowährungen aus steuerlicher Sicht),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 20. Juli 2021 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und Transfers bestimmter Kryptowerte (COM(2021)0422),

unter Hinweis auf die am 8. März 2022 veröffentlichte Studie der Weltbank mit dem Titel „Crypto-Assets Activity around the World: Evolution and Macro-Financial Drivers“ (Aktivitäten mit Kryptowerten weltweit — Entwicklung und makrofinanzielle Triebkräfte),

unter Hinweis auf die am 22. März 2022 von der OECD veröffentlichte Unterlage zur öffentlichen Konsultation mit dem Titel „Crypto-Asset Reporting Framework and Amendments to the Common Reporting Standard“ (Regelwerk für die Berichterstattung über Kryptowerte und Änderungen des Gemeinsamen Meldestandards),

unter Hinweis auf seine Studie vom 15. Oktober 2018 mit dem Titel „VAT fraud: economic impact, challenges and policy issues“ (Mehrwertsteuerbetrug — wirtschaftliche Auswirkungen, Herausforderungen und politische Fragen), seine Studie vom Juli 2018 mit dem Titel „Cryptocurrencies and blockchain — Legal context and implications for financial crime, money laundering and tax evasion“ (Kryptowährungen und Blockchain — rechtliche Zusammenhänge und Auswirkungen auf Finanzkriminalität, Geldwäsche und Steuerhinterziehung) und seine Studie vom 15. Februar 2018 mit dem Titel „Impact of Digitalisation on International Tax Matters“ (Auswirkungen der Digitalisierung auf internationale Steuerangelegenheiten),

unter Hinweis aus seine Studie vom 21. Oktober 2021 mit dem Titel „Exploring the opportunities and challenges of new technologies for EU tax administration and policy“ (Erforschung der Chancen und Herausforderungen neuer Technologien für die Steuerverwaltung und -politik der EU),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0204/2022),

A.

in der Erwägung, dass sich durch den Einsatz neuer Technologien im Unionsbinnenmarkt und die Digitalisierung der Steuerverwaltungen in der gesamten Union die Beziehungen zwischen den Steuerzahlern, d. h. den Bürgern und Unternehmen, einerseits und den nationalen Steuerbehörden andererseits ändern; in der Erwägung, dass sich die Union an vorderster Front dafür einsetzen könnte, dass die verfahrensrechtlichen und technischen Aspekte der Digitalisierung der Steuerverwaltungen tatsächlich koordiniert werden, damit keine Hindernisse für die Interoperabilität der nationalen technischen Plattformen entstehen;

B.

in der Erwägung, dass die unterschiedlichen Eigenschaften der einzelnen Arten von Kryptowerten und die Grenzen zwischen den einzelnen Arten von Kryptowerten für die Bestimmung ihrer steuerlichen Behandlung relevant sein könnten;

C.

in der Erwägung, dass an der Dynamik des Marktes für Kryptowerte deutlich wird, dass ein klarer, stabiler und transparenter Rechtsrahmen geschaffen werden muss;

D.

in der Erwägung, dass die Steuerbehörden derzeit mit zahlreichen Herausforderungen im Rahmen des wirksamen Steuervollzugs und insbesondere der länderübergreifenden Zusammenarbeit konfrontiert sind, da digitale Transaktionen immer schneller vollzogen werden, die Mobilität der Steuerzahler zunimmt, die Zahl der länderübergreifenden Transaktionen hoch ist, Wirtschaftstätigkeiten und Geschäftsmodelle internationalisiert werden und Risiken im Zusammenhang mit Doppelbesteuerung oder komplexen Systemen der aggressiven Steuerplanung bestehen;

E.

in der Erwägung, dass sich die Steuerbehörden stets der potenziellen Risiken für die Tragfähigkeit der Steuersysteme und ihre Fähigkeit zur Durchsetzung der nationalen Rechtsvorschriften und der Unionsrechtsvorschriften in Steuersachen bewusst sein müssen;

F.

in der Erwägung, dass neue technologische Lösungen wie die Blockchain von den Steuerverwaltungen genutzt werden können, um den Bedürfnissen der Steuerzahler besser gerecht zu werden, um für verschiedene Arten von Aufzeichnungen Informationen zwischen Steuerhoheitsgebieten auszutauschen und um von Korruption abzuhalten bzw. gegen Korruption vorzugehen, dass diese Technologien jedoch missbräuchlich und als Instrument für illegale Aktivitäten eingesetzt werden können, um in krimineller Absicht die Zahlung von Steuern zu vermeiden; in der Erwägung, dass insbesondere durch die bessere Erkennbarkeit von Blockchain-Transaktionen die Bemühungen der Steuerverwaltungen im Rahmen der Betrugsbekämpfung erleichtert werden könnten;

G.

in der Erwägung, dass mehrere Steuerverwaltungen in der gesamten Union — wenn auch in unterschiedlichem Maße — bereits wichtige Schritte zur Digitalisierung von Verfahren unternehmen, um die Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber den Finanzbehörden einfacher, schneller und effizienter zu gestalten; in der Erwägung, dass die Nutzung neuer Technologien von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat nach wie vor sehr unterschiedlich ist; in der Erwägung, dass die nationalen Steuerverwaltungen im Allgemeinen einen weiteren Anstoß für mehr Anreize und Sensibilisierungsmaßnahmen benötigen, um das Potenzial im Bereich des technologischen und digitalen Wandels auszuschöpfen; in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der unterschiedlichen staatlichen Stellen, vor allem im Zusammenhang mit steuerlichen Angelegenheiten, durch Technologie vereinfacht werden kann:

H.

in der Erwägung, dass die Steuerverwaltungen durch den zunehmenden Rückgriff auf Kryptowerte gezwungen sind, die derzeitigen Besteuerungsverfahren im Binnenmarkt anzupassen; in der Erwägung, dass die Ermittlung steuerrelevanter Tätigkeiten auf dem Markt für Kryptowerte komplex ist, da er in geringerem Maße auf traditionellen Finanzintermediären beruht, die in der Regel Informationen für Steuerzwecke bereitstellen;

I.

in der Erwägung, dass fünf von 27 Mitgliedstaaten über eigene Rechtsvorschriften zur Besteuerung von Kryptowerten verfügen; in der Erwägung, dass 19 Mitgliedstaaten über Verwaltungsleitlinien zur Besteuerung von Kryptowerten verfügen;

J.

in der Erwägung, dass der Gemeinsame Meldestandard (Common Reporting Standard, CRS) der OECD die internationale Steuertransparenz verbessert hat, indem die Staaten dazu verpflichtet wurden, Informationen über bei Finanzinstituten gehaltene Offshore-Vermögenswerte einzuholen und diese Informationen automatisch auf jährlicher Basis an die Ansässigkeitsstaaten der Steuerzahler weiterzugeben; in der Erwägung, dass Kryptowerte jedoch in den meisten Fällen nicht in den Anwendungsbereich des CRS fallen, der auf traditionelle finanzielle Vermögenswerte und Nominalgeldwährungen Anwendung findet;

K.

in der Erwägung, dass es auf internationaler Ebene Bemühungen und Engagement gibt, die gerechte Besteuerung der digitalen Wirtschaft besser zu regeln; in der Erwägung, dass die OECD festgestellt hat, dass bestehende internationale Initiativen für Steuertransparenz durch Kryptowerte unterlaufen werden könnten; in der Erwägung, dass es in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung ist, dass die Union eine Führungsrolle übernimmt, insbesondere durch die enge Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der gerechten und transparenten Besteuerung von Kryptowerten;

L.

in der Erwägung, dass die Weltwirtschaft im Wandel ist und immer stärker digitalisiert wird und dass die Grundsätze des aktuellen internationalen steuerlichen Regelwerks allmählich überholt sind und durch es nicht mehr sichergestellt werden kann, dass Gewinne dort besteuert werden, wo die entsprechenden Wirtschaftstätigkeiten ausgeführt und wo Werte geschaffen werden;

M.

in der Erwägung, dass es kein internationales Instrument für die Besteuerung von Kryptowerten gibt und dass es in den einzelnen Ländern vielfältige Ansätze zu diesem Thema gibt; in der Erwägung, dass die Union auf den einschlägigen internationalen Plattformen den Weg für eine inkludierende finanzielle Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger sowohl in ihrem Wirkungsbereich als auch darüber hinaus ebnen muss;

N.

in der Erwägung, dass die OECD in ihrem Bericht 2020 über die Besteuerung virtueller Währungen zahlreiche wesentliche zu klärende Punkte ermittelt hat, und zwar die Definition des Begriffs Steuertatbestand, die Arten von Einkommen, die mit virtuellen Währungen in Verbindung gebracht werden, und die Frage, wie die Besteuerung an die Natur und Dynamik von Kryptowerten angepasst werden kann, um Gewinne gerecht und wirksam zu erfassen;

O.

in der Erwägung, dass die Union bereits wichtige Schritte für eine klare Definition bestimmter Kryptowerte und Krypto-Dienstleister unternommen und — im weiteren Sinne — mit der Verordnung über Märkte für Kryptowerte auch Maßnahmen zur Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens für Kryptowerte getroffen hat; in der Erwägung, dass die gerechte und einfache Besteuerung dieser Vermögenswerte durch diesen Rechtsrahmen und diese Definitionen vorangebracht werden; in der Erwägung, dass die Definitionen solcher Kryptowerte mit internationalen Normen, vor allem jenen der OECD und der Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“, übereinstimmen müssen;

P.

in der Erwägung, dass die Definitionen von Kryptowerten unionsweit einheitlich sein und an internationalen Standards ausgerichtet werden müssen; in der Erwägung, dass ein und derselbe Kryptowert in der Union auf verschiedene Weise als „Steuergegenstand“ eingestuft werden kann, was zu Unterschieden bei der steuerlichen Behandlung führt;

Q.

in der Erwägung, dass bestimmte Bereiche der Steuerpolitik in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auch künftig von wesentlicher Bedeutung und notwendig ist, um auf die Herausforderungen in Bezug auf die Integrität des Binnenmarkts und die Tragfähigkeit der Steuersysteme zu reagieren, die sich unter anderem durch die zunehmende Verwendung von Kryptowerten stellen; in der Erwägung, dass ein aus 27 sehr unterschiedlichen Ansätzen für die Besteuerung von Kryptowerten bestehender Rahmen zu erheblichen Hindernissen für die Verwirklichung der Ziele des digitalen Binnenmarkts führen kann; in der Erwägung, dass Koordinierung und Zusammenarbeit auf der Ebene der Union mithin klar angezeigt sind;

R.

in der Erwägung, dass die Union und ihr Binnenmarkt für ein innovationsfreundliches Umfeld für Unternehmen (insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Start-up-Unternehmen) im Hinblick auf neue Technologien auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen und Kryptowerte sorgen müssen; in der Erwägung, dass dieses Hauptziel nur erreicht werden kann, wenn die Mitgliedstaaten starkes Engagement zeigen und politische Maßnahmen insbesondere im Bereich der Besteuerung ergreifen, damit Unternehmen einen stabilen, klaren und sicheren Regelungsrahmen vorfinden und folglich florieren und zum Wirtschaftswachstum beitragen können; in der Erwägung, dass diese Bemühungen ein starkes Engagement für den Schutz der Rechte der Bürger als Steuerzahler und als Verbraucher von Finanzdienstleistungen erfordern;

S.

in der Erwägung, dass klare Leitlinien von wesentlicher Bedeutung sind, zum einen für ein gerechtes und wirksames Besteuerungssystem, mit dem vorteilhafte Reformen bewirkt werden könnten, wenn sie von den Mitgliedstaaten wirksam umgesetzt werden, etwa durch die Reduzierung der Verwaltungskosten und des Verwaltungsaufwands, den Abbau von Marktzutrittsschranken und die Wahrung von Sicherheit und Stabilität, wobei es sich um Faktoren handelt, die als Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit gelten, und zum anderen für den Ausgleich von Unterschieden zwischen Unternehmen, insbesondere zugunsten von KMU;

T.

in der Erwägung, dass das Umfeld von Kryptowerten einem raschen Wandel unterliegt und die politischen Entscheidungsträger dabei auf der Höhe der Zeit bleiben müssen; in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Steuerpolitik und der Steuerhinterziehung noch genau geprüft werden müssen, da sie ein wichtiger Aspekt des allgemeinen Regelungsrahmens sind;

U.

in der Erwägung, dass es bereits hervorgehoben hat, dass „die derzeitigen internationalen Körperschaftsteuervorschriften vor dem Hintergrund der Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaft nicht mehr zeitgemäß sind“ und dass „durch die Entwicklungen auf dem Gebiet der Digitalisierung und eine stärkere Abhängigkeit von immateriellen Vermögenswerten und deren Zunahme in Wertschöpfungsketten Perspektiven und Herausforderungen in Bezug auf die Rückverfolgbarkeit von Wirtschaftstätigkeiten und Steuertatbeständen entstehen, auch in Bezug auf etwaige Steuervermeidungspraktiken, insbesondere wenn diese Tätigkeiten länderübergreifend oder vollständig außerhalb der Union stattfinden“ (1);

V.

in der Erwägung, dass die Kryptowelt im Gegensatz zum traditionellen Finanzsystem teilweise dezentral organisiert ist, wodurch es schwieriger ist, zur Unterstützung der Steuerbehörden auf Intermediäre zurückzugreifen; in der Erwägung, dass solche Intermediäre in herkömmlichen Systemen für die Steuerberichterstattung durch Dritte häufig relevante Informationen liefern; in der Erwägung, dass an der Schnittstelle zwischen der Kryptowelt und dem traditionellen Finanzsystem üblicherweise ein Intermediär wie eine Börse involviert ist;

Zum Potenzial neuer Technologien wie der Blockchain zur Verbesserung der Dienste für Steuerzahler, zur Abschreckung in Bezug auf Korruptionspraktiken, zur Stärkung der Steuerverwaltungen und bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung

1.

ist der Ansicht, dass die nationalen Steuerverwaltungen besser mit angemessenen Ressourcen ausgestattet werden sollten, um die Steuererhebung zu erleichtern, Vorschriften durchzusetzen, die Steuerzahler besser zu unterstützen und für Steuerehrlichkeit zu sorgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, in Anbetracht der aufgrund des digitalen Wandels gestiegenen Herausforderungen in ausreichendem Maße in Personal und dessen Schulungen, in digitale Infrastrukturen und in Fachpersonal und fachlich angemessene Ausrüstung zu investieren;

2.

fordert die Kommission auf, bei zukünftigen Legislativvorschlägen zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass die Technologie, die den neu erlassenen Rechtsvorschriften zugrunde liegt, untrennbar mit der korrekten Umsetzung der Rechtsvorschriften verbunden ist;

3.

weist darauf hin, dass die Weiterentwicklung der IT-Kapazitäten der Steuerbehörden durch neu aufkommende Technologien, etwa Distributed-Ledger-Technologien (DLT) wie die Blockchain oder künstliche Intelligenz, vielversprechend ist, wenn es darum geht, intelligente, wirksame und effiziente Steuer- und Verwaltungsverfahren zu begünstigen, Korruption zu verhindern bzw. zu begrenzen, die Steuerehrlichkeit der Bürger und Unternehmen zu fördern und die Nachverfolgbarkeit und Identifizierung von steuerbaren Umsätzen und der Eigentümerschaft von materiellen und immateriellen Vermögenswerten in einem globalisierten Umfeld mit einer immer größeren Anzahl an länderübergreifenden Transaktionen zu erhöhen, wodurch Chancen für besser und fairer gestaltete Steuersysteme geschaffen werden, mit denen sowohl mobile Steuerzahler als auch mobile Vermögenswerte besteuert werden; fordert die Kommission auf, zu analysieren und zu evaluieren, wie sich die Einführung einer möglichen Steuer auf die Speicherung personenbezogener Daten auf den Datenschutz und die Einnahmen auswirkt;

4.

betont, dass durch neu aufkommende Technologien wie die Distributed-Ledger-Technologie und die Blockchain dank ihrer einzigartigen Merkmale wie der Rückverfolgbarkeit und ihrer Eigenschaft, unveränderliche und zuverlässige Daten speichern zu können, die Integrität dieser Daten geschützt wird, was einen neuen Weg zur Automatisierung der Steuererhebung eröffnen könnte; ist der Ansicht, dass so die Entrichtung der Steuerschuld sichergestellt, für Steuerehrlichkeit gesorgt und die Erhebung von Steuereinnahmen an der Quelle in den einzelnen Phasen des Lebenszyklus eines Produkts oder einer Dienstleistung zur rechten Zeit begünstigt würde und gleichzeitig die personenbezogenen Daten der Bürger geschützt und strenge Normen beim Datenschutz garantiert würden;

5.

hebt hervor, dass die besten Einsatzmöglichkeiten für Technologie ermittelt werden müssen, um die Analysekapazitäten der Steuerverwaltungen (durch bessere Datenanalyse) zu stärken, um Daten im Hinblick auf die Förderung der Steuerehrlichkeit von KMU und Steuerzahlern (auch durch gemeinsame Meldestandards) zu standardisieren und um dafür Sorge zu tragen, dass das Unternehmensumfeld im digitalen Zeitalter in der Besteuerung besser zum Ausdruck kommt und gleichzeitig ein hohes Maß an Datenschutz garantiert ist;

6.

nimmt die Gründung der EU-Gemeinschaft für die fortgeschrittene internationale Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (EU AIAC Community) und den wertvollen Beitrag des EU-Gipfels der Steuerverwaltungen (TADEUS) zur Debatte über die Auswirkungen neuer Technologien auf die Arbeit der nationalen Steuerbehörden zur Kenntnis; fordert die Kommission daher auf, diese Foren in die Gestaltung eines speziellen Schulungsprogramms für das Personal der Steuerverwaltung über den Einsatz neuer Technologien bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung einzubeziehen und die Tätigkeit dieser Foren als Ausgangspunkt zu nehmen, wenn es gilt, die Interoperabilität der Steuersysteme im Hinblick auf die Standardisierung von Daten und den automatischen Echtzeit-Datenaustausch in einem länderübergreifenden Kontext zu verbessern; weist erneut darauf hin, dass ein solches Programm in die Tätigkeit des Programms Fiscalis integriert werden muss;

7.

hebt jedoch hervor, dass die Nutzung der Blockchain, der KI und anderer digitaler Werkzeuge durch Steuerverwaltungen ihre Vorzüge und Risiken hat, wobei die Risiken angemessen gemindert werden müssen, insbesondere, um Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten und eine voreingenommene und diskriminierende Behandlung von Steuerzahlern zu verhindern;

8.

betont insbesondere die mit der Datenqualität verbundenen Risiken; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass eine zulassungsbeschränkte Blockchain mit eingeschränkter Zulassung von Intermediären im Kontext von Steuerverwaltungen von entscheidender Bedeutung ist und zur Verbesserung der Integrität des Systems beitragen kann, da Steuerinformationen und andere Daten in einem gesicherten Umfeld ausgetauscht werden können;

9.

fordert die Kommission auf, die Modalitäten der Besteuerung von Kryptowerten in den einzelnen Mitgliedstaaten und der jeweiligen nationalen politischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und -hinterziehung im Bereich der Kryptowerte zu bewerten sowie bewährte Verfahren herauszustellen und deutlich auf potenzielle Schlupflöcher hinzuweisen, wobei die Kooperationsplattformen im Bereich der Besteuerung, insbesondere das Programm Fiscalis, genutzt werden sollten; fordert die Kommission auf, mit Unterstützung der EU-Arbeitsgruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ gegen schädliche Steuerpraktiken im Bereich der Kryptowerte in der Union vorzugehen;

10.

stellt fest, dass die Auswirkungen neuer Technologien wie der Blockchain auf Steuerangelegenheiten unterschiedlich betrachtet werden können, je nachdem, ob der Schwerpunkt auf der direkten Besteuerung (z. B. der Quellensteuer), der indirekten Besteuerung (der Mehrwertsteuer oder auf Zöllen) oder der Steuerehrlichkeit liegt; hebt hervor, dass die Distributed-Ledger-Technologie das Potenzial birgt, das Quellensteuersystem in jedem einzelnen Land effizienter zu gestalten sowie darüber hinaus reibungslose länderübergreifende Verfahren zu ermöglichen und betrügerische Machenschaften zu unterbinden; legt der Kommission nahe, den Besonderheiten der jeweiligen Betrachtungsweise Rechnung zu tragen; fordert die Kommission auf, bestehende digitale Lösungen in den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen und zu prüfen, ob die auf der Blockchain-Technologie beruhenden Lösungen in Plattformen für den Informationsaustausch integriert werden können, um die Prüfung und den Informationsaustausch in Echtzeit unter uneingeschränkter Achtung der Datenschutzvorschriften der Union zu fördern;

11.

fordert die Kommission auf, die Schaffung einer neuen Plattform für Schulungen und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den nationalen Steuerbehörden im Bereich der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung in der digitalen Wirtschaft — vor allem der Bekämpfung von unter Verwendung von Kryptowerten begangenen Delikten — zu prüfen; vertritt die Auffassung, dass diese neue Plattform in laufende Initiativen wie das Programm Fiscalis integriert werden kann;

12.

fordert die Kommission auf, die Evaluierung der operativen Auswirkungen und der für die Steuerverwaltung relevanten Aspekte der Blockchain- und anderer Distributed-Ledger-Technologien fortzusetzen, insbesondere im Rahmen des Programms Fiscalis;

13.

bekräftigt seinen Vorschlag für eine Initiative der Kommission zu dem Thema „Standard für die Online-Meldung von Daten für den (in erster Instanz) länderübergreifenden Handel in der EU, vorzugsweise unter Verwendung von Daten aus elektronischer Rechnungsstellung (oder aus einer Alternative, aber unter Beibehaltung des Grundsatzes, dass die Daten nur einmal bereitgestellt werden müssen), einschließlich effizienter und hochsicherer zentraler/dezentraler Datenverarbeitung zur Erkennung von Betrug“ (2);

14.

bekräftigt seine Forderung an die Mitgliedstaaten, „die Reform der Steuerbehörden fortzusetzen, die Digitalisierung zu beschleunigen und mit der Umsetzung strategischer Konzepte zu beginnen, um die Steuerehrlichkeit der KMU zu unterstützen, sowie Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerlast zu ermitteln“ (3);

15.

fordert die Kommission auf, alle Möglichkeiten zu untersuchen, die sich aus der europäischen Blockchain-Dienste-Infrastruktur — ein Peer-to-Peer-Netz miteinander verbundener Knoten, auf denen eine auf die Blockchain gestützte Dienste-Infrastruktur ausgeführt wird — für die nationalen Steuerbehörden ergeben, hauptsächlich im Bereich der Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften, unter umfassender Achtung der strengsten Normen in Bezug auf Datenschutz und den Schutz personenbezogener Daten, mit dem Ziel, diesen Behörden mehrere und innovative Blockchain-Protokolle zur Verfügung zu stellen, und mit der Aufgabe, die nationalen Steuerverwaltungen dabei zu unterstützen, sich mit dem Einsatz solcher Technologien vertraut zu machen;

16.

bekräftigt, dass die europäische Steuer-Identifikationsnummer (TIN) sehr wichtig ist, und fordert die Kommission auf, den Mehrwert des Einsatzes von auf die Blockchain gestützten Technologien zum Schutz einer ordentlichen länderübergreifenden Steueridentität zu evaluieren, wobei strenge Normen in Bezug auf den Datenschutz und den Schutz personenbezogener Daten gewahrt werden müssen;

Zu den steuerlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit Kryptowerten

17.

vertritt die Auffassung, dass Kryptowerte einer fairen, transparenten und effektiven Besteuerung unterliegen müssen, um für fairen Wettbewerb und gleiche Ausgangsbedingungen zwischen der steuerlichen Behandlung von Vermögenswerten und Finanzprodukten und zwischen Finanzdienstleistern zu sorgen; ist der Ansicht, dass Entscheidungen über die Besteuerung von Kryptowerten im Einklang mit den Verträgen in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen; fordert die Behörden auf, eine vereinfachte steuerliche Behandlung für Gelegenheits- oder Kleinhändler und kleine Transaktionen in Erwägung zu ziehen; setzt sich für ein innovationsfreundliches Umfeld im digitalen Binnenmarkt ein, in dem Unternehmer, KMU und Start-up-Unternehmen in einem wirksamen Regelungsrahmen florieren, Wachstum generieren, Arbeitsplätze schaffen und durch Steuereinnahmen zur Erholung der Wirtschaft beitragen können;

18.

stellt fest, dass Akteure der digitalen Wirtschaft erhebliche Geschäftstätigkeiten in einem Mitgliedstaat ausüben können, in dem sie keine physische Präsenz haben, und dass daher Steuern, die in einem Land gezahlt werden, nicht mehr dem dort geschaffenen Wert und den dort erwirtschafteten Gewinnen entsprechen; betont daher, dass der Begriff Betriebsstätte nach Maßgabe internationaler Normen angepasst werden muss, und zwar durch eine klare Definition von virtuellen Betriebsstätten; bekräftigt deshalb, dass es wichtig ist, die erste Säule des inklusiven Rahmens der OECD/G20 gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung wirksam umzusetzen;

19.

stellt fest, dass die Festlegung der Steuerbemessungsgrundlage für Kryptowerte eine der Kernfragen der Steuerpolitik ist; nimmt zur Kenntnis, dass es derzeit keine international vereinbarte Standarddefinition für Kryptowerte und die Arten der Vermögenswerte gibt, die unter diesen Begriff fallen sollten; vertritt die Auffassung, dass eine solche Festlegung eine der Hauptprioritäten des Rechtsrahmens der Union ist, um der Union eine Führungsposition auf internationaler Ebene zu sichern; stellt fest, dass die OECD mit einem Mandat der G20 an einem neuen globalen Rahmen für Steuertransparenz arbeitet, der die Berichterstattung und den Informationsaustausch in Bezug auf Kryptowerte vorsehen soll;

20.

vertritt die Auffassung, dass für Steuerzwecke eine klare und allgemein anerkannte Definition von Kryptowerten erforderlich ist; betont, dass diese Definition mit jener in der Verordnung über Märkte für Kryptowerte übereinstimmen sollte; beharrt darauf, dass die systematische Kohärenz zwischen den verschiedenen Rechtsinstrumenten für die jetzige oder künftige Regulierung von Kryptowerten (z. B. der Verordnung über Märkte für Kryptowerte, der Geldtransferverordnung (4), der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (5) und anderen Initiativen zur Bekämpfung der Geldwäsche) gewahrt wird und vor allem Rechtssicherheit und Stabilität gewährleistet werden;

21.

hebt hervor, dass es bei Kryptowerten verschiedene Möglichkeiten geben kann, einen relevanten Steuertatbestand zu definieren, wozu etwa die Schaffung von Münzen durch Schürfen von Kryptowährungen, der Umtausch von Kryptowerten in Nominalgeldwährung oder andere Kryptowerte, ein Hard Fork oder das Staking von Kryptowerten gehören können; stellt fest, dass eine kohärente Definition eines Steuertatbestands gefunden werden muss, damit eine angemessene Besteuerung erfolgt und gleichzeitig Fälle von Doppelbesteuerung verhindert werden;

22.

fordert die Kommission auf, eine Bewertung der Umwandlung einer Art eines Kryptowerts in eine andere Art eines Kryptowerts vorzulegen und Möglichkeiten zur Festlegung des Steuertatbestands darzulegen und dabei die Gefahr zu berücksichtigen, dass so die Anzahl der Steuertatbestände beträchtlich steigen könnte und gleichzeitig erhebliche Bewertungsprobleme geschaffen würden; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob der Umtausch eines Kryptowerts in Nominalgeldwährung besser als Steuertatbestand geeignet wäre, wenn dabei Gewinne erzielt wurden;

23.

stellt fest, dass jedes Land dazu neigt, bei der Gestaltung nationaler Regelungen für Kryptowerte seine eigene Terminologie zu verwenden, was zu Rechtsunsicherheit für Bürger und Unternehmen führen könnte, eine Bedrohung für die Integrität des Unionsbinnenmarkts sein könnte, da die länderübergreifende Zusammenarbeit erheblich beeinträchtigt werden könnte, unbeabsichtigt Schlupflöcher geschaffen werden könnten, durch die sich Gelegenheiten für Steuermissbrauch und Steuervermeidung bieten, und ausgenutzt werden könnte, um die bestehenden internationalen Steuertransparenzvorschriften wie den CRS zu unterlaufen;

24.

betont, dass es aufgrund der Dynamik der Märkte für Kryptowerte (6) dringend erforderlich ist, Vorschriften zu erlassen, in denen die Art der anzuwendenden Besteuerung, der Steuertatbestand selbst sowie dessen Zeitpunkt, Ort und Bewertung festgelegt werden;

25.

weist darauf hin, dass die Besteuerung von Kryptowerten im länderübergreifenden Kontext mit verschiedenen Bereichen der Steuerpolitik, etwa der Einkommen- oder Mehrwertsteuer, verknüpft ist und dass diese Bereiche derzeit zum einen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und zum anderen in die Zuständigkeit der Union fallen, wohingegen die Vorteile eines gemeinsamen Ansatzes auf der Ebene der Union möglicherweise unter anderem am stärksten bei der Verwaltungszusammenarbeit, dem Informationsaustausch und der Unternehmensbesteuerung zum Tragen kommen;

26.

fordert die Kommission auf, die Dimension der Kryptowerte, Digitalisierung und neuen Technologien in all ihren geplanten und künftigen Legislativvorschlägen im Steuerbereich zu berücksichtigen, insbesondere in dem anstehenden Vorschlag mit dem Titel „Rahmen für die Unternehmensbesteuerung in Europa“ (BEFIT); fordert die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, ambitioniert vorzugehen und in der internationalen Debatte eine Führungsrolle zu übernehmen;

27.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Besonderheiten der Verwendung von Kryptowerten in Steuerreformen auf nationaler Ebene zu berücksichtigen und zu erwägen, effizientere Systeme einzuführen, die zu geringeren Befolgungskosten und geringerem Verwaltungsaufwand führen, zugleich aber auch die faire, transparente, verhältnismäßige und effektive Besteuerung von Kryptowerten sicherstellen; betont, dass befristete und gerechtfertigte steuerliche Anreize dazu geeignet sein können, die technologische Innovation und Entwicklung, insbesondere im Wirtschaftszweig Blockchain-Technologie, zu fördern; hebt hervor, dass gemeinsame Meldestandards für Anbieter von Dienstleistungen im Bereich Kryptowerte sowie für Personen und Einrichtungen von entscheidender Bedeutung sind;

28.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die verschiedenen Arten von Kryptowerten in einer Art und Weise zu behandeln, die mit der steuerlichen Behandlung ähnlicher Nicht-Kryptowerte im Einklang steht;

29.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union verankerten politischen Ziele der EU, insbesondere eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft und ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, im Rahmen ihrer Legislativoptionen zur steuerlichen Behandlung von Kryptowerten zu berücksichtigen;

30.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die steuerliche Behandlung von Kryptowerten im Vergleich zur steuerlichen Behandlung anderer Vermögenswerte schlüssig und gerecht ist, insbesondere in Bezug auf die Erhebung der Mehrwertsteuer bei diesen Werten;

Zur Weiterentwicklung eines wirksamen Regelungs- und Rechtsrahmens

31.

weist darauf hin, dass Kryptowerte in einem globalen Umfeld gehandelt werden und die steuerliche Behandlung von Kryptowerten einen koordinierten internationalen Ansatz erfordert; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass in dieser Angelegenheit weitere internationale Instrumente ausgehandelt werden müssen; vertritt die Auffassung, dass die OECD, die bereits wichtige Arbeit im Bereich Besteuerung und Behandlung von Kryptowerten geleistet hat, in diesem Zusammenhang ein geeignetes Forum sein könnte, insbesondere im Hinblick auf die Überarbeitung des CRS;

32.

stellt fest, dass die OECD bereits mit der Arbeit an einem neuen Regelwerk für Kryptowerte begonnen hat;

33.

ist der Ansicht, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten in Ermangelung eines internationalen Übereinkommens über die Besteuerung von Kryptowerten vorerst keine Grundlage für die Entwicklung eines intelligenten und zukunftsorientierten Ansatzes haben;

34.

fordert die Kommission auf, eine Bewertung der wichtigsten Steuertatbestände und Formen von Einkommen im Zusammenhang mit Kryptowerten vorzulegen, wobei der Schwerpunkt auf den steuerlichen Folgen einer Reihe wichtiger Vorgänge liegen sollte, etwa auf der Ausgabe von Kryptowerten, auf dem Tausch von Kryptowerten in Nominalgeldwährungen, auf Waren oder Dienstleistungen, auf Schenkungen oder Erbschaften, auf Verlust oder Diebstahl usw.;

35.

fordert die Kommission auf, eine Folgenabschätzung zu den bewährten Verfahren durchzuführen, die ermittelt wurden, um Kryptowerte fair und effektiv zu besteuern, wobei die Zuständigkeiten der Union in Steuerangelegenheiten zu beachten sind, die Rolle der Anbieter von Dienstleistungen im Bereich Kryptowerte zu untersuchen und zu ermitteln, in welchem Maße Kryptowerte vom geltenden steuerlichen Regelwerk erfasst werden; vertritt die Auffassung, dass die Steuerpolitik in einen soliden Regelungsrahmen für Kryptowerte integriert werden sollte und mit anderen politischen Aspekten, einschließlich der Steuertransparenz und legaler und finanzieller Anforderungen sowie Verbraucherschutzanforderungen vereinbar sein sollte;

36.

weist erneut darauf hin, dass ein vollständig integrierter Unionsbinnenmarkt einen gemeinsamen Ansatz für die Besteuerung von Kryptowerten unter Wahrung der in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten erfordert; fordert daher den Rat (Wirtschaft und Finanzen) auf, in dieser Angelegenheit einen strukturierten Dialog mit dem Parlament aufzunehmen; fordert ferner den Präsidenten der Euro-Gruppe auf, im Kreise der Finanzministerinnen und Finanzminister des Euro-Währungsgebiets eine Diskussion über die Besteuerung von Kryptowerten anzustoßen;

37.

ist der Ansicht, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden so geändert werden muss, dass Kryptowerte und E-Geld in den Rahmen zum Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung einbezogen werden; fordert die OECD auf, unverzüglich eine neue Definition eines Meldestandards für den Informationsaustausch anzunehmen; vertritt die Auffassung, dass die Überarbeitung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung eine Priorität ist; fordert die Kommission auf, in ihre künftige Überarbeitung der Richtlinie unverzüglich die künftigen Empfehlungen der OECD zur Meldung von Kryptowerten und die Überarbeitungen des CRS sowie die Empfehlungen des Parlaments aus seiner Entschließung zur Umsetzung der EU-Anforderungen für den Austausch von Steuerinformationen (7) aufzunehmen; fordert den Rat auf, die vorgeschlagenen Änderungen rasch zu billigen;

38.

betont, dass sichergestellt werden muss, dass eine künftige Überarbeitung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung die Berichterstattungspflichten gemäß anderen Rechtsinstrumenten ergänzt, indem die Behörden dabei unterstützt werden, Daten über Kryptowerte und E-Geld automatisch auszutauschen, sodass sie Einkommen und Einnahmen aus Investitionen und Zahlungen mit Kryptowerten und E-Geld bewerten können; betont, dass die Systeme kohärent bleiben müssen, damit die Akteure Rechtssicherheit haben und die nationalen Steuerbehörden technische Leitlinien vorfinden;

39.

fordert die Kommission und die nationalen Behörden auf, sicherzustellen, dass die Blockchain-Technologie, mit der Vorschriften durchgesetzt oder öffentliche Dienstleistungen erbracht werden, mit den Grundrechten im Einklang steht sowie den Normen in den Bereichen Cybersicherheit und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entspricht;

40.

bestärkt die Kommission darin, anhand der in den Mitgliedstaaten angewandten digitalen Lösungen, Rechtsvorschriften und Verwaltungsleitlinien zu prüfen, wie Blockchain- und andere Distributed-Ledger-Technologien zur Verhinderung von Steuerbetrug und Steuervermeidung und zur Korruptionsbekämpfung genutzt werden können; befürwortet die Entwicklung einer europäischen Infrastruktur für Blockchain-Dienste;

41.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, wie die Einhaltung von Steuervorschriften unter Berücksichtigung der sich rasch ändernden Wertzuschreibung von Kryptowerten und einer in manchen Fällen fehlenden eindeutigen Umrechnung in eine Nominalgeldwährung, jedoch auch der Herausforderung für die Steuerverwaltungen, verlässlich und rasch an Informationen über diese Transaktionen zu gelangen, verbessert werden kann;

42.

vertritt die Auffassung, dass es insofern, als der Wirtschaftszweig Kryptowerte gegenwärtig einem Wandel unterliegt und in naher Zukunft nicht von einer Stabilisierung der Lage auszugehen ist, zwar erforderlich ist, die Lage zu beurteilen, aber die Organe der Union dadurch nicht davon abgehalten werden sollten, Rechtsvorschriften über die verbesserte Überwachung und Besteuerung von Kryptowerten zu erlassen;

43.

weist darauf hin, dass die Steuervorschriften häufig überarbeitet und angepasst werden müssen, um auf die Entwicklungen des Wirtschaftszweigs zu reagieren und sicherzustellen, dass er angesichts des technologischen Wandels und der Marktentwicklungen in Bezug auf virtuelle Währungen und andere neu aufkommende Arten von Vermögenswerten relevant bleibt;

o

o o

44.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2022 mit Empfehlungen an die Kommission zu einer fairen und einfachen Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie (Folgemaßnahmen des Europäischen Parlaments zu dem im Juli vorgelegten Aktionsplan der Kommission und zu den 25 Initiativen der Kommission in den Bereichen Mehrwertsteuer, Unternehmensbesteuerung und Individualbesteuerung) (ABl. C 347 vom 9.9.2022, S. 211).

(2)  ABl. C 347 vom 9.9.2022, S. 211.

(3)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Februar 2022 zu den Auswirkungen der einzelstaatlichen Steuerreformen auf die Wirtschaft in der EU (ABl. C 342 vom 6.9.2022, S. 14).

(4)  Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 1).

(5)  Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1).

(6)  Das wirtschaftliche Volumen des Kryptowährungsmarktes wurde im Mai 2021 mit 2,2 Billionen EUR und 2,5 Billionen EUR in der Spitze im Oktober 2021 beziffert (Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission, 2021).

(7)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2021 mit dem Titel „Umsetzung der EU-Anforderungen für den Austausch von Steuerinformationen: Fortschritte, Erkenntnisse und zu überwindende Hindernisse“ (ABl. C 117 vom 11.3.2022, S. 120).


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/23


P9_TA(2022)0339

Zentrum „AccessibleEU“ zur Unterstützung der Strategien für Barrierefreiheit im Binnenmarkt der EU

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zum Zentrum „AccessibleEU“ zur Unterstützung der Strategien für die Barrierefreiheit im Binnenmarkt der EU (2022/2013(INI))

(2023/C 132/03)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union,

gestützt auf Artikel 19, Artikel 48, Artikel 67 Absatz 4 sowie die Artikel 153, 165, 168 und 174 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 3, 21, 24, 26, 34, 35, 41 und 47,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Folgenden „Übereinkommen“) und dessen Inkrafttreten am 21. Januar 2011 gemäß dem Beschluss 2010/48/EG des Rates vom 26. November 2009 über den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft (1),

unter Hinweis auf die allgemeinen Bemerkungen zu dem Übereinkommen, die der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen als maßgebliche Leitlinien für dessen Umsetzung ausgearbeitet hat, und insbesondere die am 11. April 2014 angenommene allgemeine Bemerkung Nr. 2 zu Artikel 9 betreffend die Barrierefreiheit,

unter Hinweis auf den Verhaltenskodex zwischen dem Rat, den Mitgliedstaaten und der Kommission zur Festlegung interner Regelungen für die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Union und für die Vertretung der Europäischen Union in Bezug auf das Übereinkommen (2),

unter Hinweis auf die abschließenden Bemerkungen, die der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen am 2. Oktober 2015 zum ersten Bericht der Europäischen Union abgab,

unter Hinweis auf die strategische Untersuchung des Europäischen Bürgerbeauftragten zu der Frage, wie die Kommission die Unionsmittel überwacht, die zur Förderung des Rechts von Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben verwendet werden,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2021 mit dem Titel „Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030“ (COM(2021)0101),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (COM(2008)0426, „Antidiskriminierungsrichtlinie“) und auf den diesbezüglichen Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 2. April 2009 (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Juni 2020 zu der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020 (4),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/782 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (5),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (6) (europäischer Rechtsakt zur Barrierefreiheit),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (7),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (8),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2022/612 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. April 2022 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (Neufassung) (9),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Digitaler Kompass 2030: der europäische Weg in die digitale Dekade“ (COM(2021)0118),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (10),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen“ (COM(2020)0789),

unter Hinweis auf die neue Verbraucheragenda (COM(2020)0696), zu deren fünf Prioritäten die besonderen Bedürfnisse bestimmter Verbrauchergruppen, darunter Menschen mit Behinderungen, gehören,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (11),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 (12),

unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2018/254 des Rates vom 15. Februar 2018 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Vertrags von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken (13),

unter Hinweis auf die Normen für die Barrierefreiheit, die auf der Grundlage der Mandate 376, 554, 420 und 473 der Kommission eingeführt wurden,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (14),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (15),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität (16),

unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (17),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über die technischen Spezifikationen für die Interoperabilität bezüglich der Zugänglichkeit des Eisenbahnsystems der Union für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität (18),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A9-0209/2022),

A.

in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen auf derselben Grundlage wie alle anderen Menschen in allen Lebensbereichen die gleichen Rechte haben, dass sie das unveräußerliche Recht auf Würde, Gleichbehandlung, eigenständige Lebensführung, Selbstbestimmung und uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft haben und dass dies allen Ebenen der Gesellschaft zugutekommt;

B.

in der Erwägung, dass mehr als 87 Millionen Menschen in der Union von irgendeiner Form von Behinderung betroffen sind und dass die demografische Entwicklung einer alternden Bevölkerung in der Union berücksichtigt werden muss;

C.

in der Erwägung, dass die Barrierefreiheit eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass Menschen mit Behinderungen die Menschenrechte und Grundfreiheiten uneingeschränkt wahrnehmen können; in der Erwägung, dass Artikel 9 des Übereinkommens, der der Barrierefreiheit gewidmet ist, vorsieht, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel treffen, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, sicherzustellen, um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen;

D.

in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass die Barrierefreiheit auf allen Ebenen durchgängig berücksichtigt wird, nicht nur in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln, sondern auch in den Bereichen Gesundheit und Bildung, und dass die Mobilität und Integration von Menschen mit Behinderungen verbessert wird;

E.

in der Erwägung, dass der Begriff „universelles Design“ im Übereinkommen definiert ist als ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können, wobei Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen nicht ausgeschlossen werden; in der Erwägung, dass die Barrierefreiheit einer der allgemeinen Grundsätze des Übereinkommens ist und dass die EU und die Mitgliedstaaten gemäß dem Beschluss 2010/48/EG des Rates rechtlich an das Übereinkommen gebunden sind; in der Erwägung, dass in der allgemeinen Bemerkung Nr. 2 zum Übereinkommen darauf hingewiesen wird, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, Aktionspläne und Strategien anzunehmen, um bestehende Hindernisse für die Barrierefreiheit zu ermitteln, Zeitrahmen mit spezifischen Fristen festzulegen und sowohl die personellen als auch die materiellen Ressourcen bereitzustellen, die zur Beseitigung dieser Hindernisse erforderlich sind; in der Erwägung, dass die Barrierefreiheit von entscheidender Bedeutung ist, damit Menschen mit Behinderungen das Recht auf Privatsphäre, Nichtdiskriminierung, Beschäftigung, inklusive Bildung, politische Teilhabe sowie andere im Übereinkommen verankerte Rechte wahrnehmen können;

F.

in der Erwägung, dass den lokalen Behörden eine entscheidende Rolle zukommt, wenn es darum geht, die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung sozialpolitischer Maßnahmen, einschließlich Maßnahmen in den Bereichen Behinderung und Barrierefreiheit, zu unterstützen, indem sie den Bedarf vor Ort ermitteln und konkrete Maßnahmen umsetzen;

G.

in der Erwägung, dass durch die Sicherstellung hochwertiger und erschwinglicher Unterstützungstechnologien die vollständige Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft gefördert wird und dies sowohl Menschen mit Behinderungen als auch den Anbietern dieser Technologien sowie der Gesellschaft insgesamt zugutekommt; in der Erwägung, dass Unterstützungstechnologien dazu beitragen werden, die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern, und dass diese Technologien nur in einem barrierefreien Umfeld funktionieren können;

H.

in der Erwägung, dass ein höheres Beschäftigungsniveau von Menschen mit Behinderungen, eine gesteigerte Barrierefreiheit und die stärkere Eingliederung dieser Gruppe in die erwerbstätige Bevölkerung ein eindeutiges wirtschaftliches Potenzial bergen;

I.

in der Erwägung, dass die Union einen umfassenden Rechtsrahmen für die Barrierefreiheit im Binnenmarkt geschaffen hat, insbesondere durch die Annahme spezifischer Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit wie des europäischen Rechtsakts zur Barrierefreiheit, und in verschiedene sektorspezifische Rechtsvorschriften Verpflichtungen zur Barrierefreiheit aufgenommen hat, auch in die Verordnungen über die EU-Fonds; in der Erwägung, dass mit dem europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit, der ab dem 28. Juni 2025 gelten wird, erhebliche neue Anforderungen in Bezug auf die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen eingeführt werden;

J.

in der Erwägung, dass die tatsächliche Umsetzung von Maßnahmen im Zusammenhang mit Behinderung einen positiven Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des EU-Binnenmarkts leisten wird und daher eine wesentliche Ressource für die Wirtschaft der EU darstellt;

K.

in der Erwägung, dass die Bewertung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 gezeigt hat, dass sie in einer Reihe von Bereichen zur Verbesserung der Lage beigetragen hat, aber auch deutlich gemacht hat, dass Menschen mit Behinderungen beim Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung, Verkehrsmitteln, baulicher Umwelt, IKT, Beschäftigung und Freizeitaktivitäten sowie bei der Teilhabe am politischen Leben und in anderen Lebensbereichen nach wie vor mit erheblichen Hindernissen konfrontiert sind;

1.   

begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030“ (im Folgenden „Strategie“), mit der sichergestellt werden soll, dass alle Menschen mit Behinderungen in Europa ihre Rechte wahrnehmen können, unter gleichen Bedingungen am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen können und nicht mehr diskriminiert werden, indem die erheblichen Hindernisse, die bei der Bewertung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 aufgezeigt wurden, angegangen werden;

2.   

begrüßt die in der Strategie angekündigte Initiative der Kommission zur Einrichtung des Zentrums „AccessibleEU“ (im Folgenden „Zentrum“); erkennt an, dass das Zentrum die Kohärenz harmonisierter Strategien für die Barrierefreiheit verbessern, deren Umsetzung unterstützen und den Zugang zu einschlägigen Kenntnissen und Fähigkeiten erleichtern soll, indem eine Kultur der Chancengleichheit und der uneingeschränkten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft, auch auf beruflicher Ebene, in einem Raum der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Verwaltungen, Vertretern von Unternehmen, der Zivilgesellschaft der Menschen mit Behinderungen, Sachverständigen für Barrierefreiheit und Nutzern gefördert wird;

3.   

stellt fest, dass nur dann bessere Ergebnisse in Bezug auf die Barrierefreiheit in der Gesellschaft erreicht werden können, wenn das Zentrum dem Konzept des „universellen Designs“ folgt; betont, dass diesem umfassenden Konzept für die Barrierefreiheit gebührend Rechnung getragen werden muss, insbesondere in Bezug auf die physische Umwelt, den Verkehr, Informationen, Kommunikation und Dienstleistungen sowie den Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge und Ausschreibungen; ist der Ansicht, dass dieses Konzept auch eine wirksame Beteiligung aller Interessenträger und Rechteinhaber an ihren Verfahren voraussetzt;

4.   

betont, dass die EU auf der Grundlage des Mandats des Übereinkommens einen umfassenden Rechtsrahmen für die Barrierefreiheit im Binnenmarkt geschaffen hat, der unter anderem den europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit, die Richtlinie über die Barrierefreiheit im Internet, die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste und die Richtlinie über die elektronische Kommunikation sowie technische Spezifikationen für Bahnhöfe und Fahrzeuge umfasst; weist darauf hin, dass die Umsetzungsfristen für einige Aspekte dieses Rechtsrahmens in der Zukunft liegen, und spricht sich dafür aus, dass weitere Anstrengungen unternommen werden, um eine frühzeitige Umsetzung zu erreichen; bedauert jedoch, dass bei der Umsetzung dieser wichtigen Rechtsvorschriften, wo diese bereits vorgeschrieben ist, große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen und sie insgesamt noch nicht zufriedenstellend ist, was vor allem auf den Mangel an qualifizierten Sachverständigen für das Thema Barrierefreiheit zurückzuführen ist; betont daher, dass das allgemeine Wissen sowie das praktische und theoretische Fachwissen der öffentlichen Verwaltungen, der Wirtschaftsteilnehmer und der Gesellschaft im Allgemeinen über Maßnahmen zur Barrierefreiheit verbessert werden müssen, damit in jedem Mitgliedstaat geeignete, nachhaltige und erschwingliche Lösungen gefunden werden können und dadurch die Umsetzung der bestehenden und künftigen Anforderungen zur Barrierefreiheit verbessert werden kann; betont in diesem Zusammenhang, dass das Zentrum eine wichtige Ressource darstellen sollte, um den Mitgliedstaaten in der Umsetzungsphase das entsprechende Wissen und Unterstützung zur Verfügung zu stellen;

5.   

nimmt die Einsetzung von Ad-hoc-Arbeitsgruppen für die Umsetzung bestimmter Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit zur Kenntnis; ist jedoch der Ansicht, dass das Fehlen eines Rahmens für die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der EU, den Mitgliedstaaten, insbesondere öffentlichen Behörden, die die Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit überwachen oder durchsetzen, und einschlägigen Interessenträgern, die bereichsübergreifende Lösungen fördern, wobei es sich um Menschen mit Behinderungen im Wege der sie vertretenden Organisationen, Sachverständige für Barrierefreiheit und die Privatwirtschaft handelt, ein weiteres Hindernis für die Umsetzung der Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit und für die einheitliche Durchsetzung der Rechtsvorschriften in der gesamten EU darstellt;

6.   

fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen für die Einrichtung und den Betrieb des Zentrums zur Verfügung stehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die für die Umsetzung und Durchsetzung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit erforderlichen Ressourcen bereitgestellt werden, auch mithilfe von EU-Mitteln; betont, dass ausreichende Finanzmittel für die Verfolgung wirksamer öffentlicher Strategien zur Barrierefreiheit sowie für die Erzielung von Fortschritten bei einem breiten Spektrum von Themen wie der Sensibilisierung durch Kommunikationsmaßnahmen, insbesondere gegenüber Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, der Anerkennung nicht sichtbarer Behinderungen, der Harmonisierung nationaler Behindertenausweise oder der Standards für die Barrierefreiheit unerlässlich sind;

Aufbau

7.

fordert die Kommission auf, ein Sekretariat und ein Forum einzurichten, die die Arbeit des Zentrums lenken und leiten; betont, dass das Forum für eine ausgewogene Beteiligung von Interessenträgern aus dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft und Rechteinhabern mit angemessener Erfahrung im Bereich der Barrierefreiheit sorgen sollte; betont, dass ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis sichergestellt werden sollte; betont, dass die Beteiligung von Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, als wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Zentrums sichergestellt werden muss, um in Bezug auf seine Tätigkeiten für ein Höchstmaß an Transparenz zu sorgen; ist der Ansicht, dass das Zentrum ein jährliches Arbeitsprogramm veröffentlichen und Mitglieder des Europäischen Parlaments als Vertreter in das Forum einbeziehen sollte;

8.

hebt die besonderen Herausforderungen hervor, die sich in bestimmten Bereichen der Strategien für die Barrierefreiheit ergeben, etwa in den Bereichen bauliche Umwelt, Vergabe öffentlicher Aufträge, digitale Technologien, Medien und Kultur, Verkehr, neue Technologien und Unterstützungstechnologien sowie Produkte und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind; fordert die Kommission auf, spezialisierte Untergruppen von Sachverständigen für bestimmte Bereiche einzusetzen; ist davon überzeugt, dass diese Gruppen eng mit dem Zentrum, den Mitgliedstaaten, Menschen mit Behinderungen und Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, zusammenarbeiten müssen, damit eine bessere Bewertung, Umsetzung, Überwachung und Durchsetzung der Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit erfolgt;

9.

fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Zentren für Barrierefreiheit, die Anlaufstellen umfassen können, und vergleichbare Sachverständigengruppen einzurichten, die gemeinsam mit dem Zentrum an der Umsetzung, Überwachung und Durchsetzung der Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit arbeiten; ist der Ansicht, dass die nationalen Zentren für Barrierefreiheit den Austausch und die Koordinierung zwischen einschlägigen Interessenträgern und Rechteinhabern, einschließlich Wirtschaftsakteuren, Organisationen von Menschen mit Behinderungen und nationaler Behörden, die für die Barrierefreiheit und die Umsetzung sektorspezifischer Rechtsvorschriften zuständig sind, erleichtern sollten; ist überzeugt, dass die Sachverständigen des Zentrums allen einschlägigen Interessenträgern Orientierungshilfen und Schulungen anbieten sollten; ist der Ansicht, dass solche Gruppen dazu beitragen können, Lösungen für die Barrierefreiheit zu finden, bei denen nationalen Besonderheiten Rechnung getragen wird;

Mandat

10.

ist der Ansicht, dass das Zentrum als zentrale Anlaufstelle fungieren sollte, die den einschlägigen Organen und Einrichtungen der EU und ihren Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Unionsrechts regelmäßig Unterstützung und Fachwissen in Bezug auf Maßnahmen zur Barrierefreiheit und technische Anforderungen bereitstellt; ist der Ansicht, dass das Zentrum einen Rahmen für die Zusammenarbeit schaffen und koordinieren sollte, in dem die einschlägigen nationalen und europäischen Einrichtungen mit allen Nutzergruppen zusammenkommen, insbesondere mit Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, Organisationen der Zivilgesellschaft, Hochschulen, Unternehmen und Fachkräften aus allen Bereichen der Barrierefreiheit und der Verbraucherrechte, um eine einheitliche Umsetzung und Durchsetzung in der gesamten EU zu unterstützen, Orientierungshilfen und Schulungen bereitzustellen und auf nationaler und europäischer Ebene Anreize für politische Entwicklungen und Innovationen zu schaffen, unter anderem indem bereichsübergreifend bewährte Verfahren ermittelt werden und ein Austausch darüber stattfindet, sowie Instrumente geschaffen werden, die darauf abzielen, die Umsetzung des Unionsrechts zu erleichtern; ist ferner der Ansicht, dass das Zentrum die Zusammenarbeit zwischen den genannten Einrichtungen und Organisationen mit hochinnovativen Akteuren verbessern könnte, um die Entwicklung von Unterstützungstechnologien zu fördern; ist der Ansicht, dass das Zentrum auch Beratung, einschließlich Leitlinien, für die zuständigen Organe und Einrichtungen der EU und ihre Mitgliedstaaten in Bezug auf ihre internen Strategien und Verfahren zur Barrierefreiheit bereitstellen sollte;

11.

hebt die potenziellen Vorteile des Zentrums bei der Unterstützung der Arbeit der Kommission hervor, unter anderem bei der Ermittlung und Überwindung von Lücken und Unstimmigkeiten in den geltenden Rechtsvorschriften, der Abgabe politischer Empfehlungen für die Aktualisierung und Weiterentwicklung der Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit, der durchgängigen Berücksichtigung der Barrierefreiheit in allen einschlägigen Politikbereichen in der Zuständigkeit verschiedener Generaldirektionen der Kommission, einschließlich der Ermittlung vorrangiger Bereiche, in denen die Barrierefreiheit verbessert werden sollte, der Durchführung von Projekten, mit denen innovative Möglichkeiten der Umsetzung der Barrierefreiheit untersucht werden, der Unterstützung bei der Ausarbeitung technischer Spezifikationen für die Barrierefreiheit und der Unterstützung der Agenturen und Einrichtungen der EU bei Fragen im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit;

12.

ist der Ansicht, dass das Zentrum durch den Rückgriff auf Forschungsarbeiten und Studien wertvolles Wissen generieren sollte, das es der Kommission und den Mitgliedstaaten bereitstellt, und dass es spezialisierte und vergleichbare Informationen und uneingeschränkt zugängliche Daten, einschließlich Rückmeldungen zur Umsetzung der Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit, erheben und zusammenstellen sollte; betont, dass dies dazu beitragen würde, dass die Strategien für die Barrierefreiheit voll und ganz auf den Anforderungen und Erfahrungen der Nutzer beruhen; betont, dass das Zentrum dazu beitragen sollte, Lücken bei der Erhebung statistischer Daten über die Situation von Menschen mit Behinderungen auf nationaler Ebene zu schließen, und dass eine Zusammenarbeit mit einschlägigen Statistikämtern, insbesondere Eurostat, in Betracht gezogen werden sollte;

13.

ist der Ansicht, dass das Zentrum die wichtige Aufgabe haben sollte, der Kommission, den Mitgliedstaaten, Interessenträgern und Rechteinhabern Wissen und Unterstützung für die Umsetzung, Überwachung und Durchsetzung der Strategien für die Barrierefreiheit bereitzustellen und dazu unter anderem Schulungen und Leitfäden in allen Amtssprachen der EU und in einer barrierefreien, verständlichen und einfach zu lesenden Sprache anzubieten;

14.

betont, dass das Zentrum dazu beitragen sollte, Unstimmigkeiten zwischen dem Übereinkommen und den politischen Maßnahmen der EU zu überwinden, und dadurch die Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung des vorrangigen Ziels, das Beschäftigungsniveau unter Menschen mit Behinderungen zu erhöhen, unterstützen sollte; weist darauf hin, dass die EU und die Mitgliedstaaten in diese Tätigkeit zur durchgängigen Berücksichtigung einbezogen werden müssen, auch durch enge Zusammenarbeit mit Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft, Behörden und der Privatwirtschaft;

15.

stellt fest, dass für die Umsetzung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit ein hohes Maß an technischem Fachwissen erforderlich ist und dieses Thema nicht ausreichend in den Lehrplänen für Hochschulen berücksichtigt wird, was zu einem Mangel an qualifizierten Sachverständigen für Barrierefreiheit in allen Bereichen des öffentlichen Sektors und der Privatwirtschaft beiträgt; betont, dass das Zentrum die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung spezieller Bildungsprogramme zu Themen im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit unterstützen und Schulungen für Fachkräfte, Beamte der EU und der Mitgliedstaaten sowie einschlägige Interessenträger und Rechteinhaber anbieten sollte, um das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen;

16.

bedauert, dass Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen aufgrund des derzeitigen Normungssystems nicht in angemessener Weise gleichberechtigt mit anderen Interessenträgern an den Tätigkeiten europäischer und einzelstaatlicher Normungsgremien mitwirken können, wenn Normen für die Barrierefreiheit ausgearbeitet werden; fordert daher eine bessere Vertretung innerhalb des Normungssystems und eine ausgewogene Vertretung unter den benannten Sachverständigen, damit mit den Rechtsvorschriften und Normen der Union im Bereich der Barrierefreiheit ein angemessenes Ergebnis erzielt wird; ist der Ansicht, dass dem Zentrum im Normungssystem eine wichtige Rolle zukommen sollte und dass es der Kommission Fachwissen zur Verfügung stellen könnte, wenn sich diese an der Arbeit der Normungsausschüsse beteiligt, unter anderem durch die Bereitstellung von Beratung durch Normungssachverständige von Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, und, sofern möglich, durch Unterstützung der Kommission bei der Ausarbeitung von technischen Spezifikationen und Aufträgen für europäische Normen und entsprechende Dokumente gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 (19), unter anderem durch die Einbeziehung aller einschlägigen Interessenträger und Rechteinhaber; ist der Ansicht, dass die Einbeziehung des Zentrums Menschen mit Behinderungen im Hinblick auf die Freizügigkeit innerhalb der EU eindeutige Vorteile bieten und sie in die Lage versetzen würde, ihr Recht darauf, frei zu arbeiten, zu leben und zu reisen, wahrzunehmen;

17.

fordert die Kommission auf, innerhalb von fünf Jahren nach der Einrichtung des Zentrums eine Bewertung durchzuführen, um seine Wirksamkeit und den Mehrwert im Hinblick auf die Verbesserung der Maßnahmen zur Barrierefreiheit in der EU zu bewerten; betont, dass die Kommission auf der Grundlage dieser Bewertung geeignete Maßnahmen ergreifen sollte, um das Zentrum anzupassen und zu verbessern, und dabei auch die Möglichkeit prüfen sollte, eine Agentur einzurichten, falls die im Mandat des Zentrums aufgeführten Ziele nicht erreicht werden; fordert die Kommission auf, die Arbeit des Zentrums und seine Erfolge durch jährliche Berichte zu überwachen, die dem Europäischen Parlament vorzulegen sind;

o

o o

18.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. L 23 vom 27.1.2010, S. 35.

(2)  ABl. C 340 vom 15.12.2010, S. 11.

(3)  ABl. C 137 E vom 27.5.2010, S. 68.

(4)  ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 8.

(5)  ABl. L 172 vom 17.5.2021, S. 1.

(6)  ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70.

(7)  ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1.

(8)  ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36.

(9)  ABl. L 115 vom 13.4.2022, S. 1.

(10)  ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1.

(11)  ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65.

(12)  ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 11.

(13)  ABl. L 48 vom 21.2.2018, S. 1.

(14)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 1.

(15)  ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1.

(16)  ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 1.

(17)  ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1.

(18)  ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 110.

(19)  Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur europäischen Normung (ABl. L 316 vom 14.11.2012, S. 12).


