ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 465

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

65. Jahrgang
6. Dezember 2022


Inhalt

Seite

 

 

EUROPÄISCHES PARLAMENT
SITZUNGSPERIODE 2022-2023
Sitzungen vom 2. bis 5. Mai 2022
Die am 4. Mai 2022 angenommenen Texte betreffend die Entlastungen für das Haushaltsjahr 2020 sind im ABl. L 258 vom 5.10.2022 veröffentlicht.
ANGENOMMENE TEXTE

1


 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIEßUNGEN

 

Europäisches Parlament

 

Dienstag, 3. Mai 2022

2022/C 465/01

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu der Rolle der Fischerei und der Aquakultur beim Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU (2021/2188(INI))

2

2022/C 465/02

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu einem EU-Aktionsplan für ökologische/biologische Landwirtschaft (2021/2239(INI))

22

2022/C 465/03

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zur Verfolgung von Minderheiten aus Gründen der Weltanschauung oder Religion (2021/2055(INI))

33

2022/C 465/04

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu der Entwicklung einer Strategie der EU zur Förderung der Bildung von Kindern auf der ganzen Welt: Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (2021/2209(INI))

44

2022/C 465/05

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zur Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen durch Unternehmertum und Selbstständigkeit (2021/2080(INI))

54

2022/C 465/06

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zur künstlichen Intelligenz im digitalen Zeitalter (2020/2266(INI))

65

 

Mittwoch, 4. Mai 2022

2022/C 465/07

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Mai 2022 zu den Folgemaßnahmen zu der Konferenz zur Zukunft Europas (2022/2648(RSP))

109

 

Donnerstag, 5. Mai 2022

2022/C 465/08

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem Fall von Osman Kavala in der Türkei (2022/2656(RSP))

112

2022/C 465/09

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Berichten über die fortgesetzte Organentnahme in China (2022/2657(RSP))

117

2022/C 465/10

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem anhaltenden massiven Vorgehen gegen die politische Opposition in Kambodscha (2022/2658(RSP))

120

2022/C 465/11

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu der Wettbewerbspolitik — Jahresbericht 2021 ((2021/2185(INI))

124

2022/C 465/12

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Bedrohungen für die Stabilität, die Sicherheit und die Demokratie in Westafrika und im Sahel (2022/2650(RSP))

137

2022/C 465/13

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den laufenden Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV zu Polen und Ungarn (2022/2647(RSP))

147

2022/C 465/14

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem Stand der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Republik Moldau (2022/2651(RSP))

151

2022/C 465/15

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine auf Frauen (2022/2633(RSP))

155

2022/C 465/16

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Auswirkungen des rechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Verkehrs- und Tourismusbranche in der EU (2022/2643(RSP))

164


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Europäisches Parlament

 

Dienstag, 3. Mai 2022

2022/C 465/17

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie zur Aufhebung des Beschlusses (76/787/EGKS, EWG, Euratom) des Rates und des diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (2020/2220(INL) — 2022/0902(APP))

171

2022/C 465/18

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe (COM(2021)0656 — C9-0396/2021 — 2021/0340(COD))

199

2022/C 465/19

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG im Hinblick auf die Verlängerung des Anwendungszeitraums der fakultativen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Lieferungen bestimmter betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen und des Schnellreaktionsmechanismus gegen Mehrwertsteuerbetrug (COM(2022)0039 — C9-0053/2022 — 2022/0027(CNS))

209

2022/C 465/20

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Bereich des Schengener Informationssystems in der Republik Zypern (COM(2021)0472 — C9-0350/2021 — 2021/0266(NLE))

210

2022/C 465/21

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 über die vorgeschlagene Ernennung von Lefteris Christoforou zum Mitglied des Rechnungshofs (C9-0042/2022 — 2022/0802(NLE))

211

2022/C 465/22

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 über die vorgeschlagene Ernennung von George Marius Hyzler zum Mitglied des Rechnungshofs (C9-0043/2022 — 2022/0803(NLE))

212

 

Mittwoch, 4. Mai 2022

2022/C 465/23

P9_TA(2022)0142
Das Mandat von Europol stärken: Zusammenarbeit mit privaten Parteien, Verarbeitung personenbezogener Daten und Unterstützung bei Forschung und Innovation ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 in Bezug auf die Zusammenarbeit von Europol mit privaten Parteien, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Europol zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungen und die Rolle von Europol in Forschung und Innovation (COM(2020)0796 — C9-0401/2020 — 2020/0349(COD))
P9_TC1-COD(2020)0349
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Mai 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 in Bezug auf die Zusammenarbeit von Europol mit privaten Parteien, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Europol zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungen und die Rolle von Europol in Forschung und Innovation

213

2022/C 465/24

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 4. Mai 2022 über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (COM(2021)0223 — C9-0167/2021 — 2021/0114(COD))

217

2022/C 465/25

Beschluss des Europäischen Parlaments, keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung der Kommission vom 8. April 2022 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2306 hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für in der Ukraine ausgestellte Kontrollbescheinigungen zu erheben (C(2022)02164 — 2022/2637(DEA))

255

 

Donnerstag, 5. Mai 2022

2022/C 465/26

P9_TA(2022)0198
Übergangsbestimmungen für die Verpackung und Kennzeichnung von Tierarzneimitteln ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Übergangsbestimmungen für die Verpackung und Kennzeichnung von Tierarzneimitteln, die gemäß der Richtlinie 2001/82/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen wurden (COM(2022)0076 — C9-0054/2022 — 2022/0053(COD))
P9_TC1-COD(2022)0053
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 5. Mai 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Übergangsbestimmungen für die Verpackung und Kennzeichnung von Tierarzneimitteln, die gemäß der Richtlinie 2001/82/EG oder der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen oder registriert wurden

257


 

Berichtigungen

2022/C 465/27

Berichtigung der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. März 2022 zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation (2020/2268(INI)) ( ABl. C 347 vom 9.9.2022 )

258


Erklärung der benutzten Zeichen

*

Anhörungsverfahren

***

Zustimmungsverfahren

***I

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (erste Lesung)

***II

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (zweite Lesung)

***III

Ordentliches Gesetzgebungsverfahren (dritte Lesung)

(Die Angabe des Verfahrens beruht auf der im Entwurf eines Rechtsakts vorgeschlagenen Rechtsgrundlage.)

Änderungsanträge des Parlaments:

Neue Textteile sind durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet. Auf Textteile, die entfallen, wird mit dem Symbol ▌hingewiesen oder diese Textteile erscheinen durchgestrichen. Textänderungen werden gekennzeichnet, indem der neue Text in Fett- und Kursivdruck steht und der bisherige Text gelöscht oder durchgestrichen wird.

DE

 


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/1


EUROPÄISCHES PARLAMENT

SITZUNGSPERIODE 2022-2023

Sitzungen vom 2. bis 5. Mai 2022

Die am 4. Mai 2022 angenommenen Texte betreffend die Entlastungen für das Haushaltsjahr 2020 sind im ABl. L 258 vom 5.10.2022 veröffentlicht.

ANGENOMMENE TEXTE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIEßUNGEN

Europäisches Parlament

Dienstag, 3. Mai 2022

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/2


P9_TA(2022)0135

Die Rolle der Fischerei und der Aquakultur für eine nachhaltige blaue Wirtschaft in der EU

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu der Rolle der Fischerei und der Aquakultur beim Übergang zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU (2021/2188(INI))

(2022/C 465/01)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Mai 2021 über einen neuen Ansatz für eine nachhaltige blaue Wirtschaft in der EU — Umgestaltung der blauen Wirtschaft der EU für eine nachhaltige Zukunft (COM(2021)0240),

gestützt auf die Artikel 3, 4, 13, 38, 43 und 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik (1),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 über den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1004 (2) (EMFAF),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (3),

unter Hinweis auf das siebte Umweltaktionsprogramm (UAP) und die dort festgelegten Konzepte wie planetarische und ökologische Grenzen,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (4),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (5),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (6),

unter Hinweis auf die politische Einigung zwischen dem Parlament und dem Rat vom 11. März 2021 über die Fazilität „Connecting Europe“ 2021–2027,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380) und ihre Entschließung vom 9. Juni 2021 zu dieser Strategie (7),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „‚Vom Hof auf den Tisch‘ — eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381) und ihre Entschließung vom 20. Oktober 2021 zu dieser Strategie (8),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission mit dem Titel „The EU Blue Economy Report 2021“ (Der EU Bericht 2021 über die blaue Wirtschaft) (9),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom März 2021 über die Nachhaltigkeitskriterien für eine blaue Wirtschaft (10),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. Mai 2021 mit dem Titel „Strategische Leitlinien für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU für den Zeitraum 2021–2030“ (COM(2021)0236),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Juli 2020 mit dem Titel „Ein neues Konzept für die Meeresstrategie für den Atlantik — Aktionsplan für den Atlantik 2.0: Ein aktualisierter Aktionsplan für eine nachhaltige, widerstandsfähige und wettbewerbsfähige blaue Wirtschaft im atlantischen Raum der Europäischen Union“ (COM(2020)0329),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2020 mit dem Titel „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen“ (COM(2020)0789),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. November 2020 mit dem Titel „Eine EU-Strategie zur Nutzung des Potenzials der erneuerbaren Offshore-Energie für eine klimaneutrale Zukunft“ (COM(2020)0741),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. September 2015 zur Erschließung des Potenzials von Forschung und Innovation in der blauen Wirtschaft zur Schaffung von Beschäftigung und Wachstum (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2018 mit dem Titel „Internationale Meerespolitik: eine Agenda für die Zukunft unserer Weltmeere im Rahmen der Ziele für nachhaltige Entwicklung 2030 (12),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu den Auswirkungen von Abfällen im Meer auf die Fischerei (13),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. September 2021 zum Thema „Ein neues Konzept der Meeresstrategie für den Atlantik“ (14),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2021 zu den Auswirkungen von Offshore-Windparks und anderen Systemen für die Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Quellen auf die Fischerei (15),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. September 2021 mit dem Titel „Eine stärkere Partnerschaft mit den EU-Gebieten in äußerster Randlage“ (16),

unter Hinweis auf das Übereinkommen, das am 12. Dezember 2015 auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP21) in Paris geschlossen wurde („Übereinkommen von Paris“),

unter Hinweis auf die von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen in Zusammenarbeit mit der EU als Mitglied ausgearbeiteten globalen Leitlinien und internationalen Normen für Fischerei und Aquakultur,

unter Hinweis auf den Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation mit dem Titel „The State of World Fisheries and Aquaculture 2020“ (Der Zustand der weltweiten Fischerei und Aquakultur 2020): Sustainability in Action“ (Nachhaltigkeit in Aktion),

unter Hinweis auf die im Juli 2018 von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation auf den Weg gebrachte Initiative „Blue Fishing Ports Network“ (Netzwerk blauer Fischereihäfen),

unter Hinweis auf die Strategie für blaues Wachstum des Hafens Vigo für 2016–2020 und 2021–2027 (17),

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses der Regionen über die Mitteilung der Kommission über einen neuen Ansatz für eine nachhaltige blaue Wirtschaft in der EU — Umgestaltung der blauen Wirtschaft der EU für eine nachhaltige Zukunft (COM(2021)0240),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 2. Dezember 2021 zur nachhaltigen blauen Wirtschaft und Aquakultur (NAT-VVI/020),

unter Hinweis auf die Zuständigkeit des Ausschusses für Verkehr und Tourismus für die maritime Raumplanung und die integrierte Meerespolitik,

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für Verkehr und Tourismus,

unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses (A9-0089/2022),

A.

in der Erwägung, dass in der blauen Wirtschaft der EU 4,5 Millionen Menschen unmittelbar beschäftigt sind und die blaue Wirtschaft alle mit Ozeanen, Meeren und Küsten zusammenhängenden Wirtschaftszweige und Branchen auf See (z. B. Schifffahrt, Beförderung von Fahrgästen in Meeresgebieten, Fischerei, Erzeugung von Energie) oder an Land (z. B. Häfen, Werften, Küstentourismus, landgestützte Aquakultur) umfasst; in der Erwägung, dass sie eine breite, sich schnell verändernde Sparte der europäischen Wirtschaft ist, die in den vergangenen zehn Jahren erhebliche Fortschritte bei der Modernisierung und Diversifizierung verzeichnen konnte und eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung spielen wird;

B.

in der Erwägung, dass die globale blaue Wirtschaft, würde sie mit einer Volkswirtschaft verglichen, die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt und der Ozean als Wirtschaftsakteur Mitglied der G7 wäre; in der Erwägung, dass sie das größte Ökosystem der Welt umfasst, da Ozeane 80 % aller Lebensformen enthalten; in der Erwägung, dass uns die Ozeane umgeben, unser Leben auf ihnen beruht und sie wichtige Ressourcen für die menschliche Gesundheit enthalten und ein ganzes Geflecht an wirtschaftlichen Interaktionen bieten;

C.

in der Erwägung, dass die Entwicklung der blauen Wirtschaft starke Impulse für Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung sowie für die Schaffung von Arbeitsplätzen geben kann, vor allem in den Küsten- und Inselländern und -regionen und den ultraperipheren Regionen;

D.

in der Erwägung, dass der Fischereisektor, insbesondere kleine, küstennahe und handwerkliche Fischerei, in der Strategie der EU für die blaue Wirtschaft nicht hinreichend berücksichtigt wurde;

E.

in der Erwägung, dass die blaue Wirtschaft auch weiterhin neue Perspektiven bieten und Arbeitsplätze schaffen wird, insbesondere in Bereichen wie erneuerbare Meeresenergie, blaue Biowirtschaft, Biotechnologie und Entsalzung;

F.

in der Erwägung, dass die sektoriellen Prioritäten für den Ausbau der blauen Wirtschaft vom einen Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich sein können, wobei sie einerseits von der Entwicklungsgeschichte der traditionellen oder etablierten Sektoren abhängen, andererseits von den gegenwärtigen Ressourcen und dem Entwicklungspotential der aufstrebenden Sektoren in den einzelnen Mitgliedstaaten;

G.

in der Erwägung, dass Formen der Ressourcenerschließung und Wachstumsmodelle, die sich als nicht nachhaltig erwiesen haben, nicht unter dem Vorwand der Erschließung des Potenzials der blauen Wirtschaft auf Meere und Ozeane übertragen werden dürfen; in der Erwägung, dass bei der Nutzung der Meeres- und Ozeanressourcen genauestens der Notwendigkeit Rechnung zu tragen ist, eine gute Bewirtschaftung und Erhaltung dieser Ressourcen sicherzustellen und das Gleichgewicht der Meeresökosysteme zu wahren;

H.

in der Erwägung, dass in der Richtlinie über die maritime Raumplanung festgelegt ist, dass die Mitgliedstaaten die Wechselwirkungen von Tätigkeiten und Nutzungszwecken wie Aquakultur, Fischerei und Anlagen und Infrastruktur zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen sowie von Unterseekabeln berücksichtigen und die Koexistenz einschlägiger Tätigkeiten fördern und einen ökosystemorientierten Ansatz anwenden müssen;

I.

in der Erwägung, dass eine blaue Wirtschaft, die sich innerhalb ökologischer Grenzen und folglich nicht nur in der Fischerei und Aquakultur, sondern auch in allen betroffenen maritimen Sektoren entwickelt, die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Säulen horizontal berücksichtigen sollten, um als nachhaltig zu gelten;

J.

in der Erwägung, dass die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) darauf abzielt, die ordnungsgemäße Erhaltung und Bewirtschaftung der biologischen Meeresressourcen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten langfristig umweltverträglich sind und auf eine Art und Weise durchgeführt werden, die mit den Zielen der Erreichung eines wirtschaftlichen, sozialen und beschäftigungspolitischen Nutzens und eines Beitrags zum Nahrungsmittelangebot vereinbar ist;

K.

in der Erwägung, dass die GFP zu Produktivitätssteigerungen und einem angemessenen Lebensstandard im Fischereisektor, einschließlich der kleinen Fischerei, sowie zu stabilen Märkten beitragen und die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln sicherstellen sollte;

L.

in der Erwägung, dass das Ziel 14 für nachhaltige Entwicklung die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung vorschreibt und dass es gemäß Ziel 2 zwingend erforderlich ist, die Nahrungsmittelsicherheit zu gewährleisten; in der Erwägung, dass mit Unterziel 14.1 angestrebt wird, bis 2025 alle Arten der Meeresverschmutzung, insbesondere durch vom Lande ausgehende Tätigkeiten und namentlich Meeresmüll und Nährstoffbelastung, zu verhüten und erheblich zu verringern;

M.

in der Erwägung, dass der Ozean für das Leben auf der Erde von entscheidender Bedeutung ist, da er 50 % des Sauerstoffs in der Atmosphäre produziert, etwa 25 % der vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen und 90 % der überschüssigen Wärme im Klimasystem aufnimmt und das globale Klima reguliert;

N.

in der Erwägung, dass die Wiederherstellung, Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt der Meere von grundlegender Bedeutung für die Gesundheit der Ozeane, die Lebensraum für Millionen von Arten bieten, und damit für den Schutz der Gesundheit unseres Planeten sind und die Grundlage für marine und maritime Wirtschaftstätigkeiten bilden;

O.

in der Erwägung, dass die Erhebung von Daten für die wissenschaftliche Überwachung und Bewertung der Bestände in den Meeren und Ozeanen, einschließlich der Bewertung, ob sich diese Bestände innerhalb der sicheren biologischen Grenzen befinden, von grundlegender Bedeutung für die nachhaltige Bewirtschaftung dieser Bestände ist;

P.

in der Erwägung, dass beträchtliche Teile der Ozeane und des Meeresbodens, und insbesondere die Tiefsee, noch unerforscht sind, und in der Erwägung, dass weitere Forschungsarbeiten notwendig sind, damit alle Tätigkeiten im Rahmen der blauen Wirtschaft vollständig nachhaltig sind;

Q.

in der Erwägung, dass Fischerei und Aquakultur Schlüsselsektoren der blauen Wirtschaft sind, die eine wichtige Quelle für Proteine und Mikronährstoffe darstellen, die für die Ernährungssicherheit und die menschliche Gesundheit unerlässlich sind;

R.

in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt der Meere angesichts des hohen Anteils der bewerteten, im Meer lebenden Arten und ihrer Lebensräume, deren Erhaltungszustand als ungünstig oder unbekannt gilt, bedroht ist; in der Erwägung, dass der Verlust der biologischen Vielfalt im Meer erhebliche ökologische und auch sozioökonomische Auswirkungen auf den Fischereisektor, die Küsten- und Inselgebiete sowie auf die Regionen in äußerster Randlage der EU hat, weswegen er rückgängig gemacht werden muss; in der Erwägung, dass in Zusammenarbeit mit allen Interessengruppen, insbesondere mit dem Fischereisektor und der wissenschaftlichen Gemeinschaft, die biologische Vielfalt wiederhergestellt werden muss;

S.

in der Erwägung, dass die Küsten- und Inselgemeinschaften wesentliche Beteiligte an der Diskussion über das Potenzial der blauen Wirtschaft und die Möglichkeiten für dessen Nutzung sind;

T.

in der Erwägung, dass Fischer und Fischzüchter in der EU unionsweit eine wesentliche Rolle bei dem Schutz und der Förderung der territorialen Identität, der kulturellen Traditionen, der Ernährungssicherheit sowie der Beschäftigung und Einkommen spielen;

U.

in der Erwägung, dass die kleine, handwerkliche Fischerei besondere Merkmale und Bedürfnisse hat;

V.

in der Erwägung, dass die Freizeitfischerei als hochwertige und nachhaltige Aktivität im Tourismus zur Diversifizierung des Einkommens der Küstengemeinden beitragen kann;

W.

in der Erwägung, dass Frauen eine wichtige Rolle in der Fischerei und Aquakultur spielen; in der Erwägung, dass die Notwendigkeit einer entsprechenden Sensibilisierung und der Sicherstellung eines gleichberechtigten Zugangs zu Beschäftigung in dem Sektor und der angemessenen rechtlichen Anerkennung besteht;

X.

in der Erwägung, dass in den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung Nr. 3, 6, 9 und 12 die Wichtigkeit der Tiergesundheit, der guten Wasserqualität, der nachhaltigen Innovation sowie des nachhaltigen Verbrauchs und der nachhaltigen Produktion in der blauen Wirtschaft hervorgehoben werden;

Y.

in der Erwägung, dass die Gesundheit und das Wohlergehen von Wassertieren mit der Qualität des Futters zusammenhängt; in der Erwägung, dass unzureichender Tierschutz und mangelhafte Tierhaltung das Risiko von Krankheiten erhöhen können;

Z.

in der Erwägung, dass die Landwirtschaft erhebliche Auswirkungen auf marine Ökosysteme und die Fischerei hat, insbesondere der Einsatz von Stickstoffdünger und die Eutrophierung der aquatischen Umwelt;

AA.

in der Erwägung, dass Fischer eine wichtige Rolle beim Einsammeln von zurückgelassenen Abfällen im Meer spielen, sei es durch die Durchführung gezielter Kampagnen oder durch das passive Einsammeln von Abfällen während der Fischereitätigkeiten;

AB.

in der Erwägung, dass die Ziele für 2020, einen guten Umweltzustand europäischer Meeresgewässer zu erreichen und die Überfischung zu beenden, nicht erreicht wurden;

AC.

in der Erwägung, dass die Fischereiindustrie in der EU im Jahr 2018 rund 163 600 Arbeitsplätze stellte, dass die EU-Fischereiflotte im Jahr 2019 rund 4,1 Millionen Tonnen Lebendgewicht gefangen hat; dass in der EU-27 im Jahr 2018 1,1 Mio. Tonnen Wasserorganismen im Wert von 3,7 Mrd. EUR erzeugt wurden (18);

AD.

in der Erwägung, dass die EU Nettoimporteur von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen ist und beim Verzehr aquatischer Lebensmittel nach wie vor größtenteils von Einfuhren abhängig ist, die im Jahr 2018 34 % des weltweiten Wertes der Einfuhren ausmachten; in der Erwägung, dass bei Einfuhren von Fischereierzeugnissen in die EU mindestens ähnliche Nachhaltigkeitsstandards eingehalten werden müssen wie in der EU; in der Erwägung, dass Einfuhren von Fischereierzeugnissen in die EU in direktem Zusammenhang mit nachhaltigen Arbeitsplätzen in den Bereichen Einfuhr, Verarbeitung und Einzelhandel stehen müssen;

AE.

in der Erwägung, dass sich die Folgen des Klimawandels bereits auf die Fischerei, die Aquakultur und die Küstengemeinden in der EU ausgewirkt haben; in der Erwägung, dass sich die Klimakrise erheblich auf die Gesundheit von Europas Meeren auswirkt und nachteilige Folgen für die Resilienz der blauen Wirtschaft, insbesondere Fischerei und Aquakultur, hat;

AF.

in der Erwägung, dass mehrere Zweige in der blauen Wirtschaft von der COVID-19-Pandemie stark getroffen worden sind, insbesondere der Küsten- und Meerestourismus; in der Erwägung, dass die blaue Wirtschaft dazu beitragen könnte, die durch die derzeitige Krise entstandenen Schäden für die Wirtschaft und die Gesellschaft zu beheben;

AG.

in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie aufgrund der kombinierten Auswirkungen eines Nachfragerückgangs und fehlender Bedingungen auf vielen Schiffen, um die Gesundheitssicherheit sicherzustellen, erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf die Beschäftigten in Fischerei und Aquakultur hatte; in der Erwägung, dass die durch die Pandemie verursachten Marktstörungen sich negativ auf die Fischer in der gesamten EU ausgewirkt haben; in der Erwägung, dass die Fischer es dennoch geschafft haben, eine qualitativ hochwertige Nahrungsmittelversorgung zu gewährleisten, und dass gerade deshalb den Fischern aufgrund ihrer Bedeutung für die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung in der EU besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss;

AH.

in der Erwägung, dass die Pandemie gezeigt hat, das eine resiliente Umwelt, unterstützt durch nachhaltige Verfahrensweisen bei der Bewirtschaftung ihrer Ressourcen, für die Gesundheit weltweit und die Zukunft der Lebensmittelsysteme wichtig ist;

AI.

in der Erwägung, dass Küstengemeinden ihre Einkommensquellen diversifizieren müssen, um wirtschaftlichen und sozialen Schocks standhalten zu können;

AJ.

in der Erwägung, dass Küstengemeinden und abgelegene Gemeinden bei der Diversifizierung ihrer Einkommensquellen Resilienz gegen Schocks, wie z. B. durch den Klimawandel ausgelöste Schocks, aufbauen müssen;

AK.

in der Erwägung, dass der Meeres- und Küstentourismus eine Säule der blauen Wirtschaft ist, da sich mehr als die Hälfte der touristischen Beherbergungsbetriebe in der EU in Küstengebieten befinden und 30 % der Übernachtungen der Europäer in Seebadeorten erfolgen; in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Tourismus und Verkehr im Jahr 2020 und darüber hinaus“ (COM(2020)0550) betont wird, dass das natürliche Land- und Meereskapital Europas geschützt und wiederhergestellt werden muss;

AL.

in der Erwägung, dass der Meeres- und Küstentourismus 60 % der Arbeitsplätze in der blauen Wirtschaft stellt; in der Erwägung, dass eine wettbewerbsfähige, resiliente und sozial gerechte blaue Wirtschaft hochqualifizierte und kompetente Arbeitskräfte braucht; in der Erwägung, dass durch „blaue Arbeitsplätze“ Wachstum und Berufsaussichten gefördert werden können;

AM.

in der Erwägung, dass der Angeltourismus als Branche eine neue Einkommensquelle für Küstengemeinden werden und gleichzeitig die Nachhaltigkeit und den guten Zustand der Fischbestände sicherstellen und soziale und gesundheitliche Vorteile bieten kann;

AN.

in der Erwägung, dass die Freizeitfischerei für viele Gemeinden in Europa bereits eine nachhaltige und hochwertige touristische Alternative und eine ergänzende Tätigkeit ist; in der Erwägung, dass in vielen Ländern insbesondere nach der COVID-19-Pandemie ein wachsendes Interesse an Freizeitfischerei besteht;

AO.

in der Erwägung, dass die Entwicklung einer nachhaltigen Infrastruktur in Küstenregionen dazu beitragen wird, die biologische Vielfalt, die Küstenökosysteme und die Küstenlandschaften zu erhalten und somit die nachhaltige Entwicklung des Tourismus und der Wirtschaft der Küstenregionen zu fördern;

AP.

in der Erwägung, dass die blaue Wirtschaft eine wichtige Rolle für den Wohlstand von Gebieten in äußerster Randlage spielt, die aufgrund ihrer abgelegenen Lage besonders stark von Tätigkeiten der blauen Wirtschaft wie Seeverkehr, Schifffahrt und Tourismus abhängig sind;

AQ.

in der Erwägung, dass Häfen eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung der Ziele der nachhaltigen blauen Wirtschaft spielen, und in der Erwägung, dass die Erhöhung der Nachhaltigkeit der Häfen die nachhaltige Entwicklung der Küstengemeinden fördern wird; in der Erwägung, dass Häfen ein wichtiger Knotenpunkt für den Güter- und Personenverkehr in Gebieten in äußerster Randlage sind;

AR.

in der Erwägung, dass Häfen für die Vernetzung und Wirtschaft von Regionen und Ländern von entscheidender Bedeutung sind und eine wichtige Rolle bei der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung spielen, die im Einklang mit der neuen EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 dazu beiträgt, den Verlust an biologischer Vielfalt einzudämmen; in der Erwägung, dass sich mit der Änderung der Industrielandschaft Europas (beispielsweise durch die Ausweitung der erneuerbaren Offshore-Energie) auch die Rolle der Häfen weiterentwickeln wird;

AS.

in der Erwägung, dass Schiffswerften in der EU die Chancen nutzen könnten, die sich aus dem schnell wachsenden Markt für innovative, energieeffiziente Schiffe ergeben;

AT.

in der Erwägung, dass verschiedene mit der blauen Wirtschaft verbundene Tätigkeiten an demselben Ort, zu Wettbewerb, Verschmutzung und Konflikten bei der Gebietsbewirtschaftung führen, die in erster Linie die Fischerei, insbesondere die kleine handwerkliche Fischerei und die Küstengemeinden, betreffen; in der Erwägung, dass maritime Raumordnung von wesentlicher Bedeutung ist, um zunehmenden Wettbewerb und Konflikte bei der Gebietsbewirtschaftung zu vermeiden;

AU.

in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten bestrebt sein sollten, durch ihre maritimen Raumplanungen sowohl zur nachhaltigen Entwicklung der Energiewirtschaft im Meeresbereich, des Seeverkehrs sowie der Fischerei und Aquakultur als auch zu Erhaltung, Schutz und Verbesserung der Umwelt einschließlich der Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels beizutragen; in der Erwägung, dass in diesem Zusammenhang die Interessen der Fischerei und der Aquakultur bei der Ausarbeitung und bei anschließenden Überarbeitungen der nationalen maritimen Raumplanungen durch die Mitgliedstaaten besondere Aufmerksamkeit erhalten und nicht vernachlässigt werden sollten;

AV.

in der Erwägung, dass im Übereinkommen von Paris die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2, vorzugsweise 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau als Ziel vorgesehen ist;

AW.

in der Erwägung, dass der Sonderbericht des Weltklimarats über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima Belege dafür liefert, dass die Verknüpfung von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit lokalem und indigenem Wissen mit Blick auf die Verbesserung der Resilienz von Vorteil ist;

AX.

in der Erwägung, dass die EU bestrebt ist, im Einklang mit den Zielen des Grünen Deals bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden; in der Erwägung, dass die EU das Ziel vorgeschlagen hat, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu reduzieren; in der Erwägung, dass erneuerbare Offshore-Energie eine der Optionen ist, die die Mitgliedstaaten zur Verwirklichung dieses Ziels wählen können; in der Erwägung, dass dieser Energieform durch einen integrierten Ansatz unter Berücksichtigung der drei Säulen der Nachhaltigkeit bei der Verwirklichung dieses Ziels entscheidende Bedeutung zukommen sollte;

AY.

in Erwägung der Notwendigkeit, einen Vorschlag für rechtsverbindliche Ziele für die Wiederherstellung der Natur im Rahmen der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 auszuarbeiten, der mit dem Ziel in Einklang steht, 30 % der Meeresfläche der EU zu schützen und 10 % der Meeresfläche der EU streng zu schützen;

AZ.

in der Erwägung, dass für jede Meeresregion der EU spezifische Leitlinien und solide Pläne für die Verwirklichung der Ziele der geschützten Meeresgebiete erforderlich sind;

BA.

in der Erwägung, dass Regionen in äußerster Randlage echte natürliche Labors mit einer reichen biologischen Vielfalt und echte Naturschutzgebiete sind, die dringend Schutz benötigen, insbesondere, da es sich hauptsächlich um Inseln und Regionen mit großen Küstengebieten handelt;

BB.

in der Erwägung, dass die Bewirtschaftung von Ökosystemen einen ganzheitlichen Ansatz erfordert, bei dem alle Ursachen des Verlusts an biologischer Vielfalt, wie Klimawandel, Versauerung der Meere, Vorkommen fremder Arten, Küstenerosion usw. berücksichtigt werden; in der Erwägung, dass es eine globale Vision, einen Rahmen und ein ökosystemorientiertes Konzept für die Bewirtschaftung und Erhaltung der Meeresressourcen geben muss;

BC.

in der Erwägung, dass der Klimawandel die Verteilung und die Wanderungsmuster verschiedener Fischarten zunehmend verändert und er sich auf die kleine Fischerei in Entwicklungsländern auswirkt, die für seine Auswirkungen anfälliger sind;

BD.

in der Erwägung, dass die illegale Fischerei eine große Bedrohung für Meeresressourcen darstellt, durch die Fischbestände erschöpft, Meereslebensräume zerstört, unlauterer Wettbewerb geschaffen und die Existenzgrundlage von Küstengemeinden und der Fischerei auf Inseln gefährdet wird;

BE.

in der Erwägung, dass es für die Mitgliedstaaten von wesentlicher Bedeutung ist, ein einfaches, transparentes und wirksames Fischereikontrollsystems der EU anzuwenden, um die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele des Sektors sicherzustellen;

BF.

in der Erwägung, dass im Hinblick auf die Diversifizierung des Konsums eine bessere Rückverfolgbarkeit mit Zugang zu Informationen über Nährwert und Herkunfts- und Produktionsort des Erzeugnisses für das Verbraucherverhalten von grundlegender Bedeutung ist;

Ein umfassender Ansatz für die blaue Wirtschaft der EU

1.

begrüßt die neue Strategie der Kommission für eine nachhaltige blaue Wirtschaft in der EU; bedauert jedoch das Fehlen spezifischer Ziele für die verschiedenen Sektoren, insbesondere für die Fischerei und die Aquakultur als wichtige Sektoren der blauen Wirtschaft; weist darauf hin, dass neue Legislativvorschläge und Aktionspläne stets auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Kenntnissen und auf ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgenabschätzungen beruhen müssen;

2.

fordert eine weit gefasste Definition der blauen Wirtschaft, die alle sektoralen und sektorübergreifenden Aktivitäten im Zusammenhang mit Ozeanen, Meeren und Küstengebieten, einschließlich direkter und indirekter Unterstützungstätigkeiten umfasst und bei der der Fischereisektor angemessen berücksichtigt wird; weist auf die transversale Bedeutung von Innovation bei allen diesen traditionellen oder auch neu entstehenden Tätigkeiten hin;

3.

weist darauf hin, dass die einzelnen Sektoren der blauen Wirtschaft integriert in Angriff genommen werden müssen, wobei die Prioritäten der Mitgliedstaaten erkannt und beachtet und die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Prioritäten unterstützt werden müssen;

4.

hebt hervor, dass der Sektor der blauen Wirtschaft insgesamt und insbesondere in den Regionen in äußerster Randlage eine wichtige Rolle spielt und dazu beitragen kann, die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen, naturbasierte Lösungen zu fördern und die Nutzung maritimer und aquatischer Ressourcen zu verbessern;

5.

verweist auf die negativen Trends und den eindeutigen Rückgang in einigen traditionelleren Sektoren der blauen Wirtschaft (u. a. Fischerei, Schiffbau und Schiffsreparatur), insbesondere in Regionen, in denen sie als echte Ankeraktivitäten fungieren, die wirtschaftliche Aktivitäten sowohl im vor- als auch im nachgelagerten Bereich vorantreiben, Arbeitsplätze schaffen und das Wachstum fördern; ist der Auffassung, dass jede Strategie für die blaue Wirtschaft diese Tätigkeiten und Regionen nicht ausklammern und das Potenzial der Innovation zur Umkehrung des festgestellten Rückgangs betonen sollte;

6.

betont, dass die blaue Wirtschaft unbedingt gefördert werden muss, damit die Wirtschaft in ihrer Gesamtheit wiederbelebt werden kann und die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte verschiedener Branchen, wie beispielsweise des Verkehrs und des Tourismus, wiederhergestellt werden können, die stark unter der COVID-19-Pandemie gelitten haben;

7.

fordert eine verbesserte und besser koordinierte Nutzung aller verfügbaren Finanzinstrumente, einschließlich der Struktur- und Investitionsfonds, damit die Strategie für die blaue Wirtschaft besser gefördert wird;

8.

fordert die Kommission auf, in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten den spezifischen Bedarf des Fischereisektors im Rahmen der Finanzierung der blauen Wirtschaft (auf sektoraler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene) zu ermitteln, um dessen Wachstums- und Beschäftigungspotenzial auszuschöpfen;

9.

betont, dass die Entwicklung der blauen Wirtschaft mehr Investitionen in Wissen erfordert und dass die EU und die Mitgliedstaaten eine solide Finanzierung zur Verbesserung der Kenntnisse über die Meeresumwelt gewährleisten müssen, deren Fortsetzung und langfristige Vorhersehbarkeit sichergestellt werden müssen;

10.

weist darauf hin, dass die blaue Wirtschaft angemessen finanziell unterstützt werden muss, damit auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten umfassende Investitionen in Forschung, Technologie und Infrastruktur getätigt werden können; fordert die Kommission und die Industrie daher auf, den Nutzen von EU-Partnerschaften für den Seeverkehr — auch mit der Privatwirtschaft — auf europäischer und internationaler Ebene zu bewerten, um derzeitige Herausforderungen für den internationalen Handel und in internationalen Lieferketten zu bewältigen, Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit in diesem Wirtschaftszweig zu fördern, zur Dekarbonisierung beizutragen, Infrastruktur für die landseitige Stromversorgung, die Beladung und Bereitstellung alternativer Kraftstoffe in Häfen und Frachtterminals zu schaffen und Abfallbewirtschaftungspläne für Häfen am Atlantik, am Mittelmeer und an der Ostsee zu entwickeln; begrüßt daher die Gründung der europäischen Partnerschaft für eine klimaneutrale, nachhaltige und produktive blaue Wirtschaft, mit der Forschungs- und Innovationsprioritäten der EU, der Mitgliedstaaten und der Regionen aufeinander abgestimmt werden sollen;

11.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, neue Projekte und neue Instrumente für alle Akteure in den Sektoren der blauen Wirtschaft vorzusehen, damit sie ihre Tätigkeiten auf die verantwortungsvolle und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, die Dekarbonisierung und die Kreislaufwirtschaft stützen können; betont, dass sich die nachhaltige blaue Wirtschaft innerhalb ökologischer Grenzen entwickeln, auf wissenschaftlichen Gutachten basieren und eine gesunde Meeresumwelt fördern muss;

12.

betont, dass ein integriertes und ökosystembasiertes Konzept für alle Sektoren der blauen Wirtschaft verfolgt werden muss;

13.

fordert die Kommission auf, legislative und nichtlegislative Initiativen vorzuschlagen, die auf ordnungsgemäßen Folgenabschätzungen dieser Initiativen für die Fischerei und die Aquakultur basieren, und sicherzustellen, dass die blaue Wirtschaft der Grundpfeiler für die Umsetzung der allgemeinen Zielen des europäischen Grünen Deals und der damit verbundenen nachfolgenden EU-Strategien wird; betont, dass der Wandel, den die blaue Wirtschaft durchlaufen muss, die Innovation vorantreiben und die Schaffung von Arbeitsplätzen und wirtschaftlichen Möglichkeiten fördern wird;

14.

hebt hervor, dass Küstengemeinden und vom Meer abhängige Gemeinden zur Entwicklung einer nachhaltigen blauen Wirtschaft beitragen können, in der ihre besonderen Umstände und Bedürfnisse berücksichtigt werden; betont, dass sie Pilotprojekte unterschiedlicher Art leiten können, etwa in den Bereichen Technologie für die Erzeugung von erneuerbarer Offshore-Energie, Entwicklung naturbasierter Tätigkeiten und Beitrag einer nachhaltigen Fischerei und Aquakultur zu gesunden, widerstandsfähigen und sicheren Nahrungsmittelsystemen;

15.

ist der Auffassung, dass die Küsten- und Inselgemeinden, insbesondere die in der Fischerei aktiven, in jeder Phase der Entwicklung der blauen Wirtschaft voll einbezogen werden sollten, da dies eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausschöpfung ihres Potenzials in Bezug auf Innovation, Arbeitsplätze, Wohlstand und nachhaltige Entwicklung ist;

16.

betont, dass ein ganzheitlicher Ansatz für alle Sektoren der blauen Wirtschaft, der ihre Wechselwirkungen angemessen berücksichtigt, erforderlich ist, damit die Tätigkeiten eines Sektors die Tätigkeiten des anderen nicht behindern oder zu Konflikten untereinander führen; stellt fest, dass dies auch für den Schutz der Meeresumwelt von Bedeutung ist; betont die Notwendigkeit einer kooperativen, inklusiven und bereichsübergreifenden maritimen Raumplanung; hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer wirksamen ökosystembasierten maritimen Raumplanung für das Erreichen ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Ziele, unter anderem im Zusammenhang mit dem Übergang zu einer klimaneutralen Gesellschaft, hervor; ist der Ansicht, dass die maritime Raumplanung Synergieeffekte zwischen Sektoren schaffen und die Lebensgrundlage der Fischer sichern wird; bedauert, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten die in der Richtlinie 2014/89/EU geforderten maritimen Raumordnungspläne noch nicht erstellt hat; ersucht die Kommission, die rechtzeitige Vorlage der überarbeiteten Richtlinie im Jahr 2022 sicherzustellen und sie gegebenenfalls durch korrigierende Initiativen zu ergänzen;

17.

betont, dass in den Initiativen, mit denen die neue Vision einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU erreicht wird, die Wechselwirkungen zwischen Land und Meer berücksichtigt werden müssen;

18.

betont, wie wichtig es ist, bilaterale Partnerschaften mit Drittländern aufzubauen, dabei insbesondere Abkommen über Partnerschaften für nachhaltige Fischerei und die Verhinderung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei); weist darauf hin, dass beim Aufbau bilateraler Partnerschaften auf die Einhaltung der höchsten Kriterien der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit geachtet werden sollte und dass sie auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten beruhen sollten;

19.

ist angesichts der IUU-Fischerei außerhalb der EU-Gewässer besorgt; weist darauf hin, dass die IUU-Fischerei, die durch die Praxis des Führens einer Billigflagge begünstigt wird, die Ernährungssicherheit und die Existenzgrundlage der Menschen in Küstenanrainerstaaten bedroht und gleichzeitig günstige Ausgangsbedingungen für Piraterie schafft; fordert ein starkes weltweites System mit abschreckenden Sanktionen und einen mehrgleisigen Ansatz zur Bekämpfung der illegalen, unregulierten und nicht gemeldeten Fischerei; betont, dass die Verwendung von Billigflaggen und das Umflaggen begrenzt werden müssen und gegen Umladungen auf See vorzugehen ist, zumal entsprechende Maßnahmen wichtige Instrumente sind, um Rechtslücken im Zusammenhang mit illegaler, unregulierter und nicht gemeldeter Fischerei zu schließen; fordert die EU generell auf, den Aufbau von Kapazitäten zur Korruptionsbekämpfung zu stärken, indem die Zusammenarbeit zwischen nationalen Agenturen gefördert, die internationale Zusammenarbeit ausgebaut, die Aufsicht über Fischereiagenten in Entwicklungsländern mit Unterstützung der EU verbessert und regionale Überwachungs-, Kontroll- und Aufsichtszentren und entsprechende Taskforces unterstützt werden;

20.

betont, wie wichtig die Bekämpfung der IUU-Fischerei in beständiger, effektiver und umfassender Weise ist; ersucht die Kommission, ihre Gespräche mit Staaten, die eine Verwarnung erhalten haben, zu überprüfen; betont die Bedeutung der Rückverfolgbarkeit der Erzeugnisse und des Einfuhrverbots für Erzeugnisse aus illegalen Fischereitätigkeiten; fordert die Mitgliedstaaten auf, wirklich hart gegen die Anlandung von Schiffen aus verdächtigen Drittländern vorzugehen;

21.

betont, wie wichtig die Intensivierung des Dialogs mit Mittelmeeranrainerstaaten, insbesondere mit denen auf der Südseite des Mittelmeers, und die Förderung der Finanzierung von Projektlinien sind, die die internationale Zusammenarbeit in Sektoren der blauen Wirtschaft zum Ziel haben (Interreg Next Med, Interreg Euro-MED-Programm 2021–2027, Switch Med usw.);

22.

weist darauf hin, dass einige Flotten von außerhalb der EU, die in denselben Gebieten fischen und Fischereierzeugnisse in den europäischen Markt einführen, niedrigere Nachhaltigkeitsstandards haben, was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Fischer auswirkt;

23.

betont, die Notwendigkeit gleiche Wettbewerbsbedingungen für aus Drittländern eingeführte Erzeugnisse zu schaffen, um sicherzustellen, dass alle Fischerei- und Aquakulturprodukte, die in der EU konsumiert werden, in nachhaltigen Lebensmittelsystemen erzeugt werden und den Zielen des Grünen Deals entsprechen; fordert die Kommission auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um im Rahmen der Welthandelsorganisation und insbesondere in EU-Handelsabkommen ein allgemeines Umfeld für fairen Wettbewerb zu gewährleisten;

24.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Rechte und Arbeitsbedingungen von Drittstaatsangehörigen, die auf Fischereifahrzeugen der EU arbeiten, weiterhin zu stärken und angemessene Löhne für alle in der Fischerei und Aquakultur und in allen anderen Sektoren der blauen Wirtschaft Tätigen sicherzustellen;

25.

betont, dass die Zusammenarbeit mit bestehenden multilateralen Foren wie dem Rahmenübereinkommen der UN über Klimaänderungen, dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt sowie der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und anderen damit zusammenhängenden internationalen und multilateralen Prozessen verstärkt und Maßnahmen mit ihnen abgestimmt werden müssen, und dass der Schutz, die Erhaltung, die nachhaltige Bewirtschaftung und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt der Meere und Binnengewässer gefördert und gleichzeitig ein Beitrag zu anderen Zielen für nachhaltige Entwicklung geleistet werden muss; betont, dass die COP15 in Kunming, China, eine gute Gelegenheit bietet, globale Maßnahmen in dieser Hinsicht zu vereinbaren;

26.

nimmt das Ziel zur Kenntnis, dass bis zum Jahr 2030 30 % der Weltmeere geschützt sind, warnt allerdings davor, dass dies nicht auf Kosten der Ernährungssicherheit, der Fischer und der Aquakulturerzeuger, der indigenen Völker und der lokalen Gemeinschaften erreicht werden darf;

27.

begrüßt die Verpflichtung der Kommission zur Ausweisung von drei großen Meeresschutzgebieten im Südlichen Ozean; bedauert, dass es der Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR) im Jahr 2021 erneut nicht gelungen ist, eine Einigung über diese Schutzgebiete zu erreichen;

28.

hebt die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hervor, die mit den Mitgliedstaaten zur Ermittlung und Ausweisung zusätzlicher Meeresschutzgebiete beitragen sollen;

29.

stellt fest, dass die Forschung, insbesondere der Sonderbericht des Weltklimarats über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima, immer mehr zeigt, dass die Ziele in den Bereichen biologische Vielfalt, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel besser verwirklicht werden können, wenn die Fischer und lokalen Gemeinschaften die Bewirtschaftung der Ressourcen, auf die sie angewiesen sind, direkt kontrollieren; betont, dass die von Küstengemeinden bewirtschafteten Ökosysteme zu den reichsten und produktivsten gehören und auch zur Anpassung der Küstengebiete an die Folgen des Klimawandels beitragen; hebt die Risiken der Privatisierung von gemeinschaftlich genutzten Meeresgebieten (Ocean Grabbing) bei der maritimen Raumplanung hervor; betont daher, dass für den Erhalt der kleinen Fischerei und eine verantwortungsvolle Verwaltung der Besitzverhältnisse gesorgt werden muss und die Begünstigten von EU-Unternehmen, die in der blauen Wirtschaft tätig sind, zur Rechenschaft gezogen werden müssen, wenn ihre Tätigkeiten gegen die Menschenrechte verstoßen;

30.

fordert die EU und die Partnerländer auf, sich bei ihren Strategien zur Eindämmung des Klimawandels auf das Wissen der indigenen Bevölkerung zu stützen und die partizipative Bewirtschaftung aktiv zu fördern, die sich bei der Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Küstengemeinden als wirksam erwiesen hat;

31.

ist der Auffassung, dass die internationale Meerespolitik in der blauen Wirtschaft sektorenübergreifend vorgehen und die Gleichbehandlung aller maritimen Wirtschaftstätigkeiten gewährleisten sollte; bekräftigt, dass der Ozean ein gemeinsames Gut der Menschheit ist und fordert, dass partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei immer im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung 2030, mit den Umweltverpflichtungen der EU und mit den Verpflichtungen und Zielen der GFP in Einklang stehen;

32.

ist besorgt, dass die Unterstützung des Fischereisektors durch partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei häufig nicht direkt der lokalen Fischerei und den Küstengemeinden zugutekommt und fordert daher die Kommission auf, die partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei eng mit der Programmplanung der EU für nachhaltige Entwicklung zu verknüpfen;

33.

betont, dass partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei zu einem Instrument für die Entwicklung einer lokalen blauen Wirtschaft werden müssen; ist der Ansicht, dass es schwierig ist, den Beitrag der partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Partnerländern zu bewerten, weil es keine ausreichenden Daten gibt; fordert die EU nachdrücklich auf, die Transparenz und die Datenerhebung (insbesondere zu Fängen, zur Registrierung von Fischereifahrzeugen und zu Arbeitsbedingungen) zu verbessern, die Berichtspflichten, die im Rahmen der partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei bestehen, auszuweiten und eine zentrale sozioökonomische Datenbank einzurichten, in der alle EU-Fischereifahrzeuge erfasst werden, und zwar unabhängig davon, wo sie tätig sind;

34.

betont, dass alle Interessenträger in die Verhandlungen über die partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei und während ihrer Umsetzung einbezogen werden müssen und dass sichergestellt werden muss, dass den Bedürfnissen der von diesen Partnerschaften am stärksten betroffenen Gemeinschaften Rechnung getragen wird;

35.

bedauert, dass die Umsetzung und die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel nicht ausreichend überwacht werden; ist besorgt darüber, dass die sektorale Unterstützung im Rahmen der partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei häufig nicht unmittelbar kleinen Fischern zugutekommt; fordert die Kommission auf, die partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei eng mit der Entwicklungshilfe der EU zu verknüpfen, um den Mehrwert für die Küstengemeinden zu erhöhen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, proaktiv Jahresberichte über die Einsatzarten der sektoralen Unterstützung zu veröffentlichen, damit die Verwendung öffentlicher EU-Mittel besser nachverfolgt werden kann;

36.

begrüßt die Rolle regionaler Meeresübereinkommen und regionaler Fischereiorganisationen (RFO); fordert die Kommission auf, ambitionierte Mandate für die RFO vorzulegen, um die Fischereiressourcen in Entwicklungsländern und internationalen Gewässern zu schützen; insbesondere indem die Bestandsbewirtschaftung für Arten wie tropischen Thunfisch verbessert wird, die Rückwürfe verringert werden, der Vorsorgeansatz zum Schutz gefährdeter Arten und empfindlicher mariner Ökosysteme angewendet wird und die verfügbaren Daten, die Einhaltung der Vorschriften und die Transparenz der Entscheidungsfindung verbessert werden;

37.

fordert generell die Verbesserung der Fischereibewirtschaftung und -überwachung, die Entwicklung von Umweltsiegeln und den Einsatz neuer Technologien wie Blockchain, um die Rückverfolgbarkeit der Erzeugnisse zu verbessern;

38.

fordert die EU auf, Erzeugern aus Entwicklungsländern, insbesondere kleinen Erzeugern, technische Unterstützung zu gewähren;

39.

weist darauf hin, dass alle an der Fischerei in Westafrika beteiligten Staaten eine RFO einrichten sollten — insbesondere für gemeinsam bewirtschaftete Bestände, etwa kleine pelagische Fische –, wie es nach Völkerrecht, einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften, der panafrikanischen und regionalen Fischereipolitik und anderen Instrumenten erforderlich ist; ist der Ansicht, dass bei diesem Bestandsbewirtschaftungssystem ein Vorsorgeansatz und ein ökosystembasiertes Konzept verfolgt werden sollten, damit dafür Sorge getragen wird, dass die zulässigen Gesamtfangmengen innerhalb sicherer biologischer Grenzen liegen;

40.

fordert die EU nachdrücklich auf, die kleine Fischerei in Afrika, die der wichtigste Garant für eine Lebensgrundlage am Meer ist, als Eckpfeiler einer künftigen Blauen Task Force EU-Afrika wirksam zu fördern und zu schützen, indem sie beispielsweise Finanzmittel für die Umsetzung der internationalen Leitlinien der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation für nachhaltige Kleinfischerei bereitstellt;

41.

betont, dass die Erzeugung von Fischmehl und Fischöl, unter anderen Faktoren, zur Überfischung in den Entwicklungsländern, insbesondere in Westafrika, beiträgt; fordert verbindliche Sorgfaltspflichten, damit die gesamte Lieferkette der Fischerei und Meeresfrüchtewirtschaft von Fairness geprägt ist, umfassend zurückverfolgt werden kann, keine Erzeugnisse aus der IUU-Fischerei verwendet werden und sie nicht mit Menschenrechtsverletzungen wie Menschenhandel und Sklaverei in Verbindung steht;

42.

begrüßt die Rolle regionaler Meeresübereinkommen und RFO im Hinblick auf eine Stärkung der Governance auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, die für alle Marktteilnehmer leicht zugänglich sind;

43.

fordert die Kommission auf, in den RFO ehrgeizige Mandate vorzulegen, um die Fischereiressourcen in Entwicklungsländern und internationalen Gewässern zu schützen, die insbesondere im Hinblick auf eine Verbesserung der Bestandsbewirtschaftung für Arten wie tropischen Thunfisch, eine Verringerung der Rückwürfe und die Anwendung des Vorsorgeansatzes zum Schutz gefährdeter Arten und gefährdeter mariner Ökosysteme sowie zur Verbesserung der verfügbaren Daten, der Einhaltung der Vorschriften und einer transparenten Entscheidungsfindung;

44.

fordert die Kommission auf, die Einbeziehung der Ziele zur Anpassung an den Klimawandel und zur Eindämmung der Auswirkungen des Klimawandels in ihre partnerschaftlichen Abkommen über nachhaltige Fischerei und in die Entscheidungsfindung der RFO aktiv zu verfolgen und zu fördern;

45.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, mit entsprechenden Maßnahmen die Anstrengungen zur Verbesserung der globalen Fischereipolitik zu verstärken, insbesondere durch Mechanismen wie die Transparenzinitiative für die Fischerei (Fisheries Transparency Initiative, FiTI);

46.

weist darauf hin, dass die nachhaltige Bewirtschaftung der Ressourcen auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten und der besten sozioökonomischen Folgenabschätzungen eine der wichtigsten Prioritäten sein muss, um die Ziele der strategischen Agenda der EU zu erreichen und dass sie auch in bilateralen Partnerschaften zu erwähnen ist;

47.

hebt hervor, dass die blaue Wirtschaft neben den traditionellen Tätigkeiten eine Vielzahl von Aktivitäten umfasst und dass die Entwicklung neuer Aktivitäten stets von Folgenabschätzungen mit einem transparenten wissenschaftlichen Ansatz sowie effektiven Beratungen und einer ausgewogenen Beteiligung aller betroffenen Sektoren begleitet werden müssen, damit sie sich nachhaltig in die blaue Wirtschaft einfügen können;

48.

betont, dass der Seeverkehr große Bedeutung für die internationale Konnektivität, das weltweite Handelssystem, die europäische Wirtschaft, ihre Wettbewerbsfähigkeit und für die Regionen der EU hat; betont, wie wichtig es ist, die Rolle der Häfen zu stärken, Investitionen in intelligente Infrastrukturen zu tätigen und Häfen zu entwickeln und zu betreiben, die ihre Kapazitäten zur Bewältigung des Handelswachstums ausbauen sollten;

49.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Häfen an den EU-Küsten zu investieren, um fehlende Verbindungen zum Hinterland zu schaffen, wobei die übergeordneten Ziele darin bestehen, dass der Verkehr resilienter wird und Häfen zu Logistikplattformen und strategischen Clustern für den multimodalen Verkehr, die Energieerzeugung, -speicherung und -verteilung sowie den Tourismus werden; betont, dass eine marktbasierte Maßnahme in die Ziele der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation zur Verringerung der Treibhausgase im Seeverkehr aufgenommen werden muss, um ein CO2-Ausgleichssystem in der internationalen Schifffahrt zu erreichen und für eine realistische Emissionsreduktion zu sorgen;

50.

betont, dass mit der Mitteilung der Kommission über eine Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität das Ziel verfolgt wird, die ersten emissionsfreien Schiffe bis 2030 auf den Markt zu bringen, und dass die EU im Rahmen von Horizont 2020 bereits umfangreiche Forschungsarbeiten zur Hybridisierung und Elektrifizierung von Schiffen finanziert hat; fordert die Kommission auf, Elektroschiffe für Kurzstrecken noch stärker zu fördern;

51.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, vorrangige Projekte abzuschließen, die Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) sind, den atlantischen Raum, den Mittelmeerraum und das Ostseegebiet betreffen und insbesondere in Grenzregionen und im Rahmen der künftigen TEN-V-Leitlinien und der Fazilität „Connecting Europe“ 2021–2027 umgesetzt werden, um die vollständige Entwicklung der TEN-V-Meeresautobahnen zu fördern, zu vereinfachen und angemessen zu finanzieren und so den Kurzstreckenseeverkehr besser zu integrieren, damit Waren großflächiger über Häfen, durch die Inseln an das Festland angebunden sind, und über ein umfassendes multimodales Verkehrsnetz ausgeliefert werden können; betont, dass dringend nahtlose und nachhaltige Transportketten für Personen und Fracht mit allen Verkehrsträgern und insbesondere im Schienen-, See- und Binnenschiffsverkehr geschaffen werden müssen; ist der Ansicht, dass bei Projekten den Erfordernissen der Anbindung und Zugänglichkeit von Randgebieten, Inseln und Gebieten in äußerster Randlage im atlantischen Raum, im Mittelmeerraum und im Ostseegebiet besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

52.

betont, dass Häfen genutzt werden können, um die blaue Wirtschaft anzukurbeln, da sie eine Schlüsselrolle für die wirtschaftlichen Tätigkeiten in diesem Bereich spielen, und ihren Übergang zu einer nachhaltigen und intelligenten Mobilität im Einklang mit den Grundsätzen des europäischen Grünen Deals sicherzustellen; fordert die Kommission auf, mehr EU-Mittel dafür vorzusehen, die Effizienz des Verkehrs und die Zugänglichkeit der TEN-V-Kernhäfen zu verbessern und die Kosten zu senken, und dazu unter anderem Investitionen in das kontinuierliche Ausbaggern, die Vertiefung von Fahrrinnen und andere Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau in ausgewählten Häfen zu tätigen; weist die Kommission und die Mitgliedstaaten darauf hin, dass weitere Investitionen in eine nachhaltige und intelligente Hafeninfrastruktur erforderlich sind, damit Häfen multimodale Mobilitäts- und Frachtzentren, Energiezentren für integrierte Elektrizitätssysteme, Wasserstoff und andere alternative Kraftstoffe sowie Erprobungsstätten für die Wiederverwendung von Abfällen und die Kreislaufwirtschaft werden;

53.

beglückwünscht den Hafen von Vigo zu seiner zukunftsweisenden Rolle als erster Hafen in der EU, der die europäische Strategie für blaues Wachstum umgesetzt hat;

54.

begrüßt die Initiative der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation „Blue Fishing Ports Network“, deren Ziel es ist, Leitlinien für bewährte internationale Verfahren für Fischereihäfen im Übergang zu blauen Wirtschaftsmodellen auszuarbeiten, um ihre Nachhaltigkeit durch den Schutz der Umwelt und die Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Vorteile zu verbessern; unterstützt das Vorhaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, im Hafen von Vigo ein ständiges Büro einzurichten, um ein globales Netzwerk blauer Häfen aufzubauen und zu verwalten;

Resilienz, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung

55.

weist darauf hin, dass die Wiederaufbaumaßnahmen der EU auf die Ziele der Nachhaltigkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums ausgerichtet werden müssen; betont, dass nachhaltige Finanzierungsinstrumente benötigt werden, um diesen Übergang zu verwirklichen, und dazu auch verstärkt öffentliche und private Investitionen erforderlich sind;

56.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die nachhaltige Entwicklung der Wertschöpfungsketten in der Fischerei und Aquakultur vom Fischer zum Verbraucher zu unterstützen, indem sie die Harmonisierung von selektiven, zerstörungsfreien und energieeffizienten Fangmethoden und Aquakulturverfahren fördern, den Wissensaustausch mit der Forschungsgemeinschaft der EU unterstützen und nachhaltige Vermarktungsmethoden für Fischereierzeugnisse fördern und gleichzeitig den Verwaltungsaufwand verringern;

57.

betont, dass der sozioökonomische Wert der Freizeitfischerei und ihr Beitrag zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU anerkannt werden muss; hebt den Bedarf an mehr und besseren Daten über die Freizeitfischerei und ihren Beitrag zur Tourismusbranche, ihr Zusammenspiel mit kleinen Fischern, ihre Umweltauswirkungen wie auch ihre sozioökonomische Bedeutung hervor;

58.

hebt die Bedeutung der handwerklichen Küstenfischerei für die blaue Wirtschaft und für die kulturelle Identität der Gemeinschaften in Küstenregionen und auf den Inseln hervor;

59.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die in Artikel 17 der GFP festgelegten transparenten und objektiven Kriterien bei der Zuweisung von Fangmöglichkeiten vollständig umzusetzen;

60.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Datenerhebung über die Freizeitfischerei im Meer und in Süßwasser- und Brackwasserstraßen unter Berücksichtigung ihrer Umweltauswirkungen und ihres sozioökonomischen Wertes zu verbessern, um eine gerechte und ausgewogene Bewirtschaftung der Sektoren Fischerei und Aquakultur zu gewährleisten und mehr Investitionen in die Entwicklung der Aktivitäten in den Küstengemeinden zu fördern;

61.

betont, dass eine inklusive maritime Raumplanung wichtig ist, um bei der Entwicklung neuer Aktivitäten der blauen Wirtschaft den Wettbewerb um Raum zum Nachteil anderer Tätigkeiten wie der Fischerei möglichst gering zu halten; hebt hervor, dass Fischerei und Aquakultur eine zentrale Rolle in der blauen Wirtschaft spielen und dass diese Sektoren angemessen ins Blickfeld gerückt werden müssen, und fordert daher die Schaffung einer Strategie zur Förderung von Synergien zwischen den verschiedenen Aktivitäten der blauen Wirtschaft im maritimen und terrestrischen Raum, die allen zugutekommt;

62.

fordert die Kommission dringend auf, die Entwicklung gemeinschaftlicher Programme zur Energieerzeugung zu unterstützen, die es Küstengemeinden, einschließlich Fischern, ermöglicht, uneingeschränkt an der Planung und Entwicklung der Erzeugung erneuerbarer Energie teilzunehmen und die Gewinne wieder in die lokale Gemeinschaft zu investieren;

63.

fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit der maritimen Raumplanung bestimmte historische und traditionelle Fanggründe der Fischer als Gebiete auszuweisen, in denen keine Erzeugung erneuerbarer Offshore-Energie stattfinden darf;

64.

betont, dass im Einklang mit den Zielen der blauen Wirtschaft und des europäischen Grünen Deals Offshore-Windparks nur dann gebaut werden sollten, wenn gewährleistet werden kann, dass sie keine negativen Umweltauswirkungen und ökologische Auswirkungen oder wirtschaftliche, sozioökonomische und soziokulturelle Folgen für die Fischerei und Aquakultur mit sich bringen;

65.

begrüßt Initiativen wie die „Marine Wind Power Observatory“, ein von der Regionalregierung von Galicien ins Leben gerufenes Forum mit der Aufgabe, unter Einbeziehung des Industriesektors, des Meeresfischereisektors und damit verbundener Institutionen und Organisationen Möglichkeiten zu ermitteln und Meeresnutzungen auszugleichen, die miteinander konkurrieren könnten;

66.

stellt fest, dass die mineralgewinnende Industrie ein wachsender Zweig der blauen Wirtschaft ist; betont, dass die Staaten keine Maßnahmen ergreifen dürfen, die sich nachteilig auf die Existenzgrundlage der kleinen Binnen- und Meeresfischer, deren Gebiete oder auch Zugangsrechte auswirken könnten, was auch groß angelegte Entwicklungsprojekte einschließt; betont ferner, dass sie Ex-ante-Bewertungen zu Projekten privater Unternehmen im Bereich der mineralgewinnenden Industrie vornehmen müssen, um die möglichen negativen Auswirkungen auf lokale Fischereigemeinschaften im Bereich der Menschenrechte zu bewerten;

67.

fordert nachdrücklich die Schaffung eines Dialogforums auf EU-Ebene, das transparent ist und die Einbeziehung aller Beteiligten und ein ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen ihnen schaffen sollte, um die Zusammenarbeit, den Erfahrungsaustausch und die Lösung von Konflikten zwischen den Sektoren zu fördern;

68.

legt der Kommission und den Mitgliedstaaten nahe, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Investitionen in die nachhaltige Fischerei und Aquakultur anzukurbeln und den Zugang zu bestehenden Investitionsmöglichkeiten für nachhaltige Fangmethoden und Aquakulturtätigkeiten und deren uneingeschränkte Nutzung im Rahmen des Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) in Synergie mit anderen EU-Programmen wie der Aufbau- und Resilienzfazilität oder Horizont Europa für nachhaltige Fangmethoden und Aquakulturtätigkeiten zu erleichtern, damit Küstengemeinden sowie abgelegene und überseeische Gemeinden ihre Volkswirtschaften diversifizieren können;

69.

fordert die Kommission auf, auf den bewährten Verfahrensweisen des EMFAF aufzubauen, um Tourismusprojekte im Bereich der Freizeitfischerei zu entwickeln und diese Projekte weiterhin durch den EMFAF zu finanzieren;

70.

weist erneut darauf hin, dass sich der Klimawandel auf die Gemeinschaften und ihre Lebensgrundlagen auswirkt, und ist daher der Auffassung, dass umfassendere Strategien entwickelt werden müssen, um die Fischerei und die Aquakultur an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen; betont, dass alle Sektoren zur Eindämmung des Klimawandels in Übereinstimmung mit dem europäischen Grünen Deal und dem siebten und achten Umweltaktionsprogramm beitragen müssen;

71.

ist der Ansicht, dass die GFP eine soziale Konditionalität, ähnlich der im Rahmen der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik geschaffenen Konditionalität, einschließen sollte, mit der Sanktionen für Eignern von Fischereifahrzeugen, Aquakulturproduzenten und andere EMFAF-Begünstigte vorgesehen werden können, wenn sie keine angemessenen Arbeitsbedingungen für alle ihre Arbeitnehmer, einschließlich Saisonarbeiter und Wanderarbeitnehmer, sicherstellen; hebt hervor, dass diese soziale Konditionalität von grundlegender Bedeutung für den Schutz der Menschenwürde am Arbeitsplatz und der sozialen Rechte der Arbeitnehmer in der Fischerei und Aquakultur ist und zur Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit für alle beiträgt;

72.

ist der Auffassung, dass die Verbesserung der Arbeitsplatzsicherung, die Sicherheit am Arbeitsplatz, gesunde Ozeane, die ein besseres Einkommen und mehr soziale Sicherheit in der Fischerei und in der Aquakultur ermöglichen, von wesentlicher Bedeutung sind, um den Fortbestand des Sektors und die für seine Verjüngung erforderliche Attraktivität auch für Frauen und die jüngere Generation zu gewährleisten;

73.

begrüßt die Rolle der Frauen in den Wertschöpfungsketten der nachhaltigen Fischerei und Aquakultur und fordert daher, dass menschenwürdige Arbeitsbedingungen, gleiche Löhne und Gehälter, soziale Sicherheit sowie ihre Sichtbarkeit und Vertretung in den Entscheidungsstrukturen und -prozessen gewährleistet werden;

74.

weist darauf hin, dass Fischerei und Aquakultur in vielen Teilen der EU eine Schlüsselrolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und in der Wirtschaft spielen und in vielen Küstengemeinden und auf Inseln, insbesondere in den Regionen in äußerster Randlage, mehr als die Hälfte der lokalen Arbeitsplätze stellen;

75.

betont, dass zur Steigerung der Nachhaltigkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und der wirtschaftlichen Leistung der Fischerei und der Aquakultur gleiche Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft für alle Beteiligten in der EU gewährleistet sein müssen und der beruflichen Bildung, dem lebenslangen Lernen, der europaweiten Anerkennung dieser Ausbildung sowie der Beratung und Verbreitung von technischen und wissenschaftlichen Kenntnissen und innovativen Verfahren besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, wobei auch der Beitrag der Gewerkschaften in diesem Bereich anzuerkennen ist;

76.

betont, dass es erforderlich ist, Fischereierzeugnisse beim Erstverkauf aufzuwerten, insbesondere solche aus der kleinen handwerklichen Fischerei, um das Einkommen und die Löhne der Fischer zu erhöhen;

77.

fordert die Kommission auf, neue Formen des nachhaltigen Meeres- und Küstentourismus zu entwickeln, neue Formen touristischer Aktivitäten zu fördern, zusätzliche Einkommensquellen zu schaffen und die Beschäftigung ganzjährig zu erhöhen, um den Wert der Meeres- und Küstengebiete zu steigern und gleichzeitig die Umwelt und das blaue Kulturerbe zu schützen und Meeres- und Küstenlebensräume zu erhalten; betont die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft in der Tourismusbranche für die Entwicklung nachhaltigerer Verfahren, die der lokalen Entwicklung zugutekommen; stellt fest, dass die Tourismusbranche mit den Küstengemeinden zusammenarbeiten sollte und Unterstützung benötigt, um die Effizienz und Nachhaltigkeit der Infrastruktur und die Wettbewerbsfähigkeit von Meeres- und Tourismusgebieten zu verbessern;

78.

räumt ein, dass sich der Küstentourismus positiv auf die Entwicklungsländer auswirken, aber auch mit Nachteilen verbunden sein kann, wenn Strategien für den Massentourismus entwickelt werden, durch die der Zugang zu Nahrungsmitteln und der Konsum für lokale Verbraucher eingeschränkt wird und die zur Zerstörung der Meeresumwelt und der kulturellen Identität führen; fordert die EU auf, faire und sanfte Tourismusmodelle zu fördern;

79.

betont, dass das natürliche Kapital und das Naturerbe bewahrt werden müssen, um einen nachhaltigen Tourismus (z. B. Ökotourismus) zu fördern, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die biologische Vielfalt zu schützen, indem sie umgehend auch grenzübergreifende Maßnahmen zum Schutz der Meere ergreifen, mit denen Meeres- und Küstenökosysteme geschützt, wiederhergestellt und gefördert werden, auch durch die Netzwerke von Natura-2000-Meeresgebieten;

80.

fordert die Kommission auf, den nachhaltigen Meeres-, Insel- und Küstentourismus in entsprechende Maßnahmen und Programme aufzunehmen und Initiativen zu unterstützen, mit denen die Diversifizierung des Küsten- und Meerestourismus gefördert und dafür gesorgt wird, dass die Tätigkeiten und Beschäftigungsmöglichkeiten im Tourismus nicht so stark saisonabhängig sind; betont, dass bessere Daten zum Beitrag des Angeltourismus zur Wirtschaft von Küstengebieten und Inseln erfasst werden müssen;

81.

betont, dass der blauen Wirtschaft in den Gebieten in äußerster Randlage und insbesondere im dortigen Tourismus große Bedeutung zukommt; fordert die Kommission daher auf, ein Verkehrsprogramm mit spezifischen Optionen für die Abgelegenheit und Insellage (POSEI Verkehr) zu erstellen, um den Bedürfnissen der Inseln und der Gebiete in äußerster Randlage besser gerecht zu werden und den Betrieb einiger kommerzieller Routen zu ihnen zu unterstützen;

82.

unterstützt Nachhaltigkeit im Küsten- und Meerestourismus, da sie für die Wettbewerbsfähigkeit des atlantischen Raums, des Mittelmeerraums und des Ostseegebiets und für die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung im Bereich der blauen Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung ist; betont, dass eine spezifische Ausbildung im Bereich blaue Wirtschaft zu einer Sensibilisierung für die Meeresökosysteme und ihren erforderlichen Schutz beitragen würde;

83.

fordert die Kommission auf, eine breite Konsultation regionaler und lokaler Gebietskörperschaften und aller betroffenen Interessenträger durchzuführen, um maßgeschneiderte Lösungen für die lokalen und regionalen Gemeinschaften zu finden;

84.

fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zur Förderung der Widerstandsfähigkeit der Tourismusbranche gegenüber den Folgen künftiger Pandemien oder destabilisierender Ereignisse zu bewerten, die die Durchführung von Tourismustätigkeiten beeinträchtigen können, und geeignete Initiativen zur Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Beschäftigte in der Branche auszuarbeiten, um die Attraktivität der Branche zu erhöhen und zur Ausschöpfung des vollen Potenzials der blauen Wirtschaft beizutragen;

85.

betont, dass der Segelsport und die Sportschifffahrt große Bedeutung für den Meerestourismus haben; betont die wichtige Rolle der lokalen Kultur und Gastronomie für die Entwicklung des Küstentourismus in Europa und die Bedeutung des Bade- und Unterwassertourismus, des Angeltourismus, des Ökotourismus, des Wassersports und der Kreuzfahrtindustrie;

86.

betont, wie wichtig Meeresschutzgebiete für den Schutz der Ozeane sind; ist der Ansicht, dass diese Gebiete die Möglichkeit bieten, den wissenschaftlichen Tourismus auszubauen;

87.

begrüßt den Schwerpunkt der Kommission auf einem nachhaltigen und „langsamen Tourismus“ sowie das Ziel, Unterstützungspakete („Blaupausen für lokale Grüne Deals“) zu entwickeln, um einen grünen Übergang für Städte und Regionen zu unterstützen; stellt fest, dass abgelegene Inseln und Küstengemeinden bei diesem Übergang eine führende Rolle spielen können;

88.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Beitrag der Freizeitfischerei im Meer und des Tourismus zur blauen Wirtschaft und das Potenzial dieses Sektors anzuerkennen sowie weitere wirtschaftliche Möglichkeiten in Küstengemeinden zu schaffen;

89.

bedauert, dass das Potenzial der blauen Wirtschaft bei der Ausarbeitung und Beurteilung der im Rahmen der NextGenerationEU finanzierten nationalen Aufbau- und Resilienzpläne nicht ausreichend berücksichtigt wurde;

90.

fordert die Schaffung eines geeigneten Finanzrahmens zur Förderung der Entwicklung der blauen Wirtschaft und der Schaffung von Arbeitsplätzen, der die verschiedenen verfügbaren Finanzinstrumente — die Struktur- und Investitionsfonds (EMFAF, EFRE, ESF, Kohäsionsfonds), Horizont Europa 2021–2027 und andere — integriert und koordiniert; weist darauf hin, dass es erforderlich ist, diese Instrumente besser auf die Bedürfnisse der Beteiligten abzustimmen und die vorhandenen Möglichkeiten umfassend bekannt zu machen;

91.

fordert eine eingehende EU-weite Diskussion mit dem Sektor unter Berücksichtigung der schwerwiegenden sozioökonomischen Auswirkungen der Vorschriften für die Messung der Fangkapazität und die Folgen dieser Vorschriften für die Fischerei und das Leben der Fischer, wenn gleichzeitig die Fangkapazität strikt kontrolliert wird;

92.

betont die strategische Bedeutung des Schiffbaus und der Schiffsreparatur und ihre Wechselbeziehung mit anderen Sektoren, wie dem maritimen Tourismus; vertritt die Auffassung, dass das Engagement für technologische Innovation und hochspezialisierte Verfahren, die zu Wertschöpfungssteigerungen führen können, einen Rahmen schaffen kann, in dem der Wettbewerb auf internationaler Ebene geringer ist, sowie die Umkehrung des Abwärtstrends des Sektors erleichtern kann; ist der Ansicht, dass die Wiederbelebung und Modernisierung der Schiffbauindustrie in den Mitgliedstaaten in ihren verschiedenen Formen gezielt unterstützt werden sollte;

93.

stellt fest, dass handwerkliche und kleine Flotten der EU, insbesondere in den Regionen in äußerster Randlage, sehr alt sind und die Schiffe aufgrund ihres hohen Durchschnittsalters sowohl für die darauf arbeitenden Menschen als auch für die Fänge selbst unsicher sind, und bekräftigt, dass der EMFAF den Kauf neuer Schiffe unterstützen muss, ohne dass dies zu größeren Fängen führt, und dass die Erträge möglichst nachhaltig sein müssen, sodass ihre Umweltleistung verbessert wird;

94.

weist darauf hin, dass Fischereiflotten der Gebiete in äußerster Randlage zum Teil in sehr schlechtem Zustand sind und eine Gefahr für Fischer und die Umwelt darstellen; hält es in diesem Zusammenhang für notwendig, Lösungen zu finden, um die Sicherheit und die Arbeitsbedingungen der Fischer zu verbessern, die CO2-Emissionen zu verringern und die Bedingungen für den Schutz und die Erhaltung der Fänge zu verbessern; betont, dass die Kontinuität der Bereitstellung gesunder, qualitativ hochwertiger Proteine unter völlig unbedenklichen Bedingungen sichergestellt werden muss, und zwar mit weniger Auswirkungen auf die Umwelt und ohne Erhöhung der Fangkapazität;

95.

fordert die Kommission und den Rat auf, ein dem POSEI ähnliches Förderinstrument für die Fischerei zu schaffen, um die Auswirkungen der Insellage für die Regionen in äußerster Randlage abzumildern;

96.

hebt das Potenzial für eine nachhaltige Nutzung der maritimen Dimension der EU im Atlantik hervor, die ausgewogeneren Investitionen in die Inseln, die Regionen in äußerster Randlage und die Küstenhäfen sowie den Ausbau zahlreicher Liegeplätze und die Erhöhung der Lagerkapazitäten und der Umschlagsgeräte erfordert, die für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse sehr wichtig sind;

Blauer Übergang

97.

fordert die Entwicklung von Instrumenten, die eine nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen und eine Diversifizierung der Meereswirtschaft ermöglichen, unter anderem durch die Unterstützung neuer, mit der Fischerei zusammenhängender und aus ihr hervorgehende Produkte, die das kulturelle und natürliche Erbe aufwerten können, insbesondere durch hochwertige touristische Angebote;

98.

betont, wie wichtig die Schaffung eines integrierten Rahmens für die Meerespolitik der EU ist, um die Kohärenz zwischen der Biodiversitätsstrategie, der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, der Klimapolitik und der CFP sicherzustellen;

99.

ist der Auffassung, dass der Aquakultursektor auf der Grundlage von evidenzbasierten Maßnahmen wie dem Wohlergehen der Fische und der Fischdichte weiterhin mehrere Parameter überwachen und verbessern sollte; ist ferner der Ansicht, dass Unverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden sollten, um das Wohlergehen der Fische zu verbessern, einschließlich, aber nicht beschränkt auf die Verbesserung ihrer Umgebung und die Aufrechterhaltung der Wasserqualität innerhalb der für das Wohlbefinden relevanten Grenzen, um Krankheiten und deren Ausbreitung zu reduzieren, die Notwendigkeit des Einsatzes von Antibiotika zu verringern und die Umweltverschmutzung weiter zu reduzieren, bessere Klima- und Umweltergebnisse zu erreichen und Resilienz gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen;

100.

stellt fest, dass die Diversifizierung von Fischarten in der Aquakultur der EU, auch solche mit niedrigem Trophiegrad und nicht fleischfressende Arten erforderlich ist, um die Nachhaltigkeit der Aquakultur in der EU zu verbessern;

101.

hebt die Rolle hervor, die die Aquakultur insbesondere bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Sicherheit der Lebensmittelversorgung und auch als Beitrag zum Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen spielen kann; hält es für äußerst wichtig, den Druck auf Meeresressourcen durch die Entwicklung und den verstärkten Einsatz von Alternativen und nachhaltig eingesetzten Futtermitteln, die keine wild gefangenen Fische sind, zu verringern und damit den Verlust der biologischen Vielfalt in den Ozeanen und Meeren umzukehren; betont, dass die Nutzung des Meeresraums für Zwecke der Aquakultur angemessen reguliert werden muss; betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung eines klaren und verlässlichen Rechtsrahmens, der den Zugang zu Wasser mit allen notwendigen Garantien fördert;

102.

stellt fest, dass der verstärkte Einsatz von Fischmehl und Fischöl in der Aquakultur der EU die Nachhaltigkeit der Wildfischbestände in den Gewässern der EU und von Drittstaaten gefährden kann;

103.

