ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 79

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

66. Jahrgang
2. März 2023


Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIEßUNGEN

 

Ausschuss der Regionen

 

152. AdR-Plenartagung, 30.11.2022-1.12.2022

2023/C 79/01

Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und zu den politischen Prioritäten des AdR für 2023

1

2023/C 79/02

Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Europäischen Jahr der Kompetenzen 2023

8

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

152. AdR-Plenartagung, 30.11.2022-1.12.2022

2023/C 79/03

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität

12

2023/C 79/04

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zur EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien

17

2023/C 79/05

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema Gewährleistung der Ernährungssicherheit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelsysteme

23

2023/C 79/06

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema Die künftige EU-Jugendpolitik — Überlegungen zur Jugendpolitik und zur durchgängigen Berücksichtigung der Jugend im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend 2022

30

2023/C 79/07

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Mehr Unterstützung für Gebiete mit natürlichen und demografischen Nachteilen im Rahmen der Kohäsionspolitik (Artikel 174 AEUV)

36

2023/C 79/08

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema Kleinstädtische Gebiete als Schlüsselakteure für einen gerechten Übergang

44

2023/C 79/09

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema Eine neue Innovationsagenda für Europa

51


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Ausschuss der Regionen

 

152. AdR-Plenartagung, 30.11.2022-1.12.2022

2023/C 79/10

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Legale Migration — Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern

59

2023/C 79/11

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Reform des Systems der geografischen Angaben

74

2023/C 79/12

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die nächste Generation von Eigenmitteln für den EU-Haushalt

99


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIEßUNGEN

Ausschuss der Regionen

152. AdR-Plenartagung, 30.11.2022-1.12.2022

2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/1


Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission und zu den politischen Prioritäten des AdR für 2023

(2023/C 79/01)

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR),

unter Hinweis auf

das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2023 (1),

das Protokoll über die Zusammenarbeit zwischen dem AdR und der Europäischen Kommission vom Februar 2012,

seine Entschließung zu den Prioritäten des Europäischen Ausschusses der Regionen 2020-2025 (2),

seine Entschließung zu den Vorschlägen des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2023 (3),

seinen Jahresbericht zur Lage der Regionen und Städte (4),

1.

begrüßt, dass das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission zu großen Teilen auf den Vorschlägen der Konferenz zur Zukunft Europas beruht; schließt sich der Forderung des Europäischen Parlaments und der Präsidentin der Europäischen Kommission nach einem Konvent auf der Grundlage von Artikel 48 EUV an, da die Umsetzung einiger Vorschläge Änderungen des Vertrags erfordern würde; bedauert jedoch, dass es im Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission an Verweisen und konkreten Vorschlägen im Zusammenhang mit den Schlussfolgerungen der Konferenz zur Zukunft Europas fehlt, die eine stärkere Anerkennung des Mehrwerts der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften für die europäische Demokratie vorsehen;

2.

begrüßt die erneute Zusage der Kommission, die Ziele für nachhaltige Entwicklung als ihr übergeordnetes Leitziel zu nutzen, insbesondere durch ihre Einbeziehung in das Europäische Semester und in die Instrumente für eine bessere Rechtsetzung; fordert die Kommission auf, zu prüfen, welch umfassendes Potenzial die lokale Verankerung der Nachhaltigkeitsziele insgesamt bietet, auch im Rahmen der erwarteten freiwilligen Überprüfung der EU, um eine nachhaltige Erholung und die Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erreichen;

3.

betont, dass es angesichts der Folgen der anhaltenden Klimakrise, der COVID-19-Pandemie, des russischen Kriegs gegen die Ukraine und der aktuellen Rekordinflation infolge gestiegener Nahrungsmittel- und Energiepreise sowie der strukturellen humanitären und Migrationskrise an den Grenzen der EU, insbesondere im Mittelmeer- und im Atlantikraum, mehr denn je darauf ankommt, den Zusammenhalt als Grundwert der Europäischen Union zu stärken. Die Kohäsionspolitik ist die wichtigste Investitionspolitik der EU und ein entscheidendes Instrument zur Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Regionen und Städten und zur Förderung von Solidarität und Integration; wird sich deshalb 2023 gemeinsam mit seinen Partnern der #CohesionAlliance (5) insbesondere im Rahmen der Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens auf die weitere Stärkung und Umsetzung der Kohäsionspolitik konzentrieren;

4.

verpflichtet sich, die Ukraine, ihre Regionen und Gemeinden weiterhin uneingeschränkt zu unterstützen und seine Verantwortung für den Wiederaufbau der Ukraine wahrzunehmen, insbesondere durch die Europäische Allianz der Städte und Regionen für den Wiederaufbau der Ukraine, die in der Plattform für den Wiederaufbau der Ukraine als Partner anerkannt werden sollte; ist besorgt darüber, dass noch keine Einzelheiten zum Konzept der Plattform, der Art und Weise ihrer Finanzierung und ihrer Verwaltung vorgelegt wurden; betont, dass der Wiederaufbau nachhaltige, grüne und digitale Konzepte für die integrierte territoriale Entwicklung erfordert und mit der Förderung der lokalen Demokratie auf der Grundlage starker Partnerschaften mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Europäischen Union sowie mit Transparenz und Korruptionsbekämpfung einhergeht; ist ferner der Auffassung, dass der Beitrag der EU zum Wiederaufbau der Ukraine finanzielle Unterstützung über den derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmen hinaus erfordert. Die Regionen und Städte, die die meisten Flüchtlinge aufnehmen, benötigen zusätzliche finanzielle Unterstützung durch die EU;

5.

verpflichtet sich, auch künftig Vertreter der subnationalen Regierungen der Ukraine, Moldaus und Georgiens durch regelmäßige Treffen bilateraler und multilateraler Foren, etwa der Europäischen Allianz der Städte und Regionen für den Wiederaufbau der Ukraine, sowie durch Erleichterung der Peer-to-Peer-Zusammenarbeit und durch die Organisation von Ferienlagern für Kinder, deren Leben durch den Krieg erschüttert wurde, zu unterstützen;

Die EU bürgernäher gestalten

6.

begrüßt die Einrichtung europäischer Bürgerforen und die schrittweise Einführung lokal verankerter Beteiligungsmechanismen als neues Element der Entscheidungsfindung in der EU, auch auf lokaler und regionaler Ebene, das einer angemessenen Unterstützung der EU in Bezug auf Finanzierung und Kapazitätsaufbau bedarf; ist der Ansicht, dass dies eine Überarbeitung der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung erfordert und dass aufbauend auf den Erfahrungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit Partizipation auch die territoriale Dimension berücksichtigt werden muss; betont ferner, dass Transparenz erforderlich ist und die Bürgerinnen und Bürger klare Rückmeldungen zu ihren Vorschlägen erhalten müssen;

7.

begrüßt, dass der Schwerpunkt des Arbeitsprogramms der Kommission auf der Notwendigkeit einer fundierten Politikgestaltung liegt, die auf Fakten, Grundsätzen der besseren Rechtsetzung und der strategischen Vorausschau beruht; verweist bezüglich der Vorschläge der Konferenz zur Zukunft Europas auf den Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und des AdR selbst zur Stärkung der Faktengrundlage für EU-Rechtsvorschriften, u. a. durch Subsidiaritätskontrolle, territoriale Folgenabschätzungen, die Überprüfung der Umsetzung der Strategie für den ländlichen Raum durch das RegHub-Netz und die Plattform „Fit4Future“;

8.

unterstreicht die Schlüsselrolle, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Verteidigung der europäischen Werte und bei der Bewältigung von Herausforderungen für die Demokratie wie Desinformation und böswillige Einflussnahme spielen; ist bereit, einen Beitrag zum Paket zur Verteidigung der Demokratie und zur Aktualisierung des Rechtsrahmens für die Korruptionsbekämpfung zu leisten; betont ferner die Schlüsselrolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und erwartet, dass die von der Konferenz zur Zukunft Europas empfohlene jährliche Veranstaltung zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit auf einer Reihe von Sitzungen auf regionaler und nationaler Ebene beruht;

9.

unterstützt nachdrücklich die Bemühungen der Kommission um eine Union der Gleichheit, in deren Rahmen unter anderem der Vorschlag für einen Europäischen Behindertenausweis unterbreitet wird, mit dem die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in allen Mitgliedstaaten sichergestellt werden soll, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, einen Plan zur Sicherstellung einer universellen und vollständigen digitalen Anbindung in der EU umzusetzen; begrüßt ferner die angekündigten rechtlichen Initiativen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, zur Lohntransparenz und zur Gewährleistung der Umsetzung des EU-Aktionsplans gegen Rassismus 2020-2025; weist ferner darauf hin, dass die Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen 2020-2025 umgesetzt werden muss;

10.

verpflichtet sich, die Ergebnisse des Europäischen Jahres der Jugend weiterzuverfolgen und die Beteiligung junger Menschen am demokratischen Leben aus lokaler und regionaler Sicht auf der Grundlage der Europäischen Charta für Jugend und Demokratie zu erhöhen, auch durch die Fortführung seines Programms für junge Mandatsträger (YEP), und dabei die Jugend eng in das Europäische Jahr der Kompetenzen 2023 einzubinden; begrüßt auch die neuen Initiativen der Kommission wie die Labore für Ideen der Jugend und HealthyLifestyle4All;

11.

erwartet mit Interesse den Legislativvorschlag der Kommission zur Überprüfung des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung, der angesichts des Klimanotstands, der COVID-19-Pandemie und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine überarbeitet und transparenter sowie demokratischer gestaltet werden muss; ist ferner der Auffassung, dass das Europäische Semester die regionale und lokale Dimension berücksichtigen muss; bekräftigt seine Forderung, dass bei der Umsetzung des Ziels des allgemeinen Schuldenabbaus zwischen Ausgaben und Investitionen unterschieden werden muss, und erwartet die Ausarbeitung neuer Vorschriften, mit denen nachhaltiges Wachstum gefördert wird, ohne dass die Fähigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, in öffentliche Dienstleistungen und Infrastrukturen zu investieren, beeinträchtigt wird;

Aufbau resilienter Gemeinschaften

12.

erwartet im Jahr 2023 neue wichtige Schritte zur Verwirklichung des geplanten europäischen Bildungsraums und bringt seine Unterstützung für die Aktualisierung des derzeitigen EU-Rahmens für die Lernmobilität zum Ausdruck, damit Lernende mithilfe eines inklusiven Ansatzes leichter zwischen Bildungssystemen wechseln können;

13.

begrüßt zwar die Einführung des unbefristeten Mobilitätsprogramms „Culture Moves Europe“, bedauert jedoch, dass es für 2023 keine konkreten neuen Initiativen im Bereich der Kultur und des Kulturerbes gibt, und fordert, dass der neue EU-Arbeitsplan für Kultur 2023-2026 dazu beiträgt, diese Politikbereiche durchgängig in anderen Bereichen zu berücksichtigen;

14.

unterstützt den Vorschlag der Kommission, 2023 zum Europäischen Jahr der Kompetenzen zu erklären, in dem die Regionen und Städte eine aktive Rolle spielen werden, und zwar durch die Förderung verstärkter, wirksamerer und inklusiver Aus- und Weiterbildung und Umschulung für den grünen und den digitalen Wandel und die wirtschaftliche Erholung; betont die Notwendigkeit, grenzüberschreitende und mehrsprachige Lösungen im Bildungsbereich aktiv einzubeziehen; wird die einschlägigen Initiativen der Kommission wie den Kompetenzpakt sowie die Bemühungen, den eklatanten Mangel an Frauen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) sowohl in Bezug auf die Bildung als auch die Berufswelt zu beheben, weiterhin aktiv unterstützen; wird darüber hinaus den besonderen Schwerpunkt, den die Kommission auf eine stärkere Aktivierung des Arbeitsmarktes legt, unterstützen, wobei es insbesondere um Frauen und junge Menschen gehen soll, vor allem diejenigen, die weder arbeiten noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren (NEET);

15.

erwartet mit Spannung die Initiative der Kommission zur Digitalisierung der Sozialversicherung im Zuge der laufenden Arbeiten am ESSPASS (Europäischer Sozialversicherungspass), die der Arbeitskräftemobilität förderlich sein wird;

16.

wird einen Beitrag zum Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft leisten;

17.

fordert die Kommission auf, auch künftig die Arbeit des Europäischen Konvents der Bürgermeister für Klima und Energie und Initiativen wie das Neue Europäische Bauhaus und die EU-Mission für klimaneutrale und intelligente Städte zu unterstützen. Dies sind Schlüsselinstrumente für die Umsetzung des europäischen Grünen Deals in den Städten und Regionen der gesamten EU, die den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften helfen, die Anpassungsziele zu erreichen, insbesondere auf Inseln, in anderen Gebieten mit natürlichen und demografischen Nachteilen und in den Gebieten in äußerster Randlage;

18.

weist darauf hin, dass die Dekarbonisierung des Verkehrssystems und die Umstellung auf nachhaltigere und umweltfreundlichere Verkehrsträger wesentliche Säulen des europäischen Grünen Deals sind; begrüßt deshalb die anstehenden Initiativen der Kommission, den Verkehr nachhaltiger zu gestalten, insbesondere das Paket zur Ökologisierung des Güterverkehrs; fordert in diesem Zusammenhang, den grenzüberschreitenden Ausbau des Güterverkehrs und des öffentlichen Verkehrs fortzusetzen, um Grenzregionen besser miteinander zu verbinden sowie grenzüberschreitende Tarife und Ticketbuchungen zu vereinfachen; fordert die Kommission außerdem auf, bei der Überarbeitung der Leitlinien für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen den Schwerpunkt auf die Umsetzung der Ziele des europäischen Grünen Deals zu legen; fordert, dass die neuen Leitlinien, die 2023 veröffentlicht werden sollen, die Zuständigkeiten der lokalen öffentlichen Verkehrsbehörden nicht übermäßig einschränken und keine neuen Rechtskonzepte einführen, die zu Rechtsunsicherheit führen und künftige Investitionen in öffentliche Verkehrsdienste und deren Entwicklung behindern könnten;

19.

unterstützt das übergeordnete Ziel von REPowerEU und begrüßt, dass darin die Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gewürdigt wird. Die Fähigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die Bürger zu schützen, muss durch finanzielle und technische Hilfe, einschließlich direkter Mittel, unterstützt werden;

20.

begrüßt die Ankündigung einer umfassenden Reform des EU-Strommarkts und der Gründung einer Europäischen Wasserstoffbank, die dazu beitragen soll, die EU besser auf eine emissionsfreie Zukunft vorzubereiten; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, einen umfassenden Legislativvorschlag zum Thema Energiearmut auszuarbeiten, der klare Leitlinien dazu enthält, wie die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Behebung der Ursachen des Problems ausarbeiten sollen;

21.

fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen zur Stärkung der digitalen Resilienz der subnationalen Verwaltungen zu verstärken und kritische EU-Infrastrukturen vor physischen und Cyberangriffen zu schützen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine;

22.

fordert die Europäische Kommission auf, mit den lokalen und regionalen Regierungen bei der Umsetzung von Initiativen zusammenzuarbeiten, die sich aus dem Klimapakt von Glasgow und den Schlussfolgerungen der COP 27 der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen ergeben, und die Zusammenarbeit auf mehreren Ebenen und die regional und lokal festgelegten Beiträge zu unterstützen. Die Anstrengungen zur Förderung der von der lokalen Ebene ausgehenden Anpassung an den Klimawandel müssen verstärkt werden, damit die ehrgeizigen Ziele der EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt und die Kosten für Haushalte und Unternehmen minimiert werden können;

23.

ist bereit, sich der Herausforderung der Umsetzung des globalen Biodiversitätsrahmens für die Zeit nach 2020 zu stellen, und fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei seiner Umsetzung eine Schlüsselrolle spielen. Die Biodiversitätsziele sollten in die Politikgestaltung der EU einfließen, damit die gemeinsame Vision von einem Leben im Einklang mit der Natur bis 2050 Wirklichkeit werden kann. Die Bemühungen, den Verlust an biologischer Vielfalt als dringende Krise zu betrachten und Synergien mit Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, der Nutzung fossiler Brennstoffe und der Umweltverschmutzung anzustreben, müssen erheblich verstärkt werden; bedauert vor diesem Hintergrund, dass das Arbeitsprogramm der Kommission keinen Legislativvorschlag zu der in der EU-Waldstrategie angekündigten Intensivierung der Überwachung, Berichterstattung und Datenerhebung zum Thema Wald in der EU enthält;

24.

verpflichtet sich zur weiteren Zusammenarbeit im Rahmen der Null-Schadstoff-Plattform der Interessenträger, um einen Mehrebenenansatz in Verbindung mit dem Null-Schadstoff-Aktionsplan zu fördern, u. a. ein Monitoring sowie zu einem späteren Zeitpunkt die Schaffung eines Fortschrittsanzeigers für die Umweltleistung der Regionen in der EU; fordert die Überarbeitung und Stärkung der REACH- und CLP-Verordnungen; bekräftigt seine Forderung nach einem Meeresgesetz nach dem Vorbild des Klimagesetzes; begrüßt die Ankündigung einer neuen Initiative für den Schutz, die nachhaltige Bewirtschaftung und die Wiederherstellung der Böden in der EU;

25.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine entscheidende Rolle beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft, bei der Abfallpolitik und bei der Verringerung der Abhängigkeit von Dritten und von neuen Rohstoffen spielen; bedauert, dass sich im Arbeitsprogramm der Kommission kein Verweis auf die Initiative „Nachhaltiger Konsum von Gütern — Förderung von Reparatur und Wiederverwendung“ findet;

26.

begrüßt die Entlastung von KMU und fordert, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Entwicklung neuer und die Verbesserung bestehender Instrumente zur Bewertung der Auswirkungen neuer Rechtsvorschriften auf KMU einzubeziehen;

27.

erwartet die Mitteilung zu 30 Jahren Binnenmarkt mit Spannung und fordert die globale Vorreiterrolle der EU weiter zu nutzen, um klimaneutrale, kreislauffähige, technische und demokratische Standards und Normen über die EU hinaus zu verankern;

28.

bedauert, dass die Kommission die Wettbewerbsverzerrungen nicht ausreichend angeht, die sich aus Unterstützungsprogrammen der EU und der Mitgliedstaaten infolge der Pandemie und der Energiekrise sowie aus der Tatsache ergeben, dass ausländische Unternehmen Beihilfen von ihren Regierungen erhalten, was sich zum Nachteil der lokalen und regionalen Wirtschaft auswirkt;

29.

begrüßt das Bestreben der Kommission, weiter die Ziele der digitalen Dekade umzusetzen und die Widerstandsfähigkeit der EU zu stärken, indem ein Europäisches Gesetz zu kritischen Rohstoffen erlassen wird, das das jüngste Chip-Gesetz der EU ergänzt und eine Grundlage für die Herstellung wichtiger Produkte in der EU, einschließlich Halbleiter, bietet;

30.

unterstützt den strategischen Ansatz für die legale Migration und weitere Maßnahmen, die darauf abzielen, durch die einheitliche Anerkennung von Qualifikationen und die Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt sowohl geringqualifizierte als auch hoch qualifizierte Drittstaatsangehörige für die EU zu gewinnen;

31.

weist erneut darauf hin, dass die Städte und Regionen an den Außengrenzen der EU den Migrationsströmen nach wie vor am stärksten ausgesetzt sind und eine umfassende Unterstützung auf EU-Ebene benötigen; erinnert die Kommission daran, bei der Umsetzung des gemeinsamen Fahrplans zum Migrations- und Asylpaket nicht die Empfehlungen der AdR-Stellungnahme zu diesem Paket aus den Augen zu verlieren und die lokale und regionale Ebene einzubeziehen;

32.

betont, dass die äußere Sicherheit Europas verbessert werden muss, indem die Mitgliedstaaten beim Schutz der EU-Außengrenzen stärker unterstützt werden;

33.

verweist auf die Empfehlungen in seiner Stellungnahme zur Überarbeitung der Governance des Schengen-Raums und betont, dass Kontrollen an den Binnengrenzen nur in Ausnahmefällen und nach Prüfung aller denkbaren Alternativen zulässig sind; befürwortet den Beitritt Bulgariens, Kroatiens und Rumäniens zum Schengenraum, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind;

34.

bedauert, dass im Arbeitsprogramm der Kommission nicht auf die Aufbau- und Resilienzfazilität Bezug genommen wird, obwohl sie das wichtigste Instrument der EU für eine nachhaltige Erholung nach der COVID-19-Krise in der EU ist;

35.

bedauert, dass die Kommission in Bezug auf den Katastrophenschutz der EU außer der Verdoppelung der Brandbekämpfungskapazitäten vor der Waldbrandsaison 2023 keinen klaren Plan für langfristige Verpflichtungen oder andere Maßnahmen vorschlägt; ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ausreichend konsultiert und in die Beschaffung, Wartung, Koordinierung und den Einsatz dieser Kapazitäten einbezogen werden sollten;

36.

fordert mehr Initiativen auf EU-Ebene, einschließlich eines besser strukturierten Mechanismus zur Unterstützung von Katastrophenpräventions- und -vorsorgemaßnahmen zur Stärkung der allgemeinen Widerstandsfähigkeit der Regionen und Städte der EU; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Bereitschaft, auf regionaler und lokaler Ebene einen Beitrag zur Ausarbeitung eines Europäischen Anzeigers für Schwachstellen zu leisten;

37.

fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die europäische Agenda für den ländlichen Raum im aktuellen und den künftigen Finanzierungszeiträumen in allen Politikbereichen umgesetzt wird und hochgesteckte Ziele umfasst wie die Stärkung der innovativen Dynamik des ländlichen Raums und seiner Resilienz, eine intelligente interterritoriale Zusammenarbeit und die Förderung von Maßnahmen der Bürger im Rahmen lokaler Entwicklungsstrategien; weist darauf hin, dass das „intelligente“ Konzept als integriertes und ganzheitliches Instrument zur Verknüpfung der Konzepte der intelligenten Dörfer, der intelligenten Städte und der intelligenten Regionen zu sehen ist;

38.

bedauert, dass die Kommission unter den im Arbeitsprogramm erwähnten Herausforderungen unserer Generationen nicht ausdrücklich auf die demografische Herausforderung verweist, vor der viele europäische Regionen stehen. Sie ist eine der größten Herausforderungen, die die Europäische Union in all ihren Politikbereichen berücksichtigen muss, um die Ungleichheiten zwischen den Regionen zu verringern — ein zentrales Ziel der Kohäsionspolitik der Europäischen Union;

39.

fordert die Kommission auf, das Welterbe als Instrument zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit der ländlichen Gebiete in Europa zu nutzen;

40.

betont, dass es gilt, die Möglichkeiten des künftigen Rechtsrahmens für nachhaltige Lebensmittelsysteme in der EU für eine tiefgreifende und systematische Überarbeitung des Lebensmittelsystems zu nutzen, die Spekulationen auf internationalen Märkten entgegenwirkt und die Einkommen der Landwirte schützt. Öffentliche Lagerhaltung als wichtigstes Instrument zur Regulierung des Marktes sollte zur Stabilisierung der Märkte und zur Schaffung strategischer Vorräte genutzt werden, um Nahrungsmittelkrisen zu verhindern;

41.

fordert die Europäische Kommission auf, die Möglichkeiten, die die öffentliche Beschaffung von Lebensmitteln bietet, auszuschöpfen, indem den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mögliche Kriterien für eine nachhaltige Lebensmittelbeschaffung vorgeschlagen werden, um eine gesunde und nachhaltige Ernährung in Schulen und öffentlichen Einrichtungen zu fördern und so einen grundlegenden Wandel unserer Lebensmittelsysteme zu unterstützen; betont ferner die Bedeutung systematischer Maßnahmen zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung und fordert die Kommission auf, auf der Grundlage der Arbeit der EU-Plattform für Lebensmittelverluste und -verschwendung Leitlinien festzulegen und die Überwachung sicherzustellen;

42.

fordert neue EU-Rechtsvorschriften für Saatgut, um die Verwendung und Vermarktung von bäuerlichem Saatgut zu ermöglichen;

43.

schlägt vor, dass die EU die Empfehlungen des Europäischen Parlaments zur Konzentration von Agrarland in der EU und die von der FAO angenommenen freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Regelung der Nutzungs- und Besitzrechte umsetzt;

44.

ist bereit, einen Beitrag zu der anstehenden Initiative zur psychischen Gesundheit zu leisten, und weist darauf hin, dass er die psychische Gesundheit als die größte Herausforderung für die Gesundheit in der Zeit nach der COVID-19-Pandemie ermittelt und in seinem Bericht zur Lage der Städte und Regionen 2022 Beispiele lokaler und regionaler Ansätze vorgestellt hat;

45.

bekräftigt seine Unterstützung für die Krebsbekämpfung und erwartet, dass die Entwürfe der Empfehlungen über rauchfreie Umgebungen und zu durch Impfung verhütbaren Krebsarten den Schutz der Europäer stärken; wird sich auf lokaler und regionaler Ebene für Sensibilisierung und den Austausch vorbildlicher Strategien für die Verhütung und das Screening einsetzen;

46.

betont, dass eine der wichtigsten Forderungen der europäischen Bürger, die im Abschlussbericht der Konferenz zur Zukunft Europas aufgeführt sind, die nach einem digitalen EU-Gesundheitspass ist; erwartet von den EU-Gesetzgebern, dass sie rasch eine Einigung über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten erzielen und dabei die Empfehlungen aus der AdR-Stellungnahme zu diesem Thema berücksichtigen, zumal die Europäische Gesundheitsunion ohne einen soliden Rahmen für die Übermittlung von Gesundheitsdaten nicht vollendet sein wird;

Zusammenhalt als unser Grundwert

47.

bekräftigt seine nachdrückliche Unterstützung für eine effiziente, flexible und nachhaltige Umsetzung der derzeitigen Kohäsionsprogramme, die dazu beiträgt, in Zukunft eine starke Kohäsionspolitik sicherzustellen; betont, dass der im achten Kohäsionsbericht dargelegte Grundsatz „Dem Zusammenhalt nicht schaden“ zeigt, dass der Zusammenhalt ein übergreifender Wert der EU ist; bedauert in diesem Zusammenhang, dass im Arbeitsprogramm der Kommission für 2023 weder auf die asymmetrischen territorialen Auswirkungen der derzeitigen Krisen noch auf die Notwendigkeit verwiesen wird, die potenziellen territorialen Auswirkungen der EU-Politik zu untersuchen, was hinter der bereits im Arbeitsprogramm 2022 eingegangenen Verpflichtung zur Stärkung der territorialen Folgenabschätzungen und der Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum zurückbleibt; verweist außerdem auf die Forderung des Europäischen Parlaments, den Europäischen Ausschuss der Regionen in die Ausgestaltung des Grundsatzes, dass der Zusammenhalt nicht gefährdet werden darf, einzubeziehen, und bekräftigt seine Bereitschaft, diesbezüglich mit der Europäischen Kommission zusammenzuarbeiten; bekräftigt nachdrücklich seine Forderung an die Kommission, dafür zu sorgen, dass Folgenabschätzungen auch eine Bewertung der potenziellen unterschiedlichen Auswirkungen jeder Rechtsetzungsinitiative auf die einzelnen Regionen umfassen;

48.

begrüßt die Absicht der Kommission, eine baldige Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) vorzuschlagen. Diese Überprüfung sollte eine übergreifende Debatte über Struktur und Ausstattung des nächsten MFR umfassen, wobei das Gewicht weiterhin auf der Vereinfachung, dem thematischen Schwerpunkt der Instrumente und möglicherweise dem System der Umsetzung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) liegen sollte;

49.

fordert die Europäische Kommission auf, Modelle der Mitentscheidung und der gemeinsamen Verwaltung in Bezug auf die Aushandlung, Programmplanung und Umsetzung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) auszuloten, um die verschiedenen Optionen in der gesamten EU zu erfassen und die Beteiligung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an allen Schritten der Verwaltung der ESIF weiter zu optimieren;

50.

bedauert, dass im Arbeitsprogramm der Kommission keine neue Initiative vorgeschlagen wird, wie die Blockade der Verordnung über einen Europäischen Grenzübergreifenden Mechanismus im Rat beseitigt werden kann; betont, dass die grenzübergreifende Zusammenarbeit für einen besseren Zusammenhalt weiter ausgebaut und vereinfacht sowie in Gesetzesinitiativen berücksichtigt werden muss; begrüßt jedoch die Ankündigung einer Gesetzgebungsinitiative für ein Statut für länderübergreifende europäische Vereine, das ihnen die uneingeschränkte Nutzung des Binnenmarkts ohne Behinderung ihrer Zusammenarbeit ermöglichen soll;

51.

fordert die Kommission auf, der gemeinsamen Empfehlung des AdR und des Europäischen Parlaments zur Schaffung eines Inselpakts und einer EU-Agenda für Inseln nach dem Vorbild des Städtepakts und des künftigen Pakts für den ländlichen Raum nachzukommen, wobei die wichtigsten Interessenträger, d. h. die nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die wirtschaftlichen und sozialen Akteure, die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft und die nichtstaatlichen Organisationen zu beteiligen sind; weist die Kommission erneut darauf hin, dass eine Studie über die unterschiedliche Situation der Inselgebiete der Europäischen Union durchgeführt werden sollte;

52.

betont, wie wichtig es ist, die aktualisierte Strategie für die Gebiete in äußerster Randlage zum Nutzen dieser Gebiete und der EU als Ganzes weiterzuverfolgen;

53.

leistet weiterhin direkte Beiträge zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte auf lokaler und regionaler Ebene und zur Bewertung des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte vor Ort; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass ergänzende Indikatoren „über das BIP hinaus“ erforderlich sind, um den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt zu messen, der den Übergang zu einer nachhaltigen Ökonomie des Wohlergehens erleichtern soll, und betont, dass angesichts der nach wie vor erheblichen Unterschiede zwischen den Regionen wirksame Instrumente zur Überwachung und Datenerhebung für sozial- und beschäftigungspolitische Maßnahmen erforderlich sind;

54.

ist der Auffassung, dass die Kommission zusätzlich zur grünen Taxonomie als Beitrag zur Umsetzung des Grünen Deals dringend einen Vorschlag zur Einführung einer sozialen Taxonomie vorlegen sollte, ohne die es den Investoren und Unternehmen an klaren Leitlinien fehlt, was als soziale Investition zu bewerten ist. Dies erschwert die Finanzierung sozial motivierter Aktivitäten etwa in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Sozialwohnungen und soziale Dienstleistungen;

55.

bekräftigt seine Forderung nach einer europäischen Wohnraumstrategie, die darauf abzielt, mehr erschwinglichen, nachhaltigen und sozialen Wohnraum sowie Notunterkünfte zu schaffen. Diese Strategie sollte in das Europäische Semester aufgenommen werden und quantitative nationale Ziele für öffentliche Investitionen umfassen;

56.

fordert die Kommission auf, ihr entschlossenes Engagement für einen Fonds für einen gerechten und nachhaltigen Übergang 2.0 nach 2027 zu bekräftigen; betont, dass es derzeit keine speziellen Finanzierungsmöglichkeiten für Automobilregionen gibt, obwohl sie auch im Übergangsprozess vor großen Herausforderungen stehen; bekräftigt seine Forderung nach einem EU-Programm mit einem thematischen und territorialen Anwendungsbereich, der auch Automobilregionen umfasst;

57.

begrüßt die Zusage der Kommission, dem Beitrittsprozess der Bewerberländer des westlichen Balkans sowie der Ukraine, Moldaus und Georgiens neue Impulse zu verleihen; wird die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der beiden neuen Kandidatenländer Ukraine und Moldau in seine diesbezüglichen Arbeiten einbinden und bilaterale Strukturen mit ihnen aufbauen; bekräftigt seine Bereitschaft, 2023 einen Gemischten Beratenden Ausschuss mit Albanien einzurichten; wird den Dialog und die praktische Zusammenarbeit mit der Türkei weiterhin unterstützen; wird seinen Standpunkt zur Zukunft der Östlichen Partnerschaft aus lokaler und regionaler Sicht Anfang 2023 darlegen, wie vom tschechischen EU-Ratsvorsitz gefordert;

58.

verpflichtet sich, auf lokaler und regionaler Ebene engere Beziehungen zu den südlichen Nachbarn der EU und zu Drittländern aufzubauen, insbesondere durch Austausch und Kooperation im Rahmen des Forums „Städte und Regionen für internationale Partnerschaften“, das 2023 gemeinsam mit der Europäischen Kommission organisiert werden soll;

59.

fordert die Kommission erneut auf, seiner Forderung nachzukommen und den Gebietskörperschaften bei den Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU mehr Gewicht zu verleihen; wird dazu beitragen, die territoriale Zusammenarbeit mit den eigenständigen Nationen und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften des Vereinigten Königreichs zu erleichtern und auszubauen, auch über den institutionellen Rahmen des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit hinaus;

60.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem tschechischen, dem schwedischen und dem spanischen EU-Ratsvorsitz sowie dem Präsidenten des Europäischen Rates zu übermitteln.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  COM(2022) 548 final.

(2)  COR-2020-01392-00-00-RES-TRA.

(3)  COR-2022-02657-00-00-RES-TRA.

(4)  https://cor.europa.eu/de/our-work/Pages/State-of-Regions-and-Cities-2022.aspx?origin=spotlight

(5)  https://cor.europa.eu/de/engage/Pages/cohesion-alliance.aspx


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/8


Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Europäischen Jahr der Kompetenzen 2023

(2023/C 79/02)

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR),

unter Bezugnahme auf den Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Europäisches Jahr der Kompetenzen 2023 (1),

1.

begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, das Jahr 2023 zum Europäischen Jahr der Kompetenzen auszurufen, und unterstützt die allgemeinen Ziele des Vorschlags als zeitgemäßen und wertvollen Beitrag zur Stärkung der sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Resilienz, auch nach der COVID-19-Krise und vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, sowie zur Erfüllung der neuen Kompetenzanforderungen insbesondere im Zusammenhang mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel;

2.

empfiehlt, die Jugend und Jugendorganisationen eng in die Planung, Umsetzung und Bewertung des Europäischen Jahres der Kompetenzen als Nachfolger des Europäischen Jahres der Jugend und im Geiste der durchgängigen Berücksichtigung der Jugend einzubeziehen;

3.

betont, dass ein tiefgreifendes Umdenken und Veränderungen im Verhalten aller Interessenträger von maßgeblicher Bedeutung sind, da es schwierig ist, die künftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und das sich daraus ergebende Tempo des erforderlichen Wandels im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung vorauszusehen; erwartet in diesem Zusammenhang, dass das Europäische Jahr der Kompetenzen Gelegenheit bieten wird, in Zusammenarbeit mit allen Regierungs- und Verwaltungsebenen ein dynamisches und kreatives Ökosystem zu schaffen, in dem — insbesondere junge — Menschen Maßnahmen im Bereich der allgemeinen und beruflichen erörtern und mitgestalten können, um diesen Wandel zu unterstützen;

4.

betont, dass das Europäische Jahr der Kompetenzen genutzt werden sollte, um in die Zukunftsfähigkeit der Kompetenzpolitik zu investieren. Dazu bedarf es auch mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung des Berufslebens eines Paradigmenwechsels bei den Kompetenzen; betont in diesem Zusammenhang, dass die für den ökologischen und den digitalen Wandel erforderlichen Kompetenzen unterstützt und gefördert werden müssen, wobei es jedoch auch traditionelle Kompetenzen und Know-how zu erhalten gilt;

5.

erwartet, dass das Europäische Jahr der Kompetenzen die Umsetzung der Europäischen Kompetenzagenda 2021 voranbringt, zu einem Meilenstein für die Verwirklichung der EU-Kernziele des Aktionsplans zur Europäischen Säule sozialer Rechte wird (wonach bis 2030 mindestens 60 % aller Erwachsenen jedes Jahr an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen und mindestens 78 % der Bevölkerung erwerbstätig sein sollen) und einen unterstützenden Beitrag dazu leistet, mehr Frauen und jungen Menschen den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen; hofft zudem, dass das Europäische Jahr der Kompetenzen Anreize für Menschen schafft, ihre Kompetenzen und damit ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, und somit auch zur Verwirklichung des dritten Kernziels des Aktionsplans zur Europäischen Säule sozialer Rechte beitragen wird (Verringerung der Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen um mindestens 15 Millionen);

6.

erwartet, dass die Umsetzung des Europäischen Jahres der Kompetenzen zur Verwirklichung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung beiträgt;

7.

erwartet, dass das Europäische Jahr der Kompetenzen Gelegenheit bieten wird, zu bewerten, welche Fortschritte in den verschiedenen Gebieten der EU in Bezug auf die spezifischen Bestimmungen von NextGenerationEU im Rahmen der Leitinitiative „Umschulen und Weiterbilden“ erzielt und inwieweit die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung auf die Unterstützung digitaler Kompetenzen und der beruflichen Aus- und Weiterbildung in allen Altersgruppen ausgerichtet wurden;

8.

weist darauf hin, dass die COVID-19-Krise und die Folgen des anhaltenden Krieges in der Ukraine zu erheblichen Rückschlägen in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, psychische Gesundheit und verfügbares Einkommen geführt haben; fordert in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen des Europäischen Jahres der Kompetenzen Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, einschließlich Langzeitarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, gefördert und die wichtigsten Probleme junger Menschen, die weder arbeiten, noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren (NEET), sowie das Thema zukunftssichere Kompetenzen angegangen werden;

9.

weist darauf hin, dass Mentoring ein wertvolles Instrument sein kann, um Bildungs- und Qualifikationslücken sowie Arbeitslosenquoten und letztlich soziale Ungleichheiten zu verringern und gleichzeitig die Solidarität zwischen den Generationen zu fördern; fordert in diesem Sinne die Entwicklung eines europäischen Mentoring-Rahmens;

10.

betont, dass das Problem des Fachkräftemangels, auch in abgelegenen oder dünn besiedelten Gebieten, durch Weiterbildung und Umschulung, lebenslanges Lernen, digitale Bildung und Investitionen in neue Technologien angegangen werden sollte; ist der Ansicht, dass die Einbeziehung bereichsübergreifender Grundkompetenzen, die grüne sowie andere Lebenskompetenzen ergänzen, in alle Fortbildungsmaßnahmen und Programme der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu mehr sozialer Resilienz, lebenslanger Beschäftigungsfähigkeit und zu qualifizierten Arbeitskräften, die einen sinnvollen Beitrag zum grünen Wandel leisten möchten, führen wird;

11.

unterstreicht zudem nachdrücklich, dass Investitionen in den Aufbau von Kapazitäten bei den Beschäftigten im öffentlichen Sektor notwendig sind, um den ökologischen und den digitalen Wandel vollziehen zu können;

12.

erinnert daran, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und unter dem Gesichtspunkt der Multi-Level-Governance in den meisten Mitgliedstaaten wichtige Zuständigkeiten für die allgemeine und berufliche Bildung haben und in den Bereichen der Beschäftigungspolitik eine strategische Rolle spielen; betont deshalb, dass die Städte und Regionen die Verwaltungsebene bilden, auf der die operativen Verbindungen zwischen den Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung und dem Arbeitsmarkt am stärksten sind und daher finanziert, umgesetzt und weiterverfolgt werden sollten;

13.

betont, dass neben der Schlüsselrolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auch andere Akteure, einschließlich der Privatwirtschaft und des dritten Sektors, in die Umsetzung der Maßnahmen zur (Wieder-)Eingliederung von Menschen in den Arbeitsmarkt einbezogen werden sollten; ist der Ansicht, dass im Rahmen der Kompetenz- und Ausbildungssysteme dafür gesorgt werden muss, die Qualifikationen generationenübergreifend besser auf den sich rasch entwickelnden Bedarf des Arbeitsmarktes abzustimmen;

14.

fordert angemessene Maßnahmen, um die durch nichtformale Bildung und informelles Lernen erworbenen Kompetenzen stärker anzuerkennen und sicherzustellen, dass diese beim Eintritt bzw. Wiedereintritt in die formale Bildung oder Beschäftigung validiert werden können. Zudem müssen Querschnittskompetenzen, die dem sich wandelnden Charakter der Beschäftigung gerecht werden, und Sprachkenntnisse gefördert werden;

15.

stellt fest, dass die Inanspruchnahme von Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen in der Union stark variiert, was zu Qualifikationslücken und einem Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage in den europäischen Regionen führt; fordert die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und alle relevanten Akteure stärker einzubeziehen, da ein Pauschalansatz nicht zum Erfolg führen wird;

16.

betont, dass ein ständiger Dialog zwischen europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Partnern erforderlich ist, um den spezifischen lokalen bzw. regionalen Kompetenzbedarf zu ermitteln; bekräftigt seine Forderung nach einer stärkeren territorialen Ausrichtung bei der Überwachung und Bewertung der Fortschritte bei der Umsetzung des Europäischen Jahres der Kompetenzen;

17.

weist darauf hin, dass die EU mit ihrer Kohäsionspolitik sowie insbesondere über den Europäischen Sozialfonds (ESF) und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Bereich Kompetenzen mehr bewirken kann, indem sie dazu beiträgt, strategische Handlungsbereiche zu ermitteln und zu stärken, indem sie den sozialen Zusammenhalt fördert und allen Bürgerinnen und Bürgern dabei hilft, ihr Potenzial auszuschöpfen und ihre beruflichen Ziele zu erreichen, sowie indem sie insgesamt eine langfristige positive Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU sicherstellt;

18.

ist der Auffassung, dass ein weiteres Ziel des Jahres mit Blick auf die Erzielung eines dauerhaften Effekt durch das Europäische Jahr der Kompetenzen darin bestehen sollte, die Abwanderung von Fachkräften zu minimieren und die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften zu optimieren, um zu einem stärkeren territorialen Zusammenhalt beizutragen; weist darauf hin, dass darüber hinaus zusätzliche Wege erschlossen werden müssen, um Arbeitskräfte aus Drittländern für die Besetzung offener Stellen in Sektoren mit Arbeitskräftemangel wie Pflege und Gesundheitswesen sowie Talente und Fachkräfte mit dringend benötigten Kompetenzen anzuziehen. Dies ist notwendig, damit Europa wettbewerbsfähig bleiben kann;

19.

begrüßt die Bedeutung, die der Inklusivität beigemessen wird, und weist darauf hin, dass die Ziele des Europäischen Jahres der Kompetenzen nur erreicht werden können, wenn den Bedürfnissen und Erwartungen aller Menschen in ihrer gesamten Vielfalt Rechnung getragen wird. Dies gilt auch für ländliche und strukturschwache Regionen sowie für Gebiete in Randlage, damit sichergestellt ist, dass niemand zurückgelassen wird;

20.

begrüßt den Vorschlag, Sitzungen der nationalen Koordinatoren einzuberufen, um den Ablauf des Europäischen Jahres der Kompetenzen zu organisieren, wobei gewährleistet werden muss, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein Mitspracherecht haben; schlägt vor, den AdR als Beobachter in die Sitzungen der nationalen Koordinatoren einzubeziehen;

21.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten für die Unterstützung lokaler und regionaler Kompetenzinitiativen während des gesamten Jahres 2023 und darüber hinaus haben sollten;

22.

fordert, dass Unternehmer und Selbstständige in Weiterbildungs- und Umschulungsinitiativen einbezogen werden, da sie bei der Förderung von Innovation, der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Stärkung des nachhaltigen Wachstums eine wichtige Rolle spielen;

23.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, eng mit den Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft zusammenzuarbeiten, um zur Ermittlung des lokalen und regionalen Arbeitsmarktbedarfs sowie zu entsprechenden Lösungen beizutragen. Dadurch werden die Chancen junger Menschen auf den Erwerb von Kompetenzen verbessert, die ihnen einen guten und zukunftssicheren Arbeitsplatz sichern;

24.

hebt hervor, dass sich die Veränderungen in der Arbeitswelt infolge der Pandemie und des digitalen und ökologischen Wandels insbesondere auf Frauen ausgewirkt haben. Deshalb sollten die Einbeziehung der Geschlechtergleichstellung in diesen zweifachen Wandel, die Förderung zukunftsfähiger Kompetenzen und der Zugang zu digitalen Kompetenzen wesentliche Bestandteile aller Bemühungen im Bereich des lebenslangen Lernens sein. Darüber hinaus müssen bei der Konzipierung und Durchführung von Schulungsprogrammen die Geschlechterfrage berücksichtigt und die geschlechtsspezifische Verzerrung angegangen werden;

25.

geht davon aus, dass das Europäische Jahr der Kompetenzen zur beschleunigten Vollendung eines europäischen Bildungsraums beiträgt, um hochwertige Bildung für alle zu gewährleisten. Die EU sollte die Zusammenarbeit im Hinblick auf eine engere Abstimmung zwischen den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung und den verschiedenen Lehrplänen auf der Grundlage der Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger und der Erfordernisse des Arbeitsmarktes verstärken;

26.

fordert, dass im Rahmen des Europäischen Jahres der Kompetenzen den staatsbürgerlichen Kompetenzen durch eine angemessene politische Bildung gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wird, um Menschen aller Altersgruppen in die Lage zu versetzen, aktive Bürger zu sein bzw. zu werden, uneingeschränkt am demokratischen Leben teilzuhaben und gegen Manipulationen in den Medien, Desinformation und Hetze, auch im Internet, gewappnet zu sein;

27.

betont, dass, wie auch im Vorschlag für das Europäische Jahr der Kompetenzen erwähnt, dringend Reformmaßnahmen ergriffen werden müssen, um die berufliche Aus- und Weiterbildung und die Lehrlingsausbildung für künftige Herausforderungen zu rüsten. Regionale Ökosysteme und bestehende zentrale Anlaufstellen müssen gefördert werden, um den Zugang zu hochwertiger beruflicher Aus- und Weiterbildung zu verbessern. Durch die Stärkung solcher Ökosysteme kann die notwendige Kontinuität erfolgreicher politischer Initiativen sichergestellt und der Zugang zu verfügbaren Fördermitteln aus dem ESF+-Programm erleichtert werden;

28.

hebt hervor, dass die allgemeine und berufliche Bildung sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung kontinuierlich an die neuesten Entwicklungen angepasst und in eine zukunftsorientierte Kompetenzperspektive eingebettet werden müssen. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können zur Schaffung von Überwachungssystemen, zur Antizipation des Kompetenzbedarfs und zur Schaffung von Mechanismen für den Abgleich der Nachfrage und des Angebots nach Qualifikationen auf lokaler und regionaler Ebene beitragen; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass lebenslanges Lernen sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung dauerhaft gestärkt werden können, wenn sie in Wirtschafts-, Industrie- und Innovationsstrategien zu Themen wie nachhaltige Erholung, digitaler Wandel und intelligente Spezialisierung integriert werden;

29.

betont, dass mit Blick auf die angesichts des ökologischen Wandels und der sich verschärfenden Energiekrise dringlich notwendige Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden unbedingt ein Schwerpunkt auf die Umschulung und Weiterbildung der Arbeitskräfte in der Baubranche gelegt werden muss;

30.

weist darauf hin, dass sich die Umstellung auf emissionsfreie und digitalisierte Fahrzeuge stark auf die regionalen Automobil-Ökosysteme und sozioökonomischen Strukturen auswirken wird; betont in diesem Zusammenhang, dass die Dekarbonisierung des Straßenverkehrs tiefgreifende Auswirkungen auf die Fachkräfte in der Automobil- und Zulieferindustrie haben wird, in der eine Weiterqualifizierung und Umschulung von 2,4 Millionen Arbeitnehmern bis 2030 dringend erforderlich sind; fordert daher einen europäischen Rahmen zur Antizipierung und Bewältigung der Veränderungen in dieser Branche, um einen gerechten und fairen Übergang in den Regionen mit Automobil- und Zulieferindustrie zu gewährleisten. Regionale Transformationspläne müssen in enger Zusammenarbeit zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ausgearbeitet werden;

31.

weist darauf hin, dass die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung des Eisenbahnsektors zu einer steigenden Nachfrage nach IKT- und Cybersicherheitsfachkräften führen wird und daher die erhebliche Qualifikationslücke und die sich wandelnden Qualifikationsanforderungen unter anderem durch strukturierte Ausbildungsprogramme für den Eisenbahnsektor und die Förderung der Ausbildung in schienenverkehrsbezogenen Berufen wirksam angegangen werden müssen;

32.

weist darauf hin, dass Exzellenzzentren für die berufliche Aus- und Weiterbildung als Katalysatoren für Investitionen lokaler Unternehmen wirken, weil sie Kompetenzökosysteme schaffen. Sie unterstützen die nachhaltige Erholung, den grünen und den digitalen Wandel, regionale Innovationen und technologische Innovationen für KMU; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an diesen Zentren als Multiplikatoren der genannten Ökosysteme beteiligt werden;

33.

betont, dass die Flexibilität der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Reaktion auf den raschen gesellschaftlichen Wandel und die Veränderungen in der Arbeitswelt erhöht werden muss. Es bedarf einer schnelleren Digitalisierung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, moderner und innovativer Lernansätze und mehr Investitionen in Fähigkeiten und Kompetenzen von Lehrkräften und Ausbildenden; betont, wie wichtig es vor dem Hintergrund der allgemeinen Kompetenzpolitik auf europäischer Ebene, aber insbesondere nach der COVID-19-Krise ist, mehr in die Weiterqualifizierung, Umschulung und berufliche Bildung zu investieren, denn diese hat den digitalen Wandel in der Bildung, aber auch die Veränderungen der Arbeitsmuster exponentiell beschleunigt;

34.

hofft, dass der Beschluss über das Europäische Jahr der Kompetenzen 2023 rasch angenommen wird, damit die Aktivitäten bereits Anfang 2023 beginnen können;

35.

verpflichtet sich vor diesem Hintergrund, zur Verwirklichung der Ziele des Europäischen Jahres der Kompetenzen beizutragen, auch mittels Umsetzung des AdR-Aktionsplans für dieses Europäische Jahr;

36.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem schwedischen und dem spanischen EU-Ratsvorsitz sowie dem Präsidenten des Europäischen Rates zu übermitteln.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  COM(2022) 526 final.


STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

152. AdR-Plenartagung, 30.11.2022-1.12.2022

2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/12


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität

(2023/C 79/03)

Berichterstatterin:

Aleksandra DULKIEWICZ (PL/EVP), Bürgermeisterin von Danzig

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat — Ein inklusiveres und besser schützendes Europa: Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität

COM(2021) 777 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

stellt fest, dass die strafrechtliche Verfolgung von Hetze und Hasskriminalität in der EU derzeit durch den Rahmenbeschluss des Rates von 2008 zur strafrechtlichen Verfolgung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit geregelt ist (Rahmenbeschluss 2008/913/JI (1)). Die Liste der unter das EU-Recht fallenden Hassverbrechen ist auf Faktoren im Zusammenhang mit Rasse, Hautfarbe, Religion und nationaler bzw. ethnischer Herkunft begrenzt;

2.

stellt fest, dass die strafrechtliche Verfolgung weiterer Formen von Hetze und Hasskriminalität, insbesondere aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Ausrichtung, des Alters oder einer Behinderung, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variiert. Da die Verträge derzeit keine Grundlage für ein gemeinsames strafrechtliches Vorgehen zur gesamteuropäischen Bekämpfung aller Formen von Hetze und Hasskriminalität bieten, ruft der AdR den Rat auf, die Liste der EU-Straftaten gemäß Artikel 83 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AUEV) rasch zu erweitern, indem gemeinsame Mindeststandards für die einschlägigen einzelstaatlichen strafrechtlichen Bestimmungen unter uneingeschränkter Achtung des Subsidiaritätsprinzips festgelegt werden;

3.

begrüßt in diesem Zusammenhang nachdrücklich den Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Beschluss des Rates zur Aufnahme von Hetze und Hasskriminalität in die Straftatbestände gemäß Artikel 83 Absatz 1 AUEV als Anhang zur Mitteilung der Europäischen Kommission vom Dezember 2021 „Ein inklusiveres und besser schützendes Europa: Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität“;

4.

verweist darauf, dass Hetze, Hasskriminalität, Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien Phänomene sind, gegen die entschlossen vorgegangen werden muss; betont zudem, dass es bei der Bekämpfung von Hetze und Hasskriminalität auch um die Bekämpfung von Vorurteilen, Rassismus, Chauvinismus, Homophobie und Antisemitismus geht; Hetze und Hasskriminalität schaden nicht nur den einzelnen Opfern, bei denen sie Leid und eine beträchtliche Einschränkung ihrer Grundrechte und -freiheiten verursachen, sondern auch der Gesellschaft insgesamt;

5.

ist besorgt über das Ausmaß des Phänomens und die Gleichgültigkeit, mit der ihm begegnet wird. Dies birgt die Gefahr, dass sich Hetze und Hasskriminalität in unserem Alltag etablieren und stets präsent sind;

Politische Empfehlungen

6.

verurteilt Situationen, in denen Hetze bei der Austragung politischer Konflikte eingesetzt wird; ist besorgt darüber, dass extreme Ansichten in der Mitte der Politik angekommen sind und dass die Sprache in der öffentlichen Debatte zunehmend verroht. Es besteht die Gefahr, dass die aggressive Sprache, deren sich Populisten in politischen Auseinandersetzungen bedienen, ein Klima begünstigt, in dem radikale Auffassungen, Fake News und Desinformation gedeihen, die zu Hasskriminalität führen können;

7.

ist sich bewusst, dass Hetze und Hasskriminalität alle Altersgruppen betreffen. Lediglich das Umfeld, in dem sie damit in Berührung kommen, variiert; spricht sich dafür aus, jungen Menschen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, die einerseits besonders anfällig für die virtuellen und reellen Auswirkungen von Hetze und Anstiftung zu Hassverbrechen sind, andererseits aber auch starke Verbündete bei der Bekämpfung dieses Phänomens sein können; stellt fest, dass Flüchtlinge, nicht heteronormative Menschen sowie ethnische und religiöse Minderheiten am häufigsten Gegenstand von Hetze sind, dass jedoch in den letzten Jahren der Anteil derer erheblich gestiegen ist, die Hetze in den Medien und im Alltag ausgesetzt sind;

8.

stellt fest, dass sich hassgetriebene verbale und physische Gewalt nicht nur gegen Minderheiten richtet. Auch politische Entscheidungsträger, die ein auf Wahlen beruhendes Mandat innehaben oder öffentliche Aufgaben wahrnehmen, werden immer häufiger Opfer von Hetze und Hasskriminalität. Besonders hart trifft dies Politikerinnen und Politiker der regionalen und lokalen Ebene, die beispielsweise die Rechte von Flüchtlingen, Migranten oder LGBTIQ+-Personen verteidigen, oder in jüngster Zeit auch vor dem Hintergrund globaler Bedrohungen wie der russischen Aggression gegen die Ukraine oder der COVID-19-Pandemie;

9.

ist der Ansicht, dass Politiker und öffentliche Organe über besonders gute Voraussetzungen verfügen, um Einfluss auf die öffentliche Meinung und den öffentlichen Diskurs zu nehmen; ruft die Entscheidungsträger auf allen Ebenen deshalb auf, von Äußerungen abzusehen, die zu Hetze bzw. Hassverbrechen gegen bestimmte Gruppen führen können;

10.

stellt auch mit Besorgnis fest, dass Drittländer im Rahmen organisierter Kampagnen, die zu Polarisierung und zunehmender Spaltung innerhalb der EU führen, ganz bewusst Hetze einsetzen und nicht vor Hassverbrechen zurückscheuen. Hetze und Hasskriminalität befeuern bewaffnete Konflikte. Sie sind kein lokales Phänomen mehr, sondern werden zunehmend zu einer Bedrohung globalen Ausmaßes. Ein Beispiel für Hetze ist das derzeitige Narrativ der Regierung von Präsident Putin hinsichtlich der Gründe für die Aggression gegen die Ukraine sowie das Ausmaß der in diesem Krieg begangenen (Hass)Verbrechen;

11.

verweist auf die globale Dimension von Hetze und Hassverbrechen, die unter anderem auf die problemlose Verbreitung über unterschiedliche digitale Kanäle zurückzuführen ist. Ihre wirksame Strafverfolgung muss daher grenzüberschreitend erfolgen; stimmt in dieser Hinsicht voll und ganz mit der Einschätzung der Europäischen Kommission überein, dass die Schwere solcher Straftaten zusammen mit ihrem grenzüberschreitenden Charakter nur durch ein gemeinsames Vorgehen auf EU-Ebene in Form einer gemeinsamen Reaktion der Union im Bereich der Strafjustiz und einer verstärkten justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten angegangen werden kann. Ein solches Vorgehen würde den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit nicht zuwiderlaufen;

12.

betont die negativen Nebeneffekte, die über das Internet verbreitete Hetze auf die lokale Bevölkerung haben kann, nämlich die Spaltung der Gesellschaft und die Aushöhlung des sozialen Zusammenhalts; ist der Ansicht, dass die Folgen von Hass und Hetze in der lokalen Bevölkerung am stärksten zu spüren sind;

13.

stellt besorgt fest, dass Verbrechen, die auf dem Potenzial beruhen, das Hass innewohnt, Angst und Stigmatisierung schüren, deren negative Auswirkungen über die Grenzen einer Stadt oder Gemeinde hinausgehen und zu Eskalationen bzw. größeren Konflikten beitragen können;

14.

betont die große Verantwortung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der aktiven Bekämpfung von Hasskriminalität und Hetze sowie bei der Verhütung von Diskriminierung und Ausgrenzung, darunter auch politisch und ideologisch motivierter Gewalt; stellt fest, dass Untätigkeit und Gleichgültigkeit zu Eskalation bzw. einer Verschärfung der Situation führen können;

15.

betont, dass Bürgermeister und andere Regional- und Kommunalpolitiker die besten Voraussetzungen mitbringen, erste Anzeichen solcher Vorfälle in ihren Gemeinden zu erkennen; spricht sich dafür aus, in speziell für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften ausgearbeiteten Empfehlungen aufzuzeigen, wie dieses Phänomen auf lokaler Ebene wirksam verhindert werden kann; ist darüber hinaus der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dazu ermutigt werden sollten, ausgehend von den örtlichen Gegebenheiten Präventionsarbeit zu leisten; fordert eine harmonische Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, die Hetze und Hasskriminalität konsequent und wirksam bekämpfen müssen;

16.

empfiehlt den Erlass von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Hetze in digitalen Diensten, damit die sozialen Medien nicht zur Verbreitung und Verstärkung von Hetze und Hassverbrechen beitragen. Die geltenden Vorschriften sind nicht ausreichend, um sicherzustellen, dass die Anbieter von Internetdiensten im Rahmen der von ihnen angebotenen Dienste zur wirksamen Bekämpfung und Verhinderung von Hetze beitragen. Untersuchungen (2) zeigen, dass Anbieter digitaler Dienste und Plattformen ihre eigenen Richtlinien oft nicht durchsetzen bzw. nicht über die notwendigen Kapazitäten zur Durchsetzung verfügen;

17.

stellt fest, dass das Gesetz über digitale Dienste, das derzeit erarbeitet wird, in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit bietet, um Mindeststandards für die Transparenz für die Ressourcen festzulegen, die Plattformen mobilisieren müssen, um die Umsetzung sowohl des Rechtsrahmens gegen Desinformation als auch ihrer eigenen Richtlinien sicherzustellen. Das Gesetz könnte als Anreiz dienen, die Beziehungen zwischen den Anbietern von Vermittlungsdiensten und den Bürgern und dem Staat zu verbessern. Das sozioökonomische Potenzial großer Plattformen erfordert koordinierte Anstrengungen auf gesamteuropäischer Ebene, wobei die Stärke des europäischen Binnenmarkts als Argument genutzt werden könnte;

18.

spricht sich für eine rasche Annahme des Gesetzes über digitale Dienste auf europäischer Ebene und für seine Umsetzung in den Mitgliedstaaten aus. Diese sollten sich an den weiteren Arbeiten am Gesetz in der EU beteiligen und sie voranbringen. Dabei sollte deutlich gemacht werden, dass das Gesetz über digitale Dienste ein europäisches Gesetz ist, das den von den einzelnen Mitgliedstaaten gegebenenfalls erlassenen gesonderten, unabhängigen Bestimmungen über digitale Dienste und die Meinungsfreiheit im Internet nicht zuwiderläuft;

19.

verweist auf die Rolle der Strafverfolgungsbehörden bei der Prävention, Aufdeckung und Verfolgung; hofft, dass infolge der Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hassverbrechen konsequent dagegen vorgegangen wird und Hetze und Hasskriminalität in jeder Phase der Strafverfolgung (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte) angemessen verfolgt werden und entsprechendes Augenmerk erhalten; weist darauf hin, wie wichtig unabhängige Gerichte dabei sind. Sie setzen mit ihrer Rechtsprechung Maßstäbe dafür, was zulässig ist und noch in die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung fällt und was bereits als Hetze gilt; empfiehlt, bei den Maßnahmen gegen die genannten Tatbestände EU-weit dieselben Maßstäbe anzulegen;

20.

spricht sich dafür aus, die Schaffung eines Modells in Erwägung zu ziehen, bei dem Hetze als Offizialdelikt und nicht als Antragsdelikt verfolgt wird. Es liegt im öffentlichen Interesse, dieses Phänomen einzudämmen. Die Täter sollten sich wiederum der Strafbarkeit ihrer Taten bewusst sein. Darüber hinaus gilt es, gegen die Anonymität der Täter von Hassverbrechen vorzugehen. Zu diesem Zweck sind Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden sowie die Bereitschaft der Internetdiensteanbieter zur Zusammenarbeit erforderlich;

21.

betont, dass die Fortschritte bei der Gleichstellung und den Menschenrechten, darunter auch bei der Bekämpfung von Hasskriminalität und Hetze durch Strafverfolgungsbehörden, in hohem Maße von der Zusammenarbeit der regionalen und lokalen Behörden abhängen;

22.

verweist darauf, dass das größte Hindernis für ein wirksames Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden darin besteht, dass Hassverbrechen nicht gemeldet werden; macht darauf aufmerksam, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie deren Bedienstete stärker von ihrer Bürgernähe profitieren und Maßnahmen zur Sensibilisierung für das Problem (auch unter Beamten) sowie zur Ermutigung der Opfer, Hetze und Hassverbrechen zu melden, fördern sollten;

23.

verweist insbesondere darauf, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Überwindung der Hindernisse bei der Meldung von Hassverbrechen beitragen sollten, beispielsweise durch die Sensibilisierung für die Rechte der Opfer, die Bereitstellung von Informationen über die gesetzlichen Meldemöglichkeiten, die Gewährleistung, dass Migranten unabhängig von ihrem rechtlichen Status Meldung erstatten können, oder die Förderung anonymer Meldungen bzw. Meldungen durch Dritte. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten auch bewährte Verfahren und die Zusammenarbeit unter Einbeziehung der Polizei, lokaler Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsstellen, sozialer Nichtregierungsorganisationen und anderer Opferunterstützungsdienste bei Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer fördern;

24.

kommt zu dem Schluss, dass selbst die besten rechtlichen Lösungen ins Leere laufen, wenn sie von den Strafverfolgungsbehörden nicht zur Verfolgung der Täter eingesetzt werden. Ebenso eingeschränkt sind die Handlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden, wenn die Anbieter von Online-Diensten (die Dienste auf elektronischem Wege erbringen) nicht die Daten von Personen übermitteln, die Hassverbrechen begehen und somit offenkundig gegen Gesetze verstoßen;

25.

macht im Zusammenhang mit Strafverfolgungsmaßnahmen geltend, dass die Strafverfolgungsbehörden (und insbesondere die Staatsanwaltschaft) vor dem Hintergrund, dass Hetze oftmals in den öffentlichen und politischen Diskurs einfließt, den Grundsatz der Unabhängigkeit achten und diesem Phänomen die gebührende Aufmerksamkeit schenken sollten. Ungeachtet der bestehenden nationalen Unterschiede bei den diesbezüglichen Rechtsvorschriften sowie der Bekämpfung und Verhütung von Hetze und beim Schutz konkreter Voraussetzungen ist es sehr wichtig, die Stabilität der Institutionen zu gewährleisten. Dies bedeutet erstens eine unabhängige Gerichtsbarkeit und zweitens eine Staatsanwaltschaft, die ohne Druck von außen eigenständige Entscheidungen im Bereich der Verfolgung dieser Straftaten durch öffentliche Anklage treffen kann;

26.

stellt fest, dass in mehreren EU-Mitgliedstaaten das Mandat der Gleichstellungsstellen auch Hetze und Hasskriminalität abdeckt (3) und dass diese deshalb eine wichtige Rolle in dieser Beziehung spielen; unterstützt in diesem Zusammenhang die Empfehlungen der Europäischen Kommission an die Mitgliedstaaten, mit denen sie bei der Verbesserung der Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Gleichstellungsstellen unterstützt werden sollen (4); sieht dem angekündigten Legislativvorschlag zur weiteren Stärkung der Rolle und Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen erwartungsvoll entgegen;

27.

verweist auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen, die die Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen und die Bekämpfung von Hetze und Hassgewalt unterstützen. Die Erfahrungen dieser Interessenträger, darunter auch der lokalen Behörden, müssen bei Maßnahmen zur Eindämmung und Bekämpfung von Hass genutzt werden;

28.

ist der Auffassung, dass an allen Schulen Bildungsprogramme im Bereich der Antidiskriminierung umgesetzt und die erforderlichen Kompetenzen für ein Leben in einer multikulturellen Gesellschaft mit unterschiedlichen Nationalitäten, Ethnien, Ideologien und Religionen vermittelt werden sollten. Unterrichtseinheiten im Bereich der Bekämpfung von Hetze sollten Bestandteil dieser Bildung sein;

29.

schlägt vor, die Problematik der Hetze in das allgemeine Bildungsprogramm aufzunehmen, und ruft die Regionen mit diesbezüglichen Zuständigkeiten auf, entsprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen;

30.

betont, dass die Unionsbürgerinnen und -bürger von heute über die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Internet bzw. im öffentlichen Raum aufgeklärt und mit zwischenmenschlichen Kompetenzen ausgestattet werden müssen;

31.

spricht sich für breit angelegte öffentliche (auch EU-weite) Kampagnen zur Gleichstellung und Prävention von Diskriminierung aus, z. B. in Form von Folgemaßnahmen zur Konferenz zur Zukunft Europas;

32.

fordert die Unterstützung regionaler und lokaler Organisationen und ihrer Sozialpartner, die sich mit der Bekämpfung des verbalen und körperlichen Hasses durch multikulturelle Bildung befassen; verweist darauf, dass der Bürgermeister-Paweł-Adamowicz-Preis, der vom Ausschuss der Regionen, dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht (ICORN) und der Stadt Danzig finanziert wird, in diesem Zusammenhang ein positives Beispiel ist;

Schlussfolgerungen

33.

sieht in der Europäischen Union einen Garanten in Bezug auf die Schaffung von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von öffentlichen Hassbekundungen und Taten aus Hass;

34.

ist sich bewusst, dass Hetze und Hasskriminalität grenzüberschreitende Auswirkungen haben, weshalb sie durch gemeinsame Maßnahmen auf EU-Ebene angegangen werden müssen; fordert die wirksame Bekämpfung von Hetze und Hasskriminalität auch aus anderen als den im Rahmenbeschluss 2008/913/JI genannten Gründen, so auch aus Gründen der Geschlechtsidentität, der sexuellen Ausrichtung, des Alters oder einer Behinderung, wie sie in den Vorschlägen der Europäischen Kommission für eine Union der Gleichheit genannt werden. Es ist wichtig, dass der Rat die Liste der Straftaten (Artikel 83 Absatz 1 AEUV) rasch um Hassverbrechen erweitert, um die Wirksamkeit der Strafverfolgung sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene zu gewährleisten;

35.

betont, dass die einzige wirksame Reaktion auf Hetze und Hasskriminalität in der Schaffung einer umfassenden, auf einer Rechtsgrundlage beruhenden Strategie zur Bekämpfung, Meldung und konsequenten Strafverfolgung besteht;

36.

fordert die Einführung von Mindestvorschriften auf EU-Ebene in Bezug auf Strafen bei Hetze und Hasskriminalität, was eine Änderung der nationalen Rechtsvorschriften ermöglichen würde, um die Mitgliedschaft in Organisationen, die jegliche Art von Hass fördern bzw. dazu animieren, sowie die Beteiligung an Aktivitäten dieser Art unter Strafe zu stellen. Weder in Europa noch weltweit sollte es Akzeptanz für antidemokratische Ansichten, Hetze und Feindseligkeiten gegen andere Menschen geben;

37.

empfiehlt, die Methoden zur Erfassung und Erhebung von Daten über Hassverbrechen zu optimieren und Expertengespräche mit den Mitgliedstaaten unter der Schirmherrschaft der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zu führen, die den nationalen Behörden dabei helfen können, Probleme bei der praktischen Anwendung der Rechtsvorschriften anzugehen und eine wirksame Ermittlung, Verfolgung und Verurteilung von Hassverbrechen und Hetze sicherzustellen; sieht in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle für soziale Einrichtungen und Organisationen, die sich mit Hetze und Hasskriminalität befassen;

38.

hält organisatorische und rechtliche Lösungen für den Schutz der Opfer von Hetze und Hasskriminalität für notwendig, die von EU-Institutionen und Organisationen, den Mitgliedstaaten und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie der Zivilgesellschaft in Europa unterstützt und gefördert werden müssen;

39.

stellt fest, dass zwischen der Bekämpfung von Hetze und der Zensur nur ein schmaler Grat verläuft. Bei der Ausarbeitung rechtlicher Lösungen zur Bekämpfung von Hetze und Hassverbrechen sollte das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet werden;

40.

stellt fest, dass es auf internationaler Ebene keine einheitliche Definition von Hassverbrechen gibt; fordert deshalb eine entsprechende Weiterentwicklung der Rechtsprechung und damit der Wirksamkeit der strafrechtlichen Verfolgung von Hetze und Hasskriminalität. Als Inspiration können hier die Empfehlung CM/Rec(2022) 16 (5) des Ministerkomitees des Europarates oder auch die Definition aus dem Rahmenbeschluss 2008/913/JI dienen;

41.

ist sich bewusst, dass es nicht darum geht, extreme politische Äußerungen zu regulieren. Es wird weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu definieren; ist jedoch der Ansicht, dass es EU-weiter Standards zur Bekämpfung von verbalem und physischem Hass bedarf. Diesem Zweck dient die Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 55).

(2)  Ein entsprechender Bericht ist abrufbar unter 210831_Reset_Facebook_Bundestagswahl_EN.pdf (hateaid.org) abrufbar.

(3)  Ein Beispiel wäre das Büro des Bürgerbeauftragten in Polen.

(4)  Empfehlung der Kommission zu Standards für Gleichstellungsstellen vom 22. Juni 2018 (C(2018) 3850 final).

(5)  Empfehlung CM/Rec(2022)16 des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Hetze: https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=0900001680a67955.


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/17


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zur EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien

(2023/C 79/04)

Berichterstatter:

Luca MENESINI (IT/SPE), Präsident der Provinz Lucca (Toskana)

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien

COM(2022) 141 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt den mit der EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien verfolgten bereichsübergreifenden Ansatz, mit dem im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals, des neuen Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft und der europäischen Industriestrategie ein kohärenter Rahmen und eine kohärente Vision für den Wandel im Textilsektor geschaffen werden sollen;

2.

sieht der Fertigstellung und Veröffentlichung des Fahrplans für den ökologischen und digitalen Wandel des gesamten Textilökosystems erwartungsvoll entgegen;

3.

erkennt an, dass auf dem EU-Markt dringend langlebige und recycelbare Textilien in Verkehr gebracht werden müssen, die größtenteils aus Recyclingfasern bestehen, keine gefährlichen Stoffe enthalten und unter Einhaltung der sozialen Rechte und im Sinne des Umweltschutzes hergestellt werden; fordert einen Paradigmenwechsel in der Modebranche, um die Überproduktion und den Überkonsum von Bekleidung einzudämmen;

4.

weist auf Daten der Europäischen Umweltagentur (EUA) hin, aus denen hervorgeht, dass der Konsum von Textilien über den gesamten Lebenszyklus der Produkte hinweg durchschnittlich die viertgrößten negativen Auswirkungen auf Klima und Umwelt hat — nach Lebensmitteln, Wohnraum und Mobilität (1). Hinsichtlich des Wasser- und Flächenverbrauchs lagen Textilerzeugnisse im Jahr 2020 auf dem dritten Platz, beim Rohstoffverbrauch und bei den Treibhausgasemissionen auf Platz fünf;

5.

unterstreicht die Bedeutung der Textil-, Mode-, Leder- und Schuhindustrie für die europäische Wirtschaft. Sie bietet mehr als zwei Millionen Menschen Arbeit und wirkt an ihren Standorten als treibende Kraft für Beschäftigung, wirtschaftliche Entwicklung und Innovation; hält es für vorrangig, von einem extraktiv-linearen Produktionssystem zu einem regenerativ-zirkulären Modell überzugehen; erachtet die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei diesem Übergang als entscheidende Akteure, wobei insbesondere a) die Gemeinden und lokalen Akteure wie Sozialunternehmen, Abfallsammelunternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft hinsichtlich Sammel-, Verwertungs- und Wiederverwendungsverfahren, b) die Regionen durch ihre Unterstützung der Gemeinden bei ihren Aufgaben und c) der öffentliche und private Sektor als Triebfeder für Forschung und Innovation einen wichtigen Beitrag leisten können;

6.

erkennt an, dass sich die erweiterte Herstellerverantwortung bei der Verbesserung der getrennten Sammlung und anschließenden Bewirtschaftung von Abfällen im Einklang mit der Abfallhierarchie als wirksam erwiesen hat; fordert die beiden gesetzgebenden Organe auf, auf EU-Ebene festzulegen, welche Textilerzeugnisse in den Anwendungsbereich der Richtlinie und des darin vorgesehenen Systems der erweiterten Herstellerverantwortung fallen, und dabei die hohen Kosten der Entsorgung von „fast fashion“ zielgenau anzulasten;

7.

begrüßt, dass alle Abfallerzeuger verpflichtet werden, Textilabfälle spätestens ab Januar 2025 getrennt zu sammeln; erwartet ferner, dass bei der für 2024 geplanten Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie auch spezifische quantitative Zielvorgaben bezüglich der Vermeidung, der Wiederverwendung und des Recyclings von Textilabfällen in Betracht gezogen werden und die Schlüsselrolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Berücksichtigung finden wird;

Überdenken des Konsumverhaltens

8.

merkt an, dass sich die weltweite Textilproduktion zwischen 2000 und 2015 fast verdoppelt hat. Da der Textilkonsum in der EU zum Großteil (81 %) auf Bekleidung entfällt, trägt die immer kürzere Nutzungsdauer von Kleidungsstücken vor ihrer Entsorgung umso mehr zu nicht nachhaltigen Überproduktions- und Überkonsummustern bei;

9.

plädiert für eine größere Verbreitung von Methoden zur Förderung einer bewussten und nachhaltigen Verwendung von Textilien, insbesondere im Hinblick auf besondere Bekleidungsarten wie Mäntel oder Kinderbekleidung, die von Verbrauchern am ehesten vor Ende ihrer Nutzungsdauer entsorgt werden. Entsprechende Maßnahmen, wie Tauschbörsen, „Modebibliotheken“ und Sensibilisierungskampagnen, sehen sich verschiedenen Hindernissen gegenüber, unter anderem aufgrund von Vorurteilen gegenüber gebrauchten Kleidungsstücken hinsichtlich ihrer Qualität und Hygiene oder der Vielfalt des Angebots;

10.

betont, dass die Suche nach innovativen Lösungen (Geräte, Anlagen, digitale Plattformen) für die Sortierung, die Wiederverwendung und das Recycling gesammelter Textilabfälle sowie für die Optimierung des Verhaltens von Materialien intensiviert werden muss;

11.

merkt an, dass die Nachfrage nach kreislauffähigen Produkten und Dienstleistungen nach wie vor unzureichend ist, wodurch die Umsetzung kreislauforientierter Geschäftsmodelle erheblich behindert wird; fordert die nationalen, regionalen und lokalen Behörden auf, Anreize zu schaffen, indem sie i) Instrumente zur Förderung nutzungsorientierter — anstatt eigentumsorientierter — Geschäftsmodelle einführen, ii) Vorschriften für den Transport und die Vermarktung von Textilien (auch in Bezug auf Abfallströme) erlassen, iii) attraktive Regelungen (wie Mehrwertsteuerermäßigungen oder die Anwendung des Grundsatzes der erweiterten Herstellerverantwortung) unterstützen, um eine Leih- anstatt einer Kaufkultur, Sharing-Plattformen, die Rücknahme und den Weiterverkauf von Textilien sowie Gebrauchtwarenläden zu fördern, und iv) die Reparatur, das Upcycling und die Pflege von Textilien wieder aufwerten; stellt gleichermaßen fest, dass solche Geschäftsmodelle positive Auswirkungen auf die ökologische Nachhaltigkeit in den Bereichen Gesundheit, Tourismus, Baugewerbe und andere grundlegende öffentliche Dienste haben können;

12.

begrüßt die Initiative zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel (2) und die daraus resultierenden EU-Vorschriften, mit denen sichergestellt wird, dass die Verbraucher am Verkaufsort über eine gewerbliche Haltbarkeitsgarantie der Textilien sowie über ihre Reparierbarkeit informiert werden; ermutigt die Kommission, im Rahmen der Initiative für umweltbezogene Angaben (3) mit der Ausarbeitung von Mindestkriterien für sämtliche Arten von Umweltangaben fortzufahren;

Kreislauffähiges Produktdesign zur gängigen Praxis machen

13.

erkennt an, dass die Lebensdauer von Textilerzeugnissen, Bekleidungsartikeln, Lederwaren und Schuhen durch ein auf eine größere Haltbarkeit ausgerichtetes Produktdesign erhöht werden kann, sodass weniger Textilabfälle anfallen und insgesamt weniger neue Materialien und Chemikalien verwendet werden müssen; begrüßt, dass die Kommission verbindliche produktspezifische Ökodesign-Anforderungen festlegen wird, um bei Textilerzeugnissen, Bekleidungsartikeln, Lederwaren und Schuhen eine bessere Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit, Faser-zu-Faser-Recyclingfähigkeit und einen höheren vorgeschriebenen Rezyklatfaseranteil zu erzielen;

14.

befürwortet nachdrücklich einheitliche Nachhaltigkeitsstandards, da diese eine wesentliche Voraussetzung dafür sind, Textilfirmen in die Bewertung der Umweltauswirkungen ihrer Produkte einzubeziehen;

15.

begrüßt die in der Strategie enthaltenen Elemente in Bezug auf klarere Informationen über die Kreislauffähigkeit der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie und einen digitalen Produktpass mit Informationsanforderungen bezüglich der Einhaltung des Kreislaufprinzips und anderer Umweltaspekte; fordert die Kommission auf, den digitalen Produktpass allen Interessenträgern und Verbrauchern zur Verfügung zu stellen und darin Informationen über die Arbeitsbedingungen und über die Möglichkeiten zur Reparatur und Wiederverwendung der Produkte aufzunehmen;

16.

ist der Ansicht, dass bei der Festlegung der Mindestanforderungen an Textilerzeugnisse, Bekleidungsartikel, Lederwaren und Schuhe, deren Ziel die Verbesserung der Gesamtökobilanz im kompletten Lebenszyklus sein sollte, folgende Kriterien beachtet werden sollten:

a)

Garantien für die Mindesthaltbarkeit des Produkts und für die Einhaltung der Mindesthaltbarkeitsanforderungen sowie klare, ehrgeizige und verbindliche Ziele für die Wiederverwendung und die Vorbereitung zur Wiederverwendung;

b)

Garantien für die Reparierbarkeit und Modularität, einschließlich spezifischer Parameter für die Bewertung der Komplexität einer nicht destruktiven Auftrennung sowie der Austauschbarkeit und Reparierbarkeit der wesentlichen Produktkomponenten;

c)

Garantien für die Recyclingfähigkeit, einschließlich Einschränkungen in Bezug auf nicht mit dem Recycling vereinbare Materialkombinationen, Chemikalien, Farbstoffe und sonstige Verarbeitungsmethoden sowie Möglichkeiten zur Förderung von Produkten, für die es ausgereifte Recyclingverfahren gibt;

d)

Garantien für Materialien nachhaltigen und ethischen Ursprungs, sofern diese über einen Zeitraum hinweg verwendet und anschließend recycelt werden können, um die Menge an aus fossilen Brennstoffen neu hergestellten Kunstfasern zu verringern;

e)

Garantien für Obergrenzen für die Freisetzung von Mikroplastik während der Produktion und der Nutzung sowie am Ende des Lebenszyklus;

f)

Garantien dafür, dass neue Textilerzeugnisse, Bekleidungsartikel, Lederwaren und Schuhe zu einem bestimmten Prozentsatz aus Alttextilien bestehen;

17.

fordert eine stärkere Harmonisierung der REACH-Verordnung (4) mit den speziell für die Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie geltenden Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft, damit vorrangig darauf hingearbeitet werden kann, den Einsatz gefährlicher Chemikalien zu verringern, über in Enderzeugnissen verwendete Chemikalien aufzuklären und die Rückverfolgbarkeit von Erzeugnissen sicherzustellen;

Stärkung der Rolle der lokalen Gebietskörperschaften beim Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft

18.

ist der Ansicht, dass die Regionen und Kommunen bei der Förderung von Forschung und Innovation in diesem Sektor und bei der Schaffung von Synergien und Verbindungen mit anderen Sektoren und Regionen, die mit denselben Herausforderungen konfrontiert sind, eine zentrale Rolle spielen; fordert die Kommission auf, in der gesamten EU die Schaffung und den Ausbau regionaler Innovationscluster im Bereich kreislauffähiger Textilien sowie deren Vernetzung untereinander zu fördern;

19.

begrüßt die Erfahrungen, die einige Regionen und Industriestandorte Europas gesammelt haben, z. B. im Zusammenhang mit den lokalen Grünen Deals oder dem Circular Fashion Pact, die auf freiwilligen multilateralen Vereinbarungen beruhen und den Übergang der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie zu einem kreislauforientierten Modell erleichtern sollen. Solche Modelle sehen allgemeine Zielvorgaben für den Sektor sowie spezifische Zielvorgaben für die einzelnen Segmente der Wertschöpfungskette vor. Hierbei wird den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen des Sektors Rechnung getragen, indem spezifische Verpflichtungen für Hersteller, Abfallbewirtschaftungsbetriebe, lokale Gebietskörperschaften, Sammelorganisationen, NGO, Organisationen der Zivilgesellschaft sowie Forschungs- und Technologiezentren festgelegt werden;

20.

ist sich bewusst, dass die Förderung der im Bereich der Wiederverwendung tätigen Sozialunternehmen für die Schaffung lokaler, nachhaltiger und inklusiver Arbeitsplätze besonders wichtig ist (5), da Sozialunternehmen lokale Verfahren zur Wiederverwendung entwickeln und dabei konkrete soziale und wirtschaftliche Vorteile für die Gemeinschaften in ihrem Umfeld generieren; betont jedoch, dass die Sozialwirtschaft mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen hat, um konkurrenzfähig sein und kontinuierlich Dienstleistungen anbieten zu können;

21.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, Leitlinien zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und diesbezüglicher Partnerschaften unter den Sozialunternehmen und anderen Akteuren, einschließlich der Dienstleistungs- und Handelsunternehmen, herauszugeben, in denen insbesondere die Möglichkeiten für die Wiederverwendung und Reparatur von Textilerzeugnissen im Rahmen des kürzlich angenommenen EU-Aktionsplans für die Sozialwirtschaft (6) ausgelotet werden;

22.

ist sich bewusst, dass die Wirksamkeit lokaler Systeme für die Sammlung von Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhabfällen nach wie vor ein zentrales Problem darstellt, und weist darauf hin, dass die bei der Sammlung, der Trennung und dem Recycling dieser Abfälle insgesamt entstehenden Kosten geringer ausfallen sollten als die Kosten für die Bewirtschaftung von Haushaltsabfällen, um einen wirksamen Übergang des Sektors zu einer Kreislaufwirtschaft zu begünstigen;

23.

ersucht die Kommission, Musterverfahren für die Entwicklung lokaler Systeme für die Sammlung und Bewirtschaftung der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhabfälle auszuarbeiten, die folgende Elemente umfassen sollten:

a)

eine Bürgerkonsultation vor der Konzipierung zielgerichteter Maßnahmen;

b)

Instrumente zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren, mit denen die Sammlung, die anschließende Weiterverarbeitung und der Verkauf von Textilien gestärkt werden;

c)

Mechanismen zur Förderung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Sammlung und Weiterverarbeitung von Textilabfällen für alle Akteure der Wertschöpfungskette (auch unter Anwendung der Grundsätze der erweiterten Herstellerverantwortung);

d)

Mechanismen zur Wahrung und zur Förderung bereits existierender bewährter Verfahren lokaler Akteure für die Wiederverwendung und Reparatur;

Förderung nachhaltiger Produktionsmodelle

24.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, in die EU-Initiative für nachhaltige Produkte Maßnahmen zum Verbot der Vernichtung unverkaufter Erzeugnisse (d. h. überschüssige Lagerbestände, totes Inventar und zurückgegebene Ware, mit besonderem Schwerpunkt auf Rücksendungen im elektronischen Handel) aufzunehmen und darüber hinaus Ziele für die Vermeidung von Abfällen in der Produktionsphase festzulegen, die zur Verringerung von Produktionsabfällen beitragen und einer Überproduktion entgegenwirken können;

25.

plädiert für verbindliche Mindestkriterien für die umweltgerechte Vergabe öffentlicher Aufträge (7), deren Anwendungsbereich im Anschluss an eine Folgenabschätzung festgelegt wird, sowie für Anforderungen an die Anreizmaßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich Textilerzeugnisse; empfiehlt der Kommission außerdem die Erarbeitung von Leitlinien zu Anreizen und Kriterien für die Vergabe von öffentlichen und sonstigen Aufträgen, die eine nachhaltige Entwicklung fördern;

26.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Vorschriften für die umweltgerechte Vergabe öffentlicher Aufträge in Form nationaler Aktionspläne oder Strategien zu erlassen, wobei die auf nationaler Ebene angewandten Kriterien stärker an die Leitprinzipien der EU (8) angeglichen werden sollten; hält überdies den Austausch von Wissen und bewährten Verfahren auf lokaler und regionaler Ebene für erforderlich, um eine umfassendere und flächendeckende Umsetzung solcher Verfahren zu fördern und zu erleichtern;

27.

fordert, dass die Union als wichtiger Importeur und Exporteur (9) in der globalen Wertschöpfungskette der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie bei der Förderung der Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit solcher Wertschöpfungsketten sowie bei innovativen technologischen Lösungen und Geschäftsmodellen zu einem globalen Vorreiter wird und dabei den ökologischen und den digitalen Wandel sicherstellt, gesellschaftliche Herausforderungen angeht, die Einhaltung von Nachhaltigkeitsanforderungen gewährleistet und die KMU des verarbeitenden Gewerbes in die Lage versetzt, auf globaler Ebene wettbewerbsfähig zu sein;

28.

ruft die Kommission auf, eine neue Gesetzgebungsinitiative auszuarbeiten, um das Inverkehrbringen von Produkten, die in Zwangsarbeit, einschließlich Kinderzwangsarbeit, hergestellt wurden, in der EU wirksam zu verbieten; fordert die Einbeziehung der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie in die Rechtsvorschriften in Bezug auf die nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten von Unternehmen. Der Rechtsrahmen im Bereich Nachhaltigkeit sollte nicht nur für die betreffenden EU-Hersteller gelten, sondern — unabhängig vom Ort der Herstellung — für alle Unternehmen, die in der EU Produkte in Verkehr bringen;

29.

hält es für wichtig und notwendig, sowohl kleine als auch große landwirtschaftliche Betriebe, die natürliche Materialien (wie Wolle) produzieren, die in puncto Produktion recycelbarer Textilien eine wichtige Rolle spielen, in die Verfahren im Zusammenhang mit der Erzeugung, Fertigung und Wiederverwendung einzubeziehen und sie bei diesen Verfahren zu unterstützen;

30.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Förderung technologischer Investitionen in die Wertschöpfungskette sowie spezifische FuEuI-Maßnahmen, die für einen tatsächlichen Übergang von einem linearen zu einem stärker kreislauforientierten Produktionsmodell in der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie erforderlich sind, gezielt zu unterstützen, und regt die Erforschung und Herstellung neuer Materialien an, die sich aus den Verbindungen zwischen verschiedenen Produktions- und Recyclingsektoren ergeben können;

31.

empfiehlt, auf EU-Ebene eine eindeutige Definition und einen klaren Anwendungsbereich der erweiterten Herstellerverantwortung mit umweltbezogen gestaffelten Gebühren in der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie einzuführen, damit Unternehmen tatsächliche und potenzielle nachteilige Auswirkungen ihrer eigenen Tätigkeiten oder jener ihrer globalen Wertschöpfungsketten auf die Menschenrechte, einschließlich Arbeitnehmerrechte, und die Umwelt ermitteln, vermeiden, mindern und beenden und Verantwortung für diese übernehmen können;

32.

merkt an, dass im Ökosystem der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie hoch qualifizierte Arbeitskräfte benötigt werden, um das Potenzial des digitalen und des grünen Wandels für die Schaffung von Arbeitsplätzen auszuschöpfen, doch derzeit nur 13 % der Arbeitskräfte über ein hohes Qualifikationsniveau verfügen (10); hält es für notwendig, die Wettbewerbsfähigkeit von KMU zu steigern, um neue Talente anzuwerben und zu halten und die Arbeitsbedingungen und die Produktivität bei der Erzeugung nachhaltiger Rohstoffe und bei der Textilherstellung in dieser Industrie zu verbessern; spricht sich dafür aus, zur Anwerbung qualifizierter junger Arbeitskräfte und zur Steigerung der Kompetenzen von KMU eine umfassende Kompetenzpartnerschaft für das Textilökosystem zu schaffen, durch die die Umschulung und Weiterbildung sowie der Erwerb und die Weitergabe grüner und digitaler Kompetenzen gefördert werden, beispielsweise Fachwissen zur Ökobilanz und zur Bewertung der Wertschöpfungskette; fordert die Kommission auf, bei der Entwicklung von Förderinstrumenten für die Schaffung von Arbeitsplätzen in diesem Sektor im Bereich der Post-Verbraucher-Bewirtschaftung den infolge der obligatorischen getrennten Sammlung von Abfällen erwarteten zunehmenden Mengen an gesammelten Textilerzeugnissen, Bekleidungsartikeln, Lederwaren und Schuhen Rechnung zu tragen;

33.

bedauert, dass es sich Daten zufolge beim Großteil der ungelernten Niedriglohn-Arbeitskräfte in der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie um Frauen handelt; ist davon überzeugt, dass mit der Verbesserung der Nachhaltigkeit von Lieferketten auch ein wichtiger Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter geleistet wird, und fordert abgestimmte Maßnahmen, mit denen Frauen der Zugang zu höheren Positionen erheblich erleichtert wird;

34.

spricht sich ferner dafür aus, die im Rahmen des Programms „Erasmus+“ vorgesehenen Mittel gezielt für Pilotprogramme und experimentelle Initiativen im Bereich der beruflichen Bildung und der Hochschulbildung einzusetzen, mit denen der Erwerb der in der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie erforderlichen umweltbezogenen und digitalen Kompetenzen gefördert wird, die Attraktivität dieses Sektors für junge Menschen zu erhöhen und die Arbeitnehmermobilität zu stärken;

35.

begrüßt den Kompetenzpakt der Union (11), mit dem die Wirkung von Investitionen in den Ausbau bestehender Kompetenzen und in die Umschulung von Beschäftigten in der gesamten Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie, einschließlich des einschlägigen Mode- und Einzelhandelssegments, maximiert werden soll;

Wertschöpfung aus Abfällen

36.

merkt an, dass infolge der Umsetzung der EU-Vorschriften in Bezug auf die getrennte Sammlung von Textilabfällen bis spätestens 2025 und der positiven Auswirkungen der in den Mitgliedstaaten geschaffenen Organisationen für Herstellerverantwortung auf die Sammlung und Bewirtschaftung von Abfällen davon auszugehen ist, dass ein geringerer Anteil der gesammelten Textilien für den Wiederverkauf in Europa geeignet sein dürfte und dass der Anteil der recycelbaren nach dem Verbrauch anfallenden Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhabfälle aus Haushalten erheblich steigen wird (12); schlägt hinsichtlich der Steigerung der Recyclingkapazität in der EU vor, bei der Investitionsplanung den Auswirkungen auf die in der Regel arbeitsintensiveren Branchen für Upcycling und Wiederverwendung und der daraus resultierenden Dynamik in Bezug auf die Beschäftigung und die soziale Inklusion Rechnung zu tragen;

37.

ist der Ansicht, dass mit der lokalen Herstellung von Rezyklatfasern ein entscheidender Beitrag zur Stärkung der europäischen Textilwertschöpfungskette geleistet werden kann. Zwar könnte die Textilrecyclingindustrie nach ihrer Etablierung und Expansion autonom und rentabel werden, doch muss ein solcher Übergang auf kurze Sicht angemessen finanziert werden, gegebenenfalls auch im Rahmen von Regelungen für eine erweiterte Herstellerverantwortung und Maßnahmen zur Unterstützung der Anpassung der bestehenden Industrie und zur Erhöhung ihrer Kapazitäten für die Verarbeitung recycelter Produkte in verschiedenen Sektoren (z. B. Bekleidung, Automobilindustrie, Haushaltstextilien oder technische Gewebe);

38.

begrüßt die Aufnahme von a) Bekleidung und anderen Textilien, die getrennt gesammelt und zur Wiederverwendung vorbereitet werden, b) aus Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhabfällen gewonnenen/recycelten Zellulosefasern und c) aus Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhabfällen gewonnenen/recycelten Mischfasern in die Prioritätenliste der Abfallströme zur Aufstellung weiterer Kriterien für die Beendigung der Abfalleigenschaft in der EU als Anreiz für den Ausbau der Kapazitäten der Recyclingindustrie dieses EU-Sektors.

Brüssel, den 30. November 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  EUA (2022), Textiles and the environment: the role of design in Europe’s circular economy.

(2)  COM(2022) 143 final — Vorschlag für eine Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen.

(3)  Europäische Kommission, Initiative zu Nachweisen für umweltbezogene Angaben.

(4)  Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe).

(5)  Im Durchschnitt schafft ein Sozialunternehmen 20 bis 35 Arbeitsplätze je 1 000 Tonnen Textilien, die für die Wiederverwendung gesammelt werden. Quellen: OECD/Europäische Kommission (2022), Policy brief on making the most of the social economy’s contribution to the circular economy; RREUSE (2021), Job creation in the re-use sector: Data insights from social enterprises.

(6)  COM(2021) 778 final.

(7)  Mit der umweltgerechten Vergabe öffentlicher Aufträge werden nicht nur die Auswirkungen des Konsums an Textilerzeugnissen, Bekleidungsartikeln, Lederwaren und Schuhen in Verbindung mit dem öffentlichen Sektor angegangen, sondern können auch starke Signale an den Markt insgesamt gesendet werden, wodurch die Entwicklung und der Ausbau innovativer, nachhaltigerer und stärker kreislauforientierter Lösungen für die Produktion in der Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie und die Erbringung von Dienstleistungen unterstützt werden, die auch in der Privatwirtschaft eingeführt werden können.

(8)  Europäische Kommission (2020), JRC Technical Report — EU Green Public Procurement (GPP) Criteria for Textile Products and Services.

(9)  2020 haben die 27 EU-Mitgliedstaaten insgesamt 8,7 Mio. Tonnen Textil-Enderzeugnisse im Wert von 125 Mrd. EUR eingeführt. Bekleidung machte dabei mengenmäßig 45 % der eingeführten Erzeugnisse aus, gefolgt von Haushaltstextilien, sonstigen Textilerzeugnissen und Schuhen (Quelle: Eurostat (2021)).

(10)  Eurostat (2019), Arbeitskräfteerhebung.

(11)  https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1517&langId=de

(12)  Laut dem Bericht Scaling textile recycling in Europe — turning waste into value (McKinsey (2021)) dürfte das Volumen bis 2030 auf bis zu 1,7 Mio. Tonnen ansteigen.