Mittwoch, 5. Oktober 2022

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/29


P9_TA(2022)0343

Lage von Roma-Gemeinschaften, die in Siedlungen in der EU leben

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zur Lage von Roma-Gemeinschaften, die in Siedlungen in der EU leben (2022/2662(RSP))

(2023/C 132/04)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Europäische Sozialcharta,

unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere in Bezug auf eindeutig diskriminierende Praktiken der schulischen Segregation von Roma-Kindern, sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (1),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (3) (Abfallrahmenrichtlinie),

unter Hinweis auf den Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (4),

unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung,

unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte und die Mitteilung der Kommission vom 4. März 2021 zum Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte (COM(2021)0102),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Februar 2011 zur EU-Strategie zur Integration der Roma (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Dezember 2013 zu geschlechtsspezifischen Aspekten des europäischen Rahmens für die nationalen Strategien zur Integration der Roma (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2019 zu der Notwendigkeit eines verstärkten strategischen Rahmens der EU für nationale Strategien zur Integration der Roma und für eine intensivere Bekämpfung des Antiziganismus für die Zeit nach 2020 (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Juni 2020 zu der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020 (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. September 2020 zur Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma: Bekämpfung der negativen Einstellung gegenüber Menschen mit Roma-Hintergrund in Europa (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu dem Zugang zu angemessenem und erschwinglichem Wohnraum für alle (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2021 zu den Rechten des Kindes im Hinblick auf die EU-Kinderrechtsstrategie (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. April 2022 zu dem Schutz von Kindern und jungen Menschen, die aufgrund des Krieges in der Ukraine fliehen, durch die EU (12),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 4. Dezember 2018 mit dem Titel „Bericht über die Evaluierung des EU-Rahmens für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020“ (COM(2018)0785),

unter Hinweis auf die Zweite Erhebung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) über Minderheiten und Diskriminierung in der Europäischen Union (EU-MIDIS II),

unter Hinweis auf den Überwachungsrahmen der FRA bezüglich eines strategischen Rahmens der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma,

unter Hinweis auf das Bulletin der FRA vom 29. September 2020 mit dem Titel „Coronavirus pandemic in the EU — Impact on Roma and Travellers“ (Coronavirus-Pandemie in der EU — Auswirkungen auf Roma und Fahrende),

unter Hinweis auf die Erklärung des FEANTSA (Europäischer Verband der nationalen Vereinigungen im Bereich der Obdachlosenhilfe) vom 26. Oktober 2020 mit dem Titel „The Housing Situation for Roma in the EU Remains Difficult“ (Die Wohnsituation von Roma in der EU bleibt schwierig),

unter Hinweis auf das Briefing des European Network on Statelessness vom 10. März 2022 mit dem Titel „Stateless people and people at risk of statelessness forcibly displaced from Ukraine“ (Aus der Ukraine vertriebene Staatenlose und von Staatenlosigkeit bedrohte Menschen),

unter Hinweis auf das Positionspapier von UNICEF vom Juni 2012 mit dem Titel „The right of Roma Children to Education“ (Das Recht von Roma-Kindern auf Bildung),

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 14/2016 des Europäischen Rechnungshofs vom 28. Juni 2016 mit dem Titel „Politische Initiativen und finanzielle Unterstützung der EU für die Integration der Roma: Trotz bedeutender Fortschritte in den letzten zehn Jahren bedarf es in der Praxis zusätzlicher Bemühungen“,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. September 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025“ (COM(2020)0565),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Oktober 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategischer Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma“ (COM(2020)0620),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. November 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für Integration und Inklusion“ (COM(2020)0758),

unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 12. März 2021 zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma (13),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. März 2021 mit dem Titel „EU-Kinderrechtsstrategie“ (COM(2021)0142),

unter Hinweis auf die Empfehlung (EU) 2021/1004 des Rates vom 14. Juni 2021 zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder (14),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025“ (COM(2020)0152),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2021 mit dem Titel „Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030“ (COM(2021)0101),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (COM(2008)0426),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (15) (Richtlinie über vorübergehenden Schutz),

unter Hinweis auf die Anfragen an den Rat und die Kommission zur Lage von Roma-Gemeinschaften, die in Siedlungen in der EU leben (O-000022/2022 — B9-0018/2022 und O-000023/2022 — B9-0019/2022),

gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

A.

in der Erwägung, dass die Werte der EU in einer Gesellschaft, in der Vielfalt, Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichstellung der Geschlechter geachtet werden, vorherrschend sind; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten in der besonderen Verantwortung stehen, diese Werte für alle Menschen, einschließlich Roma, sicherzustellen;

B.

in der Erwägung, dass der Begriff „Roma“ als Oberbegriff verwendet wird und ein breites Spektrum unterschiedlicher Menschen mit Romani-Hintergrund, wie etwa Roma, Sinti, Kalé, Romanichels und Bojash/Rudari, bezeichnet; in der Erwägung, dass er auch Gruppen wie Aschkali, Ägypter, Jenische, Dom, Lom, Rom und Abdal sowie Fahrende, einschließlich ethnischer Fahrender oder Personen, die unter dem Verwaltungsbegriff „gens du voyage“ geführt werden, sowie Menschen, die sich als „Gypsies“, „Tsiganes“ oder „Tziganes“ bezeichnen, umfasst — ohne dass damit den Gruppen ihre besonderen Merkmale abgesprochen werden sollen;

C.

in der Erwägung, dass die Roma die größte ethnische Minderheit in Europa sind; in der Erwägung, dass eine unannehmbar hohe Zahl von Roma in Europa nach wie vor in Armut lebt und sozial ausgegrenzt ist, was zu äußerst prekären und unsicheren Lebensbedingungen auf engstem Raum in segregierten ländlichen und städtischen Gebieten führt; in der Erwägung, dass das Problem der Roma, die in Siedlungen leben, nicht auf ein Land beschränkt ist und daher ein europäisches Problem ist und als solches angegangen werden muss; in der Erwägung, dass die räumliche Segregation eine wichtige Ursache für den ungleichen Zugang zu Gesundheitsversorgung, frühkindlicher Betreuung und Bildung, Beschäftigung und wesentlichen Dienstleistungen wie dem Zugang zu Straßen, Wasserversorgung, dem Zugang zu sanitären Anlagen, Abwasserentsorgung, Stromversorgung sowie Abfallentsorgung ist und dass sie diese Ungleichheiten noch verstärkt; in der Erwägung, dass sie nicht nur physische und wirtschaftliche, sondern auch psychische und soziale Folgen für Einzelpersonen und Gemeinschaften nach sich zieht; in der Erwägung, dass die generationenübergreifende Armut in Roma-Siedlungen sozioökonomischen Ursprungs ist und schwerwiegende Auswirkungen auf die physische und mentale Gesundheit, das Wohlbefinden und die Lebenschancen der Roma sowie die Wahrung ihrer grundlegenden Menschenrechte hat;

D.

in der Erwägung, dass Roma in höherem Maße einer niedrigen Erwerbsintensität, prekären Beschäftigungen und Arbeitslosigkeit ausgesetzt sind und oft in untypischen oder prekären Beschäftigungsverhältnissen tätig sind, die ihren Zugang zu Arbeitslosenversicherung und Rentenansprüchen einschränken; in der Erwägung, dass den Roma keine Beschäftigungsnetzwerke zur Verfügung stehen und dass sie beim Zugang zu Beschäftigung und am Arbeitsplatz unter Diskriminierung leiden und außerdem in sozioökonomisch benachteiligten Gebieten konzentriert sind; in der Erwägung, dass die 6 Mio. Roma, die in der EU leben, einen erheblichen und wachsenden Teil ihrer Bevölkerung ausmachen und über ein enormes Potenzial verfügen, das nur ausgeschöpft werden kann, wenn ihre Beschäftigungssituation und ihre soziale Eingliederung verbessert werden;

E.

in der Erwägung, dass der EU-MIDIS II zufolge nur eine von vier Roma-Personen ab 16 Jahren angab, als Hauptaktivität beschäftigt oder selbstständig zu sein, und dass Roma-Frauen wesentlich niedrigere Beschäftigungsquoten aufweisen als Roma-Männer — 16 % gegenüber 34 %; in der Erwägung, dass die Lage junger Menschen besonders besorgniserregend ist, da die NEET-Quote der Roma (junge Menschen, die weder arbeiten noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren) durchschnittlich 63 % beträgt, während der EU-Durchschnitt bei 12 % liegt; in der Erwägung, dass für diese Altersgruppe die Ergebnisse außerdem ein beträchtliches geschlechtsspezifisches Gefälle zeigten: 72 % der jungen Roma-Frauen sind — im Vergleich zu 55 % der jungen Roma-Männer — als NEET eingestuft; in der Erwägung, dass dies in starkem Gegensatz zum Rest der Bevölkerung (35 %) steht; in der Erwägung, dass der Erhebung zufolge 80 % der Roma unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle ihres Landes leben; in der Erwägung, dass jede dritte Roma-Person in einer Unterkunft ohne fließendes Wasser und jede zehnte Roma-Person in einer Unterkunft ohne Strom lebt; in der Erwägung, dass jedes dritte Roma-Kind mindestens einmal im Monat miterlebt, dass ein Familienmitglied hungrig zu Bett geht, und dass fast die Hälfte der Roma im Alter zwischen 6 und 24 Jahren keine Schule besucht hat;

F.

in der Erwägung, dass aufgrund des Fehlens bedeutender politischer Maßnahmen oder Investitionen sowie der begrenzten Verfügbarkeit und schlechten Qualität von Sozialwohnungen, der Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und der Segregation die Kluft zwischen Roma und Nicht-Roma beim Zugang zu Wohnraum nahezu unverändert ist (16);

G.

in der Erwägung, dass Roma, die in Siedlungen leben, Zugang zu menschenwürdigem Wohnraum haben sollten, der zugänglich, erschwinglich, umwelt- und gesundheitsverträglich ist und der Segregation entgegenwirkt;

H.

in der Erwägung, dass der tief verwurzelte strukturelle und institutionelle Antiziganismus auf allen Ebenen der europäischen Gesellschaft fortbesteht und die Roma weitgehend daran hindert, ihre Grundrechte als EU-Bürgerinnen und -Bürger in allen Lebensbereichen, einschließlich Beschäftigung, Zugang zu Wohnraum, Bildung, Gesundheitsversorgung, Pflege und Betreuung, sozialem Schutz und anderen wichtigen öffentlichen Diensten, in vollem Umfang wahrzunehmen; in der Erwägung, dass 41 % der Roma in den neun EU-Mitgliedstaaten, in denen die Erhebung EU-MIDIS II durchgeführt wurde, zumindest in einem Bereich des täglichen Lebens, beispielsweise bei der Arbeitssuche, auf der Arbeit oder im Wohnungs-, Gesundheits- und Bildungswesen, Diskriminierung aufgrund ihres Roma-Hintergrundes erfahren haben; in der Erwägung, dass die Integration der Roma ein Gespür für lokale Zusammenhänge, die ethnische und sozioökonomische Vielfalt der Roma untereinander und die Hemmnisse für soziale Mobilität sowie für intersektionale Diskriminierung, insbesondere in Bezug auf Alter, Geschlecht und Behinderung, erfordert; in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter und die Situation von Roma-Kindern und -Jugendlichen zwei zentrale Interventionsbereiche für die soziale Eingliederung von Roma sind, die sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene unzureichend angegangen werden;

I.

in der Erwägung, dass die Lage in Roma-Siedlungen im Widerspruch zu den Menschen- und Grundrechten, die in den Verträgen der EU, der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Sozialcharta, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verankert sind, und den in der europäischen Säule sozialer Rechte anerkannten Grundsätzen steht; in der Erwägung, dass es besorgniserregend ist, dass diese Rechte im Hinblick auf in Siedlungen lebende Roma in der Praxis nicht geachtet werden;

J.

in der Erwägung, dass es sich bei dem Teufelskreis der generationenübergreifenden Armut in marginalisierten Roma-Siedlungen um ein komplexes Phänomen handelt, das in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Interessenträgern horizontal in verschiedenen miteinander verknüpften Politikbereichen umfassend angegangen werden muss; in der Erwägung, dass umfassende Anstrengungen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene in Zusammenarbeit mit Initiativen von Organisationen der Zivilgesellschaft, einschließlich karitativer und kirchlicher Organisationen, Sozialpartnern und privaten Akteuren, erforderlich sind, um wirksame Lösungen zu finden und dabei von bewährten Verfahren und innovativen Lösungen der Mitgliedstaaten zu lernen und diese in großem Umfang umzusetzen;

K.

in der Erwägung, dass viele lokale und regionale Behörden und Vertreter der Zivilgesellschaft im Laufe der Zeit mit bewährten und innovativen Ansätzen und Projekten aktiv mit Roma, die in Siedlungen leben, zusammengearbeitet haben, die verfügbaren europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) jedoch häufig nicht in Anspruch genommen wurden, da die Verfahren sehr aufwendig und komplex sind; in der Erwägung, dass das Fehlen eines partnerschaftlichen Ansatzes, die späte Erstattung von Zahlungsanträgen, die für ESI-Fonds-Zahlungen an Begünstigte am häufigsten genutzte Option eines Erstattungssystems, die zur Folge hat, dass Begünstigte von ihren eigenen Ressourcen abhängig sind, langwierige und wiederholte Prüfungen bei öffentlichen Auftragsvergaben, mangelnde Kohärenz bei den Ergebnissen der Kontrollen, was dazu führt, dass die Begünstigten für Fehler verantwortlich gemacht werden, die die Rückzahlung von Finanzmitteln erfordern können, wodurch die Gefahr besteht, dass Mittel aus anderen Bereichen umgewidmet werden müssen oder sogar die Zahlungsunfähigkeit eintritt, die mangelnde Einbeziehung von und Zusammenarbeit mit Begünstigten während des Ausschreibungsverfahrens seitens der Kontrolleure leitender oder zwischengeschalteter Stellen und die Festlegung willkürlicher Beschränkungen oder Anforderungen für unterschiedliche Projektelemente als die häufigsten Hindernisse für den Zugang zu ESI-Fonds ermittelt wurden;

L.

in der Erwägung, dass die Roma beim Zugang zu Gesundheitsdiensten unverhältnismäßigen Hindernissen begegnen, die durch eine mangelnde Krankenversicherung oder fehlende Ausweisdokumente, Diskriminierung durch Gesundheitspersonal und Segregation in Gesundheitseinrichtungen noch verschärft werden; in der Erwägung, dass anhaltende gesundheitliche Ungleichheiten, einschließlich der besonderen gesundheitlichen Auswirkungen räumlicher Segregation und von Wohnverhältnissen auf engstem Raum, Roma in eine prekäre Lage bringen;

M.

in der Erwägung, dass sich alle 27 Mitgliedstaaten dazu verpflichtet haben, auf die Beseitigung der Obdachlosigkeit bis 2030 hinzuarbeiten, indem sie die Erklärung von Lissabon vom Juni 2021 unterzeichnet und die Europäische Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit eingerichtet haben, deren Ziel es ist, Maßnahmen auf der Grundlage eines personenorientierten, integrierten Ansatzes für den Zugang zu Wohnraum zu fördern;

N.

in der Erwägung, dass die EU erhebliche finanzielle Unterstützung für Maßnahmen der sozialen Integration, darunter auch Maßnahmen für die Förderung der Integration von Roma, insbesondere für die am stärksten benachteiligten, bereitstellt; in der Erwägung, dass aus Planungsunterlagen der Mitgliedstaaten hervorgeht, dass im Programmplanungszeitraum 2014-2020 1,5 Mrd. EUR für die sozioökonomische Integration marginalisierter Bevölkerungsgruppen zweckgebunden wurden (17);

O.

in der Erwägung, dass auf allen Bildungsebenen eine anhaltende Kluft zwischen Roma und Nicht-Roma besteht; in der Erwägung, dass der EU-MIDIS II zufolge 2018 nur 53 % der Roma-Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahren frühkindliche Bildung zuteilwurde; in der Erwägung, dass es trotz des gesetzlichen Verbots solcher Praktiken und ihrer Unvereinbarkeit mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu einer weitverbreiteten Segregation von Roma-Schülerinnen und -Schülern in Schulen kommt; in der Erwägung, dass eine solche Segregation im Bildungsbereich in der Regel drei verschiedene Formen annimmt: unverhältnismäßig viele Roma-Kinder, die „Sonderschulen“ für Kinder mit geistigen Behinderungen besuchen, gesonderte Klassen oder Bereiche für Roma-Schülerinnen und -Schüler in „gemischten Schulen“ sowie die Verbreitung von „Gettoschulen“; in der Erwägung, dass Roma-Kinder mit zusätzlichen Hindernissen für die gleichberechtigte Beteiligung an der Bildung konfrontiert sind, einschließlich der Unfähigkeit, für die Kosten im Zusammenhang mit Bildung (einschließlich frühkindlicher Bildung und Betreuung) aufzukommen, räumlicher Segregation, mangelnder Kinderbetreuungseinrichtungen in der Nähe oder des ungleichen bzw. nicht vorhandenen Zugangs zu Online- und/oder Fernunterricht; in der Erwägung, dass Armut und mangelnder Zugang zu grundlegenden Diensten beträchtliche Auswirkungen auf die körperliche, geistige und emotionale Entwicklung von Kindern haben und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass diese im Erwachsenenleben in jeder Hinsicht zurückbleiben;

P.

in der Erwägung, dass eine geringe Teilnahme an vorschulischer Bildung eine Hauptursache für die Quoten eines vorzeitigen Schulabbruchs unter Roma ist und dass die Situation durch den späten Beginn der Schulbildung und den unregelmäßigen Schulbesuch zusätzlich verschärft wird; in der Erwägung, dass es zumeist an den Übergängen zwischen verschiedenen Schularten zu vorzeitigen Abbrüchen kommt; in der Erwägung, dass die Teilnahme an der Sekundarstufenbildung durch Faktoren wie die Anfahrt und die Segregation im Wohnungswesen sowie schlecht funktionierende Beratungsangebote erschwert wird; in der Erwägung, dass Bildungsunterschiede überdies noch durch die wachsende digitale Kluft zwischen Roma-Kindern und anderen Kindern verschlimmert werden;

Q.

in der Erwägung, dass Roma während der Pandemie aufgrund festgefahrener gesundheitlicher und sozialer Ungleichheiten höheren Risiken einer COVID-19-Erkrankung ausgesetzt und unverhältnismäßig stark von den Maßnahmen zur Eindämmung des Virus betroffen waren; in der Erwägung, dass die negativen sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die Roma-Bevölkerung in der EU besonders schädlich waren, da ein hoher Anteil der Roma in der informellen Wirtschaft und der Saisonarbeit tätig ist und bei der Gestaltung von Strategien zur Abmilderung der Folgen der Gesundheitskrise zu wenige an ihre spezifische Situation angepasste Maßnahmen ergriffen wurden; in der Erwägung, dass die Pandemie zu öffentlichen Schuldzuweisungen und zu Hetze gegen Roma geführt hat; in der Erwägung, dass die gesundheitliche Notlage erneut eine kritische Diskrepanz zwischen dem Ausmaß der Bedürfnisse auf lokaler Ebene und der Fähigkeit, auf sie einzugehen, aufgedeckt und deutlich gemacht hat, dass unverzüglich langfristige politische Maßnahmen ergriffen werden müssen, insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Zugang zu Wohnraum (18);

R.

in der Erwägung, dass sich die Erhebung von Gleichstellungsdaten auf die Erhebung aller Arten von disaggregierten Daten bezieht, die verwendet werden, um die komparative Situation bestimmter diskriminierungsgefährdeter Gruppen zu bewerten, um politische Maßnahmen der öffentlichen Hand zu konzipieren, die zur Förderung der Gleichstellung beitragen, und um ihre Umsetzung auf der Grundlage von Fakten und nicht von bloßen Annahmen zu bewerten; in der Erwägung, dass die Planung, Umsetzung, Überwachung und Bewertung europäischer und nationaler Maßnahmen für die soziale Inklusion von Roma durch den Mangel an umfassenden und hochwertigen Daten, die nach Ethnizität aufgeschlüsselt sind, beeinträchtigt wurden;

S.

in der Erwägung, dass viele Roma in Gebieten leben, in denen sie unverhältnismäßig stark von Umweltzerstörung und Umweltverschmutzung durch Schutthalden und Abfalldeponien oder kontaminierte Flächen betroffen sind und keinen Zugang zu grundlegsenden Umweltdienstleistungen und öffentlichen Versorgungsleistungen haben;

T.

in der Erwägung, dass Roma-Frauen mehrfachen und sich überschneidenden Formen der Diskriminierung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts und ihres sozialen Status sowie geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind, was während der COVID-19-Pandemie besonders deutlich wurde; in der Erwägung, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen sichergestellt und gefördert werden muss, auch bei der Teilnahme am Arbeitsmarkt, den Beschäftigungsbedingungen, den Löhnen und Gehältern, der Bildung und Weiterbildung, dem Berufswechsel und dem beruflichen Aufstieg;

U.

in der Erwägung, dass etwa zwischen 10 % und 20 % der 400 000 Roma, die Schätzungen zufolge in der Ukraine leben, staatenlos sind oder von Staatenlosigkeit bedroht sind (19); in der Erwägung, dass Roma-Flüchtlinge, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen und keine Dokumente besitzen, die ihre ukrainische Staatsangehörigkeit oder ihren Aufenthaltsstatus belegen, in einer besonders prekären Lage sind;

Handlungsbedarf auf nationaler Ebene

1.

bedauert, dass es in der EU immer noch Menschen gibt, die keinen Zugang zu sicheren und menschenwürdigen Wohnverhältnissen, sauberem Trinkwasser, Strom, sanitären Einrichtungen, Abwasser- und Abfallbehandlungsanlagen, Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsversorgung und Pflegeleistungen haben; ist zutiefst besorgt über die erhebliche Diskrepanz zwischen den Erklärungen und Verpflichtungen zu einem starken sozialen Europa und den Gegebenheiten vor Ort, auch vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, die die mangelnden Fortschritte bei der Verbesserung des Zugangs zur grundlegenden Infrastruktur im vorangegangenen Programmplanungszeitraum deutlich gemacht hat; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Situation der Roma, die in Siedlungen leben, dringend umfassend und wirksam anzugehen und angemessene kurz- und langfristige Maßnahmen zu ergreifen, die durch ausreichende Finanzmittel der EU und der Mitgliedstaaten unterstützt werden, um sicherzustellen, dass die Roma in der EU und in den Nachbarländern nicht zurückgelassen werden; hebt hervor, dass solch katastrophale Bedingungen sowie die negativen psychologischen und soziologischen Auswirkungen der Segregation nicht nur die in den Siedlungen lebenden Menschen betreffen, sondern auch Auswirkungen auf die breitere Gemeinschaft haben;

Wohnsituation

2.

betont, dass der Zugang zu menschenwürdigem, diskriminierungsfreiem Wohnraum der entscheidende Faktor ist, um den Teufelskreis der generationenübergreifenden Armut und sozialen Ausgrenzung zu durchbrechen; stellt fest, dass der Zugang zu Wohnraum eine Voraussetzung für die Menschenwürde ist und in einem engen Zusammenhang mit einer uneingeschränkten Wahrnehmung der Menschenrechte steht; erkennt an, dass die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, dass schlechte Wohnbedingungen ein Systemrisiko für das öffentliche Gesundheitswesen darstellen und Roma, insbesondere Roma-Frauen, unverhältnismäßig stark belasten; bekräftigt seine Forderung an die Mitgliedstaaten, Obdachlosigkeit zu verhindern und zu bekämpfen und Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt anzugehen durch den Einsatz von langfristigen Lösungen in Form von angemessenen Sozialwohnungen, Programmen für erschwingliche Mietwohnungen und gezielten Mietzuschüssen, die Teil integrierter nationaler Strategien sind, deren Schwerpunkt auf Ansätzen für den Zugang zu Wohnraum und „Housing First“-Konzepten liegt und die den Bürgern einen wirksamen und gleichwertigen Zugang zu angemessenem, diskriminierungsfreiem Wohnraum und zu grundlegenden Diensten gewährleisten; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Konzept des „angemessenen Wohnraums“ für alle, einschließlich Roma, gemäß der Definition der Vereinten Nationen (20) umzusetzen; fordert, dass zur Beseitigung der Segregation Konzepten Vorrang eingeräumt wird, bei denen eingebundene Sozialwohnungen genutzt werden oder in diese investiert wird sowie zugängliche, hochwertige soziale Dienste und hochwertige Sozialarbeit vor Ort finanziert werden, die die Mitglieder der Roma-Gemeinschaft konsultieren und einbeziehen, damit Roma Siedlungen verlassen können; hebt die Verwendung von elektronischen Zahlkarten für den Erhalt von Sozialleistungen in Verbindung mit der erforderlichen digitalen Infrastruktur als zusätzliches Instrument für ein solides Finanzmanagement für in Siedlungen lebende Roma hervor, um ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten und die Möglichkeit zu schaffen, diese Leistungen zu nutzen, um Zugang zu Finanzmitteln, z. B. durch Mikrokredite, zu erhalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre mögliche Verwendung dringend zu prüfen; betont, dass elektronische Zahlkarten eine der Lösungen sein können, um sozioökonomische Probleme im Zusammenhang mit Wucher, Drogenmissbrauch und Glücksspiel in den Siedlungen zu bekämpfen;

3.

räumt ein, dass sich viele Roma-Siedlungen auf unsicherem, riskantem und illegal besetztem Land befinden, was ein großes Hindernis für die Suche nach einem wirksamen Weg zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Roma darstellt und EU-Investitionen verhindert; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Problem in enger Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Behörden zentralisiert und auf nationaler Ebene durch die Umsetzung wohnungspolitischer Maßnahmen, auch durch Sozialwohnungen und innovative Maßnahmen, anzugehen;

Bildung

4.

betont, wie wichtig die vorschulische Bildung für den Erfolg in den weiteren Bildungsstufen, für die erfolgreiche Suche nach einer angemessenen und hochwertigen Beschäftigung und für das Durchbrechen des Kreislaufs der Benachteiligung ist; stellt fest, dass es sowohl erhebliche Unterschiede beim Besuch von vorschulischen Bildungseinrichtungen zwischen Roma-Kindern und anderen Kindern als auch einen Zusammenhang zwischen Wohn- und Bildungssegregation gibt und beides die Schulabbrecherquote maßgeblich beeinflusst; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Barcelona-Ziele möglichst zügig zu erreichen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Förderung und Erleichterung der Vorschule für Roma-Kinder liegen sollte; fordert die Kommission weiter auf, die Unterschiede in dem Zugang zu hochwertiger Kinderbetreuung zwischen Roma-Kindern und anderen Kindern in der zukünftigen Überarbeitung der Barcelona-Ziele innerhalb des Pakets zur europäischen Pflege- und Betreuungsstrategie anzugehen; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, allen Roma-Kindern, die in Siedlungen leben, einen effektiven und kostenlosen Zugang zu Kindergärten zu garantieren, um ihre Teilhabe im Einklang mit der Europäischen Garantie für Kinder sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Ungleichheiten im Zugang zu Bildung auf allen Ebenen und das Schulabbruchsrisiko systematisch zu überwachen, um rechtzeitig Maßnahmen sowohl in Form von pädagogischer Hilfe und individueller Beratung als auch in Form von außerschulischen Aktivitäten für Kinder und ihre Eltern ergreifen zu können; betont, dass eine sinnvolle Einbindung von Roma-Eltern auch dabei helfen würde, das Risiko des vorzeitigen Schulabbruchs anzugehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen und Programme einzurichten, um junge Roma-Schüler, die ihre Pflichtschulbildung abgeschlossen haben, zum Beispiel durch spezielle Zuwendungen zu motivieren, ihre Sekundarbildung abzuschließen;

5.

bedauert die anhaltende Segregation von Roma-Kindern in Sonderschulen und Programmen außerhalb des regulären Bildungssystems, die oftmals auf Fehldiagnosen einer Behinderung auf der Grundlage der Ergebnisse von kulturell und sprachlich voreingenommenen Tests zurückzuführen ist; betont, dass eine standardisierte psychologische Prüfung, die in manchen Mitgliedstaaten genutzt wird, nicht als ausschließendes Instrument verwendet werden sollte, um den Eintritt in reguläre Schulprogramme zu verzögern; fordert die Mitgliedstaaten auf, Mechanismen einzurichten, mit denen die Diagnoseentscheidungen überprüft und falls erforderlich rückgängig gemacht werden können; bedauert darüber hinaus die anhaltende Diskriminierung und Segregation von Roma-Kindern innerhalb der Regelschulen in mehreren Mitgliedstaaten, unter anderem durch getrennte Klassen und Etagen, die Segregation innerhalb von Klassen und getrennte Mahlzeiten; betont, dass ein getrennter Unterricht auf reduzierten Lehrplänen basiert, was Roma-Schüler selten in die Lage versetzt, in das allgemeine Schulsystem, die höhere Bildung oder eine nachfolgende Beschäftigung einzutreten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Praktiken der fortwährenden Segregation von Roma-Kindern zu beseitigen, umfassende Strategien zur Aufhebung der Segregation mit klaren Zielen und ausreichenden Ressourcen für ihre Umsetzung mit klaren und ehrgeizigen Zeitplänen zu verwirklichen, inklusive Lernmethoden einzuführen, den uneingeschränkten Zugang von Roma-Kindern zu schulischen Aktivitäten zu gewährleisten und Antidiskriminierungskampagnen in Schulen durchzuführen; fordert die Mitgliedstaaten auf, den besonderen Bildungsbedürfnissen von Roma-Kindern und schutzbedürftigen Kindern Vorrang zu geben, um ihr Recht auf Teilhabe, Bildung und gute Lernergebnisse zu gewährleisten, die Bildungslücke zwischen Roma und anderen wirksam zu verringern und Segregation zu verhindern; betont, dass es wichtig ist, Roma-Kinder in die offiziellen nationalen Regelschulen zu integrieren, einschließlich in solche für die Berufsbildung und die Weiterbildung;

6.

bedauert, dass Schulen, in denen Roma die Mehrheit stellen, unzureichende Finanzmittel, Einrichtungen und Lehrpläne haben; fordert die Mitgliedstaaten auf, in die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften zu investieren, um ihre Fähigkeit zu verbessern, Roma-Kindern einen angemessenen Unterricht zu erteilen, der insbesondere auf die Sensibilität für die Kultur und Identität der Roma, die Nichtdiskriminierung als Menschenrecht und positive Strategien zur Förderung von Toleranz und zur Bekämpfung von diskriminierendem Verhalten und Antiziganismus (21) ausgerichtet ist, welche zu Vorurteilen und auf falschen Annahmen beruhenden Ansichten über die Lernfähigkeit und -bereitschaft von Roma-Kindern beitragen und zu geringen akademischen Erwartungen führen; fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Finanzmittel für erstklassige Lehrassistenten bereitzustellen und dadurch die reibungslose Integration von Kindern aus Roma-Siedlungen in die Regelschulbildung sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, an Schulen umfassende und altersgemäße Sexualerziehung sowie eine Erziehung zu verantwortungsvoller Elternschaft für junge Menschen einzuführen, auch um Schwangerschaften von minderjährigen Roma-Mädchen, die in Siedlungen leben, was den Teufelskreis der generationenübergreifenden Armut weiter verstärkt, zu verhindern;

7.

betont, dass die Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung von COVID-19 bestehende Ungleichheiten in der Bildung in einigen Mitgliedstaaten weiter verstärkt haben, wodurch die Roma-Kinder, insbesondere solche, die in abgetrennten Roma-Siedlungen leben, aufgrund eines fehlenden Zugangs zu digitaler Infrastruktur, Anbindung und digitalen Lehrmaterialien keinen Zugang zu Online-Bildung hatten; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die für die Bekämpfung von COVID-19 bereitgestellten EU-Nothilfefonds, wie sie beispielsweise im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität bereitgestellt werden, speziell die Bedürfnisse von Roma-Kindern und gefährdeten Kindern berücksichtigen und hochwertige, erschwingliche Dienstleistungen in Roma-Gemeinschaften sicherstellen, auch durch spezifische Indikatoren in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen; fordert die Mitgliedstaaten auf, neue Wege der Inklusion und Einbindung von Roma-Kindern in die digitale Bildung zu beschreiten, einschließlich größerer Investitionen in die Verbesserung der Zugänglichkeit der digitalen Infrastruktur und der digitalen Kompetenzen, um sie auf das digitale Zeitalter vorzubereiten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bildung von Roma-Frauen und -Mädchen zu unterstützen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Bedeutung der MINT-Fächer liegen sollte, und gegen die Schulabbrecherquote vorzugehen;

Gesundheit und Umwelt

8.

ist sehr besorgt über die höhere Säuglingssterblichkeit in der Roma-Bevölkerung im Vergleich zu der restlichen Bevölkerung, insbesondere bei Roma, die in Siedlungen leben; betont, dass Kinder in Roma-Siedlungen in Armut und in ein Umfeld hineingeboren werden, das einer gesunden körperlichen und psychosozialen Entwicklung nicht förderlich ist; fordert die Kommission auf, die Investitionen und die Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder und der in den nationalen Aktionsplänen für Roma-Kinder festgelegten spezifischen Ziele durch die Mitgliedstaaten zu überwachen, insbesondere im Hinblick auf ihre besonders benachteiligte Situation, die sich in schlechten Bildungsergebnissen und hohen Schulabbrecherquoten manifestiert; fordert die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und die öffentlichen Investitionen für eine rasche und effiziente Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder deutlich zu erhöhen, und ermutigt die Mitgliedstaaten nachdrücklich, mehr als die Mindesthöhe von 5 % der Mittel des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) unter geteilter Mittelverwaltung für die Unterstützung von Aktivitäten im Rahmen der Garantie bereitzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Kinder in Roma-Siedlungen von Geburt an von Angehörigen der Gesundheitsberufe betreut und erforderlichenfalls behandelt werden, die psychischen oder physischen Missbrauch von Kindern erkennen können und verpflichtet sind, alle solchen Fälle den zuständigen Behörden zu melden; verweist auf die Überrepräsentation von Roma-Kindern in Betreuungseinrichtungen und betont die Notwendigkeit eines kindzentrierten Ansatzes, der den Rechten und Bedürfnissen der am meisten gefährdeten Personen besondere Aufmerksamkeit schenkt; fordert die Mitgliedstaaten zu diesem Zweck auf, Zentren für die frühkindliche Förderung und Gemeinschaftszentren, in denen Sozialarbeiter, pädagogisches Personal und Angehörige der Gesundheitsberufe, einschließlich Gesundheits- und Bildungsmediatoren und -assistenten für Roma, tätig sind, auf breiter Basis verfügbar und zugänglich zu machen;

9.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Gesundheitsbewusstsein und gesunde Lebensbedingungen in benachteiligten Gemeinschaften, insbesondere in Roma-Siedlungen, durch mobile medizinische Untersuchungsstationen und Präventionsmaßnahmen zu fördern; betont außerdem, dass die Gleichstellung der Geschlechter in medizinischen Versorgungseinrichtungen gemäß der EU-Grundrechtecharta geachtet werden muss und dass Initiativen wie die Einrichtung eines Netzwerks von Krankenschwestern und Pflegeheimen, regelmäßige Besuche bei Kinderärzten, Allgemeinärzte für Erwachsene, Dienste zur Unterstützung von Familien, häusliche Pflege und Pflegedienste für ältere und andere pflege- und unterstützungsbedürftige Personen verfügbar und zugänglich sein sollten;

10.

weist auf die Umweltrisiken für die Gesundheit und das Leben der in den Siedlungen lebenden Roma sowie der breiteren Gemeinschaft hin, die durch giftige Abfälle in der Umgebung ihrer Siedlungen verursacht werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich dringend mit der Situation zu befassen, um die unverhältnismäßige Gefährdung der Roma durch solche Risiken zu verringern und umfassende Abfallbewirtschaftungssysteme und -infrastrukturen im Einklang mit der Abfallrahmenrichtlinie der EU (22) zu entwickeln; fordert die Mitgliedstaaten auf, in den betroffenen Gemeinschaften Strategien zur Schaffung eines Bewusstseins für Gefahren durch giftige Abfälle und die fehlende ordnungsgemäße Abfallwirtschaft in Roma-Siedlungen zu entwickeln; unterstreicht die Rolle der Kommission bei der Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften in diesem Bereich; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die politischen Instrumente und Ressourcen gezielt zur Bewältigung von Energiekrisen und zur Gewährleistung eines gerechten Übergangs zu umweltfreundlicher Energie einzusetzen, um den Zugang der Roma-Gemeinschaften zu sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie zu gewährleisten, eine weitere Verschlimmerung der Energiearmut zu verhindern und die Gesundheit der in Siedlungen lebenden Roma zu verbessern;

11.

weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen der neuen verbindlichen Standards der EU für Gleichstellungsstellen die verstärkten Verfahrensbefugnisse dieser Stellen unterstützen sollten, indem sie ihnen einen rechtlichen Status vor den Gerichten in individuellen und kollektiven Beschwerden und von Amts wegen einräumen sowie ihre rechtlich verbindliche Entscheidungsbefugnis fördern, unter anderem in Situationen, in denen es mehrere Einrichtungen gibt, die eine nationale Gleichstellungsstelle umfassen, sodass sie in der Lage sind, die bereichsübergreifende Diskriminierung, die häufig Roma betrifft, anzugehen, zu ermitteln und zu sanktionieren; ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen sollten, dass die Mandate dieser Stellen alle Formen von Diskriminierung, einschließlich Viktimisierung und Hassreden, abdecken;

Beschäftigung und soziale Inklusion

12.

stellt fest, dass die hohen Quoten der Langzeitarbeitslosigkeit in den Roma-Siedlungen und die Prävalenz von Roma, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren (NEETs), durch die soziale Ausgrenzung und die Armut der Bewohnerinnen und Bewohner dieser Siedlungen noch verschärft werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, in soziale Unternehmen und bewährte Verfahren zu investieren, um Langzeitarbeitslose in Beschäftigung zu bringen; fordert sie auf, auch in Programme für Roma-NEETs zu investieren, beispielsweise in die berufliche Bildung, insbesondere in Bezug auf digitale Kompetenzen und grüne Arbeitsplätze, auch im Rahmen der Aufbauprogramme; ist der Ansicht, dass der Aktionsplan der Kommission für die Sozialwirtschaft die Bemühungen der Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht durch Leitlinien zu der Besteuerung, zum Zugang zu staatlichen Beihilfen und zur sozialen Vergabe öffentlicher Aufträge für Organisationen der Sozialwirtschaft unterstützen kann; vertritt die Auffassung, dass der anstehende Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft einen bereichsübergreifenden Ansatz gewährleisten sollte, der auf schutzbedürftige Gruppen abzielt, einschließlich der Roma und insbesondere der Roma-Frauen, die beim Zugang zum Arbeitsmarkt auf noch größere Hindernisse stoßen als Roma-Männer; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, die Schaffung von hochwertigen und dauerhaften Arbeitsplätzen, die Regulierung von informeller Arbeit und zugängliche Brücken in die Beschäftigung für Roma-Arbeitnehmer zu unterstützen, z. B. durch öffentliche Beschäftigungsprogramme, die eine vorübergehende Lösung für Arbeitslosigkeit und eine Gelegenheit zur Umschulung und Weiterbildung sein können; erinnert daran, dass viele Roma langzeitarbeitslos sind, was sich auf ihren Anspruch auf Sozialleistungen und Renten auswirkt; betont die Bedeutung nationaler Mindesteinkommensregelungen in Verbindung mit Anreizen zur (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt für die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Lohntransparenz und ethnisch und geschlechtsbezogen neutrale Arbeitsplatzbewertungen zu unterstützen und Löhne zu fördern, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, sowie Antidiskriminierungs- und Schulungskampagnen zur Bekämpfung von Antiziganismus und zur Förderung der Vielfalt am Arbeitsplatz durchzuführen, die sich an Anwerber, Arbeitgeber und Mitarbeiter richten;

13.

stellt fest, dass Gemeinschaftszentren eine wesentliche Rolle in der Arbeit mit Roma, die in Siedlungen leben, spielen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass jede Roma-Siedlung über ein angemessen ausgestattetes Gemeinschaftszentrum verfügt, um Raum für Bildungsaktivitäten zu bieten, zum Beispiel für Kindergärten, außerschulische Betreuungseinrichtungen für Schulkinder, Freizeitaktivitäten für Kinder und Erwachsene sowie Sanitäreinrichtungen, wobei die Roma-Gemeinschaft in die Instandhaltung und den Betrieb der Anlagen einbezogen werden sollte;

14.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Beschäftigung von Jugendlichen, insbesondere von jungen Roma-Frauen, zu einer Priorität bei der Umsetzung ihrer nationalen Strategien zur Integration der Roma zu machen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die verstärkte Jugendgarantie in vollem Umfang zu nutzen, um die Beschäftigung und die soziale Eingliederung der jungen Roma zu fördern; verweist auf das ungenutzte Potenzial hoch qualifizierter, junger Roma als treibende Kraft für einen positiven Wandel in den Roma-Gemeinschaften und für die Bekämpfung tief verwurzelter Vorurteile und Stereotypen in der Mehrheitsbevölkerung;

15.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die ordnungsgemäße Einbeziehung sozialrechtlicher Schutzeinrichtungen in Kinder- und Sozialvormundschaftsfällen in marginalisierten Roma-Siedlungen zu gewährleisten, um sicherzustellen, dass die Kinder den für ihr Wohlergehen und ihre Entwicklung erforderlichen Schutz und die erforderliche Betreuung erhalten, wobei gleichzeitig ihr Wohl zu achten ist; fordert weitere koordinierte Anstrengungen und die Schaffung eines geeigneten Rahmens für Maßnahmen, um negative Erscheinungen in den Siedlungen wie Wucher, sexuelle Ausbeutung von Kindern, Drogenmissbrauch, Glücksspiel und Ausbeutung der Arbeitskraft zu beseitigen; bedauert die hohe Rate der Zwangsbettelei unter Roma-Kindern und fordert die Mitgliedstaaten auf, die dies noch nicht getan haben, Rechtsvorschriften zum Schutz der Kinder und zum Verbot der Zwangsbettelei zu erlassen; hebt hervor, dass die Polizeikräfte die besonderen Bedingungen der Roma-Gemeinschaften anerkennen müssen und dass die Mitgliedstaaten Schulungen für die Polizeikräfte anbieten müssen, um der Diskriminierung und Kriminalisierung von Roma-Gemeinschaften sowohl innerhalb der Gemeinschaften als auch in der Mehrheitsbevölkerung entgegenzuwirken; fordert die Mitgliedstaaten auf, Vorfälle von Polizeimissbrauch rigoros zu untersuchen, um sicherzustellen, dass Gewalt, Einschüchterungsmaßnahmen und Misshandlungen von Roma-Einzelpersonen oder -Gemeinschaften nicht straffrei bleiben, und den unzureichenden Zugang der Roma zur Justiz zu beheben;

16.

fordert die Kommission erneut auf, mit den Mitgliedstaaten an einer gemeinsamen Methodik für die Erhebung und Veröffentlichung von Gleichstellungsdaten zu arbeiten, die nach Ethnizität und verschiedenen Siedlungsarten aufgeschlüsselt sind — sofern dies im nationalen Recht vorgesehen ist –, wobei die Standards für den Schutz der Privatsphäre und der Grundrechte in vollem Umfang zu beachten sind, um die Lage der Roma zu bewerten und die Fortschritte bei der Umsetzung von Maßnahmen des strategischen Rahmens der EU betreffend Roma zur Bekämpfung der Ursachen ihrer sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung wirksam zu beurteilen; fordert die Kommission außerdem auf, gesonderte Ziele für die Beschäftigung von Roma in das sozialpolitische Scoreboard aufzunehmen;

17.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Stärkung des sozialen Dialogs und der Kollektivvertretung von Roma-Arbeitnehmern als Mittel zur Erleichterung ihres Zugangs zu hochwertigen Arbeitsplätzen mit angemessenen Arbeitsbedingungen zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre öffentlichen Beschäftigungsprogramme zu verbessern, um den Roma und anderen Personen, die sich in einer prekären Lage befinden, die Möglichkeit zu geben, relevante Fähigkeiten auszubauen und zu verbessern;

Inanspruchnahme von europäischen und nationalen Mitteln

18.

ist besorgt angesichts der Tatsache, dass die für Roma vorgesehenen Mittel in manchen Mitgliedstaaten bisher nur in geringem Umfang in Anspruch genommen wurden, wodurch die Gefahr besteht, dass bis zum Ende des aktuellen Programmplanungszeitraums Mittel in erheblichem Umfang verloren gehen; bedauert, dass die derzeitigen Regelungen und Bedingungen für die Inanspruchnahme der ESI-Fonds in mehreren Mitgliedstaaten keine reibungslose und wirksame Aufnahme der Mittel erlauben, was häufig auf bürokratische und strukturelle Hindernisse in den nationalen Systemen zurückzuführen ist; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Verwaltungsaufwand gesenkt werden muss, der Rückgriff auf vereinfachte Kostenoptionen gefördert werden muss und zusätzliche Unterstützung und Flexibilität gewährt werden müssen, wozu auch gehört, dass Mittel direkt an regionale und lokale Maßnahmen und Programme der Zivilgesellschaft ausbezahlt werden, damit es für die Verwaltungsbehörden und die Begünstigten, die den unmittelbaren Bedarf der in der EU in Siedlungen lebenden Roma decken, einfacher ist, diese Mittel zu verwenden; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Mittelausstattung für die Europäische Garantie für Kinder umgehend mit einem gesonderten Budget in Höhe von mindestens 20 Mrd. EUR aufzustocken, um die Armut von Kindern und ihren Familien zu bekämpfen und zu dem Ziel beizutragen, die Zahl der von Armut betroffenen Menschen bis 2030 um mindestens 15 Millionen — darunter mindestens 5 Millionen Kinder in allen Mitgliedstaaten — zu verringern;

19.

weist auf den mangelnden politischen Willen einiger lokaler Behörden in den Mitgliedstaaten hin, die zögerlich sind, wenn es darum geht, neue Projekte zur Verbesserung der Lebensbedingungen von in Siedlungen lebenden Roma durchzuführen; fordert die Mitgliedstaaten und ihre Verwaltungsbehörden auf, diesen lokalen Behörden besondere Aufmerksamkeit zu schenken und Strategien umzusetzen, um sie — auch durch etwaige Konditionalitätsmechanismen — dazu zu bewegen, ihre negative Haltung abzulegen; betont in diesem Zusammenhang, dass die politische Beteiligung und Vertretung der Roma auf allen Ebenen gewährleistet und gegen schädliche negative Stereotype vorgegangen werden muss, die diskriminierende Einstellungen und Verhaltensweisen in der Nicht-Roma-Bevölkerung befeuern; weist außerdem darauf hin, dass es in manchen Mitgliedstaaten strukturelle Hindernisse gibt, die die Durchführung von Projekten durch die Behörden vor Ort und die Zivilgesellschaft behindern, und fordert diese Mitgliedstaaten eindringlich auf, diese Hindernisse abzubauen und den Behörden vor Ort anschauliche Unterstützungsinstrumente zur Verfügung zu stellen und ihnen so dabei zu helfen, neue Projekte mit Schwerpunkt auf in Siedlungen lebenden Roma und der Roma-Gemeinschaft generell in Angriff zu nehmen;

20.

stellt fest, dass es häufig mehrere Generationen dauert, bis ein signifikanter Fortschritt in der sozioökonomischen Beteiligung und der Inklusion der Roma verzeichnet wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, die auf nationaler und auf europäischer Ebene verfügbaren Finanzierungsinstrumente und Ressourcen umgehend in vollem Umfang auszuschöpfen, um günstige Voraussetzungen für eine nachhaltige Finanzierung und die wirksame, integrierte, koordinierte und flexible Durchführung von fortlaufenden Programmen und Projekten zu schaffen, und alle Hindernisse, einschließlich direkter und indirekter Formen der Diskriminierung, zu beseitigen, die der Inanspruchnahme der Mittel insbesondere aus dem ESF+, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und der Aufbau- und Resilienzfazilität im Wege stehen; fordert die Kommission auf, die diesbezüglichen Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, der nationalen strategischen Rahmen für die Roma, der nationalen Aktionspläne der Europäischen Garantie für Kinder, des EU-Aktionsplans gegen Rassismus und der länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Semesters zu unterstützen, zu überwachen und zu bewerten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten insbesondere auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Maßnahmen und Gelder der EU bei den in Siedlungen lebenden Roma ankommen, und hebt hervor, dass gezielte Maßnahmen und Initiativen in erster Linie auf dem Bottom-up-Grundsatz beruhen und von der lokalen Ebene und den Gemeinden ausgehen sollten, die den fraglichen Gemeinschaften am nächsten stehen, wobei die nationale Ebene und die EU finanzielle und administrative Unterstützung leisten sollten; fordert die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, die für die technische Unterstützung verfügbaren finanziellen Mittel besser zu nutzen und dafür zu sorgen, dass sowohl Verwaltungsbehörden als auch einzelne Antragsteller in großem Umfang unmittelbar in den Genuss von technischer Unterstützung kommen; fordert die Kommission eindringlich auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Ermittlung von Siedlungen und konkrete Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lage in die Programme des EU-Kohäsionsfonds für 2021-2027 und in die länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Semesters aufgenommen werden;

21.

fordert den Europäischen Rechnungshof auf, eine umfassende und eingehende Analyse der Auswirkungen und der Ergebnisse der Verwendung der ESI-Fonds, insbesondere des ESF+ und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, anzufertigen, und zwar für die Jahre seit der Einführung der europäischen Strategie für die Integration der Roma im Jahr 2011 und mit besonderem Schwerpunkt auf den Ausgaben für Roma-Siedlungen und damit zusammenhängenden sozialen Fragen;

Auf EU-Ebene muss gehandelt werden

22.

hebt hervor, dass die derzeitigen Herangehensweisen in einigen Mitgliedstaaten im Hinblick auf in Siedlungen lebende Roma deutlich machen, dass die Bewertung von Projekten nur auf der Grundlage quantitativer Ergebnisse unzureichend ist und sogar irreführend sein kann, was die Realität vor Ort betrifft, da sie keine Informationen über die Qualität der Projektfortschritte liefert; warnt davor, dass dies in der Folge Entscheidungen herbeiführen könnte, die die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung in der EU gefährden; fordert daher, dass die allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des EU-Haushalts in Bezug auf die betreffenden Mitgliedstaaten rasch angewendet wird; stellt fest, dass der Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte, die Europäische Garantie für Kinder und der strategische Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma für den Zeitraum 2020-2030 einen glaubwürdigen Maßstab für eine qualitative Bewertung darstellen; fordert, dass bei der Durchführung qualitativer Bewertungen der intersektionellen Diskriminierung und den Rechten und Bedürfnissen der schutzbedürftigsten Gruppen, insbesondere von Menschen mit Behinderungen, Kindern und Frauen, besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird; hält es für unerlässlich, dass die Kommission bei der Bewertung von einzelnen Projekten in marginalisierten Roma-Siedlungen, die aus den ESI-Fonds finanziert werden, neben quantitativen Ergebnissen auch konkrete qualitative Ergebnisse verlangt, die die Realität vor Ort besser widerspiegeln; fordert die Kommission ferner auf, sich bei der Überwachung und Bewertung von Projekten zunächst in erster Linie auf ihre eigenen Beobachtungen bei Besuchen vor Ort zu stützen, um ihre Abhängigkeit von Informationen der Regierungen und Medienberichten zu verringern und die Kontrolle der Verwendung von EU-Mitteln zu stärken; hält es in diesem Zusammenhang außerdem für geboten, die Abteilung für Roma in der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte zu stärken, indem Forscher aus der Gruppe der Roma eingestellt werden;

23.

fordert die Kommission und das Parlament auf, nach Möglichkeit in regelmäßigen Abständen Informationsreisen zur Begutachtung der Lage von in Siedlungen in verschiedenen Mitgliedstaaten lebenden Roma zu unternehmen, um zur Sensibilisierung der politischen Entscheidungsträger und der Öffentlichkeit beizutragen, Informationen über die Herausforderungen für Roma in den Mitgliedstaaten und bei den zuständigen Behörden auszutauschen und sich gegenseitig über bewährte Verfahren und die Koordinierung auf europäischer Ebene zu informieren;

24.

betont, dass die Kommission als Hüterin der Verträge entschlossen handeln muss, um die vollständige und korrekte Umsetzung des EU-Rechts zu gewährleisten, und zeitnah angemessene Maßnahmen ergreifen muss, wenn die Mitgliedstaaten dieser Verpflichtung nicht nachkommen, und zwar insbesondere im Hinblick auf Verstöße gegen die Rechte der EU-Bürger einschließlich der Rechte der Roma; stellt fest, dass Vertragsverletzungsverfahren wie z. B. im Fall der Segregation von Roma-Schülern im Bildungswesen nicht zu einer wirksamen Beseitigung der Ursachen von Diskriminierung geführt haben; ist der festen Überzeugung, dass die Kommission alles in ihrer Macht Stehende tun sollte, um Verstöße gegen die Menschenrechte und die Grundwerte der EU zu verhindern, angefangen damit, dass die Verwendung europäischer Mittel für die Unterstützung diskriminierender Praktiken in den Mitgliedstaaten wirksam unterbunden wird; fordert die Kommission daher auf, einen Frühwarnmechanismus einzurichten, mit dem die Gefahr eines Missbrauchs oder einer Zweckentfremdung von Mitteln aus den ESI-Fonds und von anderen EU-Mitteln, die für die Verbesserung der Lage der Roma in marginalisierten Siedlungen vorgesehen sind, gemeldet werden kann; ist der Auffassung, dass die Untätigkeit und Gleichgültigkeit einiger Mitgliedstaaten bei der Lösung des Problems der in Siedlungen lebenden Roma sowie bei der Beseitigung struktureller und bürokratischer Hindernisse einen Verstoß gegen die in Artikel 2 EUV verankerten Grundwerte der EU, nämlich die Würde des Menschen, die Gleichheit und die Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören, darstellen könnte; fordert den Rat und die Kommission auf, die Lage der Roma, die in marginalisierten Siedlungen leben, zu erkunden, um festzustellen, ob diese Siedlungen und ihre Bedingungen ein eindeutiges Risiko einer schwerwiegenden Verletzung der EU-Verträge darstellen;

25.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die aktive Mitarbeit und die bedeutsame Beteiligung von Roma — insbesondere von Roma-Frauen, jungen Menschen und anderen unterrepräsentierten Gruppen — an der Konzipierung, Umsetzung und Überwachung öffentlicher Maßnahmen und Projekte, die auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene auf sie abzielen, zu stärken, sodass sie aktiv an der Gestaltung der Zukunft der EU mitwirken und einen Beitrag zu einem Wandel der Wahrnehmung in den Gesellschaften der EU leisten können; ist der Ansicht, dass die Beteiligung und die Führungsrolle der Roma ein qualitatives Ziel in den nationalen strategischen Rahmen für die Roma sein sollte; vertritt die Auffassung, dass die Unterstützung gewählter Roma-Gemeinderäte als ein Beispiel für ein bewährtes Verfahren zur Förderung der sozialen Eingliederung und der demokratischen Teilhabe der Roma bestärkt werden sollte;

26.

stellt fest, dass große Teile der Roma-Bevölkerung mit Armut, sozialer Ausgrenzung und eingeschränktem Zugang zu Beschäftigung oder zu Diensten wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Unterkunft zu kämpfen haben, was unter anderem auf Antiziganismus und strukturelle Diskriminierung zurückzuführen ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Antiziganismus in allen Bereichen der Gesellschaft durch wirksame Rechtsvorschriften und politische Maßnahmen sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in den Beitrittsländern zu bekämpfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bekämpfung von Rassismus und Antiziganismus bei allen Grundsätzen der europäischen Säule sozialer Rechte durchgehend zu berücksichtigen, da es sich um wesentliche strukturelle Faktoren für die Ausgrenzung von Roma handelt; hält es für geboten, allen Ausprägungen von strukturellem und institutionellem Antiziganismus, Segregation und Diskriminierung in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Gesundheit und Wohnen sowie beim Zugang zu sozialem Schutz und sonstigen Diensten ein Ende zu bereiten; ist der Auffassung, dass die Bekämpfung von Antiziganismus eine bereichsübergreifende Aufgabe ist und in allen relevanten Bereichen der Unionspolitik berücksichtigt werden sollte; fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse zu stärken, und fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame und ambitionierte nationale Pläne gegen Rassismus und Rassendiskriminierung zu konzipieren und umzusetzen und dabei den Schwerpunkt auf alle Ausprägungen des Rassismus einschließlich des Antiziganismus zu richten und sich an den von der Kommission angenommenen gemeinsamen Leitprinzipien zu orientieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit dem Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit klare und messbare Ziele für die Bekämpfung von Diskriminierung und antiziganistischen Äußerungen und Verbrechen festzulegen; fordert den Rat ferner auf, die Blockade der Verhandlungen über die horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie (23) aufzuheben, da die Richtlinie eine Voraussetzung für die Verwirklichung der Gleichstellung in der EU ist;

27.

hält es für geboten, das kulturelle und sprachliche Erbe der Roma anzuerkennen, und ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Kultur der Roma und das öffentliche Bewusstsein dafür im Wege von Programmen und der Medien auf ihrer jeweiligen Ebene zu bewahren und zu fördern und so zur Vielfalt der Gemeinschaft in der EU beizutragen;

28.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Bemühungen um die schrittweise Beseitigung der marginalisierten Roma-Siedlungen in der gesamten EU zu verstärken, indem sie einen Aktionsplan der EU zur Beseitigung der Roma-Siedlungen bis 2030 auf den Weg bringt, mit dem Ziel, die bestehenden politischen und finanziellen Instrumente verstärkt einzusetzen; betont, dass dieser EU-Aktionsplan Leitlinien vorgeben, Prioritäten und konkrete Ziele festlegen und eine Komponente der transnationalen Zusammenarbeit und der Weitergabe bewährter Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten vorsehen sollte;

29.

unterstreicht, dass die Probleme von in Siedlungen lebenden Roma sektorübergreifend sind und die Aufmerksamkeit und koordinierte Beteiligung mehrerer Mitglieder der Kommission und Generaldirektionen auf EU-Ebene erfordern; fordert daher die Schaffung des Amtes eines Koordinators der Kommission für die Inklusion und Gleichstellung von Roma, der die Fortschritte bei den einschlägigen politischen Instrumenten umfassend überwacht und direkt mit den Roma in Kontakt steht, um der Task-Force der Kommission für Gleichheitspolitik deren tatsächliche Lage und deren Anliegen vor Augen zu führen, und der unter anderem mit den nationalen Roma-Kontaktstellen, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, dem Netz EURoma, der Europäischen Roma-Plattform und der Hochrangigen Gruppe für Nichtdiskriminierung, Gleichstellung und Vielfalt zusammenarbeitet, um Synergieeffekte zu schaffen und die Gleichstellung, Eingliederung und Beteiligung der Roma in der EU zu erreichen;

30.

fordert außerdem die Schaffung des Amts eines Koordinators des Parlaments für die Inklusion von Roma, das von einem der Vizepräsidenten des Parlaments bekleidet werden sollte, der darauf hinarbeiten sollte, dass Roma-Angelegenheiten in die gesamte einschlägige politische und gesetzgeberische Arbeit des Parlaments einbezogen werden; fordert ferner die Einrichtung eines Netzwerks für Roma-Mainstreaming, das vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres geleitet und koordiniert wird und sich aus einem Vertreter jedes Ausschusses des Europäischen Parlaments zusammensetzt, um die Arbeit des Koordinators zu ergänzen und zu stärken und einen Synergieeffekt zu erzielen, der sicherstellt, dass die miteinander verknüpften und komplexen Probleme der Roma-Gemeinschaft im Wege eines umfassenden, horizontalen Ansatzes angegangen werden; ist der Ansicht, dass sowohl der Koordinator als auch das Netzwerk des Parlaments für Roma-Mainstreaming eng mit dessen interfraktioneller Arbeitsgruppe Rassismusbekämpfung und Vielfalt zusammenarbeiten sollten;

31.

verweist auf die zusätzlichen Herausforderungen sowie darauf, dass es einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Freizügigkeit innerhalb der EU sowie der Lage der Roma, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, bedarf; fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame Maßnahmen gegen die Segregation von Roma-Einwanderern aus anderen EU-Ländern und von aus der Ukraine geflüchteten Roma zu ergreifen und sie vor ungesetzlichen Ausweisungen und Diskriminierung beim Zugang zu wesentlichen Dienstleistungen, insbesondere in den Bereichen Wohnen, Bildung und Beschäftigung, zu schützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass Flüchtlinge einschließlich Roma bei der Beantragung von vorübergehendem Schutz gemäß der Richtlinie über vorübergehenden Schutz nicht von Profiling oder Diskriminierung betroffen sind und nicht gezwungen werden, Asyl zu beantragen, und fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, gemeinsam mit Organisationen der Zivilgesellschaft dafür zu sorgen, dass alle aus der Ukraine Geflüchteten gleichermaßen in den Genuss von Sachleistungen, der kostenlosen Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und unentgeltlicher Unterkunft kommen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um sicherzustellen, dass die Geburtsurkunden von Roma-Kindern ordnungsgemäß registriert werden, damit der Staatenlosigkeit von Kindern der Roma-Gemeinschaften in der gesamten EU ein Ende gesetzt wird;

32.

nimmt den Strategischen Aktionsplan des Europarats zur Inklusion von Roma und Fahrenden (2020-2025) zur Kenntnis; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um die Förderung von Chancengleichheit, Vielfalt und sozialer Inklusion sowie um die Bekämpfung von Diskriminierung und Antiziganismus auch künftig mit denen des Europarats zu bündeln;

33.

weist darauf hin, dass Programme und Instrumente wie etwa Erasmus+ und die Jugendgarantie jungen Menschen aus benachteiligten Verhältnissen sowie Roma und ihren Organisationen Chancen eröffnen;

o

o o

34.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.

(2)  ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.

(3)  ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3.

(4)  ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 55.

(5)  ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 112.

(6)  ABl. C 468 vom 15.12.2016, S. 36.

(7)  ABl. C 449 vom 23.12.2020, S. 2.

(8)  ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 8.

(9)  ABl. C 385 vom 22.9.2021, S. 104.

(10)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 145.

(11)  ABl. C 474 vom 24.11.2021, S. 146.

(12)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0120.

(13)  ABl. C 93 vom 19.3.2021, S. 1.

(14)  ABl. L 223 vom 22.6.2021, S. 14.

(15)  ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12.

(16)  Erklärung des FEANTSA mit dem Titel „The Housing Situation for Roma in the EU Remains Difficult“ (Die Wohnsituation von Roma in der EU bleibt schwierig).

(17)  Sonderbericht Nr. 14/2016 des Europäischen Rechnungshofs.

(18)  Bulletin der FRA mit dem Titel „Coronavirus pandemic in the EU — Impact on Roma and Travellers“ (Coronavirus-Pandemie in der EU — Auswirkungen auf Roma und Fahrende).

(19)  Briefing des European Network on Statelessness mit dem Titel „Stateless people and people at risk of statelessness forcibly displaced from Ukraine“ (Aus der Ukraine vertriebene Staatenlose und von Staatenlosigkeit bedrohte Menschen).

(20)  Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

(21)  UNICEF-Positionspapier mit dem Titel „Das Recht von Roma-Kindern auf Bildung“.

(22)  Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3).

(23)  Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/41


P9_TA(2022)0344

Wichtigste Ziele für die Tagung der COP19 des CITES in Panama

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zu den strategischen Zielen der Europäischen Union für die 19. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES) vom 14. bis 25. November 2022 in Panama (2022/2681(RSP))

(2023/C 132/05)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den „Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services“ (Globaler Sachstandsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen) des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) von 2019,

unter Hinweis auf den Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen von 2020 mit dem Titel „State of the World’s Forests 2020“ (Zustand der Wälder der Welt 2020), in dem die Schlüsselrolle der Wälder als Lebensraum für mehr als 80 % der weltweiten terrestrischen biologischen Vielfalt hervorgehoben wird, die zahllose Ökosystemleistungen bieten und vielen Gemeinschaften, einschließlich indigenen Völkern, eine Lebensgrundlage bieten,

unter Hinweis auf die biologische Vielfalt der Meere und Küstengebiete,

unter Hinweis auf die bevorstehende 19. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES), die vom 14. bis 25. November 2022 in Panama stattfindet (COP19),

unter Hinweis auf die Resolution 75/311 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 26. Juli 2021 zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels,

unter Hinweis auf die CITES-Entschließung Conf. 12.10 (Rev. COP15) über die Registrierung von Einrichtungen, die Tierarten gemäß Anhang I zu kommerziellen Zwecken in Gefangenschaft züchten,

unter Hinweis auf die CITES-Beschlüsse 18.226 und 18.227 über den Handel mit asiatischen Elefanten (Elephas maximus),

unter Hinweis auf die CITES-Beschlüsse 18.81-18.85 über Wildtierkriminalität im Zusammenhang mit dem Internet,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380) und auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2021 zu dieser Strategie (1),

unter Hinweis auf die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (2), die darauf abzielt, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, und den Eckpfeiler der europäischen Naturschutzpolitik bildet,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (CBD) und die 15. Sitzung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens, die vom 7. bis zum 19. Dezember 2022 in Montreal (Kanada) stattfindet,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt und zur Ersetzung der Richtlinie 2008/99/EG — COM(2021)0851,

unter Hinweis auf die Anfragen an den Rat und die Kommission zu den wichtigsten Zielen für die Konferenz der Vertragsparteien des CITES in Panama vom 14. bis 25. November 2022 (O-000038/2022 — B9-0023/2022 und O-000039/2022 — B9-0024/2022),

gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass der beispiellose weltweite Rückgang der biologischen Vielfalt, der sich derzeit mit einer Geschwindigkeit ereignet, die dem Zehn- bis mehrere Hundertfachen der natürlichen Rate des Artensterbens entspricht, eine unmittelbare Folge menschlichen Handelns ist und zur Folge hat, dass etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind; in der Erwägung, dass es nach den vorliegenden Erkenntnissen noch nicht zu spät ist, die derzeitigen Entwicklungen beim Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten und umzukehren;

B.

in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt einen positiven Beitrag zur Gesundheit der menschlichen Bevölkerung leistet; in der Erwägung, dass bis zu 80 % der von Menschen verwendeten Arzneimittel natürlichen Ursprungs sind;

C.

in der Erwägung, dass die Meere, die 95 % der Biosphäre ausmachen, eine der bedeutendsten CO2-Senken darstellen, da sie die das Klima regulieren und CO2 aus der Atmosphäre absorbieren;

D.

in der Erwägung, dass es wichtig ist, die biologische Vielfalt der Meere und Küstengebiete zu schützen und die Bedrohungen, denen sie durch die unregulierte bzw. schlecht regulierte Nutzung der biologischen Meeresressourcen ausgesetzt ist, zu beseitigen; in der Erwägung, dass es auch wichtig ist, die biologische Vielfalt in Süßgewässern zu schützen, die stärker abnimmt als die in marinen und terrestrischen Ökosystemen, wobei die Süßwasserpopulationen zwischen 1970 und 2014 um 83 % zurückgegangen sind;

E.

in der Erwägung, dass die große Mehrheit der gehandelten Arten nicht durch das CITES geschützt ist; in der Erwägung, dass der internationale Handel mit solchen Arten nach wie vor nicht reguliert ist, was in erheblichem Maß dazu beiträgt, dass Wildpopulationen vom Aussterben bedroht sind;

F.

in der Erwägung, dass das CITES mit 184 Vertragsparteien, zu denen auch die EU und ihre 27 Mitgliedstaaten zählen, das größte weltweite Artenschutzübereinkommen ist; in der Erwägung, dass im CITES anerkannt wird, dass die wildwachsenden Pflanzen und frei lebenden Tiere in ihren vielen einzigartigen und vielfältigen Formen einen unersetzlichen Bestandteil der natürlichen Systeme der Erde bilden, die es für künftige Generationen zu schützen gilt;

G.

in der Erwägung, dass mit dem CITES sichergestellt werden soll, dass der internationale Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen keine Bedrohung für das Überleben der Arten in freier Natur darstellt;

H.

in der Erwägung, dass sowohl der illegale als auch der legale Handel mit und die Nutzung von Wildtieren sowie die Zerstörung natürlicher Lebensräume erheblich zum Rückgang der biologischen Vielfalt beitragen, die weltweiten Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels untergraben und sowohl Ursache als auch Folge von Korruption sind;

I.

in der Erwägung, dass Anhang I des CITES alle von der Ausrottung bedrohten Arten, die durch den Handel beeinträchtigt werden oder beeinträchtigt werden können, enthält; in der Erwägung, dass Anhang II alle Arten umfasst, die vom Aussterben bedroht sein könnten, wenn der Handel mit Exemplaren dieser Arten nicht strengen Vorschriften unterworfen wird, die eine Nutzung verhindern, die mit deren Überleben unvereinbar ist, und der Handel mit diesen Arten nicht wirksam kontrolliert wird;

J.

in der Erwägung, dass der Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten den Kontakt zwischen Mensch und Tier verstärkt und ein potenziell hohes Risiko birgt, dass Zoonosen entstehen und sich ausbreiten; in der Erwägung, dass 70 % aller neu auftretenden Infektionskrankheiten beim Menschen zoonotisch sind und der Handel mit wildlebenden Tieren damit eine ernste Gefahr für die Gesundheit von Tieren und Menschen darstellt; in der Erwägung, dass es notwendig ist, den Fleischhandel und den Handel mit lebenden Tieren stärker und umfassender zu kontrollieren; in der Erwägung, dass Sachverständige raten, Zoonoserisiken zu minimieren, indem Lebendtiermärkte abgeschafft und eine „Positivliste“ derjenigen Tierarten, die grenzüberschreitend transportiert werden dürfen, erstellt wird, wobei Zoonoserisiken und andere Aspekte wie Tierschutz, Erhaltungszustand und Populationsentwicklung zu berücksichtigen sind;

K.

in der Erwägung, dass die Kosten globaler Strategien zur Verhinderung von Pandemien durch die Eindämmung des illegalen Wildtierhandels, die Vermeidung von Landnutzungsänderungen und eine verstärkte Überwachung auf 22 bis 31 Milliarden USD geschätzt werden (3), was nur einem Bruchteil der Kosten einer Pandemie entspricht;

L.

in der Erwägung, dass 19 Mitgliedstaaten das Positionspapier der zyprischen Regierung zu einem neuen EU-Rechtsrahmen für eine EU-weite Positivliste der als Heimtiere zugelassenen Tiere unterstützen, das auf der Sitzung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) vom 24. Mai 2022 vorgelegt wurde;

M.

in der Erwägung, dass die EU ein wichtiger Knotenpunkt, Transitpunkt und Bestimmungsort für legal und illegal beschaffte lebende oder tote Exemplare wildlebender Tiere und Pflanzen, ihre Körperteile oder Erzeugnisse aus ihnen ist; in der Erwägung, dass die gemeldeten Einfuhren von durch das CITES geschützten wildlebenden Arten in die EU im Jahr 2019 insgesamt 36 % der Gesamtmenge der Einfuhren ausmachten;

N.

in der Erwägung, dass die EU zwischen 2014 und 2018 die zweitmeisten Jagdtrophäen von im CITES aufgeführten wildlebenden Arten eingeführt hat, was nur von den Vereinigten Staaten übertroffen wurde; in der Erwägung, dass immer mehr europäische Länder Maßnahmen ergreifen oder erwägen, um die Einfuhr von Jagdtrophäen zu verbieten;

O.

in der Erwägung, dass mit dem internationalen Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen jährlich Milliarden von Euro umgesetzt werden und Millionen dieser Pflanzen und Tiere betroffen sind; in der Erwägung, dass sich der illegale Artenhandel zum viertgrößten Schwarzmarkt nach dem Drogenhandel, dem Menschenhandel und dem Waffenhandel entwickelt hat; in der Erwägung, dass Straftaten im Bereich des illegalen Artenhandels oft nicht streng genug bestraft werden, um als Abschreckung zu wirken, und dass Drahtzieher auf mittlerer und hoher Ebene nur selten verfolgt werden;

P.

in der Erwägung, dass das Internet beim illegalen Artenhandel eine äußerst wichtige Rolle spielt;

Q.

in der Erwägung, dass verstärkte Anstrengungen zur Verbesserung der Transparenz und der effektiven Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Entscheidungsfindung von wesentlicher Bedeutung sind;

R.

in der Erwägung, dass der EU eine wichtige Rolle bei der Etablierung einer konstruktiven Zusammenarbeit und eines Austauschs zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Aufnahme- und Rettungseinrichtungen zukommt, um langfristige und artgerechte Lösungen für beschlagnahmte Wildtiere zu gewährleisten;

S.

in der Erwägung, dass traditionelle Arzneimittel zu den wichtigsten von den Mitgliedstaaten im Rahmen des CITES gemeldeten beschlagnahmten Waren gehören; in der Erwägung, dass die Verwendung von Wildtieren bei der Herstellung traditioneller Arzneimittel die biologische Vielfalt schädigt, insbesondere wenn es um Arten geht, die auf der Roten Liste gefährdeter Arten verzeichnet sind; in der Erwägung, dass die Nachfrage nach traditionellen Arzneimitteln, in denen Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs enthalten sind, zu einem verstärkten illegalen Handel mit Wildtieren führt;

T.

in der Erwägung, dass die pelagischen Haipopulationen seit 1970 um 71 % zurückgegangen sind und dass mehr als 50 % der Haiarten vom Aussterben bedroht oder gering gefährdet sind (4), und die Haifischjagd zum Zweck des Handels mit Haifischteilen eine der Hauptursachen für diesen Rückgang ist; in der Erwägung, dass 20 % der Riffhai-Populationen als funktionell ausgestorben gelten; in der Erwägung, dass im Jahr 2020 mehr als 45 % aller Haifischflossenprodukte, die in die drei großen Handelszentren Hongkong, Singapur und Taiwan eingeführt wurden, aus den EU-Mitgliedstaaten stammten;

U.

in der Erwägung, dass die Weltnaturschutzunion (IUCN) im Jahr 2021 das Bedrohungsniveau für den Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana) von „gefährdet“ auf „stark gefährdet“ heraufstufte, nachdem dessen Population in ganz Afrika innerhalb von drei Generationen um 60 % geschrumpft war, und den Afrikanischen Waldelefanten (Loxodonta cyclotis) explizit als „vom Aussterben bedroht“ einstufte, nachdem dessen Population im gleichen Zeitraum in ganz Afrika um mehr als 86 % zurückgegangen war (5);

V.

in der Erwägung, dass die Wilderei zum Zweck des Elfenbeinhandels die Hauptursache für den Populationsrückgang bei Afrikanischen Elefanten ist; in der Erwägung, dass der illegale Elfenbeinhandel die wirtschaftliche Entwicklung schädigt, organisierte Kriminalität fördert, Korruption Vorschub leistet und Konflikte schürt; in der Erwägung, dass der illegale Elfenbeinhandel nach der Legalisierung des Verkaufs von Elfenbein erheblich zugenommen hat;

W.

in der Erwägung, dass der Handel mit wildlebenden Tigern verboten ist; in der Erwägung, dass die EU-Verordnungen über den Handel mit wildlebenden Pflanzen und Tieren allerdings nicht den Handel mit in Gefangenschaft aufgezogenen Tigern und deren Körperteilen verhindern, obwohl sich der CITES-Beschluss 14.69 über in Gefangenschaft oder Zuchtbetrieben gezüchtete Exemplare gegen die kommerzielle Aufzucht und den Handel mit Tigern mit dem Ziel der Verwertung ihrer Körperteile ausspricht; in der Erwägung, dass es nach wie vor Mitgliedstaaten gibt, die lebende Tiger und Körperteile von Tigern importieren und exportieren, die im Rahmen des CITES-Handelskodex registriert sind;

Einleitung

1.

hebt hervor, dass für den Schutz wildlebender Arten eindeutig ein stärker auf Vorsorge ausgerichteter Ansatz erforderlich ist, da einzelne Tiere, Arten sowie die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt durch den Artenhandel dauerhaft bedroht sind;

2.

fordert verstärkte Synergien zwischen dem CITES, dem CBD, dem Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (CMS-Übereinkommen) und anderen Verträgen und Abkommen über die biologische Vielfalt, um den internationalen Verpflichtungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt wirksam nachzukommen;

3.

ist besorgt darüber, dass der Markt für exotische Haustiere und das Spektrum an betroffenen Arten sowohl innerhalb der EU als auch weltweit weiter wachsen;

4.

betont, dass der Umweltfußabdruck der Produktion und des Verbrauchs in der EU dringend reduziert werden sollte, um innerhalb der Belastungsgrenzen des Planeten zu bleiben;

5.

betont, dass die Ökosystemleistungen und -ressourcen, die Wälder bieten, für die Menschen auf der ganzen Welt von entscheidender Bedeutung sind; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der COP19 auf die Annahme einer CITES-Entschließung zu Wäldern zu drängen, um sicherzustellen, dass die im Rahmen des CITES gelisteten Baumarten ordnungsgemäß geschützt werden und dass jedweder Handel mit diesen Arten nur auf legale, nachhaltige und rückverfolgbare Weise erfolgt;

6.

betont, dass die Einbeziehung von Frauen in den Artenschutz eine Win-win-Situation für die Gleichstellung der Geschlechter und die ökologische Nachhaltigkeit ist und gezieltere und wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels ermöglicht; fordert die Kommission auf, mit dem CITES-Sekretariat zusammenzuarbeiten, um das Gender Mainstreaming in das CITES zu integrieren und geschlechtersensitive Initiativen zur Beeinflussung und Bekämpfung krimineller Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Wildtieren und deren Erhaltung zu unterstützen; ist der Ansicht, dass bei der Durchsetzung des CITES und der damit zusammenhängenden Entscheidungsfindung und Umsetzung die Gleichstellung der Geschlechter gefördert werden sollte, und fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, sich für einen Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen des CITES einzusetzen, der durch eine Entschließung eingeführt werden könnte;

Umsetzung, Einhaltung und Durchsetzung

7.

hebt hervor, dass in dem globalen Bewertungsbericht 2019 des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) über die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen eine Reihe von Schwachstellen im CITES aufgezeigt werden, etwa in Bezug auf die Einhaltung, die Durchsetzung, die Notwendigkeit wissenschaftlich fundierter Quoten, die Finanzierung, die Bekämpfung von Korruption und die Verringerung der Nachfrage; betont, dass diese Schwachstellen im Sinne einer besseren Umsetzung des Übereinkommens beseitigt werden sollten, und fordert alle Parteien nachdrücklich auf, sich eingehend mit diesen Fragen zu befassen;

8.

bedauert, dass Verbote und Einschränkungen des Handels mit geschützten Arten unzureichend durchgesetzt werden, da die Vertragsparteien zu wenig Kapazitäten und Mittel bereitstellen; fordert alle Vertragsparteien auf, das Übereinkommen besser durchzusetzen;

9.

bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die CITES-Vertragsparteien nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie die Bestimmungen des Übereinkommens nicht wirksam umsetzen, einschließlich die Vorschrift, Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Gutachten zu erteilen, aus denen hervorgeht, dass derartige Einfuhren oder Ausfuhren dem Überleben der Art nicht abträglich sind (Feststellung der Nichtabträglichkeit);

10.

fordert die konsequente und unparteiische Anwendung der im CITES vorgesehenen Instrumente und der in diesem Rahmen gefassten Beschlüsse zur Förderung der Einhaltung des Übereinkommens, einschließlich des Programms zur Unterstützung bei der Einhaltung der Vorschriften; fordert die EU und alle Vertragsparteien auf, Maßnahmen auszuarbeiten, um eine angemessene und rechtzeitige Einhaltung des Übereinkommens zu gewährleisten, unter anderem durch die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen und die Verabschiedung wirksamer nationaler Rechtsvorschriften zur Umsetzung der im Rahmen des Übereinkommens angenommenen Beschlüsse und Entschließungen; fordert, dass die Vertragsparteien besser zusammenarbeiten und bewährte Verfahren untereinander austauschen;

11.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten ferner auf, strenge Maßnahmen, einschließlich abschreckender Sanktionen, zu ergreifen, wenn festgestellt wird, dass eine Vertragspartei die Wirksamkeit des Übereinkommens untergräbt und der illegalen oder nicht nachhaltigen Ausbeutung und dem Handel nicht wirksam Einhalt gebietet, und als letztes Mittel den Handel mit der säumigen Partei auszusetzen;

12.

fordert alle Vertragsparteien auf, für den Schutz von Hinweisgebern, Journalisten, Wildhütern und Umwelt- und Menschenrechtsverteidigern zu sorgen, die eine wesentliche Rolle beim Schutz der Umwelt und bei der Unterbindung des illegalen Handels mit Wildtieren spielen;

13.

beharrt darauf, dass grenzüberschreitende Artenschutzkriminalität von allen Vertragsparteien als schwere organisierte Kriminalität eingestuft werden sollte und dass sich dies in der Zuweisung von Ressourcen niederschlagen und die aktive Einbeziehung spezialisierter Polizei- und Zollermittlungsbehörden umfassen haben sollte;

14.

unterstreicht die Schlüsselrolle von Polizei und Zoll und fordert alle EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, auf nationaler Ebene auf Artenschutzkriminalität spezialisierte Einheiten einzurichten, deren Mandat das gesamte Staatsgebiet abdeckt und sich nicht nur auf bestimmte Gebiete oder sonstige Gebietseinheiten beschränkt; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Spezialeinheiten zu beauftragen, sich aktiv an der internationalen Zusammenarbeit und Koordinierung zu beteiligen; betont, dass die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten in Fragen des illegalen Artenhandels durch die EU-Durchsetzungsgruppe, in der Strafverfolgungsbeamte aus allen EU-Mitgliedstaaten sowie die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden (Europol), Eurojust, Interpol, die Weltzollorganisation und das CITES-Sekretariat vertreten sind, weiter überarbeitet und verstärkt werden könnte; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Ausbildung der Strafverfolgungsbehörden im Bereich des Handels mit wildlebenden Tieren und Pflanzen zu verstärken;

15.

betont, dass eine Datenbank von Biologie- und/oder Ökologieexperten erforderlich ist, um Arten zu identifizieren und Artenschutzkriminalität wie Wilderei, illegalen Handel und illegale Ausbeutung zu verfolgen und um den Strafverfolgungsbehörden auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene ein besseres Verständnis des Phänomens zu vermitteln;

16.

betont den Nutzen einer Datenbank mit Management-Informationssystemen für die Strafverfolgung bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des illegalen Artenhandels; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, eine EU-weite Datenbank über Gerichtsverfahren zu Umweltverbrechen, einschließlich Artenschutzkriminalität, und über die von den Strafverfolgungsbehörden durchgeführten Maßnahmen im Bereich der Umweltkriminalität einzurichten; ist der Ansicht, dass eine solche Datenbank die zentrale Erhebung von Daten ermöglichen und den Grad der Digitalisierung und des Wissens erhöhen sollte; stellt fest, dass die Überprüfung historischer Fälle für die einschlägigen Behörden, Agenturen und Organisationen nützlich sein kann;

17.

weist erneut auf seine Entschließung vom 9. Juni 2021 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ hin, in der die Kommission aufgefordert wird, den Aufbau von Kapazitäten zu erleichtern, einschließlich des Transfers von Wissen, des Austauschs von Technologien und der Ausbildung von Fähigkeiten für die begünstigten Länder, um das CITES und andere Übereinkommen und Vereinbarungen, die für den Schutz der biologischen Vielfalt wesentlich sind, im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt und der Initiative für Handelshilfe der Welthandelsorganisation umzusetzen; beharrt darauf, dass die Programme für die Zusammenarbeit mit Drittländern zur Erhaltung ihrer heimischen biologischen Vielfalt, einschließlich des interparlamentarischen Dialogs, gestärkt und die Entwicklungsländer bei deren Umsetzung dieser Programme unterstützt werden müssen;

18.

bedauert, dass die EU den CITES-Empfehlungen aus der Entschließung Conf. 12.10 (Rev. COP15) über die Registrierung von Einrichtungen, die Tierarten gemäß Anhang I zu kommerziellen Zwecken in Gefangenschaft züchten, nicht nachkommt; äußert die Befürchtung, dass dies Schlupflöcher schafft und den illegalen Handel erleichtert; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Entschließung uneingeschränkt umzusetzen, alle einschlägigen Zuchteinrichtungen für diese Arten zu registrieren, sowohl der Kommission als auch dem CITES-Sekretariat vollständige und genaue Registrierungsanträge zu übermitteln sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, gegen jegliche Bestrebungen zur Schwächung des Systems zur Registrierung von Einrichtungen für die Aufzucht in Gefangenschaft von Tierarten gemäß Anhang I vorzugehen;

19.

fördert und unterstützt die Anwendung moderner und innovativer Methoden zur Kennzeichnung und Rückverfolgung von in der CITES-Liste aufgeführten Arten oder daraus hergestellten Produkten, um die Unterscheidung zwischen in Gefangenschaft gezüchteten und in freier Wildbahn gefangenen Tieren und aus ihnen gewonnenen Produkten zu ermöglichen;

Beschlussfassung, Transparenz und Berichterstattung

20.

begrüßt die Jahresberichte über den illegalen Handel als einen wichtigen Schritt zur Entwicklung eines besseren Verständnisses des illegalen Artenhandels und fordert die EU und alle Vertragsparteien auf, diese Berichte rechtzeitig vorzulegen; hebt hervor, dass diese Berichte Informationen über die erteilten Genehmigungen und Bescheinigungen, die Mengen und Arten von Exemplaren und die Namen der Arten gemäß den Anhängen I, II und III enthalten sollten;

21.

fordert alle Vertragsparteien und die EU nachdrücklich auf, für Transparenz bei den nicht sensiblen Tätigkeiten und Abläufen des CITES-Sekretariats zu sorgen, indem unter anderem die jährlichen Berichte über den illegalen Handel öffentlich zugänglich gemacht werden und dafür gesorgt wird, dass die Daten rechtzeitig in die CITES-Handelsdatenbank hochgeladen werden, einschließlich Informationen über die Inauftraggabe von Berichten, die Ausgestaltung von Zuständigkeitsbereichen und die Auswahl von Beratern; fordert alle Parteien nachdrücklich auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass Diskrepanzen bei den Ausfuhr- und Einfuhrgenehmigungen so gering wie möglich gehalten werden;

22.

ist der Auffassung, dass mehr Transparenz im kommerziellen Handel mit Arten gemäß Anhang I, einschließlich in Gefangenschaft gezüchteter Tiere, der Schlüssel zur Bekämpfung von Korruption und illegalem Handel, Schmuggel von Exemplaren und der damit verbundenen Geldwäsche ist;

23.

fordert bessere Aufzeichnungen im Zusammenhang mit Anhang I, auch über in Gefangenschaft gezüchtete und gehaltene Exemplare, und die Entwicklung von Risikoindikatoren in Bezug auf Umwelt-, Sicherheits- und Haltungspraktiken, z. B. genauere Angaben darüber, wie Aufzeichnungen geführt, Daten verwaltet und Berichte erstellt werden, wie das Bestands-/Inventarsystem betrieben und wie es in Bezug auf Transport, Lagerung und Entsorgung geprüft und gesichert wird;

24.

bekräftigt seine Forderung an die Kommission und die Mitgliedstaaten, sich an die Spitze der Bemühungen um die Beendigung des kommerziellen Handels mit gefährdeten Arten und ihren Körperteilen zu stellen, und fordert ein vollständiges und sofortiges Verbot des kommerziellen Handels, der Ausfuhr und der Wiederausfuhr von Elfenbein innerhalb der EU und in Bestimmungsländer außerhalb der EU, einschließlich des Elfenbeins aus der Zeit vor dem Übereinkommen, wobei darauf hingewiesen wird, dass begrenzte Ausnahmen für die Ein- und Ausfuhr zu wissenschaftlichen Zwecken und für Musikinstrumente, die vor 1975 rechtmäßig erworben wurden, sowie für den Handel mit Artefakten und Antiquitäten, die vor 1947 hergestellt wurden, möglich bleiben sollten, sofern sie von einem gültigen Zertifikat begleitet werden; fordert ähnliche Beschränkungen für andere gefährdete Arten wie Tiger und Nashörner; fordert die unverzügliche Umsetzung eines solchen Verbots;

25.

begrüßt die Änderungen an der Verordnung (EG) Nr. 865/2006 der Kommission (6) und den überarbeiteten Leitfaden zur EU-Regelung für den Elfenbeinhandel und fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Umsetzung der überarbeiteten Verordnung durch die Mitgliedstaaten konsequent zu überwachen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Regelungen in verbindliche Rechtsvorschriften zu überführen und etwaige noch vorhandene Lücken zu schließen;

Finanzierung

26.

stellt mit Besorgnis fest, dass für viele Beschlüsse der COP18 eine Finanzierung nach wie vor aussteht; fordert alle Vertragsparteien auf, eine ausreichende Finanzierung für die ordnungsgemäße Umsetzung des gesamten Übereinkommens, auch seiner Durchsetzung, bereitzustellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre finanzielle sowie jede andere Art der Unterstützung für die Umsetzung von CITES-Beschlüssen aufzustocken;

27.

betont, dass die Umsetzung vieler der CITES-Beschlüsse von der Verfügbarkeit externer Finanzmittel abhängig ist; fordert die EU und alle Vertragsparteien des Übereinkommens auf, Mechanismen zu prüfen, mit denen sichergestellt werden kann, dass die externe Finanzierung von CITES-Beschlüssen mit den Prioritäten ihrer Arbeitsprogramme in Einklang steht und dass die von der EU den Empfängerländern gewährte Entwicklungshilfe nicht die Lebensfähigkeit wildlebender Arten, die biologische Vielfalt, natürliche Lebensräume, Ökosysteme und die von ihnen erbrachten Leistungen gefährdet;

28.