betont, dass alle Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine wettbewerbsfähige Entwicklung der Fischerei und der Aquakultur sicherzustellen, da sie für die Ernährungssicherheit von großer Bedeutung sind;

104.

betont die Bedeutung der Fischerei und der Aquakultur für die Versorgung mit für die Ernährungssicherheit immens wichtigem Eiweiß sowie für die sozioökonomische Entwicklung der lokalen Gemeinschaften und die Schaffung von Arbeitsplätzen weltweit; weist insbesondere erneut darauf hin, dass fast eine Milliarde Menschen, zumeist in Entwicklungsländern, auf Fisch und Meeresfrüchte als Hauptquelle tierischer Proteine angewiesen sind; stellt fest, dass über 90 % der Fischer und Fischereiarbeiter weltweit in der kleinen Fischerei beschäftigt sind; bedauert, dass sich die COVID-19-Pandemie erheblich auf die im Bereich der Fischerei und Aquakultur Beschäftigten ausgewirkt hat;

105.

weist darauf hin, dass nachhaltige Lebensmittel aus den Ozeanen, Meeren und Binnengewässern nur aus verantwortungsvoller Fischerei und nachhaltiger Aquakultur stammen dürfen und dass alle in der EU konsumierten Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse in nachhaltigen Lebensmittelsystemen unter Wahrung der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten erzeugt sein müssen; fordert die Kommission auf, Nachhaltigkeitsindikatoren für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse aus der EU auf der Grundlage wissenschaftlicher Gutachten auszuarbeiten und gleiche Nachhaltigkeitsstandards für Erzeugnisse zu verlangen, die in den EU-Markt eingeführt werden;

106.

hebt hervor, dass die EU für 1 % der weltweiten Algenproduktion verantwortlich ist und ist daher der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten und der EMFAF die Produktion von Meeresalgen fördern sollten; betont, dass Algen eine der künftigen Lösungen zur Erreichung der Ziele des Grünen Deals sind, indem beispielsweise Algen für die CO2-Abscheidung genutzt werden und damit andere Materialien in verschiedenen Wirtschaftsbereichen ersetzen, oder indem sie als Nahrungsprodukte für den menschlichen Verzehr verwendet werden, denn sie könnten eine wichtige Quelle für Proteine und hochwertige Mikronährstoffe sein;

107.

fordert die Kommission auf, alle Lösungen für die Entwicklung von Möglichkeiten für die Algenproduktion und -verwendung und außerdem die Finanzierungsoptionen zur Beschleunigung der Algenproduktion zu prüfen; fordert die Kommission auf, schnell zu handeln, um die Zulassung von Algen als neues Nahrungsmittel zu ermöglichen, indem die entsprechenden Antragskosten gesenkt werden und bei gleichzeitiger Sicherstellung der Qualität und Sicherheit der Marktzugang erleichtert wird;

108.

ist der Auffassung, dass nachhaltige Aquakulturmodelle gefördert werden müssen, die zur Erhaltung von Ökosystemen beitragen können, die Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels bieten; betont, dass es wichtig ist, zwischen der produktiven Aquakultur und der eiweißverarbeitenden Aquakultur zu unterscheiden, insbesondere wenn letztere auf Praktiken zurückzuführen ist, die die Nachhaltigkeit der Meeresressourcen unter Druck setzen; ist der Auffassung, dass für die Fischerei und Aquakultur vorgesehene Nahrungsmittel nur aus nachhaltiger Landwirtschaft und Fischerei stammen dürfen und dass daher aus der IUU-Fischerei oder Überfischung stammende Erzeugnisse ausgeschlossen sein sollten;

109.

ist der Auffassung, dass mit der Produktion von Mikroalgen die Verwendung von nicht nachhaltigem Fischmehl verringert werden kann; hebt hervor, dass es notwendig ist, die organische Aquakultur weiterzuentwickeln und zu fördern, denn sie weist ein großes Wachstumspotenzial auf, und die Instrumente und Finanzmittel EU können für diesen Zweck genutzt werden; fordert eine verbesserte Erhebung, Verarbeitung und Verbreitung von Statistiken zur ökologischen Aquakulturproduktion;

110.

fordert, dass die GFP bereichsübergreifend auf alle EU-Fischereiflotten angewandt wird, um sicherzustellen, dass die Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten in einer Weise gesteuert werden, dass sozioökonomische Vorteile geschaffen werden können, die zur Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln beitragen, die Auswirkungen ihrer besonderen Tätigkeiten auf die Lebensräume und Meeresökosysteme minimieren, die Populationen der befischten Arten wiederstellen und über dem Niveau halten, das den höchstmöglichen Dauerertrag erbringen kann; ist der Auffassung, dass bei ihrer Umsetzung die spezifischen Merkmale der verschiedenen Meeresbecken berücksichtigt werden müssen;

111.

hebt die Rolle des Fischerei- und Aquakultursektors und seiner Fachleute bei der Energiewende und der Eindämmung des Klimawandels hervor, die durch Dekarbonisierung und die Förderung von Tätigkeiten wie das Einsammeln von Meeresabfällen unterstützt werden und damit zur Kreislaufwirtschaft beitragen;

112.

gibt zu bedenken, dass Abfall im Meer und alle Arten von Schadstoffen, dabei insbesondere alle Arten von Plastik, die Umwelt schädigt, schwerwiegende wirtschaftliche Verluste für die Fischerei und andere Aktivitäten verursacht und der menschlichen Gesundheit über die gesamte Nahrungskette schadet; begrüßt die Zusage des FEAMPA, die Fischer bei der Bergung, Wiederverwendung und dem Recycling von verlorenem Fanggerät und anderen Meeresabfällen finanziell zu unterstützen; bedauert jedoch die Verzögerung bei der Erreichung der Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und betont in diesem Zusammenhang, dass weitere Sensibilisierungskampagnen und Schulungen für Fischer gefördert werden sollten;

113.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Modernisierung und nachhaltige Entwicklung des Fischereisektors und dabei insbesondere die kleine Fischerei aktiver zu unterstützen und für selektivere Fanggeräte zu sorgen sowie die Umweltbelastung durch Fischerei zu verringern;

114.

hebt die Rolle der Verordnung (EU) 2019/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen (19) hervor, in der die Erhaltungsmaßnahmen festgelegt sind, die bestimmen, wie, wo und wann gefischt werden darf, um empfindliche Arten und Lebensräume sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene zu schützen, den Fischereiertrag zu steigern und die Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme zu verringern, insbesondere durch eine größere Selektivität;

115.

hält es für wichtig, ständig Daten zu sammeln, um die Nachhaltigkeitskriterien besser bewerten zu können und die Einrichtung von Fischfanggebieten zu verhindern, in denen gefährdete marine Ökosysteme festgestellt wurden;

116.

fordert die EU auf, dringend gegen die schädlichen Auswirkungen von Fischfangtechniken wie etwa grundberührenden Fanggeräten, Treibnetzen, Grundschleppnetzen oder Fischsammelgeräten auf das Klima, die Unversehrtheit des Meeresbodens, die Fischpopulationen und empfindliche Arten (als Beifang) vorzugehen, unter anderem durch die Einschränkung ihrer Verwendung;

117.

fordert die EU insbesondere auf, den Einsatz schädlicher Techniken in ihren streng geschützten Meeresgebieten auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten zu untersagen; fordert dazu auf, den EMFAF dafür zu nutzen, den Übergang zu selektiveren und weniger schädlichen Fangmethoden in den Fischereiflotten der EU wirksam zu unterstützen;

118.

fordert die EU auf, wissenschaftliche Forschungsprogramme zur Kartierung kohlenstoffreicher Meereslebensräume in EU-Gewässern einzuleiten und zu finanzieren, die als Grundlage für die Ausweisung solcher Gebiete als streng geschützte Meeresschutzgebiete dienen sollen, um im Einklang mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen marine Kohlenstoffsenken zu schützen und wiederherzustellen und um Ökosysteme, insbesondere solche am Meeresboden, im Einklang mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zu schützen und wiederherzustellen und sie vor menschlichen Tätigkeiten, wie z. B. grundberührende Fischereitätigkeiten, zu bewahren, die die Wassersäule stören und Kohlenstoff freisetzen könnten;

119.

fordert die EU auf, sämtliche umweltschädlichen extraktiven industriellen Tätigkeiten wie etwa Bergbau und die Gewinnung fossiler Brennstoffe in Meeresschutzgebieten zu untersagen;

120.

betont, dass die Tiefsee die größte Vielfalt an Arten und Ökosystemen auf der Erde beherbergt, wichtige Umweltgüter und -leistungen, einschließlich der langfristigen Kohlenstoffbindung, liefert und durch Umweltbedingungen gekennzeichnet ist, die sie für menschliche Störungen stark anfällig machen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, ein internationales Moratorium zum Meeresbodenbergbau zu unterstützen;

121.

fordert legislative und nichtlegislative Instrumente für die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie und für die Bekräftigung der Maßnahmen zur Erreichung der Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, um die Vielfalt der Meere zu erhalten und geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit in der Fischerei, der Aquakultur und in anderen damit verbundenen Sektoren zu fördern;

122.

begrüßt die Zusage der Kommission zur Überarbeitung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie; fordert die Kommission auf, bei der Überarbeitung der Richtlinie diese an die Ziele des europäischen Grünen Deals, der Biodiversitätsstrategie bis 2030 und des achten Umweltaktionsprogramms anzupassen;

123.

fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der IUU-Fischerei, die nach wie vor eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit der Ökosysteme und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Fischereisektors selbst darstellt; fordert, dass die Handelspolitik und die Fischereipolitik der Union besser aufeinander abgestimmt werden, um die wirksame Bekämpfung der IUU-Fischerei zu gewährleisten;

Zusammenarbeit, Wissen und Innovation

124.

fordert eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungs- und Innovationszentren, Behörden und der Industrie, um Ausrüstungen, Methoden, Techniken und Verfahren zu fördern, die auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und geeignet sind, die Arbeitseffizienz und -sicherheit, das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit sowie die ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern; weist auf die Bedeutung von Wissen über die Meere hin, um die Gesellschaft zu sensibilisieren und alle Bürger und Interessenträger aufzufordern, sich sachkundig und verantwortungsvoll gegenüber dem Ozean und seinen Ressourcen zu verhalten;

125.

weist darauf hin, dass zuverlässige, hochwertige und harmonisierte Daten zu Ozeanen für einen nachhaltigen Wandel der blauen Wirtschaft wichtig sind;

126.

betont, dass das Potenzial einer Strategie für die blaue Wirtschaft nur durch die Zusammenarbeit aller Interessenträger ausgeschöpft werden kann; stellt die zunehmende Nutzung von Daten und künstlicher Intelligenz im Seeverkehr fest; fordert die Kommission auf, die sozioökonomischen Auswirkungen der Automatisierung und Digitalisierung des Sektors zu prüfen;

127.

fordert die Kommission auf, Wissenszentren wie den Copernicus-Dienst zur Überwachung der Meeresumwelt und das Europäische Meeresbeobachtungs- und Meeresdatennetzwerk weiter zu entwickeln und zu verbessern, die unschätzbares Wissen über die Meere und Ozeane Europas bereitstellen; weist darauf hin, dass die Freizeitfischerei die Kenntnisse über die aquatische Umwelt sowie das Engagement für den Schutz dieser Umwelt verbessert;

128.

begrüßt die Schaffung der Mission Ozean im Rahmen des Programms Horizont 2030; fordert mehr Klarheit und Kommunikation über den Zeitplan für die Ausschreibungen im Zusammenhang mit dieser Mission;

129.

betont, dass es notwendig ist, die Erfassung von Daten zur sozioökonomischen Überwachung und Umweltüberwachung sowie die Überwachung von lebenden Ökosystemen und Fischbeständen zu harmonisieren; betont, dass die gesammelten Daten auch zur Regulierung der Auswirkungen der Tätigkeiten anderer maritimer Industrien herangezogen werden müssen;

130.

ist der Ansicht, dass die Begrenzung der Tonnage als Kriterium für die Bemessung der Fangkapazität angepasst werden muss, um den tatsächlichen Gegebenheiten im Sektor und dem notwendigen Einsatz modernerer, weniger umweltverschmutzender und energieeffizienterer Motoren Rechnung zu tragen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang nachdrücklich auf, diese Kriterien mit dem Ziel zu überprüfen, die Sicherheit und die Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern und die erforderlichen Änderungen zu ermöglichen, um die ökologische Nachhaltigkeit zu verbessern, mehr junge Arbeitnehmer für den Sektor zu gewinnen, die Umwelt weniger zu belasten und sicherzustellen, dass die Fangkapazität nicht erhöht wird;

131.

fordert die Kommission auf, kohärente Daten zu erfassen, die eine intelligente Steuerung des Küstentourismus ermöglichen und Belastungen für Ökosysteme und lokale Gemeinschaften sowie den Wettbewerb mit den traditionellen Tätigkeiten wie der handwerklichen Fischerei und der Küstenfischerei vermeiden würden;

132.

betont, dass Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel ergriffen werden müssen, die für den Schutz von Küstengemeinden, Lebensräumen und der biologischen Vielfalt notwendig sind und deren Kosten angesichts der enormen Auswirkungen des Klimawandels und der daraus entstehenden Kosten angemessen sind; fordert die Kommission auf, ein Warn- und Beobachtungssystem für häufigere Stürme und Überschwemmungen einzurichten, für eine angemessene Umwelt- und Gesundheitsüberwachung zu sorgen und Forschungsarbeiten zu Frühwarnsystemen durchzuführen; fordert die Kommission auf, verschiedene Szenarien und Maßnahmen zu prüfen, um gegen den möglichen Meeresspiegelanstieg und die Intensivierung extremer Wetterereignisse vorzugehen;

133.

weist darauf hin, dass es Instrumente wie das europäische Programm CleanSeaNet gibt, mit dem Ölverschmutzungen aufgedeckt werden sollen; betont, dass die regionale Zusammenarbeit — auch mit Drittstaaten — von wesentlicher Bedeutung ist, insbesondere im Mittelmeerraum; fordert die Kommission daher auf, den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Ländern zu verbessern; betont, dass eine kooperative, inklusive und bereichsübergreifende maritime Raumplanung wichtig ist, bei der sozioökonomische und ökologische Belange sowie Belange der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden; hebt die Bedeutung der Energiewende hervor, bei der mit der blauen Wirtschaft Technologien für die Erzeugung von erneuerbarer Offshore-Energie, wie Gezeiten-, Wellen-, Sonnen- und Windenergie, gefördert werden können; betont, dass die Dekarbonisierung der Schifffahrt und des Seeverkehrs unterstützt werden muss, nachhaltige Technologien entwickelt werden müssen und der Einsatz von CO2-armen und erneuerbaren Energieträgern gefördert werden muss;

134.

unterstützt den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung in der blauen Wirtschaft als Motor des Wirtschaftswachstums in der EU, insbesondere im atlantischen Raum, im Mittelmeerraum und im Ostseegebiet, da dadurch alle mit den Ozeanen, Meeren und Küstengebieten verbundenen branchenspezifischen und branchenübergreifenden Tätigkeiten wie Seeverkehr, Schiffbau, Schiffsreparatur, Biotechnologie, nachhaltiger Tourismus, Offshore-Windkraft, gewerbliche Fischerei und Aquakultur, Freizeitfischerei und -aquakultur sowie Wellen- und Gezeitenenergie gefördert werden können; fordert die Kommission auf, Forschung, Entwicklung und Innovationen zu fördern, die zu nachhaltigem Tourismus, Ressourceneffizienz und Energie aus erneuerbaren Quellen beitragen; betont insbesondere, dass die erneuerbare Offshore-Energie bis 2050 ein wesentlicher Bestandteil des Energiesystems der EU werden kann; fordert, Anreize und Fördermaßnahmen für Investitionen in die Hafeninfrastruktur zu schaffen, um die Versorgung der Anlagen für die Erzeugung von erneuerbarer Offshore-Energie zu erleichtern;

135.

fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass die EU ihre technologische Spitzenposition erreicht und beibehält, Talente bindet und Energie erzeugt, während gleichzeitig potenzielle Auswirkungen auf die Meeresumwelt verringert werden;

136.

betont die Bedeutung von Innovationen in der Fischerei, um die Umwelt- und Wirtschaftsleistung zu verbessern, und fordert eine neue Herangehensweise an Innovationen, sodass Innovation und Modernisierung keine Erhöhung der Fangkapazität bedeutet;

137.

fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Regionen nachdrücklich auf zusammenzuarbeiten, um lokale Initiativen zu fördern und zu unterstützen, die darauf abzielen, die Lebensgrundlagen sowie die Traditionen und das kulturelle Erbe im Zusammenhang mit der Fischerei und der Aquakultur zu erhalten;

138.

fordert die Kommission auf, angesichts der labilen Lage der Regionen in äußerster Randlage Innovation und Forschung massiv zu unterstützen mit dem Ziel, innovative, ökologisch, soziologisch und wirtschaftlich nachhaltige Methoden und Techniken in der Fischerei und Aquakultur in diesen Regionen zu entwickeln und diesen Regionen damit eine Führungsrolle in der Meerespolitik zu ermöglichen;

139.

weist darauf hin, dass Abfälle im Meer große ökologische und sozioökonomische Auswirkungen in diesen Regionen haben und fordert die Kommission daher auf, ein Zentrum zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung der Meere vorzugsweise in einer Region in äußerster Randlage einzurichten, das über Fachwissen in den Bereichen Innovation, Entwicklung und Zusammenarbeit mit den Akteuren der Fischerei und der Aquakultur sowie mit Verbänden verfügt und dessen Aufgabe es ist, Nachhaltigkeitsstrategien und -maßnahmen zu beschließen, die auch in anderen Regionen angewandt werden können;

140.

hält es für wichtig, bei den Verbrauchern eine positive Wahrnehmung des Nährwerts der Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse zu fördern; weist darauf hin, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, Verbraucher angemessen zu informieren, um Veränderungen im Konsumverhalten zu bewirken und den Konsum weniger bekannter Meereserzeugnisse zu fördern;

141.

betont, dass es notwendig ist, das Bewusstsein der Verbraucher für Produkte auf Algenbasis zu stärken, die Akzeptanz dieser Produkte bei Verbrauchern zu erhöhen und sie für Lebensmittelverschwendung zu sensibilisieren; bekräftigt, dass die Verbraucherinformation durch wirksame Kennzeichnung, einschließlich der Nachhaltigkeitskennzeichnung, verbessert werden muss;

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142.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss der Regionen sowie dem Wirtschafts- und Sozialausschuss zu übermitteln.

(1)  ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22.

(2)  ABl. L 247 vom 13.7.2021, S. 1.

(3)  ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19.

(4)  ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135.

(5)  ABl. L 288 vom 6.11.2007, S. 27.

(6)  ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82.

(7)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.

(8)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0425.

(9)  https://blueindicators.ec.europa.eu/sites/default/files/2021_06_BlueEconomy_Report-2021.pdf

(10)  https://cinea.ec.europa.eu/system/files/2021-05/Sustainability%20criteria%20for%20the%20blue%20economy%20.pdf

(11)  ABl. C 316 vom 22.9.2017, S. 64.

(12)  ABl. C 458 vom 19.12.2018, S. 9.

(13)  ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 14.

(14)  ABl. C 117 vom 11.3.2022, S. 30.

(15)  ABl. C 99 vom 1.3.2022, S. 88.

(16)  ABl. C 117 vom 11.3.2022, S. 18.

(17)  http://bluegrowthvigo.eu/

(18)  https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Fishery_statistics#Fisheries:_the_factors_of_production

(19)  ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 105.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/22


P9_TA(2022)0136

EU-Aktionsplan für biologische Landwirtschaft

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu einem EU-Aktionsplan für ökologische/biologische Landwirtschaft (2021/2239(INI))

(2022/C 465/02)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 39, Artikel 192 Absatz 1 und Artikel 349,

unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG),

unter Hinweis auf das Übereinkommen von Paris, das auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP21) erzielt wurde,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. März 2021 über einen Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion (COM(2021)0141),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zu dem Thema „Der europäische Grüne Deal“ (1),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2021 zu dem Thema „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (3),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Oktober 2021 zu einer Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem (4),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (5),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/2117 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, (EU) Nr. 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und (EU) Nr. 228/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union (6),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Juli 2021 über einen Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Landwirtschaft,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2018 zu einer europäischen Strategie zur Förderung von Eiweißpflanzen — Förderung des Anbaus von Eiweißpflanzen und Hülsenfrüchten in der europäischen Landwirtschaft (7),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Oktober 2020 zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 22. September 2021 zu dem Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen vom 2. Dezember 2021 zum EU-Aktionsplan für ökologische/biologische Landwirtschaft,

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A9-0126/2022),

A.

in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission über einen Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion (Bio-Aktionsplan) nachdrücklich betont wird, dass der Grüne Deal sowie die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und die Biodiversitätsstrategie, die Teil des Grünen Deals sind, der Schlüssel zur Bewältigung des Übergangs zu nachhaltigeren Lebensmittelsystemen, insbesondere zur Stärkung der Bemühungen der Landwirte um den Schutz der Umwelt, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Bewältigung des Klimawandels, sind; in der Erwägung, dass der Landwirtschaft im Allgemeinen und dem ökologischen/biologischen Landbau im Besonderen eine Schlüsselrolle bei der Erreichung dieses Ziels zukommt;

B.

in der Erwägung, dass nach zwölf Monaten die Liste fast aller sekundären Vorschriften des abgeleiteten Rechts, die für das Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2018/848 erforderlich sind, nun fertig ist, was jedoch nicht für die delegierte Verordnung zur Regelung der ökologischen/biologischen Salzgewinnung gilt;

C.

in der Erwägung, dass in der delegierten Verordnung natürlichen Verfahren Vorrang eingeräumt werden muss, bei denen bei der Erzeugung von Meersalz weder Zusatzstoffe eingesetzt noch CO2-Emissionen verursacht werden, damit es als ökologisch/biologisch eingestuft werden kann;

D.

in der Erwägung, dass das europäische Lebensmittelsystem nachhaltig erzeugte und nahrhafte Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen liefern und die Ernährungssicherheit in einer Weise sicherstellen muss, die eine gesunde Gesellschaft und einen gesunden Planeten sicherstellt, zum sozialen und wirtschaftlichen Wohlergehen beiträgt, die Gesundheit sowohl der Ökosysteme als auch der europäischen Bürgerinnen und Bürger schützt und die Rentabilität der landwirtschaftlichen Erzeugung und damit einen angemessenen Lebensunterhalt für die Landwirte sicherstellt; in der Erwägung, dass unbedingt sicherzustellen ist, dass die Zunahme der für den ökologischen/biologischen Landbau genutzten Flächen der Aufnahmefähigkeit des Marktes für ökologische/biologische Erzeugnisse entspricht;

E.

in der Erwägung, dass die Landwirte gemäß der Verordnung (EU) 2018/848 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen verpflichtet sind, einen Umstellungszeitraum einzuhalten, in dem sie alle Vorschriften für die ökologische/biologische Produktion anwenden müssen;

F.

in der Erwägung, dass dieser Zeitraum bis zu drei Jahre betragen kann; in der Erwägung, dass die Landwirte während dieses Zeitraums höhere Produktionskosten tragen müssen, ohne dass sie von den höheren Marktpreisen für ökologische/biologische Erzeugnisse Nutzen ziehen können;

G.

in der Erwägung, dass der ökologische/biologische Landbau verschiedene Vorteile für die Umwelt bietet, einschließlich einer Verringerung der Treibhausgasemissionen, und dass er das Potenzial birgt, dem Agrarsektor dabei zu helfen, seinen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels, zur Anpassung an den Klimawandel und zur Bewältigung zentraler Herausforderungen wie dem Verlust von Arbeitsplätzen in ländlichen Gebieten, der Bodenfruchtbarkeit und dem Verlust an biologischer Vielfalt zu leisten sowie die Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Herausforderungen zu fördern;

H.

in der Erwägung, dass die landwirtschaftliche Vielfalt und kürzere Lieferketten zwischen Landwirten und Verbrauchern wichtige Elemente für ein gesundes und nachhaltiges Lebensmittelsystem sind;

I.

in der Erwägung, dass der ökologische/biologische Landbau dazu beitragen kann, ein ehrgeiziges Gleichgewicht in Bezug auf die Nachhaltigkeit in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht zu erreichen, den Schutz von Boden, Wasser und der biologischen Vielfalt sowie das Tierwohl zu fördern und jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten, in den Beruf des Landwirts einzutreten;

J.

in der Erwägung, dass die in der EU geltenden Umwelt- und Tierschutzstandards zu den höchsten Standards weltweit gehören; in der Erwägung, dass ökologisch/biologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen eine um 30 % höhere Biodiversität aufweisen, Bestäubern zugutekommen und mit einem reduzierten Einsatz von Kunstdüngern und Pflanzenschutzmitteln einhergehen;

K.

in der Erwägung, dass der ökologische/biologische Landbau auch zur Wiederbelebung des ländlichen Raums, zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Nachhaltigkeit kleiner landwirtschaftlicher Betriebe, zur Annäherung von Verbrauchern und Erzeugern, zur Verbesserung der Verbindungen mit der lokalen Wirtschaft und zur Förderung positiver wirtschaftlicher Multiplikatoren beitragen kann; in der Erwägung, dass mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) neue ehrgeizige Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Produktion, einschließlich des ökologischen/biologischen Landbaus, eingeführt werden;

L.

in der Erwägung, dass es von Bedeutung ist, dafür zu sorgen, dass die Verbraucher, die zunehmend mehr Wert auf die Qualität ihrer Lebensmittel legen, und das Gaststättengewerbe in der Lage sind, beim Erwerb von Lebensmitteln fundierte und bewusste Entscheidungen zu treffen;

M.

in der Erwägung, dass dafür Sorge getragen werden muss, dass die Verbraucher angemessen über die Vorteile des Verzehrs ökologischer/biologischer Erzeugnisse informiert werden und dass sie vor bewusst irreführenden Etiketten, Verpackungen und Werbemaßnahmen geschützt werden;

N.

in der Erwägung, dass die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche der EU, die ökologisch/biologisch bewirtschaftet wird, im Jahr 2019 auf 13,8 Mio. Hektar gestiegen ist; in der Erwägung, dass gegenwärtig 8,5 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche der EU auf diese Bewirtschaftungsform entfallen; in der Erwägung, dass sich der Wert des Marktes für ökologische/biologische Erzeugnisse in der EU zwischen 2010 und 2019 mehr als verdoppelt hat;

O.

in der Erwägung, dass der Einzelhandelsumsatz mit ökologischen/biologischen Erzeugnissen im Zeitraum 2009–2019 von 18 Mrd. EUR auf 41 Mrd. EUR gestiegen ist; in der Erwägung, dass der Anstieg der ökologischen/biologischen Erzeugung die Entwicklung des ökologisch/biologisch ausgerichteten Marktes in Teilen der EU übersteigt, wobei es erhebliche Unterschiede beim Verbrauch ökologischer/biologischer Erzeugnisse in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt; in der Erwägung, dass die Erzeugung ökologischer/biologischer Erzeugnisse in bestimmten Teilen der EU sehr gering oder gar nicht vorhanden ist, wobei es große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt, die von 0,5 % bis 26,5 % der für den Sektor verfügbaren Fläche reichen;

P.

in der Erwägung, dass der Bio-Aktionsplan 23 Maßnahmen enthält, die eine solide Grundlage für die nachhaltige Entwicklung des ökologischen/biologischen Sektors bilden; in der Erwägung, dass eine Halbzeitüberprüfung des Bio-Aktionsplans im Jahr 2024 vorgesehen ist und ein jährlicher „EU-Bio-Tag“ eingeführt wurde, der eine Gelegenheit bietet, die Sichtbarkeit und die Anerkennung des ökologischen/biologischen Landbaus zu verbessern und das Bewusstsein für die Vorteile der ökologischen/biologischen Erzeugung zu schärfen, da die Bio-Landwirte als „Pioniere der nachhaltigen Landwirtschaft“ gelten;

Q.

in der Erwägung, dass die Verordnung (EU) 2018/848, die ab dem 1. Januar 2022 gelten wird, insbesondere darauf abzielt, das Vertrauen der Verbraucher in ökologische/biologische Erzeugnisse durch strengere Kontrollen und Vorschriften für Einfuhren zu stärken;

R.

in der Erwägung, dass die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Strategische Leitlinien für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU für den Zeitraum 2021–2030“ im Mai 2021 veröffentlicht wurde und die Einführung der Leitlinien im Rahmen der nationalen Strategiepläne erfolgen soll;

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission über einen Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion, das Ziel, bis 2030 die landwirtschaftliche Fläche in der EU im Rahmen des ökologischen/biologischen Landbaus durch die Entwicklung von Angebot und Nachfrage zu vergrößern, und die Anerkennung des ökologischen/biologischen Landbaus durch die Kommission als eine der wichtigsten Komponenten auf dem Weg der EU zu nachhaltigeren Lebensmittelsystemen, wobei nachhaltigere landwirtschaftliche Verfahren und eine effizientere Nutzung erneuerbarer Energiequellen eingesetzt und höhere Tierschutzstandards sichergestellt werden und ein Beitrag zur Sicherstellung höherer Einnahmen der europäischen Landwirte geleistet wird;

2.

fordert die Kommission auf, eine Folgenabschätzung in Bezug auf den Anteil des ökologischen/biologischen Landbaus an der landwirtschaftlichen Fläche der EU vorzunehmen; ist der Auffassung, dass die Entwicklung des ökologischen/biologischen Landbaus, der viele positive externe Effekte und Vorteile für den Klimaschutz, die biologische Vielfalt und den Bodenschutz mit sich bringt, zur Verwirklichung der Ziele der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie beitragen wird; nimmt gleichzeitig zur Kenntnis, dass auch andere nachhaltige Erzeugungsmodelle und landwirtschaftliche Betriebsmethoden, wie die integrierte Produktion und die biologische Kontrolle, einen Beitrag zu den Zielen des Grünen Deals leisten können;

3.

hebt hervor, dass der Anteil der landwirtschaftlichen Flächen, die ökologisch/biologisch bewirtschaftet werden, in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist; betont, dass dies bei der Entwicklung von Maßnahmen und Instrumenten zur Förderung des ökologischen/biologischen Landbaus berücksichtigt werden muss, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, der Unterstützung der Mitgliedstaaten, die im Rückstand sind, besondere Aufmerksamkeit zu widmen;

4.

besteht darauf, dass alle in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Maßnahmen und Instrumente auf gründlichen Analysen und Folgenabschätzungen beruhen sollten; ist der Auffassung, dass die Rechtsvorschriften und der Bio-Aktionsplan genügend Spielraum für Flexibilität bieten müssen, um den Unterschieden in der Art und den Bedingungen des ökologischen/biologischen Landbaus in den Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen;

5.

weist darauf hin, dass die Kommission bei der Einführung der neuen Verordnung (EU) 2018/848 über die ökologische/biologische Produktion im Jahr 2022 einen geordneten und maßvollen Übergang von den alten EU-Rechtsvorschriften für die ökologische/biologische Produktion sicherstellen muss, damit sich die ökologische/biologische Branche zügig und zuverlässig mit dem neuen Regelwerk vertraut machen kann; fordert die Kommission auf, fünf Jahre nach der Umsetzung der neuen Verordnung eine Folgenabschätzung vorzunehmen, um etwaige erforderliche Anpassungen vorzunehmen;

6.

betont, dass die Entwicklung und das Wachstum der ökologischen/biologischen Branche und der ökologisch/biologisch bewirtschafteten Flächen, wie sie in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ vorgesehen sind und die eine Schlüsselrolle bei der Wiederbelebung und Erhaltung dynamischer ländlicher Gebiete spielen, marktgesteuert sein und mit ganzheitlichen Entwicklungen in der Lieferkette, einschließlich der Verarbeitung, sowie mit politischen Maßnahmen einhergehen müssen, um das Angebot an und die Nachfrage nach ökologisch/biologisch erzeugten Lebensmitteln weiter zu fördern und das Vertrauen der Verbraucher sicherzustellen;

7.

betont, dass die Kombination dieser Ansätze eine ausgewogene Entwicklung im Einklang mit der Fähigkeit des Marktes zur Aufnahme der ökologischen/biologischen Produktion ermöglichen sollte, um die künftige Rentabilität des ökologischen/biologischen Marktes und des ökologischen/biologischen Landbaus in der EU zu sichern;

8.

betont in diesem Zusammenhang, dass übermäßige Verwaltungslasten beseitigt werden müssen; betont, dass die Umweltvorteile des ökologischen/biologischen Landbaus nicht nur von den Verbrauchern von ökologischen/biologischen Erzeugnissen unterstützt werden sollten, die bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen, sondern dass die Bio-Landwirte auch unter Verwendung von GAP-Mitteln für die spezifischen öffentlichen Güter belohnt werden sollten, die sie durch den Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen, durch die Verringerung der Betriebsmittel und durch die Förderung höherer Tierschutzstandards erbringen;

9.

betont, dass der Förderung der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und der Widerstandsfähigkeit des Lebensmittelsystems der EU Priorität eingeräumt werden sollte und dass der ökologische/biologische Landbau ein Schlüsselelement für die Verwirklichung der Umwelt- und Klimaziele ist; ist der Auffassung, dass nachhaltige Innovationen bei Verfahren wie dem ökologischen/biologischen Landbau und im weiteren Sinne der Agrarökologie zu einer größeren Vielfalt innerhalb der landwirtschaftlichen Systeme führen können;

10.

betont, dass das Nebeneinander verschiedener landwirtschaftlicher Systeme wichtig ist, da Vielfalt für die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelsysteme von entscheidender Bedeutung ist und der nachhaltigen Entwicklung zugutekommt; weist darauf hin, dass es kein einheitliches Landwirtschaftsmodell gibt, das allen Ländern und Regionen gerecht wird, und betont, dass die Vorteile der verschiedenen Modelle für eine nachhaltige Landwirtschaft anerkannt werden sollten;

11.

weist darauf hin, wie wichtig es ist, die Erträge aus ökologischem/biologischem Landbau weiter zu steigern, um eine Vergrößerung des ökologischen Fußabdrucks der Lebensmittelerzeugung in Drittländern zu verhindern, und dass gleichzeitig in den Regionen der EU eine verstärkte Umstellung auf das Modell des ökologischen/biologischen Landbaus erfolgt;

12.

weist darauf hin, dass ein erfolgreicher EU-Aktionsplan die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften anregen und mobilisieren und dabei ihren Besonderheiten und unterschiedlichen Ausgangslagen Rechnung tragen muss; ist der Ansicht, dass den regionalen und lokalen Bio-Aktionsplänen — soweit erforderlich — ebenfalls eine Rolle bei der Entwicklung der Bio-Branche zukommen sollten;

13.

vertritt daher die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten darin bestärkt werden sollten, ihre eigenen nationalen Strategien für den ökologischen/biologischen Landbau festzulegen und in Abstimmung mit den nationalen Strategieplänen ihre eigenen nationalen und/oder regionalen Bio-Aktionspläne zu entwickeln, die ein hohes Maß an Ambition für die Entwicklung des ökologischen/biologischen Landbaus mit realistischen und konkreten Zielen, Maßnahmen, Zeitrahmen und Haushaltsmitteln, einschließlich Anreizen für Landwirte, aufweisen sollten, was die Auswahl erleichtert und Bottom-up-Initiativen unterstützt;

14.

fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass diese Bedingungen bei der Genehmigung der von den Mitgliedstaaten vorgelegten nationalen Strategiepläne in vollem Umfang eingehalten werden, und dafür Sorge zu tragen, dass ausreichende Finanzmittel zusammen mit den wirksamsten Instrumenten zur Verfügung gestellt werden, um die entsprechenden Ziele im Hinblick auf die Entwicklung der Branche zu erreichen; betont, dass Know-how und bewährte Verfahren ausgetauscht werden müssen, da einige Mitgliedstaaten über mehr Erfahrung mit der Ausarbeitung und Umsetzung ehrgeiziger nationaler Pläne verfügen;

15.

fordert die Kommission auf, einen solchen Austausch in den Rahmen für die geplanten öffentlichen Folgesitzungen aufzunehmen; betont, dass die nationalen Bio-Aktionspläne vorhersehbare und eindeutige Bedingungen für die Landwirte und die Branche schaffen und dadurch die Entwicklung der ökologischen/biologischen Branche und die Vermarktung ökologischer/biologischer Erzeugnisse fördern sollten;

16.

begrüßt die Ausweitung des Geltungsbereichs der Verordnung über den ökologischen/biologischen Landbau auf bestimmte eng mit der Landwirtschaft verbundene Erzeugnisse, die nicht in Anhang I des AEUV aufgeführt sind, wie etwa Salz; äußert jedoch seine Besorgnis über den am 6. August 2021 von der Sachverständigengruppe für technische Beratung bezüglich der ökologischen/biologischen Produktion veröffentlichten Bericht über Salz aus ökologischem/biologischem Landbau, da in dem Bericht die Ausweitung des EU-Bio-Siegels auf Produktionsmethoden befürwortet wird, die nicht den Grundsätzen der Verordnung (EU) 2018/848 entsprechen; fordert die Kommission daher auf, der Empfehlung der Sachverständigengruppe für technische Beratung bezüglich der ökologischen/biologischen Produktion nicht Folge zu leisten;

17.

betont, dass die Mitgliedstaaten alle Interessenträger, insbesondere Bio-Landwirte und Verbände, Genossenschaften, lokale und regionale Gebietskörperschaften, die Nahrungs- und Genussmittelindustrie entlang der Wertschöpfungskette, Großhändler von Agrarlebensmitteln, Vertreter des Verbraucherbereichs und des Privatsektors und das Gast- und Freizeitgewerbe, einschließlich Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen und Verbände im Bereich der Ernährungserziehung, sowie die Bürgerinnen und Bürger in einen Konsultationsprozess einbeziehen sollten, wenn sie ihre nationalen und/oder regionalen Aktionspläne entwerfen, annehmen, überprüfen und umsetzen, um die bestmöglichen Synergieeffekte zu erzielen und das Ziel einer größeren Anbaufläche für den ökologischen/biologischen Landbau gemäß ihrem nationalen Strategieplan zu erreichen;

18.

nimmt zur Kenntnis, dass im Rahmen der ökologischen/biologischen Erzeugung den Landwirten bessere wirtschaftliche Erträge geboten wird, diese Bewirtschaftungsform jedoch häufig mit höheren Produktionskosten verbunden ist, und dass daher die Marktpreise und die Direktzahlung ausreichen müssen, um diese Kosten zu decken, damit die Landwirte ein angemessenes Einkommen erzielen können;

19.

weist darauf hin, dass höhere Verbraucherpreise zwar ein Expansionshindernis darstellen können, dass sie jedoch derzeit notwendig sind, um die ökologische/biologische Branche zu erhalten; weist darauf hin, dass es in einigen Fällen keinen Markt für ökologische/biologische landwirtschaftliche Erzeugnisse gibt, wodurch die Landwirte gezwungen sind, sie als konventionelle landwirtschaftliche Erzeugnisse zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen;

20.

weist darauf hin, dass der ökologische/biologische Landbau sehr hohe Produktionsstandards erfordert; betont, dass die Frage der Erschwinglichkeit und damit der Zugänglichkeit ökologischer/biologischer Erzeugnisse angesprochen werden muss; hebt nachdrücklich hervor, dass die Erzeuger bei der Umstellung auf die ökologische/biologische Erzeugung unterstützt werden müssen und vom Mehrwert des ökologischen/biologischen Landbaus Nutzen ziehen müssen; weist darauf hin, dass eine bessere Verteilung des Wertes zwischen den Akteuren in der Versorgungskette für ökologische/biologische Lebensmittel — wie es bei konventionellen Erzeugnissen der Fall ist — sowohl den Landwirten als auch den Verbrauchern zugutekommen würde;

21.

nimmt zur Kenntnis, dass durch die Entwicklung der Bio-Branche Größenvorteile bei der Verarbeitung und Logistik ermöglicht werden, die die Effizienz steigern und zu niedrigeren Kosten führen werden; betont, wie wichtig die Richtlinie über unlautere Handelspraktiken für die Entwicklung der Branche ist, und dass sichergestellt werden muss, dass Einzelhändler bei ökologischen/biologischen Erzeugnissen keine übermäßig hohen Gewinnspannen haben; ist ferner der Ansicht, dass ökologische/biologische Erzeugnisse in die Programme im Rahmen des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen aufgenommen werden könnten, sofern ein ausreichendes Angebot vorhanden ist;

22.

begrüßt, dass die Kommission an der Verbesserung des allgemeinen Tierwohls arbeitet, und weist darauf hin, dass die Eurobarometer-Umfrage 2020 zum Thema Landwirtschaft und GAP ergeben hat, dass 80 % der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger den ökologischen/biologischen Landbau mit einer besseren Achtung des Tierwohls in Verbindung bringen; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, die ökologische/biologische Tierhaltung zu unterstützen;

23.

betont, wie wichtig es ist, die Entwicklung der ökologischen/biologischen Aquakultur und ihres Marktes in der EU voranzutreiben und die Nachfrage der Verbraucher nach diesen Erzeugnissen und ihr Vertrauen in derartige Erzeugnisse zu stärken; betont, dass jedes vierte Fischereierzeugnis aus der Aquakultur stammt; weist jedoch darauf hin, dass der größte Teil des Verbrauchs dieser Erzeugnisse durch Einfuhren gedeckt wird, die 60 % des Gesamtangebots ausmachen, und dass es ein enormes Wachstumspotenzial gibt, das es zu nutzen gilt, um die europäische Aquakultur im Allgemeinen und die ökologische/biologische Aquakultur im Besonderen auszubauen;

24.

betont, dass die Maßnahmen im Bereich der ökologischen/biologischen Aquakultur mit den neuen Strategischen Leitlinien für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU für den Zeitraum 2021–2030 und der Entwicklung der Aquakultur in den Mitgliedstaaten und den Regionen koordiniert werden müssen;

Ankurbelung der Nachfrage und Stärkung des Verbrauchervertrauens

25.

unterstützt die Kommission bei dem weiteren Ausbau des Verbrauchervertrauens in das EU-Bio-Logo und bei der Verbreitung von Informationen darüber, unter anderem durch Schulprogramme, bei deren Überarbeitung ein größerer Anteil für ökologische/biologische Erzeugnisse bereitgestellt werden sollte, sowie in anderen Institutionen wie etwa Pflegeheimen; unterstützt die Förderung lokaler Bio-Logos, die es in mehreren Mitgliedstaaten gibt, die mindestens dieselben Garantien wie das EU-Bio-Logo bieten und die in Kombination mit diesem verwendet werden; weist darauf hin, dass Schulprogramme die Grundlage für eine pädagogische Debatte über Ernährung und nachhaltige Lebensmittel bilden und durch Maßnahmen ergänzt werden sollten, die darauf abzielen, Kinder über bessere Ernährung zu informieren und aufzuklären;

26.

betont, dass es von größter Bedeutung ist, dass auf Verbraucherumfragen zu ökologischen/biologischen Erzeugnissen konkrete Maßnahmen zur weiteren Sensibilisierung der Verbraucher für die Vorteile des ökologischen/biologischen Landbaus für die Gesundheit, das Wohlbefinden und eine hohe Lebensqualität folgen und dabei sichergestellt wird, dass das Verbrauchervertrauen in die Sicherheit und Nachhaltigkeit der gängigen landwirtschaftlichen Verfahren in der Union nicht untergraben wird; betont, dass korrekte Informationen bereitgestellt werden müssen, damit durch die neuen Initiativen zur Kennzeichnung nachhaltig erzeugter Lebensmittel weder das EU-Bio-Logo geschwächt noch hinsichtlich ihres jeweiligen Umfangs und ihrer Bedeutung Verwirrung unter den Verbrauchern gestiftet wird;

27.

bringt seine Besorgnis über irreführende Etiketten, Verpackungen und Werbung zum Ausdruck, die es den Verbrauchern erschweren, konventionelle Erzeugnisse von ökologischen/biologischen Erzeugnissen zu unterscheiden; stellt fest, dass die Verordnung (EU) 2018/848 und häufige unabhängige Kontrollen die Grundlage für das Verbrauchervertrauen in organische/biologische Erzeugnisse sind, und fordert die Mitgliedstaaten auf, über das EU-Bio-Logo klar zu kommunizieren;

28.

betont, dass die Supermärkte und die einzelnen Lebensmittelversorgungsketten eine wichtige Funktion übernehmen sollten, wenn es darum geht, das EU-Bio-Logo zu fördern; erwartet die künftigen Initiativen der Kommission, die darauf abzielen, die Verbraucher bei der Wahl ihrer Lebensmittel durch Kennzeichnungen, Förder- und Aufklärungskampagnen, die sich auf fundierte, unabhängige und praktische wissenschaftliche Grundlagen und umfassende und schlüssige Methoden stützen, besser anzuleiten; stellt fest, dass eine verbindliche Herkunftskennzeichnung mit Angabe der Herkunft aller Lebensmittel in der EU das Potenzial hat, die Transparenz und Rückverfolgbarkeit erheblich zu erhöhen, wodurch Betrug und illegale Produktionsmethoden bekämpft werden und das Vertrauen der Verbraucher gestärkt wird;

29.

weist darauf hin, dass Großküchen andere Anforderungen als private Haushalte stellen; hält es für äußerst wichtig, einen Mehrwert für die Lieferkette zu schaffen und den Grad der Verarbeitung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen zu erhöhen, um den Bedürfnissen von Großküchen gerecht zu werden;

30.

ist der Ansicht, dass die Überarbeitung des umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens (GPP) von 2019 in den Mitgliedstaaten besser bekannt gemacht werden sollte, um dafür zu sensibilisieren, damit es als starker Anreiz für Maßnahmen zur Förderung ökologischer/biologischer Erzeugung dient, und um eine gesündere und umweltfreundlichere Ernährung in Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäusern, Altenheimen und Gefängnissen zu fördern, und dass dadurch in den Mitgliedstaaten mit Überschüssen auch die Menge an Abfall ökologischer/biologischer Erzeugnisse verringert werden kann; ist der Ansicht, dass die EU-Organe in ihren eigenen Einrichtungen mit gutem Beispiel vorangehen sollten; vertritt die Auffassung, dass für eine Ausweitung der Nutzung des GPP eine Abstimmung mit dem Sektor über seine Vertretungsorganisationen erforderlich ist, um für eine reibungslose Vergabe Sorge zu tragen;

31.

fordert die Kommission auf, die derzeitigen strukturellen und logistischen Hindernisse weiter zu untersuchen und die Anwendung von GPP-Kriterien in den Mitgliedstaaten sowie Informations-, Schulungs- und Absatzförderungsmaßnahmen für ökologische/biologische Erzeugnisse zu fördern, um diese Maßnahme wirksamer zu gestalten; weist darauf hin, dass die Ausweitung der Nutzung des GPP im Einklang mit der nationalen Nachfrage und den in den nationalen Bio-Aktionsplänen festgelegten Zielen auf nationaler Ebene beschlossen werden sollte; ist der Auffassung, dass beim GPP eine nachdrückliche Betonung auf ökologische/biologische Erzeugnisse der EU gelegt werden sollte, was die Erzeugung anregen und der EU helfen würde, ihre Klimaziele zu erreichen;

32.

betont, dass die ökologische/biologische Erzeugung und Verarbeitung auf geeignete Weise auf regionaler und lokaler Ebene unter Einbeziehung der lokalen Bio-Landwirte entwickelt werden muss; unterstützt die Entwicklung regionaler nachhaltiger Lebensmittelsysteme auf der Grundlage einer Zusammenarbeit aller Interessenträger im Lebensmittelbereich; bedauert den Mangel an überprüften Daten über die Verbreitung ökologischer/biologischer Erzeugnisse in öffentlichen Kantinen und Restaurants;

33.

weist darauf hin, dass die lokalen, regionalen und nationalen Behörden gemeinsam mit den Bauernverbänden und den Lebensmittelgroßhändlern eine wichtige Rolle dabei spielen, die Strukturierung des ökologischen/biologischen Sektors in Fragen der Produktion, der gemeinsamen Verarbeitung, der Logistik und des Handels zu unterstützen, Bio-Landwirten einen leichteren Zugang zu Land zu ermöglichen und die Zusammenarbeit zwischen den Erzeugern selbst, zwischen Erzeugern und Verbrauchern und mit den Lebensmitteldienstleistern zu erleichtern;

34.

hebt ferner hervor, welche Rolle den lokalen, regionalen und nationalen Behörden bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit über alle Arten von nachhaltigen Erzeugungsmethoden, bei der Versorgung von Kantinen mit ökologischen/biologischen Erzeugnissen und bei der Entwicklung von Bildungsprogrammen für Vorschulen und Schulen zukommt;

35.

weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Bauernmärkte auf lokaler und regionaler Ebene ein wirksames Instrument sind, um die Kluft zwischen Erzeugern und Verbrauchern zu überbrücken, und gefördert werden sollten; weist ferner darauf hin, dass für Bio-Landwirte und in Umstellung befindliche Landwirte sehr wertvolle technische Unterstützung seitens der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und Bauernverbände geleistet wird, die für die Anwendung dieser Verfahren von entscheidender Bedeutung ist, und dass sie eine angemessene Finanzierung aus der GAP und anderen Quellen benötigen;

36.

hebt hervor, dass alle Behörden dafür sorgen müssen, dass durch den Regelungsrahmen die Entwicklung der Branche weiterhin ermöglicht und dazu angeregt wird, während der Verwaltungsaufwand auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben muss; weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in vielen Mitgliedstaaten seit Langem an der Förderung der Entwicklung des ökologischen/biologischen Landbaus beteiligt sind, insbesondere durch die Verwaltung und Umsetzung von Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums;

37.

betont, dass bei der Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ein ortsbezogener Ansatz im Einklang mit den Vorgaben der Territorialen Agenda 2030 erforderlich ist, um den unterschiedlichen Bedürfnissen ländlicher, stadtnaher und städtischer Gebiete in ganz Europa Rechnung zu tragen;

38.

betont, dass der Erfolg des Bio-Aktionsplans hinsichtlich der Ankurbelung der Nachfrage und der Erreichung einer gerechten Vergütung für die Landwirte von einer stärkeren Beteiligung der Privatwirtschaft abhängen wird, insbesondere in Ländern mit weniger entwickelten Märkten für ökologisch/biologische Erzeugnisse oder mit einer weniger entwickelten ökologischen/biologischen Erzeugung; legt der Kommission nahe, ein Instrumentarium zu ermitteln, durch das die Mitgliedstaaten große Einzelhandelsketten darin bestärken können, einen aktiven Beitrag dazu zu leisten, dass der Stellenwert des Verbrauchs von ökologischen/biologischen Erzeugnissen gefördert und kommuniziert wird und dass lokale Lieferketten für ökologische/biologische Erzeugnisse geschaffen werden; betont, dass ein Anstieg der ökologischen/biologischen Produktion in erster Linie auf eine höhere private Nachfrage und nicht ausschließlich auf politische Anreize zurückzuführen sein muss;

39.

hält es für äußerst wichtig, die Transparenz in der ökologischen/biologischen Lebensmittelversorgungskette und die Rückverfolgbarkeit bei allen Erzeugungs- und Vertriebsprozessen in Übereinstimmung mit den Forderungen der europäischen Verbraucher zu verbessern, mehr Informationen über die Herkunft und die Produktionsmethoden der von ihnen konsumierten Lebensmittel zu erhalten; begrüßt die freiwilligen Initiativen von Einzelhändlern, Umstellungserzeugnisse zu einem höheren Preis zu kaufen, und ist der Ansicht, dass solche Initiativen gefördert werden sollten;

40.

nimmt die Schwierigkeiten zur Kenntnis, mit denen die Einzelhändler bei der Vermarktung dieser Umstellungserzeugnisse an die Verbraucher konfrontiert sind, da es keine harmonisierten Vermarktungsvorschriften gibt, und fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Erleichterung ihrer Vermarktung, beispielsweise durch eine harmonisierte Kennzeichnung, zu prüfen;

41.

betont, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, dass sich die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Interessenträger aktiv daran beteiligen, Möglichkeiten, wie die bestehenden Zertifizierungs- und Kontrollmechanismen robuster gestaltet werden können, zu identifizieren, um Betrug in der ökologischen/biologischen Erzeugung und im Bio-Handel zu verhindern;

42.

ist der Auffassung, dass die Zertifizierungs- und Kontrollmechanismen besser an die Gegebenheiten vor Ort für Bio-Landwirte angepasst sein müssen und dass das Verfahren vereinfacht werden muss, auch durch IT-Lösungen;

43.

weist darauf hin, dass den Zulassungsverfahren für Zertifizierungsstellen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss; betont, dass das Zertifizierungsverfahren bei der Umstellung auf ökologischen/biologischen Landbau nach wie vor umständlich und schwer umzusetzen ist und erleichtert werden sollte, insbesondere für Kleinlandwirte; ist der Auffassung, dass die Landwirte bei der Deckung der Zertifizierungskosten unterstützt werden sollten;

44.

hebt hervor, dass harmonisierte europäische Systeme für die Zertifizierung von Betriebsmitteln für den ökologischen/biologischen Landbau erforderlich sind, damit sich private Zertifizierungen mit unterschiedlichen Anforderungen und Kontrollsystemen nicht allzu stark vermehren; fordert die Kommission auf, die Harmonisierung dieser Systeme auf EU-Ebene durch die Bio-Aktionspläne zu fördern;

45.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Zollkontrollen durch direkte, einheitliche Kontrollmechanismen in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten und unter uneingeschränkter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu verstärken, um Lebensmittelbetrug, Verfälschungen und Einfuhren von Erzeugnissen, die nicht den EU-Standards für die ökologische/biologische Produktion entsprechen, zu verhindern und um das Risiko zu vermeiden, dass der ökologische/biologische Sektor der EU aufgrund fehlender weltweiter Angleichung der Standards und gestiegener Kosten für die Verbraucher Wettbewerbsnachteile erleidet; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass die einschlägigen Zollbehörden stärker einbezogen werden müssen, um die Qualität und Sicherheit ökologischer/biologischer Erzeugnisse sicherzustellen und für einen fairen Wettbewerb zwischen Erzeugern innerhalb und außerhalb der EU zu sorgen;

46.

bedauert, dass im Bio-Aktionsplan kein Hinweis auf die Schwierigkeiten und hohen Kosten enthalten ist, die für die Branche dadurch entstehen, dass während des Anbaus, der Ernte, des Transports, der Lagerung und der Verarbeitung geeignete Maßnahmen getroffen werden müssen, um nicht zugelassene Erzeugnisse, z. B. GVO, aus der ökologischen Produktionskette herauszuhalten;

47.

betont, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in der EU international für ihre hohe Qualität angesehen sind; ist der Auffassung, dass positive und handelsfördernde Maßnahmen zur Förderung ökologischer/biologischer Erzeugnisse aus der EU auf dem Weltmarkt erforderlich sind; nimmt in diesem Zusammenhang zur Kenntnis, welche Rolle die Politik der EU zur Förderung der ökologischen/biologischen Erzeugung spielen kann; betont, dass sie das breite Spektrum an nachhaltigen Erzeugungsmethoden, Verfahren und Erzeugnissen in der EU anerkennen sollte;

48.

weist darauf hin, dass geografische Angaben, die durch die Politik der EU gefördert werden, in vielen ländlichen Gebieten erheblich zum Wirtschaftswachstum beitragen und ein Aushängeschild der europäischen Landwirtschaft sind; fordert die Kommission auf, das Parlament über das Potenzial für eine Ausweitung des Marktes für ökologische/biologische Erzeugnisse zu informieren und die laufenden Verhandlungen zu beschleunigen, um für die Einfuhr von ökologischen/biologischen Erzeugnissen den Übergang von der Gleichwertigkeit hin zur Konformität mit den EU-Standards zu erreichen;

49.

unterstützt den weltweiten Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen; ist der Ansicht, dass Maßnahmen auf EU-Ebene, insbesondere die Strategie des Grünen Deals, darauf abzielen sollten, das Umweltbewusstsein weltweit regelmäßig zu schärfen; bedauert, dass in Freihandelsabkommen erhebliche Unterschiede bei den Standards für die landwirtschaftliche Erzeugung zwischen der EU und Drittländern in Bezug auf Umweltschutz und Tierwohl gelegentlich keine ausreichende Beachtung finden, was die Landwirte in der EU davon abhält, weitere Umweltinvestitionen, auch in ökologische/biologische Erzeugung, zu tätigen;

Förderung der Umstellung und Stärkung der gesamten Wertschöpfungskette

50.

ist der Ansicht, dass es zur Verwirklichung der Ambitionen der nationalen Strategiepläne, eines angemessenen GAP-Haushalts sowie der Vereinbarkeit mit anderen europäischen Fonds oder Programmen unbedingt erforderlich ist, durch angemessen finanzierte Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums oder finanziell attraktive Öko-Regelungen oder eine Kombination aus beidem Anreize für Landwirte zu schaffen, auf ökologische/biologische Anbaumethoden umzustellen und diese beizubehalten;

51.

fordert, dass Öko-Regelungen sowohl für konventionelle als auch für Bio-Landwirte zugänglich sind und so gestaltet werden, dass sie mit Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen vereinbar sind und diese ergänzen; weist erneut darauf hin, wie wichtig es ist, dass Bio-Landwirte auch nach der Umstellungsphase unterstützt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Generationswechsel im ökologischen/biologischen Landbau durch die einschlägigen Maßnahmen der öffentlichen Hand zu unterstützen, landwirtschaftliches Unternehmertum bei Frauen zu fördern und die Entwicklung tragfähiger kleiner und mittlerer Bio-Betriebe zu unterstützen;

52.

bedauert den seit zwei Jahrzehnten andauernden Rückgang des GAP-Haushalts parallel zu den steigenden Anforderungen an den Agrarsektor; stellt fest, dass im Rahmen der derzeitigen GAP nur 1,8 % der Haushaltsmittel ausgegeben werden, um den ökologischen Landbau zu unterstützen, und begrüßt, dass die neue GAP — insbesondere durch Öko-Regelungen und Maßnahmen für die Entwicklung des ländlichen Raums — den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität einräumt, die Beträge für die ökologische/biologische Landwirtschaft zu erhöhen;

53.

weist auf das Potenzial hin, das kurze, lokale und saisonale und intelligente Lebensmittelversorgungsketten und Direktvermarktungsmöglichkeiten, einschließlich Bauernmärkte, für Bio-Erzeuger und die ländliche Wirtschaft bergen, wenn es gilt, ökologische Vorteile zu erzielen, zum Tierwohl beizutragen und gleichzeitig auch Einkommen zu sichern, Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen, die Lebensfähigkeit des ländlichen Raums zu sichern und die Kluft zwischen Erzeugern und Verbrauchern in der EU zu schließen; weist darauf hin, dass die Marktentwicklung für die nachhaltige Entwicklung des Bio-Sektors entscheidend ist;

54.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ausreichende Mittel für Investitionen bereitzustellen, die den Aufbau kurzer Lebensmittelketten erleichtern, etwa indem die Zahl der mobilen Schlachthöfe oder Verarbeitungsanlagen in landwirtschaftlichen Betrieben erhöht wird; ist der Ansicht, dass im Rahmen von Vergabeverfahren die Nutzung lokaler Versorgungsketten gefördert werden sollte; betont, dass die Ausrichtung auf lokale Erzeugung und kurze Versorgungsketten nicht zu zusätzlichen Hindernissen im EU-Binnenmarkt führen sollte;

55.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, aktiv zu einer besseren Strukturierung ökologischer/biologischer Lieferketten und zum Kapazitätsaufbau bei den Organisationen der Bio-Erzeuger beizutragen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, „sektorspezifische Interventionen“ und alle verfügbaren Maßnahmen zur Verbesserung der Organisation der Bio-Erzeuger in allen relevanten Sektoren zu nutzen und sie im Falle einer vorübergehenden Überproduktion zu unterstützen;

56.

weist darauf hin, dass Bio-Betriebe, deren Produktion mengenmäßig geringer und damit kostspieliger ist, in Handelsverträgen möglicherweise weniger Verhandlungsmacht haben und daher besonders anfällig für unlautere Geschäftspraktiken sein können, insbesondere in Form verspäteter Zahlungen für verderbliche Waren, kurzfristiger Stornierungen oder der Verpflichtung der Lieferanten, für unverkaufte und weggeworfene Erzeugnisse zu bezahlen; betont, dass es klarer Vertragsbedingungen und einer fairen Vergütung der Arbeit der Bio-Landwirte bedarf, und ist der Auffassung, dass Instrumente wie Lieferkettenverträge gefördert werden sollten;

57.

begrüßt die Unterstützung der Kommission für die Entwicklung von Biobezirken, auch als Ökoregionen bezeichnet, in den Mitgliedstaaten, da diese multifunktionaler Natur sind, kurze Lieferketten begünstigen und unter anderem zwischen Landwirten, Verbrauchern, Verarbeitungsunternehmen, Einzelhändlern, dem Gastgewerbe, Verpflegungsbetrieben und Kulturunternehmen Synergien schaffen; fordert die Kommission auf, den Mitgliedstaaten Informationen darüber zur Verfügung zu stellen, auf welche Hebel sie zurückgreifen könnten, um die Entwicklung von Biobezirken zu fördern, und dabei städtischen Gebieten besondere Aufmerksamkeit zu widmen; stellt fest, dass ihr Erfolg von einer starken regionalen Integration und der Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften abhängt;

58.

betont, wie grundlegend wichtig es ist, den strukturierten Austausch von Wissen und bewährten Verfahren im Bereich des ökologischen/biologischen Landbaus zwischen den Mitgliedstaaten und den Landwirten auszuweiten; hebt die Vorteile hervor, die eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, agrarwissenschaftlichen Hochschulen und dem umfassenderen Bildungsbereich, Beratungsdiensten bzw. Beratungsanbietern, dem Bildungswesen, den Landwirten und ihren Verbänden und Organisationen sowie der Gesellschaft bietet; hebt hervor, dass eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der ökologischen/biologischen Erzeugung die unabhängigen landwirtschaftlichen Beratungsdienste spielen müssen, die die Mitgliedstaaten in ihre GAP-Strategiepläne aufnehmen müssen, und betont, dass für sie ausreichende Mittel vorgesehen werden müssen;

59.

stellt fest, dass aus dem Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle mit dem Titel „Modeling environmental and climate ambition in the agricultural sector with the CAPRI model“ (Modellierung der Umwelt- und Klimaziele in der Landwirtschaft mit dem CAPRI-Modell) (8) hervorgeht, dass Produktivitätssteigerungen in Bezug auf den ökologischen/biologischen Landbau und das Nährstoffmanagement erforderlich sind, was unter anderem durch Präzisionslandwirtschaft, neue digitale Technologien und andere innovative Techniken verstärkt werden kann;

60.

stellt fest, dass innovative digitale Instrumente das Potenzial haben, die Transparenz und Rückverfolgbarkeit erheblich zu erhöhen, wodurch Betrug und illegale Erzeugungsmethoden bekämpft werden und das Vertrauen der Verbraucher gestärkt wird; fordert die Kommission daher auf, für eine stärkere Einführung digitaler Technologien, auch im Rahmen der GAP-Strategiepläne, zu sorgen, etwa der Präzisionslandwirtschaft und der Blockchain-Technologie im ökologischen/biologischen Landbau; betont jedoch, dass diese Technologien den Ansatz der systemischen Nachhaltigkeit des ökologischen/biologischen Landbaus ergänzen und dass bei Daten für die Privatsphäre, Rentabilität und Unabhängigkeit der Landwirte gesorgt werden muss;

Ausbau des Beitrags der ökologischen/biologischen Landwirtschaft zur Nachhaltigkeit

61.

bekräftigt, dass für die Nachhaltigkeit der ökologischen/biologischen Landwirtschaft und für die Erfüllung der gesellschaftlichen Erwartungen an die biologische Vielfalt, den Klimawandel und die Klimaanpassung, das Tierwohl und eine effiziente Ressourcennutzung Forschung und Innovation wichtig sind, und begrüßt die Absicht der Kommission, zur Unterstützung dieser Ziele Mittel aus Horizont Europa bereitzustellen; betont in diesem Zusammenhang, dass Forschung und Innovation erforderlich sind, um die Umstellung auf die ökologische/biologische Landwirtschaft, einschließlich der tierischen Erzeugung, zu fördern, sowohl in der Landwirtschaft als auch bei der Verarbeitung Alternativen zu bestimmten Betriebsmitteln zu finden, um die Erträge zu steigern und so für die Verfügbarkeit der erforderlichen Eiweißfuttermittel, von Vitaminen, Pflanzenschutzmitteln, insbesondere biologischen Bekämpfungsmitteln, Düngemitteln und genetischen Ressourcen, zu sorgen, um robuste Anbausysteme weiterzuentwickeln und die Resistenz gegen Dürre, Schädlinge und Krankheiten zu steigern; fordert die Kommission auf, die Zusammenarbeit zwischen Forschungsgemeinschaften, die sich mit ökologischen/biologischen und konventionellen Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugungen befassen, insbesondere durch die Europäische Innovationspartnerschaft für Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (EIP-AGRI), anzuregen und zu fördern;

62.

fordert einen wissenschaftlich fundierten Ansatz in Bezug auf die Bodenfruchtbarkeit und die Notwendigkeit, neuartige Pflanzennährstoffquellen im ökologischen/biologischen Landbau zu entwickeln, zu akzeptieren und Anreize dafür zu schaffen, einschließlich eines verstärkten Nährstoffrecyclings durch eine geeignete Verarbeitung und Nährstofftrennung und gegebenenfalls aus erneuerbaren Quellen hergestellter Düngemittel, wie etwa Biomasseabfälle und Tierdung, um langfristige Nährstoffdefizite zu verhindern; erinnert an die Bedeutung von Dung als organisches Düngemittel und unterstützt seine nachhaltige Nutzung im Anbauzyklus; fordert die Kommission auf, neue rezyklierte Materialien, die wesentliche pflanzliche Nährstoffe (Phosphor, Kalium und Stickstoff) enthalten, darauf zu prüfen, ob sie künftig in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des ökologischen/biologischen Landbaus und der Sicherung der Qualität, der Sicherheit und des Vertrauens der Verbraucher zu der in der Verordnung (EU) 2018/848 enthaltenen Liste der Betriebsmittel hinzugefügt werden können;

63.

fordert mehr Forschung und Informationen über die potenziellen Vorteile des Einsatzes von Pflanzen-Biostimulanzien und biobasierten Bodenverbesserungsmitteln in ökologischen/biologischen Bewirtschaftungssystemen und darüber, wie diese zur Nährstoffaufnahme und zur Verbesserung der Erträge in diesem Erzeugungsmodell beitragen, um ihre weitflächigere Nutzung zu ermöglichen und bei der Verringerung der Kluft zwischen den Erträgen der ökologischen/biologischen und der konventionellen Landwirtschaft mitzuwirken; weist darauf hin, dass durch die Förderung des Einsatzes einer geeigneten betriebseigenen Kombination verschiedener externer Nährstoffe zusätzlich zur biologischen Stickstoffbindung die Herausforderung der Ungleichgewichte bei den Nährstoffbudgets im ökologischen/biologischen Landbau angegangen werden könnte;

64.

betont, dass die Produktion von ökologisch/biologisch erzeugten Pflanzenproteinen dringend ausgebaut und die Produktion von ökologisch/biologisch erzeugten Leguminosen, auch in den Futtersystemen, in der Europäischen Union gefördert werden muss, damit die Abhängigkeit der ökologischen/biologischen Branche von Einfuhren verringert wird; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eigens hierfür einen speziellen Strategieplan auszuarbeiten;

65.

begrüßt den Beitrag des ökologischen/biologischen Landbaus zur Verringerung des Einsatzes von synthetischen Pestiziden und fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung der neuen Rechtsvorschriften zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden die biologischen Pflanzenschutzprodukte zu definieren und die Verfügbarkeit von Lösungen für die biologische Bekämpfung und von natürlichen Stoffen, die in viel größerem Umfang eingesetzt werden können, zu erhöhen, indem das Bewertungs- und Zulassungsverfahren verbessert und beschleunigt wird;

66.

macht die Kommission und die Mitgliedstaaten auf die Entschließung des Parlaments vom 15. Februar 2017 zu Pestiziden biologischen Ursprungs mit geringem Risiko (9) aufmerksam und betont, dass die Entwicklung sicherer, wirksamer und erschwinglicher alternativer Pflanzenschutzmittel unterstützt und deren großflächigen Einsatz gefördert werden muss, insbesondere indem sowohl das Zulassungsverfahren für Grundstoffe als auch die Ausweitung ihres Einsatzes als wichtiger Aspekt der Entwicklung der ökologischen/biologischen Produktion vereinfacht werden; betont, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen, dass ein fairer Zugang zu organischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln in den Mitgliedstaaten sichergestellt wird; betont, dass Pestizidrückstände, die in der Umwelt vorhanden sind, auch die ökologischen/biologischen Erzeugnisse beeinträchtigen können;

67.

weist darauf hin, dass Bio-Landwirte, die bei der Produktion hohe Umweltstandards garantieren, nicht für Risiken verantwortlich gemacht werden dürfen, die sich ihrer Kontrolle entziehen, und fordert die Kommission auf, die Harmonisierung des Umgangs mit aufgefundenen Pestizidrückständen weiter voranzutreiben;

68.

betont, wie wichtig ausreichend verfügbares hochwertiges ökologisches/biologisches Saatgut, heterogenes Material sowie ertragreiche Pflanzensorten, autochthone Pflanzensorten und lokal angepasste Pflanzensorten sind; weist auf ihr Potenzial für die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen Pflanzenkrankheiten und die Auswirkungen des Klimawandels hin; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zur Verbesserung der Marktmechanismen für ökologisches/biologisches Saatgut, auch durch gezielte Maßnahmen, zu verstärken, und ist davon überzeugt, dass Übergangsfristen hilfreich wären, um dies zu erreichen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass ausreichende finanzielle Mittel für die Forschung im Bereich des ökologischen/biologischen Saatguts und der ökologischen/biologischen Tierzucht bereitgestellt werden;

69.

betont, wie wichtig es ist, Programme zur Erhaltung und Auswahl lokaler Sorten zu unterstützen, die sich aufgrund ihrer Robustheit für den ökologischen/biologischen Landbau besonders eignen; betont, dass die traditionelle Pflanzenzüchtung zur Entwicklung gesunder und widerstandsfähiger Sorten unterstützt und dass es überdies unter Wahrung eines hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und die Umwelt moderne, nachhaltige und innovative Methoden bei der Entwicklung von neuem ökologischen/biologischen Saatgut und landwirtschaftlichen Verfahren geben muss;

70.

hebt in diesem Zusammenhang die Rolle hervor, die wissenschaftliche Innovationen in der Pflanzenzüchtung spielen können, insbesondere bei der Verbesserung der Resistenz von Sorten, der Förderung der Vielfalt der genetischen Ressourcen und der Stärkung der Lebensmittelerzeugungssysteme, weist jedoch darauf hin, dass der Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut (GVO) in der ökologischen/biologischen Landwirtschaft nicht zulässig ist;

71.

unterstützt die Absicht der Kommission, die Analyse der EU-Marktbeobachtungsstellen auf ökologische/biologische Erzeugnisse auszudehnen; betont, wie wichtig es ist, die Erhebung und die Verfügbarkeit genauer und aktueller Daten über die Öko-/Biobranche, auch auf regionaler Ebene, zu intensivieren bzw. zu verbessern, um deren ökologische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen besser zu verstehen;

72.

vertritt die Auffassung, dass dies Daten über den Beitrag der Branche zur ökologischen Nachhaltigkeit sowie Daten über Produktion, Verarbeitung und Verbrauch, auch im Gast- und Freizeitgewerbe und in öffentlichen Kantinen, über den Handel innerhalb der EU und mit Drittländern sowie über Erzeuger- und Einzelhandelspreise, Verbraucherpräferenzen, die Strukturen von Lieferketten, den Mehrwert und den Anteil der Landwirte an den Lieferketten umfassen sollte; ist davon überzeugt, dass diese Daten von wesentlicher Bedeutung sind, um die EU-Politik im Bereich der ökologischen/biologischen Erzeugung zu gestalten und zu überwachen und Maßnahmen zu ergreifen, um Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu beseitigen, Verbrauchs- und Produktionstrends zu bewerten und die Transparenz und das Vertrauen in die Branche zu stärken;

73.

erkennt das Potenzial eines gemeinsamen europäischen Agrardatenraums an, wenn es darum geht, das Wissen und das Vertrauen der Verbraucher zu stärken und die Rückverfolgbarkeit in der ökologischen/biologischen Versorgungskette zu verbessern; betont, dass es zur Ankurbelung der Nachfrage von wesentlicher Bedeutung ist, die Bedürfnisse der Verbraucher durch entsprechende Bewertungen zu ermitteln; fordert die Mitgliedstaaten auf, die wirtschaftlichen Ergebnisse der ökologischen/biologischen Branche besser zu kommunizieren; fordert die Kommission auf, umfassende Studien und Folgenabschätzungen zu den Auswirkungen durchzuführen, die eine Zunahme der ökologischen/biologischen Landwirtschaft auf den Klimawandel einerseits und auf die Ernährungssicherheit in der Europäischen Union andererseits hätte;

o

o o

74.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 2.

(2)  ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 1.

(3)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 25.

(4)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0425.

(5)  ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1.

(6)  ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 262.

(7)  ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 2.

(8)  Barreiro Hurle, J., Bogonos, M., Himics, M., Hristov, J., Perez Dominguez, I., Sahoo, A., Salputra, G., Weiss, F., Baldoni, E. und Elleby, C.: Modelling environmental and climate ambition in the agricultural sector with the CAPRI model, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2021.