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/23


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Gewährleistung der Ernährungssicherheit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelsysteme“

(2023/C 79/05)

Berichterstatter:

Piotr CAŁBECKI (PL/EVP), Marschall der Woiwodschaft Kujawsko-Pomorskie (Kujawien-Pommern)

Referenzdokument:

Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Gewährleistung der Ernährungssicherheit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelsysteme

COM(2022) 133 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

verurteilt den grundlosen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine;

2.

unterstützt nachdrücklich die Bemühungen um einen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union; weist im Zusammenhang mit dem Thema der vorliegenden Stellungnahme zudem darauf hin, dass sich dies erheblich auf die Stärkung der Ernährungssicherheit der EU auswirken wird;

3.

begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelsysteme;

4.

betont, dass die Schwächen der Lebensmittelsysteme der EU-Mitgliedstaaten dringend beseitigt werden müssen, um tiefgreifende, strukturelle Veränderungen herbeizuführen und sich auf künftige Krisen vorzubereiten;

5.

weist darauf hin, dass die Europäische Union Nettoimporteur von Lebensmitteln hinsichtlich Menge, Kalorien und Fläche sowie Nettoexporteur lediglich hinsichtlich des Wertes ist, und zwar hauptsächlich aufgrund von Weinen mit geografischer Angabe und Spirituosen; hält es für sinnvoll, die Mitgliedstaaten zu ermutigen, die Produktion von Biokraftstoffen kurzfristig zu verringern, um die Selbstversorgung mit Lebensmitteln zu stärken;

6.

unterstützt nachdrücklich den Wunsch, die Ernährungssouveränität der EU zu stärken und durch die Förderung einer vielfältigen regionalen und lokalen Lebensmittelproduktion diesbezüglich eine größere Autonomie zu erreichen;

7.

weist darauf hin, dass in den Ländern, in denen die internationalen Handelspreise unmittelbar gelten wie beispielsweise in denen der Europäischen Union derzeit die dritte weltweite Preiskrise bei Lebensmitteln innerhalb von 15 Jahren stattfindet;

8.

unterstreicht die Schlüsselrolle des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) als institutionellem Vertreter der europäischen Städte und Regionen bei der Unterstützung ukrainischer Partner;

9.

betont, dass die Maßnahmen im Bereich der Ernährungssicherheit, die die EU aufgrund des Ausbruchs des Krieges sehr rasch ergreifen musste, nicht nur dazu genutzt werden sollten, um die derzeitigen Probleme anzugehen, sondern auch um strukturiertere Entwicklungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik einzuleiten und so die Lebensqualität in der EU und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu verbessern sowie einen erheblichen ökologischen Nutzen in den mit der Lebensmittelversorgung zusammenhängenden Bereichen zu erzielen; weist darauf hin, dass die Forderungen der Vertreter der landwirtschaftlichen Erzeuger und Verarbeiter, der Bauernverbände und insbesondere der kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe berücksichtigt werden müssen, deren Rentabilität auf dem Gebiet der Europäischen Union seit vielen Jahren zurückgeht oder die gar nicht mehr rentabel wirtschaften können, was folgende Konsequenzen hat: massiver Rückgang der Zahl der Betriebe und der Agrarbeschäftigten, negative soziale und kulturelle Entwicklungen im ländlichen Raum, Verschlechterung der Qualität der Lebensmittel sowie Anstieg der Preise für Agrarprodukte, insbesondere jener, die in Bezug auf die menschliche Gesundheit, den Nährwert und den Geschmack höchsten Qualitätsstandards genügen und möglichst geringe Auswirkungen auf die natürliche Umwelt haben;

10.

fordert, die aktuellen Diskussionen über die Reform des Elektrizitätsbinnenmarkts zu nutzen und sich am Beispiel Erdöl zu orientieren (von dem die Mitgliedstaaten Sicherheitsvorräte besitzen, mit denen der Verbrauch 90 Tage lang gedeckt werden kann), um die Frage der Lebensmittelvorräte zu überdenken und von der Marktausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik abzurücken;

11.

verurteilt die Instrumentalisierung des Krieges in der Ukraine mit dem Ziel, Diskussionen und Maßnahmen zur Behebung der Schwachpunkte der GAP zu unterbinden und die sich seit vielen Jahren vollziehenden Entwicklungen und Veränderungen bei der Lebensmittelerzeugung zu stoppen, darunter die Umsetzung der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, denn die Fragilität des europäischen Lebensmittelsystems ist keine neue Erscheinung und auf die Deregulierung infolge der Abschaffung der GAP-Marktinstrumente zurückzuführen, die das landwirtschaftliche Produktionspotenzial in Europa durch die inadäquate Entlohnung der Produzenten geschwächt hat;

12.

unterstützt die Umsetzung der Grundsätze der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und ihrer Ziele, den Einsatz von Pestiziden, chemischen Düngemitteln und antimikrobiellen Mitteln zu verringern und den Anteil des ökologischen Landbaus, wie vom AdR bereits in einer früheren Stellungnahme (1) gefordert, zu erhöhen, weist jedoch darauf hin, dass die Ziele im Bereich der Verringerung des Pestizideinsatzes die weltweite Ernährungssicherheit zumindest für die Dauer des Krieges in der Ukraine nicht gefährden sollten; fordert darüber hinaus eine gründliche Bewertung der Fortschritte bei der Umsetzung der quantifizierten Zielvorgaben der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ sowie deren Überwachung;

13.

weist darauf hin, dass der größte Teil der weltweiten Produktion von Düngemitteln, der zu ihrer Herstellung erforderlichen Rohstoffe sowie der Pflanzenschutzmittel in den vergangenen Jahren aus Russland, der Ukraine und Belarus importiert wurde. Die Verringerung der Abhängigkeit von importierten Betriebsmitteln wie Düngemitteln oder Pestiziden trägt dazu bei, die Widerstandsfähigkeit unseres Lebensmittelsystems zu erhöhen. Innovation und die Anwendung bewährter Verfahren müssen gestärkt werden, um die Erträge aufrechtzuerhalten und langfristig zu steigern (insbesondere umweltfreundliche Verfahren und Innovationen);

14.

schlägt vor, dass die Europäische Kommission das Programm zur Ökologisierung nicht aufgibt, da es andere, wirksamere Maßnahmen gibt, etwa die Aussetzung der Herstellung von Biokraftstoffen;

15.

hebt die strategische Rolle hervor, die den ländlichen Gebieten, in denen die lokalen Lebensmittelwertschöpfungsketten stabilere Einkommen bieten und auch kleine (landwirtschaftliche) Betriebe einbinden, für das Klima und die Ernährungssicherheit zukommt; fordert die Dezentralisierung der ELER-Verwaltung in allen Mitgliedstaaten im Bereich der Umsetzung der lokalen und regionalen Agrarpolitik;

16.

bekräftigt seine Empfehlung, Verbraucher dazu anzuhalten, viel Obst und Gemüse zu verzehren und frische, saisonale Lebensmittel aus ihrer Heimatgemeinde bzw. -region zu kaufen, die mittels nachhaltiger Produktionsmethoden erzeugt werden, um so den weltweiten Verzehr von Fleisch, Fetten und Zucker zu verringern; ist der Auffassung, dass umfassende Maßnahmen ergriffen werden sollten, damit die vorgenannten Möglichkeiten leicht zu nutzen und für alle erschwinglich sind (2). schlägt vor, zu diesem Zweck die bestehenden Programme der Europäischen Kommission zur Förderung einer gesunden und nachhaltigen Ernährung wie das Programm für die Abgabe von Nahrungsmitteln an Bedürftige (MDP) des ESF+ in der EU erheblich zu stärken;

17.

hält zudem die Entwicklung hochwertiger lokaler Lebensmittelsysteme für den besten Weg, um den Landwirten ein stabiles und angemessenes Einkommen zu garantieren; begrüßt deshalb die Einführung einer sozialen Konditionalität in der Gemeinsamen Agrarpolitik; ist der Auffassung, dass für Importe landwirtschaftlicher Erzeugnisse in die EU dieselben Sozialstandards wie in Europa gelten sollten;

18.

betont, dass lokale Lieferanten von Lebensmitteln sowie Düngemitteln und Energie stärker in den Aufbau von Interventionsbeständen und internationalen Vorräten eingebunden werden müssen; schlägt vor, in Bezug auf den internationalen Handel wieder zu Rohstoffabkommen zurückzukehren;

19.

unterstützt in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Europäischen Kommission, im Rahmen der Politik der transeuropäischen Verkehrsnetze die Schienenverbindungen mit der Ukraine auszubauen, insbesondere um den Transport lebenswichtiger Rohstoffe zu fördern. In diesem Zusammenhang ist die geplante Aufstockung der Mittel für die Fazilität „Connecting Europe“ zu begrüßen;

20.

betont, dass dringend umfangreiche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Lebensmittelwirtschaft an den Klimawandel anzupassen, und fordert zugleich die Stärkung des Systems von Versicherungen der landwirtschaftlichen Produktion sowie die Stärkung der Resilienz gegenüber den negativen Folgen des Klimawandels;

21.

spricht sich für die Suche nach neuen Verfahren für die Regenwasserbewirtschaftung, den Bau neuer Reservoirs sowie die Sanierung der Bewässerungssysteme und des Trinkwassernetzes aus, um die landwirtschaftliche Produktion, die Lebensmittelindustrie sowie innovative Investitionen in die Lebensmittelerzeugung zu fördern;

22.

fordert die Europäische Kommission auf, diese Arbeiten zu den Notfallplänen für die Ernährungssicherheit abzuschließen, um eine langfristige Strategie zur Gewährleistung der grundlegenden Ernährungssicherheit auf regionaler Ebene auszuarbeiten und umzusetzen, wobei diese als Fähigkeit zu verstehen ist, den grundlegenden Bedarf eines regionalen Gemeinwesens über einen bestimmten Zeitraum durch eigene Lebensmittelproduktion und die seiner Nachbargebiete zu decken; schlägt in diesem Zusammenhang vor, die in mehreren europäischen Ländern entwickelten lokalen Lebensmittelpläne zur allgemeinen Regel zu machen;

23.

fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Nutzung landwirtschaftlicher Produkte zu Zwecken der Ernährung als vorrangige Aufgabe anzusehen und dafür die Maßnahmen zur Förderung von Biokraftstoffen und landwirtschaftlich erzeugtem Methan flexibler zu gestalten, um bei drastischen Preissteigerungen die Agrarmärkte von den Energiemärkten zu entkoppeln und zugleich im Falle einer Überproduktion diesen wichtigen Absatzmarkt zu erhalten;

24.

fordert die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang nachdrücklich auf, namentlich im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik die Regulierung der Agrarmärkte voranzutreiben, die bei Engpässen offensichtlich vollkommen instabil und ineffizient werden können. Hierbei gilt es insbesondere, die Ergreifung von Krisenbewältigungsmaßnahmen zu erleichtern und, auch durch Verhandlungen in der Welthandelsorganisation, die Lebensmittelmittel- und Agrarbevorratung in Europa zu ermöglichen und so Spekulationen in Bezug auf die internationalen Agrarpreise zu verhindern. Zudem müssen durch die im Rahmen der Agrarpolitik wiedereinzuführenden marktregulierenden Maßnahmen nach Ende der derzeitigen angespannten Lage für die Landwirte einkommenssichernde Preise aufrechterhalten werden, denn die Möglichkeit des Landwirts, von seiner Arbeit angemessen zu leben, ist der beste Weg zur Stärkung der Tätigkeit und Beschäftigung in der Landwirtschaft sowie zur weiteren Ansiedlung neuer Landwirte;

25.

fordert die Europäische Kommission zu einer eher antizyklischen Politik der direkten Unterstützung der Landwirte auf (entsprechend der Größe und der Art des landwirtschaftlichen Betriebs), die vermehrt auf die am stärksten betroffenen Branchen ausgerichtet ist, wobei die Zahlung unnötiger Beihilfen an Branchen mit hohen Profiten zu vermeiden ist;

26.

fordert die Europäische Kommission auf, die Förderung des Fortschritts bei der Lebensmittelerzeugung stärker in den Fokus zu nehmen und zu diesem Zweck die Forschung im Bereich der Anpassung der Produktion an den Klimawandel, der Verringerung der Abhängigkeit von Lieferanten aus Drittländern, der Verbesserung des Gesundheitswerts der erzeugten Lebensmittel und der Verlängerung ihrer Haltbarkeit durch biologische Methoden sowie die Umsetzung der entsprechenden Forschungsergebnisse zu finanzieren;

27.

fordert die Europäische Kommission auf, der Förderung von Fortschritten in der landwirtschaftlichen Erzeugung durch Verringerung ihrer Energieintensität verstärktes Augenmerk zu widmen. So können die Effizienz der landwirtschaftlichen Erzeugung und damit letztlich die Lebensmittelpreise erheblich von den Schwankungen der Energiepreise entkoppelt werden;

28.

fordert die Europäische Kommission auf, angesichts der steigenden Produktionskosten den Schwerpunkt stärker auf die Gewährleistung günstiger wirtschaftlicher Bedingungen für die Landwirtschaft zu legen und dazu landwirtschaftlichen Erzeugern eine Unterstützung zu gewähren, die an die Art der Erzeugung und das Potenzial (Mengen) des betreffenden Erzeugers angepasst ist;

29.

fordert die Europäische Kommission auf, im Rahmen der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie und auf der Grundlage der Arbeiten der EU-Plattform für Lebensmittelverluste und -verschwendung die Halbierung der Lebensmittelverschwendung bis 2030 als verbindliches Ziel festzulegen (3);

30.

betont, dass das Engagement und Handeln der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Bemühungen ergänzen und unterstützen, die im Rahmen internationaler Maßnahmen sowie auf nationaler Ebene der einzelnen EU-Mitgliedstaaten unternommen werden;

31.

betont die Rolle des AdR als Institution, deren Mitglieder in direkter Partnerschaft mit den ukrainischen Städten und Regionen zusammenarbeiten;

Bedrohung der Ernährungssicherheit

32.

betont, dass die Wahrscheinlichkeit einer echten Hungersnot in Europa infolge des Krieges in der Ukraine derzeit nach wie vor gering erscheint, der Krieg jedoch bei einigen Produkten bereits zu Lieferproblemen, innerhalb eines Jahres europaweit zu einer Inflation der Lebensmittelpreise in Höhe von 13,2 % (August 2022) sowie zu dem recht weit verbreiteten Gefühl geführt hat, dass die weitere Entwicklung unvorhersehbar ist (der massive Anstieg der Preise für Düngemittel, Schutzmittel, weitere Produktionsmittel und Energie kann zu unzureichenden Erträgen der Herbst- und Frühjahrssaaten führen und einen gesellschaftlich untragbaren weiteren Preisanstieg bewirken), was sich destabilisierend auf die regionalen sozialen und wirtschaftlichen Systeme auswirkt;

33.

weist darauf hin, dass durch den anhaltenden Konflikt landwirtschaftliche Erzeugnisse und Düngemittel zweier sehr großer Exporteure nicht auf den internationalen Markt gelangen: In der Ukraine hat der Krieg zu Produktionseinbrüchen in der Landwirtschaft geführt, und die Wiederherstellung der Produktionskapazitäten wird nach dem Ende des Krieges viele Jahre in Anspruch nehmen, und Russland sollte als Aggressor vom internationalen Handel ausgeschlossen werden;

34.

ist der Ansicht, dass ein Andauern des Krieges in der Ukraine und die Isolierung der Wirtschaft des Aggressors Russland eine reale Gefahr für die Ernährungssicherheit insbesondere in außereuropäischen Regionen darstellen, wodurch die humanitären Verpflichtungen der EU gegenüber den Regionen, in denen Hunger herrscht, zunehmen werden und der von dort ausgehende Migrationsdruck steigen wird;

35.

betont, dass eine der größten Gefahren für eine stabile Lebensmittelversorgung in der Konzentration der Lebensmittelproduktion besteht und dass dem entgegengewirkt werden muss, indem der Lebensmittelversorgung durch lokale Erzeuger Priorität eingeräumt wird. Seit vielen Jahrzehnten arbeiten die hoch entwickelten Länder bei der Erzeugung und dem Vertrieb von Lebensmitteln gut zusammen, doch die letzten Jahre haben gezeigt, dass die bestehenden Verbindungen sowohl aufgrund der politischen Lage als auch des fortschreitenden Klimawandels, von Naturkatastrophen oder auch von Pandemien plötzlich und sehr wirksam durchtrennt werden können, wodurch große Gebiete von der Versorgung abgeschnitten werden; infolgedessen muss die Lebensmittelversorgung dieser Gebiete durch eine Rückverlagerung der Produktion sowie durch die Anlage privater und öffentlicher Mindestvorräte resilienter werden;

36.

betont deshalb, dass eine langfristige Strategie zum Schutz der europäischen Ernährungssicherheit entwickelt werden muss. Diese Strategie muss zu einer Rückverlagerung der Lebensmittelproduktion nach Europa führen, insbesondere durch Spiegelklauseln in den von der Europäischen Kommission unterzeichneten Freihandelsabkommen, um einen unlauteren Wettbewerb zwischen importierten und europäischen Erzeugnissen zu verhindern; verpflichtet sich, entsprechende Bemühungen anderer Länder um Lebensmittelsouveränität weltweit und insbesondere in Afrika zu unterstützen;

37.

betont, dass die Verfügbarkeit von Lebensmitteln einen verantwortungsvolleren Umgang mit ihnen bewirken kann, was wiederum zur Eindämmung von Verschwendung führt. Dies gilt für sehr viele Bereiche, etwa die Verringerung der Überproduktion, die Verbesserung von Ernte-, Transport-, Lagerungs- und Verarbeitungstechnologien, die Ausrichtung der Versorgung von Handel und Gastronomie nach der tatsächlichen Nachfrage und die Sensibilisierung der Verbraucher;

38.

ist bereit, im Zuge der Planung der regionalen Entwicklung Maßnahmen zu ergreifen, um die Agrar- und Ernährungspolitik wieder an die regionale Ebene anzukoppeln, die Ernährungssicherheit nachhaltig zu stärken, die Qualität von Lebensmitteln zu verbessern und die negativen Auswirkungen ihrer Erzeugung und Bewirtschaftung durch systemische Veränderungen zu verringern, d. h. die Umweltfolgen der Lebensmittelproduktion einzudämmen, die Abhängigkeit der EU von Lebensmittellieferanten aus Drittländern soweit wie möglich zu verringern und ein europäisches Solidarsystem im Bereich der Ernährungssicherheit aufzubauen;

39.

fordert, den absoluten Schutz für alle Erzeugnisse mit den EU-Gütezeichen g. U. (geschützte Ursprungsbezeichnung), g. g. A. (geschützte geografische Angabe) und g. A. (geografische Angabe) zu gewährleisten;

40.

fordert die Europäische Kommission auf, mehr Gewicht auf die Finanzierung von Projekten zu legen, die auf die Verbesserung der Ernährungssicherheit auf regionaler Ebene abzielen, d. h. auf die Gewährleistung der Versorgung der dortigen Bevölkerung zumindest für die Zeit, die für die Organisation von Hilfe durch verbündete Länder erforderlich ist. Dieses Ziel sollte durch die Diversifizierung der Lebensmittelerzeugung, die Ausweitung der dafür genutzten Flächen, die Anpassung des landwirtschaftlichen Raums an den Klimawandel, die Finanzierung von Forschungsarbeiten und deren konkreter Anwendung im Bereich der Erzeugung von Lebensmitteln mit längerer Haltbarkeit sowie EU-Bevorratungsmechanismen für jene Regionen erreicht werden, die aus physikalisch-geografischen Gründen nicht in der Lage sind, eine solche Lebensmittelautarkie zu erreichen, sowie der Gewährleistung von Ernährungssicherheit in der EU;

Beitrag der Ökologisierung der Landwirtschaft zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und zur Eindämmung der negativen Umweltfolgen der Landwirtschaft

41.

empfiehlt, zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit eine Trendumkehr in Bezug auf die zunehmende Spezialisierung in der Lebensmittelerzeugung und damit auch bei der Konzentration der Gebiete anzustoßen, in denen diese Lebensmittel hergestellt werden. Dies ist typisch für eine Landwirtschaft mit hohem Ressourceneinsatz, die auf maximale wirtschaftliche Effizienz ausgerichtet ist;

42.

ist der Auffassung, dass dieses Ziel erreicht werden kann, indem der Anteil der nach dem Grundsatz der Ökologisierung betriebenen Landwirtschaft erheblich erhöht und auch die Entwicklung von Dauerkulturen gefördert wird. Dies trüge dazu bei, den Einsatz von mineralischen Düngemitteln und chemischen Pflanzenschutzmitteln zu verringern und gleichzeitig die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens erheblich zu verbessern, was sowohl in Zeiten von Wasserknappheit als auch bei Wasserüberschüssen wichtig ist;

43.

hebt hervor, dass sich damit zwei Hauptvorteile erzielen ließen: erstens die deutliche Verringerung der von der intensiven Landwirtschaft hervorgerufenen Umweltschäden und zweitens die Stärkung der Autonomie der Regionen bei der Lebensmittelversorgung durch die Erhöhung der Produktionskapazitäten auf der Grundlage lokal erzeugter landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Verkürzung der Lieferketten und Verringerung der Abhängigkeit in der Lebensmittelerzeugung);

44.

spricht sich dafür aus, terrassierte Gebiete sowie den Terrassenfeldbau zu unterstützen und zu schützen, da diese bestimmte Aspekte des Klimawandels durch Niederschlagsabsorption, Verringerung der Bodenerosion sowie des Risikos von Überschwemmungen und Waldbränden, Minderung der Extremtemperaturen und eine höhere Bindung von organischem Kohlenstoff im Boden abmildern können;

45.

weist darauf hin, dass die vollständige Umsetzung des europäischen Grünen Deals in der Landwirtschaft trotz der unbestrittenen Vorteile für die Umwelt eine kontinuierliche Überwachung erfordert, um einen Rückgang des Niveaus der landwirtschaftlichen Produktion zu vermeiden, das insbesondere die globale Versorgungssicherheit garantiert; ist der Auffassung, dass die EU-Mitgliedstaaten prüfen sollten, ob sie den Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion in der Ukraine und der Lebensmittelexporte aus diesem Land, der zu Hungersnöten in den Ländern Afrikas und des Nahen Ostens führen wird, nicht etwa vorübergehend ausgleichen sollten. würde deshalb erwarten, dass die landwirtschaftliche Produktion erhöht wird und die allgemeinen Grundsätze des europäischen Grünen Deals überprüft werden;

46.

weist darauf hin, dass der weltweite Einsatz von NPK-Düngemitteln (laut FAO) von 2000 bis 2019 um 40 Prozent gestiegen ist und sich derzeit auf über 200 Mio. Tonnen pro Jahr beläuft, wobei die verfügbaren Daten auf einen stark überhöhten Einsatz von Düngemitteln hindeuten. Schätzungen zufolge werden mehr als die Hälfte der eingesetzten Stickstoffdüngemittel und etwa drei Viertel des Phosphatdüngers gar nicht von den Pflanzen aufgenommen, sondern verbleiben entweder im Boden oder sickern in die Wasserkörper ein und nehmen damit erheblichen Einfluss auf deren ökologischen und chemischen Zustand; weist zudem darauf hin, dass das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie darin besteht, zumindest einen guten ökologischen Zustand der Gewässer zu erreichen. Der übermäßige Einsatz mineralischer Düngemittel für die Lebensmittelerzeugung ist derzeit eine der Hauptursachen für die Verschlechterung der aquatischen Umwelt und sollte deshalb auch im Rahmen der EU-Wasserpolitik angegangen werden;

47.

weist darauf hin, dass mehr als die Hälfte des übermäßigen Düngemitteleinsatzes auf China und Indien entfällt, was ein weiterer Beleg dafür ist, dass die rasche wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern zulasten der Umwelt geht und die sich daraus ergebenden Wettbewerbsvorteile keineswegs das Ergebnis von fairem Wettbewerb sind. Die Verbraucher von aus diesen Ländern eingeführten Waren sollten stärker auf diese Tatsache aufmerksam gemacht werden;

48.

räumt ein, dass es nicht möglich ist, komplett auf Bio-Landwirtschaft umzustellen, dass aber das Ziel der EU darin bestehen sollte, die Umsetzung des Aktionsplans für den ökologischen Landbau und das in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ festgelegte Ziel konsequent weiterzuverfolgen, damit 25 % der landwirtschaftlichen Flächen bis zum Jahr 2030 ökologisch/biologisch bewirtschaftet werden; Dies darf jedoch die ohnehin schwierige wirtschaftliche und soziale Lage im europäischen ländlichen Raum nicht verschlechtern, sondern sollte vielmehr dazu führen, dass negative Trends umgekehrt werden; fordert die EU-Organe deshalb auf, zu prüfen, mit welchen Methoden die Umweltziele im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugung erreicht werden können; ist der Ansicht, dass zur Verwirklichung dieser ehrgeizigen Ziele eine umweltfreundliche Landwirtschaft gefördert werden muss, der nicht nur Bio-Betriebe, die die Kriterien für den ökologischen/biologischen Landbau vollständig einhalten, sondern auch solche, die in Gebieten von hohem ökologischem Wert Naturschutzleistungen erbringen und dafür finanziell unterstützt werden, sowie auch umweltfreundlich bzw. integriert wirtschaftenden Betriebe (Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe, die ausgewählte Maßnahmen im Umweltinteresse ergreifen, z. B. im Rahmen der Bereiche nachhaltige Landwirtschaft, Schutz von Boden und Wasser sowie Pufferzonen des aktuellen Agrarumweltprogramms) zuzurechnen sind; empfiehlt, die EU-Zahlungen im Bereich der Landwirtschaft eng sowohl mit den Umweltzielen als auch mit Zielen im Bereich der Ernährungssicherheit zu verknüpfen. Das langfristige Umweltziel der EU sollte darin bestehen, die negativen Umweltfolgen der dort erzeugten Lebensmittel möglichst gering zu halten. Auf diese Weise erzeugte Lebensmittel haben zudem einen höheren Nährwert und sind gesünder;

Preiserhöhungen

49.

stellt fest, dass die rapide steigenden Lebenshaltungskosten, einschließlich des erheblichen Anstiegs der Lebensmittelpreise, bislang zwar nicht zu einem Rückgang oder einer Verringerung des Lebensmittelverbrauchs auf ein lebens- bzw. gesundheitsbedrohliches Niveau, aber sehr wohl zu Einbußen bei der Lebensqualität geführt haben, da die Verbraucher gezwungen sind, auf bestimmte Erzeugnisse zu verzichten;

50.

betont, dass Maßnahmen zum Schutz der ärmsten Bevölkerungsschichten ergriffen werden müssen, die den erschwerten Zugang zu Lebensmitteln, der sich auf lange Sicht negativ auf die Gesundheit auswirken kann, ausgleichen, insbesondere durch die Unterstützung von Organisationen, die Lebensmittel an Hilfebedürftige verteilen, Schulen und Kindergärten in benachteiligten Gebieten und Organisationen zur Unterstützung von Obdachlosen;

51.

weist darauf hin, dass dieser Verlust an Wettbewerbsfähigkeit zumeist auf unlauteren Wettbewerb durch importierte landwirtschaftliche Erzeugnisse zurückzuführen ist; schlägt der Europäischen Kommission deshalb vor, in ihre Freihandelsabkommen Spiegelklauseln aufzunehmen, mit denen sichergestellt wird, dass importierte landwirtschaftliche Erzeugnisse denselben Umwelt- und Sozialstandards entsprechen, wie sie in Europa gelten;

52.

weist darauf hin, dass der anhaltende Preisanstieg bei Waren und Dienstleistungen die Rentabilität der landwirtschaftlichen Produktion erheblich schmälert. Einerseits steigen die Produktionskosten, andererseits sind die teureren Lebensmittel aus Europa auf den Märkten weniger wettbewerbsfähig;

53.

ist der Auffassung, dass die größten Risiken für die landwirtschaftliche Tätigkeit und die Lebensmittelerzeugung derzeit in den sehr hohen und in jüngster Zeit deutlich gestiegenen Preisen für mineralische Düngemittel, Kraftstoffe (insbesondere Diesel), Strom und Pflanzenschutzmittel liegen. Hinzu kommen die seit Jahren immer schwierigere Wasserversorgung in der Landwirtschaft sowie die sich verschlechternden klimatischen Bedingungen und unberechenbare Wetterereignisse;

54.

weist darauf hin, dass die sinkende Rentabilität der Landwirtschaft tatsächlich zu einer erheblichen Bedrohung für die Ernährungssicherheit werden kann, denn die Landwirtschaft folgt Zyklen, die nicht sofort geändert werden können. Die Erneuerung von Viehbeständen oder die Wiedererschließung von Saatflächen kann viele Monate dauern;

55.

ist der Ansicht, dass die rasch steigenden Lebenshaltungskosten und Lebensmittelpreise aus regionaler Sicht jedoch eine sehr große Bedrohung für die Stabilität der lokalen und regionalen sozioökonomischen Systeme darstellen. Sie wirken sich negativ auf den Arbeitsmarkt, das Einkommen der Menschen und die Einnahmen der lokalen Gebietskörperschaften aus und führen letztlich zu einem Anstieg der Armut, wodurch erforderlich wird, dass sich die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Bewältigung der Auswirkungen dieses Problems beteiligen müssen. Die Instabilität auf dem Lebensmittelmarkt hat also sehr viel weiter reichende Folgen und kann nicht nur die ordnungsgemäße Umsetzung der den einzelnen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften übertragenen Aufgaben, sondern auch die Grundlagen des regionalen Wirtschaftswachstums beeinträchtigen;

56.

weist darauf hin, dass die Unternehmer unter diesen Bedingungen zunächst für die Aufrechterhaltung des grundlegenden Betriebs sorgen müssen und ihre Ausgaben für die Unternehmensentwicklung deshalb einschränken werden, was sich wiederum negativ auf die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft auswirken wird;

Förderung wirksamer und bereichsübergreifender Anpassungsmaßnahmen und Bewältigung von Verlusten und Schäden

57.

weist auf das komplexe Problem der Lebensmittelverschwendung hin, dessen Eindämmung eine Reihe von Vorteilen auf verschiedenen Ebenen brächte, insbesondere einen geringeren Einsatz wertvoller Ressourcen wie Energie, Wasser, Arbeitskosten und Produktionsflächen, aber auch eine Senkung der Treibhausgasemissionen für die Erzeugung, den Transport und die Verteilung von Lebensmitteln;

58.

betont, wie wichtig systemische Maßnahmen zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung sind, denn ein verantwortungsvollerer Umgang mit Lebensmitteln führt dazu, dass weniger eingekauft wird, was sich auf die Produktion, die Verarbeitung, den Transport, den Handel und den Arbeitsmarkt auswirkt. Deshalb muss der Übergang einschließlich entsprechender Schutzmaßnahmen geplant werden;

59.

betont, dass dringend kurze und schnelle Versorgungsketten vom Landwirt bis zum Verbraucher aufgebaut und gefördert werden müssen, die für niedrigere Preise, hohe Qualität und hohe Liefergeschwindigkeit sorgen. Darüber hinaus ist die Verkürzung der Lebensmittelversorgungsketten überaus klimawirksam, da sie die verkehrsbedingten Emissionen verringert;

60.

weist darauf hin, dass der Erzeugungsort angegeben werden sollte, um die Bevölkerung zum Verzehr lokal erzeugter Lebensmittel anzuhalten (die Etablierung regionaler Marken, eine entsprechende Kennzeichnung und ein lokaler Wirtschaftspatriotismus können zu mehr Akzeptanz höherer Lebensmittelpreise führen, sollten Preisanhebungen angesichts der Kosten der Lebensmittelproduktion unausweichlich sein);

61.

weist darauf hin, dass die pflanzliche Erzeugung infolge des Grünen Deals voraussichtlich erheblich zurückgehen wird und steigende Lebensmittelpreise zu gesellschaftlichen Widerständen gegenüber der Energiewende führen werden. Deshalb sollten Maßnahmen ergriffen werden, die ein positives Klima und Verständnis für den Grünen Deal schaffen;

62.

hält eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Unternehmen, öffentlichen Stellen und der Wissenschaft für erforderlich, in deren Rahmen Konzepte für die Anpassung der Agrarwirtschaft an den Klimawandel entwickelt werden und die sowohl Eindämmungsmaßnahmen als auch Maßnahmen zur Anpassung an das Auftreten von Wasserknappheit und Naturkatastrophen umfassen müssen, um die jährlichen Fluktuationen bei der landwirtschaftlichen Erzeugung zu verringern und zusätzliche potenzielle Ausfälle und Verluste in der Lebensmittelproduktion zu minimieren. Diese Maßnahmen sollten in Form von öffentlichen Investitionen erfolgen sowie in technologischer und agrarökologischer Hinsicht innovativ sein und parallel zum Grünen Deal durchgeführt werden, wobei mit den Umweltressourcen achtsam umzugehen ist;

63.

weist darauf hin, dass die Industrialisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung auch zu mehr Abhängigkeit zwischen den Ländern führt. Besonders deutlich ist dies bei der chemischen Industrie zu sehen. Russland ist der weltweit größte Exporteur von NPK-Düngern. Darüber hinaus verursacht die Konzentration der Produktion einen erheblichen CO2-Fußabdruck, der auf den massenhaften weltweiten Transport zurückzuführen ist (jährlich werden über 20 Mio. Tonnen Düngemittel zwischen den verschiedenen Kontinenten transportiert). Die Herstellung von Düngemitteln erfordert sehr große Mengen an Gas, und zwei Drittel der weltweiten Ressourcen dieses Rohstoffs befinden sich in nur fünf Ländern, was die reale Gefahr birgt, dass eine Regulierung der Gaspreise auf die Düngemittelpreise und letztlich die Preise der erzeugten Lebensmittel durchschlägt; Es sollten deshalb Anstrengungen unternommen werden, um die Produktion und die Versorgung mit Betriebsmitteln für die landwirtschaftliche Produktion zu diversifizieren;

Probleme der EU-Informationspolitik im Bereich Lebensmittel

64.

betont, dass Desinformation über die Verfügbarkeit von Lebensmitteln eines der wirksamsten Mittel ist, um den sozialen Frieden zu destabilisieren und die Bürgerinnen und Bürger zu unangemessenen Verhaltensweisen zu bewegen, und dass deshalb entschieden gegen diese Bedrohungen vorgegangen werden muss und die Mitgliedstaaten künftig in der Lage sein müssen, die Bevölkerung durch ausreichend ehrgeizige Notfallpläne für Ernährungssicherheit gemäß der Mitteilung der Kommission vom 12. November 2021 zu beruhigen;

65.

betont ferner, dass strukturelle Veränderungen in der Lebensmittelproduktion, die die Abhängigkeit von externen Lieferanten verringern und die Bedeutung regional erzeugter Lebensmittel erhöhen, zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise führen können, weshalb es einer transparenten und zuverlässigen Informationspolitik bedarf, die nicht nur der Versorgungssicherheit, sondern auch der Verringerung der Umweltkosten der Lebensmittelproduktion Rechnung trägt;

66.

spricht sich dafür aus, dass hochwertige, im unmittelbaren Umfeld der Menschen erzeugte Lebensmittel dauerhaft gefördert werden sollten.

Brüssel, den 30. November 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  ABl. C 37 vom 2.2 2021, S. 22.

(2)  ABl. C 272 vom 17.8 2017, S. 14.

(3)  Food waste reduction targets (europa.eu).


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/30


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Die künftige EU-Jugendpolitik — Überlegungen zur Jugendpolitik und zur durchgängigen Berücksichtigung der Jugend im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend 2022“

(2023/C 79/06)

Berichterstatter:

Tine RADINJA (SI/Die Grünen), Bürgermeister von Škofja Loka

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

Einleitung

1.

zielt mit dieser Stellungnahme darauf ab, im Rahmen des durch den Beschluss (EU) 2021/2316 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) ins Leben gerufenen Europäischen Jahres der Jugend 2022 und im Einklang mit den Empfehlungen der Konferenz zur Zukunft Europas neue und umfassende Überlegungen zur Jugendpolitik, zur durchgängigen Berücksichtigung von Jugendbelangen in allen Politikbereichen und zur aktiven Beteiligung junger Menschen an der Gestaltung der Zukunft Europas anzustellen; unterbreitet darüber hinaus eine nachdrückliche Empfehlung zur durchgängigen Berücksichtigung der Jugend, was auch eines der Hauptziele des Europäischen Jahres der Jugend 2022 ist;

2.

betont, dass die Bildungsmöglichkeiten, die Arbeit, die psychische Gesundheit und das soziale Leben vieler junger Menschen aufgrund der COVID-19-Pandemie fast zwei Jahre lang stark beeinträchtigt waren. Deshalb sollten im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend nicht nur die Opfer anerkannt werden, die die jüngeren Generationen während der Pandemie erbringen mussten, sondern auch ein dauerhafter Wandel angestoßen werden, der über das Europäische Jahr der Jugend hinausgeht. Die Gesellschaft erholt sich zwar langsam von den Auswirkungen der Pandemie, doch um die Krise wirklich hinter uns zu lassen, ist es unumgänglich, sich den jungen Menschen zu widmen und ihre Probleme zu verstehen;

3.

weist darauf hin, dass die Jugendpolitik und die durchgängige Berücksichtigung der Jugend unter territorialen und sozialen Aspekten besonders relevant sind, da es beträchtliche Ungleichheiten beim Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, Bildung, Arbeitsmarkt und Wohnraum sowie bei der sozialen Mobilität zwischen den EU-Regionen gibt und sich diese auf junge Menschen in verschiedener Hinsicht auswirken. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verfügen in vielen für die Jugendpolitik relevanten Bereichen (Wohnraum, Bildung, Beschäftigung, Armutsbekämpfung, Diskriminierung, Unterstützung von Studierenden, Jugendvereine, Jugendarbeit, Kultur- und Freizeitaktivitäten) über wichtige Kompetenzen, weshalb ihnen in allen Phasen der Koordinierung und Umsetzung der EU-Jugendstrategie stärker Rechnung getragen werden muss;

Durchgängige Berücksichtigung der Jugend

4.

fordert in Bezug auf die Politikgestaltung auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene die durchgängige Berücksichtigung der Jugend und die durchgängige Anwendung eines auf den Rechten junger Menschen basierenden Ansatzes, um systematisch sicherzustellen, dass die Belange junger Menschen in allen Politikbereichen zum Tragen kommen. Darüber hinaus sollten junge Menschen und Jugendorganisationen bei allen politischen Debatten angehört werden, um den Ansatz für eine durchgängige Berücksichtigung der Jugend konsequent anzuwenden, auch bei der Umsetzung der nationalen Pläne für die Einführung der Finanzierungs- und Aufbaupakete im Rahmen von NextGenerationEU;

5.

ruft die Europäische Kommission auf, einen EU-Jugendtest einzuführen, der die Bewertung der Auswirkungen politischer Maßnahmen auf die Jugend ermöglichen würde. Vor der Annahme neuer Maßnahmen sollten mindestens die folgenden drei Schritte unternommen werden: sinnvolle Zusammenarbeit mit relevanten Interessenträgern im Jugendbereich, u. a. Jugendexperten und Vertretern von Jugendorganisationen aus den einschlägigen Bereichen, Abschätzung der Folgen der Maßnahmen auf junge Menschen und Vorschläge für Maßnahmen zur Abfederung möglicher negativer Auswirkungen;

6.

fordert die EU-Organe und die nationalen und lokalen Regierungen auf, jugendrelevante, kohärent nach Alter aufgeschlüsselte Daten in allen Politikbereichen zu erheben. Diese Erhebung sollte in Zusammenarbeit mit Jugendorganisationen erfolgen. Zudem sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Datenkompetenz dieser Organisationen zu verbessern, sodass sie in der Lage sind, auf Informationen zuzugreifen und sie auszuwerten und zu interpretieren, um anschließend eine evidenzbasierte Interessenvertretung zu betreiben und Projekte zur Förderung des Wandels zu konzipieren;

7.

bekräftigt die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Jugendpolitik in sämtlichen EU-Politikbereichen mithilfe eines horizontalen Ansatzes und der Förderung einer bereichsübergreifenden, interregionalen und grenzübergreifenden Zusammenarbeit;

8.

fordert Maßnahmen zur Stärkung und Befähigung von Jugendorganisationen, da starke europäische Jugendorganisationen zu staatsbürgerlicher Bildung, umfassenderem Wissen über Demokratie und einer aktiveren Bürgerschaft beitragen;

9.

bedauert, dass der zivilgesellschaftliche Raum für Jugendorganisationen in den letzten Jahren geschrumpft ist; spricht sich für mehr ausreichende und nachhaltige Ressourcen sowie für eine operative Finanzierung aus, die den strukturellen Bedürfnissen von Jugendorganisationen gerecht wird. Diese Mittel müssen transparent verteilt werden. Dadurch wird ein starker Jugendsektor unterstützt, der sicherstellt, dass junge Menschen jeden Hintergrunds Zugang zu einem sicheren Raum für die Teilhabe, das Engagement und die Entfaltung als aktive Bürgerinnen und Bürger haben;

10.

betont die Bedeutung der europäischen Regionen und Kommunen für den Erfolg der EU-Jugendstrategie und den Beitrag, den diese durch Bildung und Kultur zur Förderung einer inklusiven Gesellschaft für junge Menschen leisten können; unterstützt die Stärkung der regionalen und lokalen Dimension des EU-Jugenddialogs;

11.

ruft die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, Jugendfragen bei der Politikgestaltung durchgängig Priorität einzuräumen, und schlägt die Annahme einer ortsbezogenen Jugendstrategie in allen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vor;

12.

ruft die Europäische Kommission auf, die Jugenddimension im Rahmen der Programme Erasmus+ und Europäisches Solidaritätscorps zu stärken und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass diese Programme für alle Gruppen junger Menschen zugänglich sind und dass junge Menschen u. a. im Zuge der Teilnahme an diesen Programmen handlungsfähiger gemacht und angemessen unterstützt werden; fordert die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, Informationskampagnen zu fördern, die jungen Menschen den Nutzen und die Bereicherung aufzeigen, den diese Programme ihnen persönlich und beruflich gesehen bieten, sowie sie zu motivieren, in ihren jeweiligen sekundären und tertiären Bildungseinrichtungen an beiden teilzunehmen;

Beschäftigung und Sozialschutz

13.

fordert, mit angemessenen Maßnahmen das Recht junger Menschen auf stabile und sinnvolle Beschäftigung unter guten Arbeitsbedingungen überall in Europa sicherzustellen;

14.

betont die positive Rolle der unternehmerischen Bildung, des sozialen Unternehmertums und der Sozialwirtschaft beim Abbau der Jugendarbeitslosigkeit und ruft die Entscheidungsträger auf europäischer und nationaler Ebene auf, sich für die Beseitigung von Hindernissen für junge Unternehmerinnen und Unternehmer, einschließlich der Hindernisse für die Unternehmensgründung während des Studiums, einzusetzen;

15.

fordert die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, für größere Nähe zwischen jungen Menschen und den europäischen Institutionen zu sorgen sowie in sekundären und tertiären Bildungseinrichtungen die Mobilität junger Europäerinnen und Europäer zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern, indem die durch diese Mobilität entstehenden Möglichkeiten ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung sowie die positiven Erfahrungen, die sie für ihre Entfaltung bringen kann, herausgestellt werden;

16.

schlägt vor, dass die Europäische Kommission Unterstützungs-, Ergänzungs- und Koordinierungsmaßnahmen festlegt, um die Arbeitsplatzunsicherheit seitens junger Menschen abzubauen, einen besseren Zugang zum Sozialschutz, der frei von jeglicher altersbedingten Diskriminierung und dem der älteren Altersgruppen gleichgestellt ist, zu ermöglichen sowie um den Mindestlöhnen für Jugendliche ein Ende zu setzen;

17.

empfiehlt eine stärkere Koordinierung der Jugendbeschäftigungspolitik, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung der verstärkten Jugendgarantie durch die lokalen und regionalen öffentlichen Arbeitsagenturen;

18.

fordert ein wirksames Verbot unbezahlter Praktika in allen Mitgliedstaaten im Zuge der Überprüfung des Qualitätsrahmens für Praktika durch die Europäische Kommission; fordert zudem Maßnahmen (einschließlich einer neuen EU-Richtlinie) mit dem Ziel, dass Praktika, Ausbildungsplätze und Lehrstellen einen Mindeststandard an Rechten in Bezug auf die Arbeitsbedingungen sicherstellen, insbesondere den Zugang zu gesetzlichen Mindestlöhnen und den Zugang zum Sozialschutz;

19.

betont, wie wichtig eine angemessene und erschwingliche Kinderbetreuung ist, um Eltern, einschließlich junger Eltern, den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen;

20.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, um die Eingliederung junger Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund in den Arbeitsmarkt zu verbessern, Diskriminierung zu bekämpfen und Chancengleichheit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang ist eine weitere Koordinierung erforderlich, um junge schutzbedürftige Menschen besser zu erreichen, die insbesondere aufgrund von Armut, Geschlecht, sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität, Behinderung, niedrigem Bildungsniveau oder ethnischem Minderheiten-/Migrantenhintergrund mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert sind;

21.

bekräftigt die Notwendigkeit anzuerkennen, dass LGBTI+-Jugendliche „in Europa besonders gefährdet sind, da sie von klein auf mit Diskriminierung, Viktimisierung, Stigmatisierung und Missbrauch konfrontiert sind. Sie erleben Schwierigkeiten beim Coming-out gegenüber Familienmitgliedern und ihrem sozialen Umfeld, stoßen auf geringes Verständnis für LGBTI+-bezogene Themen seitens professioneller Dienstleister und der Gesellschaft im Allgemeinen und müssen geistige und körperliche Probleme, die auch die sexuelle Gesundheit betreffen, überwinden“ (2); fordert zu diesem Zweck wirksame Maßnahmen auf europäischer Ebene, um junge LGBTI+-Personen in vollem Umfang zu stärken;

22.

betont, dass der schwierige Zugang zu und die hohen Kosten für Wohnraum die Autonomie junger Menschen erheblich einschränken, wodurch Bildung und berufliche Mobilität erschwert und die Kaufkraft jüngerer Generationen geschmälert werden; ist der Ansicht, dass es als Priorität gelten sollte, u. a. durch die Mobilisierung von EU-Mitteln unterstützende Maßnahmen zu ergreifen, um angemessene und erschwingliche Wohnbedingungen für alle jungen Menschen in Europa zu gewährleisten;

23.

unterstreicht, dass viele junge Europäerinnen und Europäer aufgrund der COVID-19-Pandemie einem höheren Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sind; fordert Unterstützungsmaßnahmen der EU, um sicherzustellen, dass junge Menschen in Krisenzeiten stets ausreichende Hilfen erhalten;

24.

hält eine intensivere Koordinierung für erforderlich, um bewährte Verfahren, Ziele und Indikatoren im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Armut, dem Risiko der sozialen Ausgrenzung und der sozialen Unsicherheit junger Menschen auszutauschen;

25.

weist auf die kritische Lage junger Flüchtlinge, insbesondere unbegleiteter Minderjähriger, hin und fordert unterstützende Maßnahmen, die allen jungen Flüchtlingen und ihren Familien den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung ermöglichen, sowie die Wahrung ihrer Menschenrechte;

Körperliche und geistige Gesundheit und Wohlergehen junger Menschen

26.

betont, wie wichtig der Zugang zu universeller, erschwinglicher und hochwertiger Gesundheitsvorsorge und Heilbehandlung ist; weist in diesem Zusammenhang nachdrücklich darauf hin, dass Hindernisse für junge Menschen ohne Zugang zur sozialen Sicherheit beseitigt werden müssen;

27.

betont die dringende Notwendigkeit, die Stigmatisierung zu durchbrechen und die Herausforderungen und Hindernisse im Bereich der psychischen Gesundheit, mit denen junge Menschen infolge der Pandemie konfrontiert sind, anzuerkennen und unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, die den psychischen Bedürfnissen junger Menschen Rechnung tragen;

28.

schlägt vor, durch die Förderung sozialer Rechte und wirtschaftlicher Schutzpakete einen ganzheitlichen Ansatz für die psychische Gesundheit zu verfolgen, um die sozioökonomischen Faktoren der psychischen Gesundheit anzugehen, und zwar mit gezielter Unterstützung und Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen und Rechte für junge Menschen, die von Ausgrenzung, Diskriminierung und Marginalisierung betroffen sind;

29.

fordert Maßnahmen für eine erschwingliche und leicht zugängliche Unterstützung im Bereich der psychischen Gesundheit für alle — auch die am stärksten benachteiligten — jungen Menschen; fordert darüber hinaus eine bessere Zugänglichkeit und mehr Finanzmittel für die psychische Gesundheitsversorgung, sodass alle die jeweils erforderliche Hilfe erhalten können;

30.

fordert mehr Investitionen in bereits bestehende von der örtlichen Bevölkerung ausgehende Initiativen, wie beispielsweise Jugendzentren, kostenlose und niederschwellige Kultur- und Sportaktivitäten, und Mittel für zivilgesellschaftliche Organisationen, die im Bereich der psychischen Gesundheit tätig sind;

31.

befürwortet eine EU-Strategie für psychische Gesundheit mit Maßnahmen, die die Prävention psychischer Gesundheitsprobleme, die zweckgerichtete Befähigung und aktive Teilhabe der europäischen Jugend an ihre psychische Gesundheit betreffenden Entscheidungen sowie eine gezielte Unterstützung in Bezug auf die psychische Gesundheit in allen Lebensphasen gewährleisten;

32.

betont nachdrücklich die Notwendigkeit sicherzustellen, dass Rechte im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit junger Menschen einschließlich des Zugangs zu erschwinglichen Empfängnisverhütungsmitteln und Menstruationsprodukten umfassend geschützt werden;

33.

begrüßt, dass die Europäische Kommission eine Lenkungsgruppe für Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention und Management von nicht übertragbaren Krankheiten eingerichtet hat; spricht sich jedoch für eine stärkere Fokussierung der Lenkungsgruppe auf die Situation junger Menschen aus;

Sinnvolle Teilhabe

34.

bekräftigt seine Unterstützung für „die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung von Menschen und besonders von Kindern und Jugendlichen mit (und ohne) Behinderung durch den Zugang zu Kunst und Kultur, Erholung, Freizeit, Sport und Tourismus“ (3) als Schlüsselelement des Wohlergehens von Menschen mit Behinderungen; stellt in diesem Zusammenhang die Rolle des Sports bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen heraus und „fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Programme zu fördern, mit denen die Teilnahme von durch eine Behinderung besonders eingeschränkten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen erleichtert wird“ (4);

35.

betont, dass das Europäische Jahr der Jugend 2022 eine hervorragende Gelegenheit bietet, um eine sinnvolle Teilhabe junger Menschen am demokratischen Leben zu fördern. Es sollte in einer strukturellen Stärkung der Demokratie für junge Menschen münden, wobei der Rolle repräsentativer Jugendorganisationen eine besondere Bedeutung beigemessen werden sollte;

36.

empfiehlt die Einbeziehung junger Menschen in die Konzipierung, Führung, Umsetzung und Bewertung politischer jugendrelevanter Maßnahmen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie in die einschlägigen offiziellen Konsultationsmechanismen. Zudem sollten der Erfolg und die Umsetzung dieser Initiativen überwacht werden, um zu gewährleisten, dass die Beteiligung junger Menschen konkrete Folgen hat bzw. dass klar erläutert wird, warum Ideen oder Initiativen nicht umgesetzt werden konnten;

37.

fordert alle zuständigen Stellen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene auf, Jugendräte einzurichten, um das Vertrauen der Jugend in das Funktionieren der Institutionen zu stärken und den Reflexionsprozess, die freie Meinungsäußerung, die Entscheidungsfindung sowie die Kenntnis der demokratischen Grundsätze und der individuellen und kollektiven Freiheiten zu unterstützen;

38.

fordert, dass auf den Ergebnissen bereits bestehender partizipativer Mechanismen wie dem EU-Jugenddialog aufgebaut wird, der allen jungen Menschen aus der EU die Möglichkeit bietet, sich zu relevanten Themen zu äußern und Gesetzgebungsverfahren in direkter Zusammenarbeit mit Entscheidungsträgern zu beeinflussen. Dieser Prozess sollte weiterentwickelt werden und andere EU-Institutionen umfassen;

39.

fordert Maßnahmen, die junge Menschen in die Lage versetzen sollen sich mit nachhaltiger Entwicklung und dem Kampf gegen den Klimawandel auseinanderzusetzen und ihr Potenzial für einen sinnvollen Wandel in der Gesellschaft zu nutzen;

40.

ruft die Mitgliedstaaten auf, ernsthaft die Absenkung des Wahlalters für alle Kommunal- und Regionalwahlen in Europa auf 16 Jahre zu erwägen, und fordert einen Daten- und Wissensaustausch über die Auswirkungen institutioneller Regelungen auf die politische Teilhabe junger Menschen, beispielsweise auf das Mindestalter für das aktive und passive Wahlrecht oder auf die Begrenzung der Zahl der politischen Mandate;

41.

fordert die Unterstützung und Koordinierung von Maßnahmen, die darauf abzielen, das Wissen junger Menschen über die politische Bildung zu verbessern, damit sie die Beschlussfassung in ihrem Umfeld verstehen und sich der demokratischen Prozesse und ihrer Menschen- und Bürgerrechte bewusst sind;

42.

betont, dass sichergestellt werden muss, dass alle jungen Menschen Zugang zu verlässlichen Informationen über Teilhabemöglichkeiten haben, und dass eine sachkundige Beteiligung gefördert werden muss, insbesondere im Hinblick auf demokratische Prozesse;

Inklusive Gesellschaft

43.

unterstützt die Koordinierung und den Austausch bewährter Verfahren in Bezug auf die Rolle der Geschlechter in Bildungs- und Beschäftigungspfaden. Es gilt, Hindernisse zu ermitteln und den Zugang von Frauen und Mädchen zu allen Bildungs- und Berufsmöglichkeiten zu verbessern;

44.

fördert Gender-Mainstreaming in der öffentlichen Politik auf allen Ebenen; bekräftigt auch seine Forderung, „die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Konzipierung und Durchführung der EU-weiten Sensibilisierungs- und Kommunikationskampagne einzubeziehen, die zur Bekämpfung von Geschlechterstereotypen notwendig ist, und betont, dass der Jugend als Katalysator des Wandels besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte“ (5);

45.

hält die Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund im Bildungswesen und gesellschaftlichen Leben für eine Priorität und fordert deshalb eine weitere Koordinierung und einen weiteren Austausch von Know-how und bewährten Verfahren in Bezug auf wirksame politische Maßnahmen zu diesem Zweck;

46.

hält es für notwendig, die unterstützenden Maßnahmen zu stärken, mit denen sichergestellt werden soll, dass junge Roma in allen EU-Mitgliedstaaten Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen haben; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine feste Überzeugung, „dass die vier von der Europäischen Kommission bei der Festlegung ihrer Gruppenziele berücksichtigten, besonders wichtigen Themenkomplexe — Bildung, Beschäftigung, Gesundheit und Wohnraum — für den Aufholprozess der Roma zusammen mit den Sozialleistungen, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene, eine Schlüsselrolle spielen“ (6); fordert darüber hinaus nachdrücklich eine umfassende Unterstützung der Roma-Kinder, um das niedrige Bildungsniveau wirksam anzugehen;

47.

ist der Auffassung, dass die Bekämpfung von Diskriminierung, Rassismus und anderen Formen der Intoleranz von entscheidender Bedeutung ist, um gewalttätige Radikalisierung zu bekämpfen und um zu verhindern, dass junge Menschen dem politischen oder religiösen Extremismus zum Opfer fallen; vertritt diesbezüglich die Ansicht, dass Bildung und zivilgesellschaftliche Organisationen eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung demokratischer und humanistischer Werte spielen sollten und dass eine stärkere Koordinierung in diesem Bereich auf EU-Ebene für alle Mitgliedstaaten von Vorteil wäre;

Jugendarbeit

48.

fordert Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung einer angemessenen Jugendarbeit auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene, u. a. durch weitere Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahmen zur Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen Ausbildungsstandards für bezahlte und freiwillige Jugendarbeiter und eine ausreichende Mittelzuweisung an Organisationen der Jugendarbeit;

49.

ist der Auffassung, dass die Europäische Jugendarbeitsagenda für Qualität, Innovation und Anerkennung der Jugendarbeit nur dann erfolgreich sein kann, wenn die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eng einbezogen werden; hält es darüber hinaus für notwendig, dafür zu sorgen, dass ausreichende Daten und gemeinsame Indikatoren, auch auf lokaler und regionaler Ebene, zur Verfügung stehen, um eine wirksame Überwachung der Initiative zu gewährleisten;

50.

spricht sich dafür aus, einen Rechtsrahmen für das Konzept der Jugendarbeit zu schaffen, um die Jugendarbeit besser zu definieren, ihre Aufgaben und Kompetenzen klar festzulegen und den Jugendarbeitern für ihre Tätigkeit eine besondere Anerkennung zukommen zu lassen;

51.

fordert eine weitere Anerkennung und Unterstützung der Freiwilligentätigkeit;

Allgemeine und berufliche Bildung

52.

ruft die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, den allgemeinen Zugang zu hochwertiger Bildung von früher Kindheit an (mit besonderem Schwerpunkt auf dem Spracherwerb) sicherzustellen, und schlägt vor, die Koordinierung und den Austausch bewährter Verfahren in Bezug auf die soziale Eingliederung Jugendlicher und insbesondere schutzbedürftiger junger Menschen in das Bildungssystem (auf allen Stufen) sowie die Verhinderung des Schulabbruchs weiter zu fördern;

53.

fordert angemessene Maßnahmen, um den Kompetenzerwerb weiter zu fördern und die von früher Kindheit an durch nichtformale Bildung und informelles Lernen erworbenen Kompetenzen stärker anzuerkennen und sicherzustellen, dass diese beim Eintritt bzw. Wiedereintritt in die formale Bildung, Beschäftigung usw. validiert werden können; spricht sich zudem für die Förderung von Querschnittskompetenzen aus, die dem sich wandelnden Charakter der Beschäftigung gerecht werden, um prioritär Sprachkenntnisse zu fördern und so die Chancen junger Menschen auf eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erhöhen;

54.

fordert, dass bezahlte und freiwillige Jugendarbeiter und Jugendorganisationen als wichtige Bildungsanbieter durch nichtformale Bildung und informelles Lernen unterstützt werden;

55.

fordert unterstützende Maßnahmen zur Gewährleistung, dass alle Lehrkräfte die erforderlichen pädagogischen Kenntnisse und Kompetenzen auf hohem Niveau erwerben und auf dem neuesten Stand halten können (wobei ein besonderer Schwerpunkt auf digitalen Kompetenzen liegen sollte) und dass ihr Beruf von der Gesellschaft anerkannt und wertgeschätzt wird, wozu auch die Frage nach der finanziellen Honorierung auf dem Arbeitsmarkt gehört;

56.

unterstützt die Einrichtung und weitere Nutzung gesamteuropäischer Plattformen mit dem Ziel, Bildungsinhalte und -instrumente auf inklusive und mehrsprachige Weise unter Berücksichtigung der Regionalsprachen weit zu verbreiten;

Digitaler Wandel

57.

unterstreicht, wie wichtig es ist, dass alle jungen Menschen Zugang zu neuen Technologien und geeigneten Geräten haben, um die Chancengleichheit für alle zu ermöglichen;

58.

empfiehlt, einschlägige Fähigkeiten, Kompetenzen und Standards festzulegen, die die Digitalisierung der Bildung erforderlich sind; dazu gehören auch die Untersuchung und Beseitigung potenzieller neuer Faktoren der Ausgrenzung von Lehrkräften/Ausbildern und jungen Menschen;

59.

spricht sich für die Entwicklung umfassender digitaler Kompetenzen im Bereich der Bildungssysteme für junge Menschen aus, auch für Kompetenzen in Bezug auf den sinnvollen Umgang mit Technologien.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  Beschluss (EU) 2021/2316 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Dezember 2021 über ein Europäisches Jahr der Jugend (2022) (ABl. L 462 vom 28.12.2021, S. 1).