äußert seine Besorgnis über die zunehmende Arbeitsbelastung des CITES-Sekretariats, der Konferenzen der Vertragsparteien und der Ausschüsse im Verhältnis zu den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen; fordert die Kommission auf, bei der Lösung dieses Problems eine Führungsrolle zu übernehmen; fordert unter anderem alle Vertragsparteien nachdrücklich auf, die konsequente Umsetzung von Entwürfen von Beschlüssen und Empfehlungen des Ständigen Ausschusses des CITES zu unterstützen;

Strategische Vision 2021-2030 des CITES

29.

begrüßt die Anerkennung der Zusammenhänge zwischen CITES und den Zielen für nachhaltige Entwicklung, dem CBD und den Ergebnissen des IPBES;

30.

ist der Ansicht, dass die Überprüfung der strategischen Vision des CITES auf der COP19 mit Blick auf den Globalen Rahmen für biologische Vielfalt (GBF) des CBD, der in diesem Jahr angenommen werden soll, behandelt werden sollte, um sicherzustellen, dass das CITES zur Umsetzung des GBF beiträgt;

31.

fordert die Vertragsparteien nachdrücklich auf, das Ziel eines ausschließlich legalen und ökologisch nachhaltigen Handels mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten bis 2025 zu erreichen; betont, dass das Ziel darin bestehen sollte, den illegalen Handel mit den in der CITES-Liste aufgeführten Wildtierarten, einschließlich der in Gefangenschaft gezüchteten Arten, zu unterbinden und nicht nur zu reduzieren;

32.

betont, dass die von den CITES-Gremien gefassten Beschlüsse auf wissenschaftlichen Kriterien zur Erhaltung der Arten, auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen und auf dem Vorsorgeprinzip beruhen sollten;

33.

bedauert, dass die äußerst wichtige Frage des Tierschutzes in der Erklärung zur Vision des CITES keine Erwähnung findet, und fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und alle weiteren Vertragsparteien auf, dieses Versäumnis nachzuholen;

Stärkung der Rolle der EU bei der weltweiten Bekämpfung des illegalen Artenhandels

34.

bedauert die Lücken bei der Umsetzung der EU-Verordnungen über den Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, da diese nicht alle kritischen Arten abdecken und nicht den gleichen Schutz für in Gefangenschaft gezüchtete Tiere bieten; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die bestehenden Rechtsvorschriften zur Regelung des Handels mit wildlebenden Tieren und Pflanzen zu überprüfen und zu erweitern, um sicherzustellen, dass die Einfuhr, die Umladung, die Ausfuhr, der Erwerb, der Verkauf und die Beförderung wildlebender Tiere und Pflanzen, die unter Verletzung der Rechtsvorschriften des Herkunfts- oder Transitlandes gefangen, besessen, befördert oder verkauft werden, verboten ist;

35.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut auf, bei den Bemühungen um die Beendigung des kommerziellen Handels mit gefährdeten Arten und deren Teilen eine führende Rolle einzunehmen; betont, dass es zu diesem Zweck wichtig ist, Ziele im Zusammenhang mit dem Instrument zur räumlichen Überwachung und Berichterstattung (spatial monitoring and reporting tool — SMART) auszuarbeiten;

36.

betont, dass die Aspekte illegaler Artenhandel und nachhaltige Konsumpraktiken systematisch in die EU-Handelspolitik einbezogen werden sollten; fordert den Rat erneut auf, das CBD als wesentliches Element von Freihandelsabkommen zu betrachten, sofern verbindliche Mechanismen zur Überprüfung der nationalen Ziele vereinbart werden (7); fordert den Rat auf, auch das CITES und das Übereinkommen von Paris zu wesentlichen Elementen von Freihandelsabkommen zu machen und nachdrücklich zu fordern, dass diese Übereinkünfte wirksam umgesetzt werden; hebt hervor, dass die anstehende Reform der Verordnung über das Allgemeine Präferenzsystem (8) für die wirksame Umsetzung der unter die Verordnung fallenden multilateralen Klima- und Umweltübereinkommen, einschließlich des Übereinkommens über die biologische Vielfalt, wichtig ist;

37.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Datenbank des europäischen TRACES-Systems (integriertes EDV-System für das Veterinärwesen) anzupassen, um genaue Informationen über Art, Menge und Herkunft aller im Handel befindlichen Meereszierfische zu sammeln und öffentlich zugänglich zu machen und so diesen derzeit unregulierten und oft nicht nachhaltigen Handel zu überwachen, für den die EU ein wichtiger Einfuhrmarkt ist;

38.

bekräftigt seine Forderung an die EU-Mitgliedstaaten, eine wissenschaftlich fundierte EU-weite Positivliste von Tieren zu erstellen, die unter angemessenen Tierschutzbedingungen als Heimtiere gehalten werden dürfen, ohne dass die Populationen in freier Wildbahn und die biologische Vielfalt in Europa Schaden nehmen; betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer Studie der Kommission zur Erleichterung der Verabschiedung dieser Liste, die sich u. a. auf die bestehenden Erfahrungen der Mitgliedstaaten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse stützen sollte;

39.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer in der EU-Biodiversitätsstrategie dargelegten Verpflichtungen unverzüglich wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Einfuhr von Jagdtrophäen von im CITES aufgeführten Arten zu verbieten.

40.

begrüßt die Bemühungen der EU, Entwicklungshilfe für die Bekämpfung des illegalen Artenhandels in Entwicklungsländern zu leisten; fordert die Kommission auf, die Bemühungen der Partnerländer zu unterstützen, die Quellen für Wildtiere und Wildtiererzeugnisse, Transitstellen und/oder Zielorte für Verkäufer und Käufer sind, um tragfähige wirtschaftliche Alternativen für den Lebensunterhalt und die Nachhaltigkeit der lokalen Gemeinschaften zu entwickeln;

EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels

41.

begrüßt die Überarbeitung und Fortführung des Aktionsplans der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels; fordert die Kommission auf, unverzüglich einen entsprechenden ambitionierten EU-Aktionsplan zu veröffentlichen;

42.

betont jedoch, dass der Erfolg des künftigen Aktionsplans der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels in hohem Maße von der Zuweisung entsprechender Mittel abhängen wird; fordert daher die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, spezifische Haushaltsmittel für seine Umsetzung bereitzustellen;

43.

ist der Auffassung, dass der Aktionsplan keine ausreichenden Impulse gegeben hat, um die Rolle der Unionsbürgerinnen und -bürger bei der Förderung der Nachfrage nach illegalen Wildtierprodukten sowohl im eigenen Land als auch in den Nachbarländern der EU anzugehen, und ist der Ansicht, dass der EU-Aktionsplan gestärkt werden sollte; fordert die Kommission auf, evidenzbasierte Initiativen zur Verringerung der Nachfrage in den wichtigsten Verbraucherländern, auch in der EU, durchzuführen;

44.

betont, dass der Aktionsplan der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels mit angemessenen Mitteln ausgestattet werden sollte, einschließlich der Unterstützung von Nicht-EU-Ländern sowie von Rettungszentren und Schutzgebieten für wildlebende Tiere;

45.

ist der Ansicht, dass der neue EU-Aktionsplan den Weg für eine bessere Rechtsdurchsetzung und Inspektionstätigkeit der zuständigen Behörden in der gesamten Union sowie für eine verbesserte Datenerfassung und einen besseren Datenzugang ebnen sollte, was eine bessere Bewertung von Entwicklungen und Analyse von Risiken ermöglichen wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen zur Umsetzung des Aktionsplans bereitzustellen und in den Aufbau von Kapazitäten und Weiterbildungsmaßnahmen für die Strafverfolgungs- und Justizbehörden zu investieren; unterstreicht, dass die Weitergabe und Vertiefung der Kenntnisse der zuständigen Beamten und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit fester Bestandteil des künftigen Plans sein müssen;

46.

fordert die Kommission ferner auf, im Rahmen des Aktionsplans konkrete und umsetzbare Ziele und Maßnahmen zu erarbeiten und einen klaren Überwachungs- und Bewertungsmechanismus zu entwickeln;

47.

hält es für entscheidend, dass der Aktionsplan in vollem Einklang mit der Biodiversitätsstrategie für 2030 steht und Synergien mit den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften und dem globalen Rahmen für die biologische Vielfalt nach 2020 gewährleistet; ist der festen Überzeugung, dass der Aktionsplan insbesondere prioritäre Arten ermitteln und sich auf diese konzentrieren sowie das Problem der in der EU illegal gehandelten, auf nationaler Ebene geschützten Arten angehen sollte;

48.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im überarbeiteten EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels sowohl gegen den Online- als auch den Offline-Handel vorzugehen und dafür zu sorgen, dass der Artenschutzkriminalität im Cyberbereich dieselbe Priorität eingeräumt wird wie anderen Formen der Cyberkriminalität, die eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit, Umwelt, Wirtschaft, Sicherheit und Bildung darstellen, u. a. durch Kommunikation, Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den betroffenen öffentlichen und privaten Sektoren; fordert die Kommission auf, unverzüglich zu prüfen, inwiefern das Gesetz über digitale Dienste (9) als Instrument zur Bekämpfung des illegalen Online-Handels mit Tieren und Pflanzen herangezogen werden könnte;

49.

stellt fest, dass Beweise dafür vorliegen, dass der legale Handel mit Wildtieren als Deckmantel für illegale Geschäftstätigkeiten dient, umfangreiche Möglichkeiten zur Geldwäsche bietet und darüber hinaus die Strafverfolgung erschwert; fordert die EU auf, bei der Überarbeitung des Aktionsplans der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels sowohl den legalen als auch den illegalen Handel mit Wildtieren unter die Lupe zu nehmen;

50.

betont, dass der Aktionsplan einen umfassenden Ansatz vom Herkunftsort bis zum Endabnehmer verfolgen sollte;

51.

hält es für wichtig, dass der Aktionsplan bei der Bekämpfung des illegalen Artenhandels den privaten Sektor mit einbezieht und in die Pflicht nimmt und dass ausreichend öffentliche und private Investitionen in die Forschung fließen, um das Wissen über den Artenhandel zu erweitern;

52.

betont, dass der überarbeitete Aktionsplan die Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter einbeziehen, die Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft anerkennen, Konsultationen der Interessenträger einschließen und die Beteiligung der Öffentlichkeit sicherstellen sollte;

Organisierte Kriminalität, Cybersicherheit und beschlagnahmte Tiere

53.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, über ihre jeweils zuständigen Stellen eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Koordinierung mit verschiedenen einschlägigen internationalen Behörden und Einrichtungen aufzubauen, um gegen am illegalen Artenhandel beteiligte kriminelle Organisationen vorzugehen;

54.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich für die Ausarbeitung und Annahme eines ehrgeizigen und wirksamen Protokolls über Umweltkriminalität im Rahmen des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität einzusetzen, wie in der EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 (10) erwähnt, das eine Bestimmung enthalten würde, die die Vertragsparteien verpflichtet, die Einfuhr von und den Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen, die illegal aus ihrem Herkunftsland entnommen wurden, unter Strafe zu stellen;

55.

begrüßt nachdrücklich den Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie 2008/99/EG über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, in deren Zuge die meisten Formen von Umweltkriminalität aufgenommen werden sollen, so dass sie mit harmonisierten, abschreckenden, wirksamen und verhältnismäßigen Sanktionen oder Strafen geahndet werden können;

56.

fordert die Kommission auf, für eine koordinierte Umsetzung bzw. Durchführung der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, der EU-Verordnungen über den Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen und des überarbeiteten EU-Aktionsplans zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels zu sorgen und dabei die in den verschiedenen Rahmenwerken bereitgestellten Instrumente so wirksam wie möglich zu nutzen;

57.

fordert die Aufnahme der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei und der Lärmbelästigung unter Wasser in die Liste der Straftaten in der überarbeiteten Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt;

58.

bedauert, dass der Vorschlag keine Erwägungen zum Tierschutz enthält; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Tierquälerei als erschwerender Umstand angesehen wird, der verschärfte Strafen im Rahmen der überarbeiteten Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt ermöglicht;

59.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, spezielle EU-Leitlinien zur Bekämpfung der Cyberkriminalität im Zusammenhang mit dem Artenhandel zu erlassen, für entsprechende harmonisierte Maßnahmen in den Mitgliedstaaten und eine entsprechende Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Akteuren zu sorgen;

60.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die CITES-Beschlüsse 18.81-18.85 bezüglich Artenschutzkriminalität im Zusammenhang mit dem Internet wirksam und vollständig umzusetzen und dabei die von Interpol erstellten Leitlinien mit dem Titel „Wildlife Crime Linked to the Internet — Practical Guidelines for Law Enforcement Practitioners“ (Artenschutzkriminalität im Zusammenhang mit dem Internet — praktische Leitlinien für Angehörige der Strafverfolgungsbehörden), die zur Umsetzung der einschlägigen Bestimmungen des CITES-Beschlusses 17.93 entwickelt wurden, in vollem Umfang zu nutzen;

61.

fordert die EU nachdrücklich auf, Initiativen zu fördern und zu unterstützen, die darauf abzielen, die Kapazitäten an Rettungs- und Pflegeeinrichtungen für geschützte Arten zu erhöhen, indem die erforderlichen Ressourcen, Finanzmittel und Schulungen bereitgestellt werden und insbesondere ein Netzwerk kompetenter und anerkannter Rettungs- und Aufnahmeeinrichtungen eingerichtet wird und nationale Aktionspläne für das Management beschlagnahmter lebender Tiere aufgestellt werden;

62.

stellt fest, dass fehlende Kapazitäten bei den Rettungs- und Aufnahmeeinrichtungen für Tiere in den einzelnen Mitgliedstaaten unter Umständen dazu beitragen, dass dort die einschlägigen Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Artenhandel nicht durchgesetzt werden, was zu Praktiken führen kann, die nicht geeignet sind, Artenschutzkriminalität zu verhindern; ist der Ansicht, dass die überarbeitete Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt beispielsweise Vorschriften für die Verwaltung der beschlagnahmten Gewinne, einschließlich einer angemessenen Pflege der beschlagnahmten lebenden Tiere, enthalten könnte;

63.

betont, wie wichtig es ist systematisch Finanzermittlungen und Verfahren für den Einzug von Vermögenswerten durchzuführen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu unterstützen, die darauf abzielen, disruptive illegale Finanzströme zu kappen und die Erträge aus Artenschutzkriminalität zu beschlagnahmen;

64.

fordert die Mitgliedstaaten auf, eine einheitliche und transparente Berichterstattung über alle beschlagnahmten bzw. konfiszierten lebenden Tiere an CITES, Europol und die Herkunftsländer einzuführen und zu fördern;

Konzept „Eine Gesundheit“ und Bedeutung des CITES bei der Reduzierung des Risikos für das künftige Auftreten von Zoonosen in Verbindung mit dem internationalen Artenhandel

65.

weist darauf hin, dass dem IPBES zufolge 70 % der neu auftretenden Krankheiten und Pandemien tierischen Ursprungs sind; bringt — nicht zuletzt angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie — seine tiefe Besorgnis über das immer häufigere Auftreten und die Ausbreitung von Zoonosen, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden (Anthropozoonosen), zum Ausdruck, was durch Klimawandel, Umweltzerstörung, Landnutzungsänderungen, Abholzung von Wäldern, Zerstörung von biologischer Vielfalt und natürlichen Lebensräumen und entsprechenden Druck, illegalen Handel mit Wildtieren sowie nicht nachhaltige Nahrungsmittelproduktions- und -konsummuster noch verschärft wird; betont, dass das Wissen über die Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von Krankheiten einerseits und dem legalen und illegalen Handel mit Wildtieren, der Erhaltung und der Zerstörung von Ökosystemen andererseits verbessert werden muss;

66.

weist darauf hin, dass die Gefahr von Pandemien erheblich verringert werden kann, wenn menschliche Aktivitäten, die dem Verlust an biologischer Vielfalt Vorschub leisten, reduziert werden, und dass die geschätzten Kosten einer Senkung des Pandemierisikos hundertmal geringer ausfallen als die Kosten für die Bewältigung einer Pandemie; betont, dass es von größter Bedeutung ist, die Lebensräume wildlebender Tiere und Pflanzen zu schützen und wiederherzustellen, um weitere Pandemien tierischen Ursprungs zu verhindern; fordert alle Vertragsparteien nachdrücklich auf, ihre Bemühungen zu intensivieren;

67.

fordert die EU und alle weiteren Vertragsparteien nachdrücklich auf, das Wohlergehen sowohl lebend gehandelter als auch in Zuchteinrichtungen gehaltener Tiere zu gewährleisten und dabei die wissenschaftlich erwiesene Tatsache anzuerkennen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen schlechten Haltungs-, Transport- und Handelsbedingungen und dem Ausbruch und der Ausbreitung von Krankheiten besteht und dadurch die Gesundheit von Mensch und Tier gefährdet wird; betont, dass eine EU-weite Positivliste von Tieren, die in diesem Zusammenhang als Heimtiere zugelassen sind, von Vorteil ist;

68.

fordert die Kommission auf, die in Freihandelsabkommen vorgesehenen Dialoge zu nutzen, um die strengen Gesundheits-, Pflanzenschutz- und Tierschutznormen der EU zu fördern und so das Risiko künftiger Epidemien und Pandemien einzudämmen; fordert die Kommission ferner auf, erforderlichenfalls die Verabschiedung eines Moratoriums für die Einfuhr wildlebender Tiere oder anderer Arten aus Gebieten in Betracht zu ziehen, die sich zu Hotspots für Infektionskrankheiten entwickeln, um etwaigen Sicherheitsbedenken Rechnung zu tragen;

69.

betont, dass dem CITES als Regulierungsinstrument für den internationalen Artenhandel eine wichtige Rolle bei der Verhütung künftiger Pandemien zukommen sollte;

70.

unterstreicht die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation, der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) und des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, in denen die zuständigen nationalen Behörden aufgefordert werden, den Handel mit lebend gefangenen wilden Exemplaren von Säugetierarten für Zwecke des Verzehrs oder der Zucht auszusetzen und Abschnitte von Lebensmittelmärkten, in denen lebend gefangene Wildtiere von Säugetierarten verkauft werden, als Notfallmaßnahme zu schließen, sofern nicht nachweislich wirksame Vorschriften und eine angemessene Risikobewertung vorhanden sind, und unterstreicht die IPBES-Empfehlungen, lebende Arten aus dem Handel mit Wildtieren zu entfernen, die nach Prüfungen von Sachverständigen ein hohes Risiko für das Auftreten von Krankheiten darstellen; fordert die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, die Weltgemeinschaft dabei zu unterstützen, gegen den kommerziellen Handel mit lebenden Wildtieren, insbesondere Vögeln und Säugetieren, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, und deren Verkauf auf Märkten vorzugehen, damit dieser Handel schrittweise abgeschafft wird, was ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung des Ziels ist, künftige Pandemien zoonotischen Ursprungs zu verhindern;

71.

unterstreicht die wichtige Rolle der Kommission und der Mitgliedstaaten bei der Koordinierung und Unterstützung des Konzepts „Eine Gesundheit“ in der EU und der Vertretung dieses Konzepts in allen internationalen Foren; fordert die dringende Verabschiedung einer neuen Entschließung, mit der die Vertragsparteien darin bestärkt werden, bei der Umsetzung des Übereinkommens und in ihren nationalen Rechtsvorschriften das Konzept „Eine Gesundheit“ in Bezug auf den Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen zu institutionalisieren und dabei die von der hochrangigen Expertengruppe für das Konzept „Eine Gesundheit“ entwickelte operationelle Definition des Konzepts „Eine Gesundheit“ zu verwenden sowie bei der Prüfung von Anträgen auf Genehmigungen und Bescheinigungen für den Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen geeignete Risikoanalysen und Präventionsprogramme in Bezug auf die Gesundheit von Tier, Mensch und Umwelt durchzuführen;

72.

stellt mit Besorgnis fest, dass noch immer erhebliche Mengen Fleisch von Haus- und Wildtieren von Fluggästen in die Mitgliedstaaten geschmuggelt werden, was Risiken für die Gesundheit von Tier und Mensch und für die biologische Vielfalt birgt; fordert die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Datenerhebung in dieser Angelegenheit zu intensivieren und eine Reaktion der EU auf illegale Fleischeinfuhren zu unterstützen und zu koordinieren;

73.

begrüßt die Absicht des CITES, mit der OIE zusammenzuarbeiten, um ein gemeinsames Arbeitsprogramm auszuarbeiten, mit dem gemeinsam Wissenslücken geschlossen und wirksame und praktische Lösungen zur Verringerung der Risiken der Übertragung von Krankheitserregern in den Wildtier-Lieferketten ermittelt werden sollen; fordert, dass im Rahmen des CITES die aktive Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen und Übereinkommen, die sich mit der Prävention von Zoonosen befassen, im Sinne des Konzepts „Eine Gesundheit“ weiter verstärkt wird;

74.

weist darauf hin, wie wichtig es mit Blick auf die Erhaltung der Arten und die Umsetzung des Übereinkommens ist, die indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften einzubeziehen; ist sich der Tatsache bewusst, dass einige Gemeinschaften zur Sicherung ihres Lebensunterhalts von Arten abhängig sind, die unter das CITES fallen; bedauert, dass im CITES im Gegensatz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) eine gewisse Anerkennung der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften fehlt; ist der Auffassung, dass die Tagungen im Rahmen des CITES von einer stärkeren Vertretung und Teilhabe der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften profitieren würden, und bedauert den bislang mangelhaften Fortschritt in dieser Hinsicht; fordert die Vertragsparteien und das Sekretariat nachdrücklich auf, die Bemühungen zur Festlegung und Umsetzung wirksamer Mechanismen fortzusetzen, mit denen dafür gesorgt werden kann, dass die Stimmen der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften gehört werden;

75.

fordert die Weltgesundheitsorganisation auf, Stellung gegen die Verwertung von Wildtieren für Arzneimittel zu beziehen, insbesondere gegen die Verwendung von Arten, die gemäß der Roten Liste der IUCN als (gering) gefährdet, gefährdet oder stark gefährdet eingestuft sind;

Änderungen an den Anhängen des CITES

76.

unterstützt ausdrücklich die von der EU und ihren Mitgliedstaaten vorgelegten Vorschläge zur Änderung der Anhänge des CITES-Übereinkommens;

77.

fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, auf der COP19 Vorschläge für die Aufnahme von Arten in die Liste oder deren Verschiebung von Anhang II in Anhang I zu unterstützen, die von den Ländern des Verbreitungsgebiets eingebracht oder unterstützt werden;

78.

fordert die EU-Mitgliedstaaten und alle anderen Vertragsparteien auf, die auf der COP19 vorgelegten Vorschläge zum besseren Schutz von Reptilien, Amphibien, Vögeln, Fischen und Säugetieren, die durch den internationalen Handel für den Heimtiermarkt bedroht sind, zu unterstützen, da der Markt für exotische Heimtiere und das Spektrum der betroffenen Arten sowohl innerhalb der EU als auch international zunehmen;

79.

fordert die EU und alle Vertragsparteien des CITES auf, in all ihren förmlichen Stellungnahmen zu Arbeitsdokumenten und Vorschlägen für die Aufnahme in die Liste das Vorsorgeprinzip in Bezug auf den Artenschutz zu beachten und insbesondere das Verursacherprinzip, den Grundsatz der Vorbeugung, den Grundsatz der besten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen und den Ökosystemansatz umfassend zu berücksichtigen;

80.

fordert die EU nachdrücklich auf, eine Überarbeitung der Entschließung Conf. 9.21 (Rev. COP18) über die Auslegung und Anwendung der Quoten für die in Anhang I aufgeführten Arten zu fordern, um die Häufigkeit der Überprüfung der Quoten für diese Arten, die gemäß den Anhängen das höchste Schutzniveau genießen, zu erhöhen, da der derzeitige Zeitrahmen von neun Jahren (drei Zwischenzeiträume) zu lang ist;

81.

befürwortet die Empfehlungen zur Stärkung des Schutzes und der Erhaltung von Arten, einschließlich Haien und Rochen, Meeresschildkröten, Seepferdchen, Großkatzen, Elefanten, Tschiru (Tibetantilopen) und Saigaantilopen;

82.

fordert die EU nachdrücklich auf, die Einrichtung eines transparenten und integrativen Verfahrens für eine weitere umfassende, zeitlich begrenzte Überprüfung der Entschließung Conf. 10.21 über den Transport lebender Exemplare und der damit verbundenen CITES-Leitlinien für den Nicht-Lufttransport zu unterstützen; fordert die Einsetzung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Ausschusses für den Transport von Tieren und Pflanzen, die die Aufgabe hat, die regelmäßige Überprüfung der Leitlinien zu leiten und Änderungen der Entschließung Conf. 10.21 (Rev. COP16) auszuarbeiten, detaillierte Anforderungen an den Transport zu entwickeln, die die Verantwortlichkeiten für die Einhaltung klären, und die Umsetzung durch die Vertragsparteien zu überprüfen;

83.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Annahme eines vom Ständigen Ausschuss vorgeschlagenen Beschlusses zu unterstützen, die im Rahmen des CITES eingesetzte Taskforce zur Durchsetzung der Bestimmungen in Bezug auf Nashörner („Rhinoceros Enforcement Task Force“) wieder einzusetzen, wobei zu betonen ist, dass Wilderei und der illegale Handel mit den Hörnern der nach wie vor eine erhebliche Bedrohung für das Überleben der afrikanischen und asiatischen Nashornarten darstellen;

Artspezifische Fragen

Haie und Rochen

84.

unterstreicht, dass Haie und Rochen eine Schlüsselrolle spielen, wenn es darum geht, die Gesundheit des Lebens in den Meeren zu erhalten, und dass neue Forschungsergebnisse, die seit der COP18 des CITES veröffentlicht wurden, zeigen, dass 37 % der Hai- und Rochenarten bereits vom Aussterben bedroht sind, was nach den Amphibien die zweithöchste Quote unter allen Wirbeltierklassen darstellt (11); weist mit Nachdruck darauf hin, dass einer der Haupttreiber des Rückgangs dieser Arten der internationale Handel mit aus diesen Tieren hergestellten Produkten ist, und dass in der EU ein bedeutender Teil des entsprechenden Exports von und Handels mit Haifischteilen und aus Haifisch hergestellten Produkten abgewickelt wird;

85.

bedauert, dass bisher nur 25 % der vom Handel mit Haifischflossen betroffenen Arten im Anhang II des CITES aufgeführt sind; fordert die EU nachdrücklich auf, das Sekretariat, den Ständigen Ausschuss und die Vertragsparteien des CITES zu ersuchen, der in dem Dokumente SC74 Dok. 67.2 festgestellten besorgniserregenden und kritischen Diskrepanzen zwischen den Fangquoten und dem Handelsvolumen von unter das CITES fallenden Haiarten weiter nachzugehen, und mögliche Ursachen für Meldelücken oder illegalen Handel mit unter das CITES fallenden Haiarten zu ermitteln;

86.

begrüßt daher den Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates, der u. a. einen Vorschlag zu Anhang II enthält, nach dem die gesamte Familie der Hammerhaie unter die CITES-Regelung fallen würde;

87.

fordert die EU, die bei der weltweiten Haifischerei und dem Handel mit Haien eine Schlüsselrolle spielt, nachdrücklich auf, den von Panama, dem Gastgeberland der COP19, eingebrachten Vorschlag zu unterstützen, Requiemhaie (Familie der Carcharhinidae) in Anhang II aufzunehmen, wobei die übrigen Arten aus der Familie Carcharhinidae aufgrund ihres ähnlichen Aussehens ebenfalls aufgenommen werden sollten;

Großkatzen

88.

stellt fest, dass einige Großkatzenarten zu den am stärksten gefährdeten Arten im Rahmen des CITES gehören, deren Populationen weiterhin rückläufig sind, wobei sie in einigen Ländern jüngst sogar ausgestorben sind, und dass die Erhaltung von und der Handel mit Großkatzenarten im Rahmen des CITES im Vergleich zu anderen CITES-Angelegenheiten von einem Mangel an Aufmerksamkeit und finanzieller Unterstützung betroffen sind;

89.

fordert die EU nachdrücklich auf, einen Fonds für die Erhaltung von Großkatzenarten einzurichten, der unter anderem die Umsetzung von CITES-Entschließungen und -Beschlüssen zu Großkatzenarten sowie die Umsetzung von zeitgebundenen, länderspezifischen Empfehlungen und von Ergebnissen der CITES-Arbeitsgruppe für Großkatzen unterstützen würde;

90.

fordert die EU ferner nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass das CITES-Sekretariat bei der Durchführung der CITES-Missionen in Ländern mit bedenklichen Anlagen für in Gefangenschaft gehaltene asiatische Großkatzen einen risikobasierten Ansatz verfolgt;

91.

stellt mit großer Besorgnis fest, dass alle fünf Arten der Gattung Panthera (Tiger, Löwe, Jaguar, Leopard und Schneeleopard) einen ungünstigen Erhaltungszustand aufweisen, der von „gering gefährdet“ bis „stark gefährdet“ reicht, wobei ihre Populationen zurückgehen;

92.

fordert alle Parteien nachdrücklich auf, den kommerziellen Handel mit den fünf Arten der Gattung Panthera (Tiger, Löwe, Jaguar, Leopard und Schneeleopard) ausnahmslos zu verbieten; fordert ferner die Mitgliedstaaten auf, die Zucht dieser Arten in Gefangenschaft durch private Einrichtungen, bei denen es sich nicht um lizenzierte Zoos handelt, zu verbieten, da dies den illegalen Handel mit diesen Arten erleichtern kann;

93.

weist darauf hin, dass der legale Handel mit in Gefangenschaft gezüchteten Arten wie Tigern und anderen Großkatzen ausgesprochen schädlich ist, da er die Nachfrage stimuliert, die Durchsetzung erschwert und zahlreiche Gelegenheiten zur Geldwäsche bietet;

94.

fordert die Schließung von Tierzuchtfarmen und die Einstellung des gesamten Handels mit in Gefangenschaft gezüchteten Tigern und deren Körperteilen;

95.

fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und alle Vertragsparteien des CITES auf, dafür zu sorgen, dass der afrikanische Löwe in Anhang I aufgenommen wird, um ihm einen optimalen Schutzstatus zu verleihen, und fordert ein hartes Durchgreifen gegen den illegalen Handel mit dem afrikanischen Löwen, der hauptsächlich mit asiatischen Ländern betrieben wird;

Elefanten

96.

fordert die Kommission auf, die Aufnahme aller Populationen des Afrikanischen Elefanten in Anhang I des CITES uneingeschränkt zu unterstützen und aktiv dafür einzutreten und gegen jedwede Verschiebung von Elefantenpopulationen von Anhang I nach Anhang II einzutreten;

97.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Entwicklung eines einfachen und einheitlichen Rechtsrahmens für den Handel mit in freier Wildbahn gefangenen lebenden afrikanischen Elefanten zu unterstützen und die Ausfuhr auf Erhaltungsprogramme vor Ort oder sichere Gebiete in freier Wildbahn innerhalb des natürlichen und historischen Verbreitungsgebiets der Art in Afrika zu beschränken;

98.

weist nachdrücklich auf den Standpunkt der in der African Elephant Coalition zusammengeschlossenen afrikanischen Staaten, auf die sich das Verbreitungsgebiet des Afrikanischen Elefanten erstreckt, und der Sachverständigengruppe „Afrikanischer Elefant“ der Species Survival Commission der IUCN hin, die die Entnahme afrikanischer Elefanten aus der freien Wildbahn zu deren Verwendung in Gefangenschaft nicht billigen;

99.

fordert die EU nachdrücklich auf, auf die unzureichende laufende Umsetzung aller Bestimmungen der CITES-Beschlüsse 18.226 und 18.227 aufmerksam zu machen, und alle Vertragsparteien nachdrücklich aufzufordern, diesen Bestimmungen in vollem Umfang nachzukommen, wobei zur Kenntnis genommen wird, dass sich mehrere Staaten, auf die sich das Verbreitungsgebiet des Asiatischen Elefanten erstreckt, verpflichtet haben, zuverlässigerer Systeme zur Registrierung, Kennzeichnung und Nachverfolgung von in Freiheit lebenden Asiatischen Elefanten einzuführen;

100.

fordert die dringende Schließung aller verbleibenden legalen inländischen Elfenbeinmärkte, etwa in Japan, und fordert die EU und alle Vertragsparteien auf, sich jeglichen Bestrebungen zur Aufhebung der Beschränkungen des Elfenbeinhandels entgegenzustellen;

101.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mehr Transparenz und eine bessere Verwaltung von Elfenbeinbeständen und -lagern zu verlangen und sich für deren Vernichtung einzusetzen;

102.

fordert die EU auf, ihren auf der 74. Sitzung des Ständigen Ausschusses des CITES dargelegten Vorschlag nachzuverfolgen und dafür zu sorgen, dass die Berichte Informationssystem über den Handel mit Elefanten (ETIS), einschließlich des der COP19 vorzulegenden Berichts, eine Analyse des beschlagnahmten Elfenbeins in Verbindung mit jeder Vertragspartei, die über legale inländische Märkte für den kommerziellen Elfenbeinhandel verfügt, enthalten, sowie das CITES-Sekretariat aufzufordern, die Informationen, die im Rahmen der Überwachung des widerrechtlichen Tötens von Elefanten (MIKE), des ETIS und des Nationalen Aktionsplans für Elfenbein (NIAP) gesammelt werden, zu nutzen, um zu analysieren, wo sich die größten nicht gemeldeten Bestände befinden dürften;

103.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Empfehlung einer Überprüfung des Verfahrens im Rahmen des NIAP zu unterstützen, um sicherzustellen, dass er weiterhin zweckmäßig ist, und fordert weitere Anstrengungen der betroffenen Parteien im Rahmen dieses Verfahrens in Bezug auf Elfenbeinbestände;

104.

fordert die EU auf, dafür zu sorgen, dass das ETIS weiter der robuste Mechanismus und die solide Informationsquelle über Entwicklungen im illegalen Elfenbeinhandel bleibt, als das es sich im Verlauf der letzten über 20 Jahre bewährt hat;

Andere Arten

105.

fordert die EU und alle Vertragsparteien auf,

Vorschläge zur Aufnahme des Flusspferds (Hippopotamus amphibius) in den Anhang I zu unterstützen, da angesichts des anhaltenden Rückgangs der Population und des Handels mit dieser Tierart weiterhin Grund zur Besorgnis besteht,

Vorschläge zur Aufnahme weiterer Schildkrötenarten in die Anhänge zum CITES-Übereinkommen zu unterstützen, einschließlich der Gattungen Kinosternon, Claudius und Staurotypus,

den von Costa Rica vorgebrachten und von anderen Verbreitungsstaaten unterstützten Vorschlag zu unterstützen, Glasfrösche (Familie der Centrolenidae) in Anhang II des CITES-Übereinkommens aufzunehmen, um sicherzustellen, dass der Handel mit diesen Arten rechtmäßig und nachhaltig ist,

Botswana angesichts der ernsten Besorgnis über die seit der COP18 verzeichnete Zunahme der Nashornwilderei in dem Land nachdrücklich aufzufordern, über alle Maßnahmen zu berichten, die es zur Bekämpfung der Nashornwilderei und des illegalen Handels im Rahmen der Entschließung Conf. 9.14 (Rev.CoP17) über die Erhaltung von und den Handel mit afrikanischen und asiatischen Nashörnern durchführt,

Beschlüsse und/oder Änderungen zur Entschließung Conf. 17.10 über die Erhaltung von und den Handel mit Schuppentieren voranzutreiben, um die Parteien mit heimischen Märkten aufzufordern, alle Maßnahmen zu ergreifen, um diese Märkte zu schließen und die entsprechenden Bestände zu vernichten;

Beschlüsse voranzutreiben, mit denen Mexiko für sein Versagen bei der Verhinderung der illegalen Fischerei und des Handels mit Totoaba (Totoaba macdonaldi), einer in Anhang I aufgeführten Art, was den Kalifornischen Schweinswal (Phocoena sinus) an den Rand des Aussterbens bringt, zur Rechenschaft gezogen wird, einschließlich der Erwägung einer Aussetzung des kommerziellen Handels mit Arten, die unter das CITES fallen, im Einklang mit der Entschließung Conf. 14.3;

106.

fordert Hongkong und China auf, ihre Grenzkontrollen zu verschärfen, um die Einfuhren von Totoaba, die hauptsächlich für China bestimmt sind, zu stoppen;

107.

fordert alle Vertragsparteien nachdrücklich auf, den Handel mit Totoaba vollständig zu verbieten;

o

o o

108.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen und seinem Sekretariat zu übermitteln.

(1)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.

(2)  ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7.

(3)  Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, „The State of the World’s Forests 2022 — Forest pathways for green recovery and building inclusive, resilient and sustainable economies“ (Zustand der Wälder der Welt 2022 — Lösungen für Wälder für eine grüne Erholung und Aufbau integrativer, widerstandsfähiger und nachhaltiger Volkswirtschaften), Rom, 2022.

(4)  Internationaler Tierschutzfonds: „Supply and demand: the EU’s role in the global shark trade 2022“ (Angebot und Nachfrage: Bedeutung der EU im globalen Haifischhandel 2022).

(5)  IUCN: „African elephant species now Endangered and Critically Endangered — IUCN Red List“ (Afrikanische Elefantenarten nun stark gefährdet und vom Aussterben bedroht — Rote Liste der IUCN), 25. März 2021.

(6)  Verordnung (EG) Nr. 865/2006 der Kommission vom 4. Mai 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 166 vom 19.6.2006, S. 1).

(7)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.

(8)  Verordnung (EU) Nr. 978/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 des Rates (ABl. L 303 vom 31.10.2012, S. 1).

(9)  Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste) und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (COM(2020)0825).

(10)  Mitteilung der Kommission vom 14. April 2021 über eine EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 (COM(2021)0170).

(11)  Sachverständigengruppe „Haie“ der Species Survival Commission der IUCN, „New Global Study Finds Unprecedented Shark and Ray Extinction Risk“ (Neue globale Studie stellt beispielloses Aussterberisiko für Haie und Rochen fest), 6. September 2021.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/54


P9_TA(2022)0346

Zugang zu Wasser als Menschenrecht — die externe Dimension

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zu dem Zugang zu Wasser als Menschenrecht — die externe Dimension (2021/2187(INI))

(2023/C 132/06)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Resolution 64/292 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 28. Juli 2010, in der das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung anerkannt wird,

unter Hinweis auf die Resolution 68/157 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2013 mit dem Titel „Das Menschenrecht auf einwandfreies Trinkwasser und Sanitärversorgung“,

unter Hinweis auf die Resolution 45/8 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 6. Oktober 2020 mit dem Titel „The human rights to safe drinking water and sanitation“ (Die Menschenrechte auf einwandfreies Trinkwasser und Sanitärversorgung),

unter Hinweis auf die Resolution 48/13 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 8. Oktober 2021 mit dem Titel „Das Menschenrecht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt“,

unter Hinweis auf die Resolution 71/222 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 2016 mit dem Titel „Internationale Aktionsdekade, Wasser für nachhaltige Entwicklung“ 2018-2020“,

unter Hinweis auf die Resolution 75/212 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 2020 über die Konferenz der Vereinten Nationen zur umfassenden Halbzeitüberprüfung der Verwirklichung der Ziele der Internationalen Aktionsdekade „Wasser für nachhaltige Entwicklung“ 2018-2028 (Wasserkonferenz der Vereinten Nationen 2023),

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie die Allgemeinen Bemerkungen des Ausschusses der Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

unter Hinweis auf das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

unter Hinweis auf die Europäische Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde,

unter Hinweis auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 15 (2002) des Ausschusses der Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte zum Recht auf Wasser,

unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker und das Übereinkommen von 1989 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker,

unter Hinweis auf das Übereinkommen von 1992 zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen (Wasserkonvention), das ursprünglich als regionales Instrument ausgehandelt wurde und dem seit 2016 alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen beitreten können,

unter Hinweis auf das Übereinkommen von 1997 über das Recht der nichtschifffahrtlichen Nutzung internationaler Wasserläufe (Gewässer-Konvention),

unter Hinweis auf das UNECE-WHO-Protokoll zur Wasserkonvention über Wasser und Gesundheit von 1999, das einen Rahmen zur Umsetzung der Menschenrechte auf Wasser und Sanitärversorgung in die Praxis bietet,

unter Hinweis auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, insbesondere auf das Ziel Nr. 6 für sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung, und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung,

unter Hinweis auf den Weltwasserentwicklungsbericht der Vereinten Nationen vom 19. März 2019 mit dem Titel „Leaving no one behind“ (Niemanden zurücklassen),

unter Hinweis auf die Berichte zum Thema „State of Food and Agriculture“ (Lage von Ernährung und Landwirtschaft) von 2020 und 2021, die von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen veröffentlicht wurden,

unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters für das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung vom 16. Juli 2021 über die Risiken und Auswirkungen der Kommerzialisierung und Finanzialisierung des Wassers im Hinblick auf die Menschenrechte auf sauberes Wasser und Sanitärversorgung und dessen Bericht vom 21. Juli 2020 über Menschenrechte und die Privatisierung der Wasser- und Sanitärversorgung,

unter Hinweis auf den Weltwasserentwicklungsbericht der Vereinten Nationen von 2021 zum Thema „Wasser wertschätzen“,

unter Hinweis auf die EU-Menschenrechtsleitlinien für einwandfreies Trinkwasser und Sanitärversorgung vom 17. Juni 2019,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (1) (Wasserrahmenrichtlinie),

unter Hinweis auf die Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (3),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2020/2184 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (4),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. März 2014 über die Europäische Bürgerinitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht! Wasser ist ein öffentliches Gut, keine Handelsware!“ (COM(2014)0177),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (5),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. November 2018 zur Wasserdiplomatie, vom 17. Juni 2019 zu den EU-Menschenrechtsleitlinien für sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung und vom 19. November 2021 zu Wasser im auswärtigen Handeln der EU,

unter Hinweis auf die Europäische Bürgerinitiative „Right2Water“ und seine Entschließung vom 8. September 2015 zu den Folgemaßnahmen zu der Europäischen Bürgerinitiative zum Recht auf Wasser (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2021 zu dem Thema „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2021 mit Empfehlungen an die Kommission zur Sorgfaltspflicht und Rechenschaftspflicht von Unternehmen (8),

unter Hinweis auf vorhandene erfolgreiche Methoden der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, wie der Meinungsaustausch zwischen öffentlichen Versorgungsanlagen für Wasser und Abwasser in den nordischen Ländern, der bis in die 1980er-Jahre zurückreicht, die Gründung eines gemeinsamen nordischen Hydrologieverbunds im Jahr 1970, das jährliche nordische Treffen der Wasserberater, die nordischen Wasserforen und die umfassende nordische Zusammenarbeit in Bezug auf Probleme bei der Wasserbewirtschaftung,

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Entwicklungsausschusses,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0231/2022),

A.

in der Erwägung, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer Resolution 64/292 „das Recht auf einwandfreies und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung als ein Menschenrecht an[erkennt], das unverzichtbar für den vollen Genuss des Lebens und aller Menschenrechte ist“; in der Erwägung, dass der Mangel an Wasser mit dem Leben unvereinbar ist und dass beide Rechte einander bedingen und für ein menschenwürdiges Leben von grundlegender Bedeutung sind; in der Erwägung, dass es keinen nachhaltigen und universellen Zugang zu sauberem Wasser ohne funktionierende Sanitärketten geben kann; in der Erwägung, dass Wasser und Wasserläufe aufgrund ihrer wesentlichen Bedeutung für das Leben der Gesellschaft auch eine starke kulturelle, spirituelle und religiöse Dimension aufweisen;

B.

in der Erwägung, dass in Grundsatz 20 der Europäischen Säule sozialer Rechte betreffend den Zugang zu essenziellen Dienstleistungen, ausdrücklich auf das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Wasser und Sanitärversorgung verwiesen wird;

C.

in der Erwägung, dass sich die Verweigerung des Menschenrechts auf Wasser auf die Ausübung des Rechts auf Leben und Gesundheit auswirkt, da verunreinigtes Wasser, eine unzureichende Behandlung von Abwasser und eine schlechte Sanitärversorgung mit der Übertragung schwerwiegender Krankheiten und sogar Todesfällen im Zusammenhang stehen; in der Erwägung, dass Wasser und Sanitärversorgungsdienste die Eckpfeiler der öffentlichen Gesundheit sind; in der Erwägung, dass Durchfallerkrankungen die vierthäufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren und eine der Hauptursachen für chronische Unterernährung sind; in der Erwägung, dass der Zugang zu sauberem Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene unverzichtbar ist, um die globale Widerstandsfähigkeit gegenüber Pandemien und anderen Infektionskrankheiten sicherzustellen und die aufkommende Bedrohung der Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe zu bekämpfen;

D.

in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie die besonders schutzbedürftigen Menschen am stärksten getroffen und erneut deutlich gemacht hat, dass weltweit sauberes Wasser in ausreichender Menge und Sanitärversorgung benötigt werden; in der Erwägung, dass die Verfügbarkeit von Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene und der Zugang dazu, auch für gefährdete und ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen, bei der Bekämpfung von COVID-19 von grundlegender Bedeutung sind;

E.

in der Erwägung, dass in Entwicklungsländern 80 bis 90 % des Abwassers direkt in Flüsse, Seen und Meere abgeleitet wird, was zu durch Wasser übertragenen Krankheiten führt und der Umwelt erheblichen Schaden zufügt; in der Erwägung, dass das Leben von Millionen verarmter Menschen nicht nur bei der Trinkwasserversorgung, sondern auch bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln durch Landwirtschaft, Viehhaltung und Fischerei von einem guten Zustand der Wasserressourcen abhängt;

F.

in der Erwägung, dass der Mangel an Achtung, Schutz und Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung häufig das Recht auf Bildung behindert; in der Erwägung, dass Kinder, in vielen Fällen Mädchen, jeden Tag durchschnittlich sechs Kilometer laufen müssen, um Wasser zu besorgen, was sie daran hindert, eine Schule zu besuchen; in der Erwägung, dass die Opportunitätskosten des Besorgens von Wasser hoch sind und weitreichende Auswirkungen haben, da sich die für andere wichtige Tätigkeiten verfügbare Zeit erheblich verkürzt;

G.

in der Erwägung, dass viele Kinder aufgrund von Krankheiten, die mit verunreinigtem Wasser oder einer unzureichenden Hygienepraxis im Zusammenhang stehen, die Schule verlassen; in der Erwägung, dass jedes dritte Kind keinen angemessenen Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung in Schulen hat; in der Erwägung, dass aus dem Bericht der Vereinten Nationen von 2021 über die Ziele für nachhaltige Entwicklung hervorgeht, dass weltweit mehr als ein Fünftel der Grundschulen keinen Zugang zu einer Trinkwassergrundversorgung oder nach Geschlechtern getrennten Toiletten hat und es in mehr als einem Drittel an grundlegenden Einrichtungen zum Händewaschen fehlt; in der Erwägung, dass viele Mädchen sich auch gezwungen sehen, die Schule zu verlassen, wenn sie keinen Zugang zu für sie geeigneten Toiletten haben und ihre Menstruation nicht auf würdige Art und Weise handhaben können;

H.

in der Erwägung, dass Kinder mit Behinderungen aufgrund fehlender angepasster Toiletten und Sanitäreinrichtungen auch Probleme beim Zugang zu Bildung haben; in der Erwägung, dass Berichten der UNESCO zufolge mehr als 90 % aller Kinder mit Behinderungen keine Schule besuchen und Mädchen mit Behinderungen mit weitaus höherer Wahrscheinlichkeit die Schule abbrechen als Jungen mit Behinderungen; in der Erwägung, dass das Trinken von Wasser für die Konzentration beim Lernen unabdingbar ist;

I.

in der Erwägung, dass die Nachteile, denen viele Frauen und Mädchen, Menschen mit bestimmten Behinderungen und ältere Menschen in Bezug auf Wasser, Sanitäreinrichtungen und Hygiene gegenüberstehen, sich in verschiedenen Formen zeigen, die sich auf ihre allgemeine Gesundheit, ihr Wohlergehen und ihre Würde, ihre reproduktive Gesundheit, ihre Bildung, ihre Ernährung, ihre Sicherheit sowie ihre wirtschaftliche und politische Teilhabe auswirken; in der Erwägung, dass vor allem Mütter von Kindern mit Behinderungen aus dem Arbeitsleben verdrängt werden, um ihre Kinder beim Toilettengang zu betreuen und sich um den Heimunterricht ihrer Kinder zu kümmern, wenn es in den Schulen an barrierefreien Toiletten mangelt;

J.

in der Erwägung, dass Frauen und Mädchen in vielen Ländern des Globalen Südens traditionell für die häusliche Wasserversorgung verantwortlich sind, was sie anfälliger für Krankheiten und Gewalt macht; in der Erwägung, dass Frauen und Mädchen einem größeren Risiko von Angriffen, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, Belästigung und anderen Bedrohungen ihrer Sicherheit ausgesetzt sind, wenn sie Wasser für den Haushalt besorgen oder Sanitäreinrichtungen außerhalb der eigenen Wohnstätte aufsuchen;

K.

in der Erwägung, dass das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung die Dimensionen der Verfügbarkeit, des Zugangs, der Annehmbarkeit, der Qualität und Erschwinglichkeit sowie die Grundsätze des auf den Menschenrechten beruhenden Ansatzes (u. a. Nichtdiskriminierung, Verantwortung, Transparenz, Teilhabe) umfasst, wie dies in den EU-Menschenrechtsleitlinien für sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung anerkannt wird;

L.

in der Erwägung, dass das Ziel Nr. 6 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung darin besteht, bis 2030 für die gesamte Weltbevölkerung einen universellen und gleichberechtigten Zugang zu sauberem Wasser und Sanitärversorgung zu gewährleisten; in der Erwägung, dass dieses Ziel dem jüngsten Sachstandsbericht von UN-Wasser zufolge bei Weitem noch nicht erreicht ist, es weiterhin an Finanzmitteln mangelt und noch immer erhebliche Herausforderungen für das Erreichen des Ziels und die Beseitigung der großen Ungleichheiten zwischen und in den Ländern in Bezug auf den Zugang zu einer grundlegenden Wasserversorgung und Sanitärversorgungsdiensten bestehen;

M.

in der Erwägung, dass aus dem Bericht der Vereinten Nationen von 2021 über die Ziele für nachhaltige Entwicklung hervorgeht, dass es im Jahr 2020 immer noch 2 Mrd. Menschen an sicherem Trinkwasser fehlte, 3,6 Mrd. Menschen keinen Zugang zu einer sicheren Sanitärversorgung und 2,3 Mrd. Menschen keinen Zugang zu grundlegender Hygiene hatten und sich 129 Länder noch nicht auf dem richtigen Kurs befanden, um bis 2030 über nachhaltig bewirtschaftete Wasserressourcen zu verfügen; in der Erwägung, dass durch den Zugang zu Wasser günstige Bedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung entstehen und diese Bedingungen gefährdeten Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit bieten werden, finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen;

N.

in der Erwägung, dass durch die Verwirklichung einer allgemeinen sicher bewirtschafteten Wasser- und Sanitärversorgung ein Nettonutzen von 37 bis 86 Mrd. USD pro Jahr im Zeitraum von 2021 bis 2040 geschaffen werden könnte;

O.

in der Erwägung, dass Wasser eine begrenzte Ressource ist; in der Erwägung, dass das pro Kopf verfügbare Süßwasser in den letzten zwei Jahrzehnten stark zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass eine unausgewogene Verteilung des Bevölkerungswachstums und die Entvölkerung ländlicher Gebiete, die Intensivierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, die Auswirkungen des Klimawandels, die Umweltschädigung sowie bestimmte missbräuchliche und kontaminierende Praktiken bei der Wassernutzung in vielen Regionen immer größere Probleme beim Zugang zu Wasser hervorrufen, die in Zukunft sogar noch zunehmen werden;

P.

in der Erwägung, dass ein Großteil des Nettowachstums der Weltbevölkerung bis 2050 in den Städten der Entwicklungsländer stattfinden wird, wodurch die Nachfrage nach Wasser und Lebensmitteln in städtischen Gebieten steigen wird; in der Erwägung, dass dem Weltwasserentwicklungsbericht der Vereinten Nationen von 2019 zufolge der Wasserverbrauch bis 2050 gegenüber heute um 20 bis 30 % steigen könnte, und in der Erwägung, dass der Wasserbedarf in Städten nach Angaben der Weltbank in den nächsten drei Jahrzehnten voraussichtlich um 50 bis 70 % steigen wird;

Q.

in der Erwägung, dass 125 von 154 Entwicklungsländern im Einklang mit dem Ziel Nr. 13 für nachhaltige Entwicklung Süßwasserressourcen sowie Land- und Feuchtgebietökosysteme als Themen der höchsten Priorität in ihre nationalen Pläne zur Anpassung an den Klimawandel aufgenommen haben;

R.

in der Erwägung, dass die Erderwärmung eine maßgebliche Ursache für die Wasserknappheit ist; in der Erwägung, dass der aktuelle Klimanotstand mit der damit einhergehenden Zunahme von Dürren, Überschwemmungen und Starkniederschlägen die ungleichmäßige Verteilung des Wassers noch verstärkt; in der Erwägung, dass 90 % aller Naturkatastrophen mit Wasser im Zusammenhang stehen und 70 % aller mit Naturkatastrophen verbundenen Todesfälle durch Wasser verursacht werden; in der Erwägung, dass Dürren, Stürme und Überschwemmungen dem Atlas der Sterblichkeit und wirtschaftlichen Verluste durch Wetter-, Klima- und Wasserextreme der Weltorganisation für Meteorologie zufolge von den zehn am häufigsten aufgetretenen Naturkatastrophen im genannten Zeitraum diejenigen sind, bei denen die meisten Menschen ums Leben kamen; in der Erwägung, dass Angaben der OECD zufolge im Jahr 2050 fast 20 % der Weltbevölkerung von Überschwemmungen bedroht sein werden;

S.

in der Erwägung, dass Wasserstress, der von den Vereinten Nationen als eine Lage definiert wird, in der der Wasserbedarf höher ist als die verfügbare Wassermenge oder in der die Nutzung des Wassers durch seine geringe Qualität eingeschränkt wird, in einigen Fällen zu Vertreibung und Migration führen könnte; in der Erwägung, dass aus den Wasserentwicklungsberichten der Vereinten Nationen hervorgeht, dass derzeit in fünf der elf Weltregionen Wasserstress besteht, dieser also zwei Drittel der Weltbevölkerung betrifft; in der Erwägung, dass dem Bericht der Vereinten Nationen von 2020 über die Ziele für nachhaltige Entwicklung zufolge die Wasserknappheit bis 2030 zur Vertreibung von etwa 700 Mio. Menschen führen könnte;

T.

in der Erwägung, dass Entwaldung, Landnahme und die Überbeanspruchung natürlicher Ressourcen sowie Abbautätigkeiten, auch durch organisierte kriminelle Gruppen, erhebliche Auswirkungen auf den Wasserstand von Flüssen und Seen haben, den Wasserkreislauf verändern und zum Austrocknen von Flüssen und Seen sowie zur Verschmutzung der bewirtschafteten Gebiete beitragen;

U.

in der Erwägung, dass die Süßwasserökosysteme zwar weniger als 1 % der Erdoberfläche ausmachen, jedoch mehr als 10 % aller Arten und eine empfindliche Biodiversität beherbergen; in der Erwägung, dass etwa 70 % des weltweiten Süßwassers für die Landwirtschaft genutzt werden, während sich der Rest auf Verwendungen in der Industrie (19 %), vor allem in den Bereichen Lebensmittel, Textilien, Energie, Fertigung, Chemie, Pharmazie und Bergbau, sowie im Haushalt (11 %), einschließlich des menschlichen Verbrauchs, verteilt;

V.

in der Erwägung, dass gesunde Ökosysteme in der Lage sind, die Menge des zur Verfügung stehenden Wassers zu erhöhen und seine Qualität zu verbessern und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu stärken;

W.

in der Erwägung, dass der Großteil des Verbrauchs weltweiter Süßwasserressourcen auf die Landwirtschaft entfällt; in der Erwägung, dass ein Drittel des weltweiten Ackerlands zur Fütterung von Tieren genutzt wird; in der Erwägung, dass in dem Bericht der FAO von 2020 mit dem Titel „The State of Food and Agriculture — Overcoming water challenges in agriculture“ (Lage von Ernährung und Landwirtschaft — Bewältigung der Herausforderungen im Bereich Wasser in der Landwirtschaft) dargelegt wird, dass die landwirtschaftlichen Erträge und die Einkommen im ländlichen Raum durch Investitionen in neue Bewässerungssysteme oder die Anpassung und Modernisierung bestehender Systeme erheblich gesteigert werden können und dass dies mit einer verbesserten Wasserbewirtschaftung, einschließlich verbesserter landwirtschaftlicher Verfahren, verbunden werden sollte; in der Erwägung, dass durch Landnahme die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser beeinträchtigt werden, lokale Gemeinschaften von Wasserquellen verdrängt werden und ihr Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser verletzt wird;

X.

in der Erwägung, dass der Energiesektor derzeit für 10 % der weltweiten Wasserentnahme verantwortlich ist und dass der Wasserverbrauch des Energiesektors bis 2040 voraussichtlich um etwa 60 % steigen wird;

Y.

in der Erwägung, dass bestimmte missbräuchliche und in vielen Fällen illegale Abbautätigkeiten erhebliche Auswirkungen auf Oberflächen- und Grundwasserressourcen haben und zur Verschmutzung und Zerstörung von Gletschern, Wäldern, Feuchtgebieten, Flüssen und anderen lebenswichtigen Wasserquellen für den menschlichen Verbrauch beitragen;

Z.

in der Erwägung, dass die Textilindustrie eine der Branchen mit dem weltweit höchsten Wasserverbrauch ist und dass Bekleidung und Textilien in einigen der Regionen hergestellt werden, in denen weltweit die größte Wasserknappheit herrscht; in der Erwägung, dass diese Branche als diejenige eingestuft ist, die weltweit die zweitgrößte Verschmutzung verursacht, und dass ein Großteil dieser Verschmutzung im Wasser landet; in der Erwägung, dass die Kommission für das erste Quartal 2022 die Annahme der EU-Strategie für nachhaltige Textilien vorgesehen hat, mit der dazu beigetragen werden soll, dass die EU Fortschritte im Hinblick auf eine Kreislaufwirtschaft erreicht, in der länger haltbare, wiederverwendbare, reparierbare, rezyklierbare und energieeffiziente Textilien hergestellt werden;

AA.

in der Erwägung, dass der wachsende Wasserbedarf zu einer Überbeanspruchung der Wasserressourcen führt und dass die Knappheit das Wasser zu einem umkämpften Gut gemacht hat; in der Erwägung, dass sich den Vereinten Nationen zufolge in ungefähr dreihundert Gebieten weltweit für 2025 ein Konflikt um das Wasser abzeichnet;

AB.

in der Erwägung, dass in vielen Ländern die Erhaltung der Wasserressourcen angegriffen wird und Schäden hinsichtlich der Wasserqualität zu einem Straftatbestand geworden sind; in der Erwägung, dass Umwelt- und Wasserschützer in den vergangenen Jahren immer häufiger zum Ziel von Angriffen wurden, wozu Tötungen, Entführungen, Folter, geschlechtsbezogene Gewalt, Drohungen, Belästigung, Einschüchterung, Verleumdungskampagnen, Kriminalisierung, rechtliche Schikanen, Zwangsräumungen und Vertreibungen zählten, und in der Erwägung, dass es dringend notwendig ist, diese Personen aktiv zu unterstützen sowie ihr Leben und ihre Sicherheit zu schützen; in der Erwägung, dass mehrere Finalisten für den Sacharow-Preis für geistige Freiheit wegen ihres Einsatzes für die Verteidigung von Wasser und Gemeingütern angegriffen werden; in der Erwägung, dass die Verteidiger der Gewässer des Flusses Guapinol zwei Jahre in Haft waren, bevor sie freigelassen wurden; in der Erwägung, dass Lolita Chávez seit vier Jahren im Exil lebt, weil sie sich für den Schutz des Gebiets Iximulew (Guatemala) vor Tätigkeiten von Wasserkraftunternehmen eingesetzt hat; in der Erwägung, dass Berta Cáceres 2016 wegen ihres Eintretens für die Flüsse Blanco und Gualcarque ermordet wurde und diejenigen, die dieses Verbrechen angeordnet haben, noch immer nicht verurteilt wurden;

AC.

in der Erwägung, dass Global Witness zufolge mehr als ein Drittel der Land- und Umweltverteidiger, die weltweit zwischen 2015 und 2019 ermordet wurden, indigenen Gemeinschaften angehörten, deren Kompetenzen im Bereich der Land- und Wassernutzung von entscheidender Bedeutung dafür sind, die Klimakrise und den Verlust der Biodiversität zu bekämpfen;

AD.

in der Erwägung, dass die Verweigerung des Zugangs zu Wasser und die Zerstörung der Wasserinfrastruktur als grundlegende Taktik von Besatzungsmächten eingesetzt wurden, um sich besetzte Gebiete anzueignen und die Bevölkerung von ihrem Land zu vertreiben;

AE.

in der Erwägung, dass in der EU-Wasserrahmenrichtlinie anerkannt wird, dass Wasser keine übliche Handelsware ist, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss;

AF.

in der Erwägung, dass Wasser seit dem 6. Dezember 2020 auf dem Warenterminmarkt der Wall Street gehandelt wird; in der Erwägung, dass laut Pedro Arrojo, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung, das Wasser verschiedene lebenswichtige Werte für unsere Gesellschaften aufweist, die die Logik des Marktes nicht anerkennt, weshalb es nicht angemessen behandelt werden kann, vor allem nicht in einem Finanzumfeld, das so sehr zur Spekulation neigt; in der Erwägung, dass mehreren Sachverständigen der Vereinten Nationen zufolge die Anwendung einer Logik der Spekulation bei der Bewirtschaftung von Gütern, die für das Leben und die Würde der Menschen wesentlich sind, gegen die Menschenrechte der von Armut betroffenen Personen verstößt, geschlechtsspezifische Ungleichheit verstärkt und die Schutzbedürftigkeit von Randgruppen vergrößert;