(9)  ABl. C 252 vom 18.7.2018, S. 184.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/33


P9_TA(2022)0137

Verfolgung von Minderheiten aus Gründen der Weltanschauung oder Religion

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zur Verfolgung von Minderheiten aus Gründen der Weltanschauung oder Religion (2021/2055(INI))

(2022/C 465/03)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Artikel 2, 18 und 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf die Artikel 2, 4, 18, 24, 26 und 27 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte,

unter Hinweis auf die Artikel 2 und 13 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

unter Hinweis auf die Artikel 6 und 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

unter Hinweis auf Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Artikel 10, 14, 21 und 22 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf Artikel 9 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, auf Artikel 2 des ersten Protokolls zu dieser Konvention sowie auf Artikel 12 des Protokolls Nr. 12 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,

unter Hinweis auf die Erklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. November 1981 über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung,

unter Hinweis auf die Erklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1992 über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören,

unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 24. März 2011 zur Bekämpfung von Intoleranz, negativer Stereotypisierung, Stigmatisierung, Diskriminierung, Aufstachelung zu Gewalt und Anwendung von Gewalt aufgrund der Religion oder der Weltanschauung,

unter Hinweis auf den Aktionsplan von Rabat vom 5. Oktober 2012 zum Verbot der Förderung nationalen, rassistischen oder religiösen Hasses, der zu Diskriminierung, Feindschaft oder Gewalt führt,

unter Hinweis auf den Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 28. Mai 2019, den 22. August zum Internationalen Tag zum Gedenken an die Opfer von Gewalt aus Gründen der Weltanschauung oder Religion zu erklären,

unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 21. Januar 2021 über die Förderung einer Kultur des Friedens und der Toleranz zum Schutz religiöser Stätten,

unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Minderheitenfragen an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vom 15. Juli 2019 und vom 3. März 2021, in denen insbesondere auf den Begriff „Minderheit“ und auf die weitverbreiteten gezielten Angriffe auf Minderheiten durch Hetze in den sozialen Medien eingegangen wird,

unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über Religions- und Weltanschauungsfreiheit vom 12. Oktober 2020, in dem darauf eingegangen wird, wie wichtig es für die erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung ist, die Religions- und Weltanschauungsfreiheit für alle Menschen sicherzustellen, und in dem dargelegt wird, dass für Menschen, die religiösen oder weltanschaulichen Minderheiten angehören, das Risiko besteht, „zurückgelassen“ zu werden,

unter Hinweis auf den am 28. Dezember 2020 veröffentlichten Jahresbericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte über die Rechte von Menschen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören,

unter Hinweis auf die Erklärung von Marrakesch vom 27. Januar 2016 über die Rechte religiöser Minderheiten in mehrheitlich muslimischen Gemeinschaften,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. November 2009 zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. Februar 2011 zu Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt aus Gründen der Religion oder der Weltanschauung,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. Februar 2021 zu den Prioritäten der EU in den Menschenrechtsgremien der Vereinten Nationen im Jahr 2021,

unter Hinweis auf die Leitlinien der EU vom 24. Juni 2013 zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

unter Hinweis auf die EU-Menschenrechtsleitlinien über Nichtdiskriminierung im auswärtigen Handeln vom 18. März 2019,

unter Hinweis auf die Berichte des Sonderbeauftragten für die Förderung von Religions- und Weltanschauungsfreiheit außerhalb der Europäischen Union,

unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020–2024, der mit Mitteln aus dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 finanziert wird,

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (COM(2018)0460) sowie auf den entsprechenden geänderten Vorschlag (COM(2020)0459),

unter Hinweis auf den Sacharow-Preis für geistige Freiheit, der vom Europäischen Parlament im Jahr 2015 an Raif Badawi, im Jahr 2016 an Nadija Murad und Lamija Hadschi Baschar und im Jahr 2019 an Ilham Tohti verliehen wurde,

unter Hinweis auf die Entschließung vom 10. Oktober 2013 zu Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit (1), insbesondere Ziffer 6 über Religion als sich überschneidenden Faktor für Diskriminierung und Missbrauch,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2019 zu den Leitlinien der EU und dem Mandat des EU-Sonderbeauftragten für die Förderung von Religions- und Weltanschauungsfreiheit außerhalb der Europäischen Union (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Februar 2016 zu dem vom sogenannten IS verübten systematischen Massenmord an religiösen Minderheiten (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Juli 2017 zu dem Vorgehen gegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, einschließlich Völkermord (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. März 2018 zur Lage in Syrien (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Oktober 2018 zu willkürlichen Massenfestnahmen von Uiguren und Kasachen im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang (6), seine Entschließung vom 18. April 2019 zu China und insbesondere zur Lage religiöser und ethnischer Minderheiten (7), seine Entschließung vom 19. Dezember 2019 zu der Lage der Uiguren in China (vor dem Hintergrund der „China Cables“) (8) und seine Entschließung vom 17. Dezember 2020 zu Zwangsarbeit und der Lage der Uiguren im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang (9),

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 7. Juli (10) und 15. Dezember 2016 (11), vom 14. September (12) und 14. Dezember 2017 (13) sowie vom 19. September 2019 (14) zu Myanmar und zur Lage der Rohingya,

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 28. November 2019 zur Lage der Freiheiten in Algerien (15) und vom 26. November 2020 zu der Verschlechterung der Menschenrechtslage in Algerien, insbesondere dem Fall des Journalisten Khaled Drareni (16),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Dezember 2019 zu Verletzungen der Menschenrechte wie etwa der Religionsfreiheit in Burkina Faso (17),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2020 zu Nigeria, insbesondere den jüngsten Terroranschlägen (18),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. April 2021 zu den Blasphemiegesetzen in Pakistan, insbesondere der Fall von Shagufta Kausar und Shafqat Emmanuel (19), in der auch auf den Fall von Asia Bibi verwiesen wird, seine Entschließung vom 14. April 2016 zu Pakistan, insbesondere zu dem Anschlag in Lahore (20) und seine Entschließung vom 13. Dezember 2018 zum Iran und insbesondere dem Fall Nasrin Sotudeh (21),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2020 zu den außenpolitischen Konsequenzen der COVID-19-Pandemie (22),

unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 29. April 2021 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu den Beziehungen zwischen der EU und Indien (23),

unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 9. Juni 2021 an den Rat zu der 75. und 76. Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen (24),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zu Menschenrechten und Demokratie in der Welt und der Politik der Europäischen Union in diesem Bereich — Jahresbericht 2018 (25), insbesondere die Ziffern 42, 43 und 45 dieser Entschließung,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zu Menschenrechten und Demokratie in der Welt und der Politik der Europäischen Union in diesem Bereich — Jahresbericht 2019 (26), insbesondere die Ziffern 103, 104, 106 und 107 dieser Entschließung,

unter Hinweis auf die Tätigkeiten der interfraktionellen Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments zu Religions- und Weltanschauungsfreiheit und religiöser Toleranz,

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Entwicklungsausschusses,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0071/2022),

A.

in der Erwägung, dass in den Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen sowie in internationalen Rechtsvorschriften und EU-Rechtsvorschriften Normen zum Schutz von Angehörigen weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten als fester Bestandteil der Menschenrechte verankert sind;

B.

in der Erwägung, dass das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit die Freiheit umfasst, eine Weltanschauung zu wählen oder keiner Weltanschauung anzuhängen, die Freiheit, ohne Beschränkungen eine Religion oder Weltanschauung zu gründen, ihr anzuhängen, sie zu wechseln oder sie aufzugeben, und die Freiheit, die eigene Religion oder Weltanschauung entweder allein oder innerhalb einer Gemeinschaft privat oder öffentlich durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen oder Riten zum Ausdruck zu bringen; in der Erwägung, dass diese Freiheit auch das Recht religiöser, säkularer und nichtkonfessioneller Organisationen umfasst, über anerkannte Rechtspersönlichkeit zu verfügen; in der Erwägung, dass die Religions- und Weltanschauungsfreiheit auch das Recht umfasst, sich kritisch oder satirisch über Religionen und religiöse Autoritäten zu äußern, wobei es sich um einen rechtmäßigen Ausdruck der Gedankenfreiheit oder des künstlerischen Schaffens handelt;

C.

in der Erwägung, dass die EU gemäß Artikel 21 EUV die Achtung der Menschenwürde und die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten als Teil der Grundsätze ihrer Außenpolitik fördert und verteidigt;

D.

in der Erwägung, dass die Religions- und Weltanschauungsfreiheit in einer beträchtlichen Anzahl von Ländern weltweit verletzt wird; in der Erwägung, dass eine große Zahl von Menschen in Ländern lebt, die schwerwiegende Verletzungen der Gedanken-, Gewissens-, Religions- und Weltanschauungsfreiheit begehen oder dulden;

E.

in der Erwägung, dass die Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten aus Gründen der Weltanschauung oder Religion durch unterschiedliche Akteure, entweder Staaten, nichtstaatliche Akteure oder eine Kombination aus beiden, begangen wird und in unterschiedlichen Formen auftreten kann, darunter Tötungen, Folter, körperliche Angriffe, Masseninhaftierung, willkürliche Festnahmen, Verschwindenlassen, außergerichtliche Hinrichtungen, Zwang, Zwangskonversion, Entführung, Früh- und Zwangsehen, geschlechtsspezifische Gewalt, Vergewaltigung, körperlicher und psychischer Missbrauch, erzwungene Geburtenkontrolle und Abtreibung, Zwangsarbeit und Vertreibung, Menschenhandel, Bedrohung, Ausgrenzung, diskriminierende und ungerechte Behandlung, Belästigung, Enteignung, Einschränkung des Zugangs zu Staatsbürgerschaft, zu gewählten Ämtern, zu Beschäftigung, zu Bildung, zum Gesundheitswesen und zu Verwaltungsdiensten, Zerstörung von Gebetsstätten, Friedhöfen und Kulturerbe sowie Offline- und Online-Hetze;

F.

in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie die Verfolgung weltanschaulicher und religiöser Minderheiten und die Gewalt gegen sie in einigen Ländern verschärft hat; in der Erwägung, dass die Gesundheitskrise einigen Ländern außerdem einen Vorwand geboten hat, Verfolgungsmaßnahmen für Zwecke zu ergreifen, die in keinem Zusammenhang mit der Pandemie stehen; in der Erwägung, dass weltanschauliche und religiöse Minderheiten wegen des ungleichen Zugangs zu angemessener medizinischer Versorgung besonders anfällig für COVID-19-Infektionen und Todesfälle geworden sind;

G.

in der Erwägung, dass Frauen, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, einem besonders hohen Risiko verstärkter Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind, die beide mit sich überschneidenden Faktoren wie Geschlecht, Religion, Kaste, ethnischem Hintergrund, Machtungleichgewichten und Patriarchat im Zusammenhang stehen und in einigen Fällen durch religiöse oder weltanschauliche Beweggründe gerechtfertigt werden; in der Erwägung, dass Frauen aufgrund mangelnder sozialer oder wirtschaftlicher Unabhängigkeit, der Androhung von Gewalt oder des Verlusts des Sorgerechts für ihre Kinder größere Schwierigkeiten haben, ihr Recht, aus einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft auszutreten, wahrzunehmen;

H.

in der Erwägung, dass religiös begründete geschlechtsspezifische Gewalt und Diskriminierung weiterhin bestehen; in der Erwägung, dass Frauen und LGBTIQ+-Personen weiter Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind, die sowohl von staatlichen als auch nichtstaatlichen Akteuren im Namen der Religion ausgeübt werden; in der Erwägung, dass sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, einschließlich das Recht auf Abtreibung, sowohl von staatlichen als auch nichtstaatlichen Akteuren im Namen der Religion verboten werden;

I.

in der Erwägung, dass jede Verfolgung aufgrund der Religion oder Weltanschauung aufs Schärfste verurteilt werden sollte und eine rasche Reaktion seitens nationaler Regierungen und internationaler Akteure erfordert;

J.

in der Erwägung, dass Praktiken im Zusammenhang mit Weltanschauungen oder Religionen indigener Völker Teil der kulturellen Identität dieser Völker sind; in der Erwägung, dass indigene Völker im Einklang mit internationalen Menschenrechtsnormen das Recht haben, ihre institutionellen Strukturen sowie ihre jeweiligen Bräuche, Spiritualität, Traditionen, Handlungen und Praktiken zu fördern, zu entwickeln und zu pflegen;

K.

in der Erwägung, dass offenbar in fast jeder Weltregion für religiöse Minderheiten die Gefahr besteht, dass sie als „terroristische Vereinigungen“ bezeichnet werden und dass Angehörige verhaftet werden, weil ihnen „Extremismus“ oder „rechtswidrige Aktivitäten“ vorgeworfen werden; in der Erwägung, dass einige Regierungen Sicherheitserfordernisse und Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung als Begründung anführen, um die Zugehörigkeit zu bestimmten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften oder deren Tätigkeiten zu kriminalisieren; in der Erwägung, dass diese Vorgehensweisen die Ausübung des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit erheblich beeinträchtigen;

L.

in der Erwägung, dass es weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten häufig an angemessener Vertretung auf nationaler Ebene mangelt; in der Erwägung, dass die Bedürfnisse und Interessen dieser Minderheiten in der Gesetzgebung häufig nicht berücksichtigt werden und die Regierungen eine Vielzahl außergerichtlicher Maßnahmen anwenden, mit denen diese Minderheiten verfolgt, delegitimiert oder stigmatisiert werden;

M.

in der Erwägung, dass Angriffe auf das Kulturerbe in zahlreichen Konflikten und Krisen weltweit als Instrument der symbolischen Gewalt und der Politisierung des Kulturerbes eingesetzt wurden; in der Erwägung, dass die religiösen Aspekte dieser Konflikte unmittelbar zu humanitären Krisen, Vertreibung, Migration und der Verletzung religiöser und kultureller Rechte und der Menschenwürde beigetragen haben; in der Erwägung, dass diese Konflikte und Krisen Gesellschaften, Länder, Regionen, ethnische Gruppen und Gemeinschaften spalten und das Risiko gewaltsamer Konflikte erhöhen können; in der Erwägung, dass die Zerstörung und Plünderung von Kulturerbestätten daher eine Kriegswaffe und ein Warnzeichen für künftige Massengräueltaten sein kann; in der Erwägung, dass diese Zerstörung und Plünderung außerdem ein wesentliches Hindernis für Dialog, Frieden und Versöhnung darstellt;

N.

in der Erwägung, dass die Zerstörung von Kulturerbe Gemeinschaften, insbesondere religiöse Gemeinschaften, gefährdet, da ihnen ein wichtiger Teil ihrer Identität genommen wird; in der Erwägung, dass extremistische Gruppen und andere Konfliktparteien in Bereichen, in denen die Identität und der soziale Zusammenhalt geschwächt und Spaltungen der Gemeinschaften verstärkt wurden, leicht ihren Einfluss ausweiten können;

O.

in der Erwägung, dass in Fällen internationaler Straftaten aus Gründen der Religion oder Weltanschauung die Täter mit einigen unwesentlichen Ausnahmen Straffreiheit genossen und daher die Gräueltaten fortsetzen konnten;

P.

in der Erwägung, dass Staaten und Behörden gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen zu Völkermord von 1948 nicht nur verpflichtet sind, die für Völkermord Verantwortlichen zu bestrafen, sondern auch verhindern müssen, dass es überhaupt zu solchen Verbrechen kommt;

1.

bekräftigt seinen unerschütterlichen Einsatz für die Förderung und den Schutz der Rechte von Angehörigen weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten überall auf der Welt, einschließlich ihres Rechts, ihre Weltanschauung oder Religion anzunehmen, zu ändern, zu wählen, zu bekunden, auszuüben oder aufzugeben, unter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung; verurteilt jedwede Verfolgung, Gewalt, Aufstachelung zur Gewalt und Terrorismus, die aus Gründen der Religion oder Weltanschauung oder aufgrund der fehlenden Zugehörigkeit zu einer Religion oder Weltanschauung gegen Minderheiten gerichtet sind; betont, dass es sich bei Verletzungen dieser Menschenrechte in einigen Fällen um Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln kann; verurteilt die Leugnung solcher Verletzungen oder Versuche, diese zu verharmlosen, und bekräftigt seine Absicht, sie auszumerzen, sowie seine Unterstützung für die Opfer;

2.

betont, dass die Staaten in erster Linie dafür verantwortlich sind, die Menschenrechte von Personen, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, zu fördern und zu schützen, einschließlich ihres Rechts, ihre Religion oder Weltanschauung auszuüben, und ihres Rechts, nicht zu glauben, und sie vor Verletzungen dieser Rechte, insbesondere vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord, zu schützen.

3.

vertritt die Auffassung, dass alle Menschen ungeachtet von Weltanschauung, Religion, Gedanken oder Gewissen unbedingt in ihre jeweilige Gesellschaft sowie in das politische, sozioökonomische und kulturelle Leben eingebunden werden müssen und sichergestellt werden muss, dass ihre Würde, Bürgerschaft, persönlichen Rechte und Freiheiten gewahrt werden;

4.

betont, dass die Gedanken-, Gewissens-, Weltanschauungs- und Religionsfreiheit, einschließlich der Freiheit, einen Glauben auszuüben, zu befolgen, zu praktizieren und zu lehren, der Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, der Freiheit theistische, nicht theistische, agnostische oder atheistische Ansichten zu vertreten und des Rechts auf Apostasie, völkerrechtlich geschützte Menschenrechte sind; betont, dass die Förderung und der Schutz dieser Rechte in einigen Fällen, auch unter repressiven Umständen, zur Förderung der Menschenrechte und der Demokratie beigetragen haben; erkennt an, dass Verletzungen dieser Rechte häufig zu Intoleranz führen oder diese verstärken, wobei es sich häufig um frühe Indikatoren für potenzielle Gewalt und Konflikte handelt;

5.

weist darauf hin, dass die Bekämpfung der Diskriminierung aller Minderheiten ungeachtet ihrer Traditionen, ihrer Weltanschauung oder ihrer Religion und die Förderung und der Schutz ihrer Rechte erheblich zur sozialen und politischen Stabilität, zur Verringerung der Armut, zur demokratischen Staatsführung und zur Konfliktverhütung beitragen;

6.

betont, dass die Verfolgung von Minderheiten aus Gründen der Weltanschauung oder Religion häufig mit anderen spezifischen Gründen verwoben ist, insbesondere mit Faktoren im Zusammenhang mit der nationalen oder ethnischen Herkunft, dem Geschlecht oder der Kaste; weist auf Fälle hin, in denen weltanschauliche oder religiöse Gruppen verfolgt werden, darunter auch Fälle, in denen sie im Hoheitsgebiet eines Staates stark präsent sind oder keine demografische Minderheit darstellen, sich jedoch in einer prekären Lage befinden, die sie zu einem leichten Ziel für Gewalt und Unterdrückung macht; betont ferner, dass Konvertiten, die aus der Mehrheitsglaubensgemeinschaft austreten, häufig schwerwiegende Verletzungen ihrer Menschenrechte erfahren, darunter Inhaftierung, Zwangsscheidung, Entführung, körperliche Gewalt und Mord;

7.

ist zutiefst besorgt über das hohe Maß an Zwang, Diskriminierung, Belästigung, Gewalt und Unterdrückung gegenüber Menschen, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, wobei es sich um ein globales Phänomen handelt, das sich in bestimmten Regionen verschärft; stellt fest, dass viele Religionsgemeinschaften wie der Buddhismus, das Christentum, der Hinduismus, der Islam und das Judentum neben anderen Religionen sowie Bevölkerungsgruppen, die Atheisten, Humanisten oder Agnostiker sind oder die sich keiner Weltanschauung oder Religion zurechnen, davon betroffen sind;

8.

bedauert zutiefst, dass nichtreligiöse, säkulare und humanistische Organisationen in vielen Ländern weltweit einer zunehmenden Verfolgung und einer beispiellosen Welle von Anstiftung zu Hass und Morden ausgesetzt sind; verurteilt, dass auf zahllose Personen und zivilgesellschaftliche Organisationen tätliche Übergriffe verübt werden, weil sie religiöse Überzeugungen friedlich infrage stellen, Kritik an ihnen äußern und sie satirisch darstellen; weist darauf hin, dass diese anhaltende Verletzung der Gedankenfreiheit und des Rechts auf freie Meinungsäußerung über geografische und kulturelle Grenzen hinweg auftritt, auch in Mitgliedstaaten der EU;

9.

betont, dass Verfolgungshandlungen unter anderem von autoritären Regimes, von Regierungen, die bestrebt sind, die Vorherrschaft dominierender ethnischer oder religiöser Bevölkerungsgruppen über Minderheiten durchzusetzen, von terroristischen Vereinigungen, von politischen und religiösen extremistischen Parteien oder Gruppierungen sowie zuweilen auch von Familienangehörigen, Freunden und Nachbarn der Opfer begangen werden, beispielsweise, wenn die Opfer ihre religiöse Zugehörigkeit ändern oder aufgeben;

10.

begrüßt den positiven Beitrag, den einige weltanschauliche und religiöse Gemeinschaften sowie konfessionell gebundene Nichtregierungsorganisationen in Bezug auf humanitäre Tätigkeiten in Konfliktgebieten, die Bekämpfung der Umweltzerstörung, die Verteidigung von Frieden und Aussöhnung und den Beitrag zur Entwicklung leisten;

11.

nimmt zur Kenntnis, dass Kirchen, konfessionell gebundenen Organisationen und anderen weltanschaulichen und religiösen Einrichtungen und Vereinigungen im sozialen Gefüge von Entwicklungsländern eine bedeutende Rolle zukommt;

12.

betont, dass einigen konfessionell gebundenen Organisationen eine strategisch wichtige Rolle dabei zukommt, Mitglieder ihrer Gemeinschaften zu erreichen und zu beeinflussen, damit sie in wichtigen Fragen wie HIV, der Versorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der Stärkung der Rolle von Mädchen und Frauen Verständnis und Einsatz zeigen;

13.

stellt fest, dass Kirchen und andere weltanschauliche und religiöse Einrichtungen sowie konfessionell gebundene Organisationen häufig die einzigen Anbieter von Gesundheitsversorgung und anderen sozialen Diensten in entlegenen Gebieten einiger Entwicklungsländer und in konfliktgefährdeten Situationen sind;

14.

ist der Ansicht, dass die Akteure der humanitären Hilfe in Bezug auf die besonderen Befindlichkeiten religiöser oder weltanschaulicher Minderheiten in Situationen, in denen Personen vertrieben wurden, geschult werden sollten, um einer Reihe von Flüchtlingsgruppen inklusivere Unterstützung und Schutz zu bieten;

Bewältigung der wesentlichen Herausforderungen, die sich aus der Verfolgung religiöser Minderheiten ergeben

15.

betont, dass Personen, die Menschenrechtsverstöße gegen Angehörige weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten begehen, unbedingt zur Rechenschaft gezogen werden müssen; betont, wie wichtig es ist, Menschenrechtsverletzungen umfassend zu untersuchen, sicherzustellen, dass die Opfer und ihre Familien wirksamen Zugang zur Justiz und zu Rechtsbehelfen haben, und ihnen eine angemessene Wiedergutmachung zu bieten; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, unbedingt mit den einschlägigen Mechanismen und Ausschüssen der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um die Ermittlungen in Bezug auf die derzeitigen Verletzungen der Menschenrechte von Angehörigen weltanschaulicher und religiöser Minderheiten in aller Welt zu verstärken; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof und hebt die Bedeutung seiner Rolle bei der Verfolgung der schwerwiegendsten Verbrechen hervor; weist darauf hin, dass das Römische Statut sowohl für Verbrechen gegen die Menschlichkeit als auch Völkermord gegen Gruppen aufgrund ihrer Weltanschauung oder Religion gilt, und dass damit ein grundlegender internationaler Rechtsrahmen für die Bekämpfung der Straflosigkeit geschaffen wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre finanzielle Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofs zu verstärken, und fordert die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, die Straflosigkeit in diesem Zusammenhang mit der Ratifizierung des Römischen Statuts zu bekämpfen; betont, dass darauf hingearbeitet werden muss, Gewalttaten aufgrund der Weltanschauung oder der Religion, insbesondere internationale Straftaten wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, zu verhindern; betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten Mechanismen einführen müssen, um Frühwarnsignale und Risikofaktoren für internationale Verbrechen verfolgen, analysieren, entsprechende Entscheidungen treffen und umfassend reagieren zu können, auch im Sinne des Analyserahmens der Vereinten Nationen für Gräuelverbrechen und entsprechend ihrer Pflicht, Völkermord zu verhindern und zu bestrafen;

16.

nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass über die meisten Hassdelikte aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen weltweit zu wenig berichtet wird und ihre strafrechtliche Verfolgung unzureichend ist; fordert den Rat, die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die Mitgliedstaaten der EU auf, mit Drittländern zusammenzuarbeiten, um Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Hasskriminalität zu ergreifen, und um Rechtsvorschriften zu erlassen, die vollständig mit internationalen Normen in Bezug auf die freie Meinungsäußerung, die Weltanschauungs- und Religionsfreiheit im Einklang stehen; fordert die Regierungen auf, umfassende Datenerfassungssysteme für Hasskriminalität und andere diskriminierende Handlungen gegen weltanschauliche oder religiöse Gemeinschaften einzurichten;

17.

fordert den Rat und die Mitgliedstaaten der EU auf, Sanktionen gegen Einzelpersonen und Stellen zu verhängen, die für schwerwiegende oder systematische Verstöße gegen oder Verletzungen der Rechte von Angehörigen religiöser Minderheiten verantwortlich sind oder an derartigen Verletzungen beteiligt sind, wie es die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte vorsieht;

18.

ist entsetzt angesichts der Verschärfung der Verfolgung weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten während der COVID-19-Pandemie; verurteilt, dass Menschen, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, als Sündenböcke herhalten müssen und beschuldigt werden, für die Verbreitung des COVID-19-Virus verantwortlich zu sein, und dass ihnen der Zugang zum Gesundheitswesen, zu Nahrungsmitteln und zu humanitärer Hilfe aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen in diskriminierender Weise erschwert oder verwehrt wird;

19.

betont, dass die Bereitstellung humanitärer Hilfe frei von jeglicher Diskriminierung sein muss, und verurteilt aufs Schärfste jegliche Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit bei der Verteilung humanitärer Hilfe;

20.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Rechte, Weltanschauungen und Werte indigener Völker anzuerkennen und sich zu verpflichten, der spezifischen Diskriminierung indigener Völker aus weltanschaulichen Gründen durch umfassende Maßnahmen der EU im Außenbereich entgegenzutreten;

21.

ist besorgt über die Anwendung des Tatbestands der Blasphemie und religiöser Gesetze, die in einigen Ländern Vorrang vor nationalen Gesetzen haben; beklagt, dass Frauen und Mädchen, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, in besonderem und zunehmendem Maße gezielten Angriffen ausgesetzt sind, wodurch zugleich der jeweiligen Gemeinschaft insgesamt Schaden zugefügt werden soll; betont, dass Frauen und Mädchen in besonderer Gefahr sind, Opfer gewaltsamer Angriffe, der Entführung, Vergewaltigung, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, der Zwangskonvertierung, Zwangssterilisation und Zwangsabtreibung, Genitalverstümmelung, Zwangs- und Frühverheiratung und häuslicher Einkerkerung zu werden; verurteilt alle diese Menschenrechtsverletzungen aufs Schärfste und betont, dass sich ihre Menschenrechtslage wegen der während der COVID-19-Pandemie ergriffenen Maßnahmen der Aus- und Zugangsbeschränkung noch weiter verschlechtert hat und ihr Zugang zu Informationen dadurch weiter eingeschränkt wurde;

22.

verurteilt alle Handlungen der bzw. Aufstachelung zu Gewalt, Verfolgung, Zwangsmaßnahmen und Diskriminierung, die sich gegen Personen aus Gründen des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung richtet, auch vonseiten religiöser Würdenträger oder aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen; betont, dass die Verteidigung der „Tradition“ oder „öffentlichen Moral“ in keinem Fall im Widerspruch zu Menschenrechtsbestimmungen stehen darf, an die sich die Staaten halten müssen; weist insbesondere auf Diskriminierung bei der Beschäftigung, der Bildung sowie dem Zugang zur Justiz und zu wirksamen Rechtsbehelfen, zu Wohnraum und zur Gesundheitsversorgung hin; ist zutiefst besorgt über den Missbrauch und die Instrumentalisierung von Weltanschauung oder Religion, um diskriminierende politische Maßnahmen und Gesetze, einschließlich strafrechtlicher Bestimmungen, oder Restriktionen durchzusetzen, die den Rechten von LGBTIQ, Frauen und Mädchen zuwiderlaufen und sie untergraben und den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung, einschließlich sexueller und reproduktiver Rechte, beschränken, Abtreibungen kategorisch kriminalisieren, Ehebruch unter Strafe stellen oder religiösen Praktiken, die gegen die Menschenrechte verstoßen, Vorschub leisten; fordert die Aufhebung der einschlägigen politischen Maßnahmen, Gesetze oder Restriktionen, die häufig als säkulare Restriktionen in nationales Recht umgesetzt werden;

23.

verurteilt religiöse Glaubensgemeinschaften, die sich der Diaspora aus Entwicklungsländern zuwenden, die Verletzlichkeit solcher Gemeinschaften von Migranten in Europa finanziell ausnutzen und einseitige Weltanschauungen verbreiten, die oft Homophobie, Transphobie und Frauenfeindlichkeit einschließen;

24.

verurteilt Menschenrechtsverletzungen, sexuellen Missbrauch, Sektierertum sowie finanzielles Fehlverhalten missionarisch ausgerichteter Glaubensgemeinschaften und deren führender Vertreter in einigen Entwicklungsländern;

25.

verurteilt, dass Rechtsvorschriften zu Sicherheit, staatsgefährdenden Handlungen, der Störung der öffentlichen Ordnung, Anstiftung zu Gewalt sowie Terrorismus- und Extremismusbekämpfung als Mittel benutzt werden, um Angehörige weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten zu verfolgen oder zu kriminalisieren, um die Religionsausübung und -bekundung dieser Menschen für rechtswidrig zu erklären oder zu beschränken, Gotteshäuser zu schließen und um Menschen davon abzuhalten, sich weltanschaulichen oder religiösen Vereinigungen anzuschließen und bei diesen registrieren zu lassen; fordert die Kommission und den EAD auf, die Umsetzung derartiger Rechtsvorschriften sorgfältig zu überwachen und diesen Themenkreis im bilateralen Dialog mit den betreffenden Staaten und Regierungen systematisch anzusprechen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, etwaige Ersuchen auswärtiger Behörden auf justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit in einzelnen Rechtssachen abzulehnen, sofern sie auf derartigen Rechtsvorschriften beruhen;

26.

verurteilt aufs Schärfste jede Praxis der Zwangsunterbringung in staatlich geführten Umerziehungslagern, Zwangsarbeit oder Ausbeutung von Personen, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, bei der das Ziel darin besteht, sie zu zwingen, ihre Religion aufzugeben und sich in die vorherrschende Kultur, Sprache oder Denkweise zu assimilieren; verurteilt außerdem den massiven Einsatz digitaler Überwachungstechnologien, um Angehörige weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten zu beschatten, zu kontrollieren und zu unterdrücken;

27.

beklagt die Beschränkungen des Zugangs von Organisationen und Angehörigen religiöser und weltanschaulicher Minderheiten zu gesetzlich geforderten Unterlagen bzw. einer Registrierung und weist darauf hin, dass die rechtliche Identität ein Recht ist, bei dem alle Menschen gleichgestellt sein müssen;

28.

bringt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass staatliche Stellen in mehr als 70 Ländern weltweit strafrechtliche Vorschriften durchsetzen oder bestrebt sind, neue Rechtsvorschriften einzuführen, durch die Blasphemie, Häresie, Apostasie, Diffamierung und oder Beleidigung einer Religion und Konvertierung unter Strafe (einschließlich der Todesstrafe) gestellt werden; stellt fest, dass bereits geltende Gesetze unverhältnismäßig gegen Menschen angewandt werden, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, und dadurch ein Klima der Gewalt, Diskriminierung und religiöser Intoleranz geschaffen wird, zu dem auch Gewalt gegen Minderheiten und die Zerstörung von Gotteshäusern gehören können; fordert die EU auf, ihren politischen Dialog mit allen betroffenen Ländern zu intensivieren, damit diese Rechtsvorschriften gestrichen werden; betont, dass das auswärtige Handeln der EU zur Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit von den Bemühungen der EU und der Mitgliedstaaten profitieren würde, gemeinsam darauf hinzuarbeiten, dass Blasphemiegesetze weltweit abgeschafft werden; fordert die EU auf, mit gutem Beispiel voranzugehen, indem sie sich in dieser Hinsicht mit ihrer Lage im Innern befasst;

29.

weist darauf hin, dass Menschenrechtsverteidiger, Rechtsanwälte, nichtstaatliche Organisationen und Vertreter der Zivilgesellschaft, die aufgrund ihrer Weltanschauung oder Religion verfolgten Menschen helfen und sie verteidigen, geschützt werden müssen; verurteilt die Berufung auf Blasphemie und Abfall vom Glauben sowie andere Anschuldigungen aufgrund der Religion, mit denen gegen diese Menschen und Organisationen wegen ihrer legitimen Aktivitäten, auch im Internet und in den sozialen Medien, repressiv vorgegangen wird;

30.

betont, dass Staaten mit Pflichtwehrdienst die Verweigerung aus Gewissensgründen, auch aus religiösen und weltanschaulichen Gründen, zulassen und einen alternativen Zivildienst vorsehen sollten;

31.

ist der Auffassung, dass mangelnde Kenntnis und Anerkennung der Vielfalt der Religionen und Weltanschauungen von Menschen und Gemeinschaften Intoleranz und Stereotypisierungen befördert, die zu zunehmenden Spannungen, Missverständnissen, diskriminierenden Einstellungen und mangelndem gegenseitigem Respekt zwischen Menschen beitragen; verweist darauf, dass laut dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen die öffentliche Erziehung, die Unterricht in einer bestimmten Religion oder Weltanschauung einschließt, mit dem Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit unvereinbar ist, sofern nicht dafür gesorgt wird, dass auf Wunsch der betroffenen Personen oder ihrer Erziehungsberechtigten nicht diskriminierende Ausnahmeregelungen bzw. Alternativen angeboten werden;

32.

betont, wie wichtig strategische Ansätze und Initiativen sind, die Bildung und interkulturelle, interkonfessionelle und interreligiöse Dialoge unter Beteiligung der jeweiligen führenden Vertreter und zivilgesellschaftlicher Organisationen umfassen, damit gegen die Verfolgung von sowie Intoleranz und Hetze gegen Minderheiten aus Gründen der Weltanschauung oder Religion vorgegangen wird; betont, dass interkulturelle, interkonfessionelle und interreligiöse Dialoge als Katalysator für die Entwicklung von Vertrauen, Respekt und Verständnis sowie für gegenseitigen Respekt und Versöhnung dienen können, sodass man lernen kann, friedlich und konstruktiv in einem multikulturellen Kontext zu leben;

33.

stellt fest, dass junge Menschen in Entwicklungsländern besonders anfällig für extremistische Ideologien sind und dass eine hochwertige Bildung ein wesentlicher Schritt für die Bekämpfung der Radikalisierung ist; stellt fest, dass extremistische Bewegungen häufig die schwache Präsenz des Staates in ländlichen Gebieten ausnutzen;

34.

beklagt, dass Plattformen und Netze der sozialen Medien zunehmend als Forum der Einschüchterung und Aufstachelung zu Hass und Gewalt missbraucht werden; hebt hervor, dass weltanschauliche oder religiöse Minderheiten nach wie vor im Internet und auch anderswo Hetze von Einzelpersonen und organisierten Gruppen aus dem gesamten politischen und religiösen Spektrum ausgesetzt sind, und fordert die Regierungen auf, dies anzugehen und dagegen vorzugehen;

Stärkung der Außenpolitik und des auswärtigen Handelns der EU im Menschenrechtsbereich zum Schutz der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit von Angehörigen von Minderheiten

35.

stellt fest, dass der Posten des EU-Sonderbeauftragten für die Förderung von Religions- und Weltanschauungsfreiheit außerhalb der EU über ein Jahr nicht besetzt war; fordert den Rat und die Kommission erneut auf, eine transparente und umfassende Bewertung der Wirksamkeit und des Mehrwerts des Amtes des Sonderbeauftragten vorzunehmen, den Sonderbeauftragten mit angemessenen Mitteln auszustatten und sein institutionelles Mandat, seine Fähigkeiten und seine Aufgaben angemessen zu unterstützen; fordert die Kommission erneut auf, bei der Ernennung, dem Mandat, den Tätigkeiten und den Berichtspflichten des Sonderbeauftragten für Transparenz zu sorgen; betont, dass bei den Aufgaben des Sonderbeauftragten der Schwerpunkt auf die Förderung der Gedanken- und Gewissensfreiheit, die Weltanschauungs- und Religionsfreiheit und die Rechte, nicht zu glauben, sich vom Glauben abzuwenden und atheistische Ansichten zu vertreten, gelegt werden sollte, wobei auch der Lage von gefährdeten nicht gläubigen Menschen Aufmerksamkeit zu widmen ist; empfiehlt, dass der Sonderbeauftragte eng und in ergänzender Funktion mit dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte und der Gruppe „Menschenrechte“ (COHOM) zusammenarbeitet;

36.

fordert den Rat, die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, sich als eine der Prioritäten der EU-Außenpolitik im Menschenrechtsbereich mit Verfolgung aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen zu befassen, wie es gemäß dem EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2020–2024 vorgesehen ist; betont, dass zum Schutz und zur Förderung der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit ein zahlreiche Schichten und Akteure einbeziehender Ansatz erforderlich ist, der Menschenrechte, Dialog, Vermittlung und Konfliktlösung sowie Prävention in Zusammenarbeit mit zahlreichen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, wie religiösen Organisationen, deren führenden Vertretern, Nichtgläubigen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Menschenrechtsverteidigern, umfasst; fordert eine verstärkte Zusammenarbeit mit entsprechenden Initiativen der Vereinten Nationen; fordert erneut, die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit regelmäßig unter Einbeziehung der Öffentlichkeit zu überarbeiten, um ihre Umsetzung zu prüfen und Vorschläge zu ihrer Aktualisierung zu sammeln; weist darauf hin, dass in den Leitlinien der EU vorgesehen ist, dass deren Umsetzung nach Ablauf von drei Jahren durch die Gruppe „Menschenrechte“ evaluiert wird, und dass bislang über keine derartige Evaluierung berichtet oder diese veröffentlicht wurde; vertritt die Auffassung, dass im Rahmen dieser Evaluierung bewährte Verfahren hervorgehoben und Bereiche aufgezeigt werden sollten, in denen Verbesserungsbedarf besteht, sowie konkrete Empfehlungen zur Umsetzung der Leitlinien gemäß einem festgelegten Zeitplan und entsprechenden Etappenzielen abgegeben werden sollten; fordert, dass die Evaluierung in die Jahresberichte der EU über Menschenrechte und Demokratie in der Welt aufgenommen wird; fordert ferner, dass dem Europäischen Parlament regelmäßige Berichte zu den Fortschritten bei der Umsetzung dieser Leitlinien vorgelegt werden;

37.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die rechtlichen und institutionellen Schutzmechanismen zu stärken, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte von Angehörigen weltanschaulicher und religiöser Minderheiten sowie von allen Personen in einer prekären Lage, einschließlich Frauen und Mädchen, Angehöriger anderer Ethnien oder Kasten, älterer und behinderter Menschen, Migranten, Flüchtlingen und Binnenvertriebenen sowie LGBTIQ gewahrt werden, sodass sie auf der Grundlage ihrer Grundrechte uneingeschränkt geschützt und nicht aufgrund ihrer Weltanschauung oder Religion diskriminiert werden;

38.

betont, dass die Instrumentalisierung der Religion und Weltanschauung eine wichtige Konfliktursache weltweit ist; weist darauf hin, dass Verfolgung und Diskriminierung aus religiösen und weltanschaulichen Gründen viele Menschen und Gemeinschaften zwingt, ihre Heimatorte zu verlassen, sodass sie zu Binnenvertriebenen werden; fordert die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, allen Vertriebenen, einschließlich der Angehörigen weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten, die freiwillig in ihre Heimat zurückkehren möchten, zu helfen, wenn die materiellen und sicherheitstechnischen Bedingungen dies zulassen und die Umstände, die zu ihrer Ausreise geführt haben, nicht mehr gegeben sind, insbesondere indem sie einen Beitrag zu ihrer Existenzsicherung und zum Wiederaufbau ihrer Wohnungen und grundlegenden Infrastrukturen wie Schulen und Krankenhäusern leisten;

39.

fordert die EU und ihre Partner auf, die Rolle der Religion in jedem spezifischen Konflikt zu erfassen, sowie die bestehenden positiven Maßnahmen religiöser Führer bei der Friedenskonsolidierung, Konfliktanalyse und -verhütung zu ermitteln und zu unterstützen und die unterschiedlichen Stimmen von Vertretern religiöser Mehrheits- und Minderheitengruppen anzuhören und zu berücksichtigen;

40.

weist darauf hin, dass Gewalt gegen religiöse Minderheiten während Konflikten sie auch anfällig für weitere Angriffe in Flüchtlingssituationen machen kann, da humanitäre Grundsätze der Neutralität und Universalität falsch ausgelegt werden und weit verbreitete Annahmen in Bezug auf Religion als nicht wesentlich oder spaltend gelten;

41.

fordert den EAD und die EU-Delegationen nachdrücklich auf, im Rahmen der Länderstrategien für Menschenrechte und Demokratie für den Zeitraum 2021–2024 für alle relevanten Gegebenheiten Ziele zu erstellen, die eigens mit der Verfolgung von Minderheiten aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen zusammenhängen; fordert den EAD und die EU-Delegationen auf, in den Menschenrechtsdialogen mit Partnerländern und in Menschenrechtsforen der Vereinten Nationen allgemeine Fragen und spezifische Fälle im Zusammenhang mit der Verfolgung oder Diskriminierung von weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten konsequent zur Sprache zu bringen und dabei einen ergebnisorientierten Ansatz zu verfolgen und eine geschlechtsspezifische Perspektive zu berücksichtigen; fordert erneut, dass die Mitglieder des Parlaments Zugang zum Inhalt dieser Länderstrategien erhalten; stellt fest, dass Atheismus und nichtreligiöse Gruppen weltweit rapide wachsen und in der Politik der EU gleichermaßen berücksichtigt werden sollten;

42.

weist darauf hin, dass in einigen Ländern die Hauptursachen für die Diskriminierung von Minderheiten von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich nicht ausschließlich auf Diskriminierung seitens der Regierung zu konzentrieren und mit den Partnerländern zusammenzuarbeiten, um die Ursachen der gesellschaftlichen Diskriminierung von Minderheiten unter besonderer Berücksichtigung von Hassreden zu bekämpfen;

43.

fordert die EU-Delegationen und Vertreter der Mitgliedstaaten auf, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten zu unterstützen, die sich aktiv für weltanschauliche und religiöse Minderheiten einsetzen, und gegebenenfalls die Ausstellung von Notfallvisa zu erleichtern und ihnen in Mitgliedstaaten vorübergehend Zuflucht zu gewähren, wenn diese Personen in Gefahr sind;

44.

fordert die Kommission auf, zivilgesellschaftliche Organisationen und Sozialkampagnen zu unterstützen, die das Verständnis für Glaubens- und Religionsgemeinschaften, die zu einer Minderheit gehören, und insbesondere Humanisten und Atheisten in den Ländern fördern und über sie aufklären, in denen sie besonders schwerwiegenden Formen der Diskriminierung ausgesetzt sind;

45.

fordert die Kommission und den EAD auf, die Menschenrechtslage weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten in Drittländern sowie die Umsetzung einschlägiger Verpflichtungen durch die jeweiligen Drittländer gemäß bilateraler Vereinbarungen mit der EU sorgfältig zu überwachen; fordert die Kommission auf, hierbei insbesondere die Eignung von Drittländern für das Allgemeine Präferenzsystem zu prüfen; spricht sich für ein System aus, bei dem einem Land auf der Grundlage der Einhaltung seiner Menschenrechtsverpflichtungen, unter anderem in Bezug auf die Achtung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Präferenzen eingeräumt werden;

46.

betont, dass die EU den konkreten Herausforderungen Rechnung tragen sollte, mit denen religiöse, ethnische und sprachliche Minderheiten aufgrund von Marginalisierung, gezielten Übergriffen oder einer schwachen sozioökonomischen Stellung häufig konfrontiert sind, wenn sie humanitäre Hilfe in Anspruch nehmen wollen; fordert die Kommission auf, den wirksamen Zugang von Minderheiten zu humanitärer Hilfe zu prüfen und dafür zu sorgen, dass Minderheiten im Rahmen ihrer humanitären Politik nicht zurückgelassen werden;

47.

missbilligt die Zerstörung und Beschädigung von religiösen Stätten, die fester Bestandteil des Kulturerbes sind, und fordert deren Schutz und Wiederherstellung; empfiehlt der EU, den Schutz des kulturellen Erbes in ihre außenpolitischen Maßnahmen aufzunehmen, damit der Frieden erhalten, die Aussöhnung gefördert und Konflikte verhindert werden; empfiehlt, dass die EU die Zusammenarbeit im Bereich des Kulturerbes als Teil der vertrauensbildenden Maßnahmen in Friedensprozessen nutzt;

48.

fordert die Kommission auf, im Rahmen des thematischen Programms „Menschenrechte“ des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt eine angemessene Finanzierung für Fragen des Schutzes von Personen, die weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten angehören, sicherzustellen; fordert die EU auf, dafür zu sorgen, dass die Grundsätze des Pluralismus, der Neutralität und der Fairness geachtet werden, und unbedingt davon abzusehen, sich bei der Zuweisung von Mitteln für diesen Zweck stärker für politische Maßnahmen oder Rechtsvorschriften einzusetzen, die einen Glauben oder eine religiöse Gruppe gegenüber anderen begünstigen;

49.

empfiehlt der EU, ihr multilaterales Engagement zu intensivieren, damit die Achtung religiöser oder weltanschaulicher Minderheiten im Rahmen der Menschenrechtspolitik in aller Welt gefördert und durchgängig berücksichtigt wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu verstärken, ihren offenen und konstruktiven Dialog mit der Afrikanischen Union, der Organisation amerikanischer Staaten, des Verbands südostasiatischer Nationen, der Organisation für Islamische Zusammenarbeit und anderer regionaler Organisationen zu intensivieren sowie Bündnisse mit Drittländern oder Gruppen gleichgesinnter Länder zu schmieden, um auf die Probleme im Bereich der Menschenrechte, mit denen sich weltanschauliche und religiöse Minderheiten — insbesondere, sofern sie besonders schutzbedürftig oder in Konfliktgebieten gezielten Anfeindungen oder Angriffen ausgesetzt sind, — konfrontiert sehen, internationale Antworten zu geben; vertritt die Auffassung, dass die EU weiterhin federführend für Resolutionen zur Gedankenfreiheit, zur Gewissensfreiheit sowie zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit in der Vollversammlung der Vereinten Nationen und im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eintreten sollte; fordert gemeinsame Initiativen der EU und der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Verfolgung und Diskriminierung weltanschaulicher oder religiöser Minderheiten und Nichtgläubiger; fordert die EU auf, die Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu intensivieren, insbesondere im Rahmen der Sonderverfahren des Menschenrechtsrats, des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte und des Sonderberichterstatters über Religions- und Weltanschauungsfreiheit; empfiehlt außerdem, dass Sonderbeauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit in allen Mitgliedstaaten bewährte Verfahren austauschen und eng miteinander zusammenarbeiten;

50.

betont, wie wichtig der 22. August als Internationaler Tag zum Gedenken an die Opfer von Gewalt aus Gründen der Religion oder Weltanschauung ist; fordert den Rat, die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, diesem Tag bei ihrer Planung besondere Aufmerksamkeit zu widmen und aktiv mit weltanschaulichen oder religiösen Minderheiten zusammenzuarbeiten, um ihr Engagement für die Förderung und den Schutz ihrer Freiheiten zu bekunden und darauf hinzuarbeiten, künftige Gewaltakte und Intoleranz gegen sie zu verhindern;

o

o o

51.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Vereinten Nationen zu übermitteln.

(1)  ABl. C 181 vom 19.5.2016, S. 69.

(2)  ABl. C 411 vom 27.11.2020, S. 30.

(3)  ABl. C 35 vom 31.1.2018, S. 77.

(4)  ABl. C 334 vom 19.9.2018, S. 69.

(5)  ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 119.

(6)  ABl. C 11 vom 13.1.2020, S. 25.

(7)  ABl. C 158 vom 30.4.2021, S. 2.

(8)  ABl. C 255 vom 29.6.2021, S. 60.

(9)  ABl. C 445 vom 29.10.2021, S. 114.

(10)  ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 134.

(11)  ABl. C 238 vom 6.7.2018, S. 112.

(12)  ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 109.

(13)  ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 91.

(14)  ABl. C 171 vom 6.5.2021, S. 12.

(15)  ABl. C 232 vom 16.6.2021, S. 12.

(16)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 126.

(17)  ABl. C 255 vom 29.6.2021, S. 45.

(18)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 83.

(19)  ABl. C 506 vom 15.12.2021, S. 77.

(20)  ABl. C 58 vom 15.2.2018, S. 151.

(21)  ABl. C 388 vom 13.11.2020, S. 127.

(22)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 63.

(23)  ABl. C 506 vom 15.12.2021, S. 109.

(24)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 150.

(25)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 25.

(26)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 94.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/44


P9_TA(2022)0138

Eine Strategie der EU zur Förderung der Bildung von Kindern auf der ganzen Welt

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu der Entwicklung einer Strategie der EU zur Förderung der Bildung von Kindern auf der ganzen Welt: Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (2021/2209(INI))

(2022/C 465/04)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 2 Absatz 2 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie Artikel 10 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

unter Hinweis auf die im Jahr 2015 verabschiedeten Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und den Bericht der Vereinten Nationen über die Ziele für nachhaltige Entwicklung von 2021,

unter Hinweis auf die Allgemeinen Bemerkungen des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes (1),

unter Hinweis auf die Leitlinien der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2009 für alternative Formen der Betreuung von Kindern,

unter Hinweis auf die globale Studie der Vereinten Nationen vom 11. Juli 2019 zu Kindern, denen die Freiheit entzogen wird,

unter Hinweis auf den Kurzbericht der Vereinten Nationen vom 15. April 2020 mit dem Titel „The impact of COVID-19 on children“ (Die Auswirkungen von COVID-19 auf Kinder) sowie auf die positive Reaktion darauf unter der gemeinsamen Federführung der EU und der Gruppe der lateinamerikanischen und karibischen Staaten, die von 173 Ländern unterzeichnet wurde,

unter Hinweis auf die politische Stellungnahme der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom 19. Oktober 2020 mit dem Titel „What is the impact of the COVID-19 pandemic on immigrants and their children?“ (Welche Auswirkungen hat die COVID-19-Pandemie auf Einwanderer und ihre Kinder?),

unter Hinweis auf das am 14. Dezember 1960 angenommene Übereinkommen der UNESCO gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen,

unter Hinweis auf die Broschüre von UNICEF, UNESCO und Weltbank mit dem Titel „Mission: Recovering Education in 2021“ (Auftrag zur Wiederbelebung der Bildung im Jahr 2021),

unter Hinweis auf Artikel 49 der Charta der Organisation Amerikanischer Staaten aus dem Jahr 1967,

unter Hinweis auf Artikel 11 der Afrikanischen Charta für die Rechte und das Wohl des Kindes aus dem Jahr 1990,

unter Hinweis auf Artikel 17 und Artikel 25 der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker aus dem Jahr 1981,

unter Hinweis auf Artikel 31 der Menschenrechtserklärung des Verbands südostasiatischer Nationen dem Jahr 2012,

gestützt auf Artikel 14 der Charta der Grundrechte der EU,

gestützt auf Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union,

unter Hinweis auf den Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen vom April 2021 mit dem Titel „Leaving No One Behind: Impact of COVID-19 on Sustainable Development Goals (SDGs)“ (Niemanden zurücklassen: Auswirkungen von COVID-19 auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung),

unter Hinweis auf die Europäische Garantie für Kinder,

unter Hinweis auf das Internationale Jahr für die Beseitigung der Kinderarbeit 2021 und den Null-Toleranz-Ansatz der Kommission gegenüber Kinderarbeit,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2019 zu den Rechten des Kindes anlässlich des 30. Jahrestags des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2021 zu dem Konflikt in Syrien zehn Jahre nach dem Aufstand (3),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Entwicklungsausschusses und des Ausschusses für Kultur und Bildung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0058/2022),

A.

in der Erwägung, dass weltweit fast fünf Millionen Menschen aufgrund der COVID-19-Pandemie ums Leben gekommen sind, was Regierungen in der ganzen Welt veranlasst hat, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung des COVID-19-Virus einzudämmen, darunter die Schließung von Schulen und die Beschränkung des Zugangs zu Bildungseinrichtungen;

B.

in der Erwägung, dass neue Varianten die COVID-19-Gesundheitskrise verschärfen, während Konflikte und andere Krisen, einschließlich der Klimakrise, weiterhin dazu führen, dass Kinder auf der ganzen Welt einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, unter das Mindestniveau an Kompetenzen zu fallen;

C.

in der Erwägung, dass der Zugang zu Bildung ein international anerkanntes grundlegendes Menschenrecht darstellt, das für die Ausübung anderer Menschenrechte unabdingbar ist; in der Erwägung, dass das Recht auf Bildung bedeutet, dass die Grundschulbildung verpflichtend und universell sowie für alle zugänglich ist;

D.

in der Erwägung, dass Schätzungen der UNICEF zufolge über 168 Millionen Kinder wegen der durch COVID-19-Ausgangssperren bedingten Schulschließungen ein ganzes Jahr an Bildung verloren haben und Daten der UNESCO zufolge der Unterricht für 800 Millionen Studenten weltweit erheblich eingeschränkt war, so dass sie durchschnittlich zwei Drittel eines akademischen Jahres verloren haben;

E.

in der Erwägung, dass seit März 2020 etwa 194 Länder aufgrund der COVID-19-Pandemie landesweit die Schulen schließen mussten, was sich weltweit auf mehr als 1,8 Milliarden Schüler ausgewirkt und ihnen den Zugang zu Bildung und anderen unverzichtbaren Leistungen, die Schulen bieten, versperrt hat; in der Erwägung, dass die Schulen in einigen Regionen noch immer geschlossen sind; in der Erwägung, dass die Schließung von Schulen dazu geführt hat, dass Kinder zunehmend Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt sind, auch im häuslichen Umfeld; in der Erwägung, dass sich teilweise oder vollständige Schulschließungen auf gefährdete und ausgegrenzte Kinder am stärksten auswirken, indem die bestehenden Unterschiede innerhalb der Bildungssysteme verstärkt und alle Aspekte ihres täglichen Lebens beeinträchtigt werden;

F.

in der Erwägung, dass nach Angaben von UNICEF ein Drittel der Kinder weltweit keinen Zugang zum Internet hat, was ein Hindernis für den Zugang zu Fernunterricht/digitalem Lernen darstellt; in der Erwägung, dass der Bedarf an Fernlern- und -lehrprogrammen auch nach der COVID-19-Pandemie bestehen bleiben wird, insbesondere in Ländern, die von Naturkatastrophen und Konflikten betroffen sind; in der Erwägung, dass e-Learning Lehrer vor neue Herausforderungen stellt, wenn es darum geht, Schülern das Lernen zu ermöglichen und die soziale Interaktion aufrechtzuerhalten; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie und die rasch auf den Weg gebrachten innovativen Maßnahmen zur Gewährleistung des kontinuierlichen Lernens von Kindern eine Gelegenheit darstellen, die Bildung zukunftsorientierter, inklusiver, flexibler und widerstandsfähiger zu gestalten; in der Erwägung, dass Fernunterrichtsprogramme für alle Kinder zugänglich sein müssen, wobei die sozioökonomischen Herausforderungen, mit denen Kinder konfrontiert sein können, sowie ihr mangelnder Zugang zum Internet, zu Rundfunkmedien oder zu digitalen Medien berücksichtigt werden müssen;

G.

in der Erwägung, dass sich die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie für die Eltern auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und den Zugang zur Bildung ihrer Kinder auswirken; in der Erwägung, dass Eltern im Zuge der Schulschließungen nicht auf Fernunterricht und Homeschooling vorbereitet waren; in der Erwägung, dass einige berufstätige Eltern ohne finanzielle Mittel oder Alternativen gezwungen waren, ihre Kinder allein zu Hause zu lassen, und dass andere, zumeist Frauen, aus dem Erwerbsleben gedrängt wurden, wodurch Familien in die Armut abgerutscht sind;

H.

in der Erwägung, dass mehr als 90 % aller Länder im Zuge der Notschließungen der Schulen eine Form des Fernunterrichts eingeführt haben; in der Erwägung, dass Fernunterricht vor allem Kindern in der Primar- und Sekundarstufe zugutekam, wohingegen Vorschulkinder Gefahr liefen, für die Grundschule nicht ausreichend vorbereitet zu sein;

I.

in der Erwägung, dass Schulkinder in der ganzen Welt seit Beginn der COVID-19-Pandemie bereits etwa 1,8 Billionen Stunden an Präsenzunterricht versäumt haben und weltweit mehr als 39 Milliarden Schulmahlzeiten aufgrund von Schulschließungen entfallen sind (4);

J.

in der Erwägung, dass die Welt bereits vor der COVID-19-Pandemie mit einer weltweiten Bildungskrise konfrontiert war, die nicht nur durch den erschwerten Zugang zu Bildung aufgrund von Armut, langen Wegen zur nächstgelegenen Schule, schädlichen geschlechtsspezifischen Normen, Diskriminierung schutzbedürftiger Gruppen, Umweltrisiken und Konflikten, sondern auch durch eine Beschulung verursacht war, die nicht notwendigerweise zum Lernen führt; in der Erwägung, dass sich durch die Pandemie die kritische Lage von Kindern in einigen Konfliktregionen verschärft hat, die häufig unter anderem durch zunehmende Unsicherheit, eine höhere Anfälligkeit für die Auswirkungen des Klimawandels und Angriffe auf Bildungseinrichtungen gekennzeichnet sind, und für Kinder somit ein erhöhtes Risiko besteht, für Konflikte rekrutiert zu werden, was eine schwerwiegende Verletzung der Rechte von Kindern und des humanitären Völkerrechts darstellt; in der Erwägung, dass 617 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit kein Mindestmaß an Lese (5)- und Rechenfähigkeiten erreichen können, auch wenn zwei Drittel von ihnen Schulen besuchen;

K.

in der Erwägung, dass durch COVID-19 die in den vergangenen 20 Jahren erzielten Erfolge im Bereich Bildung zunichtegemacht wurden; in der Erwägung, dass weitere 101 Millionen Kinder — 9 % der Schüler der 1. bis 8. Klasse — im Jahr 2020 nicht die Mindestanforderungen an die Lesekompetenz erfüllten (6);

L.

in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge bis 2030 weitere 825 Millionen Kinder das Erwachsenenalter nicht mit den Qualifikationen auf Sekundarstufenniveau erreichen werden, die sie für Arbeit und Leben benötigen; in der Erwägung, dass Millionen von Kindern und Jugendlichen, die regelmäßig zur Schule gegangen sind, nicht die Kenntnisse und Fähigkeiten entwickeln, die sie benötigen, um erfolgreich in den Arbeitsmarkt einzutreten, ihr volles Potenzial zu entfalten und einen Beitrag zu ihren Gemeinschaften zu leisten;

M.

in der Erwägung, dass Schulschließungen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben, da sie Kinder und Jugendliche daran hindern, die erforderlichen Fähigkeiten zu entwickeln, ihr volles Potenzial zu entfalten und sich auf das Leben vorzubereiten, was häufig zu Arbeitslosigkeit und in der Folge zu größerer Ungleichheit und damit zu weniger Chancen führt;

N.

in der Erwägung, dass nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit 11 Millionen Lernende der Primar- und Sekundarstufe, von denen 5,2 Millionen Mädchen sind, Gefahr laufen, nach der Schließung von Schulen im Zusammenhang mit COVID-19 nicht wieder an die Schule zurückkehren zu können (7); in der Erwägung, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schulabbruchs umso größer ist, je länger Kinder nicht zur Schule gehen; in der Erwägung, dass diese Situation droht, die Ergebnisse im Bereich der Bildung und bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, insbesondere der Ziele im Zusammenhang mit Armutsbekämpfung, Gesundheit und Wohlergehen sowie hochwertiger Bildung, zu untergraben;

O.

in der Erwägung, dass Schulschließungen unterschiedliche geschlechtsspezifische Auswirkungen haben und das Risiko einer Zunahme der Ungleichheit bergen; in der Erwägung, dass die Schließung von Schulen in Krisenzeiten Schätzungen zufolge zu einer Zunahme von Schwangerschaften im Teenageralter führen kann; in der Erwägung, dass Mädchen, die nicht zur Schule gehen, unverhältnismäßig stark dem Risiko von Früh- und Zwangsehen und sexueller Ausbeutung ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass es Schätzungen zufolge in den nächsten zehn Jahren zwei Millionen weitere Fälle von Genitalverstümmelung bei Frauen geben könnte; in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge eine beträchtliche Anzahl an Mädchen daran gehindert werden könnte, an die Schulen zurückzukehren, sobald diese wieder geöffnet sind, da aufgrund bestimmter diskriminierender politischer Maßnahmen schwangere Mädchen und junge Mütter vom Schulbesuch ausgeschlossen werden;

P.

in der Erwägung, dass weltweit 129 Millionen Mädchen nicht zur Schule gehen, davon 32 Millionen im Grundschulalter, 30 Millionen im Alter der Sekundarstufe I und 67 Millionen im Alter der Sekundarstufe II; in der Erwägung, dass weniger als die Hälfte der Länder weltweit Geschlechterparität bei der Wahrnehmung der Grundschulbildung erreicht hat; in der Erwägung, dass durch die Umstellung auf Fernunterricht bei Kindern, insbesondere bei Mädchen, aus den ärmsten und am stärksten gefährdeten Haushalten ein erhebliches Risiko besteht, dass sie die Schule dauerhaft abbrechen oder den Schulbesuch für längere Zeit aussetzen;

Q.

in der Erwägung, dass sich neun der zehn Länder, in denen es für Mädchen am schwierigsten ist, Bildung zu erhalten, südlich der Sahara liegen und dass es sich beim zehnten Land um Afghanistan handelt, wo die Taliban Mädchen am Schulbesuch nach der Grundschule hindern, indem sie die Wiederöffnung von Sekundarschulen lediglich für Jungen anordnen; in der Erwägung, dass aufgrund einer unklaren Politik der Taliban und ihrer vagen und nicht gehaltenen Versprechungen zur Bildung von Mädchen Millionen afghanischer Mädchen verständlicherweise Angst um ihre Bildung haben; in der Erwägung, dass mehrere internationale Initiativen von Hochschulen und Privatpersonen entstanden sind, die afghanischen Mädchen und Frauen Fernunterricht anbieten;

R.

in der Erwägung, dass nach Angaben mehrerer nationaler und regionaler Strafverfolgungsbehörden Kinder, die nicht zur Schule gehen — insbesondere Mädchen und Kinder aus benachteiligten Verhältnissen, wie z. B. Kinder aus Minderheitsgruppen, Kinder aus ländlichen Gebieten, indigene Kinder, Migrantenkinder, einschließlich Flüchtlingskindern, Kinder mit Behinderungen und Heimkinder sowie Kinder, die durch die COVID-19-Pandemie ihre Eltern und Großeltern verloren haben — unverhältnismäßig stark von Ausbeutung, Kinderarbeit und häuslicher Gewalt, einschließlich des Miterlebens von Gewalt, Online-Mobbing und anderen Straftaten wie sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, betroffen sind (8);

S.

in der Erwägung, dass nach Schätzungen der Weltbank zusätzlich zu den enormen sozialen Kosten die weltweite Schließung von Schulen über einen Zeitraum von fünf Monaten Lernrückstände mit einem Zeitwert von 10 Billionen USD verursachen könnte; in der Erwägung, dass Lernrückstände die Volkswirtschaften bis zu 161 Millionen USD pro Tag kosten können;

T.

in der Erwägung, dass die Schulschließungen leider unerlässlich waren, um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen; in der Erwägung, dass Schulen mehr sind als Orte, an denen Kinder lernen können, da es sich bei ihnen auch um Orte der Begegnung und Zentren für psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung handelt; in der Erwägung, dass laut UNESCO und UNICEF Schulschließungen nicht nur das Recht auf Bildung, sondern auch das Recht auf Gesundheit beeinträchtigen, da mehr als 80 Millionen Kinder aufgrund von Schulschließungen Impfungen für die Primärimmunisierung verpassen; in der Erwägung, dass Schulschließungen zur Folge haben, dass Lehrer nicht in der Lage sind, auf Anzeichen von Missbrauch oder mangelnder Betreuung seitens der Eltern zu achten; in der Erwägung, dass nach Angaben des UNICEF-Forschungsbüros Innocenti und des Welternährungsprogramms Schulschließungen auch das Recht auf gute Ernährung und den Zugang zu einer täglichen Mahlzeit beeinträchtigen; in der Erwägung, dass Schulspeisungsprogramme Anreize für die am stärksten benachteiligten Kinder darstellen können, in die Schule zurückzukehren; in der Erwägung, dass Schulschließungen das geistige Wohlbefinden von Kindern ernsthaft beeinträchtigen, da sie zu Hause Gewalt und Stress ausgesetzt sein können; in der Erwägung, dass Schulschließungen akute und lang anhaltende psychosoziale Folgen, darunter Depressionen, verstärkte Angstzustände und Selbstmord, haben können, da Kinder keine sozialen Kontakte mehr pflegen können;

U.

in der Erwägung, dass Schulabbrüche die soziale Ungleichheit verstärken und die Stabilität und den Wohlstand von Ländern beeinträchtigen und dadurch die Zukunft von Millionen von Kindern in der Welt gefährden und eine gesamte Generation stark beeinträchtigen können; in der Erwägung, dass sich Bildung als wesentlich erwiesen hat, um Extremismus bei und der Radikalisierung von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken;

V.

in der Erwägung, dass laut dem Bildungsbericht des UNHCR aus dem Jahr 2021 die Hälfte aller Flüchtlingskinder nicht die Schule besucht; in der Erwägung, dass Flüchtlingskinder keinen Zugang zum Fernunterricht haben; in der Erwägung, dass die Lebensbedingungen von Flüchtlingskindern, die — insbesondere in Flüchtlingslagern — auf engstem Raum leben, häufig die Verbreitung des Virus begünstigen und die Einhaltung der Hygienevorschriften beeinträchtigen; in der Erwägung, dass die COVID-19-Situation in den Lagern für Kinder eine Krise darstellt, da viele Kinder oft schon in ihren ersten Lebensjahren ein geschwächtes Immunsystem oder gesundheitliche Vorbelastungen haben, sodass für sie ein höheres Risiko besteht, bei einer Ansteckung mit diesem tödlichen Virus einen schwereren Verlauf zu haben; in der Erwägung, dass die meisten Flüchtlingslager nicht über geeignete Gesundheitsdienste verfügen, um den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien angemessen gerecht zu werden;

W.

in der Erwägung, dass Länder mit niedrigem Einkommen von der ungleichen Verteilung von COVID-19-Impfstoffen weltweit unverhältnismäßig stark betroffen sind;

1.

würdigt die Arbeit von Lehrkräften, aller Arten von Pädagogen sowie des Unterstützungspersonals, die sich rasch an die Lage der COVID-19-Pandemie angepasst und die Fortsetzung des Lernprozesses für Kinder und Jugendliche sichergestellt haben; begrüßt die Initiativen internationaler und lokaler Organisationen der Zivilgesellschaft sowie privater Bürger und Unternehmen, Kindern Informations- und Kommunikationstechnologie, Fernunterricht und sonstiges Lernmaterial zur Verfügung zu stellen, insbesondere in Ländern, in denen Kinder einen eingeschränkten Zugang zu Fernunterricht oder überhaupt keinen Zugang zu Unterricht haben; fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die Mitgliedstaaten dringend auf, bei den weltweiten Bemühungen um eine Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Zugang zu Bildung für Kinder einen kinderrechtsbasierten Ansatz zu fördern, der auf den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, des Handelns im Interesse des Kindeswohls und der Teilhabe von Kindern beruht;

2.

nimmt zur Kenntnis, dass Bildung ein Querschnittsthema ist, das für alle Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung von Bedeutung ist;

3.

begrüßt die auf der UNESCO-Weltkonferenz zum Thema „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ im Jahr 2021 eingegangenen Verpflichtungen und die Annahme der Berliner Erklärung; beharrt darauf, dass eine hochwertige Bildung für alle Kinder als Voraussetzung für die Verwirklichung sämtlicher Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals — SDG) sichergestellt wird, und betont, wie wichtig es ist, Bildung für nachhaltige Entwicklung auf allen Ebenen der allgemeinen und beruflichen Bildung von der frühen Kindheit bis zur Tertiär- und Erwachsenenbildung, einschließlich der beruflichen Aus- und Weiterbildung, der nichtformalen Bildung und des informellen Lernens, einzubeziehen;

4.

fordert die EU nachdrücklich auf, eine führende Rolle als Bildungsmacht einzunehmen, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, ihre Fähigkeit, die Bildung von Kindern weltweit zu unterstützen, in vollem Umfang wahrzunehmen und ihren Überzeugungen in dieser Frage Geltung zu verschaffen; unterstreicht die zentrale Rolle des künftigen europäischen Bildungsraums, der eine wichtige Gelegenheit für eine stärkere internationale Zusammenarbeit zur Schaffung von Synergien im Bereich der Bildung über Europa hinaus bietet, um gemeinsame Ansätze und Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu entwickeln; fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Anstrengungen zu intensivieren, um eine diesbezügliche Strategie mit einem klaren Konzept und klaren Zielen festzulegen;

5.

betont, wie wichtig es ist, das Recht von Kindern auf Bildung zu garantieren und jedem Kind die Möglichkeit zu geben, wieder zur Schule zu gehen, und fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Behörden von Drittländern dabei zu unterstützen, der Wiedereröffnung von Schulen in ihren Konjunkturprogrammen Vorrang einzuräumen, wozu auch gehört, Lehrer zu unterstützen, damit sie Kindern dabei helfen können, ihren Lernrückstand aufzuholen, und das Wohlbefinden von Kindern zu fördern, da Schulen für das Lernen, die Sicherheit, die Gesundheit, die Ernährung und das allgemeine Wohlbefinden von Kindern unerlässlich sind; fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Behörden von Drittländern dabei zu unterstützen, sicherzustellen, dass alle Kinder ihr Recht auf Grundschulbildung genießen können, und Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Sekundarschulbildung verfügbar und zugänglich ist; fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten außerdem dazu auf, die Behörden von Drittländern bei der Entwicklung und Umsetzung von digitalen Lehr- und Lernmethoden zu unterstützen und für Internetzugang für alle zu sorgen;

6.

ist der Auffassung, dass die Verbesserung der Mobilisierung nationaler Ressourcen, der Schutz und die deutliche Erhöhung der nationalen Ausgaben in den sozialen Sektoren, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitswesen, sowie die Verbesserung der Qualität dieser Ausgaben in den nationalen Konjunkturprogrammen und den von der EU und den internationalen Finanzinstitutionen durchgeführten Hilfsprogrammen vorrangig in Angriff genommen werden müssen; beharrt in diesem Zusammenhang auf der Gewährleistung einer gerechten Zuweisung und Finanzierung, damit benachteiligte, verarmte und ausgegrenzte Kinder — mit besonderem Augenmerk auf Mädchen –, junge Menschen und Familien nicht zurückbleiben; hebt hervor, dass das Wohl des Kindes die Richtschnur für alle Anstrengungen, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Zugang zur Bildung abzumildern, sein und bei solchen Maßnahmen das Recht der Kinder auf Information, Mitwirkung und die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen, geachtet werden muss;

7.

betont, dass die soziale Lage der Eltern berücksichtigt und die Familien unterstützt werden müssen, deren Einkommen aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie gesunken sind;

8.

stellt fest, dass eine hochwertige Bildung eine Priorität der öffentlichen Entwicklungshilfe der EU und der Mitgliedstaaten sein muss;

9.

stellt fest, dass Vertreibung dazu führt, dass immer mehr zu Menschen Flüchtlingen werden; fordert die Kommission auf, die Vermittlung von Kompetenzen in Flüchtlingslagern und eine ausgeprägte Bildungsförderung zu Gunsten von Flüchtlingen und Vertriebenen zu unterstützen, wenn es um ihre Integration und die Aufnahme einer einkommenswirksamen Tätigkeit geht;

10.

ist besorgt über die finanziellen Auswirkungen, die die Pandemie nach wie vor auf die Bildungsfinanzierung hat, weil die Mehrheit der UNESCO-Mitgliedstaaten die Schwelle von 4 bis 6 % des BIP bzw. 15 bis 20 % der öffentlichen Ausgaben noch nicht erreicht hat;

11.

hebt die Ungerechtigkeit bei den Anstrengungen zur Bekämpfung der Pandemie hervor, die auf den ungleichen Zugang zu Impfstoffen zurückzuführen ist, der wiederum ungleiche Schutzmöglichkeiten zur Folge hat; betont, dass die Pandemie nur auf globaler Ebene beendet werden kann und Impfstoffe allen zugänglich sein müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Beiträge zur und die allgemeine Wirksamkeit der COVAX-Fazilität der Vereinten Nationen zu erhöhen, um zu gewährleisten, dass Drittländer hinreichend Zugang zu COVID-19-Impfstoffen haben, damit sie nationale COVID-19-Impfkampagnen durchführen können, die mit den Leitlinien der zuständigen nationalen Gesundheitsbehörden und der Weltgesundheitsorganisation im Einklang stehen, um eine rasche Rückkehr in die Schulen sicherzustellen; fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, eng mit ihren transatlantischen Verbündeten und internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, um die weltweite Versorgung mit COVID-19-Impfstoffen zu erhöhen, eine gerechte Verteilung an die bedürftigsten Länder und Bevölkerungsgruppen sicherzustellen und darauf hinzuwirken, dass der weltweite Zugang zu erschwinglichen medizinischen Produkten im Zusammenhang mit COVID-19 verbessert wird und weltweite Produktionsbeschränkungen und Versorgungsengpässe angegangen werden;

12.

fordert die EU nachdrücklich auf, gemeinsam mit den USA und anderen Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO) die Produktion und das Spektrum der Lieferoptionen auszuweiten, um einen gleichberechtigten Zugang zu Diagnostik, Impfstoffen, Therapeutika und anderen einschlägigen Gesundheitsprodukten sicherzustellen, die zur Eindämmung, Verhütung und Behandlung von COVID-19 benötigt werden, und dafür zu sorgen, dass diese Ziele bis zur 12. Ministerkonferenz der WTO erreicht werden;

13.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Behörden von Drittstaaten bei der Finanzierung und Umsetzung der Abläufe für einen „sicheren Schulbesuch“ zu unterstützen, wozu auch die Bereitstellung von Hygieneartikeln und der Weitergabe von Informationen über Handwaschmittel und andere Hygienemaßnahmen sowie die Fortsetzung der Ernährungsdienste für Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter gehören; betont, dass Schulmahlzeiten und sauberes Wasser eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Ernährung, des Wachstums und der Entwicklung von Kindern spielen, da sie einen starken Anreiz für Kinder — insbesondere Mädchen und Kinder aus den ärmsten und am stärksten ausgegrenzten Gemeinschaften — darstellen, in die Schule zurückzukehren, sobald die Einschränkungen aufgehoben sind; hebt in diesem Zusammenhang die zentrale Rolle hervor, die Lehrkräfte und Akteure der Zivilgesellschaft, einschließlich religiöser Organisationen, Religionsgemeinschaften und nichtstaatlicher Organisationen, bei der Gesundheitsförderung und der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sowie bei der Unterstützung von Kindern und ihren Familien bei der Bewältigung der Herausforderungen und Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Gesundheitskrise, bei der Verbesserung ihres Wohlbefindens und bei der Bereitstellung von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen spielen können;

14.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Behörden von Drittländern bei der Erstellung von Risikominderungs- und Managementplänen im Bereich Bildung durch Resilienzplanung zu unterstützen; betont, wie wichtig es ist, jetzt Notfallpläne und Krisenreaktionspläne zu entwickeln und zu gewährleisten, um das Risiko der Übertragung von COVID-19 in Schulen zu verringern und die Auswirkungen von Schulschließungen auf Kinder und deren Familien, insbesondere auf die ärmsten und am stärksten marginalisierten Kinder sowie Kinder mit schweren Behinderungen, so gering wie möglich zu halten; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass Kinder in von Konflikten betroffenen Gebieten und ihr Zugang zu hochwertiger Bildung Vorrang erhalten muss;

15.

betont, dass Schulschließungen Auswirkungen auf die beruflichen Pflichten von Eltern haben könnten, wenn sie sich gleichzeitig um ihre Kinder kümmern müssen; hebt hervor, dass es wichtig ist, berufstätigen Eltern geeignete Ressourcen und Orientierungshilfen in Bezug auf Fernunterricht, außerschulische Aktivitäten und psychologische Unterstützungsmethoden zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Arbeit von zu Hause aus und das Homeschooling miteinander in Einklang bringen können;

16.

betont, wie wichtig es ist, Kindern und Familien, die sich in Selbstisolation begeben müssen, pädagogische und psychosoziale Unterstützung zukommen zu lassen, um das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten und Stress und Ängste zu Hause zu verringern;

17.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Behörden von Drittländern dabei zu unterstützen, proaktiv Leitlinien zu bewährten Verfahren im Bereich des Fernunterrichts herauszugeben und dafür zu sorgen, dass geeignete und sichere Instrumente, Lehrpläne und Technologien eingesetzt und Kindern aus einkommensschwachen Familien, Kindern aus ländlichen Gebieten, indigenen Kindern und Migrantenkindern, marginalisierten Kindern, Kindern mit Behinderungen oder Lernschwierigkeiten, Kindern in alternativer Betreuung, Kindern in Internierungslagern sowie Kindern, die in abgelegenen Gebieten oder in Umgebungen, in denen sie ihrer Freiheit beraubt sind oder in denen der Internetzugang nicht allgegenwärtig ist, leben, zugänglich gemacht werden; unterstreicht das Potenzial von digitalem Lernen, um Bildungseinrichtungen in die Lage zu versetzen, alle Kinder schnell und großflächig zu erreichen und gleichzeitig Partnerschaften zu fördern und mit einem breiten Spektrum von Akteuren aus der Zivilgesellschaft sowie dem öffentlichen und privaten Sektor zusammenzuarbeiten; betont jedoch, dass Investitionen in digitales Lernen die digitale Kluft verringern und kontextspezifisch sein, dem Kindeswohl Rechnung tragen und nicht zu Lasten der Infrastruktur und des Personals für die Grundbildung sowie des Präsenzunterrichts gehen sollten; weist jedoch darauf hin, dass der Zugang zu digitalen Technologien während der Pandemie noch immer nicht einheitlich bzw. weit verbreitet war; ist der Ansicht, dass es in diesem Bereich sowohl in Bezug auf die Ausbildung als auch in Bezug auf die Finanzierung erheblicher Investitionen bedarf; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Lehrern, Eltern und Schülern weiterhin zugängliche Bildungsressourcen und einen offenen Zugang zu digitalen Werkzeugen bereitzustellen; betont in diesem Zusammenhang, dass bei allen digitalen Tools die Privatsphäre der Kinder und der Schutz Personen bezogener Daten garantiert sein muss und auf geschlechtergerechte Inhalte und die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Kindern geachtet werden muss;

18.

fordert die Kommission und den EAD auf, im Einklang mit dem Richtwert von 10 % für Bildung im Rahmen des Instruments „Europa in der Welt“ weiterhin eine solide Finanzierung der Bildung durch alle verfügbaren Finanzierungsinstrumente der EU bereitzustellen und mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber aktuellen und künftigen Krisen zu erhöhen;

19.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Behörden von Drittländern bei der Sicherstellung einer angemessenen Betreuung für Kinder zu unterstützen, unter anderem durch die Einführung eines Notfallplans für die Betreuung von Kindern, welche wegen schwerer COVID-19-Fälle bei erwachsenen Betreuungspersonen, die einen Krankenhausaufenthalt erfordern, zu Waisen werden oder nicht mehr angemessen betreut werden;

20.

fordert die Kommission auf, im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt eine Verbindung zwischen möglichen Maßnahmen zur Verringerung des Investitionsrisikos und der finanziellen Unterstützung herzustellen, wenn es um den Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung und insbesondere die Schaffung einer angemessenen Infrastruktur und Ausbildung für Lehrkräfte geht;

21.

fordert die Kommission und den EAD auf, die Regierungen von Drittländern beim Aufbau und der Weiterentwicklung geschlechtergerechterer und inklusiver Bildungssysteme sowie bei der Bekämpfung aller Formen geschlechtsbezogener Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu unterstützen; weist darauf hin, dass der Zugang von Frauen zu Bildung von den Vereinten Nationen als Grundrecht anerkannt wurde; ist der Ansicht, dass die Förderung der Bildung von Mädchen und die Unterstützung der Teilhabe von Frauen an Bildung und Laufbahnen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) für die EU und die internationale Entwicklungsgemeinschaft ein zentrales politisches Ziel sein sollte; beharrt in diesem Zusammenhang darauf, dass Mädchen in der Lage sein müssen, ihre Bildung abzuschließen und Zugang zu altersgerechten Informationen und Dienstleistungen ohne Diskriminierung und geschlechtsspezifische Verzerrung zu erhalten, und dabei die gleichen Möglichkeiten haben müssen, ihr Potenzial zu nutzen; betont, dass dringend geschlechtsspezifische Hemmnisse bei der Bildung, wie etwa Gesetze, Maßnahmen und nachteilige soziale und kulturelle Normen, die Mädchen daran hindern, im Fall von Schwangerschaft, Ehe oder Mutterschaft ihre Ausbildung fortzusetzen, beseitigt werden müssen; fordert dazu auf, geschlechtsspezifische Stereotypen und schädliche soziokulturelle Normen durch Bildung zu bekämpfen und Gewalt durch geschlechtersensible Bildungsprogramme, zu verhindern;

22.

verurteilt den Umstand, dass Millionen von Mädchen weltweit keinen Zugang zu Bildung haben, wodurch sie in Abhängigkeit geraten und einem höheren Risiko von Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt sind, insbesondere in Fällen, in denen Frauen und Mädchen von den Machthabern systematisch der Zugang zu Bildung, Arbeit und öffentlichem Leben verwehrt wird; lehnt den Missbrauch und die Instrumentalisierung jeglicher Praxis ab, bei der es zu Diskriminierung beim Zugang zu Bildung kommt und die Schließung von Schulen erzwungen wird; fordert eine Ende derartiger Praktiken und die Wiederöffnung aller Schulen für Mädchen und Frauen;

23.

fordert die Kommission und den EAD auf, die Erfolge der letzten 20 Jahre bei der Bildung von Frauen und Mädchen in Afghanistan zu wahren und auszubauen; ruft dringend dazu auf, die erforderlichen Mittel im Rahmen des humanitäre Hilfepakets der EU für Afghanistan bereitzustellen, damit internationale und lokale Organisationen die Wiederöffnung der Bildungseinrichtungen für Frauen und Mädchen ermöglichen und Fernunterrichtsprogramme als vorübergehende Maßnahme entwickeln können; fordert, dass der Bildung von afghanischen Kindern und jungen Menschen in Ländern, die afghanische Flüchtlinge aufgenommen haben, ähnliche Aufmerksamkeit gewidmet wird;

24.

betont, dass das Recht auf Bildung und Information über sexuelle und reproduktive Gesundheit, Familienplanung, moderne Verhütungsmethoden, sichere und legale Abtreibung sowie Gesundheitsversorgung von Müttern und vor- und nachgeburtliche Betreuung für alle Menschen sichergestellt sein muss;

25.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten sowie die nationalen Regierungen von Drittländern auf, spezifische Programme zu entwickeln, um die psychische Gesundheit und die psychosozialen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Kinder, Lehrer und ihre Gemeinschaften zu bewältigen und abzumildern, und spezifische präventive Kampagnen für Kinder, Eltern und Lehrer zu konzipieren, die über die Risiken bei der Internetnutzung, darunter Belästigung, illegaler Handel, sexueller Missbrauch und Mobbing im Internet, informieren, und spezielle Pläne zur Unterstützung von Kindern, die Opfer dieser Praktiken geworden sind, sowie ihrer Eltern zu fördern;

26.

betont die Notwendigkeit altersgerechter, evidenzbasierter, umfassender Sexualerziehungsprogramme, um die Anfälligkeit von Mädchen und jungen Frauen für Frühgeburten und ungewollte Schwangerschaften, Kinderheirat, Prostitution, HIV-Übertragung und geschlechtsspezifische Gewalt zu verringern;

27.

stellt fest, dass das Verhältnis von Schülern zu ausgebildeten Fachkräften in der Region südlich der Sahara trotz der vielfältigen Bemühungen der EU und der von ihr bereitgestellten Unterstützung nach wie vor hoch ist; hebt den regionalen Durchschnitt von 58 Schülern pro ausgebildetem Lehrer in der Primarstufe und 43 Schülern pro ausgebildetem Lehrer in der Sekundarstufe hervor; weist darauf hin, dass viele Entwicklungsländer Schwierigkeiten haben, Ressourcen effizient zu nutzen, und dass eine Erhöhung der Bildungsausgaben häufig nicht dazu führt, dass mehr Wissen erworben wird und das Bildungsniveau allgemein steigt; unterstreicht die Rolle der Lehrer auf allen Ebenen bei der Förderung des Lernens, die Bedeutung von Technologien für das Lernen und die effiziente Verwaltung von Schulen und Bildungssystemen in diesen Ländern; weist darauf hin, dass nach Angaben der UNESCO mindestens 15 Millionen Lehrkräfte eingestellt werden müssen, um die bildungsbezogenen Vorgaben in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara bis 2030 entsprechend Ziel Nr. 4 der SDG zu verwirklichen;

28.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten auf, die Behörden der Partnerländer bei der Bewältigung der Herausforderungen in ihren Bildungssystemen zu unterstützen, um sie in die Lage zu versetzen, künftigen Krisen standzuhalten, und die Systeme widerstandsfähiger und inklusiver zu gestalten sowie Programme zum Aufholen von Lernrückständen umzusetzen und Bildungsetats zu schützen, indem gezielte Investitionen in hochwertige, erschwingliche und inklusive Bildung getätigt werden, einschließlich Investitionen in Bildungstechnologie, Lehrerausbildung und andere Ressourcen, um sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche nicht ihre Chancen verpassen, später in den Arbeitsmarkt einzutreten, wobei dem Bildungsbedarf und dem Recht auf Bildung jedes Kindes Rechnung zu tragen ist; betont, dass Fernunterrichtsprogramme für künftige Krisen unterschiedliches Lernmaterial, einschließlich gedrucktes Material, umfassen müssen, um für die am stärksten benachteiligten und ausgegrenzten Kinder zugänglich zu sein;

29.

begrüßt die Pariser Erklärung der UNESCO mit dem Titel „Global call for investing in the futures of education“ (Weltweiter Aufruf, Investitionen in die Zukunft der Bildung zu tätigen); fordert Länder auf der ganzen Welt nachdrücklich auf, Bildung als Investition und nicht als Aufwand zu betrachten; ist der Auffassung, dass angemessene und wirksame finanzielle Unterstützung im Bildungsbereich eine Voraussetzung für die Beseitigung von Armut und die Verbesserung des Wohlbefindens ist, insbesondere in einer Zeit, in der öffentliche Mittel durch den miteinander im Konkurrenzkampf stehenden Bedarf in stark beeinträchtigten Bereichen wie Gesundheit und Bildung immer knapper werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Finanzierung der Bildung im Rahmen ihrer internationalen Entwicklungs- und Hilfsstrategien deutlich aufzustocken;

30.

betont, dass junge Menschen das wertvollste Gut sind, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Entwicklung in den Entwicklungsländern anzukurbeln;

31.

weist darauf hin, dass sich die internationale Gemeinschaft verpflichtet hat, die Qualität der Bildung bis 2030 zu verbessern (SDG 4);

32.

fordert, dass der internationale Bildungsaustausch von jungen Menschen in Afrika und der EU durch Programme wie Erasmus und Erasmus für junge Unternehmer verstärkt wird, um Jungunternehmer darin zu unterstützen, die notwendige Fähigkeiten zur Führung von Unternehmen zu erlangen;

33.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die COVID-19-Gesundheitskrise die Lage der in Lagern in Syrien inhaftierten Personen verschärft hat, und unverzüglich alle europäischen Kinder, die sich in diesen Lagern befinden, rückzuführen und dafür zu sorgen, dass dem Kindeswohl Vorrang eingeräumt wird;

34.

betont, wie wichtig es ist, die berufliche Bildung und Programme des zweiten Bildungswegs in die Konjunkturprogramme aufzunehmen, um Kindern und Jugendlichen den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu erleichtern; fordert die Kommission, den EAD, die Mitgliedstaaten und Drittländer auf, erstrebenswerte Zukunftsperspektiven für junge Menschen zu bieten;

35.

betont, dass die Investitionen in die allgemeine und berufliche Bildung mit einer Unterstützung der Schaffung von Arbeitsplätzen einhergehen müssen, um die Zukunftsaussichten der nächsten Generation junger Menschen in Afrika und anderen Entwicklungsregionen zu verbessern; weist auf die besondere Bedeutung öffentlich-privater Partnerschaften für die Verwirklichung des Ziels Nr. 8 der Ziele für nachhaltige Entwicklung zum Zugang zu menschenwürdiger Arbeit hin; hebt die Bedeutung der Sekundarbildung und der beruflichen Bildung hervor, die für die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen und eine nachhaltige Entwicklung äußerst wichtig sind; weist ferner darauf hin, dass der wachsende Bevölkerungsanteil junger Menschen Afrikas in erster Linie die Unterstützung einer hochwertigen Bildung und die Förderung der beruflichen Fähigkeiten benötigt, um die Mobilität und den Zugang zu Märkten und Rechten zu verbessern;

36.

fordert die EU auf, Investitionen in die berufliche Bildung und das lebenslange Lernen sowie die Stärkung der Bildungsstrukturen in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor zu fördern, damit das Humankapital erschlossen werden kann;

37.

unterstreicht die Bedeutung der fortlaufenden beruflichen Weiterbildung und der verbesserten finanziellen Unterstützung für Lehrkräfte, um sie in die Lage zu versetzen, Lernrückstände bei ihren Schülern aufzuholen und auf deren individuelle soziale Umstände, familiäre Situation und psychische Verfassung einzugehen sowie digitale Technologien in ihren Unterricht einzubeziehen; betont, dass dringend die COVID-19-Wiederaufbaumittel und die beschleunigten innovativen Maßnahmen, die zur Sicherstellung des Fernunterrichts während der Pandemie eingesetzt wurden, genutzt werden müssen, um die Bildung neu zu konzipieren und Systeme aufzubauen, die zukunftsorientierter, inklusiver, flexibler und widerstandsfähiger sind; ist der Auffassung, dass mit diesen neuen Ansätzen Lernrückstände aufgeholt, Schulabbrüche verhindert und das soziale und emotionale Wohlergehen von Schülern, Lehrern und sonstigem Personal sichergestellt werden muss;

38.

unterstreicht die Rolle der nichtformalen und informellen Bildung, der politischen Bildung und der Freiwilligentätigkeit; fordert die Kommission auf, Drittländer bei der Verbesserung der Anerkennung persönlicher Kompetenzen zu unterstützen; besteht auf der Förderung von Solidarität und Mentoring zwischen den Generationen, um Ungleichheiten, Ausgrenzung und Schulabbrüche zu verringern;

39.

fordert, dass der weltweite Wissensaustausch und die weltweite Mobilität auf allen Bildungsebenen sowie zwischen und innerhalb von Ländern und Regionen beschleunigt werden, wobei die komplexe und umstrittene Geschichte der globalen Beziehungen anerkannt und betont werden muss, wie wichtig es ist, das Erbe, die kulturelle Identität, die Geschichte, die Kunst und die Weltbürgerschaft durch Bildung zu fördern; weist diesbezüglich auf das Potenzial einer Kombination von Online-Austausch und Reisen hin;

40.

betont, wie wichtig es ist, Sensibilisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dem Umweltschutz sowie deren Auswirkungen auf Kinder und künftige Generationen zu entwickeln und zu stärken; fordert, dass Umwelterziehung zu einem Kernbestandteil der Lehrpläne der Schulen gemacht wird;

41.

betont die wichtige Rolle des Sportunterrichts in Schulen, da körperliche Betätigung und eine gesunde Lebensweise entscheidend für die Verbesserung der Gesundheit der Lernenden sind; fordert die Kommission und den EAD auf, die nationalen Staatsorgane bei der Gewährleistung ausreichender und sicherer Sporteinrichtungen in Schulen und sowie bei der Ausbildung qualifizierter Sportlehrer zu unterstützen;

42.

weist darauf hin, dass die Synergien zwischen Kultur und Bildung genutzt werden müssen, um nachhaltige, inklusive und widerstandsfähige Gesellschaften zu schaffen; fordert die Kommission und den EAD in diesem Zusammenhang auf, die nationalen Staatsorgane bei der Einbeziehung von Kunst und Kultur in die Lehrpläne der Schulen und in außerschulische Aktivitäten zu unterstützen, um die Bildungs- und Lernerfahrungen von Lernenden in Drittländern zu bereichern;

43.

ist der Ansicht, dass die nationalen Regierungen — und ihre zuständigen nationalen, regionalen und lokalen Behörden — mit Kindern auf kindgerechte Weise kommunizieren müssen, um die Maßnahmen zu erläutern, die zur Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19 ergriffen worden sind, um über die Auswirkungen, Risiken und Gefahren durch COVID-19 aufzuklären und um den Kindern ihre Rechte mitzuteilen;

44.

betont, wie wichtig es für Kinder ist, insbesondere durch Präsenzunterricht Kompetenzen zu erwerben, die sie in die Lage versetzen, sich ihr gesamtes Leben lang weiterzuentwickeln, z. B. was persönliche Beziehungen, Lernkompetenzen, Einfühlungsvermögen und Zusammenarbeit betrifft; betont, wie wichtig es für Kinder ist, Spiel- und Freizeitaktivitäten als zentrales Element ihrer Entwicklung wahrnehmen zu können, was in Artikel 31 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes anerkannt wird; fordert, dass Schritte eingeleitet werden, um die Zugänglichkeit von Freizeit- und Kulturaktivitäten für Kinder zu verbessern, und zwar sowohl als Recht an sich als auch als Mittel zur Verbesserung der psychischen Gesundheit und ihres allgemeinen Wohlbefindens;

45.

bekräftigt seine Forderung an alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, die dies noch nicht getan haben, das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes zu ratifizieren, und betont, wie wichtig es ist, diesem zentralen Menschenrechtsinstrument weltweit Wirksamkeit zu verleihen;

46.

betont, dass die Folgen der während der Krise umgesetzten Initiativen angemessen bewertet, weiterverfolgt und überwacht werden müssen, um Lücken und Defizite zu ermitteln und festzulegen, wie sie beseitigt werden können;

47.

verpflichtet sich, Bildung zu einem zentralen Diskussionsthema im Rahmen der Arbeit der parlamentarischen Delegationen zu machen, insbesondere durch paritätische parlamentarische Versammlungen wie die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU;

48.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  Insbesondere die Allgemeine Bemerkung Nr. 5 zu allgemeinen Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes; Nr. 6 zur Behandlung unbegleiteter und von ihren Familien getrennter Kinder außerhalb ihres Herkunftslandes; Nr. 10 zu Rechten des Kindes in der Jugendgerichtsbarkeit; Nr. 12 zum Recht des Kindes, gehört zu werden; Nr. 13 zum Recht des Kindes auf Schutz vor allen Formen der Gewalt; Nr. 14 zum Recht des Kindes auf Berücksichtigung seines Wohls als ein vorrangiger Gesichtspunkt; Nr. 15 zum Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit; und Nr. 16 zu den Verpflichtungen der Staaten in Bezug auf die Auswirkungen der Wirtschaft auf Kinderrechte.