(2)  Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen 2020-2025, COR-2020-05861.

(3)  Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (COR-2021-01679).

(4)  Ebenda.

(5)  Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 (COR-2020-2016).

(6)  Eine Union der Gleichheit: Strategischer Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma (COR-2020-05625).


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/36


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Mehr Unterstützung für Gebiete mit natürlichen und demografischen Nachteilen im Rahmen der Kohäsionspolitik (Artikel 174 AEUV)

(2023/C 79/07)

Berichterstatterin:

Marie-Antoinette MAUPERTUIS (FR/EA), Präsidentin der korsischen Versammlung

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

weist darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten gemäß Artikel 174 AEUV verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass das EU-Ziel des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts (Artikel 3 Absatz 3 EUV) insbesondere in ländlichen Gebieten, in vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und in Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen, verwirklicht wird. Auch stark überalterte Regionen sollten berücksichtigt werden;

2.

betont, dass die Kohäsionspolitik der EU nicht nur eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung von Artikel 174 AEUV spielt, sondern dass dieser Auftrag auch für alle anderen Politikbereiche der EU (insbesondere den Europäischen Grünen Deal sowie die Digitale Agenda) verbindlich ist, die dem Ziel des territorialen Zusammenhalts dieser Gebiete nicht abträglich sein dürfen;

3.

unterstreicht, dass die Achtung der Grundsätze der gemeinsamen Verwaltung der Kohäsionspolitik und insbesondere des Subsidiaritätsprinzips (Artikel 5 Absatz 3 EUV) auf keinen Fall als Argument dafür dienen kann, die Anwendung von Artikel 174 AEUV auf nationaler Ebene zu untergraben;

4.

begrüßt, dass mit der neuen Runde der Kohäsionspolitik ein neues politisches Ziel „Ein bürgernäheres Europa“ (Ziel 5) eingeführt wird, das von den Mitgliedstaaten genutzt werden kann, um die Unterstützung besser auf die in Artikel 174 AEUV genannten Gebiete auszurichten;

5.

stellt fest, dass die Partnerschaftsvereinbarungen und Programme für den Zeitraum 2021-2027 derzeit endlich fertiggestellt werden;

6.

ist der Ansicht, dass die neue Territoriale Agenda 2030 im Zusammenspiel mit der neuen langfristigen Vision für den ländlichen Raum, dem Pakt für den ländlichen Raum und dem kürzlich vorgeschlagenen Inselpakt (1) den in Artikel 174 genannten Gebieten einen kräftigen, neuen politischen Schub verleiht;

7.

ist der Auffassung, dass die zahlreichen neuen EU-Fonds, die explizit oder implizit eine territoriale Dimension aufweisen (Struktur- und Investitionsfonds, einschließlich des Fonds für einen gerechten Übergang, des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums sowie der Aufbau- und Resilienzfazilität), größtenteils isoliert geplant werden. Stattdessen ist jedoch für alle in Artikel 174 AEUV genannten Gebiete — seien es Gebiete innerhalb eines Mitgliedstaats oder in verschiedenen Mitgliedstaaten, die die gleichen strukturellen Nachteile aufweisen — ein wirklich integrierter Ansatz für all diese Interventionen nötig;

8.

ist jedoch besorgt darüber, dass dies nicht ausreicht, da der jüngste 8. Kohäsionsbericht zeigt, dass insbesondere innerhalb der Mitgliedstaaten die Unterschiede zugenommen haben, die die in Artikel 174 AEUV genannten Gebiete unverhältnismäßig stark treffen, weil sie aufgrund ihrer strukturellen Nachteile Mehrkosten haben;

9.

ist der Ansicht, dass die Auswirkungen anderer Politikbereiche der EU, insbesondere Verkehr, Energie, Binnenmarkt und Wettbewerb, auf den Schutz und die Förderung von in Artikel 174 AEUV genannten Gebieten neu bewertet werden müssen. Sehr oft werden die Bedürfnisse dieser Gebiete erst in der Endphase der Politikgestaltung berücksichtigt, z. B. bei der Festlegung von Fördergebietskarten, nicht jedoch von Anfang an, z. B. bei der Ausarbeitung der Leitlinien für Regionalbeihilfen;

10.

betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten Kapitel 1 Artikel 3 und Kapitel 3 Artikel 20 der europäischen Säule sozialer Rechte sowie Artikel 34 Absatz 3 (Sozial- und Wohnungsbauhilfe), Artikel 35 (Gesundheitsversorgung) und Artikel 36 (Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse) der Charta der Grundrechte der EU einhalten müssen, wenn sie durch die Bereitstellung grundlegender öffentlicher Dienstleistungen den Zugang zur Grundversorgung und zu einem grundlegenden Niveau des Wohlergehens gewährleisten, insbesondere in den in Artikel 174 AEUV genannten Gebieten;

11.

schlägt vor, dass jeder Mitgliedstaat im Einklang mit der europäischen Säule sozialer Rechte und der Charta der Grundrechte grundlegende öffentliche Dienstleistungen in einem in Artikel 174 AEUV genannten Gebiet zur Verfügung stellt. Dabei sind vor allem auch die Bestimmungen des Protokolls über Dienste von allgemeinem Interesse (2) zu berücksichtigen, wie zum Beispiel der weite Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden bei der Organisation der Dienste, die Förderung des universellen Zugangs usw. Die Bereitstellung wirksamer und nachhaltiger grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen sollte systematisch untersucht werden (3). Umgekehrt muss die Kommission bei der Überprüfung der nationalen Reformprogramme, der Partnerschaftsvereinbarung, der GAP-Strategiepläne, der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne und der Bereitstellung der entsprechenden EU-Mittel in den Mitgliedstaaten sicherstellen, dass diese die Aufrechterhaltung und Entwicklung solcher grundlegenden Dienstleistungen unterstützen. Darüber hinaus muss sich die europäische und einzelstaatliche Förderung der in Artikel 174 AEUV genannten Gebiete im Kohäsionsbericht (Artikel 175 AEUV) explizit widerspiegeln;

12.

vertritt die Auffassung, dass das neue Instrument für Interregionale Innovationsinvestitionen (I3), bei dessen Entwicklung der AdR gemeinsam mit anderen regionalen Netzen wie der Vanguard Initiative, EARTO, ERRIN oder der KPKR eine Schlüsselrolle gespielt hat (4), das Modell sein sollte, mit dem Mittel aus der Initiative „RePowerEU“ und den nationalen Plänen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität genutzt werden, um Gebiete mit den gleichen oder ähnlichen Herausforderungen zusammenzubringen, damit sie neue innovative Lösungen erproben, die dann EU-weit reproduziert werden können;

13.

ist der Ansicht, dass die Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum und auf Inseln sowie im weiteren Sinne die territoriale Folgenabschätzung (einschließlich grenzüberschreitender Folgenabschätzungen) nicht nur eine Option sein darf, wie dies im Paket „Bessere Rechtsetzung“ von 2021 anerkannt wurde, sondern ein Kernelement der Politikgestaltung der EU sein muss, damit der Grundsatz der Nichtbeeinträchtigung des Zusammenhalts gewahrt wird. Dadurch wird sichergestellt, dass neue EU-Politiken den territorialen Zusammenhalt in allen Politikbereichen stärken, Deshalb müssen diese Bewertungen vom Generalsekretariat der Kommission koordiniert und die Plattform „Fit for Future“, das RegHub-Netz und der AdR selbst umfassend hinzugezogen werden, damit die Kommission über detaillierte Angaben über die möglichen Auswirkungen vor Ort verfügt;

14.

begrüßt in diesem Zusammenhang den neu entwickelten ersten EU-Leitfaden zur Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum (5) und die Pilotmaßnahmen der Territorialen Agenda (6) zu Themen wie territoriale Folgenabschätzung und Entvölkerung, zu denen der AdR einen aktiven Beitrag geleistet hat (7); beabsichtigt, bei den nationalen Regierungen für die selbstverantwortliche Nutzung dieser Schlüsselinstrumente zu werben;

15.

weist darauf hin, dass die Weiterentwicklung der derzeitigen begrenzten praktischen Anwendung von Artikel 174 AEUV sich in keiner Weise weder auf Artikel 349 AEUV, in dem der besondere Schutz der Gebiete in äußerster Randlage geregelt ist, noch auf die besondere Behandlung der nördlichsten dünn besiedelten Gebiete auswirken darf, die durch die jeweiligen Beitrittsverträge geschützt sind;

EU-Mittel zur Unterstützung von Regionen mit territorialen Besonderheiten

16.

bedauert, dass es bei Ziel 5 im Gegensatz zu den vier anderen politischen Zielen keinerlei territoriale Zweckbindung außerhalb der 8 % für nachhaltige Stadtentwicklung vorgesehenen EFRE-Mittel (die für ITI und CLLD verwendet werden können) gibt. Dies begünstigt einen thematischen Ansatz, benachteiligt jedoch Gebiete mit spezifischen Nachteilen, die durch Artikel 174 AEUV geschützt sind;

17.

hält es für erforderlich, eine umfassende haushaltspolitische Antwort auf die demografischen Herausforderungen mit Zuweisung zusätzlicher Mittel in allen einschlägigen Programmen und Maßnahmen der EU zu geben, insbesondere in allen Strukturfonds, um die soziale, wirtschaftliche und territoriale Kluft besser zu bekämpfen, unter der die von Entvölkerung betroffenen europäischen Regionen leiden;

18.

fordert die Kommission, die derzeit mit den Mitgliedstaaten über die Partnerschaftsvereinbarung, die GAP-Strategiepläne und die Programme verhandelt, nachdrücklich auf, bei den betroffenen Mitgliedstaaten auf einen Nachweis zu drängen, dass sie diese in Artikel 174 AEUV genannten Gebiete im Rahmen der Strukturfonds und des Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums gezielt unterstützen;

19.

ruft die betroffenen Mitgliedstaaten dazu auf, in diesen nationalen Plänen spezifische Zweckbindungen für die in Artikel 174 AEUV genannten Gebiete vorzusehen, um den Verwaltungsbehörden deutlich zu signalisieren, dass sie diese Regionen in ihren Programmen wirksamer berücksichtigen sollten;

20.

fordert insbesondere die Mitgliedstaaten auf, auf regionaler oder subregionaler Ebene zentrale Anlaufstellen für die Fonds der EU-Kohäsionspolitik (EFRE, ESF+, Fonds für einen gerechten Übergang usw.) und den ELER einzurichten, um das Wissen über diese Mittel und den Zugang dazu für die Begünstigten in den in Artikel 174 AEUV genannten Gebieten zu erleichtern;

21.

empfiehlt, territoriale Instrumente wie integrierte territoriale Investitionen (ITI) und von der örtlichen Bevölkerung betriebene lokale Entwicklung (CLLD) verstärkt zu nutzen, um europäische und nationale Mittel in integrierter Weise einzusetzen, damit territoriale Nachteile mithilfe eines Bottom-up-Ansatzes überwunden werden können; fordert die Kommission jedoch nachdrücklich auf, den Kofinanzierungssatz für die Instrumente der territorialen Planung, die in Gebieten mit geografischen und demografischen Nachteilen im Sinne von Artikel 174 umgesetzt werden, zu erhöhen sowie Umsetzungs- und Ergebnisindikatoren zu entwickeln, die mit der Art der in diesen Gebieten durchgeführten Maßnahmen stärker in Einklang stehen;

22.

hält es für grundlegend, dass sich die Strukturfonds in den am stärksten vom Bevölkerungsrückgang betroffenen ländlichen Gebieten flexibler einsetzen lassen, damit ihre gemeinsame Nutzung für ein und dasselbe Projekt sowie Vorschüsse und ihre Komplementarität mit den Finanzierungsinstrumenten möglich sind;

23.

ist der Auffassung, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität in den in Artikel 174 AEUV genannten Gebieten eine ebenso wichtige Rolle spielt, da Strukturreformen, die Modernisierung öffentlicher Dienste, der grüne Wandel und die Unterstützung von KMU in den meisten nationalen Aufbau- und Resilienzplänen unterstützt werden. Daher müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Investitionen im Rahmen des nationalen Aufbau- und Resilienzplans den besonderen Bedürfnissen und Nachteilen dieser Gebiete Rechnung tragen, und die Kommission muss dies überprüfen;

24.

fordert die Europäische Kommission auf, neue Indikatoren zu entwickeln, um die Schwere der geografischen und demografischen Nachteile in den in Artikel 174 AEUV genannten Regionen besser bewerten und messen zu können. Solche soliden Indikatoren sollten dann dazu verwendet werden, die Verteilung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds für den nächsten Zeitraum so anzupassen, dass sie über das BIP als alleinigen Indikator hinausgeht, um die allgemeinen Wachstumsschwierigkeiten der in Artikel 174 AEUV genannten Regionen auszugleichen;

25.

fordert, dass die Kohäsionspolitik für die Zeit nach 2027 spezifische regionale Ausrichtungen und Zweckbindungen auf EU-Ebene für Regionen mit in Artikel 174 AEUV genannten Gebieten umfasst, wobei in den Partnerschaftsvereinbarungen ein Mindestwert für die Beihilfeintensität vorzusehen ist. Dies sollte möglicherweise auch andere Politikbereiche des EU-Haushalts umfassen, die eine territoriale Dimension aufweisen, einschließlich etwaige an NextGenerationEU anschließende Maßnahmen;

Ländliche Gebiete

26.

hebt hervor, dass die Politik der EU die Attraktivität dieser Gebiete fördern und ihre Lebensqualität und die ländliche Bevölkerung schützen sollte, indem sie den gleichberechtigten Zugang zu Dienstleistungen und Möglichkeiten sicherstellt. Dies gilt nicht nur für die Kohäsionspolitik, sondern auch für die Agrar-, Binnenmarkt-, Wettbewerbs-, Umwelt- und Energiepolitik der EU;

27.

ist der Ansicht, dass die Strukturfonds und NextGenerationEU als Aufbaupläne dazu dienen sollten, den von Entvölkerung betroffenen ländlichen Gebieten sozioökonomische Impulse zu geben, da die negativen Auswirkungen der Pandemie die territorialen Ungleichgewichte verschärfen können. Es gilt, mit ihrer Hilfe im Hinblick auf die Digitalisierung eine hochwertige digitale Konnektivität für 100 % der Bevölkerung zu gewährleisten und im Hinblick auf den ökologischen Wandel dafür zu sorgen, dass in diesen ländlichen Gebieten in die grüne Wirtschaft, erneuerbare Energien, nachhaltigen Tourismus und die Kreislaufwirtschaft investiert und entsprechend innoviert wird;

28.

weist die Kommission darauf hin, dass es dringend geboten ist, über die langfristige Vision für die ländlichen Gebiete und die neue Territoriale Agenda 2030 hinauszugehen, um zu einer europäischen Agenda für den ländlichen Raum zu gelangen, bei der spezifische Indikatoren herangezogen werden können, die es ermöglichen, die Verwendung der Mittel der Kohäsionspolitik in den in Artikel 174 AEUV genannten Gebieten zu überprüfen (mit spezifischen Daten für Berggebiete, Inseln, ländliche Gebiete, Gebiete mit rückläufiger demografischer oder industrieller Entwicklung usw.). Solche Indikatoren müssen auf subregionaler Ebene (z. B. NUTS 3 und LAU), wo die größten Entwicklungsunterschiede bestehen, definiert und für die Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum („rural proofing“) in allen Politikbereichen der EU genutzt werden;

29.

merkt an, dass die Bewohner des ländlichen Raums für viele öffentliche und private Dienstleistungen weitere Entfernungen zurücklegen müssen als Bewohner städtischer Regionen und dass sie auf Autos oder Busverbindungen angewiesen sind, um die meisten Dienstleistungen zu erreichen, und betont — analog zum 8. Kohäsionsbericht — die Rolle kleinerer Städte und insbesondere der Kleinstädte und Dörfer, die als „regionale Zentren“ für die Menschen fungieren, die in den umliegenden ländlichen Gebieten leben und sich in diese Orte begeben, um dort Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen;

30.

muss jedoch leider feststellen, dass kleine und mittelgroße Städte in vielen Teilen Europas unter einem strukturellen Niedergang leiden, dessen Nutznießer große Metropolregionen sind. Dies geht wiederum auf Kosten ländlicher Gebiete und von Regionen, in denen die Verbindungen zwischen Stadt und Land nicht ausreichend gepflegt werden;

31.

betont, dass die neue langfristige Vision der EU für die ländlichen Gebiete bis 2040 (LTVRA) in Verbindung mit dem Pakt für den ländlichen Raum und einem EU-Aktionsplan für den ländlichen Raum Vorschläge für Sofortmaßnahmen, spezifische Ziele und Investitionen in stärkere, vernetzte, resiliente und wohlhabende ländliche Gebiete und Gemeinschaften enthalten muss, die gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und Regionen klar definiert wurden;

32.

ist besorgt darüber, dass diese zunehmende Kluft zwischen ländlichen und städtischen Gebieten zu politischer Polarisierung, einem Gefühl des Verlusts demokratischer Rechte und mangelndem Vertrauen in die nationalen Institutionen und insbesondere in die EU beiträgt, wie aus wissenschaftlichen Studien zunehmend hervorgeht;

33.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Strukturfondsmittel für CLLD und ITI für Investitionen in ländlichen Gebieten vorzusehen und für Kohärenz mit den Investitionen aus dem ELER und den Strukturfonds in diesen Gebieten zu sorgen;

34.

ist der Ansicht, dass die Plattform für die Wiederbelebung des ländlichen Raums als zentrale Anlaufstelle fungieren sollte, die ländlichen Gemeinschaften, Projektträgern und Behörden die Zusammenarbeit ermöglicht, und dass sie auch auf technischer und politischer Ebene zwischen den Behörden in ländlichen und städtischen Gebieten eingerichtet werden sollte;

35.

ist der festen Überzeugung, dass die Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum weder ein Alibi noch eine technokratische Übung sein darf, sondern dass sie in die Entwicklung aller territorial relevanten EU-Rechtsvorschriften eingebettet werden und ein partizipatives Element umfassen muss, um die potenziellen Folgen und Auswirkungen auf ländliche Gebiete zu berücksichtigen;

36.

betont, dass die langfristige Vision für ländliche Gebiete eine umfassendere Datenerhebung, Überwachung und Vorausschau in Bezug auf Partnerschaften zwischen ländlichen und städtischen Gebieten auf EU-Ebene unterstützen sollte, und zwar durch die neue Beobachtungsstelle für den ländlichen Raum oder mittels Unterstützung durch das ESPON. Diese Beobachtungsstelle sollte Daten und Analysen zu ländlichen Gebieten sammeln, um die Politikgestaltung zu unterstützen;

Vom industriellen Wandel betroffene Gebiete

37.

ist der Überzeugung, dass die Industriestrategie der EU und die COVID-19-Pandemie gezeigt haben, dass die Industrie und Industriestandorte ganz oben auf der politischen Agenda der EU stehen müssen, damit sich der Anteil der Industrie am BIP in Zukunft drastisch erhöht;

38.

weist darauf hin, dass der ländliche Charakter der Inselgebiete aufgrund der Insellage, der komplexen Demografie, des begrenzten Gebiets und der Fragmentierung bestimmte Besonderheiten und Herausforderungen mit sich bringt, die in einer langfristigen Vision für ländliche Gebiete berücksichtigt und angegangen werden müssen;

39.

hält es für notwendig, dass die Interventionen des Fonds für einen gerechten Übergang nicht nur angemessen in die Strategien der Kohäsionspolitik für intelligente Spezialisierung eingebettet werden, sondern dass vor allem die Wiederbelebung der im Niedergang befindlichen Industrieregionen Europas über die Sicherung des Zusammenhalts hinausgehen muss, sodass sie zu einem zentralen Bestandteil der Aufbau- und Resilienzfazilität und ihrer Nachfolgeprogramme wird; diese Programme sollten ebenfalls in die Kohäsionspolitik eingebettet oder zumindest in Synergie mit der Kohäsionspolitik umgesetzt werden;

40.

ist davon überzeugt, dass dies eine Chance für Gebiete ist, die sich im industriellen Wandel befinden, da es nicht mehr nur darauf ankommt, frühere Umstrukturierungen auszugleichen, sondern darum, das unterschätzte Know-how und die Vorteile dieser Regionen für eine rasche Wiederbelebung der industriellen Basis in Europa zu nutzen;

41.

ist der Ansicht, dass die Prioritäten dieser alten und neuen EU-Fonds darin bestehen müssen, Wettbewerbsfähigkeit, Weiterbildung und Umweltsanierung zu unterstützen, die Rolle von KMU sowie die Faktoren „Wissenschaft für die Industrie“ und „von der Hochschule auf den Markt“ (d. h. Ideen auf den Markt bringen) zu fördern und die Industriekultur zu stärken;

42.

betont, dass die Sanierung von Gebieten, die vom industriellen Wandel betroffen sind, ein hervorragendes Mittel sein könnte, um Zersiedlung zu bekämpfen, die Landschaft im ländlichen Raum und die biologische Vielfalt zu erhalten und auch den ökologischen Wandel zu vollziehen;

43.

ist der Überzeugung, dass diese Fonds und Interventionen nicht isoliert, sondern im Rahmen klar definierter integrierter territorialer Pläne eingesetzt werden müssen, die wiederum eine Zusammenarbeit mit vergleichbaren Regionen desselben Mitgliedstaats und der übrigen EU ermöglichen, beispielsweise nach dem Vorbild der kürzlich eingeleiteten EU-Mission „Klimaneutrale und intelligente Städte“ (8);

Regionen mit schweren dauerhaften natürlichen und demografischen Nachteilen

44.

ist besorgt über die Ergebnisse des 8. Kohäsionsberichts, in dem festgestellt wird, dass der Anteil der EU-Bevölkerung, der in einer schrumpfenden Region lebt, bis 2040 voraussichtlich 50 % erreichen wird, was sich auf die Verfügbarkeit öffentlicher Dienstleistungen, Beschäftigungsmöglichkeiten und die demokratische Legitimität der nationalen und europäischen Institutionen auswirken wird;

45.

begrüßt es, dass die Kommission im 8. Kohäsionsbericht, im Bericht über die Auswirkungen des demografischen Wandels in Europa und in den darauffolgenden Bestandsaufnahmen größeres Gewicht auf demografische Fragen legt;

46.

ist der Ansicht, dass bei den Vorschlägen bezüglich der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte, (9) die vom AdR gefordert wurden (10) und derzeit mit dem Ziel ausgearbeitet werden, dem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken, dieses Thema nicht nur aus der Perspektive des Humankapitals im Zusammenhang mit der Abwanderung in andere Mitgliedstaaten betrachtet werden darf, sondern in erster Linie auf die territorialen Folgen des Bevölkerungsrückgangs innerhalb der Mitgliedstaaten ausgerichtet sein muss;

47.

betont, dass die erste EU-weite Definition eines im demografischen Rückgang befindlichen Gebiets für die Zwecke der EU-Struktur- und Investitionsfonds, die ursprünglich vom AdR vorgeschlagen (11) und in die EFRE-Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) aufgenommen wurde, herangezogen werden sollte, um andere relevante Fonds über die Kohäsionspolitik hinaus besser räumlich auszurichten, insbesondere den Fonds für einen gerechten Übergang und die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, da all diese Fonds zu integrierten und ortsbezogenen Maßnahmen beitragen sollen;

48.

ist ferner der Auffassung, dass diese Definition regelmäßig überprüft werden sollte, um den in diesen Gebieten bestehenden Problemen Rechnung zu tragen und diese wirksam anzugehen; regt daher an, die Möglichkeit der Verwendung territorialer Klassifizierungen zu prüfen, die der tatsächlichen Problemlage in den einzelnen Gebieten besser angepasst sind, sei es auf NUTS-3-Ebene oder in einigen Fällen darunter auf der Ebene daran angrenzender lokaler Verwaltungseinheiten;

49.

sieht mit Sorge, dass nur eine kleine Minderheit der Mitgliedstaaten, Regionen und Gruppen von Regionen integrierte Strategien gegen Entvölkerung entwickelt, die integrierte Lösungen für dieses Problem bieten, einschließlich räumlich gezielter nationaler und EU-Mittel, steuerlicher/staatlicher Anreize und der Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen;

50.

weist jedoch darauf hin, dass dicht besiedelte oder stark überalterte Gebiete auch demografische Nachteile haben können, insbesondere wenn sie auch von anderen in Artikel 174 genannten Faktoren betroffen sind, wie Insellage, saisonale Wirtschaftstätigkeiten und die Notwendigkeit, das ganze Jahr über die Grundversorgung sicherzustellen, weshalb bessere Daten auf subregionaler Ebene (NUTS 3 und LAU) erforderlich sind;

51.

ist der Ansicht, dass die Kommission über die Leitlinien hinausgehen sollte, die sie für die Verwaltungsbehörden vorgelegt hat, und dies zu einem Schlüsselelement ihrer länderspezifischen Empfehlungen machen sollte, insbesondere um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten EU-Mittel zur Bewältigung dieser Herausforderung einsetzen, anstatt die bestehende Dynamik noch zu verstärken;

Inselgebiete

52.

betrachtet die Insellage als ein dauerhaftes und unveränderliches geografisches Merkmal, das mit zusätzlichen Kosten (Verkehr, Energie, Abfallbewirtschaftung, öffentliche Dienstleistungen, notwendige Güter und Dienstleistungen) einhergeht, die die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit dieser Gebiete behindern, während sie besonders stark dem Verlust an biologischer Vielfalt und dem Klimawandel ausgesetzt sind;

53.

hält es daher für bedauerlich, dass im achten Kohäsionsbericht die besondere Situation von Inselgebieten der Union nicht wirklich berücksichtigt wird;

54.

stimmt voll und ganz mit den Schlussfolgerungen des Rates überein, die der französische Vorsitz des Rates der EU vorgelegt hat, wonach „Inseln, abgelegene Gebiete und Gebiete in Randlage, auch in äußerster Randlage, mit besonders großen Herausforderungen konfrontiert sind, was auch auf erhöhte Beförderungskosten zurückzuführen ist“, und betont, dass für sie „ein inklusiver und spezifischer Ansatz erforderlich ist, um sie bei den Übergängen zu unterstützen“;

55.

begrüßt ausdrücklich den Vorschlag des Europäischen Parlaments, in dem die Europäische Kommission aufgefordert wird, eine „EU-Strategie für Inselgebiete“ mit einem Aktionsplan auszuarbeiten, um nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Innovationen zu fördern, die Umwelt und die Inselbewohner zu schützen, sowie einen „Inselpakt“, an dem alle Akteure auf verschiedenen Ebenen und sektorübergreifend beteiligt werden;

56.

ist der Ansicht, dass — im Unterschied zum Pakt von Amsterdam und den makroregionalen Strategien — der Inselpakt — ebenso wie der Pakt für den ländlichen Raum, der gerade ebenfalls ausgearbeitet wird — neue Rechtsvorschriften, neue Mittel und neue politische Ansätze erfordert, die auf diese Gebiete abgestimmt sind. Die Regel der drei „Nein“ im Hinblick auf makroregionale Strategien sollte flexibler gestaltet werden;

57.

fordert, dass in diesen Pakt ein besonderer steuerlicher/staatlicher Beihilfestatus für Inseln aufgenommen wird, um die „Inselsteuer“, d. h. die mit der Insellage verbundenen Gemeinkosten, zu überwinden;

58.

betont, dass Inselbewohner im Rahmen der Energiewende unbeabsichtigten Benachteiligungen ausgesetzt sein können, da sie für eine rasche Anpassung an den ehrgeizigen Übergang der EU zur Klimaneutralität und für Investitionen in alternative Energiequellen auf den Inseln über weniger Flexibilität verfügen, und dass der Pakt daher eine maßgeschneiderte Unterstützung durch die EU und die nationale Ebene umfassen muss;

59.

plädiert dafür, dass die europäischen Inselregionen im Rahmen dieses Pakts in die Fazilität „Connecting Europe“ und die transeuropäischen Netze für Verkehr, Energie und Digitales einbezogen werden;

60.

bekräftigt, dass die digitale territoriale Kontinuität und der digitale Zusammenhalt wesentliche Instrumente sind, um die physische Isolation von Inseln zu überwinden und eine der größten Herausforderungen zu bewältigen, mit denen Inseln konfrontiert sind, nämlich die der Demographie;

61.

schlägt vor, dass die Kommission zusätzliche Strategien und spezifische finanzielle Unterstützungsmaßnahmen für Inseln und Gebiete in äußerster Randlage entwickelt, insbesondere angesichts der unverhältnismäßigen Auswirkungen der Pandemie auf den Inseltourismus;

62.

ruft die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, Maßnahmen für die Betriebsstabilität digitaler Systeme auf den Inseln der EU zu ergreifen, damit auf einer Insel ansässige Bürger und Unternehmer EU-weit auf den Märkten tätig sein können;

63.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, beim Europäischen Jahr der Inseln 2024 mit dem AdR und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zusammenzuarbeiten, um das einzigartige sozioökonomische, natürliche und kulturelle Kapital der Inseln zu fördern;

Grenzregionen

64.

bedauert, dass die Programme der europäischen territorialen Zusammenarbeit für den Programmplanungszeitraum 2021-2027 erheblich gekürzt wurden. Dies steht nicht im Einklang mit der Tatsache, dass ein Drittel der EU-Bürger in Grenzregionen leben und dass Interreg bei der Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit als geeignetes Instrument für die Entwicklung der EU-Grenzregionen nachweislich einen europäischen Mehrwert erbracht hat;

65.

hebt die anhaltenden administrativen, rechtlichen und sprachlichen Hindernisse (grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, Arbeitnehmermobilität, Zugang zu Dienstleistungen, wie sich in der COVID-19-Krise zeigte) hervor, und zwar zwischen den Mitgliedstaaten (Land- und Seegrenzen) und innerhalb der Mitgliedstaaten, wodurch das Wachstum, die sozioökonomische Entwicklung und der Zusammenhalt zwischen und innerhalb von Grenzregionen erschwert werden;

66.

betont, dass der Mehrwert von Interreg nicht nur in der Entwicklung von (oft abgelegenen) Grenzregionen besteht, sondern auch in der Schaffung von Vertrauen unter den Menschen beiderseits der Grenze. Bürgerprojekte spielen hier eine entscheidende Rolle und sollten weiter unterstützt werden (13);

67.

fordert den Rat nachdrücklich auf, den Europäischen grenzübergreifenden Mechanismus (ECBM) nicht weiter zu blockieren, da er ein viel wirksameres Instrument als der EVTZ ist und 50 % der Hindernisse beseitigen würde, die der Entwicklung der Grenzregionen insbesondere im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung im Weg stehen, wodurch eine Wiederholung COVID-19-bedingter Grenzschließungen vermieden würde, durch die die vier Freiheiten der EU auf dem Höhepunkt der Pandemie erheblich untergraben wurden;

68.

plädiert für einen europäischen Rahmen für Grenzgänger, der zu mehr Effizienz auf den grenzübergreifenden Arbeitsmärkten in ganz Europa führen würde;

69.

stimmt der von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie zu, wonach das BIP der Grenzregionen um 2 % steigen würde, wenn nur 20 % der derzeitigen grenzbezogenen Hindernisse beseitigt würden (14);

Berggebiete

70.

ist der Ansicht, dass Berggebiete (29 % der Fläche der EU und 13 % ihrer Bevölkerung) mit dauerhaften und strukturellen Nachteilen konfrontiert sind, wie z. B. sehr hohe Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel, die Auswirkungen von Berghängen, Abgelegenheit und schlechte Zugänglichkeit, fehlende Digitalisierung (25 % der ländlichen Gebiete haben noch keinen Internetzugang), Abwanderung (insbesondere junger Menschen) und geringe Bevölkerungsdichte sowie Verlust von Unternehmen;

71.

hält für die Berggebiete einen ortsbezogenen Ansatz im Rahmen der langfristigen Vision für ländliche Gebiete für notwendig, bei dem ihre besonderen Merkmale und Bedürfnisse berücksichtigt werden;

72.

schlägt vor, die unstrittigen Grundsätze des ECBM zu überdenken und damit zu beginnen, ein Instrument für die systematische Beseitigung grenzüberschreitender Hindernisse zu entwickeln, da dies für die Verbesserung der Lebensqualität in Grenzregionen erforderlich ist;

73.

ist der Ansicht, dass die Kohäsionspolitik, insbesondere die Interreg-Programme, Bergregionen eine enorme Chance bietet, ihre Herausforderungen anzugehen und Innovation, Klimaschutz, Tourismus, Jugend, Beschäftigung und Mobilität in Berggebieten zu verbessern;

74.

erinnert an seine Empfehlungen zur Weiterentwicklung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen in Europa (15), wie etwa einen EU-Rechtsrahmen, eine bessere Koordinierung der Umsetzung von EU-Richtlinien, die Einrichtung nationaler Kontaktstellen und eine bessere Förderung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen;

75.

ist jedoch besorgt, dass Bergketten innerhalb der Mitgliedstaaten im Hinblick auf EU-finanzierte Investitionen und die Bereitstellung öffentlicher Güter nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet wird, insbesondere wenn sie sich über regionale Grenzen hinweg erstrecken;

76.

weist erneut darauf hin, dass makroregionale Strategien dabei helfen, gemeinsame Herausforderungen bestimmter Gebiete zu bewältigen, die Komplementarität verschiedener politischer Maßnahmen verbessern und einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung des territorialen Zusammenhalts zwischen Ländern und Regionen leisten; unterstreicht aber auch den Spielraum für ihre wirksamere Einbeziehung in die EU-Politik und für einen kohärenteren Ansatz zwischen den verschiedenen nationalen und regionalen Maßnahmen;

77.

erinnert daran, dass die Alpenstrategie nach wie vor die neueste makroregionale Strategie ist, aber neue Strategien für Berggebiete folgen könnten, insbesondere eine Strategie für die Karpaten. Die Alpenstrategie, die auf einem soliden institutionellen Rahmen aufbaut und eine Reihe von Initiativen umfasst, könnte als Vorbild für die Entwicklung neuer Strategien für Berggebiete dienen;

78.

weist darauf hin, dass von der Kommission finanzierte Forschungsarbeiten zeigen, dass es nach wie vor eine Diskrepanz zwischen der Programmplanung und der Umsetzung der Kohäsionspolitik gibt, die den Besonderheiten der Berggebiete nicht ausreichend Rechnung trägt;

79.

ist der Ansicht, dass das politische Ziel 5 „Ein bürgernäheres Europa“ im neuen Programmplanungszeitraum besonders gut für subregionale Strategien passt, die spezifischen territorialen Bedürfnissen wie denen von Berggebieten gewidmet sind. Wie bei den übrigen Gebieten, die in Artikel 174 AEUV genannt werden, werden die Berggebiete jedoch durch das Fehlen einer — auch nur indikativen — Zuweisung von EU-Haushaltsmitteln für dieses Ziel Nr. 5 unverhältnismäßig benachteiligt. Die Berggebiete sollten jedoch nicht von den Zielen Nr. 1 und 2 ausgenommen werden, für die mindestens 60 % der Kohäsionsmittel vorgesehen sind, doch ist dies nach wie vor eine Frage des politischen Willens der nationalen und regionalen Regierungen;

80.

stellt fest, dass die Verwaltungsbehörden subregionale Ebenen mit geografischen Besonderheiten entweder durch „interregionale Abschnitte“ in operationellen Programmen — etwa Gebirgsketten — oder durch spezifische Ausschreibungen für diese Gebiete im Rahmen umfassenderer operationeller Programme unterstützen können, oder indem sie zumindest zusätzliche Punkte für Projekte in Berggebieten vergeben.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  Entschließung des Europäischen Parlaments 2021/2079(INI).

(2)  ABl. C 306 vom 17.12.2007, S. 158.

(3)  https://cor.europa.eu/de/our-work/Pages/OpinionTimeline.aspx?opId=CDR-2615-2020

(4)  CDR 3595/2018.

(5)  enrd_report_tg_rp_a_framework_of_rural_proofing_actions.pdf

(6)  https://territorialagenda.eu/pilot-actions/

(7)  Rural proofing — a foresight framework for resilient rural communities.

(8)  EU-Mission „Klimaneutrale und intelligente Städte“ | Europäische Kommission.

(9)  Abwanderung von Fachkräften (Braindrain) — Abmilderung der mit dem Bevölkerungsrückgang verbundenen Herausforderungen (Mitteilung).

(10)  CDR 4645/2019.

(11)  CDR 3594/2018.

(12)  Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 60).

(13)  https://cor.europa.eu/de/our-work/Pages/OpinionTimeline.aspx?opId=CDR-1527-2017

(14)  https://ec.europa.eu/regional_policy/sources/reports/KN-08-22-344-EN-N.pdf

(15)  https://cor.europa.eu/de/our-work/Pages/OpinionTimeline.aspx?opId=CDR-2615-2020


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/44


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Kleinstädtische Gebiete als Schlüsselakteure für einen gerechten Übergang“

(2023/C 79/08)

Berichterstatter:

Kieran McCARTHY (IE/EA), Mitglied des Stadtrates von Cork

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

betont, dass ein europaweites intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum nur erreicht werden kann, wenn in ländlichen, stadtnahen und städtischen Gebieten Maßnahmen auf allen Ebenen ergriffen werden. 43 % der Bevölkerung der EU leben in kleinstädtischen Gebieten, rund 66 % der europäischen Stadtbevölkerung leben in Gebieten mit weniger als 500 000 Einwohnern. In der EU gibt es etwa 14 000 kleinstädtische Gebiete mit einer Einwohnerzahl zwischen 5 000 und 50 000;

2.

betont, dass kleinstädtische Gebiete in Europa in der Regel heterogen sind. Je nach Standort, territorialem Kontext und Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur weisen sie völlig unterschiedliche Merkmale (und Herausforderungen) auf (1). Dennoch ist häufig festzustellen, dass kleinere Gemeinden aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte eher mit denselben Herausforderungen wie der ländliche Raum konfrontiert sind;

3.

weist darauf hin, dass der ökologische und digitale Wandel, die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie und die Integration von Migranten, insbesondere infolge des Krieges in der Ukraine, für kleinstädtische Gebiete Herausforderungen darstellen, die zusätzlich zu den allgemeinen Problemen, vor denen Städten jeder Größe im Bereich der Entwicklung stehen (erschwinglicher Wohnraum, nachhaltige Mobilität, Bereitstellung von Dienstleistungen, demografischer Wandel, Brain-Drain, städtische Gesundheit, soziale Segregation, ökologischer Fußabdruck, Klimaschutz usw.), bewältigt werden müssen;

4.

weist darauf hin, dass der eigentliche Schlüssel für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in Europa darin besteht, die private Beschäftigung in ländlichen Gebieten (im Agrarsektor oder in anderen Sektoren) zu fördern; weist nachdrücklich darauf hin, dass das Fehlen öffentlicher Dienstleistungen (wie Bildung, Gesundheit, Konnektivität oder Mobilität) in ländlichen Gebieten zur Landflucht führt; betont daher, dass die Erbringung derartiger Dienstleistungen in ländlichen Gebieten zur Grundversorgung gehört, da sich alle anderen sektorbezogenen Maßnahmen ohne diese als unwirksam erweisen werden;

5.

erinnert daran, dass gemäß der neuen Leipzig-Charta städtische Gemeinden in der Lage sein müssen, ihre Aufgaben im Bereich der Förderung des Gemeinwohls zu erfüllen, und dass finanzielle Spielräume, multifunktionale Aufgabenprofile, politische Legitimität, öffentliches Wohlergehen auf lokaler Ebene und territoriale Durchführbarkeit für die Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben von wesentlicher Bedeutung sind. Eines der Hauptziele dieser Charta ist die Verringerung der Treibhausgas-Gesamtemissionen, wobei die Städte unter Einsatz der geeignetsten Mittel zu den einschlägigen Zielen auf nationaler und EU-Ebene beitragen müssen;

6.

nimmt die geplante Definition der „kleinstädtischen Gebiete“ (2) unter Verwendung harmonisierter Methoden und Indikatoren zur Abgrenzung dieser Gebiete zur Kenntnis, die darauf abzielt, im Einklang mit früheren Forderungen verschiedener europäischer und globaler Agenden (Neue Städteagenda der Vereinten Nationen „Habitat“, Nachhaltigkeitsziele 2030, Leipzig-Charta, Territoriale Agenda 2030 usw.) eine internationale Vergleichbarkeit zu erreichen. Sollte die Definition als Grundlage für die Verteilung von Fördermitteln genutzt werden, droht eine Benachteiligung kleiner Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwohnern;

Bevölkerungsrückgang

7.

weist darauf hin, dass nach Prognosen im Jahr 2040 voraussichtlich 51 % der EU-Bevölkerung in demografisch schrumpfenden Regionen leben werden (gegenüber 34 % im Jahr 2020), und dass ein rascher Bevölkerungsrückgang im ländlichen Raum wahrscheinlicher ist als in städtischen Regionen (11 % gegenüber 1 %);

8.

betont, dass viele kleinstädtische Gebiete Gefahr laufen, von Bevölkerungsrückgang betroffen zu werden und in der Entwicklung zurückzubleiben und so bei Europas grünem und digitalem Wandel den Anschluss zu verlieren;

9.

stellt mit Bedauern fest, dass die Kommission bei Einführung einer Definition von „städtischen Gebieten“ im Rahmen der sog. „TERCET“-Verordnung eine Folgenabschätzung als nicht notwendig erachtet hat, obwohl die Einführung weitreichende Auswirkungen auf die Verteilung von Fördermitteln hatte;

10.

weist darauf hin, dass aus dem 8. Kohäsionsbericht hervorgeht, dass sich der Bevölkerungsrückgang unmittelbar auf die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen auswirkt: Kleine und mittlere Städte, Gemeinden in ländlichen Gebieten und die dort ansässigen Unternehmen stehen dabei vor großen Herausforderungen;

11.

fordert aus diesem Grund die Kommission auf, vor der Einführung weiterer Definitionen eine Folgenabschätzung insbesondere mit Blick auf die Ziele des Artikels 174 AEUV und die Verteilung von Fördermitteln durchzuführen;

12.

unterstreicht, dass die Zuweisung von Mitteln aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds anhand von Kriterien, die über die Bevölkerungszahl oder das BIP hinausgehen, erfolgen sollte und dass die bestehenden Herausforderungen vor Ort berücksichtigt werden sollten. Die Unterscheidung sollte nicht ausschließlich auf Grundlage einer statistischen Einstufung pauschal zwischen städtischem und ländlichem Raum erfolgen;

13.

betont, dass schrumpfende Orte wie bspw. kleinstädtische Gebiete vor zahlreichen Problemen stehen, darunter u. a. eine alternde Bevölkerung, eine schwach ausgeprägte lokale Verwaltung, geringer Kapazitätenaufbau, Stagnation im Zusammenhang mit Selbstversorgung, Verschlechterung der Indikatoren für den individuellen Wohlstand und Lebensqualität, regionale, innereuropäische und globale Migration, intelligente Verkleinerung und Mangel an Investitionen in digitale Ökosysteme, Abwanderung hochqualifizierter Kräfte, Landaufgabe, zunehmende soziale Ungleichheit, sinkende Lebensqualität, industrieller Wandel und unsicheres Wirtschaftswachstum sowie zunehmende Verstädterung in größeren regionalen Zentren;

14.

weist darauf hin, dass die Bewohner des ländlichen Raums für öffentliche und private Dienstleistungen häufig weitere Entfernungen zurücklegen müssen als Bewohner städtischer Regionen, und dass sie für das Erreichen dieser Dienstleistungen auf Autos oder Busverbindungen angewiesen sind. Regionale Zentren bieten den Menschen, die in der Umgebung leben, mehr Dienstleistungen. Die Mobilitätspolitik muss territorial umfassender angelegt werden, und es bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes, der städtische, ländliche und stadtnahe Gebiete einschließt. Je kleiner die Ortschaft, desto größer sind die Auswirkungen eines regionalen Zentrums;

15.

betont, dass Städte und Dörfer für die lokale Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind, da sie mit Blick auf die Verwaltung, die Gesellschaft, die Gemeinschaft und die Erholung wichtige Funktionen erfüllen. Sie begünstigen die Bündelung lokaler Dienstleistungen, auf sie entfällt ein erheblicher Anteil an Wohnungen und Arbeitsplätzen, und sie fungieren als Verkehrsknotenpunkte (3);

16.

bekräftigt, dass viele Regionen in Randlage, einschließlich kleinstädtischer Gebiete, derzeit aufgrund fehlender digitaler Verbindungen wirtschaftlich benachteiligt sind, was die Erschließung des Entwicklungspotenzials, die Erhaltung existierender oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Eindämmung der Migration erschwert;

17.

weist darauf hin, dass im Rahmen der Marktgestaltung darauf geachtet werden sollte, wie öffentliche Stellen Dienstleistungen unterstützen oder subventionieren können, die ansonsten wirtschaftlich nicht tragfähig, aber für kleinstädtische Gebiete von wesentlicher Bedeutung sind (4);

18.

ist der Auffassung, dass kleinstädtische Gebiete häufig nicht über ausreichende Kapazitäten oder Kenntnisse verfügen, um die Herausforderungen zu bewältigen. Häufig sind die finanziellen und administrativen Kapazitäten sowie die Kooperationsmöglichkeiten begrenzt, und Beschränkungen bei Entscheidungsbefugnissen, Führungs-, Anpassungs- und Resilienzkapazitäten können akute Herausforderungen darstellen, wobei strategisch vorausschauendes Denken und innovative Lösungen von entscheidender Bedeutung sind;

19.

ist besorgt darüber, wie sich politische Unzufriedenheit geografisch manifestiert. Die Kluft zwischen Stadt und Land und die Diskrepanz zwischen den auf städtische und den auf ländliche Gebiete gerichteten politischen Maßnahmen können politisch eine Polarisierung befeuern;

Sicherstellen eines gerechten Übergangs

Aufbau grüner Kapazitäten

20.

unterstreicht, dass kleinstädtische Gebiete die treibende Kraft für den grünen, digitalen und gerechten Wandel sind, den Europa für den Aufschwung braucht. Das Streben nach klimafreundlichen funktionalen Räumen hängt weitgehend von der Fähigkeit städtischer Gemeinden ab, sich an die sich ständig wandelnden wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen und Vertrauen zurückzugewinnen;

21.

ist daher der Ansicht, dass es eines zielgerichteten Ansatzes bedarf, der den Menschen vor Ort eine positive Vision für die Zukunft vorgibt. Die langfristige Vision der Europäischen Kommission für die ländlichen Gebiete bis 2040 könnte hier hilfreich sein, auch der Pakt für den ländlichen Raum sollte die kleinen Städte im ländlichen Raum umfassend berücksichtigen;

22.

stellt fest, dass die gegenwärtig ablaufenden Veränderungen durch mangelnde Sensibilisierung und unzureichende soziale Unterstützung zum Ausgleich der Folgen des ökologischen Wandels gefährdet werden können. Auch wenn es einen Zusammenhang zwischen dem ökologischen und dem gerechten Wandel gibt, müssen beide ausgewogen sein und koordiniert werden;

23.

ist sich dessen bewusst, dass städtische Gebiete, einschließlich kleiner Ortschaften, dadurch, dass Mittel in Maßnahmen für den grünen Wandel, die Stadterneuerung, die Renovierungswelle, die Bemühungen um eine Kreislaufwirtschaft, Mobilität, energieeffiziente Gebäude, eine verbesserte Abfallbewirtschaftung, die Mobilisierung der Bürgerinnen und Bürger und die Sensibilisierung für umweltfreundliche Maßnahmen investiert werden, einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten werden;

24.

stellt jedoch fest, dass für einen erfolgreichen Übergang zu einer grünen Wirtschaft in kleinstädtischen Gebieten Weiterbildung, Umschulung und technisches Fachwissen sowie Kenntnisse über Ansätze zur Anpassung an den Klimawandel erforderlich sind. Die lokalen Behörden in kleinstädtischen Gebieten benötigen über das traditionelle Feld der lokalen Verwaltung hinaus hochqualifiziertes Personal. Der Austausch bewährter Verfahren zwischen kleinstädtischen Gebieten kann beim Übergangsprozess hilfreich sein;

25.

ist der Ansicht, dass nationale und europäische Programme die Entwicklung von Kompetenzen in kleinstädtischen Gebieten unterstützen. Dazu sind auch ausreichende Humanressourcen mit den entsprechenden Qualifikationen und der entsprechenden Ausbildung für die neuen Übergangsprozesse erforderlich. Sie können vom Wissensaustausch im Rahmen von EU-Finanzierungsprogrammen wie innovativen Maßnahmen für eine nachhaltige Stadtentwicklung, Partnerschaften im Rahmen der EU-Städteagenda, Interreg, URBACT und TAIEX profitieren, da sie bekanntermaßen nicht gleichmäßig auf kleinstädtische Gebiete in Europa verteilt sind;

26.

spricht sich dafür aus, dass die Mitgliedstaaten auf einen grundlegenden Wandel der Energieversorgungsinfrastruktur und Baunormen drängen, um die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen in kleinen und mittleren Städten zu ermöglichen, da hier ein wesentlicher Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels geleistet wird;

27.

ist überzeugt davon, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Regionen und Städte in die Lage zu versetzen, ihre Kapazitäten zum Aufbau widerstandsfähiger Gemeinschaften zu stärken, um die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen zu begrenzen. Dezentrale Energieerzeugung sowie Energieeffizienz- und Energiesparpläne auf lokaler und regionaler Ebene stellen die Umsetzung des Plans „REPowerEU“ sicher;

28.

bekräftigt, dass die Mitgliedstaaten bei der Errichtung und Förderung öffentlich zugänglicher Ladestationen für leichte Nutzfahrzeuge auch die Ziele von Artikel 174 AEUV berücksichtigen und eine Verfügbarkeit in weniger dicht besiedelten Gebieten sicherstellen müssen;

Schaffung von Mechanismen für einen gerechten Übergang

29.

fordert, dass im Rahmen der Umsetzung des Fonds für einen gerechten Übergang die Unterstützung kleinstädtischer Gebiete innerhalb der vorab bereits festgelegten Regionen ein Ziel sein sollte, um so die am stärksten vom Übergang zur Klimaneutralität betroffenen Gemeinden unterstützen zu können;

30.

fordert, dass mit dem Fonds für einen gerechten Übergang kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden, damit sie sich weiterentwickeln und attraktive und dynamische Standorte schaffen können;

31.

fordert die Förderung von Projekten zur sozialen Inklusion und Maßnahmen für schutzbedürftige Gruppen oder bedürftige Bürgerinnen und Bürger, da es möglich ist, dass deren Bedürfnisse in kleinstädtischen Gebieten umfangreicher sind und die Vernetzung geringer ist;

Gestaltung des digitalen Wandels

32.

betont erneut, dass bei den für Städte konzipierten Strategien (wie die Leipzig-Charta) der digitale Wandel berücksichtigt werden sollte, da die Digitalisierung ein wichtiges branchenübergreifendes Element ist, das die nachhaltige Entwicklung der Städte in Bezug auf städtische Mobilität, Energieeffizienz, Telearbeit, nachhaltigen Wohnraum, Einzelhandel und öffentliche Dienstleistungen beeinflusst;

33.