AG.

in der Erwägung, dass die Regierungen verpflichtet sind, ein grundlegendes Mindestmaß an Wasser und Sanitärversorgung für alle sicherzustellen; in der Erwägung, dass in dem Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung vom 16. Juli 2021 betont wird, dass Wasser als öffentliches Gut betrachtet und im Rahmen eines Konzepts bewirtschaftet werden sollte, das auf den Menschenrechten beruht und mit dem das Recht auf Wasser und Sanitärversorgung sowie die Nachhaltigkeit aquatischer Ökosysteme sichergestellt werden; in der Erwägung, dass die Wasser- und Sanitärversorgung Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sind und dass die Einnahmen aus dem Zyklus der Wasserbewirtschaftung sowohl die damit verbundenen Ausgaben als auch die Kosten für ihre Verbesserung decken sollten, sofern das öffentliche Interesse gewahrt bleibt;

AH.

in der Erwägung, dass Staaten verpflichtet sind, diese Rechte zu achten, zu schützen und umzusetzen, wie dies in den EU-Menschenrechtsleitlinien für sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung anerkannt wird, und dass Dritte strikt davon absehen sollten, in die Wahrnehmung des Rechts auf Wasser und Sanitärversorgung einzugreifen;

AI.

in der Erwägung, dass Arbeitnehmer, die in der Sanitärkette arbeiten, zahlreichen Risiken ausgesetzt sind, unter anderem Gesundheitsrisiken aufgrund prekärer Arbeitsbedingungen; in der Erwägung, dass es sich dabei häufig um informelle Beschäftigte handelt, die durch das Arbeitsrecht nicht geschützt sind; in der Erwägung, dass die Wahrnehmung des Rechts auf Wasser und Sanitärversorgung nicht zulasten der Sicherheit, der Würde und des Wohlergehens der in der Sanitärversorgung tätigen Personen gehen darf;

1.

bekräftigt das Recht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung als Menschenrecht, wobei beide Rechte einander ergänzen; betont, dass der Zugang zu sauberem Trinkwasser unabdingbar für ein gesundes und würdiges Leben und von wesentlicher Bedeutung für die Entfaltung der Menschenwürde ist; betont, dass das Recht auf Wasser eine grundlegende Voraussetzung für die Ausübung anderer Rechte ist, weshalb es einer Logik des öffentlichen Interesses und der gemeinsamen öffentlichen und globalen Güter folgen muss;

2.

betont, dass der angemessene Zugang zu Wasser-, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen und das Recht auf Gesundheit und Leben voneinander abhängig sind und eine wesentliche Voraussetzung für die öffentliche Gesundheit und die menschliche Entwicklung sind; betont die Notwendigkeit von sauberem Wasser mit Blick auf Pandemien und fordert entsprechende Maßnahmen, Strategien und politische Entscheidungen von der Kommission, den Mitgliedstaaten und Drittstaaten, sodass ausreichend Schutz für alle Menschen geboten werden kann;

3.

betont, dass die Anerkennung des Rechts auf Trinkwasser und Sanitärversorgung als Menschenrecht ein entscheidender Schritt auf dem Weg hin zu mehr Gerechtigkeit in den Bereichen Soziales und Umwelt war; bekräftigt, dass die Fortschritte verbessert werden könnten, indem die Priorität, die die Politik diesem Bereich einräumt, höher angesetzt wird, Anwendung und Überwachung der politischen Maßnahmen in diesem Bereich verbessert werden, die Finanzierung effizienter gestaltet wird sowie Verantwortlichkeit und öffentliche Beteiligung gesteigert werden, was sich insbesondere auf die am stärksten ausgegrenzten Gruppen vor allem in den Entwicklungsländern auswirken soll; hebt hervor, dass die Unterstützung für die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser und einer Sanitärversorgung bei der Zuweisung von EU-Mitteln und der Planung von Hilfsmaßnahmen hohe Priorität genießen sollte;

4.

erinnert an die Verantwortung des Staates, alle Menschenrechte zu fördern und zu schützen, die universell und unteilbar sind, einander bedingen und miteinander verknüpft sind und auf gerechte, ausgewogene und nicht diskriminierende Weise gefördert und umgesetzt werden sollten; bekräftigt daher, dass die Staaten für einen universellen, angemessenen und erschwinglichen Zugang zu ausreichendem, hochwertigem und sicherem Trinkwasser und einen verbesserten Zugang zu Wasser für Sanitär- und Hygienezwecke sorgen müssen; weist darauf hin, dass das Recht auf Wasser bedeutet, dass die Wasserversorgung für alle zugänglich sein muss;

5.

erinnert daran, dass Staaten, die einen Menschenrechtsvertrag ratifizieren, sich verpflichten, die auf internationaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz dieser Rechte zu schützen, zu respektieren und zu erfüllen; ist in diesem Sinne der Ansicht, dass die Anerkennung des Rechts auf Wasser und Sanitärversorgung seitens der internationalen Gemeinschaft über Mechanismen zum Schutz und zur Einforderung verfügen muss, weshalb die EU dazu aufgerufen wird, Schutzmechanismen auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene zu fördern, um sicherzustellen, dass die Anwendung des Rechts auf Wasser und Sanitärversorgung für die Mitgliedstaaten keine Option darstellt, sondern ein einforderbares Recht; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und die einschlägigen Übereinkommen wie das Protokoll über Wasser und Gesundheit und das Übereinkommen zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen von 1992 zu ratifizieren;

6.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Rechte auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung sowie ihre normative Entwicklung auf multilateralen und regionalen Foren zu fördern, auch durch Unterstützung des Mandats des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Menschenrechte auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung; hebt die Bedeutung seiner Tätigkeit und der seiner Vorgänger sowie der Tätigkeiten im Rahmen anderer Menschenrechtsmechanismen der Vereinten Nationen im Zusammenhang mit den Menschenrechten auf Wasser und Sanitärversorgung hervor;

7.

hebt die Bedeutung der Menschenrechtsleitlinien der EU über sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung hervor und fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese in Drittländern und gegenüber Drittländern sowie auf multilateralen Foren umzusetzen; betont, wie wichtig es ist, die EU-Bediensteten in dieser Hinsicht zu schulen; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auf, dem Parlament und seinen zuständigen Ausschüssen und Unterausschüssen regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, wie sie diese Leitlinien angewandt haben, und dabei konkrete Beispiele für ihre Tätigkeit und deren Auswirkungen anzugeben;

8.

fordert die EU-Delegationen und die Vertretungen der Mitgliedstaaten gemäß den EU-Leitlinien auf, Probleme in Verbindung mit den Rechten auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung sowie in Bezug auf die Situation von Menschenrechtsverteidigern und nichtstaatlichen Organisationen, die diese Rechte fördern, bei ihren bilateralen Dialogen mit Partnerländern anzusprechen, vor allem im Rahmen der Dialoge über Menschenrechte und der sektorbezogenen Dialoge;

9.

betont, dass der Fortschritt in Richtung der Anerkennung des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt, wie in der Resolution 48/13 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen zu dem Menschenrecht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt festgelegt, eine Grundvoraussetzung dafür ist, sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung für alle zu erreichen; begrüßt in dieser Hinsicht die normativen Entwicklungen auf internationaler Ebene in Bezug auf Umweltstraftaten, einschließlich der Umweltzerstörung;

10.

bestärkt die Entwicklungsländer darin, den beiden globalen Wasserübereinkommen der Vereinten Nationen, nämlich der UNECE-Wasserkonvention und der UN-Gewässerkonvention, beizutreten und deren vollständige Umsetzung anzustreben, da sie mithilfe grenzüberschreitender Wasserkooperationen wichtige Instrumente zur Unterstützung der Diplomatie im Bereich der Wasserpolitik, der Friedenssicherung und der Konfliktprävention sind;

11.

vertritt die Auffassung, dass die uneingeschränkte Ausübung des Rechts auf Wasser vom Erhalt der Biodiversität und des Klimas abhängt, weshalb gefordert wird, dass die Wasserbewirtschaftung in erster Linie ökologischen Interessen nachkommen muss, da sie eine Grundvoraussetzung für Pflanzen, Tiere und Menschen ist, und gesellschaftlichen Interessen, darunter die Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die Einkommenssteigerung und Verbesserung der Sicherheit von von Armut betroffenen Menschen;

12.

betont, dass eine verbesserte Wasserversorgung sowie verbesserte Sanitäreinrichtungen und eine bessere Bewirtschaftung der Wasserressourcen das nachhaltige Wirtschaftswachstum der Länder ankurbeln und erheblich zur Armutsbekämpfung beitragen können;

13.

betont, dass im Bereich des Zugangs zu Wasser und sanitärer Grundversorgung vorausschauende Maßnahmen ergriffen werden müssen und dass zuverlässige und vergleichbare Indikatoren benötigt werden, um Fortschritte oder Rückschritte beim Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung messen zu können;

14.

betont, dass bestimmte Entwicklungsmodelle, die riesigen Projekten und groß angelegten unternehmerischen Aktivitäten den Vorzug geben, sich negativ auf die Verfügbarkeit und die Qualität des Wassers in allen Ländern auswirken, den Wettbewerb um das Wasser anheizen und anderen Konflikten in diesem Zusammenhang Vorschub leisten; beharrt in diesem Zusammenhang darauf, wie wichtig Investitionen in nachhaltige Lösungen der Trinkwasserversorgung, wie die Zurückversetzung von Wasser-Ökosystemen in einen gesunden Zustand, die Wiederaufbereitung von Abwasser, die Entsalzung von Meerwasser in Küstengebieten und die Verbesserung von Abwassersystemen, Bewässerungsmethoden und landwirtschaftlichen Praktiken, sind;

15.

betont, dass sich die ineffiziente Bewirtschaftung von Wasserressourcen und die durch missbräuchliche industrielle Tätigkeit verursachte Verschmutzung negativ auf die Anwendung der Menschenrechte auf Wasser und Sanitärversorgung auswirken;

16.

fordert die Kommission auf, keine Anreize mehr für Praktiken zu geben, die eine Bedrohung für das Recht auf unbedenkliches und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung sind, und diese Praktiken einer Prüfung auf Umweltverträglichkeit und Menschenrechte zu unterziehen;

17.

erkennt die wichtige Arbeit und die Notwendigkeit einer aktiven Unterstützung sowie des Schutzes des Lebens und der Unversehrtheit der Personen an, die sich für Umweltrechte einsetzen, insbesondere derer, die das Recht auf Wasser verteidigen, und verurteilt entschieden Straftaten wie Morde, Entführungen, die Folter, die sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt, die Drohungen, Belästigungen, Einschüchterungen, die Verleumdungskampagnen, die Kriminalisierung, die rechtlichen Schikanen, die Zwangsräumungen und Vertreibungen durch zahlreiche staatliche und nichtstaatliche Akteure, einschließlich Regierungen und multinationaler Konzerne;

18.

fordert die EU auf, die wichtige Arbeit der Personen, die sich für Umweltrechte einsetzen, und von zivilgesellschaftlichen Organisationen zu unterstützen; fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, der in den EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern eingegangenen Verpflichtung nachzukommen und Einzelfälle von Menschenrechtsverteidigern im Umweltbereich zu beobachten und zur Sprache zu bringen, insbesondere der Preisträger und Finalisten des Sacharow-Preises, die wegen ihres Engagements bei der Verteidigung von Wasser und Gemeingütern angegriffen werden;

19.

betont, dass die Sicherheit und Freiheit von Menschenrechtsverteidigern im Umweltbereich, ohne Gewalt und Einschüchterung tätig zu sein, gefördert werden sollten; erwartet von den EU-Delegationen, dass sie ihrer Unterstützung für diese Personen Vorrang einräumen und systematisch und auf robuste Weise auf sämtliche Bedrohungen oder Angriffe gegen sie oder ihre Familienangehörigen reagieren und dem Parlament über die in solchen Fällen ergriffenen Maßnahmen Bericht erstatten; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, verstärkt auf Schutz- und Präventionsmechanismen für Menschenrechtsverteidiger im Umweltbereich zurückzugreifen; bekräftigt seine Forderung nach einem koordinierten EU-weiten Plan zur Ausstellung kurzfristiger Visa für die vorübergehende Umsiedlung von Menschenrechtsverteidigern, vor allem der Menschenrechtsverteidiger, die damit beschäftigt sind, Umweltrechte oder Rechte indigener Völker, die in besonderem Maße Angriffen ausgesetzt sind, zu fördern und zu schützen;

20.

fordert die Staaten auf, das Recht auf sozialen Protest und das Recht auf friedliche Versammlung insbesondere beim Widerstand gegen Vorhaben zu achten, die die Ausübung des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung gefährden; fordert in diesem Zusammenhang die Bediensteten der EU-Delegationen und der Botschaften der Mitgliedstaaten auf, gemäß den Leitlinien der EU zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern Menschenrechtsverteidiger in Gewahrsam oder Hausarrest zu besuchen und ihren Gerichtsverfahren als Beobachter beizuwohnen;

21.

erinnert daran, dass die indigenen Völker eine wichtige Rolle für die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und den Erhalt der Biodiversität spielen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Rechte der indigenen Völker auf das gewohnheitsmäßige Eigentum und die Kontrolle über ihre Gebiete und natürlichen Ressourcen anzuerkennen und zu schützen, wie sie in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker und im Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation formuliert sind, und den Grundsatz der freien, vorherigen und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung zu respektieren; fordert die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation über eingeborene und in Stämmen lebende Völker noch nicht ratifiziert haben, dazu auf, dies zu tun; bringt besondere Bedenken über die erheblichen Auswirkungen von bestimmten Megaprojekten, darunter Infrastrukturprojekte, Projekte der mineralgewinnenden Industrie und der Energieerzeugung, auf die Menschenrechte auf Wasser und Sanitärversorgung zum Ausdruck, vor allem für indigene Völker; besteht darauf, dass sichergestellt werden muss, dass ernsthafte und umfassende Folgenabschätzungen zu Menschenrechten durchgeführt werden und dass die betroffene Bevölkerung und die betroffenen zivilgesellschaftlichen Gruppen nach Treu und Glauben konsultiert werden, und dass die betroffenen indigenen Völker ihre freie, vorherige und informierte Zustimmung zum jeweiligen Megaprojekt gegeben haben; fordert staatliche und nichtstaatliche Akteure auf, Maßnahmen zu vermeiden, mit denen die Rechte der indigenen Völker, der afrikanischstämmigen Bevölkerungsgruppen und der ländlichen Gemeinschaften auf Land, Wasser, Ökosysteme und Artenvielfalt gefährdet werden, und fordert die zuständigen Behörden auf, ihre Titel, Besitzverhältnisse, Rechte und Verantwortlichkeiten rechtlich anzuerkennen; betont, wie wichtig offene, inklusive und partizipative Konsultationen in Bezug auf wichtige öffentliche Entscheidungen hinsichtlich der Wasserbewirtschaftung sind;

22.

fordert die Kommission auf, die durch die verschiedenen Instrumente der Zusammenarbeit im Bereich der Entwicklung und der Außenpolitik finanzierten Infrastruktur- und Energieprojekte, einschließlich der durch die Europäische Investitionsbank finanzierten, sorgfältig im Hinblick darauf zu prüfen, ob diese die Menschenrechte, einschließlich des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung, und die Ziele für nachhaltige Entwicklung respektieren und nicht gefährden, und nicht zur Vertreibung der indigenen Völker von ihrem Land und Gebiet beitragen;

23.

betont, dass der Schwerpunkt verstärkt auf nachhaltige und widerstandsfähige Wasser- und Sanitärinfrastrukturen zur Unterstützung von Gemeinschaften gelegt werden muss, indem Maßnahmen zur Verringerung des Katastrophenrisikos durchgeführt werden und alle erforderlichen Instrumente zur Kartierung von Wasserrisiken sowie Frühwarnsysteme genutzt werden; fordert die Kommission auf, die Initiative „Resilient Water Accelerator“ (Instrument zur Beschleunigung einer widerstandsfähigen Wasserwirtschaft) zu unterstützen;

24.

kritisiert, dass weiterhin geschlechtsspezifische Ungleichheiten bei der Ausübung der Menschenrechte auf Trinkwasser und Sanitärversorgung bestehen, und dass dieser Mangel zur geschlechtsspezifischen Diskriminierung führt; stellt ferner mit Besorgnis fest, dass dies verheerende Auswirkungen auf die Rechte der Frau hat, insbesondere aufgrund der besonderen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen in Bezug auf Hygiene und Gesundheitspflege während der Menstruation, wodurch es Frauen und Mädchen erschwert wird, ein sicheres und gesundes Leben zu führen; hebt hervor, dass der erschwingliche Zugang zu Einrichtungen der Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung eine wesentliche Voraussetzung für die öffentliche Gesundheit und die menschliche Entwicklung ist, auch für das Recht auf Bildung für Mädchen, und drängt darauf, dass diesem Bereich in Entwicklungsländern im Rahmen der Entwicklungspolitik der EU eine höhere Priorität eingeräumt wird;

25.

fordert, Frauen und Mädchen vor Bedrohungen und physischen Angriffen, einschließlich sexueller Gewalt, zu schützen, wenn sie Wasser für den Haushalt holen und Sanitäreinrichtungen außerhalb der Wohnstätte benutzen; fordert Maßnahmen zur Verringerung der Zeit, die Frauen und Mädchen für die Beschaffung von Wasser für den Haushalt aufwenden müssen, um die nachteiligen Auswirkungen der unzureichenden Wasser- und Sanitärversorgung auf den Zugang von Mädchen zu Bildung zu beseitigen;

26.

betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten in enger Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft eng mit den Begünstigten der Auslandshilfe zusammenarbeiten müssen, um die globale Wasserarmut zu beseitigen und gleichzeitig eine angemessene Sanitärversorgung für alle sicherzustellen; fordert alle Staaten auf, ihren Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und insbesondere Artikel 14 des Übereinkommens nachzukommen, der vorsieht, dass Vertragsstaaten sicherstellen müssen, dass Frauen aus ländlichen Gebieten das Recht haben, angemessene Lebensbedingungen unter anderem in Bezug auf Sanitärversorgung und Wasserversorgung zu genießen;

27.

fordert die Kommission und den EAD auf, bei Programmen für die Bewirtschaftung der Wasserressourcen und der Abwasserentsorgung einen transformativen und intersektionalen geschlechtsspezifischen Ansatz anzuwenden und Strategien aufzunehmen, die von konkreten Aktionsplänen und einer angemessenen Finanzierung im Einklang mit den Finanzierungsinstrumenten der EU für das auswärtige Handeln, dem Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP III) und der Agenda für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln der EU für den Zeitraum 2021-2025 begleitet werden; fordert, eine führende Rolle von Frauen und ihre uneingeschränkte, wirksame und gleichberechtigte Beteiligung an der Planung, Beschlussfassung und Umsetzung von Beschlüssen über die Wasserbewirtschaftung und Sanitärversorgung zu fördern;

28.

betont, dass der Zugang zu sauberem Trinkwasser eines der größten aktuellen Probleme ist, zumal fast 60 % der Grundwasserressourcen über politische territoriale Grenzen hinausgehen; weist darauf hin, dass der Rat in seinen Schlussfolgerungen aus dem Jahr 2018 die Nutzung von Wasser als Mittel der Kriegsführung verurteilt hat und die Ansicht vertrat, dass „in diesem Zusammenhang […] die Zerstörung von Wasserinfrastruktur, die Verschmutzung von Wasser oder die Umleitung von Wasserläufen mit dem Ziel, den Zugang zu Wasser zu beschränken oder zu verhindern, einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen [könnte]“; weist darauf hin, dass der vorsätzliche Entzug von Wasser, der zur Auslöschung der Zivilbevölkerung führt, gemäß dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist und auch als Kriegsverbrechen betrachtet werden kann, da jeder Angriff auf Trinkwasseranlagen und -lieferungen und Bewässerungsanlagen oder deren Zerstörung gemäß den Genfer Abkommen von 1949 verboten ist;

29.

ist ernsthaft besorgt aufgrund der Tatsache, dass die Verletzungen des Rechts auf Wasser und Sanitärversorgung in besetzten Gebieten das Ziel haben, die Personen von ihrem Land zu vertreiben, und ist besorgt aufgrund der Verweigerung des Zugangs zu einer angemessenen Wasserversorgung, Wasserressourcen und der entsprechenden Infrastruktur; weist darauf hin, dass alle Völker, einschließlich der Völker in besetzten Gebieten, das souveräne Recht haben, die Kontrolle über ihre natürlichen Reichtümer auszuüben; fordert die Besatzungsmächte auf, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um einen gleichberechtigten Zugang und die gleichberechtigte Verteilung von Wasser an Personen, die in besetzten Gebieten leben, sicherzustellen und insbesondere gemäß der Resolution 73/255 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 2018 dafür zu sorgen, dass die Personen, die in besetzten Gebieten leben, die Kontrolle über ihre Wasserressourcen, einschließlich der Bewirtschaftung, Gewinnung und Verteilung, behalten;

30.

fordert die EU auf, eine politische Strategie festzulegen, um Lösungen in diesen Bereichen zu ermöglichen und die Länder in den wichtigsten Gebieten mit Konflikten im Zusammenhang mit Wasser dazu anzuhalten, die Wasserkonvention zu unterzeichnen;

31.

ist ernsthaft besorgt über den mangelnden Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung in Flüchtlingslagern; betont die Verpflichtung von Staaten das Recht auf Sanitäranlagen und Wasser für Geflüchtete sicherzustellen;

32.

hebt hervor, dass Wasser zwar manchmal als Indikator für Konflikte dienen kann, es bei der Förderung von Frieden und Zusammenarbeit aber auch eine positive Rolle spielen kann; befürwortet das diplomatische Engagement der EU bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hinsichtlich der Wassernutzung als Instrument für Frieden, Sicherheit und Stabilität, hebt die Bedeutung der integrierten Bewirtschaftung der Wasserressourcen hervor und betont, dass sich humanitäre Maßnahmen sowie auf die Entwicklung und den Frieden ausgelegte Maßnahmen gegenseitig besser ergänzen müssen, um dringende Bedürfnisse zu befriedigen, und früher eingegriffen werden muss, um Ursachen zu bekämpfen und den Ausbruch humanitärer Wasser- und Sanitärversorgungskrisen zu verhindern;

33.

betont, dass die Unternehmen weltweit gewährleisten müssen, dass ihre Aktivitäten gemäß den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und den Erklärungen, Pakten und Verträgen der Vereinten Nationen, die sich mit dem Menschenrecht auf Zugang zu Trinkwasser befassen, die Ausübung dieses Rechts weder einschränken noch verletzen; fordert darüber hinaus von den Staaten, nach der Verwirklichung der im Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 6 enthaltenen Zielvorgaben zu streben und Rechtsvorschriften einzuführen, mit denen sichergestellt wird, dass Unternehmen den gleichberechtigten Zugang zu angemessener Wasserversorgung nicht beeinträchtigen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich auf konstruktive Weise an der Arbeit der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe zu transnationalen Konzernen und anderen Unternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte zu beteiligen, um ein international verbindliches Instrument zur Regulierung der Aktivitäten transnationaler Konzerne und anderer Unternehmen im Rahmen der internationalen Menschenrechtsnormen einzurichten;

34.

fordert die EU-Delegationen und die Vertretungen der Mitgliedstaaten in Drittländern auf, besonders wachsam gegenüber Unternehmen, einschließlich solcher mit Sitz in der EU, zu sein, die die Wahrnehmung des Rechts auf Wasser und Sanitärversorgung verwehren oder untergraben könnten; betont, dass die Opfer solcher Verstöße Zugang zu wirksamen gerichtlichen oder anderen geeigneten Rechtsbehelfen sowie zu Beschwerdemechanismen haben müssen;

35.

hebt hervor, dass europäische Unternehmen auch in Drittstaaten die Rechtsverpflichtung im Hinblick auf die Stärkungs- und Sorgfaltspflicht der Unternehmen erfüllen müssen, die sie in Europa zu erfüllen haben; betont, wie wichtig es ist, negative Auswirkungen auf die Menschenrechte auf Wasser und angemessene Sanitärversorgung innerhalb verbindlicher Rahmen für die Sorgfaltspflicht zu verhindern, anzugehen und abzumildern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen und zu untersuchen, wie mehr Informationen für die Verbraucher bereitgestellt und für Transparenz in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Produkten in Bezug auf Wasserressourcen, auch mithilfe eines Wasserfußabdrucks, gesorgt werden kann;

36.

hebt hervor, dass Wasser, wie mehrere UN-Sachverständige festgestellt haben, zu oft als Ware ohne weitere sozialpolitische und kulturelle Erwägungen behandelt wird, was gegen die grundlegenden Menschenrechte verstößt, zu einer zunehmenden Umweltzerstörung beiträgt und die Anfälligkeit der ärmsten und am stärksten ausgegrenzten Menschen in der Gesellschaft verschlimmert, was im Widerspruch zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung steht; weist darauf hin, dass die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und keine Handelswaren sind — sie sind weder Luxus- noch Konsumgüter und dürfen daher nicht als solche gehandelt werden; betont die Endlichkeit von Wasser und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, präventiv gegen eine globale Wasserknappheit vorzugehen und Drittstaaten bei Maßnahmen zur Bekämpfung von Wasserknappheit zu unterstützen;

37.

fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, rechtliche Maßnahmen einzuführen, mit denen verhindert wird, dass das Wasser Ziel von Finanzspekulationen auf den Terminmärkten wird, und ein angemessenes Rahmenwerk für die Leitung der Wasser- und Sanitärversorgungsdienste unter dem Hauptfokus auf Erwägungen der Menschenrechte und des Gemeinwohls zu fördern; fordert die EU und die nationalen Regierungen auf, unabhängige Wasserbehörden, die dazu beitragen können, Menschenrechtsstandards durchzusetzen, zu fördern und zu unterstützen;

38.

weist erneut darauf hin, dass Wasser kein einfaches kommerzielles Produkt, sondern ein für das Leben und die Würde des Menschen unverzichtbares öffentliches Gut ist, so wie dies auch der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu entnehmen ist; stellt fest, dass Wasserdienstleistungen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und besonderer Art sind und daher in erster Linie im öffentlichen Interesse liegen; weist erneut darauf hin, wie wichtig es für die außenpolitischen Maßnahmen und Instrumente der EU wie Handels- und Investitionsabkommen und das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt ist, das Menschenrecht auf Trinkwasser und Sanitärversorgung in den betreffenden Ländern zu wahren;

39.

betont, dass es sich bei Wasser um ein öffentliches Gemeingut handelt, wovon eine ausreichende und kontinuierliche, qualitativhochwertige Versorgung gewährt sein muss; fordert die Mitgliedstaaten und Geldgeber auf, die Förderung der Bereitstellung von Wasser und Sanitärversorgung als grundlegende öffentliche Dienste für alle Menschen unter anderem durch Investitionen zu stärken, die es sowohl ermöglichen, den Zugang zu Wasser- und Sanitärdienstleistungen zu verbessern als auch die bestehenden Infrastrukturen, die Erbringung und die Nutzung der Dienstleistungen zu erhalten; hält es für äußerst wichtig, in die Stärkung der Kapazitäten und die Verwaltung der Wassersysteme sowie in ihr Funktionieren und ihre Unterhaltung zu investieren, um verlässliche und nachhaltige Wasser- und Sanitärversorgungsdienste zu schaffen;

40.

fordert die EU auf, Drittländer bei ihren Maßnahmen zu unterstützen, um einen universellen und diskriminierungsfreien Zugang zu Wasser- und Sanitäreinrichtungen zu gewährleisten und Haushalten, die wirtschaftlich oder sozial gefährdet sind, ein für die Existenz notwendiges Mindestmaß an Wasserversorgung zu garantieren;

41.

fordert die EU ferner auf, in den Schutz und die Wiederherstellung von natürlichen Ökosystemen (einschließlich Wäldern, Flussauen, Feuchtgebieten usw.) zu investieren ist, da diese hinsichtlich der Wasserspeicherung, Wasseraufbereitung, des Erosionsschutzes sowie gemäßigter und extremer Wetterereignisse häufig kostengünstigere und nachhaltigere Lösungen für die Wasserbewirtschaftung bieten als herkömmliche Infrastrukturmaßnahmen;

42.

fordert die Staaten nachdrücklich auf, das am besten geeignete Modell für die Bereitstellung von Wasser und sanitären Einrichtungen zu wählen und sich an einem transparenten und soliden Prozess zu beteiligen, um die tatsächliche Wahrnehmung des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung in ihren Gesellschaften zu verbessern; fordert die Regierungen dazu auf, öffentliche Investitionen in nachhaltige Infrastrukturen im Zusammenhang mit Wasser zu erhöhen, die das Wasser als grundlegendes öffentliches Gut schützen;

43.

weist darauf hin, dass die Wassernutzung mit der Anwendung neuer Technologien für die Erhaltung, die Verringerung der Wasserverschmutzung und die Wiederverwertung von Abwasser in Einklang gebracht werden muss, um die Art und Weise, wie Wasser bereitgestellt, behandelt und entsorgt wird, zu verbessern;

44.

fordert die EU auf, die nachhaltige Wasserbewirtschaftung in der Landwirtschaft, die mehr als 70 % der Wasserressourcen beansprucht, durch Investitionen in nachhaltige Bewässerungs- und Wasserspeichersysteme, durch die Optimierung und Verringerung der Nutzung von Süßwasser in der Landwirtschaft entlang der gesamten Versorgungskette, durch die Verringerung der Lebensmittelverschwendung und durch die Förderung der Agrarökologie mittels Wiederherstellung der Feuchtgebiete sowie durch die Verringerung des Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln, die ein Risiko der Wasserverschmutzung insbesondere für das Grundwasser bergen, zu unterstützen;

45.

weist darauf hin, dass der Zugang zu Wasser auch eine Herausforderung für den Energieverbrauch ist, und zwar sowohl in Bezug auf die Erzeugung als auch auf die Gewinnung; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, ein besseres Energiemanagement und Lösungen zur Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser zu fördern, damit mithilfe der Abwasseraufbereitung der Verbrauch von Süßwasser eingeschränkt wird;

46.

fordert die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds dazu auf, zu verhindern, dass Regierungen die Privatisierung von Wasser- und Sanitärversorgungsdiensten an Bedingungen knüpfen, wenn sie Subventionen, Darlehen und technische Hilfe bieten;

47.

fordert die Kommission auf, für den Auf- und Ausbau der Kapazitäten im Bereich der Wasserbewirtschaftung eine angemessene finanzielle Unterstützung bereitzustellen und dabei mit vorhandenen internationalen Plattformen und Einrichtungen zusammenzuarbeiten; befürwortet die weltweite Plattform für Wassersolidarität (Global Water Solidarity Platform), die vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen angeregt wurde, um Kommunen an der Ermittlung von Lösungen für Probleme im Zusammenhang mit Wasser zu beteiligen; begrüßt die UN-Wasserkonferenz 2023 als Chance, bereichsübergreifende Ansätze auszuarbeiten, um die Ziele im Zusammenhang mit Wasser zu erreichen und das sechste Nachhaltigkeitsziel wieder auf Kurs zu bringen;

48.

fordert die Kommission und den EAD auf, Drittländern nahezulegen, Interessenträgern, einschließlich Organisationen der Zivilgesellschaft und indigener und lokaler Gemeinschaften, die gegen Verstöße gegen das Recht auf Wasser und Sanitärversorgung vorgehen, angemessene Ressourcen zur Verfügung zu stellen und den Zugang zu einschlägigen Informationen zu ermöglichen, und ihnen gegebenenfalls außerdem zu ermöglichen, sich sinnvoll an wasserbezogenen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, um sicherzustellen, dass sie sich fundierte und ergebnisorientierte Beiträge zur Gestaltung und Umsetzung der Wasserpolitik leisten können; ist der Ansicht, dass es bei der Verwirklichung des Menschenrechts auf Trinkwasser von entscheidender Bedeutung ist, Netzwerke von Menschenrechtsexperten, Organisationen der Zivilgesellschaft und Vertretern von Gemeinschaften auf allen Ebenen zu fördern und zu stärken, und fordert in diesem Sinne die Regierungen auf, Mechanismen für ein inklusives System der Wasserbewirtschaftung zu entwickeln;

49.

fordert die EU auf, Drittländer dabei zu unterstützen, die Rechte der Arbeitnehmer in der Abwasseraufbereitung zu achten, zu wahren und zu fördern, einschließlich ihres Rechts auf Menschenwürde, Sicherheit und Gesundheit sowie des Rechts, sich zu organisieren;

50.

betont, dass in Armut lebende Menschen, insbesondere Frauen und Mädchen, Minderheiten sowie Menschen mit körperlicher bzw. psychischer Beeinträchtigung am schwersten vom fehlenden Zugang einer sicheren Versorgung mit sauberem Wasser und Sanitärversorgung betroffen sind; betont, dass die Ungleichheiten beim Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung häufig auf systemische Ungleichheiten oder Ausgrenzung zurückzuführen sind; fordert die Regierungen auf, auf Ungleichheiten beim Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung zu achten und entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um Investitionen in Sanitär- und Versorgungssysteme, einschließlich öffentlicher Systeme, sowie die Effizienz und den Erhalt von Wasser als knappe Ressource zu fördern; fordert die Regierungen außerdem dazu auf, die Nichtdiskriminierung beim Zugang zu den Wasser- und Sanitärversorgungsdiensten als öffentliche Güter zu garantieren und die Versorgung aller Menschen zu gewährleisten, wobei insbesondere dem Zugang von Frauen, Kindern und besonders schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen zur Linderung der systemischen Ausgrenzung und Diskriminierung Vorrang eingeräumt werden sollte; fordert die Behörden auf, ihre Rechtsrahmen, Maßnahmen und Verfahrensweisen im Bereich Wasser unter dem Blickwinkel der Menschenrechtsgrundsätze und der Normen zu überprüfen, um Maßnahmen in die richtigen Bahnen zu lenken, mit denen die Hindernisse, die dem Fortschritt entgegenstehen, überwunden werden können;

51.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1.

(2)  ABl. L 375 vom 31.12.1991, S. 1.

(3)  ABl. L 372 vom 27.12.2006, S. 19.

(4)  ABl. L 435 vom 23.12.2020, S. 1.

(5)  ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28.

(6)  ABl. C 316 vom 22.9.2017, S. 99.

(7)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.

(8)  ABl. C 474 vom 24.11.2021, S. 11.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/65


P9_TA(2022)0347

Reaktion der EU auf die steigenden Energiepreise in Europa

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 zur Reaktion der EU auf die steigenden Energiepreise in Europa (2022/2830(RSP))

(2023/C 132/07)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (1),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/844 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz (3),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (4),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (5),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung (6),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 („Europäisches Klimagesetz“) (7),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (8),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise (COM(2022)0473),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2022 mit dem Titel „Kurzfristige Energiemarktinterventionen und langfristige Verbesserungen der Strommarktgestaltung — ein Lösungsansatz“ (COM(2022)0236),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Oktober 2021 mit dem Titel „Steigende Energiepreise — eine ‚Toolbox‘ mit Gegenmaßnahmen und Hilfeleistungen“ (COM(2021)0660),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 8. März 2022 mit dem Titel „REPowerEU: gemeinsames europäisches Vorgehen für erschwinglichere, sichere und nachhaltige Energie“ (COM(2022)0108),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2022 zum REPowerEU-Plan (COM(2022)0230),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. März 2022 mit dem Titel „Befristeter Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine“ (C/2022/1890),

unter Hinweis auf den Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte,

unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und insbesondere dessen Übereinkommen von Paris aus dem Jahr 2015, das am 4. November 2016 in Kraft trat,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2022,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Oktober 2021 zu den Leitlinien für staatliche Klima-, Energie- und Umweltbeihilfen (CEEAG) (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zu dem Thema „Der europäische Grüne Deal“ (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu dem Zugang zu angemessenem und erschwinglichem Wohnraum für alle (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2021 zu dem neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (12),

gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass Russlands Angriffskrieg insbesondere wegen des drastischen Anstiegs der Energie- und Lebensmittelpreise gegenwärtig erhebliche Auswirkungen auf die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger und die Wirtschaft der Union hat, enormes Leid unter der Bevölkerung der Ukraine verursacht und einen unmittelbaren Angriff auf die europäischen Werte verkörpert;

B.

in der Erwägung, dass die Inflationsrate schrittweise gestiegen ist und im September 2022 10 % erreicht hat, wobei die Inflationsrate in mehr als der Hälfte der Staaten des Euro-Währungsgebiets zweistellig ist und in einigen davon sogar 24 % beträgt;

C.

in der Erwägung, dass bereits 2020, bevor die Preissteigerungsspirale in Gang gesetzt wurde, etwa 36 Millionen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nicht in der Lage waren, ihre Wohnungen angemessen zu heizen; in der Erwägung, dass mehr als 50 Millionen Haushalte in der EU bereits von Energiearmut betroffen sind und dass diese große Herausforderung durch die derzeitige Energiekrise noch verschärft wird, was insbesondere für Kinder und junge Menschen möglicherweise zu Verzögerungen beim Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, Pflege und Betreuung, Bildung und Gesundheitsversorgung führt;

D.

in der Erwägung, dass die Betreiber von Anlagen in einem breiten Spektrum von Industriezweigen in der Union wie der Stahl-, Aluminium- und Düngemittelindustrie und in der Energieindustrie selbst gezwungen wurden, die Arbeitnehmer in Zwangsurlaub zu schicken und die Produktion herunterzufahren, da den Unternehmen durch die hohen Gas- und Strompreise Verluste entstehen; in der Erwägung, dass derlei Schließungen einen Dominoeffekt auf andere Wirtschaftszweige, die von den Versorgungsschocks betroffen sind, auslösen und die industrielle Basis der Union langfristig schädigen könnten;

E.

in der Erwägung, dass die Unternehmen aufgrund höherer Rohstoffpreise, nur eingeschränkt funktionierender Lieferketten und gestiegener Beförderungs- und Energiepreise in Verbindung mit verändertem Verbraucherverhalten unter höheren Produktionskosten leiden;

F.

in der Erwägung, dass der drastische Anstieg der Strompreise die Einschussanforderungen für Stromerzeuger, die ihre Verkäufe auf dem Terminmarkt auf einem noch nie dagewesenen Niveau absichern, in die Höhe getrieben hat;

G.

in der Erwägung, dass durch die Energiewende und den digitalen Wandel die Nachfrage nach bestimmten Arten von Rohstoffen erheblich steigt und die Union bei der Versorgung mit diesen Rohstoffen gleichzeitig von einer Handvoll Ländern und Unternehmen abhängig ist;

H.

in der Erwägung, dass durch die COVID-19-Krise und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Störungen in den Versorgungs- und Wertschöpfungsketten verursacht wurden, was Versorgungsengpässe bewirkt und zu steigenden Produktionskosten geführt hat;

I.

in der Erwägung, dass der 20. Grundsatz der Europäischen Säule sozialer Rechte in Bezug auf den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen besagt, dass jede Person das Recht auf den Zugang zu essenziellen Dienstleistungen wie Wasser-, Sanitär- und Energieversorgung, Verkehr, Finanzdienste und digitale Kommunikation hat; in der Erwägung, dass der Zugang zu diesen Dienstleistungen vorhanden sein sollte;

J.

in der Erwägung, dass der EU-Rahmen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse aktualisiert werden sollte, um einkommensschwache Verbraucher besser vor der gegenwärtigen Situation zu schützen;

K.

in der Erwägung, dass die Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, in ihrer Rede vom 14. September 2022 zur Lage der Union erklärt hat, dass Russland den Energiemarkt der Union weiterhin aktiv manipuliert;

L.

in der Erwägung, dass die an der niederländischen Title Transfer Facility (TTF) verzeichneten Spotmarktpreise für Gas, die in den vergangenen vier Jahren unter 25 EUR/MWh lagen, seit August 2021 und insbesondere seit Beginn des groß angelegten Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine stark gestiegen sind und Mitte August 2022 ein Niveau von über 200 EUR/MWh erreicht haben, auf dem sie seither verblieben sind; in der Erwägung, dass das Vorgehen Russlands ein Beispiel für einen grundlosen Angriff auf den Gasmarkt der Union ist;

M.

in der Erwägung, dass die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) erklärt hat, dass offene und gut funktionierende Rohstoffderivatemärkte zwar eine wesentliche Rolle bei der Preisfindung spielen, dass jedoch Maßnahmen zur Eindämmung übermäßiger Volatilität angesichts der jüngsten extremen Stresssituation hilfreich sein könnten, um die Funktionsweise dieser Märkte insgesamt zu verbessern; in der Erwägung, dass die ESMA auch darauf hingewiesen hat, dass der Rahmen der zweiten Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) bereits eine Reihe von Volatilitätsmechanismen (insbesondere Handelseinstellungen und Preisspannen) vorsieht, wobei sie anmerkt, dass in Anbetracht der extremen Umstände, die auf den Rohstoffderivatemärkten (und insbesondere den Energiemärkten) in den vergangenen Monaten zu verzeichnen waren, die Anzahl der Fälle, in denen der Handel an den betreffenden Handelsplätzen der EU eingestellt wurde, offenbar sehr gering ausfällt (13);

N.

in der Erwägung, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede vom 14. September 2022 zur Lage der Union erklärt hat, dass der Vorschlag der Kommission mehr als 140 Mrd. EUR für die Mitgliedstaaten bringen wird, um die Not unmittelbar abzufedern; in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten befristete Regelungen für eine Steuer auf Marktlagengewinne eingeführt haben;

O.

in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten die Hauptakteure sein sollten, die für ihren eigenen Energiemix, für die Ermittlung der wichtigsten Probleme ihrer Bürgerinnen und Bürger und ihrer Volkswirtschaften und für die Lösung dieser Probleme verantwortlich sind;

P.

in der Erwägung, dass der drastische Anstieg der Strompreise die Haushalte, zahlreiche Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, darunter insbesondere armutsgefährdete und schutzbedürftige Personen, nichtstaatliche Organisationen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und die Industrie belastet und zu größeren sozialen und wirtschaftlichen Schäden führen könnte;

Q.

in der Erwägung, dass die Bewertung der EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden zur Gestaltung des Stromgroßhandelsmarkts der EU ergeben hat, dass der grenzüberschreitende Handel den Verbrauchern im Jahr 2021 Vorteile in Höhe von 34 Mrd. EUR brachte und gleichzeitig dazu beitrug, die Preisvolatilität zu glätten, und dass er die Versorgungssicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Preisschocks verbessert;

R.

in der Erwägung, dass Energieeinsparungen und die Senkung des Energieverbrauchs eine erschwingliche, sichere und saubere Möglichkeit darstellen, die Abhängigkeit der Union von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland zu verringern; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten der Union nur 0,8 % des Endenergieverbrauchs einsparen;

Einleitende Ausführungen

1.

vertritt die Auffassung, dass Russland dadurch, dass es einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und die Versorgung mit fossiler Energie als Waffe einsetzt, die Instabilität auf dem Energiemarkt drastisch verschärft hat; bedauert, dass diese Situation zu einem weiteren Anstieg der Energiepreise und somit zu einer extrem hohen Inflation, zunehmender sozialer Ungleichheit, Energie- und Mobilitätsarmut, hohen Lebensmittelpreisen und einer Krise in Bezug auf die Lebenshaltungskosten geführt hat und dass nach wie vor eine erhebliche Gefahr besteht, dass Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftszweigen geschlossen werden und es zu anhaltender Arbeitslosigkeit kommt;

2.

ist zutiefst besorgt über die hohen Energiepreise in der gesamten Union und fordert die Mitgliedstaaten auf, die Auswirkungen der hohen Preise und der damit verbundenen Inflation auf das Einkommen der Haushalte, auf die Gesundheit und das Wohlergehen insbesondere der schutzbedürftigsten Menschen sowie auf Unternehmen einschließlich KMU und auf die Wirtschaft im Allgemeinen unverzüglich anzugehen;

3.

ist der Ansicht, dass außergewöhnliche Zeiten außergewöhnliche Sofortmaßnahmen erfordern und dass die Union hierbei gemeinsam und geeinter als je zuvor handeln muss; besteht darauf, dass alle Maßnahmen, die auf der Ebene der Union ergriffen werden, um die Energiepreiskrise zu bekämpfen, langfristig vollständig mit den Klimazielen der Union, einschließlich des europäischen Grünen Deals, vereinbar und der offenen strategischen Autonomie der Union förderlich sein müssen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die kumulativen Auswirkungen von Notfallmaßnahmen, die auf der Ebene der Union und auf nationaler Ebene ergriffen werden, zu untersuchen und sicherzustellen, dass sie mit dem Ziel der Union, bis spätestens 2050 Klimaneutralität zu erreichen, im Einklang stehen; besteht darauf, dass bei allen vorgeschlagenen Maßnahmen die Vielfalt der nationalen Gegebenheiten berücksichtigt und daher die für ihre Umsetzung erforderliche Flexibilität eingeräumt werden sollte; fordert die Mitgliedstaaten und die Wirtschaftsakteure auf, sich solidarischer zu zeigen, damit diese Krise gerecht bewältigt werden kann;

4.

bekräftigt seine Forderung vom Mai 2022, dass gegen Einfuhren von Öl, Kohle, Kernbrennstoff und Gas aus Russland mit sofortiger Wirkung ein vollständiges Embargo verhängt wird und dass die Erdgasfernleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 vollständig aufgegeben werden;

Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft

5.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Zugang zu erschwinglicher und sauberer Wärme und Elektrizität sicherzustellen, damit niemand entscheiden muss, ob entweder gegessen oder geheizt wird; weist die Mitgliedstaaten warnend darauf hin, dass Verbraucher, die den Anstieg ihrer Energierechnungen nicht verkraften können, nicht von der Energieversorgung getrennt werden dürfen, und hebt hervor, dass Zwangsräumungen von Wohnungen einkommensschwacher Haushalte, die ihre Energierechnungen und Mieten nicht bezahlen können, verhindert werden müssen; betont, dass die Verbraucher besser vor der Aussetzung oder dem Widerruf von Festtarifverträgen durch Lieferanten geschützt und exorbitante Vorauszahlungen von Verbrauchern für Gas und Strom verhindert werden müssen; fordert die Kommission auf, die Notwendigkeit strengerer vorvertraglicher Informationspflichten im Energiesektor, die insbesondere bei Fernverkäufen bestehen sollten, zu bewerten;

6.

ist zutiefst besorgt über die Auswirkungen der hohen Energiepreise auf Haushalte und Unternehmen und über die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Fähigkeit, die Haushalte und Unternehmen zu unterstützen, was auch in neuen Mitteilungen belegt wird; betont, dass es einer beispiellosen Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und einer gemeinsamen Reaktion anstatt spaltender einseitiger Maßnahmen bedarf;

7.

fordert die Mitgliedstaaten auf, öffentliche, soziale und kulturelle Dienstleistungen, deren Zugänglichkeit aufgrund der steigenden Energiepreise für immer mehr bedürftige Menschen eingeschränkt ist, dringend aufrechtzuerhalten und auszubauen, einschließlich Dienstleistungen, die von lokalen Gebietskörperschaften verwaltet werden, wie Sozialwohnungen, Badeanstalten, Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser; weist darauf hin, dass auch die lokalen Gebietskörperschaften von der Krise getroffen wurden und geschützt werden müssen;

8.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Pläne und Strategien in den Bereichen Wohnraum, Zugang zu grundlegenden sozialen Dienstleistungen, Schutz der sozialen Infrastruktur, kritische Gesundheitsdienste und finanzielle Unterstützung für KMU auszuarbeiten; betont, dass diese Unterstützung insbesondere auf die Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sein sollte, deren Situation am kritischsten ist;

9.

betont, dass die Haushalte in allen Mitgliedstaaten vor erheblichen Herausforderungen — etwa der schwindenden Kaufkraft — stehen; hebt hervor, dass sich viele Menschen in der Union bereits zuvor in prekären Situationen befanden, und warnt davor, dass durch die Inflation und insbesondere steigende Lebensmittel- und Energiepreise die Situation für Haushalte mit niedrigem Einkommen untragbar werden kann, wobei auch die Mittelschicht immer stärker betroffen ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, in Erwägung zu ziehen, Grundnahrungsmittel in der gesamten Union für die Dauer der Krise von der Mehrwertsteuer zu befreien, den Zugang zu grundlegenden Gütern zu vereinfachen und gegen Nahrungsmittelknappheit und steigende Immobilienpreise vorzugehen;

10.

betont, dass der geltende Rahmen es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Haushalte vorübergehend von der Steuer auf Strom, Erdgas, Kohle und feste Brennstoffe auszunehmen oder auf diese Produkte einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden; legt den Mitgliedstaaten nahe, die vorhandenen Optionen zur Senkung der Steuern auf Energieerzeugnisse uneingeschränkt zu nutzen; fordert die Kommission auf, in Erwägung zu ziehen, den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum einzuräumen, ob sie weitere vorübergehende Befreiungen oder Ermäßigungen von Verbrauchsteuern und Energiesteuern einführen, um die Belastung der Haushalte und Unternehmen zu verringern;

11.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen, insbesondere KMU, auch mit praktischen, wirksamen und realistischen Einspartipps in Bezug auf die Lebenshaltungskosten und die Energiekosten darüber zu informieren, wie sie sich auf den kommenden Winter vorbereiten, die Energieeffizienz verbessern und ihren Energiebedarf senken können, und ihnen zudem Informationen über die Verbraucherrechte bereitzustellen; legt den Mitgliedstaaten nahe, in einkommensschwachen Haushalten für energiesparende Geräte zu werben;

12.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in Erwägung zu ziehen, einkommensschwache Verkehrsnutzer vorübergehend zu unterstützen, um so den Preisanstieg teilweise abzufedern, auch mit Gutscheinen für den öffentlichen Verkehr; fordert, dass strukturpolitische Maßnahmen beschlossen werden, um zuverlässige und erschwingliche öffentliche Verkehrsnetze und Formen der aktiven Mobilität wie das Radfahren oder den Fußgängerverkehr weiter zu fördern;

13.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Auswirkungen der Energiekrise auf den Arbeitsmarkt anzugehen, indem sie Arbeitnehmer, die vorübergehend betriebsbedingt arbeitslos sind, weil ihre Arbeitgeber die Betriebstätigkeit einschränken oder aussetzen mussten, und auch Soloselbstständige unterstützen sowie Kleinunternehmen dabei helfen, ihr Personal zu halten und ihre Tätigkeit aufrechtzuerhalten; weist erneut darauf hin, dass sich Kurzarbeitsregelungen während der Pandemie bewährt haben und auf dieses Mittel zurückgegriffen werden sollte, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen, und zwar erforderlichenfalls mit finanzieller Unterstützung der Union; fordert die Kommission und den Rat auf, das Europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) zu stärken, um Kurzarbeitsregelungen zu unterstützen, das Einkommen von Arbeitnehmern zu stützen und Arbeitnehmer, die aufgrund des Anstiegs der Energiepreise vorübergehend entlassen würden, zu unterstützen;

14.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Unternehmen angesichts des sprunghaften Preisanstiegs in Abstimmung mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern der am stärksten betroffenen Wirtschaftszweige zu unterstützen und Maßnahmen zur Krisenbewältigung auch im Wege des sozialen Dialogs und von Tarifverhandlungen durchzusetzen; fordert die Kommission auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um energieintensive Industriezweige zu unterstützen, auch mit den entsprechenden Garantien für den Umweltschutz und die Erhaltung von Arbeitsplätzen;

15.

betont, dass soziale Garantien in der derzeitigen Krise von zentraler Bedeutung sind, und fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Gewerkschaften im Rahmen des sozialen Dialogs in die Ausarbeitung und Umsetzung von Krisenbewältigungsmaßnahmen einzubeziehen;

16.

stellt fest, dass durch die kumulativen Auswirkungen hoher Energiepreise und gestörter Lieferketten die Unternehmen in der Union und die von ihnen geschaffenen Arbeitsplätze gefährdet werden können; fordert, dass die Unternehmen und insbesondere KMU umgehend entlastet werden;

17.

hebt hervor, dass das vorrangige Ziel der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) darin besteht, Preisstabilität zu wahren und mithin sicherzustellen, dass die Inflation niedrig, stabil und vorhersehbar ist; weist erneut darauf hin, dass das Inflationsziel der EZB bei 2 % liegt;

Klimapolitische Verpflichtungen, Einführung erneuerbarer Energieträger, Energieeffizienz und Energieinfrastruktur

18.

weist erneut darauf hin, dass die kostengünstigste Energie diejenige ist, die nicht verbraucht wird, und dass Energieeffizienz- und Energieeinsparmaßnahmen der Union nicht nur kurzfristig helfen, sondern auch dazu beitragen dürften, die im Fit-für-55-Paket und im REPowerEU-Plan enthaltenen Klimaschutzverpflichtungen der Union für 2030 zu erfüllen, etwa die Verringerung der Gaseinfuhren und des Gasverbrauchs;

19.

ist der Ansicht, dass durch die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals die Energiesysteme der Union effizienter werden, sich stärker auf erneuerbare Energie stützen, krisenfester und widerstandsfähiger gegen externe Schocks gemacht werden sowie stabile und erschwingliche Energie sichergestellt und zu einer offenen strategischen Autonomie beigetragen wird;

20.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Einführung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu beschleunigen, da es so am besten gelingt, die Abhängigkeit von Erdgas zu beenden und die klimapolitischen Verpflichtungen der Union zu erfüllen; weist darauf hin, dass gerade Neufassungen der Richtlinie (EU) 2018/2001 in Arbeit sind (die Richtlinien über erneuerbare Energie III und IV), und ist überzeugt, dass durch einen raschen Abschluss der Gesetzgebungsverfahren die Einführung von Energie aus erneuerbaren Quellen in der gesamten Union beschleunigt wird;

21.

betont, dass die Beheizung von Wohngebäuden durch intelligente Elektrifizierung und erschwingliche, auf erneuerbarer Energie beruhende Fernwärmelösungen dekarbonisiert werden muss; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Unterstützung für die Gebäuderenovierung aufzustocken und Mittel in angemessener Höhe für Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen bereitzustellen, vor allem für die Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz und für die am stärksten benachteiligten Stadtviertel; begrüßt die Entscheidung einiger Mitgliedstaaten, die Installation von Gasheizkesseln in Neubauten zu verbieten; betont, dass die rasche Einführung der Nutzung von Solarenergie in Gebäuden und der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen in der Nähe und der rasche Einbau von Wärmepumpen sowie andere schnell und einfach zu installierende Lösungen wichtig sind und sich unmittelbar positiv auswirken;

22.

bestärkt die Kommission und die Mitgliedstaaten darin, die Einführung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu beschleunigen, insbesondere durch die Beseitigung von Verwaltungshemmnissen und die Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, auch für Haushalte;

23.

unterstützt die Idee, als Teil des RePowerEU-Plans im Zuge einer außergewöhnlichen Maßnahme Zertifikate im System der Union für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (EHS) zu versteigern, um 20 Mrd. EUR zu generieren und damit die Infrastruktur zu finanzieren, die erforderlich ist, um die Abhängigkeit der Union von Gas und Öl aus Russland zu verringern, beispielsweise durch Investitionen in erneuerbare Energie und Energieeffizienz; fordert, dass diese Intervention rascher durchgeführt wird, um die erforderlichen Einnahmen bis Ende 2025 zu mobilisieren; begrüßt, dass dadurch die Preise im EHS und damit die Strompreise und Energiekosten für die Industrie kurzfristig gesenkt werden könnten, stellt aber gleichzeitig fest, dass das EHS nicht die Hauptursache für die jüngsten Energiepreissteigerungen ist; bekräftigt seine eigenen Klimaziele für 2030, mit denen diese Intervention in das EHS uneingeschränkt im Einklang steht;

24.

betont, dass durch Strompreissignale in Echtzeit eine flexiblere Nachfrage bewirkt werden kann, wodurch wiederum der teure und gasintensive Spitzenbedarf verringert wird; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, den Flexibilitätsbedarf der Stromnetze der Union besser zu steuern, und zwar durch verbesserte Netze, eine regelbare emissionsarme Stromerzeugung und verschiedene groß angelegte, langfristige Energiespeichertechnologien, um die Strom- und Gasnachfrage in der Industrie in Spitzenzeiten zu senken;

25.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie (EU) 2018/2001 vollständig umzusetzen, um insbesondere Hindernisse für die Schaffung von Energiegemeinschaften zu beseitigen; fordert die Mitgliedstaaten auf, weitere Maßnahmen zugunsten des Eigenverbrauchs von Energie aus erneuerbaren Quellen zu beschließen; fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignete Voraussetzungen für die Schaffung mindestens einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft pro Gemeinde zu schaffen, damit die Bürgerinnen und Bürger ihre eigene Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen, verbrauchen, speichern und weiterverkaufen können;

26.

fordert, das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Energieeffizienzrichtlinie zu beschleunigen, da die Verbraucher durch deren Bestimmungen dabei unterstützt werden, ihren Energieverbrauch und damit ihre Energieausgaben zu senken;

27.

betont, dass durch die Schaffung eines vollständig integrierten Energiebinnenmarkts, der ein wirklich widerstandsfähiges europäisches Energienetz und auch den Bau neuer Verbindungsleitungen wie der Verbindung zwischen der Iberischen Halbinsel und Frankreich sowie bessere Handelsplattformen vorsieht, der Preisdruck auf Unternehmen und Verbraucher kurzfristig verringert und langfristig Energieunabhängigkeit und -resilienz hergestellt würde; stellt fest, dass die Reform des Energiebinnenmarkts der Union konsequenter vorangetrieben werden muss, dass keine übermäßigen Abhängigkeiten entstehen dürfen und dass wichtige Infrastruktur nicht in die Hände von Drittstaaten gelangen darf, wodurch die offene strategische Autonomie gestärkt wird; ist der Ansicht, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen müssen, um Energie erschwinglich zu halten und Klimaneutralität zu erreichen;

28.

betont, dass durch Investitionen in erneuerbare Energie, Energieeffizienz und die Energieinfrastruktur, darunter auch gezielte, genau festgelegte länderübergreifende Vorhaben mit Investitionen im Rahmen des Aufbauinstruments NextGenerationEU und des REPowerEU-Plans, die Union dabei unterstützt wird, Energiesouveränität, offene strategische Autonomie und Energiesicherheit zu verwirklichen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, derlei zentrale Infrastrukturvorhaben, die auf erneuerbarer Energie und sauberem Wasserstoff beruhen, durch eine Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens zu beschleunigen, wobei die Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit und für die Umweltverträglichkeitsprüfung gebührend zu berücksichtigen sind;

29.

nimmt zur Kenntnis, dass einige Mitgliedstaaten ihren Ausstieg aus Kernenergie und Kohle überdenken, zumal einige der entsprechenden Kraftwerke zur Energieversorgungssicherheit der Union beitragen könnten und damit ein Beitrag zur Senkung der Energiepreise geleistet werden könnte; vertritt die Auffassung, dass die Laufzeit der bestehenden Kernkraftwerke unter Gewährleistung ihres sicheren Betriebs und der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und Entsorgung nuklearer Abfälle verlängert werden sollte; betont, dass die Laufzeit von Kohlekraftwerken nur vorübergehend und für die Dauer der derzeitigen Krise verlängert werden sollte und dass diese Maßnahme mit einem konkreten Zeitplan für ihre Ersetzung durch andere Energiequellen einhergehen sollte;

30.

weist darauf hin, dass etwa ein Viertel des Stroms und die Hälfte des CO2-armen Stroms in der Union aus Kernenergie erzeugt werden; nimmt zur Kenntnis, dass sich einige Mitgliedstaaten gegen die Nutzung der Kernenergie aussprechen, aber eine Reihe von Mitgliedstaaten den Bau neuer Kernkraftwerke plant; bekräftigt, dass nach wie vor die Mitgliedstaaten uneingeschränkt dafür verantwortlich sind, über ihren Energiemix zu entscheiden und die Optionen zu konzipieren, mit denen sie die Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger und ihrer Unternehmen mit erschwinglicher, stabiler und sauberer Energie sicherstellen, und den am besten geeigneten Weg zu wählen, auf dem der jeweilige Mitgliedstaat zur Verwirklichung der Klima- und Energieziele der Union beiträgt, wobei den Besonderheiten und Zwängen der einzelnen Mitglidstaaten Rechnung zu tragen ist;

31.

ist zutiefst besorgt über den jüngsten Akt der Sabotage an der Nord-Stream-Infrastruktur, bei dem deutschen Schätzungen (14) zufolge 300 000 Tonnen eines der stärksten Treibhausgase in die Atmosphäre gelangt sind, was nach Aussage des Umweltprogramms der Vereinten Nationen möglicherweise die größte jemals verzeichnete einzelne Freisetzung von Methan sein könnte; weist darauf hin, dass die Auswirkungen dieser Explosion und dieses Methanlecks zum Klimawandel und zur Luftverschmutzung beitragen und die Klimaschutzbemühungen der EU untergraben werden, und macht auf die schädlichen Auswirkungen der Explosionen und der daraus folgenden Gasaustritte auf die Meeresumwelt aufmerksam; fordert, dass die freigesetzten Emissionen angerechnet werden; ist außerdem besorgt über die Berichte über die Ortung nicht identifizierter Drohnen in der Nähe von Erdöl- und Erdgasplattformen im Kontinentalschelf Norwegens; weist darauf hin, dass durch diese Vorfälle ein Anstieg der Gaspreise auf den TTF-Märkten verursacht wurde und dass der Austritt von Methan katastrophale Auswirkungen auf das Klima hat und eine Umweltkatastrophe ist;

32.

betont, dass die vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur das Potenzial birgt, die derzeitige Energiekrise auch makroregional erheblich zu verschärfen; fordert die Mitgliedstaaten und die Energieunternehmen nachdrücklich auf, umgehend Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit ihrer Energieinfrastruktur zu beschließen;

Notfallmaßnahmen auf dem Energiemarkt

33.

vertritt die Auffassung, dass Energieunternehmen, die Marktlagengewinne erzielt haben, an der Eindämmung der negativen Auswirkungen der Krise mitwirken müssen; nimmt die Rede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vom 14. September 2022 zur Lage der Union zur Kenntnis; begrüßt grundsätzlich die (auf den Vorschlag der Kommission zurückgehende anschließende) Einigung im Rat, eine befristete Obergrenze für Markteinnahmen aus der Erzeugung und dem Verkauf von Strom unter Einsatz inframarginaler Erzeugungstechnologien festzulegen und einen befristeten Mechanismus für einen Solidaritätsbeitrag des Wirtschaftszweigs fossile Brennstoffe einzuführen, der von der derzeitigen Marktsituation profitiert; weist in diesem Zusammenhang nochmals auf seinen vorherigen Standpunkt hin, den es in seiner Entschließung vom 19. Mai 2022 (15) zum Ausdruck gebracht hat; bedauert, dass die Kommission ihre Pläne in Form einer Verordnung des Rates mit Artikel 122 AEUV als Rechtsgrundlage vorgeschlagen hat, anstatt auf ein legislatives Mitentscheidungsverfahren zurückzugreifen; weist darauf hin, dass von diesem Instrument nur in Notsituationen Gebrauch gemacht werden sollte; bekräftigt, dass das Parlament bereit ist, in dieser dringlichen Angelegenheit rasch tätig zu werden, wenn es dazu aufgefordert wird, da uneingeschränkte demokratische Legitimität und Rechenschaftspflicht erforderlich sind;

34.

fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Maßnahmen rasch umzusetzen; ist der Ansicht, dass Interventionen auf dem Energiemarkt vorübergehend und zielgerichtet sein sollten und dass die Marktgrundsätze und die Integrität des Binnenmarkts nicht gefährdet werden dürfen; stellt fest, dass der eingeführte Mechanismus unter Umständen zu Unterschieden bei den Einnahmen der Mitgliedstaaten führen könnte;

35.

nimmt die Vorschläge zur Kenntnis, wonach in den Wirtschaftszweigen Rohöl, Erdgas, Kohle und Raffinerie tätige Unternehmen Solidaritätsbeiträge entrichten sollten; stellt mit Besorgnis fest, dass einige der größten Energieunternehmen in der Union möglicherweise nicht von der entsprechenden Abgabe betroffen sein werden; fordert die Kommission und den Rat auf, den Solidaritätsbeitrag so zu gestalten, dass Steuervermeidung verhindert wird; stellt fest, dass die Mitgliedstaaten den Vorschlag weiter verschärfen könnten; fordert die Kommission auf, in Anbetracht der Notlage eine angemessene Gewinnspanne zu ermitteln und dementsprechend weitere Schritte zur Einführung einer Steuer auf Marktlagengewinne von Energieunternehmen zu unternehmen, die übermäßig von der Energiekrise profitiert haben;

36.

weist darauf hin, dass Marktlagengewinne keinen regulären Gewinnen entsprechen, die große Unternehmen unter normalen Umständen erzielt hätten oder hätten erwarten können, wenn keine unvorhersehbaren Ereignisse wie die Pandemie und der Krieg in der Ukraine stattgefunden hätten;

37.

betont, dass die Einnahmen aus Marktlagengewinnen den Verbrauchern und Unternehmen zugutekommen sollten, insbesondere zur Unterstützung einkommensschwacher Haushalte und KMU, auch durch Preisobergrenzen; hebt hervor, dass dies mit massiven Innovationen und Investitionen in erneuerbare Energie und Energieeffizienz sowie in die Energieinfrastruktur, etwa in die Verteilungsnetze, einhergehen muss, anstatt Anreize für Haushalte und Unternehmen zu schaffen, mehr subventionierte Energie zu verbrauchen;

38.

hebt hervor, dass im derzeitigen Kontext öffentliche Einnahmen besonders wichtig sind, die im Zuge der Umsetzung der Richtlinie zur zweiten Säule in der Union erzielt würden, also der Richtlinie zur Umsetzung des globalen Steuerabkommens der OECD über eine effektive Mindestbesteuerung von Unternehmen; fordert den Rat erneut auf, die Richtlinie zur zweiten Säule rasch anzunehmen, damit das Abkommen tatsächlich im Januar 2023 in Kraft tritt;

39.

begrüßt die mit der vorgeschlagenen Verordnung des Rates eingeführten Verpflichtungen und Ziele für die Energienachfrage, mit denen die Probleme der hohen Energiepreise und der Energieversorgungssicherheit angegangen werden sollen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die Maßnahmen, die sie zur Umsetzung der genannten Verpflichtungen ergreifen, keine zusätzlichen Belastungen für finanziell schwächere Haushalte und Verbraucher, Unternehmen, KMU oder von Energiearmut betroffene Personen mit sich bringen dürfen;

40.

nimmt das Vorhaben der Kommission, eine Reform der Gestaltung des Strommarkts zu erörtern, zur Kenntnis und erklärt sich bereit, alle Vorschläge sorgfältig zu prüfen; ist der Ansicht, dass jede Reform des Strommarktes mit den Klimazielen der Union, insbesondere dem Ziel der Klimaneutralität in der Union bis 2050, im Einklang stehen sollte und dass die Strommärkte das richtige Preissignal für Investitionen in die Dekarbonisierung aussenden und es den Bürgerinnen und Bürgern und der Industrie ermöglichen sollten, sichere, erschwingliche und saubere Energie zu nutzen, während gleichzeitig gegen die unverhältnismäßigen Gewinne auf dem Strommarkt vorgegangen wird; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die Strompreise und der Gaspreis entkoppelt werden können;

41.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Krise zu bewältigen, darunter auch die vorübergehende Einführung von Obergrenzen für Großhandels- und Einfuhrpreise; fordert die Kommission auf, nach einer positiven Analyse eine angemessene Preisobergrenze für Gas vorzuschlagen, das durch Erdgasfernleitungen — hauptsächlich aus Russland — eingeführt wird; fordert die Kommission und den Rat auf, die EU-Energieplattform auszubauen und in ein Instrument für die gemeinsame Beschaffung von Energiequellen umzuwandeln, um die Verhandlungsmacht der Union zu stärken und die Einfuhrkosten zu senken; begrüßt den Beschluss der Kommission, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, deren Auftrag es ist, mit Drittländern Gaspreise auszuhandeln;

42.

begrüßt, dass die Kommission auf Ersuchen der Mitgliedstaaten mögliche Lösungen zur Bereitstellung der erforderlichen Liquidität für Energieunternehmen prüft, die es auf den Terminmärkten für Strom und Gas mit hohen Margenausgleichen zu tun haben;

Spekulation auf dem Energiemarkt

43.

weist darauf hin, dass die Störungen der Energieversorgung, die durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine verursacht wurden, die Volatilität und Instabilität auf den Märkten für Energiederivate verschärft haben und dass dies eine Kaskadenwirkung auf die Finanzmärkte haben könnte;

44.

fordert mehr Transparenz und Regulierungsaufsicht beim marktbasierten und außerbörslichen Gashandel und bei den Einkaufspreisen;

45.

begrüßt die von der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission gegen Gazprom wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung eingeleitete kartellrechtliche Klage und fordert die Kommission nachdrücklich auf, das Verfahren rasch abzuschließen und die erforderlichen Entscheidungen zu treffen; betont, dass die Kommission mit allen im Rahmen des Wettbewerbsrechts verfügbaren Instrumenten gegen Marktverzerrungen und mittels unfairer Preise vorgenommene Manipulationen auf den Energiemärkten vorgehen muss; ist der Ansicht, dass die Kommission bei Feststellung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht in den Bereichen Strom und Gas auch die Anwendung struktureller Maßnahmen als Abhilfemaßnahmen in Erwägung ziehen muss;

46.

begrüßt, dass die Kommission erkannt hat (16), dass die Union es mit Manipulationen auf dem Gasmarkt zu tun hat, die sich wiederum auf die Strompreise auswirken; fordert, dass Spekulationen und Manipulationen auf dem Gasmarkt ein Ende gesetzt wird, und fordert, dass Maßnahmen in Bezug auf die Funktionsweise der TTF und der Unternehmen, die befugt sind, auf dem Markt tätig zu werden, ergriffen werden; ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen — wie von der ESMA vorgeschlagen — die Anwendung eines Mechanismus zur Aussetzung des Handels an der TTF im Fall übermäßiger Preisschwankungen und Preisspannen umfassen könnten, um die Indexierung der Verträge vom Knotenpunkt TTF zu entkoppeln; begrüßt den Vorschlag der Kommission, einen EU-Referenzwert als Alternative zur TTF für Rohrleitungsgas und Flüssigerdgas zu entwickeln; fordert die Kommission — insbesondere ihre Generaldirektion Wettbewerb — und die ESMA auf, den Gasmarkt der Union auf mögliche Fälle einer marktbeherrschenden Stellung oder mangelnder Transparenz genau zu überwachen;

47.

fordert die jeweils zuständige Behörde auf, mögliche Fälle von Marktmissbrauch oder Marktmanipulation auf den Rohstoffmärkten im Allgemeinen und auf dem Gasmarkt im Besonderen zu untersuchen, zu melden und dagegen vorzugehen;

48.

fordert die Kommission auf, die Tätigkeiten der Finanzakteure, die zur Volatilität des CO2-Preises beigetragen haben, genau zu untersuchen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den Einfluss von Spekulationskapital auf den Markt für Zertifikate im Rahmen des EU-EHS zu beseitigen;

o

o o

49.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82.