(2)  ABl. C 232 vom 16.6.2021, S. 2.

(3)  ABl. C 474 vom 24.11.2021, S. 130.

(4)  UNICEF-Forschungsinstitut, COVID-19: Missing More Than a Classroom — The impact of school closures on children’s nutrition, January 2021 (COVID 19: Es fehlt mehr als nur ein Klassenzimmer — Die Auswirkungen von Schulschließungen auf die Ernährung von Kindern, Januar 2021.).

(5)  UNESCO, Fact Sheet No. 46, More Than One-Half of Children and Adolescents Are Not Learning Worldwide (Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen weltweit hat keinen Zugang zu Bildung), September 2017.

(6)  Bericht der Vereinten Nationen über die Ziele für nachhaltige Entwicklung von 2021, 15. Juli 2021.

(7)  UNESCO, How many students are at risk of not returning to school?, 30. Juli 2020.

(8)  Pressemitteilung von Europol vom 19. Juni 2020 mit dem Titel „Exploiting Isolation: Sexual Predators Increasingly Targeting Children during COVID Pandemic“ (Ausnutzung der Isolation: Sexualstraftäter haben es während der COVID-19-Pandemie vermehrt auf Kinder abgesehen).


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/54


P9_TA(2022)0139

Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen durch Unternehmertum und Selbstständigkeit

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zur Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen durch Unternehmertum und Selbstständigkeit (2021/2080(INI))

(2022/C 465/05)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Artikel 21 Absatz 1, Artikel 23 und Artikel 33 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025“ (COM(2020)0152),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ (COM(2020)0103),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 1. Juli 2020 mit dem Titel „Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“ (COM(2020)0274),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2021 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030“ (COM(2021)0101),

unter Hinweis auf die Studie der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien der Kommission von 2020 mit dem Titel „Women in the Digital Age“ (Frauen im digitalen Zeitalter),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2016 zu externen Faktoren, die Hindernisse für weibliches Unternehmertum darstellen (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2016 zur Gleichstellung der Geschlechter und Stärkung von Frauen im digitalen Zeitalter (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Oktober 2017 zur Stärkung der wirtschaftlichen Stellung der Frau im Privatsektor und im öffentlichen Sektor in der EU (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2018 zur Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen durch die Digitalwirtschaft (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zur Überwindung der digitalen Kluft zwischen den Geschlechtern: die Teilhabe von Frauen an der digitalen Wirtschaft (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der geschlechtsspezifischen Sichtweise in der COVID-19-Krise und der Zeit danach (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Juni 2021 über die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Ausbildung und Beruf im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) (8),

unter Hinweis auf die im Mai 2019 von der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten der Generaldirektion Interne Politikbereiche der Union veröffentlichte Studie mit dem Titel „The Professional Status of Rural Women in the EU“ (Der berufliche Status von Frauen in den ländlichen Gebieten der EU),

unter Hinweis auf die 2014 von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Direktion Beschäftigung, Arbeit und Soziale Angelegenheiten, veröffentlichte Studie mit dem Titel „Enhancing Women’s Economic Empowerment through Entrepreneurship and Business Leadership in OECD Countries“ (Förderung der wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen durch Unternehmertum und Unternehmensführung in OECD-Ländern),

unter Hinweis auf die von der OECD im Jahr 2020 veröffentlichte Studie mit dem Titel „International Survey of Adult Financial Literacy“ (Studie zur finanziellen Bildung von Erwachsenen),

unter Hinweis auf das zweite Kapitel der Studie mit dem Titel „The Missing Entrepreneurs 2019: Policies for Inclusive Entrepreneurship“ (Die fehlenden Unternehmer 2019: Maßnahmen für inklusives Unternehmertum), die von der OECD im Dezember 2019 veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf den Geschlechtergleichstellungsindex des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE),

unter Hinweis auf Artikel 6 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

unter Hinweis auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG),

unter Hinweis auf den Fortschrittsanzeiger in Bezug auf Frauen in digitalen Branchen (Women in Digital Scoreboard),

unter Hinweis auf die im Mai 2020 von der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten der Generaldirektion Interne Politikbereiche veröffentlichte Studie mit dem Titel „Women’s entrepreneurship and self-employment, including aspects of gendered Corporate Social Responsibility“ (Unternehmertum und Selbstständigkeit bei Frauen, einschließlich Aspekten der geschlechtsspezifischen sozialen Verantwortung der Unternehmen),

unter Hinweis auf die im Juni 2020 von der Europäischen Investitionsbank veröffentlichte Studie mit dem Titel „Funding women entrepreneurship — How to Empowerment growth“ (Finanzierung von Unternehmerinnen — Möglichkeiten zur Wachstumsförderung),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (A9-0096/2022),

A.

in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein grundlegender Wert und ein zentrales Ziel der EU sowie eine Grundvoraussetzung für die uneingeschränkte Wahrnehmung der Menschenrechte durch Frauen und Mädchen und für ihre Selbstbestimmung, die Entfaltung ihres vollen Potenzials sowie für das Erreichen einer tragfähigen, inklusiven Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist; in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Diskriminierung auf der Grundlage von Stereotypen und Ungleichheiten in Verbindung mit intersektioneller Diskriminierung, unter anderem aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen oder sozialen Herkunft oder einer Behinderung, der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität oder des Ausdrucks ihrer Geschlechtlichkeit, negative soziale und wirtschaftliche Folgen hat und dies einen Einfluss darauf hat, wie Frauen Herausforderungen erleben, auch wenn es darum geht, unternehmerisch oder selbstständig tätig zu werden;

B.

in der Erwägung, dass das weibliche Unternehmertum die Emanzipation und Selbstbestimmung der Frauen fördert; in der Erwägung, dass im Zeitraum 2014–2018 das jährliche Medianeinkommen von Vollzeitunternehmern für Männer und Frauen gleich war (9); in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Teilhabe von Frauen unerlässlich für die Verwirklichung der Rechte der Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter sind und die Fähigkeit zur gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsmarkt, den Zugang zu und die Kontrolle über produktive Ressourcen, die Selbstbestimmung über die eigene Zeit, das eigene Leben und den eigenen Körper, die Selbstverwirklichung und eine sinnvolle Beteiligung an wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen umfasst; in der Erwägung, dass die Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit die Stärkung der weiblichen Unternehmertätigkeit und der Selbstständigkeit von Frauen voraussetzt und mit geeigneten Maßnahmen einhergehen muss, um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt, gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, den Zugang zu menschenwürdiger Arbeit sowie die Aufteilung und Anerkennung von Haushalts- und Betreuungspflichten sicherzustellen;

C.

in der Erwägung, dass Frauen das wertvollste und größte ungenutzte Unternehmer- und Führungspotenzial in Europa darstellen; in der Erwägung, dass im Zeitraum 2014–2018 die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen in der OECD ihr eigenes Unternehmen gründeten, doppelt so hoch war wie in der EU (10); in der Erwägung, dass Unternehmerinnen und weibliche Selbstständige eine nicht ausreichend genutzte Quelle für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen und Innovationspotenzial sind, wobei die Förderung dieser Wachstumsquelle ein wichtiges Instrument zur Förderung der wirtschaftlichen Teilhabe und Unabhängigkeit von Frauen ist; in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen die Produktivität steigert und die wirtschaftliche Diversifizierung und Einkommensgleichheit erhöht; in der Erwägung, dass selbstständige Erwerbstätigkeit als eine Form von Arbeit anerkannt werden muss, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zum Abbau der Arbeitslosigkeit beiträgt; in der Erwägung, dass Frauen oft einen anderen Management- und Führungsstil haben als Männer und dass die geschlechtliche Vielfalt in Teams für alle in Gesellschaft und Wirtschaft von Vorteil ist (11); in der Erwägung, dass die Unterstützung von Unternehmerinnen und selbstständig erwerbstätigen Frauen auch die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken würde und dass daher alle unternehmerischen Tätigkeiten, die Arbeitsplätze und Einkommen und damit einen Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft schaffen, von der EU und ihren Mitgliedstaaten gefördert werden sollten;

D.

in der Erwägung, dass Frauen in ländlichen und benachteiligten Regionen sich eher für eine unternehmerische und selbstständige Tätigkeit entscheiden als Frauen in städtischen und wirtschaftlich wohlhabenden Regionen (12); in der Erwägung, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen in ländlichen Gebieten der EU schlechter sind als die Beschäftigungsmöglichkeiten von Männern in ländlichen und die von Frauen in städtischen Gebieten; in der Erwägung, dass der Anteil der selbstständig erwerbstätigen Frauen in ländlichen Gebieten etwas höher ist als in der Gesamtfläche; in der Erwägung, dass 30 % der landwirtschaftlichen Betriebe in der EU von selbstständig tätigen Frauen geführt werden (13);

E.

in der Erwägung, dass die relativ geringe Anzahl an Unternehmerinnen als ungenutzte Quelle für Innovation und Entwicklung angesehen werden sollte, insbesondere vor dem Hintergrund des ökologischen und digitalen Wandels in Europa und seiner wirtschaftlichen Erholung nach der COVID-19-Krise; in der Erwägung, dass die COVID-19-Krise Frauen unverhältnismäßig stark betroffen hat, insbesondere diejenigen, die in prekären Arbeitsverhältnissen, in Sektoren mit hohem Frauenanteil und in der informellen Wirtschaft arbeiten, und dass diese Krise aufgrund der Zunahme von Betreuungs- und Haushaltspflichten, des eingeschränkten Zugangs zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und zu den entsprechenden Rechten sowie der geschlechtsspezifischen Gewalt und Belästigung erhebliche wirtschaftliche und beschäftigungsrelevante Auswirkungen auf sie hat; in der Erwägung, dass die europäische Wirtschaft von einem Wachstum des BIP um 16 Mrd. EUR profitieren kann, wenn mehr Frauen ermutigt werden, in den digitalen Arbeitsmarkt einzutreten; in der Erwägung, dass die Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter und die Unterstützung der weiblichen Unternehmertätigkeit der Schlüssel zur Beschleunigung und Stärkung der europäischen Erholung sind;

F.

in der Erwägung, dass die Europäische Union in Bezug auf die Entwicklung von Technologien, wie zum Beispiel im Bereich der künstlichen Intelligenz und der Blockchain-Technologien, hinter den USA und China zurückbleibt; in der Erwägung, dass im April 2021 die am höchsten bewerteten Start-up-Unternehmen der Welt hauptsächlich chinesische und US-amerikanische Unternehmen waren; in der Erwägung, dass die Europäische Union die Innovationsfähigkeit der europäischen Frauen hinsichtlich der Entwicklung von Technologien anerkennen und unterstützen sollte;

G.

in der Erwägung, dass Frauen nur 34,4 % der Selbstständigen in der EU und 30 % der Start-up-Unternehmer ausmachen, was bestätigt, dass in Europa und Nordamerika die größten geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der unternehmerischen Tätigkeit zu finden sind (14); in der Erwägung, dass nur 34 % der Führungspositionen in der EU von Frauen besetzt sind (15); in der Erwägung, dass frühere Erfahrungen in Führungspositionen die notwendigen Fähigkeiten und das Selbstvertrauen vermitteln, selbst Unternehmen zu gründen (16); in der Erwägung, dass das Fehlen eines Sozialschutzes wie bezahlter Kranken-, Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaub für selbstständige Frauen in mehreren Mitgliedstaaten problematisch sein kann; in der Erwägung, dass selbstständig erwerbstätige Frauen ein höheres Armutsrisiko aufweisen;

H.

in der Erwägung, dass die Gründung und Führung eines Unternehmens in der EU aufgrund der unterschiedlichen bürokratischen und administrativen Anforderungen und Verfahren kompliziert ist, was ein Hindernis dafür darstellt, mehr Frauen zu ermutigen, Unternehmerinnen zu werden; in der Erwägung, dass Frauen auf andere Hindernisse, insbesondere wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Art, stoßen als Männer, wenn sie unternehmerisch tätig werden wollen; in der Erwägung, dass diese Hindernisse auf geschlechtsspezifischen Stereotypen beruhen, die zu einer Geschlechtertrennung in der Bildung, einem Mangel an spezifischer Ausbildung, einem geringeren Maß an unternehmerischem Selbstvertrauen, einem schlechteren Zugang zu Informationen, finanzieller und staatlicher Unterstützung und weniger Instrumenten für soziale und geschäftliche Netzwerke, geschlechtsspezifischen Vorurteilen und Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufgrund fehlender Betreuungsinfrastrukturen, insbesondere bei der Kinderbetreuung, und aufgrund des Stereotyps, dass Frauen die meiste Betreuungs- und Hausarbeit leisten, beitragen; in der Erwägung, dass Frauen eher als Männer flexible Arbeitszeiten als ihre Motivation für unternehmerische und selbstständige Tätigkeit angeben (17); in der Erwägung, dass das Unternehmertum und die selbstständige Erwerbstätigkeit von Frauen auch ein wertvolles Instrument sein können, um Beruf und Privatleben miteinander zu vereinbaren; in der Erwägung, dass von 2014 bis 2018 nur 34,5 % der Frauen in der EU und 37,7 % der Frauen in der OECD das Gefühl hatten, über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse zu verfügen, um ihr eigenes Unternehmen zu gründen; in der Erwägung, dass Frauen mit fast 10 % höherer Wahrscheinlichkeit Versagensängste angeben als Männer (18); in der Erwägung, dass zwischen Männern und Frauen ein Gefälle bei der finanziellen Allgemeinbildung besteht; in der Erwägung, dass dieses Gefälle ein Hindernis für Frauen beim Zugang zu Finanzmitteln darstellt und sie insgesamt daran hindert, selbstbewusst an wirtschaftlichen und finanziellen Aktivitäten teilzunehmen (19);

I.

in der Erwägung, dass schädliche Strukturen und Stereotype Ungleichheit aufrechterhalten; in der Erwägung, dass traditionelle Geschlechterrollen und Stereotypen nach wie vor die Arbeitsteilung zu Hause, in der Bildung, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft beeinflussen; in der Erwägung, dass unbezahlte Betreuungs- und Hausarbeit zumeist von Frauen geleistet wird, was sich auf die Beschäftigung und die Laufbahnentwicklung auswirkt und zum geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälle beiträgt; in der Erwägung, dass Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, wie die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, von den Mitgliedstaaten dringend und ordnungsgemäß umgesetzt und durch weitere Maßnahmen ergänzt werden müssen, damit mehr Männer in unbezahlte Arbeit einbezogen werden;

J.

in der Erwägung, dass der Zugang zu Netzen, Mentoring und die Förderung von Unternehmerinnen als Vorbilder wichtig sind, um Frauen darin zu bestärken, Unternehmertum als Karrieremöglichkeit zu betrachten und die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen zu erhöhen; in der Erwägung, dass die Vielfalt der Vorbilder Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund ansprechen kann;

K.

in der Erwägung, dass einige Privatunternehmen Maßnahmen wie Mentoring, Vernetzung und Unterstützung in ihre Strategien zur Wahrnehmung ihrer sozialen Verantwortung aufgenommen haben, um zu einem besseren Zugang von Frauen zu Finanzmitteln und Technologien beizutragen und das Unternehmertum von Frauen zu unterstützen;

L.

in der Erwägung, dass aus Statistiken hervorgeht, dass Unternehmerinnen bei der Beschaffung von Finanzmitteln und Kapital auf mehr Schwierigkeiten stoßen als Männer; in der Erwägung, dass von Frauen geführte Unternehmen nach wie vor nur einen sehr kleinen Anteil der Investitionsempfänger ausmachen; in der Erwägung, dass ausschließlich aus Männern bestehende Gründerteams im Jahr 2018 93 % des gesamten Kapitals, das in europäische Tech-Unternehmen investiert wurde, erhielten (20); in der Erwägung, dass nur 32 % der Risikokapitalfinanzierungen an Unternehmen mit mindestens einer weiblichen Führungskraft vergeben wurden (21); in der Erwägung, dass Innovationen von Frauen seltener als Innovationen und vielversprechende Ideen erkannt und anerkannt werden; in der Erwägung, dass von Frauen geführte Unternehmen in der Region Mittel- und Osteuropa (MOE) trotz geringerer finanzieller Unterstützung bei der Kapitalproduktivität um 96 % besser abschneiden als von Männern gegründete Unternehmen (22);

M.

in der Erwägung, dass Unternehmerinnen Daten zufolge trotz geringerer finanzieller Unterstützung mehr Einnahmen erzielen;

N.

in der Erwägung, dass es sich lediglich bei 10 % der Business Angels in Europa um Frauen handelt (23) und Frauen unter Private-Equity-Investoren im Bereich der Digitalisierung besonders unterrepräsentiert sind; in der Erwägung, dass nur 10 % aller Führungspositionen in Private-Equity- und Risikokapitalunternehmen weltweit (24) von Frauen besetzt sind; in der Erwägung, dass mehrere Studien zeigen, dass Anlageverwalter dazu neigen, Kapital für Personen bereitzustellen und Personen einzustellen, die ihnen ähnlich sind, was Frauen und insbesondere diejenigen, die einen unterschiedlichen Hintergrund haben und intersektional diskriminiert werden, unter anderem aufgrund ihrer Rasse, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihres sozioökonomischen Hintergrunds, eindeutig benachteiligt; in der Erwägung, dass Risikokapitalgesellschaften mit weiblichen Partnern zwei- bis dreimal so häufig in von Frauen geführte Unternehmen investieren (25); in der Erwägung, dass der Mangel an Frauen in Entscheidungspositionen bei Risikokapitalgesellschaften sich als eine der Hauptquellen der anhaltenden Finanzierungslücke bei von Frauen geführten Unternehmen in der EU erwiesen hat (26); in der Erwägung, dass eine weitere der Hauptursachen der anhaltenden Finanzierungslücke bei von Frauen geführten Unternehmen in der EU darin besteht, dass Frauen seltener als Männer externe Finanzierungen wie Bankkredite, Risikokapital oder Finanzmittel aus staatlichen Programmen in Anspruch nehmen und stattdessen auf eine Eigenfinanzierung durch persönliche Ersparnisse oder Finanzmittel von Familienmitgliedern zurückgreifen (27); in der Erwägung, dass die Durchführung von Maßnahmen zur Erreichung einer gerechten Vertretung von Frauen und zur Entwicklung eines ausgewogenen Finanzökosystems, die Schaffung eines günstigeren Umfelds auf EU-Ebene und die Bereitstellung ausreichender Haushaltsmittel von grundlegender Bedeutung sind, um sowohl die notwendigen Finanzierungsbedingungen als auch das für den Erfolg von von Frauen geführten Unternehmen unerlässliche Netzwerk von Anlegerinnen zu schaffen;

O.

in der Erwägung, dass sechs Mitgliedstaaten elf private Fonds eingerichtet haben, um die Finanzierungslücke für Unternehmerinnen zu schließen, und dass im Rahmen der Investitionskriterien dieser Fonds frauenfördernde Gleichstellungsaspekte berücksichtigt werden; in der Erwägung, dass einige dieser Fonds Unterstützung auf nationaler oder EU-Ebene erhalten haben, was die wichtige Rolle staatlicher Maßnahmen bei der Förderung des Unternehmertums verdeutlicht (28);

P.

in der Erwägung, dass es schwierig ist, den Unternehmergeist in der EU wirksam zu messen;

Q.

in der Erwägung, dass weniger als 8 % der Geschäftsführer von Spitzenunternehmen Frauen sind;

R.

in der Erwägung, dass im Jahr 2018 in der EU 59 % der Wissenschaftler und Ingenieure Männer und nur 41 % Frauen waren, d. h. es gab eine Kluft von 18 % (29); in der Erwägung, dass gesellschaftliche Normen, Stereotype, kulturelle Entmutigung und geschlechtsspezifische Erwartungen in Bezug auf die Berufswahl, die oft durch Bildungsinhalte und Lehrpläne verstärkt werden, zwei der Hauptfaktoren für die Geschlechtertrennung in der Hochschulbildung und auf dem Arbeitsmarkt sind;

S.

in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass in Europa gleich viele Frauen und Männer als Unternehmer tätig sind, um eine Diversifizierung der Inhalte und Produkte zu gewährleisten; in der Erwägung, dass zwischen 2014 und 2018 die Wahrscheinlichkeit, dass von Frauen geführte Start-up-Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen anbieten, gleich hoch war wie bei den von Männern geführten Start-up-Unternehmen in der EU (30), was beweist, dass Frauen und Männer bei der Innovation gleich gut abschneiden; in der Erwägung, dass die Förderung des weiblichen Unternehmertums, die Qualität und Vielfalt von Innovationen, Produkten und Dienstleistungen verbessern kann;

T.

in der Erwägung, dass das Europäische Netzwerk für Botschafterinnen des Unternehmertums bisher mehr als 650 nationale Treffen organisiert und über 61 000 angehende Unternehmerinnen erreicht hat; in der Erwägung, dass die Botschafterinnen die Gründung von mehr als 250 neuen, von Frauen geführten Unternehmen und von mehreren weiteren Vernetzungs- und Unternehmensförderungsvereinen für Frauen unterstützt haben (31);

U.

in der Erwägung, dass im Jahr 2020 mehr Menschen jemanden kannten, der ein Unternehmen aufgegeben hatte, als jemanden, der ein Unternehmen gegründet hatte (32), was darauf hinweist, wie wichtig es ist, einen fruchtbaren Boden für jede Art von Unternehmertum zu schaffen, mit anderen Volkswirtschaften in Verbindung zu bleiben, in Erwartung neuer Gelegenheiten wachsam zu bleiben und die Arbeitsplätze der Zukunft zu sichern;

V.

in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle in der EU bei 14,1 % liegt und sich im letzten Jahrzehnt nur geringfügig verändert hat; in der Erwägung, dass 24 % des geschlechtsspezifischen Lohngefälles auf die Überrepräsentation von Frauen in relativ schlecht bezahlten Bereichen wie Pflege, Gesundheit und Bildung zurückzuführen ist;

W.

in der Erwägung, dass unternehmerische Initiative Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt; in der Erwägung, dass die Erhöhung des Bildungsniveaus von Frauen und Mädchen zu ihrer wirtschaftlichen Befähigung und zu einem integrativeren Wirtschaftswachstum beiträgt; in der Erwägung, dass lebensbegleitendes Lernen, Weiterbildung und Umschulung, insbesondere um mit dem raschen technologischen und digitalen Wandel Schritt zu halten, die beruflichen Chancen verbessern und für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Frauen und Mädchen wichtig sind;

X.

in der Erwägung, dass das Unternehmertum für alle Frauen zugänglich sein sollte, auch für Frauen mit Behinderungen, ältere Frauen und Frauen, die einer rassischen oder ethnischen Minderheit angehören; in der Erwägung, dass Frauen mit Behinderungen bei der Gründung eigener Unternehmen mehr Schwierigkeiten haben können; in der Erwägung, dass die unternehmerische Initiative älterer Frauen nicht gefördert wird, obwohl sie als wertvolles und ungenutztes Potenzial für das Wirtschaftswachstum angesehen werden sollte; in der Erwägung, dass die Förderung des Unternehmertums von Migrantinnen große Chancen für ihre Integration in den Arbeitsmarkt bieten und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit und Selbstbestimmung fördern kann;

Programme für Unternehmertum, unternehmerische Bildung und Aufbau unternehmerischer Kompetenzen

1.

betont, dass das Unternehmertum von Frauen dazu beiträgt, die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Teilhabe von Frauen zu erhöhen, was eine wesentliche Voraussetzung für die Verwirklichung einer geschlechtergerechten Gesellschaft ist und in der gesamten EU gefördert und unterstützt werden sollte; stellt fest, dass die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen ihre gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt verstärkt, die Kontrolle über produktive Ressourcen und eine stärkere Beteiligung an wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen sowie Selbstbestimmung und Körper- und Lebensautonomie ermöglicht, was von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Rechte der Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter ist; hebt hervor, dass jede Frau, die unternehmerisch tätig werden möchte, zu diesem Schritt ermutigt werden sollte, denn die Führung eines Unternehmens schafft Arbeitsplätze und Einkommen und damit einen Mehrwert für die Wirtschaft und die ganze Gesellschaft; fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um die Beschäftigungsquote von Frauen in Europa zu erhöhen und ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, indem sie unter anderem mehr Anreize zur Förderung des Unternehmertums von Frauen schafft; begrüßt den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Lohntransparenz;

2.

bedauert, dass Frauen nicht im gleichen Umfang wie Männer Unternehmen gründen und führen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, unternehmensfreundliche Reformen durchzuführen, um die Gleichstellung zu fördern und die unternehmerische Tätigkeit von Frauen zu stärken; fordert, dass die Bedürfnisse und die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt sowie die horizontale und vertikale Segregation des Arbeitsmarktes auf EU-Ebene genau untersucht werden;

3.

begrüßt Initiativen der Kommission wie „Women TechEU“ und das Programm „Women Leadership“ des Europäischen Innovationsrats sowie die Schaffung verschiedener europäischer Netze für Unternehmerinnen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, solche Initiativen aktiver zu fördern, indem sie das nachhaltige Wachstumspotenzial der EU stärker in den Mittelpunkt rücken und die Leistungen von Unternehmerinnen in deren ganzen Vielfalt unterstützen; bestärkt die Kommission darin, Netzwerke, die die unternehmerische Selbstständigkeit von Frauen in den Mittelpunkt stellen, auf europäischer Ebene zu stärken, um die Innovation und die Zusammenarbeit zwischen nationalen, europäischen und internationalen Netzwerken zu fördern; stellt fest, dass eine weitere grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Unternehmerinnen den Binnenmarkt der Europäischen Union stärken kann;

4.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, öffentlich-private Partnerschaften in ihre Initiativen aufzunehmen, da Privatunternehmen eine wertvolle Ratgeberfunktion übernehmen und Unternehmerinnen einschlägige und spezialisierte Kompetenzen vermitteln können; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die europaweite Vernetzung von Unternehmerinnen zu erleichtern und deren Zusammenarbeit zu unterstützen; fordert die Kommission auf, Programme zu entwickeln, mit denen Kreativität bei der Innovation gefördert wird, um das Unternehmertum auf dem Arbeitsmarkt sicherzustellen und um sicherzustellen, dass Frauen einen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen können;

5.

betont, dass Mentoring-Beziehungen zwischen erfahrenen und neuen Unternehmern für beide Seiten von Vorteil sein können und dazu beitragen, das Bewusstsein für das Unternehmertum zu schärfen, Zweifel am Schritt zum Unternehmertum zu beseitigen und den Ratschläge- und Informationsaustausch zwischen Unternehmerinnen zu fördern;

6.

betont, dass Unternehmerinnen und Investorinnen als Vorbilder und Mentorinnen anerkannt und gefördert werden müssen; und dass sichergestellt werden muss, dass diese Vorbilder die Frauen in ihrer ganzen Vielfalt repräsentieren; nimmt in diesem Zusammenhang den EU-Preis für Innovationsleistungen von Frauen 2021 und das Europäische Netzwerk für Botschafterinnen des Unternehmertums zur Kenntnis, das Frauen ermutigt, Unternehmertum als Karrieremöglichkeit zu betrachten; appelliert an die Kommission, prominente Unternehmerinnen und Investorinnen als Vorbilder hervorzuheben, indem sie eine europaweite Kampagne zur Schärfung des Bewusstseins für das Potenzial des Unternehmertums startet, die sich in erster Linie an Frauen richtet, und Fallstudien über Unternehmerinnen durchführt;

7.

appelliert an die Kommission, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine Strategie zu entwickeln, um die sinnvolle Vertretung aller Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund in Entscheidungspositionen zu gewährleisten, und zwar mit spezifischen Maßnahmen und Politiken zur Förderung ihrer wirtschaftlichen Teilhabe; fordert, dass alle Maßnahmen in Bezug auf das Unternehmertum von Frauen eine intersektionelle Perspektive beinhalten, um sicherzustellen, dass alle Frauen die entsprechende Hilfe und Unterstützung erhalten und dass keine Frau zurückgelassen wird;

8.

begrüßt öffentliche und private Programme zur Förderung des Unternehmertums von Frauen in den Mitgliedstaaten, die Aspekte der Vernetzung, des Mentorings, der Coaching- und Beratungsdienste und der Recht- und Finanzberatung zur Unterstützung und Beratung von Unternehmerinnen umfassen und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit fördern; stellt fest, dass öffentlich zugängliche Berichte und Erfahrungsberichte in sieben Mitgliedstaaten auf die positive Wirkung dieser Programme hindeuten; fordert die Kommission und die EIGE nachdrücklich auf, nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten aus allen Mitgliedstaaten zu erheben und die Wirkung von Programmen zur Förderung des Unternehmertums von Frauen zu analysieren; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren weiterzugeben, um den Anteil von Unternehmerinnen und Selbstständigen innerhalb der EU zu stärken und zu erhöhen; fordert die Mitgliedstaaten auf, eine gut entwickelte Ausbildungsstrategie zu fördern, um verschiedene Ausbildungsstufen anzubieten, die von der Sensibilisierung und Information bis hin zu spezialisierter und hochspezialisierter Ausbildung reichen, und die verschiedenen Möglichkeiten und Grenzen der spezifischen Unternehmensumfelder sowie die breite Palette von Merkmalen und Bedürfnissen von Unternehmerinnen unter besonderer Berücksichtigung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu erkennen; hebt den Stellenwert von zentralen Anlaufstellen hervor, die z. B. Kurse und Ausbildungen in einem breiten Spektrum von Fächern, wie z. B. Buchhaltung und Marketing, für Unternehmer mit wenig oder gar keiner Erfahrung oder Qualifikation anbieten; stellt fest, dass diese Initiative mehr Frauen ermutigen kann, sich unternehmerisch zu betätigen;

9.

fordert die Kommission und die EIGE auf, aktuelle und vergleichbare Statistiken zur Verfügung zu stellen, um die wirtschaftliche Bedeutung von Unternehmern und Selbstständigen sowie die verschiedenen Kategorien innerhalb des Unternehmertums und der Selbstständigen in Bezug auf die Branche und das Geschlecht zu analysieren und den Anteil von Frauen unter den Unternehmern und Selbstständigen zu ermitteln; appelliert erneut an die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Erhebung von nach Geschlechtern aufgeschlüsselten Daten, Statistiken, Forschungen und Analysen zu verbessern, insbesondere in Bezug auf die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt und in Bereichen wie informelle Beschäftigung, Unternehmertum, Zugang zu Finanzmitteln und Gesundheitsdiensten, unbezahlte Arbeit, Armut und Auswirkungen der Sozialschutzsysteme; weist erneut auf die Rolle des EIGE in diesem Zusammenhang hin und fordert die Kommission auf, diese Daten zu nutzen, um wirksame Bewertungen der geschlechtsspezifischen Auswirkungen ihrer Maßnahmen und Programme sowie der Maßnahmen und Programme anderer Organe, Einrichtungen und sonstiger Stellen der EU durchzuführen;

10.

fordert insbesondere eine verstärkte Ausrichtung auf Frauen bei der Förderung der und der Sensibilisierung für MINT-Fächer, digitale Bildung und der finanziellen Allgemeinbildung, um die anhaltenden Geschlechterstereotype in der allgemeinen und beruflichen Bildung, in den Lehrplänen der Schulen und in der Berufsberatung zu bekämpfen; fordert, dafür zu sorgen, dass mehr Frauen in diese Sektoren gehen, was eine größere Vielfalt an Management- und Führungsstilen ermöglichen würde, die einen Mehrwert für diese Sektoren darstellen und zu ihrer Entwicklung beitragen würden; erachtet es als sehr wichtig, den Horizont des weiblichen Unternehmertums zu erweitern, um auch andere Bereiche als MINT und IT einzubeziehen und verschiedene Formen des Unternehmertums zu fördern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Verbesserung der Diversifizierung des Unternehmertums einzuführen und zur Förderung sozialer und kollektiver Formen des Unternehmertums von Frauen bereitzustellen; begrüßt eine spezifische Ausbildung, Forschung und Studien im Bereich Unternehmertum; betont, wie wichtig es ist, Frauen bei der Bildung und den Berufswegen des Finanzwesens zu fördern, um die Entwicklung eines zuverlässigen Netzwerks von Investorinnen zu unterstützen und unterstreicht gleichzeitig die Notwendigkeit, Frauen in die Lage zu versetzen, wirtschaftlich unabhängig zu sein und als Unternehmerinnen erfolgreich zu sein;

11.

bedauert, dass Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind, und hält es für geboten, die Gleichstellung der Geschlechter auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung in Wirtschaft und Geschäftsführung zu fördern; fordert einen zügigen Verhandlungsprozess über die Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten; erachtet es als geboten, mehr und bessere Informationen über das Unternehmertum als eine attraktive berufliche Möglichkeit bereitzustellen, und zwar sowohl für junge Frauen in der Schule als auch für Frauen, die nicht erwerbstätig sind und den Einstieg oder Wiedereinstieg ins Berufsleben erwägen; fordert die Kommission auf, Programme zur Förderung des Unternehmertums für ältere Menschen zu fördern, und stellt fest, dass damit auch Frauen erreicht werden können, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind; unterstreicht die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Förderung wachstumsstarker Unternehmen sowie des Wachstums und der Entwicklung mittlerer und größerer Unternehmen zu fördern, um sicherzustellen, dass mehr Frauen Unternehmerinnen werden und ein nachhaltiges Wachstum unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Sensibilisierung für Fördermaßnahmen bei Unternehmerinnen weiter zu erhöhen und bürokratische und administrative Hürden beim Zugang zu Programmen zur Förderung des Unternehmertums abzubauen; begrüßt, dass die Unterstützung durch Experten und Berater gefördert wird, die als Mentoren den Unternehmerinnen Selbstvertrauen vermitteln und sie während des gesamten Prozesses der unternehmerischen Tätigkeit begleiten können, wobei alle damit verbundenen Aspekte, darunter regulatorische, steuerliche, administrative, wirtschaftliche, buchhalterische, rechtliche, formale, arbeitsrechtliche Aspekte sowie die Auswahl von Personal berücksichtigt werden;

12.

hält es für geboten, das unternehmerische Potenzial von Frauen in allen Sektoren und Bildungsbereichen anzuerkennen, einschließlich der frauendominierten Bereiche, wie z. B. im Gesundheitswesen und in der Erziehung; hebt hervor, dass Arbeitnehmern und Personen, die von einem Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit übergehen, Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten geboten werden müssen; fordert die Kommission auf, lebenslanges Lernen für alle zu fördern; betont, dass die unternehmerische Dimension auch in allen Jugendprogrammen auf europäischer Ebene anerkannt werden muss; bekräftigt die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften darin, in Umschulungs- und Weiterbildungsprogramme zu investieren, die sich an selbstständig erwerbstätige Frauen und Unternehmerinnen richten, wobei der Schwerpunkt auf der Umschulung im Bereich der finanziellen Allgemeinbildung liegen sollte;

Zugang zu Kapital

13.

betont, dass das Unternehmertum und die selbstständige Erwerbstätigkeit von Frauen als gewinnbringende Investitionen und als Quellen für Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen anerkannt werden müssen;

14.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, das Bewusstsein zu schärfen und Unternehmerinnen und als Selbstständige tätigen Frauen den Zugang zu Finanzierung zu erleichtern, einschließlich alternativer Finanzierungsformen, um sicherzustellen, dass Finanzmittel verfügbar sind und sie die Unternehmerinnen und die selbstständig tätigen Frauen erreichen; stellt fest, dass Unternehmerinnen eher auf alternative Quellen wie z. B. Crowdlending und Finanzierungsplattformen zurückgreifen; stellt fest, dass sich Mikrokredite in bestimmten Fällen als erfolgreich erwiesen haben, um mehr Frauen zu motivieren, ihr eigenes Unternehmen zu gründen; nimmt die Auswirkungen von Finanzierungsmaßnahmen und die positiven Folgen, die sie für Frauen haben können, zur Kenntnis; bekräftigt die Mitgliedstaaten sowie regionale und lokale Gebietskörperschaften darin, die gegenwärtigen europäischen Strukturfonds zu nutzen, um gezielt Unternehmerinnen und selbstständig tätige Frauen zu fördern; fordert die Kommission nachdrücklich auf, ein europäisches Netzwerk geschlechterbewusster Investoren einzurichten; ist der Ansicht, dass ein solches Netzwerk in der Lage sein wird, von Frauen geführte Unternehmen mit entsprechenden Kontakten, Netzwerken und Finanzierungsmöglichkeiten auszustatten; betont, dass Sensibilisierungs- und Informationskampagnen über aktuelle und künftige EU-Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmerinnen erforderlich sind, um Unternehmerinnen und Unternehmern maßgeschneiderte Unterstützung zu bieten und die Sichtbarkeit weiblicher Führungskräfte zu erhöhen, damit sie stärkere Vorbilder sein und gängige Stereotypen durchbrechen können; fordert die Kommission nachdrücklich auf, mit angemessenen Mitteln einen Aktionsplan für weibliches Unternehmertum als Teil des Small Business Act (Initiative für kleine und mittlere Unternehmen in Europa) aufzustellen und in diesem Rahmen eine europaweite Veranstaltung für Unternehmertum, Innovation und Investitionen zu organisieren, auf der Wissenschaftler, Unternehmer, Start-ups und vor allem private Kapitalgeber zusammenkommen, um neue Geschäftsmöglichkeiten für Frauen zu fördern;

15.

begrüßt die Bemühungen der speziellen privaten Investitionsfonds, die Gleichstellungskriterien bei ihren Investitionsbewertungen berücksichtigen, um der Unterfinanzierung der von Frauen geführten Unternehmen entgegenzuwirken; fordert die Kommission auf, Ko-Investitionsprogramme mit Risikokapitalfonds und „Business Angels“ zu unterstützen, deren Schwerpunkt bei den Investitionen auf Frauen und Mentorenprogramme für Unternehmerinnen liegt; ist der Ansicht, dass dies eine wirkungsvolle Maßnahme wäre, um diesen Bereich von Grund auf zu fördern;

16.

begrüßt öffentliche und private Mittel, mit denen Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung, der Vielfalt und der Integration umgesetzt werden; nimmt in diesem Zusammenhang die Initiative für Verpflichtungen im Bereich Vielfalt zur Kenntnis, die weltweit die erste Initiative ist, bei der private Fonds zugesagt haben, die Vertretung von Frauen und Männern zu messen und nachzuverfolgen und jährlich öffentlich über ihre Ergebnisse zu berichten;

17.

betont den Stellenwert von Mikrokrediten bei der Verbesserung der finanziellen Eingliederung von Frauen durch die Überwindung von Markt- und sozialen Barrieren auf den Finanzmärkten; weist darauf hin, dass der Vorteil der Mikrofinanzierung darin besteht, dass sie den Unternehmern starke Anreize für die Schaffung eines nachhaltigen Unternehmens bietet, da sie den Kredit zurückzahlen müssen, und dass dieses Instrument speziell auf die Bedürfnisse von Menschen zugeschnitten ist, die Schwierigkeiten beim Zugang zu herkömmlichen Krediten haben;

18.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in der gesamten EU systematisch nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten zu erheben und zu überwachen, damit für hochwertige Daten über Finanzierungsprogramme der EU und der Mitgliedstaaten gesorgt wird; weist ebenfalls darauf hin, wie wichtig es ist, Daten zur Gleichstellung zu erheben, um Informationen über sich überschneidende Diskriminierungserfahrungen zu erhalten, und betont, dass diese Daten künftig als Grundlage für fundiertere politische Entscheidungen und für die Unterstützung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen dienen könnten; weist darauf hin, dass die unternehmerische Dimension von Frauen bei der Ausarbeitung der Unternehmens- und KMU-Politik anerkannt werden muss, um einen angemessenen politischen Rahmen zu schaffen, der mehr weibliches Unternehmertum und Innovation durch Vielfalt fördert;

Besserer Rahmen für Unternehmerinnen

19.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Empfehlung des Rates von 2019 zur Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu den Sozialschutzsystemen und -ansprüchen, einschließlich Renten- und Urlaubsansprüchen für alle Selbstständigen, umzusetzen und alle in der europäischen Säule sozialer Rechte dargelegten Grundsätze als Mittel zur Gewährleistung der Nichtdiskriminierung und zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter anzuwenden;

20.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, das Gender-Mainstreaming in allen Phasen der Konzipierung von Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmerinnen einzuführen und eine vielfältige Gruppe potenzieller und aktueller Unternehmerinnen zu konsultieren, um zu gewährleisten, dass diese Unterstützungsmaßnahmen auf ihre Erwartungen und Bedürfnisse abgestimmt sind und diesen entsprechen;

21.

betont, dass bürokratische Hürden für die Gründung eines Unternehmens beseitigt werden müssen, damit es für Frauen, einschließlich Migrantinnen, attraktiver wird, als Unternehmerinnen oder Selbstständige tätig zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Entwicklung standardisierter Verwaltungspakete für Unternehmer in der Anfangsphase der Unternehmensgründung in Erwägung zu ziehen; ist der Ansicht, dass dies den Verwaltungsaufwand bei der Interaktion mit Kommunalbehörden wie dem Finanzamt oder der Stadtverwaltung verringern wird;

22.

erachtet es als wichtig, das europäische Innovationsökosystem zu entwickeln, um mehr Frauen zu befähigen, nachhaltige und gewinnbringende Unternehmen zu gründen und Innovationen zu entwickeln, die die Wettbewerbsfähigkeit der EU, das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen stärken;

23.

fordert die Kommission auf, die in ihrer Mitteilung zur besseren Rechtsetzung und in ihrer KMU-Strategie vorgesehenen Maßnahmen unverzüglich umzusetzen;

24.

betont den Stellenwert von Orientierungshilfen, vereinfachten Formularen, Verfahren und Prozessen, um selbstständigen Unternehmerinnen zu helfen, sich im Regelwerk zurechtzufinden, z. B. im Hinblick auf den Export; stellt fest, dass insbesondere Kleinstunternehmen und KMU bereits jetzt Schwierigkeiten haben, die Ressourcen aufzufinden, um sich mit den Einhaltungspflichten in den einzelnen Mitgliedstaaten zurechtzufinden und sie zu verwalten; legt der Kommission und den Mitgliedstaaten nahe, die Beratung und Verwaltung zu bewerten und gegebenenfalls zu verbessern;

25.

unterstützt die Agenda der Kommission für bessere Rechtsetzung; vertritt die Ansicht, dass die Bereitschaft der Kommission zur Umsetzung des „One-in-one-out“-Ansatzes ein wichtiger Schritt zur Minimierung der administrativen Zwänge der Unternehmen, einschließlich der Start-up-Unternehmen und der KMU, ist, wodurch es für Frauen attraktiver wird, eine unternehmerische oder selbstständige Tätigkeit auszuüben;

26.

fordert die Mitgliedstaaten auf, verstärkte steuerliche Anreize oder flexible Steuerstrukturen in Erwägung zu ziehen, um die Rahmenbedingungen für Unternehmertum und Selbstständigkeit zu verbessern; weist als Beispiel auf die Besteuerung von Unternehmern in den Anfangsphasen hin, in der die ausschließliche Einnahmenbesteuerung oder der kapitalsichernde Aufschub von Steuerzahlungen es für Frauen attraktiver machen kann, eine unternehmerische oder selbstständige Tätigkeit auszuüben;

27.

betont, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, sowie qualitativ hochwertige und erschwingliche Sozialdienstleistungen wichtige Voraussetzungen für Unternehmerinnen und als Selbstständige tätige Frauen sind; erkennt an, dass die weibliche Unternehmertätigkeit und die selbstständige Erwerbstätigkeit die Flexibilität bieten, ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben zu erreichen; erkennt den Stellenwert einer gleichberechtigten Aufteilung der Haushalts- und Betreuungspflichten zwischen den Geschlechtern für die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben an, die Frauen benötigen, um unternehmerisch tätig zu werden und sich selbstständig zu betätigen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben durch einen besseren Mutterschafts-, Vaterschafts-, Eltern- und Pflegeurlaub, flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuungseinrichtungen vor Ort und durch die Förderung von Fernarbeit sicherzustellen; hebt hervor, dass sich die Arbeitszeiten und Arbeitsmuster in ländlichen Gebieten erheblich von denen in städtischen Gebieten unterscheiden und dass es wichtig ist, Kinderbetreuungsmöglichkeiten anzubieten, die auf die besonderen Bedürfnisse von Frauen in verschiedenen Gebieten abgestimmt sind; fordert die Mitgliedstaaten und die regionalen und lokalen Behörden auf, soziale Rahmenbedingungen wie für ältere Menschen und Angehörige zu unterstützen und mehr flexible Kinderbetreuung und Möglichkeiten des Elternurlaubs anzubieten, die von wesentlicher Bedeutung sind, wenn es darum geht, mehr Frauen zu einer unternehmerischen Tätigkeit zu ermutigen und zu befähigen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Barcelona-Ziele umzusetzen und die Deckung dieses Bedarfs durch Investitionen in zugängliche und erschwingliche hochwertige Betreuungsdienste zu gewährleisten und diese zu modernisieren, damit Frauen nicht zwischen Familie und Teilnahme am Arbeitsmarkt wählen müssen; betont, dass eine weitere Befähigung und bessere Möglichkeiten für Frauen, Unternehmerinnen zu werden, einen entscheidenden Beitrag bei der Beseitigung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen in den Mitgliedstaaten leisten kann; begrüßt die von einigen Mitgliedstaaten diesbezüglich bereits ergriffenen Maßnahmen und fordert sie nachdrücklich auf, Zugang zu qualitativer Kinderbetreuung und Langzeit-Betreuungseinrichtungen sicherzustellen und den Zugang für Selbstständige zu fördern und die Richtlinie über die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zügig und vollständig umzusetzen und anzuwenden, und fordert die Kommission auf, dies wirksam zu überwachen; erkennt die nationalen Unterschiede in der Sozialpolitik und die Achtung der Subsidiarität an; betont, dass es im Interesse der Mitgliedstaaten liegt, familienfreundliche Arbeitsmodelle zu fördern;

28.

ist besorgt darüber, dass der Rechnungshof in seinem Sonderbericht Nr. 10/21 über das Gender-Mainstreaming im EU-Haushalt festgestellt hat, dass die Kommission das Gender-Mainstreaming nicht angemessen angewandt und nur unzureichend nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten und Indikatoren verwendet hat; fordert die Kommission auf, eine an Gleichstellungsfragen orientierte Haushaltsgestaltung einzuführen, um sicherzustellen, dass Frauen und Männer gleichermaßen von den öffentlichen Ausgaben profitieren, auch im Rahmen von „NextGenerationEU“ und allen Maßnahmen zur wirtschaftlichen Erholung;

o

o o

29.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  ABl. C 11 vom 12.1.2018, S. 35.

(2)  ABl. C 66 vom 21.2.2018, S. 44.

(3)  ABl. C 346 vom 27.9.2018, S. 6.

(4)  ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 28.

(5)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 232.

(6)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 191.

(7)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 208.

(8)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 137.

(9)  OECD, The Missing Entrepreneurs — Policies for Inclusive Entrepreneurship („Die fehlenden Unternehmer — Politische Maßnahmen für integratives Unternehmertum“), OECD Publishing, Paris, 2019.

(10)  OECD, The Missing Entrepreneurs — Policies for Inclusive Entrepreneurship („Die fehlenden Unternehmer — Politische Maßnahmen für integratives Unternehmertum“), OECD Publishing, Paris, 2019.

(11)  Bajcar, B. and Babiak, J., „Gender Differences in Leadership Styles: Who Leads more Destructively?“, 34th IBIMA Conference, Madrid, November 2019. https://www.researchgate.net/publication/337534934_Gender_Differences_in_Leadership_Styles_Who_Leads_more_Destructively

(12)  Europäisches Parlament, Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten, „Der berufliche Status von Frauen in den ländlichen Gebieten der EU“, Brüssel, Mai 2019. https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2019/608868/IPOL_STU(2019)608868_EN.pdf

(13)  Ebd.

(14)  Global Entrepreneurship Monitor, Women’s Entrepreneurship 2020/21: Thriving Through Class Weibliches Unternehmertum, Erfolgreich durch Klasse), London, 2021. https://gemconsortium.org/report/gem-202021-womens-entrepreneurship-report-thriving-through-crisis

(15)  Eurostat, „Women in Management“ (Frauen im Management), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2020.

(16)  Foss, L., Henry, C., Ahl, H. und Mikalsen, G., „Women’s entrepreneurship policy research: a 30-year review of the evidence“ (Forschung über die Politik des weiblichen Unternehmertums: eine Übersicht über die Erkenntnisse der vergangenen 30 Jahre), Small Business Economics, S. 409-429.

(17)  OECD, The Missing Entrepreneurs — Policies for Inclusive Entrepreneurship (Politiken für ein integrationsförderndes Unternehmertum), OECD Publishing, Paris, 2019.

(18)  Ebd.

(19)  OECD, OECD/INFE 2020 International Survey of Adult Financial Literacy (Studie zur finanziellen Bildung von Erwachsenen) OECD Publishing, Paris, 2020.

(20)  Skonieczna, A. und Castellano, L., „Gender Smart Financing. Investing In and With Women: Opportunities for Europe“ (Geschlechtergerechte Finanzierung. In und mit Frauen investieren. Chancen für Europa), European Economy Discussion Papers, Nr. 129, Juli 2020, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg.

(21)  Europäische Kommission und Europäische Investitionsbank, „Funding women entrepreneurs: How to empower growth“ (Finanzierung von Unternehmerinnen: Wie Wachstum gefördert werden kann), 2018.

(22)  Women in VC, Experior Venture Fund and Unvconventional, „Funding in the CEE Region Through the Lens of Gender Diversity and Positive Impact“ (Frauen in VC, Experior Venture Fund und Unconventional, 2021. Finanzierung in der MOE-Region aus der Perspektive der Geschlechtervielfalt und des positiven Einflusses), 2021.

(23)  EBAN: Statistics Compendium European Early Stage Market Statistics (Statistisches Kompendium zum Frühphasenmarkt in Europa), EBAN, Brüssel, 2019.

(24)  International Finance Corporation, Moving towards Gender balance in Private Equity and Venture Capital, (International Finance Corporation, Auf dem Weg zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis bei Private Equity und Risikokapital), International Finance Corporation, Washington, D.C., 2019.

(25)  Women in VC, Experior Venture Fund and Unvconventional, „Funding in the CEE Region Through the Lens of Gender Diversity and Positive Impact“ (Frauen in VC, Experior Venture Fund und Unconventional, 2021. Finanzierung in der MOE-Region aus der Perspektive der Geschlechtervielfalt und des positiven Einflusses), 2021.

(26)  Europäische Kommission, Gender Smart Financing. Investing In and With Women: Opportunities for Europe (Geschlechtergerechte Finanzierung. In und mit Frauen investieren. Chancen für Europa), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2020.

(27)  OECD, The Missing Entrepreneurs — Policies for Inclusive Entrepreneurship (Die fehlenden Unternehmer — Politiken für ein integrationsförderndes Unternehmertum), OECD Publishing, Paris, 2021.

(28)  Eurofound, Female entrepreneurship: Public and private funding (Weibliches Unternehmertum: öffentliche und private Finanzierung), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2019.

(29)  Eurostat, „Women in science and technology“ (Frauen in Wissenschaft und Technologie), Produkte Eurostat Aktuell, 2. Oktober 2020.

(30)  OECD, The Missing Entrepreneurs — Policies for Inclusive Entrepreneurship (Die fehlenden Unternehmer — Politische Maßnahmen für integratives Unternehmertum), OECD Publishing, Paris, 2019.

(31)  https://ec.europa.eu/growth/smes/supporting-entrepreneurship/women-entrepreneurs/support-tools-and-networks-women_de

(32)  Global Entrepreneurship Monitor, 2021/2022 Global Report — Opportunity Amid Disruption, GEM, London, 2022. https://www.gemconsortium.org/reports/latest-global-report


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/65


P9_TA(2022)0140

Künstliche Intelligenz im digitalen Zeitalter

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zur künstlichen Intelligenz im digitalen Zeitalter (2020/2266(INI))

(2022/C 465/06)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 4, 16, 26, 114, 169, 173, 179, 180, 181 und 187 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und die Allgemeine Bemerkung Nr. 25 des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes vom 2. März 2021 zu den Rechten des Kindes in Bezug auf das digitale Umfeld,

unter Hinweis auf die Empfehlung der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) zu ethischen Fragen der künstlichen Intelligenz, die durch die Generalkonferenz der UNESCO bei ihrer 41. Tagung am 24. November 2021 angenommen wurde,

unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (1) und die Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. März 2021 mit dem Titel „EU-Kinderrechtsstrategie“(COM(2021)0142),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2021 zum Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2021 zu den Herausforderungen und Chancen für multilaterale Systeme der Rüstungskontrolle und Abrüstung in Bezug auf Massenvernichtungswaffen (3),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG („Datenschutz-Grundverordnung“ (DSGVO)) (4),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/694 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Aufstellung des Programms „Digitales Europa“ und zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2015/2240 (5),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/695 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 zur Einrichtung von „Horizont Europa“, dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, sowie über dessen Regeln für die Beteiligung und die Verbreitung der Ergebnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1290/2013 und (EU) Nr. 1291/2013 (6),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2021 zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz) und zur Änderung bestimmter Rechtsakte der Union (COM(2021)0206),

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über europäische Daten-Governance (Daten-Governance-Gesetz) (COM(2020)0767),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/1807 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten in der Europäischen Union (7),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/697 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Einrichtung des Europäischen Verteidigungsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EU) 2018/1092 (8),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (9),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/1173 des Rates vom 13. Juli 2021 zur Gründung des Gemeinsamen Unternehmens für europäisches Hochleistungsrechnen und zur Aufhebung der Verordnung (EU) 2018/1488 (10),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. April 2018 mit dem Titel „Künstliche Intelligenz für Europa“ (COM(2018)0237),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Dezember 2018 zu einem koordinierten Plan für künstliche Intelligenz (COM(2018)0795),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 8. April 2019 mit dem Titel „Schaffung von Vertrauen in eine auf den Menschen ausgerichtete künstliche Intelligenz“ (COM(2019)0168),

unter Hinweis auf das Weißbuch der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Künstliche Intelligenz — ein europäisches Konzept für Exzellenz und Vertrauen“ (COM(2020)0065),

unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission vom 27. Januar 2021 zum Thema „Altern — Förderung von Solidarität und Verantwortung zwischen den Generationen“ (COM(2021)0050),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Eine europäische Datenstrategie“ (COM(2020)0066),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 über die Gestaltung der digitalen Zukunft Europas (COM(2020)0067),

unter Hinweis auf die Mitteilungen der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Eine neue Industriestrategie für Europa“ (COM(2020)0102) und vom 5. Mai 2021 mit dem Titel „Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020: einen stärkeren Binnenmarkt für die Erholung Europas aufbauen“ (COM(2021)0350),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 30. September 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für digitale Bildung 2021–2027 — Neuaufstellung des Bildungswesens für das digitale Zeitalter“ (COM(2020)0624),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. März 2021 mit dem Titel „Digitaler Kompass 2030: der europäische Weg in die digitale Dekade“ (COM(2021)0118),

unter Hinweis auf den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. September 2021 über das Politikprogramm für 2030 „Weg in die digitale Dekade“ (COM(2021)0574),

unter Hinweis auf die Studie der Kommission vom 28. Juli 2020 mit dem Titel „European enterprise survey on the use of technologies based on artificial intelligence“ (Umfrage unter europäischen Unternehmen zum Einsatz von KI-gestützten Technologien),

unter Hinweis auf die Studie der Kommission vom 26. November 2020 mit dem Titel „Energy-efficient Cloud Computing Technologies and Policies for an Eco-friendly Cloud Market“ (Energieeffiziente Cloud-Computing-Technologien und Strategien für einen umweltfreundlichen Cloud-Markt),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 19. Februar 2020 an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz, des Internets der Dinge und der Robotik in Hinblick auf Sicherheit und Haftung (COM(2020)0064),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. März 2021 zur Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade,

unter Hinweis auf den von der hochrangigen Expertengruppe für künstliche Intelligenz am 8. April 2019 veröffentlichten Bericht „Ethikleitlinien für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz“,

unter Hinweis auf den von der hochrangigen Expertengruppe für künstliche Intelligenz am 8. April 2019 veröffentlichten Bericht „A definition of Artificial Intelligence: Main capabilities and disciplines“ (Definition der künstlichen Intelligenz: wichtigste Fähigkeiten und Wissenschaftsgebiete),

unter Hinweis auf den von der hochrangigen Expertengruppe für künstliche Intelligenz am 26. Juni 2019 veröffentlichten Bericht „Policy and investment recommendations for trustworthy AI“ (Empfehlungen zur Politik für und zu Investitionen in vertrauenswürdige künstliche Intelligenz),

unter Hinweis auf die Veröffentlichung der UNESCO von März 2019 mit dem Titel „I’d blush if I could: Closing gender divides in digital skills through education“ (Ich würde rot werden, wenn ich könnte: Schließen der digitalen Kluft zwischen den Geschlechtern durch Bildung),

unter Hinweis auf den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte vom 14. Dezember 2020 mit dem Titel „Getting the future right — Artificial intelligence and fundamental rights“ (Der richtige Weg für die Zukunft — Künstliche Intelligenz und Grundrechte),

unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom 22. Mai 2019 zu künstlicher Intelligenz,

unter Hinweis auf die Plattform der Vereinten Nationen zum Dialog über künstliche Intelligenz: „AI for Good Global Summit“,

unter Hinweis auf die KI-Grundsätze der G20 vom 9. Juni 2019,

unter Hinweis auf den Bericht der Weltgesundheitsorganisation vom 28. Juni 2021 über künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen und sechs Leitprinzipien für ihre Gestaltung und Verwendung,

unter Hinweis auf die Initiativstellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 31. Mai 2017 zum Thema „Künstliche Intelligenz — die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz für den (digitalen) Binnenmarkt und Produktion, Verbrauch, Beschäftigung und Gesellschaft“ (11),

unter Hinweis auf den Bericht der Untergruppe für neue Technologien der Expertengruppe für Haftung und neue Technologien vom 21. November 2019 mit dem Titel „Liability for Artificial Intelligence and other emerging digital technologies“ (Haftung für künstliche Intelligenz und andere neue digitale Technologien),

unter Hinweis auf die Veröffentlichung des Ad-hoc-Ausschusses für künstliche Intelligenz (CAHAI) des Europarats vom Dezember 2020 mit dem Titel „Towards Regulation of AI systems — Global perspectives on the development of a legal framework on Artificial Intelligence systems based on the Council of Europe’s standards on human rights, democracy and the rule of law“ (Auf dem Weg zur Regulierung von KI-Systemen — Globale Perspektiven auf die Entwicklung eines Rechtsrahmens für Systeme der künstlichen Intelligenz auf der Grundlage der Normen des Europarats für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument des Europäischen Hochschulinstituts vom Oktober 2020 mit dem Titel „Models of Law and Regulation for AI“ (Modelle für Rechtsvorschriften für und die Regulierung von KI),

unter Hinweis auf den gemeinsamen Bericht von Trend Micro Research, dem Internationalen Forschungsinstitut der Vereinten Nationen für Kriminalität und Rechtspflege und Europol vom 19. November 2020 mit dem Titel „Malicious Uses and Abuses of Artificial Intelligence“ (Böswillige Verwendungen und Missbrauch von künstlicher Intelligenz),

unter Hinweis auf die politischen Leitlinien der Kommission für den Zeitraum 2019–2024 mit dem Titel „Eine Union, die mehr erreichen will — Meine Agenda für Europa“,

unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Juli 2020 in der Rechtssache C-311/18 (Schrems II),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2017 mit Empfehlungen an die Kommission zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik (12),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Juni 2017 zur Digitalisierung der europäischen Industrie (13),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Oktober 2021 zu dem EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 — Empfehlungen für die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“ (14),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2018 zu autonomen Waffensystemen (15),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2019 zu einer umfassenden europäischen Industriepolitik in Bezug auf künstliche Intelligenz (KI) und Robotik (16),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Februar 2020 mit dem Titel „Automatisierte Entscheidungsfindungsprozesse: Gewährleistung des Verbraucherschutzes und des freien Verkehrs von Waren und Dienstleistungen“ (17),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission für eine Regelung der zivilrechtlichen Haftung beim Einsatz künstlicher Intelligenz (18),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 zu den Rechten des geistigen Eigentums bei der Entwicklung von KI-Technologien (19),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission zu dem Rahmen für die ethischen Aspekte von künstlicher Intelligenz, Robotik und damit zusammenhängenden Technologien (20),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zur künstlichen Intelligenz: Fragen der Auslegung und Anwendung von für die EU geltenden internationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die zivile und militärische Nutzung und der Zuständigkeit des Staates außerhalb des Anwendungsbereichs der Strafgerichtsbarkeit (21),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2021 zu der Gestaltung der digitalen Zukunft Europas: Beseitigung von Hindernissen für einen funktionierenden digitalen Binnenmarkt und Verbesserung des Einsatzes von KI für europäische Verbraucher (22),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zum Thema „Eine europäische Datenstrategie“ (23),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Mai 2021 zu künstlicher Intelligenz in der Bildung, der Kultur und dem audiovisuellen Bereich (24),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Oktober 2021 zu künstlicher Intelligenz im Strafrecht und ihrer Verwendung durch die Polizei und Justizbehörden in Strafsachen (25),

unter Hinweis auf die Studie seiner Generaldirektion Interne Politikbereiche (GD IPOL) vom Juni 2021 mit dem Titel „Artificial Intelligence diplomacy — Artificial Intelligence governance as a new European Union external policy tool“ (KI-Diplomatie — Governance der künstlichen Intelligenz als neues außenpolitischen Instrument der Europäischen Union),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Mai 2021 mit dem Titel „Challenges and limits of an open source approach to Artificial Intelligence“ (Herausforderungen und Grenzen eines quelloffenen Ansatzes für künstliche Intelligenz),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Mai 2021 mit dem Titel „Artificial Intelligence market and capital flows — AI and the financial sector at crossroads“ (Der Markt für künstliche Intelligenz und Kapitalströme — KI und der Finanzsektor an einem Scheidepunkt),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Juni 2021 mit dem Titel „Improving working conditions using Artificial Intelligence“ (Verbesserung der Arbeitsbedingungen mithilfe künstlicher Intelligenz),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Mai 2021 mit dem Titel „The role of Artificial Intelligence in the European Green Deal“ (Die Rolle der künstlichen Intelligenz im europäischen Grünen Deal),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Juli 2021 mit dem Titel „Artificial Intelligence in smart cities and urban mobility“ (Künstliche Intelligenz in intelligenten Städte und in der städtischen Mobilität),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Juli 2021 mit dem Titel „Artificial Intelligence and public services“ (Künstliche Intelligenz und öffentlicher Dienst),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Juli 2021 mit dem Titel „European Union data challenge“ (Herausforderungen im Zusammenhang mit Daten für die Europäische Union),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL vom Juni 2020 mit dem Titel „Opportunities of Artificial Intelligence“ (Chancen der künstlichen Intelligenz),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL von Oktober 2021 mit dem Titel „Europe's Digital Decade and Autonomy“ (Digitale Dekade und Autonomie Europas),

unter Hinweis auf die Studie der GD IPOL von Januar 2022 mit dem Titel „Identification and assessment of existing and draft legislation in the digital field“ (Ermittlung und Bewertung bestehender und in Ausarbeitung befindlicher EU-Rechtsvorschriften im digitalen Bereich),

unter Hinweis auf die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments (EPRS) vom September 2020 mit dem Titel „Civil liability regime for artificial intelligence — European added value assessment“ (Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung für künstliche Intelligenz — Bewertung des europäischen Mehrwerts),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Dezember 2020 mit dem Titel „Data subjects, digital surveillance, AI and the future of work“ (Datensubjekte, digitale Überwachung, KI und die Zukunft der Arbeit),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom September 2020 mit dem Titel „European framework on ethical aspects of artificial intelligence, robotics and related technologies“ (Europäischer Rahmen für die ethischen Aspekte von künstlicher Intelligenz, Robotik und damit zusammenhängenden Technologien),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom März 2020 mit dem Titel „The ethics of artificial intelligence: Issues and initiatives“ (Ethische Aspekte der künstlichen Intelligenz: Fragen und Initiativen),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Juni 2020 mit dem Titel „Artificial Intelligence: How does it work, why does it matter, and what can we do about it?“ (Künstliche Intelligenz: Wie funktioniert sie, warum ist sie wichtig und was können wir dagegen tun?),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Juli 2020 mit dem Titel „Artificial Intelligence and Law enforcement — Impact on Fundamental Rights“ (Künstliche Intelligenz und Strafverfolgung — Auswirkungen auf die Grundrechte),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Juni 2020 mit dem Titel „The impact of the General Data Protection Regulation (GDPR) on artificial intelligence“ (Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf künstliche Intelligenz),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom April 2020 mit dem Titel „The White Paper on Artificial Intelligence“ (Weißbuch zur künstlichen Intelligenz),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom September 2021 mit dem Titel „Regulating facial recognition in the EU“ (Regulierung der Gesichtserkennung in der EU),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Februar 2021 mit dem Titel „The future of work: Trends, challenges and potential initiatives“ (Die Zukunft der Arbeit: Trends, Herausforderungen und mögliche Initiativen),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Juni 2021 mit dem Titel „Robo-advisors: How do they fit in the existing EU regulatory framework, in particular with regard to investor protection?“ (Roboter-Berater: Wie passen sie in den Rechtsrahmen, besonders mit Blick auf den Investitionsschutz?),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom September 2021 mit dem Titel „China’s ambitions in artificial intelligence“ (Chinas Ambitionen im Bereich der künstlichen Intelligenz),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Juni 2021 mit dem Titel „What if we chose new metaphors for artificial intelligence?“ (Was passiert, wenn neue Metaphern für künstliche Intelligenz festgelegt werden?),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS vom Januar 2018 mit dem Titel „Understanding artificial intelligence“ (Künstliche Intelligenz verstehen),

unter Hinweis auf die Studie des EPRS von Juli 2021 mit dem Titel „Tackling deepfakes in European Policy“ (Bekämpfung von Deepfakes in der europäischen Politik),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument des Sonderausschusses zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter (AIDA) vom Februar 2021 mit dem Titel „Artificial Intelligence and Health“ (Künstliche Intelligenz und Gesundheit),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument des AIDA-Ausschusses vom März 2021 mit dem Titel „Artificial Intelligence and the Green Deal“ (Künstliche Intelligenz und der Grüne Deal),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument des AIDA-Ausschusses vom März 2021 mit dem Titel „The External Policy Dimensions of AI“ (Außenpolitische Aspekte der KI),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument des AIDA-Ausschusses vom Mai 2021 mit dem Titel „AI and Competitiveness“ (Künstliche Intelligenz und Wettbewerbsfähigkeit),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument des AIDA-Ausschusses vom Juni 2021 mit dem Titel „AI and the Future of Democracy“ (KI und die Zukunft der Demokratie),

unter Hinweis auf das Arbeitsdokument des AIDA-Ausschusses vom Juni 2021 mit dem Titel „AI and the Labour Market“ (KI und der Arbeitsmarkt),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Sonderausschusses zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter (A9-0088/2022),

(1)    Einleitung

1.

stellt fest, dass die Welt kurz vor der vierten industriellen Revolution steht; weist darauf hin, dass im Vergleich zu den drei vorangegangenen großen Umbrüchen, die durch die Einführung von Dampf, Elektrizität und Computern ausgelöst wurden, der vierte große Umbruch seine Energie aus einer Fülle von Daten in Verbindung mit leistungsstarken Algorithmen und Rechenkapazitäten bezieht; betont, dass die aktuelle digitale Revolution durch ihren globalen Umfang, ihre rasche Konvergenz und die enormen Auswirkungen neuer technologischer Durchbrüche auf Staaten, Volkswirtschaften, Gesellschaften, internationale Beziehungen und die Umwelt geprägt ist; stellt fest, dass ein radikaler Wandel dieser Größenordnung verschiedene Teile der Gesellschaft unterschiedlich beeinflusst, abhängig von ihren Zielen, ihrer geographischen Position oder ihrem sozioökonomischen Kontext; hebt hervor, dass der digitale Wandel unter umfassender Achtung der Grundrechte gestaltet werden muss, und derart, dass digitale Technologien der Menschheit dienen;

2.

stellt fest, dass die digitale Revolution gleichzeitig einen weltweiten Wettbewerb ausgelöst hat, der auf dem enormen wirtschaftlichen Wert und den technologischen Möglichkeiten beruht, die sich in den Volkswirtschaften sammeln, die der Forschung, Entwicklung und Vermarktung von KI-Anwendungen die meisten Ressourcen widmen; stellt fest, dass digitale Wettbewerbsfähigkeit und eine offene strategische Autonomie in mehreren Ländern zu zentralen Zielen der Politik erkoren wurden; betont, dass die Entscheidungsträger zunehmend zu der Einsicht kommen, dass sich die neuen Technologien auf den geopolitischen Machtstatus ganzer Länder auswirken könnten;

3.

weist darauf hin, dass Europa, das jahrhundertelang internationale Standards setzte, den technologischen Fortschritt dominierte und bei der Herstellung und dem Einsatz von Spitzentechnologie führend war, daher zurückgefallen ist, sich viel weniger an der Entwicklung des digitalen Marktes beteiligt und weniger investiert als führende Volkswirtschaften wie die USA oder China, dabei aber in Bezug auf Forschungsergebnisse zum Thema KI wettbewerbsfähig bleibt; nimmt zur Kenntnis, dass europäische Akteure Gefahr laufen, bei der Entwicklung globaler Standards und der Weiterentwicklung der Technologie an den Rand gedrängt zu werden, und dass europäische Werte in Frage gestellt werden;

4.