weist darauf hin, dass in allen EU-Mitgliedstaaten eine erhebliche digitale Kluft zwischen Stadt und Land besteht, was zum großen Teil auf die geringeren Einnahmeerwartungen für Anbieter von Breitbandbanddiensten zurückzuführen ist, die mit dem Ausbau der digitalen Infrastruktur in weniger dicht besiedelten Gebieten verbunden sind. Der jüngste Anstieg der Telearbeit und der IKT-gestützten mobilen Arbeit könnten jedoch eine Möglichkeit für die künftige Entwicklung ländlicher Gebiete eröffnen; betont in diesem Zusammenhang, dass schnelles Internet für alle in der Europäischen Union, auch die Menschen in ländlichen und abgelegenen Gebieten, eine Voraussetzung für die Nutzung digitaler Dienste ist;

34.

empfiehlt den Mitgliedstaaten, im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne sowie der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) in Projekte für intelligente Dörfer zu investieren und digitale Lösungen zur Optimierung der Konnektivität, des täglichen Lebens und der Dienstleistungen in kleinstädtischen Gebieten umzusetzen;

35.

betont die Notwendigkeit stärkerer Verbindungen zwischen städtischen und ländlichen Gebieten als Voraussetzung für eine ausgewogene Entwicklung aller Formen städtischer Gebiete und als Katalysator für eine kohärentere territoriale Entwicklung;

36.

fordert, dass zur Unterstützung der elektronischen Behördendienste mit Blick auf eine schlankere öffentliche Verwaltung und zur Digitalisierung der Dienste im Sinne einer größeren Benutzerfreundlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger Möglichkeiten zur Synchronisierung öffentlicher Dienstleistungen auf kommunaler Ebene sondiert werden;

Ausbau von Wohnraumkapazitäten

37.

weist darauf hin, dass es derzeit erhebliche Ungleichheiten in Bezug auf die Verfügbarkeit und den Zugang zu angemessenem Wohnraum in Städten und kleinstädtischen Gebieten gibt, insbesondere für junge Menschen, Familien mit Kindern (einschließlich Alleinerziehender), Migranten und Menschen mit Behinderungen;

38.

fordert die Mitgliedstaaten auf, im Zusammenhang mit leerstehendem Wohnraum steuerliche Anreize zu fördern, um den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu verbessern und Bürgerinnen und Bürgern einen Anreiz zu bieten, in kleine, von Bevölkerungsrückgang betroffene Orte zu ziehen, um dort zu leben;

Neues Europäisches Bauhaus (NEB)

39.

würdigt die Bemühungen der Europäischen Kommission, mit ihrer Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für lokale Initiativen im Rahmen des neuen Europäischen Bauhauses einen besonderen Schwerpunkt auf kleinstädtische Gebiete und mittelgroße Städte zu legen, und verweist auf den Vorschlag, im Rahmen der künftigen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Zusammenhang mit der Europäischen Stadtinitiative ein NEB-Labor-Gutscheinsystem einzuführen;

Eine langfristige Vision für die ländlichen Gebiete der EU

40.

weist darauf hin, dass die EU eine ausgewogenere territoriale Entwicklung erreichen kann, indem sie eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen städtischen und ländlichen Gebieten unterstützt und erleichtert und dabei die in der Vergangenheit bestehenden Unterschiede, die eher einen Keil zwischen städtische und ländliche Gebiete getrieben haben, hinter sich lässt;

41.

betont, dass bei der Entwicklung der Agenda für den ländlichen Raum die Städteagenda für die EU und der Grundsatz „bessere Finanzierung, bessere Rechtsetzung und bessere Kenntnis“ zugrunde gelegt werden sollten. Die Umsetzung sollte im Rahmen thematischer ebenen- und branchenübergreifender Partnerschaften erfolgen;

42.

weist darauf hin, dass es offenkundig einer besseren Koordinierung zwischen den Politikbereichen in Bezug auf ländliche, stadtnahe und städtische Gebiete bedarf. Im Rahmen eines besser koordinierten Ansatzes sollte aktiv auf Synergien und den Mehrwert der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen ländlichen und städtischen Akteuren abgezielt werden, da dies ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Förderung ortsbezogener Innovationen und experimenteller Erprobung ist;

43.

schlägt vor, dass die Europäische Kommission die Dimension kleinstädtischer Gebiete bei der Prüfung der Auswirkungen von Maßnahmen auf den ländlichen Raum berücksichtigt, und bekräftigt das Angebot des AdR einer Zusammenarbeit in diesem Bereich. Eine Abschätzung der Auswirkungen auf territorialer und ländlicher Ebene sollte zu einem obligatorischen Bestandteil des politischen Entscheidungsprozesses werden;

44.

empfiehlt, im Rahmen bestehender territorialer Strategien der EU wie bspw. der Territorialen Agenda 2030, der neuen Leipzig-Charta und der Umsetzung einer neuen Generation von Partnerschaften im Rahmen der EU-Städteagenda weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu prüfen und so den Schwerpunkt auf Stadt-Land-Fragen zu setzen;

45.

bemüht sich um die Förderung strategischer Partnerschaften zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Kleinstädtische Gebiete können Partnerschaften besser fördern und gemeinsame Ziele in traditionellen und innovativen Branchen besser erreichen, wenn Ressourcen gebündelt, Strategien entwickelt und Vereinbarungen auf großstädtischer Ebene getroffen werden;

Finanzierung und wirtschaftliche Erholung

46.

erinnert daran, dass lokale Steuerautonomie und finanzielle Kapazitäten Schlüsselfaktoren für die Gewährleistung der Effektivität öffentlicher Investitionen und für die Gestaltung der regionalen Entwicklungspolitik sind. Sie geben städtischen Gebieten mehr Möglichkeiten, ihre eigene Entwicklung zu steuern. Zentral auferlegte Beschränkungen bergen die Gefahr einer sinnentleerten lokalen Selbstverwaltung;

47.

betont, dass die Größe der Gemeinden häufig Einfluss auf ihre finanziellen Möglichkeiten hat. Kleinere Orte sind häufig außerstande, ausreichende Finanzmittel für die von ihnen anvisierten Aufgaben zu mobilisieren;

48.

betont, dass die Kohäsionspolitik als wichtiges Investitionsinstrument vor Ort angesehen werden sollte, mit dem sich Hebelwirkungen zwischen öffentlichen und privaten Mitteln erreichen lassen;

49.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass auch kleinstädtische Behörden Zugang zu den 8 % der EFRE-Mittel haben, die auf nationaler Ebene für die Finanzierung nachhaltiger und integrierter Stadtentwicklungsprojekte bestimmt sind; zusätzliche Schwellenwerte mit Blick auf die Bevölkerung sind zu vermeiden;

50.

spricht sich für die Nutzung integrierter territorialer Instrumente auf der Ebene lokaler Verwaltungseinheiten (LAU) aus, z. B. der mit Kohäsionsmitteln und anderen EU-Fonds finanzierten Instrumente, mit dem Ziel einer Bündelung der Investitionen und ihrer Ausrichtung an den realen Gegebenheiten;

51.

bekräftigt seine Enttäuschung über die mangelnde Einbeziehung der lokalen und regionalen Ebene in die Gestaltung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, die in der Umsetzungsphase zu einem Rebound-Effekt führt; spricht sich in diesem Zusammenhang gegen den Vorschlag der Kommission aus, Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds in die Aufbau- und Resilienzfazilität umzuschichten, um REPowerEU zu finanzieren; lehnt jeden Versuch ab, Mittel der Regionen abzuzweigen und bedingungslos an die nationale Ebene umzuleiten, da dies gegen die Grundsätze der EU und die Vereinbarungen über die geteilte Mittelverwaltung verstößt;

52.

schlägt vor, auf die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne zurückzugreifen, um Daten zu erheben, die zur Umsetzung öffentlicher Maßnahmen und einer bürgernahen Verwaltung genutzt werden könnten;

Aufbau territorialer Kapazitäten

53.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die neue Definition der Gebiete (die von Bevölkerungsrückgang und demografischem Wandel betroffen sind) als Querschnittsthema der öffentlichen Politik, das integrierte und ortsbezogene Maßnahmen erfordert, in die EFRE-Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) aufzunehmen;

54.

schlägt vor, dass die Europäische Kommission integrierte territoriale Investitionen (ITI) und von der örtlichen Bevölkerung betriebene Maßnahmen zur lokalen Entwicklung über eine Reihe von Peer-to-Peer-Aktivitäten im Rahmen der Europäischen Stadtinitiative fördert, da dies bei der Bewältigung territorialer Herausforderungen wie des Bevölkerungsschwundes ein geeignetes Instrument zur Unterstützung kleiner und mittlerer städtischer Behörden ist;

55.

fordert die Europäische Kommission im Sinne eines spürbareren Einflusses der EU auf das Leben von Menschen in kleinen (städtischen und ländlichen) Ortschaften nachdrücklich auf, eine Kommunikationskampagne vorzulegen, mit der der geografischen Unzufriedenheit mit der EU entgegengewirkt werden soll;

56.

fordert für kleinstädtische Gebiete möglichst unkomplizierte Verwaltungsanforderungen und Zugangsmodalitäten zu Projekten im Rahmen verschiedener europäischer Fonds, was auch einem integrativen Ansatz zur Verknüpfung verschiedener EU-Fonds förderlich wäre. Hierzu sollten Programme mit geteilter Mittelverwaltung grundlegend dezentralisiert und die Rolle der regionalen Verwaltungsbehörden gestärkt werden, um einen Bottom-up-Ansatz für die Finanzierung von Kleinstädten und ländlichen Gebieten zu fördern;

57.

ruft die Europäische Kommission auf, alle öffentlichen Verwaltungen in kleinstädtischen Gebieten bei der Suche nach möglichen Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen des ökologischen, digitalen und demografischen Wandels zu unterstützen. Zudem sollten in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehende gebietsübergreifende Einheiten (Départements, Landkreise, Powiats, Județe usw.) dabei unterstützt werden, im Sinne des Subsidiaritätsprinzips eigene Kapazitäten zur Beratung kleiner Gemeinden aufzubauen. Zur Unterstützung dieser Tätigkeit sollten alle lokalen Gebietskörperschaften einen Beauftragten für EU-Angelegenheiten/EU-Finanzmittel haben;

58.

fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Vorkehrungen für eine technische Unterstützung der Gemeinden über den Verlauf des gesamten Projektzyklus zu treffen;

59.

fordert die Kommission auf, im Rahmen der neuen Europäischen Stadtinitiative die Möglichkeit zu prüfen, kleinstädtische Gebiete vor Ort zu betreuen, und schlägt vor, dass die künftigen nationalen Kontaktstellen der neuen Europäischen Stadtinitiative als Vermittler für die Unterstützung kleinstädtischer Gebiete fungieren;

60.

betont, dass für kleinstädtische Gebiete die Beteiligung an der strategischen Entscheidungsfindung schwierig sein kann, da sie nur über geringe administrative Ressourcen verfügen und Probleme haben, komplexe Multi-Level-Governance-Prozesse wie Finanzierungen mit EU-Mitteln zu bewältigen;

61.

stellt fest, dass die Zusammenarbeit für kleinstädtische Gebiete von wesentlicher Bedeutung ist. Dies umfasst die Zusammenarbeit mit benachbarten Gebieten, um übergreifende Probleme anzugehen, oder die Bündelung von Kräften, damit die notwendige territoriale „kritischen Masse“ erreicht wird;

62.

betont, dass kleinstädtische Gebiete mit Blick auf wichtige gesellschaftliche Veränderungen wie den grünen und den digitalen Wandel häufig auf die Unterstützung ihrer Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen angewiesen sind, da sie alleine nicht über die Mittel zur Durchführung und Finanzierung dieser sozialen Innovationsprozesse verfügen;

63.

weist darauf hin, dass engagierte lokale Gemeinschaften nicht nur die lokale Identität, die soziale Innovation und den Zusammenhalt stärken, sondern in Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs oder des Wandels auch die Zusammenarbeit fördern;

Schlussfolgerungen

64.

kommt zu dem Schluss, dass für kleinstädtische Gebiete eine klare, allgemein anerkannte Definition erforderlich ist. Zur Gestaltung der vielschichtigen Prozesse ihres Wandels und zur Entwicklung langfristiger Perspektiven benötigen sie die entsprechende Verwaltungskapazität. Darüber hinaus benötigen sie Wissen, politische Koordinierungsfähigkeit und Möglichkeiten zur Mobilisierung von Menschen, Ressourcen und EU-Finanzierungsprogrammen.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  Eine genauere Definition kleiner und mittlerer städtischer Gebiete beruht auf einer Kombination der Ergebnisse des Forschungsprojektes „TOWN (Kleine und mittlere Städte und ihre Funktion im territorialen Kontext)“, das 2014 im Rahmen des ESPON-Programms durchgeführt wurde, und der Ergebnisse der von der OECD und der Europäischen Kommission vorgelegten Klassifizierung des Urbanisierungsgrades (der auf der Bevölkerungsdichte und der Größe eines städtischen Ballungsraums beruht). Kleine und mittelgroße städtische Gebiete werden als zusammenhängende städtische Cluster mit 5 000 bis 50 000 Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von über 300 Einwohnern/km2 definiert, die nach der Klassifizierung des Urbanisierungsgrads für lokale Verwaltungseinheiten (DEGURBA) nicht als städtische Cluster mit hoher Bevölkerungsdichte (High Density Urban Clusters) gelten (ESPON, 2014).

(2)  Gemäß der von der Statistikkommission der Vereinten Nationen am 5. März 2020 angenommenen Empfehlung zur methodischen Abgrenzung von Städten, städtischen und ländlichen Gebieten zum Zweck der internationalen statistischen Vergleichbarkeit („A recommendation on the method to delineate cities, urban and rural areas for international statistical comparisons“), die von der Europäischen Kommission (Eurostat und GD Regionalpolitik und Stadtentwicklung) zusammen mit der ILO, FAO, OECD, UN-Habitat und der Weltbank erstellt wurde.

(3)  OECD-Bericht „Access and Cost of Education and Health Services: Preparing regions for demographic change“.

(4)  Siehe Projekt „ROBUST“ im Rahmen von „Horizont 2020“, www.rural-urban.eu.

(5)  Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 60).


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/51


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Eine neue Innovationsagenda für Europa“

(2023/C 79/09)

Berichterstatter:

Marku MARKKULA (FI/EVP), Präsident der Region Helsinki

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine neue europäische Innovationsagenda

COM(2022) 332 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR),

Die Innovationsagenda ist von entscheidender Bedeutung, weil sie zu einem beschleunigten Wandel beitragen kann

1.

begrüßt die neue europäische Innovationsagenda zur Förderung innovativen Denkens und Handelns mit dem Ziel, dass Europa in den Bereichen Wissenschaft, industrielle Basis, dynamische Ökosysteme für Start-up-Unternehmen, Rahmenbedingungen für Innovation und Angebot an qualifiziertem Personal führend wird; betont, dass die ehrgeizigen innovationspolitischen Ziele der EU erreicht werden können, wenn eine Fragmentierung vermieden und effektive Maßnahmen durch eine wirksame Zusammenarbeit zwischen Industrie, Wissenschaft, gesellschaftlichen Initiativen sowie Regional- und Kommunalverwaltungen auf lokaler, regionaler und transregionaler Ebene koordiniert und dabei gesellschaftliche Herausforderungen beispielsweise infolge des Klimawandels, der Notwendigkeit größerer Resilienz gegenüber Gesundheitsgefahren und des digitalen Wandels angegangen werden;

2.

ist jedoch der Auffassung, dass in der Mitteilung neue Gebiete oder ein tiefer gehender Ansatz für Innovation in der EU-Strategie hätten vorgeschlagen werden sollen. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen (Globalisierung, Umwelt, Gesundheit, Bevölkerungsalterung, Entvölkerung weiter ländlicher Gebiete und Frieden/Krieg) sollte die Kommission Lehren aus den Krisen ziehen, unkonventionelle Lösungen erwägen und unter anderem eine Debatte darüber eröffnen, welche Art von Innovation eine widerstandsfähige europäische Gesellschaft benötigt. Besonders wichtig ist es, den Schwerpunkt stärker auf gesellschaftliche und soziale Innovationen zu legen. Das gilt sowohl für Innovationen, die unmittelbar mit den vorgenannten Herausforderungen in Zusammenhang stehen, als auch für solche, die mit anderen Herausforderungen verbunden sind, wie z. B. der Beschäftigung, insbesondere junger Menschen;

3.

schlägt vor, dass die Europäische Kommission die neue Innovationsagenda für Europa unverzüglich um weitere Maßnahmen ergänzt, die sich auf gesellschaftliche, soziale und energiepolitische Fragen konzentrieren, und diese Maßnahmen integriert, um den gesellschaftlichen Wandel hin zu nachhaltigem Wachstum zu beschleunigen;

4.

weist darauf hin, dass die Strategien klare Ziele zur Überwindung des zweifachen Innovationsgefälles umfassen müssen: In mehreren innovationspolitischen Bereichen liegt Europa weit hinter den Weltmarktführern USA und Asien zurück, und innerhalb der EU wird der entscheidenden Bedeutung der Innovationsfähigkeit in vielen Regionen nicht ausreichend Rechnung getragen, was sich darin zeigt, dass die wirtschaftlich stärksten Regionen eine bis zu neunmal größere Innovationskraft als die leistungsschwächsten Regionen haben; weist darauf hin, dass nicht alle Regionen über die gleichen technischen Kapazitäten, Humanressourcen und Finanzmittel verfügen, um ihre Innovationsleistung zu verbessern;

5.

betont, dass die Umsetzung der neuen Innovationsagenda konsequentere Maßnahmen erfordert, als sie die EU in der Regel im Rahmen ihrer europaweiten politischen Initiativen ergreift, und dass die Innovationsprozesse systematischer und von größerer Risikobereitschaft geprägt sein müssen. Die Ziele müssen klar formuliert, realistisch, anspruchsvoll und messbar sein: Es gilt, ihre Wirkung zu verdoppeln und die Durchlaufzeit zu halbieren;

6.

betont, dass die Innovationsagenda für die gesamte EU ein entscheidendes Signal für konkrete wirksame (sofortige sowie langfristige) Maßnahmen zur Überwindung des in mehrfacher Hinsicht auftretenden Innovationsgefälles und zur Förderung lokaler und regionaler ortsbezogener Innovationsökosysteme sein muss;

7.

stimmt mit der Europäischen Kommission darin überein, dass die neue Welle der Innovation (technologieintensive Innovation) auf modernsten Erkenntnissen der Wissenschaft, der Technologie und des Ingenieurwesens beruht und oftmals eine Kombination aus Fortschritten in den Bereichen Physik, Biologie und IT umfasst und das Potenzial für transformative Lösungen zur Bewältigung globaler Herausforderungen hat; ist der Ansicht, dass diese neue Welle auf beschleunigte multidisziplinäre Ko-Kreationsprozesse abzielen muss, welche die gesellschaftliche (1) und soziale (2) Innovation fördern, um den Wohlstand und das Wohlergehen des Einzelnen und der Gesellschaft zu stärken, und dass diese Maßnahmen den menschlichen Aspekten umfassend Rechnung tragen werden, damit Europa die Entwicklung der weltweiten unternehmerischen Führungsmentalität besser nutzen kann;

8.

begrüßt die Anerkennung der Pilotmaßnahme „Partnerschaften für regionale Innovation (PRI)“ und insbesondere ihrer Rolle bei der Förderung von über Regionen hinweg verknüpften, vernetzten regionalen Innovationstälern für technologieintensive Produkte sowie von interregionalen Innovationsinvestitionen;

9.

bedauert, dass die Europäische Kommission die Gelegenheit versäumt hat, zu betonen, dass die lokalen Innovationsökosysteme und der Europäische Forschungsraum über dessen Hubs eng miteinander verknüpft werden sollten (3);

10.

fordert die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, im Rahmen des EFR-Aktionsplans verstärkt EFR-Hubs einzurichten, damit FEI-Partnerschaften und -Maßnahmen bei den lokalen und regionalen politischen Entscheidungsträgern ganz oben auf die Agenda gesetzt werden;

Warum sind Innovation und eine Führungsrolle der EU im Bereich technologieintensive Innovation heute entscheidender denn je?

11.

hebt Europas Potenzial hervor, hinsichtlich Innovation eine weltweite Führungsrolle in folgenden Bereichen zu übernehmen: erneuerbare Energien, CO2-armer Wasserstoff, Batterien, digitale Technologien, Drohnen und künstliche Intelligenz (KI), Hochleistungsrechentechnik, Halbleiterproduktion und -design, wirtschaftliche Gemeingüter, Gesundheit und Lebensmittel, innovationsfördernde Auftragsvergabe sowie Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschulen im Rahmen von EU-Programmen; weist ferner darauf hin, dass EU-Unternehmen bei hochwertigen grünen Patenten und bei grünen Patenten in energieintensiven Industriezweigen weltweit führend sind. Darüber hinaus erscheint in der EU ein Fünftel aller globalen Publikationen von höchster Qualität. Allerdings kann die EU nur dann eine weltweite Führungsposition im Bereich Unternehmen und FEI einnehmen, wenn zahlreiche ehrgeizige Politikinstrumente vollständig umgesetzt werden;

12.

betont, dass Erfolge nur durch die Verknüpfung lokaler/regionaler Maßnahmen erzielt werden können; unterstreicht, dass Europa bei der Finanzierung des gesamten Innovationsprozesses nach wie vor hinter den USA und China zurückliegt. Private Investitionen nehmen zwar rascher zu als anderswo, jedoch sind die Risikokapitalgeber in Europa anders als in den USA und China noch relativ risikoscheu gegenüber umfangreichen Investitionen;

13.

fordert, aus den bisherigen zwölf Innovationsagenden der EU der letzten Jahrzehnte Lehren zu ziehen, da sie die Innovationsmodelle in folgenden Bereichen nicht hinreichend verändert haben:

Umstellung auf zweckorientierte Kreativität und Innovationskultur;

Umstellung von relativ engen Clustern auf echte offene Innovationsökosysteme;

Entwicklung der unternehmerischen Führungsmentalität;

Förderung gezielter Programme, die bereits in Schulen zum Einsatz kommen und bei denen Frauen und Mädchen besonders berücksichtigt werden;

anhaltende Konzentration auf Start-ups zulasten von Scale-ups und Wachstumsunternehmen;

Verstärkung des Wissensmanagements, der Koordinierung und der Synergien zwischen den Vorhaben;

Kooperation hinsichtlich lokaler/regionaler Innovation, ortsbezogener und thematischer Ökosysteme;

Benchmarking und vergleichende Lernprozesse in Bezug auf vorbildliche Verfahren sowie systemische Transformationskonzepte auf globaler Ebene;

Austausch von Synergien und Wissen zwischen EU-Programmen und weiteren Initiativen zur Schließung der Innovationslücken;

Schaffung von europäischen Partnerschaften und einer Multi-Level-Governance und Anstoß eines systemischen Wandels;

14.

ruft die Städte und Regionen auf, einen zielorientierten Ansatz zur Bewältigung entscheidender gesellschaftlicher Herausforderungen zu verfolgen und ihre eigenen Ziele wie die Initiative „Der Grüne Deal — Going local“, Digitalisierungsfahrpläne und -aktionspläne festzulegen. Diese sollten regionale Strategien für intelligente Spezialisierung berücksichtigen und öffentliche wie private Finanzierungsinstrumente der EU sowie der nationalen, regionalen und lokalen Ebene nutzen. Die Stärkung von Synergien zwischen dem EFRE, dem Programm „Digitales Europa“ und dem Programm Horizont ist unverzichtbar, insbesondere zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen KMU, Universitäten, Technologiezentren sowie Forschungs- und Innovationseinrichtungen. Der Ausbau des Netzes europäischer digitaler Innovationszentren (EDIH) trägt zur Abstimmung der regionalen Innovationsökosysteme sowie zur Schaffung europäischer Korridore und Netze im Hinblick auf eine globale Führungsrolle bei;

15.

verweist auf erfolgreiche Initiativen und bewährte Verfahren von Städten und Regionen, darunter EU-Kampagnen mit dem AdR, z. B. Bürgerdialoge, Innovationscamps, Europäische Unternehmerregionen und die Initiative „Science Meets Regions“, die gezeigt haben, wie die lokale Einbettung zu einem problemorientierten Dialog mit den lokalen Netzwerken verschiedener Akteure zur Überwindung institutioneller Hindernisse und Denkbarrieren bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen beiträgt;

16.

weist darauf hin, dass technologieintensive Innovation auf den gesellschaftlichen Fortschritt abzielt und dem Konzept der sozialen Akzeptanz und des sozialen Nutzens Rechnung getragen werden muss. Dies setzt voraus, dass mehr öffentliche und private FEI-Investitionen getätigt werden, um Technologieneutralität zu erreichen und die Abhängigkeit von einer konkreten Technologie zu vermeiden. betont, dass die gesellschaftliche Innovation Problemlösungskapazitäten und unternehmerische Aspekte umfasst, wenn es darum geht, Disruption zu bekämpfen, um einen Mehrwert zu schaffen und Rückschläge und negative Kosten für die Gesellschaft zu vermeiden. Bei der Umsetzung der Innovationsagenda muss deshalb stärker auf alle Akteure im Bereich FEI, einschließlich der Bürgerinnen und Bürger, und generell auf das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft und die erforderlichen Prozesse der Mitgestaltung geachtet werden;

17.

weist darauf hin, dass globale Wissensnetzwerke und kollaboratives Lernen von wesentlicher Bedeutung sind und dass lokale Akteure internationaler Netzwerke wie global vernetzte Wissenschaftler, Unternehmen und nichtstaatliche Organisationen deshalb das einschlägige Wissen und potenzielle Lösungen von außen in die örtlichen Gegebenheiten einbringen können und sollten;

18.

betont, dass Strategien für intelligente Spezialisierung eine zentrale Rolle bei der Stärkung regionaler Innovationsökosysteme spielen, wenn es darum geht, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum besser zu fördern sowie gesellschaftliche Herausforderungen nach einem Bottom-up-Ansatz kollaborativ und entsprechend den jeweiligen Gegebenheiten mit den bewährtesten Lösungen zu bewältigen; begrüßt Bemühungen wie die der Vanguard-Initiative, auf Komplementaritäten in Strategien für intelligente Spezialisierung basierende europäische Wertschöpfungsketten in der Industrie zu schaffen;

19.

ist der Auffassung, dass Vielfalt in den Führungs- und Managementstrukturen der Innovationssteuerung zugutekommt, da sich so Verhaltensweisen und Managementpraktiken herausbilden, die den Übergang zum Unternehmergeist und zu einer lernenden Gesellschaft fördern, die für alle Generationen und über Grenzen hinweg funktioniert und in puncto Ko-Design, Zusammenarbeit, Wissensaustausch und faktengestützter Entscheidungsfindung effektiv ist;

20.

ist der Ansicht, dass die EU-Ebene eine entscheidende Rolle bei der Schaffung der Voraussetzungen für die Ausweitung, gemeinsame Nutzung und auf Zweck und Wirkung ausgerichteten Normierung und zugleich bei der Vermeidung einer Regulierung mit technologischem Lock-in-Effekt spielen kann, wenn technologische Lösungen für ein gesellschaftliches Problem umfassend unterstützt werden und sich bewähren (z. B. bei der Verzahnung des grünen und des digitalen Wandels). Diese Unterstützung kann durch ein verstärktes Engagement der Bürger unter Einsatz unterschiedlicher Kommunikationsinstrumente noch verstärkt werden;

21.

weist erneut darauf hin, dass zunehmend eine gemeinsame Entwicklung gezielter Innovationsstrategien in Regionen und Branchen nötig ist, was schnellere Fortschritte bei technologieintensiven Innovationen, der Verzahnung von grünem und digitalem Wandel sowie bei den Nachhaltigkeitszielen erfordert;

Die Art der Innovation: ortsbezogen, strukturell, transformativ, wirkungsorientiert

22.

bekräftigt, dass die europäische Innovationspolitik zusammen mit der europäischen Forschungspolitik dafür sorgen muss, dass hochwertige Wissenschaft möglich ist, um Innovation zu fördern sowie die Gesellschaft und die Unternehmen bei der Bewältigung der Krisen und Herausforderungen zu unterstützen, mit denen heute alle Städte und Regionen der EU konfrontiert sind; unterstreicht die nach wie vor wichtige Rolle der europäischen Regionalförderung über EFRE und den Fonds für einen gerechten Übergang; fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, der Erklärung der Europäischen Kommission (4) Rechnung zu tragen, wonach der Rechtsrahmen für kohäsionspolitische Fonds mit geteilter Mittelverwaltung und Fonds mit direkter Mittelverwaltung für den Zeitraum 2021-2027 verstärkte Synergien zwischen dem EFRE und Horizont Europa ermöglicht;

23.

stellt fest, dass der gemeinsame Aktionsplan der Europäischen Kommission und des AdR in den Bereichen Forschung, Innovation, Bildung und dafür erforderliche Maßnahmen zur Steigerung des europaweiten Wissensflusses und kollaborativen Lernens bei der Politikgestaltung Forschern, Unternehmern und der Zivilgesellschaft die Konsolidierung ihrer regionalen Forschungs- und Innovationsökosysteme und die umfassende Integration in ein gesamteuropäisches Exzellenznetz ermöglicht;

24.

weist darauf hin, dass die EU-Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (die vor allem für den Wiederaufbau nach der COVID-19-Krise und den wirtschaftlichen Wiederaufschwung bestimmt sind) und aus dem Fonds für einen gerechten Übergang (der vor allem Kohleregionen und die anderen vom Übergang zur Klimaneutralität am stärksten betroffenen Regionen unterstützen soll) noch nicht ihre volle Wirkung bei der Förderung von Innovationen entfalten können, vor allem weil die Verfahren zur Inanspruchnahme der Mittel sehr langsam sind und strengen EU Vorschriften für staatliche Beihilfen unterliegen;

25.

betont die Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und des AdR, der es den Bürgern und ihren demokratisch gewählten Vertretern ermöglicht, Einfluss auf die Richtung und den Zweck der Innovation zu nehmen und als Nutzer und Innovatoren zugleich Lösungen zu entwickeln. Hierbei ist es wichtig, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in jeder Form zu befähigen und unterstützen sowie zu gewährleisten, dass sie gut für die Innovationsförderung auf lokaler Ebene gerüstet sind;

26.

hält eine stärkere Verknüpfung der Innovationsagenda und der Agenda für bessere Rechtsetzung für erforderlich, indem die jüngsten Erkenntnisse des RegHub-Netzes des AdR für die öffentliche Auftragsvergabe (5) genutzt, Hindernisse für öffentliche Investitionen abgebaut (6) sowie die Akteure der lokalen und regionalen Entwicklung in Bestrebungen für innovative und innovationsfördernde Regulierungslösungen eingebunden werden. In diesem Zusammenhang ist das Konzept der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gemeingüter für die Integration beider Agenden von wesentlicher Bedeutung;

27.

fordert hinsichtlich der EU-Forschungspolitik, der politischen Agenda für den EFR und des EFR-Forums, die Entscheidungsfindung offener zu gestalten, die Bürgerinnen und Bürger als aktive Mitwirkende und Akteure zu behandeln und dabei den Beitrag des AdR und der regional vernetzten Interessenträger umfassend zu berücksichtigen. Dies bedeutet, den öffentlichen Wert von Wissenschaft und Innovation bei der Auswahl der von der EU zu bewältigenden Herausforderungen stärker in den Mittelpunkt zu stellen und zugleich für die öffentliche Unterstützung zu sorgen, die für die weitere Entwicklung und Umsetzung erforderlich ist;

Spezifische Punkte zu den fünf Leitinitiativen

Leitinitiative zur Finanzierung von Scale-ups im Bereich technologieintensive Innovation

28.

stellt fest, dass die meisten europäischen Länder über einen funktionierenden, auf staatlich gestützte Märkte für Risikokapital und privates Beteiligungskapital basierenden Finanzmarkt verfügen und dass der vorgeschlagene Fonds des Europäischen Innovationsrats (EIC), aus dem öffentliche Zuschüsse und „geduldige“ Kapitalbeteiligungen bereitgestellt werden, den Markt bereichern und keineswegs beeinträchtigen sollte;

29.

betont, dass Initiativen finanziert werden müssen, die günstige Bedingungen für die lokale Verankerung neuer und innovativer Technologieunternehmen zu schaffen, um vor Ort Synergien zu nutzen und zusätzliche Komplementaritäten mit weiteren lokalen Akteuren wie Forschungseinrichtungen und anderen Unternehmen zu entwickeln;

30.

ist der Auffassung, dass eine solidere Verknüpfung zwischen Forschung und Innovation eine wirksame Verbreitung der Ergebnisse der Projekte des Forschungsprogramms Horizont umfassen sollte, mit besonderem Schwerpunkt auf ihrem Wert für die Verbesserung der regionalen Innovationsökosysteme und das Wissensdreieck (Forschung und Bildung und Innovation) sowie auf dem täglichen Leben der Städte, Regionen und Bürger, insbesondere in Bezug auf Beschäftigung und Wohlergehen; betont, dass die Ergebnisse der Horizont-Forschungsprojekte über offene institutionelle Datenportale verbreitet werden müssen;

31.

bekräftigt, dass der EIC und sein Portfolio der Industrie, den Start-up- und Scale-up-Unternehmen sowie den KMU in ganz Europa kaum bekannt sind. Der Zugang zu seinen Dienstleistungen sollte einfacher und nutzerfreundlicher sein;

32.

ruft dazu auf, dass der EIC-Fonds als Katalysator mit einem langen, jedoch begrenzten Zeithorizont fungiert, und fordert nachdrücklich die Möglichkeit eines erfolgreichen Ausstiegs durch Börsengänge (Initial Public Offerings — IPO);

33.

schlägt als Schwerpunkt neue Unternehmen und Ökosysteme (z. B. Batterien für Elektrofahrzeuge, Wasserstoff und Halbleiter) vor, die sehr umfangreiche Investitionen mit langen Zeithorizonten erfordern und direkte Privatmittel nicht früh genug anziehen. Transformative Investitionen erfordern eine „geduldige“ öffentliche Finanzierung, während mit einer Finanzierung aus privaten Quellen vor allem „marktbasierte“ Innovationen angestoßen werden können;

34.

betont, dass „kreative Spannung“ und „kreative Zerstörung“ wirksame Mittel sind, um etwas bemerkenswert Neues zu erfinden — die gemeinsame Schaffung potenzieller bahnbrechender Initiativen. Dies erfordert teilweise den Einsatz von EU-Mitteln, um Talente und Ressourcen aus hochwertigen marktwirtschaftlichen Initiativen zu halten, anzuziehen und umzustrukturieren, die ähnliche Herausforderungen mithilfe erfahrener langjähriger unternehmensorientierter und/oder öffentlich-privater Partnerschaften angegangen haben;

35.

weist darauf hin, dass Europa den gesamten Innovationsprozess vor Ort auf der Grundlage der Bereiche Prüfung kreativer Ideen, Experimente, Erprobung, Prototyping, Benchlearning und Scaling-up beschleunigen muss. Die Europäische Kommission sollte ihre Innovationsfähigkeit unter Beweis stellen, indem sie neue Formen der Finanzierung lokaler Tätigkeiten entwickelt, die in ihrer Anfangsphase über ein inhärentes globales Potenzial verfügen. Durch diese EU-Finanzierungssysteme würde die Finanzierung der nationalen und regionalen Umsetzungsmöglichkeiten, darunter die aktive Nutzung der Kohäsionsfonds, gefördert;

36.

fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, eine Führungsrolle zu übernehmen und das größte strukturelle Problem auf dem Aktienmarkt anzugehen, indem börsennotierte Unternehmen die Möglichkeit erhalten, neue Aktien auszugeben und diese ohne aufwendiges Aktienemissionsverfahren auf dem Markt zu verkaufen;

37.

betont, dass der Erfolg einer jeden Innovationsagenda zwar von der kontinuierlichen Fähigkeit abhängt, alte Produkte und Dienstleistungen durch neue zu ersetzen, ihre disruptiven Auswirkungen jedoch durch Ko-Design und Mitgestaltung angegangen werden sollten, um eine langfristige Akzeptanz zu gewährleisten, wobei auch lokale und regionale Akteure einzubeziehen sind;

Leitinitiative zur Ermöglichung technologieintensiver Innovation durch Versuchsräume und Vergabe öffentlicher Aufträge

38.

hebt die Bedeutung ergebnisoffener wissenschaftlicher Prozesse (Open Discovery Process) hervor und verweist auf einen Korpus an Forschungsarbeiten und bewährten Methoden, um auf mehreren Ebenen bestehende Kooperations- und Versuchsverfahren im Rahmen eines konsequenten systemischen Wandels zu koordinieren und verwalten; erkennt an, dass die beruflichen Fähigkeiten und die Arbeitsplätze so verbessert werden müssen, dass Lernumgebungen entstehen, die verwertbare Ideen liefern, indem günstige Bedingungen für Vertrauen und Experimentieren in gemeinsamen Projekten mit vereinbarten Visionen, Zielen, Strategien und Aktionsplänen geschaffen werden;

39.

betont, dass mit einem auf der Zusammenarbeit auf mehreren Ebenen beruhenden Ansatz zumeist gemeinsam mit allen Interessenträgern der Vierfach-Helix unter realen Bedingungen auf vernetzte Weise Lösungen für lokale Probleme entwickelt werden sollten. Diese Entwicklung wird zu raschem Lernen, Expansion und raschen Korrekturen am Innovationspfad führen, während ein gewisser Teil der Koordinierung und des Monitorings durch transregionale Netze erfolgen wird. Dabei gilt es, Möglichkeiten zu erkennen und die Erwartungen dessen, was möglich ist, zu erweitern, um das Unmögliche möglich zu machen, dann alternative Verfahren zu vergleichen, erfolgreiche und gescheiterte Versuchspfade zu bewerten und daraus zu lernen sowie die Verbreitung und Übernahme von Innovation außerhalb ihres ursprünglichen Kontextes zu fördern;

40.

bekräftigt, dass eine ordnungsgemäße Überwachung und Begleitung der Innovation für eine wirksame Umsetzung der Maßnahmen von wesentlicher Bedeutung ist; verweist (7) auf die Nutzung und Weiterentwicklung des regionalen Innovationsanzeigers für regionale ortsbezogene Maßnahmen; erinnert daran, dass dies ein wesentliches Instrument ist, um Veränderungen in der Leistung der regionalen Innovationspolitik zu vergleichen und Benchlearning-Prozesse zwischen den Regionen zu organisieren, wodurch regionale Innovationsökosysteme und intelligente Spezialisierung verbessert werden;

41.

hebt hervor, dass umfassende Experimentiermöglichkeiten europäische Partnerschaften im Rahmen von „Horizont Europa“, die Nutzung der innovativen öffentlichen Auftragsvergabe und die Unterstützung des EIC während des gesamten Innovationslebenszyklus, von der Anfangsphase der Forschung über den Konzeptnachweis, bis hin zum Technologietransfer sowie der Finanzierung und Ausweitung von Experimenten, Unternehmen und Start-up-Unternehmen erfordern, damit wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) und Wasserstofftäler als Inspirationsquelle erfolgreich sind;

Leitinitiative zur Beschleunigung und Stärkung der Innovation in europäischen Innovationssystemen in der gesamten EU und Überwindung des Innovationsgefälles

42.

schlägt vor, dass die regionalen Innovationstäler zusammen mit führenden Hochschuleinrichtungen zu wesentlichen Katalysatoren für den gesellschaftlichen und industriellen Wandel werden und es Regionen mit ähnlichen Spezialisierungsbereichen ermöglichen, zusammenzuarbeiten und gemeinsame Innovationsvorhaben voranzubringen. In diesem Zusammenhang wird ein umfassendes, koordiniertes und dezentrales System für die Programmüberwachung und -bewertung erforderlich sein;

43.

stellt fest, dass die aus „Horizont Europa“ (100 Mio. EUR) und den interregionalen Innovationsinvestitionen (I3) (70 Mio. EUR) im Rahmen des EFRE bereitgestellten Mittel lediglich für den ursprünglichen Rahmen ausreichen werden, sodass sich die gesteckten Ziele nur durch die Förderung mit wesentlich umfangreicheren Maßnahmen und anschließender Finanzierung erreichen lassen; fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, basierend auf Initiativen wie den „Partnerschaften für regionale Innovation“ (PRI) und dem Netz europäischer digitaler Innovationszentren (EDIH) wirksame Synergien zwischen diesen Finanzierungsströmen zu entwickeln;

44.

begrüßt die effektiven Maßnahmen der Europäischen Kommission zur Förderung der regionalen Dimension und regionaler Innovationsökosysteme als zentrale Elemente zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas und zur Verwirklichung der strategischen Autonomie der EU für intelligentes und nachhaltiges Wachstum; weist darauf hin, dass Hochschuleinrichtungen das Herzstück der regionalen Innovationsökosysteme mit einer starken Kultur von Start-up-Unternehmen und sonstigen Unternehmen bilden. Sämtliche Hochschuleinrichtungen und insbesondere Fachhochschulen und andere vergleichbare Hochschuleinrichtungen, die an der Entwicklung praxisnaher Methoden arbeiten, müssen ihre Rolle als aktive Innovationstreiber in den Regionen ausbauen, die Ausbildung der dringend benötigten Fachkräfte sichern, neue Talente auch in der Fläche anziehen und den Transfer wichtiger technologischer Innovationen in die Wirtschaft vor Ort ermöglichen;

45.

unterstreicht die wichtige Rolle der beruflichen Bildung — mit Schwerpunkt auf der Ausbildung von Technikern und anderen Praktikern — bei der Umsetzung dieser Innovationsagenda;

46.

unterstreicht die grundlegende Problematik der europäischen Agenda für technologieintensive Innovation, deren Anreize, Erfahrungen und Ressourcen zur Einbindung der Interessenträger in einen systemischen Wandel nicht ausreichen. Erforderlich sind vielmehr Anreize, damit an führenden Hochschuleinrichtungen statt des Grundsatzes publish or perish nunmehr stärker die Frage im Mittelpunkt steht, wie dringende gesellschaftliche Herausforderungen bewältigt und technologieintensive Innovation sowie der globale Technologietransfer in Zusammenarbeit mit der Industrie gefördert werden können;

47.

betont, dass Hochschuleinrichtungen gemeinsam mit den anderen Akteuren der Vierfach-Helix die Rollen und Zuständigkeiten von professionellen Koordinationsstellen lokaler Ökosysteme weiterentwickeln müssen, in denen Forscher, Studierende und Unternehmen gemeinsam neue Technologien in der neuen Unternehmens- und Innovationskultur erproben und testen;

48.

weist erneut darauf hin, dass die Initiativen zur Überwindung des zweifachen Innovationsgefälles gezielt ausgerichtet und finanziert werden müssen, um Exzellenzpartnerschaften zu erleichtern, die weltweit zahlreiche Akteure umfassen und auch für Partner aus leistungsschwächeren Ländern und Regionen zugänglich sind. Diese sind für die Schaffung eines robusteren und kohärenteren Innovationsökosystems der EU von entscheidender Bedeutung;

49.

bekräftigt, dass die EFR-Hubs, die Entscheidungsträger und FEI-Akteure miteinander verbinden, ein ideales Instrument sind, um die Vorteile eines ortsbezogenen Ansatzes für Wissenschaft und Innovation bei der Ko-Kreation neuer Lösungen zur Bewältigung der derzeitigen Krisen im Rahmen eines regionalen Bottom-up-Ansatzes uneingeschränkt zum Tragen zu bringen;

50.

empfiehlt Maßnahmen über das EU-Netz „Enterprise Europe Network“ im Hinblick auf den internationalen Technologietransfer und die technologische Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation;

Leitinitiative zur Förderung, Gewinnung und Bindung von Talenten im Bereich technologieintensive Innovation

51.

fordert nachdrücklich die Ausarbeitung eines spezifischen Aktionsplans mit Anreizen und einer angemessenen Finanzierung für die Hochschuleinrichtungen, damit sie die Bewältigung großer gesellschaftlicher Probleme, die Förderung der europäischen technologieintensiven Innovation, der industriellen Zusammenarbeit und der Integration sowie die Ausbildung der in Europa benötigten Talente aktiv mitgestalten können;

52.

betont die Rolle der Hochschuleinrichtungen und insbesondere der Studierenden als Katalysatoren zwischen Start-up-Unternehmen und wissenschaftlichem Denken sowie der Partnerschaften zwischen Hochschuleinrichtungen und Industrie bei der Unterstützung von technologieintensiver Innovation und Technologietransfer. Die Hochschuleinrichtungen sollten Motoren des zur beschleunigten technologieintensiven Innovation erforderlichen Strukturwandels werden, um Talente in Europa aufzubauen, zu halten und zu fördern. In diesem Zusammenhang können Technologiezentren eine wichtige Rolle als Vermittler und Wegbereiter spielen;

53.

schlägt vor, dass die führenden Hochschuleinrichtungen wie in den USA als Vorreiter beim Umdenken hin zu einer Gesellschaft agieren, in der Unternehmertum, Start-up- und Wachstumsunternehmen, die Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen und der Industrie, technologieintensive Innovation und die Bewältigung sozialer Herausforderungen wertgeschätzt werden;

54.

bekräftigt, dass das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT), seine Wissens- und Innovationsgemeinschaften (KIC) und ihre Portfolios unter Städten, Regionen, Studierenden, Bürgern und Hochschulen in ganz Europa noch nicht sehr bekannt sind;

Leitinitiative Verbesserung der Politikinstrumente

55.

empfiehlt, das Verständnis hinsichtlich der sich wandelnden Art der Innovation in der lokalen und regionalen Politikgestaltung durch die Initiative „Partnerschaften für regionale Innovation“ (PRI) sowie die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinsamen Forschungsstelle, der GD RTD, der GD GROW, der GD REGIO und dem AdR zu vertiefen. Dies sollte in Zusammenarbeit mit den an der PRI-Pilotinitiative des AdR und der Gemeinsamen Forschungsstelle beteiligten Gebieten und mit erfahrenen europaweiten innovationsorientierten Netzen wie EARTO, ERRIN und ENoLL erfolgen;

56.

stellt fest, dass diese Leitinitiative äußerst relevante Maßnahmen für die Regionen und Städte umfasst; stimmt den Ausführungen der Europäischen Kommission hinsichtlich der Unterstützung der Regionen bei der Gestaltung und Umsetzung einer besseren Innovationspolitik zu und schlägt vor, einen gemeinsamen Umsetzungsplan auszuhandeln, der den verschiedenen Elementen der Innovationsagenda und dieser Stellungnahme Rechnung trägt;

57.

weist (sämtliche Regionen) darauf hin, dass diese neue Innovationsagenda eine wichtige und umfassende Anstrengung darstellt, um gemeinsam neue Instrumente zur Bewältigung dringlicher gesellschaftlicher Herausforderungen zu schaffen, die eine europäische Zusammenarbeit erfordern, und empfiehlt der Europäischen Kommission, anhand der PRI-Initiative und weiterer Instrumente die Städte und Regionen bei der Ausarbeitung ihrer regionalen Innovationsagenden und der Beschleunigung von Innovationsmaßnahmen mit ihren Interessenträgern zu unterstützen;

58.

teilt die Auffassung, dass die wesentlichen Begriffsbestimmungen und Indikatoren, eine Datentaxonomie und vergleichbare Datensätze zur Unterstützung einer faktengestützten Politikgestaltung festgelegt und angewendet werden müssen. Diese Datensätze sollen auf offenen institutionellen Datenportalen veröffentlicht werden, um ihre Zugänglichkeit, Nutzung und Einsicht zu erleichtern;

Nächste Schritte

59.

schlägt vor, dass die Gemeinsame Forschungsstelle ein europäisches Forum der virtuellen Zusammenarbeit in den Bereichen Austausch, Experimente und Erprobung hinsichtlich Methoden, Instrumenten und Verfahren in FEI-Strategien und -Maßnahmen einrichtet, das die Mitgliedstaaten, Regionen und Gemeinden bei der Gestaltung und Umsetzung ihrer Innovationspolitik nutzen können;

60.

betont, dass die Fortschritte und Anpassungen im Rahmen der Innovationsagenda regelmäßig mit den Interessenträgern bewertet werden müssen;

61.

unterstreicht, wie wichtig es ist, die Synergien und die Zusammenarbeit zwischen wichtigen EU-Initiativen zu verstärken und aufzuzeigen, wie dies in der Praxis bei der Umsetzung der neuen europäischen Innovationsagenda auf lokaler und regionaler Ebene geschieht. In diesem Zusammenhang sollten die EU und die Regierungen der Mitgliedstaaten die Nutzung der Synergien verschiedener europäischer und nationaler Finanzierungsquellen verstärken, die insbesondere auf die Stärkung der Innovationsgrundlage der Städte und Regionen ausgerichtet sind;

62.

betont als Voraussetzung für die umfassendere Förderung europäischer Scale-up-Unternehmen, dass sich die politischen Entscheidungsträger auf allen Ebenen wesentlich stärker als bisher zur Finanzierung von FEI verpflichten, damit neue Wachstumsplattformen und einflussreiche, ortsbezogene, offene Innovationsökosysteme in ganz Europa ausgebaut werden können. Die Pilotphase kann mithilfe der PRI-Pilotregionen und -städte eingeleitet werden;

63.

empfiehlt, die Entwicklung von Verfahren für die Durchführung der Prozesse des systemischen Wandels auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen zu vertiefen, wobei der Schwerpunkt vor allem auf transformativen Innovationen liegt, die zur Bewältigung globaler Herausforderungen nötig sind. Ein Ziel besteht darin, die Nutzung der besten wissenschaftlichen Erkenntnisse in den Transformationsprozessen zu verstärken. Das andere Ziel besteht darin, gemeinsam lokale Verfahren für eine Führungsrolle Europas in Bezug auf seine existierenden Stärken wie den Grünen Deal, den Ansatz des grünen und digitalen Wandels und die Stärkung der strategischen Resilienz zu entwickeln;

64.

fordert, den globalen Wettbewerb um Talente und die Führungsrolle in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwissenschaften, Mathematik und Innovationskapazitäten aufzunehmen, und verweist in diesem Zusammenhang auf zwei US-Initiativen: die neue Initiative zur Finanzierung der National Science Foundation (NSF) (Regional Innovation Engines), ein Programm, das Innovationsökosysteme in den gesamten USA beschleunigt und fördert, und das Regional Entrepreneurship Acceleration Program (REAP) des MIT, eine globale Initiative, die Regionen hilft, durch innovationsorientiertes Unternehmertum das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen und den sozialen Fortschritt voranzubringen;

65.

unterstreicht, dass die Innovationsagenda nur dann Früchte trägt, wenn eine Fragmentierung vermieden wird und die Maßnahmen wirksam umgesetzt werden. Europa wird in den Bereichen Wissenschaft, industrielle Basis, dynamische Start-up-Ökosysteme, Innovationsbedingungen und Angebot an qualifiziertem Personal weltweit führend sein, wodurch günstige Bedingungen für den europäischen Grünen Deal und die UN-Nachhaltigkeitsziele entstehen werden.

Brüssel, den 1. Dezember 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  PRI-Playbook — gesellschaftliche Veränderungen und Nutzung gesellschaftlicher Innovationen als eines ihrer Instrumente.

(2)  OECD-Definition des Begriffs soziale Innovation (https://www.oecd.org/regional/leed/social-innovation.htm).

(3)  Im Übrigen hat der Europäische Rat im November 2021 zwanzig vorrangige Maßnahmen ausgearbeitet. In einer Maßnahme („Aufbau regionaler und nationaler FuI-Ökosysteme zur Verbesserung der regionalen/nationalen Exzellenz und Wettbewerbsfähigkeit“) wird die Notwendigkeit hervorgehoben, EFR-Hubs festzulegen und zu erproben, um das Entstehen wettbewerbsfähiger FuI-Ökosysteme in der gesamten EU zu ermöglichen, territoriale Lücken zu schließen und die Mobilität von Talenten und den Investitionsfluss zu erleichtern.