(2)  ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 210.

(3)  ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 75.

(4)  ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 54.

(5)  ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 125.

(6)  ABl. L 280 vom 28.10.2017, S. 1.

(7)  ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1.

(8)  ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

(9)  ABl. C 184 vom 5.5.2022, S. 163.

(10)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 2.

(11)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 145.

(12)  ABl. C 465 vom 17.11.2021, S. 11.

(13)  Schreiben der Exekutivdirektorin der ESMA, Verena Ross, an den Generaldirektor der Generaldirektion Finanzstabilität der Kommission, John Berrigan, 22. September 2022.

(14)  Deutsches Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

(15)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Mai 2022 zu den Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine auf die Gesellschaft und die Wirtschaft in der EU — Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU (Angenommene Texte, P9_TA(2022)0219).

(16)  Erklärung von Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Thema Energie vom 7. September 2022.


Donnerstag, 6. Oktober 2022

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/74


P9_TA(2022)0349

Die Menschenrechtslage in Haiti insbesondere in Bezug auf Bandengewalt

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zur Menschenrechtslage in Haiti insbesondere in Bezug auf Bandengewalt (2022/2856(RSP))

(2023/C 132/08)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Haiti, insbesondere vom 20. Mai 2021 zur Lage in Haiti (1),

unter Hinweis auf das Ergebnis der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung zu Haiti des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 4. Juli 2022,

unter Hinweis auf die Resolution 2645 (2022) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 15. Juli 2022,

unter Hinweis auf die Berichte des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten zu Haiti aus dem Jahr 2022, insbesondere den Bericht vom 23. September 2022 über die Auswirkungen sozialer Unruhen auf die humanitäre Lage,

unter Hinweis auf die Rede von Außenminister Jean Victor Généus vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 24. September 2022,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 15. Februar 2022 für das Integrierte Büro der Vereinten Nationen in Haiti,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966,

unter Hinweis auf das Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

unter Hinweis auf die Amerikanische Menschenrechtskonvention vom 22. November 1969,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes und seine drei Fakultativprotokolle,

unter Hinweis auf die von den Vereinten Nationen verabschiedeten Grundprinzipien der Unabhängigkeit der Richterschaft vom 6. September 1985,

unter Hinweis auf das Universelle Richterstatut vom 17. November 1999 und das Statut der iberoamerikanischen Richter vom Mai 2001,

unter Hinweis auf das zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten andererseits am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnete Partnerschaftsabkommen (2) (Abkommen von Cotonou),

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 26. Juni 2012 mit dem Titel „Gemeinsame Partnerschaftsstrategie EU-Karibik“ (JOIN(2012)0018),

unter Hinweis auf das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den Cariforum-Staaten einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (3),

unter Hinweis auf die Verfassung der Republik Haiti aus dem Jahr 1987,

gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass sich die humanitäre Lage in Haiti in den letzten Jahren aufgrund der anhaltenden Unsicherheit in dem Land kontinuierlich verschlechtert hat; in der Erwägung, dass seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Juli 2021 Banden deutlich mehr Macht erlangt haben, wodurch ein allgegenwärtiges Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung Haitis aufgekommen ist; in der Erwägung, dass die zunehmende Gewalt und die eskalierenden Menschenrechtsverletzungen 1,5 Millionen Menschen betreffen und darüber hinaus zur Folge haben, dass es in dem Land 19 000 Binnenvertriebene gibt und 1,1 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sind; in der Erwägung, dass sich diese gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Krise einhergehend mit der allgemeinen Unsicherheit und der Bandenkrise zu einer humanitären Katastrophe entwickelt; in der Erwägung, dass Berichten zufolge das gewalttätige Vorgehen der offiziellen Polizeikräfte zugenommen hat;

B.

in der Erwägung, dass die haitianische Regierung am 11. September 2022 angekündigt hat, die Treibstoffsubventionen um rund 400 Mio. USD zu senken, um die Einnahmen für Sozialprogramme zu erhöhen, was zu zunehmenden Unruhen führte und dazu, dass sich Banden verbündeten, um wichtige Infrastrukturen zu beschlagnahmen; in der Erwägung, dass es in dem Land seit Monaten an Benzin mangelt; in der Erwägung, dass der Zugang zum Ölterminal Varreux, in dem 70 % der Vorräte gelagert sind, von bewaffneten Banden kontrolliert wird; in der Erwägung, dass fast 86 % des in dem Land erzeugten Stroms auf Erdölerzeugnissen beruht; in der Erwägung, dass Krankenhäuser und Gesundheitszentren aufgrund der Engpässe ihre Tätigkeit verringern oder sogar einstellen mussten;

C.

in der Erwägung, dass es in Haiti, einschließlich in Port-Au-Prince, bis zu 200 Banden gibt, die wichtige Häfen und Straßen kontrollieren; in der Erwägung, dass diese Banden, von denen einige Verbindungen zu staatlichen Akteuren haben und angeblich Verbindungen zu Politikern unterhalten, die Regierung durch ihre ressourcen- und waffenbezogene Überlegenheit zu destabilisieren drohen; in der Erwägung, dass einige haitianische Politiker und Führungskräfte aus der Wirtschaft angeblich Banden und anderen kriminellen Gruppen Geld und Waffen als Gegenleistung für die Unterdrückung regierungskritischer Proteste zur Verfügung gestellt haben; in der Erwägung, dass Banden Macht und Kontrolle über das Hoheitsgebiet, den Zugang zu Treibstoff und die Bereitstellung humanitärer Hilfe ausgeübt, die Autorität der haitianischen Nationalpolizei und anderer staatlicher Einrichtungen infrage gestellt und die Fähigkeit der Nationalpolizei zur Bekämpfung des Drogenhandels und anderer Verbrechen beeinträchtigt haben;

D.

in der Erwägung, dass nach Angaben des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zwischen Januar und Ende Juni 2022 in Port-au-Prince 934 Morde, 684 Verletzungen und 680 Entführungen verzeichnet wurden; in der Erwägung, dass im Juli 2022 eine Welle von Bandengewalt zu mehr als 470 Tötungen geführt hat, davon fast die Hälfte im Stadtviertel Cité Soleil; in der Erwägung, dass die meisten Opfer den Banden nicht unmittelbar angehörten, sondern direkt von Bandenmitgliedern ins Visier genommen wurden; in der Erwägung, dass es mehrere Fälle wiederholter Gruppenvergewaltigungen von Frauen und Mädchen gab, was bestätigt, dass es sich dabei um systematisch eingesetzte geschlechtsspezifische Gewalt handelte; in der Erwägung, dass laut einem Bericht des nationalen Netzes für Menschenrechtsverteidiger in Haiti vom August 2022 Dutzende Frauen und Mädchen Opfer von konzertierten Massenvergewaltigungen in Port-au-Prince geworden sind, die von Banden verübt wurden;

E.

in der Erwägung, dass Banden am 10. Juni 2022 die Kontrolle über den Justizpalast übernommen haben; in der Erwägung, dass der Justizpalast seit 2018 aufgrund von Sicherheitsrisiken weitgehend außer Betrieb war, was den Zugang zur Justiz im Land behinderte; in der Erwägung, dass Fallakten mit kritischen Beweismitteln zu zahlreichen Massakern, die seit 2018 von Banden begangen worden waren, gestohlen oder vernichtet wurden, sodass ihre Wiederbeschaffung nun nicht mehr möglich ist;

F.

in der Erwägung, dass die äußerst instabile Sicherheitslage Haitis lebenswichtige humanitäre Maßnahmen gefährdet, auf die schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen angewiesen sind; in der Erwägung, dass die seit 2021 andauernde vollständige Blockade der Straße, die zur südlichen Halbinsel führt, 3,8 Millionen Menschen, die in den südlichen Stadtteilen von Port-au-Prince leben, isoliert hat; in der Erwägung, dass diese Situation die Organisationen der Vereinten Nationen und humanitäre Organisationen daran gehindert hat, der Bevölkerung in diesen Gebieten zu helfen, und dass Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge 1,1 Millionen Menschen Hilfe benötigen;

G.

in der Erwägung, dass Banden Nahrungsmittelhilfsgüter gezielt geplündert haben, unter anderem am 15. September 2022, als ein Lager des Welternährungsprogramms in Gonaïves geplündert wurde, das 1 400 Tonnen Lebensmittel enthielt, die zur Ernährung von fast 100 000 Schulkindern und für die hilfsbedürftigsten Familien bestimmt waren; in der Erwägung, dass den Vereinten Nationen und anderen nichtstaatlichen Organisationen im Jahr 2022 Lieferungen im Wert von mindestens 6 Mio. USD abhandengekommen sind, die mehr als 410 000 Menschen hätten zugutekommen können;

H.

in der Erwägung, dass dem Welternährungsprogramm zufolge 4,4 Millionen Haitianer, d. h. mehr als ein Drittel der Bevölkerung, von Ernährungsunsicherheit betroffen sind und 217 000 Kinder unter mittelschwerer bis schwerer Unterernährung leiden; in der Erwägung, dass Haiti besonders anfällig für weltweite Schocks auf dem Nahrungsmittel- und Kraftstoffmarkt ist, da es 70 % seines Getreides einführt; in der Erwägung, dass Haiti infolge des Krieges Russlands in der Ukraine bereits von einer Inflation von 26 % betroffen ist, was es für Familien schwierig macht, sich Lebensmittel und andere Bedarfsgüter zu leisten oder ihre Ernteerträge auf lokalen Märkten zu verkaufen;

I.

in der Erwägung, dass Journalisten besonders von Gewalt betroffen sind; in der Erwägung, dass am 11. September 2022 zwei Journalisten, Tayson Latigue und Frantzsen Charles, in Cité Soleil erschossen und ihre Körper anschließend verbrannt wurden;

J.

in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage und die humanitäre Lage weiter rasch verschlechtern und dass haitianische Asylbewerber nur eingeschränkten Zugang zu internationalem Schutz haben und in den Aufnahmeländern mit einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen konfrontiert sind, darunter Inhaftierungen, rechtswidrige Push-back-Aktionen und Erpressung; in der Erwägung, dass der Internationalen Organisation für Migration zufolge 25 765 Menschen zwischen dem 1. Januar und dem 26. Februar 2022 aus Nachbarländern nach Haiti ausgewiesen oder abgeschoben wurden; in der Erwägung, dass mehrere nichtstaatliche Organisationen darauf hingewiesen haben, dass haitianische Asylbewerber willkürlich inhaftiert, diskriminiert und gedemütigt werden; in der Erwägung, dass die Abschiebung und Rückkehr haitianischer Migranten zur Verschlechterung der humanitären Lage im Land beiträgt;

K.

in der Erwägung, dass die haitianische Regierung aufgrund der sich verschlechternden sicherheitsbezogenen, wirtschaftlichen und sozialen Lage beschlossen hat, den Beginn des Schuljahres vom 5. September auf den 3. Oktober 2022 zu verschieben, und dass das neue Schuljahr nach wie vor in der Schwebe hängt; in der Erwägung, dass laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) eine halbe Million Kinder in Port-au-Prince nicht zur Schule gehen und 1 700 Schulen in der Hauptstadt schließen mussten; in der Erwägung, dass etwa die Hälfte der Haitianer ab einem Alter von 15 Jahren Analphabeten sind, dass das Bildungssystem des Landes sehr ungleich ist, dass das Bildungsangebot von geringer Qualität ist und dass die meisten Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen aufgrund der hohen Schulgebühren vom Bildungssystem ausgeschlossen sind;

L.

in der Erwägung, dass die schutzbedürftigsten Gemeinschaften des Landes mit dramatischen Überschwemmungen und Bodenerosion zu kämpfen haben, die durch die massive Entwaldung verursacht werden, was zu einer geringeren landwirtschaftlichen Produktivität führt; in der Erwägung, dass mehr als ein Drittel der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Wasser hat und zwei Drittel nur über eingeschränkte oder gar keine Sanitärversorgung verfügen; in der Erwägung, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt und viele auf Subsistenzlandwirtschaft angewiesen sind; in der Erwägung, dass das Land stark von externen Einnahmen abhängig ist; in der Erwägung, dass Haiti laut dem globalen Klimarisikoindex 2021 zu den Ländern gehört, die in den letzten 20 Jahren am stärksten von klimatischen Gefahren betroffen waren;

M.

in der Erwägung, dass der sicherheitspolitische Kontext die Ziele des Engagements der EU gegenüber Haiti, einschließlich der Einführung einer Entwicklungsagenda mit der Schwerpunktlegung auf nachhaltigen transformativen Ergebnissen zu Themen wie Bildung und Ernährungssicherheit, sowie die Bemühungen der Kommission in den Bereichen Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe stark beeinträchtigt;

N.

in der Erwägung, dass das Restavek-System, eine moderne Form der Sklaverei, in Haiti nach wie vor eine gängige Praxis darstellt; in der Erwägung, dass bei diesem System Kinder aus armen Familien — zumeist Mädchen — von ihren Eltern an andere Familien in Städten oder in einem städtischen Umfeld abgegeben werden, um dort zu leben und zu arbeiten; in der Erwägung, dass diese Kinder später Opfer von Straßenkriminalität oder Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung werden können, der durch kriminelle Banden betrieben wird;

O.

in der Erwägung, dass der Plan der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen für Haiti, der sich auf 373 Mio. USD beläuft, nur zu 14 % finanziert wurde; in der Erwägung, dass nach Schätzungen der Vereinten Nationen etwa 1,5 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen;

P.

in der Erwägung, dass Haiti das Cotonou-Abkommen unterzeichnet hat, in dessen Artikel 96 festgelegt ist, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit zwischen den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten und der EU ist;

1.

verurteilt aufs Schärfste die von Banden in Haiti begangenen Gewalttaten und Zerstörungen und bedauert die Plünderung von Nahrungsmitteln und Hilfsgütern sowie die Angriffe auf humanitäre Helfer; verurteilt insbesondere die Gewalttaten, die im Juli 2022 im Stadtteil Cité Soleil von Port au Prince verübt wurden, und die anhaltende Gewalt, aufgrund derer die Bürger ihrer Grundrechte beraubt werden; verurteilt aufs Schärfste die von Banden gegen Frauen und Mädchen verübten sexuellen Übergriffe und den Einsatz von Minderjährigen bei Bandenmachenschaften; weist darauf hin, dass Frauen und Mädchen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und beim Schutz vor sexueller Gewalt besondere Aufmerksamkeit und Hilfe benötigen;

2.

betont, dass die haitianischen Behörden für eine bessere Verwaltung auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen — darunter auch bei der Korruptionsbekämpfung — Sorge tragen müssen; hebt die entscheidende Bedeutung einer funktionierenden und glaubwürdigen Justiz hervor; weist darauf hin, dass die haitianischen Behörden gegen die eigentlichen Ursachen von Bandengewalt vorgehen müssen, unter anderem indem sie das Justizsystem reformieren und die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht stellen; unterstreicht, dass die Rechenschaftspflicht eine dringende Angelegenheit ist, und betont, wie wichtig eine angemessene Unterstützung und Wiedergutmachung für die Opfer, ein dauerhafter Frieden und Stabilität sind; unterstützt die Erklärung der Sonderbeauftragten Helen La Lime vom 16. Juni 2022 auf der Tagung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zum Integrierten Büro der Vereinten Nationen in Haiti, in der dargelegt wird, wie die Sicherheitslage verbessert werden kann;

3.

fordert einen auf die Strafverfolgung ausgerichteten Ansatz bei Bandenproblemen, in dessen Rahmen der Umgang mit illegalen Waffen zu verbessern ist und der durch sozioökonomische Projekte und Wiedereingliederungsmaßnahmen ergänzt wird, die auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Einnahmequellen in den von Bandengewalt am stärksten betroffenen Stadtvierteln abzielen; besteht nachdrücklich darauf, dass die haitianischen Behörden die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht stellen müssen, und bekräftigt, dass sich Strafverfolgungsbeamte, wenn sie mit Protesten konfrontiert werden, an internationale Normen und Standards in Bezug auf den Einsatz von Gewalt halten müssen; weist auf das verfassungsmäßige Recht auf friedliche Demonstrationen hin; betont, dass die haitianische Regierung gegen alle möglichen Dimensionen der Bandengewalt vorgehen muss, unter anderem durch Sozial-, Gesundheits- und Bildungsprogramme sowie durch Verbesserungen bei der Wasser- und Sanitärversorgung, durch Katastrophenhilfe und Wiederaufbauanstrengungen;

4.

fordert, dass Bandengewalt und kriminelle Handlungen unverzüglich eingestellt werden; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte geeignete Maßnahmen zu ergreifen, darunter das Einfrieren von Vermögenswerten und die Verhängung von Reiseverboten gegen diejenigen, die in Bandengewalt, kriminelle Machenschaften oder Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Korruption, involviert sind oder diese unterstützen;

5.

betont, wie wichtig die maßgeblichen Akteure der Zivilgesellschaft sind, wozu auch Kirchen, Gewerkschaften, Jugend- und Menschenrechtsorganisationen, Bauern- und Frauenbewegungen sowie nichtstaatliche Organisationen zählen; fordert die Wiederherstellung der Macht und Legitimität öffentlicher Einrichtungen, die Neubelebung des Vertrauens der Bevölkerung, die Beendigung der Straflosigkeit und die Organisation freier und transparenter Wahlen nach zwei Jahren;

6.

fordert alle Akteure in Haiti auf, einen dauerhaften, zeitnahen und allgemein akzeptierten Weg aus der derzeitigen politischen Sackgasse zu finden, um inklusive, friedliche, freie, faire und transparente Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Einklang mit anerkannten internationalen Standards zu ermöglichen, sobald die Sicherheitsbedingungen und die logistischen Vorbereitungen dies zulassen; betont, dass dies unter haitianischer Führung und unter umfassender und gleichberechtigter Beteiligung von Frauen, jungen Menschen, der Zivilgesellschaft und weiteren einschlägigen Akteuren erfolgen muss, um die Macht an diejenigen zurückzugeben, die vom haitianischen Volk frei gewählt wurden, die demokratischen Institutionen wiederherzustellen und Maßnahmen zu ergreifen, damit die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen bewältigt werden können;

7.

zeigt sich zutiefst besorgt über die Lage von haitianischen Asylbewerbern in den Aufnahmeländern, in die sie geflohen sind; fordert die Behörden der Aufnahmeländer auf, alle Ausweisungen und Abschiebungen nach Haiti einzustellen, da die Menschenrechtskrise und die humanitäre Krise in dem Land andauern, den Haitianern dringend einen diskriminierungsfreien Zugang zu Schutz zu gewähren und im Einklang sowohl mit dem Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge als auch der Erklärung von Cartagena über Flüchtlinge eine faire Bewertung des Flüchtlingsstatus vorzunehmen;

8.

fordert die Länder, die haitianische Asylbewerber aufnehmen, auf, die in den internationalen Übereinkommen über Asyl und Rückführung festgelegten Kriterien zu beachten; weist darauf hin, dass Rückführungen nach Haiti — solange sich die Sicherheitslage in dem Land nicht verbessert hat — äußerst unsicher und nach wie vor lebensgefährlich sind;

9.

legt der Kommission und den EU-Mitgliedstaaten nahe, weiterhin mit dem Integrierten Büro der Vereinten Nationen in Haiti, dem Länderteam der Vereinten Nationen in Haiti sowie mit regionalen Organisationen und internationalen Finanzinstitutionen eng zusammenzuarbeiten, damit Haiti dabei unterstützt wird, Verantwortung zu übernehmen, um zu langfristiger Stabilität, einer nachhaltigen Entwicklung und wirtschaftlicher Eigenständigkeit zu gelangen;

10.

fordert die Mitgliedstaaten, internationale Finanzinstitutionen und andere Einrichtungen auf, die Beiträge zum Geberfonds für die Sicherheitshilfe für Haiti aufzustocken, um die koordinierte internationale Hilfe zu unterstützen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, mit dem Kapazitätsaufbau, der technischen Unterstützung und der Schulung von nationalen Zoll- und Grenzkontrollbehörden sowie anderen relevanten Behörden fortzufahren;

11.

fordert die haitianischen Behörden und die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, Programme zur Beseitigung der Armut und zur Gewährleistung einer schulischen Ausbildung und des Zugangs zu sozialen Diensten, insbesondere in abgelegenen Gebieten des Landes, zu unterstützen;

12.

begrüßt die Bereitstellung von 17 Mio. EUR durch die EU, um die bedürftigsten Menschen in Haiti und anderen Ländern der Karibik zu unterstützen; fordert die Kommission auf, der humanitären Hilfe für Haiti weiterhin Priorität einzuräumen und sicherzustellen, dass die Bereitstellung humanitärer Hilfe für Haiti effizient mit der Entwicklungsstrategie des Landes verknüpft ist und unmittelbar bedürftigen Bevölkerungsgruppen zugutekommt;

13.

fordert angesichts der schweren Nahrungsmittelkrise mit Nachdruck, dass der Nahrungsmittelsoforthilfe besondere Aufmerksamkeit zukommt, wobei dem Kauf lokaler Lebensmittel Vorrang einzuräumen ist, damit diese Hilfe nicht dazu beiträgt, dass die Existenz von Kleinbauern in dem Land zerstört wird und nachhaltige Anbaumethoden vor Ort in Vergessenheit geraten;

14.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, systematisch zu gewährleisten, dass jede Hilfe, einschließlich der humanitären Hilfe, wirksam überwacht wird, damit sie für jene Projekte verwendet wird, für die sie auch vorgesehen ist; bekräftigt seine in seiner Entschließung vom 20. Mai 2021 formulierte und noch nicht umgesetzte Forderung nach einer Prüfung und einem Bericht des Europäischen Rechnungshofs über die Art und Weise, in der die EU-Mittel in Haiti ausgegeben werden; fordert, dass die Transparenz und Effizienz des Netzes für die Verteilung von Hilfsgütern untersucht wird;

15.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten, ihrem Ministerrat und ihrer mit der EU bestehenden Paritätischen Parlamentarischen Versammlung, den Organen des CARIFORUM sowie der Regierung und dem Parlament Haitis zu übermitteln.

(1)  ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 161.

(2)  ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 3.

(3)  ABl. L 289 vom 30.10.2008, S. 3.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/79


P9_TA(2022)0350

Die massive Beschneidung der Medienfreiheit in Myanmar, insbesondere die Fälle von Htet Htet Khine, Sithu Aung Myint und Nyein Nyein Aye

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zur massiven Beschneidung der Medienfreiheit in Myanmar, insbesondere den Fällen von Htet Htet Khine, Sithu Aung Myint und Nyein Nyein Aye (2022/2857(RSP))

(2023/C 132/09)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Myanmar/Birma,

unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2022/243 des Rates vom 21. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2013/184/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Myanmar/Birma, zur Verhängung einer vierten Runde von Sanktionen angesichts der anhaltend ernsten Lage und der Verschärfung der Menschenrechtsverletzungen in Myanmar/Birma (1),

unter Hinweis auf Artikel 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in dem das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit verankert ist,

unter Hinweis auf den mündlichen Bericht des amtierenden Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte über die Menschenrechtslage in Myanmar vom 26. September 2022 an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf die Erklärung der Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 29. September 2022 zur jüngsten Verurteilung der Staatsberaterin Aung San Suu Kyi,

unter Hinweis auf Paragraf 505 Buchstabe a des Strafgesetzbuchs von Myanmar,

unter Hinweis auf den Fünf-Punkte-Konsens des Verbands südostasiatischer Nationen vom 24. April 2021,

unter Hinweis auf Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 über die Meinungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung,

gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Militärjunta Myanmars, bekannt als Tatmadaw, am 1. Februar 2021 rechtswidrig an die Macht kam und die rechtmäßigen Staatsorgane gewaltsam abgesetzt hat;

B.

in der Erwägung, dass der Oberbefehlshaber der Militärjunta, Min Aung Hlaing, im August 2021 bekanntgab, sich selbst zum Ministerpräsidenten zu ernennen und den Ausnahmezustand bis August 2023 zu verlängern;

C.

in der Erwägung, dass der rechtmäßige Präsident Win Myint und die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi seit dem Militärputsch aufgrund einer Reihe haltloser und politisch motivierter Anschuldigungen inhaftiert sind und bereits zu mehreren Jahren Gefängnis und Arbeitslager verurteilt wurden; in der Erwägung, dass die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi im Falle einer Verurteilung in allen elf Anklagepunkten zu einer Höchststrafe von 102 Jahren Haft verurteilt werden könnte;

D.

in der Erwägung, dass seit dem Putsch vom 1. Februar 2021 mehr als 15 500 Menschen von der Junta festgenommen und über 2 300 getötet wurden, darunter mindestens 188 Kinder;

E.

in der Erwägung, dass das Militärregime seit dem Putsch weiterhin die Medienfreiheit untergräbt und die Menschenrechte von Journalisten im Land verletzt; in der Erwägung, dass Myanmar auf dem 176. Platz von 180 Ländern in der Rangliste der Pressefreiheit aus dem Jahr 2022 von Reporter ohne Grenzen steht; in der Erwägung, dass die Militärbehörden Myanmars den Zugang zu sozialen Medien, zum Internet und zu anderen unabhängigen Informationsquellen einschränken;

F.

in der Erwägung, dass das Tatmadaw am 14. Februar 2021 Änderungen am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung vorgenommen hat, die zu den primären Rechtsvorschriften geworden sind, mit denen Journalisten, Studentenführer, Beamte und andere Personen, die sich dem Militärregime widersetzen, verfolgt werden; in der Erwägung, dass mit dem neu eingeführten Paragrafen 505 Buchstabe a des Strafgesetzbuchs, das Schüren von Angst, die Verbreitung von Falschnachrichten und die Anstiftung zu Straftaten gegen einen Regierungsbeamten verboten wurde, was jeweils mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden kann, vom Militär unter anderem dazu genutzt wird, Anklage gegen Journalisten zu erheben; in der Erwägung, dass die Verfahren vor den Militärgerichten in Myanmar unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden;

G.

in der Erwägung, dass die Junta seit dem Putsch 2021 Medien, in denen über die Handlungen des Militärs berichtet wird, verboten oder zum Verlassen des Landes gezwungen hat; in der Erwägung, dass viele der verbotenen Medien eine wesentliche Rolle bei der Berichterstattung über die Lage in Myanmar gespielt haben; in der Erwägung, dass die Bevölkerung von Myanmar und die Menschen im Ausland in hohem Maße auf diese Medien angewiesen sind;

H.

in der Erwägung, dass mindestens vier Journalisten getötet wurden, darunter die Fotografen Soe Naing und Aye Kyaw, die beide in der Haft starben, nachdem sie mutmaßlich gefoltert worden waren, und der Lokalredakteur Pu Tuidim, der Berichten zufolge vom Militär kurzerhand hingerichtet wurde, nachdem er zuvor als menschliches Schutzschild missbraucht worden war; in der Erwägung, dass mehrere Berichte über Folter und Missbrauch vorliegen;

I.

in der Erwägung, dass auf den Putsch vom Februar 2021 eine Welle von Festnahmen von Journalisten folgte; in der Erwägung, dass mindestens 140 Journalisten festgenommen wurden, 53 Medienschaffende derzeit in Gefängnissen in Myanmar einsitzen und an die 25 Journalisten seit dem Militärputsch verurteilt wurden; in der Erwägung, dass Myanmar die weltweit zweitgrößte Zahl von Journalisten im Gefängnis aufweist;

J.

in der Erwägung, dass die Journalisten Htet Htet Khine und Sithu Aung Myint im August 2021, sechs Monate nach dem Putsch, festgenommen wurden;

K.

in der Erwägung, dass die freiberufliche Reporterin von BBC Media Action, Htet Htet Khine, am 27. September 2022 zu einer dreijährigen Haftstrafe mit Zwangsarbeit verurteilt wurde; in der Erwägung, dass Htet Htet Khine bereits am 15. September 2022 zu einer ersten dreijährigen Haftstrafe mit Zwangsarbeit verurteilt worden war, weil sie angeblich gegen Paragraf 505 Buchstabe a des Strafgesetzbuchs verstoßen hatte, der Verbreitung von Falschnachrichten und der Anstiftung dazu unter Strafe stellt;

L.

in der Erwägung, dass Sithu Aung Myint immer noch auf ein Gerichtsverfahren wegen des Vorwurfs der „Anstiftung“ und des „Aufruhrs“ wegen Artikeln wartet, in denen er das Militär von Myanmar kritisierte, was eine Gesamtstrafe von 23 Jahren Haft nach sich ziehen könnte; in der Erwägung, dass sich der Gesundheitszustand von Sithu Aung Myint verschlechtert hat und die Gefängnisbehörden ihm die medizinische Betreuung verweigern;

M.

in der Erwägung, dass Nyein Nyein Aye, eine freiberuflich tätige Journalistin, die auch unter dem Pseudonym Mabel bekannt ist, am 14. Juli 2022 von einem Militärgericht im Insein-Gefängnis von Yangon verurteilt wurde; in der Erwägung, dass Nyein Nyein Aye gemäß Paragraf 505 Buchstabe a des Strafgesetzbuchs wegen des Schürens von Angst, der Verbreitung von Falschnachrichten und der Anstiftung zu Straftaten gegen einen Regierungsbeamten zu drei Jahren Haft verurteilt wurde; in der Erwägung, dass mit Nyein Nyein Aye inzwischen 24 Journalisten seit dem Putsch im Jahr 2021 zu einer Haftstrafe verurteilt wurden;

N.

in der Erwägung, dass der freiberufliche Journalist Maung Maung Myo am 1. August 2022 wegen des angeblichen Besitzes von Fotos von und Interviews mit Mitgliedern der „Volkswehr“, zu der eine Reihe von aufständischen Gruppen gehört, die gegen die Militärregierung von Myanmar kämpfen, zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde;

O.

in der Erwägung, dass ein Gericht am 7. Juli 2022 Aung San Lin, eine Journalistin der Demokratischen Stimme von Birma, zu sechs Jahren Haft mit Zwangsarbeit wegen der Anstiftung und der Verbreitung von „Falschnachrichten“ verurteilte, nachdem sie einen Bericht veröffentlicht hatte, in dem behauptet wurde, dass das Militär Brandanschläge auf die Häuser von drei Anhängern der durch den Staatsstreich gestürzten Nationalen Liga für Demokratie in der Gemeinde Wetlet verübt hatte;

P.

in der Erwägung, dass das Militärregime Myanmars im Juli die Todesstrafe wieder eingeführt hat, um den ehemaligen Parlamentsabgeordneten Phyo Zeya Thaw, den prominenten Aktivisten Kyaw Min Yu, der weithin unter dem Namen „Ko Jimmy“ bekannt ist, sowie Aung Thura Zaw und Hla Myo Aung hinzurichten; in der Erwägung, dass der Vizepräsident der Kommission und Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik diese politisch motivierten Hinrichtungen, die einen weiteren Schritt zur vollständigen Zerschlagung der Rechtsstaatlichkeit und eine weitere eklatante Verletzung der Menschenrechte in Myanmar darstellen, scharf verurteilt hat;

Q.

in der Erwägung, dass die Haftbedingungen, zu denen dokumentierte Schläge und geschlechtsspezifische Gewalt gehören, ein ernsthaftes Problem für die Sicherheit und das Wohlergehen der Inhaftierten darstellen;

R.

in der Erwägung, dass das Militär einen brutalen Krieg gegen ethnische Minderheiten führt und dabei zahlreiche Zivilisten getötet und Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen hat; in der Erwägung, dass Militärhubschrauber kürzlich eine Grundschule in der Region Sagaing beschossen haben, wobei mindestens sechs Erwachsene und sieben Kinder getötet wurden; in der Erwägung, dass laut einer jüngsten Erklärung des von den Vereinten Nationen ernannten unabhängigen Menschenrechtsexperten Tom Andrews sich die Bedingungen weiter verschlimmert hätten und für unzählige unschuldige Menschen in Myanmar entsetzlich seien;

S.

in der Erwägung, dass sich die Junta in Myanmar weigert, Menschenrechtsverletzungen gegen die Rohingya ernsthaft nachzugehen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen; in der Erwägung, dass die ranghöchsten Militärangehörigen, die die Angriffe gegen die Rohingya befehligten, nach wie vor im Amt sind; in der Erwägung, dass sich die staatlichen Stellen weigern, mit dem Mechanismus der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten; in der Erwägung, dass Straflosigkeit im politischen und rechtlichen System von Myanmar tief verwurzelt ist;

T.

in der Erwägung, dass Russland und China viele politische, militärische und wirtschaftliche Maßnahmen getroffen haben, die darauf abzielen, der Junta Legitimität zu verleihen; in der Erwägung, dass Russland und die Militärjunta Myanmars kürzlich einen Fahrplan für die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie für den Zeitraum 2022-2023 unterzeichnet haben; in der Erwägung, dass sowohl Moskau als auch Peking Verbindungen zu den Streitkräften Myanmars haben, da sie die größten Waffenlieferanten des Landes sind; in der Erwägung, dass beide Länder mehrfach Versuche, sich auf Erklärungen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zur Lage in Myanmar zu verständigen, blockiert haben;

U.

in der Erwägung, dass die Militärjunta am 24. April 2021 mit den führenden Vertretern des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) einen Fünf-Punkte-Konsens vereinbart hat, dessen erster Schritt ein sofortiges Ende der Gewalt im Land war;

1.

verurteilt aufs Schärfste die gewaltsame und unrechtmäßige Herrschaft der Militärjunta in Myanmar und ihre Versuche, die starke Bindung der Bevölkerung Myanmars zur Demokratie zu lösen, zumal dieser Herrschaft ein unrechtmäßiger Staatsstreich gegen die Zivilregierung zugrunde liegt und sie eine außergewöhnlich besorgniserregende humanitäre Lage und Menschenrechtskrise im Land herbeigeführt hat, die durch weit verbreitete Straflosigkeit gekennzeichnet ist; verurteilt aufs Schärfste alle Arten der Verfolgung unabhängiger Journalisten;

2.

fordert die sofortige Beendigung des rechtswidrigen Ausnahmezustands im Land, die Wiedereinsetzung der Zivilregierung, die Rückbesinnung auf die Demokratie und die rasche Öffnung des Parlaments unter Beteiligung aller seiner gewählten Vertreter; unterstützt die Bemühungen der Regierung der nationalen Einheit in Richtung einer friedlichen und demokratischen Zukunft;

3.

fordert die Militärjunta auf, Präsident Win Myint, die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi und alle weiteren Personen, die aufgrund grundloser Anschuldigungen festgenommen wurden, bedingungslos freizulassen, die Macht an die rechtmäßigen Staatsorgane zu übergeben, die Rechtsstaatlichkeit und die Medienfreiheit zu achten und den militärischen Angriffen, Bombardements aus der Luft und der Gewalt gegen die Bevölkerung Myanmars unverzüglich ein Ende zu setzen;

4.

fordert die Militärjunta nachdrücklich auf, alle politisch motivierten Anklagen gegen die Presse und Medienschaffende fallenzulassen und alle zu Unrecht inhaftierten Journalisten bedingungslos auf freien Fuß zu setzen, darunter Htet Htet Khine, Sithu Aung Myint, Nyein Nyein Aye, Maung Maung Myo, Thurin Kyaw, Hanthar Nyein, Than Htike Aung, Ye Yint Tun, Tu Tu Tha, Soe Yarzar Tun und Aung San Lin; fordert die Junta auf, Sithu Aung Myint, dessen Gesundheitszustand Anlass zu großer Sorge gibt, die notwendige medizinische Versorgung zukommen zu lassen;

5.

verurteilt die Unterdrückung von Arbeitnehmern und die Verweigerung des Streikrechts; verurteilt alle Unternehmen und Markenhersteller wegen ihrer unmittelbaren oder mittelbaren Unterstützung des Militärs und der Polizei, die Gewerkschaftsführer unterdrücken und Haftbefehle gegen sie ausstellen;

6.

fordert die Militärjunta nachdrücklich auf, die Menschenrechtsverletzungen, einschließlich willkürlicher Festnahme und Inhaftierung, Folter, sexueller Gewalt und anderer Misshandlungen sowie unfairer Gerichtsverfahren gegen Journalisten und Medienschaffende, unverzüglich einzustellen; betont, dass Rechtsanwälten, Menschenrechtsverteidigern und Familienangehörigen ein wirksamer Zugang zu inhaftierten Personen in Form von Besuchen gewährt werden sollte; weist darauf hin, dass jeder Todesfall in Gewahrsam der Familie der betreffenden Person unverzüglich zu melden und ordnungsgemäß zu dokumentieren ist, der Leichnam der Familie ausgehändigt werden sollte und diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden müssen; fordert unabhängige internationale Untersuchungen aller Vorwürfe von Folter und Misshandlung und verlangt, dass die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; hebt hervor, dass angebliche Informationen, die durch Folter und Misshandlungen erzwungen wurden, in keinem Fall vor Gericht als Beweismaterial zugelassen sind;

7.

beharrt darauf, dass die Medienfreiheit von entscheidender Bedeutung für das wirksame Funktionieren freier und demokratischer Gesellschaften und für den Schutz aller anderen Menschenrechte und Grundfreiheiten ist; in der Erwägung, dass Journalisten sichere Rahmenbedingungen benötigen, unter denen sie ihrer unabhängigen Tätigkeit nachgehen können;

8.

fordert die Regierung der nationalen Einheit auf, ihren Standpunkt zum Status der Rohingya klar und deutlich darzulegen, insbesondere in Bezug auf deren Recht auf Staatsbürgerschaft und die gleichberechtigte Anerkennung als Volksgruppe von Myanmar und auf das Recht auf Rückkehr in das Land;

9.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern in Myanmar weiterhin zu unterstützen; fordert die EU-Delegation in Myanmar und die dortigen Botschaften der Mitgliedstaaten auf, die Fälle von Journalisten sowie von führenden Politikern und anderen Personen, die derzeit inhaftiert sind oder zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, aufmerksam zu verfolgen; fordert die Vertreter der EU-Delegation und der Mitgliedstaaten in Myanmar auf, an den Gerichtsverfahren gegen Journalisten, Medienschaffende, Blogger und Menschenrechtsverteidiger im Land teilzunehmen, wann immer der Zugang gestattet wird; fordert die diplomatischen Missionen und die internationalen Geber auf, Menschenrechtsverteidigern und Medienschaffenden, die von Verfolgung bedroht sind, Unterstützung und möglichen Schutz anzubieten, unter anderem durch die Bereitstellung eines sicheren Zufluchtsorts in den Botschaften und durch die Ausstellung von Notfallvisa für schutzbedürftige Personen;

10.

fordert die Kommission auf, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Regelung „Alles außer Waffen“ keinesfalls der Junta zugutekommt oder andernfalls diese Regelung bis auf Weiteres auszusetzen;

11.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die internationale Hilfe, die Entwicklungsprojekte und die finanzielle Unterstützung für Myanmar zu verstärken und dafür zu sorgen, dass diese Maßnahmen dem Militär nicht zugutekommen und sie nicht noch zu mehr Menschenrechtsverletzungen beitragen; fordert die Bereitstellung grenzüberschreitender humanitärer Hilfe und die direkte Unterstützung lokaler Organisationen der Zivilgesellschaft, insbesondere von Organisationen ethnischer Minderheiten;

12.

begrüßt die Sanktionen, die der Rat gegen Angehörige des Tatmadaw und deren Unternehmen verhängt hat; fordert den Vizepräsidenten und Hohen Vertreter, die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, zusätzliche gezielte Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die für die schwersten Menschenrechtsverletzungen im Land verantwortlich sind; fordert den Rat auf, die Waffenhändler Naing Htut Aung, Aung Hlaing Oo und Sit Taing Aung aufgrund ihrer Rolle bei der Bereitstellung von Waffen und Ausrüstung für das Militärregime in die Sanktionsliste aufzunehmen; fordert die Kommission auf, alle erforderlichen Sanktionen gegen das Regime von Myanmar in Erwägung zu ziehen; fordert, dass die notwendigen Schritte unternommen werden, um sicherzustellen, dass sich diese Sanktionen nicht nachteilig auf die Arbeitnehmer und die gesamte Bevölkerung auswirken;

13.

hält Ausnahmeregelungen bei Sanktionen für bedenklich, die es Wirtschaftsakteuren ermöglichen, Finanztransaktionen mit dem Staatsbetrieb „Myanma Oil and Gas Enterprise“ abzuwickeln; fordert eine bessere internationale Koordinierung der Sanktionen, einschließlich der Abstimmung mit regionalen Partnern;

14.

fordert den Rat nachdrücklich auf, den Staatsverwaltungsrat als Ganzes zusätzlich zu seinen einzelnen Mitgliedern in die Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen aufzunehmen, gegen die restriktive Maßnahmen gelten, damit sichergestellt wird, dass alle Einrichtungen, die der Kontrolle des Staatsverwaltungsrats unterliegen, unter dieser Kennzeichnung aufgenommen werden und dass Finanzströme aus der Europäischen Union, die ihnen zugutekommen, verboten werden;

15.

betont, dass lokale und multinationale Unternehmen, die in Myanmar/Birma tätig sind, die Menschenrechte achten müssen und denjenigen, die Verstöße begehen, keine freie Hand mehr lassen dürfen; fordert in diesem Zusammenhang die Unternehmen mit Sitz in der EU nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass sie nicht in Verbindung zu den Sicherheitskräften von Myanmar/Birma, zu den Angehörigen der Sicherheitskräfte oder zu Unternehmen stehen, die sich im Besitz oder unter der Kontrolle der Sicherheitskräfte befinden, und dass sie weder unmittelbar noch mittelbar zu der massiven Unterdrückung von Demokratie und Menschenrechten durch das Militär beitragen; fordert die Unternehmen mit Sitz in der EU, einschließlich Muttergesellschaften und Tochtergesellschaften, auf, alle Beziehungen zu Unternehmen, die mit dem Militär in Verbindung stehen, unverzüglich auszusetzen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, nach entsprechender Bewertung geeignete Maßnahmen zu ergreifen, mit denen etwaige potenzielle oder tatsächliche Menschenrechtsverstöße festgestellt, verhindert, beendet, eingedämmt oder behoben werden können, die von in der Europäischen Union tätigen Unternehmen in Myanmar verursacht werden, zu denen diese Unternehmen beitragen oder mit denen sie in Verbindung gebracht werden, wobei die derzeitige Lage zu berücksichtigen ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bessere und konkrete Sorgfaltspflichten für in Hochrisikogebieten tätige Unternehmen in die vorgeschlagene Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit aufzunehmen, einschließlich Gebieten, die von Konflikten oder ökologischen Krisen betroffen sind;

16.

fordert die Mitgliedstaaten und die assoziierten Länder auf, das Embargo für die direkte und indirekte Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe, einschließlich der Durchfuhr, der Verbringung und der Vermittlung, aller Waffen, Munition und sonstiger militärischer, sicherheits- und überwachungsrelevanter Ausrüstung und Systeme sowie für die Bereitstellung von Ausbildung, Wartung und sonstiger militärischer und sicherheitsrelevanter Unterstützung aufrechtzuerhalten; weist darauf hin, dass der Internationale Strafgerichtshof die Lage weiter untersuchen muss;

17.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Druck auf den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu erhöhen, damit ein aussagekräftiger Entwurf einer Resolution zur Einführung eines umfassenden weltweiten Waffenembargos gegen Myanmar ausgehandelt wird;

18.

fordert den Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Myanmar auf, sich weiterhin mit der Verfolgung von Journalisten zu befassen und Maßnahmen zu ergreifen, damit dieser besorgniserregenden Entwicklung ein Ende gesetzt wird; fordert die Vereinten Nationen auf, Verstöße gegen die Medienfreiheit in den Anwendungsbereich ihres unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar aufzunehmen und alle Initiativen zu fördern, die darauf abzielen, das Militärregime zu sanktionieren und diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die für die derzeit im Land begangenen entsetzlichen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind;

19.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, alle Wege zu erkunden, deren Ziele Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht für die von den Sicherheitskräften begangenen schweren Straftat gegen das Völkerrecht sind, einschließlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im Anschluss an den Putsch begangen wurden, sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Fälle von Völkermord, die seit Jahrzehnten im Rakhaing-Staat und anderen Regionen ethnischer Minderheiten begangen wurden, indem sie sich dafür einsetzen, dass der Sicherheitsrat den Internationalen Strafgerichtshof mit der Lage in dem Land befasst;

20.

verurteilt die Hinrichtung von Oppositionellen und bekräftigt seine entschiedene Ablehnung der Todesstrafe;

21.

fordert die Militärjunta nachdrücklich auf, alle Rechtsvorschriften aufzuheben, mit denen die Medienfreiheit gefährdet werden könnte, und ihre Beeinträchtigung des Rechts der Menschen in Myanmar auf freie Meinungsäußerung im Internet und anderswo zu beenden, wozu auch die Freiheit gehört, nach Informationen zu suchen, diese zu empfangen und weiterzugeben;

22.

stellt fest, dass der Fünf-Punkte-Konsens zu keinen Ergebnissen geführt hat, und fordert den ASEAN auf, einzuräumen, dass die Junta unter Führung von Min Aung Hlaing kein verlässlicher Partner ist; fordert den ASEAN und seine Mitglieder nachdrücklich auf, mit der Regierung der nationalen Einheit ein neues Abkommen über die Krise in Myanmar auszuhandeln und dieses neue Abkommen mit Durchsetzungsmechanismen auszustatten, damit in Zukunft eine nachhaltige und demokratische Lösung der Krise gefunden werden kann;

23.

verurteilt Russland und China wegen deren politischer, wirtschaftlicher und militärischer Unterstützung der Junta von Myanmar;

24.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem amtierenden Präsidenten Duwa Lashi La und der Regierung der nationalen Einheit von Myanmar, dem Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, der Staatsberaterin von Myanmar, den Tatmadaw, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Mitgliedstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen, dem Generalsekretär des Verbands Südostasiatischer Nationen, der zwischenstaatlichen Menschenrechtskommission des Verbands Südostasiatischer Nationen und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1)  ABl. L 40 vom 21.2.2022, S. 28.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/84


P9_TA(2022)0351

Die jüngste humanitäre und Menschenrechtskrise in Tigray, Äthiopien, insbesondere bei Kindern

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu der jüngsten humanitären und Menschenrechtskrise in Tigray (Äthiopien), insbesondere bei Kindern (2022/2858(RSP))

(2023/C 132/10)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Tigray und Äthiopien, insbesondere diejenigen vom 26. November 2020 (1) und vom 7. Oktober 2021 (2),

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,

unter Hinweis auf das IV. Genfer Abkommen von 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten sowie die dazugehörigen Zusatzprotokolle von 1977 und 2005,

unter Hinweis auf die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 und das dazugehörige Protokoll von 1967,

unter Hinweis auf den Bericht der äthiopischen Menschenrechtskommission und des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 3. November 2021 über die gemeinsame Untersuchung von mutmaßlichen Verletzungen der internationalen Menschenrechte, des humanitären Völkerrechts und des Flüchtlingsrechts vonseiten aller Konfliktparteien in der Region Tigray in der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien und den Bericht der äthiopischen Menschenrechtskommission vom 11. März 2022 über Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in den äthiopischen Regionen Afar und Amhara, die zwischen September und Dezember 2021 verübt wurden,

unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen vom 17. Dezember 2021 zur Einberufung einer internationalen Kommission von Menschenrechtsexperten, die eine gründliche und unparteiische Untersuchung der mutmaßlichen Verstöße und Missbräuche durchführen soll, die seit dem 3. November 2020 von allen Konfliktparteien in Äthiopien begangen wurden,

unter Hinweis auf den Bericht der internationalen Kommission von Menschenrechtsexperten für Äthiopien vom 19. September 2022,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (UNCRC),

unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,

gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass dieser seit 23 Monaten andauernde Konflikt eine von Menschen verursachte Krise ausgelöst und zu weit verbreitetem menschlichem Leid geführt hat, das zur Gänze hätte vermieden werden können; in der Erwägung, dass die humanitäre Lage in ganz Äthiopien aufgrund des Konflikts, der Dürre und der massiven Binnenvertreibungen nach wie vor dramatisch ist; in der Erwägung, dass Kampfflugzeuge der äthiopischen Bundesregierung am 24. August 2022 einen Kindergarten in Mek’ele (Tigray) bombardierten und dabei Kinder ums Leben kamen;

B.

in der Erwägung, dass die äthiopische Bundesregierung, nachdem sie im März 2022 einen humanitären Waffenstillstand ausgerufen hatte, die humanitäre Blockade von Tigray zwar teilweise aufgehoben hat, dass es aber immer noch an grundlegenden Gütern wie Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff mangelt;

C.

in der Erwägung, dass gefährdete Gruppen, insbesondere Frauen und Kinder, am meisten unter dem anhaltenden Konflikt in Tigray leiden und dringend Schutz benötigen; in der Erwägung, dass die Kinder in Tigray schwer unter den Auswirkungen von Hunger, Gewalt, fehlender medizinischer Versorgung und Bildung, dem Auseinanderbrechen von Familien, Zwangsumsiedlungen und anhaltenden Traumata leiden;

D.

in der Erwägung, dass die Afrikanische Union (AU) am 1. Oktober 2022 sowohl die Regierung Äthiopiens als auch die Behörden von Tigray zu Friedensgesprächen eingeladen hat, die am 8. Oktober 2022 in Südafrika stattfinden sollen; in der Erwägung, dass diese Friedensgespräche von Olusegun Obasanjo, Sonderbeauftragter der AU, geleitet werden sollen, der vom ehemaligen Präsidenten Kenias, Uhuru Kenyatta, und vom ehemaligen stellvertretenden Präsidenten Südafrikas, Phumzile Mlambo-Ngcuk, unterstützt wird; in der Erwägung, dass die äthiopische Regierung diese Einladung am 5. Oktober 2022 angenommen hat;

E.

in der Erwägung, dass Frauen und Kinder unentwegt Ziel von absichtlichen und unabsichtlichen Bombardierungen, Beschuss, Tötungen und anderen Gewaltakten im Krieg sowie von ethnisch motivierten Gewaltakten sind, die von allen Konfliktparteien verübt werden;

F.

in der Erwägung, dass bei allen Konfliktparteien die Vergewaltigung von Frauen und Mädchen und andere Formen sexueller Gewalt gegen sie nach wie vor weit verbreitet sind, und zwar zusätzlich zu Morddrohungen, ethnisch motivierten Beleidigungen und dem Festhalten von Menschen unter Bedingungen der sexuellen Sklaverei; in der Erwägung, dass innerhalb des Landes vertriebene Frauen und Kinder einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Entführungen und Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zu werden;

G.

in der Erwägung, dass während des gesamten Verlaufs dieses Konflikts die einzige Konstante in den zahlreichen mutmaßlichen schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte, des humanitären Rechts und des Flüchtlingsrechts vonseiten aller Konfliktparteien bestanden hat; in der Erwägung, dass fast eine halbe Million Äthiopier infolge von Gewalt und Hunger ums Leben gekommen sind und mehr als 1,6 Millionen Menschen durch den Konflikt vertrieben wurden; in der Erwägung, dass seit Beginn des Krieges Hunderttausende Zivilisten vertrieben, rechtswidrig getötet oder Opfer sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt wurden, willkürlichen Massenfestnahmen, Plünderungen oder Entführungen ausgesetzt waren, ihnen der Zugang zu humanitärer Hilfe und grundlegenden Dienstleistungen verweigert wurde oder sie die Erfahrung machen mussten, dass Hilfsleistungen geplündert und Hilfsleistungen an Soldaten umgelenkt wurden;

H.

in der Erwägung, dass jedes dritte Kind aus Tigray unter fünf Jahren und die Hälfte aller schwangeren und stillenden Frauen unterernährt ist; in der Erwägung, dass etwa 20 Millionen Menschen in Äthiopien — von denen fast drei Viertel Frauen und Kinder sind — humanitäre Hilfe benötigen; in der Erwägung, dass Äthiopien die schwerste Dürre seit 1981 durchlebt, wodurch schätzungsweise 7,4 Millionen Menschen von großer Ernährungsunsicherheit betroffen sind;

I.

in der Erwägung, dass der Anteil der Kinder in Tigray, die Routineimpfungen erhalten, aufgrund von Versorgungsengpässen infolge der von den äthiopischen Streitkräften verhängten Blockade stark zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass es immer mehr Fälle von tödlichen Krankheiten wie Masern, Tetanus und Keuchhusten gibt;

J.

in der Erwägung, dass aufgrund des Bürgerkriegs in Äthiopien insgesamt 1,39 Millionen Kinder in Tigray derzeit keinen Zugang zu Bildung haben; in der Erwägung, dass das Bildungswesen in Tigray durch die zahlreichen Todesfälle und das hohe Maß an Zerstörung im Schulsystem dauerhaft geschädigt worden ist; in der Erwägung, dass innerhalb des Bildungswesens 346 Männer und 1 798 Frauen — also insgesamt 2 164 Personen — getötet wurden, darunter auch Schüler und Studierende;

K.

in der Erwägung, dass der Zugang humanitärer Hilfsorganisationen zu den Konfliktgebieten seit Beginn des Konflikts systematisch behindert wird, obwohl die internationale Gemeinschaft und humanitäre Hilfsorganisationen wiederholt gefordert haben, dass der ungehinderte, dauerhafte und sichere Zugang für die betreffenden Akteure sichergestellt wird; in der Erwägung, dass von allen Konfliktparteien Gewalt gegen humanitäre Helfer verübt wird; in der Erwägung, dass seit Beginn des Konflikts mindestens 23 humanitäre Helfer getötet wurden;

L.

in der Erwägung, dass der Zugang zu Echtzeitinformationen durch von der Regierung auferlegte Beschränkungen erheblich behindert wird, unter anderem indem die Kommunikationswege unterbrochen werden und die Berichterstattung über die Ereignisse in Tigray sowie in den Regionen Afar und Amhara, wo sich der Konflikt ausgebreitet hat, verhindert wird; in der Erwägung, dass die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen durch diese Kommunikationsausfälle und die Einschränkung des physischen Zugangs unabhängiger Beobachter zu den von dem Konflikt betroffenen Gebieten erheblich behindert wird;

M.

in der Erwägung, dass die internationale Kommission von Menschenrechtsexperten für Äthiopien der Vereinten Nationen am 19. September 2022 einen Bericht veröffentlicht hat, in dem festgestellt wird, dass berechtigter Grund zu der Annahme besteht, dass die Konfliktparteien Kriegsverbrechen sowie Menschenrechtsverletzungen und -verstöße begangen haben;

N.

in der Erwägung, dass Eritrea in diesem Konflikt eine sehr destruktive Rolle gespielt und durch seine Einmischung in den Tigray-Konflikt zu dessen Eskalation beigetragen hat; in der Erwägung, dass seit Ende September 2022 Medienberichte über ein neuerliches Eindringen in den Norden der Region Tigray zirkulieren;

O.

in der Erwägung, dass sich die Volksbefreiungsfront von Tigray und die äthiopische Regierung im September 2022 zu einem von der Afrikanischen Union geleiteten Friedensprozess verpflichtet haben;

1.

bekräftigt seine dringende Forderung nach einer umgehenden Einstellung der Feindseligkeiten und einer umgehenden Waffenruhe ohne Vorbedingungen in Tigray und den Nachbarregionen;

2.

fordert, dass die humanitären Hilfsorganisationen umgehend einen uneingeschränkten, sicheren und dauerhaften Zugang zu allen Personen in der Region, die von dem Konflikt betroffen sind, erhalten;

3.

begrüßt nachdrücklich die Einladung der AU zu Friedensgesprächen in Südafrika am 8. Oktober 2022; fordert alle Seiten auf, diese Einladung anzunehmen und diese Verhandlungen in gutem Glauben und im Geiste des Dialogs, der Aussöhnung und des Friedens aufzunehmen;

4.

fordert eine sofortige Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung und die Einrichtung eines Mechanismus zur Überwachung der Waffenruhe; bekundet seine Unterstützung für alle diplomatischen Bemühungen um die Beendigung des anhaltenden Konflikts in Äthiopien, insbesondere im Wege der Vermittlung durch die AU;

5.

verurteilt aufs Schärfste das gezielte Vorgehen aller Kriegsparteien gegen Zivilisten und die gemeldete Rekrutierung von Kindern durch einige Kriegsparteien; erinnert daran, dass vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten, Gewalt gegen Kinder und die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind;

6.

verurteilt die Invasion Tigrays durch die eritreischen Streitkräfte; verurteilt die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, die während des Krieges in Äthiopien von den eritreischen Streitkräften verübt worden sind; fordert die Regierung Eritreas nachdrücklich auf, ihre Streitkräfte mit sofortiger Wirkung und dauerhaft aus Äthiopien abzuziehen und dafür zu sorgen, dass sie für ihre Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden;

7.

fordert alle äthiopischen Behörden, insbesondere die Bundesregierung und die Regionalregierungen von Tigray, Amhara und Afar, auf, die höchsten Menschenrechtsstandards einzuhalten, vorrangig gegen die ungeheuerlichen Kriegsverbrechen, die an den schwächsten Bevölkerungsgruppen, insbesondere Kindern und Frauen, verübt werden, vorzugehen und im Einklang mit dem UNCRC die jungen Menschen in Äthiopien zu schützen;

8.

ist bestürzt über die Berichte über Vergewaltigungen und Verbrechen der sexuellen Gewalt, die in einem erschütternden Ausmaß von allen Konfliktparteien gegen Kinder, Frauen und Männer verübt werden; ist zutiefst besorgt über Berichte über die ethnisch motivierte Tötung und Verstümmelung von Kindern aus Tigray, Amhara und Afar, die als Kriegsverbrechen und ethnische Säuberungen einzustufen sind, und fordert, dass diesen Berichten umgehend Aufmerksamkeit geschenkt wird;

9.

bekräftigt seine Forderung an die Kräfte auf allen Seiten, die internationalen Menschenrechte, das humanitäre Völkerrecht und das Flüchtlingsrecht zu achten; fordert die äthiopische Bundesregierung und die Regionalregierung von Tigray auf, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die während des anhaltenden Konflikts Kriegsverbrechen begehen oder begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden; beharrt darauf, dass es der Zusammenarbeit zwischen lokalen und internationalen Akteuren — insbesondere der äthiopischen Menschenrechtskommission und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) — bedarf, um Wiedergutmachung für die Überlebenden und die Opfer aller Formen von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu erreichen;

10.

fordert, dass alle Mädchen und Frauen in Äthiopien Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten erhalten; fordert die EU und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Unterstützung für Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte und insbesondere für Verhütungsmaßnahmen und den Zugang zu sicherer Abtreibung zu verstärken und dabei insbesondere für den Zugang in den äthiopischen Regionen zu sorgen, die von Krieg und humanitären Katastrophen betroffen sind; fordert die äthiopische Regierung auf, ihrer Zusage nachzukommen, die zahlreichen schweren Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt in dem Konflikt, die vonseiten aller Kriegsparteien begangen wurden, zu untersuchen;

11.

zeigt sich besorgt über die Berichte über die Zunahme von Kinderheirat und Kinderarbeit, Menschenhandel und der gewerbsmäßigen Ausübung sexueller Handlungen in den äthiopischen Regionen, die von Krieg und humanitären Katastrophen betroffen sind, als verzweifelter Versuch, zu überleben;

12.

fordert Maßnahmen gegen die Entführung von, den Handel mit und die sexuelle Ausbeutung von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in Tigray, Amhara, Afar und Eritrea und fordert, dass allen Opfern Unterstützung und Schutz gewährt wird, ohne dass sie aus Gründen der Rasse oder ethnischen Zugehörigkeit, der Staatsangehörigkeit, einer Behinderung, des Alters, des Geschlechts oder der sexuellen Ausrichtung diskriminiert werden;

13.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Unterstützung für Notfall-Rehabilitierungszentren für Frauen und Kinder, einschließlich für Kinder, die infolge einer Vergewaltigung geboren wurden, zu erhöhen, in denen Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt, Menschenhandel und sexueller Ausbeutung geschützt und rehabilitiert werden; betont, wie wichtig die Bereitstellung von Unterkünften, psychosozialen Dienstleistungen und Berufsausbildung für Opfer ist, und fordert zusätzliche Unterstützung für bestehende Unterkünfte;

14.

weist darauf hin, dass außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen, willkürliche Festnahmen, Folter und Misshandlung, Vertreibung, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt, Vergewaltigung und Gruppenvergewaltigung, Angriffe auf Hilfskräfte, Angriffe auf zivile Infrastrukturen wie Schulen und Krankenhäuser sowie die Zerstörung und Plünderung von öffentlichem und privatem Eigentum nach dem Völkerrecht Kriegsverbrechen darstellen;

15.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Initiativen zur innerstaatlichen Rechenschaftspflicht zu unterstützen, die ausschließlich auf eindeutigen, transparenten, wirksamen und messbaren Richtwerten beruhen, mit denen eine unabhängige und unparteiische Justiz für sowie Rechenschaftspflicht gegenüber den Opfern und Überlebenden sichergestellt wird;

16.

verurteilt aufs Schärfste den Einsatz von Hunger als Methode der Kriegsführung; weist darauf hin, dass die Behinderung der Bereitstellung von Nahrungsmitteln und von Gesundheitsversorgung und die Verweigerung dieser Dienstleistungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen; weist darauf hin, dass humanitäre Hilfe und Unterstützung auf den Grundsätzen der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit beruhen;

17.

bekräftigt seine Forderung, grundlegende öffentliche Dienstleistungen wie Strominfrastruktur, Bankdienstleistungen, Schulen und Krankenhäuser vollständig wiederherzustellen und die Beschränkungen der Telekommunikation in Tigray unverzüglich aufzuheben;

18.

fordert die nationalen und regionalen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass Binnenvertriebene und Flüchtlinge das Recht haben, auf freiwilliger Basis sicher in ihre Heimat oder an ihren Wohnort zurückzukehren, und einen fairen, zugänglichen und unabhängigen Mechanismus einzurichten, mit dem Verluste von oder Schäden an Wohnraum, Eigentum und Land entschädigt werden; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Organisation und Überwachung von Rückführungen zu unterstützen und zu fördern;

19.

verurteilt aufs Schärfste, dass der Ausnahmezustand dazu geführt hat, dass Journalisten aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit festgenommen, schikaniert, geschlagen und angegriffen wurden; fordert, dass alle Journalisten, die nach wie vor willkürlich inhaftiert sind, unverzüglich freigelassen werden und dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Redefreiheit geachtet werden; fordert die Kriegsparteien auf, den freien Zugang zur Presse sicherzustellen und den Journalisten zu ermöglichen, ihre Arbeit in Sicherheit zu verrichten;

20.

zeigt sich besorgt über die Sicherheit und das Wohlergehen der unabhängigen humanitären Helfer in der Region; verurteilt aufs Schärfste alle Angriffe auf humanitäre Helfer und kritische Infrastrukturen sowie die ständige Beschlagnahme humanitärer Hilfsgüter der Vereinten Nationen;

21.

bekräftigt seine Forderung an die Regierung Äthiopiens, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterzeichnen und zu ratifizieren; betont, dass ein unabhängiger und unparteiischer Mechanismus erforderlich ist, um gegen anhaltende Verstöße vorzugehen und für Rechenschaftspflicht zu sorgen;

22.

fordert alle Konfliktparteien auf, die Feindseligkeiten umgehend einzustellen und eine formelle Waffenruhe ohne Vorbedingungen zu schließen; bekräftigt seine Forderung nach einem nationalen Dialog, der möglichst inklusiv, umfassend und transparent sein und auch Vertreter der Zivilgesellschaft und der Oppositionsparteien einbeziehen muss, um das Ziel zu erreichen, ein wirklicher Katalysator für die Versöhnung zu sein; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich uneingeschränkt am Friedensprozess zu beteiligen, damit glaubwürdige Fortschritte erzielt werden;

23.

nimmt einige positive Entwicklungen im Land zur Kenntnis, wie etwa die humanitäre Waffenruhe vom 24. März 2022 und die Freilassung einiger politischer Gefangener, den verbesserten Zugang für humanitäre Hilfe während der Waffenruhe und insbesondere die öffentlichen Erklärungen der äthiopischen Regierung und der Führung von Tigray, sich zu Friedensverhandlungen unter Leitung der AU zu verpflichten;

24.

begrüßt die Verlängerung des Mandats von Olusegun Obasanjo als Hoher Vertreter der AU am Horn von Afrika; erwartet weitere Maßnahmen im Anschluss an Erklärungen über die erwartete Ernennung eines aus drei Personen bestehenden Gremiums hochrangiger AU-Vermittler, um einem Abkommen über eine dauerhafte Waffenruhe, den ungehinderten Zugang der humanitären Helfer zu allen Gebieten und den sofortigen Rückzug der eritreischen Streitkräfte Vorrang einzuräumen und die Rechenschaftspflicht und die interne Aussöhnung zu erleichtern; fordert, dass diese Vermittler unverzüglich benannt werden;

25.

bekräftigt seine Forderung an die EU und ihre Mitgliedstaaten, im Rahmen der globalen Sanktionsregelung im Bereich der Menschenrechte Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte zu ergreifen und Sanktionen gegen Personen zu verhängen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben;

26.

betont, dass sich die Lage der Flüchtlinge in der Region weiter verschlechtert; fordert in diesem Sinne die EU und alle ihre Mitgliedstaaten auf, die Neuansiedlung von Flüchtlingen aus der Region zu beschleunigen, gefährdeten Personen humanitäre Visa zu erteilen und die Familienzusammenführung zu erleichtern; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, einen wirksamen Zugang zu internationalem Schutz in der EU sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass die Grundrechte von Personen, die internationalen Schutz suchen, im Einklang mit dem EU-Recht und dem Völkerrecht geachtet werden;

27.

begrüßt, dass die Kommission die Auszahlung von Budgethilfen an die äthiopische Regierung seit Dezember 2020 aufgeschoben hat; fordert die Kommission auf, ihre lebensrettende Unterstützung in der Region für die Zivilgesellschaft und unabhängige humanitäre Hilfsorganisationen fortzusetzen und verstärkt Anstrengungen zu unternehmen, um für die Sicherheit von Kindern zu sorgen; fordert die Kommission auf, ihre Begrenzung der Budgethilfe für Durchführungsmaßnahmen zu überdenken, um die weitere Umsetzung von Entwicklungsprojekten außerhalb des Konfliktgebiets zu ermöglichen;

28.

bedauert zutiefst, dass es der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen versäumt hat, die Lage in Äthiopien und in der Region wirksam anzugehen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufzufordern, regelmäßige öffentliche Treffen zu Äthiopien und der Region abzuhalten und sinnvolle und entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, um den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe sicherzustellen, für den Schutz der Zivilbevölkerung zu sorgen, schwere Verstöße gegen das Völkerrecht zu beenden und zu verurteilen und dafür zu sorgen, dass die für die Gräueltaten Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;

29.

weist darauf hin, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in seiner am 17. Dezember 2021 angenommenen Resolution Nr. S-33/1 zur Menschenrechtslage in Äthiopien beschlossen hat, eine internationale Kommission von Menschenrechtsexperten für Äthiopien (ICHREE) einzusetzen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Zuweisung angemessener Mittel an die ICHREE durch die Vereinten Nationen zu unterstützen, und fordert die äthiopische Bundesregierung auf, der ICHREE den ungehinderten Zugang zu erleichtern; fordert den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen auf, das Mandat der ICHREE zu verlängern und ihr ausreichend Zeit sowie die erforderliche technische Unterstützung und die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie ihr Mandat ohne zeitliche oder geografische Beschränkungen erfüllen kann;

30.

nimmt die Ergebnisse des Berichts der internationalen Kommission von Menschenrechtsexperten für Äthiopien des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen (A/HRC/51/46) vom 19. September 2022 zur Kenntnis, in dem Fälle von Kriegsverbrechen dokumentiert werden; fordert die Kommission auf, die Schlussfolgerungen und Empfehlungen zu bewerten und zu nutzen, und fordert die äthiopischen Staatsorgane auf, diese Ergebnisse anzuerkennen, um den Schutz der Menschenrechte wiederherzustellen und auf Wiedergutmachung für die Opfer von Kriegsverbrechen hinzuarbeiten; fordert ferner alle Konfliktparteien auf, die Empfehlungen der gemeinsamen Untersuchung des Menschenrechtsbeauftragten der Vereinten Nationen und der äthiopischen Menschenrechtskommission anzunehmen;

31.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Bundesregierung und dem Bundeshaus Äthiopiens, den Behörden von Tigray, der Regierung des Staates Eritrea, den Regierungen der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung, der Afrikanischen Union und ihren Mitgliedstaaten, dem Panafrikanischen Parlament und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln.

(1)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 132.