betont erstens, dass digitale Instrumente in den Händen einiger Unternehmen sowie in den Händen autokratischer Regierungen zunehmend zu einem Instrument der Manipulation und des Missbrauchs und von ihnen genutzt werden, demokratische Systeme zu untergraben, was zu Konflikten zwischen politischen Systemen führen kann; erklärt, dass digitale Spionage, Sabotage, Kriegsführung im kleinen Maßstab und Desinformationskampagnen die demokratischen Gesellschaften herausfordern;

5.

betont, dass der Charakter digitaler Geschäftsmodelle ein hohes Maß an Skalierbarkeit und Netzwerkeffekte ermöglicht; weist darauf hin, dass sich viele digitale Märkte durch eine hohe Marktkonzentration gekennzeichnet sind, sodass eine kleine Anzahl von derzeit größtenteils in den USA ansässigen Technologieplattformen die führende Rolle bei der Vermarktung bahnbrechender technologischer Innovationen spielen, die besten Ideen, Talente und Unternehmen anziehen und eine außergewöhnliche Rentabilität erreichen kann; warnt, dass marktbeherrschende Stellungen in der Datenwirtschaft vermutlich in die entstehende KI-Wirtschaft hineinreichen werden; weist darauf hin, dass nur acht der heute wichtigsten 200 digitalen Unternehmen ihren Sitz in der EU haben; betont, dass die Vollendung eines echten digitalen Binnenmarkts in diesem Zusammenhang von höchster Bedeutung ist;

6.

betont, dass der weltweite Wettbewerb um die führende Rolle im Technologiebereich für die EU zu einer Priorität geworden ist; betont, dass die EU, wenn sie nicht umgehend und mutig handelt, letztlich Regeln und Standards anderer einzuhalten haben und Gefahr laufen wird, dass die politische Stabilität, die soziale Sicherheit, die Grundrechte, die individuellen Freiheiten und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werden;

7.

vertritt die Auffassung, dass die KI in der vierten industriellen Revolution eine der wichtigsten neuen Technologien darstellt; stellt fest, dass die KI die digitale Wirtschaft antreibt, da sie die Einführung innovativer Produkte und Dienste ermöglicht sowie Verbrauchern eine größere Auswahl bieten und Produktionsverfahren effizienter gestalten kann; stellt fest, dass die KI bis 2030 voraussichtlich mehr als 11 Bio. EUR zur Weltwirtschaft beitragen wird; betont, dass die KI-Technologien gleichzeitig das Risiko mit sich bringen, die menschliche Handlungsmacht zu schwächen; betont, dass die KI eine auf den Menschen ausgerichtete vertrauenswürdige Technologie bleiben und weder die menschliche Autonomie ersetzen noch den Verlust der individuellen Freiheit voraussetzen sollte; betont, dass sichergestellt werden muss, dass diese vierte industrielle Revolution inklusiv ist und dass bei ihr niemand zurückgelassen wird;

8.

legt nahe, dass ein globaler Wettbewerb um die Führungsrolle im KI-Bereich im Gange ist; hebt hervor, dass die Einführung von KI-Technologien denjenigen Volkswirtschaften, die solche Technologien gewinnbringend entwickeln, produzieren oder erfolgreich anwenden, sowie den Ländern, in denen eine solche Wertschöpfung erfolgt, einen enormen wirtschaftlichen Wert verspricht; betont, dass KI keine allmächtige Technologie ist, sondern vielmehr eine Reihe effizienter Instrumente und Techniken, die zum Wohle der Gesellschaft sinnvoll eingesetzt werden können; erklärt, dass die Funktionsweise von Technologien allgemein davon abhängt, wie wir sie gestalten; weist darauf hin, dass die EU ihre Absicht erklärt hat, den ersten KI-Rechtsrahmen überhaupt zu schaffen; betont gleichwohl, dass es für die EU ganz entscheidend ist, den Regulierungsansatz definieren zu können, einschließlich der Wahrung der Grundrechte und Grundfreiheiten, und bei der Festlegung der globalen Standards eine Führungsrolle zu übernehmen; betont daher erneut die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit Europas im Bereich der KI und der Fähigkeit der EU, die Regulierungslandschaft auf internationaler Ebene zu gestalten; betont, dass bestimmte Anwendungen von KI womöglich mit Risiken für Einzelpersonen oder die Gesellschaft verbunden sind und mit einer Gefährdung von Grundrechten einhergehen, die daher von politischen Entscheidungsträgern angegangen werden sollten, sodass die KI tatsächlich zu einem Instrument werden kann, das den Menschen und der Gesellschaft dient;

9.

weist darauf hin, dass ein klarer Rechtsrahmen, politisches Engagement und eine fortschrittlichere Denkweise, an denen es derzeit oft mangelt, erforderlich sind, damit die europäischen Akteure im Digitalzeitalter erfolgreich sein und eine führende Rolle in der KI-Technologie übernehmen können; kommt zu dem Schluss, dass auf der Basis eines solchen Ansatzes die Bürgerinnen und Bürger wie auch die Unternehmen der EU von KI und den damit verbundenen großen Chancen für eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit, auch mit Blick auf Wohlstand und Wohlergehen, profitieren können; hebt hervor, dass der Rechtsrahmen derart gestaltet werden muss, dass er keine ungerechtfertigten Hindernisse schafft, die den Erfolg europäischer Akteure im Digitalzeitalter verhindern, was insbesondere für Start-up-Unternehmen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gilt; betont, dass die privaten und öffentlichen Investitionen erheblich gesteigert werden sollten, um ein Klima zu schaffen, aus dem mehr europäische Erfolgsgeschichten hervorgehen und das der Entwicklung unseres Kontinents förderlich ist;

10.

hebt hervor, dass der schnelle technologische Fortschritt durch die KI aus den meisten menschlichen Tätigkeitsbereichen kaum mehr wegzudenken ist und sich auf die Existenzgrundlage all derer auswirken wird, die nicht über die Fähigkeiten verfügen, sich ausreichend schnell diesen neuen Technologien anzupassen; weist darauf hin, dass mit dem Erwerb digitaler Kompetenzen durch Weiterbildung und Umschulung zwar dazu beigetragen werden kann, viele der aufkommenden sozioökonomischen Schwierigkeiten zu bewältigen, dass den betreffenden Auswirkungen jedoch auch im Zusammenhang mit den Sozialsystemen, der städtischen und ländlichen Infrastruktur und den demokratischen Prozessen begegnet werden muss;

11.

unterstreicht, dass die Ziele und Interessen von Frauen und schutzbedürftigen Gruppen beim digitalen Wandel zum Ausdruck kommen müssen; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass 2018 Frauen nur 22 % der KI-Fachkräfte weltweit ausmachten, ein Problem, durch das Stereotypen und Vorurteile weiter aufrechterhalten und verfestigt werden; räumt ein, dass bei der Nutzung von KI die Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, Privatsphäre, Meinungsfreiheit und Teilnahme am kulturellen und politischen Leben, besonders für Minderheitengemeinschaften, gewahrt werden müssen;

(2)    Potenzielle Chancen, Risiken und Hindernisse beim Einsatz von KI: Sechs vom AIDA-Ausschuss untersuchte Fallstudien

12.

weist erneut darauf hin, dass KI auf Software basiert, die Wahrscheinlichkeitsmodelle und algorithmische Prognosen für eine Reihe von spezifischen Zielen verwendet; weist darauf hin, dass es sich bei KI um einen Oberbegriff handelt, der ein breites Spektrum alter und neuer Technologien abdeckt, die besser als „KI-Systeme“ zu verstehen sind, und der auf maschinelle Systeme jeder Art verweist, die oft wenig mehr gemeinsam haben als sich von einer Reihe von vom Menschen festgelegten Zielen leiten zu lassen, wobei sie über ein gewisses Maß an Autonomie in ihrem Handeln verfügen, und Prognosen und Empfehlungen abgeben oder Entscheidungen treffen können; stellt fest, dass einige dieser Technologien bereits weit verbreitet sind, andere jedoch noch in der Entwicklung sind oder sogar nur spekulative Konzepte sind, die es in Zukunft möglicherweise geben oder nicht geben wird;

13.

weist darauf hin, dass es einen erheblichen Unterschied zwischen symbolischer KI, dem wichtigsten Ansatz für KI von den 1950er bis 1990er Jahren, und der seit den 2000er Jahren vorherrschenden maschinellen, datengesteuerten KI gibt; stellt klar, dass während der ersten Welle KI entwickelt wurde, indem das Wissen und die Erfahrung von Experten in eine Reihe von Regeln eingegeben wurden, die dann von einer Maschine ausgeführt wurden;

14.

stellt fest, dass in der zweiten Welle die automatisierten Lernprozesse von Algorithmen, die auf der Verarbeitung großer Datenmengen beruhen, die Fähigkeit, Eingaben aus mehreren verschiedenen Quellen zusammenzubringen, um komplexe Abbildungen einer bestimmten Umwelt zu bilden, und die Identifizierung von Mustern dazu geführt haben, dass KI-Systeme komplexer, autonomer und undurchsichtiger wurden, was zu weniger erklärbaren Ergebnissen führen kann; betont, dass die derzeitige KI daher in viele verschiedene Teilbereiche und Techniken unterteilt werden kann, wobei Deep Learning beispielsweise ein Unterbereich des maschinellen Lernens ist, das selbst ein Unterbereich der KI ist;

15.

stellt fest, dass die KI von heute dank der erheblichen Steigerung von Rechenkapazitäten zwar viel wirksamer und leistungsstärker geworden ist als die symbolische KI, aber immer noch nur klar definierte Aufgaben in bereichsspezifischen Nischen wie Schach oder Bilderkennung lösen kann und ihre Programmierung nicht darauf ausgelegt ist, die vom KI-System durchgeführten Maßnahmen vollständig zu erkennen; betont, dass KI-Systeme — anders als die Bezeichnung nahelegt — nicht über „Intelligenz“ im menschlichen Sinne verfügen; weist darauf hin, dass sie daher als „eng“ oder „schwach“ bezeichnet wird und immer noch nur ein Instrument darstellt, das Empfehlungen und Vorhersagen enthält; stellt fest, dass beispielsweise selbstfahrende Fahrzeuge durch eine Kombination verschiedener KI-Systeme mit je einer Aufgabe betrieben werden, die zusammen in der Lage sind, eine dreidimensionale Karte der Umgebung des Fahrzeugs zu erstellen, damit sein Betriebssystem Entscheidungen treffen kann;

16.

weist darauf hin, dass viele Ängste im Zusammenhang mit KI auf hypothetischen Konzepten wie der allgemeinen KI, der künstlichen Superintelligenz und der Singularität beruhen, die theoretisch zu einer maschinellen Intelligenz führen könnten, die der menschlichen Intelligenz in vielen Bereichen überlegen ist; betont, dass Zweifel bestehen, ob diese spekulative KI mit unseren Technologien und den Gesetzen der Wissenschaft überhaupt erreicht werden kann; ist dennoch der Auffassung, dass sich die Gesetzgeber mit den derzeit von KI-gestützten Entscheidungen ausgehenden Risiken befassen müssen, da klar erwiesen ist, dass schädliche Auswirkungen wie Diskriminierung aufgrund der Rasse und des Geschlechts konkreten KI-Anwendungen ohne Schutzvorkehrungen zugeordnet werden können;

17.

betont, dass die überwiegende Mehrheit der derzeit verwendeten KI-Systeme risikoarm ist; bezieht sich beispielsweise auf maschinelle Übersetzungen, „Eureka-Geräte“, Spielautomaten und Roboter, die repetitive Produktionsprozesse ausführen; kommt zu dem Schluss, dass einige Anwendungsfälle als riskant eingestuft werden können und dass solche Fälle regulatorische Maßnahmen und wirksame Schutzmaßnahmen erfordern, sofern diese nicht bereits ergriffen wurden;

18.

regt eine öffentliche Debatte darüber an, wie das enorme Potenzial von KI auf der Basis der grundlegenden europäischen Werte, der Grundsätze der Transparenz, Erklärbarkeit, Fairness, Rechenschaftspflicht, Verantwortung und Vertrauenswürdigkeit sowie des Grundsatzes erkundet werden kann, dass bei der KI und der Robotik der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte und dass ihre Entwicklung darauf gerichtet sein sollte, die menschlichen Fähigkeiten zu ergänzen; betont, dass in zahlreichen Bereichen menschlichen Lebens, von Nachhaltigkeit bis hin zur Gesundheitsversorgung, die KI Nutzern und Fachleuten als wertvolles Hilfswerkzeug dienen kann, das die Fähigkeiten von Menschen erhöht, ohne ihre Möglichkeit, frei zu handeln und zu entscheiden, zu behindern; betont, dass die vereinbarten ethischen Grundsätze und Anforderungen für KI in allen Bereichen der KI-Anwendung operationalisiert werden sollten, wobei durch die Einrichtung der notwendigen Schutzvorkehrungen das Vertrauen der Bürger gestärkt wird, sodass sie die Vorteile der KI befürworten;

19.

unterstreicht, dass der Risikograd einer bestimmten KI-Anwendung entsprechend der Wahrscheinlichkeit und Schwere eines Schadens erheblich schwankt; hebt deshalb hervor, dass rechtliche Anforderungen in Übereinstimmung mit einem risikobasierten Ansatz daran angepasst werden sollten und dass dabei, wenn dies gerechtfertigt ist, dem Vorsorgeprinzip gebührend Rechnung zu tragen ist; unterstreicht, dass in derartigen aktuellen oder künftigen Fällen, in denen KI-Systeme in einem konkreten Anwendungsfall hohe Risiken für Grund- und Menschenrechte bergen, eine vollständige menschliche Aufsicht und regulatorische Eingriffe vonnöten sind, und dass die Regulierung von KI-Systemen mit hohem Risiko, vor dem Hintergrund der schnellen technologischen Entwicklung, flexibel und zukunftssicher sein muss;

20.

erläutert, dass sich der vorliegende Bericht ausführlich mit sechs KI-Fallstudien befasst, in denen die Chancen, die die KI in der jeweiligen Branche bietet, die zu bewältigenden Risiken und die Hindernisse dargelegt werden, die Europa daran hindern, die Vorteile der KI in vollem Umfang zu nutzen; betont, dass die Fallstudien einige der derzeit wichtigsten KI-Anwendungsfälle darstellen und gleichzeitig einige der Hauptthemen der vom AIDA-Ausschuss während seiner Amtszeit durchgeführten öffentlichen Anhörungen widerspiegeln, nämlich Gesundheit, Grüner Deal, Außenpolitik und Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit, Zukunft der Demokratie und des Arbeitsmarkts;

a)   KI und Gesundheit

21.

stellt fest, dass die methodische Analyse großer Datenmengen, auch unter Verwendung von KI, neue Lösungen ermöglichen bzw. bestehende Techniken im Gesundheitswesen verbessern kann, wodurch die wissenschaftliche Forschung enorm beschleunigt, Menschenleben gerettet und die Patientenversorgung durch das Angebot innovativer Behandlungen und besserer Diagnosen sowie die Förderung eines unterstützenden Umfelds für eine gesunde Lebensführung verbessert werden könnten; hebt hervor, dass KI-Systeme auch einen Beitrag zur Zugänglichkeit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme leisten und gleichzeitig dem europäischen IKT- und Gesundheitssektor Wettbewerbsvorteile verschaffen können, wenn die inhärenten Risiken angemessen gehandhabt werden;

22.

hebt hervor, dass strenge ethische Anforderungen, wie gleichberechtigter Zugang zur Gesundheitsversorgung, Privatsphäre, Haftung, Transparenz, Erklärbarkeit, Verlässlichkeit, Inklusion und Repräsentanz der Datensätze sowie eine dauerhafte menschliche Aufsicht, in der Verwendung von KI im Gesundheitswesen verankert sein sollten; betont, dass dem Risiko der fehlerhaften Zuweisung von Ressourcen zu Personen basierend auf fehlerhaften oder verfälschten Kategorisierungen oder Priorisierungen oder durch die Fehlfunktion von Technologie, die zu Fehldiagnosen oder -behandlungen führt oder zu der Entscheidung, keine Behandlung durchzuführen, bei der Konstruktion von KI-Systemen Rechnung getragen werden muss; ist der Ansicht, dass die höchsten ethischen Standards für alle Gesundheitsanwendungen gelten und dass ethische Regeln in einer sehr frühen Phase ihrer Entwicklung und Konzeption, d. h. nach dem Grundsatz der integrierten Ethik („ethics by design“), eingebunden werden sollten; betont, dass die automatisierte Entscheidungsfindung bei Anwendungen im Gesundheitswesen ein Risiko für das Wohlbefinden und die Grundrechte der Patienten darstellen kann und unterstreicht, dass KI im Gesundheitswesen nur in unterstützender Funktion angewendet werden darf und stets professioneller menschlicher Aufsicht unterliegen sollte; fordert, dass KI bei medizinischen Diagnosen im Bereich der öffentlichen Gesundheitssysteme das Verhältnis zwischen Patient und Arzt wahrt und zu jeder Zeit mit dem hippokratischen Eid im Einklang steht; stellt jedoch fest, dass KI die Genauigkeit von Screenings verbessert und KI-basierte Diagnosen in manchen Fällen die von Ärzten erstellten Diagnosen bereits übertreffen; ist der Ansicht, dass die bestehenden Haftungsregelungen keine ausreichende Rechtssicherheit bieten und im Fall von KI-basierten Fehldiagnosen oder falschen Behandlungen das Rechtsschutzgebot von Patienten nicht wahren; begrüßt in dieser Hinsicht den bevorstehenden Gesetzgebungsvorschlag zur KI-Haftung; stellt fest, dass es wichtig ist, Gesundheitspersonal als Nutzer von KI-Systemen sowie Patienten als Endempfänger zu schützen und ihnen ausreichende und transparente Information zur Verfügung zu stellen;

23.

betont, dass KI-gestützte Lösungen in klinischen Umgebungen bereits zur Unterstützung der Diagnose, Prognose, Behandlung und Patientenmitwirkung zum Einsatz kommen oder erprobt werden, wodurch Behandlungen beschleunigt und verbessert und unnötige Eingriffe verringert werden; stellt ferner fest, dass KI die personalisierte Medizin und Patientenversorgung optimieren kann; stellt fest, dass KI derzeit ein breites Spektrum von Gesundheitsbereichen abdeckt, darunter öffentliche Gesundheit, Pflegeleistungen, Selbstversorgung und die Gesundheitssysteme; merkt an, dass Daten von großer Bedeutung sind; stellt fest, dass es einige vielversprechende KI-Anwendungen zur Gewinnung phänotypischer Informationen aus Bildern und andere medizinische Geräte zur Weitergabe von Daten an nachgeordnete Analysen gibt und weist darauf hin, dass überdies erwartet wird, dass die Bandbreite klinischer Aufgaben durch Deep Learning-Algorithmen einen quantitativen Schub erfahren wird;

24.

betont, dass KI-Technologien für die Forschung, Entwicklung und Massenproduktion von Arzneimitteln eingesetzt werden können und das Potenzial haben, die Entwicklung neuer Arzneimittel, Behandlungen und Impfstoffe zu geringeren Kosten zu beschleunigen; ist der Ansicht, dass KI dazu beitragen kann, die Ergebnisse von Reaktionen auf Behandlungen vorherzusagen, und dass sie es Ärzten ermöglichen kann, therapeutische Strategien auf der Basis individueller genetischer, physiologischer und sozialer Merkmale mit zunehmender Genauigkeit anzupassen, wenn sie sich auf hochwertige Daten und fundierte Annahmen stützt, wodurch die Wirksamkeit von präventiven Behandlungsformen erhöht wird, vorausgesetzt, dass alle ethischen Anforderungen mit Blick auf die professionelle Aufsicht über die klinische Validierung mithilfe von KI, die Privatsphäre, den Datenschutz und die Zustimmung nach vorheriger Aufklärung eingehalten werden; stellt fest, dass gesundheitsbezogene Massendaten mithilfe von KI analysiert werden können, um die Verarbeitung zu beschleunigen; hebt hervor, dass die Interoperabilität von Hochleistungsrecheninfrastrukturen mit KI-Systemen sichergestellt werden muss, da zentrale Wirtschaftssektoren, darunter die verarbeitende Industrie, das Gesundheitswesen und die Arzneimittelbranche, auf Hochleistungsrechner angewiesen sind;

25.

betont, dass KI-gestützte Lösungen das Potenzial haben, Behandlungen und die Arzneimittelentwicklung auf die spezifischen Bedürfnisse der Patienten abzustimmen und die Zusammenarbeit mit interessierten Akteuren und Beteiligten aus dem Gesundheitswesen zu verstärken; ist der Ansicht, dass KI und der Zugang zu relevanten, aktualisierten und hochwertigen anonymisierten und repräsentativen Datensätzen im Einklang mit den EU-Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten Angehörige der Gesundheitsberufe dabei unterstützen, ihre Patienten besser zu versorgen und daher ein Feedback, eine Anleitung und Unterstützung mit stärkerer Ausrichtung auf die Patienten zu bieten, sodass die Sicherheit der Patienten und die Wirksamkeit von Therapien gefördert werden; hebt hervor, dass dies besonders hilfreich bei der Auswahl und Überprüfung der zunehmenden Mengen an wissenschaftlichem Wissen sein kann, um relevante Erkenntnisse für Angehörige der Gesundheitsberufe zu extrahieren; hebt hervor, dass Bürgerinnen und Bürger aus allen Mitgliedstaaten ihre Gesundheitsdaten an Gesundheitsdienstleister und Behörden ihrer Wahl weitergeben können sollten; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass Anreize für die Weiterqualifizierung, Umschulung und berufsbegleitende Fortbildung von Angehörigen der Gesundheitsberufe geschaffen werden müssen;

26.

ist der Ansicht, dass die Bekämpfung von COVID-19 sowohl die Erforschung und Einführung neuer Technologien, insbesondere KI-Anwendungen, beschleunigt hat, um eine bessere Fallerkennung, klinische Versorgung und therapeutische Forschung zu erreichen, als auch die Zweckmäßigkeit der KI und die Bedeutung finanzieller Mittel und hochwertiger Daten deutlich gemacht hat, die dem Zweck dienen, die Ausbreitung von Ausbrüchen von Infektionskrankheiten unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften effizient zu überwachen und zu modellieren; stellt jedoch fest, dass während der COVID-19-Pandemie gemachte Erfahrungen mit KI-Anwendungen einige der Grenzen des Einsatzes von KI in der medizinischen Diagnostik aufgezeigt haben (26);

27.

hebt hervor, dass KI-Systeme das Potenzial haben, die Gesundheitssysteme und insbesondere das medizinische Personal zu entlasten und zu Lösungen beizutragen, um die rasch alternde Bevölkerung in Europa und der Welt zu versorgen;

28.

betont, dass Beschäftigte in der Gesundheitsversorgung durch den Einsatz sicherer und effizienter KI-Anwendungen für Verwaltungsaufgaben, die kein menschliches Handeln erfordern, viel Zeit einsparen können, die sie stattdessen für die Patienten aufwenden können;

29.

betont, dass KI-gestützte Anwendungen für die Gesundheit der Verbraucher dazu beitragen können, den Gesundheitszustand einer Person mit Alltagsgeräten wie Smartphones zu verfolgen, sodass Nutzer freiwillig Daten bereitstellen können, die eine Basis für frühe Warnungen und Alarme im Hinblick auf lebensbedrohliche Krankheiten, wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte, darstellen können; betont, dass KI-gestützte Anwendungen für die Gesundheit auch ein gesundes Verhalten fördern und eine verantwortungsvolle persönliche Selbstversorgung ermöglichen können, indem sie Patienten mit zusätzlichen Mitteln zur Überwachung ihrer eigenen Gesundheit und Lebensführung ausstatten und die Genauigkeit von Screenings durch Angehörige der Gesundheitsberufe verbessern; hebt jedoch die besondere Sensibilität von personenbezogenen Gesundheitsdaten und das Risiko von Datenschutzverletzungen und missbräuchlicher Verwendung von Daten in diesem Zusammenhang hervor und unterstreicht, dass für gesundheitliche Anwendungen grundsätzlich starke Cybersicherheitsstandards gelten müssen;

30.

betont, dass KI im Gesundheitswesen in besonderem Maße auf große Mengen personenbezogener Daten sowie auf die gemeinsame Nutzung, hohe Qualität, Zugänglichkeit und Interoperabilität von Daten angewiesen ist, damit das Potenzial der KI im Gesundheitswesen voll ausgeschöpft werden kann; betont, dass die Verbindung von elektronischen Gesundheitsakten mit eRezept-Systemen erleichtert werden muss, um dem mit der Patientenversorgung beschäftigten Gesundheitspersonal den Zugang zu den nötigen Patienteninformationen unter Zustimmung des Patienten bzw. der Patientin zu ermöglichen;

31.

begrüßt die Einrichtung eines europäischen Raums für Gesundheitsdaten für das Erstellen hochwertiger Daten für die Verwendung im Gesundheitswesen; ist der Ansicht, dass die Verbindung und Interoperabilität von Hochleistungsrecheninfrastrukturen mit dem Europäischen Gesundheitsdatenraum für die Verfügbarkeit großer, qualitativ hochwertiger Gesundheitsdatensätze sorgen würde, die für die Erforschung und Behandlung von Krankheiten, insbesondere von seltenen Erkrankungen und Erkrankungen bei Kindern, von Bedeutung sind;

32.

betont, dass das Vertrauen durch die Förderung von Interoperabilität und mehr Zusammenarbeit von Gesundheitspersonal verschiedener Bereiche, das sich um denselben Patient bzw. dieselbe Patientin kümmert, aufgebaut werden muss; betont, dass dem Gesundheitspersonal eine Ausbildung zu KI-Techniken und -Ansätzen angeboten werden muss; betont, dass das Misstrauen bekämpft werden muss, indem das volle Potenzial der Datenanonymisierung und -pseudonymisierung ausgeschöpft wird, und dass Bürgerinnen und Bürger, Gesundheitspersonal und Entscheidungsträger über die Einsatzmöglichkeiten, Vorteile und Risiken von KI im Bereich der Gesundheit sowie KI-Entwickler über die Herausforderungen und Risiken der Verarbeitung sensibler Daten in diesem Bereich besser informiert werden müssen;

33.

ist darüber hinaus der Ansicht, dass bindende und solide ethische und rechtliche Standards und durchsetzbare Rechtsbehelfe notwendig sind, um bei Bürgerinnen und Bürgern ein Ökosystem des Vertrauens zu fördern und die Gesundheitsdaten vor möglichem Missbrauch und unrechtmäßigem Zugriff angemessen zu schützen; stimmt mit der Kommission darin überein, dass die Bürgerinnen und Bürger über einen gesicherten Zugang zu einem umfassenden elektronischen Datensatz bezüglich ihrer Gesundheit verfügen, die Kontrolle über ihre personenbezogenen Gesundheitsdaten behalten und die Möglichkeit haben sollten, diese unter dem effektiven Schutz personenbezogener Daten und einer starken Cybersicherheit auf sicherem Wege an zugelassene Dritte weiterzugeben; betont, dass unbefugter Zugang zu und Verbreitung von Daten verboten werden sollten und dass der Schutz der personenbezogenen Daten von Patienten im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen gewährleistet werden muss;

34.

weist in diesem Zusammenhang auf das Risiko verzerrter Entscheidungen hin, die zu Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen führen; betont daher, dass Algorithmen und Datensätze unparteiischen Überprüfungen unterzogen werden müssen und eine weitere Erforschung der Methoden und Voreingenommenheit, die in trainierten KI-Systemen eingebettet sind, gefördert werden muss, um unethische und diskriminierende Schlussfolgerungen im Bereich von Daten zur menschlichen Gesundheit zu vermeiden;

35.

betont, dass eine effiziente und einheitliche Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung in der EU nötig ist, um Herausforderungen wie die Rechtsunsicherheit und die mangelnde Zusammenarbeit im Gesundheitssektor zu bewältigen; betont, dass solche Herausforderungen in manchen Fällen zu Verzögerungen bei wissenschaftlichen Entdeckungen und zu bürokratischem Aufwand in der Gesundheitsforschung führen; betont, dass die Einrichtung eines europäischen Raums für Gesundheitsdaten, in dem die Patientenrechte und die Datenübertragbarkeit sichergestellt werden, die Zusammenarbeit in Forschung und Innovation im europäischen Gesundheitssektor intensivieren und den Datenaustausch fördern könnte;

36.

stellt fest, dass KI zu einem raschen Fortschritt bei neuen Technologien wie Verfahren zur bildlichen Darstellung des Gehirns beitragen kann, die in der Medizin bereits wichtige Anwendungen haben, jedoch auch mit erheblichen Risiken für die menschliche Handlungsmacht und die Ausübung von Grundrechten ohne Erfordernis einer Zustimmung verbunden sind; ist besorgt über die fehlenden Rechtsvorschriften in Bezug auf neurologische Daten und ist der Ansicht, dass die Europäisch Union eine weltweite Führungsposition in der Entwicklung sicherer neurologischer Technologien anstreben sollte;

b)   KI und der Grüne Deal

37.

betont, dass die beiden wichtigsten Prioritäten der Kommission für die kommenden Jahre „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ und der Grüne Deal sind; unterstreicht, dass sichergestellt werden muss, dass der digitale Wandel zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt und den grünen Wandel fördert; stellt fest, dass dies eine Beschleunigung der mit den Klimazielen und Umweltstandards der EU vereinbaren Innovation erfordert; betont, dass KI-Anwendungen ökologische und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen und Prognosekapazitäten stärken können, die zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Verwirklichung des Ziels des europäischen Grünen Deals, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, beitragen können; ist der Ansicht, dass der Einsatz von KI das Potenzial hat, die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um bis zu 4 % zu senken (27); stellt fest, dass die IKT-Technologien die Treibhausgasemissionen Schätzungen zufolge um das 10fache ihres eigenen Fußabdrucks senken könnten (28), erkennt aber an, dass es hierfür bewusster Gestaltungsentscheidungen und regulierender Maßnahmen bedarf; warnt gleichzeitig davor, dass der zunehmende Energieverbrauch, der auf die Speicherung der für das Training von KI-Systemen benötigten großen Datensatzmengen zurückzuführen ist, auch negative Folge haben kann; hebt hervor, dass der Datenverkehr und die IKT-Infrastruktur inzwischen etwa 7 % des weltweiten Stromverbrauchs ausmachen und dass dieser Wert ohne geeignete Schutzvorkehrungen bis 2030 voraussichtlich auf 13 % ansteigen wird; fügt hinzu, dass der intensive Einsatz von Rohstoffen für den Bau von Mikroprozessoren und Hightech-Geräten, die KI nutzen, zu diesen negativen Auswirkungen beitragen kann; betont, dass diese direkten und indirekten negativen Umweltauswirkungen ihrerseits berücksichtigt und KI-Systeme entsprechend konzipiert werden müssen, dass ein nachhaltiger Verbrauch gefördert, der Ressourcen- und Energieverbrauch begrenzt, unnötige Verarbeitungsverfahren vermieden und Umweltschäden verhindert werden, um den „zwar großen Handabdruck, jedoch kleinen Fußabdruck“ der KI auf die Umwelt und das Klima sicherzustellen; betont, dass einschlägige Informationen und Daten erforderlich sind, um den Umweltauswirkungen des IKT-Sektors zu begegnen;

38.

ist besorgt darüber, dass nur sechs Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen, die Ziele des Grünen Deals zu erreichen, einen besonderen Schwerpunkt auf KI-Anwendungen gelegt haben; ist der Ansicht, dass KI genutzt werden kann, um Informationen zu sammeln und zu organisieren, die für die Umweltplanung, die Entscheidungsfindung und das Management und die Überwachung der Fortschritte der Umweltpolitik, beispielsweise für sauberere Luft, wo KI-Anwendungen die Umweltverschmutzung überwachen und vor Gefahren warnen können, maßgeblich sind; betont, dass solche KI- und digitalen Lösungen in mehreren Sektoren zum Einsatz kommen könnten, um ressourceneffiziente Lösungen auszuweiten;

39.

betont, wie wichtig KI-gestützte Systeme für die Entwicklung intelligenter Städte und Dörfer durch die Optimierung der Ressourcennutzung und die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Infrastruktur ist, auch durch Verkehrsprognosen und -reduzierung, intelligentes Energiemanagement, Soforthilfe und Abfallbewirtschaftung, wie es in mehreren Städten und Gemeinden in der EU bereits Realität ist; betont, dass KI-gestützte Lösungen weiter zu Stadtplanungs-, Architektur-, Bau- und Ingenieurprozessen beitragen können, um Emissionen, Bauzeiten, Kosten und Abfall zu reduzieren;

40.

betont, dass die Energiewende nicht ohne Digitalisierung verwirklicht werden kann; betont, dass KI den Energieverbrauch und die Energieerzeugung überwachen, optimieren und verringern und die Integration erneuerbarer Energien in bestehende Stromnetze unterstützen kann; unterstreicht, dass intelligente Zähler, effiziente Beleuchtung, Cloud-Computing und dezentrale Software zusammen mit einer KI-Komponente das Potenzial haben, einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie zu fördern und Nutzungsmuster zu verändern;

41.

hebt hervor, dass die zunehmende Komplexität eines Systems der Energiewende mit einer zunehmenden Volatilität der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und Änderungen im Lastmanagement eine zunehmende automatisierte Kontrolle für die Energieversorgungssicherheit erforderlich macht; betont, dass KI von potenziellem Nutzen für die Versorgungssicherheit ist, insbesondere beim Betrieb, der Überwachung, der Wartung und der Kontrolle von Wasser-, Gas- und Stromnetzen; weist jedoch darauf hin, dass durch KI-gestützte Netztechnologien Millionen von intelligenten Komponenten eingeführt werden, die über gemeinsame Schwachstellen verfügen, wodurch die Anzahl potenzieller Angriffspunkte in den Energienetzen und die Anfälligkeit kritischer Infrastrukturen erheblich vergrößert werden, falls keine angemessenen Cybersicherheitsmaßnahmen getroffen werden; ist der Auffassung, dass intelligente Netze weitere Investitionen und zusätzliche Forschung erfordern;

42.

ist der Ansicht, dass KI und andere digitale Lösungen für Mobilität und Verkehr das Potenzial haben, Verkehrsströme zu optimieren und die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen, auch durch eine gesteigerte Effizienz beim Zugang zu Verkehrssystemen; weist darauf hin, dass KI bei der Konstruktion und dem Energiemanagement energieeffizienter Fahrzeuge unterstützend eingesetzt werden kann; hebt hervor, dass die Möglichkeiten für App-basierte Fahrdienste, Fahrgemeinschaften und Carsharing erheblich zugenommen haben und KI häufig in solchen Mobilitätsdiensten zur effizienten Routenplanung und Auswahl von Abholstellen eingesetzt wird;

43.

ist der Ansicht, dass KI eine transformative Rolle in der Landwirtschaft spielen und das Entstehen neuer Erntemethoden, einschließlich Ernteprognosen und Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Ressourcen, fördern kann; betont, dass die Landwirtschaft ein Schlüsselsektor ist, in dem KI zur Verringerung der Emissionen und des Einsatzes von Pestiziden, Düngemitteln, Chemikalien und Wasser beitragen kann, indem ihr Einsatz auf präzise Mengen konzentriert und auf einen engeren Anwendungsbereich beschränkt wird; betont ferner, dass KI zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt beitragen kann, indem gefährdete Arten überwacht oder Abholzungen verfolgt werden; hebt die Notwendigkeit hervor, Leitlinien für die Einführung und standardisierte Bewertungsmethoden zu entwickeln, um „grüne KI“ in Bereichen wie intelligente Netze, Präzisionslandwirtschaft, intelligente und nachhaltige Städte und Gemeinschaften zu unterstützen; ist der Auffassung, dass KI in Gestalt von Präzisionslandwirtschaft das Potenzial besitzt, die Erzeugung von Lebensmitteln in landwirtschaftlichen Betrieben und die umfassendere Bodenbewirtschaftung zu optimieren, indem sie die Flächennutzungsplanung verbessert, Landnutzungsänderungen voraussagt und die Pflanzengesundheit überwacht, und überdies das Potenzial besitzt, die Vorhersage extremer Wetterereignisse zu verändern;

44.

betont, dass KI zur Kreislaufwirtschaft beitragen kann, indem sie Produktions-, Verbrauchs- und Recyclingprozesse und -muster ressourceneffizienter macht und die Transparenz der Materialverwendung verbessert, z. B. im Hinblick auf die ethische Herkunft von Rohstoffen und die Reduzierung von Abfällen; betont, dass KI das Potenzial hat, die Nachvollziehbarkeit von Emissionen für Unternehmen zu verbessern, einschließlich von Wertschöpfungsketten, und somit zur Anpassung und Verwirklichung der einzelnen Emissionsziele beizutragen; betont, dass digitale Instrumente Unternehmen dabei helfen können, die notwendigen Schritte hin zu nachhaltigerem Verhalten umzusetzen, insbesondere KMU, die ansonsten womöglich nicht über die dafür erforderlichen Mittel verfügen;

45.

hebt hervor, dass es derzeit nicht möglich ist, Umweltauswirkungen mithilfe von KI vollständig zu messen; ist der Ansicht, dass weitere Studien über die Rolle von KI mit Blick auf die Verringerung von Umweltauswirkungen vonnöten sind; betont, dass mehr Umweltdaten benötigt werden, um besseren Einblick zu gewinnen und durch KI-Lösungen mehr Fortschritte zu erzielen; betont, dass durch den Einsatz von KI, um Daten über CO2-Emissionen systematisch mit Daten über Produktions- und Verbrauchsmuster, Lieferketten und Logistikrouten zu verknüpfen, sichergestellt werden könnte, dass Tätigkeiten mit positiven oder negativen Auswirkungen aufgedeckt werden;

c)   Außen- und sicherheitspolitische Dimension der KI

46.

bekräftigt, dass die EU auf eine globale Einigung über gemeinsame Standards für den verantwortungsvollen Einsatz von KI drängt, da dies von größter Bedeutung ist; ist jedoch grundsätzlich der Ansicht, dass gleichgesinnte Demokratien das Potenzial haben, gemeinsam die internationale Debatte über einen KI-Rahmen, der die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit respektiert, zu gestalten, auf bestimmte gemeinsame Normen und Grundsätze, technische und ethische Standards und Leitlinien für verantwortungsvolles staatliches Verhalten hinzuarbeiten, insbesondere unter dem Dach zwischenstaatlicher Organisationen wie der UN und der OECD, und dadurch Multilateralismus, nachhaltige Entwicklung, Interoperabilität und Datenaustausch auf internationaler Ebene zu fördern; unterstützt die Arbeit der Offenen Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu Fragen der IKT und internationalen Sicherheit; unterstreicht, dass vertrauensbildende Maßnahmen von wesentlicher Bedeutung sind, um das Niveau des Dialogs zu erhöhen und mehr Vertrauen zu schaffen; fordert daher mehr Transparenz beim Einsatz von KI, um eine bessere Rechenschaftspflicht zu gewährleisten;

47.

begrüßt die jüngsten multilateralen Initiativen zur Entwicklung von Leitlinien und Standards für den ethisch verantwortungsvollen Einsatz von KI, wie die Grundsätze für KI der OECD, die Globale Partnerschaft für KI, die UNESCO-Empfehlungen zur Ethik von KI, die Plattform „AI for Good Global Summit“, die Empfehlungen des Europarates für einen möglichen Rechtsrahmen zur künstlichen Intelligenz und die politischen Leitlinien von UNICEF zu KI für Kinder; begrüßt die auf internationaler Ebene laufende Arbeit zu KI-Normen und die Fortschritte, die mit den Normen der Internationalen Organisation für Normung (ISO) zu den Auswirkungen der KI auf die Verwaltung erzielt wurden;

48.

begrüßt darüber hinaus die Einrichtung und Arbeitsaufnahme des Handels- und Technologierates EU-USA (TTC); begrüßt das Ergebnis der ersten Sitzung des TTC in Pittsburgh; sieht den TTC als potenzielles Forum für eine internationale Koordinierung zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zur Festlegung globaler Regelungen für künstliche Intelligenz und weltweit gültiger technologischer Standards, die unsere gemeinsamen Werte schützen, zur Förderung gemeinsamer Investitionen, Forschung und Entwicklung und für eine engmaschigere politische Koordinierung in internationalen Institutionen zu Fragen im Zusammenhang mit Technologie und künstlicher Intelligenz;

49.

hebt die Schlüsselrolle hervor, die die EU bei der Festlegung globaler Standards spielen kann, da sie als weltweit erster Staatenblock Rechtsvorschriften zur KI eingeführt hat; betont, dass der Rechtsrahmen der Union für KI Europa zu einem weltweit führenden Akteur in diesem Sektor machen könnte und daher weltweit gefördert werden sollte, indem mit allen internationalen Partnern zusammengearbeitet wird und der kritische und auf Ethik basierende Dialog mit Drittländern fortgesetzt wird, die alternative Governance-Modelle und Standards für künstliche Intelligenz nutzen;

50.

stellt fest, dass die chinesische Regierung im Rahmen ihrer Initiative „Neue Seidenstraße“ Normen- und Kooperationsabkommen mit 52 Ländern unterzeichnet hat; weist warnend darauf hin, dass der Aktivismus Chinas mit Blick auf Normen eine Herausforderung für die EU darstellt, da mehrere dieser Normen, auch in Bezug auf KI-Technologien und insbesondere in Bezug auf die Überwachung durch die Regierung und die individuellen Freiheiten, nicht mit den Menschenrechten und den Werten der EU im Einklang stehen;

51.

betont, dass KI-Technologien, insbesondere solche, die nicht mit den eingerichteten expliziten Kontrollmethoden gestaltet und entwickelt wurden und missbräuchlich und ohne Aufsicht in militärischen Kommandozentren oder in Trägerraketen eingesetzt werden, besonders signifikante Risiken darstellen und zu einer Eskalation eines automatisierten gegenseitigen Konflikts führen könnten;

52.

stellt fest, dass der Einsatz von KI-Systemen in verteidigungsbezogenen Entwicklungen aufgrund der Analyse von Daten, der Möglichkeit, eine größere Komplexität von Situationen abzubilden, des Potenzials, die Zielgenauigkeit zu verbessern, die Logistik zu optimieren und sich an bewaffneten Konflikten mit einem geringeren Risiko physischer Schäden für die Zivilbevölkerung und das eigene Militär zu beteiligen, sowie aufgrund der Verwendung von Daten für die Entwicklung von Handlungsmodi, wie z. B. für Konfliktsimulationen, als Wegbereiter für militärische Operationen angesehen wird; warnt jedoch davor, dass dies zu einer niedrigeren Schwelle für den Einsatz von Gewalt führen könnte, und damit zu mehr Konflikten; bekräftigt, dass Maschinen nicht in der Lage sind, menschenähnlichen Entscheidungen zu treffen, die die Rechtsgrundsätze Unterscheidungen, Verhältnismäßigkeit und Vorsorge miteinschließen; bekräftigt, dass der Mensch die Kontrolle über die Entscheidung, Waffen einzusetzen und zu verwenden, behalten und für die Anwendung tödlicher Gewalt sowie für Entscheidungen über Leben und Tod verantwortlich bleiben sollte; ist der Auffassung, dass für KI-basierte Waffensysteme globale Standards und ein internationaler ethischer Verhaltenskodex gelten sollten, um den Einsatz von KI-Technologien bei militärischen Operationen unter umfassender Achtung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte sowie im Einklang mit dem Recht und den Werten der Union zu untermauern;

53.

ist besorgt über die militärische Forschung und technologische Entwicklungen, die in manchen Ländern im Hinblick auf tödliche autonome Waffensysteme ohne maßgebliche menschliche Kontrollen durchgeführt werden; stellt fest, dass tödliche autonome Waffensysteme bereits in militärischen Konflikten eingesetzt werden; weist erneut darauf hin, dass das Parlament sich wiederholt für ein internationales Verbot der Entwicklung, der Herstellung und des Einsatzes von tödlichen autonomen Waffensystemen und für die Aufnahme wirksamer Verhandlungen über deren Verbot ausgesprochen hat; betont, dass KI-gestützte Systeme unter keinen Umständen menschliche Entscheidungsfindungsprozesse ersetzen dürfen, was die Rechtsgrundsätze Unterscheidungen, Verhältnismäßigkeit und Vorsorge miteinschließt;

54.

stellt insbesondere fest, dass die KI-Technologie potenzielle Risiken als Mittel für die Verfolgung verschiedener Formen hybrider Kriegsführung und ausländischer Einflussnahme bergen kann; weist darauf hin, dass sie beispielsweise mobilisiert werden könnte, um durch die Nutzung von Bots oder gefälschten Social-Media-Konten Desinformationen zu verbreiten, die Interdependenz als Waffe einzusetzen, wertvolle Informationen zu sammeln oder Wettbewerbern den Zugang zum Netz zu verwehren, Störungen in den Wirtschafts- und Finanzsystemen anderer Länder zu verursachen, die politische Debatte zu vergiften und extremistische Gruppen zu begünstigen oder Wahlen zu manipulieren, um Demokratien zu destabilisieren;

55.

hebt hervor, dass KI-Technologien auch KI-gestützte Schadprogramme, Identitätsdiebstahl, Datenvergiftung oder anderen Formen des kontradiktorischen maschinellen Lernens umfassen können, was dazu führt, dass andere KI-Systeme Eingaben falsch interpretieren; weist insbesondere auf die Zunahme von Deepfakes hin, bei denen es sich nicht unbedingt um Cyberangriffe handelt, die aber Zweifel an der Authentizität aller digitalen Inhalte, einschließlich Videos, aufkommen lassen und daher im Hinblick auf die Transparenzanforderungen besondere Aufmerksamkeit verdienen; warnt davor, dass Deepfakes zu einem breiten Klima des Misstrauens in der Öffentlichkeit gegenüber KI sowie zu einer tieferen soziopolitischen Polarisierung in unseren Gesellschaften beitragen könnten;

56.

weist darauf hin, dass die Verwendung von KI-Systemen in einer beträchtlichen Menge kritischer Infrastrukturen wie Energie- und Verkehrsnetze, Raumfahrt, die Lebensmittelversorgungskette, die Banken- und Finanzinfrastruktur und Krankenhauseinrichtungen zu neuen Anfälligkeiten geführt hat, die solide Cybersicherheitsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr erfordern; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch sowie Maßnahmen auf Ebene sowohl der EU als auch der Mitgliedstaaten wichtig sind; betont, dass der Förderung der Resilienz kritischer Einrichtungen gegenüber hybriden Bedrohungen eine große Bedeutung zukommt;

57.

warnt davor, dass die Fähigkeiten der KI auch Sicherheitsrisiken darstellen können, da sie Menschen dazu veranlassen können, ein solches Maß an Vertrauen in KI zu entwickeln, das das Vertrauen in ihr eigenes Urteil übertrifft; stellt fest, dass der Ansatz der interaktiven Einbindung eines Menschen („Human-in-the-Loop“) als Korrekturmechanismus nicht in allen Fällen praktikabel ist; stellt fest, dass Experimente gezeigt haben, dass dadurch das Maß an Autonomie der KI über die unterstützende Rolle hinaus erhöht werden kann, für die sie ursprünglich konzipiert wurde, und dass Menschen Gelegenheiten verpassen, Erfahrungen zu sammeln und ihre Fähigkeiten und Kenntnisse über KI-Systeme zu verfeinern; betont daher, dass Auslegungssicherheit und sinnvolle menschliche Aufsicht auf der Grundlage einer geeigneten Ausbildung sowie angemessener Sicherheits- und Datenschutzvorkehrungen bei KI-Systemen mit hohem Risiko vonnöten sind, um diesen Automatisierungsbias zu überwinden;

58.

betont jedoch, dass KI zur Vorhersage von Stromausfällen und zur sehr genauen Ermittlung von Wartungsbedarf verwendet werden kann; weist ferner darauf hin, dass sie verwendet werden kann, um große Datenmengen durch automatische Informationsextraktion oder automatische Informationsklassifizierung zusammenzufassen und um spezifische Muster zu erkennen; betont, dass diese Elemente eine bessere Vorhersage und Bewertung der Bedrohungslage und von Systemanfälligkeiten, schnellere Entscheidungsprozesse, eine verbesserte Reaktivität und eine wirksamere Sicherung von Endpunktgeräten ermöglichen würden;

59.

hebt insbesondere das inhärente Potenzial dafür hervor, Strafverfolgungsbehörden in die Lage zu versetzen, kriminelle Aktivitäten zu erkennen und dagegen vorzugehen, wobei KI-Technologien hilfreich sind; betont, dass solche KI-gestützten Strafverfolgungsmaßnahmen jedoch die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte, die strenge demokratische Aufsicht, klare Transparenzregeln, eine leistungsfähige IT-Infrastruktur, menschliche Aufsicht, hochqualifizierte Mitarbeiter und den Zugang zu relevanten und hochwertigen Daten erfordern;

d)   KI und Wettbewerbsfähigkeit

60.

stellt fest, dass in der nahen Zukunft mehr und mehr Produkte und Dienstleistungen entlang der Wertschöpfungskette miteinander verbunden sein werden, wobei KI und Automation eine wichtige Rolle in vielen Herstellungsprozessen, Tätigkeiten und Geschäftsmodellen spielen werden; betont, dass die Grundlagenforschung für die Entwicklung von KI-Ökosystemen in der Industrie sowie substantielle Investitionen zur Förderung der digitalen öffentlichen Verwaltung und zur Modernisierung der digitalen Infrastruktur von größter Bedeutung sind;

61.

betont, dass trotz der signifikanten Zunahme an Risikokapital und anderen Finanzierungen von Unternehmen in der Frühphase in den letzten zwei Jahren viele europäische Wirtschaftszweige zurückbleiben und dass die aktuellen Finanzierungsniveaus in der EU weiterhin unzureichend sind und maßgeblich aufgestockt werden sollten, um der Dynamik führender KI-Ökosysteme, wie unter anderem dem Silicon Valley, zu entsprechen; hebt die besondere Clusternetzwerk-Struktur des Innovationsökosystems der EU hervor, im Gegensatz zu zentralisierten (und staatlich geförderten) Innovationsökosystemen;

62.

betont, dass KI ein Wegbereiter für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der EU sein kann und das Potenzial hat, die Produktivität zu erhöhen, Innovationen zu beschleunigen, Herstellungsverfahren zu verbessern und die Überwachung der Widerstandsfähigkeit europäischer Lieferketten zu unterstützen;

63.

weist auf das Risiko der Unterbrechung von Lieferketten infolge der wirtschaftlichen Entkoppelung oder Katastrophen wie Pandemien oder Phänomene im Zusammenhang mit dem Klimawandel hin; betont, dass die Verwendung von KI die Aufdeckung von Mustern in der Unterbrechung von Lieferketten unterstützen kann und Informationen für die vorausschauende Instandhaltung bereitstellen kann, wodurch die Diversifizierung von Lieferanten unterstützt werden könnte;

64.

stellt fest, dass Unternehmen, die digitale Störungen ausgelöst haben, oft mit erheblichen Marktanteilgewinnen belohnt wurden; stellt fest, dass aktuelle Studien darauf hindeuten, dass sich dieses Muster wahrscheinlich noch verstärken wird, da Unternehmen, die KI einsetzen, häufig große Datenmengen erfassen, wodurch ihre Wettbewerbsposition meist verbessert wird; ist besorgt über die daraus folgenden Risiken einer Marktkonzentration zum Nachteil von KMU und Start-up-Unternehmen;

65.

betont, dass diese Aussichten besonders besorgniserregend sind, da die größten etablierten Technologieunternehmen, die wahrscheinlich auch im Bereich der KI-Technologien dominierend sein werden, Gatekeeper für Märkte sind, wobei sie gleichzeitig den größten Teil des generierten Werts vereinnahmen; betont, dass die Daten, die den KI-Sektor vorantreiben, mit überwältigender Mehrheit bei denselben großen Technologieunternehmen erhoben werden, die den Nutzern im Austausch für Daten und die Akzeptanz von gezielter Werbung Zugang zu Dienstleistungen bieten, weshalb ihre bestehende Marktdominanz mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Treiber einer weiteren Marktbeherrschung wird; weist darauf hin, dass der Hauptsitz von vielen dieser Technologieunternehmen sich außerhalb der EU befindet, dass sie aber dennoch den von europäischen Kunden generierten Wert vereinnahmen und damit einen Wettbewerbsvorteil erlangen;

66.

begrüßt, dass in der jüngsten Mitteilung der Kommission die Aktualisierung der Wettbewerbsregeln gefordert wurde, um sie für das digitale Zeitalter zu rüsten (29), und betont die Schlüsselrolle der Ex-ante-Maßnahmen, einschließlich des zukünftigen Gesetzes über digitale Märkte, für den Ausgleich der Konzentration, bevor sie auftritt; hebt darüber hinaus die Rolle hervor, die die Normung und die Zusammenarbeit bei der Regulierung bei der Lösung dieses Problems spielen können, indem sie die globale Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen unabhängig von ihrem physischen Ort erleichtern;

67.

betont, dass KMU und Start-up-Unternehmen eine zentrale Rolle bei der Einführung von KI-Technologien in der EU spielen, da sie den Großteil aller Unternehmen ausmachen und eine entscheidende Innovationsquelle darstellen; stellt jedoch fest, dass vielversprechende KI-Start-up-Unternehmen mit signifikanten Hindernissen für eine Expandierung in Europa konfrontiert sind, aufgrund des unvollständigen digitalen Binnenmarkts und der regulatorischen Unterschiede in vielen Mitgliedstaaten, oder dass sie, wenn sie expandieren, von großen Technologieunternehmen übernommen werden; bedauert, dass KMU häufig mit fehlenden Mitteln, komplexen Verwaltungsverfahren und dem Mangel an geeigneten Kompetenzen und dem fehlenden Zugang zu Informationen konfrontiert sind; stellt fest, dass die Wettbewerbsbehörden der EU in der Vergangenheit viele ausländische Übernahmen von europäischen KI- und Robotik-Unternehmen zugelassen haben;

68.

betont, dass die intensive Nutzung von Algorithmen, z. B. für die Preisfestlegung, auch zu völlig neuen KI-spezifischen Problemen im Binnenmarkt führen könnte; stellt fest, dass es beispielsweise für Kartellbehörden schwierig sein könnte, Preisabsprachen zwischen KI-gestützten Preissetzungssystemen nachzuweisen; fügt ferner an, dass die wenigen KI-Anbieter, die bereits am Börsenhandel beteiligt sind, ein systemisches Risiko für die Finanzmärkte darstellen könnten, unter anderem durch Absprachen; betont, dass algorithmische Absprachen sehr schwer zu ermitteln sind, da KI-basierte Systeme nicht miteinander kommunizieren, wie es Menschen im Falle von kollusiven Praktiken tun, wodurch es unmöglich sein kann, kollusive Absichten nachzuweisen; betont, dass hierdurch die Marktstabilität gefährdet wird und dass die Wettbewerbsbehörden der EU und der Mitgliedstaaten geeignete Strategien und Instrumente ausarbeiten müssen; hebt darüber hinaus das systemische Risiko für Finanzmärkte aufgrund der weitverbreiteten Nutzung von algorithmischen Handelsmodellen und -systemen ohne jede menschliche Interaktion hervor, die die Marktbewegungen in der Vergangenheit außerordentlich verstärkt haben und dies wahrscheinlich in Zukunft wieder tun werden;

69.

stellt fest, dass viele KI-Unternehmen in der EU derzeit mit Rechtsunsicherheit konfrontiert sind, und zwar in Bezug darauf, wie sie ihre Produkte und Dienstleistungen auf sichere Weise entwickeln können, aufgrund von bürokratischen Hürden und da sich die geltenden branchenspezifischen Rechtsvorschriften überschneiden und es keine etablierten KI-Standards und -Normen gibt;

70.

hebt die Herausforderung für KI-Unternehmen im Hinblick auf Qualitätskontrolle und Verbraucherschutz hervor; kommt zu dem Schluss, dass Transparenz und Vertrauenswürdigkeit von wesentlicher Bedeutung sind, um sicherzustellen, dass Unternehmen der EU einen Wettbewerbsvorteil haben, da durch solche Überlegungen in Zukunft darüber entschieden wird, ob ein Produkt oder eine Dienstleistung letztendlich vom Markt akzeptiert wird;

71.

stellt fest, dass zwar 26 % der Publikationen im Bereich der Spitzenforschung zum Thema KI aus Europa stammen, aber nur vier der 30 wichtigsten Antragsteller (13 %) und nur 7 % der Unternehmen, die weltweit KI-Patente anmelden, in Europa ansässig sind;

72.

ist der Ansicht, dass die Rechtsvorschriften der EU über geistiges Eigentum harmonisiert und klar und transparent durchgesetzt werden müssen und einen ausgewogenen, durchsetzbaren und berechenbaren Rahmen erfordern, um es europäischen Unternehmen und insbesondere KMU und Start-up-Unternehmen zu ermöglichen, den Schutz des geistigen Eigentums zu gewährleisten;

73.

ist besorgt darüber, dass KMU ihr geistiges Eigentum weiterhin selten schützen, was oftmals daran liegt, dass sie sich weder vollständig über ihre Rechte bewusst sind noch über ausreichende Ressourcen verfügen, um diese Rechte zu wahren; hebt hervor, wie wichtig Informationen und Statistiken über den Schutz des geistigen Eigentums bei in wissensintensiven Branchen tätigen KMU sind, und begrüßt Bemühungen, darunter vereinfachte Registrierungsverfahren und niedrigere Verwaltungsgebühren, um KMU und Start-up-Unternehmen bessere Kenntnisse zu vermitteln und ihren Zugang zum Schutz des geistigen Eigentums zu erleichtern; stellt fest, dass die Position der EU als Organisation, die globale Standards setzt. gestärkt werden sollte, um Unternehmen aus der EU dabei zu helfen, ihre KI-bezogenen Rechte des geistigen Eigentums zu schützen; betont, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität in einem starken und widerstandsfähigen Binnenmarkt und u. a. im Schutz und in der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verwurzelt ist;

74.

stellt fest, dass die Datenanalyse sowie der Zugang zu sowie der Austausch und die Weiterverwendung von nicht personenbezogenen Daten bereits heute für viele datengesteuerte Produkte und Dienstleistungen von wesentlicher Bedeutung sind, aber für die Entwicklung und den Einsatz künftiger KI-Systeme wichtig sein werden; betont jedoch, dass die meisten nicht personenbezogenen Daten, die bisher in der EU generiert wurden, nicht genutzt werden, während ein Binnenmarkt für Daten noch in Arbeit ist;

75.

weist darauf hin, wie wichtig es ist, den Datenzugang und Datenaustausch zu erleichtern sowie offene Standards und quelloffene Technologien zu ermöglichen, um hierdurch die Investitionen zu verstärken und Innovationen im Bereich der KI-Technologien in der EU zu fördern; stellt fest, dass eine bessere Harmonisierung der Auslegungen durch die nationalen Datenschutzbehörden und der Leitlinien zu gemischten Daten und zu Techniken der Depersonalisierung für KI-Entwickler von Nutzen wäre;

76.

betont die Rolle, die KI bei der Unterstützung von Durchsetzungsmaßnahmen europäischer und nationaler Behörden, insbesondere in den Bereichen Zoll und Marktüberwachung, spielen kann; ist der Ansicht, dass Handels- und Zollverfahren durch KI effizienter und kostengünstiger gestaltet werden können, indem die Einhaltung der Vorschriften verbessert und sichergestellt wird, dass nur sichere Produkte auf den Binnenmarkt gelangen; weist beispielhaft auf das System für Bewertung und Einnahmeverwaltung der Canada Border Services Agency (das CARM-System) hin, das Import- und Exportverfahren erheblich vereinfacht, indem es eine qualifizierte KI-Risikobewertung und ein optimiertes digitalisiertes Informationsmanagement nutzt, um den Bedarf an langwierigen Kontrollen zu verringern;

e)   KI und der Arbeitsmarkt

77.

stellt fest, dass die KI den Arbeitsmarkt, den Arbeitsplatz und den sozialen Bereich zunehmend beeinflusst und dass die Auswirkungen des technologischen Wandels auf Arbeit und Beschäftigung vielschichtig sind; betont, dass der Einsatz von KI in diesem Bereich eine Reihe von ethischen, rechtlichen und beschäftigungsbezogenen Herausforderungen mit sich bringt; ist besorgt darüber, dass die Digitalisierung auf dem Arbeitsmarkt zu einer Umstrukturierung der Belegschaft und zum möglichen Verschwinden bestimmter Beschäftigungssektoren führen könnte; ist der Auffassung, dass die Einführung von KI in Verbindung mit der erforderlichen unterstützenden Infrastruktur, Bildung und Schulung die Kapital- und Arbeitsproduktivität, die Innovation und das nachhaltige Wachstum steigern und Arbeitsplätze schaffen könnte;

78.

betont, dass KI zwar möglicherweise einige Aufgaben ersetzt, darunter repetitive, schwere, arbeitsintensive oder gefährliche, aber auch dazu beitragen könnte, Fähigkeiten zu verbessern, die Qualität der Arbeit zu steigern und neue Beschäftigung mit höherem Mehrwert zu schaffen, sodass mehr Zeit für anregende Aufgaben und die berufliche Weiterentwicklung bleibt; betont, dass KI derzeit bei einer Teilmenge von Aufgaben Menschen bereits ersetzt oder ergänzt, aber bislang noch keine erkennbaren signifikanten Auswirkungen auf den Gesamtarbeitsmarkt hat (30); betont jedoch, dass die Möglichkeit einer Zunahme der Einkommensungleichheit besteht, wenn durch KI mehr hohe Qualifikationen erfordernde Tätigkeiten entstehen und geringe Qualifikationen erfordernde Tätigkeiten ersetzt werden; fügt hinzu, dass es notwendig ist, die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen durch geeignete Maßnahmen, Forschung und Voraussicht abzumildern und sich auf sie vorzubereiten, indem man in die Umschulung und Weiterbildung der Arbeitskräfte investiert, wobei der Schwerpunkt auf unterrepräsentierten Gruppen wie Frauen und Minderheiten liegen sollte, die von diesem Wandel wahrscheinlich am stärksten betroffen sind, und indem man Vielfalt in allen Phasen der KI-Systementwicklung fördert; befürchtet, dass die KI Prozesse der Dequalifizierung hervorrufen und niedrig bezahlte, wenig autonome Arbeit schaffen und verankern sowie atypische, flexible (oder „Gig“-)Arbeit ausweiten könnte; unterstreicht, dass algorithmisches Management zu Machtungleichgewichten zwischen Führungskräften und Arbeitnehmern und zu Unklarheit über die Entscheidungsfindung führen könnte;

79.

betont, dass die Einführung von KI eine Gelegenheit zur Förderung eines erheblichen Kulturwandels in Unternehmen bietet, etwa durch verbesserte Arbeitsplatzsicherheit, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, das Recht, von der Arbeit abzuschalten, sowie wirksamere Schulungsmöglichkeiten und Anleitung für Arbeitnehmer; verweist in diesem Zusammenhang auf die Empfehlungen der OECD, in denen hervorgehoben wird, dass die Automatisierung auch eine Arbeitszeitverkürzung nach sich ziehen und damit die Lebensbedingungen und die Gesundheit der Arbeitnehmer verbessern könnte; ist der Ansicht, dass durch KI-Anwendungen, die den Menschen stärken, auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden könnten, insbesondere für diejenigen, die aufgrund von Einschränkungen wie Behinderungen oder Lebensumständen bisher an geringere Qualifikationen erfordernde Arbeitsplätze gebunden waren; betont, dass die KI-Unterstützung am Arbeitsplatz genutzt werden muss, um den Menschen Zeit zu geben, die Qualität ihrer Arbeit zu verbessern, anstatt nur die Arbeitsbelastung zu erhöhen;

80.

verurteilt den zunehmenden Einsatz von KI-betriebener Überwachung am Arbeitsplatz, die häufig ohne das Wissen der Arbeitnehmer, geschweige denn ohne ihre Zustimmung erfolgt, insbesondere auch im Zusammenhang mit Telearbeit; ist der Auffassung, dass diese Praxis nicht zulässig sein sollte, da sie das Grundrecht auf Privatsphäre, Datenschutz und Menschenwürde der Arbeitnehmer sowie Sozial- und Arbeitsrechte in hohem Maße verletzt und aufgrund der Tragweite des Eingriffs, der pauschalen oder wahllosen Wirkung und des fehlenden Schutzes für die betroffenen Personen auch negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer hat;

81.

ist besorgt darüber, dass eine ähnliche Gefahr der Überwachung auch im schulischen Umfeld besteht, da die zunehmende Einführung von KI-Systemen in Schulen die Grundrechte der Kinder untergräbt; stellt fest, dass die Auswirkungen der KI auf die Privatsphäre, die Sicherheit und den Schutz der Kinder ein breites Spektrum abdecken, das von Vorteilen im Zusammenhang mit der Fähigkeit, Bedrohungen für Kinder genauer und präziser zu verstehen, bis hin zu Risiken im Zusammenhang mit unbeabsichtigten Verletzungen der Privatsphäre reicht; unterstreicht, dass sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen auf die Privatsphäre, die Sicherheit und den Schutz der Kinder einer genauen Prüfung und entsprechender Schutzmaßnahmen bedürfen; hebt ferner hervor, dass Kinder bei der Entwicklung von KI-Systemen besonders berücksichtigt und geschützt werden müssen, da sie besonders anfällig und gefährdet sind;

82.

betont, dass es von größter Bedeutung ist, den Einzelnen in allen Lebensphasen mit umfassenden Qualifizierungsprogrammen auszustatten, um ihn in die Lage zu versetzen, in einer sich ständig weiterentwickelnden Arbeitswelt produktiv zu bleiben, und seine Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt zu vermeiden; ist der Ansicht, dass die Anpassung der Arbeitnehmer im Hinblick auf KI-Bildung, lebenslanges Lernen und Umschulungen von entscheidender Bedeutung ist; betont, dass die derzeitigen Konzepte des Lernens und Arbeitens noch immer zu stark durch die prädigitale Welt bestimmt sind, was zu einer zunehmenden Qualifikationslücke und einer neuen digitalen Kluft für Bürger, die keinen Zugang zu einem sicheren digitalen Raum haben, beiträgt; betont, dass durch die Verbesserung der digitalen Kompetenz zur Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, insbesondere derjenigen in den Bereichen Bildung, Humankapital und Infrastruktur, beigetragen wird; hebt den Wissenszuwachs über neue Arbeits- und Lernformen hervor, der durch die COVID-19-Krise entstanden ist und auf dem weiter aufgebaut werden könnte;

83.

hebt hervor, dass die Union die Vorteile der Digitalisierung nur voll ausschöpfen kann, wenn sie digitale Kompetenz und Fähigkeiten für alle fördert; ist der Ansicht, dass digitale Kompetenz eine Voraussetzung für das Vertrauen der Bürger in die KI und das öffentliche Bewusstsein für ihre Auswirkungen ist; hebt hervor, wie wichtig es ist, eine Grundausbildung in digitalen Fähigkeiten und KI in die nationalen Bildungssysteme aufzunehmen; ist der Ansicht, dass der Einsatz und die Entwicklung der KI-Technologie im Bereich der Minderheitensprachen zur Förderung ihrer Kenntnis und Verwendung führen könnten; betont, dass mehr als 70 % der Unternehmen einen Mangel an Personal mit angemessenen digitalen Kompetenzen und KI-Kompetenzen als Investitionshindernis angeben; ist besorgt darüber, dass es im Jahr 2019 in der EU 7,8 Mio. IKT-Fachkräfte gab, was einer Steigerung um 4,2 % gegenüber dem Vorjahr entspricht, womit die Zahl deutlich unter dem Bedarf in Schlüsselbereichen wie der Datenanalyse liegt, der sich Prognosen der Kommission zufolge auf 20 Mio. Sachverständige beläuft;

84.

ist besorgt über das ausgeprägte Geschlechtergefälle in diesem Bereich, da Frauen unter den IKT-Fachkräften nur ein Sechstel und unter den Absolventen in Studiengängen der Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) nur ein Drittel ausmachen (31); stellt mit Besorgnis fest, dass die Kluft zwischen den Geschlechtern insbesondere im Bereich der Start-up-Unternehmen fortbesteht, wo 2019 92 USD von 100 USD, die in europäische Technologieunternehmen investiert wurden, an Gründerteams gingen, die ausschließlich aus Männern bestanden; empfiehlt gezielte Initiativen zur Unterstützung von Frauen im MINT-Bereich, um die allumfassende Qualifikationslücke in diesem Wirtschaftszweig zu schließen; betont, dass diese Lücke unweigerlich zu verzerrten Algorithmen führt; betont, wie wichtig es ist, Mädchen zu befähigen und zu motivieren, MINT-Berufe zu ergreifen, und die geschlechtsspezifischen Unterschiede in diesem Bereich zu beseitigen;

f)   KI und die Zukunft der Demokratie

85.

stellt fest, dass die KI einerseits das Potenzial hat, zum Aufbau eines transparenteren und effizienten öffentlichen Sektors beizutragen, dass andererseits jedoch die — oft von einer Wachstums- und Profitlogik getriebenen — technischen Entwicklungen im Bereich der KI sehr schnell und dynamisch sind, was es den politischen Entscheidungsträgern erschwert, ausreichend zu verstehen, wie neue KI-Anwendungen funktionieren und welche Ergebnisse diese Anwendungen hervorbringen können, obwohl sie die Pflicht haben, einen Rahmen festzulegen, um sicherzustellen, dass die KI mit den Grundrechten im Einklang steht und zum Wohle der Gesellschaft verwendet werden kann; hebt hervor, dass die Prognosen von Experten zu den zukünftigen Auswirkungen der KI auch voneinander abweichen, was darauf hindeutet, dass es selbst für sie schwierig sein könnte, die Ergebnisse der Einführung neuer KI-Technologien vorherzusagen; vertritt daher die Auffassung, dass es aufgrund dieser Unsicherheit notwendig ist, dass die Gesetzgeber bei der Regulierung der KI dem Vorsorgeprinzip gebührend Rechnung tragen; hält die Konsultation von Experten mit unterschiedlichem Fachwissen und unterschiedlichem Hintergrund für wesentlich, um solide, praktikable und zukunftssichere Rechtsvorschriften zu schaffen; gibt zu bedenken, dass Rechtsunsicherheit eines der größten Innovationshemmnisse sein kann; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, wie wichtig es ist, die KI-Kompetenz der Bevölkerung zu fördern, einschließlich der gewählten Vertreter und nationalen Behörden;

86.

warnt davor, dass legislative Zyklen daher häufig nicht mit dem Tempo des technologischen Fortschritts Schritt halten, sodass die politischen Entscheidungsträger gezwungen sind, den Rückstand aufzuholen, weshalb sie es bevorzugen, bereits auf dem Markt befindliche Anwendungsfälle zu regulieren; weist darauf hin, dass einem vernünftigen Regulierungsansatz in Bezug auf KI eine umfassende Analyse der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit vorausgehen muss, um zu verhindern, dass die Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU behindert werden;

87.

betont, dass der Einsatz von KI für den Erwerb biometrischer Daten für den Einzelnen sowie für die breite Öffentlichkeit sowohl übergriffig und belastend als auch vorteilhaft sein könnte;

88.

stellt mit Besorgnis fest, dass solche KI-Technologien wichtige ethische und rechtliche Fragen aufwerfen; stellt fest, dass bestimmte KI-Technologien die Automatisierung der Informationsverarbeitung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß ermöglichen, was den Weg für Massenüberwachung und andere unrechtmäßige Eingriffe ebnet und eine Bedrohung der Grundrechte darstellt, insbesondere der Rechte auf Privatsphäre und Datenschutz;

89.

betont, dass viele autoritäre Regime KI-Systeme einsetzen, um ihre Bürger zu kontrollieren, massenhaft zu beobachten, auszuspionieren, zu überwachen und ihnen ein Ranking zuzuweisen oder ihre Freizügigkeit zu beschneiden; betont, dass jede Form einer normativen Bewertung der Bürger, die von Behörden, insbesondere im Bereich der Strafverfolgung, der Grenzkontrolle und der Justiz, bzw. von privaten Unternehmen oder Einzelpersonen vorgenommen wird, zum Verlust von Autonomie und Privatsphäre führt, Diskriminierungsrisiken mit sich bringt und nicht mit den europäischen Werten in Einklang steht; erinnert daran, dass Technologien wie Cyberüberwachung und biometrische Erkennung, die zu diesen Zwecken eingesetzt werden können, der Ausfuhrkontrollverordnung der EU unterliegen; ist äußerst besorgt über und verurteilt Fälle, in denen EU-Unternehmen biometrische Systeme, deren Verwendung in der EU untersagt ist, an autoritäre Regime in Nicht-EU-Ländern verkaufen;

90.

stellt fest, dass marktbeherrschende Technologieplattformen heutzutage nicht nur ein erhebliches Maß an Kontrolle über den Zugang zu Informationen und deren Verbreitung ausüben, sondern auch KI-Technologien nutzen, um mehr Informationen über die Identität und das Verhalten und Kenntnisse über das zurückliegende Entscheidungsverhalten einer Person zu erhalten; ist der Ansicht, dass ein solches Profiling eine Bedrohung für die demokratischen Systeme sowie für die Wahrung der Grundrechte und der Autonomie der Bürger darstellt; betont, dass dies ein Ungleichgewicht der Macht schafft und systemische Risiken birgt, die die Demokratie beeinträchtigen könnten;

91.

weist darauf hin, dass digitale Plattformen, auch durch KI-gesteuerte Marketinganwendungen, genutzt werden können, um Einfluss aus dem Ausland zu nehmen und Desinformation und Deepfakes zu verbreiten, indem sie als Netzwerke für Propaganda, den Einsatz von Trolls und Schikanen dienen, um Wahlprozesse zu untergraben; betont, dass maschinelles Lernen insbesondere die gezielte Nutzung personenbezogener Daten ermöglicht, um ahnungslose Wähler zu manipulieren, indem individuell zugeschnittene und überzeugende Botschaften kreiert werden; unterstreicht die Bedeutung strenger Transparenzpflichten, die wirksam durchgesetzt werden;

92.

betont jedoch, dass KI auch genutzt werden könnte, um antidemokratische und unethische Aktivitäten auf Plattformen zu verringern und die Verbreitung von Falschmeldungen und Hetze zu begrenzen, auch wenn Tests ihrer Fähigkeiten, kontextspezifische Inhalte zu verstehen, bisher nur schwache Ergebnisse gezeigt haben; ist besorgt darüber, dass eine spalterische Sprache zu einem stärkeren Engagement der Nutzer führen könnte, weshalb ein Unterbinden solcher Äußerungen in direktem Widerspruch zum Geschäftsmodell solcher Plattformen stünde, das auf einem größtmöglichen Engagement der Nutzer beruht; ist der Auffassung, dass KI-gestützte Lösungen vor ihrer letztendlichen Anwendung auf einer uneingeschränkten Achtung der freien Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit und auf stichhaltigen Beweisen zu ihren Gunsten beruhen müssen;

93.

betont, dass Voreingenommenheit von KI-Systemen, insbesondere bei Deep-Learning-Systemen, häufig auf einen Mangel an vielfältigen und hochwertigen Schulungs- und Testdaten zurückzuführen ist, beispielsweise wenn Datensätze verwendet werden, die gefährdete Gruppen nicht hinreichend repräsentieren, oder wenn die Festlegung von Aufgaben oder Anforderungen selbst von Voreingenommenheit geprägt ist; stellt fest, dass Voreingenommenheit auch aufgrund eines möglichen Mangels an Vielfalt in den Entwicklerteams entstehen kann, was intrinsische Voreingenommenheit bekräftigt, oder aufgrund eines begrenzten Umfangs an Schulungs- und Testdaten oder wenn der Algorithmus von einem voreingenommenen KI-Entwickler beeinträchtigt wurde; weist darauf hin, dass eine begründete Differenzierung auch absichtlich geschaffen wird, um die Lernleistung der KI unter bestimmten Umständen zu verbessern;

94.

betont, dass strukturelle Voreingenommenheit in unserer Gesellschaft nicht durch minderwertige Datensätze wiederholt oder gar verstärkt werden sollte; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Algorithmen so diskriminierend sind wie die Daten, mit denen sie arbeiten, und dass sie aufgrund von minderwertigen Trainingsdaten oder von in der Gesellschaft beobachteter Voreingenommenheit und Diskriminierung Entscheidungen vorschlagen könnten, die ihrem Wesen nach diskriminierend sind, was die Diskriminierung innerhalb der Gesellschaft verschärft; stellt jedoch fest, dass KI-Voreingenommenheiten manchmal korrigiert werden können; kommt daher zu dem Schluss, dass es notwendig ist, für KI-Systeme, einschließlich der Software, der Algorithmen und der von ihnen verwendeten und erzeugten Daten, technische Mittel einzusetzen und verschiedene Kontrollschichten einzurichten, um dieses Risiko zu minimieren; vertritt die Auffassung, dass KI genutzt werden kann und sollte, um in unserer Gesellschaft Vorurteile und Diskriminierung abzubauen sowie Gleichberechtigung und positiven sozialen Wandel zu fördern, auch durch normative Anforderungen an Datensätze, die zum Training von KI-Systemen verwendet werden; betont, dass eine der effizientesten Möglichkeiten zur Verringerung von Verzerrungen in KI-Systemen darin besteht, im Rahmen der unionsrechtlichen Möglichkeiten sicherzustellen, dass eine größtmögliche Menge nicht personenbezogener Daten für Trainingszwecke und maschinelles Lernen zur Verfügung steht;

g)

Wiederkehrende Ergebnisse in allen sechs Fallstudien

95.

stellt fest, dass sich im Zusammenhang mit der Einführung von KI-Technologien klare gesellschaftliche Vorteile und Chancen bieten, die nur genutzt werden können, wenn bereichsübergreifende Hindernisse in der EU im Einklang mit den Grundrechten und -werten und den Rechtsvorschriften beseitigt werden; stellt fest, dass insbesondere Überschneidung von Rechtsvorschriften, Marktzersplitterung, bürokratische Hürden, ein Mangel an zugänglicher digitaler Infrastruktur und an digitalen Kompetenzen in der breiteren Gesellschaft sowie unzureichende Investitionen in Forschung und Entwicklung in allen untersuchten Bereichen als Hindernisse für die erfolgreiche Anwendung von vertrauenswürdiger KI betrachtet werden können;

96.

zieht aus den untersuchten Fallstudien ferner den Schluss, dass es bestimmte Anwendungsfälle gibt, die riskant oder schädlich sind, dass dies jedoch nicht unbedingt an bestimmten KI-Technologien an sich liegt, sondern an ihren Anwendungsbereichen; erkannt an, dass künftige Vorschriften berechtigten Bedenken im Zusammenhang mit diesen Risiken Rechnung tragen müssen, damit die KI-Technologien in der EU breite Anwendung finden können;

97.

stellt fest, dass es zwar wichtig ist, die von KI ausgehenden potenziellen Risiken zu untersuchen und zu kategorisieren, die Fallstudien jedoch gezeigt haben, dass KI-Technologien uns wirksame Gegenmaßnahmen bieten können, mit denen diese Risiken gemindert oder beseitigt werden können; betont, dass sich die KI noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium im breiteren Kontext neuer Technologien befindet, weshalb ihr wahres Potenzial sowie ihre Risiken nur erahnt werden können; weist darauf hin, dass nicht nur die Risiken für den Einzelnen betrachtet werden müssen, sondern auch die umfassenderen gesellschaftlichen und nicht-materiellen individuellen Schäden; verdeutlicht die erheblichen Ungleichgewichte der Marktmacht auf den Datenmärkten und in der angrenzenden KI-Wirtschaft; betont, dass ein fairer Wettbewerb und die Beseitigung von Wettbewerbshindernissen für Start-up-Unternehmen und KMU wesentlich sind, um den potenziellen Nutzen von KI, der sowohl in der EU als auch weltweit erheblich zu sein scheint, in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht gerecht zu verteilen;

3.    Stellung der EU im globalen KI-Wettbewerb

98.