(4)  Brüssel, 5.7.2022, C(2022) 4747 final, Annex to the Communication to the Commission — Approval of the content of a draft Commission Notice on the synergies between ERDF programmes and Horizon Europe.

(5)  https://cor.europa.eu/en/engage/Documents/RegHub/report-consultation-01-public-procurement.pdf.

(6)  https://cor.europa.eu/en/engage/Documents/RegHub/RegHub%20report%20on%2021%20century%20rules.pdf.

(7)  CoR-517-2020.


III Vorbereitende Rechtsakte

Ausschuss der Regionen

152. AdR-Plenartagung, 30.11.2022-1.12.2022

2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/59


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Legale Migration — Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern

(2023/C 79/10)

Berichterstatter:

Giuseppe VARACALLI (IT/Renew Europe), Mitglied des Gemeinderates von Gerace

Referenzdokumente:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen

COM(2022) 650

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten

COM(2022) 655

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern

COM(2022) 657

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen

COM(2022) 650

Änderung 1

Erwägungsgrund 8

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Um der Gefahr des missbräuchlichen Erwerbs der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten vorzubeugen, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Erfüllung des Erfordernisses eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts bei allen Kategorien von Drittstaatsangehörigen ordnungsgemäß überwacht wird. Diese Gefahr besteht insbesondere bei Drittstaatsangehörigen mit einem Aufenthaltstitel, der aufgrund einer Investition jeglicher Art in einem Mitgliedstaat erteilt wurde, da die Ausstellung dieser Aufenthaltstitel nicht immer vom Erfordernis der ununterbrochenen physischen Anwesenheit in dem Mitgliedstaat abhängig ist oder lediglich von dem Erfordernis, dass sich der Investor für einen begrenzten Zeitraum in dem Mitgliedstaat aufhält. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollten die Mitgliedstaaten die Erfüllung des Erfordernisses eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts stärker kontrollieren, insbesondere bei Anträgen auf Zuerkennung der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten, die von Drittstaatsangehörigen gestellt werden, die sich in einem Mitgliedstaat im Austausch gegen eine Investition jeglicher Art aufhalten, zum Beispiel Vermögenstransfers, Erwerb oder Anmietung von Immobilien, Anlagen in Staatsanleihen, Investitionen in Gesellschaften, Schenkungen oder gemeinnützige Stiftungen und Beiträge zum Staatshaushalt.

Um der Gefahr des missbräuchlichen Erwerbs der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten vorzubeugen, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Erfüllung des Erfordernisses eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts bei allen Kategorien von Drittstaatsangehörigen ordnungsgemäß überwacht wird. Diese Gefahr besteht insbesondere bei Drittstaatsangehörigen mit einem Aufenthaltstitel, der aufgrund einer Investition jeglicher Art in einem Mitgliedstaat erteilt wurde, da die Ausstellung dieser Aufenthaltstitel nicht immer vom Erfordernis der ununterbrochenen physischen Anwesenheit in dem Mitgliedstaat abhängig ist oder lediglich von dem Erfordernis, dass sich der Investor für einen begrenzten Zeitraum in dem Mitgliedstaat aufhält. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollten die Mitgliedstaaten in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Erfüllung des Erfordernisses eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts stärker kontrollieren, insbesondere bei Anträgen auf Zuerkennung der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten, die von Drittstaatsangehörigen gestellt werden, die sich in einem Mitgliedstaat im Austausch gegen eine Investition jeglicher Art aufhalten, zum Beispiel Vermögenstransfers, Erwerb oder Anmietung von Immobilien, Anlagen in Staatsanleihen, Investitionen in Gesellschaften, Schenkungen oder gemeinnützige Stiftungen und Beiträge zum Staatshaushalt.

Begründung

Da das Erfordernis eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts ein Aspekt ist, der von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften kontrolliert und überwacht werden muss (z. B. durch die Registrierung des Aufenthaltsorts), sollte jede Änderung des Verfahrens oder die „Stärkung“ der Kontrollen in Zusammenarbeit mit diesen Gebietskörperschaften erfolgen. Dadurch wird ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden und auf Erfahrungen „vor Ort“ zurückgegriffen.

Änderung 2

Erwägungsgrund 20

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Berufsqualifikationen, die ein Drittstaatsangehöriger in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat, sollten wie die Qualifikationen eines Unionsbürgers anerkannt werden. In einem Drittland erworbene Qualifikationen sollten nach der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*) Berücksichtigung finden. Die im nationalen Recht festgelegten Bedingungen für die Ausübung reglementierter Berufe sollten von der vorliegenden Richtlinie nicht berührt werden.

Berufsqualifikationen, die ein Drittstaatsangehöriger in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat, sollten wie die Qualifikationen eines Unionsbürgers anerkannt werden. In einem Drittland erworbene Qualifikationen sollten nach der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*) Berücksichtigung finden , wobei in Sonderbestimmungen vorgesehen werden könnte, dies im Fall von Flüchtlingen, die möglicherweise nicht in der Lage sind, die erforderlichen Dokumente und Befähigungsnachweise vorzulegen, flexibel zu handhaben . Die im nationalen Recht festgelegten Bedingungen für die Ausübung reglementierter Berufe sollten von der vorliegenden Richtlinie nicht berührt werden. Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin der Pflicht unterliegen, minderjährigen Kindern von Migranten unabhängig von deren Rechtsstatus den Zugang zum Bildungssystem in ähnlicher Weise wie ihren Staatsangehörigen zu gestatten, wobei Mädchen mit Migrationshintergrund, die einem größeren Risiko ausgesetzt sind, im Bildungssystem benachteiligt zu werden, besonderes Augenmerk gewidmet werden sollte.

Begründung

Im Einklang mit der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 96), gestatten die Mitgliedstaaten minderjährigen Kindern von Antragstellern und minderjährigen Antragstellern den Zugang zum Bildungssystem in ähnlicher Weise wie den eigenen Staatsangehörigen. Deshalb wird vorgeschlagen, diesen Absatz beizubehalten, da wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass es für eine gelungene Integration in erster Linie auf Rechte ankommt und dass diese Rechte, wenn Migranten den Bürgerinnen und Bürger des Mitgliedstaats gleichgestellt werden sollen, unbedingt auch das Recht auf Bildung umfassen müssen. Es ist wichtig, sich die Hindernisse in Erinnerung zu rufen, mit denen Mädchen insbesondere in prekären Situationen und durch Isolation konfrontiert sind, die sich aus traumatischen Migrationserfahrungen ergeben können.

Änderung 3

Erwägungsgrund 28

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Die Harmonisierung der Bedingungen für die Erlangung der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten fördert das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten. Diese Richtlinie sollte jedoch das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lassen, andere dauerhafte oder unbefristete Aufenthaltstitel als die langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU auszustellen. Solche nationalen Aufenthaltstitel sollten nicht das Recht auf Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten begründen.

Die Harmonisierung der Bedingungen für die Erlangung der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten fördert das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten. Diese Richtlinie sollte jedoch das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lassen, andere dauerhafte oder unbefristete Aufenthaltstitel als die langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU auszustellen. Solche nationalen Aufenthaltstitel sollten nicht das Recht auf Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten begründen. Drittstaatsangehörige können sowohl über die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten als auch über einen nationalen Aufenthaltstitel bzw. einen anderen unbefristeten EU-Aufenthaltstitel verfügen.

Begründung

Es sollte klargestellt werden, dass ein Drittstaatsangehöriger mit der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten Anspruch auf einen nationalen Aufenthaltstitel hat, da ihm dieser zusätzliche Rechte verleihen würde. Weder in der derzeitigen Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44) noch in der Neufassung ist vorgesehen, dass Personen, die die EU-Rechtsstellung beantragen, auf ihre nationalen unbefristeten Aufenthaltstitel verzichten müssen. Außerdem können Drittstaatsangehörige nach EU-Recht zwei unterschiedliche Aufenthaltstitel haben.

Änderung 4

Artikel 4 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Die Mitgliedstaaten richten geeignete Kontrollmechanismen ein, um sicherzustellen, dass die Erfüllung des Erfordernisses eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts ordnungsgemäß überwacht wird, insbesondere bei Anträgen von Drittstaatsangehörigen, die einen Aufenthaltstitel besitzen und/oder besaßen, der aufgrund einer Investition jeglicher Art in einem Mitgliedstaat erteilt wurde.

Die Mitgliedstaaten richten in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften geeignete Kontrollmechanismen ein, um sicherzustellen, dass die Erfüllung des Erfordernisses eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts ordnungsgemäß überwacht wird, insbesondere bei Anträgen von Drittstaatsangehörigen, die einen Aufenthaltstitel besitzen und/oder besaßen, der aufgrund einer Investition jeglicher Art in einem Mitgliedstaat erteilt wurde.

Begründung

Da das Erfordernis eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts ein Aspekt ist, der von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften kontrolliert und überwacht werden muss (z. B. durch die Registrierung des Aufenthaltsorts), sollte jede Änderung des Verfahrens oder die „Stärkung“ der Kontrollen in Zusammenarbeit mit diesen Gebietskörperschaften erfolgen. Dadurch wird ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden und auf Erfahrungen „vor Ort“ zurückgegriffen.

Änderung 5

Artikel 4 Absatz 5

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Aufenthaltszeiten der Inhaber von Visa für den längerfristigen Aufenthalt oder Aufenthaltstiteln, die nach Unionsrecht oder nationalem Recht ausgestellt wurden, einschließlich der Fälle des Artikels 3 Absatz 2 Buchstaben a, b, c und e, werden für die Zwecke der Berechnung des in Absatz 1 genannten Zeitraums berücksichtigt, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige einen Aufenthaltstitel erworben hat, auf dessen Grundlage ihm die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt werden kann.

Im Falle von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, wird mindestens die Hälfte des Zeitraums zwischen dem Tag der Einreichung des Antrags, aufgrund dessen dieser internationale Schutz gewährt wurde, und dem Tag der Ausstellung des Aufenthaltstitels gemäß Artikel 24 der Richtlinie 2011/95/EU, oder der gesamte Zeitraum, wenn dieser 18 Monate übersteigt, in die Berechnung des Zeitraums gemäß Absatz 1 einbezogen.

Aufenthaltszeiten der Inhaber von Visa für den längerfristigen Aufenthalt oder Aufenthaltstiteln, die nach Unionsrecht oder nationalem Recht ausgestellt wurden, einschließlich der Fälle des Artikels 3 Absatz 2 Buchstaben a, b, c und e, werden für die Zwecke der Berechnung des in Absatz 1 genannten Zeitraums berücksichtigt, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige einen Aufenthaltstitel erworben hat, auf dessen Grundlage ihm die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt werden kann.

Begründung

Durch den Ausschluss der Fälle nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d ist die vorgeschlagene Bestimmung in ihrer derzeitigen Fassung in Bezug auf Asylbewerber inkohärent. Um eine einheitliche Behandlung von Asylbewerbern zu gewährleisten, ist Absatz 2 zu streichen.

Änderung 6

Artikel 5 Absatz 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Die Mitgliedstaaten können von Drittstaatsangehörigen verlangen, dass sie die Integrationsanforderungen gemäß dem nationalen Recht erfüllen.

Die Mitgliedstaaten können von Drittstaatsangehörigen verlangen, dass sie die Integrationsanforderungen gemäß dem nationalen Recht erfüllen. Zu diesem Zweck sollte die Einbindung weiterer Akteure in die Steuerung der Migration gestärkt werden. Die lokalen und/oder regionalen Gebietskörperschaften, Berufsverbände und akkreditierten privaten Einrichtungen, die Integrationsprogramme organisieren, sollten vom jeweiligen Mitgliedstaat eine ausreichende operative und finanzielle Unterstützung erhalten, die im Einklang mit der angebotenen Dienstleistung steht. Diese Integrationsprogramme sollten bei sämtlichen politischen Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Gesundheit, Wohnraum und Teilhabe berücksichtigt werden.

Begründung

Da die Sprach- und Staatsbürgerkurse im Rahmen der Integrationsprogramme und/oder Berufsbildungskurse oftmals von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, lokalen und regionalen Netzen, aber auch von gemeinnützigen Vereinigungen und Gewerkschaften durchgeführt werden, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass diese durch den Staat angemessen unterstützt werden. Durch die durchgängige Berücksichtigung der Integration in den relevanten Politikbereichen wird der Integrationsprozess beschleunigt, die Achtung der Werte der Menschenrechte, der Solidarität und der Gleichheit gewährleistet und ein umfassendes Migrationskonzept geschaffen, das die Vorteile der Vielfalt nutzt.

Änderung 7

Artikel 7

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)   Um die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zu erlangen, reicht der Drittstaatsangehörige bei den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er sich aufhält, einen Antrag ein. Dem Antrag sind vom nationalen Recht zu bestimmende Unterlagen beizufügen, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen der Artikel 4 und 5 erfüllt, sowie erforderlichenfalls ein gültiges Reisedokument oder eine beglaubigte Abschrift davon.

(1)   Um die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zu erlangen, reicht der Drittstaatsangehörige bei den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er sich aufhält, einen Antrag ein. Dem Antrag sind vom nationalen Recht zu bestimmende Unterlagen beizufügen, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen der Artikel 4 und 5 erfüllt, sowie erforderlichenfalls ein gültiges Reisedokument oder eine beglaubigte Abschrift davon. Die zuständigen nationalen Behörden unterrichten den Drittstaatsangehörigen innerhalb von drei Monaten nach Erreichung der erforderlichen Dauer eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats über das Antragsverfahren.

(2)   Die zuständigen nationalen Behörden teilen dem Antragsteller ihre Entscheidung unverzüglich, spätestens aber sechs Monate nach Einreichung des vollständigen Antrags schriftlich mit. Jede Entscheidung wird dem betreffenden Drittstaatsangehörigen nach den Verfahren der entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften mitgeteilt.

(2)   Die zuständigen nationalen Behörden teilen dem Antragsteller ihre Entscheidung unverzüglich, spätestens aber sechs Monate nach Einreichung des vollständigen Antrags schriftlich mit. Jede Entscheidung wird dem betreffenden Drittstaatsangehörigen nach den Verfahren der entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften mitgeteilt.

Sind die vorgelegten Unterlagen oder die bereitgestellten Informationen zur Begründung des Antrags unzureichend oder unvollständig, so teilen die zuständigen Behörden dem Antragsteller mit, welche zusätzlichen Unterlagen oder Informationen erforderlich sind, und legen eine angemessene Frist für deren Bereitstellung oder Vorlage fest. Die in Absatz 1 genannte Frist läuft erst, wenn die Behörden die verlangten zusätzlichen Unterlagen oder Informationen erhalten haben. Werden die verlangten zusätzlichen Unterlagen oder Informationen nicht fristgerecht eingereicht, so kann der Antrag abgelehnt werden.

Sind die vorgelegten Unterlagen oder die bereitgestellten Informationen zur Begründung des Antrags unzureichend oder unvollständig, so teilen die zuständigen Behörden dem Antragsteller mit, welche zusätzlichen Unterlagen oder Informationen erforderlich sind, und legen eine angemessene Frist für deren Bereitstellung oder Vorlage fest. Die in Absatz 1 genannte Frist läuft erst, wenn die Behörden die verlangten zusätzlichen Unterlagen oder Informationen erhalten haben. Werden die verlangten zusätzlichen Unterlagen oder Informationen nicht fristgerecht eingereicht, so kann der Antrag abgelehnt werden.

Die betreffende Person ist über ihre Rechte und Pflichten aus dieser Richtlinie zu belehren.

Die betreffende Person ist über ihre Rechte und Pflichten aus dieser Richtlinie zu belehren.

Ist bei Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist noch keine Entscheidung ergangen, so richten sich etwaige Folgen nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats.

Ist bei Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist noch keine Entscheidung ergangen, so richten sich etwaige Folgen nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats.

(3)   Liegen die Voraussetzungen der Artikel 4 und 5 vor und stellt die Person keine Gefahr im Sinne des Artikels 6 dar, so erkennt der Mitgliedstaat dem Drittstaatsangehörigen die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zu.

(3)   Liegen die Voraussetzungen der Artikel 4 und 5 vor und stellt die Person keine Gefahr im Sinne des Artikels 6 dar, so erkennt der Mitgliedstaat dem Drittstaatsangehörigen die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zu.

(4)   Betrifft ein Antrag auf eine langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU einen Drittstaatsangehörigen, der einen von demselben Mitgliedstaat nach Artikel 14 ausgestellten nationalen Aufenthaltstitel besitzt, so verlangt dieser Mitgliedstaat vom Antragsteller nicht, die Erfüllung der in Artikel 5 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Voraussetzungen nachzuweisen, wenn deren Erfüllung bereits im Zusammenhang mit dem Antrag auf Ausstellung des nationalen Aufenthaltstitels überprüft wurde.

(4)   Betrifft ein Antrag auf eine langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU einen Drittstaatsangehörigen, der einen von demselben Mitgliedstaat nach Artikel 14 ausgestellten nationalen Aufenthaltstitel besitzt, so verlangt dieser Mitgliedstaat vom Antragsteller nicht, die Erfüllung der in Artikel 5 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Voraussetzungen nachzuweisen, wenn deren Erfüllung bereits im Zusammenhang mit dem Antrag auf Ausstellung des nationalen Aufenthaltstitels überprüft wurde.

 

(5)     Bei jeder Ablehnung eines Antrags auf eine langfristige Aufenthaltsberechtigung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten.

Begründung

Es ist wichtig, dass die Personen, die berechtigt sind, eine langfristige Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß über diese Möglichkeit informiert werden, da die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller äußerst mangelhaft ist, was nicht nur Verwirrung stiftet, zu Missverständnissen führt und bei den Antragstellern falsche Hoffnungen weckt, sondern auch das Verwaltungsverfahren überlastet und verzögert. Es wird vorgeschlagen, in Anlehnung an Artikel 7 Absatz 3 der Neufassung der Richtlinie über die Blaue Karte Artikel 7 zudem um einen neuen Absatz 5 zu ergänzen, um zu gewährleisten, dass die Einwanderungsbehörden in verhältnismäßiger Weise und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Falles vorgehen.

Änderung 8

Artikel 9 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Ein Drittstaatsangehöriger ist nicht mehr berechtigt, die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn

Ein Drittstaatsangehöriger ist nicht mehr berechtigt, die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn

a)

er die Rechtsstellung des in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten nachweislich auf täuschende Art und Weise erlangt hat;

a)

er die Rechtsstellung des in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten nachweislich auf täuschende Art und Weise erlangt hat;

b)

eine Entscheidung zur Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts nach Maßgabe des Artikels 13 erlassen worden ist;

b)

eine Entscheidung zur Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts nach Maßgabe des Artikels 13 erlassen worden ist;

c)

er sich während eines Zeitraums von 24 aufeinanderfolgenden Monaten nicht im Gebiet der Union aufgehalten hat.

c)

er sich während eines Zeitraums von mehr als 24 aufeinanderfolgenden Monaten nicht im Gebiet der Union aufgehalten hat.

Begründung

Es wird vorgeschlagen, im Sinne der Einheitlichkeit mit dem Rest der Richtlinie die Formulierung „mehr als“ hinzuzufügen.

Änderung 9

Artikel 14

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Nationale dauerhafte oder unbefristete Aufenthaltstitel

Nationale dauerhafte oder unbefristete Aufenthaltstitel

Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, andere dauerhafte oder unbefristete Aufenthaltstitel als die nach dieser Richtlinie ausgestellte langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU auszustellen. Diese Aufenthaltstitel begründen nicht das Recht auf Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten gemäß Kapitel III.

Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, andere dauerhafte oder unbefristete Aufenthaltstitel als die nach dieser Richtlinie ausgestellte langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU auszustellen. Diese Aufenthaltstitel begründen nicht das Recht auf Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten gemäß Kapitel III. Bei Ausstellung eines nationalen unbefristeten Aufenthaltstitels gewähren die Mitgliedstaaten den Drittstaatsangehörigen, denen sie die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten erteilt haben, dieselben im Rahmen ihrer innerstaatlichen Regelungen vorgesehenen Rechte und Vorzüge, falls diese günstiger sind.

Begründung

Damit für die langfristigen EU-Aufenthaltstitel und die nationalen unbefristeten Aufenthaltstitel die gleichen Bedingungen gelten, sollten die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörigen mit der Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten dieselben Rechte und Vorzüge gewähren, die auch mit dem nationalen Aufenthaltstitel einhergehen. Die vorgeschlagene Änderung spiegelt die Bestimmungen aus Artikel 11 Absatz 6 der Richtlinie (EU) 2021/1883 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2021 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hoch qualifizierten Beschäftigung und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/50/EG des Rates (ABl. L 382 vom 28.10.2021, S. 1) über die Blaue Karte wider.

Änderung 10

Artikel 21 Absatz 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Der zweite Mitgliedstaat erteilt den Familienangehörigen des in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten verlängerbare Aufenthaltstitel mit der gleichen Gültigkeitsdauer wie der Aufenthaltstitel, der dem in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten erteilt wurde.

Der zweite Mitgliedstaat erteilt den Familienangehörigen des in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten verlängerbare Aufenthaltstitel mit der gleichen Gültigkeitsdauer wie der Aufenthaltstitel, der dem in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten erteilt wurde. Der Aufenthaltstitel wird gemäß den in der Verordnung (EG) 1030/2002 festgelegten Bestimmungen und Spezifikationen ausgestellt. Unter „Anmerkungen“ geben die Mitgliedstaaten an: „Der Aufenthaltsberechtigte verfügt über dieselben Rechte wie ein in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigter nach Maßgabe von Kapitel III“.

Begründung

Im Aufenthaltstitel sollte ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass dieser einem langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem zweiten Mitgliedstaat ausgestellt wird. Andernfalls wissen Behörden, private Organisationen und andere Personen nicht, dass die Drittstaatsangehörigen über die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten verfügen und Anspruch auf die damit verbundenen Rechte (wie Gleichbehandlung) haben.

Änderung 11

Artikel 24

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Im zweiten Mitgliedstaat gewährte Behandlung

Im zweiten Mitgliedstaat gewährte Behandlung

(1)   Sobald die in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten im zweiten Mitgliedstaat den Aufenthaltstitel gemäß Artikel 21 erhalten haben, wird ihnen und ihren Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat Gleichbehandlung in den Bereichen und unter den Bedingungen des Artikels 12 gewährt.

(1)   Sobald die in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten im zweiten Mitgliedstaat den Aufenthaltstitel gemäß Artikel 21 erhalten haben, wird ihnen und ihren Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat Gleichbehandlung in den Bereichen und unter den Bedingungen des Artikels 12 gewährt.

(2)   In der EU langfristig Aufenthaltsberechtigte und ihre Familienangehörigen haben gemäß Absatz 1 Zugang zum Arbeitsmarkt.

(2)   In der EU langfristig Aufenthaltsberechtigte und ihre Familienangehörigen haben gemäß Absatz 1 Zugang zum Arbeitsmarkt.

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten und ihre Familienangehörigen, die eine unselbstständige oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, den zuständigen Behörden jeden Wechsel des Arbeitgebers oder der Erwerbstätigkeit melden müssen. Diese Pflicht berührt nicht das Recht der betroffenen Personen, die neue Tätigkeit aufzunehmen und auszuüben.

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten und ihre Familienangehörigen, die eine unselbstständige oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, den zuständigen Behörden jeden Wechsel des Arbeitgebers oder der Erwerbstätigkeit melden müssen. Diese Pflicht berührt nicht das Recht der betroffenen Personen, die neue Tätigkeit aufzunehmen und auszuüben.

Die Mitgliedstaaten können gemäß dem nationalen Recht festlegen, unter welchen Bedingungen die in Artikel 16 Absatz 2 Buchstaben b und c genannten Personen und ihre Familienangehörigen Zugang zu einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit haben können.

Die Mitgliedstaaten können gemäß dem nationalen Recht festlegen, unter welchen Bedingungen die in Artikel 16 Absatz 2 Buchstabe  c genannten Personen und ihre Familienangehörigen Zugang zu einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit haben können.

 

(3)     Außerhalb ihrer Studienzeiten sind die in Artikel 16 Absatz 2 Buchstabe b genannten Personen vorbehaltlich der Regeln und Bedingungen für die jeweilige Tätigkeit im betreffenden Mitgliedstaat berechtigt, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, und können dazu berechtigt werden, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Jeder Mitgliedstaat legt fest, wie viele Stunden pro Woche oder wie viele Tage bzw. Monate pro Jahr eine solche Tätigkeit maximal ausgeübt werden darf; diese Obergrenze darf 15 Stunden pro Woche oder eine entsprechende Zahl von Tagen bzw. Monaten pro Jahr nicht unterschreiten.

Begründung

Nach dem vorgeschlagenen Wortlaut des letzten Satzes von Artikel 24 Absatz 2 würde der Zugang von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, die sich als Studierende im Sinne von Artikel 16 Absatz 2 Buchstabe b in einen anderen Mitgliedstaat begeben, vollständig von den einschlägigen nationalen Vorschriften abhängen. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass solche Drittstaatsangehörige mit mindestens fünf Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in der EU einen eingeschränkteren Zugang zur Beschäftigung haben sollten als Studierende aus Drittstaaten gemäß Artikel 24 der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21) über Studierende und Forscher. Der hinzugefügte Absatz entspricht Artikel 24 der genannten Richtlinie.

Änderung 12

Artikel 27

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Zugang zu Informationen

Zugang zu Informationen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen Personen, die eine langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU beantragen, leicht zugängliche Informationen zur Verfügung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen Personen, die eine langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU beantragen, leicht zugängliche Informationen zur Verfügung

a)

über die für einen Antrag erforderlichen Unterlagen;

a)

über die für einen Antrag erforderlichen Unterlagen;

b)

über die Voraussetzungen für den Erwerb der Rechtsstellung und den Aufenthalt, die für Drittstaatsangehörige und ihre Familienangehörigen gelten, einschließlich ihrer Rechte und Pflichten und der Verfahrensgarantien.

b)

über die Voraussetzungen für den Erwerb der Rechtsstellung und den Aufenthalt, die für Drittstaatsangehörige und ihre Familienangehörigen gelten, einschließlich ihrer Rechte und Pflichten und der Verfahrensgarantien.

(2)   Stellen die Mitgliedstaaten nationale Aufenthaltstitel nach Artikel 14 aus, so gewährleisten sie den gleichen Zugang zu Informationen über die langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU wie zu Informationen über diese nationalen Aufenthaltstitel.

(2)   Stellen die Mitgliedstaaten nationale Aufenthaltstitel nach Artikel 14 aus, so gewährleisten sie den gleichen Zugang zu Informationen über die langfristige Aufenthaltsberechtigung — EU wie zu Informationen über diese nationalen Aufenthaltstitel.

 

(3)     Drittstaatsangehörige, die sich fünf Jahre lang rechtmäßig und ununterbrochen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufgehalten haben, werden von diesem Mitgliedstaat vom Ablauf dieses Zeitraums sowie von der Möglichkeit der Beantragung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß Artikel 7 in Kenntnis gesetzt, sofern die Voraussetzungen gemäß Artikel 3, 4, 5 und 26 erfüllt sind.

Begründung

Bislang wird die Rechtsstellung eines in der EU langfristig Aufenthaltsberechtigten unzureichend in Anspruch genommen, was teilweise auf mangelndes Bewusstsein und fehlende Informationen über die mit der Rechtsstellung einhergehenden Rechte und Vorteile zurückzuführen ist. Deshalb wird empfohlen, Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in dem Mitgliedstaat aufgehalten haben, über ihren Anspruch auf diese Rechtsstellung sowie über die entsprechenden Schritte für eine Antragsstellung zu informieren.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten

COM(2022) 655

Änderung 13

Erwägungsgrund 4

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Für das Verfahren zur Prüfung des Antrags auf eine kombinierte Erlaubnis sollte eine Reihe von Regeln aufgestellt werden. Dieses Verfahren sollte wirksam und — unter Berücksichtigung der üblichen Arbeitsbelastung der Verwaltungen der Mitgliedstaaten  — handhabbar sowie transparent und fair sein, um den Betroffenen eine angemessene Rechtssicherheit zu bieten.

Für das Verfahren zur Prüfung des Antrags auf eine kombinierte Erlaubnis sollte eine Reihe von Regeln aufgestellt werden. Dieses Verfahren sollte wirksam und handhabbar sowie transparent und fair sein, um den Betroffenen eine angemessene Rechtssicherheit und rasche Bearbeitung zu bieten.

Begründung

Insbesondere in Zeiten, in denen die Migration immer mehr an Bedeutung gewinnt, erscheint es nicht angebracht, das Verfahren zur Prüfung von Anträgen auf eine kombinierte Erlaubnis (für die spezielle Stellen erforderlich wären) von den anderen praktischen Arbeitsabläufen abhängig zu machen.

Änderung 14

Erwägungsgrund 5

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Diese Richtlinie sollte nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten berühren, die Zulassung von Drittstaatsangehörigen, einschließlich der Zulassungskontingente, zum Zweck der Ausübung einer Beschäftigung zu regeln.

Diese Richtlinie sollte nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten berühren, die Zulassung von Drittstaatsangehörigen, einschließlich der Zulassungskontingente, zum Zweck der Ausübung einer Beschäftigung zu regeln. In Bezug auf die Festlegung der Zulassungskontingente werden die Mitgliedstaaten angehalten, die entsprechenden lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie die relevanten Akteure vor Ort zu konsultieren.

Begründung

Die Festlegung der Zulassungsquoten obliegt zwar den Mitgliedstaaten, aber die Arbeitsmarktlage in einem Mitgliedstaat kann von Region zu Region stark variieren. Die nationalen Durchschnittsdaten liefern möglicherweise kein genaues Bild des Arbeitskräftebedarfs. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten daher die Möglichkeit haben, ihre Bedürfnisse in Bezug auf die nationalen Zulassungskontingente geltend zu machen. Auch lokale Interessenträger wie Lokal- und Regionalverbände sowie NRO, die im Bereich der Inklusion von Migranten und der Erstaufnahme von Flüchtlingen tätig sind, Flüchtlingsräte usw. können eine genaue Einschätzung in Bezug auf die Zahl der aufgenommenen Drittstaatsangehörigen liefern.

Änderung 15

Erwägungsgrund 15

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Die Benennung der gemäß dieser Richtlinie zuständigen Behörde sollte unbeschadet der Rolle und Zuständigkeiten anderer Behörden und gegebenenfalls der Sozialpartner im Zusammenhang mit der Prüfung eines Antrags und der Entscheidung darüber erfolgen.

Die Benennung der gemäß dieser Richtlinie zuständigen Behörde sollte unbeschadet der Rolle und Zuständigkeiten anderer Behörden , einschließlich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, und gegebenenfalls der Sozialpartner im Zusammenhang mit der Prüfung eines Antrags und der Entscheidung darüber erfolgen.

Begründung

Mit dieser Änderung soll sichergestellt werden, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ihre jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten behalten.

Änderung 16

Erwägungsgrund 16

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Die Frist für eine Entscheidung über den Antrag sollte jedoch nicht die Zeit beinhalten, die für die Anerkennung des beruflichen Bildungsabschusses benötigt wird. Diese Richtlinie sollte die nationalen Verfahren zur Anerkennung von Diplomen unberührt lassen.

Die Frist für eine Entscheidung über den Antrag sollte jedoch nicht die Zeit beinhalten, die für die Anerkennung des beruflichen Bildungsabschlusses und des Studienabschlusses benötigt wird , und die nationalen bzw. regionalen Verfahren zur Anerkennung von Diplomen unberührt lassen.

Begründung

Die Anerkennung von Qualifikationen wird von verschiedenen Behörden durchgeführt und kann die Bearbeitung des Antrags auf eine kombinierte Erlaubnis verlangsamen. In einigen Mitgliedstaaten werden viele Berufe auf regionaler Ebene geregelt. Zur Anerkennung diese Qualifikationen müssen die Regionen Rechtsvorschriften anwenden.

Änderung 17

Erwägungsgrund 32

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Für eine ordnungsgemäße Durchsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass geeignete Verfahren für die Kontrolle der Arbeitgeber bestehen und dass in ihren jeweiligen Hoheitsgebieten gegebenenfalls wirksame und angemessene Inspektionen durchgeführt werden. Die Auswahl der zu kontrollierenden Arbeitgeber sollte überwiegend auf der Grundlage einer von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführten Risikobewertung erfolgen, bei der Faktoren wie der Sektor, in dem ein Unternehmen tätig ist, und etwaige in der Vergangenheit begangene Verstöße berücksichtigt werden.

Für eine ordnungsgemäße Durchsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten in Abstimmung mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sicherstellen, dass geeignete Verfahren für die Kontrolle der Arbeitgeber bestehen und dass in ihren jeweiligen Hoheitsgebieten gegebenenfalls wirksame und angemessene Inspektionen durchgeführt werden. Die Auswahl der zu kontrollierenden Arbeitgeber sollte überwiegend auf der Grundlage einer von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführten Risikobewertung erfolgen, bei der Faktoren wie der Sektor, in dem ein Unternehmen tätig ist, und etwaige in der Vergangenheit begangene Verstöße berücksichtigt werden.

Begründung

Die Möglichkeit der Ausweitung der Kontrollen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bedeutet, dass auch örtliche Polizeibeamte in den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit in die Kontrollen am Arbeitsplatz eingebunden werden können.

Änderung 18

Artikel 5

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Zuständige Behörde

Zuständige Behörde

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen die Behörde, die für die Entgegennahme des Antrags und die Erteilung der kombinierten Erlaubnis zuständig ist.

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen die Behörde, die für die Entgegennahme des Antrags und die Erteilung der kombinierten Erlaubnis zuständig ist.

(2)   Die zuständige Behörde entscheidet über den gesamten Antrag so bald wie möglich, spätestens aber innerhalb von vier Monaten nach Einreichung des Antrags.

(2)   Die zuständige Behörde entscheidet über den gesamten Antrag so bald wie möglich, spätestens aber innerhalb von vier Monaten nach Einreichung des Antrags.

Die in Unterabsatz 1 genannte Frist umfasst die Überprüfung der Arbeitsmarktlage und die Ausstellung des erforderlichen Visums nach Artikel 4 Absatz 3. Die Frist kann in Ausnahmefällen aufgrund von Schwierigkeiten bei der Antragsprüfung verlängert werden.

Die in Unterabsatz 1 genannte Frist umfasst die Überprüfung der Arbeitsmarktlage und die Ausstellung des erforderlichen Visums nach Artikel 4 Absatz 3. Die Frist kann in Ausnahmefällen aufgrund von Schwierigkeiten bei der Antragsprüfung verlängert bzw. im Falle von schwerwiegenden politischen/sozialen Situationen oder Naturkatastrophen vorbehaltlich einer nachträglichen Prüfung der Auflagen verkürzt werden.

Ist innerhalb der in diesem Absatz vorgesehenen Frist noch keine Entscheidung ergangen, so richten sich die Rechtsfolgen nach dem einzelstaatlichen Recht.

Ist innerhalb der in diesem Absatz vorgesehenen Frist noch keine Entscheidung ergangen, so richten sich die Rechtsfolgen nach dem einzelstaatlichen Recht.

(3)   Die zuständige Behörde teilt dem Antragsteller ihre Entscheidung gemäß den in den entsprechenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Notifizierungsverfahren schriftlich mit.

(3)   Die zuständige Behörde teilt dem Antragsteller ihre Entscheidung gemäß den in den entsprechenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Notifizierungsverfahren schriftlich mit.

(4)   Sind die dem Antrag beigefügten Angaben oder Dokumente nach Maßgabe der im einzelstaatlichen Recht festgelegten Kriterien unvollständig, teilt die zuständige Behörde dem Antragsteller schriftlich mit, welche zusätzlichen Angaben oder Dokumente erforderlich sind, und setzt eine angemessene Frist für deren Einreichung fest. Die in Absatz 2 genannte Frist wird ausgesetzt, bis die zuständige Behörde oder andere maßgebliche Behörden die verlangten zusätzlichen Angaben erhalten haben. Werden die zusätzlichen Angaben oder Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht, so kann die zuständige Behörde den Antrag ablehnen.

(4)   Sind die dem Antrag beigefügten Angaben oder Dokumente nach Maßgabe der im einzelstaatlichen Recht festgelegten Kriterien unvollständig, teilt die zuständige Behörde dem Antragsteller schriftlich mit, welche zusätzlichen Angaben oder Dokumente erforderlich sind, und setzt eine angemessene Frist für deren Einreichung fest. Die in Absatz 2 genannte Frist wird ausgesetzt, bis die zuständige Behörde oder andere maßgebliche Behörden die verlangten zusätzlichen Angaben erhalten haben. Werden die zusätzlichen Angaben oder Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht, so kann die zuständige Behörde den Antrag ablehnen.

 

(5)     Die Prüfung der Arbeitsmarktlage kann entfallen bzw. beschleunigt werden, wenn der Arbeitgeber in einer Region oder Stadt niedergelassen ist, die der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates einen durch einheimische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zu deckenden Arbeitskräftemangel gemeldet hat.

Begründung

Die vorgeschlagene Änderung würde eine schnellere Bearbeitung der Anträge von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen, die in Regionen ziehen, welche den Arbeitskräftemangel aktiv mit ausländischen Arbeitnehmern angehen wollen.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt den strategischen Ansatz für die legale Migration;

2.

erkennt an, dass rechtmäßig aufhältige Migrantinnen und Migranten für die Wirtschaft und Gesellschaft in Europa eine entscheidende Rolle spielen und auch Entwicklungsakteure werden können, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen werden; betont, dass die legale Migration eine wesentliche Triebkraft für das Wachstum der Städte ist und zu einer erheblichen Stärkung ihrer Vielfalt und wirtschaftlichen Dynamik beiträgt; unterstreicht zudem den Beitrag des hohen Anteils von Wanderarbeitnehmern in Schlüsselbereichen während der COVID-19-Pandemie; unterstreicht die Notwendigkeit, die Gleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Drittstaaten zu stärken, insbesondere in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, die Vereinigungsfreiheit und die Mitgliedschaft in einem System der sozialen Sicherheit und den Anspruch auf Sozialleistungen, sowie die Notwendigkeit eines stärkeren Schutzes der Frauenrechte und der Geschlechterperspektive, insbesondere in Bereichen, in denen Migrantinnen überrepräsentiert sind; darüber hinaus müssen auch Menschen mit Behinderungen geschützt werden, indem der Schutz ihrer Rechte und ihr Zugang zu medizinischer Behandlung gewährleistet werden;

3.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am besten in der Lage sind, sich einen Gesamtüberblick über die derzeitigen, eher strukturell bedingten Engpässe und Chancen auf dem lokalen Arbeitsmarkt zu verschaffen, weshalb sie in die auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen zu unternehmenden Anstrengungen einbezogen werden sollten, international Talente anzuwerben und zu halten, um den Bedürfnissen des lokalen Arbeitsmarktes gerecht zu werden; Zu diesem Zweck muss mehr Raum für den Dialog zwischen der lokalen, der nationalen und der europäischen Ebene geschaffen werden;

4.

betont, dass die Beschäftigung von Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern ganzheitlich angegangen werden muss, um alle Aspekte des Migrationsprozesses abzudecken: von der Einstellung bis hin zur tatsächlichen Integration und letztendlichen Freizügigkeit innerhalb des EU-Arbeitsmarkts; betont gleichermaßen, wie wichtig es ist, das Ausmaß der legalen Wirtschaftsmigration mit dem Bedarf der Mitgliedstaaten auf dem Arbeitsmarkt in Einklang zu bringen. An diesem Prozess sollten auch die Partner aus der Privatwirtschaft und die Arbeitgeber beteiligt werden, und alle Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer sollten berücksichtigt werden;

5.

erkennt an, dass der Übergang der EU zu einer grünen und digitalen Wirtschaft spezifische Kompetenzen und eine Umstrukturierung der Volkswirtschaften und der Arbeitsmärkte erfordert. Diese wiederum setzen zusätzliche Arbeitskräfte und den Erwerb neuer Fertigkeiten im Rahmen von technischer und beruflicher Aus- und Weiterbildung voraus; spricht sich dafür aus, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die die Bedürfnisse der lokalen und regionalen Arbeitsmärkte am besten kennen, in diesen Prozess einzubeziehen;

6.

betont, dass den Institutionen der kommunalen und regionalen Ebene eine Schlüsselrolle dabei zukommt, die Inklusion aller Drittstaatsangehörigen unabhängig von ihrem rechtlichen Status zu erleichtern. Häufig fördern diese Vielfalt und sozialen Zusammenhalt durch eine Reihe fortschrittlicher Maßnahmen, die das Vertrauen in die lokalen Verwaltungen, einen fairen Zugang zu gemeinsamen Diensten und die sozioökonomische Inklusion stärken; Sie sind die zentralen Akteure bei der Aufnahme und Unterstützung von Flüchtlingen, spielen eine entscheidende Rolle bei der Feststellung des Bedarfs auf dem Arbeitsmarkt sowie der Voraussetzungen für die Anwendung eines Schutzverfahrens (Arbeitsmarktprüfung) und tragen maßgeblich dazu bei, dass die Vielfalt auf dem Arbeitsmarkt und der Grundsatz der Chancengleichheit für alle anerkannt und geachtet werden;

7.

spricht sich für eine umfassende Methode zur Erhebung von Daten über die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften in verschiedenen Berufen und Arbeitsmärkten auf EU-Ebene aus, was die Weiterentwicklung von Initiativen wie dem EURES-Portal und Europass sowie der derzeit im Rahmen der neuen europäischen Kompetenzagenda vorgesehenen Maßnahmen erfordern würde. Ebenfalls möglich wäre eine vereinfachte Einrichtung von Kooperationsplattformen, die auf den tatsächlichen, häufig auch von den nationalen Sozialpartnern genannten Markterfordernissen beruhen;

8.

begrüßt den Beitrag, den die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) u. a. durch die Bereitstellung von Informationen, konzertierte und gemeinsame Kontrollen, eine verstärkte Verwaltungszusammenarbeit sowie die Förderung der Arbeitskräftemobilität insbesondere über EURES zu einer fairen, einfachen und wirksamen Durchsetzung der EU-Vorschriften zur Arbeitskräftemobilität und zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit leistet;

9.

hält die Neufassung der beiden Richtlinien für mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vereinbar;

10.

begrüßt die jüngsten im Paket zu qualifizierten Arbeitskräften dargelegten Maßnahmen, einschließlich der Schaffung eines EU-Pilotprojekts zur Anwerbung von Personen, die vor der Invasion der Ukraine durch Russland fliehen, sowie den vorgeschlagenen EU-Talentpool;

11.

begrüßt die Ankündigung der Europäischen Kommission, den EU-Talentpool auf Flüchtlinge auszuweiten, die ihren Wohnsitz in der EU und in Drittstaaten haben, was den Weg für einen nachhaltigeren und inklusiveren Ansatz für die Arbeitskräftemobilität und Drittstaatenlösungen bereitet; weist darauf hin, dass bei der Konzipierung dieser Instrumente mehr getan werden muss, um faire Verfahren für Arbeitsmigration zu schaffen, die menschenwürdige Arbeitsbedingungen für sämtliche Arbeitnehmer gewährleisten, für alle Flüchtlinge unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltsort gleichermaßen zugänglich sind sowie entsprechende Schutzmechanismen vorsehen. Die bestehenden rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen sind nach wie vor zu komplex und behindern in der Regel die Erzielung von Größeneffekten. Übermäßig bürokratische Verfahren können den Zugang von Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt beeinträchtigen, wodurch im Laufe der Zeit die Gefahr wächst, dass diese auf eine nicht angemeldete Erwerbstätigkeit ausweichen und Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt sind;

12.

unterstreicht, dass in Zukunft folgende Akteure in die Umsetzung der Projekte zur Förderung der Mobilität und der Fachkräftepartnerschaften einbezogen werden sollten: lokale Gebietskörperschaften und Regionalregierungen, um zur Erarbeitung künftiger Projekte beizutragen; Diasporagemeinschaften, um die Bedürfnisse von Migranten zu ermitteln und zur Konzipierung von Projekten in ihren Herkunftsländern beizutragen; Berufs- und Arbeitgeberverbände, um die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes auf nationaler und lokaler Ebene zu erfassen und zur Entwicklung wirksamer Maßnahmen beizutragen;

13.

betont, dass die Bedürfnisse der verschiedenen beteiligten Akteure (Migranten, Diaspora, lokale und regionale Gebietskörperschaften, Arbeitgeber und Berufsverbände) berücksichtigt werden müssen, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit künftiger Projekte als Instrumente für die langfristige Steuerung der legalen Migration sicherzustellen; spricht sich deshalb für die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zwischen der Europäischen Kommission, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Europäischen Ausschuss der Regionen und dem Europäischen Parlament aus, deren Austausch sich auf vorherige Konsultationen und Dialoge mit den wichtigsten Interessenträgern aus dem Bereich der Integration von Migranten stützen sollte; fordert gleichzeitig, Synergien mit der von der Europäischen Kommission geplanten EU-Plattform für Arbeitsmigration und weist darauf hin, dass dem besonderen Schutzbedarf von Flüchtlingen bei künftigen Projekten Rechnung getragen werden sollte, damit gewährleistet ist, dass deren Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt sichergestellt ist und die erforderlichen Rechtsgarantien gegeben sind;

14.

unterstützt die Schaffung eines Arbeits- und Reiseprogramms innerhalb der EU für junge Drittstaatsangehörige im Einklang mit der Mitteilung der Kommission „Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern“ sowie die Ausweitung des DiscoverEU-Programms über die am Programm Erasmus+ teilnehmenden Drittstaaten hinaus und fordert einen ähnlichen Ansatz in Bezug auf das Europäische Solidaritätskorps, um mehr Drittländer in das Programm einzubeziehen als derzeit vorgesehen und so die Herausforderungen und Chancen im Zusammenhang mit Migration über den gesamten Migrationszyklus hinweg anzugehen;

15.

ist der Ansicht, dass die Mitteilung COM(2022) 657 , deren Hauptziel und Schwerpunkt die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern ist, in den Richtlinienvorschlägen COM(2022) 650 und 655 nicht angemessen berücksichtigt wird, auch wenn sie einen wichtigen Impuls für einen Paradigmenwechsel bei der Analyse der Migration liefert;

16.

weist darauf hin, dass das Augenmerk in der Gesetzgebung auf bestimmte Gruppen von Drittstaatsangehörigen, die zum EU-Arbeitsmarkt beitragen, gelegt werden sollte, da deren Bedeutung für essenzielle Bereiche des europäischen Arbeitsmarkts stetig zunimmt, u. a. im Rahmen der Initiativen zur Stärkung des Gesundheits- und Pflegesektors wie etwa der EU-Kindergarantie und des Grünbuchs zum Thema Altern; fordert mehr und gezieltere Unterstützung für Drittstaatsangehörige, um ihnen die Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu erleichtern sowie um die Mobilität innerhalb der EU und die Integration zu fördern, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf Personen gelegt werden sollte, die internationalen Schutz genießen. Für diese Personen gelten gemäß dem Vorschlag für eine Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige dieselben Vorschriften wie für andere Drittstaatsangehörige, die vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie erfasst werden, wodurch die besondere Situation von Flüchtlingen und ihrem Schutzbedarf außer Acht gelassen wird;

17.

weist darauf hin, dass die Arbeitskräftemobilität ein ergänzender legaler Weg sein kann, über den Flüchtlinge nach Europa oder an andere Zielorte gelangen können, ohne dafür irreguläre Routen wählen zu müssen. Sie kann ihnen nämlich einen sicheren Weg eröffnen, ihre Kompetenzen anzuwenden und ihr Potenzial in Regionen auszuschöpfen, die versuchen, einen Fachkräftemangel auszugleichen; schlägt vor, Flüchtlinge mit Aufenthaltsort in einem Drittstaat als weitere Kategorie qualifizierter Arbeitskräfte zu betrachten. Die Schaffung eines solchen zusätzlichen legalen Wegs auf der Basis von Arbeitsmigration könnte dazu beitragen, die Belastung des europäischen Asylsystems zu verringern;

18.

weist darauf hin, dass die irreguläre Migration zwar nur einen kleinen Anteil an der gesamten Migration in die EU ausmacht, die Regionen und Städte an den EU-Außengrenzen jedoch erheblich unter Druck setzt; fordert daher, das Prinzip der Lastenteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umzusetzen und die irreguläre Migration auch dadurch anzugehen, dass gegen Schleuser vorgegangen wird, die Asylbewerber und Wirtschaftsmigranten ausbeuten, indem sie sie auf gefährliche Reisen schicken;

19.

erinnert daran, dass für bestimmte Fachkräftegruppen (Gesundheits-, Ingenieurwesen usw.) der Zugang durch Bürokratieabbau stärker erleichtert werden muss. Für die Tausenden von freien Stellen in Bereichen, in denen keine akademische, sondern eine technische Ausbildung erforderlich ist (z. B. Landwirtschaft, Bauwesen, Verkehr, Mechanik), reicht es hingegen nicht aus, das Angebot des Marktes mit der Nachfrage nach Beschäftigung in Einklang zu bringen. Vielmehr ist es notwendig, eine andere Art der Zusammenarbeit ins Auge zu fassen, u. a. eine Anpassung des Marktangebots an die Nachfrage, aber auch eine engere Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und den einschlägigen Ausbildungszentren — und zwar unter Mitwirkung der Gemeinden und Regionen;

20.

fordert die Mitgliedstaaten zudem auf, mit Blick auf die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte zu erwägen, den Erwerb der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten für alle legalen Migranten mit höheren Qualifikationen und hochqualifizierte Arbeitsplätze sowie für spezifische Kategorien von Drittstaatsangehörigen mit mittlerem Qualifikationsniveau zu erleichtern (was natürlich eine Prioritätenskala erfordern würde), die zur Schließung der Lücke in Sektoren mit einem Arbeitskräftemangel beitragen können (beispielsweise IT und Gesundheitswesen). Es wäre deshalb notwendig, eine Liste der Arbeitsplätze mit anerkanntem Arbeitskräftemangel zu erstellen, aber den Zugang von Fachkräften von Arbeitsmarktprüfungen loszulösen.

21.

schlägt vor, ein auf Ebene der Gemeinden, Regionen oder Großstadt-Regionen angesiedeltes System für die Anerkennung von Kompetenzen zu schaffen, um den Prozess der sozioökonomischen Inklusion von Drittstaatsangehörigen unabhängig davon zu beschleunigen, ob es sich um Erstankömmlinge oder bereits ansässige Drittstaatsangehörige handelt, die einen der durch die geltenden nationalen Rechtsvorschriften garantierten Status besitzen. Dieses Systems für die Anerkennung von Kompetenzen würde nicht an die Stelle des nationalen Systems treten, sondern zusätzlich dazu geschaffen werden, um eine schnellere Integration in den Arbeitsmarkt der Region bzw. Großstadt-Region zu gewährleisten;

22.

weist darauf hin, dass der jüngste Zustrom hochqualifizierter Flüchtlinge aus der Ukraine deutlich macht, dass das Verfahren zur Anerkennung von Kompetenzen für alle Drittstaatsangehörigen beschleunigt werden muss, wie dies bereits in der neuen Richtlinie über die Europäische Blaue Karte vorgesehen ist. Eine EU-Politik zur Regelung der Einreise von und des Umgangs mit Wanderarbeitnehmern ist von entscheidender Bedeutung, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage zu gewährleisten. Derzeit besteht insbesondere in Bezug auf bestimmte gesellschaftlich wichtige Berufe wie jene im Pflege- und Gesundheitswesen ein besonders starkes Ungleichgewicht;

23.

erinnert daran, dass auch Personen, deren Talent im künstlerischen Bereich liegt, berücksichtigt werden müssen: Sie lassen sich oftmals keiner der gesuchten Berufsgruppen zuordnen, verfügen aber über die Fähigkeit, die Kultur des Gastlandes zu bereichern und einen für die Geschichte unserer Regionen bedeutsamen kulturellen Austausch zu schaffen;

24.

empfiehlt, langfristige Strategien umzusetzen, die über sicherheitsorientierte Maßnahmen hinausgehen, und zu diesem Zweck sowohl eine bessere Inklusion fördern als auch die eigentlichen Ursachen der Migration angehen;

25.

fordert, das Unternehmertum zu fördern, indem mehr Möglichkeiten für Migranten geschaffen werden, zum Zwecke der Gründung eines Unternehmens oder Start-ups in die EU zu kommen. Außerdem sollten Drittstaatsangehörige leichter eine Genehmigung für eine Unternehmensgründung erhalten; weist auf das Potenzial der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Bereich der Beratung und Vernetzung von Neuankömmlingen mit lokalen Unternehmen sowie auf die Notwendigkeit hin, derartige Initiativen durch dauerhafte Unterstützung aus EU-Mitteln zu fördern;

26.

weist darauf hin, dass eine Kultur der Toleranz gefördert werden muss, indem die interkulturelle Sensibilität geschärft und ein gemeinsames Zugehörigkeitsgefühl geschaffen wird;

27.

schlägt vor, die Einbindung weiterer Akteure in die Steuerung der Migration zu stärken, eine engere Zusammenarbeit zwischen den regionalen Behörden und der Zivilgesellschaft bei der Bewältigung der Aufgaben im Zusammenhang mit Migration, Vielfalt und Inklusion zu fördern, den Dialog und die Zusammenarbeit im Bereich Migration zu verbessern und einen wirklich umfassenden Ansatz zu entwickeln, um dieses Thema in all seinen Dimensionen unter uneingeschränkter Achtung der Menschenrechte anzugehen.