(2)  ABl. C 132 vom 24.3.2022, S. 205.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/89


P9_TA(2022)0352

Der Tod von Mahsa Amini und die Unterdrückung der Demonstranten für Frauenrechte im Iran

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zum Tod von Mahsa Dschina Amini und zur Unterdrückung der Demonstranten für Frauenrechte im Iran (2022/2849(RSP))

(2023/C 132/11)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zum Iran,

unter Hinweis auf die im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung des Hohen Vertreters vom 25. September 2022 und die Erklärung des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Diensts vom 19. September 2022 zum Tod von Mahsa Amini,

unter Hinweis auf die Erklärung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran vom 22. September 2022, in der er Rechenschaft für den Tod von Mahsa Amini und ein Ende der Gewalt gegen Frauen forderte,

unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran vom 18. Juni 2022, 13. Januar 2022 und 11. Januar 2021,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 16. Juni 2022 über die Lage der Menschenrechte in der Islamischen Republik Iran,

unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, António Guterres, vom 27. September 2022,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 (IPBPR) und seine Ratifizierung durch den Iran im Juni 1975,

unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern,

unter Hinweis auf die Leitlinien der EU vom 8. Dezember 2008 betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die 22-jährige kurdische Iranerin Mahsa Dschina Amini am 13. September 2022 in Teheran von der iranischen „Sittenpolizei“ festgenommen wurde, weil sie angeblich gegen die gesetzliche Verschleierungspflicht verstoßen hatte; in der Erwägung, dass Mahsa Jina Amini Augenzeugen zufolge von der „Sittenpolizei“ in einen Kleintransporter gestoßen und während ihrer Verbringung ins Vozara-Gefängnis in Teheran geschlagen wurde, wo sie kurz darauf ins Koma fiel, und am 16. September 2022 in einem nahegelegenen Krankenhaus in Polizeigewahrsam verstarb; in der Erwägung, dass die iranischen Staatsorgane geltend machen, dass sie eines natürlichen Todes gestorben sei; in der Erwägung, dass keine ordnungsgemäße Untersuchung durchgeführt wurde, und in der Erwägung, dass sich die Behörden geweigert haben, der Familie des Opfers ihre Patientenakte und den Autopsiebericht auszuhändigen;

B.

in der Erwägung, dass infolge der Tötung Mahsa Dschina Aminis landesweite Proteste in über 120 Städten in fast allen 31 Provinzen des Iran ausbrachen, an denen sich Hunderttausende iranische Bürgerinnen und Bürger aus allen Teilen der Gesellschaft beteiligen; in der Erwägung, dass die Proteste von Frauen initiiert wurden, die Rechenschaft für den Tod von Mahsa Dschina Amini verlangen und ein Ende der Gewalt gegen Frauen im Iran und ihrer Diskriminierung in Form insbesondere der Verschleierungspflicht fordern; in der Erwägung, dass die Proteste der Frauen auch Männer dazu veranlasst haben, sich mit ihnen zu solidarisieren, was eine Reform- und Protestbewegung ausgelöst hat, die das ganze Land ergreift; in der Erwägung, dass Studierende an zahlreichen Universitäten im gesamten Land protestieren, insbesondere an der Scharif-Universität für Technologie in Teheran, indem sie ihren Unterricht boykottieren und gegen die Unterdrückung demonstrieren;

C.

in der Erwägung, dass die iranischen Sicherheits- und Polizeikräfte gewaltsam, wahllos und hemmungslos gegen die Proteste vorgehen, wobei viele Menschen ums Leben kommen oder verletzt werden; in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen bestätigt haben, dass die iranischen Streitkräfte scharfe Munition, Schrot, Tränengas und Metallprojektile gegen die Demonstranten eingesetzt haben; in der Erwägung, dass die iranischen Sicherheitskräfte seit dem 2. Oktober 2022 Berichten zufolge Hunderte friedliche Demonstranten getötet haben, die gegen die Tötung von Mahsa Dschina Amini protestierten, und Hunderte weitere verletzt und festgenommen wurden, darunter Menschenrechtsverteidiger, Studierende, Rechtsanwälte, Aktivisten der Zivilgesellschaft und mehr als 20 Journalisten, insbesondere Nilufar Hamedi, die Journalistin, die als Erste über die Festnahme Mahsa Dschina Aminis und ihre Einlieferung ins Krankenhaus berichtete;

D.

in der Erwägung, dass Amnesty International dokumentiert hat, wie die staatlichen Stellen die aktuellen Proteste durch den Einsatz der Revolutionsgarden, der paramilitärischen Bassidsch-Milizen, der Ordnungskräfte der Islamischen Republik Iran, der Bereitschaftspolizei und von Sicherheitsbeamten in Zivil niederschlagen wollen; in der Erwägung, dass Hinweise darauf vorliegen, dass das Hauptquartier der Streitkräfte alle Befehlshaber in sämtlichen Provinzen angewiesen hat, friedlichen Demonstranten mit dem umfassenden Einsatz von tödlicher Gewalt und Schusswaffen durch Sicherheitskräfte zu begegnen;

E.

in der Erwägung, dass Berichten zufolge in den letzten Tagen zahlreiche Ausländer, darunter auch Unionsbürger, wegen ihrer angeblichen Beteiligung an den Protesten festgenommen wurden;

F.

in der Erwägung, dass die iranischen Staatsorgane vorsätzlich Internetanbindungen und den Mobilfunk unterbrechen und Social-Media-Plattformen massiv einschränken, damit die iranischen Bürgerinnen und Bürger nicht in der Lage sind, sicher und im Einklang mit dem Datenschutz auf Kommunikationstechnologien zurückzugreifen und friedliche Versammlungen zu organisieren; in der Erwägung, dass Meldungen zufolge SMS-Nachrichten blockiert wurden, in denen der Wortlaut „Mahsa Amini“ auf Farsi vorkam; in der Erwägung, dass das Regime durch die Störung und Abschaltung des Internets in weiten Teilen des Iran versucht, die Übertragung und Verbreitung von Nachrichten und Bildern von den Protesten zu verhindern sowie internationale und lokale Organisationen daran zu hindern, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren;

G.

in der Erwägung, dass die iranische Regierung 1983 eine Verschleierungspflicht eingeführt hat; in der Erwägung, dass der obligatorische Hidschab zu einem Instrument der Unterdrückung von Frauen im Iran geworden ist, durch das sie ihrer Freiheit und ihrer Rechte beraubt werden; in der Erwägung, dass Frauen, die sich ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit zeigen, häufig belästigt, festgenommen, gefoltert, ausgepeitscht oder gar getötet werden, da sie diese repressiven Vorschriften missachten;

H.

in der Erwägung, dass die Schikanierung von und die Gewalt gegen Frauen und Mädchen vonseiten der „Sittenpolizei“ seit dem Amtsantritt von Präsident Ebrahim Raisi im Jahr 2021 zugenommen haben; in der Erwägung, dass die Regierung des Iran auf Rechtsvorschriften und Gesetzesentwürfe gedrängt hat, die zur Unterdrückung von Frauen aufrufen; in der Erwägung, dass die Tötung Mahsa Dschina Aminis Teil einer generellen Vorgehensweise ist, die ohnehin bereits stark eingeschränkten Rechte der Frauen im Iran weiter zu beschneiden und einzuschränken, unter anderem durch ein neues, im Jahr 2021 verabschiedetes Gesetz, das den Zugang von Frauen zu Rechten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit stark einschränkt, was einen unmittelbaren Verstoß gegen die im Völkerrecht verankerten Menschenrechte von Frauen darstellt; in der Erwägung, dass die Einführung des „Hidschab- und Keuschheitsprojekts“ bedeuten würde, dass Überwachungskameras für die Überwachung und Bestrafung nicht verschleierter Frauen eingesetzt werden;

I.

in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage im Iran zunehmend verschlechtert; in der Erwägung, dass die Tötung von Mahsa Dschina Amini ein Symbol für die derzeitige Menschenrechtskrise im Iran darstellt, die durch die systematische Straffreiheit der iranischen Regierung und ihres Sicherheitsapparats, der verbreitet Folter, außergerichtliche Hinrichtungen und andere unrechtmäßige Tötungen zulässt, verstetigt wird; in der Erwägung, dass seit dem 18. September 2022 mehr als 40 Menschenrechtsverteidiger verhaftet wurden und dass im Zuge dieser Verhaftungen, Übergriffe und Razzien durch die iranischen Streitkräfte insbesondere Menschenrechtsverteidigerinnen gewaltsam ins Visier genommen wurden; in der Erwägung, dass die iranischen LGBTQI-Menschenrechtsverteidigerinnen Zahra Sedighi Hamedani — 31 Jahre alt — und Elham Chubdar — 24 Jahre alt — vom Revolutionsgericht Urmia wegen „Korruption auf Erden durch Förderung von Homosexualität“ zum Tode verurteilt wurden;

J.

in der Erwägung, dass die EU im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen restriktive Maßnahmen erlassen hat, zu denen das Einfrieren von Vermögenswerten und Visumsperren gegen Personen und Organisationen, die für schwere Menschrechtsverletzungen verantwortlich sind, sowie das Verbot gehören, Geräte und Vorrichtungen, die für die interne Repression oder für die Überwachung der Telekommunikation genutzt werden können, in den Iran auszuführen; in der Erwägung, dass diese Maßnahmen erstmals am 12. April 2011 in Kraft traten, in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden und nach wie vor gültig sind;

K.

in der Erwägung, dass der Vizepräsident der Kommission und Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) Josep Borrell in seiner Erklärung vom 25. September 2022 die Tötung von Mahsa Dschina Amini und den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt durch die iranischen Sicherheitskräfte verurteilt und angekündigt hat, dass die Europäische Union vor der nächsten Tagung des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) alle zur Verfügung stehenden Optionen prüfen werde, um auf die Tötung von Mahsa Dschina Amini und die Art und Weise, wie die iranischen Sicherheitskräfte mit den anschließenden Demonstrationen umgegangen sind, zu reagieren;

1.

verurteilt aufs Schärfste den Tod von Mahsa Dschina Amini, nachdem sie von der iranischen „Sittenpolizei“ gewaltsam festgenommen, missbraucht und misshandelt wurde; spricht ihrer Familie und ihren Freunden sowie den Familien all derjenigen, die bei den jüngsten Protesten im Iran getötet wurden, sein Beileid aus;

2.

fordert die iranische Regierung auf, eine unparteiische und wirksame Untersuchung des tragischen Tods von Mahsa Dschina Amini und der Vorwürfe von Folter und Misshandlung zuzulassen, die von einer unabhängigen zuständigen Stelle durchgeführt wird;

3.

bringt seine Solidarität mit den jungen Iranerinnen zum Ausdruck, die trotz der Schwierigkeiten und persönlichen Konsequenzen, die sie erleiden, die Proteste anführen und daran teilnehmen; unterstützt die friedliche Protestbewegung im gesamten Land, die gegen die Tötung von Mahsa Dschina Amini, die systemische und zunehmende Unterdrückung von Frauen und die schweren und massenhaften Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten demonstriert;

4.

unterstützt nachdrücklich die Bestrebungen des iranischen Volkes, in einem freien, stabilen, von Inklusion geprägten und demokratischen Land zu leben, das seine nationalen und internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Menschenrechte und die Grundfreiheiten einhält; ist zutiefst besorgt über die Berichte über die Belagerung, die Verhaftung und den Beschuss einer großen Anzahl Studierender am 2. Oktober 2022, die in der Scharif-Universität für Technologie in Teheran eingeschlossen waren, durch das Korps der Islamischen Revolutionsgarde, die Bassidsch-Milizen und die Polizei;

5.

weist darauf hin, dass die Bewegung der iranischen Frauen über den Einsatz für die Frauenrechte hinausgeht und sich für einen säkularen Staat im Iran anstelle einer gewaltsamen und reaktionären Theokratie einsetzt;

6.

verurteilt aufs Schärfste den weitverbreiteten, vorsätzlichen und unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstranten durch die iranischen Sicherheitskräfte und fordert die iranischen Staatsorgane auf, ihre anhaltende, systematische und inakzeptable Gewalt gegen ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger einzustellen; fordert die iranischen Staatsorgane auf, eine auf Fakten beruhende, zügige, unparteiische und wirksame Untersuchung aller Tötungen von Demonstranten zuzulassen, wozu auch gehört, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;

7.

fordert die iranischen Staatsorgane auf, alle Personen, die ausschließlich aus dem Grund festgenommen wurden, dass sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit und ihr Recht, sich friedlich zu versammeln, im Zusammenhang mit den Protesten friedlich wahrgenommen haben, umgehend und bedingungslos freizulassen und alle Anklagepunkte gegen sie fallen zu lassen; betont, dass Grundrechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit stets gewahrt werden müssen, und fordert die iranischen Staatsorgane auf, ihren internationalen Verpflichtungen, etwa aus dem IPBPR, nachzukommen; fordert die iranischen Staatsorgane eindringlich auf, alle festgenommenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger der EU unverzüglich freizulassen und alle Anklagepunkte gegen sie fallen zu lassen; ist zutiefst besorgt über die Festnahme von mehr als 20 Journalistinnen und Journalisten und insbesondere von Nilufar Hamedi, der Journalistin, die als Erste über die Festnahme von Mahsa Dschina Amini und ihre Einweisung ins Krankenhaus berichtet hatte, und fordert die iranischen Staatsorgane auf, sie unverzüglich freizulassen; fordert den Iran auf, die Meinungs- und Weltanschauungsfreiheit aller im Iran lebenden Menschen und in erster Linie von Frauen und Mädchen, die in besonderem Maße unterdrückt werden, zu achten;

8.

verurteilt die systemische Diskriminierung von Frauen und anderen schutzbedürftigen Gruppen in der Islamischen Republik Iran mittels Gesetzen und Verordnungen, mit denen ihre Freiheiten und Rechte stark beschnitten werden, einschließlich der entwürdigenden Verschleierungspflicht und ihrer missbräuchlichen Durchsetzung, der schwerwiegenden Einschränkungen der mit der sexuellen und reproduktiven Gesundheit verbundenen Rechte von Frauen und der Verletzungen der politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und persönlichen Rechte von Frauen; fordert die iranischen Staatsorgane auf, Rechtsvorschriften, mit denen Frauen und Mädchen eine Verschleierungspflicht auferlegt wird, rasch aufzuheben, die „Sittenpolizei“ aufzulösen und der systemischen Diskriminierung von Frauen in allen Lebensbereichen ein Ende zu setzen;

9.

verurteilt die Vorgehensweise des Iran, das Internet und Mobilfunknetze während der Proteste in dem Land zu sperren, aufs Schärfste, da sie Kommunikation und den freien Informationsfluss für iranische Bürger verhindert; betont, dass derartige Maßnahmen einen eindeutigen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen; begrüßt die Entscheidung der USA, die es Unternehmen der Privatwirtschaft gestattet haben, ihre digitalen Dienste inmitten der derzeitigen Proteste den iranischen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen;

10.

weist die von iranischen Amtsträgern und in den staatlich kontrollierten iranischen Medien geäußerten Anschuldigungen kategorisch zurück, wonach die diplomatischen Vertretungen Deutschlands und anderer europäischer Länder als mutmaßliche Anstifter der Proteste ausgemacht wurden;

11.

verurteilt die stetige Verschlechterung der Menschenrechtslage im Iran erneut aufs Schärfste, auch und gerade für Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten wie etwa Kurden, Belutschen, Araber und religiöse Minderheiten, bei denen es sich nicht um Schiiten oder Muslime handelt, sowie Anhänger der Bahai-Religion und Christen; fordert die iranischen Staatsorgane nachdrücklich auf, die Grundrechte und -freiheiten ethnischer und religiöser Minderheiten zu achten; fordert die iranischen Staatsorgane auf, sämtliche Ausprägungen von Diskriminierung zu beseitigen;

12.

fordert die iranische Regierung eindringlich auf, alle Menschenrechtsverteidiger, die aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf Weltanschauungsfreiheit festgenommen wurden, umgehend und bedingungslos freizulassen; fordert den Obersten Gerichtshof des Iran auf, die Urteile gegen die LGBTI-Menschenrechtsverteidigerinnen Zahra Sedighi-Hamadani und Elham Chubdar auf der Grundlage von Verstößen gegen das Recht auf ein faires Verfahren aufzuheben; ersucht die iranische Regierung, die gezielte Verfolgung sämtlicher Menschenrechtsverteidiger im Iran einzustellen und stets dafür zu sorgen, dass sie ihre legitimen Menschenrechtsaktivitäten ohne Angst vor Repressalien und ohne jegliche Einschränkungen wie etwa Schikanierung durch die Justiz ausüben können;

13.

missbilligt den systematischen Einsatz von Folter in iranischen Gefängnissen und fordert, dass Folter und Misshandlung von Gefangenen in all ihren Ausprägungen beendet werden; verurteilt die Verfahrensweise, Gefangene keine Telefonate führen zu lassen und ihnen Besuche durch Familienangehörige zu verweigern; bringt seine tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass Inhaftierte in Vernehmungen keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand haben; fordert die iranische Regierung auf, Gefangene mit dem Respekt zu behandeln, der ihnen aufgrund ihrer innewohnenden Würde und ihres innewohnenden Werts als Menschen zusteht;

14.

bedauert zutiefst die mangelnden Fortschritte in den Fällen, in denen Staatsangehörige der EU, die zusätzlich die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, im Iran in Haft sind, darunter Ahmadreza Djalali, der aufgrund von falschen Spionagevorwürfen zum Tode verurteilt wurde;

15.

verurteilt aufs Schärfste, dass die iranischen Staatsorgane in den letzten Jahren immer öfter auf die Todesstrafe zurückgreifen, und missbilligt die besorgniserregende Steigerung bei der Zahl vollstreckter Todesstrafen gegen Demonstranten, Dissidenten und Angehörige von Minderheiten; fordert die Regierung des Iran erneut auf, als Schritt auf dem Weg zur Abschaffung der Todesstrafe umgehend ein Moratorium für ihre Vollstreckung einzuführen und alle Todesurteile umzuwandeln;

16.

ersucht die iranischen Staatsorgane, Besuche von Vertretern der Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen zuzulassen, und insbesondere sicherzustellen, dass dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran die Einreise gestattet wird;

17.

fordert die Vereinten Nationen und insbesondere ihren Menschenrechtsrat auf, unverzüglich eine umfassende Untersuchung der Ereignisse der letzten Wochen unter Leitung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran einzuleiten; ersucht den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, einen internationalen Untersuchungs- und Rechenschaftsmechanismus für von der iranischen Regierung begangene Menschenrechtsverletzungen einzurichten;

18.

ersucht die EU und ihre Mitgliedstaaten, alle Foren der Zusammenarbeit mit den iranischen Staatsorganen zu nutzen, um ein sofortiges Ende der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste, die bedingungslose Freilassung aller Personen, die aufgrund der Wahrnehmung ihres Rechts auf die Ausübung der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit und ihres Rechts, sich friedlich zu versammeln, festgenommen wurden, und eine unabhängige Untersuchung des Todes von Mahsa Dschina Amini und Dutzender Demonstranten zu fordern, um die Staatsorgane dazu zu drängen, den Zugang zum Internet und zu Kommunikationskanälen wiederherzustellen, und um sie zu ersuchen, die Verschleierungspflicht für Frauen abzuschaffen; fordert die Mitgliedstaaten auf, vorliegende Beweismittel, die zu den Ermittlungen beitragen können, im Einklang mit den neuen Vorschriften von Eurojust zu speichern, zu sichern und weiterzugeben und dabei auch mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten und ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen;

19.

fordert den Rat (Auswärtige Angelegenheiten) auf, iranische Amtsträger — unter anderem die der iranischen „Sittenpolizei“ –, die am Tod von Mahsa Dschina Amini und an der Gewalt gegen Demonstranten mitgewirkt haben oder dafür verantwortlich sind, auf die EU-Liste der Personen zu setzen, gegen die restriktive Maßnahmen im Zusammenhang mit schweren Menschenrechtsverletzungen im Iran verhängt wurden; bekräftigt, dass die Sanktionen gegen die Führung des Korps der Iranischen Revolutionsgarde nicht aufgehoben werden dürfen; begrüßt, dass der Rat die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte verabschiedet hat, die ein wichtiges Instrument für die EU ist, wenn es gilt, Sanktionen gegen Personen zu verhängen, die gegen die Menschenrechte verstoßen;

20.

fordert die EU einschließlich des HR/VP auf, auch künftig in bilateralen und multilateralen Foren Menschenrechtsanliegen gegenüber den iranischen Staatsorganen zur Sprache zu bringen und insbesondere im Rahmen des politischen Dialogs auf hoher Ebene zwischen der EU und dem Iran alle vorgesehenen Kontakte mit den iranischen Staatsorganen hierfür zu nutzen; bekräftigt, dass die Achtung der Menschenrechte ein wesentlicher Bestandteil des Ausbaus der Beziehungen zwischen der EU und dem Iran ist;

21.

spricht sich dafür aus, dass sich die in Teheran akkreditierten Botschaften der EU-Mitgliedstaaten eng untereinander abstimmen; fordert alle Mitgliedstaaten mit einer diplomatischen Vertretung in Teheran nachdrücklich auf, die in den Leitlinien der EU zu Menschenrechtsverteidigern vorgesehenen Mechanismen für die Unterstützung und den Schutz dieser Personen heranzuziehen und hierbei besonderes Augenmerk auf Frauenrechtsaktivisten und EU-Bürger, die zusätzlich die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, zu richten, indem sie ihnen etwa Not-Finanzhilfen im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt und des Europäischen Fonds für Demokratie sowie Notfallvisa gewähren, öffentliche Erklärungen abgeben, Gerichtsverfahren beobachten und Gefangene in den Haftanstalten besuchen;

22.

fordert die Kommission auf, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen — unter strikter Einhaltung der Grundsätze der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit –, Kommunikationsanbietern mit Sitz in der EU zu gestatten, dass sie den Menschen im Iran Tools unter anderem für Videokonferenzen, E-Learning-Plattformen, Web-Karten und Cloud-Dienste anbieten, damit sichergestellt ist, dass die Menschen Zugang zu den Online-Tools und -Plattformen haben, die sie benötigen, um ihre Menschenrechte wahrzunehmen;

23.

ist besorgt darüber, dass reaktionäre islamistische Vereinigungen fortwährend Lobbyarbeit bei den europäischen Organen betreiben, die auf ausländische Einmischung in unsere Demokratien hinauslaufen könnte;

24.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Islamischen Beratenden Versammlung, der Regierung der Islamischen Republik Iran, dem Büro des Obersten Religionsführers der Islamischen Republik Iran und der Familie von Mahsa Dschina Amini zu übermitteln.

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/94


P9_TA(2022)0353

Russlands Eskalation seines Angriffskriegs gegen die Ukraine

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu Russlands Eskalation seines Angriffskriegs gegen die Ukraine (2022/2851(RSP))

(2023/C 132/12)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine und zu Russland,

unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf die Schlussakte von Helsinki aus dem Jahre 1975,

unter Hinweis auf die Erklärungen der Mitglieder des Europäischen Rates und der Außenminister der G7-Staaten vom 30. September 2022 zur Ukraine,

unter Hinweis auf die im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung des Hohen Vertreters vom 28. September 2022 zu den illegalen Scheinreferenden Russlands in den Regionen Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja,

unter Hinweis auf die Presseerklärung von Ursula von der Leyen, Präsidentin der Kommission, vom 28. September 2022 zu einem neuen Paket restriktiver Maßnahmen gegen Russland und die Botschaft des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, vom 30. September 2022 zur rechtswidrigen Annexion ukrainischer Regionen durch Russland,

unter Hinweis auf die im Namen der Europäischen Union abgegebenen Erklärungen des Hohen Vertreters vom 22. September 2022 zu den Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 sowie vom 28. September 2022 zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine,

gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass gemäß der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts alle Staaten souveräne Gleichheit genießen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt unterlassen müssen; in der Erwägung, dass, jede Annexion des Hoheitsgebiets eines Staates durch einen anderen Staat infolge der Androhung oder Anwendung von Gewalt einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und Grundsätze des Völkerrechts darstellt; in der Erwägung, dass dieser Grundsatz kürzlich von António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, bekräftigt wurde;

B.

in der Erwägung, dass die Russische Föderation als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eine besondere politische Verantwortung für die Wahrung von Frieden und Sicherheit in der Welt trägt, jedoch durch ihre aggressiven Handlungen gegen die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine fortgesetzt gegen die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen verstößt und die internationale Gemeinschaft offen herausgefordert hat, indem sie ihre rechtswidrigen Handlungen, die einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen darstellen, während der Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen ankündigte;

C.

in der Erwägung, dass die Russische Föderation in den vergangenen Monaten ihren rechtswidrigen, unprovozierten und ungerechtfertigten Angriffskrieg gegen die Ukraine fortgesetzt hat; in der Erwägung, dass eine erfolgreiche ukrainische Gegenoffensive, die Anfang September 2022 eingeleitet wurde, dazu geführt hat, dass Russland einen erheblichen Teil des ukrainischen Hoheitsgebiets, das es im Gebiet Charkiw und anderen Gebieten in der Ostukraine und der Südukraine besetzt hatte, wieder verloren hat; in der Erwägung, dass nach der Befreiung dieser Gebietsteile unter anderem in Isjum Massengräber mit mehr als 440 Leichen und mithin neue Beweise für schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen entdeckt wurden, die von den russischen Streitkräften und ihren Hilfstruppen begangen wurden;

D.

in der Erwägung, dass bereits Tausende Zivilisten ermordet und viele weitere gefoltert, schikaniert, sexuell angegriffen, entführt oder vertrieben wurden; in der Erwägung, dass die russischen Streitkräfte und ihre Hilfstruppen das humanitäre Völkerrecht mit ihrem unmenschlichen Vorgehen völlig missachten;

E.

in der Erwägung, dass die russischen Streitkräfte seit Beginn der Invasion Zehntausende von Gefallenen und Vermissten zu beklagen haben und auch sehr viel entsprechendes militärisches Gerät zerstört wurde;

F.

in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft die Ukraine weiterhin mit moderner Ausrüstung, Munition, Ausbildung und dem Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse unterstützt, wobei der Kongress der USA kürzlich ein Gesetz verabschiedet hat, mit dem Hilfsleitungen im Wert von mehr als 12,3 Mrd. USD bereitgestellt werden;

G.

in der Erwägung, dass die ukrainische Armee nach Angaben ukrainischer Amtsträger moderne Hauptkampfpanzer, mehr Boden-Luft- und Boden-Boden-Waffensysteme, gepanzerte Mannschaftstransportwagen sowie zusätzliche Ausbildungszentren und weitere Sachleistungen in Form von Munition benötigt;

H.

in der Erwägung, dass vom 9. bis zum 11. September 2022 in Russland sowie in den rechtswidrig annektierten ukrainischen Verwaltungseinheiten Autonome Republik Krim und Stadt Sewastopol, deren Annexion die Union nicht anerkennt, Regional- und Kommunalwahlen abgehalten wurden;

I.

in der Erwägung, dass zwischen dem 23. und dem 27. September 2022 in den teilweise von Russland besetzten ukrainischen Gebieten Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja eilig organisierte Scheinreferenden stattfanden, an denen auch nach Russland deportierte ukrainische Staatsangehörige aus diesen Gebieten teilnehmen mussten, wobei die russischen Staatsorgane vorher festgelegte und unrealistisch hohe Zahlen in Bezug auf die Wahlbeteiligung und die Zustimmung zur Annexion durch Russland meldeten; in der Erwägung, dass die Abstimmung mit systematischen Menschenrechtsverletzungen und Einschüchterungen einherging, wozu insbesondere die Anwesenheit bewaffneter russischer Soldaten zählte; in der Erwägung, dass die Scheinreferenden an das Referendum erinnerten, das Russland auf der Krim durchgeführt hatte, nachdem es die Halbinsel Anfang 2014 besetzt hatte; in der Erwägung, dass Russland am 30. September 2022 die rechtswidrige Annexion dieser Gebiete förmlich angekündigt hat, die daraufhin durch die Staatsduma und den Föderationsrat einstimmig gebilligt wurden;

J.

in der Erwägung, dass Wladimir Putin am 21. September 2022 die erste Mobilmachung in Russland seit dem Zweiten Weltkrieg verkündet hat; in der Erwägung, dass Medienberichten zufolge die Mobilmachung zwischen 300 000 und 1,2 Millionen Reservisten der russischen Streitkräfte betrifft, die zu den Waffen gerufen wurden; in der Erwägung, dass entgegen der offiziellen Ankündigung, die Behörden würden Staatsangehörige einziehen, die kürzlich in der Armee gedient und Kampferfahrung haben, berichtet wird, dass auch Menschen ohne militärische Erfahrung eingezogen werden, insbesondere Menschen aus ärmeren und entlegenen Gebieten sowie Angehörige ethnischer Minderheiten, und dass die Einberufung als repressive Maßnahme eingesetzt wird, etwa auf der besetzten Krim, wo mehr als 1 500 Krimtataren einberufen wurden; in der Erwägung, dass es auch Berichte über Zwangsmobilmachungen aus den kürzlich rechtswidrig annektierten Gebieten der Ukraine gibt; in der Erwägung, dass es Berichte darüber gibt, dass neue Rekruten fast sofort an die Front geschickt werden;

K.

in der Erwägung, dass die Bekanntgabe der Mobilmachung Russlands zu Protesten geführt hat, wobei die russischen Staatsorgane bislang mehr als 2 400 Demonstranten festgenommen haben; in der Erwägung, dass seit der Ankündigung der Mobilmachung mehrere Hunderttausend Russen aus Russland geflohen sind, um nicht eingezogen zu werden; in der Erwägung, dass die russischen Staatsorgane an mehreren Grenzübergängen Rekrutierungszentren eingerichtet haben, um Mitteilungen über die Einberufung zum Wehrdienst vor Ort zu übergeben und Staatsangehörige davon abzuhalten, das Land zu verlassen;

L.

in der Erwägung, dass die russischen Streitkräfte das Kernkraftwerk Saporischschja weiterhin besetzt halten; in der Erwägung, dass Ihor Muraschow, der Generaldirektor des Kernkraftwerks Saporischschja, am 30. September 2022 von Angehörigen der russischen Streitkräfte verschleppt und später wieder freigelassen wurde; in der Erwägung, dass das Kernkraftwerk Saporischschja das größte in Europa ist und sein letzter Reaktor Anfang September 2022 aufgrund der Kämpfe auf dem Gelände und in der Umgebung des Kernkraftwerks abgeschaltet wurde; in der Erwägung, dass die Gefahr eines Unglücks in dem Kernkraftwer k jedoch nach wie vor besteht;

M.

in der Erwägung, dass Wladimir Putin in einer Fernsehansprache am 21. September 2022 damit gedroht hat, im Fall einer Bedrohung der territorialen Unversehrtheit Russlands — wobei er sich auch auf die rechtswidrig annektierten Gebiete der Ukraine bezog — „mit Sicherheit alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um Russland und unser Volk zu schützen“; in der Erwägung, dass es sich bei den Worten „alle uns zur Verfügung stehenden Mittel“ um einen unverhohlenen Erpressungsversuch mit Kernwaffen handelt;

N.

in der Erwägung, dass an den Erdgasfernleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 am 26. September und 27. September 2022 ein dramatischer Druckabfall infolge von Lecks zu beobachten war, die vermutlich durch absichtliche Unterwasserexplosionen verursacht wurden, die wahrscheinlich von einem staatlichen Akteur herbeigeführt wurden; in der Erwägung, dass die genaue Menge Methan, das in die Atmosphäre entweicht, zwar schwer zu messen ist, diese Menge aber wahrscheinlich sehr groß ist und schädliche Auswirkungen auf die Umwelt haben wird;

O.

in der Erwägung, dass Präsident Wolodymyr Selenskyj am 30. September 2022 bekannt gegeben hat, dass die Ukraine offiziell die Mitgliedschaft in der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) beantragt hat;

1.

bekräftigt die unverbrüchliche Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine sowie für ihre Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen; verurteilt auf das Allerschärfste den ungerechtfertigten, unprovozierten und rechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine; weist darauf hin, dass Russland die volle Verantwortung für den Krieg trägt und dass es den Krieg umgehend beenden und all seine Streitkräfte und Hilfstruppen aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abziehen muss;

2.

würdigt den großen Mut der Bevölkerung der Ukraine, die mit gewaltigen Opfern bei der Verteidigung des Landes und der europäischen Werte wie Freiheit, Menschenwürde und Demokratie verbunden ist; weist darauf hin, dass die Ukraine gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen das Recht hat, sich gegen Russlands Angriffskrieg zu verteidigen, um wieder die vollständige Kontrolle über ihr gesamtes Hoheitsgebiet innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen zu erlangen; würdigt die ukrainischen Streitkräfte und ihr überaus wirksames Vorgehen sowohl im Kampf als auch unter moralischen Gesichtspunkten und nimmt den bedeutsamen Beitrag zur Kenntnis, den sie für die europäische Sicherheit leisten;

3.

fordert alle Länder auf, den Angriffskrieg Russlands und seine Versuche, sich mit Gewalt und durch Scheinreferenden Gebiete anzueignen, unmissverständlich zu verurteilen; fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, sich mit den zahlreichen Regierungen, die in Bezug auf Russlands Aggression gegen die Ukraine eine neutrale Haltung eingenommen haben, ins Benehmen zu setzen, um einen starken internationalen Widerstand gegen jegliche gewaltsame Veränderungen der Grenzen der Ukraine aufzubauen und das Völkerrecht zu verteidigen;

4.

verurteilt aufs Schärfste die massiven und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, die von den russischen Streitkräften, ihren Hilfstruppen und den von Russland eingesetzten Besatzungsbehörden in der Ukraine begangen werden; bekräftigt, dass die verantwortlichen Regierungsbeamten und militärischen Befehlshaber sowie diejenigen, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (darunter Völkermord) begehen, zur Rechenschaft gezogen werden müssen;

5.

fordert die Mitgliedstaaten und andere Länder, die die Ukraine unterstützen, auf, ihre Militärhilfe insbesondere in den Bereichen, in denen die Regierung der Ukraine Hilfe anfordert, massiv aufzustocken, damit die Ukraine die vollständige Kontrolle über ihr gesamtes international anerkanntes Hoheitsgebiet wiedererlangen und sich erfolgreich gegen jede weitere Aggression Russlands verteidigen kann; fordert, Überlegungen dazu anzustellen, ob eine Fazilität für Militärhilfe im Rahmen einer Leihe und Miete von Rüstungsgütern bereitgestellt werden könnte; fordert insbesondere die zögerlichen Mitgliedstaaten auf, ihren gerechten Anteil an der Militärhilfe bereitzustellen, die erforderlich ist, um zur Verkürzung der Dauer des Krieges beizutragen; weist darauf hin, dass die zögerliche Haltung einiger Unterstützer der Ukraine den Krieg nur verlängert und unschuldigen Ukrainern das Leben kostet; fordert die Staats- und Regierungsoberhäupter der Union auf, fortwährende Einigkeit unter den Mitgliedstaaten und gleichgesinnten Ländern herzustellen, damit die Ukraine uneingeschränkt und vorbehaltlos gegen Russlands Angriffskrieg unterstützt wird;

6.

fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, Waffenlieferungen über das Clearing-House-Verfahren des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) zu koordinieren, auch im Rahmen einer Initiative der Union zur Lieferung fortgeschrittener Waffensysteme wie der Leopard-Panzer; fordert die Mitgliedstaaten auf, umgehend mit der einschlägigen Ausbildung ukrainischer Soldaten zu beginnen;

7.

verurteilt die Scheinreferenden, die mit vorgehaltener Waffe zwecks Annexion der Gebiete Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja durchgeführt wurden, unmissverständlich als rechtswidrig und unrechtmäßig; weist darauf hin, dass die Referenden unter Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht durchgeführt wurden; verwirft die fingierten Ergebnisse der Referenden und den darauf folgenden Anschluss der genannten Gebiete an Russland und erkennt diese Handlungen nicht an; hält die Ergebnisse der Scheinreferenden für null und nichtig; vertritt die Auffassung, dass die angekündigte Annexion eine gefährliche und unverantwortliche Eskalation und einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht und die Charta der Vereinten Nationen darstellt, in denen der Weltfrieden, die Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit und die Souveränität aller Staaten garantiert ist, und dass diese Handlung von der internationalen Gemeinschaft nicht unbeantwortet bleiben kann und wird;

8.

missbilligt das Dekret des russischen Präsidenten vom 29. September 2022 zur Anerkennung der „Unabhängigkeit“ der ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja sowie die am 30. September 2022 unterzeichneten rechtswidrigen Verträge über die Aufnahme in die Russische Föderation; erklärt seine unerschütterliche Unterstützung für die Politik der Union, die rechtswidrigen Handlungen Russlands gegen die Ukraine, einschließlich der Annexion, nicht anzuerkennen, und fordert den Rat daher auf, als Reaktion auf diese Handlungen weitere strenge Sanktionen zu verhängen;

9.

begrüßt die Vorschläge der Kommission für das achte Sanktionspaket gegen Russland; fordert alle Mitgliedstaaten auf, das Sanktionspaket rasch zu billigen, auf eigennützige Verzögerungen zu verzichten und die Sanktionen gründlich umzusetzen; fordert, dass die Sanktionen auf neue Bereiche ausgeweitet werden, auch durch den Ausschluss der Banken Gazprombank, Alfa Bank, Rosbank, Tinkoff Bank, Saint Petersburg Bank, Allrussische Bank für regionale Entwicklung (Wserossijski Bank Raswitija Regionow) und Far Eastern Bank aus dem SWIFT-System, sowie die weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Kryptowerte und Kryptowährungen; fordert die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten auf, die Einigkeit in der Union zu wahren und den Druck auf den Kreml unter anderem durch zusätzliche Sanktionspakete zu erhöhen, die ein Ausfuhrverbot für alle Hochtechnologieprodukte und strategischen Güter sowie weitere Sanktionen umfassen, mit denen die Wirtschaft und die industrielle Basis Russlands — insbesondere der militärisch-industrielle Komplex des Landes — strategisch geschwächt werden sollen; unterstützt die Verhängung individueller Sanktionen gegen Personen und Organisationen, die unmittelbar an Deportationen und Zwangsadoptionen ukrainischer Kinder und an der Ausrichtung und Beobachtung der rechtswidrigen Scheinreferenden beteiligt waren, sowie gegen alle Mitglieder der Parteien der Staatsduma, die auf allen Ebenen, auch auf regionaler und kommunaler Ebene, Ämter in gewählten Parlamenten innehaben; fordert die Mitgliedstaaten auf, jedwede Umgehung der Sanktionen mit großem Engagement zu verhindern, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen; fordert die Kommission und die beiden gesetzgebenden Organe auf, die Ausarbeitung der rechtlichen Regelung für die Einziehung von Vermögenswerten, die durch die Sanktionen eingefroren wurden, zügig zu vollenden;

10.

bekräftigt seine Forderung nach einem sofortigen und vollständigen Embargo auf Einfuhren von fossilen Brennstoffen und Uran aus Russland sowie der vollständigen Aufgabe der Erdgasfernleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2, um der Finanzierung von Putins Kriegsmaschinerie durch Gelder der Union ein Ende zu setzen; fordert ein zusätzliches Verbot des Erwerbs, der Einfuhr und der Beförderung von Titan, Aluminium, Kupfer, Nickel, Palladium und Rhodium und von Rohdiamanten und verarbeiteten Diamanten aus Russland oder durch Russland in der bzw. in die Union sowie ein zusätzliches Verbot von Einfuhren von Eisen- und Stahlerzeugnissen, die ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden, einschließlich Eisenerz und Halbzeug, damit Russland auf diesem Wege weniger Einnahmen erwirtschaftet; fordert zudem, den Zugang Russlands zu grundlegenden industriellen Ressourcen, Technologien und Dienstleistungen — insbesondere zu denjenigen, die die Militärindustrie des Aggressorstaats benötigt — zu minimieren;

11.

warnt das Regime von Aljaksandr Lukaschenka davor, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Vorschub zu leisten, auch bei Russlands Mobilmachungsbemühungen und durch die Unterbringung von Wehrpflichtigen auf belarussischem Hoheitsgebiet; fordert die Kommission und den Rat auf, Belarus in die neue Welle von Sanktionen im Zusammenhang mit der Mobilmachung einzubeziehen;

12.

verurteilt die Mobilmachung in Russland und fordert ein sofortiges Ende der Zwangsrekrutierung; verurteilt die Maßnahmen, mit denen die Bewohner der vorübergehend besetzten Gebiete der Ukraine dazu gezwungen werden, in den Streitkräften oder Hilfstruppen Russlands zu dienen, was gemäß dem Vierten Genfer Abkommen verboten ist; appelliert nachdrücklich an die gesamte Bevölkerung Russlands, sich nicht in diesen Krieg hineinziehen zu lassen, der völkerrechtswidrig ist und daher von einer großen Mehrheit der Länder verurteilt wurde, der nur geführt wird, um ein undemokratisches kleptokratisches Regime in Russland an der Macht zu halten, und der letztlich die Wirtschaft Russlands und die Aussichten der Bevölkerung Russlands auf eine sichere und gedeihliche Zukunft zerstören wird; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, russischen Staatsangehörigen, die Schutz benötigen, etwa politisch Verfolgten, humanitäre Visa auszustellen;

13.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Leitlinien der Kommission für die allgemeine Visumerteilung in Bezug auf russische Antragsteller und die Kontrolle russischer Staatsangehöriger an den Außengrenzen in vollem Einklang mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht vollständig umzusetzen und zu gewährleisten, dass jeder Asylantrag, der unter anderem von Dissidenten, Deserteuren, Wehrdienstverweigerern und Aktivisten gestellt wird, individuell bearbeitet wird, wobei den Sicherheitsbelangen des Aufnahmemitgliedstaats und dem Asyl-Besitzstand der Union Rechnung zu tragen ist; fordert den Rat und die Kommission auf, die Lage in Bezug auf Visa für russische Staatsangehörige genau zu überwachen;

14.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Länder im Südkaukasus und in Zentralasien, in denen derzeit eine beträchtliche Zahl russischer Staatsangehöriger Aufnahme findet, insbesondere Georgien, Kasachstan, Usbekistan, Armenien und Kirgisistan, stärker zu unterstützen, um die Stabilität in diesen Regionen zu wahren;

15.

verurteilt das Dekret des russischen Präsidenten vom 5. Oktober 2022, in dem das KKW Saporischschja als „föderales Eigentum“ bezeichnet und die russische Regierung angewiesen wird, die Kontrolle darüber zu übernehmen; fordert den sofortigen Abzug des russischen Militärpersonals aus dem Kernkraftwerk Saporischschja und dessen Umgebung sowie die Schaffung einer entmilitarisierten Zone rund um das Kernkraftwerk; weist erneut darauf hin, dass die Kämpfe in der Umgebung des Kernkraftwerks zu einer Katastrophe riesigen Ausmaßes mit unvorstellbaren Folgen führen könnten;

16.

verurteilt die jüngsten Drohungen Russlands mit dem Einsatz von Kernwaffen als unverantwortlich und gefährlich; fordert die Mitgliedstaaten und die internationalen Partner auf, eine rasche und entschlossene Reaktion vorzubereiten, falls Russland die Ukraine mit Kernwaffen angreift; fordert Russland auf, umgehend damit aufzuhören, mit einer nuklearen Eskalation zu drohen, da eine Nuklearkatastrophe über Jahrzehnte hinweg weltweit Auswirkungen auf das menschliche Leben und die Umwelt hätte; weist darauf hin, dass jeder Versuch Russlands, Angriffe auf besetzte Gebiete als Angriff auf Russland und damit als Beweggrund für einen Kernwaffenangriff darzustellen, rechtswidrig und grundlos ist und die Europäische Union nicht davon abhalten wird, die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung weiter zu unterstützen;

17.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Zivilgesellschaft und die freien Medien in der Ukraine und in Russland stärker zu unterstützen und enger mit ihnen zusammenzuarbeiten; betont, dass die Widerstandsfähigkeit der Ukraine und ihre Fähigkeit, sich gegen Russlands Angriffskrieg zur Wehr zu setzen, es gebieten, den humanitären Akteuren in der Ukraine mehr Aufmerksamkeit zu widmen und mehr Unterstützung zuteilwerden zu lassen, wobei humanitären Akteuren, die Frauen unterstützen, besonderes Augenmerk gelten sollte; fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, in der Union weiterhin Behelfsunterkünfte für Kriegsflüchtlinge bereitzustellen, und bei der Ausstellung befristeter Reisedokumente zu helfen, mit denen ukrainische Staatsangehörige, die ohne ihre Ausweise oder Reisepässe in Russland festsitzen, auf eigenen Wunsch das Land verlassen können; verurteilt die systematischen Versuche Russlands, die Einreise ukrainischer Flüchtlinge in die Union an der Grenze zu Estland bzw. Lettland zu verlangsamen, was bald zu einer schweren humanitären Krise führen könnte; fordert die Mitgliedstaaten und die Grenzkontrollstellen der Mitgliedstaaten auf, solche Flüchtlinge nicht an der Einreise in die Union zu hindern;

18.

fordert die Kommission auf, an einem umfassenden Aufbaupaket für die Ukraine zu arbeiten, dessen Schwerpunkt auf Soforthilfe und mittel- und langfristiger Hilfe für das Land und auf dem Wiederaufbau und der Erholung des Landes liegen sollte, und einen weiteren Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftswachstums zu leisten und unter Umständen sofort damit zu beginnen; weist darauf hin, dass das Aufbaupaket von der Union, internationalen Finanzinstitutionen und gleichgesinnten Partnern gemeinsam auf den Weg gebracht sollte; fordert, dass das Aufbaupaket aus der dafür erforderlichen Haushaltskapazität der Union unterstützt wird;

19.

bekundet den russischen Staatsangehörigen, die den Krieg verurteilen, seine Wertschätzung; verurteilt die Festnahme Tausender friedlicher Demonstranten durch die Staatsorgane Russlands und fordert deren sofortige Freilassung;

20.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, Überlegungen dazu anzustellen, wie in Zukunft eine Zusammenarbeit mit Russland gestaltet und das Land dabei unterstützt werden kann, dass ihm ein Übergang von einem autoritären Regime zu einem demokratischen Land, das dem Revisionismus und Imperialismus abschwört, gelingt; ist der Ansicht, dass ein erster Schritt darin bestünde, dass die Unionsorgane mit demokratisch gesinnten Wortführern und der Zivilgesellschaft in Russland zusammenarbeiten und Unterstützung für ihre Agenda für ein demokratisches Russland mobilisieren; unterstützt die Einrichtung eines im Europäischen Parlament angesiedelten Demokratiezentrums für Russland;

21.

weist darauf hin, dass sich die Unterwasserexplosionen an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen gerade zu dem Zeitpunkt ereigneten, als die neue, durch die Ostsee verlaufende Erdgasfernleitung Baltic Pipe, über die Erdgas aus Norwegen über Dänemark nach Polen transportiert wird, eingeweiht wurde; vertritt die Auffassung, dass sich die Unterwasserexplosionen an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen nicht zufällig ereignet haben, sondern dass sich die Spekulationen verdichten, wonach die Explosionen auf koordiniertes und vorsätzliches Handeln eines staatlichen Akteurs zurückzuführen sind; ist der Ansicht, dass die Explosionen an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen zeigen, wie gefährlich die Politik der immer größeren Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland war und dass die Instrumentalisierung von Energie als Waffe mit den Explosionen ein neues Niveau erreicht hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Schutz kritischer europäischer Infrastruktur, wozu auch Offshore-Rohrleitungen und -Kabel zählen, zu verstärken und vorrangig zu behandeln, ihre Widerstandsfähigkeit gegen Angriffe von außen zu erhöhen und die Widerstandsfähigkeit der Partner der Union in Osteuropa und im Westbalkanraum weiter zu stärken; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen einer Untersuchung zu ermitteln, wer den Sabotageakt an den Nord-Stream-Erdgasfernleitungen verübt hat; vertritt die Auffassung, dass die vorsätzlich verursachten Unterwasserexplosionen eine Umweltstraftat zum Schaden der Union darstellen;

22.

fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, mit internationalen Gremien zusammenzuarbeiten, um Beweise zu sammeln und die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu den seit dem 20. Februar 2014 im Hoheitsgebiet der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen zu unterstützen;

23.

fordert die Einrichtung eines internationalen Ad-hoc-Strafgerichtshofs für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine, vor dem Putin und alle zivilen und militärischen Amtsträger Russlands und ihre Helfershelfer, die für die Planung, den Beginn und die Durchführung des Krieges in der Ukraine verantwortlich sind, strafrechtlich verfolgt werden;

24.

verurteilt die vielschichtige Strategie Russlands, weltweit falsche und verzerrte Darstellungen und die neoimperialistische Ideologie „Russische Welt“ (Russki mir) zu präsentieren, zu verstärken und zu verbreiten; fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, gegen russische Organisationen, Einzelpersonen und andere Helfershelfer, die russische Desinformation verbreiten, Sanktionen zu verhängen und zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um dagegen vorzugehen, dass Russland Informationen als Waffe einsetzt;

25.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, der Internationalen Organisation für Migration, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, dem Internationalen Strafgerichtshof, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation und den Staatsorganen von Belarus zu übermitteln.

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/99


P9_TA(2022)0354

Ergebnis der Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans für Handel und nachhaltige Entwicklung durch die Kommission

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zum Ergebnis der Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans für Handel und nachhaltige Entwicklung durch die Kommission (2022/2692(RSP))

(2023/C 132/13)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf das Non-Paper der Kommission vom 26. Februar 2018 über Rückmeldungen zu und das weitere Vorgehen bei der Verbesserung der Umsetzung und Durchsetzung der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den Freihandelsabkommen der EU (15-Punkte-Aktionsplan),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 22. Juni 2022 mit dem Titel „Die Macht von Handelspartnerschaften: gemeinsam für ein grünes und gerechtes Wirtschaftswachstum“ (COM(2022)0409) (Mitteilung zur Überprüfung der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung),

unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung,

unter Hinweis auf die grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO),

unter Hinweis auf die dreigliedrige Grundsatzerklärung der IAO über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik,

unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, einschließlich des Übereinkommens von Paris von 2015,

unter Hinweis auf die Sachstandsberichte des Weltklimarates der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt von 1992 und die dazugehörigen Protokolle,

unter Hinweis auf das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen von 1975,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Februar 2022 über menschenwürdige Arbeit weltweit für einen globalen gerechten Übergang und eine nachhaltige Erholung (COM(2022)0066),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „Vom Hof auf den Tisch — eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Überprüfung der EU-Handelspolitik (1) und auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Februar 2021 mit dem Titel „Überprüfung der Handelspolitik — Eine offene, nachhaltige und entschlossene Handelspolitik“ (COM(2021)0066),

unter Hinweis auf die Anfrage des Ausschusses für internationalen Handel an die Kommission vom 16. Januar 2018 zu den Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung in den EU-Freihandelsabkommen (O-000098/2017 — B8-0617/2017),

unter Hinweis auf das Non-Paper der Niederlande und Frankreichs vom 8. Mai 2020 zu Handel, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen und nachhaltiger Entwicklung,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Februar 2022 zu dem Thema „Menschenrechte und Demokratie in der Welt und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich — Jahresbericht 2021“ (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. März 2018 zur Gleichstellung der Geschlechter in Handelsabkommen der EU (3),

unter Hinweis auf den am 25. November 2020 veröffentlichten EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP) III (JOIN(2020)0017) und die diesbezügliche Entschließung des Parlaments vom 10. März 2022 (4),

unter Hinweis auf die Jahresberichte der Kommission über die Umsetzung und Durchsetzung von Handelsabkommen der Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 20. Oktober 2021 mit dem Titel „Die nächste Generation von Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung — Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans“,

unter Hinweis auf das Non-Paper des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom Oktober 2021 mit dem Titel „Stärkung und Verbesserung der Arbeitsweise der internen Beratungsgruppen der EU im Bereich Handel“,

unter Hinweis auf das im Jahr 2017 veröffentlichte Handbuch der IAO und der Kommission zur Bewertung arbeitsrechtlicher Bestimmungen in Handels- und Investitionsvereinbarungen,

unter Hinweis auf das im Jahr 2019 veröffentlichte Handbuch zur Umsetzung des Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung im Handelsabkommen zwischen der EU und Ecuador,

unter Hinweis auf den Bericht vom Mai 2022 über die endgültigen Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas, insbesondere auf die darin enthaltene Maßnahme 4 zu Vorschlag 19,

unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zum Ergebnis der Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans für Handel und nachhaltige Entwicklung durch die Kommission (O-000029/2022 — B9-0021/2022),

gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für internationalen Handel,

A.

in der Erwägung, dass sich die Union zu einem offenen und regelbasierten Handelssystem bekennt, das fair, inklusiv und nachhaltig ist; in der Erwägung, dass die Handelspolitik der Union ein wichtiges geoökonomisches Instrument ist; in der Erwägung, dass eine konstruktive und vorausschauende Handelsagenda von entscheidender Bedeutung für den wirtschaftlichen Wohlstand, die Wettbewerbsfähigkeit, Innovationen und die Schaffung neuer hochwertiger Arbeitsplätze in der Union ist;

B.

in der Erwägung, dass die Union als größter Handelsblock der Welt in der einzigartigen Lage ist, weltweit und bilateral mit Partnerländern zusammenzuarbeiten und sich dafür einzusetzen, dass internationale Arbeitsnormen und Umweltvorschriften durch ihre Handelspolitik und ihre Handelsabkommen besser eingehalten werden;

C.

in der Erwägung, dass alle modernen Handelsabkommen der Union Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung enthalten; in der Erwägung, dass der 15-Punkte-Aktionsplan seit 2018 als Richtschnur für ihre Umsetzung und Durchsetzung dient; in der Erwägung, dass das Parlament systematisch eine bessere Umsetzung und wirksame Durchsetzung der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung sowie die Möglichkeit gefordert hat, als letztes Mittel Sanktionen zu verhängen;

D.

in der Erwägung, dass die Kommission im Juni 2021 eine eingehende Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans für Handel und nachhaltige Entwicklung eingeleitet hat, damit Handelsabkommen in Zusammenarbeit mit Handelspartnern generell dazu dienen können, nachhaltigen Handel zu fördern;

E.

in der Erwägung, dass die Union durch ihre Handelspolitik und ihr auswärtiges Handeln und das Parlament durch seine Gesetzgebungstätigkeit und seine parlamentarische Diplomatie gemeinsam den Grundsatz gefestigt haben, dass die Bedingungen in Bezug auf Menschenrechte, Umwelt, Arbeit und soziale Entwicklung, unter denen Waren und Dienstleistungen erzeugt bzw. erbracht werden, ebenso wichtig sind wie der eigentliche Handel mit diesen Waren und Dienstleistungen;

1.

begrüßt die Veröffentlichung der Ergebnisse der Überprüfung der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung; hebt hervor, dass das Parlament seit langer Zeit eine umfassende Überprüfung und eine stärkere Schwerpunktsetzung auf die Umsetzung und Durchsetzung der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung fordert; nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission bei sechs politischen Prioritäten Verbesserungsmöglichkeiten festgestellt hat;

2.

nimmt erfreut die Absicht der Kommission zur Kenntnis, die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung stärker als Instrumente der Zusammenarbeit zu nutzen und durch frühzeitige Lückenanalysen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft länderspezifische Umsetzungsprioritäten zu ermitteln; stellt fest, dass die IAO, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen und die Sekretariate der multilateralen Umweltübereinkommen bei der Festlegung von Umsetzungslücken zurate gezogen werden sollten; betrachtet ausführliche und zeitgebundene Umsetzungsfahrpläne als nützliches Instrument, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen;

3.

bekräftigt, dass vor der Aufnahme neuer Verhandlungen über Freihandelsabkommen gründliche Vorstudien erforderlich sind; fordert die Kommission auf, in diese Vorstudien auch Inhalte aufzunehmen, die in Bezug auf die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung von Bedeutung sind;

4.

unterstützt den Plan der Kommission, den Aspekt der Nachhaltigkeit in alle Freihandelsabkommen aufzunehmen, um zu einer CO2-neutralen Wirtschaft beizutragen und dem Marktzugang für Umweltgüter und -leistungen sowie dem Zugang zu Rohstoffen und Energiegütern, die für das Funktionieren einer CO2-neutralen Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind, Vorrang einzuräumen, sofern dabei nachhaltige Verfahren eingehalten und die Menschenrechte, die Arbeitnehmerrechte und die Umwelt in Drittländern nicht beeinträchtigt werden und der Grundsatz der Vereinten Nationen der freien und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung geachtet wird; fordert umfassende Nachhaltigkeitsprüfungen, um Bestimmungen zu ermitteln, die nicht in den Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung enthalten sind und Möglichkeiten eröffnen oder bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele problematisch sein könnten;

5.

weist erneut auf die Forderung des Parlaments hin, die Rolle der Delegationen der Union bei der Überwachung der Umsetzung der Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung zu stärken; fordert, dass den Delegationen der Union zu diesem Zweck ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen zugewiesen werden und dass die Arbeit in den Dienststellen der Kommission gestrafft wird, damit handelsbezogene Nachhaltigkeitsaspekte angemessen einbezogen werden, und dass Programme zum Kapazitätsaufbau koordiniert und durchgeführt werden, um die nachhaltige Entwicklung zu fördern; fordert die Kommission auf, den Ansatz „Team Europa“, mit dem die Koordinierung und Kohärenz bei der Zusammenarbeit mit Partnerländern in handelsbezogenen Nachhaltigkeitsfragen sichergestellt wird, optimal zu nutzen;

6.

begrüßt die Schaffung des Amtes des Leitenden Handelsbeauftragten (CTEO) und der neu gestalteten einzigen Anlaufstelle als wichtige Schritte zur Stärkung der Umsetzung der Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung; weist erneut auf die Zusage der Kommission hin, mutmaßlichen Verstößen gegen die Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung dieselbe Bedeutung beizumessen wie mutmaßlichen Verstößen gegen Marktzugangsverpflichtungen; stellt fest, dass über die einzige Anlaufstelle bislang nur eine Beschwerde im Zusammenhang mit Verstößen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung eingereicht wurde; erachtet es als sehr wichtig, klare und präzise Verpflichtungen in künftige Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung aufzunehmen;

7.

befürwortet stärker strukturierte Aufgaben der internen Beratungsgruppen (DAG) in allen Phasen des Lebenszyklus von Handelsabkommen und fordert nachdrücklich, dass ihnen eine Kontrollfunktion in Bezug auf die konkrete Umsetzung aller Aspekte zugewiesen wird, die sich auf die Nachhaltigkeit in Freihandelsabkommen auswirken, auch in Bezug auf die Überwachung der Umsetzungsfahrpläne; fordert, dass den DAG ausreichende finanzielle Mittel und technische Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, damit sie ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen können; betont, dass sich der Ausschuss für internationalen Handel (INTA) des Parlaments verpflichtet hat, eine jährliche Aussprache mit Vertretern der DAG zu führen; ist der Ansicht, dass ein engerer Austausch zwischen den Monitoring-Gruppen des Parlaments und den ständigen Berichterstattern einerseits und den DAG andererseits für beide Seiten von erheblichem Nutzen ist; fordert im Einklang mit den Empfehlungen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und den Stellungnahmen der DAG der Union, dass auch in den Partnerländern und -regionen funktionierende DAG eingerichtet werden; begrüßt, dass die DAG auch Kollektivbeschwerden einreichen können und dass ein in der Union ansässiger Beschwerdeführer die Bedenken einer in einem Partnerland ansässigen Einrichtung im Zusammenhang mit Handel und nachhaltiger Entwicklung darlegen kann; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass neben den DAG auch Organisationen der Zivilgesellschaft Kollektivbeschwerden einreichen können;

8.

betont, dass eine weitere Angleichung der Durchsetzung der Bestimmungen des Kapitels zu Handel und nachhaltiger Entwicklung an die allgemeine zwischenstaatliche Streitbeilegung und die Ausweitung der Phase der Einhaltung auf Streitigkeiten im Rahmen der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung zu einer besseren Umsetzung und Durchsetzung der Empfehlungen der Sachverständigengruppe führen dürfte; ist der Ansicht, dass die national festgelegten Beiträge — als konkrete Verpflichtungen der Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris — als wesentlicher Faktor herangezogen werden sollten, anhand dessen zu beurteilen ist, ob ein Verstoß gegen das Übereinkommen von Paris vorliegt; fordert, dass die für solche Streitigkeiten zuständigen Schiedspersonen nachweislich über Fachwissen in den einschlägigen Bereichen verfügen;

9.

erachtet es als sehr wichtig, Ex-post-Bewertungen der ökologischen und sozialen Auswirkungen aller Bestimmungen von Freihandelsabkommen durchzuführen und die Wirksamkeit der Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung zu überprüfen;

10.

begrüßt, dass in das Abschlussdokument die seit langer Zeit bestehende Forderung des Parlaments aufgenommen wurde, Handelssanktionen als letztes Mittel gegen schwerwiegende Verstöße gegen die Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung, insbesondere gegen die von der IAO verkündeten grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit, und gegen wesentliche Verstöße gegen das Übereinkommen von Paris einzusetzen; verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Bedingungen auf der 15. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt im Dezember 2022 erfüllt werden, damit das Übereinkommen, wie in der Mitteilung über die Überprüfung der Handel und nachhaltige Entwicklung vorgesehen, auch durchgesetzt werden kann;

11.

stellt fest, dass die Kommission kein Musterkapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung vorgelegt hat, räumt jedoch ein, dass alle Elemente der Mitteilung zur Überprüfung des Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung je nach dem jeweiligen Handelspartner maßgeschneidert ausgearbeitet werden müssen;

12.

erwartet, dass die Grundsätze des Ergebnisses der Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans für Handel und nachhaltige Entwicklung in allen Handelsabkommen der Union, über die verhandelt wird, und in allen künftigen Handelsabkommen, die dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt werden, sowie in der Modernisierung aller geltenden Freihandelsabkommen unter Verwendung der speziellen Überprüfungsklauseln, die in bestehenden Abkommen oder anderen geeigneten Verfahren enthalten sind, zum Ausdruck kommen;

13.

ist der Ansicht, dass das Ergebnis der Überprüfung des Kapitels über Handel und nachhaltige Entwicklung ein wichtiger Schritt ist, damit Handelsabkommen den seit langer Zeit bestehenden Forderungen des Parlaments und den Erwartungen der Zivilgesellschaft und der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden und gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Handelsabkommen der Union für die Partner weiterhin verhandelbar und attraktiv bleiben;

14.

ist nach wie vor entschlossen, die parlamentarische Arbeit bei der Prüfung der Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung und deren Umsetzung während des gesamten Lebenszyklus von Handelsabkommen zu intensivieren, unter anderem durch spezielle Monitoring-Gruppen, spezifische parlamentarische Missionen des Europäischen Parlaments und mögliche gemeinsame parlamentarische Monitoring-Ausschüsse mit Partnerländern; fordert die Kommission auf, dem Parlament über den INTA-Ausschuss oder die speziellen Monitoring-Gruppen regelmäßig über die Fortschritte bei den Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung und deren Umsetzung durch die Partnerländer Bericht zu erstatten;

15.

betont, dass die Geschlechtergleichstellung im gesamten Verfahren von der Nachhaltigkeitsprüfung bis zur Umsetzung durchgängig berücksichtigt werden muss, damit die durch Handelsabkommen geschaffenen wirtschaftlichen Möglichkeiten sowohl Frauen als auch Männern zugutekommen, auch durch spezielle Geschlechtergleichstellungskapitel;

16.

bekräftigt, dass alle künftigen Freihandelsabkommen der Union — wie in der Überprüfung der Handelspolitik dargelegt — ein Kapitel über nachhaltige Lebensmittelsysteme enthalten sollten, das mit dem Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung verknüpft ist;

17.

betont, dass die Union als weltweit größter Handelsblock ambitionierte Anstrengungen unternehmen muss, wenn sie zusätzliche autonome Instrumente zur Unterstützung des globalen Klimaschutzes, zur Bekämpfung des Rückgangs der biologischen Vielfalt und der Entwaldung, zur Verbesserung des Tierwohls, zur Festlegung von Vorschriften über die Nachhaltigkeit von Unternehmen, die Erfüllung der Sorgfaltspflicht und gegen Zwangsarbeit, zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und des Übergangs zu grüner Energie und zur Gewährleistung menschenwürdiger Arbeit weltweit ausarbeitet und ihren Handelspartnern im Dialog und durch Gewährung von Zollpräferenzen nahelegt, diese Vorschriften einzuhalten; fordert die Kommission auf, mit den Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung die Ratifizierung der in der Erklärung über multinationale Unternehmen enthaltenen IAO-Übereinkommen zu fördern;

18.

betont, dass multilaterale Maßnahmen der beste Weg sind, um den globalen Übergang zu einer CO2-neutralen, inklusiven und nachhaltigen Wirtschaft zu erreichen, in der die Rechte der Arbeitnehmer geachtet werden, und fordert die Union nachdrücklich auf, ihre diesbezügliche Arbeit auf multilateraler Ebene, insbesondere im Rahmen der Welthandelsorganisation und durch die Förderung einer engeren Zusammenarbeit mit der IAO, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen und den Sekretariaten der multilateralen Umweltübereinkommen, zu intensivieren;

19.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Internationalen Arbeitsorganisation, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen und den Sekretariaten der multilateralen Umweltübereinkommen zu übermitteln.

(1)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 155.

(2)  ABl. C 342 vom 6.9.2022, S. 191.

(3)  ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 9.

(4)  ABl. C 347 vom 9.9.2022, S. 150.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/103


P9_TA(2022)0355

Ein Ansatz der EU für das Weltraumverkehrsmanagement — Ein Beitrag der EU zur Bewältigung einer globalen Herausforderung

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu dem Thema „Ein Ansatz der EU für das Weltraumverkehrsmanagement — ein Beitrag der EU zur Bewältigung einer globalen Herausforderung“ (2022/2641(RSP))

(2023/C 132/14)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik vom 15. Februar 2022 mit dem Titel „Ein Ansatz der EU für das Weltraumverkehrsmanagement — Ein Beitrag der EU zur Bewältigung einer globalen Herausforderung“ (JOIN(2022)0004),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 11. November 2020 zu dem Thema „Richtungsvorgaben für den europäischen Beitrag zur Festlegung wesentlicher Grundsätze für die globale Weltraumwirtschaft“,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 22. Februar 2021 mit dem Titel „Aktionsplan für Synergien zwischen der zivilen, der Verteidigungs- und der Weltraumindustrie“ (COM(2021)0070),

unter Hinweis auf die Leitlinien des Ausschusses der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums in Bezug auf die langfristige Nachhaltigkeit von Weltraumtätigkeiten vom 20. Juni 2019,

unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zum Weltraumverkehrsmanagement (O-000035/2022 — B9-0022/2022),

gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie,

A.

in der Erwägung, dass das Weltraumverkehrsmanagement für die Union von strategischer Bedeutung ist und dazu beiträgt, den Zugang zum Weltraum, die Rückkehr aus dem Weltraum und die Nutzung des Weltraums in sicherer, geschützter und autonomer Form zu garantieren, für langfristige Nachhaltigkeit im Weltraum zu sorgen und die dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit der Weltraumindustrie der Union zu fördern und zu wahren;

B.

in der Erwägung, dass die Zahl der Weltraumoperationen und der Satelliten in den Umlaufbahnen sowie die Menge an Weltraummüll in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen hat; in der Erwägung, dass die Sicherheit von Weltraumoperationen in den Umlaufbahnen und die Nachhaltigkeit im Weltraum durch diese Entwicklung stark gefährdet sind; in der Erwägung, dass dies möglicherweise die von den Komponenten des Weltraumprogramms der Union erbrachten Dienstleistungen gefährdet;

C.

in der Erwägung, dass neue industrielle Trends zu beobachten sind, die dafür gesorgt haben, dass der Weltraum stärker kommerziell genutzt wird, neue, nichtstaatliche Akteure im Weltraumsektor in Erscheinung treten, Starts sogenannter Megakonstellationen in einer niedrigen Erdumlaufbahn geplant sind bzw. durchgeführt werden und andere kommerzielle Trends wie etwa der Weltraumbergbau entstanden sind;

D.

in der Erwägung, dass zahlreiche Technologien verlässliche Lösungen bieten, wenn es um den Weltraumverkehr, die Überlastung des Weltraums und Kollisionsrisiken geht; in der Erwägung, dass eine Reihe von Innovationen der Union sowie private und öffentliche Initiativen zur Identifizierung und Verfolgung von Weltraummüll entwickelt wurden; in der Erwägung, dass Techniken zur (automatischen) Kollisionsvermeidung von Raumfahrzeugen sowie zur Vermeidung, zur Eindämmung, zum Aufräumen und zur Entsorgung von Weltraummüll wirksame Instrumente sind, die eines geeigneten Regelungs- und Umsetzungsrahmens bedürfen;

E.

in der Erwägung, dass das Weltraumprogramm der Union die Weltraumlageerfassung umfasst, die wiederum die Beobachtung und Verfolgung von Objekten im Weltraum (space surveillance and tracking, SST) einschließt, die die operative Säule des Weltraumverkehrsmanagements bildet;

F.

in der Erwägung, dass es für das Weltraumverkehrsmanagement keinen so umfassenden internationalen Regelungsrahmen mit detaillierten Vorschriften und technischen Spezifikationen wie in anderen (Verkehrs-)Sektoren gibt und seine Regelung auf freiwillige Leitlinien beschränkt ist;

1.

begrüßt die geplanten Maßnahmen, die in der gemeinsamen Mitteilung mit dem Titel „Ein Ansatz der EU für das Weltraumverkehrsmanagement — Ein Beitrag der EU zur Bewältigung einer globalen Herausforderung“ festgehalten sind;

2.

begrüßt die jüngsten Entwicklungen im Weltraumsektor, einschließlich des Markteintritts neuer Unternehmen und der Markteinführung der von den verschiedenen Komponenten des Weltraumprogramms der Union bereitgestellten Dienste;

3.

unterstreicht, dass die steigende Zahl der Weltraumoperationen, die Anzahl der Akteure im Weltraum und die beispiellose Zunahme der Größe der Satellitenkonstellationen quantitative Aspekte sind, die erhebliche Herausforderungen darstellen, denen es insbesondere mit Präventivmaßnahmen sowie der Entwicklung und dem Einsatz fortschrittlicher automatisierter Techniken wie der automatischen Kollisionsvermeidung zu begegnen gilt; betont in diesem Zusammenhang, dass künstliche Intelligenz, Hochleistungsrechnen und maschinelles Lernen Basistechnologien für die erforderlichen Automatisierungs- und Verfolgungsprozesse sind;

4.

hebt hervor, dass für ein wirksames Management des Weltraumverkehrs Daten benötigt werden, die auf quantitativen Kennzahlen und Messinstrumenten beruhen, und daher ebenfalls mehr und hochwertigere Sensoren, ein solider Datenaustausch sowie Fortschritte mit Blick auf den Weltraummüll erforderlich sind;

5.

betont, dass die Union angesichts der Entwicklung des Weltraumsektors einen strategischen und ehrgeizigen Ansatz verfolgen muss, der regulatorische Aspekte, die internationale Dimension und SST-Dienste umfasst;

6.

hebt hervor, dass auf eine international anerkannte Definition für das Weltraumverkehrsmanagement hingearbeitet werden muss, damit alle unter allen Parametern dasselbe verstehen und auf diese Weise zur Sicherheit von Weltraumoperationen in einem zunehmend überfüllten Weltraum beigetragen wird;

7.

ist der Auffassung, dass ein klarer Regelungsrahmen für Weltraumtätigkeiten die Grundlage für gleiche Wettbewerbsbedingungen für Weltraumtätigkeiten in der Union sowie für einen umfassenden Rahmen für verbindliche Rechtsvorschriften der Union für den Weltraum bilden sollte, um auf diese Weise für sichere Weltraumoperationen Sorge zu tragen; fordert die Kommission auf, Vorschriften, Normen, technische Spezifikationen und Leitlinien auf der Ebene der Union zu erarbeiten und diese Vorschriften aktiv auf internationaler Ebene zu fördern;

8.

betont, dass Sicherheit und Gefahrenabwehr schon in der Planungsphase berücksichtigt werden müssen, Weltraumstarts und Weltraumressourcen inhärent nachhaltig sein müssen, dass von bewährten Verfahren und Leitlinien nicht in ausreichendem Maße Gebrauch gemacht wird und dass die Fragmentierung einem effizienten umfassenden Ansatz im Wege steht; unterstreicht, dass diese Änderungen sorgfältig und klar formuliert werden sollten, um eine rasche weltweite Umsetzung zu fördern und einen übermäßigen Verwaltungsaufwand für die Weltraumindustrie zu verhindern;

9.

fordert die Kommission auf, sowohl dem zivilen als auch dem Verteidigungs-/Sicherheitsbedarf Rechnung zu tragen, die Auswirkungen der Entwicklung des Weltraumverkehrsmanagements auf europäische öffentliche und private Interessenträger zu bewerten und auch Interessenträger von außerhalb der Union zu konsultieren;

10.

fordert die Kommission auf, unbeschadet der Autonomie der Union auf Drittländer und internationale Organisationen zuzugehen;

11.

fordert die Kommission auf, die SST-Dienste der Union im Hinblick auf erhobene Daten und Wiedereintritts- und Fragmentierungsanalysen zu verbessern und die SST-Datenbank der Union auch in Bezug auf ermittelte, katalogisierte und prognostizierte Bewegungen von Weltraumobjekten weiter auszubauen;

12.

betont, dass die Entwicklung verbesserter SST-Fähigkeiten unterstützt werden muss und Forschung und Innovation im Bereich des Weltraumverkehrsmanagements gefördert werden müssen;

13.

betont, dass Weltraummüll ein drängendes Problem ist und Maßnahmen erforderlich sind, um dem Weltraummüll entgegenzuwirken; fordert die Kommission daher auf, weiter in die Forschung an Technologien zur Verringerung des Weltraummülls und in deren Einsatz zu investieren, indem sie alle zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten der Union für Forschungs- und Innovationstätigkeiten über Horizont Europa, die Weltraumforschungsmission Cassini-Huygens und Pilotprojekte nutzt, einschließlich der Synergieeffekte zwischen und der Zusammenlegungen von verschiedenen Programmen der Union und nationalen Fonds, sowie — soweit möglich — die Mittel der Europäischen Weltraumorganisation;

14.

fordert die Kommission auf, alle politischen und diplomatischen Anstrengungen zu unternehmen und auch mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um einen umfassenden internationalen Ansatz für die Anwendung gemeinsamer Normen und Regeln sowie die Umsetzung konkreter Lösungen für das Weltraumverkehrsmanagement auf globaler Ebene zu entwickeln;

15.

fordert die Kommission auf, die Beteiligung der Union am Weltraumrettungsübereinkommen (1), am Weltraumhaftungsübereinkommen (2) und am Weltraumregistrierungsübereinkommen (3) der Vereinten Nationen zu erleichtern;

16.

fordert die Kommission auf, noch vor 2024 Rechtsvorschriften über das Weltraumverkehrsmanagement, auch über die Governance des Systems und die Zuständigkeiten der vorgeschlagenen EU-Agentur für das Weltraumprogramm, sowie — beruhend auf der Halbzeitüberprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 und des derzeitigen Weltraumprogramms der Union — die Aufnahme des Weltraumverkehrsmanagements in das nächste Weltraumprogramm vorzuschlagen;

17.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  Übereinkommen über die Rettung und die Rückführung von Raumfahrern sowie die Rückgabe von in den Weltraum gestarteten Gegenständen aus dem Jahr 1967.