stellt fest, dass im Bereich KI ein harter globaler Wettbewerb besteht, in dem die EU ihre Erwartungen noch nicht erfüllt hat; untersucht in den folgenden Abschnitten die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU in Bezug auf KI, indem es sie mit der Chinas und der der Vereinigten Staaten vergleicht, wobei der Schwerpunkt auf drei zentralen Aspekten liegt, nämlich dem Regulierungsansatz, der Marktlage und den Investitionen; erkennt jedoch an, dass transnationale Märkte und Unternehmen nicht ohne Weiteres über nationale Grenzen hinweg abgegrenzt werden können, da die meisten Technologieunternehmen Kunden, Anteilseigner, Beschäftigte und Lieferanten in vielen verschiedenen Ländern haben;

a)   Regulierungsansatz

99.

stellt fest, dass die Vereinigten Staaten noch keine horizontalen Rechtsvorschriften im Digitalbereich eingeführt haben und sich bisher auf branchenspezifische Rechtsvorschriften und die Erleichterung von Investitionen, einschließlich durch steuerliche Maßnahmen für Innovationen in der Privatwirtschaft, konzentrieren, insbesondere für ihre Technologiegiganten und führenden Universitäten; stellt fest, dass der Schwerpunkt des Ansatzes der Vereinigten Staaten trotz der jüngsten Entwicklungen, die eine aktivere Rolle der Politik erkennen lassen, bisher hauptsächlich darauf lag, Unternehmen rechtliche Orientierungshilfen zu bieten, in Forschungsprojekte zu investieren und wahrgenommene Hindernisse für die Innovation zu beseitigen;

100.

betont, dass der US-amerikanische AI Initiative Act von 2019 zu einer leichten Neuausrichtung geführt hat, da die US-Regierung neben der Neuausrichtung der Finanzierung, der Umschulung von Arbeitnehmern und der Stärkung der digitalen Infrastruktur die Entwicklung gemeinsamer Normen für vertrauenswürdige KI angekündigt hat; stellt jedoch fest, dass die zehn Grundsätze, die sich daraus ergaben, sehr weit gefasst waren, damit jede Regierungsbehörde branchenspezifische Vorschriften ausarbeiten kann; erwartet, dass der Ansatz der Vereinigten Staaten weiter marktorientiert sein wird, auch wenn die derzeitige US-Regierung beabsichtigt, im Jahr 2022 einen neuen Rechtekatalog vorzulegen, um durch KI verursachte Schäden zu begrenzen;

101.

hebt hervor, dass der chinesische Präsident Xi Jinping bereits 2013 die Bedeutung von Technologien in der Geopolitik, die Rolle öffentlicher Strategien bei der Festlegung langfristiger Ziele und den Umstand, dass KI-Technologien eine Gelegenheit bieten, die eigene Militärmacht neu aufzubauen, betont hat; betont ferner, dass die chinesische Regierung anschließend im Jahr 2015 den Plan „Made in China 2025“ und im Jahr 2017 den „Entwicklungsplan für Künstliche Intelligenz der nächsten Generation“ vorgelegt hat, die beide eindeutig darauf ausgerichtet waren, China bis 2030 zum weltweiten Vorreiter im Bereich KI zu machen; stellt fest, dass im Weißbuch zur Normung im chinesischen KI-Bereich von 2018 näher dargelegt wurde, wie die sozialistische Marktwirtschaft internationale Normen entwickeln und sich strategisch an internationalen Normungsorganisationen beteiligen kann; nimmt zur Kenntnis, dass in China Regeln für Empfehlungssysteme sowie ein Ethikkodex für KI eingeführt wurden;

102.

stellt fest, dass China auf globaler Ebene aktiv internationale KI-Partnerschaften fördert, um seine eigenen KI-gestützten Überwachungspraktiken, Systeme zur Bewertung des Sozialverhaltens und Zensurstrategien zu verbreiten; betont, dass umfangreiche Investitionen im Ausland im Rahmen der Initiative „Digitale Seidenstraße“ auch als Mittel genutzt werden, um den chinesischen Einfluss und chinesische KI-Technologie weltweit zu verbreiten, was weitreichende Auswirkungen haben könnte, die über die Durchsetzung technologischer Standards oder die Aufrechterhaltung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit hinausgehen; kommt zu dem Schluss, dass der Ansatz der Regierung Chinas daher auf der Einführung von KI im Inland sowie auf der Ausfuhr von KI-Technologien auf der Grundlage von im Voraus festgelegten Normen beruht, die mit der Ideologie der Regierung Chinas im Einklang stehen;

103.

stellt fest, dass die Kommission im Jahr 2018 mit der Veröffentlichung der europäischen KI-Strategie, der Einsetzung einer hochrangigen Expertengruppe und der Vorlage eines koordinierten Plans (32) zur Förderung künstlicher Intelligenz „Made in Europe“ ihre Arbeit zur Regulierung von KI aufgenommen hat; stellt fest, dass im Weißbuch zur KI von 2020 zahlreiche Maßnahmen und politische Möglichkeiten für künftige Regelungen im Bereich KI vorgeschlagen wurden und dass dieses schließlich zu dem horizontalen Gesetz über künstliche Intelligenz (33) geführt hat, das im Mai 2021 zusammen mit einem überarbeiteten koordinierten Plan für künstliche Intelligenz (34) vorgelegt wurde; weist darauf hin, dass bis Juni 2021 20 Mitgliedstaaten nationale KI-Strategien veröffentlicht haben, während sich sieben weitere in der abschließenden Vorbereitungsphase zur Annahme ihrer Strategien befinden;

104.

betont, dass es bei dem Regulierungsansatz der EU von entscheidender Bedeutung ist, im Einklang mit den zentralen Menschenrechtswerten und demokratischen Grundsätzen besonderes Augenmerk auf die Entwicklung eines europäischen digitalen Binnenmarkts sowie ethische Erwägungen zu richten; erkennt an, dass die Schaffung des weltweit ersten Regelungsrahmens für KI der EU Einfluss und einen Vorreitervorteil bei der Festlegung internationaler KI-Normen auf der Grundlage der Grundrechte sowie beim erfolgreichen Export von auf den Menschen ausgerichteter, „vertrauenswürdiger KI“ in die ganze Welt verschaffen könnte; unterstreicht, dass dieser Ansatz durch eine Koordinierung und Konvergenz der Rechtsvorschriften mit internationalen Partnern unterstützt werden muss;

b)   Marktlage

105.

nimmt zur Kenntnis, dass viele der 100 führenden KI-Unternehmen weltweit ihren Hauptsitz in den Vereinigten Staaten haben, während es in der EU nur wenige gibt; stellt fest, dass die Vereinigten Staaten auch bei der Gesamtzahl der Start-up-Unternehmen im KI-Bereich führend sind;

106.

weist darauf hin, dass in den letzten Jahren einige europäische Unternehmen im Digitalbereich von US-amerikanischen Technologiegiganten übernommen wurden; begrüßt das Bestreben der Kommission, gegen Übernahmen vorzugehen, die erhebliche Auswirkungen auf den wirksamen Wettbewerb auf dem digitalen Markt haben können, und „Killer-Übernahmen“ zu begrenzen; weist jedoch darauf hin, dass die Akquisition in manchen Fällen ein Hauptziel von Start-up-Gründern und ihren Geldgebern sein kann, da sie eine legitime Methode darstellt, um aus ihren Ideen Nutzen zu ziehen;

107.

betont, dass die Vereinigten Staaten und China versuchen, den Einsatz von KI-Technologien im öffentlichen und privaten Bereich zu beschleunigen, während die EU bei der Einführung von KI zurückliegt; stellt fest, dass 2020 nur 7 % der EU-Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten KI-Technologien verwendeten, wobei zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen erhebliche Unterschiede bestanden;

108.

ist besorgt darüber, dass die Vereinigten Staaten und China jeweils über einen einheitlichen digitalen Markt mit kohärenten Vorschriften verfügen, während der digitale Binnenmarkt in der EU noch immer nicht vollständig ist und weiterhin unbegründete Hindernisse aufweist; betont, dass die Entwicklung von KI-Produkten und -Dienstleistungen zusätzlich durch die laufende Arbeit an 27 unterschiedlichen nationalen KI-Strategien verlangsamt werden könnte;

109.

weist ferner darauf hin, dass aufgrund von Inkohärenzen im EU-Recht, Überschneidungen zwischen verschiedenen Gesetzesinitiativen, Widersprüchen zwischen den Rechtsvorschriften der EU und den nationalen Rechtsvorschriften, unterschiedlichen Auslegungen und mangelnder Durchsetzung unter den Mitgliedstaaten gleiche Wettbewerbsbedingungen verhindert werden und die Gefahr besteht, dass Unternehmen in der EU verunsichert werden, da diese Schwierigkeiten haben könnten, festzustellen, ob ihre KI-Innovationen mit dem EU-Recht vereinbar sind;

110.

stellt fest, dass die Fragmentierung des Marktes für KI-Unternehmen durch den Mangel an gemeinsamen Standards und Normen in einigen Branchen, unter anderem im Hinblick auf die Dateninteroperabilität, weiter verschärft wird; bedauert das regulatorische Risiko, das durch die Verzögerungen bei der Verabschiedung von Rechtsvorschriften wie der e-Datenschutz-Verordnung entsteht; hebt beispielsweise hervor, dass KI-Entwickler in der EU einer Herausforderung in Bezug auf Daten gegenüberstehen, von der aufgrund des unvollständigen digitalen Binnenmarkts weder ihre US-amerikanischen noch ihre chinesischen Kollegen betroffen sind; stellt fest, dass sie häufig nicht über genügend hochwertige Daten verfügen, um ihre Algorithmen zu trainieren und zu testen und mit einem Mangel an sektorspezifischen Datenräumen und bereichsübergreifender Interoperabilität sowie Beschränkungen in Bezug auf grenzüberschreitende Datenströme zu kämpfen haben;

c)   Investitionen

111.

stellt fest, dass europäische Unternehmen und Regierungen viel weniger in KI-Technologien investieren als die Vereinigten Staaten und China; weist darauf hin, dass die privaten Investitionen in die KI-Branche der EU zwar erheblich zunehmen, die EU jedoch im Vergleich zu anderen führenden Regionen noch immer weit weniger in KI investieren — mehr als 80 % der jährlichen Kapitalbeteiligungen im Bereich der KI- und Blockchain-Technologien in Höhe von 25 Mrd. EUR entfallen auf die USA und China, während der Anteil der EU nur 7 % oder etwa 1,75 Mrd. EUR beträgt; betont, dass die Liquidität der EU-Finanzierungsmärkte für Technologieunternehmen noch immer nicht die Größenordnung vergleichbarer Märkte in den USA hat; stellt fest, dass die Vereinigten Staaten auch im Bereich der Finanzierung mit Risikokapital und privatem Beteiligungskapital mit 12,6 Mrd. EUR im Jahr 2019 führend sind gegenüber China mit 4,9 Mrd. EUR und der EU mit 2,8 Mrd. EUR, was insbesondere für Start-up-Unternehmen im Bereich KI wichtig ist; stellt fest, dass infolgedessen europäische KI-Unternehmer den Atlantik überqueren, um ihre Geschäftstätigkeit in den Vereinigten Staaten auszubauen;

112.

stellt fest, dass sich die öffentlichen Investitionen der EU in KI zusammen mit nationalen Initiativen jährlich auf schätzungsweise 1 Mrd. EUR belaufen (35) und damit deutlich unter den jährlichen Investitionen in Höhe von 5,1 Mrd. EUR in den Vereinigten Staaten und bis zu 6,8 Mrd. EUR in China (36); liegen; stellt jedoch fest, dass die öffentlichen Mittel der EU für die Forschung und Innovation im Bereich KI von 2017 bis 2020 im Vergleich zum vorherigen Zeitraum um 70 % gestiegen sind und dass die EU im Jahr 2019 zwischen 7,9 und 9 Mrd. EUR in KI investiert hat, was 39 % mehr als im Vorjahr ist; würdigt und begrüßt die Pläne der Kommission, die Investitionen durch das Programm „Digitales Europa“, „Horizont Europa“, „InvestEU“, die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, den Europäischen Investitionsfonds, die Fazilität „Connecting Europe“ im Bereich Telekommunikation und verschiedene kohäsionspolitische Programme weiter zu erhöhen, was durch das von der Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen der Fazilität für Konjunkturbelebung und Widerstandsfähigkeit vereinbarte Mindestausgabenziel von 20 % für den digitalen Wandel in den nationalen Aufbau- und Resilienzplan weiter ergänzt und verstärkt wird; hebt jedoch den jüngsten Bericht der Europäischen Investitionsbank hervor, laut dem sich die Investitionslücke in KI- und Blockchain-Technologien in der Europäischen Union auf 5–10 Mrd. EUR pro Jahr beläuft;

113.

betont, dass sich KI-Unternehmen in der EU in einem starken Wettbewerb um qualifizierte Arbeitnehmer befinden, was noch dadurch verschlimmert wird, dass 42 % der Bevölkerung der EU nicht über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen; betont, dass es notwendig ist, eine wesentlich höhere Zahl gut qualifizierter Hochschulabsolventen — einschließlich Frauen — auszubilden und für die Arbeit im digitalen Sektor zu gewinnen;

114.

stellt fest, dass die EU zwar über eine herausragende Gemeinschaft von Forschenden im Bereich KI verfügt, die Abwanderung von Forschenden aus der EU jedoch nach wie vor ein Problem darstellt; betont, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um attraktiver für führende Forschende zu werden; stellt fest, dass die EU 2020 nur 2,32 % ihres BIP für Forschung und Entwicklung ausgegeben hat, während es in den Vereinigten Staaten 3,08 % waren; erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten zu ihrer Verpflichtung stehen müssen, 3 % ihres BIP in Forschung und Entwicklung zu investieren, um die strategische Autonomie der Union im digitalen Bereich sicherzustellen;

115.

stellt fest, dass die digitale Infrastruktur der EU grundlegend aktualisiert werden muss, da sich nur 25 % der Menschen in der EU mit einem 5G-Netz verbinden können, während es in den Vereinigten Staaten 76 % sind; stellt fest, dass es der EU an ausreichender leistungsstarker digitaler Infrastruktur mit interoperablen Datenräumen, hohen Übertragungsraten und -mengen, Zuverlässigkeit und geringen Verzögerungen mangelt; betont, dass europäische KI-Ökosysteme mit Exzellenz-Clustern gefördert werden müssen;

d)   Fazit

116.

kommt zu dem Schluss, dass die Vereinigten Staaten im Bereich KI in vielen Kategorien insgesamt weltweit führend sind, da Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten bei technologischen Entwicklungen wie Cloud Computing und Hochleistungscomputern sowie im Hinblick auf Investitionen, Attraktivität für KI-Talente, Forschung und Infrastruktur vorne liegen; hebt jedoch hervor, dass China, das vor wenigen Jahren noch bei allen Indikatoren deutlich hinter den Vereinigten Staaten zurücklag, rasch aufholt; erkennt an, dass beide Länder den Vorteil eines einheitlichen Binnenmarkts besitzen und sich stärker dafür einsetzen, im Bereich KI führend zu bleiben;

117.

betont, dass die Akteure der Union trotz der starken Haltung der EU zu industrieller Software und Robotik in vielen Kategorien noch immer hinter den amerikanischen und chinesischen Akteuren zurückliegen; betont, dass die EU einen ehrgeizigen Plan für eine europäische auf den Menschen ausgerichtete KI erarbeiten sollte; stellt jedoch fest, dass die EU bei den Regulierungsansätzen vorne liegt; weist darauf hin, dass sich eine tragfähige EU-Strategie, um im Bereich KI wettbewerbsfähiger zu werden, auf die Bereiche KI-Forschung und -Innovation, Kompetenzen, Infrastruktur und Investitionen konzentrieren und gleichzeitig versuchen muss, einen zukunftsorientierten, horizontalen und innovationsfreundlichen Regelungsrahmen für die Entwicklung und Nutzung von KI zu schaffen und dabei sicherzustellen, dass die Grundrechte der Unionsbürgerinnen und -bürger und die Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleiben;

118.

hebt hervor, dass der Brexit negative Auswirkungen auf die Bemühungen der Union hatte, ihren globalen KI-Fußabdruck zu stärken, da das Vereinigte Königreich eines der führenden EU-Länder im Bereich KI war; betont jedoch, dass das Vereinigte Königreich ein geschätzter Partner der EU bleiben sollte, der die Wettbewerbsfähigkeit beider Partner und die Förderung gemeinsamer Regulierungsperspektiven bei der Festlegung globaler Standards stärkt;

119.

kommt zu dem Schluss, dass die EU derzeit weit davon entfernt ist, ihr Bestreben, im Bereich der KI weltweit eine Führungsrolle zu übernehmen, zu verwirklichen, und in einigen Kategorien sogar noch weiter zurückfallen können; hält daran fest, dass diese Situation durch rasches Handeln in Bezug auf den unten beschriebenen EU-Fahrplan für KI verändert werden kann;

120.

weist darauf hin, dass die EU nicht über die Gesetzgebungsbefugnis verfügt, um alle in dem EU-Fahrplan für KI aufgeführten Punkte anzugehen, weshalb der Sonderausschuss empfiehlt, weitere Gespräche auf hoher Ebene zu führen und politische Prozesse in den EU-Institutionen und Mitgliedstaaten voranzutreiben, um einen harmonisierteren Ansatz zur KI zu erreichen und den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, ihre Anstrengungen zu koordinieren; verweist in diesem Zusammenhang auf die Lissabon-Agenda der EU von 2000, die trotz der Kritik einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, die politische Ausrichtung der EU über einen Zeitraum von 20 Jahren zu steuern und den Druck auf die Mitgliedstaaten im Hinblick auf Reformen aufrechtzuerhalten;

4.    „Europa für das digitale Zeitalter“ — Fahrplan zur Übernahme einer weltweiten Führungsrolle

a)   Günstiges Regelungsumfeld

i.   RECHTSETZUNG

121.

fordert die Kommission auf, für neue digitale Gesetze in Bereichen wie KI nur Rechtsakte in Form von Verordnungen vorzuschlagen, da der digitale Binnenmarkt einem Prozess der echten Harmonisierung unterzogen werden muss; ist davon überzeugt, dass Rechtsvorschriften zum digitalen Bereich aufgrund der raschen technologischen Entwicklung stets flexibel, prinzipienbasiert, technologieneutral, zukunftssicher und verhältnismäßig sein sollten, wobei gegebenenfalls ein risikobasierter Ansatz verfolgt werden sollte, und sich außerdem auf die Achtung der Grundrechte stützen und unnötige neue Verwaltungslasten für KMU, Start-up-Unternehmen, Hochschulen und Forschung vermeiden sollten; betont darüber hinaus die Bedeutung eines hohen Maßes an Rechtssicherheit und folglich die Notwendigkeit robuster, praktischer und eindeutiger Anwendbarkeitskriterien, Definitionen und Verpflichtungen in allen Rechtstexten, die den Verkauf, die Nutzung oder die Entwicklung von KI-Technologien betreffen;

122.

ist der Ansicht, dass die Agenda für bessere Rechtsetzung ein Schlüsselelement für den Erfolg der KI-Strategie der EU ist; betont, dass man sich auf die Mechanismen zur Überprüfung, Anpassung, Umsetzung und Durchsetzung bestehender Gesetze konzentrieren sollte, bevor neue Rechtsakte vorgeschlagen werden;

123.

fordert die Kommission nachdrücklich auf vor der Veröffentlichung neuer digitaler Vorschläge in Bereichen wie der KI gründliche Ex-ante Folgenabschätzungen mit angemessener Voraussicht und Risikoanalyse durchzuführen; betont, dass bei Folgenabschätzungen alle einschlägigen bestehenden Rechtsvorschriften systematisch erfasst und bewertet werden sollten, um Überschneidungen oder Konflikte zu vermeiden;

124.

schlägt vor, dass neue Gesetze in Bereichen wie KI durch die Förderung von durch die Interessengruppen entwickelten europäischen Normen ergänzt werden sollten; ist der Auffassung, dass die Union bestrebt sein sollte, Fragmentierung zu vermeiden, und dass internationale Normen als nützliche Referenz dienen können, dass die Union jedoch der Entwicklung eigener Normen Vorrang einräumen sollte; betont dass solche Normen das Ergebnis eines fairen Wettbewerbs um die besten Normen in der EU sein sollten, auf den die EU- und Normungsorganisationen reagieren sollten; stellt fest, dass technische Normen und Gestaltungsvorgaben dann mit Kennzeichnungssystemen kombiniert werden könnten, um das Vertrauen der Verbraucher durch die Bereitstellung vertrauenswürdiger Dienstleistungen und Produkte zu stärken; hebt die Rolle der EU-Normungsorganisationen bei der Entwicklung dem Stand der Technik entsprechender technische Normen hervor; fordert die Kommission auf, die Erteilung von Normungsaufträgen an die europäischen Normungsorganisationen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur europäischen Normung (37) zu beschleunigen;

125.

erklärt, dass eine offene Zertifizierungsplattform ein Ökosystem des Vertrauens schaffen könnte, das Regierungen, die Zivilgesellschaft, Unternehmen und andere Akteure einbezieht;

126.

fordert das Parlament, die Kommission und den Rat auf, ihre Fähigkeit, mit internen Kompetenzkonflikten bei übergreifenden Themen wie der KI umzugehen, zu verbessern, da solche Konflikte das Gesetzgebungsverfahren zu verzögern drohen, was sich auf das Inkrafttreten der Rechtsvorschriften auswirkt;

ii.   VERWALTUNGSPRAXIS UND RECHTSDURCHSETZUNG

127.

fordert eine einheitliche EU-weite Koordinierung, Umsetzung und Durchsetzung der KI-Gesetzgebung;

128.

erklärt, dass auf Interessengruppen basierende Konsultationsforen wie das Data Innovation Board, das durch das Daten-Governance-Gesetz eingerichtet werden soll, oder die Europäische KI-Allianz, die öffentlich-private Partnerschaften wie die Europäische Allianz für Industriedaten, Edge und Cloud umfasst, ein vielversprechender Governance-Ansatz sind; führt aus, dass dieser Ansatz das KI-Ökosystem der EU in die Lage versetzt, seine Grundsätze, Werte und Ziele zu operationalisieren und gesellschaftliche Interessen auf der Ebene des Software-Codes widerzuspiegeln;

129.

betont, dass das „Tempo-Problem“ ein besonderes Augenmerk auf der wirksamen Ex-post-Durchsetzung durch Gerichte und Regulierungsbehörden sowie auf Ex-ante-Ansätzen zum Umgang mit rechtlichen Herausforderungen, die durch das Aufkommen neuer Technologien entstehen, erfordert; unterstützt deshalb die Verwendung regulatorischer Sandkästen, die den KI-Entwicklern die einzigartige Möglichkeit bieten würden, unter der Aufsicht der zuständigen Behörden schnell, flexibel und kontrolliert zu experimentieren; stellt fest, dass es sich bei diesen regulatorischen Sandkästen um Experimentierräume handeln würde, in denen KI-Systeme und neue Geschäftsmodelle unter realen Bedingungen und in einer kontrollierten Umgebung getestet werden können, bevor sie auf dem Markt in Verkehr gebracht werden;

iii.   RECHTSRAHMEN FÜR KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

130.

betont, dass ein grundlegendes Ziel der digitalen Strategie der EU und dasjenige der KI-Strategie darin besteht, einen „europäischen Weg“ in einer digitalisierten Welt zu schaffen; stellt klar, dass dieser Ansatz auf den Menschen ausgerichtet und vertrauenswürdig sein sollte und sich an ethischen Grundsätzen orientieren sowie auf dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft beruhen sollte; betont, dass im Mittelpunkt aller politischen und legislativen Erwägungen stets die Menschen mit ihren Grundrechten und Freiheiten stehen sollten;

131.

stimmt der Schlussfolgerung der Kommission in ihrem Weißbuch zur künstlichen Intelligenz von 2020 zu, dass ein risikobasierter Rechtsrahmen für KI geschaffen werden muss, der insbesondere hohe ethische Standards auf der Grundlage von Transparenz, Überprüfbarkeit und Rechenschaftspflicht in Verbindung mit Produktsicherheitsvorschriften, angemessenen Haftungsregeln und sektorspezifischen Bestimmungen umfasst und gleichzeitig Unternehmen und Nutzern genügend Flexibilität, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen bietet, um die Einführung von KI und Innovationen zu fördern;

132.

weist auf den Mehrwert hin, den die Übernahme der Konzepte, Terminologien und Standards, die von der OECD entwickelt wurden, um als Inspiration für die Definition von KI in Rechtsvorschriften zu dienen, bietet; betont, dass das der EU einen Vorteil bei der Gestaltung eines künftigen internationalen KI-Governance-Systems verschaffen würde;

133.

ist überzeugt, dass nicht immer KI als Technologie reguliert werden sollte, sondern dass das Niveau regulatorischer Eingriffe in einem angemessenen Verhältnis zur Art des jeweiligen individuellen und/oder sozialen Risikos stehen sollte, das mit der Nutzung eines KI-Systems verbunden ist; betont in diesem Zusammenhang, dass zwischen Fällen von KI-Anwendungen mit hohem Risiko und KI-Anwendungen mit geringem Risiko unterschieden werden muss; kommt zu dem Schluss, dass die erste Kategorie zusätzliche strenge rechtliche Garantien benötigt, während in Fällen mit geringem Risiko häufig Transparenzanforderungen für Endnutzer und Verbraucher erforderlich sind;

134.

weist darauf hin, dass die Einstufung eines KI-Systems als hochriskant auf seiner konkreten Nutzung und auf dem Kontext, der Art, der Wahrscheinlichkeit, der Schwere und der potenziellen Unumkehrbarkeit des bei Verstößen gegen die Grundrechte und die im Unionsrecht festgelegten Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften zu erwartenden Schadens beruhen sollte; betont, dass diese Einstufung mit Leitlinien und der Förderung des Austauschs bewährter Verfahren für KI-Entwickler einhergehen sollte; betont, dass das Recht auf Privatsphäre stets geachtet werden muss und dass KI-Entwickler die vollständige Einhaltung der Datenschutzvorschriften sicherstellen sollten;

135.

unterstreicht, dass KI-Systeme, die voraussichtlich mit Kindern interagieren oder sie anderweitig beeinträchtigen können, deren Rechte und Schwachstellen berücksichtigen müssen und den höchsten verfügbaren Standards für Sicherheit und Schutz der Privatsphäre entsprechen müssen;

136.

weist darauf hin, dass das Umfeld, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden, je nachdem, ob es sich um ein Business-to-Business-Umfeld (B2B) oder ein Business-to-Consumer-Umfeld (B2C) handelt, Unterschiede aufweisen kann; weist darauf hin, dass die Verbraucherrechte durch Verbraucherschutzvorschriften rechtlich geschützt werden müssen; betont, dass Unternehmen zwar die Haftung und andere rechtliche Herausforderungen durch vertragliche Mittel mit Geschäftspartnern schneller und kostengünstiger direkt lösen können, dass jedoch Rechtsvorschriften erforderlich sein können, um kleinere Unternehmen vor dem Missbrauch ihrer Marktmacht seitens marktbeherrschender Akteure durch kommerzielle oder technologische Beschränkungen, Hindernisse für den Marktzugang oder asymmetrische Informationsprobleme zu schützen; hebt hervor, dass auch die Bedürfnisse von KMU und Start-up-Unternehmen im Zusammenhang mit den komplexen rechtlichen Anforderungen berücksichtigt werden müssen, um sie gegenüber größeren Unternehmen, die über die Ressourcen verfügen, um umfangreiche Rechts- und Compliance-Abteilungen zu unterhalten, nicht zu benachteiligen;

137.

betont, dass ein prinzipienbasierter Ansatz auf offene ethische Fragen angewendet werden muss, die sich durch neue technologische Möglichkeiten durch den Verkauf und die Nutzung von KI-Anwendungen ergeben, u. a. durch die Anwendung grundlegender, verbindlicher Prinzipien wie dem Grundsatz der Schadensvermeidung, dem Grundsatz der Achtung der Menschenwürde und der Grundrechte und dem Schutz des demokratischen Prozesses; stellt fest, dass bewährte Praktiken in der KI-Entwicklung, wie z. B. eine auf den Menschen ausgerichtete KI, eine verantwortungsvolle Unternehmensführung und die Prinzipien der Transparenz und Erklärbarkeit sowie die Grundsätze einer nachhaltigen KI, die vollständig mit der VN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in Einklang stehen, weitere wichtige Komponenten für die Gestaltung der KI-Wirtschaft sind;

138.

erkennt an, dass es nicht immer möglich ist, KI-Algorithmen vollständig von jeglicher Voreingenommenheit zu befreien, da das Idealziel fehlerfreier Daten sehr schwer oder beinahe unmöglich zu erreichen ist; weist darauf hin, dass selbst ein getestetes KI-System unweigerlich mit realen Szenarien konfrontiert wird, die zu verzerrten Ergebnissen führen können, wenn es in einer Umgebung eingesetzt wird, die sich von der Zusammensetzung seiner Trainings- und Testdaten unterscheidet; betont, dass die Union bestrebt sein sollte, die Transparenz der Datensätze und Algorithmen zu verbessern, sehr eng mit KI-Entwicklern zusammenzuarbeiten, um strukturelle Verzerrungen in der Gesellschaft auszugleichen und zu verringern, und bereits in einem frühen Stadium der Entwicklung verbindliche Sorgfaltsregeln für Menschenrechte in Betracht zu ziehen;

139.

weist darauf hin, dass sinnvolle Transparenz- oder Erklärbarkeitspflichten für KI-Systeme zwar in vielen Fällen hilfreich sind, aber nicht in jedem Fall umgesetzt werden können; weist darauf hin, dass Rechte des geistigen Eigentums und Geschäftsgeheimnisse vor illegalen Praktiken wie Industriespionage geschützt werden müssen;

140.

erklärt, dass der Rechtsrahmen für geistiges Eigentum weiterhin Anreize und Schutz für KI-Innovatoren bieten muss, indem ihnen als Belohnung für die Entwicklung und Veröffentlichung ihrer Werke Patente verliehen werden; ist der Ansicht, dass die bestehenden Rechtsvorschriften größtenteils zukunftssicher sind, schlägt jedoch einige Anpassungen, einschließlich der Integration quelloffener Elemente, sowie gegebenenfalls die Nutzung des öffentlichen Beschaffungswesens zur Förderung von Open-Source-Software für KI-Lösungen vor; schlägt neue Formen der Patentlizenzvergabe vor, um sicherzustellen, dass die betreffenden Instrumente auch denjenigen Regionen und Initiativen zur Verfügung stehen, die sie sich andernfalls nicht leisten könnten;

141.

ist der Ansicht, dass verbindliche Ex-ante-Risiko-Selbstbewertungen auf der Grundlage klarer Regeln und Standards sowie Datenschutz-Folgenabschätzungen in Verbindung mit Konformitätsbewertungen durch Dritte mit der relevanten und geeigneten CE-Kennzeichnung und in Kombination mit der Ex-post-Durchsetzung durch die Marktüberwachungsbehörden nützlich sein könnten, um sicherzustellen, dass die auf dem Markt in Verkehr gebrachten KI-Systeme sicher und vertrauenswürdig sind; ist der Ansicht, dass die Normen und Leitlinien zur Einhaltung der KI-Rechtsvorschriften unter enger Einbeziehung der kleinen Unternehmen entwickelt, soweit wie möglich international angeglichen und kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollten, um zu verhindern, dass die KMU aus dem Markt gedrängt werden;

142.

weist darauf hin, dass die Entwickler hochriskanter KI sicherstellen sollten, dass zugängliche Protokolle algorithmischer Tätigkeiten sicher aufbewahrt werden, um die Produktsicherheit zu erhöhen und die Erkennung von Fehlern zu verbessern; ist der Ansicht, dass Entwickler Hochrisiko-KI-Systeme gegebenenfalls mit eingebetteten Mechanismen („Stopptaste“) für menschliches Eingreifen konzipieren sollten, um automatisierte Tätigkeiten jederzeit sicher und effizient abbrechen zu können und einen „Human-in-the-Loop“-Ansatz sicherzustellen; ist der Ansicht, dass die Ausgaben und die Denkprozesse eines KI-Systems stets für den Menschen nachvollziehbar sein sollten;

143.

erkennt die rechtlichen Herausforderungen an, die sich aus KI-Systemen ergeben, und dass es erforderlich, eine Überarbeitung bestimmter Teile der bestehenden Haftungsregeln zu erwägen; sieht in diesem Zusammenhang der Vorlage des Gesetzgebungsvorschlags der Kommission zur KI-Haftung erwartungsvoll entgegen; betont, dass die Produkthaftungsrichtlinie (38) und die nationalen Verschuldenshaftungsregelungen grundsätzlich das Kernstück der Gesetzgebung zur Bekämpfung der meisten durch KI verursachten Schäden bleiben können; betont, dass es in einigen Fällen zu unangemessenen Ergebnisse kommen könnte, warnt jedoch davor, dass jede Überarbeitung die bestehenden Produktsicherheitsvorschriften berücksichtigen und auf eindeutig festgestellten Lücken beruhen und gleichzeitig zukunftssicher und in der Lage sein sollte, wirksam umgesetzt zu werden und den Schutz des Einzelnen in der EU sicherzustellen;

144.

unterstreicht, dass der Rechtsrahmen Kindern nicht dasselbe Maß an persönlicher Verantwortung für das Verständnis von Risiken auferlegen sollte wie Erwachsenen;

145.

weist darauf hin, dass bestimmte Änderungen der rechtlichen Definitionen des Begriffs „Produkt“, der unter anderem integrierte Softwareanwendungen, digitale Dienste und produktübergreifende Abhängigkeit, sowie „Hersteller“, einschließlich Backend-Betreiber, Diensteanbieter und Datenlieferanten umfasst, in Betracht gezogen werden können, um sicherzustellen, dass für Schäden, die durch diese Technologien verursacht werden, ein Ausgleich möglich ist; betont jedoch, dass ein zu weit oder zu eng gefasster Ansatz bei der Definition des Begriffs „Produkt“ vermieden werden sollte;

146.

weist darauf hin, dass aufgrund der Merkmale von KI-Systemen wie ihrer Komplexität, Konnektivität, Opazität, Anfälligkeit, der Fähigkeit, durch Aktualisierungen modifiziert zu werden, der Fähigkeit zum eigenständigen Lernen und der potenziellen Autonomie sowie aufgrund der Vielzahl der Akteure, die an ihrer Entwicklung, ihrem Einsatz und ihrer Nutzung beteiligt sind, erhebliche Herausforderungen in Bezug auf die Wirksamkeit der Rechtsrahmen auf Unions- und nationaler Ebene im Bereich der Haftung bestehen; vertritt daher die Auffassung, dass zwar keine vollständige Überarbeitung der gut funktionierenden Haftungsvorschriften erforderlich ist, aber konkrete und abgestimmte Anpassungen der europäischen und einzelstaatlichen Haftungsvorschriften notwendig sind, um zu vermeiden, dass Umstände eintreten, in denen erlittene Personen- oder Sachschaden letztendlich nicht entschädigt werden; weist darauf hin, dass KI-Systeme mit hohem Risiko zwar strengen Haftungsgesetzen in Verbindung mit einem obligatorischen Versicherungsschutz unterliegen sollten, alle anderen von KI-Systemen angetriebenen Aktivitäten, Vorrichtungen oder Prozesse, die einen Personen- oder Sachschaden verursachen, aber weiterhin unter die verschuldensabhängige Haftung fallen sollten; vertritt die Ansicht, dass der betroffenen Person trotzdem die Annahme eines Verschuldens seitens des Betreibers zugutekommen sollte, es sei denn, dieser kann nachweisen, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist;

iv.   DIE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE EU IM ZUSAMMENHANG MIT DATEN

147.

nimmt die Schlussfolgerung, die die Kommission in ihrer Mitteilung aus dem Jahr 2020 mit dem Titel „Eine europäische Datenstrategie“ und das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 25. März 2021 zum gleichen Thema gezogen haben, zur Kenntnis, worin es heißt, dass die Schaffung eines einheitlichen europäischen Datenraums in Verbindung mit der Entwicklung sektorspezifischer Datenräume und der Konzentration auf gemeinsame Normen von entscheidender Bedeutung sind, um eine schnelle Skalierbarkeit von KI-Lösungen in der EU und darüber hinaus sowie die offene strategische Autonomie und den wirtschaftlichen Wohlstand der EU sicherzustellen; macht erneut auf den wesentlichen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit hochwertiger Daten und der Entwicklung von KI-Anwendungen aufmerksam; betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, robuste, zuverlässige und interoperable Cloud-Dienste sowie Lösungen, die eine dezentrale Datenanalyse und Edge-Architekturen nutzen, in der EU einzusetzen; fordert die Kommission auf, die Rechte auf Zugang, Nutzung und gemeinsame Nutzung von Daten durch Inhaber von gemeinsam erstellten nicht personenbezogenen Daten zu klären; betont, dass der Datenzugang technisch ermöglicht werden muss, auch durch interoperable, standardisierte Schnittstellen und interoperable Software; betont, dass Hindernisse für die gemeinsame Nutzung von Daten zu weniger Innovation, verringertem Wettbewerb und der Förderung oligopolistischer Marktstrukturen führen, bei denen die Gefahr groß ist, dass sie sich auf dem benachbarten Markt für KI-Anwendungen fortsetzen;

148.

betont, dass der Öffnung von Datensilos und der Förderung des Zugangs zu Daten für Forschende und Unternehmen im KI-Bereich, wie in der Datenstrategie des Europäischen Parlaments dargelegt eine große Bedeutung zukommt; betont, dass Marktungleichgewichte, die sich aus verstärkten Dateneinschränkungen durch private Unternehmen ergeben, die Marktzutrittsschranken erhöhen und den breiteren Datenzugang und die Datennutzung einschränken, was es insbesondere für Start-ups und Forscher schwierig macht, die Daten zu erwerben oder zu lizenzieren, die sie für das Training ihrer Algorithmen benötigen; betont, dass für die erforderliche Rechtssicherheit und interoperable technische Infrastruktur gesorgt werden muss und gleichzeitig die Dateninhaber in Europa motiviert werden müssen, ihre großen Mengen ungenutzter Daten zur Verfügung zu stellen; ist der Ansicht, dass eine freiwillige gemeinsame Nutzung von Daten zwischen Unternehmen auf der Grundlage fairer vertraglicher Vereinbarungen dazu beiträgt, dieses Ziel zu erreichen; erkennt jedoch an, dass für KMU bei vertraglichen Vereinbarungen zwischen Unternehmen (B2B) aufgrund von Ungleichheiten in Bezug auf die Verhandlungsposition oder das Fachwissen nicht unbedingt ein angemessener Zugang zu Daten sichergestellt ist; hebt hervor, dass offene Datenmarktplätze die gemeinsame Nutzung von Daten erleichtern, indem sie KI-Unternehmen und Forschern dabei helfen, Daten von denjenigen zu erwerben oder zu lizenzieren, die Daten auf solchen Marktplätzen zur Verfügung stellen wollen, die Datenkataloge enthalten und es Dateninhabern und -nutzern ermöglichen, Transaktionen zur gemeinsamen Nutzung von Daten auszuhandeln; begrüßt in diesem Zusammenhang die Vorschriften über Datenvermittlungsdienste im Data Governance Act;

149.

begrüßt die Initiativen des europäischen Cloud-Zusammenschlusses wie die Europäische Allianz für Industriedaten, Edge und Cloud sowie das Projekt Gaia-X, die das Ziel haben, einen Zusammenschluss der Dateninfrastruktur zu entwickeln und ein Ökosystem zu schaffen, das die Skalierbarkeit, Interoperabilität und Selbstbestimmung von Datenanbietern ermöglicht; stellt fest, dass ein EU-Regelwerk für die Cloud, in dem die bestehenden Rechtsvorschriften und Selbstregulierungsinitiativen zusammengestellt werden, auch dazu beitragen würde, gemeinsame EU-Grundsätze und -Werte in umsetzbare Prozesse und Kontrollen für technische Praktiker zu übersetzen;

150.

empfiehlt, die Interoperabilität von Daten weiter zu stärken und gemeinsame Standards zu schaffen, um den Datenfluss zwischen verschiedenen Maschinen und Einrichtungen zu erleichtern, die gemeinsame Nutzung von Daten über Länder und Sektoren hinweg zu verbessern und die Erstellung hochwertiger Datensätze in großem Maßstab zu ermöglichen; stellt fest, dass die Förderung von offenen Standards, Open-Source-Software, Creative-Commons-Lizenzen und offenen Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) eine Schlüsselrolle bei der Beschleunigung der gemeinsamen Datennutzung spielen könnte; unterstreicht die Rolle gemeinsamer europäischer Datenräume bei der Erleichterung des freien Datenverkehrs in der europäischen Datenwirtschaft;

151.

fordert die die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass faire Vertragsbedingungen im Rahmen der Wettbewerbsregeln stärker durchgesetzt werden, um Ungleichgewichte bei der Marktmacht auszugleichen, ohne ungerechtfertigt in die Vertragsfreiheit einzugreifen, und dass die Kartellbehörden über die notwendigen Mittel und Ressourcen verfügen, um Tendenzen zur Datenkonzentration entgegenzuwirken; betont, dass es europäische Datenräume den Unternehmen ermöglichen würden, eng zusammenzuarbeiten, und ist daher der Ansicht, dass mehr Orientierungshilfen und Rechtssicherheit für Unternehmen in wettbewerbsrechtlichen Fragen und Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Nutzung und Bündelung von Daten erforderlich sind; betont, dass die Datenzusammenarbeit, auch für die Ausbildung von KI-Anwendungen oder in der Industrie des Internets der Dinge (IoT), unter keinen Umständen die Bildung von Kartellen erleichtern oder Hindernisse für neue Marktteilnehmer schaffen darf; betont, wie wichtig es ist, die vertraglichen Rechte von KI-Entwicklern und Unternehmen zu klären, die durch den Einsatz von Algorithmen oder Maschinen des Internets der Dinge (IoT) zur Schaffung von Daten beitragen, und insbesondere die Rechte auf Zugang zu Daten, auf Datenübertragbarkeit, auf die Aufforderung an eine andere Partei, die Verwendung von Daten einzustellen, und auf die Berichtigung oder Löschung von Daten;

152.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie über offene Daten (39) zügig umzusetzen und den Data Governance Act ordnungsgemäß anzuwenden, indem sie hochwertige Datensätze im Idealfall kostenlos zur Verfügung stellen und sie in maschinenlesbaren Formaten und interoperablen APIs bereitstellen; betont, dass diese Initiative die Kosten für öffentliche Einrichtungen für die Verbreitung und Wiederverwendung ihrer Daten senken und Forschern und Unternehmen in der EU bei der Verbesserung ihrer digitalen Technologien in Bereichen wie der KI enorm helfen würde;

153.

fordert eine einheitliche Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung in der gesamten EU durch eine wirksame und zügige Anwendung des Kohärenzverfahrens und durch eine Angleichung der unterschiedlichen nationalen Auslegungen des Gesetzes; stellt fest, dass die Datenschutzbehörden besser ausgestattet werden müssen, auch mit technischem Fachwissen;

154.

nimmt den praktischen Leitfaden der Kommission von 2019 zur Verarbeitung gemischter Datensätze zur Kenntnis; weist darauf hin, dass die Nichtweitergabe von Datensätzen für KI-Forscher und Unternehmen aufgrund der Unsicherheit in Bezug auf die Frage, ob die Daten ausreichend anonymisiert sind, nach wie vor häufig die beste Option darstellt;

155.

ist der Ansicht, dass die Stellungnahme 05/2014 der der Artikel-29-Datenschutzgruppe vom 10. April 2014 zu Anonymisierungstechniken einen nützlichen Überblick bietet, der weiter ausgearbeitet werden könnte; fordert den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) auf, Leitlinien auf der Grundlage spezifischer Anwendungsfälle und relevanter Situationen für verschiedene Arten von für die Verarbeitung Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern und verschiedene Verarbeitungssituationen anzunehmen, einschließlich einer Checkliste mit allen Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um Daten ausreichend zu anonymisieren; stellt jedoch fest, dass Anonymisierungstechniken derzeit nicht in der Lage sind, einen umfassenden und vollständigen Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten, da Experimente gezeigt haben, dass es modernen KI-Systemen dennoch gelingt, eine Person zu reidentifizieren;

156.

fordert den EDSA auf, mehr Leitlinien für Forschende und Unternehmen in Bereichen wie der KI herauszugeben, wie personenbezogene Daten außerhalb der EU in einer der DSGVO entsprechenden Weise verarbeitet werden können;

157.

schlägt die Finanzierung weiterer Forschungsarbeiten zur Standardisierung von „Privacy by Design“-Ansätzen sowie die Förderung von kryptografischen Lösungen und datenschutzfreundlichem maschinellem Lernen vor, da es von entscheidender Bedeutung ist, sicherzustellen, dass qualitativ hochwertige Daten zum Trainieren von Algorithmen und zur Durchführung von KI-Aufgaben verwendet werden können, ohne dass die Privatsphäre verletzt wird; weist darauf hin, dass Datenvertrauen, Zertifizierungen für Hochrisiko-KI-Anwendungen, persönliche Informationsmanagementsysteme und die Verwendung synthetischer Daten ebenfalls vielversprechend sind;

158.

hält die EU und ihre Mitgliedstaaten dazu an, das kürzlich ins Leben gerufene OECD-Projekt über den vertrauenswürdigen Zugang von Regierungen zu personenbezogenen Daten im Besitz des privaten Sektors als Bezugspunkt für politische Entscheidungsträger weltweit zu nutzen, um auf eine internationale Lösung und eine regulatorische Konvergenz der besten Praktiken in diesem Bereich hinzuarbeiten; betont in diesem Zusammenhang, dass der freie Fluss von Daten und Metadaten über internationale Grenzen hinweg unter vollständiger Einhaltung des Besitzstands der EU zum Datenschutz eine entscheidende Voraussetzung für die digitale Innovation in Europa ist; fordert die Kommission daher auf, von der Auferlegung von Anforderungen an die Datenlokalisierung abzusehen, außer in Fällen, in denen sie zum Schutz der Grundrechte einschließlich des Datenschutzes erforderlich sind, oder in begrenzten, verhältnismäßigen und gut begründeten Fällen, in denen eine solche Politik im Interesse der EU liegt oder zur Wahrung der europäischen Standards erforderlich ist;

159.

fordert die Kommission auf, auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu reagieren, wonach der EU-US-Datenschutzschild ungültig ist, indem sie alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass eine erneute Angemessenheitsentscheidung in Bezug auf die Vereinigten Staaten vollständig im Einklang mit der DSGVO, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und jedem Aspekt des EuGH-Urteils steht und dass gleichzeitig die transatlantische Datenübermittlung vereinfacht wird; fordert die Kommission auf, die Gespräche über die Angemessenheit der Datenübermittlung mit anderen Nicht-EU-Ländern fortzusetzen, da dies der beste Weg ist, um die Datenschutzpolitik der EU zu fördern und den internationalen Datenaustausch zu ermöglichen;

b)   Vollendung des digitalen Binnenmarkts

i.   NATIONALE KI-STRATEGIEN

160.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen KI-Strategien zu überprüfen, da einige von ihnen nach wie vor vage sind und keine klaren Ziele beinhalten, u. a. in Bezug auf die digitale Bildung für die gesamte Gesellschaft sowie die Höherqualifizierung für Spezialisten; empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten konkrete, quantifizierbare und spezifische Maßnahmen formulieren und gleichzeitig versuchen, Synergien zwischen ihnen zu schaffen;

161.

fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, Prioritäten zu setzen und ihre nationalen KI-Strategien und rechtlichen Rahmenbedingungen so weit wie möglich anzugleichen, um Kohärenz und Konsistenz in der gesamten EU zu gewährleisten; weist darauf hin, dass eine Vielfalt nationaler Ansätze zwar ein guter Weg ist, um bewährte Verfahren zu entwickeln, dass aber KI-Entwickler und Forschende auf große Hindernisse stoßen würden, wenn sie in jedem der 27 Mitgliedstaaten unterschiedlichen Betriebsparametern und rechtlichen Verpflichtungen unterworfen wären;

ii.   MARKTHINDERNISSE

162.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Arbeit zur Beseitigung der ungerechtfertigten Hindernisse fortzusetzen, die die vollständige Vollendung des digitalen Binnenmarkts verhindern, zu denen unter anderem länderspezifische Diskriminierung, unzureichende gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen, unnötig aufwendige Marktzugangsverfahren, unnötig hohe Befolgungskosten und abweichende Verfahren für Konformitätsbewertungen gehören, und gegen die häufige Anwendung von Ausnahmeregelungen vorzugehen, die zu unterschiedlichen Vorschriften in den verschiedenen Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten führt; hebt hervor, dass für Unternehmen, die in einem grenzüberschreitenden Umfeld tätig sind, EU-weite Vorschriften für KI im Gegensatz zu einem fragmentierten länderspezifischen Ansatz eine begrüßenswerte Entwicklung sind, die dazu beitragen wird, die europäische Führungsrolle bei der Entwicklung und Einführung von KI zu fördern;

163.

fordert die Kommission auf, die Verwirklichung einer echten Kapitalmarktunion zu beschleunigen; betont, dass der Zugang zu Finanzmitteln, insbesondere für KMU, Start-ups und Scale-ups, verbessert werden muss;

164.

unterstreicht, dass es wichtig ist, die Verhandlungen über anhängige Legislativvorhaben zur Vollendung des digitalen Binnenmarktes zügig abzuschließen;

165.

fordert die Kommission auf, die kohärente Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften sicherzustellen;

166.

stellt fest, dass der neue Rechtsrahmen sorgfältig aktualisiert und an digitale Produkte und Dienstleistungen angepasst werden sollte; schlägt vor, den Schwerpunkt auf die Modernisierung und Vereinfachung der Verfahren zur Einhaltung der Vorschriften zu legen, indem digitale Alternativen zu den bestehenden analogen und papiergestützten Mitteln eingeführt werden, die es den Unternehmen ermöglichen, beispielsweise die digitale CE-Kennzeichnung, die elektronische Etikettierung oder digitalisierte Sicherheitsanweisungen zu verwenden;

167.

legt der Kommission nahe, Offline-Unternehmen zu unterstützen, die online gehen wollen; fordert zu weiteren auf KMU und Start-ups ausgerichteten Informationskampagnen im Hinblick auf neue und zukünftige EU-Rechtsvorschriften in diesem Bereich sowie zu einer verstärkten Durchsetzung der Marktüberwachungsvorschriften auf, um das Vertrauen der europäischen Verbraucher zu vergrößern;

iii.   GLEICHE AUSGANGSBEDINGUNGEN

168.

ist davon überzeugt, dass die derzeitigen nationalen und europäischen Wettbewerbs- und Kartellrahmen reformiert werden müssen, um den Missbrauch von Marktmacht und durch Algorithmen gestützte Kollusion in der digitalen Wirtschaft, z. B. im Zusammenhang mit der Datenakkumulation, besser zu bekämpfen und den Risiken neuer Monopole besser zu begegnen, ohne die Innovation zu gefährden; begrüßt die bevorstehende Verabschiedung des Gesetzes über digitale Märkte; fordert die besondere Berücksichtigung möglicher Wettbewerbsprobleme im Bereich der KI;

169.

stellt fest, dass eine solche Reform einen evidenzbasierten Ansatz stärken und den Wert von Daten und die Auswirkungen von Netzwerkeffekten stärker berücksichtigen sollte, indem klare Regeln für marktbeherrschende Plattformen eingeführt und die Rechtssicherheit für die Zusammenarbeit in der digitalen Wirtschaft erhöht werden;

170.

stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Kommission ihre Marktdefinitionspraktiken anpassen sollte, um die Märkte genauer und im Einklang mit den modernen Marktgegebenheiten im digitalen Sektor zu definieren, wobei sie dynamische Analysen durchführen und eine langfristige Perspektive einnehmen sollte, um das Vorhandensein von Wettbewerbsdruck zu bewerten;

171.

fordert die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden auf, ihre Bemühungen um eine kontinuierliche Überwachung der digitalen Märkte zu verstärken, um so Wettbewerbsbeschränkungen und -engpässe zu ermitteln und anschließend häufiger Korrekturmaßnahmen gegen Unternehmen zu verhängen, die ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen oder wettbewerbswidriges Verhalten an den Tag legen;

172.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Finanzierung und die technischen Kapazitäten der Wettbewerbsbehörden erheblich aufzustocken, um eine wirksame und rasche Durchsetzung der Wettbewerbsregeln in der schnelllebigen und komplexen digitalen Wirtschaft zu gewährleisten; unterstreicht, dass die Wettbewerbsbehörden die Missbrauchsverfahren beschleunigen und erforderlichenfalls einstweilige Maßnahmen ergreifen sollten, um den fairen Wettbewerb zu erhalten und zu fördern, wobei gleichzeitig die Verfahrensrechte der Unternehmen zu gewährleisten sind;

c)   Digitale grüne Infrastruktur

i.   KONNEKTIVITÄT UND RECHENLEISTUNG

173.

fordert die Kommission auf, ihr Bestreben weiterzuverfolgen, bis 2030 für 75 % der Unternehmen in der Union Anreize dafür zu schaffen, dass sie Cloud-Computing-Dienste, Big Data und KI in Anspruch nehmen, um weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben und ihre Ziele für die Klimaneutralität zu beschleunigen, damit diese bis 2050 erreicht werden; weist darauf hin, dass die Zuweisung von 2,07 Mrd. EUR an Finanzmitteln für digitale Infrastruktur im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ unzureichend ist;

174.

betont, dass die Verlagerung des Volumens und der Verarbeitung von Daten für KI auch die Entwicklung und Einführung neuer Edge-Datenverarbeitungstechnologien erfordert, wodurch von zentralisierten Cloud-basierten Infrastrukturmodellen hin zu einer zunehmenden Dezentralisierung der Datenverarbeitungskapazitäten übergegangen wird; fordert nachdrücklich, Investitionen und Forschung in Bezug auf verteilte Rechen-Cluster, Randknoten und Initiativen für digitale Mikrocontroller zu stärken; stellt fest, dass der Übergang zu einer breiteren Nutzung von Edge-Lösungen ressourcenintensiv sein könnte, da Vorteile des Pooling-Optimierungseffekts verloren gehen, und betont, dass die ökologischen Kosten/Nutzen einer Edge-Infrastruktur im Rahmen einer europäischen Cloud-Strategie auf einer systemischen Ebene untersucht werden sollten;

175.

betont, dass KI leistungsfähige Hardware benötigt, um hochentwickelte Algorithmen nutzbar zu machen, einschließlich der Hochleistungsrechen- und Quanteninformatik und des Internets der Dinge; fordert eine weitere Aufstockung gezielter öffentlicher und privater Mittel für innovative Lösungen zur Senkung des Energieverbrauchs, einschließlich Software-Ökodesign; fordert die Entwicklung von Standards zur Messung des Ressourcenverbrauchs digitaler Infrastrukturen auf EU-Ebene auf der Grundlage bewährter Verfahren; ist besorgt über die weltweite Krise bei Mikroprozessoren und begrüßt in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Kommission für ein Chip-Gesetz zur Verringerung der derzeitigen Abhängigkeit der EU von externen Lieferanten; warnt jedoch vor den zukünftigen Risiken von Überkapazitäten auf dem Markt und mahnt zur sorgfältigen Beachtung des Investitionszyklus;

176.

betont, dass eine funktionierende und schnelle Infrastruktur für KI auf einer fairen und sicheren digitalen Hochgeschwindigkeitsanbindung beruhen muss, was den 5G-Ausbau in allen städtischen Gebieten bis 2030 sowie einen breiten Zugang zu ultraschnellen Breitbandnetzen und eine Frequenzpolitik mit Lizenzbedingungen erfordert, die für Berechenbarkeit sorgen, langfristige Investitionen fördern und den Wettbewerb nicht verzerren; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, das 5G-Instrumentarium weiter umzusetzen; fordert, dass die Richtlinie zur Kostenreduzierung beim Breitbandausbau (40) in die Praxis umgesetzt wird, um den Netzausbau zu erleichtern; fordert die Kommission auf, eine Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf 5G durchzuführen; betont, wie wichtig es ist, der Verbreitung von Desinformationen im Zusammenhang mit 5G-Netzen mit einer EU-Kommunikationsstrategie entgegenzuwirken; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine umfassende Debatte letztendlich dazu beitragen wird, dass Bürger Vertrauen in die Maßnahmen zur kontinuierlichen Entwicklung der Mobilfunknetze entwickeln;

177.

fordert die Kommission auf, Zeitpläne für die Mitgliedstaaten, Städte, Regionen und die Industrie festzulegen und die administrativen Genehmigungsverfahren für 5G zu verbessern; fordert, dass in Regionen, in denen die Einführung durch den öffentlichen Sektor erfolgt, mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Hochgeschwindigkeitsanschlüsse in abgelegene Gemeinden zu bringen und zur Überwindung der digitalen Kluft beizutragen; fordert, dass im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens Unterstützung für Breitband- und Konnektivitätsprojekte bereitgestellt werden, wobei der Zugang für die lokalen Gebietskörperschaften erleichtert wird, um eine unzureichende Nutzung öffentlicher Mittel zu vermeiden;

178.

fordert die Kommission auf, das Zusammenspiel zwischen KI und der nächsten Generation digitaler Infrastruktur zu bewerten und die EU in die Lage zu versetzen, die Führung bei den Netzwerken der nächsten Generation, einschließlich 6G, zu übernehmen;

179.

fordert eine klare Strategie für den Ausbau von Glasfasernetzen und den Breitbandausbau in ländlichen Gebieten, die auch für datenintensive Technologien wie KI von entscheidender Bedeutung sind; fordert in diesem Zusammenhang eine verstärkte Unterstützung der Europäischen Investitionsbank für Konnektivitätsprojekte in ländlichen Gebieten;

180.

betont, dass die erheblichen Investitionen, die für den Netzausbau erforderlich sind und der rasche Ausbau, der erforderlich wäre, um die Ziele des Digitalkompasses zu erreichen, Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen erfordern, die auch für die Förderung der Nachhaltigkeit und die Senkung des Energieverbrauchs von entscheidender Bedeutung sind; unterstreicht, dass diese Bemühungen noch am Anfang stehen und weiter ausgebaut werden müssen;

ii.   NACHHALTIGKEIT

181.

fordert die EU nachdrücklich auf, eine führende Rolle dabei zu übernehmen, wenn es gilt, die umweltfreundliche digitale Infrastruktur bis 2030 in Übereinstimmung mit den Zielen des Übereinkommens von Paris und integriert in das politische Programm des europäischen Grünen Deals klimaneutral und energieeffizient zu gestalten; unter anderem durch die Bewertung der Umweltauswirkungen der großmaßstäblichen Einführung von KI-basierten Systemen, wobei der erhöhte Energiebedarf der KI-Entwicklung und -Nutzung berücksichtigt werden muss; fordert koordinierte globale multilaterale Maßnahmen zum Einsatz von KI bei der Bekämpfung des Klimawandels, der Umweltzerstörung und des Verlusts der biologischen Vielfalt zu nutzen;

182.

fordert nachdrücklich den Einsatz von KI zur Überwachung des Energieverbrauchs in Kommunen und zur Entwicklung von Energieeffizienzmaßnahmen;

183.

erkennt den daten- und ressourcenintensiven Charakter einiger groß angelegter KI-Anwendungen und ihre jeweiligen Auswirkungen auf die Umwelt an; erinnert daran, dass KI-Systeme im Sinne einer nachhaltigen und umweltverträglichen europäischen KI mit Hinblick auf die Erreichung des grünen Übergangs und der EU-Umweltziele der Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft konzipiert, entwickelt und eingesetzt werden sollten;

184.

fordert die Kommission auf, Anreize für die Nutzung energieeffizienter Rechenzentren zu schaffen, die die Erreichung des Ziels der Klimaneutralität fördern können;

185.

betont, dass der derzeitige Mangel an Informationsaustausch über Rechenzentren die Möglichkeit behindert, angemessene öffentliche Maßnahmen zu ergreifen und einen vergleichenden Überblick über die Umweltleistung von Rechenzentren zu erhalten; fordert, dass die Zahl der Umweltverträglichkeitsprüfungen in Bezug auf die Entwicklung von KI deutlich erhöht wird; fordert, dass Anforderungen entwickelt werden, um sicherzustellen, dass geeignete Nachweise zur Messung des ökologischen Fußabdrucks von groß angelegten KI-Anwendungen verfügbar sind; verweist darauf, dass es klarer Regeln und Leitlinien für Umweltverträglichkeitsprüfungen für KI, einschließlich auf mehreren Kriterien basierender Lebenszyklusanalysen, bedarf; fordert einen offenen Zugang zu den Umweltkennzahlen von Rechenzentren, die Entwicklung von EU-Normen und die Schaffung von EU-Labels für umweltfreundliches Cloud Computing;

186.

fordert einen Plan für die Kreislaufwirtschaft für digitale Technologien und KI und betont, dass die EU eine starke Recyclingkette für IKT sicherstellen sollte;

187.

empfiehlt, den Einsatz von KI-gestützten Lösungen im Einklang mit dem grünen und digitalen Wandel in allen Sektoren zu fördern, um nachhaltige Standards für Unternehmen zu koordinieren und die Überwachung der Energieeffizienz sowie die Sammlung von Informationen über Emissionen und Produktlebenszyklen zu ermöglichen;

188.

fordert die Kommission auf, Wettbewerbe und Aufträge für KI-Lösungen zur Bewältigung spezifischer Umweltprobleme auszuschreiben und diese Komponente im Rahmen von „Horizont Europa“ und des Programms „Digitales Europa“ zu stärken; weist erneut darauf hin, dass Projekte, die sich mit dem Potenzial der KI für die Lösung von Umweltproblemen befassen, auf der Grundlage einer verantwortbaren und ethischen Forschung und Innovation durchgeführt werden sollten;

189.

fordert die Kommission auf, Umweltkriterien zu entwickeln und die Zuteilung von EU-Haushaltsmitteln, Finanzmitteln und öffentlichen Aufträgen für KI an deren Umweltleistung zu knüpfen;

190.

fordert die Kommission auf, intelligente Städte zu fördern, die intelligente Gebäude, intelligente Netze, vernetzte Fahrzeuge, Mobilitätsdienste, öffentliche Dienstleistungen und Logistik umfassen; unterstützt die Entwicklung einer gemeinsamen Sammlung bewährter Verfahren für Projekte und Anwendungen; betont, dass intelligente Städte eine gute Zusammenarbeit zwischen staatlichen und lokalen Regierungen sowie zwischen ihren Behörden und privaten Akteuren erfordern;

191.

betont, dass es erforderlich ist, Grundsätze festzulegen, um sicherzustellen, dass relevante Klima- und Nachhaltigkeitsdaten beim Aufbau neuer Nachhaltigkeitsdatenräume integriert werden können;

192.

fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten und dem Privatsektor bei der Einrichtung und Unterstützung von Testeinrichtungen zusammenzuarbeiten, in denen KI-Anwendungen auf ihre Nachhaltigkeitsleistung getestet werden können, und Leitlinien zur Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks dieser Anwendungen anzubieten; regt dazu an, die bestehenden Testeinrichtungen entsprechend anzupassen, um sich auf Anwendungsfälle in der Kreislaufwirtschaft zu konzentrieren;

193.

fordert die Kommission auf, eine nachhaltige Verkehrsinfrastruktur zu fördern, die KI einsetzt, um die Effizienz zu steigern, die Umweltverschmutzung zu verringern und die Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse der Nutzer zu fördern;

d)   Ökosystem für Exzellenz

i.   TALENTE

194.

fordert die Kommission auf, einen Rahmen für KI-Kompetenzen für Einzelpersonen zu schaffen, der auf dem Referenzrahmen für digitale Kompetenzen aufbaut, um Bürgern, Arbeitnehmern und Unternehmen einschlägige Schulungs- und Lernmöglichkeiten im Bereich KI zu bieten und den Austausch von Wissen, bewährten Verfahren sowie Medien- und Datenkompetenz zwischen Organisationen und Unternehmen auf EU- und nationaler Ebene zu verbessern; fordert die Kommission auf, die Schaffung eines solchen Kompetenzrahmens zügig voranzutreiben und dabei auf bestehenden Bildungsprogrammen im Bereich KI aufzubauen; empfiehlt die Einrichtung eines europäischen Kompetenzdatenraums in Bezug auf KI zur Unterstützung des europäischen Schulungsangebots zum Erwerb von Kompetenzen auf sektoraler und regionaler Ebene in allen Mitgliedstaaten; betont, dass der Erwerb und die Vermittlung von digitalen Kompetenzen und KI-Kompetenzen für alle — insbesondere für Frauen und benachteiligte Gruppen — zugänglich sein muss; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, kostenlose Online-Kurse zu unterstützen, mit denen grundlegende Schulungen im Bereich KI verbessert werden;

195.

fordert Investitionen in die Forschung, um die strukturellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in Bezug auf KI besser zu verstehen, einschließlich der Frage, welche Qualifikationen in Zukunft stärker nachgefragt werden oder von Defiziten bedroht sind, damit die Übergangsregelungen für Arbeitnehmer entsprechend ausgearbeitet werden können;

196.

weist mit Besorgnis auf den Mangel an gezielten und systematischen Maßnahmen in der beruflichen Weiterbildung für Erwachsene hin; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, die angemessene Investitionen in die Umschulung und Weiterqualifizierung der Arbeitskräfte vorsehen und die Bürger darüber informieren, wie Algorithmen funktionieren und welche Auswirkungen sie auf das tägliche Leben haben; fordert, dass denjenigen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder deren Arbeitsplatz durch den digitalen Wandel gefährdet ist, besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, um sie auf die Arbeit mit KI- und IKT-bezogenen Technologien vorzubereiten; fordert die Kommission auf, Anreize für Qualifizierungspartnerschaften zu schaffen und in diese zu investieren, um bewährte Verfahren zu erproben; empfiehlt, die Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit KI in der EU zu überwachen;

197.

betont, dass die bestehenden digitalen Lücken nur mit gezielten und integrativen Maßnahmen sowohl für Frauen als auch für ältere Menschen geschlossen werden können, und fordert daher erhebliche Investitionen in gezielte Weiterbildungs- und Bildungsmaßnahmen, um diese digitalen Lücken zu schließen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine geschlechtergerechte Kultur und geschlechtergerechte Arbeitsbedingungen in dieser Hinsicht zu fördern;

198.

fordert die Kommission auf, die Gleichstellung der Geschlechter in Unternehmen zu fördern, die sich mit KI- und IKT-bezogenen Tätigkeiten befassen, unter anderem durch die Finanzierung von Projekten im digitalen Sektor, die von Frauen geleitet werden, und die Förderung einer Mindestzahl von Forscherinnen, die an Aufrufen zur Vergabe von Forschungsmitteln für KI- und IKT-bezogene Forschung teilnehmen;

199.

unterstreicht, dass es wichtig ist, den Mangel an Talenten zu beheben, indem das Wachstum, die Anziehung und die Bindung von Spitzentalenten gsichergestellt wird; fordert die Kommission auf, ihr Ziel, 20 Millionen IKT-Spezialisten in der EU zu beschäftigen, weiterzuverfolgen; betont, dass die EU wettbewerbsfähige Gehälter, bessere Arbeitsbedingungen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und eine wettbewerbsfähige Innovationsinfrastruktur ermöglichen muss, um Spitzenkräfte im Bereich der KI zu halten und eine Abwanderung zu verhindern;

200.

betont den Mehrwert eines vereinfachten und gestrafften Unionsrahmens für die Anwerbung internationaler Talente im Technologiesektor, um den Talentfluss und die Mobilität innerhalb der EU und aus dem Ausland zu ermöglichen, den Zugang internationaler Talente zum Arbeitsmarkt der Union zu verbessern und Arbeitskräfte und Studenten auf Nachfrage anzuziehen; hebt hervor, dass neue innovative Instrumente und Rechtsvorschriften erforderlich sind, um Arbeitgeber mit potenziellen IKT-Fachkräften zusammenzubringen, Engpässe auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen und die Anerkennung internationaler Qualifikationen und Kompetenzen zu erleichtern; empfiehlt die Einrichtung eines EU-Talentpools und einer Matching-Plattform, die als zentrale Anlaufstelle für internationale Talente, die sich in der EU bewerben möchten, sowie für Arbeitgeber, die im Ausland nach potenziellen Mitarbeitern suchen, dienen soll; fordert die Kommission auf, den Anwendungsbereich der Blauen Karte EU zu erweitern, um sicherzustellen, dass Europa nach wie vor Talenten aus aller Welt offen steht;

201.

fordert die Kommission auf, sich mit der zunehmenden Nachfrage nach Fernarbeit über die Grenzen der EU-Mitgliedstaaten hinweg zu befassen, um Arbeitnehmern aus der EU und aus dem Ausland die Möglichkeit zu geben, in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihren Wohnsitz haben, aus der Ferne zu arbeiten; empfiehlt in diesem Zusammenhang eine umfassende Überprüfung der rechtlichen und sonstigen Hürden für die Fernarbeit und die Berücksichtigung dieser Hürden in späteren Legislativvorschlägen;

202.

betont, dass dem Innovationsgefälle zwischen den EU-Regionen und zwischen den Mitgliedstaaten verstärkt entgegengewirkt werden muss, da Talente gegebenenfalls ungleich verteilt sind;

203.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen angemessenen Schutz der Rechte und des Wohlergehens der Arbeitnehmer, etwa der Nichtdiskriminierung, Privatsphäre, Autonomie und Menschenwürde beim Einsatz von KI und algorithmischen Management-Verfahren sicherzustellen, auch im Hinblick auf unzulässige Überwachungspraktiken; betont, dass die Arbeitgeber beim Einsatz von KI am Arbeitsplatz die Art und Weise ihres Einsatzes und ihren Einfluss auf die Arbeitsbedingungen transparent machen müssen, und betont, dass die Arbeitnehmer vor dem Einsatz von KI-gestützten Geräten und Verfahren immer informiert und konsultiert werden sollten; unterstreicht, dass Algorithmen immer von Menschen überwacht werden müssen und dass ihre Entscheidungen rechenschaftspflichtig, anfechtbar und gegebenenfalls umkehrbar sein müssen; ist der Auffassung, dass die Schulung der Entwickler von Algorithmen in den Bereichen Ethik, Transparenz und Antidiskriminierung gefördert werden sollte;

204.

fordert eine europäische Strategie für die sichere Nutzung von KI durch Kinder, die darauf abzielt, Kinder über den Umgang mit KI zu informieren, um sie vor Risiken und potenziellen Schäden zu schützen;

205.

fordert die Mitgliedstaaten auf, digitale Fähigkeiten und Kompetenzen zu einem Bestandteil der Grundbildung und des lebenslangen Lernens zu machen; fordert ein leistungsfähiges KI-Bildungssystem, das digitale Kompetenzen, Fähigkeiten und digitale Resilienz von Anfang an fördert, beginnend mit der Grundschulbildung; betont, dass die Entwicklung wirksamer Lehrpläne für die digitale Bildung politischen Willen, ausreichende Ressourcen und wissenschaftliche Forschung erfordert; fordert die Kommission auf, die Einführung von KI- und Computerkompetenzkursen in allen europäischen Schulen, Universitäten und Bildungseinrichtungen zu fördern; hebt hervor, dass eine solche Kompetenzentwicklung in der Erwachsenenbildung ebenso notwendig ist wie in der Grund- oder Sekundarschulbildung; fordert eine umfassende und kohärente politische Initiative der Kommission und der Mitgliedstaaten zu KI-Kompetenzen und Bildung auf EU-Ebene sowie Legislativvorschläge zu KI am Arbeitsplatz;

206.

weist darauf hin, dass multidisziplinäre Universitätslehrpläne mit Schwerpunkt auf digitalen Kompetenzen und KI-Kompetenzen, auch im Gesundheitsbereich, und interdisziplinäre Forschungszentren erforderlich sind; ist der Ansicht, dass Wege zur Weiterbildung mit dem Ziel der Spezialisierung auf KI (z. B. Master- und Promotionsstudiengänge sowie Teilzeitstudiengänge) ebenfalls hervorgehoben werden sollten;

207.

fordert die Mitgliedstaaten auf, der Entwicklung innovativer Lehrmethoden und Lehrpläne in MINT-Fächern und der Programmierung Vorrang einzuräumen, um insbesondere die Qualität der Mathematik und der statistischen Analyse zum Verständnis von KI-Algorithmen zu erhöhen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, akademische MINT-Disziplinen zu fördern, um die Zahl der Studierenden in diesen Bereichen zu erhöhen; betont, dass auch andere Disziplinen, die mit den MINT-Disziplinen interagieren, für die Förderung digitaler Kompetenzen von entscheidender Bedeutung sein werden;

208.

ermutigt die Mitgliedstaaten, zur Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung die Beteiligung von Frauen an MINT-, IKT- und KI-bezogenen Studien und Laufbahnen zu fördern, auch durch die Festlegung einer Zielvorgabe im Hinblick auf die Beteiligung von Forscherinnen an MINT- und KI-Projekten;

209.

betont, dass die digitale Bildung auch das Bewusstsein für Aspekte des täglichen Lebens schärfen sollte, die potenziell vom maschinellen Lernen betroffen sind, darunter Empfehlungsdienste, zielgerichtete Werbung, Algorithmen in den sozialen Medien und Deep Fakes; betont, dass die digitale Resilienz zusätzliche Medienkompetenz erfordert, um die neuen digitalen Kompetenzen und KI-Kompetenzen in den richtigen Kontext zu setzen, und fordert daher die Unterstützung und Förderung neuer und bereits bestehender zugänglicher KI-Kurse für alle Bürger;

210.

fordert, dass Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass jede Bildungseinrichtung über einen Breitbandzugang und eine solide digitale Lerninfrastruktur verfügt; betont, dass die europäischen Universitäten und ihre Netzwerke mit den angemessenen Rechenressourcen ausgestattet werden müssen, die für das Training von KI-Modellen — die immer teurer werden — benötigt werden; betont, dass sichergestellt werden muss, dass Lehrkräfte über die erforderlichen KI-Fähigkeiten und -Instrumente verfügen; fordert einen stärkeren Fokus auf die technische Ausbildung von Lehrkräften und die Entwicklung innovativer Lehr- und Lernmittel;

211.

fordert Investitionen in Initiativen im Bereich der Programmierfähigkeiten junger Menschen zur Förderung von KI-Kenntnissen und hochrangigen Qualifikationen bei Jugendlichen, einschließlich Programmier-Akademien, Sommerschulprogrammen und KI-spezifischer Stipendien; ist der Ansicht, dass das EU-Programm „Digital Opportunity Traineeships“ auf die berufliche Bildung ausgeweitet werden sollte;

ii.   FORSCHUNG

212.

fordert die EU auf, mehr in die Erforschung von KI und anderen Schlüsseltechnologien wie Robotik, Quantencomputertechnologien, Mikroelektronik, das Internet der Dinge, Nanotechnologie und 3D-Druck zu investieren; fordert die Kommission auf, einen strategischen EU-Forschungsplan für KI zu entwickeln und danach fortlaufend zu aktualisieren, der sich mit den wichtigen interdisziplinären Herausforderungen befasst, bei denen KI ein Teil der Lösung sein kann; unterstreicht, dass Investitionen in Anwendungsfälle fließen sollten, die geeignet sind, nachhaltige Lösungen zu fördern und das Wohlergehen und die Integration der Gesellschaft zu verbessern;

213.

fordert alle Mitgliedstaaten auf, einen höheren Teil ihres BIP für die Forschung im Bereich der digitalen Technologien auszugeben; fordert nachdrücklich, das Programm „Horizont Europa“, insbesondere seine Partnerschaft in den Bereichen KI, Daten und Robotik sowie den Europäischen Innovationsrat weiter zu stärken; fordert die Ausweitung des Programms „Digitales Europa“ und vertritt die Auffassung, dass die dafür bereitgestellten Mittel in Höhe von 7,6 Mrd. Euro aufgestockt werden sollten;

214.

betont, dass der Forschung auf EU-Ebene im Bereich der KI Priorität eingeräumt werden muss; fordert die Kommission auf, die Struktur der Forschungsfinanzierung zu vereinfachen, einschließlich der Voraussetzungen und Verfahren für die Beantragung von Finanzhilfen; betont, dass die Qualität und Kohärenz der Überprüfungen von Vorschlägen und die Berechenbarkeit der Finanzierungsinstrumente und ihre zeitliche Planung verbessert werden müssen, um die langfristige Planung im Rahmen des EU-Forschungsplans für KI zu unterstützen; fordert die Kommission auf, mehr Anwendungen im Bereich der KI zu finanzieren, indem verschiedene Instrumente wie der Europäische Forschungsrat, die Marie-Curie-Maßnahmen, der Europäische Innovationsrat und das Europäische Technologie- und Innovationsinstitut kombiniert werden;

215.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, vorrangig KI-Forschung zu finanzieren, die sich auf nachhaltige und sozial verantwortungsvolle KI konzentriert und dazu beiträgt, Lösungen zu finden, die die Grundrechte schützen und fördern, und die Finanzierung von Programmen zu vermeiden, die ein inakzeptables Risiko für diese Rechte darstellen, einschließlich der Finanzierung von Systemen zur Massenüberwachung, des Social Scoring und anderer Systeme, die das Potenzial haben, negative soziale Auswirkungen zu haben, sowie von Technologien, die zu Umweltschäden beitragen;

216.

fordert die Schaffung von mehr Lehrstühlen für KI an europäischen Universitäten, angemessene Gehälter in der KI-Forschung und die Bereitstellung von mehr öffentlichen Finanzmitteln, um die jetzige und nächste Generation von Forschern und Talenten auszubilden und zu halten und die Abwanderung von Fachkräften zu verhindern; betont, dass die bürokratischen Hürden für Hochschulforschende abgebaut werden müssen, damit diese einfach Zugang zu Finanzmitteln haben, und fordert die Kommission auf, Instrumente bereitzustellen, um die digitale Vernetzung zwischen den Universitäten in und zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern; fordert nachdrücklich, dass in allen Universitäten, Forschungseinrichtungen und dem Privatsektor der EU bereichsübergreifende Netze für KI sowie spezielle multidisziplinäre KI-Forschungszentren aufgebaut werden;

217.

empfiehlt den Hochschulen, die Finanzierung von Vorhaben der angewandten Forschung zu verstärken, bei denen die KI-Dimensionen berücksichtigt werden;

218.

fordert die Kommission auf, den Wissenstransfer zwischen der KI-Forschung und der Öffentlichkeit zu verbessern, indem sie Unternehmensnetzwerke und Kontaktstellen zu Juristen und Unternehmensberatern an den Universitäten einrichtet sowie Bürgergremien und Plattformen für Wissenschaft und Gesellschaft einrichtet und die Öffentlichkeit in die Gestaltung der Forschungsagenden in Bezug auf KI einbezieht; hebt hervor, wie wichtig ein reibungsloser Übergang von der akademischen Welt zur Industrie und der Mehrwert der Nähe zwischen diesen beiden für erfolgreiche und dynamische KI-Ökosysteme und Industrieunternehmen im Bereich der KI sind;

219.

betont, dass der Wissenstransfer in der EU von Forschung und Wissenschaft hin zu KI-Anwendungen in der Industrie und im öffentlichen Sektor beschleunigt werden muss; begrüßt die Schaffung einer eigenen öffentlich-privaten Partnerschaft für KI; fordert die Kommission auf, europäische KI-Datenzentren einzurichten, die gemeinsam mit der Industrie und der Zivilgesellschaft entwickelt werden; unterstreicht, wie wichtig Testeinrichtungen im Bereich der KI sind; verweist insbesondere auf das gemeinsame Unternehmen für Hochleistungsrechnen, das gemeinsame Unternehmen für digitale Schlüsseltechnologien und das gemeinsame Unternehmen für intelligente Netze und Systeme;

220.