Brüssel, den 30. November 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/74


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Reform des Systems der geografischen Angaben

(2023/C 79/11)

Berichterstatterin:

Karine GLOANEC-MAURIN (FR/SPE), Stellvertretende Bürgermeisterin der neuen Gemeinde Couëtron au Perche

Referenzdokument:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über geografische Angaben der Europäischen Union für Wein, Spirituosen und landwirtschaftliche Erzeugnisse und über Qualitätsregelungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013, (EU) 2017/1001 und (EU) 2019/787 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012

COM(2022) 134 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über geografische Angaben der Europäischen Union für Wein, Spirituosen und landwirtschaftliche Erzeugnisse und über Qualitätsregelungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013, (EU) 2017/1001 und (EU) 2019/787 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012

COM(2022) 134 final

Änderung 1

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

In ihrer Mitteilung vom 30. Juni 2021 mit dem Titel „Eine langfristige Vision für die ländlichen Gebiete der EU — Für stärkere, vernetzte, resiliente und florierende ländliche Gebiete bis 2040“ erkennt die Kommission geografische Angaben als eine der Leitinitiativen für florierende ländliche Gebiete an, da sie zur wirtschaftlichen Diversifizierung der ländlichen Gebiete beitragen.

Begründung

Geografische Angaben tragen aufgrund ihrer vielfältigen positiven externen Effekte zu einem nachhaltigen Wachstum im ländlichen Raum bei.

Änderung 2

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Im Zuge der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden mit der Verordnung (EU) 2021/2117 Änderungen am System der geografischen Angaben der Union eingeführt.

Begründung

Es muss für Kohärenz mit den in der neuen GAP in Bezug auf die gemeinsame Marktorganisation und die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1) erzielten Fortschritten gesorgt werden.

Änderung 3

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 11

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Die Qualitätspolitik der EU ist eine öffentliche Politik, die mit der Produktion öffentlicher Güter verknüpft ist, und ihr Beitrag zum Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem sollte unter diesem Gesichtspunkt anhand eines ganzheitlichen und multidimensionalen Ansatzes, der die ökologische, wirtschaftliche und soziokulturelle Nachhaltigkeit umfasst, bewertet werden. Die geografischen Angaben sind Instrumente, die dank der in den Produktspezifikationen enthaltenen Mechanismen zu einer nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums, zur Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft, zur Erhaltung von Arbeitsplätzen und KMU, zur Verhinderung der Landflucht, zur Wahrung der kulturellen und sozioökonomischen Vielfalt, zum Schutz ländlicher Gegenden, zur nachhaltigen Bewirtschaftung und Wiederherstellung der natürlichen Ressourcen, zum Erhalt der biologischen Vielfalt, zum Tierwohl, zur Lebensmittelsicherheit und zur Rückverfolgbarkeit beitragen können.

Begründung

Es ist wichtig, den Beitrag der geografischen Angaben zur ökologischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Nachhaltigkeit anzuerkennen, da sie untrennbar mit dem Gebiet verbunden sind.

Änderung 4

Erwägungsgrund 12

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(12)

Um zum Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem beizutragen und der gesellschaftlichen Nachfrage nach Produktionsmethoden, die nachhaltig, umwelt- und klimafreundlich, dem Tierschutz förderlich, ressourceneffizient sowie sozial und ethisch verantwortungsvoll sind, gerecht zu werden, sollten Erzeuger, die geografische Angaben verwenden, angehalten werden, sich an Nachhaltigkeitsstandards zu halten, die strenger als die verbindlichen Standards sind und über die gute Praxis hinausgehen . Derartige spezifische Anforderungen könnten in der Produktspezifikation festgelegt werden.

(12)

Um zum Übergang zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem beizutragen und der gesellschaftlichen Nachfrage nach Produktionsmethoden, die nachhaltig, umwelt- und klimafreundlich, dem Tierschutz förderlich, ressourceneffizient sowie sozial und ethisch verantwortungsvoll sind, gerecht zu werden, sollten Erzeuger, die geografische Angaben verwenden, angehalten werden, Nachhaltigkeitsverpflichtungen einzugehen, die zur Erreichung der Ziele im Bereich der ökologischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Nachhaltigkeit beitragen . Derartige spezifische Verpflichtungen könnten in der Produktspezifikation festgelegt werden.

Begründung

Es gibt keine Definition für „Nachhaltigkeitsstandards“, nach der man sich richten müsste. Daher sollte hier dieselbe Terminologie wie in Artikel 12 verwendet werden, in dem von Nachhaltigkeitsverpflichtungen die Rede ist.

Änderung 5

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 12

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Mit Nachhaltigkeitsverpflichtungen sollte zu einem oder mehreren der folgenden ökologischen, wirtschaftlichen oder soziokulturellen Ziele beigetragen werden:

 

(1)

zu ökologischen Zielen, die u. a. Folgendes umfassen:

Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, einschließlich Energieeffizienz und Verringerung des Wasserverbrauchs;

Erhaltung und nachhaltige Nutzung von Böden, Landschaften und natürlichen Ressourcen;

Erhalt der biokulturellen Vielfalt und Erhaltung von seltenen Samen, lokalen Rassen und Pflanzensorten;

Tiergesundheits- und Tierwohlmanagement und -aufwertung;

Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft;

 

(2)

zu wirtschaftlichen Zielen, die u. a. Folgendes umfassen:

Sicherung existenzsichernder Einkommen und der Resilienz der Erzeuger von Erzeugnissen mit g. A.;

Verbesserung des wirtschaftlichen Wertes von Erzeugnissen mit g. A. und Umverteilung des Mehrwerts;

Beitrag zur Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft;

Erhaltung der ländlichen Strukturen und der lokalen Entwicklung, einschließlich der Beschäftigung in der Landwirtschaft;

 

(3)

zu soziokulturellen Zielen, die u. a. Folgendes umfassen:

Heranführung und Unterstützung junger und neuer Erzeuger von Erzeugnissen mit g. A. und Erleichterung der Weitergabe von Wissen und Kultur von einer Generation zur nächsten;

Beitrag zur Aufwertung der Identität des ländlichen Raums sowie des kulturellen und gastronomischen Erbes;

Förderung der Bildung zu Themen im Zusammenhang mit dem Qualitätssystem, der Ernährungssicherheit und einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung;

bessere Abstimmung zwischen den Erzeugern dank effizienterer Steuerungsinstrumente.

Begründung

Nach Erwägungsgrund 12 sollte eine Definition der Nachhaltigkeitsverpflichtungen hinzugefügt und darauf hingewiesen werden, dass diese drei Säulen — eine wirtschaftliche, eine soziale und eine ökologische — umfasst.

Änderung 6

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 12

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Um die lokalen und regionalen Lebensmittelerzeugungssysteme nachhaltiger zu gestalten und zu einer abwechslungsreichen und ausgewogenen nachhaltigen Ernährung beizutragen, sollten geografische Angaben in die verbindlichen Mindestkriterien für die öffentliche Beschaffung nachhaltiger Lebensmittel aufgenommen werden.

Begründung

Wie in einer Studie des Europäischen Ausschusses der Regionen (1) empfohlen, sollte die Einbeziehung nachhaltiger Lebensmittel, darunter Erzeugnisse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.) und geschützter geografischer Angabe (g. g. A.), gefördert werden.

Änderung 7

Erwägungsgrund 39

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(39)

Die Verfahren für die Eintragung, Änderung und Löschung geografischer Angaben, einschließlich Prüf- und Einspruchsverfahren, sollten so effizient wie möglich durchgeführt werden. Dies kann erreicht werden, indem die vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (European Union Intellectual Property Office, EUIPO) bereitgestellte Unterstützung für die Prüfung der Anträge in Anspruch genommen wird. Zwar ist damit eine teilweise Auslagerung an das EUIPO in Betracht gezogen, doch bliebe die Kommission wegen des engen Zusammenhangs mit der Gemeinsamen Agrarpolitik für die Eintragung, Änderung und Löschung verantwortlich, da sie über das erforderliche Fachwissen verfügt, um die besonderen Merkmale von Wein, Spirituosen und landwirtschaftlichen Erzeugnisse angemessen zu beurteilen.

(39)

Die Verfahren für die Eintragung, Änderung und Löschung geografischer Angaben, einschließlich Prüf- und Einspruchsverfahren, sollten so effizient wie möglich durchgeführt werden. Dies kann erreicht werden, indem die vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (European Union Intellectual Property Office, EUIPO) bereitgestellte Unterstützung für die Prüfung der Anträge in Anspruch genommen wird , soweit es dessen Zuständigkeitsbereich — die Aspekte des geistigen Eigentums — betrifft . Die Einbeziehung des EUIPO darf nicht zu übermäßig komplexen und längeren Verfahren führen. Zwar wird eine teilweise Auslagerung an das EUIPO in Betracht gezogen, doch bliebe die Kommission wegen des engen Zusammenhangs mit der Gemeinsamen Agrarpolitik für die Eintragung, Änderung und Löschung verantwortlich, da sie über das erforderliche Fachwissen verfügt, um die besonderen Merkmale von Wein, Spirituosen und landwirtschaftlichen Erzeugnisse angemessen zu beurteilen.

Begründung

Geografische Angaben sind mehr als Rechte des geistigen Eigentums. Aufgrund ihrer engen Verflechtung mit der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums sollten sie nicht wie Marken behandelt werden. Daher sollte in der vorgeschlagenen Verordnung klargestellt werden, dass die fachliche Unterstützung des EUIPO nur die Prüfung von in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Aspekten, d. h. das geistige Eigentum, betrifft.

Änderung 8

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 39

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Das EUIPO trägt zum Funktionieren des Systems der EU für geografische Angaben bei, indem es sein Fachwissen im Bereich des geistigen Eigentums auch bei der Wahrnehmung von Aufgaben im Zusammenhang mit dem Schutz geografischer Angaben, einschließlich online, bereitstellt.

Begründung

Das EUIPO könnte mit seinem technischen Fachwissen im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums und seinen Ressourcen eine wertvolle Unterstützung für einen besseren Schutz geografischer Angaben bieten. Auf diese Weise könnte das EUIPO die Sachkenntnis der GD AGRI in den Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung durch Fachwissen im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums ergänzen.

Änderung 9

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 39

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Die Effizienz des Systems lässt sich durch klare Fristen und schnellere Verfahren zur Änderung der Produktspezifikationen dank der Unterteilung in Änderungen durch die Union und Standardänderungen verbessern.

Begründung

Die im Dezember 2021 beschlossene Vereinfachung der Verfahren zur Änderung der Produktspezifikationen wird den Verwaltungsaufwand verringern. Dies ist wichtig, da die Änderung der Produktspezifikationen einen erheblichen Einfluss auf die Vornahme von Anpassungen an den Produktionsprozessen hat.

Änderung 10

Erwägungsgrund 56

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(56)

Damit die Kommission bestimmte nicht wesentliche Vorschriften dieser Verordnung ergänzen oder ändern kann, sollte ihr die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte in Bezug auf Folgendes zu erlassen: Festlegung von Nachhaltigkeitsstandards und von Kriterien zur Anerkennung bestehender Nachhaltigkeitsstandards; Präzisierung oder Hinzufügung von Angaben, die als Teil der begleitenden Angaben gemacht werden müssen; Betrauung des EUIPO mit den Aufgaben im Zusammenhang mit der Prüfung von Einsprüchen und dem Einspruchsverfahren, dem Betrieb des Registers, der Veröffentlichung von Standardänderungen einer Produktspezifikation, der Konsultation im Zusammenhang mit einem Löschungsverfahren, der Einrichtung und Verwaltung eines Warnsystems, das Antragsteller über die Verfügbarkeit ihrer geografischen Angabe als Domänenname informiert, der Prüfung geografischer Angaben aus Drittländern, die keine geografischen Angaben gemäß der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben sind und für die auf der Grundlage internationaler Verhandlungen oder Abkommen Schutz beantragt wird; Festlegung geeigneter Kriterien für die Überwachung der Leistung des EUIPO bei der Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben; Festlegung zusätzlicher Vorschriften über die Verwendung geografischer Angaben zur Bezeichnung von Zutaten in Verarbeitungserzeugnissen; Festlegung zusätzlicher Vorschriften über die Bestimmung des Gattungscharakters von Begriffen; Festlegung von Einschränkungen und Ausnahmen in Bezug auf den Ursprung von Futtermitteln im Falle einer Ursprungsbezeichnung; Festlegung von Einschränkungen und Ausnahmen in Bezug auf die Schlachtung lebender Tiere bzw. den Ursprung von Rohstoffen; Festlegung von Vorschriften über die Verwendung des Namens einer Pflanzensorte oder einer Tierrasse; Festlegung von Vorschriften zur Begrenzung der Informationen, die in der Produktspezifikation geografischer Angaben und garantiert traditioneller Spezialitäten enthalten sein dürfen; Festlegung weiterer Einzelheiten zu den Eintragungskriterien für garantiert traditionelle Spezialitäten; Festlegung zusätzlicher Vorschriften über geeignete Zertifizierungs- und Akkreditierungsverfahren, die für Produktzertifizierungsstellen gelten; Festlegung zusätzlicher Vorschriften zur genaueren Definition des Schutzes von garantiert traditionellen Spezialitäten; Festlegung von zusätzlichen Vorschriften über die Bestimmung des Gattungscharakters von Begriffen, die Bedingungen für die Verwendung der Namen von Pflanzensorten und Tierrassen sowie das Verhältnis zu den Rechten des geistigen Eigentums in Bezug auf garantiert traditionelle Spezialitäten; Festlegung zusätzlicher Vorschriften über gemeinsame Anträge, die mehr als ein nationales Hoheitsgebiet betreffen, und Ergänzung der Vorschriften über das Antragsverfahren für garantiert traditionelle Spezialitäten; Ergänzung der Vorschriften über das Einspruchsverfahren für garantiert traditionelle Spezialitäten durch die Festlegung detaillierter Verfahren und Fristen; Ergänzung der Vorschriften über das Antragsverfahren für Änderungen in Bezug auf garantiert traditionelle Spezialitäten; Ergänzung der Vorschriften über das Löschungsverfahren für garantiert traditionelle Spezialitäten; Festlegung detaillierter Vorschriften zu den Kriterien für fakultative Qualitätsangaben; Vorbehalt einer zusätzlichen fakultativen Qualitätsangabe und Festlegung der Bedingungen für deren Verwendung; Festlegung von Ausnahmen für die Verwendung des Begriffs „Bergerzeugnis“ und Festlegung der Produktionsmethoden und der anderen relevanten Kriterien für die Verwendung dieser fakultativen Qualitätsangabe, insbesondere Festlegung der Bedingungen, unter denen Rohstoffe oder Futtermittel von außerhalb der Berggebiete stammen dürfen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(56)

Damit die Kommission bestimmte nicht wesentliche Vorschriften dieser Verordnung ergänzen oder ändern kann, sollte ihr die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte in Bezug auf Folgendes zu erlassen: Präzisierung oder Hinzufügung von Angaben, die als Teil der begleitenden Angaben gemacht werden müssen; Betrauung des EUIPO mit den Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb des Registers, der Veröffentlichung von Standardänderungen einer Produktspezifikation, der Einrichtung und Verwaltung eines Warnsystems, das Antragsteller über die Verfügbarkeit ihrer geografischen Angabe als Domänenname informiert, der Prüfung geografischer Angaben aus Drittländern, die keine geografischen Angaben gemäß der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben sind und für die auf der Grundlage internationaler Verhandlungen oder Abkommen Schutz beantragt wird; Festlegung geeigneter Kriterien für die Überwachung der Leistung des EUIPO bei der Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben; Festlegung von Einschränkungen und Ausnahmen in Bezug auf den Ursprung von Futtermitteln im Falle einer Ursprungsbezeichnung; Festlegung von Einschränkungen und Ausnahmen in Bezug auf die Schlachtung lebender Tiere bzw. den Ursprung von Rohstoffen; Festlegung von Vorschriften über die Verwendung des Namens einer Pflanzensorte oder einer Tierrasse; Festlegung von Vorschriften zur Begrenzung der Informationen, die in der Produktspezifikation geografischer Angaben und garantiert traditioneller Spezialitäten enthalten sein dürfen; Festlegung weiterer Einzelheiten zu den Eintragungskriterien für garantiert traditionelle Spezialitäten; Festlegung zusätzlicher Vorschriften über geeignete Zertifizierungs- und Akkreditierungsverfahren, die für Produktzertifizierungsstellen gelten; Festlegung zusätzlicher Vorschriften zur genaueren Definition des Schutzes von garantiert traditionellen Spezialitäten; Festlegung von zusätzlichen Vorschriften über die Bestimmung des Gattungscharakters von Begriffen, die Bedingungen für die Verwendung der Namen von Pflanzensorten und Tierrassen sowie das Verhältnis zu den Rechten des geistigen Eigentums in Bezug auf garantiert traditionelle Spezialitäten; Festlegung zusätzlicher Vorschriften über gemeinsame Anträge, die mehr als ein nationales Hoheitsgebiet betreffen, und Ergänzung der Vorschriften über das Antragsverfahren für garantiert traditionelle Spezialitäten; Ergänzung der Vorschriften über das Einspruchsverfahren für garantiert traditionelle Spezialitäten durch die Festlegung detaillierter Verfahren und Fristen; Ergänzung der Vorschriften über das Antragsverfahren für Änderungen in Bezug auf garantiert traditionelle Spezialitäten; Ergänzung der Vorschriften über das Löschungsverfahren für garantiert traditionelle Spezialitäten; Festlegung detaillierter Vorschriften zu den Kriterien für fakultative Qualitätsangaben; Vorbehalt einer zusätzlichen fakultativen Qualitätsangabe und Festlegung der Bedingungen für deren Verwendung; Festlegung von Ausnahmen für die Verwendung des Begriffs „Bergerzeugnis“ und Festlegung der Produktionsmethoden und der anderen relevanten Kriterien für die Verwendung dieser fakultativen Qualitätsangabe, insbesondere Festlegung der Bedingungen, unter denen Rohstoffe oder Futtermittel von außerhalb der Berggebiete stammen dürfen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

Begründung

Einige wesentliche Elemente des Systems sollten in der Verordnung und nicht durch delegierte Rechtsakte festgelegt werden.

Änderung 11

Artikel 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

g)

„Gattungsbezeichnung“ ist

i)

der Name eines Erzeugnisses, der sich zwar auf den Ort, die Region oder das Land bezieht, in dem bzw. der das Erzeugnis ursprünglich hergestellt oder vermarktet wurde, jedoch der für das betreffende Erzeugnis in der Union gemeinhin übliche Name geworden ist;

ii)

ein allgemeiner Begriff, der Arten von Erzeugnissen, Merkmale von Erzeugnissen oder andere Begriffe bezeichnet, die sich nicht auf ein bestimmtes Erzeugnis beziehen;

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

g)

„Gattungsbezeichnung“ ist

der Name eines Erzeugnisses, der sich zwar auf den Ort, die Region oder das Land bezieht, in dem bzw. der das Erzeugnis ursprünglich hergestellt oder vermarktet wurde, jedoch der für das betreffende Erzeugnis in der Union gemeinhin übliche Name geworden ist;

Begründung

In Ziffer ii Buchstabe g wird eine neue Bestimmung zur Definition des Begriffs „Gattungsbezeichnung“ hinzugefügt. Diese Frage sollte den Gerichten überlassen werden.

Änderung 12

Artikel 4

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

1.     Die in dieser Verordnung festgelegten Maßnahmen sind darauf angelegt, Landwirtschafts- und Verarbeitungstätigkeiten und die Bewirtschaftungssysteme, die mit hochwertigen Erzeugnissen assoziiert werden, zu unterstützen und dadurch zur Verwirklichung der Ziele der Politik für den ländlichen Raum beizutragen.

Begründung

Das System der EU für geografische Angaben spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Aktivität und des sozialen Lebens in ländlichen Gebieten und trägt daher maßgeblich zur Erhaltung des territorialen Gleichgewichts auf regionaler Ebene bei. Da die Kommission die geografischen Angaben selbst als Schlüsselfaktor für das Wachstum im ländlichen Raum anerkannt hat, sollte erneut darauf verwiesen werden, dass die g. A. ein Instrument zur Entwicklung des ländlichen Raums sind.

Änderung 13

Artikel 4

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)   Dieser Titel legt ein einheitliches und ausschließliches System geografischer Angaben fest, das die Namen von Wein, Spirituosen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen, deren Eigenschaften bzw. Merkmale oder Ansehen an den jeweiligen Erzeugungsort gebunden sind, schützt und damit Folgendes gewährleistet:

(1)   Dieser Titel legt ein einheitliches und ausschließliches System geografischer Angaben fest, das die Namen von Wein, Spirituosen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen, deren Eigenschaften bzw. Merkmale oder Ansehen an den jeweiligen Erzeugungsort gebunden sind, schützt und damit Folgendes gewährleistet:

a)

Erzeuger, die gemeinsam handeln, haben die notwendigen Befugnisse und Zuständigkeiten, um die betreffende geografische Angabe zu verwalten, auch um der Nachfrage der Gesellschaft nach Erzeugnissen, die im Sinne der Nachhaltigkeit in deren drei Dimensionen — wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Wert — erzeugt werden, zu entsprechen und um auf dem Markt tätig zu sein;

a)

Erzeuger, die gemeinsam handeln, haben die notwendigen Befugnisse und Zuständigkeiten, um die betreffende geografische Angabe zu verwalten, auch um einen Mehrwert zu schaffen und der Nachfrage der Gesellschaft nach Erzeugnissen, die im Sinne der Nachhaltigkeit in deren drei Dimensionen — wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Wert — erzeugt werden, zu entsprechen und um auf dem Markt tätig zu sein;

b)

einen fairen Wettbewerb für Erzeuger in der Handelskette;

b)

einen fairen Wettbewerb für Erzeuger in der Handelskette;

c)

Verbraucher erhalten zuverlässige Informationen über die betreffenden Erzeugnisse und eine Garantie für deren Echtheit und können sie im Handel, auch im elektronischen Geschäftsverkehr, leicht erkennen;

c)

Verbraucher erhalten zuverlässige Informationen über die betreffenden Erzeugnisse und eine Garantie für deren Echtheit und können sie im Handel, auch im System für Domänennamen und im elektronischen Geschäftsverkehr, leicht erkennen;

d)

eine effiziente Eintragung von geografischen Angaben unter Berücksichtigung eines angemessenen Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums;

d)

eine effiziente Eintragung von geografischen Angaben unter Berücksichtigung eines angemessenen Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums im Binnenmarkt und im digitalen Markt der EU ;

e)

die wirksame Rechtsdurchsetzung und Vermarktung in der gesamten Union und im elektronischen Geschäftsverkehr, um die Integrität des Binnenmarkts sicherzustellen.

e)

die wirksame Rechtsdurchsetzung und Vermarktung in der gesamten Union sowie im System für Domänennamen und im elektronischen Geschäftsverkehr, um die Integrität des Binnenmarkts sicherzustellen;

f)

der Mehrwert der Erzeugnisse mit geografischer Angabe wird über die gesamte Wertschöpfungskette verteilt, damit die Erzeuger ihre Preise stabilisieren und in die Qualität und das Ansehen ihrer Erzeugnisse investieren können.

Begründung

Wie bei Weinen mit geografischen Angaben (GMO Artikel 172b) sollte betont werden, dass darauf abgezielt werden muss, mit den g. A. über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg einen Mehrwert zu schaffen, um ihre Qualität und ihr Ansehen zu verbessern.

Änderung 14

Artikel 12

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)   Eine Erzeugervereinigung kann Nachhaltigkeitsverpflichtungen vereinbaren, die bei der Erzeugung des Erzeugnisses mit geografischer Angabe einzuhalten sind. Diese Verpflichtungen zielen auf die Anwendung von Nachhaltigkeitsstandards ab, die höher sind als die im Unionsrecht oder im einzelstaatlichen Recht vorgeschriebenen und in Form von sozialen, ökologischen oder wirtschaftlichen Verpflichtungen in relevanter Hinsicht über die gute Praxis hinausgehen. Diese Verpflichtungen müssen spezifisch sein, bei Erzeugnissen mit geografischer Angabe bereits angewendete nachhaltige Verfahren berücksichtigen und können sich auf bestehende Nachhaltigkeitsregelungen beziehen.

(1)   Eine Erzeugervereinigung kann Verpflichtungen hinsichtlich der wirtschaftlichen, ökologischen oder sozialen Nachhaltigkeit vereinbaren, die bei der Erzeugung des Erzeugnisses mit geografischer Angabe einzuhalten sind. Diese Verpflichtungen müssen spezifisch sein, bei Erzeugnissen mit geografischer Angabe bereits angewendete nachhaltige Verfahren berücksichtigen und können sich auf bestehende Nachhaltigkeitsregelungen beziehen.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Nachhaltigkeitsverpflichtungen werden in die Produktspezifikation aufgenommen.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Nachhaltigkeitsverpflichtungen können in die Produktspezifikation aufgenommen und/oder im Rahmen gesonderter Initiativen entwickelt werden .

(3)   Die in Absatz 1 genannten Nachhaltigkeitsverpflichtungen gelten unbeschadet der Anforderungen für die Einhaltung der Hygiene- und Sicherheitsstandards und der Wettbewerbsvorschriften.

(3)   Die in Absatz 1 genannten Nachhaltigkeitsverpflichtungen gelten unbeschadet der Anforderungen für die Einhaltung der Hygiene- und Sicherheitsstandards und der Wettbewerbsvorschriften.

(4)     Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um in verschiedenen Sektoren Nachhaltigkeitsstandards und Kriterien für die Anerkennung bestehender Nachhaltigkeitsstandards festzulegen, die die Erzeuger von Erzeugnissen mit geografischer Angabe befolgen können.

 

(5)     Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte zur Festlegung einer harmonisierten Darstellung von Nachhaltigkeitsverpflichtungen erlassen. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 53 Absatz 2 erlassen.

 

Begründung

Nachhaltigkeitskriterien können nicht im Wege delegierter Rechtsakte festgelegt werden. Dies muss in der Verordnung erfolgen, wobei die Vereinigungen von Erzeugern frei entscheiden können sollten, ob sie die eingegangenen Nachhaltigkeitsverpflichtungen in die Produktspezifikationen aufnehmen oder auf andere Weise umsetzen.

Änderung 15

Artikel 17

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)   Die Prüfung sollte nicht länger als sechs Monate dauern. Wird die Frist von sechs Monaten überschritten oder voraussichtlich überschritten, unterrichtet die Kommission den Antragsteller schriftlich über die Gründe für die Verzögerung.

(2)   Die Prüfung darf nicht länger als sechs Monate dauern. Wird die Frist von sechs Monaten überschritten oder voraussichtlich überschritten, muss die Kommission den Antragsteller schriftlich über die Gründe für die Verzögerung unterrichten .

Begründung

Die in der Verordnung vorgesehene sechsmonatige Frist wird von der Kommission in der Regel nicht eingehalten, und die Erzeuger oder die Mitgliedstaaten werden nie über den Grund für die Verzögerung informiert (obwohl diese Möglichkeit in der Verordnung vorgesehen ist). Es muss präzisiert werden, dass die Prüfung einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten darf.

Änderung 16

Artikel 17

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(5)     Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um die vorliegende Verordnung durch Vorschriften zu ergänzen, mit denen das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (European Union Intellectual Property Office, EUIPO) mit den im vorliegenden Artikel genannten Aufgaben betraut wird.

 

Begründung

Es muss klargestellt werden, dass die Kommission für die Prüfung der Anträge auf Eintragung zuständig ist. Bei Fragen des geistigen Eigentums kann die Kommission auf die fachliche Unterstützung des EUIPO zählen. Diese Aufteilung der Zuständigkeiten in Bezug auf die Rechte des geistigen Eigentums muss jedoch klar im Legislativvorschlag definiert werden und darf nicht im Wege delegierter Rechtsakte geregelt werden.

Änderung 17

Artikel 19

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(10)     Der Kommission wird die Befugnis erteilt, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um die vorliegende Verordnung durch detaillierte Verfahren und Fristen für das Einspruchsverfahren, für die offizielle Einreichung von Stellungnahmen durch nationale Behörden und Personen mit einem berechtigten Interesse, durch die das Einspruchsverfahren nicht ausgelöst wird, sowie durch Vorschriften zu ergänzen, mit denen das EUIPO mit den im vorliegenden Artikel genannten Aufgaben betraut wird.

 

Begründung

Es muss klargestellt werden, dass die Kommission für die Prüfung der Anträge auf Eintragung zuständig ist. Im Falle der Übertragung von Aufgaben an das EUIPO müssen diese klar im Legislativvorschlag definiert werden und dürfen nicht im Wege delegierter Rechtsakte geregelt werden.

Änderung 18

Artikel 25

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(5)   Eine Standardänderung gilt als vorübergehende Änderung, wenn es sich um eine vorübergehende Änderung der Produktspezifikation aufgrund der Einführung verbindlicher gesundheitspolizeilicher oder pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen durch die Behörden oder eine vorübergehende Änderung aufgrund einer Naturkatastrophe oder widriger Witterungsverhältnisse, die offiziell von der zuständigen Behörde anerkannt wurden, handelt.

(5)   Eine Standardänderung gilt als vorübergehende Änderung, wenn es sich um eine vorübergehende Änderung der Produktspezifikation aufgrund der Einführung verbindlicher gesundheitspolizeilicher oder pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen durch die Behörden oder eine vorübergehende Änderung aufgrund einer Naturkatastrophe oder widriger Witterungsverhältnisse oder der Folgen eines außergewöhnlichen geopolitischen Ereignisses , die offiziell von der zuständigen Behörde anerkannt wurden, handelt.

Begründung

Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass geopolitische Situationen wie ein Krieg berücksichtigt werden sollten, um vorübergehende Änderungen der Produktspezifikationen zu ermöglichen.

Änderung 19

Artikel 25

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(8)   Umfasst ein Antrag auf eine Unionsänderung der Produktspezifikation einer eingetragenen geografischen Angabe auch Standardänderungen oder vorübergehende Änderungen, so prüft die Kommission nur die Unionsänderung. Standardänderungen oder vorübergehende Änderungen gelten als nicht eingereicht. Die Prüfung solcher Anträge ist auf die vorgeschlagenen Unionsänderungen ausgerichtet. Die Kommission oder der betreffende Mitgliedstaat kann den Antragsteller gegebenenfalls auffordern, andere Elemente der Produktspezifikationen zu ändern.

(8)   Umfasst ein Antrag auf eine Unionsänderung der Produktspezifikation einer eingetragenen geografischen Angabe auch Standardänderungen oder vorübergehende Änderungen, so prüft die Kommission nur die Unionsänderung. Standardänderungen oder vorübergehende Änderungen gelten als nicht eingereicht. Die Prüfung solcher Anträge ist auf die vorgeschlagenen Unionsänderungen ausgerichtet. Die Kommission vergewissert sich außerdem, dass durch die Unionsänderung der Produktspezifikation einer geografischen Angabe nicht mögliche andere bestehende geografische Angaben oder Ursprungsbezeichnungen geschwächt werden.

Begründung

Es könnte riskant sein, es der Kommission zu erlauben, Änderungen der Produktspezifikationen zu verlangen, die über den eingereichten Antrag auf Änderung hinausgehen.

Änderung 20

Artikel 26

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(6)     Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um diese Verordnung durch Vorschriften zu ergänzen, mit denen das EUIPO mit den in Absatz 5 genannten Aufgaben betraut wird.

 

Begründung

Die Übertragung dieser Aufgaben an das EUIPO ist inakzeptabel.

Änderung 21

Artikel 27 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)   Geografische Angaben, die in das Unionsregister der geografischen Angaben eingetragen sind, werden geschützt gegen

(1)   Geografische Angaben, die in das Unionsregister der geografischen Angaben eingetragen sind, und geografische Angaben, die in der Union durch internationale Vereinbarungen geschützt sind, werden geschützt gegen

Begründung

Geografische Angaben, die durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen geschützt sind, müssen nicht automatisch in das Unionsregister aufgenommen werden.

Änderung 22

Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe a

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

a)

jede direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung der geografischen Angabe für Erzeugnisse, die nicht unter die Eintragung fallen, sofern die betreffenden Erzeugnisse mit den unter dem geschützten Namen eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind oder durch diese Verwendung das Ansehen des geschützten Namens ausgenutzt, geschwächt, verwässert oder beeinträchtigt wird;

a)

jede direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung der geografischen Angabe für Erzeugnisse, die nicht unter die Eintragung fallen, sofern die betreffenden Erzeugnisse mit den unter dem geschützten Namen eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind oder durch diese Verwendung das Ansehen des geschützten Namens ausgenutzt, geschwächt, verwässert oder beeinträchtigt wird , auch wenn die betreffenden Erzeugnisse als Zutaten verwendet werden ;

Begründung

Zwecks Kohärenz mit den in Artikel 28 des Verordnungsvorschlags enthaltenen neuen Bestimmungen zum Schutz geografischer Angaben bei als Zutaten verwendeten Erzeugnissen ist es sinnvoll, auch hier auf geografische Angaben bei als Zutaten verwendeten Erzeugnissen zu verweisen.

Änderung 23

Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

b)

jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, auch wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses oder der Dienstleistung angegeben ist oder der geschützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie „à la“, „Typ“, „Verfahren“, „Fasson“, „Nachahmung“, „-geschmack“, „Art“ oder dergleichen verwendet wird;

b)

jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, auch im Falle einer Beteiligung der Mitgliedstaaten oder von Behörden oder wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses oder der Dienstleistung angegeben ist oder der geschützte Name in Übersetzung , Transkription oder Transliteration oder zusammen mit Ausdrücken wie „à la“, „Typ“, „Verfahren“, „Fasson“, „Nachahmung“, „-geschmack“, „Art“ oder dergleichen verwendet wird , auch wenn die betreffenden Erzeugnisse als Zutaten verwendet werden ;

Begründung

Es gilt, auch den Schutz gegenüber Maßnahmen anderer Mitgliedstaaten und Behörden zu stärken, die formal zwar im Rahmen des Rechtmäßigen durchgeführt werden, jedoch darauf abzielen, die Beliebtheit einer geografischen Angabe auszunutzen.

Änderung 24

Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe c

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

c)

alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben zu Herkunft, Ursprung, Natur oder wesentlichen Eigenschaften des Erzeugnisses auf der inneren oder äußeren Verpackung, in der Werbung, in Unterlagen oder Informationen auf Websites zu dem betreffenden Erzeugnis sowie die Verwendung von Behältnissen, die geeignet sind, einen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs zu erwecken;

c)

alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben zu Herkunft, Ursprung, Natur oder wesentlichen Eigenschaften des Erzeugnisses auf der inneren oder äußeren Verpackung, in der Werbung, in Unterlagen oder Informationen auf Websites oder in Domänennamen zu dem betreffenden Erzeugnis sowie die Verwendung von Behältnissen, die geeignet sind, einen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs zu erwecken;

Änderung 25

Artikel 27 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)     Eine Anspielung auf eine geografische Angabe im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b liegt insbesondere dann vor, wenn ein Begriff, ein Zeichen oder ein anderes Kennzeichnungs- oder Verpackungselement für den verständigen Verbraucher einen unmittelbaren und eindeutigen Zusammenhang mit dem unter die eingetragene geografische Angabe fallenden Erzeugnis herstellt und dadurch das Ansehen des geschützten Namens ausgenutzt, geschwächt, verwässert oder beeinträchtigt wird.

 

Begründung

Der Begriff „Anspielung“ wird in den derzeitigen EU-Vorschriften über geografische Angaben nicht näher definiert. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat eine weite Auslegung des Begriffs vorgenommen, die in dem vorgeschlagenen Wortlaut des Artikels allerdings keine Berücksichtigung findet. Es sollte dem Gerichtshof der EU überlassen werden, diese Frage weiter im Wege von Einzelfallprüfungen zu bewerten.

Änderung 26

Artikel 27 Absatz 7

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(7)     Handelt es sich bei der geografischen Angabe um einen zusammengesetzten Namen, der einen Begriff enthält, der als Gattungsbezeichnung gilt, so stellt die Verwendung dieses Begriffs keine Handlung gemäß Absatz 1 Buchstaben a und b dar.

 

Begründung

Diese Bestimmung könnte mit Risiken für eine Reihe von Weinen mit g. U. verbunden sein.

Änderung 27

Artikel 27 — neuer Absatz

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

(8)     Die Mitgliedstaaten unternehmen die angemessenen administrativen und rechtlichen Schritte, um die widerrechtliche Verwendung von geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben gemäß Absatz 1 für Erzeugnisse zu vermeiden oder zu beenden, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat erzeugt oder vermarktet werden.

Hierzu benennen die Mitgliedstaaten die Behörden, die dafür zuständig sind, diese Schritte im Einklang mit von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Verfahren zu unternehmen.

Begründung

Diese in Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 vorgesehene Bestimmung sollte wieder in den Verordnungsvorschlag aufgenommen werden.

Änderung 28

Artikel 28 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)   Die geografische Angabe, die ein (sic!) Zutat bezeichnet, darf nicht in der Lebensmittelbezeichnung des Verarbeitungserzeugnisses verwendet werden, es sei denn, es besteht eine Vereinbarung mit einer Erzeugervereinigung, die zwei Drittel der Erzeuger vertritt .

(2)   Die geografische Angabe, die eine Zutat bezeichnet, darf nicht in der Lebensmittelbezeichnung des Verarbeitungserzeugnisses verwendet werden, es sei denn, es besteht eine Vereinbarung mit der entsprechenden Erzeugervereinigung, die Mindestanforderungen für ihre Verwendung vorsehen kann . Für diese Verwendung als Zutat kann von dem die geografische Angabe verwendenden Verarbeiter ein finanzieller Ausgleich verlangt werden.

Begründung

Es sollte darauf hingewiesen werden, dass die Erzeugervereinigungen für die Verwendung ihrer geografischen Angaben als Zutat Mindestkriterien festlegen und einen finanziellen Beitrag oder eine Erstattung verlangen können, um die höheren Kosten für den Betrieb und das Management ihrer normalen Geschäftstätigkeit zu decken.

Änderung 29

Artikel 28 Absatz 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(3)     Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um die vorliegende Verordnung durch zusätzliche Vorschriften über die Verwendung geografischer Angaben zur Bezeichnung von Zutaten in Verarbeitungserzeugnissen gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels zu ergänzen.

 

Begründung

In dieser Verordnung sollten neue Vorschriften für geografische Angaben bei als Zutaten verwendeten Erzeugnissen festgelegt werden.

Änderung 30

Artikel 29

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(3)     Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um die vorliegende Verordnung durch zusätzliche Vorschriften über die Bestimmung des Gattungscharakters eines Begriffs gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels zu ergänzen.

 

Begründung

Zusätzliche Vorschriften in Bezug auf Gattungsbezeichnungen sollten gegebenenfalls in der Verordnung selbst und nicht im Wege delegierter Rechtsakte festgelegt werden.

Änderung 31

Artikel 32 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)   Erzeugervereinigungen werden — gemäß den Vorgaben der nationalen Behörden und je nach Art des betreffenden Erzeugnisses — auf Initiative von Interessenträgern gegründet , einschließlich Landwirten, landwirtschaftlichen Zulieferern, Zwischenverarbeitern und Endverarbeitern . Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Tätigkeit der Erzeugervereinigung transparent und demokratisch organisiert ist und alle Erzeuger des Erzeugnisses mit geografischer Angabe das Recht auf Mitgliedschaft in der Erzeugervereinigung haben. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Behördenvertreter und andere Interessenträger wie Verbrauchergruppen, Einzelhändler und Zulieferer in die Tätigkeit der Erzeugervereinigung eingebunden werden.

(1)   Erzeugervereinigungen werden — gemäß den Vorgaben der zuständigen nationalen Behörden und je nach Art des betreffenden Erzeugnisses — auf Initiative von Interessenträgern gegründet und können sich aus Erzeugern und/oder Verarbeitern zusammensetzen . Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Tätigkeit der Erzeugervereinigung transparent und demokratisch organisiert ist und alle Erzeuger des Erzeugnisses mit geografischer Angabe das Recht auf Mitgliedschaft in der Erzeugervereinigung haben.

Begründung

Die Kategorien der Mitglieder von Erzeugervereinigungen variieren je nach Art der Wertschöpfungskette sowie zwischen den Mitgliedstaaten. Deshalb sollte man sich auf die Nennung von Erzeugern und Verarbeitern beschränken. Darüber hinaus ist nicht verständlich, welchen Mehrwert es haben soll, nicht am Erzeugungsprozess beteiligte Akteure als mögliche Mitglieder einer Erzeugervereinigung zu erwähnen.

Änderung 32

Artikel 32 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)   Eine Erzeugervereinigung kann insbesondere die folgenden Befugnisse und Aufgaben wahrnehmen:

(2)   Eine Erzeugervereinigung kann insbesondere die folgenden Befugnisse und Aufgaben wahrnehmen:

a)

Erstellung der Produktspezifikation und Verwaltung der internen Kontrollen, um sicherzustellen , dass die Etappen der Erzeugung (Produktionsschritte) des Erzeugnisses mit geografischer Angabe mit der Produktspezifikation übereinstimmen;

a)

Erstellung der Produktspezifikation und Verwaltung der Tätigkeiten, mit denen sichergestellt wird , dass die Etappen der Erzeugung (Produktionsschritte) des Erzeugnisses mit geografischer Angabe mit der Produktspezifikation übereinstimmen;

b)

Ergreifung von rechtlichen Schritten, um den Schutz der geografischen Angabe und der unmittelbar mit ihr verbundenen Rechte des geistigen Eigentums sicherzustellen;

b)

Ergreifung von rechtlichen Schritten, um den Schutz der geografischen Angabe und der unmittelbar mit ihr verbundenen Rechte des geistigen Eigentums sicherzustellen;

c)

Vereinbarung von Nachhaltigkeitsverpflichtungen, entweder im Rahmen der Produktspezifikation oder als eigenständige Initiative, einschließlich Regelungen, mit denen die Einhaltung dieser Verpflichtungen kontrolliert wird und sichergestellt wird, dass diese angemessen — insbesondere über ein von der Kommission bereitgestelltes Informationssystem — bekannt gemacht werden;

c)

Vereinbarung von Nachhaltigkeitsverpflichtungen, entweder im Rahmen der Produktspezifikation oder als eigenständige Initiative, einschließlich Regelungen, mit denen die Einhaltung dieser Verpflichtungen kontrolliert wird und sichergestellt wird, dass diese angemessen — insbesondere über ein von der Kommission bereitgestelltes Informationssystem — bekannt gemacht werden;

 

d)

Austausch bewährter Verfahren und Sensibilisierung der Erzeuger in Bezug auf die in Artikel 12 vorgesehenen Nachhaltigkeitsverpflichtungen. Dies kann unter anderem durch die Bereitstellung von Informationen über verfügbare Finanzhilfen, die Entwicklung von Instrumenten und durch Aktionspläne erfolgen.

d)

Ergreifung von Maßnahmen, um die Leistungsfähigkeit der geografischen Angabe zu verbessern, einschließlich

e)

Ergreifung von Maßnahmen, um die Leistungsfähigkeit der geografischen Angabe zu verbessern, einschließlich

 

i)

Konzeption, Vorbereitung und Durchführung von gemeinsamen Vermarktungs- und Werbekampagnen;

 

i)

Konzeption, Vorbereitung und Durchführung von gemeinsamen Vermarktungs- und Werbekampagnen;

 

ii)

Verbreitung von Informations- und Werbemaßnahmen mit dem Ziel, die Verbraucher über die Merkmale des Erzeugnisses mit geografischer Angabe zu unterrichten;

 

ii)

Verbreitung von Informations- und Werbemaßnahmen mit dem Ziel, die Verbraucher über die Merkmale des Erzeugnisses mit geografischer Angabe zu unterrichten;

 

iii)

Durchführung von Analysen zum wirtschaftlichen Erfolg, zur Nachhaltigkeit und zu den ernährungsphysiologischen und organoleptischen Eigenschaften des Erzeugnisses mit geografischer Angabe;

 

iii)

Durchführung von Analysen zum wirtschaftlichen Erfolg, zur Nachhaltigkeit und zu den ernährungsphysiologischen und organoleptischen Eigenschaften des Erzeugnisses mit geografischer Angabe;

 

iv)

Verbreitung von Informationen über die geografische Angabe und das entsprechende Unionszeichen;

 

iv)

Verbreitung von Informationen über die geografische Angabe und das entsprechende Unionszeichen;

 

v)

Beratungs- und Schulungsangebote für gegenwärtige und zukünftige Erzeuger, auch zum Thema der Geschlechtergleichstellung und deren durchgängiger Berücksichtigung);

 

v)

Beratungs- und Schulungsangebote für gegenwärtige und zukünftige Erzeuger, auch zum Thema der Geschlechtergleichstellung und deren durchgängiger Berücksichtigung);

e)

Bekämpfung von Fälschungen und der mutmaßlich betrügerischen Verwendung der geografischen Angabe im Binnenmarkt für Erzeugnisse, die nicht mit der Produktspezifikation übereinstimmen, indem die Verwendung der geografischen Angabe im gesamten Binnenmarkt und auf Drittlandsmärkten, in denen die geografische Angabe geschützt ist, auch im Internet, überwacht wird und erforderlichenfalls die Durchsetzungsbehörden über die verfügbaren vertraulichen Systeme informiert werden.

f)

Bekämpfung von Fälschungen und der mutmaßlich betrügerischen Verwendung der geografischen Angabe im Binnenmarkt für Erzeugnisse, die nicht mit der Produktspezifikation übereinstimmen, indem die Verwendung der geografischen Angabe im gesamten Binnenmarkt und auf Drittlandsmärkten, in denen die geografische Angabe geschützt ist, auch im Internet, überwacht wird und erforderlichenfalls die Durchsetzungsbehörden über die verfügbaren vertraulichen Systeme informiert werden.

Begründung

Die nicht anerkannten Erzeugervereinigungen verfügen nicht über ausreichende Kapazitäten, um diesen neuen Aufgaben nachkommen zu können. Vielmehr könnten durch die Übertragung neuer Zuständigkeiten auf anerkannte Erzeugervereinigungen Anreize für die aktivsten nicht anerkannten Erzeugervereinigungen geschaffen werden, sich um eine Anerkennung zu bemühen und in diesem Zusammenhang ihre Struktur zu verbessern.

Änderung 33

Artikel 32 Absatz 2 — neuer Buchstabe g

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

g)

Durchführung von Initiativen zur Aufwertung von Erzeugnissen sowie erforderlichenfalls von Maßnahmen, um Initiativen zu verhindern oder ihnen entgegenzuwirken, die dem Ansehen dieser Erzeugnisse schaden oder schaden könnten.

Begründung

Diese in Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 vorgesehene Bestimmung muss wieder in den Verordnungsvorschlag aufgenommen werden, damit die Rolle und die Befugnisse der Vereinigungen von Erzeugern von Erzeugnissen mit geografischer Angabe gestärkt werden.

Änderung 34

Artikel 33

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)   Auf Antrag von Erzeugervereinigungen , die die Anforderungen des Absatzes 3 erfüllen, benennen die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem nationalen Recht für jede geografische Angabe aus ihrem Hoheitsgebiet, die eingetragen wurde oder für die ein Antrag auf Eintragung gestellt wurde, oder für Namen von Erzeugnissen, die Gegenstand eines Antrags auf Eintragung sein könnten, eine Erzeugervereinigung als anerkannte Erzeugervereinigung.

(1)   Auf Antrag von Erzeugervereinigungen benennen die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem nationalen Recht für eine oder mehrere geografische Angaben aus ihrem Hoheitsgebiet eine Erzeugervereinigung als anerkannte Erzeugervereinigung.

(2)   Eine Erzeugervereinigung kann als anerkannte Erzeugervereinigung benannt werden, sofern zuvor mindestens zwei Drittel der Erzeuger des Erzeugnisses mit geografischer Angabe, auf die mindestens zwei Drittel der Erzeugung des betreffenden Erzeugnisses in dem in der Produktspezifikation bezeichneten geografischen Gebiet entfallen, eine entsprechende Vereinbarung geschlossen haben. Ausnahmsweise gilt eine Behörde im Sinne des Artikels 8 Absatz 2 und ein Einzelerzeuger im Sinne des Artikels 8 Absatz 3 als anerkannte Erzeugervereinigung .

(2)   Eine Erzeugervereinigung kann als anerkannte Erzeugervereinigung benannt werden, sofern

 

a)

ihr je nach Festlegung durch den betreffenden Mitgliedstaat in dem Gebiet, in dem sie tätig ist, eine Mindestanzahl von Erzeugern angeschlossen ist und/oder sie eine Mindestmenge bzw. einen Mindestwert der vermarktbaren Produktion abdeckt. Diese Bestimmungen stehen der Anerkennung von Erzeugervereinigungen, die sich der Kleinerzeugung verschrieben haben, nicht im Wege; aa) sie nicht andere mögliche bestehende geografische Angaben oder Ursprungsbezeichnungen schwächt;

 

b)

sie hinreichende Nachweise dafür vorlegt, dass sie ihren Tätigkeiten sowohl zeitlich als auch in Bezug auf Effizienz und die Bereitstellung von personeller, materieller und technischer Unterstützung für ihre Mitglieder angemessen nachkommen kann;

 

c)

sie ihre Befugnisse und Aufgaben unter Achtung der von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegten bzw. festzulegenden Kriterien für eine faire und ausgewogene Vertretung der an dem Produktionsverfahren beteiligten Kategorien von Akteuren wahrnimmt, um Ausgrenzungen zu vermeiden und eine demokratische Organisation der anerkannten Vereinigung zu gewährleisten .