(2)  Übereinkommen über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände aus dem Jahr 1971.

(3)  Übereinkommen über die Registrierung der in den Weltraum gestarteten Gegenstände aus dem Jahr 1974.


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/106


P9_TA(2022)0356

Neue Impulse für eine gestärkte Meerespolitik und den Erhalt der biologischen Vielfalt

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zu neuen Impulsen für eine gestärkte Meerespolitik und die Erhaltung der biologischen Vielfalt (2022/2836(RSP))

(2023/C 132/15)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zu dem Thema „Der europäische Grüne Deal“ (1),

unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 10. November 2016 mit dem Titel „Internationale Meerespolitik: Der Beitrag der EU zum verantwortungsvollen Umgang mit den Weltmeeren“ (JOIN(2016)0049),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2018 zu der Internationalen Meerespolitik: Eine Agenda für die Zukunft unserer Weltmeere im Rahmen der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 (2),

unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 24. Juni 2022 über die Agenda der EU für die internationale Meerespolitik mit dem Titel „Festlegung des Kurses für einen nachhaltigen blauen Planeten“ (JOIN(2022)0028),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380) — einschließlich des darin festgelegten Ziels, bis 2030 ein kohärentes Netz von Meeresschutzgebieten zu schaffen, das 30 % der Meere in der EU umfasst — und auf die Entschließung des Parlaments vom 9. Juni 2021 zu dieser Strategie (3),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (4),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (5) (Richtlinie über die maritime Raumplanung),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu den Auswirkungen von Abfällen im Meer auf die Fischerei (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Mai 2022 zu der Rolle der Fischerei und der Aquakultur beim Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2016 zu Japans Entscheidung, den Walfang in der Fangsaison 2015/2016 wiederaufzunehmen (8), und auf seine Entschließung vom 12. September 2017 zum Walfang in Norwegen (9),

unter Hinweis auf das Projekt der Kommission im Rahmen des Programms Horizont Europa mit dem Titel „Mission Starfish 2030: Restore our Ocean and Waters“ (Mission Seestern 2030: Die Meere und Gewässer wiederbeleben),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. Oktober 2007 mit dem Titel „Eine integrierte Meerespolitik für die Europäische Union“ (COM(2007)0575),

unter Hinweis auf das Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedern der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten, das infolge der Verhandlungen über das Nachfolgeabkommen zum Cotonou-Abkommen geschlossen wurde,

unter Hinweis auf die Ratifizierung und das Inkrafttreten des Übereinkommens von 2010 über Haftung und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung schädlicher und gefährlicher Stoffe auf See, mit dem das vorherige Übereinkommen von 1996 geändert wurde,

unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, die am 25. September 2015 auf dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung in New York angenommen wurde, und insbesondere auf das Ziel 14 der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen, gemäß dem die Ozeane, Meere und Meeresressourcen erhalten und nachhaltig genutzt werden sollen,

unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und das Übereinkommen von Paris aus dem Jahr 2015, das am 4. November 2016 in Kraft trat,

unter Hinweis auf den am 13. November 2021 im Rahmen des UNFCCC verabschiedeten Klimapakt von Glasgow,

unter Hinweis auf das Übereinkommen über die biologische Vielfalt, das am 29. Dezember 1993 in Kraft trat,

unter Hinweis auf das VN-Seerechtsübereinkommen, das am 10. Dezember 1982 in Montego Bay (Jamaika) unterzeichnet wurde und am 16. November 1994 in Kraft trat,

unter Hinweis auf das Mandat der gemäß dem VN-Seerechtsübereinkommen eingerichteten Internationalen Meeresbodenbehörde und auf das Übereinkommen von 1994 zur Umsetzung von Teil XI des VN-Seerechtsübereinkommens,

unter Hinweis auf den Sonderbericht des Weltklimarates vom 24. September 2019 über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima,

unter Hinweis auf die von den Vereinten Nationen ausgerufene Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung (2021-2030),

unter Hinweis auf den „Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services“ (Globaler Sachstandsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen) des Weltbiodiversitätsrates vom Mai 2019,

unter Hinweis auf das Gipfeltreffen „One Ocean“, das vom 9. bis 11. Februar 2022 in Brest (Frankreich) stattfand,

unter Hinweis auf die Resolution der Umweltversammlung der Vereinten Nationen mit dem Titel „End plastic pollution: towards an international legally binding instrument“ (Der Plastikverschmutzung ein Ende setzen: auf dem Weg zu einem völkerrechtlich verbindlichen Instrument), die am 2. März 2022 in Nairobi angenommen wurde,

unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 24. Dezember 2017 zu einem völkerrechtlich verbindlichen Instrument im Rahmen des VN-Seerechtsübereinkommens betreffend die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der marinen biologischen Vielfalt in Gebieten außerhalb nationaler Hoheitsgewalt (BBNJ),

unter Hinweis auf die Hochrangige Konferenz der Vereinten Nationen zur Unterstützung der Verwirklichung des Ziels 14 für nachhaltige Entwicklung (Ozeankonferenz der Vereinten Nationen), die vom 27. Juni bis 1. Juli 2022 in Lissabon stattfand, und die anschließende Annahme der Erklärung von Lissabon,

unter Hinweis auf die siebte hochrangige Konferenz mit dem Titel „Our Ocean“, die am 13./14. April 2022 von der Republik Palau und den Vereinigten Staaten gemeinsam ausgerichtet wurde,

unter Hinweis auf die VN-Biodiversitätskonferenz (COP 15), die vom 5. bis 17. Dezember 2022 in Montreal stattfinden soll,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über die Beendigung schädlicher Fischereisubventionen, das auf der 12. WTO-Ministerkonferenz am 17. Juni 2022 angenommen wurde,

unter Hinweis auf die im September 2022 auf dem „World Sea Forum“ angenommene Erklärung von Bizerte,

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 20/2022 des Europäischen Rechnungshofs vom 26. September 2022 mit dem Titel „EU-Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Fischerei — Kontrollsysteme sind vorhanden, werden aber durch uneinheitliche Kontrollen und Sanktionen der Mitgliedstaaten beeinträchtigt“,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. November 2020 mit dem Titel „Eine EU-Strategie zur Nutzung des Potenzials der erneuerbaren Offshore-Energie für eine klimaneutrale Zukunft“ (COM(2020)0741),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2022 zu einer EU-Strategie für erneuerbare Offshore-Energie (10),

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 26/2020 des Europäischen Rechnungshofs vom 26. November 2020 mit dem Titel „Meeresumwelt: EU-Schutz ist weit gefasst, aber nicht tiefgreifend“,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2021 zur Ausweisung von Meeresschutzgebieten in der Antarktis und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im Südlichen Ozean (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2021 zu den Auswirkungen von Offshore-Windparks und anderen Systemen für die Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Quellen auf die Fischerei (12),

gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass das Europäische Parlament den Klima- und Umweltnotstand ausgerufen und sich verpflichtet hat, dringend die erforderlichen konkreten Maßnahmen zu ergreifen, um diese Bedrohung zu bekämpfen und einzudämmen, bevor es zu spät ist; in der Erwägung, dass der Verlust an biologischer Vielfalt und der Klimawandel miteinander verknüpft sind, sich gegenseitig verstärken und gleichwertige Bedrohungen für das Leben auf unserem Planeten darstellen und als solche dringend gemeinsam bekämpft werden sollten;

B.

in der Erwägung, dass sich der Zustand der Natur in einem in der Geschichte der Menschheit noch nie dagewesenen Tempo und Umfang verschlechtert; in der Erwägung, dass weltweit eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind; in der Erwägung, dass sich gemäß den Naturschutzrichtlinien der EU nur 23 % der Arten und 16 % der Lebensräume in einem günstigen Erhaltungszustand befinden;

C.

in der Erwägung, dass die Ozeane 71 % der Erdoberfläche bedecken, die Hälfte unseres Sauerstoffs erzeugen, ein Drittel der CO2-Emissionen und 90 % der überschüssigen Wärme im Klimasystem absorbieren (13) und im Kontext der Klimakrise eine einzigartige und entscheidende Rolle spielen, da sie klimaregulierend wirken;

D.

in der Erwägung, dass die Welt eine Klima- und Umweltkrise durchlebt, die globale Lösungen erforderlich macht, die gemeinsame Herausforderungen, Synergieeffekte und Bereiche der Zusammenarbeit aufzeigen;

E.

in der Erwägung, dass davon ausgegangen wird, dass die Tiefsee mit etwa 250 000 bekannten und zahlreichen noch unentdeckten Arten die weltweit größte biologische Vielfalt aufweist, wobei weltweit mindestens zwei Drittel der Meeresarten noch nicht identifiziert worden sind (14);

F.

in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten — wenn man die Meeresgebiete der überseeischen Länder und Gebiete berücksichtigt — das weltweit größte Meeresgebiet aufweisen;

G.

in der Erwägung, dass die Ozeane auch einen Beitrag zur Ernährungssicherheit und zur Gesundheit leisten, da sie für mehr als drei Milliarden Menschen als wichtigste Quelle für die Deckung des Proteinbedarfs dienen, erneuerbare Energie und Bodenschätze bereitstellen, in Küstengemeinden Arbeitsplätze schaffen, als Verkehrswege für den Transport unserer Waren fungieren und unsere Internetkommunikation erleichtern;

H.

in der Erwägung, dass die Ozeane derzeit starkem Druck durch menschliche Tätigkeiten — darunter Überfischung und schädliche Fangtechniken wie grundberührende Fischereitätigkeiten, Verschmutzung, extraktive industrielle Tätigkeiten und die Klimakrise — ausgesetzt sind, was zu irreversiblen Schäden wie der Erwärmung der Ozeane, dem Anstieg des Meeresspiegels, Versauerung, Sauerstoffentziehung, Küstenerosion, der Verschmutzung der Meere, dem Raubbau an der biologischen Vielfalt der Meere, dem Verlust und der Verschlechterung von Lebensräumen und der Verringerung der Biomasse führt, die sich auch auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen und Tieren sowie auf andere Organismen auswirkt;

I.

in der Erwägung, dass dem Weltbiodiversitätsrat und dem Weltklimarat zufolge die biologische Vielfalt der Meere in ernster Gefahr ist; in der Erwägung, dass die Europäische Umweltagentur auf den gegenwärtig schlechten Zustand der Meeresumwelt in der EU und darauf aufmerksam gemacht hat, dass die Meeresökosysteme in der EU rasch wiederhergestellt werden müssen, indem die Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten auf die Meeresumwelt angegangen werden; in der Erwägung, dass besonders artenreiche Meeresgebiete, wie Korallenriffe, Mangroven und Seegraswiesen, stark geschädigt und durch Klimawandel und Verschmutzung gefährdet sind;

J.

in der Erwägung, dass es enorme ökologische Folgen und wirtschaftliche Kosten nach sich ziehen würde, wenn die Ziele des Übereinkommens von Paris nicht erreicht werden, wozu auch zählt, dass sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen würde, dass die Temperaturen jenen kritischen Punkt erreichen, ab dem die Fähigkeit der Natur, in den Ozeanen Kohlenstoff zu absorbieren, eingeschränkt ist;

K.

in der Erwägung, dass Wale die Produktivität der Ökosysteme steigern und eine wichtige Rolle bei der Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre spielen; in der Erwägung, dass jeder Großwal im Laufe seines Lebens durchschnittlich 33 Tonnen CO2 bindet; in der Erwägung, dass Berechnungen des Internationalen Währungsfonds zufolge die Menge an klimapositivem Phytoplankton erheblich zunehmen würde, wenn die Walbestände wieder die Anzahl von vor dem Walfang erreichen könnten, und dass es dadurch zu einer zusätzlichen Abscheidung von Hunderten Millionen Tonnen CO2 pro Jahr käme, was dem plötzlichen Auftreten von zwei Milliarden Bäumen entspricht (15); in der Erwägung, dass der Schutz der Wale in der internationalen Meerespolitik eine Priorität sein sollte;

L.

in der Erwägung, dass die Ozeane auf internationaler Ebene als globales Gemeingut anerkannt und angesichts ihrer Einzigartigkeit, ihrer Vernetzung und der wesentlichen Ökosystemleistungen, die sie erbringen und von denen das Überleben und Wohlergehen der heutigen und künftigen Generationen abhängen, geschützt werden sollten;

M.

in der Erwägung, dass die Gebiete in äußerster Randlage und die Inseln der EU dank ihrer geografischen Gegebenheiten und Besonderheiten dazu beitragen, dass die EU von der geostrategischen, ökologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dimension der Ozeane profitiert, und ihr auch Verantwortung übertragen; in der Erwägung, dass die Regionen in äußerster Randlage und die Inseln im Vergleich zur übrigen EU und zu den übrigen Industrieländern zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Gebieten zählen, insbesondere im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung;

N.

in der Erwägung, dass die Meerespolitik der Definition der Europäischen Umweltagentur zufolge darin besteht, die Ozeane und ihre Ressourcen so zu bewirtschaften und zu nutzen, dass sie in einem gesunden Zustand und produktiv, sicher und widerstandsfähig bleiben (16);

O.

in der Erwägung, dass die blaue Wirtschaft der EU 4,5 Millionen direkte Arbeitsplätze stellt und alle mit den Ozeanen, Meeren und Küsten zusammenhängenden Wirtschaftszweige und Branchen umfasst, darunter die Schifffahrt, die Beförderung von Fahrgästen in Meeresgebieten, die Fischerei und die Energieerzeugung sowie Häfen, Werften, den Küstentourismus und die landgestützte Aquakultur; in der Erwägung, dass wirtschaftliche Fragen, die mit den Ozeanen im Zusammenhang stehen, ein wichtiger Aspekt des europäischen Grünen Deals und des Aufbauplans sind, und in der Erwägung, dass die Entwicklung einer nachhaltigen blauen Wirtschaft im Zusammenhang mit den Meeresökosystemen die wirtschaftliche Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen erheblich fördern könnte, insbesondere in Küsten- und Inselländern und -regionen sowie in den Gebieten in äußerster Randlage (17);

P.

in der Erwägung, dass auf dem Gipfeltreffen „One Ocean“, das im Februar 2022 in Brest stattfand, von Frankreich und Kolumbien eine weltweite Koalition für blauen Kohlenstoff ins Leben gerufen wurde und zudem die Koalition der hohen Ambitionen in Bezug auf die BBNJ gegründet wurde;

1.   

fordert die EU auf, eine führende Rolle einzunehmen, wenn es darum geht, die Ozeane zu schützen, die Meeresökosysteme wiederherzustellen und das Bewusstsein für die wesentliche Rolle, die die Ozeane bei der Erhaltung eines lebenswerten Planeten für Menschen und Tiere spielen, sowie für die zahlreichen Vorteile, die die Ozeane für unsere Gesellschaften mit sich bringen, zu schärfen; hält es in diesem Zusammenhang für wichtig, unsere Beziehung zu den Ozeanen zu verbessern; fordert die Kommission auf, sich dafür einzusetzen, dass Fragen im Zusammenhang mit dem Meeresschutz in anderen Politikbereichen stärker berücksichtigt werden — auch auf den bevorstehenden Klima- und Biodiversitätskonferenzen, insbesondere auf der COP 15 und auf der COP 27;

2.   

bringt seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass der Vertrag über die Hohe See auf der fünften Regierungskonferenz letztendlich nicht angenommen wurde, erkennt jedoch an, dass Fortschritte erzielt wurden; hält es für unerlässlich, den Schutz der biologischen Vielfalt über die nationalen Hoheitsgebiete hinaus sicherzustellen, um die marine Tier- und Pflanzenwelt zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen und unsere gemeinsamen Meeresressourcen gerecht und nachhaltig zu nutzen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten dringend auf, die Verhandlungen über den Vertrag über die Hohe See unverzüglich wieder aufzunehmen, damit bei den Verhandlungen über einen BBNJ-Vertrag, mit dem ein ambitionierter, wirksamer und zukunftssicherer internationaler Rahmen garantiert wird, der für die Verwirklichung des Ziels der Erhaltung von mindestens 30 % der Ozeane und Meere der Welt unerlässlich ist, ein ambitionierter Ansatz verfolgt werden kann;

3.   

betont, dass die Konferenz der Vertragsparteien uneingeschränkt befugt sein sollte, wirksame Bewirtschaftungspläne und -maßnahmen für die Meeresschutzgebiete anzunehmen, und ist der festen Überzeugung, dass jegliche Art von Opt-out-Mechanismen die Bemühungen um den Schutz der Meere untergraben würde; betont ferner, dass der Vertrag auch einen fairen und gerechten Mechanismus für den Zugang zu den genetischen Meeresressourcen und die Aufteilung der Vorteile, die sie erbringen, enthalten und eine angemessene Finanzierung zur Unterstützung der Kernfunktionen des Vertrags sowie finanzielle, wissenschaftliche und technische Unterstützung — durch den Aufbau von Kapazitäten und den Transfer von Meerestechnologien — für Staaten, die diese benötigen, vorsehen sollte; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich dafür einzusetzen, dass in die Präambeln künftiger Erklärungen und internationaler Verträge, insbesondere in Bezug auf die BBNJ, der Gedanke aufgenommen wird, dass die Ozeane ein globales Gemeingut sind;

4.   

betont, dass die bevorstehenden Konferenzen zum Klima (COP 27) und zur biologischen Vielfalt (COP 15) entscheidend sein werden, um sicherzustellen, dass die Ozeane bei der Bekämpfung des Klimawandels eine zentrale Rolle spielen und dass die Ziele des Übereinkommens von Paris und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt vollumfänglich verwirklicht werden können; erkennt an, dass die Gesundheit unserer Ozeane und Meere von entscheidender Bedeutung ist, damit sie bei der Eindämmung des Klimawandels weiterhin eine zentrale Rolle spielen können und damit das Temperaturziel des Übereinkommens von Paris eingehalten werden kann; bekräftigt seine Forderung an die EU, auf der COP 15 auf einen ambitionierten globalen Rahmen für die biologische Vielfalt nach 2020 zu drängen, mit dem unter anderem das Ziel verfolgt wird, den Verlust an biologischer Vielfalt aufzuhalten und umzukehren, unter anderem durch rechtsverbindliche globale Wiederherstellungs- und Schutzziele von mindestens 30 % bis 2030;

Verbesserung der Meerespolitik in der EU und auf internationaler Ebene

5.

vertritt die Auffassung, dass es erheblicher gemeinsamer Anstrengungen bedarf, um die Verschlechterung der Ozeane zu bekämpfen; fordert eine globale, systemische, integrierte und ambitionierte Politik;

6.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut auf, ein internationales Moratorium zum Tiefseebergbau zu unterstützen (18);

7.

betont, wie wichtig es ist, eine Bestandsaufnahme der Zusammenhänge vorzunehmen, die in der europäischen Politik zwischen Land und Meer bestehen, einschließlich Stickstoff- und Phosphoreinträgen infolge intensiver Landwirtschaft sowie der Verschmutzung durch Kunststoffe; betont darüber hinaus, dass es wichtig ist, das Konzept „Eine Gesundheit“ durchgängig zu berücksichtigen und dabei die Zusammenhänge zwischen der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt anzuerkennen;

8.

äußert erneut seine Besorgnis darüber, dass die im Rahmen der partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei bereitgestellte Unterstützung des Fischereisektors häufig nicht unmittelbar der lokalen Fischerei und den Küstengemeinden in Drittländern zugutekommt; fordert die Kommission erneut auf, dafür zu sorgen, dass solche Abkommen mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Umweltverpflichtungen der EU und den Zielen der gemeinsamen Fischereipolitik der EU im Einklang stehen; fordert die EU nachdrücklich auf, die Transparenz und die Datenerhebung (insbesondere zu Fängen, zur Registrierung von Fischereifahrzeugen und zu Arbeitsbedingungen) zu verbessern, die Berichtspflichten, die im Rahmen der partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei bestehen, auszuweiten und eine zentrale sozioökonomische Datenbank einzurichten, in der alle EU-Fischereifahrzeuge erfasst werden, und zwar unabhängig davon, wo sie tätig sind;

9.

betont, dass im Rahmen für die internationale Meerespolitik auch auf die Arbeitnehmer- und Menschenrechte auf See eingegangen werden muss; fordert die Kommission –angesichts der Zusammenhänge zwischen Verstößen gegen Arbeitnehmer- und Menschenrechte und nicht nachhaltigen und destruktiven Fischereipraktiken, insbesondere der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) — auf, gezielte Anstrengungen zu unternehmen, um Standards für menschenwürdige Arbeit in der weltweiten Fischerei zu fördern;

10.

fordert den Rat und seinen turnusmäßig wechselnden Vorsitz auf, eine langfristige strategische Vision für meeresbezogene Fragen auszuarbeiten und umzusetzen, um der EU bei der nachhaltigen Entwicklung unserer Meere und insbesondere beim Schutz der Ozeane und ihrer Ökosysteme mit dem Ziel, die derzeitige Umwelt- und Klimakrise zu bewältigen, eine weltweit führende Rolle zu sichern;

11.

bekräftigt den Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung, zu dem sich die EU und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet haben und der darauf abzielt, zwischen den verschiedenen Politikbereichen der EU Widersprüche zu minimieren und Synergieeffekte zu schaffen; hebt in diesem Zusammenhang die Schlüsselrolle der Entwicklungspolitik der EU hervor, mit der die Partnerländer dabei unterstützt werden sollten, die vorstehend genannten gemeinsamen Ziele für die Ozeane und die Menschheit zu erreichen;

12.

betont, dass es sowohl für die biologische Vielfalt als auch für den Klimaschutz wichtig ist, die Walbestände zu schützen; spricht sich nachdrücklich für die Beibehaltung des weltweiten Moratoriums für den kommerziellen Walfang sowie des Verbots des internationalen Handels mit Walerzeugnissen aus; fordert Japan, Norwegen und Island auf, ihre Walfangtätigkeiten einzustellen; fordert die EU auf, gegen lebensbedrohliche Gefahren vorzugehen, denen Wale und andere Meeressäugetiere ausgesetzt sind, darunter Kollisionen mit Schiffen, Fischereinetze, in denen sie sich verfangen können, Kunststoffabfälle im Wasser und Lärmbelastung;

Die Erhaltung angesichts von Klima- und Umweltkrisen sicherstellen

13.

bekräftigt seinen Standpunkt aus der Biodiversitätsstrategie, dass es die Ziele der EU, mindestens 30 % der Meeresgebiete der EU zu schützen und mindestens 10 % der Meeresgebiete der EU streng zu schützen, nachdrücklich unterstützt; erwartet, dass mit dem neuen EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur die Wiederherstellung geschädigter Meeresökosysteme sichergestellt wird, da gesunde Meeresökosysteme die biologische Vielfalt schützen und wiederherstellen und den Klimawandel abmildern können, zumal durch sie zahlreiche Ökosystemleistungen erbracht werden; bekräftigt seine Forderung nach einem Wiederherstellungsziel von mindestens 30 % der Landfläche und Meeresgebiete der EU, das über einen einfachen Schutz hinausgeht;

14.

bekräftigt seine uneingeschränkte Unterstützung für die Ausweisung von zwei neuen Meeresschutzgebieten mit einer Fläche von mehr als 3 Mio. km2 in der Ostantarktis und im Weddellmeer (19); fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen deutlich zu intensivieren, um dieses Ziel zu erreichen;

15.

unterstützt den Antrag der EU auf den Status eines Beobachters im Arktischen Rat; fordert einen verstärkten Schutz der Arktis, einschließlich eines Verbots der Erdölexploration und, so bald wie möglich, der Erdgasexploration;

16.

bekräftigt seine Unterstützung für das Verbot aller umweltschädlichen extraktiven industriellen Tätigkeiten wie etwa Bergbau und die Gewinnung fossiler Brennstoffe in Meeresschutzgebieten; bekräftigt seine Forderung an die EU, wissenschaftliche Forschungsprogramme zur Kartierung kohlenstoffreicher Meereslebensräume in EU-Gewässern einzuleiten und zu finanzieren, die als Grundlage für die Ausweisung solcher Gebiete als streng geschützte Meeresschutzgebiete dienen sollen, um im Einklang mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen marine Kohlenstoffsenken zu schützen und wiederherzustellen und um Ökosysteme, insbesondere solche am Meeresboden, im Einklang mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zu schützen und wiederherzustellen und sie vor menschlichen Tätigkeiten, wie z. B. grundberührenden Fischereitätigkeiten, zu bewahren, die die Wassersäule stören und Kohlenstoff freisetzen könnten;

17.

bekräftigt, dass die Fischerei und die Aquakultur weltweit umweltverträglich sein und auf eine Art und Weise durchgeführt werden müssen, die mit den Zielen der Erreichung eines wirtschaftlichen, sozialen und beschäftigungspolitischen Nutzens und eines Beitrags zum Nahrungsmittelangebot vereinbar ist; betont, dass die Erhebung wissenschaftlicher und sozioökonomischer Daten für die nachhaltige Fischereiwirtschaft von grundlegender Bedeutung ist; bedauert, dass die jüngste Durchführungsverordnung (EU) 2022/1614 der Kommission vom 15. September 2022 angenommen wurde, ohne dass ausreichende Daten vorlagen und ohne dass die Interessenträger hinreichend konsultiert worden wären; fordert die Kommission nachdrücklich auf ihre Entscheidung, sobald eine sozioökonomische Folgenabschätzung vorliegt, im Lichte der für November 2022 geplanten Stellungnahme des Internationalen Rates für Meeresforschung zu überprüfen;

18.

betont, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Integration der Küstenökosysteme des blauen Kohlenstoffs (Mangroven, Gezeitensalzwiesen und Seegras) in den europäischen Grünen Deal zu vereinfachen, und fordert die Kommission auf, weiter an der Ermittlung belastbarer, transparenter und wissenschaftlich fundierter Methoden für die ordnungsgemäße Anrechnung des CO2-Abbaus und der Emissionen aus diesen Ökosystemen in einer Weise zu arbeiten, die andere Ziele der biologischen Vielfalt nicht beeinträchtigt;

19.

betont, dass Gebiete in äußerster Randlage und Inseln für die Bewältigung der meeresbezogenen Herausforderungen von wesentlicher Bedeutung sind, und fordert die EU auf, ihre Rolle bei der Suche nach Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel, den Schutz der biologischen Vielfalt der Meere und den Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft zu stärken, unter anderem durch die Förderung ökosystembasierter Lösungen; fordert die EU auf, die Gebiete in äußerster Randlage besser in die Meeresstrategien einzubeziehen, auch im Rahmen der integrierten Meerespolitik;

20.

weist erneut darauf hin, wie wichtig und dringend die Verringerung und Vermeidung von Abfällen im Meer ist, da Kunststoffabfälle 80 % der gesamten Meeresverschmutzung ausmachen und sich Kunststoffe in den Ozeanen Schätzungen zufolge auf etwa 75-199 Mio. Tonnen beziffern lassen und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (20) zufolge bis 2040 verdreifachen könnten, wenn keine entschiedenen Maßnahmen ergriffen werden; begrüßt die laufenden Verhandlungen über einen globalen Vertrag über die Verschmutzung durch Kunststoffe und fordert die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, bis spätestens 2024 eine ambitionierte und wirksame Einigung zu erzielen; betont, dass gegen die Verschmutzung durch Kunststoffe vorgegangen werden muss, indem das Abfallaufkommen an der Quelle verringert wird und vor allem die Verwendung und der Verbrauch von Kunststoffen eingeschränkt werden und die Kreislaufwirtschaft verbessert wird; bringt ferner seine Unterstützung für Reinigungsmaßnahmen zum Ausdruck; weist auf die Kunststoffwirtschaft und ihren exponentiellen Produktionsanstieg in den letzten Jahrzehnten hin; fordert einen systemischen Ansatz, um die Umweltverschmutzung durch Kunststoffe, einschließlich Mikroplastik, in geeigneter Weise anzugehen; fordert internationale Maßnahmen zur Beendigung der Entsorgung nuklearer und militärischer Abfälle im Meer und praktische Lösungen zur Begrenzung ihrer bestehenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit;

21.

begrüßt das kürzlich angenommene WTO-Übereinkommen über Fischereisubventionen, das alle Parteien rasch ratifizieren sollten; bedauert jedoch, dass keine Einigung erzielt wurde, um Subventionen zu begrenzen, die zu Überfischung und Flottenüberkapazitäten führen; fordert die Kommission auf, unverzüglich zu einer Einigung in der WTO zu gelangen; betont, dass die Fischerei nachhaltig betrieben werden muss, um sicherzustellen, dass die negativen Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresökosystem minimiert werden, und dass die weitere Umweltzerstörung verhindert wird, was eines der Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen gegen Überkapazitäten und Überfischung zu ergreifen, einschließlich des Verbots von Subventionen, die zu Überkapazitäten und Überfischung beitragen;

22.

weist darauf hin, dass die IUU-Fischerei und Überfischung eine erhebliche Bedrohung für die nachhaltige Fischerei und die Widerstandsfähigkeit der Meeresökosysteme darstellen; begrüßt die Zusage der Kommission, bei der IUU-Fischerei einen Null-Toleranz-Ansatz zu verfolgen, nimmt jedoch mit Besorgnis die Schlussfolgerung des Sonderberichts Nr. 20/2022 des Rechnungshofs zur Kenntnis, wonach die Wirksamkeit der bestehenden Kontrollsysteme zur Bekämpfung der illegalen Fischerei durch die uneinheitliche Anwendung von Kontrollen und Sanktionen durch die Mitgliedstaaten verringert wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Umsetzung der IUU-Verordnung (21) der EU zu verbessern und den Empfehlungen des Rechnungshofs nachzukommen und für abschreckende Sanktionen gegen die illegale Fischerei zu sorgen;

23.

ist darüber hinaus besorgt angesichts der IUU-Fischerei außerhalb der EU-Gewässer; fordert ein starkes globales System abschreckender Sanktionen und einen mehrgleisigen Ansatz zur Bekämpfung der IUU-Fischerei; betont, dass die Verwendung von Billigflaggen und das Umflaggen begrenzt werden müssen und gegen Umladungen auf See vorgegangen werden muss; fordert die Kommission auf, die Transparenz in Bezug auf das wirtschaftliche Eigentum an Unternehmensstrukturen wirksam zu fördern, und fordert die EU generell auf, den Aufbau von Kapazitäten zur Korruptionsbekämpfung zu stärken, indem sie die Zusammenarbeit zwischen nationalen Agenturen fördert, die internationale Zusammenarbeit ausbaut, die Aufsicht über Fischereiagenten in Entwicklungsländern mit Unterstützung der EU verbessert und regionale Überwachungs-, Kontroll- und Aufsichtszentren und Taskforces unterstützt;

Förderung einer nachhaltigen blauen Wirtschaft

24.

erkennt an, dass die Gesundheit der Meere von entscheidender Bedeutung für die langfristige Nachhaltigkeit vieler Tätigkeiten ist — von der Fischerei über den Tourismus und die Forschung bis hin zur Schifffahrt; begrüßt das Potenzial einer vollständig nachhaltigen blauen Wirtschaft für die nachhaltige Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen und betont, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, diese Sektoren dabei zu unterstützen, nachhaltiger zu werden und sich an die neuen Standards des europäischen Grünen Deals anzupassen;

25.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie über die maritime Raumplanung vollständig umzusetzen und dabei alle maritimen Wirtschaftstätigkeiten zu berücksichtigen, einschließlich Fischerei, Anlagen für die Offshore-Energieerzeugung, Seeverkehrswege, Verkehrstrennungssysteme, Hafenentwicklung, Tourismus und Aquakultur, und zwar durch einen integrierten und ökosystembasierten Ansatz, der den Schutz der Meeresökosysteme gewährleistet; bekräftigt, dass weitere Anstrengungen zur kohärenten Umsetzung der Richtlinie erforderlich sind, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, bei ihrer Planung einen „ökosystembasierten Ansatz“ anzuwenden, um bei der weltweiten Einführung der maritimen Raumplanung mit gutem Beispiel voranzugehen;

26.

weist darauf hin, dass die Dekarbonisierung des Seeverkehrs neben CO2 und NO2 auch Methanemissionen umfassen sollte, da sich Methan über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg mehr als 80-mal stärker als CO2 auswirkt und somit das zweitschädlichste Treibhausgas ist und zu etwa einem Viertel der heutigen Erderwärmung beiträgt;

27.

weist darauf hin, dass Ruß sowohl ein Luftschadstoff als auch ein kurzlebiger Klimaschadstoff ist, der zusammen mit Feinstaub bei der Verbrennung entsteht, einen erheblichen Erwärmungseffekt hat und den zweitgrößten Beitrag zur von Schiffen verursachten Erderwärmung leistet; betont, wie wichtig es ist, die Arktis insbesondere vor Emissionen aus der Schifffahrt und Feinstaub zu schützen, und weist darauf hin, dass sich die EU in einer gemeinsamen Mitteilung vom 13. Oktober 2021 verpflichtet hat, „im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals und dem Paket ‚Fit für 55‘ die Bemühungen um eine emissions- und schadstofffreie arktische Seeroute im Arktischen Ozean“ anzuführen (22); fordert die EU auf, sich auf internationaler Ebene entschlossen für die Verabschiedung konkreter Maßnahmen einzusetzen, um eine emissions- und schadstofffreie Schifffahrt in der Arktis zu erreichen;

28.

ist besorgt über den Unterwasserlärm, der durch den Seeverkehr, das Pfahlrammen und andere Tätigkeiten auf See verursacht wird, sowie über Walkollisionen mit Schiffen, die negative Auswirkungen auf die Meeresökosysteme und das Wohlergehen der Meeresfauna haben; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme zu ermitteln und vorzuschlagen;

29.

betont, dass die Meere durch die Offshore-Förderung fossiler Brennstoffe gefährdet sind; betont, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe weiter zum Klimawandel beitragen und diesen beschleunigen wird; ist der Ansicht, dass die EU mit internationalen Partnern zusammenarbeiten muss, um eine Abkehr von der Offshore-Förderung fossiler Brennstoffe auf faire Weise zu erreichen;

30.

bekräftigt seine Standpunkte zur Verordnung über Messung, Berichterstattung und Überprüfung (MRV) (23) und zur Richtlinie über das Emissionshandelssystem (24) im Hinblick auf die Einrichtung eines Ozeanfonds zur Verbesserung der Energieeffizienz von Schiffen und zur Unterstützung von Investitionen, die zur Dekarbonisierung des Seeverkehrs beitragen sollen, wie z. B. Windantrieb, auch im Kurzstreckenseeverkehr und in Häfen;

31.

betont, dass Projekte für nachhaltige erneuerbare Offshore-Energie rasch umgesetzt werden müssen, wobei deren Auswirkungen auf Ökosysteme, einschließlich wandernder Arten, und die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu berücksichtigen sind; betont, dass der Aufbau eines starken Binnenmarkts für erneuerbare Energie aus dem Meer Europa dabei Nutzen würde, seine technologische Führungsrolle in diesem Bereich weiter auszubauen und so neue weltweite Exportchancen für die europäische Industrie zu schaffen;

32.

betont, dass die EU mit gutem Beispiel vorangehen sollte, indem ambitionierte rechtliche Anforderungen in Bezug auf die Dekarbonisierung des Seeverkehrs festgelegt und gleichzeitig in internationalen Foren wie der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation Maßnahmen unterstützt und vorangebracht werden, die mindestens ein vergleichbares Ambitionsniveau haben, damit die Seeverkehrsbranche ihre Treibhausgasemissionen weltweit und im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris schrittweise verringern kann; betont, dass die Kommission für den Fall, dass die Internationale Seeschifffahrtsorganisation solche Maßnahmen ergreifen sollte, deren Ambitionen und die allgemeine Umweltintegrität, einschließlich ihrer allgemeinen Ambitionen in Bezug auf die Ziele des Übereinkommens von Paris, das gesamtwirtschaftliche Ziel der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 und die Verwirklichung der Klimaneutralität bis spätestens 2050, prüfen sollte; ist der Ansicht, dass die Kommission, falls dies für notwendig erachtet wird, dem Parlament und dem Rat weitere Vorschläge unterbreiten sollte, die die Umweltintegrität und Wirksamkeit der Klimaschutzmaßnahmen der EU wahren und die Souveränität der EU anerkennen, ihren Anteil an den Emissionen aus der internationalen Schifffahrt im Einklang mit den Verpflichtungen des Übereinkommens von Paris zu regeln;

33.

begrüßt die Rolle der regionalen Fischereiorganisationen (RFO); fordert die Kommission nachdrücklich auf, im Rahmen der Verhandlungen über ein Übereinkommen über regionale Fischereiorganisationen dafür zu sorgen, dass die genehmigten Bewirtschaftungs- und Erhaltungsmaßnahmen im Einklang mit den Zielen der gemeinsamen Fischereipolitik stehen oder ambitionierter als diese sind, indem harmonisierte Vorschriften für die EU-Flotte unabhängig vom geografischen Gebiet, in dem sie tätig ist, eingeführt werden und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Flotten geschaffen werden, die im Rahmen dieser internationalen Übereinkommen tätig sind; fordert die Kommission auf, die Schaffung neuer RFO zu fördern und ambitionierte Mandate vorzulegen, um den Schutz der Fischbestände und die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen zu verbessern, Rückwürfe zu verringern und die verfügbaren Daten sowie die Einhaltung der Vorschriften und die Transparenz der Entscheidungsfindung zu verbessern; fordert eine breitere Nutzung der zulässigen Gesamtfangmengen und Quotenmechanismen, insbesondere bei den Verhandlungen über ein Übereinkommen über regionale Fischereiorganisationen und in partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei, um eine wirksame weltweite Erhaltung der Fischereiressourcen sicherzustellen;

34.

betont, dass den sozialen Bedürfnissen im Zusammenhang mit dem Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft umfassend Rechnung getragen werden muss; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Umschulung und Weiterqualifizierung der vorhandenen Arbeitskräfte zu unterstützen und neue Arbeitskräfte mit den erforderlichen Kompetenzen für nachhaltige Wirtschaftspraktiken anzuwerben;

35.

fordert die Kommission auf, sozioökonomische Analysen der Herausforderungen, mit denen die Fischereigemeinden in der EU konfrontiert sind, durchzuführen und auf vorhandenen aufzubauen, um geeignete Unterstützungsmaßnahmen und Möglichkeiten einer Diversifizierung zu ermitteln, damit der Übergang auf faire und gerechte Weise erfolgt;

Sensibilisierung, Förderung von Forschung und Wissen

36.

betont, dass Forschung und Innovation in den Bereichen Anpassung an das Meeresklima und erneuerbare Meeresenergie unterstützt werden müssen, um die EU zu einem Vorreiter für umweltfreundliche Schiffe, Fischereifahrzeuge und Häfen zu machen; hebt hervor, dass Mittel für die Ökosysteme und die biologische Vielfalt in der Tiefseee bereitgestellt werden sollten; fordert entschlossene Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe und des illegalen Einbringens von Abfällen; fordert die EU auf, eine führende Rolle bei der Einrichtung ökologischer Korridore und Verbindungen zwischen umweltfreundlichen Häfen weltweit zu übernehmen, um den ökologischen Wandel im maritimen Sektor zu stärken und auszuweiten; fordert ein entschlossenes Vorgehen gegen die Verschmutzung durch Schiffe und das illegale Einbringen von Abfällen;

37.

ist der Ansicht, dass die Entwicklung und Produktion nachhaltiger Schiffskraftstoffe in den kommenden Jahren exponentiell gesteigert werden sollte und dass die EU und ihre Mitgliedstaaten in die Erforschung und Herstellung nachhaltiger Schiffskraftstoffe investieren sollten, da diese sowohl ökologische als auch industrielle Chancen bergen; fordert die Kommission auf, die Möglichkeit der Einrichtung eines EU-Forschungszentrums für nachhaltige Schiffskraftstoffe und -technologien zu prüfen, das dazu beitragen würde, die Bemühungen der an der Entwicklung nachhaltiger Schiffskraftstoffe beteiligten Akteure zu koordinieren;

38.

bringt seine Unterstützung für die UN-Dekade für Ozeanwissenschaften für nachhaltige Entwicklung zum Ausdruck sowie für die „Mission Seestern 2030: Unsere Meere und Gewässer wiederbeleben“, die darauf abzielt, die Erhebung von Wissen und Daten sowie die Regeneration der Ozeane zu beschleunigen und eine zyklische Vision für die Regeneration von Ozeanen, Meeren und Flüssen durch konkrete und regionale Pilotprojekte zu fördern;

39.

erkennt an, dass Wissenschaftsgemeinschaften einbezogen werden müssen, um die Bemühungen um eine nachhaltige Zukunft der Meere zu koordinieren, in deren Rahmen neue Methoden der Wissensproduktion und des Wissensaustauschs möglich sind; fordert die EU daher auf, sich für die Einrichtung eines internationalen Gremiums für die Nachhaltigkeit der Meere nach dem Vorbild des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen einzusetzen, um die Grundlagen für die künftige Meerespolitik und -bewirtschaftung zu schaffen;

40.

unterstützt die Bemühungen der zwischenstaatlichen Naturschutz-Koalition „High Ambition Coalition for Nature and People“ unter der Leitung Costa Ricas, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs; begrüßt die Mitgliedschaft der Kommission in dieser Koalition; erinnert an die Zusage der EU, sich für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen stark zu machen, wie es im 14. Ziel für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen festgelegt wurde;

o

o o

41.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 2.

(2)  ABl. C 458 vom 19.12.2018, S. 9.

(3)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.

(4)  ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19.

(5)  ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135.

(6)  ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 14.

(7)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0135.

(8)  ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 123.

(9)  ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 30.

(10)  ABl. C 342 vom 6.9.2022, S. 66.

(11)  ABl. C 99 vom 1.3.2022, S. 214.

(12)  ABl. C 99 vom 1.3.2022, S. 88.

(13)  UN Climate Action, „The ocean — the world’s greatest ally against climate change“ (Die Ozeane — der wichtigste Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel).

(14)  „Marine Biodiversity and Ecosystems Underpin a Healthy Planet and Social Well-Being“ (Die biologische Vielfalt und die Ökosysteme der Meere bilden die Grundlage für einen gesunden Planeten und soziales Wohlergehen), UN Chronicle, Nrn. 1 & 2, Band LIV — Our Ocean, Our World, Mai 2017.

(15)  Internationaler Währungsfonds, „A strategy to protect whales can limit greenhouse gases and global warming“ (Durch eine Strategie zum Schutz der Wale können Treibhausgase und die Erderwärmung begrenzt werden), Dezember 2019.

(16)  Europäische Umweltagentur, „Ocean governance“ (Meerespolitik), 5. Mai 2022.

(17)  Wie in der Entschließung des Parlaments vom 3. Mai 2022 zu der Rolle der Fischerei und der Aquakultur beim Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU dargelegt.

(18)  Siehe Bericht der Kommission von 2022 über die blaue Wirtschaft in der EU (EU Blue Economy Report 2022), 3. Mai 2022.

(19)  Wie bereits in der Entschließung des Parlaments vom 8. Juli 2021 zur Ausweisung von Meeresschutzgebieten in der Antarktis und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im Südlichen Ozean zum Ausdruck gebracht.

(20)  Siehe Koordinierungsstelle des Umweltprogramms der Vereinten Nationen für die Meere Ostasiens (COBSEA), „Marine Litter and Plastic Pollution“ (Abfälle im Meer und Verschmutzung durch Kunststoffe), und den Synthesebericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen From pollution to solution: a global assessment of marine litter and plastic pollution (Umweltverschmutzung und Lösungen: globale Bewertung der Abfälle im Meer und der Verschmutzung durch Kunststoffe), 2021.

(21)  ABl. L 286 vom 29.10.2008, S. 1.

(22)  Gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 13. Oktober 2021 mit dem Titel „Verstärktes Engagement der EU für eine friedliche, nachhaltige und prosperierende Arktis“, S. 9 (JOIN(2021)0027).

(23)  Standpunkt vom 16. September 2020 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/757 zwecks angemessener Berücksichtigung des globalen Datenerhebungssystems für den Kraftstoffverbrauch von Schiffen (ABl. C 385 vom 22.9.2021, S. 217).

(24)  ABl. L 76 vom 19.3.2018, S. 3.


EMPFEHLUNGEN

Europäisches Parlament

Mittwoch, 5. Oktober 2022

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/115


P9_TA(2022)0345

Die strategische Beziehung und Partnerschaft der EU mit dem Horn von Afrika

Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2022 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission / Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu der strategischen Beziehung und Partnerschaft der EU mit dem Horn von Afrika (2021/2206(INI))

(2023/C 132/16)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Mai 2021 mit dem Titel „Das Horn von Afrika: Eine geostrategische Priorität der EU“ und insbesondere auf Absatz 28 zum Zugang zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten,

unter Hinweis auf die am 18. Februar 2022 im Rahmen des sechsten Gipfeltreffens zwischen der Europäischen Union (EU) und der Afrikanischen Union (AU) angenommene gemeinsame Abschlusserklärung über eine gemeinsame Vision für 2030,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Juni 2018 zum Horn von Afrika und zum Roten Meer,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2020 zur sicherheitspolitischen Zusammenarbeit zwischen der EU und Afrika in der Sahelzone, in Westafrika und am Horn von Afrika (1),

unter Hinweis auf den Strategischen Kompass für Sicherheit und Verteidigung, der am 21. März 2022 angenommen wurde,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu einer neuen Strategie EU-Afrika — eine Partnerschaft für nachhaltige und inklusive Entwicklung (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2021 zur Lage in Somalia (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2021 zur Lage im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2022 zur politischen Krise in Sudan (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Lage in Äthiopien (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2021 zur humanitären Lage in Tigray (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Februar 2021 zu der politischen Lage in Uganda (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Oktober 2019 zu der Lage von LGBTI-Personen in Uganda (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2020 zu Eritrea, insbesondere dem Fall Dawit Isaak (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2016 zur Lage in Eritrea (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Mai 2017 zum Südsudan (12),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Mai 2016 zu Dschibuti (13),

unter Hinweis auf die Resolutionen 1325, 1820, 1888, 1889, 1960, 2106, 2122, 2242, 2467 und 2493 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit,

unter Hinweis auf die Resolutionen 2250, 2419 und 2535 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Jugend, Frieden und Sicherheit,

unter Hinweis auf die Resolutionen der Afrikanischen Kommission für die Menschenrechte und Rechte der Völker vom Mai 2014 zum Schutz vor Gewalt und anderen Menschenrechtsverletzungen gegen Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder mutmaßlichen sexuellen Ausrichtung oder Geschlechtsidentität und vom Mai 2017 zur Lage der Menschenrechtsverteidiger in Afrika,

unter Hinweis auf die Leitlinien für die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die von der Afrikanischen Kommission für die Menschenrechte und Rechte der Völker auf ihrer 60. Ordentlichen Tagung im Mai 2017 angenommen wurden,

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. März 2020 zum Thema „EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020-2024“ (JOIN(2020)0005),

unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie (2015-2019) und insbesondere auf die Maßnahme 22(b), in der die Verantwortung des Europäischen Auswärtigen Dienstes, der Kommission, des Rates und der Mitgliedstaaten für die Ausarbeitung und Umsetzung einer EU-Strategie für die Übergangsjustiz dargelegt wird,

unter Hinweis auf das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung und auf das Übereinkommen über Streumunition,

unter Hinweis auf die Vereinbarung, die auf dem dritten Regionalen Ministerforum für Migration in Nairobi (Kenia) am 1. April 2022 unterzeichnet wurde,

unter Hinweis auf die Resolution 2628 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 31. März 2022, durch die die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) in die Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia umgewandelt wurde,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,

unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 mit dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, die auf dem in New York stattfindenden Gipfeltreffen der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung verabschiedet wurde,

unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung von 1981,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2020 zu einer Strategie der EU zur Beendigung der Genitalverstümmelung bei Frauen weltweit (14),

unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,

unter Hinweis auf den Bericht der äthiopischen Menschenrechtskommission und des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 3. November 2021 über die gemeinsame Untersuchung von mutmaßlichen Verletzungen der internationalen Menschenrechte, des humanitären Völkerrechts und des Flüchtlingsrechts vonseiten aller Konfliktparteien in der äthiopischen Region Tigray und den Bericht der äthiopischen Menschenrechtskommission vom 11. März 2022 über Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in den äthiopischen Regionen Afar und Amhara, die zwischen September und Dezember 2021 begangen wurden,

unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen vom 17. Dezember 2021 zur Einberufung einer internationalen Kommission von Menschenrechtsexperten, die eine gründliche und unparteiische Untersuchung mutmaßlicher Verstöße und Missbräuche durchführen soll, die seit dem 3. November 2020 von allen Konfliktparteien in Äthiopien begangen wurden,

unter Hinweis auf das neubelebte Abkommen über die Beilegung des Konflikts in der Republik Südsudan vom 12. September 2018,

unter Hinweis auf das Hintergrundpapier des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstituts vom Dezember 2020 mit dem Titel „The European Union Training Mission in Somalia: an assessment“ (Die Ausbildungsmission der Europäischen Union in Somalia: eine Bewertung),

gestützt auf Artikel 118 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0207/2022),

A.

in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Mai 2021 eine neue Strategie für das Horn von Afrika festgelegt wird und der Partnerschaft der EU mit der Region, die für die Union von primärer strategischer Bedeutung ist, neue Impulse verliehen werden;

B.

in der Erwägung, dass das Horn von Afrika in politischer, wirtschaftlicher und handelspolitischer Hinsicht eine strategisch wichtige Region für die EU ist, mit der Europa seit Langem politische und wirtschaftliche Beziehungen unterhält; in der Erwägung, dass das Horn von Afrika ein wirtschaftliches und politisches Wachstumspotenzial besitzt, jedoch mit einer Reihe kritischer Hindernisse konfrontiert ist, darunter die COVID-19-Krise, die negativen Auswirkungen des Klimawandels, zunehmende Wasserknappheit und Ernährungsunsicherheit, Wüstenbildung und Entwaldung, geringe Widerstandsfähigkeit gegenüber Naturkatastrophen, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung in Verbindung mit begrenzter Schaffung von Arbeitsplätzen und tiefgreifenden Ungleichheiten, einen Mangel an geeigneter Infrastruktur, Instabilität und politischen Herausforderungen; in der Erwägung, dass Demokratie, verantwortungsvolle Staatsführung, Rechenschaftspflicht, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Gleichstellung der Geschlechter sowie integrative und partizipative Gesellschaften Voraussetzungen für Frieden und Stabilität in der Region sind;

C.

in der Erwägung, dass die Länder am Horn von Afrika (Somalia, Äthiopien, Sudan, Kenia, Uganda, Eritrea, Südsudan, Dschibuti) gemeinsamen Risiken und Bedrohungen ausgesetzt sind, insbesondere im Zusammenhang mit den unmittelbaren und den langfristigen Auswirkungen des Klimawandels, dschihadistischem Terrorismus, ethnischen Spannungen und Problemen, die auf eine schwache Regierungsführung zurückzuführen sind; in der Erwägung, dass alle Länder in der Region aufgrund von andauernden Konflikten und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen vonseiten aller Konfliktparteien, darunter der Rekrutierung von Kindersoldaten, gezielter Angriffe gegen Zivilisten und die zivile Infrastruktur und der Praxis der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Mädchen, anhaltend geschwächt sind; in der Erwägung, dass die Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen und anderen Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechtsnormen nach wie vor die Regel ist, während sich das Streben nach Gerechtigkeit für die Opfer weitgehend als schwer zu verwirklichen erwiesen hat; in der Erwägung, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Dezember 2021 die Kommission von Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen für Äthiopien eingesetzt hat, um mögliche Kriegsverbrechen und andere Verstöße zu untersuchen;

D.

in der Erwägung, dass sich die Stabilität am Horn von Afrika seit dem Ausbruch des Konflikts in der äthiopischen Region Tigray im November 2020 insgesamt weiter verschlechtert hat und durch die schwierigen politischen Umwälzungen, die in einer Reihe von Ländern stattfinden, gefährdet ist; in der Erwägung, dass die humanitäre Situation in ganz Äthiopien aufgrund von Konflikten, Dürren und umfangreichen Binnenvertreibungen nach wie vor dramatisch ist; in der Erwägung, dass die Regierung der Bundesrepublik am 24. März 2022 einen humanitären Waffenstillstand angekündigt hat, um die Bereitstellung von Hilfsgütern für die durch den Konflikt abgeschnittene Region Tigray zu erleichtern; in der Erwägung, dass die Feindseligkeiten in der Region im Norden Äthiopiens am 24. August 2022 wieder aufgenommen wurden; in der Erwägung, dass der Konflikt in Äthiopien zwar sehr brutal geblieben ist, aber nun in eine andere Phase eingetreten ist, da sich beide Konfliktparteien öffentlich zu einer in einem von der Afrikanischen Union geleiteten Rahmen ausgehandelten Verhandlungslösung verpflichtet haben; in der Erwägung, dass durch den Bau und die zweite Auffüllungsphase des Großen Äthiopischen Renaissance-Staudamms, den Äthiopien flussaufwärts am Nil errichtet hat, weiterhin Spannungen zwischen Äthiopien und seinen Nachbarländern verursacht werden;

E.

in der Erwägung, dass die EU ein wichtiger, langjähriger und zuverlässiger Partner für Frieden, Sicherheit, nachhaltige Entwicklung und humanitäre Hilfe in der Region ist, und in der Erwägung, dass diese Partnerschaft für Frieden, Sicherheit, Demokratie, nachhaltige Entwicklung und humanitäre Hilfe gebührend berücksichtigt werden muss; in der Erwägung, dass die bestehenden regionalen Organisationen und weitere Initiativen wie die Afrikanische Union und das Alliierte Streitkräftekommando bei der Bewältigung der Sicherheitsprobleme am Horn von Afrika ebenfalls eine führende Rolle spielen;

F.

in der Erwägung, dass die erste Konferenz für Frieden, Governance und Entwicklung zwischen China und dem Horn von Afrika am 20./21. Juni 2022 stattgefunden hat; in der Erwägung, dass der bei dem Treffen anwesende chinesische Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika, Xue Bing, die bedingungslose Unterstützung Pekings für die Beilegung von Konflikten in der Region angeboten und die dortigen Länder zugleich dazu aufgerufen hat, sich von der Einflussnahme aus dem Ausland unabhängig zu machen;

G.

in der Erwägung, dass sich die humanitäre Lage im Südsudan infolge von Spannungen und Konflikten, der Gewalt zwischen den Gemeinschaften vor Ort und wiederkehrenden Überschwemmungen verschlechtert; in der Erwägung, dass Somalia, Äthiopien und Kenia nach Schätzungen der Vereinten Nationen im Jahr 2022 dringend humanitäre Hilfe in Höhe von 4,4 Mrd. USD benötigen, um 29,1 Millionen Menschen zu erreichen; in der Erwägung, dass bis April 2022 nur 5 % dieses Bedarfs von der internationalen Gemeinschaft gedeckt wurden; in der Erwägung, dass die Dürre im Süden Äthiopiens und in den Trockengebieten Kenias bereits zum Tod von etwa 3 Mio. Nutztieren geführt hat und dass in Somalia etwa 30 % der Herden der Haushalte verendet sind; in der Erwägung, dass der Heuschreckenbefall in Ostafrika für Äthiopien und Somalia die schlimmste Plage ihrer Art seit 25 Jahren und für Kenia die schlimmste seit 70 Jahren ist und eine größere Bedrohung für die Ernährungssicherheit in der Region darstellt; in der Erwägung, dass von Januar bis Juni 2022 etwa 568 000 Kinder in Äthiopien, Kenia und Somalia zu einer Behandlung wegen schwerer akuter Unterernährung zugelassen wurden und dass in diesen drei Ländern voraussichtlich etwa 6,5 Millionen Kinder unter akuter Unterernährung leiden werden; in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe Ernährungssicherheit und Ernährung derzeit schätzt, dass bis Februar 2023 zwischen 23 und 26 Millionen Menschen in hohem Ausmaß und akut von Ernährungsunsicherheit betroffen sein könnten, die in erster Linie auf die Dürre in der Region zurückzuführen ist, sollten die Regenfälle von Oktober bis Dezember ausfallen; in der Erwägung, dass Experten vorausgesagt haben, dass die häufigeren grenzüberschreitenden Heuschreckenzüge zwischen Kenia, Äthiopien und Somalia die ohnehin schon prekäre Lage in Bezug auf Ernährungssicherheit weiter verschärfen werden; in der Erwägung, dass die schwerwiegende Lebensmittelkrise in den Ländern am Horn von Afrika durch die verheerenden Folgen des Krieges in der Ukraine, in dessen Zuge die Nahrungsmittel-, Kraftstoff- und Rohstoffpreise eine nie da gewesene Höhe erreicht haben, verschärft wurde;

H.

in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie die Region vor gesundheitliche, sozioökonomische und politische Herausforderungen gestellt hat, indem sie die Armut vertieft, die Ungleichheiten vergrößert und die strukturelle und hartnäckige Diskriminierung verschlimmert hat, was sich verheerend auf die Menschenrechte und die bürgerlichen Freiheiten auswirkt, insbesondere wenn es um Minderheiten und schutzbedürftige Personen geht; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang einige Regierungen die COVID-19-Vorschriften als Vorwand genutzt haben, um die Menschenrechte zu unterdrücken;

I.

in der Erwägung, dass das Horn von Afrika nach wie vor eine Herkunfts-, Transit- und Zielregion größerer Migrationsströme in andere Länder der Großregion sowie in die EU ist; in der Erwägung, dass Armut und Unsicherheit sich gegenseitig bedingen und insbesondere bei jungen Menschen zwei der wichtigsten Triebkräfte der Massenmigration am Horn von Afrika ausmachen; in der Erwägung, dass es in Ostafrika und am Horn von Afrika über 7,7 Millionen Wanderarbeitnehmer gibt, wobei Äthiopien, Kenia und Uganda die drei Länder sind, in denen die meisten internationalen Migranten auf der Suche nach besseren wirtschaftlichen Chancen und Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, leben;

J.

in der Erwägung, dass die hohe Anzahl von Flüchtlingen und Vertriebenen in den meisten Regionen auf politische Spannungen, Konflikte, Naturkatastrophen und die Folgen des Klimawandels zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass die humanitäre Lage und die Sicherheitslage in den Flüchtlingslagern und Lagern für Binnenvertriebene weiterhin prekär sind; in der Erwägung, dass Kenia das Flüchtlingslager Dadaab beherbergt, eines der größten der Welt, in dem über 220 000 registrierte somalische Flüchtlinge leben, die vor Bürgerkrieg und klimabedingten Notlagen geflohen sind; in der Erwägung, dass die Spannungen zwischen Kenia und Somalia wegen der Verwaltung des Lagers zunehmen, während die Flüchtlinge weiterhin unter schwierigen Bedingungen überleben müssen und bei der Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf die Unterstützung der Vereinten Nationen angewiesen sind;

K.

in der Erwägung, dass sich das Horn von Afrika, das Rote Meer und der Golf von Aden zu Gebieten entwickeln, die zunehmend Anlass zu Besorgnis geben, in denen regionale und internationale Akteure an einem globalen Knotenpunkt und einen Engpass für den Rohstoffhandel beträchtliche und oft divergierende wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen verfolgen, da mehr als 12 % des weltweiten Seeverkehrs und 40 % des Handels Asiens mit Europa über das Rote Meer laufen; in der Erwägung, dass die Stabilität, die Sicherheit des Seeverkehrs und die Freiheit der Schifffahrt im Roten Meer und im Golf von Aden von entscheidender Bedeutung für die Sicherstellung der globalen Energieströme und der europäischen Energiesicherheit sind, da jedes Jahr etwa 6,2 Millionen Barrel Rohöl und andere Mineralölerzeugnisse durch die Meeresstraße von Bab-el-Mandeb transportiert werden (etwa 9 % der weltweiten Seetransporte), von denen 3,6 Millionen für Europa bestimmt sind; in der Erwägung, dass die illegale russische Invasion in der Ukraine und der anhaltende Konflikt in dem Land die Bedeutung dieser Handelsroute weiter erhöhen werden; in der Erwägung, dass der Freiheit der Schifffahrt und der Sicherheit des Seeverkehrs im Roten Meer und im Golf von Aden aufgrund der kurzfristigen Notwendigkeit, die Abhängigkeit von Russland zu verringern und die Lieferanten zu diversifizieren, aus geostrategischer Sicht noch mehr Bedeutung beizumessen ist, während der grüne und nachhaltige Wandel im Zusammenhang mit dem europäischen Grünen Deal nach wie vor verfolgt werden muss; in der Erwägung, dass die Region des Roten Meeres aufgrund ihrer Bedeutung für die Stabilität am Horn von Afrika sowie als Handels- und Konnektivitätsachse berücksichtigt werden muss, was auch für ihre Anliegen in Bezug auf die Stabilität und Freiheit der Schifffahrt gilt, die von der EU geteilt werden;

L.

in der Erwägung, dass das 11. Ministertreffen der Initiative für das Horn von Afrika im Rahmen des EU-AU-Gipfels stattfand, an dem zum allerersten Mal auch Mitglieder von Team Europa teilnahmen; in der Erwägung, dass im Rahmen der Initiative mehr als 4,5 Mrd. USD von ihren drei Entwicklungspartnern, der EU, der Afrikanischen Entwicklungsbank und die Weltbankgruppe, mobilisiert wurden; in der Erwägung, dass die EU seit 2019 über den EU-Treuhandfonds 64 Projekte am Horn von Afrika unterstützt hat, deren Schwerpunkt vor allem auf der Schaffung größerer wirtschaftlicher Chancen und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie auf einer besseren Staatsführung und Konfliktprävention liegt;

M.

in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Diskriminierung und andere Formen der Ungleichheit in vielen Ländern der Region nach wie vor fest verankert sind, darunter geschlechtsspezifische Gewalt und ein hohes Maß an sexueller Gewalt im Zusammenhang mit Konflikten, eingeschränkter Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit, Früh- und Zwangsverheiratung, der Ausschluss schwangerer Mädchen vom Schulbesuch und die Praxis von Genitalverstümmelungen bei Frauen, die in den Ländern am Horn von Afrika eine seit Langem bestehende Gepflogenheit darstellt;

N.

in der Erwägung, dass LGBTIQ-Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder empfundenen sexuellen Ausrichtung, ihrer Geschlechtsidentität, ihres Ausdrucks der Geschlechtlichkeit und ihrer Geschlechtsmerkmale nach wie vor belästigt, verhaftet, strafrechtlich verfolgt, mit geschlechtsspezifischer Gewalt konfrontiert und manchmal sogar mit dem Tod bedroht werden; in der Erwägung, dass einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen in allen Ländern am Horn von Afrika, außer in Dschibuti, unter Strafe gestellt werden; in der Erwägung, dass diese Einstufung als Straftatbestand dazu dient, die diskriminierende Behandlung von LGBTIQ-Personen zu legitimieren, und in der Erwägung, dass die Aufhebung diskriminierender strafrechtlicher Bestimmungen ein notwendiger erster Schritt ist, um LGBTIQ-Personen vor Gewalt zu schützen; in der Erwägung, dass keines der Länder am Horn von Afrika über gesetzliche Bestimmungen zur rechtlichen Anerkennung von Transgender-Personen oder zum Schutz intersexueller Personen vor intersexueller Genitalverstümmelung verfügt;

O.

in der Erwägung, dass die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) am 1. April 2022 durch die Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia (ATMIS) ersetzt wurde, deren vorrangiges Ziel die Übergabe an die nationalen somalischen Streitkräfte im Jahr 2024 ist; in der Erwägung, dass die Aufgaben der neuen Mission unter anderem darin bestehen, die von Al-Shabaab ausgehende Bedrohung einzudämmen, dazu beizutragen, die integrierten somalischen Sicherheits- und Polizeikräfte zu stärken, die Zuständigkeiten im Bereich der Sicherheit schrittweise auf Somalia zu übertragen und die Anstrengungen der somalischen Bundesregierung und der somalischen Bundesstaaten zur Förderung von Frieden und Aussöhnung voranzubringen; in der Erwägung, dass die Resolution 2608 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Piraterie, die als Grundlage für die EU-Marineoperation „Atalanta“ diente, nicht verlängert wurde und dass der Zugang zu den Hoheitsgewässern Somalias daher eingeschränkt ist; in der Erwägung, dass die Sicherheitslage instabil und besorgniserregend und die terroristische Vereinigung Al-Shabaab nach wie vor aktiv ist; in der Erwägung, dass die Wahlen mit zwölfmonatiger Verspätung abgehalten wurden; in der Erwägung, dass das Land mit zunehmenden finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert ist, in deren Zuge seine Zahlungsfähigkeit beeinträchtigt wird; in der Erwägung, dass die Finanzhilfe der EU seit September 2020 ausgesetzt ist, da der Wahlprozess noch nicht abgeschlossen wurde, die direkte Unterstützung für schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen jedoch fortgeführt wird; in der Erwägung, dass nach Angaben von humanitären Nichtregierungsorganisationen (NRO) die Preise für Weizen und Öl in einer Reihe von Regionen in Somalia, das 90 % seines Weizens aus der Ukraine und Russland einführt, seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine um 300 % gestiegen sind; in der Erwägung, dass nach Angaben der Vereinten Nationen ab März 2022 über 38 % der Bevölkerung Somalias unter schwerer Ernährungsunsicherheit litten;

P.

in der Erwägung, dass der Zugang zu den somalischen Hoheitsgewässern im Rahmen der Operation Atalanta dadurch eingeschränkt wird, dass die Resolution 2608 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen nicht erneuert wurde;

Q.

in der Erwägung, dass China einen Sonderbeauftragten für Angelegenheiten am Horn von Afrika ernannt hat; in der Erwägung, dass China seine militärische und diplomatische Präsenz in und die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Ländern der Region gestärkt hat;

R.

in der Erwägung, dass sich der Sudan seit dem Staatsstreich vom 25. Oktober 2021 in einer politischen Sackgasse befindet und dass sich die Verhandlungen zwischen Zivilisten und Militär sehr schwierig gestalten; in der Erwägung, dass die Sicherheitslage in Darfur, wo es seit November 2021 erneut zu Gewaltausbrüchen gekommen ist, sehr besorgniserregend ist; in der Erwägung, dass die Wirtschaftslage im Sudan schier aussichtslos ist und dass parallel dazu die Auszahlungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds sowie die Budgethilfe der Kommission bis zur Erzielung einer tragfähigen politischen Lösung und zur Einsetzung einer zivilen Regierung ausgesetzt wurden (obgleich die direkte Hilfe für die Bevölkerung aufrechterhalten wird); in der Erwägung, dass die von Russland geplante Militärbasis dem Land einen strategischen Zugang zum Roten Meer verschaffen wird;

S.

in der Erwägung, dass der Südsudan zwar schon seit über zehn Jahren unabhängig ist, die Umsetzung des im Jahr 2018 unterzeichneten Friedensabkommens jedoch noch aussteht; in der Erwägung, dass Präsident Salva Kiir beabsichtigt, im Jahr 2023 im Einklang mit der im Friedensabkommen festgelegten Frist eine Parlamentswahl abhalten zu lassen; in der Erwägung, dass das Land sowohl zwischen als auch innerhalb verschiedener politischer Fraktionen, militärischer Gruppierungen und ethnischer Gruppen politisch und militärisch gespalten ist, was Anlass zur Sorge gibt;

T.

in der Erwägung, dass die politische Landschaft in Kenia zutiefst polarisiert ist; in der Erwägung, dass am 9. August 2022 eine Parlamentswahl abgehalten wurde; in der Erwägung, dass das Land aufgrund der weltweiten Folgen der COVID-19-Pandemie und der angehäuften Schulden mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hat; in der Erwägung, dass Kenia eine konstruktive Rolle für den Frieden und die Sicherheit in der Region spielen konnte; in der Erwägung, dass der Vizepräsident der Kommission und Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik in diesem Jahr zweimal nach Kenia gereist ist, einmal am 10. September 2022 im Rahmen einer regionalen Reise nach Kenia, Mosambik und Somalia und einmal am 29. Januar 2022, um den strategischen Dialog zwischen der EU und Kenia offiziell zu eröffnen, in dessen Rahmen Wirtschaft, Handel und Investitionen als Schlüsselprioritäten ermittelt wurden;

U.

in der Erwägung, dass der ugandische Präsident Yoweri Museveni bei der Wahl vom 14. Januar 2021 für eine sechste Amtszeit wiedergewählt wurde; in der Erwägung, dass am 30. November 2021 eine Militäroperation in Ituri und Nord-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo als Reaktion auf eine Reihe von Angriffen der Alliierten Demokratischen Kräfte, einer mit dem Da'esh verbundenen bewaffneten terroristischen Vereinigung mit Wurzeln in Uganda, eingeleitet wurde;

V.

in der Erwägung, dass Präsident Isayas Afewerki von der Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit seit der Unabhängigkeit Eritreas im Jahr 1993 an der Spitze des Landes steht; in der Erwägung, dass der Demokratisierungsprozess, der 1997 mit der Annahme einer eritreischen Verfassung eingeleitet wurde, zum Stillstand gekommen ist; in der Erwägung, dass das eritreische Regime die meisten Grundfreiheiten unterdrückt hat und die Lage der Menschenrechte sehr besorgniserregend ist; in der Erwägung, dass Eritrea zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehört; in der Erwägung, dass die beiden wichtigsten Geber des Landes der Globale Fonds und die Europäische Kommission sind, während die EU derzeit ein Straßenausbauprojekt in Eritrea mit einem Betrag von 20 Mio. EUR aus dem Nothilfe-Treuhandfonds finanziert, nachdem im Jahr 2021 aufgrund der Beteiligung Eritreas an dem Konflikt im Norden Äthiopiens Mittelbindungen in Höhe von über 100 Mio. EUR aufgehoben wurden;