fordert die Einrichtung von KI-Leuchtturmprojekten im Rahmen von Horizont Europa, die auf den bestehenden und künftigen Netzwerken regionaler KI-Exzellenzzentren aufbauen, mit dem Ziel, eine Allianz starker europäischer Forschungsorganisationen aufzubauen, die einen gemeinsamen Fahrplan zur Förderung von Exzellenz bei der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung verfolgen, die nationalen KI-Bemühungen aufeinander abzustimmen, Innovationen und Investitionen zu fördern, KI-Talente in Europa anzuziehen und zu halten sowie Synergien und Skaleneffekte zu schaffen; glaubt, dass das Leuchtturmkonzept das Potenzial hat, die besten und klügsten Köpfe aus dem Ausland anzuziehen und erhebliche private Investitionen nach Europa zu bringen;

221.

fügt hinzu, dass die KI-Leuchtturmprojekte in Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen und der Industrie ausreichend finanziert werden sollten; unterstreicht die Vorteile gut abgegrenzter Reallabore für das Testen von KI-Produkten, -Dienstleistungen und -Ansätzen in einer kontrollierten realen Umgebung, bevor sie auf den Markt kommen;

222.

weist darauf hin, dass die Benennung europäischer digitaler Innovationszentren im Rahmen des Programms „Digitales Europa“ einen weiteren wichtigen Schritt zum Aufbau eines herausragenden KI-Ökosystems auf der Grundlage von Clustern zwischen Hochschulen und Industrie darstellt; kritisiert jedoch, dass die Kriterien für die europäischen digitalen Innovationszentren im Rahmen des Programms „Digitales Europa“ (EDIHs) vage sind, sie sich somit bezogen auf ihre Kapazität und ihre Entwicklung unterscheiden, und dass das Zusammenspiel mit anderen digitalen Drehscheiben, die vom Europäischen Innovations- und Technologieinstitut und im Rahmen von Horizont Europa benannt wurden, nach wie vor unklar ist; ist deshalb der Ansicht, dass eine verstärkte Koordinierung und ein Aufwand erforderlich sind und dass ein Gesamtcluster für die Kooperation dezentraler KI-Knotenpunkte, der auf einem EU-weiten Rahmen für juristisches Fachwissen, Daten, Finanzierung und Anreize beruht, geschaffen werden muss; begrüßt die Initiativen der Kommission, Start-up-Netzwerke — wie etwa Start-up Europe und Start-up Europe Mediterranean — in der gesamten EU und darüber hinaus auszubauen, um den Austausch von Ideen, Geschäftsmöglichkeiten und Vernetzungsmöglichkeiten zu fördern;

223.

schlägt vor, bestehende Initiativen wie das Europäische Laboratorium für Lernende und Intelligente Systeme und die Konföderation der Laboratorien für künstliche Intelligenz in Europa sowie Vorzeigeprojekte wie das HumanE AI Network und AI4EU auszubauen und aufeinander abzustimmen, um ehrgeizige, gemeinschaftliche und EU-weite Forschungs- und Entwicklungsziele und -projekte zu fördern;

e)   Ökosystem für Vertrauen

i.   GESELLSCHAFT UND KI

224.

schlägt vor, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten zusätzlich zu den vorgeschlagenen KI-Schulungen Sensibilisierungskampagnen, einschließlich öffentlicher Diskussionen auf lokaler Ebene, durchführen sollten, um die Bürger zu erreichen, zu informieren und in die Lage zu versetzen, die Chancen und Risiken sowie die gesellschaftlichen, rechtlichen und ethischen Auswirkungen von KI besser zu verstehen und einen weiteren Beitrag zur Vertrauenswürdigkeit und Demokratisierung von KI zu leisten; ist davon überzeugt, dass dies zusammen mit der Schaffung eines klaren und soliden Rechtsrahmens zu einer auf den Menschen ausgerichteten und vertrauenswürdigen KI dazu beitragen würde, die Bedenken der Bürger, die mit dem weit verbreiteten Einsatz von KI in Europa verbunden sein könnten, abzubauen;

225.

fordert die EU auf, dafür zu sorgen, dass bei der Entwicklung, dem Einsatz und der Nutzung von KI die demokratischen Grundsätze und die Grundrechte in vollem Umfang respektiert werden und die Rechtsvorschriften so eingehalten werden, dass Überwachungsmechanismen entgegengewirkt werden kann, nicht in Wahlen eingegriffen oder zur Verbreitung von Desinformation beigetragen wird;

226.

betont, dass Regierungen und Unternehmen nur vertrauenswürdige KI-Systeme einsetzen und beschaffen sollten, die gegebenenfalls so konzipiert sind, dass die Arbeitnehmerrechte geachtet, eine hochwertige Bildung und digitale Kompetenzen gefördert werden, und das Geschlechtergefälle nicht durch die Verhinderung von Chancengleichheit für alle verstärkt wird;

227.

unterstützt Anpassungen der Verbraucherschutzgesetze als weitere Möglichkeit, Vertrauen in KI aufzubauen, indem beispielsweise Verbrauchern das Recht eingeräumt wird, zu erfahren, ob sie mit einem KI-Agenten interagieren, sodass sie auf eine menschliche Überprüfung von KI-Entscheidungen bestehen können und indem ihnen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um kommerzieller Überwachung oder personalisierter Preisgestaltung entgegenzuwirken;

228.

betont, dass die Einführung bestimmter KI-Technologien am Arbeitsplatz, beispielsweise solcher, die Arbeitnehmerdaten verwenden, in Absprache mit den Arbeitnehmervertretern und Sozialpartnern erfolgen sollte; weist darauf hin, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmervertreter von Arbeitgebern Auskunft darüber verlangen können sollten, welche Daten erhoben werden, wo diese Daten gespeichert werden, wie diese Daten verarbeitet werden und welche Vorkehrungen zu ihrem Schutz getroffen wurden;

229.

fordert die EU auf, dafür zu sorgen, dass die KI-Systeme ihre kulturelle Vielfalt und Mehrsprachigkeit widerspiegeln, um Voreingenommenheit und Diskriminierung zu vermeiden; betont, dass die Vielfalt in den Teams gefördert werden muss, die die Risiken bestimmter KI-Anwendungen entwickeln, implementieren und bewerten, um der Voreingenommenheit von KI zu begegnen; betont, dass die Nutzung nach Geschlecht aufgeschlüsselter Daten erforderlich ist, um KI-Algorithmen zu bewerten und dass bei allen Risikobewertungen in Bezug auf KI eine geschlechtsspezifische Analyse einbezogen werden muss;

230.

unterstreicht, wie wichtig die kontinuierliche Forschung und Überwachung der Auswirkungen von KI auf verschiedene Aspekte der Gesellschaft, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene, ist; schlägt vor, dass Eurostat und andere EU-Agenturen in diese Arbeit einbezogen werden;

231.

hebt hervor, dass auf der Grundlage der Ergebnisse des Überwachungssystems ein europäischer Fonds für den Übergang in Betracht gezogen werden könnte, um z. B. den Verlust von Arbeitsplätzen in gefährdeten Sektoren oder in verschiedenen Regionen aufzufangen;

ii)   E-GOVERNANCE

232.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Erklärung von Tallinn zu elektronischen Behördendiensten umzusetzen, die Bürger in den Mittelpunkt der Dienste zu stellen und Mechanismen einzurichten, um für alle Bürger auf sämtlichen Ebenen der öffentlichen Verwaltung grenzenlose, interoperable, personalisierte, nutzerfreundliche und durchgängig digitale öffentliche Dienste auf der Grundlage von KI bereitzustellen; ist der Auffassung, dass das Ziel darin bestehen sollte, in den nächsten fünf Jahren digitalisierte und KI-gestützte elektronische Behördendienste für die Bürger bereitzustellen, ohne dabei auf menschliche Interaktion zu verzichten; weist darauf hin, dass die Mittel der Aufbau- und Resilienzfazilität sowie die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen werden; fordert die öffentlichen Stellen auf, KI im öffentlichen Sektor zu unterstützen und zu entwickeln; begrüßt die Überarbeitung der eIDAS-Verordnung (41) und ihre Rolle bei der Förderung der Bereitstellung digitaler öffentlicher Dienste; betont, dass niemand zurückgelassen werden sollte und dass Offline-Alternativen immer verfügbar sein sollten;

233.

fordert die Kommission auf, den eGovernment-Aktionsplan zu erneuern und Synergien mit dem Programm „Digitales Europa“ zu schaffen, um öffentliche Verwaltungen bei der Einführung von KI im Einklang mit der europäischen Open-Source-Software-Strategie zu unterstützen;

234.

betont, dass elektronische Behördendienste bei der Entwicklung der Datenwirtschaft und der digitalen Innovation im digitalen Binnenmarkt eine bedeutende Rolle spielen; stellt fest, dass die Zusammenarbeit und der Austausch bewährter Verfahren in allen öffentlichen Verwaltungen und über Grenzen hinweg wesentliche Bestandteile der Einführung elektronischer Behördendienste in der gesamten EU sind; fordert standardisierte, vereinfachte Verfahren der öffentlichen Verwaltung für einen effizienteren Austausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten und allen Verwaltungsebenen;

235.

stellt fest, dass für die Entwicklung hochwertiger Online-Dienste qualifizierte Experten benötigt werden; betont, dass die staatlichen Einstellungsstrategien und die staatliche Berufsbildungspolitik für Menschen mit digitalen Kompetenzen und KI-Kenntnissen verstärkt werden müssen;

236.

fordert, dass die Einrichtung des einheitlichen digitalen Zugangstors beschleunigt und die Entwicklung interoperabler Plattformen, die grenzüberschreitende Dienste in der EU anbieten und gleichzeitig gemeinsame Sicherheitsstandards in allen Mitgliedstaaten erfüllen, gefördert werden müssen; betont, dass ein möglicher Ausbau über das begrenzte Angebot an Diensten hinaus, das derzeit in der Verordnung (EU) 2018/1724 (42) über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors vorgesehen ist, in Betracht gezogen werden sollte;

237.

betont, dass die öffentlichen Konsultationsplattformen der Institutionen der EU und der Mitgliedstaaten das Beteiligung und den Zugang zu digitalen Informationen verbessern; empfiehlt, in Verbesserungen der Benutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit zu investieren, beispielsweise in die Bereitstellung von Zusammenfassungen und Informationen in mehreren Sprachen, sowie in spezielles Marketing und gezielte Öffentlichkeitsarbeit auf öffentlichen digitalen Plattformen;

238.

empfiehlt, den interaktiven und persönlichen Dialog mit den EU-Bürgern über Online-Bürgerkonsultationen, Dialogformate mit Interessenträgern oder digitale Funktionen zur Kommentierung von EU-Rechtsvorschriften und -Initiativen zu verstärken;

iii.   ELEKTRONISCHE GESUNDHEITSDIENSTE-HEALTH

239.

fordert einen evidenzbasierten Ansatz für KI im Gesundheitswesen, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht und der sich auf eine personalisierte, patientenorientierte, kosteneffiziente und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung konzentriert, die in enger Zusammenarbeit mit Angehörigen der Gesundheitsberufe und Patienten entwickelt wird, wobei die menschliche Aufsicht und Entscheidungsfindung gewahrt bleibt; fordert nachdrücklich die Priorisierung der Finanzierung, die Festlegung strategischer Ziele, die Förderung der Zusammenarbeit und die Einführung von KI-Anwendungen im Gesundheitswesen, da es sich dabei um eine kritische Branche handelt, in der die Chancen der KI enorme Vorteile für die Gesundheit und das Wohlergehen der Bürger bringen können, insofern die inhärenten Risiken angemessen gehandhabt werden;

240.

betont, dass die Einführung von KI im Gesundheitswesen als Instrument zur Unterstützung und Verringerung der Belastung der Angehörigen der Gesundheitsberufe gefördert werden sollte, damit sie sich auf klinische Aufgaben konzentrieren können, und dass die KI die Angehörigen der Gesundheitsberufe nicht ersetzen bzw. nicht als unabhängiger Akteur innerhalb der Gesundheitssysteme fungieren sollte; betont, dass ein Qualitäts- und Sicherheitsniveau sichergestellt werden muss, das dem behördlichen Zulassungsverfahren für Arzneimittel, Impfstoffe und Medizinprodukte entspricht; fordert eine Methode, die einer klinischen Prüfung ähnelt, um die Angemessenheit zu prüfen und den Einsatz von KI in klinischen Umgebungen zu überwachen; ist der Auffassung, dass es von Vorteil wäre, zu prüfen, welche Gesundheitsdienste ethisch vertretbar und verantwortungsvoll automatisiert werden können;

241.

ist der Auffassung, dass der gleichberechtigte Zugang zur Gesundheitsversorgung als Grundsatz auf gesundheitsbezogene KI-Anwendungen ausgeweitet werden sollte, einschließlich Systeme zur Erkennung von Krankheiten, zur Behandlung chronischer Erkrankungen, zur Bereitstellung von Gesundheitsdiensten und zur Arzneimittelforschung; betont, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen, um gesundheitsbezogene Risiken im Zusammenhang mit der digitalen Kluft, der algorithmischen Voreingenommenheit und Diskriminierung sowie der Marginalisierung schutzbedürftiger Personen oder kulturellen Minderheiten, die nur begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben, entgegenzuwirken;

242.

erinnert an den Standpunkt des Parlaments, dass es Versicherungsunternehmen oder sonstigen Dienstleistungsunternehmen, die befugt sind, auf Daten zuzugreifen, die in elektronischen Gesundheitsanwendungen gespeichert werden, nicht gestattet sein sollte, solche Daten zum Zwecke der Diskriminierung bei der Festlegung von Preisen zu verwenden;

243.

ist davon überzeugt, dass aktuelle EU-Projekte und -Initiativen wie EU4 Health, der europäische Raum für Gesundheitsdaten und die Europäische Plattform für die Registrierung seltener Erkrankungen Schritte in die richtige Richtung sind, da sie es den Mitgliedstaaten ermöglichen, Ressourcen zu bündeln und die nutzbringende Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsbehörden zu verstärken und einen sicheren und datenschutzfreundlichen Austausch hochwertiger Daten für Forschung und Innovation ermöglichen;

244.

fordert eine angemessene rechtliche Verankerung und Positionierung eines Rahmens für „KI im Gesundheitswesen“ auf Unionsebene; hebt hervor, dass durch den Fortschritt der KI-Technologien im Laufe der Zeit viele Risikoniveaus entstehen;

245.

betont, dass mehr Leitlinien für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Rahmen der DSGVO erforderlich sind, um das volle Potenzial der KI zum Nutzen des Einzelnen auszuschöpfen und die Grundrechte zu wahren; fordert die Kommission auf, die Normen für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten, einschließlich der gemeinsamen Nutzung, Anonymisierung und Interoperabilität, in den Mitgliedstaaten zügiger und besser zu harmonisieren;

246.

fordert die Kommission auf, die Integration ethischer Regeln bei jedem Schritt der Entwicklung, Gestaltung und Nutzung von KI-Anwendungen zu fördern; betont, dass eine weitere Forschung zu den Methoden und Verzerrungen im Rahmen eines trainierten KI-Systems gefördert werden muss, um unethische und diskriminierende Schlussfolgerungen bei der Anwendung auf Daten zur menschlichen Gesundheit zu vermeiden; empfiehlt die Schaffung eines EU-Verhaltenskodexes für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten in voller Übereinstimmung mit der DSGVO;

247.

fordert die Kommission auf, eine Initiative zu Neurorechten zu erwägen, um das menschliche Gehirn vor Störungen, Manipulationen und Kontrolle durch KI-gestützte Neurotechnologie zu schützen; legt der Kommission nahe, sich auf UN-Ebene für eine Neurorechte-Agenda einzusetzen, um Neurorechte in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aufzunehmen, konkret das Recht auf Identität, freien Willen, geistige Privatsphäre, gleichberechtigten Zugang zu Fortschritten bei der Augmentation bezogen auf das Gehirn und Schutz vor algorithmischen Voreingenommenheit;

248.

fordert die Kommission auf, einen rechtlichen Rahmen für Online-Konsultationen zu prüfen;

249.

hebt hervor, dass Maßnahmen erforderlich sind, die den gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung fördern und die Akzeptanz von KI-Lösungen bei Gesundheitsdienstleistern verbessern;

250.

fordert die Kommission auf, die Einrichtung eines Mechanismus der Zusammenarbeit im Rahmen eines europäischen Raums für Gesundheitsdaten und dessen Betriebs zu unterstützen, um den Austausch von Gesundheitsdaten zu fördern und die Entwicklung elektronischer Patientenakten im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Vorschriften zu unterstützen; drängt auf eine Verbesserung der Qualität der für jeden EU-Bürger verfügbaren Daten, indem gewährleistet wird, dass digitale Werkzeuge richtig funktionieren (z. B. auf der Grundlage von Selbstlernalgorithmen oder Big-Data-Analysen); empfiehlt, dass die im Einklang mit der DSGVO gespeicherten Daten für die weitere Forschung sowie für die Entwicklung neuer Medikamente und personalisierter Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen;

251.

betont, dass digitale Kenntnisse und KI-Kenntnisse in die Ausbildung von Angehörigen der Gesundheitsberufe sowie Kenntnisse über die EU-Datenschutzvorschriften und zum Umgang mit sensiblen Daten, einschließlich der Förderung der Datenanonymisierung, einbezogen werden müssen;

252.

fordert Leitlinien zur Anwendbarkeit von Haftungsrahmen und harmonisierten Zulassungssystemen für KI-basierte medizinische Anwendungen und Arzneimittel, die mittels KI und maschinellen Lernens entwickelt oder getestet wurden; betont, dass Schäden, die sich aus einer unzureichenden Ressourcenzuweisung oder einer unzureichenden Versorgung durch KI-Empfehlungssysteme im Gesundheitswesen ergeben, bei jeder künftigen Reform der Rechtsvorschriften berücksichtigt werden sollten; hebt hervor, dass geeignete bewährte Verfahren, Standards und Kriterien erforderlich sind, um Anwendungen im Gesundheitswesen im Einklang mit Haftungsrisiken zu zertifizieren und zu genehmigen;

253.

fordert die Kommission auf, auf den Menschen ausgerichtete Vorhersagemodelle für Pandemien bereitzustellen und zu nutzen, bei denen verschiedene Datensätze in Echtzeit zusammengeführt werden, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen;

f)   Industriestrategie

i.   STRATEGISCHE PLANUNG UND INVESTITIONEN

254.

ist davon überzeugt, dass die EU KI und die Datenwirtschaft in den Mittelpunkt einer ehrgeizigen digitalen Industriestrategie stellen sollte, um innovative Unternehmen und Unternehmer dazu zu befähigen, mit den besten technologischen Innovationen und neuen Geschäftsmodellen in Europa und der Welt zu konkurrieren, und um die offene strategische Autonomie der EU zu stärken sowie solide rechtliche, ethische, technologische Standards und Sicherheitsstandards für alle KI-Systeme und -Komponenten festzulegen, die im EU-Binnenmarkt eingesetzt werden sollen;

255.

ermutigt die Kommission, Big-Data-KI-Analysen zur Unterstützung bei der Durchführung von Stresstests zu nutzen, um die Widerstandsfähigkeit von Wertschöpfungsketten zu bewerten und Abhängigkeiten aufzuzeigen;

256.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine umfassende Analyse der Stärken und Schwächen durchzuführen, um die Anfälligkeiten der EU, kritische Bereiche und risikoreiche Abhängigkeiten zu ermitteln, realistische technische und wirtschaftliche Erwartungen in Bezug auf KI festzulegen und die Auswirkungen auf alle Sektoren der europäischen Industrie zu bewerten; unterstreicht, dass die Kommission zu diesem Zweck mit den relevanten Interessengruppen zusammenarbeiten sollte;

257.

schlägt vor, dass die EU auf der Grundlage dieser Analyse eine langfristige Strategie für die KI-Industrie mit einer klaren Vision für die nächsten 10 Jahre als Erweiterung des Digitalkompasses formulieren und verabschieden sollte; erklärt, dass diese Strategie durch ein Überwachungssystem mit zentralen Leistungsindikatoren und jährlichen Aktualisierungen ergänzt werden sollte; betont jedoch, dass die zahlreichen Einzelinitiativen der Kommission zur Unterstützung der KI-Branche in der EU konsolidiert und gestrafft werden müssen, bevor sie in die neue Strategie für die KI-Industrie aufgenommen werden;

258.

fordert die Kommission auf, zu prüfen, wie die allgemeine Industriestrategie durch gezielte öffentliche Investitionen ergänzt werden kann; weist jedoch darauf hin, dass übermäßige, nicht zielgerichtete Investitionsprogramme für komplexe Technologien in einigen Fällen die Gefahr bergen, die effiziente Kapitalallokation zu verzerren und zu nicht amortisierbaren Investitionen führen können; betont in diesem Zusammenhang, dass die Befähigung von Unternehmen, Unternehmern und Forschern, KI-Technologielösungen auf privatwirtschaftlicher Basis zu entwickeln und zu vermarkten, ein zentraler Bestandteil der EU-Industriestrategie ist, unter anderem durch die Durchsetzung gleicher Wettbewerbsbedingungen und die Vollendung des digitalen Binnenmarkts und der Kapitalmarktunion; schlägt vor, den Zugang zu Finanzmitteln, insbesondere zu Risikofinanzierungsinstrumenten, vor allem in der Anlaufphase, zu erleichtern; vertritt die Auffassung, dass der Anteil der Mittel, die im Rahmen von InvestEU und dem Programm „Digitales Europa“ für KI bereitgestellt werden, überprüft und gegebenenfalls deutlich erhöht werden sollte;

259.

betont, dass der kürzlich verabschiedete EU-Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen (43) und die kürzlich überarbeitete Verordnung über die EU-Regelung zur Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (44) zügig umgesetzt werden müssen; stellt fest, dass KI sowie Robotik und andere digitale Infrastrukturen als kritische Sektoren betrachtet werden sollten; stellt fest, dass der Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und der Schutz vor einem Abfluss kritischer Technologien stärker durchgesetzt werden sollten;

260.

betont, dass es für Europa von entscheidender Bedeutung ist, sich mit einer angemessenen digitalen Infrastruktur auszustatten; begrüßt Initiativen wie die Initiative für europäische Prozessoren, das neu vorgeschlagene Chip-Gesetz und das Gemeinsame Unternehmen für europäisches Hochleistungsrechnen;

ii.   KMU UND START-UP-UNTERNEHMEN

261.

schlägt vor, dass Start-up-Unternehmen im Bereich der KI auf EU- und staatlicher Ebene unterstützt werden, indem sie Zugang zu privatem Kapital und qualifizierten Mitarbeitern, die Fähigkeit zur Beschaffung hochwertiger Datensätze zum Trainieren von Algorithmen sowie die Fähigkeit zur Skalierung über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg erhalten; betont ferner, dass die wirksame Durchsetzung des Wettbewerbsrechts ein sehr wirksames Instrument der öffentlichen Politik zur Unterstützung einer neu gegründeten Wirtschaft ist, um den Missbrauch marktbeherrschender Macht zu verhindern und Markteintrittsbarrieren entgegenzuwirken; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass die EU ihre Anstrengungen verstärken sollte, um KMU und Start-up-Unternehmen Entwicklungsstrategien und Dienstleistungen anzubieten; stellt fest, dass dies auch die Einführung eines „Buddy“-Systems beinhalten könnte, das erfahrene KI-orientierte Unternehmen mit kleineren Unternehmen verbindet, die die Technologie implementieren möchten; betont, dass die Unfähigkeit, sich umfangreiche Rechtsteams leisten zu können, für Start-up-Unternehmen und Unternehmer oft eine Eintrittsbarriere in ein komplexes Regulierungsumfeld darstellt; betont, dass KMU Zugang zu spezifischer rechtlicher und technischer Unterstützung haben müssen; hebt außerdem hervor, dass Partnerschaften gefördert werden müssen, in denen KI-gesteuerte Unternehmen und Markteinsteiger zusammenarbeiten können; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, bessere Beratung und konkretere Unterstützung durch Netzwerke, digitale Innovationszentren, Experten für KI-Training, Betriebsberatung, Besuche vor Ort und Rechtsberatungsstellen anzubieten; betont, wie wichtig persönliche Austauschprogrammen wie Erasmus für junge Unternehmer sind, und dass diese weiterentwickelt und gefördert werden sollten;

262.

schlägt vor, den Verwaltungsaufwand für KMU und Start-up-Unternehmen im Bereich KI zu verringern, beispielsweise durch die Vereinfachung der Melde-, Informations- und Dokumentationspflichten und durch die Bereitstellung von Leitlinien für gemeinsame zivilverfahrensrechtliche Standards, die auf nationaler Ebene angenommen werden sollten; fordert die rasche Umsetzung des zentralen digitalen Zugangstors, um ein zentrales EU-Online-Portal in verschiedenen Sprachen einzurichten, das alle notwendigen Verfahren und Formalitäten enthält, um in einem anderen EU-Land tätig zu werden; betont, dass alle auf nationaler Ebene eingerichteten zentralen Anlaufstellen über das zentrale digitale Zugangstor unter Verwendung einer zugänglichen Terminologie und in umfassender Verfügbarkeit leicht zugänglich sein und Informationen und Verwaltungsdienstleistungen in den Mitgliedstaaten anbieten sollten, auch in Bezug auf die Vorschriften zur Mehrwertsteuer und Informationen über die Anforderungen für die Erbringung von Dienstleistungen, wobei geschulte Helpdesk-Mitarbeiter zur Verfügung stehen sollten, die eine wirksame benutzerfreundliche Unterstützung leisten;

263.

stellt fest, dass die EU-Mitgliedstaaten KMU und Start-up-Unternehmen unter anderem auf folgende Weise unterstützen können: Steuererleichterungen für tiefgreifende Forschung, besserer Zugang zu Rechnerkapazitäten und hochwertigen Datensätzen sowie Unterstützung für Technologie-Scouting und Weiterbildungs-, Schulungs- und Umschulungsmaßnahmen für Beschäftigte im Bereich KI;

264.

betont, dass KMU und Start-up-Unternehmen im Bereich KI einen besseren Zugang zum öffentlichen Beschaffungswesen benötigen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Bewerbungsverfahren für öffentliche Ausschreibungen und die Finanzierung von EU-Programmen neu zu gestalten, damit Start-up-Unternehmen und KMU eine faire Chance haben, öffentliche Auftragsvergabeprojekte und Forschungs- und Entwicklungszuschüsse zu erhalten; erinnert in diesem Zusammenhang an die erfolgreichen GovTech-Programme, die das Engagement kleiner Unternehmen bei der elektronischen öffentlichen Auftragsvergabe unterstützt haben; betont, dass auch Aktienoptionsprogramme für Start-up-Unternehmen im Bereich KI in ganz Europa gefördert werden sollten;

iii.   INTERNATIONALE EBENE

265.

weist darauf hin, dass die EU ein starkes internationales, auf den Grundwerten basierendes Technologiebündnis schmieden und beispielhaft führen sollte sowie hierfür mit gleichgesinnten Partnern zusammenarbeiten sollte, um gemeinsame Regulierungsstandards festzulegen, von bewährten Verfahren in den Bereichen KI, Datenschutzrechte, Datenströme und Wettbewerbsregeln zu profitieren und strategische Schwachstellen zu beheben, indem sie die gegenseitigen Vorzüge nutzt und Ressourcen in Bereichen bündelt, in denen sich dies für beide Seiten als vorteilhaft erweist; unterstreicht, dass die EU auch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit im Bereich der ethischen, vertrauenswürdigen und auf den Menschen ausgerichteten KI in den einschlägigen multilateralen und bilateralen Foren aktiv unterstützen sollte, z. B. innerhalb der Vereinten Nationen, der OECD, des Europarats, der Welthandelsorganisation, des Weltwirtschaftsforums und der G20; begrüßt insbesondere die Einrichtung des EU-US-TTC, in dem die Zusammenarbeit bei KI-Standards als eine der wichtigsten Prioritäten genannt wird, und stellt fest, dass der TTC angesichts seines strategischen Potenzials durch eine interparlamentarische Dimension unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments und des US-Kongresses verstärkt werden muss;

266.

schlägt vor, auch eine spezielle transatlantische Arbeitsgruppe zu KI einzurichten, der Vertreter von Regierungen, Normungsorganisationen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft angehören, um an gemeinsamen Standards und ethischen Leitlinien für KI zu arbeiten; schlägt vor, gemeinsam mit anderen gleichgesinnten Partnern eine langfristige Plattform für den Austausch über KI und andere wichtige digitale und handelspolitische Themen auf der Grundlage des aktuellen TTC einzurichten;

267.

betont, dass die EU den sozial verantwortlichen und ethischen Einsatz von KI fördern und mit internationalen Normungsgremien zusammenarbeiten sollte, um die Standards für Ethik, Sicherheit, Zuverlässigkeit, Interoperabilität und Schutz weiter zu verbessern; begrüßt die jüngsten Normungsinitiativen von Akteuren wie dem gemeinsamen technischen Ausschuss der Internationalen Organisation für Normung und der Internationalen Elektrotechnischen Kommission, die darauf abzielen, unterschiedliche KI-Kodizes weltweit zu harmonisieren; betont darüber hinaus, dass Europa Standards fördern und entwickeln sollte, auch in den Bereichen intelligente Fertigung, Internet der Dinge, Robotik und Datenanalyse; schlägt vor, Wissenschaftler, die Zivilgesellschaft und KMU bei der Teilnahme an Normungsforen besser zu unterstützen;

268.

unterstützt die E-Commerce-Initiative der Welthandelsorganisation zur Entwicklung einer integrativen, wirtschaftlich sinnvollen, evidenzbasierten und zielgerichteten Politik auf hohem Niveau, um Hindernisse für den digitalen Handel besser anzugehen; betont, dass das Abkommen auch die Grundsätze einer verantwortungsvollen Staatsführung widerspiegeln und Regierungen die Möglichkeit geben sollte, dem digitalen Protektionismus entgegenzuwirken und gleichzeitig das Vertrauen der Verbraucher zu schützen und zu fördern und einen echten Mehrwert für die Weltwirtschaft zu schaffen;

269.

schlägt vor, dass die Kommission weiterhin gegen ungerechtfertigte Handelshemmnisse, insbesondere nichttarifäre Handelshemmnisse oder Marktzugangsbeschränkungen für europäische KI-Unternehmen in Drittländern, vorgeht; betont, dass die Handels-, Nachbarschafts- und Entwicklungspolitik auch aktiv genutzt werden sollte, um die internationale Debatte über KI zu gestalten und europäische ethische KI-Grundsätze zu fördern;

g)   Sicherheit

i.   KI UND STRAFVERFOLGUNG

270.

betont, wie wichtig es ist, dass die Strafverfolgungsbehörden in der Lage sind, kriminelle Aktivitäten mit Hilfe von KI-Technologie zu erkennen und dagegen vorzugehen;

271.

betont, dass durch den Missbrauch von KI bei der Strafverfolgung Schaden angerichtet werden kann, einschließlich automatischer Diskriminierung und unrechtmäßiger Behandlung von Bürgern, während gleichzeitig nur wenige Rechtsmittel bereitgestellt werden; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sinnvolle Anforderungen an die menschliche Aufsicht umzusetzen und für diejenigen, die von KI-Entscheidungen betroffen sind, Rechtsmittel bereitzustellen;

272.

schlägt vor, dass sich die EU an den Soft-Law-Ansätzen des Interregionalen Forschungsinstituts der Vereinten Nationen für Kriminalität und Justiz beteiligen sollte, das operative KI-Toolkits entwickelt und eine Partnerschaft mit Interpol eingegangen ist, und als einzigartiges Forum für den Dialog und die Zusammenarbeit im Bereich KI zwischen Strafverfolgungsbehörden, Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft dient und in vollem Einklang mit dem Besitzstand der EU im Bereich Datenschutz und Privatsphäre steht;

273.

nimmt die Rolle von Europol bei der Entwicklung, Schulung und Validierung von KI-Instrumenten zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Terrorismus und Cyberkriminalität in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten und unter voller Achtung der Grundwerte der EU, insbesondere dem Grundprinzip der Nichtdiskriminierung und dem Grundsatz der Unschuldsvermutung, zur Kenntnis;

274.

fordert die Kommission auf, die finanziellen und personellen Ressourcen des EU-Innovationszentrums für innere Sicherheit zu stärken; begrüßt die Bemühungen von Eurojust, der EU-Agentur für Grundrechte und Europol, ein Toolkit mit universellen Grundsätzen der Rechenschaftspflicht für den Einsatz von KI durch Justiz- und innere Sicherheitskräfte (das „AP4AI Framework“) zu entwickeln; fordert die Kommission auf, diese Initiative gezielt finanziell zu unterstützen, um die Rechenschaftsstandards und -werte der EU im Bereich der KI zu fördern;

ii.   CYBERSICHERHEIT

275.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit im Bereich der Cybersicherheit auf europäischer Ebene zu verstärken, um es der EU und den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, Ressourcen besser zu bündeln, nationale Cybersicherheitsstrategien effizienter zu koordinieren und zu straffen, den Kapazitätsaufbau und die Sensibilisierung im Bereich der Cybersicherheit weiter auszubauen und rasch Wissen und technische Unterstützung im BEreich der Cybersicherheit für KMU sowie für andere eher traditionell ausgerichtete Wirtschaftszweige bereitzustellen;

276.

ermutigt die EU, eine führende Position bei der Entwicklung starker Kryptografie- und anderer Sicherheitsstandards zu übernehmen, die Vertrauen und Interoperabilität in KI-Systemen ermöglichen; betont, dass zur Schaffung einer internationalen Konvergenz im Bereich der IKT-Risikokontrolle auf bestehenden internationalen Standards aufgebaut und diese so weit wie möglich berücksichtigt werden sollten;

277.

schlägt die Einführung horizontaler Anforderungen für die Cybersicherheit auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften und gegebenenfalls neuer horizontaler Rechtsakte vor, um eine Fragmentierung zu verhindern und ein einheitliches Konzept für die Cybersicherheit für alle Produktgruppen zu gewährleisten; stellt fest, dass KI-Produkte auf dem digitalen Binnenmarkt, die die CE-Kennzeichnung tragen, in Zukunft sowohl für ein hohes Maß an physischer Sicherheit als auch für eine risikoadäquate Cyber-Resilienz stehen und so die Einhaltung der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften signalisieren könnte;

278.

schlägt den Mitgliedstaaten vor, Anreize für Cybersicherheitsanforderungen für KI-Systeme durch die Politik der öffentlichen Auftragsvergabe zu schaffen, unter anderem indem bestimmte ethische Grundsätze und Sicherheitsgrundsätze für die Beschaffung von KI-Anwendungen, insbesondere in kritischen Sektoren, verbindlich vorgeschrieben werden;

279.

fordert, dass die EU-Agentur für Cybersicherheit (ENISA) sektorspezifische Bewertungen des Sicherheitsrisikos durchführt, beginnend mit Branchen des öffentlichen und privaten Sektors, die sich mit den risikoreichsten und sensibelsten Anwendungen von KI beschäftigen und die das größte Potenzial für negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Sicherheit und die Grundrechte haben; betont, dass die ENISA gemeinsam mit dem Europäischen Kompetenzzentrum für Cybersicherheit und dem Netzwerk der nationalen Koordinierungszentren Cybersicherheitsvorfälle bewerten sollte, um Lücken und neue Schwachstellen zu ermitteln und die EU-Institutionen rechtzeitig über angemessene Korrekturmaßnahmen zu beraten;

280.

legt Unternehmen nahe, die KI-gestützte Systeme nutzen, entwickeln oder einsetzen und im digitalen Binnenmarkt tätig sind, auf der Grundlage ihrer individuellen Risikolage eine klare und unabhängig bewertete Cybersicherheitsstrategie zu entwickeln; fordert die Einbeziehung von KI-Systemen in die Modellierung von Bedrohungen und das Sicherheitsrisikomanagement; schlägt vor, dass die Kommission, ENISA und die nationalen Behörden diesen Prozess unterstützen sollten;

281.

stellt fest, dass die Cybersicherheitsanforderungen für KI-Produkte deren gesamten Lebenszyklus abdecken sollten; betont, dass auch klar sein muss, dass jedes Unternehmen in der Lieferkette seinen Beitrag zur Entwicklung widerstandsfähiger KI-Produkte leisten muss; weist darauf hin, dass die neuen Anforderungen auf dem mit der jeweiligen Produktgruppe verbundenen Risiko und dem Grad des Einflusses auf das Risikoniveau basieren sollten, um eine unverhältnismäßige Belastung für KMU und Start-Up-Unternehmen zu vermeiden;

282.

schlägt vor, dass bei der Entwicklung eines EU-weiten Zertifizierungssystems für vertrauenswürdige KI bestehende Initiativen in bestimmten Mitgliedstaaten berücksichtigt werden sollten, wie z. B. der deutsche KI-Cloud-Service-Compliance-Kriterienkatalog oder das maltesische KI-Zertifizierungsprogramm;

iii.   CYBERABWEHR

283.

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, eine aktive Politik der europäischen Cyberdiplomatie zu verfolgen, indem sie vom Ausland unterstützte Cyberangriffe, einschließlich KI-gesteuerter Cyberangriffe, anzeigen und einordnen und gleichzeitig das gesamte Instrumentarium der EU-Diplomatie ausschöpfen; begrüßt, dass das Instrumentarium für Cyberabwehr der EU, das Auslaufen von Finanzhilfen und Sanktionen gegen Länder oder deren Handlanger umfasst, die an böswilligen Cyberaktivitäten, hybriden Angriffen, einschließlich Desinformationskampagnen, beteiligt sind oder Cyberkriminalität fördern; stellt fest, dass die KI-gestützte Cyberabwehr bis zu einem gewissen Grad wirksamer ist, wenn sie auch einige offensive Mittel und Maßnahmen umfasst, sofern deren Einsatz mit dem Völkerrecht vereinbar ist;

284.

regt ferner an, die Cybersicherheitskapazitäten innerhalb der Europäischen Verteidigungsagentur zu stärken, u. a. durch den Einsatz von KI-basierten Systemen zur Unterstützung einer koordinierten und raschen Reaktion auf Cyberangriffe; ist der Ansicht, dass die Umsetzung der Cyberabwehrpolitik in jedem Mitgliedstaat überwacht und die Zuweisung der entsprechenden Ressourcen innerhalb der Union bewertet werden sollte;

285.

betont, dass die Auswirkungen von KI auf die europäische Sicherheit analysiert und Empfehlungen dazu ausgearbeitet werden müssen, wie die neuen Sicherheitsherausforderungen auf EU-Ebene in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, dem Privatsektor, Forschern, Wissenschaftlern und der Zivilgesellschaft angegangen werden können;

286.

bestärkt die Mitgliedstaaten darin, Maßnahmen zu ergreifen, um die Aufdeckung von Schwachstellen zu belohnen und Prüfungen von KI-basierten Produkten, Systemen und Prozessen zu unterstützen;

iv.   MILITÄRISCHE NUTZUNG VON KI

287.

stellt fest, dass jeder Einsatz von militärischer KI strengen menschlichen Kontroll- und Überwachungsmechanismen, ethischen Grundsätzen und der uneingeschränkten Achtung der internationalen Menschenrechte und des internationalen humanitären Rechts unterliegen muss; stellt ferner fest, dass die EU mit ihren gleichgesinnten Partnern an einem internationalen Rahmen für die sichere Erforschung, Entwicklung und Nutzung von KI-gestützten Waffen arbeiten sollte, mit dem das humanitäre Völkerrecht gestärkt wird, auch im Zusammenhang mit den für bewaffnete Konflikte geltenden Regeln; weist erneut auf die internationalen Normen und Grundsätze hin, z. B. die Verhältnismäßigkeit der Gewalt, die bei der Entwicklung und dem Einsatz neuer Militärtechnologien zu beachten sind;

288.

stellt fest, dass KI-basierte Technologien ein immer wichtigerer Bestandteil der militärischen Ausrüstung und Strategie sind; betont, dass KI-Anwendungen, die ausschließlich für die militärische und nationale Sicherheit genutzt werden, streng von der zivilen Nutzung abgegrenzt werden sollten; weist erneut darauf hin, dass Fragen im Zusammenhang mit neu entstehenden Technologien im militärischen Bereich in der Gruppe der Regierungssachverständigen für neu entstehende Technologien im Bereich tödliche autonome Waffensysteme, einschließlich Fragen im Zusammenhang mit KI, behandelt werden, in der die EU-Mitgliedstaaten vertreten sind;

289.

begrüßt den künftigen EU-Strategiekompass, der einen Rahmen und ein gewisses Maß an Ehrgeiz bei der Behandlung von Sicherheits- und Verteidigungsaspekten der KI bieten soll; weist erneut darauf hin, dass die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Europäische Verteidigungsfonds es den Mitgliedstaaten und der Union ermöglichen werden, Investitionen, Fähigkeiten und Interoperabilität im Bereich der neuen Technologien, einschließlich KI, zu verbessern;

290.

stellt fest, dass die EU KI als entscheidenden Bestandteil der europäischen technologischen Souveränität betrachten sollte;

291.

kommt zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten ihr Militärpersonal nach wie vor ausbilden sollten, um sicherzustellen, dass es über die erforderlichen digitalen Fähigkeiten für den Einsatz von KI in Kontroll-, Betriebs- und Kommunikationssystemen verfügt; begrüßt den Ansatz des Europäischen Verteidigungsfonds für tödliche autonome Waffensysteme und dessen Artikel 10 Absatz 6; weist darauf hin, wie wichtig der Europäische Verteidigungsfonds für die Unterstützung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern in der militärischen KI-Forschung, der Entwicklung modernster Verteidigungstechnologien und des Baus der erforderlichen Infrastruktur, und zwar der Rechenzentren mit starken Cyberfähigkeiten, ist;

292.

fordert den Rat auf, einen gemeinsamen Standpunkt zu autonomen Waffensystemen festzulegen, der eine maßgebliche menschliche Kontrolle über ihre kritische Funktion gewährleistet; besteht auf der Aufnahme internationaler Verhandlungen über rechtsverbindliche Instrumente für ein Verbot vollständig autonomer Waffen; stellt fest, dass in solch einem internationalen Abkommen festgelegt werden sollte, dass alle tödlichen KI-Waffen einer maßgeblichen menschlichen Aufsicht und Kontrolle unterliegen müssen, was bedeutet, dass der Mensch in der Schleife („in the loop“) bleibt und somit letztendlich für die Entscheidung, ein Ziel auszuwählen und eine tödliche Handlung vorzunehmen, verantwortlich ist;

293.

fordert eine engere Zusammenarbeit mit der NATO im Bereich der Cyberabwehr und fordert die NATO-Verbündeten auf, die multilateralen Bemühungen zur Regulierung der militärischen Nutzung von KI voranzutreiben;

5.    Fazit: Dringender Handlungsaufruf!

294.

ist davon überzeugt, dass der laufende digitale Wandel, bei dem KI die entscheidende Rolle spielt, einen weltweiten Wettbewerb um die führende Rolle im Bereich der Technologie ausgelöst hat; betont, dass die EU bisher ins Hintertreffen geraten ist, sodass die Gefahr besteht, dass künftige technologische Standards ohne ausreichende EU-Beiträge entwickelt werden, und zwar allzu oft von nicht-demokratischen Akteuren, was wiederum eine Herausforderung für die politische Stabilität und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit darstellt; kommt zu dem Schluss, dass die EU im Bereich der KI-Standards weltweit eine Führungsrolle einnehmen muss;

295.

betont, dass KI zwar häufig als unvorhersehbare Bedrohung dargestellt wird, dass es sich dabei jedoch um ein leistungsfähiges digitales Instrument handelt, das bereits in vielen wichtigen Bereichen einen Paradigmenwechsel mit sich bringt, u. a. indem sie das Angebot innovativer Produkte und Dienstleistungen ermöglicht, den Verbrauchern eine größere Auswahl bietet und Produktionsverfahren effizienter gestaltet; stellt fest, dass die Übernahme von KI-Technologien für die gesamte Gesellschaft klare Vorteile und Chancen bietet, unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Nachhaltigkeit, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit; weist darauf hin, dass KI-Technologien gleichzeitig das Risiko mit sich bringen, die menschliche Handlungsfähigkeit einzuschränken und die menschliche Autonomie zu ersetzen; unterstreicht, dass sowohl diese Vorteile als auch die Risiken als Richtschnur für die Regulierung von und die öffentliche Kommunikation über KI dienen und diese bestimmen sollten;

296.

betont, dass die EU das Potenzial hat, die internationale Debatte über KI zu gestalten und weltweit führende gemeinsame Regeln und Standards zu entwickeln, die einen menschenzentrierten, vertrauenswürdigen und nachhaltigen Ansatz für KI fördern, der mit den Grundrechten vollumfänglich im Einklang steht; betont jedoch, dass die Möglichkeit, einen solchen ausgeprägten europäischen Ansatz für KI auf der internationalen Bühne zu konsolidieren, ein rasches Handeln erfordert, weshalb sich die EU umgehend auf eine gemeinsame KI-Strategie und einen Regelungsrahmen einigen muss; betont, dass die Gestaltung internationaler Technologienormen und -standards eine engere Koordinierung und Zusammenarbeit mit gleichgesinnten demokratischen Partnern erfordert;

297.

betont, dass die EU derzeit noch weit davon entfernt ist, ihr Bestreben, im Bereich der KI weltweit wettbewerbsfähig zu werden, zu verwirklichen; betont in diesem Zusammenhang, dass harmonisierte Regeln und Standards, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen unerlässlich sind, um die Einführung von KI und Innovationen zu fördern, auch durch die Beseitigung unnötiger Verwaltungshindernisse für Start-up-Unternehmen, KMU und die Zivilgesellschaft; erkennt an, dass ein radikaler Wandel dieser Größenordnung verschiedene Teile der Gesellschaft unterschiedlich beeinflusst, und betont, dass der digitale Wandel unter umfassender Achtung der Grundrechte erfolgen muss; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und das Parlament, einschließlich seiner zuständigen Ausschüsse, auf, den im Rahmen des EU-Fahrplans für KI abgegebenen Empfehlungen nachzukommen;

298.

fordert ein Regelungsumfeld für KI, das eine wirksame Governance und den Schutz der Grundrechte vorsieht und gleichzeitig den wettbewerbsfähigen Zugang zu digitalen Märkten für Akteure jeder Größe erleichtert, um Innovationen und Wirtschaftswachstum zum Nutzen aller zu fördern; hebt hervor, dass eine wettbewerbsfähige, zugängliche und faire Datenwirtschaft, die auf gemeinsamen Standards beruht, eine Voraussetzung für die angemessene Entwicklung und Schulung von KI ist; weist in diesem Zusammenhang auf die Gefahr hin, dass sich die Marktkonzentration in der Datenwirtschaft auf die Wirtschaft für KI-Anwendungen ausweiten könnte;

299.

kommt zu dem Schluss, dass die Fortschritte bei den digitalen Bestrebungen der EU in Bereichen wie der KI ein viel höheres Maß an Integration und Harmonisierung im digitalen Binnenmarkt erfordern, um den grenzüberschreitenden Austausch zu fördern und sicherzustellen, dass EU-weit dieselben Regeln und Standards gelten; betont in diesem Zusammenhang, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU den Missbrauch von Marktmacht bekämpfen müssen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen;

300.

ist schließlich der Auffassung, dass die notwendigen Schritte unternommen werden müssen, um sicherzustellen, dass der digitale Wandel den ökologischen Wandel fördert und nicht behindert; kommt zu dem Schluss, dass für KI-Systeme eine solide Infrastruktur und Kapazitäten im Hinblick auf die Konnektivität erforderlich sind; betont, dass alle Bereiche und Wertschöpfungsketten von der digitalen Infrastruktur, die mit dem Grünen Deal im Einklang steht, erfasst werden und dass dabei die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft beachtet werden sollten; betont jedoch, dass KI nicht funktionsfähig sein wird, wenn die digitale Infrastruktur, einschließlich Breitband- und Glasfasernetzen, Randknoten und 5G, nicht angemessen eingesetzt wird; betont, dass der Anstieg des Energie- und Ressourcenverbrauchs gebremst werden muss, um eine klimaneutrale digitale Infrastruktur bis 2030 zu erreichen;

301.

hebt hervor, dass der schnelle technologische Fortschritt durch KI auch den Lebensunterhalt all derer beeinträchtigen wird, die nicht über die Fähigkeiten verfügen, um sich schnell genug diesen neuen Technologien anzupassen; merkt an, dass durch Weiterbildung und Umschulung zwar dazu beigetragen werden kann, viele der aufkommen sozioökonomischen Schwierigkeiten zu bewältigen, weist jedoch darauf hin, dass den betreffenden Auswirkungen jedoch auch im Zusammenhang mit den Sozialsystemen, der städtischen und ländlichen Infrastruktur und den demokratischen Prozessen begegnet werden muss; gelangt zu dem Schluss, dass es zur Förderung der Einführung von Innovationen im Bereich der KI, zur Erhöhung der Akzeptanz von KI-basierten Anwendungen und zur Sicherstellung, dass niemand zurückgelassen wird, notwendig ist, den Menschen die Mittel zum Erwerb digitaler Kompetenzen an die Hand zu geben; betont, dass die Bildung in den IKT- und MINT-Bereichen frühzeitig beginnen und in allen Lebensabschnitten verfügbar bleiben muss, um die digitale Kompetenz und Resilienz zu erhöhen; ist der Ansicht, dass Initiativen zum Aufbau von KI-Ökosystemen für Exzellenz, zur Gewinnung von KI-Talenten in der EU und zur Bekämpfung der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte von entscheidender Bedeutung sind;

302.

betont, dass Herausforderungen für die Grundrechte im Bereich KI angegangen werden müssen, damit KI tatsächlich zu einem Instrument wird, das den Menschen und der Gesellschaft dient und das Gemeinwohl sowie allgemeine Interessen verfolgt; kommt zu dem Schluss, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger in allen Lebensbereichen geschützt werden müssen, auch im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI im öffentlichen Umfeld und am Arbeitsplatz, um das Vertrauen in KI zu stärken; unterstreicht, dass insbesondere die Rechte, Ziele und Interessen von Frauen und Minderheitengemeinschaften beim digitalen Wandel berücksichtigt werden müssen; betont, dass die öffentlichen Dienste und ihre Verwaltungsstrukturen mit gutem Beispiel vorangehen müssen; unterstreicht, dass die EU die Einführung von KI-basierten Systemen und der E-Governance beschleunigen muss, um den sicheren Einsatz von KI in öffentlichen Verwaltungen zu erleichtern; betont darüber hinaus, dass durch KI neue Lösungen im Gesundheitswesen erschlossen werden können, wenn angemessen mit den Risiken umgegangen wird und der Grundsatz des gleichberechtigten Zugangs zur Gesundheitsversorgung vollständig auf gesundheitsbezogene KI-Anwendungen ausgeweitet wird;

303.

ist schließlich der Auffassung, dass bei der KI-Strategie der EU über militärische und sicherheitspolitische Erwägungen und Bedenken, die sich aus dem weltweiten Einsatz von KI-Technologien ergeben, nicht hinweggesehen werden darf; betont, dass die internationale Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Partnern intensiviert werden muss, um die Grundrechte zu schützen und gleichzeitig zusammenzuarbeiten, um neuartige technologische Bedrohungen auf ein Mindestmaß zu beschränken;

o

o o

304.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(2)  ABl. C 132 vom 24.3.2022, S. 102.

(3)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0504.

(4)  ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.

(5)  ABl. L 166 vom 11.5.2021, S. 1.

(6)  ABl. L 170 vom 12.5.2021, S. 1.

(7)  ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 59.

(8)  ABl. L 170 vom 12.5.2021, S. 149.

(9)  ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 1.

(10)  ABl. L 256 vom 19.7.2021, S. 3.

(11)  ABl. C 288 vom 31.8.2017, S. 1.

(12)  ABl. C 252 vom 18.7.2018, S. 239.

(13)  ABl. C 307 vom 30.8.2018, S. 163.

(14)  ABl. C 132 vom 24.3.2022, S. 45.

(15)  ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 86.

(16)  ABl. C 449 vom 23.12.2020, S. 37.

(17)  ABl. C 294 vom 23.7.2021, S. 14.

(18)  ABl. C 404 vom 6.10.2021, S. 107.

(19)  ABl. C 404 vom 6.10.2021, S. 129.

(20)  ABl. C 404 vom 6.10.2021, S. 63.

(21)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 34.

(22)  ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 204.

(23)  ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 37.

(24)  ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 28.

(25)  ABl. C 132 vom 24.3.2022, S. 17.

(26)  Roberts, M., Driggs, D., Thorpe, M. et al., „Common pitfalls and recommendations for using machine learning to detect and prognosticate for COVID-19 using chest radiographs and CT scans“ (Typische Gefahren und Empfehlungen für den Einsatz von maschinellem Lernen zur Erkennung und Prognostizierung von COVID-19 mithilfe von Röntgenaufnahmen des Brustkorbs und CT-Scans), Nature Machine Intelligence, 3, S. 199–217, 15. März 2021.

(27)  Studie der GD IPOL, Opportunities of Artificial Intelligence (Chancen der künstlichen Intelligenz), Juni 2020.

(28)  Arbeitsdokument des AIDA-Ausschusses, Artificial Intelligence and the Green Deal (Künstliche Intelligenz und der grüne Deal), März 2021.

(29)  Mitteilung der Kommission vom 18. November 2021 über eine für neue Herausforderungen gerüstete Wettbewerbspolitik („communication on a competition policy fit for new challenges“) (COM(2021)0713).

(30)  Acemoglu, D. et al.: AI and Jobs: Evidence from Online Vacancies. National Bureau of Economic Research, Dezember 2020.

(31)  Mitteilung der Kommission vom 9. März 2021 mit dem Titel „Digitaler Kompass 2030: der europäische Weg in die digitale Dekade“ (COM(2021)0118).

(32)  Kommission, Koordinierter Plan für Künstliche Intelligenz (COM(2018)0795).

(33)  Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz) und zur Änderung bestimmter Rechtsakte der Union (COM(2021)0206).

(34)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel „Förderung eines europäischen Konzepts für künstliche Intelligenz“ (COM(2021)0205).

(35)  Daten aus dem Jahr 2018.

(36)  Koerner, K., (How) will the EU become an AI superstar?, Deutsche Bank, März 2020.

(37)  ABl. L 316 vom 14.11.2012, S. 12.

(38)  Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. L 210 vom 7.8.1985, S. 29).

(39)  Richtlinie (EU) 2019/1024 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über offene Daten und die Wiederverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 56).

(40)  Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation (ABl. L 155 vom 23.5.2014, S. 1).

(41)  Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73).

(42)  ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 1.

(43)  ABl. L 79 I vom 21.3.2019, S. 1.

(44)  ABl. L 206 vom 11.6.2021, S. 1.


Mittwoch, 4. Mai 2022

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/109


P9_TA(2022)0141

Folgemaßnahmen zu der Konferenz zur Zukunft Europas

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Mai 2022 zu den Folgemaßnahmen zu der Konferenz zur Zukunft Europas (2022/2648(RSP))

(2022/C 465/07)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Geschäftsordnung der Konferenz zur Zukunft Europas (im Folgenden „Konferenz“), die vom Exekutivausschuss gebilligt und auf der mehrsprachigen digitalen Plattform der Konferenz veröffentlicht wurde,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der neun thematischen Arbeitsgruppen der Konferenz, die am 30. April 2022 von der Plenarversammlung der Konferenz gebilligt wurden,

unter Hinweis auf den im Februar 2022 veröffentlichten Tätigkeitsbericht der mehrsprachigen digitalen Plattform der Konferenz zur Zukunft Europas,

unter Hinweis auf die im Februar 2022 auf der mehrsprachigen digitalen Plattform der Konferenz zur Zukunft Europas veröffentlichten Beiträge der einzelnen Mitgliedstaaten,

unter Hinweis auf die auf der mehrsprachigen digitalen Plattform der Konferenz veröffentlichten Berichte der nationalen Bürgerforen und der nationalen Veranstaltungen,

unter Hinweis auf den als Ergebnis des Europäischen Jugendevents vom 8. und 9. Oktober 2021 veröffentlichten Bericht über die Ideen der Jugend für die Konferenz zur Zukunft Europas,

unter Hinweis auf die Empfehlungen des europäischen Bürgerforums 1 zu dem Thema „Eine stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung/Bildung, Kultur, Jugend und Sport / digitaler Wandel“,

unter Hinweis auf die Empfehlungen des europäischen Bürgerforums 2 zu dem Thema „Demokratie in Europa / Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit“,

unter Hinweis auf die Empfehlungen des europäischen Bürgerforums 3 zu dem Thema „Klimawandel, Umwelt/Gesundheit“,

unter Hinweis auf die Empfehlungen des europäischen Bürgerforums 4 zu dem Thema „Die EU in der Welt/Migration“,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zum Standpunkt des Europäischen Parlaments zur Konferenz über die Zukunft Europas (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2017 zur Verbesserung der Funktionsweise der Europäischen Union durch Ausschöpfung des Potenzials des Vertrags von Lissabon (2), seine Entschließung vom 16. Februar 2017 zu möglichen Entwicklungen und Anpassungen der derzeitigen institutionellen Struktur der Europäischen Union (3), seine Entschließung vom 13. Februar 2019 zum Stand der Debatte über die Zukunft Europas (4) und seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Bestandsaufnahme zu den Wahlen zum Europäischen Parlament (5),

gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass sich die Europäische Union anders als zu dem Zeitpunkt, als die Konferenz in die Wege geleitet wurde, in einer beispiellosen Situation befindet, die neuen Schwung für die europäische Integration und ein noch stärkeres Maß an gemeinsamem Handeln und Solidarität erfordert, nun, da wieder Krieg in einem Teil Europas herrscht;

B.

in der Erwägung, dass die EU anhand ihrer Fähigkeit beurteilt wird, die gegenwärtigen Krisen zu überwinden, und dass sie daher bestrebt sein sollte, stärker zu werden;

C.

in der Erwägung, dass sich das Europäische Parlament voll und ganz für die Konferenz eingesetzt hat und fest davon überzeugt ist, dass die EU reformiert werden muss, um nicht nur die gegenwärtigen, sondern auch künftige Herausforderungen bewältigen zu können;

D.

in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen der Konferenz auch alle Folgen der Invasion Russlands in die Ukraine behandelt werden müssen, die vor dem Hintergrund der infolge der Pandemie bereits schwierigen Bedingungen zu betrachten sind;

E.

in der Erwägung, dass es in den Vorschlägen, die sich aus der Bürgerbeteiligung ergeben und die in den endgültigen Schlussfolgerungen der Konferenz zum Ausdruck kommen, darum geht, dass die Europäische Union demokratischer, sicherer, schlagkräftiger, wohlhabender, gerechter, nachhaltiger und handlungsfähiger wird und in der Welt an Einfluss gewinnt;

F.

in der Erwägung, dass die EU mit ausreichenden und angemessenen Mitteln ausgestattet werden sollte, um die vorstehend genannten Ziele zu erreichen, was erneut deutlich macht, dass die Arbeitsweise der Organe verbessert werden muss;

G.

in der Erwägung, dass die EU daher mit Instrumenten ausgestattet werden sollte, die es ihr ermöglichen, auf wichtige länderübergreifende Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit, Gesundheit, Klimawandel und Umwelt, Migration, Digitalisierung, Verteidigung, Besteuerung, Bekämpfung der Ungleichheit, Wirtschafts- und Sozialpolitik und Geopolitik zu reagieren;

H.

in der Erwägung, dass neben Legislativvorschlägen auch die Einleitung eines Prozesses institutioneller Reformen erforderlich ist, um die aus dem Prozess der Bürgerbeteiligung hervorgegangenen Empfehlungen und Erwartungen umzusetzen;

I.

in der Erwägung, dass neue politische Maßnahmen und in einigen Fällen Vertragsänderungen nicht als Selbstzweck, sondern im Interesse aller Unionsbürger notwendig sind und in diesem Sinne darauf abzielen sollten, die EU so umzugestalten, dass ihre offene strategische Autonomie, ihre Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit, die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte sichergestellt werden;

J.

in der Erwägung, dass die Konferenz erneut zeigt, dass jedwede Reform der Union das uneingeschränkte Engagement des Parlaments, der Kommission, des Rates und der einschlägigen Interessenträger sowie die direkte Einbindung und Bürger voraussetzt;

K.

in der Erwägung, dass die Erfahrungen aus der Konferenz bestätigen, dass es wichtig ist, alle denkbaren Wege des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten auszubauen;

1.

begrüßt die Schlussfolgerungen der Konferenz, die von der Plenarversammlung der Konferenz am 30. April 2022 gebilligt wurden;

2.

bringt seine Zufriedenheit mit den ambitionierten und konstruktiven Vorschlägen der Konferenz zum Ausdruck, die auf den Empfehlungen und Ideen der europäischen und nationalen Bürgerforen, des Europäischen Jugendevents und der Online-Plattform beruhen; begrüßt, dass die Schlussfolgerungen der Konferenz in einem von den Bürgern vorangetriebenen Prozess ausgearbeitet wurden, und betont die Bedeutung der Beteiligung der Bürger an der Demokratie in der Union;

3.

ist der Ansicht, dass die Konferenz zu einer innovativen und erfolgreichen Beteiligung der Unionsbürger geführt und den Unionsorganen eine zusätzliche Chance geboten hat, indem sie zu einem umfassenden Dialog zwischen den Bürgern, den nationalen Parlamenten, den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, den Sozialpartnern und den Organisationen der Zivilgesellschaft über die Zukunft der Union geführt hat;

4.

betont die Bedeutung der parlamentarischen Dimension der Konferenz und bringt seinen Wunsch zum Ausdruck, den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament auszubauen und zu stärken;

5.

ist der Ansicht, dass eine stärkere Rolle im Beschlussfassungsverfahren der EU Hand in Hand mit demokratischeren, transparenteren und rechenschaftspflichtigeren Unionsorganen geht; unterstützt darüber hinaus die kontinuierliche Einbeziehung der Beteiligung und Konsultation der Bürger in dieses Verfahren;

6.

weist darauf hin, dass die jüngsten Krisen gemeinsame europäische Lösungen erfordern; ist der Ansicht, dass die Konferenz eine einzigartige Gelegenheit war, der EU diesbezüglich zukunftsweisende Vorschläge zu unterbreiten;

7.

ist der Ansicht, dass die Aggression Russlands gegen die Ukraine davon zeugt, dass es einer geopolitisch stärkeren EU bedarf, die in der Welt mit einer Stimme spricht und in den Bereichen Sicherheit, Verteidigung, Energie und Migration auf der Grundlage gemeinsamen Handelns und uneingeschränkter Solidarität eine gemeinsame Politik verfolgt;

8.

weist darauf hin, dass die EU im Rahmen der Reaktion auf die COVID-19-Pandemie ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, in Bezug auf Gesundheit, Wirtschaftswachstum und sozialen Zusammenhalt zu handeln und innovative und gemeinsame Lösungen voranzutreiben; ist der Ansicht, dass dieses konkrete Vorgehen in einen neuen und dauerhaften institutionellen und politischen Rahmen überführt werden muss;

9.

betont, dass die Schlussfolgerungen der Konferenz deutlich machen, dass die EU dringend eine Führungsrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels, beim Schutz der biologischen Vielfalt und bei der Förderung der Nachhaltigkeit spielen muss;

10.

betont, dass den Schlussfolgerungen der Konferenz und den Erwartungen der Bürger Rechnung getragen werden muss, indem in einigen der wichtigsten Politikbereiche der Union an ambitionierten Veränderungen gearbeitet wird;

11.

ist der Ansicht, dass eine vertiefte politische Integration und echte Demokratie — wie in den Schlussfolgerungen der Konferenz hervorgehoben — durch ein Initiativrecht für das Europäische Parlament und die Abschaffung des Grundsatzes der Einstimmigkeit im Rat erreicht werden können;

12.

stellt fest, dass die Schlussfolgerungen der Konferenz Vertragsänderungen erfordern, unter anderem was die Vereinfachung der institutionellen Architektur der EU betrifft, sowie mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht im Beschlussfassungsverfahren und neue Überlegungen zu den Zuständigkeiten der EU;

13.

unterstützt — wie in den Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppen der Konferenz hervorgehoben — einen Übergang zu einem Modell des nachhaltigen, inklusiven und widerstandsfähigen Wachstums, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft der Union unter besonderer Berücksichtigung der KMU als deren Rückgrat und eine Prüfung der Wettbewerbsfähigkeit, die vollständige Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte einschließlich der entsprechenden Kernziele für 2030, ein Protokoll über den sozialen Fortschritt und die Förderung zukunftsorientierter Investitionen mit Schwerpunkt auf dem gerechten Übergang sowie dem grünen und dem digitalen Wandel unter Verfolgung einer starken sozialen Ausrichtung, zu der auch die Gleichstellung der Geschlechter gehört, auch unter Berücksichtigung der Beispiele von NextGenerationEU und des Europäischen Instruments zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE);

14.

hält es für wesentlich, sich auf die Folgemaßnahmen zu den Vorschlägen der Konferenz zu konzentrieren, um den Forderungen der Bürger nachzukommen; erwartet, dass sich alle Unionsorgane in allen Phasen der Weiterverfolgung zu einer konstruktiven und ambitionierten Herangehensweise im Einklang mit ihren jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten verpflichten, wobei hierzu auch die Unterbreitung von Legislativvorschlägen gehört;

15.

ist bereit, seinen Aufgaben gerecht zu werden und für angemessene Folgemaßnahmen zu den Ergebnissen der Konferenz Sorge zu tragen; fordert daher die Einberufung eines Konvents durch Aktivierung des in Artikel 48 des Vertrags über die Europäische Union vorgesehenen Verfahrens zur Änderung der Verträge und fordert seinen Ausschuss für konstitutionelle Fragen auf, das erforderliche Verfahren entsprechend einzuleiten;

16.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 71.

(2)  ABl. C 252 vom 18.7.2018, S. 215.

(3)  ABl. C 252 vom 18.7.2018, S. 201.

(4)  ABl. C 449 vom 23.12.2020, S. 90.

(5)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 98.


Donnerstag, 5. Mai 2022

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/112


P9_TA(2022)0199

Der Fall von Osman Kavala in der Türkei

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem Fall von Osman Kavala in der Türkei (2022/2656(RSP))

(2022/C 465/08)

The European Parliament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Türkei, insbesondere die Entschließungen vom 19. Mai 2021 zu den Berichten 2019–2020 der Kommission über die Türkei (1) und vom 21. Januar 2021 zur Menschenrechtslage in der Türkei, insbesondere zu dem Fall von Selahattin Demirtaș und anderer politischer Gefangener (2),

unter Hinweis auf die Erklärungen des ständigen Berichterstatters des Parlaments für die Türkei und des Vorsitzenden der Delegation im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Türkei vom 21. April 2022 zur abschließenden Anhörung im Gezi-Prozess und vom 18. Dezember 2020 zu dem Gerichtsurteil zu Osman Kavala sowie auf die Erklärung des Vorsitzenden der Delegation im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Türkei vom 20. Februar 2020 zur Inhaftierung von Osman Kavala,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2021 zur Erweiterungspolitik der EU (COM(2021)0644) und den dazugehörigen Bericht 2021 über die Türkei (SWD(2021)0290),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. Juni 2021 und auf alle früheren einschlägigen Schlussfolgerungen des Rates und des Europäischen Rates,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Dezember 2021 zur Erweiterung und zum Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess,

unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 26. April 2022 zur Verurteilung von Osman Kavala sowie auf frühere Erklärungen des Europäischen Auswärtigen Dienstes zu seinem Fall,

unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 10. Dezember 2019 in der Rechtssache Kavala/Türkei (28749/18), das am 11. Mai 2020 rechtskräftig geworden ist,

unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen des Ministerkomitees des Europarats, einschließlich der Interimsresolution vom 2. Dezember 2021 zur Durchführung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Rechtssache Kavala/Türkei und der Interimsresolution vom 2. Februar 2022 zum selben Thema, was zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Türkei aufgrund ihrer Weigerung, das 2019 ergangene Urteil des EGMR umzusetzen und Osman Kavala freizulassen, führte,

unter Hinweis auf die Reaktion der Generalsekretärin des Europarates vom 18. Februar 2020 auf das in der Türkei ergangene Urteil gegen Osman Kavala und auf die Reaktion der Menschenrechtskommissarin des Europarates vom 19. Februar 2020 auf die erneute Verhaftung von Osman Kavala,

unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 4. November 1950, deren Vertragspartei die Türkei ist,

unter Hinweis auf Artikel 46 der EMRK, in der sich die Hohen Vertragsparteien verpflichten, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des EGMR zu befolgen, und daher auf die Verpflichtung der Türkei, alle Urteile des EGMR umzusetzen,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der am 19. Dezember 1966 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde und dessen Vertragspartei die Türkei ist, insbesondere auf Artikel 9 über willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen,

unter Hinweis auf die Entscheidung des Gerichts für schwere Strafsachen Nr. 13 in Istanbul vom 25. April 2022 in Bezug auf den Gezi-Prozess,

unter Hinweis auf die Entscheidung des Gerichts für schwere Strafsachen Nr. 30 in Istanbul vom 18. Februar 2020 in Bezug auf den Gezi-Prozess,

unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948,

gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass das Gericht für schwere Strafsachen Nr. 13 in Istanbul unter dem Vorsitz von Richter Mesut Özdemir am 25. April 2022 den Philanthropen und prominenten Menschenrechtsverteidiger Osman Kavala zu lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilte und ihn des „versuchten Sturzes der Regierung“ für schuldig befand, ihn jedoch vom Vorwurf der „Spionage“ freisprach; in der Erwägung, dass sieben weitere Angeklagte — die Architektin Mücella Yapıcı, der Rechtsanwalt Can Atalay, der Stadtplaner Tayfun Kahraman, der Direktor der Europäischen Schule für Politik, Ali Hakan Altınay, der Gründer der Istanbuler Bilgi-Universität, Yiğit Ali Ekmekçi, die Filmproduzentin Çiğdem Mater Utku und die Dokumentarfilmerin Mine Özerden — wegen derselben Vorwürfe zu 18 Jahren Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass das Gericht ihre sofortige Festnahme im Gerichtssaal anordnete; in der Erwägung, dass die Vorwürfe politisch motiviert sind und nie belegt wurden, auch nicht in dem am 25. April 2022 ergangenen Urteil;

B.

in der Erwägung, dass Osman Kavala erstmals am 1. November 2017 aufgrund von Vorwürfen im Zusammenhang mit den Protesten im Gezi-Park im Jahr 2013 und dem Putschversuch im Jahr 2016 festgenommen und inhaftiert wurde; in der Erwägung, dass der Gezi-Prozess im Juni 2019 begann; in der Erwägung, dass Osman Kavala beschuldigt wurde, die Proteste im Gezi-Park finanziert und organisiert zu haben; in der Erwägung, dass das Gericht für schwere Strafsachen Nr. 30 in Istanbul Osman Kavala am 18. Februar 2020 im Gezi-Prozess freisprach und seine sofortige Freilassung anordnete, wofür es das völlige Fehlen konkreter und materieller Beweise für die Begehung der angeblichen Straftaten anführte; in der Erwägung, dass das Gericht auch Mücella Yapıcı, Can Atalay, Tayfun Kahraman, Ali Hakan Altınay, Yiğit Aksakoğlu, Yiğit Ali Ekmekçi, Çiğdem Mater Utku und Mine Özerden freisprach; in der Erwägung, dass Osman Kavala der einzige Angeklagte war, der sich zum Zeitpunkt seines Freispruchs noch in Haft befand, nachdem er seit dem 18. Oktober 2017 wegen haltloser Vorwürfe unrechtmäßig in Untersuchungshaft gesessen hatte;

C.

in der Erwägung, dass am 22. Januar 2021 die 3. Strafkammer des Regionalgerichts von Istanbul, also das Berufungsgericht, die Freisprüche von Osman Kavala und acht weiteren Angeklagten aufhob;

D.

in der Erwägung, dass das Gericht unter Bezugnahme auf die gegen die Angeklagten erhobenen Vorwürfe die Aufhebung der Freisprüche damit begründete, dass Beweismittel wie Beiträge in den sozialen Medien und Presseerklärungen der Angeklagten sowie die von ihnen skandierten Parolen bei der Verkündung des vorherigen Urteils nicht berücksichtigt worden seien;

E.

in der Erwägung, dass sieben Angeklagte, darunter der Journalist Can Dündar und der Schauspieler Mehmet Ali Alabora, während des gesamten Gerichtsverfahrens ständig im Ausland weilten; in der Erwägung, dass das Gericht ihre Fälle von denen der neun Angeklagten, die sich noch im Land befinden, abtrennte und Haftbefehle gegen sie erließ; in der Erwägung, dass das Gericht die Haftbefehle in seiner Entscheidung vom 18. Februar 2020 aufhob;

F.

in der Erwägung, dass Osman Kavala nur wenige Stunden nach seinem Freispruch und bevor seine Freilassungsanordnung vollstreckt werden konnte, auf Betreiben des Istanbuler Generalstaatsanwalts İrfan Fidan gemäß Artikel 309 des Strafgesetzbuchs der Türkei unter dem Vorwurf der versuchten Beeinträchtigung der verfassungsmäßigen Ordnung im Zuge eines parallel laufenden Ermittlungsverfahrens wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung am Putschversuch vom 15. Juli 2016 erneut verhaftet und in Polizeigewahrsam genommen wurde;

G.

in der Erwägung, dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan das Urteil des Gerichts für schwere Strafsachen Nr. 30 in Istanbul am 19. Februar 2020 missbilligte, indem er den Freispruch von Osman Kavala als Teil eines Plans bezeichnete, der von Personen ausgeheckt worden sei, „die in bestimmten Ländern Aufstände anzetteln und Unruhe stiften wollen“, und diese Personen „böswillige Feinde des Staates und seines Volkes“ nannte; in der Erwägung, dass durch die Erklärungen von Präsident Erdoğan und die Erklärungen anderer hochrangiger Amtsträger die Unabhängigkeit der Justiz der Türkei aktiv beeinträchtigt wird;

H.

in der Erwägung, dass die Staatsanwaltschaft ebenfalls Berufung gegen die Freisprüche einlegte und Staatsanwalt Edip Şahiner forderte, die Freisprüche aufzuheben, womit er das Ziel verfolgte, den Prozess künstlich in die Länge zu ziehen;

I.

in der Erwägung, dass der Rat der Richter und Staatsanwälte (Hâkimler ve Savcılar Kurulu — HSK), der für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten zuständig ist, im Anschluss an die Erklärungen von Präsident Erdoğan ein Ermittlungsverfahren gegen die drei Richter, die Osman Kavala und seine acht Mitanklagten freigesprochen hatten, einleitete und dabei Fehler in ihren Urteilen anführte; in der Erwägung, dass die Disziplinarverfahren gegen diese Richter offensichtlich einen direkten Eingriff in ihre Entscheidungsbefugnis darstellten und eine abschreckende Wirkung auf die Unabhängigkeit aller Mitglieder der Justiz gehabt haben könnten;

J.

in der Erwägung, dass gemäß dem türkischen Gesetz Nr. 7188 zur Änderung der Strafprozessordnung und bestimmter Gesetze Verdächtige, die wegen Terrorismus oder Verbrechen gegen den Staat angeklagt sind, für höchstens zwei Jahre in Untersuchungshaft gehalten werden können, bevor ihr Fall vor Gericht verhandelt werden muss; in der Erwägung, dass die Ermittlungsakte gegen Osman Kavala gemäß Artikel 309 des Strafgesetzbuchs der Türkei am 25. Februar 2018 angelegt wurde; in der Erwägung, dass das Versäumnis der türkischen Behörden, Osman Kavala am 25. Februar 2020 freizulassen, folglich einen Verstoß gegen das Strafgesetzbuch der Türkei darstellte;

K.

in der Erwägung, dass das Versäumnis der Oberstaatsanwaltschaft von Istanbul, Osman Kavala nach seiner erneuten Verhaftung nochmals zu vernehmen, beweist, dass seit der amtlichen Freilassungsanordnung vom 11. Oktober 2019 keine neuen Beweise zur Untermauerung der gemäß Artikel 309 des Strafgesetzbuchs der Türkei erhobenen Anklage gefunden wurden; in der Erwägung, dass aufgrund dieses Mangels an neuen Beweisen keine glaubwürdigen Gründe für eine erneute Verhaftung von Osman Kavala auf der Grundlage derselben Vorwürfe vorlagen;

L.

in der Erwägung, dass die erneute Verhaftung von Osman Kavala ein Beispiel für Misshandlung ist, wie die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, erklärte; in der Erwägung, dass die Strafentscheidung, Osman Kavala erneut in Haft zu nehmen, eine offensichtliche Verletzung sowohl des nationalen als auch des internationalen Rechts darstellt; in der Erwägung, dass das gesamte Verfahren gegen Osman Kavala eine Aneinanderreihung von juristischen Manövern und Unregelmäßigkeiten war, die von politischer Einflussnahme geprägt waren und deren Hauptziel in der Verlängerung seiner Haft bestand;

M.

in der Erwägung, dass in einer Reihe irrationaler Entscheidungen das Gezi-Verfahren von August 2021 bis Februar 2022 mit dem sogenannten Çarşı-Verfahren– in dem die Freisprüche der Angeklagten gleichfalls aufgehoben wurden — zusammengelegt war; in der Erwägung, dass der Richter, der dem Gericht für schwere Strafsachen Nr. 30 in Istanbul vorsitzt, Mahmut Başbuğ, die Zusammenlegung der Verfahren gefordert hatte und eben jener Richter ist, der am Gericht für schwere Strafsachen Nr. 13, nachdem er vorübergehend dorthin berufen worden war, den Beschluss über die Zusammenlegung unterzeichnete; in der Erwägung, dass das Gericht für schwere Strafsachen Nr. 13, zu einem späteren Zeitpunkt — im Februar 2022 — ohne ersichtlichen Grund entschied, die Verfahren erneut aufzuteilen; in der Erwägung, dass sich einer der an dem Urteil vom 25. April 2022 beteiligten Richter des Spruchkörpers des Gerichts für schwere Strafsachen Nr. 13, Murat Bircan, im Jahr 2018 als Kandidat der Regierungspartei für die Große Nationalversammlung aufstellen lassen wollte;

N.

in der Erwägung, dass der EGMR am 10. Dezember 2019 urteilte, dass die Untersuchungshaft von Osman Kavala aufgrund des Fehlens eines begründeten Verdachts gegen Artikel 5 Absatz 1 EMRK, aufgrund des Fehlens einer zügigen gerichtlichen Überprüfung durch das Verfassungsgericht gegen Artikel 5 Absatz 4 EMRK und aufgrund des politisch motivierten Charakters der Untersuchungshaft, deren Zweck darin bestand, eine abschreckende Wirkung auf Menschenrechtsverteidiger auszuüben, gegen Artikel 18 EMRK in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 EMRK verstößt;

O.

in der Erwägung, dass sich das Urteil des EGMR sowohl auf die Vorwürfe gegen Osman Kavala gemäß Artikel 312 des Strafgesetzbuchs der Türkei wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an den Protesten im Gezi-Park als auch auf jene gemäß Artikel 309 des Strafgesetzbuchs wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli 2016 bezieht;

P.

in der Erwägung, dass in dem Urteil des EGMR gefordert wurde, dass die Staatsorgane der Türkei für die sofortige Freilassung von Osman Kavala sorgen; in der Erwägung, dass trotz des rechtlich bindenden Urteils des EGMR aus dem Jahr 2019 und zweier Interimsresolutionen des Ministerkomitees des Europarates vom 2. Dezember 2021 bzw. vom 2. Februar 2022, mit denen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei eingeleitet wurde, weil sie sich weigerte, das rechtlich bindende Urteil des EGMR umzusetzen und Osman Kavala umgehend freizulassen, keine Fortschritte im Hinblick auf seine Freilassung erzielt wurden, wodurch sich die Bedenken der EU hinsichtlich der Einhaltung internationaler Normen und der Normen der EU durch die Justiz der Türkei verstärkten;

Q.

in der Erwägung, dass die Regierungspartei der Türkei wiederholt die Rechtsstaatlichkeit, die demokratischen Normen und die Menschenrechtsnormen beschädigt hat, wobei sie häufig scharf gegen politische Gegner und Menschenrechtsverteidiger vorgeht und sich dabei auf den weit gefassten Vorwurf des Terrorismus stützt;

R.

in der Erwägung, dass die Türkei, nachdem mehrere Mitgliedstaaten der EU Erklärungen abgegeben hatten, in denen sie die andauernde Untersuchungshaft von Osman Kavala verurteilten, damit drohte, zehn Botschafter von Mitgliedstaaten der EU in der Türkei zu unerwünschten Personen zu erklären;

S.

in der Erwägung, dass die Türkei als Bewerberland der EU verpflichtet ist, die höchsten Normen der Demokratie zu wahren, unter anderem durch die Achtung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit, der Grundfreiheiten und des universellen Rechts auf ein faires Verfahren sowie die strikte Achtung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und des Rechts auf ein ordentliches Verfahren;

T.

in der Erwägung, dass die Türkei seit dem 9. August 1949 Mitglied des Europarats ist, wodurch sie an die EMRK und die Urteile des EGMR gebunden ist;

1.

missbilligt aufs Schärfste das jüngste Urteil des Gerichts für schwere Strafsachen Nr. 13 in Istanbul, in dem eine lebenslange Haftstrafe unter erschwerten Bedingungen gegen Osman Kavala verhängt wurde, und zwar nach mehr als viereinhalb Jahren ungerechtfertigter, unrechtmäßiger und illegitimer Untersuchungshaft und weniger als drei Monate, nachdem das Ministerkomitee des Europarates wegen der Weigerung der Türkei, das rechtlich bindende Urteil des EGMR umzusetzen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei eingeleitet hat; ist der Ansicht, dass Osman Kavala wegen ungerechtfertigter Vorwürfe und mit dem Hintergedanken verurteilt wurde, ihn als Menschenrechtsverteidiger zum Schweigen zu bringen und mit dem Urteil eine abschreckende Wirkung auf kritische Stimmen in der Türkei zu erzielen; missbilligt in gleicher Weise die Urteile gegen die Mitangeklagten Mücella Yapıcı, Can Atalay, Tayfun Kahraman, Ali Hakan Altınay, Yiğit Ali Ekmekçi, Çiğdem Mater Utku und Mine Özerden;

2.

fordert, dass Osman Kavala im Einklang mit dem Urteil des EGMR aus dem Jahr 2019 umgehend und bedingungslos freigelassen wird, alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe umgehend fallengelassen und seine Rechte und Freiheiten in vollem Umfang garantiert werden und dass auch die übrigen sieben in dem Fall angeklagten Personen umgehend freigelassen werden; verurteilt, dass Osman Kavala seit Oktober 2017 ununterbrochen seine Freiheit entzogen worden ist, und fordert die Türkei auf, im Einklang mit ihren internationalen und innerstaatlichen Verpflichtungen zu handeln;

3.

bekundet Osman Kavala, den übrigen Angeklagten im Gezi-Prozess und ihren Familien seine uneingeschränkte Solidarität;

4.

ist zutiefst besorgt über die anhaltende Verschlechterung der Grundrechte und Grundfreiheiten sowie der Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei, insbesondere nach dem gescheiterten Putsch; fordert die Staatsorgane der Türkei auf, der gerichtlichen Schikanierung von Menschenrechtsverteidigern, Wissenschaftlern, Journalisten, geistlichen Führern und Rechtsanwälten ein Ende zu setzen;

5.

fordert die Türkei als Mitglied des Europarates auf, im Einklang mit Artikel 46 EMRK alle Urteile des EGMR vollständig umzusetzen, wobei es sich um eine vorbehaltlose Verpflichtung handelt, die sich aus der Mitgliedschaft der Türkei im Europarat ergibt und in der Verfassung der Türkei verankert ist; betont, dass durch die Weigerung der Türkei, das Urteil des EGMR im Fall Osman Kavala umzusetzen, die Bedenken der EU hinsichtlich der Einhaltung internationaler Normen und der Normen der EU durch die Justiz der Türkei weiter verstärkt werden;

6.

verurteilt und missbilligt die anhaltenden Anstrengungen und Versuche, die Haftzeit von Osman Kavala zu verlängern, obwohl es keine glaubwürdigen oder greifbaren Beweise gibt, und zwar durch eine Reihe komplexer Ausweichtaktiken der Justiz, etwa die Zusammenlegung und Abtrennung von Gerichtsakten, durch ständige Unregelmäßigkeiten unter völliger Missachtung der Normen für ein faires Verfahren und im Dienste eines politischen Zwecks;

7.

ist entsetzt darüber, dass das Gericht für schwere Strafsachen Nr. 13 in Istanbul wegen des angeblichen Versuchs, die Regierung gewaltsam zu stürzen, und unter eklatanter Missachtung der Tatsache, dass der EGMR diesen Anklagepunkt in seinen Urteilen bereits ausdrücklich verworfen hatte, eine lebenslange Haftstrafe unter erschwerten Bedingungen gegen Osman Kavala verhängt hat;

8.

begrüßt die mehrmaligen Entscheidungen des Ministerkomitees des Europarates, in denen die Freilassung von Osman Kavala gefordert wird und die in dem historischen Vorgang gipfelten, dass im Wege von Interimsresolutionen vom Dezember 2021 und Februar 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei wegen ihrer Weigerung, sich an das endgültige Urteil des EGMR zu halten, eingeleitet wurden; stellt fest, dass an dem Vertragsverletzungsverfahren die Schwere der Verstöße der Türkei gegen ihre Verpflichtungen als Mitglied des Europarats und als Bewerberland der EU deutlich wird; fordert das Ministerkomitee des Europarates auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, mit denen sichergestellt wird, dass die Regierung der Türkei das Urteil des EGMR unverzüglich umsetzt;

9.

verurteilt, dass die Staatsorgane der Türkei Osman Kavala erniedrigend und unmenschlich behandeln, wodurch seine Rechte gemäß der EMRK, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem innerstaatlichen Recht der Türkei sowie seine gemäß Artikel 17 der Verfassung der Republik Türkei geschützte Menschenwürde verletzt werden; fordert die Türkei auf, weitere Einschüchterungsmaßnahmen gegenüber Osman Kavala zu unterlassen und seine Menschenrechte, wie sie in der Verfassung der Türkei sowie im Unionsrecht und im Völkerrecht verankert sind, zu garantieren;

10.

verurteilt zum einen die Entscheidung des Rates der Richter und Staatsanwälte der Türkei, Ermittlungen gegen die drei Richter einzuleiten, die Osman Kavala grundsätzlich und unmissverständlich freigesprochen haben; ist zum anderen entsetzt darüber, dass der ehemalige stellvertretende Leiter der Istanbuler Staatsanwaltschaft, Hasan Yılmaz, der für die zweite Anklageschrift gegen Osman Kavala verantwortlich zeichnet, anschließend zum stellvertretenden Justizminister ernannt wurde und mithin von Amts wegen nun Mitglied des Rates der Richter und Staatsanwälte ist;

11.

ist zutiefst besorgt über Vorfälle, die darauf hindeuten, dass sich die Regierung im Zusammenhang mit der Strafverfolgung von Osman Kavala eindeutig in die Belange der Justiz eingemischt hat; ist zutiefst besorgt darüber, dass die Justiz der Türkei die Urteile des EGMR missachtet und dass sich Teile der Justiz immer weniger an die Urteile des Verfassungsgerichts der Türkei halten; beharrt darauf, dass die Staatsorgane der Türkei alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen, mit denen gegen die derzeitige verhängnisvolle Lage der Justiz vorgegangen und die Unabhängigkeit der Justiz im Einklang mit Artikel 6 EMRK wiederhergestellt wird, um die Unparteilichkeit sämtlicher Justizorgane der Türkei zu gewährleisten und sie vor politischer Einflussnahme zu schützen;

12.

fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Fall Osman Kavala und alle anderen Fälle von willkürlich inhaftierten Menschenrechtsverteidigern, Rechtsanwälten, Journalisten und Wissenschaftlern gegenüber ihren türkischen Gesprächspartnern zur Sprache zu bringen und in diesen Fällen diplomatische und politische Unterstützung zu leisten, was auch die Beobachtung von Gerichtsverfahren und die Weiterverfolgung der einzelnen Fälle umfasst; fordert, dass eine Delegation des Europäischen Parlaments dem Prozess gegen Osman Kavala und seine Mitangeklagten beiwohnt, sofern das Verfahren fortgesetzt wird; nimmt zur Kenntnis, dass gegen das jüngste Gerichtsurteil beim Kassationshof der Türkei und beim Verfassungsgericht der Türkei Rechtsmittel eingelegt werden können;

13.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, stärker von Soforthilfen für Menschenrechtsverteidiger Gebrauch zu machen und dafür zu sorgen, dass die Leitlinien der EU zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern uneingeschränkt umgesetzt werden;

14.

betont, dass Osman Kavala und anderen türkischen Staatsbürgern in ähnlicher Lage bei Bedarf politisches Asyl in der EU gewährt werden kann;

15.

stellt fest, dass die derzeitige Regierung der Türkei mit der Entscheidung, sich unverhohlen über die rechtlich bindenden Urteile des EGMR im Fall Osman Kavala u. a. hinwegzusetzen, unter den derzeitigen Umständen vorsätzlich alle Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme ihres EU-Beitrittsverfahrens, die Eröffnung neuer Kapitel und die Schließung offener Kapitel zerstört hat; weist den Rat erneut darauf hin, dass jede Verbesserung der offiziellen Beziehungen zwischen der EU und der Türkei und jeder Fortschritt bezüglich der positiven Agenda, wie sie in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Dezember 2020, März 2021 und Juni 2021 vorgeschlagen wurde, von der tatsächlichen Verbesserung der Lage der Bürger- und Menschenrechte und der Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei abhängen sollte;

16.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie dem Staatspräsidenten, der Regierung und dem Parlament der Türkei zu übermitteln, und ersucht darum, dass diese Entschließung ins Türkische übersetzt wird.