(3)   Neben den in Artikel 32 Absatz 2 genannten Befugnissen und Aufgaben kann eine anerkannte Erzeugervereinigung die folgenden Befugnisse und Aufgaben wahrnehmen:

(3)   Neben den in Artikel 32 Absatz 2 genannten Befugnissen und Aufgaben kann eine anerkannte Erzeugervereinigung die folgenden Befugnisse und Aufgaben wahrnehmen:

a)

in ihrer Eigenschaft als Inhaberin der Rechte an der geografische Angabe Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen für die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung von Fälschungen und Teilnahme an Netzwerken zum Schutz des geistigen Eigentums;

a)

in ihrer Eigenschaft als Inhaberin der Rechte an der geografische Angabe Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen für die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung von Fälschungen und Teilnahme an Netzwerken zum Schutz des geistigen Eigentums;

b)

Ergreifung von Durchsetzungsmaßnahmen, einschließlich der Einreichung von Anträgen auf Tätigwerden bei den Zollbehörden, um Tätigkeiten, die das Ansehen ihrer Erzeugnisse schädigen oder schädigen könnten, zu verhindern oder zu unterbinden;

b)

Ergreifung von Durchsetzungsmaßnahmen, einschließlich der Einreichung von Anträgen auf Tätigwerden bei den Zollbehörden, um Tätigkeiten, die das Ansehen ihrer Erzeugnisse schädigen oder schädigen könnten, zu verhindern oder zu unterbinden;

c)

Empfehlung — an die nationalen Behörden — von verbindlichen Vorschriften gemäß Artikel 166a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 für die Steuerung des Angebots bei Erzeugnissen mit geografischer Angabe;

c)

Empfehlung — an die nationalen Behörden — von verbindlichen Vorschriften gemäß Artikel 166a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 für die Steuerung des Angebots bei Erzeugnissen mit geografischer Angabe;

d)

Eintragung einer Individual-, Kollektiv- oder Gewährleistungsmarke je nach dem betreffenden Markensystem, die als eines ihrer zentralen Elemente eine geografische Angabe enthält und voraussetzt, dass das Erzeugnis mit der entsprechenden Produktspezifikation übereinstimmt, um die geografische Angabe in den Systemen für Internet-Domänennamen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Union zu schützen.

d)

Eintragung einer Individual-, Kollektiv- oder Gewährleistungsmarke je nach dem betreffenden Markensystem, die als eines ihrer zentralen Elemente eine geografische Angabe enthält und voraussetzt, dass das Erzeugnis mit der entsprechenden Produktspezifikation übereinstimmt, um die geografische Angabe in den Systemen für Internet-Domänennamen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Union zu schützen;

 

e)

Festlegung von Musterwertaufteilungsklauseln im Sinne von Artikel 172 a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, einschließlich marktbedingter Zu- und Abschläge, um zu bestimmen, wie etwaige Entwicklungen der relevanten Marktpreise der betreffenden Produkte oder anderer Erzeugnisse umzulegen sind;

 

f)

Festlegung von Vorschriften für die Verwendung ihres Erzeugnisses mit geografischer Angabe als Zutat, insbesondere: i) Festlegung von Mindestanforderungen für die Verwendung ihres Erzeugnisses mit geografischer Angabe als Zutat; ii) Forderung eines finanziellen Beitrags oder einer Erstattung von dem das Erzeugnis mit geografischer Angabe als Zutat verwendenden Verarbeiter; iii) Durchführung von Kontroll- und Aufsichtstätigkeiten im gesamten EU-Binnenmarkt;

 

g)

Konsultierung durch die Europäische Kommission im Rahmen der Verhandlungen über internationale Handelsabkommen hinsichtlich des Schutzes ihres Namens .

(4)    Die in Absatz 2 genannten Befugnisse und Aufgaben unterliegen einer zuvor geschlossenen Vereinbarung zwischen mindestens zwei Dritteln der Erzeuger des Erzeugnisses mit geografischer Angabe, auf die mindestens zwei Drittel der Erzeugung dieses Erzeugnisses in dem in der Produktspezifikation bezeichneten geografischen Gebiet entfallen.

(4)   Die Mitgliedstaaten führen Kontrollen durch, um sicherzustellen, dass die Bedingungen gemäß Absatz 2 erfüllt sind. Stellen die zuständigen nationalen Behörden fest, dass diese Bedingungen nicht erfüllt sind, heben die Mitgliedstaaten die Entscheidung über die Anerkennung der Erzeugervereinigung auf.

(5)    Die Mitgliedstaaten führen Kontrollen durch, um sicherzustellen, dass die Bedingungen gemäß Absatz 2 erfüllt sind. Stellen die zuständigen nationalen Behörden fest, dass diese Bedingungen nicht erfüllt sind, heben die Mitgliedstaaten die Entscheidung über die Anerkennung der Erzeugervereinigung auf.

 

Begründung

Der derzeitige Wortlaut trägt den unterschiedlichen Rechtslagen in den Mitgliedstaaten nicht Rechnung. In dem Legislativvorschlag sollten allgemeine Grundsätze dafür festgelegt werden, wie Vereinigungen von Erzeugern von Erzeugnissen mit geografischer Angabe von den betreffenden Mitgliedstaaten anerkannt werden können. Auf diese Weise könnte den nationalen Besonderheiten sowie den Unterschieden zwischen verschiedenen Sektoren Rechnung getragen werden. Schließlich ist es wichtig, dass die Kriterien für die Repräsentativität einer anerkannten Vereinigung für Ausgewogenheit in der Beschlussfassung zwischen den einzelnen Mitgliedern der Vereinigung sorgen.

Änderung 35

Artikel 33, neuer Absatz 6

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

(6)     In hinreichend begründeten Fällen können die Mitgliedstaaten auf der Grundlage objektiver und nichtdiskriminierender Kriterien beschließen, dass die Anforderungen des Absatzes 1 bei Erzeugervereinigungen erfüllt sind, die auf der Grundlage der vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung geltenden nationalen Vorschriften bereits auf nationaler Ebene anerkannt waren, und dass dies das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts nicht beeinträchtigt.

Begründung

In einigen Mitgliedstaaten gibt es bereits ein System mit anerkannten Erzeugervereinigungen.

Änderung 36

Artikel 34 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)   Die in der Union niedergelassenen Registrierstellen für länderspezifische Top-Level- Domains können auf Antrag einer natürlichen oder juristischen Person, die ein berechtigtes Interesse hat oder Inhaberin von Rechten ist, nach einem geeigneten alternativen Streitbeilegungsverfahren oder einem Gerichtsverfahren einen unter dieser länderspezifischen Top-Level-Domain registrierten Domänennamen widerrufen oder an die anerkannte Erzeugervereinigung der Erzeugnisse mit der betreffenden geografischen Angabe übertragen, wenn dieser Domänenname von seinem Inhaber ohne ein berechtigtes Interesse oder Rechte an der geografischen Angabe registriert wurde oder wenn er bösgläubig eingetragen wurde oder verwendet wird und seine Verwendung im Widerspruch zu Artikel 27 steht.

(1)    Im Einklang mit Artikel 1 der Verordnung (EU) 2022/xxx gelten für zentrale Plattformdienste, die Gatekeeper für in der Union niedergelassene oder aufhältige Endnutzer und gewerbliche Nutzer betreiben oder anbieten, ungeachtet des Niederlassungsorts oder Standorts der Gatekeeper bzw. der gewerblichen Nutzer und ungeachtet des sonstigen auf die Erbringung von Dienstleistungen anwendbaren Rechts die folgenden Verpflichtungen.

Die Registrierstellen für Domains müssen von Amts wegen oder auf Antrag einer natürlichen oder juristischen Person, die ein berechtigtes Interesse hat oder Inhaberin von Rechten ist, nach einem geeigneten alternativen Streitbeilegungsverfahren oder einem Gerichtsverfahren einen registrierten Domänennamen widerrufen oder an die anerkannte Erzeugervereinigung der Erzeugnisse mit der betreffenden geografischen Angabe bzw. an den Mitgliedstaat, in dem das Erzeugnis mit der betreffenden geografischen Angabe seinen Ursprung hat, übertragen, wenn dieser Domänenname von seinem Inhaber ohne ein berechtigtes Interesse oder Rechte an der geografischen Angabe registriert wurde oder wenn er bösgläubig eingetragen wurde oder verwendet wird und seine Verwendung im Widerspruch zu Artikel 27 steht.

Begründung

In Artikel 34 werden ausschließlich länderspezifische Top-Level-Domains (ccTLD) für EU-Mitgliedstaaten erwähnt. Andere Domänennamen werden von dieser Bestimmung nicht abgedeckt. Deshalb sollte der Wortlaut an die Rechtsvorschriften über digitale Märkte angeglichen werden.

Änderung 37

Artikel 34 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)   Die in der Union niedergelassenen Registrierstellen für länderspezifische Top-Level- Domains stellen sicher, dass alternative Streitbeilegungsverfahren, die zur Beilegung von Streitigkeiten über die Registrierung von Domänennamen im Sinne von Absatz 1 geschaffen werden, geografische Angaben als Rechte anerkennen, die verhindern können, dass ein Domänenname bösgläubig registriert oder verwendet wird.

(2)   Die Registrierstellen für Domains stellen sicher, dass alternative Streitbeilegungsverfahren, die zur Beilegung von Streitigkeiten über die Registrierung von Domänennamen im Sinne von Absatz 1 geschaffen werden, geografische Angaben als Rechte anerkennen, die verhindern können, dass ein Domänenname bösgläubig registriert oder verwendet wird.

Änderung 38

Neuer Artikel nach Artikel 45

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

1.     Das EUIPO kann zum Funktionieren des EU-Systems geografischer Angaben beitragen, indem es der Europäischen Kommission in den in dieser Verordnung vorgesehenen Fällen und nach den darin vorgesehenen Modalitäten technische Unterstützung leistet, wobei seine Zuständigkeiten über den Bereich der Rechte des geistigen Eigentums nicht hinausgehen.

 

2.     Die Einbeziehung des EUIPO darf weder zu einer Überlastung noch zu einer zeitlichen Verzögerung der Verfahren führen.

 

3.     Das EUIPO kann die Europäische Kommission bei folgenden Aufgaben unterstützen:

 

a)

Unterstützung in Rechte des geistigen Eigentums betreffenden Fragen bei der Prüfung von Anträgen im Rahmen von Verfahren zur Eintragung oder Änderung geografischer Angaben und von Einspruchsverfahren;

b)

Veröffentlichung von Standardänderungen einer Produktspezifikation;

c)

Schutz geografischer Angaben, auch im Internet;

d)

Betrieb des Registers der geografischen Angaben;

e)

Einrichtung und Verwaltung eines Warnsystems, das Antragsteller über die Verfügbarkeit ihrer geografischen Angabe als Domänenname informiert.

Begründung

Kapitel 5 des Verordnungsvorschlags ist die geeignete Stelle, um die Arten von Aufgaben, bei denen das EUIPO die Kommission unterstützen kann, näher zu präzisieren und in transparenter Weise aufzuführen. Auf diese Weise könnte das EUIPO die Sachkenntnis der GD AGRI in den Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung durch Fachwissen im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums ergänzen.

Änderung 39

Artikel 47

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(1)    Indem die Kommission eine der in dieser Verordnung vorgesehenen Befugnisse zur Übertragung von Aufgaben an das EUIPO ausübt , wird ihr die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um diese Verordnung durch Kriterien für die Überwachung der Durchführung dieser Aufgaben zu ergänzen. Diese Kriterien können Folgendes umfassen:

(1)    Wenn die Kommission das EUIPO um Unterstützung bei der Wahrnehmung der genannten Aufgaben ersucht , wird ihr die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 84 zu erlassen, um diese Verordnung durch Kriterien für die Überwachung der Durchführung dieser Aufgaben zu ergänzen. Diese Kriterien können Folgendes umfassen:

a)

Umfang, in dem landwirtschaftliche Faktoren in das Prüfungsverfahren einbezogen werden;

a)

Qualität der Bewertung;

b)

Qualität der Bewertung;

b)

Kohärenz der Bewertung von geografischen Angaben aus verschiedenen Quellen;

c)

Kohärenz der Bewertung von geografischen Angaben aus verschiedenen Quellen;

c)

Effizienz der Durchführung der Aufgaben;

d)

Effizienz der Durchführung der Aufgaben;

d)

Verkürzung der Bearbeitungszeit für die Prüfung der Anträge;

e)

Nutzerzufriedenheit.

e)

Nutzerzufriedenheit.

(2)   Spätestens fünf Jahre, nachdem erstmals Aufgaben an das EUIPO übertragen wurden, erstellt die Kommission einen Bericht über Ergebnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Durchführung dieser Aufgaben durch das EUIPO und übermittelt diesen an das Europäische Parlament und den Rat.

(2)   Spätestens fünf Jahre, nachdem erstmals Aufgaben an das EUIPO übertragen wurden, erstellt die Kommission einen Bericht über Ergebnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Durchführung dieser Aufgaben durch das EUIPO und übermittelt diesen an das Europäische Parlament und den Rat.

Begründung

Die Unterstützung des EUIPO bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben wird sich auf Rechte des geistigen Eigentums betreffende Fragen beschränken. Sein Tätigwerden muss auch im Hinblick auf das Kriterium der Verkürzung der Verfahrensdauer bewertet werden.

Änderung 40

Artikel 48 Absatz 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(3)   Die folgenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse können nicht Gegenstand einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geografischen Angabe sein:

(3)   Die folgenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse können nicht Gegenstand einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geschützten geografischen Angabe sein:

a)

Erzeugnisse, die aufgrund ihrer Art nicht im Binnenmarkt gehandelt werden können und nur am Ort der Erzeugung oder in dessen Nähe, etwa in einem Restaurant, verzehrt werden können;

b)

Erzeugnisse, die unbeschadet der in Artikel 5 Absatz 2 genannten Vorschriften gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen und nicht im Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden dürfen.

Erzeugnisse, die unbeschadet der in Artikel 5 Absatz 2 genannten Vorschriften gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen und nicht im Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden dürfen.

Begründung

Da die Art der Erzeugnisse, die unter Umständen ausgeschlossen sein könnten, nicht klar definiert ist, könnte dieser Artikel eine Diskriminierung darstellen.

Änderung 41

Artikel 60

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)   Diese Prüfung sollte nicht länger als sechs Monate dauern. Wird die Frist von sechs Monaten überschritten oder voraussichtlich überschritten, unterrichtet die Kommission den Antragsteller schriftlich über die Gründe für die Verzögerung.

(2)   Diese Prüfung darf nicht länger als sechs Monate dauern. Wird die Frist von sechs Monaten überschritten oder voraussichtlich überschritten, muss die Kommission den Antragsteller schriftlich über die Gründe für die Verzögerung unterrichten .

Begründung

Die in der Verordnung vorgesehene Frist von sechs Monaten wird von der Kommission in der Regel nicht eingehalten. Es muss präzisiert werden, dass die Prüfung einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten darf.

Änderung 42

Artikel 84

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 12 Absatz 4, Artikel 14 Absatz 2, Artikel 15 Absatz 6, Artikel 17 Absatz 5, Artikel 19 Absatz 10, Artikel 23 Absatz 7, Artikel 25 Absatz 10, Artikel 26 Absatz 6, Artikel 28 Absatz 3, Artikel 29 Absatz 3,  Artikel 34 Absatz 3, Artikel 46 Absatz 1, Artikel 46, Artikel 47 Absatz 1, Artikel 48 Absatz 6, Artikel 48 Absatz 7, Artikel 49 Absatz 4, Artikel 51 Absatz 3, Artikel 55 Absatz 5, Artikel 56 Absatz 2, Artikel 73 Absatz 10, Artikel 69 Absatz 4, Artikel 70 Absatz 2, Artikel 58 Absatz 3, Artikel 62 Absatz 10, Artikel 67 Absatz 3, Artikel 68 Absatz 6, Artikel 76 Absatz 4, Artikel 77 Absatz 1, Artikel 78 Absatz 3, Artikel 78 Absatz 4 wird der Kommission für einen Zeitraum von sieben Jahren ab [dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung] übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von sieben Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 15 Absatz 6, Artikel 23 Absatz 7, Artikel 25 Absatz 10, Artikel 34 Absatz 3, Artikel 46 Absatz 1, Artikel 46, Artikel 47 Absatz 1, Artikel 48 Absatz 6, Artikel 48 Absatz 7, Artikel 49 Absatz 4, Artikel 51 Absatz 3, Artikel 55 Absatz 5, Artikel 56 Absatz 2, Artikel 73 Absatz 10, Artikel 69 Absatz 4, Artikel 70 Absatz 2, Artikel 58 Absatz 3, Artikel 62 Absatz 10, Artikel 67 Absatz 3, Artikel 68 Absatz 6, Artikel 76 Absatz 4, Artikel 77 Absatz 1, Artikel 78 Absatz 3, Artikel 78 Absatz 4 wird der Kommission für einen Zeitraum von sieben Jahren ab [dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung] übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von sieben Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

Begründung

Mit diesem Wortlaut würde der Kommission eine große Freiheit eingeräumt, im Wege delegierter Rechtsakte Änderungen am System der geografischen Angaben vorzunehmen. Dies ist nicht hinnehmbar, da die wichtigsten Punkte im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens und somit im Text der Verordnung festgelegt werden müssen.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt den Legislativvorschlag der Kommission und fordert das Europäische Parlament und den Rat nachdrücklich auf, den im Zuge der jüngsten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erwirkten erheblichen Verbesserungen am System der geografischen Angaben (g. A.) Rechnung zu tragen;

2.

merkt an, dass geografische Angaben ein grundlegendes Element der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums sind und sich auf die wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten in den Regionen auswirken;

3.

bedauert in diesem Zusammenhang, dass in dem Verordnungsvorschlag der Verweis auf die Verwirklichung der Ziele der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums in die Erwägungsgründe verbannt wurde, während zuvor in Artikel 1 der Verordnung darauf hingewiesen wurde;

4.

befürwortet die Einführung einheitlicher Verfahrensvorschriften für alle Sektoren, damit für Kohärenz gesorgt und das System der geografischen Angaben verständlicher gemacht wird, und empfiehlt, diesbezüglich nicht weiterzugehen, damit die Besonderheiten der einzelnen Sektoren gewahrt bleiben;

5.

unterstützt den Vorschlag, den regionalen oder lokalen öffentlichen Stellen die Möglichkeit einzuräumen, bei der Erstellung des Antrags und beim Verfahren für die Eintragung der geografischen Angaben zu helfen, um dem Beitrag der Regionen zur Vorbereitung und zu den Vorstufen des Verfahrens für die Eintragung der geografischen Angaben eine formelle Gestalt zu geben;

6.

merkt an, dass g. A. nicht nur als Rechte des geistigen Eigentums, sondern auch als Instrumente zur Entwicklung des ländlichen Raums betrachtet werden sollten;

7.

ist daher der Auffassung, dass sich die GD AGRI aufgrund ihres Fachwissens in den Bereichen Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums weiterhin mit der Prüfung von Anträgen auf Eintragung oder Löschung geografischer Angaben und von Einspruchsanträgen sowie mit Änderungen der Produktspezifikationen befassen sollte;

8.

ist der Ansicht, dass das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) aufgrund seines Fachwissens im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums und seiner Ressourcen zum Funktionieren des EU-Systems geografischer Angaben beitragen könnte, indem es der Europäischen Kommission in einschlägigen Fällen, deren Gegenstand Fragen des geistigen Eigentums sind, und gemäß den Modalitäten, die in diesem Legislativvorschlag und nicht im Wege delegierter Rechtsakte eindeutig festzulegen sind, technische Unterstützung leistet;

9.

betont, dass die Beteiligung des EUIPO an Eintragungsverfahren, Verfahren zur Änderung der Produktspezifikationen und Einspruchsverfahren nicht über dessen Zuständigkeiten im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums hinausgehen und weder zu einer Überlastung noch zu einer zeitlichen Verzögerung der Verfahren führen darf;

10.

stellt allerdings fest, dass die Mitwirkung des EUIPO dem Bericht des Rechnungshofs (2) zufolge keine Verkürzung der Verfahrensdauer bewirkt hat;

11.

betont, wie wichtig es ist, klare Fristen für die Verfahren zur Änderung der Produktspezifikationen festzulegen und diese Verfahren zu beschleunigen, da sie einen erheblichen Einfluss auf die Umsetzung von Anpassungen der Produktionsverfahren haben;

12.

stellt außerdem fest, dass das EUIPO echtes Fachwissen im Bereich der geografischen Angaben aufgebaut hat und über sehr leistungsfähige Instrumente verfügt, die von großem Nutzen für die Überwachung und Förderung geografischer Angaben sowie für die Betrugsbekämpfung sein könnten;

13.

empfiehlt, innerhalb von zwei Jahren im Lichte der vollständigen Übernahme der Eintragung von g. A. für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse durch das EUIPO über diese Übertragung eines Teils der Zuständigkeiten Bilanz zu ziehen, um festzustellen, ob die Verordnung geändert werden muss;

14.

hält angesichts der territorialen Dimension der g. A. seine Einbeziehung in den Bewertungsmechanismus für wünschenswert;

15.

erkennt an, dass geografische Angaben — angesichts der engen Verbindungen zu den Ursprungsgebieten der entsprechenden Erzeugnisse — zur ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit beitragen und eine diversifizierte und ausgewogene Ernährung fördern;

16.

befürwortet die Aufnahme freiwilliger Nachhaltigkeitsverpflichtungen in die Vorschriften für geografische Angaben. Diese gilt es in der Verordnung näher zu definieren, wobei den Erzeugervereinigungen die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, die Nachhaltigkeitsstandards auf ihre jeweiligen Gebiete abzustimmen;

17.

begrüßt das Bestreben der Europäischen Kommission, die Erzeuger von Erzeugnissen mit geografischer Angabe zu einer effizienten Zusammenarbeit innerhalb der Erzeugervereinigungen zu ermutigen und diesen Vereinigungen mehr Befugnisse zu übertragen, da eine starke kollektive Governance zentraler Bestandteil des Systems der geografischen Angaben ist;

18.

bedauert, dass der Wortlaut des Kommissionsvorschlags aufgrund der dort vorgesehenen zwei Ebenen der Repräsentativität zu großer Verwirrung in Bezug auf die verschiedenen Erzeugervereinigungen und deren Befugnisse und Aufgaben führt, und ist der Ansicht, dass der derzeitige Wortlaut den unterschiedlichen Rechtslagen in den Mitgliedstaaten nicht Rechnung trägt;

19.

befürwortet die Verbesserung des Schutzes von g. A., insbesondere im Internet und beim Verkauf über Online-Plattformen, sowie des Schutzes vor der bösgläubigen Eintragung und Verwendung geografischer Angaben im System der Domänennamen;

20.

befürwortet die Klarstellungen bei als Zutaten verwendeten g. A.-Erzeugnissen;

21.

empfiehlt in der Erwägung, dass Erzeugnisse mit geografischer Angabe einen Umsatz von 74,76 Mrd. Euro und 15,5 % der gesamten Agrar- und Lebensmittelausfuhren der EU ausmachen, dass geografische Angaben weiterhin im Rahmen von Handelsabkommen geschützt werden;

22.

empfiehlt in der Erwägung, dass g. A.-Erzeugnisse mit geringem oder mittlerem Verkaufswert einen Anteil von 48 % an der Gesamtzahl geografischer Angaben in der EU haben, aber nur 0,5 % des mit Produkten mit geografischen Angaben erzielten Gesamtumsatzes ausmachen (3), eine angemessene Unterstützung, damit die Erzeuger die Produktionskosten tragen und ihre Zertifizierung somit behalten können;

23.

ist der Ansicht, dass es in Bezug auf die fakultativen Qualitätsangaben sinnvoll sein könnte, die mögliche Wiedereinführung der Angabe „Erzeugnis der Insellandwirtschaft“ und die mögliche Einführung einer Angabe „Milch, Käse und Fleisch aus Weidehaltung“ für Erzeugnisse in Erwägung zu ziehen, bei denen garantiert ist, dass sich die Tiere in der Weidesaison zu über 80 % auf Weideflächen ernähren;

24.

empfiehlt, die Umsetzung der fakultativen Qualitätsangabe „Bergerzeugnis“ zu beschleunigen, erinnert die Mitgliedstaaten deswegen an die mit dieser Angabe verbundenen Möglichkeiten, und empfiehlt, die Umsetzung dieser fakultativen Qualitätsangabe zu überwachen;

25.

erkennt an, dass geografische Angaben auch ein entscheidender Faktor für den Erhalt eines „UNESCO-Welterbe“-Siegels sein können (4), und empfiehlt, zwecks Aufwertung des ländlichen Raums Synergien zwischen diesen beiden Gütesiegeln zu schaffen und auf diese Weise dafür zu sorgen, dass das Kulturerbe einen Mehrwert für die landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten und somit für die gesamte Wirtschaft des Gebiets schaffen kann.

Brüssel, den 30. November 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  Europäischer Ausschuss der Regionen, Soldi, R., Sustainable public procurement of food, 2018, https://data.europa.eu/doi/10.2863/1187.

(2)  Sonderbericht Nr. 06/2022 — Rechte des geistigen Eigentums in der EU: solider Schutz mit kleinen Schwächen.

(3)  Europäische Kommission (Februar 2021): Study on economic value of EU quality schemes, geographical indications (GIs) and traditional specialities guaranteed (TSGs).

(4)  Europäischer Ausschuss der Regionen (März 2022): How can local and regional authorities use World Heritage agricultural landscapes as a tool for enhancing the economic and social sustainability of rural areas? Case studies and recommendations for successful knowledge transfer.


2.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 79/99


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die nächste Generation von Eigenmitteln für den EU-Haushalt

(2023/C 79/12)

Berichterstatterin:

Nathalie SARRABEZOLLES (FR/SPE), Mitglied des Departementrates des Departements Finistère

Referenzdokumente:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Die nächste Generation von Eigenmitteln für den EU-Haushalt

COM(2021) 566 final

Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses (EU, Euratom) 2020/2053 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union

COM(2021) 570 final

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027

COM(2021) 569 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses (EU, Euratom) 2020/2053 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union

COM(2021) 570 final

Änderung 1

Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Das mit der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*) eingerichtete Emissionshandelssystem der EU ist ein zentraler Bestandteil der Klimapolitik der Union. Angesichts der engen Verknüpfung des Emissionshandels mit den klimapolitischen Zielen der Union ist es angezeigt , einen Teil der betreffenden Einnahmen dem Unionshaushalt zuzuweisen.

Das mit der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*) eingerichtete Emissionshandelssystem der EU ist ein zentraler Bestandteil der Klimapolitik der Union. Angesichts der engen Verknüpfung des Emissionshandels mit den klimapolitischen Zielen der Union und des grenzüberschreitenden Charakters der CO2-Emissionen wäre es angebracht , einen Teil der betreffenden Einnahmen dem Unionshaushalt zuzuweisen , allerdings nur unter der Bedingung, dass die finanziellen Kapazitäten der nationalen Behörden zur Erfüllung der Ziele des Grünen Deals dadurch nicht beeinträchtigt werden .

Begründung

Die Verlagerung von Einnahmen aus dem EHS von der Ebene der Mitgliedstaaten auf die EU-Ebene könnte die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren, aufgrund der geringeren Einnahmen beeinträchtigen.

Änderung 2

Erwägungsgrund 5

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Um eine übermäßig regressive Wirkung auf die Beiträge aus dem Emissionshandel zu vermeiden, sollte für infrage kommende Mitgliedstaaten ein Höchstbeitrag festgelegt werden. Für den Zeitraum 2023 bis 2027 kommen Mitgliedstaaten infrage, deren pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen ausgedrückt in Kaufkraftstandards und berechnet anhand von Unionsdaten für 2020 unter 90 % des EU-Durchschnitts liegt. Für den Zeitraum 2028 bis 2030 sollte das Pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen im Jahr 2025 verwendet werden. Der Höchstbeitrag sollte ermittelt werden, indem die Anteile der Mitgliedstaaten an den gesamten EHS-Eigenmitteln mit den Anteilen dieser Mitgliedstaaten am Bruttonationaleinkommen der Union verglichen werden. Für alle Mitgliedstaaten sollte ein Mindestbeitrag festgelegt werden, wenn ihr Anteil am Gesamtbetrag der EHS-Eigenmittel weniger als 75 % ihres Anteils am Bruttonationaleinkommen der Union beträgt.

Um eine übermäßig regressive Wirkung auf die Beiträge aus dem Emissionshandel zu vermeiden, sollte für infrage kommende Mitgliedstaaten ein Höchstbeitrag festgelegt werden. Für den Zeitraum 2023 bis 2027 kommen Mitgliedstaaten infrage, deren pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen ausgedrückt in Kaufkraftstandards und berechnet anhand von Unionsdaten für den Zeitraum 2018- 2020 unter 90 % des EU-Durchschnitts liegt. Für den Zeitraum 2028 bis 2030 sollte das Pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen im Zeitraum 2023- 2025 verwendet werden. Der Höchstbeitrag sollte ermittelt werden, indem die Anteile der Mitgliedstaaten an den gesamten EHS-Eigenmitteln mit den Anteilen dieser Mitgliedstaaten am Bruttonationaleinkommen der Union verglichen werden. Für alle Mitgliedstaaten sollte ein Mindestbeitrag festgelegt werden, wenn ihr Anteil am Gesamtbetrag der EHS-Eigenmittel weniger als 75 % ihres Anteils am Bruttonationaleinkommen der Union beträgt.

Begründung

In der Kohäsionspolitik ist es gängige Praxis, bei der Einstufung der Regionen und Mitgliedstaaten als entwickelte, weniger entwickelte oder Übergangsregionen den BNE-Durchschnitt über drei Jahre heranzuziehen. Der AdR schlägt vor, diese Methode auch zur Berechnung des Rabattmechanismus für die auf EHS-Einnahmen basierenden Eigenmittel anzuwenden.

Änderung 3

Erwägungsgrund 6

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Mit der Verordnung (EU) [XXX] des Europäischen Parlaments und des Rates15 wird ein CO2-Grenzausgleichssystem eingeführt, das das EU-Emissionshandelssystem ergänzt und die Wirksamkeit der Klimapolitik der Union gewährleistet. Angesichts der engen Verknüpfung des CO2-Grenzausgleichssystems mit der Klimapolitik der Union sollte ein Anteil der Einnahmen aus dem Verkauf von Zertifikaten als Eigenmittel an den Unionshaushalt überführt werden.

Mit der Verordnung (EU) [XXX] des Europäischen Parlaments und des Rates15 wird ein CO2-Grenzausgleichssystem eingeführt, das das EU-Emissionshandelssystem ergänzt und die Wirksamkeit der Klimapolitik der Union gewährleistet. Angesichts der engen Verknüpfung des CO2-Grenzausgleichssystems mit der Klimapolitik der Union und des grenzüberschreitenden Charakters der CO2-Emissionen und der Wertschöpfungsketten in der Industrie sollte ein Anteil der Einnahmen aus dem Verkauf von Zertifikaten als Eigenmittel an den Unionshaushalt überführt werden.

Begründung

Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters der CO2-Emissionen und der Wertschöpfungsketten in der Industrie lassen sich die Einnahmen aus dem CO2-Grenzausgleichssystem kaum einzelnen Ländern zuordnen. Dies ist ein gewichtiger Grund dafür, die Einnahmen der EU-Ebene zuzuweisen.

Änderung 4

Erwägungsgrund 7

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Im Oktober 2021 erzielte der inklusive Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der G20 zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung eine Einigung über die Zuweisung von 25 % der Residualgewinne großer multinationaler Unternehmen oberhalb der Rentabilitätsschwelle von 10 % an die teilnehmenden Länder bzw. deren Hoheitsgebiete, in denen sich die Märkte befinden (im Folgenden „Säule-1-Abkommen des inklusiven Rahmens der OECD/G20“). Für die Eigenmittel sollte ein einheitlicher Abrufsatz auf den den Mitgliedstaaten [gemäß der Richtlinie zur Umsetzung der globalen Vereinbarung über die Neuzuweisung von Besteuerungsrechten] neu zugewiesenen Anteil an den Residualgewinnen multinationaler Unternehmen angewendet werden.

Im Oktober 2021 erzielte der inklusive Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der G20 zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung eine Einigung über die Zuweisung von 25 % der Residualgewinne großer multinationaler Unternehmen oberhalb der Rentabilitätsschwelle von 10 % an die teilnehmenden Länder bzw. deren Hoheitsgebiete, in denen sich die Märkte befinden (im Folgenden „Säule-1-Abkommen des inklusiven Rahmens der OECD/G20“). Für die Eigenmittel sollte ein einheitlicher Abrufsatz auf den den Mitgliedstaaten [ nach Inkrafttreten des multilateralen Abkommens und gemäß der Richtlinie zur Umsetzung der globalen Vereinbarung über die Neuzuweisung von Besteuerungsrechten] neu zugewiesenen Anteil an den Residualgewinnen multinationaler Unternehmen angewendet werden.

Begründung

Es sollte präzisiert werden, dass die Einführung dieser neuen Eigenmittel vom Abschluss des multilateralen Abkommens abhängt, mit dem Säule 1 des inklusiven Rahmens der OECD/G20 umgesetzt werden soll.

Änderung 5

Artikel 1

Ziffer 1 Buchstabe d ändern:

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

„(2a)   Abweichend von Absatz 1 Buchstabe e gilt bis zum Haushaltsjahr 2030 Folgendes:

„(2a)   Abweichend von Absatz 1 Buchstabe e gilt bis zum Haushaltsjahr 2030 Folgendes:

Liegt der Anteil eines Mitgliedstaats am Gesamtbetrag der Einnahmen, die sich aus der Anwendung von Absatz 1 Buchstabe e ergeben, unter 75 % seines Anteils am Bruttonationaleinkommen der Union, so stellt dieser Mitgliedstaat einen Betrag zur Verfügung, der sich ergibt aus der Multiplikation von 75 % dieses Anteils am Bruttonationaleinkommen mit dem Gesamtbetrag der Einnahmen aus der Anwendung von Absatz 1 Buchstabe e.

Liegt der Anteil eines Mitgliedstaats am Gesamtbetrag der Einnahmen, die sich aus der Anwendung von Absatz 1 Buchstabe e ergeben, unter 75 % seines Anteils am Bruttonationaleinkommen der Union, so stellt dieser Mitgliedstaat einen Betrag zur Verfügung, der sich ergibt aus der Multiplikation von 75 % dieses Anteils am Bruttonationaleinkommen mit dem Gesamtbetrag der Einnahmen aus der Anwendung von Absatz 1 Buchstabe e.

Der Anteil eines Mitgliedstaats am Gesamtbetrag der Einnahmen, die sich aus der Anwendung von Absatz 1 Buchstabe e ergeben, darf bei Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen von weniger als 90 % des Unionsdurchschnitts, ausgedrückt in Kaufkraftstandards und berechnet anhand der Daten für 2020 (für den Zeitraum 2023-2027) bzw. der Daten für 2025 (für den Zeitraum 2028-2030), 150 % des Anteils dieses Mitgliedstaats am Bruttonationaleinkommen der Union nicht übersteigen.

Der Anteil eines Mitgliedstaats am Gesamtbetrag der Einnahmen, die sich aus der Anwendung von Absatz 1 Buchstabe e ergeben, darf bei Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen von weniger als 90 % des Unionsdurchschnitts, ausgedrückt in Kaufkraftstandards und berechnet anhand der Daten für 2018-2020 (für den Zeitraum 2023-2027) bzw. der Daten für 2023-2025 (für den Zeitraum 2028-2030), 150 % des Anteils dieses Mitgliedstaats am Bruttonationaleinkommen der Union nicht übersteigen.

Begründung

In der Kohäsionspolitik ist es gängige Praxis, bei der Einstufung der Regionen und Mitgliedstaaten als entwickelte, weniger entwickelte oder Übergangsregionen den BNE-Durchschnitt über drei Jahre heranzuziehen. Der AdR schlägt vor, diese Methode auch zur Berechnung des Rabattmechanismus für die auf EHS-Einnahmen basierenden Eigenmittel anzuwenden.

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027

COM(2021) 569 final

Änderung 6

Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Die Einführung des EU-Emissionshandels für die Bereiche Gebäude und Straßenverkehr gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates14 könnte kurzfristige soziale Auswirkungen zeitigen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, wurde mit der Verordnung (EU) [XXXX] final des Europäischen Parlaments und des Rates15 ein Klima-Sozialfonds eingerichtet, der im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens aus dem Gesamthaushaltsplan der Union finanziert werden soll. Die Obergrenze der Mittel für Verpflichtungen der Rubrik 3 „Natürliche Ressourcen und Umwelt“ und die Obergrenze der Mittel für Zahlungen sollten daher für die Jahre 2025, 2026 und 2027 angepasst werden.

Die Einführung des EU-Emissionshandels für die Bereiche Gebäude und Straßenverkehr gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates14 könnte kurzfristige soziale Auswirkungen zeitigen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, wurde mit der Verordnung (EU) [XXXX] final des Europäischen Parlaments und des Rates15 ein Klima-Sozialfonds eingerichtet, der im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens aus dem Gesamthaushaltsplan der Union finanziert werden soll. Die Obergrenze der Mittel für Verpflichtungen der Rubrik 3 „Natürliche Ressourcen und Umwelt“ und die Obergrenze der Mittel für Zahlungen sollten daher für die Jahre 2024, 2025, 2026 und 2027 angepasst werden.

Begründung

Der Klima-Sozialfonds sollte ein Jahr früher anlaufen als die Ausweitung des EHS auf den Verkehrs- und Gebäudesektor, damit wirtschaftlich schwache Haushalte, Kleinst- und Kleinunternehmen sowie Mobilitätsnutzer ausreichend Zeit haben, sich anzupassen.

Änderung 7

Neuer Erwägungsgrund nach Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Für die Obergrenze der Rubrik 3 sollte eine automatische „Anpassung bei CO2-Preisschwankungen“ eingeführt werden, um im Falle höherer CO2-Preise in den Bereichen Mobilität und Gebäude eine jährliche Aufstockung der Mittel für den Klima-Sozialfonds zu ermöglichen.

Begründung

Die Haushaltsmittel für den Klima-Sozialfonds müssen aufgestockt werden können, wenn der CO2-Preis in den EHS2-Sektoren den ursprünglich von der Kommission angesetzten Preis übersteigt.

Änderung 8

Artikel 1, neuer Absatz 3 zur Einfügung eines Artikel 4b

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

 

Folgender Artikel 4b wird eingefügt:

„Artikel 4b

CO2-Preisanpassungsmechanismus

1.     Ab dem Jahr 2024 werden nach der Vorlage der vorläufigen Rechnungen für das Jahr n-1 gemäß Artikel 245 Absatz 3 der Haushaltsordnung die Ausgaben-Obergrenze der Mittel für Verpflichtungen der Rubrik 3 und die Obergrenze der Mittel für Zahlungen für das laufende Jahr nach oben angepasst, wenn der CO2-Preis in den EHS2-Sektoren den ursprünglich von der Kommission angesetzten Preis übersteigt.

2.     Die jährliche Anpassung wird auf der Grundlage des durchschnittlichen EHS2-CO2-Preises in der EU-27 im Jahr - 1 berechnet.“

Begründung

Die Haushaltsmittel für den Klima-Sozialfonds müssen aufgestockt werden können, wenn der CO2-Preis in den EHS2-Sektoren den ursprünglich von der Kommission angesetzten Preis übersteigt.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

nimmt den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, drei neue Kategorien von Eigenmitteln für den EU-Haushalt einzuführen, ist jedoch nach wie vor zutiefst besorgt über das Fehlen einer glaubwürdigen Folgenabschätzung hinsichtlich der Kosten, die den europäischen Unternehmen und Verbrauchern durch diese Maßnahmen entstehen;

2.

betont die Notwendigkeit, eine neue Kategorie von Eigenmitteln einzuführen, die nicht nur zur Zurückzahlung der NextGenerationEU-Schulden erforderlich sind, sondern auch, um die finanzielle Autonomie des EU-Haushalts dauerhaft zu erhöhen und die Mitgliedstaaten von der Denkweise des „angemessenen Mittelrückflusses“ abzubringen; die Eigenmittel sollten so eingeführt werden, dass sie für die Haushalte der Mitgliedstaaten tragfähig sind;

3.

stellt fest, dass die ersten, am 1. Januar 2021 eingeführten Eigenmittel auf der Grundlage nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff nicht zweckgebunden sind für die Wiederverwendung und das Recycling von Kunststoffabfällen; fordert verstärkte Anstrengungen der EU zur Verringerung der Verwendung von Kunststoffen und zum Recycling von Kunststoffen;

4.

stellt fest, dass die Einführung eines ersten Korbs neuer Eigenmittel im Jahr 2023 im Einklang mit dem in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2021 festgelegten Fahrplan eine positive Botschaft an die Anleger auf den Finanzmärkten und an die Ratingagenturen senden wird; weist darauf hin, dass ausreichende Einnahmen aus neuen Eigenmitteln unerlässlich sind, um die Rückzahlung der NextGenerationEU-Schulden zu gewährleisten, ohne die EU-Programme im nächsten MFR zu gefährden;

Ein CO2-Grenzausgleichssystem

5.

unterstützt den Vorschlag zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM), durch das Klimaschutzmaßnahmen weltweit gefördert werden sollen. Das CBAM sollte dabei in eine umfassendere Industriestrategie der EU für den Wandel eingebettet werden;

6.

weist darauf hin, dass die Einnahmen aus dem CO2-Markt und aus einer CO2-Grenzabgabe im Zuge der Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft und der schrittweisen Einführung vergleichbarer CO2-Preismechanismen durch Drittländer mit der Zeit zurückgehen können;

7.

erkennt den Mechanismus als nützliches Instrument an, mit dem die EU zu einer weltweiten Verringerung der CO2-Emissionen beitragen kann, äußert jedoch eine Reihe von Bedenken, u. a. bezüglich der unvorhersehbaren Auswirkungen des Mechanismus auf die EU-Märkte, einschließlich KMU und Landwirtschaft. Die Europäische Kommission muss die Umsetzung des Mechanismus und seine Auswirkungen auf die Märkte besser überwachen und dem Parlament und dem Rat darüber Bericht erstatten;

8.

betont, dass EHS-Zertifikate (1) für vom CBAM erfasste Sektoren schrittweise abgeschafft und durch die Versteigerung aller Emissionszertifikate ersetzt werden sollten, um die langfristige Vereinbarkeit mit den WTO-Regeln sicherzustellen;

Eigenmittel auf der Grundlage des neuen EHS

9.

befürwortet den Vorschlag zur Einführung einer neuen Eigenmittelkategorie auf der Grundlage des reformierten EU-Emissionshandelssystems (EHS); betont, dass der grenzüberschreitende Charakter der CO2-Emissionen, die mit negativen externen Effekten einhergehen, welche nicht auf die Verursacherländer beschränkt sind, ein gewichtiger Grund dafür ist, die Einnahmen aus der Versteigerung von EHS-Zertifikaten auf EU-Ebene zuzuteilen; unterstreicht, dass dies die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, ihre nationalen Klimaschutzprogramme zu finanzieren, nicht beeinträchtigen darf;

10.

ist der Ansicht, dass die negativen sozialen und territorialen Auswirkungen der Ausweitung des EHS auf den Gebäude- und Verkehrssektor (EHS2) unbedingt abgemildert werden müssen; ist der Auffassung, dass der Vorschlag der Kommission, einen Klima-Sozialfonds einzurichten, der mit 25 % der Einnahmen aus dem EHS2 ausgestattet wird, völlig unzureichend wäre, um den enormen Umfang der Renovierung von Wohngebäuden und die Elektrifizierung des Straßenverkehrs zu bewältigen; betont, wie wichtig es ist, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften umfassend in die Verwaltung der EHS-Mittel und des Klima-Sozialfonds einzubeziehen; empfiehlt, den Klima-Sozialfonds in die Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen der Kohäsionspolitik aufzunehmen, um seine Verwaltung für die Behörden und Begünstigten vor Ort zu vereinfachen. Dabei sollte es prioritär darum gehen, dass die bestehenden Investitions- und Kohäsionsinstrumente besser und schneller greifen, und nicht darum, neue Fonds einzurichten, die sich mit den bestehenden Mechanismen überschneiden und in denen neue Regeln für die gleichen Ziele festgelegt werden. Dadurch bestünde die Gefahr, dass die derzeitigen Vorschriften über die Förderfähigkeit von Energiequellen umgangen werden;

11.

ist der Auffassung, dass das CBAM nur dann den Veränderungen in Bezug auf Technologie, Rechtsvorschriften und Markt gerecht wird, wenn es dynamisch ist und sein Anwendungsbereich auf Branchen und Emissionen regelmäßig überprüft wird, wobei seine lokalen und regionalen Auswirkungen zu berücksichtigen sind; ist bereit, die Bewertung der Auswirkungen des CBAM auf die Regionen zu unterstützen;

12.

unterstützt die Idee, den Klima-Sozialfonds durch Eigenmittel zu finanzieren, anstatt die Einnahmen aus dem EHS2 als zweckgebundene Einnahmen zu verwenden; stellt fest, dass ein Zweckbindungsmechanismus die langfristige Planung erschweren würde, da sich die jährlichen Beträge nicht vorhersehen lassen und schwanken können;

13.

weist darauf hin, dass die auf dem EHS basierenden Eigenmittel 71 % der Gesamteinnahmen aus diesem ersten Korb neuer Eigenmittel ausmachen werden. Die Beibehaltung der EHS-Eigenmittel ist daher für die Glaubwürdigkeit des Pakets von entscheidender Bedeutung;

14.

ist jedoch besorgt, dass die für den Klima-Sozialfonds vorgesehenen Mittel im Falle sehr hoher CO2-Preise nicht ausreichen könnten; unterstützt die Idee (2), eine automatische „Anpassung bei CO2-Preisschwankungen“ einzuführen, um die jährlichen Haushaltsmittel für den Klima-Sozialfonds im Falle höherer CO2-Preise in den EHS2-Sektoren aufzustocken;

15.

vertritt die Ansicht, dass der Klima-Sozialfonds 2024 anlaufen sollte, d. h. ein Jahr früher als die Ausweitung des EHS auf den Verkehrs- und Gebäudesektor, damit wirtschaftlich schwache Haushalte, Kleinst- und Kleinunternehmen sowie Mobilitätsnutzer unter besonderer Berücksichtigung der von Mobilitätsarmut betroffenen Menschen ausreichend Zeit haben, sich anzupassen;

Eigenmittel auf der Grundlage der ersten Säule des inklusiven Rahmens der OECD/G20

16.

begrüßt den Vorschlag der Kommission, eine neue Kategorie von Eigenmitteln auf der Grundlage der ersten Säule des inklusiven Rahmens der OECD/G20 einzuführen; weist jedoch darauf hin, dass die Einführung dieser neuen Eigenmittelkategorie davon abhängt, ob das multilaterale OECD/G20-Abkommen im Laufe des Jahres 2022 erfolgreich abgeschlossen werden kann;

17.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, sich auf den Fall vorzubereiten, dass größere Staaten und insbesondere die USA das Abkommen nicht ratifizieren; ist der Ansicht, dass die EU in einem solchen Fall vorangehen und eine EU-Digitalsteuer als Zwischenlösung vorschlagen sollte, bis eine umfassendere globale Lösung zur Besteuerung großer multinationaler Unternehmen gefunden wird;

18.

weist darauf hin, dass die Einigung der OECD/G20 von 2021 über die globale Besteuerung den Abschluss der vorbereitenden Arbeiten für das multilaterale Übereinkommen bis Anfang 2022 vorsah; stellt fest, dass die Fortschritte bei der Umsetzung ins Stocken geraten sind, da die OECD den endgültigen Wortlaut des multilateralen Übereinkommens noch nicht fertiggestellt hat; ist besorgt darüber, dass eine Verschiebung des politischen Kräfteverhältnisses infolge der Zwischenwahlen in den USA die Fähigkeit des Landes zur Unterzeichnung und Ratifizierung des multilateralen Übereinkommens gefährden könnte;

Weitere mögliche Kategorien von Eigenmitteln

19.

weist darauf hin, dass die drei vorgeschlagenen neuen Kategorien von Eigenmitteln nach Schätzungen der Kommission zwischen 2026 und 2030 jährlich bis zu 17 Mrd. EUR einbringen werden; stellt fest, dass dieser Betrag nicht ausreichen wird, um sowohl die Kosten für die Rückzahlung der NextGenerationEU-Schulden (15 Mrd. EUR/Jahr) als auch die Finanzierung des Klima-Sozialfonds (9,7 Mrd. EUR/Jahr) zu decken; unterstreicht daher, dass zusätzliche neue Eigenmittel erforderlich sein werden; unterstreicht die Bedeutung territorialer Folgenabschätzungen und fordert die Kommission auf, dies bei der Vorlage neuer Eigenmittel zu berücksichtigen;

20.

ist besorgt über den Vorschlag der Europäischen Kommission, dass die Mitgliedstaaten nicht ausgegebene Mittel aus dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds oder dem GAP-Haushalt in REPowerEU umleiten können, da dies den Zusammenhalt in der EU untergraben könnte; bekräftigt, dass neue politische Maßnahmen mit neuen Finanzmitteln finanziert werden sollten;

21.

stellt fest, dass die künftige Reform des EU-Haushaltssystems Eigenmittel der EU erfordert, die den gerechten Übergang zu einer wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft unterstützen; fordert die Europäische Kommission auf, die im europäischen Grünen Deal vorgeschlagenen Ex‘tax-Vorschläge für eine Verlagerung der Besteuerung von der Arbeit auf die Verschmutzung und Ressourcennutzung zu prüfen. Grundlage einer solchen „Steuerverlagerung“ ist die Anwendung des Verursacherprinzips sowie der Grundsätze „Arbeit lohnend machen“ und „niemanden zurücklassen“. Die Anwendung derartiger Grundsätze würde die Steuerpolitik u. a. mit den Zielen des europäischen Grünen Deals und des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte in Einklang bringen;

22.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, unverzüglich an Vorschlägen für neue Eigenmittel zu arbeiten; hält die Idee für sehr vielversprechend, ausgehend von der für 2023 geplanten Initiative „Business in Europe: Vorschlag für einen Rahmen für die Einkommensbesteuerung (BEFIT)“ eine Eigenmittelkategorie im Zusammenhang mit Großunternehmen zu schaffen; stellt fest, dass die Umsetzung des OECD/G20-Abkommens einigen Studien zufolge zu einem Anstieg der Körperschaftsteuereinnahmen in Europa um mehr als 80 Mrd. EUR pro Jahr führen könnte (3);

23.

betont, dass die Europäische Kommission beabsichtigt, eine Fazilität „RebuildUkraine“ einzurichten, die als wichtigstes Rechtsinstrument der EU für die Hilfe beim Wiederaufbau der Ukraine dienen soll; betont, dass neue Aufgaben neue Finanzierungsquellen erfordern, und begrüßt, dass die Europäische Kommission diesbezüglich eingeräumt hat, der durch den Krieg entstandene zusätzliche Bedarf gehe weit über die im derzeitigen MFR verfügbaren Mittel hinaus, sodass neue Finanzierungsquellen gefunden werden müssen;

24.

begrüßt nachdrücklich, dass die Kommission dem Vorschlag für ein neues EHS und dem Entwurf einer Verordnung zur Einführung des CBAM jeweils ein Subsidiaritätsraster beigefügt hat. Die Begründung für den europäischen Mehrwert der Vorschläge und die Umsetzung von Maßnahmen, die sich aus den Zuständigkeiten der EU im Bereich des Klimawandels gemäß Artikel 191 bis 193 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ergeben, entspricht der vom AdR selbst vorgenommenen Bewertung, dass die Vorschläge vollständig mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar sind.

Brüssel, den 30. November 2022

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Vasco ALVES CORDEIRO


(1)  Im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems müssen Unternehmen Emissionszertifikate für ihre CO2-Emissionen erwerben. Die kostenlose Zuteilung ist eine Übergangsmethode für die Zuteilung der Zertifikate im Gegensatz zur Standardmethode (Versteigerung). Die kostenlos zugeteilten Zertifikate machen jedoch nach wie vor 40 % der gesamten Zertifikate aus.

(2)  Entwurf einer Stellungnahme des Haushaltsausschusses des EP zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Klima-Sozialfonds (COM(2021) 568 final — C9-0324/2021 — 2021/0206 (COD), 9.2.2022.

(3)  Barake, Mona et al. 2021, Revenue effects of the global minimum tax: country-by-country estimates, EU-Steuerbeobachtungsstelle, Mitteilung Nr. 2, Oktober 2021.