W.

in der Erwägung, dass Dschibuti an der Meeresstraße von Bab-el-Mandeb, einem der meistbefahrenen Schifffahrtskorridore der Welt, strategisch äußerst günstig liegt, dass das Land somit den Zugang zum Roten Meer kontrolliert und auf diese Weise ein Wachstumsmodell verfolgen kann, das schwerpunktmäßig auf den Ausbau der Infrastruktur (Häfen, Eisenbahnen) ausgerichtet ist; in der Erwägung, dass der amtierende Präsident Ismaïl Omar Guelleh am 9. April 2021 die Wahlen zum fünften Mal in Folge gewonnen hat; in der Erwägung, dass Dschibuti inmitten des Krisenbogens gelegen ist, der sich von der Sahelzone bis zum Mittleren Osten erstreckt, und in der Erwägung, dass die Republik Dschibuti zwar ein stabiles Land, ihr unmittelbares Umfeld jedoch instabil ist; in der Erwägung, dass sich Dschibuti in erheblichem Maße im Rahmen der ATMIS militärisch engagiert, um die somalischen Terroristen von der Al Shabaab-Gruppe zu bekämpfen;

1.   empfiehlt dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,

Folgen des Aggressionskriegs Russlands gegen die Ukraine am Horn von Afrika

a)

eine umfassende Bewertung früherer Strategien und Verpflichtungen der EU gegenüber dem Horn von Afrika vorzunehmen, um sich über die gewonnenen Erkenntnisse klar zu werden und das Engagement der EU in der Region entsprechend neu zu gewichten; anzuerkennen, dass Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine besorgniserregende unmittelbare und langfristige Folgen für das Horn von Afrika hat und dass die EU als Reaktion darauf ihr Engagement in der Region anpassen muss; auf die Tatsache zu reagieren, dass sich das illegale Vorgehen Russlands negativ auf die Sicherheitslage in der Region insgesamt auswirkt; dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Russland bereits gut etablierte, vielschichtige Verbindungen und Einfluss in der Region hat, unter anderem über Investitionen (sowohl ziviler als auch militärischer Natur) und die Entsendung paramilitärischer Gruppen wie der Wagner-Gruppe in den Sudan, und anzuerkennen, dass diese Maßnahmen das Potenzial haben, benachbarte Gebiete weiter zu destabilisieren; den russischen Versuchen, Fehlinformations- und Desinformationskampagnen in der Region zu organisieren, die darauf abzielen, EU-Skepsis zu befördern, entgegenzutreten, indem eine umfassende EU-Strategie für die öffentliche Kommunikation ausgearbeitet wird, um den russischen Anstrengungen entgegenzuwirken und sie zu überwinden, in Verbindung mit konkreten Maßnahmen und Verpflichtungen, in deren Rahmen den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort Rechnung getragen wird; die Verbreitung von Narrativen zu verurteilen, die Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine rechtfertigen, wie dies in der Erklärung des sudanesischen Generals Hemetti vom 23. Februar 2022 veranschaulicht wurde, in der er fälschlicherweise geltend machte, dass die Aggression Russlands gegen die Ukraine erfolgt sei, um Russland zu „schützen“; das diplomatische, politische, finanzielle und humanitäre Engagement der EU gegenüber der AU, ihren regionalen Komponenten und einzelnen Ländern durch konkrete Maßnahmen zu stärken, die das Engagement der EU für die Region verdeutlichen, um lokale und regionale Ansätze zu fördern, damit weitere regionale Instabilität verhindert und die Anfälligkeit der Region gegenüber ausländischer Einflussnahme verringert wird sowie die negativen Folgen des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine angegangen werden und darauf reagiert werden kann; die diplomatische Zusammenarbeit mit den Regierungen in der Region umgehend zu vertiefen, um die verheerenden kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen der russischen Ziele und Operationen in der Region zu erörtern und zu klären; anzuerkennen, dass durch den anhaltenden Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine, insbesondere durch die russische Seeblockade, die Lieferketten unterbrochen werden und die Ernährungssicherheit am Horn von Afrika sowohl kurz- als auch mittelfristig stark beeinträchtigt wird, zumal etwa 90 % des Weizens aus der Russischen Föderation und der Ukraine eingeführt werden; zu berücksichtigen, dass aufgrund der beispiellosen Dürre in Kenia, Somalia und Äthiopien und der Heuschreckenplage bereits mindestens 20 Millionen Menschen von einer Hungersnot bedroht waren; die Unterstützung und Hilfe der EU für das Horn von Afrika erheblich aufzustocken, um das Risiko von Hungersnöten oder Schwierigkeiten beim Zugang zu Nahrungsmitteln zu vermeiden; die in der Region in den nächsten sechs Monaten bestehenden Finanzierungslücken einzuräumen, die sich nach Angaben des Welternährungsprogramms auf 437 Mio. USD und nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen auf 130 Mio. USD belaufen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um dazu beizutragen, diese Lücken zu schließen, und über die bereits zugesagte zusätzliche humanitäre Hilfe der EU in Höhe von 21,5 Mio. EUR hinauszugehen;

Leitgrundsätze

b)

das Potenzial und die strategische Bedeutung der Region uneingeschränkt anzuerkennen und eine wirklich strategische Vision für die Zusammenarbeit und das Engagement zu entwickeln, indem kontinuierlich daran gearbeitet wird, die Strategie für das Horn von Afrika unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen in der Region umzusetzen und anzupassen, wodurch den Beziehungen, die sich für beide Seiten als vorteilhaft erweisen und auf kohärenten, zeitnahen und wirksamen Konsultationen sowie gemeinsamen Werten, Interessen und Perspektiven basieren, neue Impulse verliehen werden; weg von dem veralteten Spender-Empfänger-Verständnis und hin zu einer gleichberechtigten Partnerschaft zwischen der EU und den Ländern am Horn von Afrika zu gelangen, um die Voraussetzungen für eine nachhaltige und friedliche Entwicklung in der Region zu schaffen;

c)

die Initiativen und die Unterstützung der EU mit den afrikanischen Partnern abzustimmen und der afrikanischen Eigenverantwortlichkeit für die Programme Vorschub zu leisten, um auf diese Weise dazu beizutragen, afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme zu finden; in diesem Zusammenhang, auch in Sicherheitsfragen, einen Ansatz der Konditionalität anzunehmen, der auf dem Grundsatz „mehr für mehr“ und „weniger für weniger“ beruht; festzustellen, dass Entwicklungshilfe zuweilen ineffizient ist und gelegentlich von den Regierungen der Empfängerländer zweckentfremdet eingesetzt wird; die Stärkung eines Bottom-up-Ansatzes zu erleichtern, bei dem lokale Gemeinschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft ihre eigenen Kapazitäten aufbauen und sich selbst besser vorbereiten, abstimmen und organisieren können, um widerstandsfähiger zu werden;

d)

die Bemühungen in der Region mit der AU und ihren regionalen Komponenten zu koordinieren, insbesondere mit der Ostafrikanischen Gemeinschaft und der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (IGAD), sowie mit den Vereinten Nationen und anderen gleichgesinnten internationalen und regionalen Organisationen, Finanzinstituten und einzelnen Ländern; mit der Unterstützung laufender Missionen in dem Bereich, mithilfe derer diese Bemühungen vorangetrieben werden, fortzufahren, auch was Missionen der EU im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik betrifft, um einen Beitrag zu einer gemeinsamen Reaktion zu leisten, mit der Stabilität und Entwicklung erreicht werden sollen; das Vereinigte Königreich zu ermutigen, sich bei seinen Bemühungen in der Region mit der EU abzustimmen;

e)

einen proaktiven, inklusiven und kooperativen Ansatz anzunehmen, der sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Ländern und Akteuren am Horn von Afrika stützt und bei dem bewährte Verfahren sowie Erfahrungen der EU bei der Eingliederung von sicherheitsbezogenen, wirtschaftlichen, entwicklungspolitischen, finanziellen, sozialen und kulturellen Fragen ausgetauscht werden, um eine wirksame Zusammenarbeit in der gesamten Region und im maritimen Bereich zu fördern und gleichzeitig den Dialog mit allen Beteiligten zu erleichtern, insbesondere durch den EU-Sonderbeauftragten für das Horn von Afrika;

Frieden und Sicherheit in der Region

f)

anzuerkennen, dass die Unsicherheit und Instabilität am Horn von Afrika eine ernsthafte Bedrohung für die wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven ganz Afrikas sowie für die Sicherheitsanliegen der Union und der Region darstellen; durch einen integrierten Ansatz zur regionalen Sicherheit und Stabilität beizutragen und die Verbindung zwischen humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Frieden durch zivile Konfliktverhütung, friedliche Beilegung von Streitigkeiten, Konfliktlösung, Vermittlung, Kapazitätsaufbau und Maßnahmen zur Aussöhnung zu fördern; der Inklusion junger Menschen sowie einer umfassenden, gleichberechtigten und sinnvollen Vertretung und aktiven Beteiligung von Frauen an Friedens- und Sicherheitsfragen durchgängig Rechnung zu tragen, unter anderem durch die Unterstützung und Umsetzung der Agenden der Vereinten Nationen für Jugend, Frieden und Sicherheit bzw. für Frauen, Frieden und Sicherheit, die Formulierung konkreter kurz- und mittelfristiger Verpflichtungen und die Ermittlung, wie dies objektiv zu messen und darüber zu berichten wäre; Prozesse in afrikanischer Eigenverantwortung innerhalb der AU, der IGAD und der Ostafrikanischen Gemeinschaft zu unterstützen und mithilfe von politischer, finanzieller, operativer und logistischer Unterstützung gegen die Ursachen von Konflikten, Extremismus und Radikalisierung vorzugehen, beispielsweise extreme Armut und Ungleichheit, sowie gegen die Folgen des Klimawandels, nämlich knappe Ressourcen wie Ackerland und Wasser, und gegen langjährige Grenzstreitigkeiten; die strategische Partnerschaft zwischen der EU und der AU in den Bereichen Verhütung und Lösung von Konflikten sowie Friedenssicherung zu stärken; die Zusammenarbeit mit dem Rat der Afrikanischen Union für Frieden und Sicherheit und den regionalen Wirtschaftsgemeinschaften in diesem Zusammenhang zu verstärken; das Konzept der menschlichen Sicherheit als Ergänzung zu staatlichen Sicherheitsansätzen, bei denen Maßnahmen und Institutionen in den Dienst der Bevölkerung gestellt werden, zu unterstützen; die notwendige Räumung von Landminen, Streumunition und anderen Explosivstoffen zu unterstützen und gegen die dadurch verursachte Kontamination vorzugehen, die der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung im Wege steht und unverhältnismäßige Auswirkungen auf Kinder, Frauen und Randgruppen nach sich zieht;

g)

die Unsicherheiten und Spannungen abzubauen, die durch den Bau des Großen Äthiopischen Renaissance-Staudamms durch Äthiopien und die zusammen mit den flussabwärts gelegenen Ländern Sudan und Ägypten erfolgende Nutzung des Nilwassers auftreten können; die drei Länder aufzufordern, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, und mit ihnen zusammenzuarbeiten, um in den geeigneten Foren unter der Schirmherrschaft der AU und der IGAD eine diplomatische Verhandlungslösung zu finden, wobei dem Interesse Äthiopiens an der Erzeugung von Wasserkraft sowie den Bedenken der Anrainerstaaten im Hinblick auf die Wasserversorgung Rechnung zu tragen und die Risiken im Zusammenhang mit einer einseitigen Haltung in Bezug auf die Nutzung gemeinsamer Umweltressourcen zu überwinden sind; zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen des Klimawandels das Horn von Afrika vor eine große Herausforderung stellen und es erforderlich machen, dass die Region bei der Erzeugung nachhaltiger Energie und der gemeinsamen Ressourcennutzung eng zusammenarbeitet, und anzuerkennen, dass der europäische Grüne Deal wichtige Gelegenheiten für die Zusammenarbeit bietet; finanzielle und technische Hilfe zu leisten und innovative Technologien, bewährte Verfahren und Erfahrungen mit den afrikanischen Partnern auszutauschen, um die Vorteile des grünen Wandels und der Verknüpfung von Wasser, Lebensmitteln und Energie auszuschöpfen, und die Investitionen in den Übergang der Region aufzustocken, auch was integrierte Infrastruktur, etwa transnationale Energienetze, betrifft;

h)

sich mit internationalen Partnern und Organisationen abzustimmen, um den Ländern, die von Konflikten, extremer Dürre und anderen Naturkatastrophen sowie von der russischen Aggression in der Ukraine betroffen sind, die zu steigenden Lebensmittel- und Treibstoffkosten geführt und die globalen Versorgungsketten unterbrochen hat, umgehend und in ausreichender Weise humanitäre Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen; die Zusammenhänge zwischen der Klimakrise, dem Frieden und Konflikten sowie die Tatsache anzuerkennen, dass es Bemühungen zur Friedenskonsolidierung und Anstrengungen zur Anpassung an und Eindämmung des Klimawandels bedarf, und sich mit der Klimasicherheit als Kernelement jeder umfassenden Strategie auf regionaler Ebene zu befassen; bei der Einberufung der Gebergemeinschaft für eine außerordentliche Geberkonferenz für das Horn von Afrika eine Führungsrolle zu übernehmen, damit die Region nicht erneut von Hunger betroffen ist;

i)

die positiven Auswirkungen des Engagements anzuerkennen, das die EU und ihre internationalen Partner durch Missionen und Operationen wie die Operation Atalanta, die Mission der EU zum Ausbau der Kapazitäten in Somalia und das EU-Programm für die Sicherheit der Meere gezeigt haben, und zwar sowohl durch die Verhinderung von Piratenangriffen im Vorfeld als auch durch die Verringerung der Erfolgsaussicht bei solchen Angriffen, und ihr Bedauern auszudrücken, dass die Resolution 2608 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen nicht verlängert werden konnte, sodass der Zugang der Operation zu den somalischen Hoheitsgewässern bedauerlicherweise eingeschränkt wird; die positiven Ergebnisse zu würdigen, die die Mission der EU zum Ausbau der Kapazitäten in Somalia im Bereich der zivilen Strafverfolgung bereits erzielt hat, und dafür zu sorgen, dass die Mission über Mittel und Personal verfügt, die sie benötigt, um effektiv arbeiten zu können; die Mitgliedstaaten aufzufordern, sich sowohl in Bezug auf das Personal als auch auf die Mittel in angemessener Weise für die ATMIS und die EU-Ausbildungsmission in Somalia einzusetzen, um die somalischen Streitkräfte in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich für Sicherheit in dem Land zu sorgen und dabei das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen uneingeschränkt zu achten; zu betonen, dass die EU ihre Haltung als glaubwürdiger Partner für Somalia bekräftigen muss, indem sie die ATMIS als Teil eines integrierten Ansatzes unterstützt, der in Abstimmung mit den Missionen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Somalia, der Europäischen Friedensfazilität, humanitären Hilfseinsätzen und dem Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit angenommen wurde;

j)

ihre Besorgnis über die anhaltenden Aktivitäten radikaler militanter islamistischer terroristischer Vereinigungen zum Ausdruck zu bringen, die am Horn von Afrika und in den Nachbarländern operieren, insbesondere Al-Shabaab, Al-Qaida und Da’esh, und in hohem Maße anpassungsfähig und in der Lage sind, in der Bevölkerung dauerhaft Fuß zu fassen; die EU und ihre Mitgliedstaaten aufzufordern, sich auf die Ausbreitung des Dschihadismus in der Region zu konzentrieren und die betroffenen Länder bei der Bekämpfung sowohl der unmittelbaren Auswirkungen dieser Ausbreitung als auch der vielschichtigen eigentlichen Ursachen maßgeschneidert und wirksam zu unterstützen, die zu Extremismus, Radikalisierung, Gewalt, Terrorismus und einer Bereitschaft zur Rekrutierung führen; anzuerkennen, dass die Relevanz und die Fähigkeit terroristischer Organisationen, in der Region zu operieren, durch die Durchlässigkeit der nationalen Grenzen weiter gestärkt werden, und die nationalen und regionalen Bemühungen um eine verbesserte Grenzsicherheit zu unterstützen; mit einzelnen Ländern und regionalen Organisationen, insbesondere der Ostafrikanischen Gemeinschaft, der IGAD und der Bereitschaftstruppe Ostafrika, zusammenzuarbeiten, um einen regionalen Ansatz bei der Bekämpfung von Terrorismus und der Beseitigung seiner eigentlichen Ursachen zu verfolgen;

k)

eine maßgeschneiderte und bedarfsorientierte Unterstützung für die AU, ihre regionalen Komponenten und einzelne Länder bei ihren Bemühungen, die Voraussetzungen für Sicherheit und Stabilität zu verbessern, bereitzustellen; die über das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit geleistete Unterstützung für die Politik des Kapazitätsaufbaus zur Förderung von Sicherheit und Entwicklung und der Europäischen Friedensfazilität, insbesondere der Operation Atalanta und der EU-Ausbildungsmission in Somalia, aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass diese mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Waffenausfuhren im Einklang steht und dabei die Menschenrechte und das humanitäre Recht sowie Verpflichtungen in den Bereichen Ex-ante-Risikobewertung, ständige Überwachung der Lieferung von Militärtechnologie an Akteure in Drittländern und wirksame Transparenzbestimmungen, einschließlich der Rückverfolgbarkeit und der ordnungsgemäßen Verwendung des im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität an die Partner gelieferten Materials, uneingeschränkt eingehalten werden, um zum Aufbau eines rechenschaftspflichtigen, robusten und zuverlässigen Sicherheitssektors beizutragen; das Potenzial der Europäischen Friedensfazilität in dieser Hinsicht vollständig auszuschöpfen und die Kontinuität mit der früheren Friedensfazilität für Afrika in Bezug auf Qualität und Quantität der Finanzierung von Initiativen unter afrikanischer Führung sicherzustellen; sicherzustellen, dass sämtliche Finanzierungsverpflichtungen im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität, die vor dem kriminellen Einmarsch Russlands in die Ukraine gegenüber dem Horn von Afrika eingegangen wurden, erfüllt werden; die Finanzierung der zivilen Komponente der ATMIS sicherzustellen;

Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit

l)

den demokratischen Wandel, die Rechtsstaatlichkeit, Staatsbildungsprozesse und einen offenen politischen Raum, der an den jeweils unterschiedlichen Kontext vor Ort entsprechend angepasst ist, uneingeschränkt zu unterstützen; Strategien zur Förderung von integrativen Aussöhnungsprozessen mit dem Ziel zu unterstützen, glaubwürdige und repräsentative Institutionen zu schaffen, die die Beteiligung der verschiedenen Gemeinschaften vorsehen; insbesondere mit Somalia, Äthiopien und dem Sudan zusammenzuarbeiten, um die Bemühungen um die Einbeziehung von unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen und Frauen in hochrangige politische Gremien und Leitungsgremien zu verstärken und die Partnerländer dabei zu unterstützen, durch vertrauensbildende Maßnahmen der Unzufriedenheit mit und dem fehlenden Vertrauen gegenüber den nationalen Behörden entgegenzuwirken; bereit zu sein, wann immer notwendig EU-Wahlbeobachtungsmissionen zur Unterstützung von Wahlprozessen vor und während der Wahlen zu entsenden; das Potenzial der parlamentarischen Diplomatie als Instrument zur Förderung des Dialogs und zum Aufbau einer ganzheitlichen Partnerschaft zwischen der EU, der AU und den einzelnen Ländern anzuerkennen;

m)

partnerschaftlich mit den afrikanischen Amtskollegen der EU zusammenzuarbeiten und die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft zu verstärken, um die wichtigsten Herausforderungen und Prioritäten in der Region anzugehen, darunter Menschenwürde und Menschenrechte, demokratische Rechte und Grundrechte, Probleme im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und Überwindung der COVID-19-Gesundheitskrise; nationale Behörden aufzufordern, die Leitlinien für die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die von der Afrikanischen Kommission für die Menschenrechte und Rechte der Völker angenommen wurden, einzuhalten und die Freiheit der Medien zu achten, u. a. durch die Sicherstellung einer unabhängigen Arbeitsweise der Medien; sich über die anhaltende Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, des Ausdrucks der Geschlechtlichkeit und der Geschlechtsmerkmale besorgt zu erklären; die nationalen Behörden aufzufordern, diskriminierende Bestimmungen aufzuheben, auch durch die Überarbeitung ihrer Strafgesetzbücher; Menschenrechtsverteidiger in der Region verstärkt zu unterstützen; Flexibilität bei der Nutzung aller ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zu zeigen und die Leitlinien der EU zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern vollständig umzusetzen, dabei sicherzustellen, dass interne Schutzmechanismen aufrechterhalten werden, und sich abzustimmen, wenn es um die Erteilung von Visa an Personen geht, die das Land verlassen wollen; die nationalen Behörden in der Region aufzufordern, für ein Arbeitsumfeld zu sorgen, das für die Zivilgesellschaft förderlich ist, sowie spezifische legislative Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenrechtsverteidiger zu würdigen und zu schützen und gegen sie gerichtete Schikanen und willkürliche Inhaftierungen zu unterbinden; den Zusammenhang zwischen Korruption und weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen anzuerkennen und die EU-Unterstützung zur Bekämpfung von Korruption in der Region zu verstärken; mehr lebensrettende und lebenserhaltende Unterstützung zur Hilfe für die von der Dürre betroffenen Menschen und Gemeinschaften bereitzustellen und gleichzeitig die Gemeinschaften zu befähigen, nach Eigenständigkeit zu streben und Resilienz gegenüber künftigen Schocks aufzubauen; Regierungen in der gesamten Region aufzufordern, den Zugang von humanitären Helfern zu hilfsbedürftigen Menschen sicherzustellen;

n)

die Übergangsjustiz im Rahmen ihres Konfliktmanagementansatzes in der Region durchgängig zu berücksichtigen; im Rahmen der EU-Unterstützung der Bemühungen um eine Übergangsjustiz lokal und national geführten Prozessen sowie lokalen und regionalen Experten Vorrang einzuräumen; das Engagement der EU mit Partnerländern sowie internationalen und regionalen Organisationen zu intensivieren, um die Bekämpfung der Straflosigkeit zu unterstützen und Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien der Nichtwiederholung zu fördern;

o)

Regierungen aufzufordern, Maßnahmen zum Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen auf Gleichstellung, Gesundheit, einschließlich sexueller und reproduktiver Gesundheit und damit verbundener Rechte, sowie auf Bildung zu ergreifen und ihnen ein Leben ohne geschlechtsspezifische Gewalt und Diskriminierung zu ermöglichen, wobei ein geschlechtersensibler Ansatz sicherzustellen ist, um das zunehmende Geschlechtergefälle in Krisen- und Konfliktsituationen zu überbrücken; die Fortschritte zu würdigen, die bei der Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung in der Region, etwa in Kenia und Uganda, erzielt wurden, insbesondere wenn es um den Zugang zu lebensrettenden HIV-Behandlungen und den Zugang zu anderen Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit geht, und die Unterstützung der EU für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, die für die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Gleichstellung der Geschlechter unerlässlich sind, zu verstärken; bei sämtlichen außenpolitischen Tätigkeiten der EU Maßnahmen gegen die Genitalverstümmelung bei Frauen zu vereinfachen, wie dies auch in der Entschließung des Parlaments vom 12. Februar 2020 bekräftigt wurde, und dabei dem Horn von Afrika besondere Aufmerksamkeit zu widmen, wo weltweit die höchste Inzidenz von Fällen von Genitalverstümmelung bei Frauen, auch in ihrer schwersten Form, zu verzeichnen ist; die nationalen Behörden am Horn von Afrika aufzufordern, Gesetze umzusetzen, mit denen die Genitalverstümmelung bei Frauen untersagt wird, und dafür zu sorgen, dass diese Gesetze eingehalten werden; vermehrt Initiativen zur Einbindung von Frauen in die Politik zu ergreifen, um eine bessere Politikgestaltung zu fördern und dazu beizutragen, der Genitalverstümmelung bei Frauen und der Zwangsverheiratung ein Ende zu setzen;

Nachhaltige und inklusive Wirtschaftsentwicklung — Gesellschaft

p)

die demografische Entwicklung der Region zur Kenntnis zu nehmen und die Rolle von jungen Menschen und Frauen bei der Verwirklichung einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung anzuerkennen; die Unterstützung der EU im Bereich des Zugangs zur allgemeinen und beruflichen Bildung sowie im Bereich der Weiterqualifizierung und Umschulung der Arbeitskräfte entsprechend dem Bedarf des Arbeitsmarktes zu stärken; zu betonen, dass es vielfache Vorteile für die gesamte Region haben könnte, wenn junge Generationen und Frauen gefördert und ihnen echte Perspektiven geboten werden; den Kapazitätsaufbau für die lokale Impfstoffproduktion zu unterstützen, bei der Stärkung von Gesundheitssystemen vor Ort zu helfen und strukturelle Reformen im Gesundheitswesen zu fördern; die nationalen Behörden nachdrücklich aufzufordern, den allgemeinen Zugang zur Gesundheitsversorgung anhand der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung sicherzustellen; zur Kenntnis zu nehmen, dass sich Terrorismus und Dschihadismus als großes Hindernis für das Wirtschaftswachstum in der gesamten Region am Horn von Afrika erweisen; die wirtschaftliche Präsenz von Al-Shabaab am Horn von Afrika durch das Schmuggeln von Holzkohle sowie die Erpressung von Landwirten, Unternehmen und Hilfsorganisationen zur Kenntnis zu nehmen; technische Unterstützung zu leisten, um die Diaspora in Europa in die Lage zu versetzen, die Geschäftsbeziehungen mit der Region zu intensivieren, insbesondere indem Überweisungen über legale, transparente und vertrauenswürdige Kanäle ermöglicht werden;

q)

anzuerkennen, dass der Klimawandel das Horn von Afrika ernsthaft beeinträchtigt und weitreichende Folgen für die Stabilität der Region hat; gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels auszuweiten, insbesondere in den Bereichen Klimaschutz, Anpassung, Resilienz und Katastrophenvorsorge; die Vorteile des europäischen Grünen Deals, wie im europäischen Klimagesetz verankert, mit den Partnern zu teilen und sie bei der Annahme ihrer eigenen Agenda für die klimapolitische Wende zu unterstützen, indem bewährte Verfahren ausgetauscht und EU-Initiativen in diesem Bereich mit bestehenden afrikanischen Initiativen abgestimmt werden; den Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Sicherheit und die Lebensmittelsicherheit besondere Aufmerksamkeit einzuräumen sowie auch dem Umstand, dass die EU und ihre Partner eine klimaresistente Sicherheits- und Verteidigungspolitik betreiben müssen, die mit den Zielen des Fahrplans für Klimawandel und Verteidigung der EU im Rahmen des Strategischen Kompasses für Sicherheit und Verteidigung im Einklang stehen; mit den afrikanischen Partnern zusammenzuarbeiten, um neue und innovative Wege zur vollständigen Ausschöpfung des Potenzials der Region einzuschlagen, auch durch den Austausch bewährter Verfahren und die Übernahme neuer Technologien im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft, durch die lokales Unternehmertum gestärkt würde, damit letztlich die Abhängigkeit vom Import von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen gesenkt und ein inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum angeregt wird; die Forderungen der am wenigsten entwickelten Länder nach Bereitstellung einer spezifischen Finanzierung für Verluste und Schäden im Zusammenhang mit den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu unterstützen und den Wiederaufbau der betroffenen Regionen und ihre wirtschaftliche Erholung durch die Annahme zusätzlicher Sondermaßnahmen für die Finanzierung des Wiederaufbaus und der Erholung zu fördern; zu erwägen, den Mitgliedstaaten nahezulegen, fallweise auf die zielgerichtete Schuldenaussetzung, Schuldenentlastung oder Schuldenaufhebung für die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern, die am stärksten gefährdet sind, zurückzugreifen — dies insbesondere mit Blick auf die Beteiligung an der Bekämpfung des Klimawandels und als Teil eines umfassenderen internationalen Rahmens;

r)

die Koordinierung und die Zusammenarbeit mit den einschlägigen Generaldirektionen der Kommission voranzubringen, damit die Überarbeitung der EU-Handelspolitik zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum in der Region führt, insbesondere indem die in Freihandelsabkommen enthaltenen Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung uneingeschränkt durchsetzbar gemacht werden; zur Kenntnis zu nehmen, dass es Anstrengungen bedarf, um Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das Umweltrecht durch Unternehmen mit Sitz in der EU, die am Horn von Afrika tätig sind, zu unterbinden, und sicherzustellen, dass die künftige Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit ihren Zweck erfüllt und für lokale Gemeinschaften konkrete Fortschritte in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt bewirkt; besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass Verstöße gegen die Politik der EU selbst sowie im Rahmen von Projekten und Finanzierungen der Union in der Region bewertet und verhindert werden, insbesondere durch die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens für Einzelpersonen oder Gruppen, deren Rechte durch EU-Aktivitäten in diesen Ländern möglicherweise verletzt wurden; die öffentlichen Finanzinstitute, darunter die Europäische Investitionsbank, gemeinsam mit der Kommission nachdrücklich aufzufordern, dafür zu sorgen, dass die Investitionen der EU mit den internationalen Umwelt- und Klimazielen, insbesondere dem Übereinkommen von Paris und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, im Einklang stehen und zur Steuerung einer gerechten Klimawende entsprechend den Zielen des europäischen Grünen Deals eingesetzt werden; sicherzustellen, dass keine Wirtschaftszweige durch Investitionen in die Region finanziert werden, durch die die Klimakrise noch verschärft wird, in erster Linie was die Industrie für fossile Brennstoffe betrifft;

s)

insbesondere in den entlegensten Gebieten besonderes Augenmerk auf weit verbreitete, lokal betriebene Projekte zu richten, die aus ökologischer Sicht weniger invasiv sind, jedoch das Leben der Menschen wirksamer verbessern, beispielsweise netzunabhängige Solarenergiesysteme, Bewässerungssysteme sowie Wasserreinigungs- und Sanitärsysteme, und dafür zu sorgen, dass EU-Investitionen in nachhaltige Energie in Afrika vor allem der Bevölkerung vor Ort zugutekommen, damit es nicht länger zu Energiearmut kommt; die EU aufzufordern, die Landwirte am Horn von Afrika bei der Verringerung ihrer Abhängigkeit von mineralischen Düngemitteln zu unterstützen und im Rahmen ihrer Außen- und Entwicklungspolitik agronomische Alternativen zu finden, um gegen die Klima- und Umweltauswirkungen von Düngemitteln vorzugehen; die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufzufordern, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, um Partnerschaften mit inländischen Unternehmen in den am wenigsten entwickelten Ländern, die nachhaltige und inklusive Geschäftsmodelle verfolgen, Vorrang einzuräumen;

Migrationsfragen

t)

darauf hinzuweisen, dass sich am Horn von Afrika einige der wichtigsten Herkunfts-, Transit- und Zielländer bedeutender Migrationsströme in andere Länder der Region sowie in die EU befinden; einen ganzheitlichen, konfliktsensiblen und kontextspezifischen Ansatz für die Zusammenarbeit im Bereich der Migration zu verfolgen, bei dem im Einklang mit dem Khartum-Prozess, dem globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration und der Tätigkeit des Regionalen Ministerforums für Migration für den Osten und das Horn von Afrika die Menschen in den Mittelpunkt gestellt werden, wobei die verschiedenen Triebkräfte der Migration in der Region und die anhaltende Gefährdung von Migranten zu berücksichtigen, die Rechte von Migranten und Flüchtlingen zu wahren und die Vorteile der zirkulären Migration und der regionalen Mobilität in der gesamten Region anzuerkennen sind; mit den Partnern der EU zusammenzuarbeiten, um die Tätigkeiten im Rahmen des Khartum-Prozesses wieder aufzunehmen und den Khartum-Prozess so umzugestalten, dass in dessen Rahmen den derzeitigen Gegebenheiten und den verschiedenen Reisebeschränkungen Rechnung getragen wird; eine langfristige Partnerschaft mit Schwerpunkt auf der sicheren, geordneten und regulären Migration aufzubauen; mit den Partnerländern am Horn von Afrika eine nachhaltige Lösung zu finden, um die Folgen der Migration an den europäischen Außengrenzen abzumildern; eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Grenzsicherheit und der Bekämpfung grenzüberschreitender krimineller Tätigkeiten, einschließlich des Menschenhandels und des illegalen Handels mit Waffen und kulturellem Erbe, zu fördern; dafür zu sorgen, dass sämtliche Abkommen im Bereich Zusammenarbeit in Migrationsfragen und Rückübernahmeabkommen mit der Region strikt den internationalen Menschenrechten und dem Flüchtlingsrecht, insbesondere dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und dem dazugehörigen Protokoll von 1967, entsprechen; sicherzustellen, dass die über die Unions-Treuhandfonds für Maßnahmen im Außenbereich bereitgestellten Finanzmittel auf Projekte konzentriert werden, in deren Rahmen die eigentlichen Ursachen der Migration langfristig angegangen werden können;

u)

den Ländern, die Flüchtlinge aufnehmen und ihnen helfen, sofortige Hilfe und langfristige Unterstützung zu leisten, um ihren Schutz sicherzustellen; die Neuansiedlung von Vertriebenen und Binnenvertriebenen zu erleichtern; die diplomatischen Bemühungen zu koordinieren, um die Regierungen der Länder in der Region, die in anhaltende Konflikte verwickelt sind, aufzufordern, unterschiedslose Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastrukturen einzustellen und die Zivilbevölkerung zu schützen, unter anderem durch das Ergreifen aller Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Flüchtlinge und Binnenvertriebene geschützt werden und uneingeschränkten Zugang zu humanitärer Hilfe, einschließlich Nahrung, Wasser und Unterkünften, erhalten; Unterstützung für Länder in der Region zur Verfügung zu stellen, um Bemühungen im Hinblick auf die Unterstützung angemessener Reformen zur Sicherstellung einer besseren Verwaltung der Mobilität von Hirten und zur Reduktion der wirtschaftlichen Vulnerabilität bei Krisen, wie etwa Dürren, durchgängig zu berücksichtigen, damit die Faktoren, die zu Spannungen und Konflikten unter Beteiligung von Hirtengemeinschaften beitragen, besser kontrolliert werden können;

Regionale Integration

v)

einen Ansatz „Team Europa“ in der Region zu verfolgen und dabei mit der AU, regionalen Organisationen und einem breiten Spektrum von Partnern und Akteuren, auch aus der Privatwirtschaft, zusammenzuarbeiten, um Initiativen zu unterstützen, die von afrikanischer Eigenverantwortlichkeit geprägt sind; die Initiative für das Horn von Afrika, an der die EU als strategischer Partner beteiligt ist, und ihr Ziel, Kapital zu mobilisieren, um die Konnektivität zu fördern und Möglichkeiten in der Region zu erschließen, Arbeitsplätze zu schaffen, aufkommende Risiken zu mindern, die Widerstandsfähigkeit zu stärken und den Weg für bessere nachbarschaftliche Beziehungen zu ebnen, weiterhin zu überwachen und zu unterstützen;

w)

anzuerkennen, dass sichere und effiziente Infrastrukturen für eine kohärente, nachhaltige und faire Entwicklung in der Region von entscheidender Bedeutung sind; das Potenzial neuer, von der EU geförderter Initiativen zur Verbesserung der regionalen Integration und Konnektivität vollständig auszuschöpfen; die Konsultation und Koordinierung mit den afrikanischen Gesprächspartnern bei der Festlegung spezifischer Projekte, die im Rahmen der Strategie „Global Gateway“ ausgearbeitet werden sollen, zu verstärken und dabei auf den positiven Ergebnissen des sechsten Gipfeltreffens zwischen der EU und der AU aufzubauen; die Strategie „Global Gateway“ als einen umweltfreundlicheren, gerechteren und nachhaltigeren langfristigen Plan angemessen darzustellen, insbesondere im Vergleich zu den von anderen Akteuren vorgeschlagenen Alternativen; Ländern in der Region, die sich um einen Beitritt zur Welthandelsorganisation bemühen, zu helfen und die Umsetzung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone zu fördern und die AU, die Ostafrikanische Gemeinschaft und die IGAD weiterhin zu unterstützen und zu stärken, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit voranzubringen, die regionale Integration zu verstärken und Stabilität und Diplomatie zu fördern; anzuerkennen, dass die Aussichten auf Stabilisierung und nachhaltige Entwicklung am Horn von Afrika eng mit denen der Nachbarregionen verknüpft sind; die Entwicklung einer EU-Strategie für das Rote Meer und den Golf von Aden in Betracht zu ziehen;

Einfluss von Drittakteuren

x)

ihre Besorgnis über die zunehmend verbreiteten und vielschichtigen Einflüsse und Rivalitäten Dritter, die die Werte und Ziele der EU in der Region nicht teilen, einschließlich Chinas und Russlands, die mit Ambitionen zur Förderung rein bilateraler Interessen agieren, hervorzuheben; anzuerkennen, dass durch die zunehmende Präsenz dieser Akteure in der Region, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Energie, Sicherheit — einschließlich der maritimen Sicherheit — und Militär, auch durch Propaganda- und Desinformationskampagnen, mit denen darauf abgezielt wird, die Rolle, die sie dort spielen, zu vergrößern und gleichzeitig die Maßnahmen ihrer Wettbewerber, einschließlich der EU, zu untergraben, der regionale Frieden, die europäischen Bemühungen und Hilfen sowie die Rolle der EU als privilegierter Partner gefährdet werden; zu erwägen, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Einflussnahmen entgegenzuwirken; die Unterstützung der EU durch einen ganzheitlichen Ansatz für die Region zu fördern, indem die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Konfliktverhütung im Gegensatz zum Ansatz von Drittakteuren gefördert werden, der darauf abzielt, ein fragmentiertes Umfeld zu verschärfen und geopolitische Anliegen zu intensivieren; eine Bestandsaufnahme der konsequenten und branchenübergreifenden Investitionen Chinas in der Region vorzunehmen und gleichzeitig die Folgen dieser Investitionen zu bewerten, einschließlich der zunehmenden Abhängigkeit der afrikanischen Staaten, und die zunehmende Präsenz und den wachsenden Einfluss Chinas anzugehen; die türkischen Staatsorgane aufzufordern, sich den Strategien der EU anzuschließen und ihre Bemühungen besser mit den EU-Initiativen, insbesondere der EU-Ausbildungsmission in Somalia, zu koordinieren, um effizienter zu sein und bessere Ergebnisse in Bezug auf Sicherheit und Stabilität zu erzielen und damit einen zügigen und wirklichen demokratischen Übergang in Gang zu bringen; die Abstimmung mit den afrikanischen Gesprächspartnern im Hinblick auf das Festlegen von vorrangigen Bereichen, für die Investitionen der EU verwendet werden sollen, zu verstärken und ausreichende Ressourcen für deren Verwirklichung zuzusagen; die Verstärkung der militärischen Präsenz Dritter in der Region, insbesondere die fortgeschrittenen Pläne Russlands, einen Marinestützpunkt an der sudanesischen Küste am Roten Meer zu errichten, und die Einweihung eines chinesischen Militärstützpunkts in Dschibuti im Jahr 2017 zur Kenntnis zu nehmen; den zunehmenden Tätigkeiten privater Sicherheitsunternehmen, wie der von Russland unterstützten Gruppe Wagner, die im Sudan tätig ist und den demokratischen Übergang behindert und die Schwächen des Landes auf Kosten der Bevölkerung vor Ort ausnutzt, besondere Aufmerksamkeit zu widmen, um ähnliche negative Auswirkungen, wie sie in anderen Regionen zu beobachten sind, zu verhindern, und eng mit der AU und den einzelnen Ländern am Horn von Afrika zusammenzuarbeiten, um in jedem Land einen effizienten, rechenschaftspflichtigen und zuverlässigen nationalen Sicherheitsapparat zu schaffen und in Betrieb zu nehmen; alle Mitgliedstaaten der EU aufzufordern, das Internationale Übereinkommen gegen die Anwerbung, den Einsatz, die Finanzierung und die Ausbildung von Söldnern zu ratifizieren; die Auswirkungen von Russlands Krieg gegen die Ukraine auf den Einfluss der EU in der Region zu bewerten;

y)

die strategische Kommunikation durch wirksame und faktengestützte öffentliche Informationskampagnen zu verstärken, um auf lokaler Ebene präsenter zu sein und über die Maßnahmen, Ziele und geförderten Initiativen der EU in der Region zu informieren, wobei die Sichtbarkeit der EU erhöht und das Ziel der Schaffung eines Mehrwerts für die lokalen Gemeinschaften, der nachhaltigen Entwicklung, des Friedens und der Sicherheit sowie des integrativen Wachstums hervorgehoben wird und gleichzeitig gegen Desinformationen und falsche Narrative vonseiten Dritter vorgegangen wird; die EU-Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika zu beauftragen, einen Schwerpunkt auf regionale Tätigkeiten zu legen und die Sichtbarkeit der EU, ihre Präsenz und ihr Engagement gegenüber allen Ländern in der Region zu verbessern, um engere Beziehungen zu fördern; für eine größere Transparenz und Sichtbarkeit der Tätigkeit der EU-Sonderbeauftragten zu sorgen und dabei sicherzustellen, dass die EU-Sonderbeauftragte bei ihrem Engagement mit ihren Gesprächspartnern aus der Region der Unterstützung der Lösung von Konflikten, der Menschenrechte und der Demokratie Vorrang einräumt und proaktiv mit Akteuren der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidigern und Andersdenkenden zusammenarbeitet, die möglicherweise von den lokalen Gebietskörperschaften bedroht oder ins Visier genommen werden;

Länderspezifische Fragen

z)

bei der Behandlung der folgenden spezifischen Fragen im Zusammenhang mit den Ländern am Horn von Afrika:

Dschibuti

i)

die geostrategische Bedeutung von Dschibuti anzuerkennen; den positiven Beitrag Dschibutis zu Frieden, Sicherheit und regionaler Zusammenarbeit in der Region am Horn von Afrika zur Kenntnis zu nehmen, insbesondere durch die Unterbringung der logistischen Plattform der Operation Atalanta und der militärischen Präsenz der EU-Mitgliedstaaten; darauf hinzuweisen, dass Bauprojekte in Dschibuti weitgehend von China finanziert werden, wobei sich die Infrastrukturinvestitionen schätzungsweise auf 9,8 Mrd. EUR belaufen; ihre Besorgnis über die Einrichtung eines chinesischen Marinestützpunkts in Dschibuti für militärische Zwecke mit großer Reichweite und über die Übernahme des strategisch wichtigen Hafens von Doraleh durch China sowie über die steigenden öffentlichen Auslandsschulden Dschibutis durch vertragliche Darlehen von China zum Ausdruck zu bringen; mit dem Land, das an dem Knotenpunkt einer der meist benutzten Migrationsrouten der Welt liegt, zusammenzuarbeiten, um es bei seinen Bemühungen um die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Region und bei der Umsetzung seiner globalen und regionalen Verpflichtungen zu unterstützen; das Know-how und die bewährten Verfahren der EU im Bereich der Wasserbewirtschaftung weiterzugeben, da Dschibuti eines der trockensten Länder der Welt ist, das von extremer Dürre betroffen ist; ihr Bedauern darüber zum Ausdruck zu bringen, dass keine unabhängigen Medien aus Dschibuti Bericht erstatten dürfen; den Schutz der Quellen unabhängiger dschibutischer Medien zu fordern, die keine andere Wahl haben, als aus dem Ausland Bericht zu erstatten und ihre Meinung von dort aus zu äußern;

Eritrea

ii)

die vollständige Übereinstimmung Eritreas mit dem russischen Narrativ und der russischen Propaganda zu verurteilen und ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck zu bringen, dass Eritrea zu einer Plattform für den russischen Einfluss am Horn von Afrika werden könnte; die Staatsorgane Eritreas aufzufordern, ihre militärische Beteiligung am äthiopischen Bürgerkrieg einzustellen und gleichzeitig ein Friedensabkommen zwischen den äthiopischen Bundesbehörden und der Volksbefreiungsfront von Tigray („Tigray People’s Liberation Front“) zu erleichtern, das auch die Beendigung der Raketenangriffe durch die Volksbefreiungsfront von Tigray auf eritreischen Boden umfassen würde; die eritreischen Staatsorgane aufzufordern, konkrete Schritte zur internen Versöhnung zu unternehmen und alle politischen Gefangenen bedingungslos freizulassen, einschließlich des schwedisch-eritreischen Schriftstellers und Journalisten David Isaak, der sich seit 2001 in Haft befindet; die innenpolitische Lage stets zu überwachen und eine schrittweise und angemessene Verminderung der EU-Sanktionen in Erwägung zu ziehen, wenn spürbare und objektive Verbesserungen erzielt werden;

Äthiopien

iii)

alle diplomatischen Bemühungen zu unterstützen, die darauf abzielen, den anhaltenden Konflikt in Äthiopien, einem wichtigen Akteur am Horn von Afrika, sowohl auf nationaler Ebene als auch insbesondere durch die Vermittlungsschiene der AU zu beenden, die ein Trio hochrangiger Vermittler unter dem Vorsitz des Hohen Vertreters für das Horn von Afrika, Olusegun Obasanjo, ankündigen wird, um einer Vereinbarung über einen dauerhaften Waffenstillstand, dem ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu allen Gebieten und dem sofortigen Rückzug der eritreischen Streitkräfte Vorrang einzuräumen und die Rechenschaftspflicht und die interne Aussöhnung zu erleichtern; darauf zu bestehen, dass der nationale Dialog möglichst inklusiv, umfassend und transparent sein muss und auch Vertreter der Zivilgesellschaft und der Oppositionsparteien einbeziehen muss, um das Ziel zu erreichen, ein wirklicher Katalysator für die Versöhnung zu sein; die Unterstützung zwischen den zuständigen nationalen und internationalen Institutionen und der äthiopischen Regierung bei der Wiederaufnahme des Gesundheits- und Bildungswesens und anderer öffentlicher Einrichtungen und Dienste, einschließlich der Hilfsdienste für Binnenvertriebene und vom Konflikt betroffene Bevölkerungsgruppen, zu koordinieren; den Bericht von Amnesty International und Human Rights Watch über Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberung in West-Tigray zur Kenntnis zu nehmen; die Einsetzung einer internationalen Kommission von Menschenrechtssachverständigen für Äthiopien (ICHREE) durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu begrüßen, die eine gründliche und unparteiische Untersuchung der mutmaßlichen Verstöße und Missbräuche durchführen soll, die seit dem 3. November 2020 in Äthiopien von allen Konfliktparteien begangen wurden, und die als Ergänzung der äthiopischen interministeriellen Taskforce (IMTF) zur Rechenschaftspflicht und zu den Ergebnissen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe arbeiten soll, die im Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte/der äthiopischen Menschenrechtskommission im November 2021 veröffentlicht wurden; die Übergangsjustiz zu unterstützen, um die Urheber von Menschenrechtsverletzungen für die schweren Straftaten, die sie im Zusammenhang mit dem Konflikt in Äthiopien begangen haben, zur Rechenschaft zu ziehen, insbesondere durch Unterstützung der Rolle aller beteiligten Institutionen, wie der äthiopischen Menschenrechtskommission, des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen und des Internationalen Strafgerichtshofs; einige positive Entwicklungen im Land zur Kenntnis zu nehmen, wie etwa die humanitäre Waffenruhe vom 24. März 2022 und die Freilassung einiger politischer Gefangener, den verbesserten Zugang für humanitäre Hilfe während der Waffenruhe und die öffentlichen Erklärungen der äthiopischen Regierung und der Führung von Tigray, dass sie sich zu Friedensverhandlungen unter Führung der AU verpflichten würden; die Entwicklungen in Äthiopien sorgfältig zu bewerten, um weitere Maßnahmen zu ergreifen, falls sich die Lage verschlechtert; zugleich weiterhin eine friedliche Beilegung des Konflikts und die unverzügliche Aufnahme von Friedensverhandlungen zu fordern und die mögliche Rolle der EU im Vermittlungsprozess zu prüfen; bereit zu sein, die Budgethilfe und die Unterstützung der EU schrittweise wieder einzusetzen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, u. a. die Einstellung der Feindseligkeiten, der uneingeschränkte und ungehinderte Zugang für humanitäre Hilfe in ganz Äthiopien, auch in Tigray, die Rechenschaftspflicht für die im Zusammenhang mit dem Konflikt begangenen Straftaten und der Abzug der eritreischen Truppen aus dem Land;

Kenia

iv)

das Potenzial Kenias als wichtiger Akteur am Horn von Afrika in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht hervorzuheben, um die regionale Stabilität zu fördern und eine konstruktive Rolle bei der Verwirklichung von Frieden und Sicherheit zu spielen; das Engagement für eine erneuerte strategische Partnerschaft mit Kenia zu unterstützen; die Beziehungen zwischen der EU und Kenia durch Ausschöpfung des vollen Potenzials des strategischen Dialogs zwischen der EU und Kenia zu vertiefen; den Beschluss zu begrüßen, eine EU-Wahlbeobachtungsmission zu der Präsidentschaftswahl im August 2022 zu entsenden; die friedliche Beilegung der Wahlstreitigkeiten nach der Präsidentschaftswahl zu würdigen und die verantwortungsvolle Rolle, die die kenianischen Gerichte dabei gespielt haben, zur Kenntnis zu nehmen; die staatlichen Stellen Kenias aufzufordern, den bevorstehenden Abschlussbericht der Wahlbeobachtungsmission ordnungsgemäß zu bewerten und die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen, um die Wahlprozesse des Landes weiter zu reformieren und zu verbessern; die Bemühungen Kenias um eine Zusammenarbeit bei der Bewältigung von ökologischen Herausforderungen zu würdigen und insbesondere die Verabschiedung einer Resolution durch die Umweltversammlung der Vereinten Nationen, die im März 2022 in Nairobi zusammentrat, um der Plastikverschmutzung ein Ende zu setzen und bis 2024 ein internationales rechtsverbindliches Abkommen zu schließen, zu begrüßen;

Somalia

v)

darauf hinzuweisen, dass die prekäre Sicherheitslage in Somalia Anlass zu großer Besorgnis gibt und einen maßgeblichen Faktor für die Destabilisierung des gesamten Horns von Afrika und sogar weiter entfernter Gebiete darstellen könnte, wenn sie nicht entschieden eingedämmt wird; den Abschluss der Präsidentschaftswahl in Somalia und die friedliche Machtübergabe zu begrüßen; den neu gewählten Präsidenten aufzufordern, ein alle Seiten einbeziehendes Kabinett zu bilden, und die neue Regierung aufzufordern, Fortschritte bei entscheidenden nationalen Prioritäten, einschließlich der Bewältigung der katastrophalen humanitären Lage im Land, zu erzielen; die Wiederaufnahme der Unterstützung durch Europa zu bewerten; die Vorteile des Engagements der EU in Somalia zu begrüßen; den offensichtlichen Mehrwert von Beratungsmissionen für die Kommandostrukturen hervorzuheben und somit die Mitwirkung europäischer Teilnehmer an EU-Ausbildungsmissionen zu fördern; die Bemühungen der Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia zur Förderung der Menschenrechte in Somalia und die friedenserhaltenden Maßnahmen gegen die Terrorgruppe Al-Shabaab, die die Sicherheit der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit im Land bedroht, uneingeschränkt zu unterstützen; mit der AU und den somalischen Institutionen zusammenzuarbeiten, um das Mandat der Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia zu überarbeiten und dabei den Schwerpunkt auf den Aufbau von Institutionen zu legen und ausreichende finanzielle Unterstützung durch die Europäische Friedensfazilität bereitzustellen; die Bemühungen mit der AU und der IGAD zu koordinieren, um einen Prozess der Nationenbildung in Somalia in Bewegung zu bringen, bei dem die Zivilgesellschaft in den Mittelpunkt gestellt wird; dafür zu sorgen, dass die Überarbeitung der Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia parallel zur schrittweisen Verstärkung der somalischen Streitkräfte und des zivilen Sicherheitsapparats erfolgt, die die endgültigen Garanten für die Sicherheit im Land werden sollten; sich mit den Staatsorganen Somalias mit dem Ziel zu beraten, neue Formen der bilateralen Zusammenarbeit mit der EU zu ermitteln, um die Fähigkeit Somalias zu stärken, für die maritime Sicherheit zu sorgen und jegliches Risiko eines erneuten Auftretens von Piraterie in seinen Hoheitsgewässern zu verhindern; eine gründliche Bewertung der Leistung der Truppen der Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia in Anbetracht der Bemühungen zur Verhinderung von Straftaten, die von regulären Armeen in Somalia begangen werden, zu unterstützen;

Südsudan

vi)

die Verlängerung des Mandats der Regierung um weitere zwei Jahre zur Kenntnis zu nehmen, jedoch ihre Verpflichtung hervorzuheben, Fortschritte bei der Umsetzung des Friedensabkommens zu erzielen und freie und faire Wahlen vorzubereiten; die frühzeitige Umsetzung des Friedensabkommens im Südsudan durch die wichtigsten Überwachungsstrukturen wie etwa die wiedereingesetzte Gemeinsame Überwachungs- und Evaluierungskommission und den Mechanismus zur Überwachung und Verifikation der Waffenruhe und der Einhaltung der Übergangs-Sicherheitsbestimmungen in enger Zusammenarbeit mit der AU und der IGAD uneingeschränkt zu unterstützen; sich mit anderen internationalen und regionalen Akteuren im Südsudan, wie der AU, der IGAD, den Vereinten Nationen und der Troika (USA, Vereinigtes Königreich und Norwegen), abzustimmen und diese zu unterstützen, um die Neubelebte Übergangsregierung der nationalen Einheit weiterhin mit Nachdruck dazu zu drängen, das neubelebte Abkommen über die Beilegung des Konflikts in der Republik Südsudan umzusetzen, insbesondere im Hinblick auf die Aufgaben vor dem Übergang wie sie in dem Abkommen detailliert sind, einschließlich der Vertretung von Frauen;

Sudan

vii)

die Verurteilung des Militärputsches vom Oktober 2021 und der Gewalt, die bei der anschließenden Niederschlagung verübt wurde, zu bekräftigen; sich mit anderen Akteuren in der Region abzustimmen, um Druck auf das Militär auszuüben, damit es einen klaren Zeitplan für die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung aufstellt, was möglichst bald zu fairen, offenen und transparenten allgemeinen Wahlen führt; die erklärte Absicht des Militärs zur Kenntnis zu nehmen, die Macht an die zivilen Behörden zu übergeben, und zu fordern, dass dieser Übergang unverzüglich vollzogen wird; die zivilen politischen Stellen aufzufordern, die Koordinierung und Zusammenarbeit zu verstärken, um eindeutige Pläne zur Sicherstellung eines friedlichen Übergangs vorzulegen; zu betonen, dass eine zügige Lösung erforderlich ist, da jede weitere Verzögerung die Verschlechterung der Wirtschaft und der humanitären Lage im ganzen Land verschärfen und die ohnehin schon immensen Herausforderungen, mit denen die Menschen im Sudan konfrontiert sind, verschlimmern würde; die Zivilgesellschaft und die Aktivisten vor Ort zu unterstützen und die Freilassung der inhaftierten friedlichen Aktivisten und politischen Gefangenen zu fordern; ihre nachdrückliche Unterstützung für die laufenden Bemühungen im Rahmen des Drei-Parteien-Mechanismus zu bekräftigen, mit dem dazu beigetragen werden soll, die Differenzen zwischen den sudanesischen Parteien und Initiativen zu überwinden, die Wiederherstellung des Übergangs zur Demokratie zu erleichtern und den Weg des Landes zu einem zivilen und demokratischen Wandel zu ebnen; hervorzuheben, dass ein Prozess der Übergangsjustiz eingeleitet werden muss, um die Urheber von Menschenrechtsverletzungen vor Gericht zu bringen und die Grundlage für die nationale Aussöhnung zu schaffen; die Maßnahmen der EU vor Ort in Form von humanitärer Hilfe und unmittelbarer Unterstützung für die Bevölkerung zu verstärken, indem die Lebensbedingungen der lokalen Gemeinschaften verbessert werden und gleichzeitig die Exposition gegenüber Einflüssen Russlands und Chinas verringert wird; ihre tiefe Besorgnis über die geplante Einrichtung eines russischen Marinestützpunkts in Port Sudan zum Ausdruck zu bringen, der negative Auswirkungen auf den Frieden und die Sicherheit am Roten Meer haben würde;

Uganda

viii)

die wichtige Rolle anzuerkennen, die Uganda bei dem Vermittlungsprozess gespielt hat, der zum Friedensabkommen im Südsudan geführt hat; den Beitrag der ugandischen Streitkräfte zur Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia zu begrüßen und sich mit dem Land im Hinblick auf die Zukunft der Mission abzustimmen; das neue Gemeindemodell und andere Bestrebungen zur Bekämpfung der Armut durch einen bürgernahen Ansatz zu unterstützen; die Bedingungen, unter denen die Präsidentschaftswahl im Januar 2021 stattfanden, zu bedauern und die nationalen Stellen Ugandas aufzufordern, einen offenen politischen Raum zu fördern, der für faire und transparente Wahlen förderlich ist, und gleichzeitig davon abzusehen, den Zugang zu den Medien und den sozialen Medien zu beschränken; zu betonen, dass das Recht der indigenen Bevölkerung und der lokalen Gemeinschaften auf freie und vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung im Völkerrecht verankert ist, und die nationalen Stellen Ugandas aufzufordern, bei allen Gelegenheiten sämtliche grundlegenden Menschenrechte zu wahren; in diesem Zusammenhang ihre Besorgnis über die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Projekt „East African Crude Oil Pipeline“ (Ostafrikanische Rohöl-Pipeline) sowie über die damit verbundenen Risiken einer irreversiblen Schädigung der Umwelt und des Klimas zum Ausdruck zu bringen; die EU aufzufordern, dringend die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu verabschieden, um europäische Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, wenn ihre Tätigkeiten mit derartigen Verstößen in Verbindung stehen;

2.   beauftragt seine Präsidentin, diese Empfehlung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie zu Informationszwecken der Afrikanischen Union, der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung und den Vereinten Nationen zu übermitteln.


(1)  ABl. C 385 vom 22.9.2021, S. 24.

(2)  ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 80.

(3)  ABl. C 224 vom 8.6.2022, S. 99.

(4)  ABl. C 117 vom 11.3.2022, S. 114.

(5)  ABl. C 336 vom 2.9.2022, S. 14.

(6)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 132.

(7)  ABl. C 132 vom 24.3.2022, S. 205.

(8)  ABl. C 465 vom 17.11.2021, S. 154.

(9)  ABl. C 202 vom 28.5.2021, S. 54.

(10)  ABl. C 395 vom 29.9.2021, S. 50.

(11)  ABl. C 50 vom 9.2.2018, S. 57.

(12)  ABl. C 307 vom 30.8.2018, S. 92.

(13)  ABl. C 76 vom 28.2.2018, S. 35.

(14)  ABl. C 294 vom 23.7.2021, S. 8.


III Vorbereitende Rechtsakte

Europäisches Parlament

Dienstag, 4. Oktober 2022

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/130


P9_TA(2022)0332

Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (COM(2020)0726 — C9-0366/2020 — 2020/0320(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/17)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0726),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 168 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0366/2020),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die vom französischen Senat im Rahmen des Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vorgelegte begründete Stellungnahme, in der geltend gemacht wird, dass der Entwurf eines Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 27. April 2021 (1),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 7. Mai 2021 (2),

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 8. Dezember 2021 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Haushaltsausschusses,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A9-0253/2021),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest (3);

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 286 vom 16.7.2021, S. 109.

(2)  ABl. C 300 vom 27.7.2021, S. 76.

(3)  Dieser Standpunkt ersetzt die am 14. September 2021 angenommenen Abänderungen (Angenommene Texte P9_TA(2021)0376).


P9_TC1-COD(2020)0320

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2370.)


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/132


P9_TA(2022)0333

Schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU (COM(2020)0727 — C9-0367/2020 — 2020/0322(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/18)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0727),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 168 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0367/2020),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die vom französischen Senat im Rahmen des Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vorgelegte begründete Stellungnahme, in der geltend gemacht wird, dass der Entwurf eines Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 27. April 2021 (1),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 7. Mai 2021 (2),

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 29. Juni 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A9-0247/2021),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest (3);

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 286 vom 16.7.2021, S. 109.

(2)  ABl. C 300 vom 27.7.2021, S. 76.

(3)  Dieser Standpunkt ersetzt die am 14. September und 11. November 2021 angenommenen Abänderungen (Angenommene Texte P9_TA(2021)0377 und P9_TA(2021)0449).


P9_TC1-COD(2020)0322

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2371.)


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/133


P9_TA(2022)0336

Bewirtschaftungs-, Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Zuständigkeitsbereich der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Bewirtschaftungs-, Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Zuständigkeitsbereich der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1936/2001, (EG) Nr. 1984/2003 und (EG) Nr. 520/2007 des Rates (COM(2021)0113 — C9-0095/2021 — 2021/0058(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/19)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2021)0113),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 43 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0095/2021),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 9. Juni 2021 (1),

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 22. Juni 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses (A9-0312/2021),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 341 vom 24.8.2021, S. 106.


P9_TC1-COD(2021)0058

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Bewirtschaftungs-, Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Zuständigkeitsbereich der Thunfischkommission für den Indischen Ozean (IOTC) und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1936/2001, (EG) Nr. 1984/2003 und (EG) Nr. 520/2007 des Rates

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2343.)


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/134


P9_TA(2022)0337

Flexible Unterstützung für Gebiete (FAST-CARE) ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 und der Verordnung (EU) 2021/1060 im Hinblick auf zusätzliche Flexibilität zur Bewältigung der Folgen des militärischen Angriffs durch die Russische Föderation: FAST — CARE (Flexible Assistance for Territories — Flexible Unterstützung für Gebiete) (COM(2022)0325 — C9-0218/2022 — 2022/0208(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/20)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2022)0325),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 177 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0218/2022),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 20. Juli 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für regionale Entwicklung (A9-0232/2022),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

P9_TC1-COD(2022)0208

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) 2021/1060 im Hinblick auf zusätzliche Flexibilität zur Bewältigung der Folgen des militärischen Angriffs durch die Russische Föderation FAST — CARE (Flexible Assistance for Territories — Flexible Unterstützung für Gebiete)

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2039.)


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/135


P9_TA(2022)0338

Richtlinie über Funkanlagen: einheitliches Ladegerät für Elektronikgeräte ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/53/EU über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt (COM(2021)0547 — C9-0366/2021 — 2021/0291(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/21)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2021)0547),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0366/2021),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 8. Dezember 2021 (1),

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 29. Juni 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A9-0129/2022),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 152 vom 6.4.2022, S. 82.


P9_TC1-COD(2021)0291

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/53/EU über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Richtlinie (EU) 2022/2380.)


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/136


P9_TA(2022)0340

Single-Window der EU für den Zoll ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Single-Window-Umgebung der Europäischen Union für den Zoll und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (COM(2020)0673 — C9-0338/2020 — 2020/0306(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/22)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0673),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und die Artikel 33, 114 und 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0338/2020),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 24. März 2021 (1),

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 15. Juni 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für internationalen Handel,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A9-0279/2021),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 220 vom 9.6.2021, S. 62.


P9_TC1-COD(2020)0306

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Single-Window-Umgebung der Europäischen Union für den Zoll und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2399.)


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/137


P9_TA(2022)0341

Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1165/2008, (EG) Nr. 543/2009 und (EG) Nr. 1185/2009 und der Richtlinie 96/16/EG des Rates (COM(2021)0037 — C9-0009/2021 — 2021/0020(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/23)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2021)0037),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 338 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0009/2021),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 17. Juni 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A9-0285/2021),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

billigt die dieser Entschließung beigefügte gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates, die im Amtsblatt der Europäischen Union (Reihe C) veröffentlicht wird;

3.

nimmt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung der Kommission zur Kenntnis, die im Amtsblatt der Europäischen Union (Reihe C) veröffentlicht wird;

4.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

5.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

P9_TC1-COD(2021)0020

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 617/2008 der Kommission sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1165/2008, (EG) Nr. 543/2009 und (EG) Nr. 1185/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinie 96/16/EG des Rates

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2379.)


ANLAGE ZUR LEGISLATIVE ENTSCHLIESSUNG

GEMEINSAME ERKLÄRUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES ZUR VERORDNUNG (EU) 2022/2379 ZUR GROßEN BEDEUTUNG DER EINRICHTUNG EINES VON DEN ZUSTÄNDIGEN NATIONALEN BEHÖRDEN GEFÜHRTEN REGISTERS ÜBER DIE VERWENDUNG VON PFLANZENSCHUTZMITTELN IN DER LANDWIRTSCHAFT IN ALLEN MITGLIEDSTAATEN

Die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und die Biodiversitätsstrategie machen im Rahmen des europäischen Grünen Deals deutlich, dass es eines Übergangs zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem bedarf, indem insbesondere der Einsatz und das Risiko von Pestiziden bis 2030 um 50 % verringert werden und der ökologische/biologische Landbau und der biologischen Vielfalt zuträgliche Landschaftselemente auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebaut werden.

Gemäß der Verordnung (EU) 2022/2379 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) (Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung) kann eine umfassende Erhebung von Daten zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch berufliche Verwender in einer landwirtschaftlichen Tätigkeit — nämlich eine Abdeckung von 95 % des Einsatzes in jedem Mitgliedstaat — nur erreicht werden, wenn berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln durch das Unionsrecht gesetzlich verpflichtet werden, ihre Aufzeichnungen in elektronischer Form an die zuständigen nationalen Behörden zu übermitteln.

Das Europäische Parlament und der Rat weisen darauf hin, dass eine solche Verpflichtung in das Unionsrecht aufgenommen werden muss, und werden gemeinsam darauf hinarbeiten.

ERKLÄRUNG DER KOMMISSION IN BEZUG AUF VERORDNUNG (EU) 2022/2379 ZU DEN LAUFENDEN ARBEITEN ZUR GEWÄHRLEISTUNG DER ELEKTRONISCHEN VERFÜGBARKEIT DER AUFZEICHNUNGEN, DIE VON BERUFLICHEN VERWENDERN VON PFLANZENSCHUTZMITTELN GEMÄSS ARTIKEL 67 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG (EG) Nr. 1107/2009 ZU FÜHREN SIND

Im europäischen Grünen Deal und in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ ist eine Verringerung des Einsatzes und des Risikos chemischer Pestizide als zentrales Ziel der Union festgelegt. Um wirksame und wirkungsvolle Maßnahmen zu gewährleisten, sind belastbare und umfassende Daten über den Einsatz von Pestiziden in landwirtschaftlichen Betrieben von entscheidender Bedeutung. Die laufenden Arbeiten, mit denen gewährleistet werden soll, dass die von beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmitteln geführten Aufzeichnungen in elektronischer Form verfügbar sind, sind ein wichtiger Faktor für die Umsetzung der Berichterstattungspflichten in Bezug auf Pestizide, die Teil der Verordnung (EU) 2022/2379 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) (Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung) sind.

Daher hat die Kommission auf der Grundlage von Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) den Entwurf einer Durchführungsverordnung der Kommission hinsichtlich des Inhalts und des Formats der von beruflichen Verwendern gemäß Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu führenden Aufzeichnungen über die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln ausgearbeitet.

Diese Durchführungsverordnung würde, falls sie wie derzeit vorgesehen angenommen wird, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelnen regeln, unter anderem indem die von den beruflichen Verwendern aufzuzeichnenden Elemente identifiziert werden und sichergestellt wird, dass diese Aufzeichnungen spätestens ab dem 1. Januar 2025 in elektronischer Form zur Verfügung stehen.

Der Entwurf dieser Durchführungsverordnung wird derzeit im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (Sektion Pflanzliche Arzneimittel — Rechtsvorschriften), erörtert. Die Kommission beabsichtigt, in den kommenden Monaten die Stellungnahme des Ausschusses gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) einzuholen.

Die Kommission beabsichtigt, diese Durchführungsverordnung vor Ende 2022 anzunehmen.


(1)  Verordnung (EU) 2022/2379 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. November 2022 über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 617/2008 der Kommission sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1165/2008, (EG) Nr. 543/2009 und (EG) Nr. 1185/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 96/16/EG des Rates (ABl. L 315 vom 7.12.2022, S. 1).

(2)  Verordnung (EU) 2022/2379 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. November 2022 über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 617/2008 der Kommission sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1165/2008, (EG) Nr. 543/2009 und (EG) Nr. 1185/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 96/16/EG des Rates (ABl. L 315 vom 7.12.2022, S. 1).

(3)  Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).


14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/139


P9_TA(2022)0342

Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 über persistente organische Schadstoffe ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe (COM(2021)0656 — C9-0396/2021 — 2021/0340(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/24)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2021)0656),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 192 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0396/2021),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 8. Dezember 2021 (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 29. Juni 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A9-0092/2022),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest (2);

2.

nimmt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung der Kommission zur Kenntnis;

3.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

4.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 152 vom 6.4.2022, S. 197.

(2)  Dieser Standpunkt ersetzt die am 3. Mai 2022 angenommenen Abänderungen (Angenommene Texte P9_TA(2022)0130).


P9_TC1-COD(2021)0340

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 über persistente organische Schadstoffe

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2400.)


ANLAGE ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG

Erklärung der Kommission

Erklärung der Kommission anlässlich der Annahme der Verordnung (EU) 2022/2400 (1) zur Aufnahme des Abfallcodes 17 05 04„Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen“ in Anhang V Teil 2 der Verordnung (EU) 2019/1021

Die Aufnahme des Abfallcodes für „Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen“ in Anhang V Teil 2 sollte nicht so verstanden werden, dass die Entsorgung von Boden als Abfall gegenüber der zwecks Abfallvermeidung erfolgenden Sanierung von Boden begünstigt wird.

Bietet die Entsorgung die beste umweltschonende Abfallbewirtschaftungsoption, so unterliegt die Ausnahme von der zerstörenden Behandlung den Anforderungen des Artikels 7 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1021.


(1)  Verordnung (EU) 2022/2400 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. November 2022 zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 über persistente organische Schadstoffe (ABl. L 317 vom 9.12.2022, S. 24).


Donnerstag, 6. Oktober 2022

14.4.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 132/141


P9_TA(2022)0348

Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Gemeinschaft: vorübergehende Entlastung ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2022 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates hinsichtlich der vorübergehenden Entlastung von den Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Gemeinschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie (COM(2022)0334 — C9-0225/2022 — 2022/0214(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2023/C 132/25)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2022)0334),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 91 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0225/2022),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 22. September 2022 (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gestützt auf die Artikel 59 und 163 seiner Geschäftsordnung,

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.


P9_TC1-COD(2022)0214

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 6. Oktober 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates hinsichtlich der vorübergehenden Entlastung von den Vorschriften für die Nutzung von Zeitnischen an Flughäfen der Union aufgrund einer epidemiologischen Lage oder einer militärischen Aggression

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/2038.)