(1)  ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 81.

(2)  ABl. C 456 vom 10.11.2021, S. 247.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/117


P9_TA(2022)0200

Berichte über die anhaltende erzwungene Organentnahme in China

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Berichten über die fortgesetzte Organentnahme in China (2022/2657(RSP))

(2022/C 465/09)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Beziehungen zwischen der EU und China,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2013 zu Organentnahmen in China (1),

unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Interne Politikbereiche am 12. April 2016 veröffentlichte Studie mit dem Titel „Ergebnisse des Seminars zur Organentnahme in China“ (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe (3),

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union von 2009, insbesondere auf Artikel 3 über das Recht auf Unversehrtheit,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, die von China am 4. Oktober 1988 ratifiziert wurden,

unter Hinweis auf die Konvention des Europarats gegen den Organhandel,

unter Hinweis auf die Erklärung von Istanbul zu Organhandel und Transplantationstourismus,

unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, das von China 1949 unterzeichnet wurde,

unter Hinweis auf die Erklärung von Sachverständigen der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 14. Juni 2021 zu Berichten über angebliche Organentnahmen, von denen Minderheiten in China betroffen sind,

unter Hinweis auf die von seinem Unterausschuss Menschenrechte organisierte Anhörung vom 29. November 2021 zum Thema Organentnahme in China,

unter Hinweis auf das am 1. März 2020 ergangene abschließende Urteil des Unabhängigen Gerichts für erzwungene Organentnahme von Gefangenen aus Gewissensgründen in China (China-Tribunal),

gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass Förderung und Achtung der universellen Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit im Mittelpunkt der Beziehungen der EU zu China stehen, was mit der Verpflichtung der EU, diesen Werten in ihrem auswärtigen Handeln Rechnung zu tragen, und mit Chinas Zusage, diese Werte im Rahmen seiner eigenen Entwicklungszusammenarbeit und internationalen Zusammenarbeit zu achten, im Einklang steht;

B.

in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage in China seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping im März 2013 weiter verschlechtert hat; in der Erwägung, dass die chinesische Regierung gegenüber den Menschenrechten und der Rechtsstaatlichkeit zunehmend feindselig eingestellt ist;

C.

in der Erwägung, dass weltweit jährlich 10 000 illegale Organtransplantationen bei Menschen durchgeführt werden; in der Erwägung, dass mit dem Organhandel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge jährlich mehr als 1 Mrd. EUR an Gewinn erwirtschaftet wird;

D.

in der Erwägung, dass in der Volksrepublik China aufgrund überlieferter Vorstellungen der Anteil der Personen, die in Organspenden einwilligen, äußerst gering ist; in der Erwägung, dass China im Jahr 1984 Bestimmungen eingeführt hat, nach denen die Organentnahme von hingerichteten Gefangenen erlaubt ist; in der Erwägung, dass China nach eigenen Angaben 2015 die Verwendung von Organen hingerichteter Gefangener eingestellt und ein nationales Organspendensystem eingeführt hat, ohne diese Praxis jedoch jemals vollständig zu verbieten, sodass sie nach wie vor legal ist;

E.

in der Erwägung, dass das Organtransplantationssystem in China nicht den Anforderungen der WHO im Hinblick auf Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Organe entspricht und dass sich die chinesische Regierung einer unabhängigen Kontrolle des Systems widersetzt; in der Erwägung, dass die freie Einwilligung der Betroffenen nach vorheriger Aufklärung die Voraussetzung für eine ethisch vertretbare Organspende darstellt;

F.

in der Erwägung, dass unter erzwungener Organentnahme die Tötung einer Person ohne ihre Zustimmung zu verstehen ist, damit ihre Organe entfernt und in den Körper einer anderen Person verpflanzt werden können; in der Erwägung, dass diese Praxis als eklatante und nicht hinnehmbare Verletzung des Grundrechts auf Leben betrachtet werden muss;

G.

in der Erwägung, dass der Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter und der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ihre Besorgnis angesichts der Berichte über Organentnahmen von Gefangenen zum Ausdruck gebracht und die Regierung der Volksrepublik China aufgefordert haben, die Rechenschaftspflicht und Transparenz des Organtransplantationssystems zu erhöhen und diejenigen, die für dessen Missbrauch verantwortlich sind, zu bestrafen;

H.

in der Erwägung, dass das China-Tribunal (4) im März 2020 sein abschließendes Urteil gefällt hat, in dem es feststellte, dass die erzwungene Organentnahme in ganz China seit Jahren in erheblichem Umfang praktiziert wird und dass die Anhänger von Falun Gong eine — und wahrscheinlich die wichtigste — Quelle der Versorgung mit menschlichen Organen waren; in der Erwägung, dass sich die chinesische Regierung weigerte, vor dem China-Tribunal auszusagen;

I.

in der Erwägung, dass die starke Abhängigkeit von hingerichteten und lebenden Gefangenen als Quelle von Organen für Transplantationen eine Vielzahl von inakzeptablen Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen der ärztlichen Ethik zur Folge hat;

J.

in der Erwägung, dass laut einer Erklärung von Sachverständigen der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 10. Juni 2021 glaubwürdige Informationen darüber vorliegen, dass an Häftlingen, die ethnischen, sprachlichen oder religiösen Minderheiten in China angehören, ohne deren freie, freiwillige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Einwilligung medizinische Untersuchungen vorgenommen wurden, darunter Bluttests und Untersuchungen der Organe mittels Ultraschall und Röntgenstrahlen, wie sie für die Feststellung der Eignung von Organen für Transplantation unerlässlich sind;

K.

in der Erwägung, dass Sachverständige der Vereinten Nationen für Menschenrechte den Sachverhalt bereits 2006 und 2007 gegenüber der chinesischen Regierung zur Sprache gebracht haben; in der Erwägung, dass die Antworten der chinesischen Regierung weder Angaben über die Herkunft der für Transplantationen verwendeten Organe noch über die Systeme für den Informationsaustausch enthielten, die zur Identifizierung und zum Schutz von Opfern des Organhandels und zur wirksamen Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung von Organhändlern beitragen könnten;

L.

in der Erwägung, dass die chinesische Regierung die Anschuldigungen der Organentnahme zurückgewiesen hat, vornehmlich in ihrer Antwort an das Amt der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, und wiederholt und kategorisch bestritten hat, dass Falun-Gong-Anhänger wegen ihrer Organe getötet wurden;

1.

ist zutiefst besorgt über die Berichte über anhaltende, systematische, unmenschliche und staatlich sanktionierte Organentnahme von Gefangenen in der Volksrepublik China und insbesondere von Falun-Gong-Anhängern und von Angehörigen anderer Minderheiten wie Uiguren, Tibeter und Christen;

2.

weist darauf hin, dass China das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert hat, wonach ein absolutes und ausnahmsloses Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe gilt;

3.

ist der Ansicht, dass die Praxis, in der Volksrepublik China lebende zum Tode verurteilte Gefangene und Gefangene aus Gewissensgründen für die Organentnahme zu nutzen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne von Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs darstellen kann; fordert die Volksrepublik China nachdrücklich auf, das Römische Statut zu unterzeichnen und ihm beizutreten;

4.

fordert die chinesischen Staatsorgane auf, unverzüglich auf die Vorwürfe der Organentnahme zu reagieren und eine unabhängige Kontrolle durch internationale Menschenrechtsmechanismen, einschließlich des Amtes der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, zu ermöglichen;

5.

bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass es keine unabhängige Kontrolle darüber gibt, ob Gefangene oder Häftlinge eine gültige Einwilligung zu einer Organspende geben; verurteilt den Mangel an Informationen vonseiten der chinesischen Staatsorgane über Berichte, wonach die sterblichen Überreste verstorbener Häftlinge und Gefangener den Hinterbliebenen nicht ausgehändigt werden;

6.

fordert die chinesischen Staatsorgane nachdrücklich auf, die freie und in Kenntnis der Sachlage erteilte Einwilligung von Gefangenen oder Häftlingen zu medizinischen Untersuchungen einzuholen und diese sicherzustellen sowie einen Regelungsrahmen für ein freiwilliges und transparentes Organspendensystem gemäß internationalen Übereinkommen einzuführen;

7.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, das Thema Organentnahme in China bei jedem Menschenrechtsdialog zur Sprache zu bringen; besteht darauf, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten den Missbrauch im Zusammenhang mit Organtransplantationen in China öffentlich verurteilen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Transplantationstourismus ihrer Bürger nach China zu unterbinden und ihre Bürger, die nach China reisen, für dieses Problem zu sensibilisieren;

8.

begrüßt den Besuch der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Michelle Bachelet in China; fordert die Vereinten Nationen nachdrücklich auf, mit ihrer Untersuchung des Organhandels während dieses Besuchs fortzufahren;

9.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, das Problem der erzwungenen Organentnahme im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Drittländern zur Sprache zu bringen, insbesondere mit ihren Partnern in der Golfregion, wo chinesische Transplantationskliniken Werbung für Organe von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten in China machen, die „halal“ sind;

10.

fordert China auf, die Anforderungen der WHO in Bezug auf Transparenz und Rückverfolgbarkeit bei der Beschaffung von Organen in vollem Umfang zu erfüllen;

11.

fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass in ihren Übereinkommen und Kooperationsabkommen mit Drittländern, einschließlich China, in den Bereichen Gesundheit und Forschung die ethischen Grundsätze der EU in Bezug auf Organspende und die Verwendung von Bestandteilen und Produkten des menschlichen Körpers für wissenschaftliche Zwecke geachtet werden; fordert die einschlägigen Einrichtungen in den Mitgliedstaaten auf, die Regeln ihrer Zusammenarbeit mit chinesischen Einrichtungen in den Bereichen Transplantationsmedizin, Forschung und Ausbildung zu bewerten und zu überdenken;

12.

fordert, dass die chinesischen Staatsorgane der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte und den Mandatsträgern der Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen einen offenen, ungehinderten und wirksamen Zugang zu Xinjiang gewähren; fordert die chinesische Regierung auf, mit den Organisationen der Vereinten Nationen in dieser Angelegenheit zusammenzuarbeiten; fordert den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen nachdrücklich auf, sich vorrangig mit der Frage der erzwungenen Organentnahme zu befassen;

13.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China sowie der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu übermitteln.

(1)  ABl. C 468 vom 15.12.2016, S. 208.

(2)  Studie mit dem Titel „Proceedings of the Workshop „Organ Harvesting in China“ (Ergebnisse des Seminars zur Organentnahme in China), Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung A — Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik, 12. April 2016.

(3)  ABl. L 207 vom 6.8.2010, S. 14.

(4)  https://chinatribunal.com/


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/120


P9_TA(2022)0201

Anhaltendes massives Vorgehen gegen die politische Opposition in Kambodscha

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem anhaltenden massiven Vorgehen gegen die politische Opposition in Kambodscha (2022/2658(RSP))

(2022/C 465/10)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Kambodscha,

unter Hinweis auf die früheren Berichte und Erklärungen des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zu der Lage der Menschenrechte in Kambodscha,

unter Hinweis auf den Beschluss der Kommission vom 12. Februar 2020, die Kambodscha im Rahmen des Handelsprogramms „Alles außer Waffen“ der Europäischen Union gewährten Zollpräferenzen ab dem 12. August 2020 teilweise zurückzunehmen,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts,

unter Hinweis auf die Erklärung der EU-Delegation bei den Vereinten Nationen vom 29. März 2022 zu den interaktiven Dialogen mit dem Sonderberichterstatter für Kambodscha auf der 49. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf die Resolution 48/23 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 11. Oktober 2021 zu Beratungsdiensten und technischer Hilfe für Kambodscha,

unter Hinweis auf die abschließenden Feststellungen der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen vom 30. März 2022 zum dritten periodischen Bericht über Kambodscha,

unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Kambodscha, das am 29. April 1997 in Luxemburg unterzeichnet wurde (1),

unter Hinweis auf das Übereinkommen vom 23. Oktober 1991 über eine umfassende politische Regelung des Kambodscha-Konflikts (Friedensabkommen von Paris), insbesondere auf Artikel 15, in dem die Verpflichtung verankert ist, die Menschenrechte und Grundfreiheiten in Kambodscha aufrechtzuerhalten, was auch seitens der internationalen Unterzeichner gilt,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966,

gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof Kambodschas am 16. November 2017 die Auflösung der größten Oppositionspartei, der Nationalen Rettungspartei Kambodschas (CNRP), verkündete;

B.

in der Erwägung, dass die kambodschanische Regierung seit der Auflösung der CNRP im Vorfeld der Wahlen im Jahr 2018 mit aller Härte gegen Mitglieder der politischen Opposition vorgeht, wodurch diese aus Angst vor willkürlichen Verhaftungen oder Vergeltungsmaßnahmen ins Exil gedrängt wurden; in der Erwägung, dass das harte Vorgehen der Regierung gegen unabhängige Medien, Organisationen der Zivilgesellschaft und die politische Opposition, das 2017 seinen Anfang nahm, in den Jahren 2021 und 2022 fortgesetzt wurde;

C.

in der Erwägung, dass Ministerpräsident Hun Sen seit 37 Jahren fast ununterbrochen an der Macht ist und die regierende Kambodschanische Volkspartei die absolute Macht über den Staat und die gesetzgebenden Organe hat;

D.

in der Erwägung, dass in Kambodscha im Juni 2022 Kommunalwahlen abgehalten werden und die nächste Parlamentswahl voraussichtlich im Juli 2023 stattfinden wird; in der Erwägung, dass die Menschenrechtslage in Kambodscha im Vorfeld der Kommunalwahlen im Juni 2022 und der Parlamentswahl im nächsten Jahr einen kritischen Punkt erreicht hat, da die Regierung unter dem Deckmantel der COVID-19-Maßnahmen verstärkt gegen die politische Opposition, Journalisten, unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft vorgeht; in der Erwägung, dass der nationale Wahlausschuss Kambodschas mehr als 100 Kandidaten der oppositionellen Sam-Rainsy-Partei („Candlelight Party“) (2) von der Liste der Kandidaten für die Kommunalwahlen im Land am 5. Juni 2022 gestrichen hat;

E.

in der Erwägung, dass die Staatsorgane, nachdem im November 2020 Vorladungen vor Gericht ergingen, im Jahr 2021 Massenprozesse gegen mehr als 100 Oppositionelle und Menschenrechtsverteidiger einleiteten, da diese ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrgenommen hatten; in der Erwägung, dass es Unregelmäßigkeiten bei diesen Gerichtsverfahren gibt, etwa Mangel an glaubwürdigen Beweisen, Verstöße gegen das Recht auf ein faires Verfahren und die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Verfahrens sowie Verfahren in Abwesenheit gegen mehrere Angeklagte, was eine Verletzung von Menschenrechtsgarantien darstellt; in der Erwägung, dass derzeit mehr als 60 Menschenrechtsverteidiger, darunter Gewerkschaftsführer und Umweltaktivisten, inhaftiert sind;

F.

in der Erwägung, dass im März 2021 neun hohe Parteiführer, darunter Sam Rainsy, in Abwesenheit des „Versuchs einer Straftat“ und des „Angriffs“ gemäß den Artikeln 27 und 451 des Strafgesetzbuchs für schuldig befunden und zu 25 Jahren Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass Sam Rainsy, Mu Sochua und andere Oppositionspolitiker in Abwesenheit verurteilt wurden, da sie nicht nach Kambodscha zurückkehren durften, um sich vor Gericht zu verteidigen;

G.

in der Erwägung, dass das Verfahren gegen Kem Sokha, der gegen Kaution und unter Auflagen freigelassen wurde, trotz wiederholter Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens zwei Jahre lang vertagt wurde, während andere Gerichtsverfahren ihren Gang nahmen; in der Erwägung, dass sein Verfahren im Januar 2022 wieder aufgenommen wurde, jedoch kein Ende in Sicht ist, wodurch der Politiker seines Grundrechts auf politische Teilhabe beraubt wird;

H.

in der Erwägung, dass der Vorsitzende der CNRP, Kem Sokha, im September 2017 verhaftet wurde und sich weiterhin fingierten Verratsvorwürfen ausgesetzt sieht;

I.

in der Erwägung, dass das Amtsgericht Phnom Penh am 17. März 2022 politische Gegner der Regierungspartei zu Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren ohne Kaution verurteilte; in der Erwägung, dass das Amtsgericht Phnom Penh am 17. März 2022 insgesamt 20 Oppositionspolitiker und Aktivisten auf der Grundlage vager Anschuldigungen der „Aufwiegelung“ und „Verschwörung“ für schuldig befand und sie zu langen Haftstrafen verurteilte;

J.

in der Erwägung, dass Veourn Veasna, Voeung Samnang und Lanh Thavry, allesamt Unterstützer der CNRP und vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge anerkannte Flüchtlinge, im November 2021 von Thailand nach Kambodscha zwangsrückgeführt und anschließend wegen Aufwiegelung und Verstößen gegen die COVID-19-Vorschriften in Haft genommen wurden;

K.

in der Erwägung, dass der Gewerkschaftsführer Rong Chhun sowie die ehemaligen Mitglieder der politischen Opposition Sar Kanika und Ton Nimol im August 2021 der „Anstiftung zu einer Straftat oder zu sozialen Unruhen“ für schuldig befunden wurden und zu Haftstrafen zwischen 20 Monaten und 2 Jahren und einer hohen Geldstrafe von 400 Mio. Riel (fast 95 000 EUR) verurteilt wurden; in der Erwägung, dass die Freiheitsstrafen gegen Rong Chhun, Sar Kanika, Ton Nimol und andere zur gleichen Zeit festgenommene Aktivisten im November 2021 zur Bewährung ausgesetzt wurden und sie sich seither auf freiem Fuß befinden;; in der Erwägung, dass Frauen, die sich an friedlichen Streiks beteiligen, wiederholt und in unverhältnismäßiger Weise ins Visier der Regierungsmaßnahmen zur Auflösung dieser Streiks geraten;

L.

in der Erwägung, dass sich mehr als 60 dokumentierte politische Gefangene in Untersuchungshaft befinden und Vertreter der politischen Opposition, Bürgerrechtler und Gewerkschafter festgenommen, inhaftiert und ungesetzlich gefangen gehalten werden; in der Erwägung, dass sich die Zahl der Häftlinge in kambodschanischen Gefängnissen seit 2015 mehr als verdoppelt hat und dass nach Angaben der Regierung derzeit 38 977 Menschen in kambodschanischen Gefängnissen sitzen, die über eine amtliche Kapazität von 8 804 verfügen; in der Erwägung, dass diese dramatische Überbelegung eine schwerwiegende Verletzung der Rechte der Gefangenen darstellt, die oft keinen Zugang zu sauberem Wasser oder medizinischer Versorgung haben; in der Erwägung, dass die Regierung außerdem keine ausreichenden Schritte unternommen hat, um größeren COVID-19-Ausbrüchen unter den Gefängnisinsassen vorzubeugen;

M.

in der Erwägung, dass Berichten zufolge in den letzten zwei Monaten fünf Kandidaten der Sam-Rainsy-Partei verhaftet wurden; in der Erwägung, dass andere Kandidaten genötigt wurden, ihre Kandidatur zurückzuziehen, um einer fadenscheinigen Strafverfolgung aufgrund von Verschwörungsvorwürfen und ähnlichem zu entgehen; in der Erwägung, dass sich die Regierung zuvor ähnlicher Vorwürfe bedient hat, um Oppositionsparteien und -kandidaten abzulehnen; in der Erwägung, dass sich die Behörden 2021 weigerten, die Cambodia National Heart Party zu registrieren, gegen deren Gründer nun das Innenministerium ermittelt; in der Erwägung, dass der nationale Wahlausschuss, der von der Kambodschanischen Volkspartei kontrolliert wird, in den vergangenen Wochen eine beträchtliche Zahl von Kandidaten der Sam-Rainsy-Partei von der Teilnahme an den bevorstehenden Wahlen ausgeschlossen hat; in der Erwägung, dass eine Reihe von Urteilen dazu geführt hat, dass in elf Gemeinden ganze Kandidatenlisten für nichtig erklärt wurden;

N.

in der Erwägung, dass die Regierung im März 2021 ein neues umfassendes Gesetz über Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 und anderen schweren, gefährlichen und ansteckenden Krankheiten verabschiedet hat, das Haftstrafen von bis zu 20 Jahren und weitere unverhältnismäßige Strafen für Verstöße gegen COVID-19-Maßnahmen ermöglicht;

O.

in der Erwägung, dass die Regierung im Februar 2021 ein Subdekret erlassen hat, mit dem die Kontrolle des Internets verschärft und die Online-Überwachung von regierungskritischen Internetnutzern ausgeweitet wurden; in der Erwägung, dass die Regierung im März 2022 angekündigt hat, die Umsetzung des Subdekrets auf unbestimmte Zeit aufzuschieben;

1.

verurteilt die Verfolgung von Oppositionspolitikern, Gewerkschaftern, Menschenrechtsverteidigern, Journalisten, Umweltschützern, Studierenden und anderen Personen wegen Äußerung ihrer Meinung, wobei diese Verfolgung unter der Ägide von Ministerpräsident Hun Sen und seiner Kambodschanischen Volkspartei stattfindet; fordert den Ministerpräsidenten Kambodschas und seine Regierung auf, Einschüchterung und Schikane jeglicher Art, einschließlich rechtlicher Schikane, von Angehörigen der Opposition, Gewerkschaftern, Menschenrechtsverteidigern, den Medien und Akteuren der Zivilgesellschaft umgehend einzustellen; fordert die Sicherheitskräfte auf, von unnötiger und übermäßiger Gewalt gegen friedliche Demonstranten abzusehen;

2.

verurteilt die Auflösung der CNRP und fordert erneut, dass die Anklagen gegen Kem Sokha, Sam Rainsy, Mu Sochua und andere Amtsträger der Opposition umgehend fallen gelassen werden; fordert die kambodschanischen Behörden auf, alle politischen Gefangenen ebenso umgehend freizulassen wie Personen, die wegen Ausübung ihrer rechtmäßigen Arbeit oder ihrer Rechte in Haft sind, etwa Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Umweltaktivisten und Gewerkschafter; fordert die staatlichen Stellen Kambodschas auf, unabhängige Untersuchungen aller mutmaßlichen Fälle von Schikane, Einschüchterung, willkürlicher Inhaftierung sowie Gewalt und Folter gegenüber Mitgliedern der Oppositionsparteien und Akteuren der Zivilgesellschaft durchzuführen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen;

3.

betont, dass die Gerichtsverfahren über Angehörige der politischen Opposition, Akteure der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger völlig den internationalen Standards für faire Verfahren widersprechen; fordert die Regierung auf, die politisierte Justiz zu reformieren, den Anspruch auf rechtliches Gehör für alle sicherzustellen und umgehend und bedingungslos alle politischen Gefangenen freizulassen; fordert die staatlichen Stellen Kambodschas auf, die uneingeschränkte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Justizsystems zu wahren und wirksame rechtliche und sonstige Maßnahmen zu ergreifen, um gegen die dramatische Überfüllung der Gefängnisse vorzugehen, indem u. a. niemand mehr in Untersuchungshaft genommen wird;

4.

fordert die staatlichen Stellen Kambodschas nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen unverzüglich und unparteiisch untersucht werden — darunter auch die Fälle von Sin Khon und Kem Ley — und dass die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden; fordert die staatlichen Stellen Kambodschas auf, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um diese Hinrichtungen zu verhindern und ihnen ein Ende zu bereiten;

5.

ist zutiefst besorgt angesichts der Rückschritte in Bezug auf die Menschenrechtslage in Kambodscha im Lichte der bevorstehenden Kommunalwahlen im Juni 2022 und der Parlamentswahl im Jahr 2023, etwa die Beschränkungen der unabhängigen Berichterstattung, die Kriminalisierung der Redefreiheit und das faktische Verbot, sich friedlich zu versammeln; fordert die staatlichen Stellen Kambodschas mit Nachdruck auf, alle unrechtmäßigen Beschränkungen der Beteiligung der Menschen an öffentlichen Angelegenheiten zu beenden und dafür zu sorgen, dass alle politischen Parteien einen gleichberechtigten, freien und transparenten Wahlkampf führen können, und zwar ab den bevorstehenden Kommunalwahlen am 5. Juni 2022 und der Parlamentswahl im Juli 2023;

6.

ist tief besorgt über die Online-Überwachung durch die Regierung und die Bedrohungen für die Redefreiheit und das Recht auf Privatsphäre; fordert die staatlichen Stellen Kambodschas auf, das Gesetz vom Februar 2022 über ein nationales Internet-Zugangstor abzuschaffen, wonach die Regierung alle Aktivitäten im Internet überwachen und rechtliche Schritte gegen Personen einleiten kann, die Regierungs- oder Polizeimaßnahmen melden; fordert die kambodschanische Regierung auf, alle repressiven Gesetze zu widerrufen, insbesondere das Gesetz über politische Parteien, das Gewerkschaftsgesetz und alle anderen Rechtsvorschriften, die die Redefreiheit und politische Freiheiten beschneiden, sowie diejenigen, die nicht uneingeschränkt im Einklang mit internationalen Standards und den internationalen Verpflichtungen Kambodschas stehen;

7.

ist besorgt über das verstärkte Vorgehen gegen Umweltaktivisten, einschließlich Landrechtsaktivisten, die insbesondere bei kürzlich abgehaltenen Massenverfahren zur Zielscheibe wurden; bedauert in diesem Zusammenhang zutiefst, dass der illegale Holzeinschlag in geschützten Wäldern Kambodschas Berichten zufolge während der Pandemie an Fahrt aufgenommen hat, und fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die internationale Koordination zu fördern, damit keine nicht zugelassenen Güter widerrechtlich aus Kambodscha ausgeführt werden können;

8.

erinnert die Unternehmen mit Sitz in der EU daran, dass eine eingehende Sorgfaltspflichtsprüfung in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt vorgenommen werden muss und sie dafür Sorge tragen müssen, dass sie weder Verbindungen zu politischen Führungspersönlichkeiten oder Anführern der Sicherheitskräfte haben, die für schwerwiegende Menschenrechtsverstöße und die Auflösung und anschließende Unterdrückung der Opposition in Kambodscha verantwortlich sind, noch zu Unternehmen, die im Besitz oder unter der Kontrolle dieser Personen sind, und zu Unternehmen, die von illegalem Holzeinschlag und Landnahme profitieren;

9.

fordert die EU, die Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, angesichts der Rolle Kambodschas als Vorsitz des Verbands südostasiatischer Nationen (ASEAN) die Chance zu nutzen und Druck auszuüben sowie öffentliche Maßnahmen zu ergreifen, um Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger zu schützen und die politischen Parteien in ihren Bemühungen um eine erneute Öffnung eines gewissen Maßes an politischem und zivilgesellschaftlichem Spielraum im Vorfeld der bevorstehenden Kommunalwahlen am 5. Juni 2022 und der Parlamentswahl im Jahr 2023 zu unterstützen; betont, dass die jüngsten Entwicklungen die Glaubwürdigkeit der kambodschanischen Regierung in Bezug auf die Umsetzung einer positiven Menschenrechtsagenda in der Region und als Vorsitz des ASEAN zusätzlich unterminieren;

10.

fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik erneut auf, die Lage in Kambodscha genau zu beobachten und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Sam-Rainsy-Partei nicht unter so aberwitzigen Bedingungen aufgelöst wird, wie es bei der CNRP der Fall war;

11.

bekräftigt seine Forderung nach gezielten Sanktionen und fordert den Rat nachdrücklich auf, im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte restriktive Maßnahmen wie Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten gegen politische Führungspersönlichkeiten und Anführer der Sicherheitskräfte sowie ihre wirtschaftlichen Interessen zu ergreifen, damit alle, die für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und die Auflösung und anschließende Unterdrückung der Opposition in Kambodscha verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden;

12.

fordert die Kommission auf, die bevorstehenden Kommunalwahlen ganz genau zu beobachten und sich darauf einzustellen, alle zur Verfügung stehenden Werkzeuge — einschließlich einer vollständigen Aussetzung des Status Kambodschas in Bezug auf die Handelsregelung „Alles außer Waffen“ und anderer Sanktionen — zu nutzen, falls die Wahlbeobachter Beweise für unfaire Wahlen finden sollten;

13.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, in all ihren Interaktionen mit der Regierung Kambodschas auf klar definierten Zielvorgaben im Bereich Menschenrechte zu bestehen und die in dieser Entschließung hervorgehobenen Bedenken im Rahmen ihrer andauernden verstärkten Zusammenarbeit mit den kambodschanischen Staatsorganen einzubeziehen, auch in Bezug auf den Status Kambodschas in Bezug auf die Handelsregelung „Alles außer Waffen“; fordert die Kommission auf, die Lage genau zu beobachten und zu bewerten, wie sich die partielle Aussetzung der Handelsregelung „Alles außer Waffen“ auf die schwächsten Teile der Zivilgesellschaft auswirkt;

14.

fordert die Kommission auf, jegliche bilaterale finanzielle Unterstützung für die kambodschanische Regierung zu überwachen und dafür zu sorgen, dass die bilaterale finanzielle Unterstützung an kambodschanische Organisationen der Zivilgesellschaft und Oppositionsparteien geht;

15.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Generalsekretär des ASEAN und der Regierung, dem Ministerpräsidenten und der Nationalversammlung Kambodschas zu übermitteln.

(1)  ABl. L 269 vom 19.10.1999, S. 18.

(2)  Die CNRP wurde 2012 als Zusammenschluss zwischen der Sam-Rainsy-Partei und der Menschenrechtspartei gegründet. Nach der erzwungenen Auflösung der CNRP im Jahr 2017 wurde die wiederbelebte Sam-Rainsy-Partei zur wichtigsten Oppositionspartei in Kambodscha.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/124


P9_TA(2022)0202

Wettbewerbspolitik — Jahresbericht 2021

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu der Wettbewerbspolitik — Jahresbericht 2021 ((2021/2185(INI))

(2022/C 465/11)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 101 bis 109,

unter Hinweis auf die entsprechenden Regeln, Leitlinien, Entschließungen, öffentlichen Konsultationen, Mitteilungen und Unterlagen der Kommission zum Thema Wettbewerb,

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 7. Juli 2021 über die Wettbewerbspolitik 2020 (COM(2021)0373) sowie die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, die am selben Tag als Begleitunterlage veröffentlicht wurde (SWD(2021)0177),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2021 zu dem Thema „Wettbewerbspolitik — Jahresbericht 2020“ (1),

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen (ECON-VII/015) zum Bericht der Kommission vom 7. Juli 2021 über die Wettbewerbspolitik 2020 (COM(2021)0373),

unter Hinweis auf die Folgemaßnahmen der Kommission zu der Entschließung vom 18. Juni 2020 zu dem Thema Wettbewerbspolitik — Jahresbericht 2019 (2),

unter Hinweis auf die Mitteilungen der Kommission vom 19. März 2020, 3. April 2020, 8. Mai 2020, 29. Juni 2020, 13. Oktober 2020, 28. Januar 2021 und 18. November 2021 über einen Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (C(2021)8442),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 5. Mai 2021 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (COM(2021)0223),

unter Hinweis auf den ersten Jahresbericht der Kommission über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union vom 23. November 2021 (3),

unter Hinweis auf das Legislativpaket einschließlich der Vorschläge der Kommission vom 15. Dezember 2020 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste) (COM(2020)0825) und über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor (Gesetz über digitale Märkte) (COM(2020)0842),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts (4),

unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 12. Juli 2021 über die Bewertung der Bekanntmachung der Kommission vom 9. Dezember 1997 über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (SWD(2021)0199),

unter Hinweis auf die von der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) der Kommission in Auftrag gegebene und im Juni 2021 veröffentlichte Begleitstudie zur Evaluierung der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (5),

unter Hinweis auf den von der GD Wettbewerb in Auftrag gegebenen und 2019 veröffentlichten Bericht der Sonderberater mit dem Titel „Competition Policy for the Digital Era“ (Wettbewerbspolitik für das digitale Zeitalter) (6),

unter Hinweis auf den von der Generaldirektion Justiz und Verbraucher der Kommission erstellten und 2016 veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Consumer vulnerability across key markets in the European Union“ (Schutzbedürftigkeit von Verbrauchern auf wichtigen Märkten in der Europäischen Union) (7),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. November 2021 über eine Wettbewerbspolitik, die auf neue Herausforderungen vorbereitet ist (COM(2021)0713), und deren Anhang,

unter Hinweis auf die Mitteilung und den Fahrplan der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 („Europäisches Klimagesetz“) (8),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. Dezember 2021 zu den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 (9),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 6. Dezember 2021 zu den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen (10),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2021 zu den Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge in Bezug auf die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbstständigen (C(2021)8838),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. März 2020 mit dem Titel „Eine neue Industriestrategie für Europa“ (COM(2020)0102) und ihre Mitteilung vom 5. Mai 2021 zur Aktualisierung dieser Strategie (COM(2021)0350),

unter Hinweis auf Verordnung (EU) 2021/1237 der Kommission vom 23. Juli 2021 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (11),

unter Hinweis auf die Mitteilung an die Kommission vom 21. Dezember 2021 zur Genehmigung des Inhalts eines Entwurfs für eine Mitteilung der Kommission zu den Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 (C(2021)9817),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Oktober 2021 zu den Leitlinien für staatliche Klima-, Energie- und Umweltbeihilfen (CEEAG) (12),

unter Hinweis auf den Sonderbericht 24/2020 des Europäischen Rechnungshofes mit dem Titel „Die EU-Fusionskontroll- und Kartellrechtsverfahren der Kommission: Marktaufsicht sollte verstärkt werden,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. März 2021 mit dem Titel „Leitfaden zur Anwendung des Verweisungssystems nach Artikel 22 der Fusionskontrollverordnung auf bestimmte Kategorien von Vorhaben“ (C(2021)1959),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Juli 2021 über die Genehmigung des Inhalts des Entwurfs einer Verordnung der Kommission über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (C(2021)5026) und deren Anhang sowie den Anhang der Mitteilung der Kommission vom 9. Juli 2021 über die Bekanntmachung der Kommission zu Leitlinien für vertikale Beschränkungen (C(2021)5038),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 14. Juli 2021 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems (COM(2021)0564),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0064/2022),

A.

in der Erwägung, dass der Wettbewerbspolitik der EU — insbesondere in Zeiten der Unsicherheit und des digitalen und grünen Wandels — eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung eines wirksamen Wettbewerbs zur Förderung von Innovation, der Schaffung von Arbeitsplätzen, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmertum sowie bei der Schaffung fairer wirtschaftlicher Bedingungen zukommt, insbesondere durch die Förderung von Innovationen, mit denen zur Entwicklung neuer Technologien beigetragen wird, die uns wiederum dabei helfen können, mehr zu unternehmen und gleichzeitig die Umwelt weniger zu belasten, eine effiziente Ressourcenallokation zu fördern, den Verbrauchern eine größere Auswahl und faire Preise zu bieten und die Widerstandsfähigkeit des Binnenmarkts zu fördern;

B.

in der Erwägung, dass der Zweck der Wettbewerbspolitik der Union darin besteht, sicherzustellen, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt gewahrt bleibt; in der Erwägung, dass die Wettbewerbspolitik einen unbestreitbaren Einfluss auf die spezifischen wirtschaftlichen Interessen von Endnutzern hat, die Waren oder Dienstleistungen erwerben;

C.

in der Erwägung, dass die Kommission sofort auf den Ausbruch der COVID-19-Krise reagiert hat, indem sie vorübergehend geltende Sondervorschriften für den Wettbewerb angenommen hat;

D.

in der Erwägung, dass im Rahmen der Wettbewerbspolitik die Unternehmen dazu angeregt werden müssen, in fortschrittlichere digitale Infrastrukturen und Instrumente (z. B. Cloud-Technologie, Mikroprozessoren und künstliche Intelligenz) sowie in umweltfreundlichere und effizientere Fertigungstechnologien zu investieren und diese einzusetzen;

E.

in der Erwägung, dass die Kommission eine Reihe geeigneter und wirksamer Instrumente, Methoden und Tools benötigt, um die Wettbewerbspolitik und die Wettbewerbsregeln strikte durchzusetzen und ihre einheitliche Anwendung ordnungsgemäß sicherzustellen und somit zu den wichtigsten politischen Prioritäten beizutragen; in der Erwägung, dass die Kommission unparteiisch und objektiv handeln muss, um die Glaubwürdigkeit der Wettbewerbspolitik der EU zu wahren;

F.

in der Erwägung, dass ein geeigneter Regulierungsrahmen für die Wettbewerbspolitik von wesentlicher Bedeutung ist, um den gesamten EU-Markt attraktiver für internationale Unternehmen und Investoren zu machen, die in der EU tätig werden möchten, sowie um eine stärkere Produktionsbasis in der EU zu fördern und Arbeitsplätze in der Union zu schaffen;

G.

in der Erwägung, dass die politische Unabhängigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden von größter Bedeutung ist, wenn es darum geht, die Unparteilichkeit und Glaubwürdigkeit der Wettbewerbspolitik sicherzustellen;

H.

in der Erwägung, dass eine ausgewogene Abstimmung zwischen den Wettbewerbsregeln der Union und ihrer industriellen und internationalen Handelspolitik für die Rückverlagerung der Tätigkeit der Wertschöpfungskette und die Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit von wesentlicher Bedeutung ist;

I.

in der Erwägung, dass digitale Märkte immer konzentrierter werden und die Gefahr besteht, dass infolge der sich verschlechternden Marktdynamik und der zunehmenden Marktmacht ein geringeres Maß an Investitionen in Innovation und allgemeine Störungen aufweisen;

J.

in der Erwägung, dass die Preise für Energieerzeugnisse in Europa ein beispielloses Niveau erreicht haben und die Gaspreise im Herbst 2021 um 400 % teurer sind als im Frühjahr desselben Jahres, was unter anderem auf den Mangel an weltweitem Wettbewerb auf dem Gasversorgungsmarkt zurückzuführen ist;

K.

in der Erwägung, dass die EU-Wettbewerbspolitik für den nachhaltigen digitalen und grünen Wandel geeignet sein sollte;

L.

in der Erwägung, dass internationaler Austausch und Zusammenarbeit wesentlich sind, um weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen; in der Erwägung, dass die EU-Wettbewerbspolitik die Säule sein muss, die die Integrität und Widerstandsfähigkeit des Binnenmarkts untermauert, und gleichzeitig zur Verwirklichung der Prioritäten der Union beitragen muss, insbesondere durch die koordinierte Erleichterung des doppelten digitalen und grünen Wandels;

M.

in der Erwägung, dass die internationale Zusammenarbeit und neue Instrumente wie die Verordnung über ausländische Subventionen von wesentlicher Bedeutung sind, um sicherzustellen, dass Nicht-EU-Länder im Einklang mit den Regeln des Binnenmarkts, die solche Praktiken von Mitgliedstaaten und EU-Unternehmen verbieten, von der verzerrenden Subventionierung von in der Union tätigen Unternehmen abgehalten werden; in der Erwägung, dass die EU diesbezüglich die Strategien und Praktiken von Nicht-EU-Ländern und -Einrichtungen beobachten und genau überwachen sollte;

N.

in der Erwägung, dass eine verstärkte Koordinierung zwischen den politischen Zielen der Union im Rahmen des Grünen Deals und des Übereinkommens von Paris einerseits und den Wettbewerbsregeln andererseits erforderlich ist;

Allgemeine Erwägungen

1.

betont, dass die Herausforderungen, die sich aus der COVID-19-Pandemie ergeben, angemessen berücksichtigt werden müssen und dass das Leitprinzip darin bestehen sollte, dass spezifische Unterstützungsmaßnahmen schrittweise und verhältnismäßig eingestellt und gleichzeitig die uneingeschränkte Einhaltung der EU-Wettbewerbsregeln bei Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisse der Industrie in der EU, sichergestellt wird. weist darauf hin, dass die Unterstützungsmaßnahmen mit fortschreitender wirtschaftlicher Erholung allmählich spezifischer werden sollten, bevor sie schließlich ganz auslaufen; weist darauf hin, dass Klippeneffekte vermieden und ein asymmetrischer Aufschwung sowie das Risiko einer stärkeren Divergenz innerhalb des Binnenmarktes verhindert werden müssen;

2.

hebt hervor, dass eine Wettbewerbspolitik, die darauf abzielt, gleiche Wettbewerbsbedingungen in allen Wirtschaftsbereichen sicherzustellen, dadurch die Innovation und Qualität voranzutreiben und den Verbrauchern eine größere Auswahl zu bieten, grundlegend ist, wenn es gilt, die ordnungsgemäße Funktionsweise des Binnenmarkts sicherzustellen; macht auf die schädlichen Praktiken aufmerksam, die sich aus empfohlenen Preispolitiken im Einzelhandel ergeben, mit denen der Binnenmarkt und der Wettbewerb zwischen Unternehmen untergraben werden;

3.

betont, dass die EU nicht übermäßig von globalen Lieferketten abhängig sein sollte, die sich während der Pandemie als anfällig erwiesen haben, insbesondere in den Branchen, die als wichtig für die strategische Autonomie und für eine widerstandsfähige und nachhaltige Wirtschaft identifiziert wurden;

4.

weist auf die Konsultation der Kommission zur Ausgabe von Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge in Bezug auf die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbstständigen hin; fordert die Kommission auf, alle Solo-Selbständigen sowohl online als auch offline in die Leitlinien einzubeziehen;

5.

ist der Ansicht, dass ein verstärkter Wettbewerb auf dem Produktmarkt die Gewinnspannen und das Preisniveau verringert und somit zur Eindämmung der Inflation beiträgt;

6.

fordert die Entwicklung eines wirksamen Systems gut angepasster und ergänzender Regulierungs- und Durchsetzungsinstrumente, um den digitalen und grünen Wandel sowie die industrielle Entwicklung und Konvergenz zu erleichtern, um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU zu fördern; stellt fest, dass der digitale und grüne Wandel ein Prozess zur Schaffung von Arbeitsplätzen und eine Gelegenheit für Unternehmen in der EU sein muss, sich bei der Umsetzung des Wandels einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken; weist auf das Europäische Klimagesetz hin, dessen Ziele nur durch private und öffentliche Investitionen wirklich erreicht werden können;

7.

begrüßt, dass die Wettbewerbspolitik der EU nachweislich wirksam bleibt, indem sie auf neue Marktentwicklungen reagiert; fordert eine starke und wirksame Wettbewerbspolitik und deren Durchsetzung, um der EU-Wirtschaft die Möglichkeit zu geben, den Weg der Erholung einzuschlagen und ihren doppelten grünen und digitalen Wandel auf nachhaltige, sozial und territorial inklusive Weise zu vollziehen; hebt hervor, dass bei allen Anpassungen sichergestellt werden muss, dass die Wettbewerbspolitik der EU die Innovation im Rahmen des grünen und digitalen Wandels weiter vorantreibt, die Widerstandsfähigkeit des Binnenmarkts fördert und eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft bewahrt, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Kunden von fairen Preisen profitieren;

8.

betont, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bilden und 99,8 % aller Unternehmen in der EU ausmachen; stellt fest, dass KMU aufgrund ihres umfangreichen Beitrags zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Wertschöpfung für die Sicherung von Wirtschaftswachstum und sozialer Integration in der EU von maßgeblicher Relevanz sind; bedauert die Tatsache, dass KMU trotz ihrer Wachstumschancen unter Umständen Schwierigkeiten haben, Zugang zu Finanzierungsmitteln zu erhalten;

9.

begrüßt Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 2021 zur Wettbewerbsneutralität und fordert die Kommission auf, die Wettbewerbsneutralität im Regelungsumfeld des Binnenmarkts aufrechtzuerhalten;

10.

weist darauf hin, dass Dienstleistungen gemessen an der Bruttowertschöpfung die wichtigste Branche der Wirtschaftstätigkeit in der EU darstellen und dass der Binnenmarkt für Dienstleistungen weit hinter dem Binnenmarkt für Waren zurückbleibt; betont, dass die verbleibenden ungerechtfertigten Hindernisse für die Entwicklung des Binnenmarkts für Dienstleistungen angegangen werden müssen, unter anderem durch die Durchsetzung der Wettbewerbsregeln; begrüßt in diesem Zusammenhang die gemeinsame Initiative zur internen Regulierung von Dienstleistungen, die von der Welthandelsorganisation angenommen wurde, um den Verwaltungsaufwand im Handel mit Dienstleistungen zu verringern;

11.

weist erneut auf den Bericht des Internationalen Währungsfonds über Wettbewerb, Innovation und integratives Wachstum aus dem Jahr 2021 hin, in dem es heißt, dass Wettbewerb und innovationsgesteuertes Wachstum von entscheidender Bedeutung sind, um Produktivitätsgewinne und ein breit angelegtes Wachstum zu fördern; weist darauf hin, dass in dem Bericht auch festgestellt wird, dass Maßnahmen zur Innovationsförderung auch die wirtschaftliche Dynamik verbessern und die Marktmacht verringern könnten;

12.

erklärt erneut, dass die bestehenden Wettbewerbsinstrumente eingehend überprüft und wirksam eingesetzt und gegebenenfalls neue Instrumente digitaler Technologien, die für Ermittlungen auf digitalen Märkten geeignet sind, eingeführt werden müssen;

13.

betont, dass den neuen Herausforderungen angemessen Rechnung getragen werden muss, indem bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts die Wirksamkeit der Untersuchungen durch den Einsatz neuer Instrumente, die auf rechnergestützte Mittel zurückgehen (z. B. Big Data, künstliche Intelligenz, maschinelles/tiefes Lernen), erhöht wird.

14.

ist der Auffassung, dass sich die eingehende Überprüfung auf die Wahrung der Integrität des Binnenmarkts, die Förderung eines nachhaltigen und inklusiven Wirtschaftswachstums zum Nutzen der Verbraucher und die Stärkung der Verbraucherrechte sowohl online als auch offline konzentrieren sollte; ist jedoch der Ansicht, dass Ausnahmeregelungen unter keinen Umständen Gelegenheiten bieten sollten, öffentliche Mittel — ob national oder auf EU-Ebene — in Unternehmen zu leiten, die wirtschaftlich nicht lebensfähig oder von keinem wirklichen strategischen Interesse für die Öffentlichkeit sind;

15.

nimmt die Wachsamkeit der Kommission bei der Durchsetzung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Bereich der Besteuerung zur Kenntnis und fordert die Kommission auf, wachsam zu bleiben; stellt jedoch fest, dass mehrere, kürzlich getroffene Beschlüsse der Kommission in aufsehenerregenden Wettbewerbsfällen im Bereich der Besteuerung vom Gericht für nichtig erklärt wurden; fordert die Kommission auf, die notwendigen Lehren aus den Urteilen zu ziehen, um das Risiko einer Nichtigerklärung in künftigen Fällen in diesem Bereich zu minimieren;

Politische Reaktionen auf die COVID-19-Pandemie

16.

nimmt die sechsmonatige Verlängerung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Kenntnis, der als Reaktion auf die COVID-19-Krise geschaffen wurde und darauf abzielt, die Erholung zu beschleunigen; weist darauf hin, dass der Grund für die Verlängerung die andauernden wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise in mehreren Kernindustrien infolge des Aufkommens neuer Virusvarianten war; weist erneut darauf hin, dass Regelungen über staatliche Beihilfen auf mitgliedstaatlicher Ebene entwickelt werden, was möglicherweise zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen für die auf dem Binnenmarkt tätigen Unternehmen führen kann; fordert die Kommission nachdrücklich auf, solche verzerrenden Effekte zu überwachen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine mögliche Fragmentierung der europäischen Industriestrategie genau zu überwachen und zu vermeiden;

17.

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich eine zeitnahe Bewertung des befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen vorzulegen, damit das Europäische Parlament eine solide und faktenbasierte politische Debatte führen und künftige Arbeiten zur Wettbewerbspolitik der EU durchgeführt werden können;

18.

stellt fest, dass die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne geeignete Hilfsmittel sind, um die Erholung der Volkswirtschaften zu beschleunigen und strukturelle Veränderungen der Volkswirtschaften anzugehen; ist der Ansicht, dass staatliche Beihilfemaßnahmen, die Teil der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne sind, flexibel und vorrangig behandelt werden sollten; betont, dass den im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzplänen getätigten Investitionen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, um die mittelfristige Entwicklung der privaten Beteiligung zu ermöglichen; weist darauf hin, dass Maßnahmen im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzplänen alle in der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität (13) festgelegten Anforderungen erfüllen müssen, insbesondere die grüne und die digitale Säule;

19.

begrüßt die geplante Bewertung der Vorschriften über Gesundheits- und Sozialdienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, mit der sichergestellt werden soll, dass diese Vorschriften ihren Zielen entsprechen und ihren Zweck erfüllen; weist erneut darauf hin, dass den Bürgerinnen und Bürgern hochwertige Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse bereitgestellt werden müssen;

20.

bekräftigt seine Forderung, dass die Genehmigung staatlicher Beihilfen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für das Überleben mehrerer Gemeinschaften in ganz Europa von entscheidender Bedeutung bleibt, insbesondere im Zusammenhang mit staatlicher Unterstützung für abgeschnittene oder abgelegene Gebiete bzw. für Gebiete in Randlage in der Union;

21.

betont die Schwierigkeiten, die die Pandemie im Gastgewerbe der Union geschaffen hat; nimmt die an die Branche gerichtete Unterstützung zur Kenntnis;

22.

erachtet es als wichtig, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten einen Fahrplan für die Zeit nach COVID-19 auf den Weg bringen, um die angesichts der COVID-19-Pandemie bereitgestellte öffentliche Unterstützung auslaufen zu lassen, mit nicht verzerrenden und gezielteren staatlichen Beihilfen, um die wirtschaftliche Erholung, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum nicht zu stören sowie hochwertige Arbeitsplätze zu sichern; hebt hervor, dass ein erheblicher Betrag an staatlichen Beihilfen bereitgestellt wurde, um Unternehmen dabei zu unterstützen, die Folgen von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie abzumildern; betont, dass während des Prozesses die Dynamik des Binnenmarkts berücksichtigt werden muss, wenn große Mitgliedstaaten in der Lage sind, mehr staatliche Beihilfen bereitzustellen als kleinere Mitgliedstaaten, was zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts führen kann;

23.

stellt fest, dass die Unterstützungsmaßnahmen, die während der COVID-19-Krise gewährt wurden, zwar angesichts einer beispiellosen Gesundheits- und Wirtschaftskrise außerordentlich und notwendig waren, diese außerordentliche Höhe der öffentlichen Unterstützung jedoch nicht zur neuen Normalität werden darf;

24.

betont, dass im Fahrplan für die Zeit nach COVID-19 besonders die KMU aus ländlichen und weniger entwickelten Gebieten berücksichtigt werden müssen, die Zugang zu umfassenderen Märkten benötigen und die räumlichen Probleme, die sich aus geografischen Nachteilen ergeben, beheben müssen, damit den KMU die gleiche Unterstützung, faire Chancen und eine über den ganzen Binnenmarkt hinweg ausgewogene Entwicklung geboten werden;

Wettbewerbspolitik — Durchsetzung und Globalisierung

25.

hält es für wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus der EU vor dem Hintergrund eines zunehmenden globalen Wettbewerbs zu wahren, auf Gegenseitigkeit hinzuarbeiten und einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt sicherzustellen; stellt fest, dass die internationale Umgebung sorgfältig analysiert werden muss, wenn darüber entschieden wird, wie in Wettbewerbs- und Fusionskontrollfällen der maßgebliche Markt zu definieren ist; fordert die Kommission auf, eine integrative und weitreichende Perspektive auf den relevanten Markt zu entwickeln, um europäischen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, in einer globalisierten Arena effektiv zu konkurrieren; betont, dass weltweit die gleichen Wettbewerbsbedingungen herrschen müssen;

26.

betont, dass ein strukturierter globaler Dialog und eine strukturierte Zusammenarbeit bei der Durchsetzung der Wettbewerbspolitik wichtig sind, insbesondere im Hinblick auf staatliche Beihilfen;

27.

begrüßt die Bemühungen der Kommission, die Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften der Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung für reglementierte Berufe (14) zu verbessern, indem sie Vertragsverletzungsverfahren einleitet; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verhältnismäßigkeitsprüfung beim Erlass nationaler Vorschriften ordnungsgemäß umzusetzen; betont, dass durch die mangelnde ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Vorschriften zur Verhältnismäßigkeitsprüfung letztlich die Verbraucher in Form überhöhter Preise benachteiligt werden, die Entwicklung innovativer Dienstleistungen untergraben wird oder sogar ein geringerer Zugang zu Dienstleistungen die Folge sein könnte;

28.

begrüßt den Vorschlag der Kommission für eine neue Verordnung über ausländische Subventionen mit dem Ziel, potenziell wettbewerbsverzerrende Auswirkungen auf den Binnenmarkt einzudämmen, die Durchsetzungslücke zu schließen, die Interessen der Union zu wahren und gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen und alle im Binnenmarkt tätigen Unternehmen zu schaffen, indem sie die Instrumente des EU-Wettbewerbsrechts und ihre wichtigsten Bausteine nutzen; betont, dass es wichtig ist, einen europäischen Regulierungsrahmen zu fördern, der ausländische Investitionen und Geschäfte seitens internationaler Unternehmen in der EU fördert;

29.

betont, dass die EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen für alle im Binnenmarkt tätigen Unternehmen gelten sollten; betont, dass die Union für ausländische Direktinvestitionen offen bleiben sollte, und lenkt die Aufmerksamkeit auf gezielte Maßnahmen und Investitionen zur Rückverlagerung von Arbeitsplätzen und zur Förderung positiver sozialer und ökologischer externer Effekte; fordert die Kommission auf, Überprüfung von Unternehmenszusammenschlüssen, die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen und die Kontrolle ausländischer Subventionen kohärent durchzuführen;

30.

weist darauf hin, dass die nationale Steuerpolitik und nationale Maßnahmen das Steueraufkommen anderer Mitgliedstaaten beeinflussen können; weist erneut darauf hin, dass die Besteuerung manchmal dazu verwendet werden könnte, indirekte staatliche Beihilfen zu gewähren, wodurch ungleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt geschaffen würden, und betont daher, dass die Kommission den Mitgliedstaaten empfohlen hat, Unternehmen mit Verbindungen zu Steueroasen keine finanzielle Unterstützung zu gewähren; weist erneut darauf hin, dass der Rat die Kommission aufgefordert hat, zu prüfen, wie gegen wettbewerbsverzerrende Auswirkungen vorgegangen werden kann, die sich aus der Beteiligung von Bietern ergeben, die Steueroasen zur Steuervermeidung nutzen;

31.

weist darauf hin, dass bei der empirischen Analyse, die für die OECD-Studie 2021 durchgeführt wurde, festgestellt wurde, dass Finanzierungen unter dem Marktzins in einer Reihe von Branchen möglicherweise zu Überkapazitäten beigetragen haben und dass Subventionen offenbar auch negativ mit der Produktivität der Unternehmen korrelieren; stellt fest, dass die Ergebnisse der OECD auch Anlass zu erheblichen Bedenken hinsichtlich eines Mangels an Transparenz in Bezug auf Finanzierungen unter dem Marktzins geben; ist der Ansicht, dass die EU diese negativen Auswirkungen drittstaatlicher Subventionen auf den Binnenmarkt unter Berücksichtigung der potenziellen negativen Auswirkungen von Regulierung, einschließlich des Verwaltungs- und Regelungsaufwands, und von Vergeltungsmaßnahmen und der Auswirkungen auf Investitionen und Wachstum wirksam angehen sollte;

32.

fordert die Kommission auf, die Wettbewerbspolitik weiterhin entschlossen und unparteiisch durchzusetzen und sich um einen kontinuierlichen konstruktiven Dialog und eine Zusammenarbeit in wichtigen technologischen und wirtschaftlichen Fragen mit gleichgesinnten Partnern und Interessenträgern zu bemühen; hebt hervor, dass der nationalen Wettbewerbsbehörden bei der Erhaltung der Märkte und der Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen während der COVID-19-Pandemie große Bedeutung zukommt; hebt ihre zunehmende Rolle im Bereich der Plattformwirtschaft hervor;

33.

begrüßt die Einrichtung des EU-US-Handels- und Technologierates sowie des gemeinsamen Dialogs über die Wettbewerbspolitik im Technologiebereich, mit denen das Ziel verfolgt wird, die wirtschaftlichen und transatlantischen Beziehungen auf der Grundlage gemeinsamer Werte zu vertiefen; stellt fest, dass die Umgestaltung der EU-Vorschriften gegenüber Unternehmen digitaler Plattformen als Vorbild für vergleichbare Gesetzgebungsinitiativen und individuelle Untersuchungen in den USA dienen;

34.

betont, dass mit speziellen Kooperationsvereinbarungen mit Nicht-EU-Ländern im Bereich der Wettbewerbspolitik erheblich zu ihrer Wirksamkeit beigetragen werden kann, und nimmt zur Kenntnis, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden für die Durchsetzung und Sicherstellung der Anwendung der EU-Wettbewerbspolitik von großer Bedeutung sind;

Wettbewerbspolitik und staatliche Beihilfen, die den neuen Herausforderungen gerecht werden

35.

begrüßt das im Plenum angenommene Verhandlungsmandat des Parlaments zum Gesetz über digitale Märkte und betont, dass das Parlament bereit ist, darauf hinzuarbeiten, dass der Abschluss der Verhandlungen über das Gesetz über digitale Märkte und das Inkrafttreten der neuen Vorschriften beschleunigt werden;

36.

fordert die Kommission auf, für eine reibungslose und rasche Umsetzung der neuen Regulierungsmaßnahmen zu sorgen und dabei Synergieeffekte zu schaffen und keine Überschneidungen oder Redundanzen mit bestehenden und künftigen Maßnahmen entstehen zu lassen;

37.

fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Regulierungs- und Durchsetzungsaufgaben innerhalb ihrer Dienststellen rasch und transparent delegiert werden, um Ineffizienzen und Verwaltungsaufwand zu beseitigen; weist erneut darauf hin, dass ein eingeschränkter Zugang zu relevanten Daten den Markteintritt von Teilnehmern behindern kann; betont, dass durch den digitalen Wandel die Notwendigkeit einer Anpassung der Durchsetzung der Wettbewerbspolitik verschärft wird; betont, dass für spezifisches Fachwissen zu digitalen Themen gesorgt werden muss; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ausreichende und angemessene personelle und finanzielle Ressourcen für die Umsetzung des Gesetzes über digitale Märkte bereitzustellen; ist der Auffassung, dass ergänzende Kartellfälle und Fälle im Zusammenhang mit dem Gesetz über digitale Märkte, sei es auf nationaler oder auf EU-Ebene, von einem verbesserten Koordinierungs- und Durchsetzungsweg profitieren sollten, indem das neue Instrument in den derzeitigen Wettbewerbsrahmen eingebracht wird;

38.

fordert die Kommission auf, die Transparenz des Verfahrens zur Bewertung staatlicher Beihilfen zu verbessern, was eine klare Begründung, eine Beschreibung der staatlichen Beihilfen und messbare Indikatoren, die eine Ex-post-Überwachung und -Bewertung ermöglichen, umfassen sollte; betont daher, dass eine Ex-post-Überwachung der wirksamen Umsetzung der angenommenen Fälle staatlicher Beihilfen benötigt wird; ist der Ansicht, dass auch die Ergebnisse der Konsultationsphase offengelegt werden sollten;

39.

begrüßt das jüngste Urteil des Gerichts (15), das die Einschätzung der Kommission in Bezug auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bestätigt und als Beweis und Beispiel für die wirksame Anwendung traditioneller EU-Wettbewerbsregeln im Kontext einer digitalen Wirtschaft dient, insbesondere in Bezug auf das Gesetz über digitale Dienste und die Interaktion globaler digitaler Plattformen mit anderen europäischen Unternehmen; weist auf die langwierigen rechtlichen Verfahren in Kartellfällen (16) hin und erwartet, dass die neuen Instrumente, die im Rahmen des Gesetzes über digitale Märkte verfügbar sind, dazu beitragen werden, wettbewerbswidriges Verhalten schneller aufzuklären;

40.

begrüßt die in der Mitteilung der Kommission vom 18. November 2021 dargelegte Überprüfung der Instrumente des EU-Wettbewerbsrechts; weist jedoch darauf hin, dass die Entwicklung neuer Instrumente — soweit erforderlich — und eine bessere Nutzung bestehender Instrumente nicht ausgeschlossen werden sollte; ist der Ansicht, dass wettbewerbsrechtliche Bewertungen an die Durchsetzung der EU-Wettbewerbspolitik und die sich entwickelnde Marktdynamik angepasst werden sollten;

41.

begrüßt die Entschlossenheit der Kommission, gegen missbräuchliche Klauseln vorzugehen, um die Preistransparenz zu fördern und unlautere und unangemessene Handelspraktiken zu vermeiden; lenkt die Aufmerksamkeit auf die zunehmende Verbreitung von ausbeuterischen und ausschließenden Praktiken wie Selbstbevorzugung;

42.

weist erneut auf die Empfehlungen des Europäischen Rechnungshofes (EuRH) (17) hin, wonach die Kommission einen proaktiveren Ansatz verfolgen sollte, indem sie marktrelevante Informationen auf kohärente und kosteneffiziente Weise sammelt und verarbeitet und die zu untersuchenden Fälle auf der Grundlage klar gewichteter Kriterien auswählt, zum Beispiel mithilfe eines Punktesystems; betont, dass durch die neuen Vorschriften im Einklang mit den Empfehlungen des EuRH die Berichterstattung über die Ergebnisse der Durchsetzungsmaßnahmen verbessert werden muss, anstatt sich auf die Berichterstattung über die Tätigkeiten zu konzentrieren;

43.

weist darauf hin, dass gewinnorientierte Verhaltensweisen akzeptiert werden sollten und nicht ohne objektive und faktengestützte Gründe als wettbewerbswidrig bezichtigt werden sollten; weist erneut darauf hin, dass wettbewerbswidriges Verhalten verboten ist, extrem wettbewerbsorientiertes dagegen nicht; weist darauf hin, dass die Tatsache, dass ein bestimmtes Angebot wegen seiner Verbraucherfreundlichkeit für viele attraktiv ist, an sich kein hinreichender Grund zur Besorgnis ist; fordert die Kommission auf, für die Zwecke der Durchsetzung des Kartellrechts zwischen solchen Verhaltensweisen zu unterscheiden;

44.

begrüßt die laufende Überprüfung der Vorschriften über staatliche Beihilfen, mit der für Kohärenz sowohl mit den bestehenden als auch mit den neuen Regulierungsgrundsätzen, die für den grünen und den digitalen Wandel von Bedeutung sind, gesorgt werden soll;

45.

betont, dass die Kommission Fälle staatlicher Beihilfen von Fall zu Fall bewertet, und hebt hervor, dass die Transparenz des Verfahrens zur Bewertung staatlicher Beihilfen verbessert werden sollte; nimmt zur Kenntnis, dass wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) angesichts des eindeutigen und gut dokumentierten Marktversagens ein wichtiges Instrument sind; bekräftigt, dass die Zuweisung staatlicher Beihilfen an IPCEI grundsätzlich für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden sollte;

46.

nimmt zur Kenntnis, dass eine Überarbeitung der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) geplant ist (18);

47.

nimmt die neuen Leitlinien der Kommission zu den Vorschriften für staatliche Beihilfen im Bereich Klima, Umweltschutz und Energie (Climate, Energy and Environmental Aid Guidelines, CEEAG) und ihre Bemühungen zur Kenntnis, die Leitlinien von 2014 zu stärken und sie mit dem europäischen Grünen Deal in Einklang zu bringen, und unterstützt die Annahme neuer Leitlinien für ein wirtschaftliches Gleichgewicht und ökologische Nachhaltigkeit; vertritt die Auffassung, dass umweltverträgliche staatliche Beihilfen der Schlüssel sind, um die Ziele der EU in den Bereichen Klima, Energie und Umweltschutz zu erreichen, und durch sie gleichzeitig ein gerechter Übergang sichergestellt wird; erklärt, dass öffentliche und private Investitionen in die für den grünen Wandel erforderlichen Technologien der Schlüssel zur Erfüllung des Europäischen Klimagesetzes und insbesondere zur Entwicklung bahnbrechender innovativer Lösungen und relevanter hochwertiger Technologien sind, die zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität erforderlich sind; betont, dass die Ambitionen des Pakets „Fit für 55“ erfordern, dass bestimmte spezifische Energiebranchen ein gewisses Maß an öffentlicher Unterstützung erhalten, um den Wandel zu bewältigen;

48.

fordert, dass in den Leitlinien diejenigen berücksichtigt werden, die unter dem Anstieg der Energiekosten leiden, und dabei die Auswirkungen zu berücksichtigen, die dies auf die EU-Wirtschaft und ihre externe Wettbewerbsfähigkeit haben wird, sowie die sozioökonomischen Auswirkungen, die der Anstieg der Preise sowohl für Energie als auch für Endprodukte auf die EU-Bürgerinnen und -Bürger haben wird;

49.

begrüßt das neue Kapitel in den CEEAG über Beihilfen für die frühe Abkehr von Kohle, Torf und Ölschiefer; betont, dass der schrittweise Kohleausstieg eine der wichtigsten Triebkräfte für die Dekarbonisierung ist, und weist erneut auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2021 hin, in der er die Einführung eindeutiger Schutzmaßnahmen beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gefordert hat, und auf die Möglichkeit, dass diese Garantien verbindliche Termine für die Stilllegung umfassen; weist ferner darauf hin, dass in dieser Entschließung festgestellt wird, dass die Vorschriften über staatliche Beihilfen weder zu Knebeleffekten im Zusammenhang mit Treibhausgasemissionen noch zur Entstehung verlorener Vermögenswerte führen oder dazu beitragen sollten, und fordert die Kommission auf, wo immer dies möglich ist, Maßnahmen zur Vermeidung von Knebeleffekten zu überwachen und anzuwenden, und zwar in einer Weise, die mit den Klimazielen der Union uneingeschränkt vereinbar ist, während gleichzeitig die Erholung von der COVID-19-Krise, die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU und die Wettbewerbsfähigkeit sichergestellt werden;

50.

vertritt die Auffassung, dass die durchgängige Berücksichtigung grüner und digitaler Strategien für die Unterstützung des Wandels in der EU von entscheidender Bedeutung ist; fordert die Kommission auf, diesen Ansatz bei der Bewertung der De-minimis-Verordnung (19) nach ihrem Auslaufen in die künftigen Bedingungen für staatliche Beihilfen aufzunehmen; merkt an, dass die De-minimis-Höchstbeträge unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realitäten, mit denen die Mitgliedstaaten konfrontiert sind, überprüft werden könnten, und würdigt gleichzeitig die Ziele, die in den Bereichen Umwelt, Energie und digitaler Wandel erreicht werden müssen;

51.

ist besorgt darüber, wie die Anbindung von Inselregionen, Regionen in Randlage und abgelegenen Gebieten in der EU in der Nebensaison praktisch zum Erliegen kommt, was den Bewohnern und Unternehmen in diesen Regionen zum Nachteil gereicht; fordert die Kommission auf, Entscheidungen über staatliche Beihilfen in Bezug auf die Anbindung von Inselregionen, Regionen in Randlage und abgelegenen Gebiete der EU gebührende Aufmerksamkeit zu widmen, zumal diese von der Pandemie besonders schwer getroffen wurden;

52.

fordert, bei der Konsolidierung der EU-Luftfahrtindustrie angesichts der massiven staatlichen Beihilfen, die bestimmten EU-Luftfahrtunternehmen genehmigt wurden, Vorsicht walten zu lassen, um sicherzustellen, dass die Fluggesellschaften im Ergebnis nicht in die Lage versetzt werden, kleinere EU-Wettbewerber zu verdrängen oder zu übernehmen;

53.

stellt fest, dass es auf einigen spezifischen Märkten für Finanzdaten mehrere Anbieter gibt und dass der Wettbewerb, auch wenn keiner von ihnen einen beherrschenden Marktanteil hat, nach wie vor sehr gering ist; stellt fest, dass sich Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs auf diesem Markt als unzureichend erwiesen haben;

54.

nimmt zur Kenntnis, dass die der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) der Kommission zugewiesenen Ressourcen ihrer Arbeitsbelastung und ihrem Aufgabenspektrum angemessen sein sollten; ist der Auffassung, dass für spezifisches Fachwissen im Zusammenhang mit der digitalen Wirtschaft gesorgt werden muss;

55.

betont, dass das Metaversum einschlägigen Rechtsrahmen unterliegt, beispielsweise dem Rechtsrahmen in den Bereichen Privatsphäre und Datenschutz, den digitalen Rechtsvorschriften und dem Wettbewerbsrahmen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, aktiv dafür zu sorgen, dass Unternehmen und Einrichtungen, am und im Metaversum arbeiten, sich an die oben genannten Rechtsrahmen halten;

56.

bedauert frühere Killer-Übernahmen, die außerhalb des Anwendungsbereichs der EG-Fusionskontrollverordnung (20) stattgefunden haben;

Fusionskontrolle

57.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Bemühungen zu beschleunigen, um ihrer Zusage, ihre Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der EU zu überprüfen, nachzukommen; stellt fest, dass die Kommission eine Konsultation zur Überarbeitung und Aktualisierung ihrer Bekanntmachung über die Marktdefinition eingeleitet hat; betont, dass diese Überprüfung aktualisiert und angepasst werden sollte, um den verstärkten globalen Wettbewerb, die künftige Wettbewerbssituation und den digitalen und grünen Wandel widerzuspiegeln, einschließlich der sich entwickelnden Marktmerkmale des digitalen Marktökosystems, der mehrseitigen Märkte, der Bedeutung von Daten und Nullpreismärkten;

58.

weist darauf hin, dass Daten eine Quelle beträchtlicher wirtschaftlicher Macht und Hebelwirkung sind, und ist der Ansicht, dass nichtmonetäre Faktoren bei der Definition digitaler Märkte berücksichtigt werden sollten;

59.

fordert die Kommission auf, eine Überarbeitung der Leitlinien für Fusionen in Betracht zu ziehen, um der Herausforderung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit der EU Rechnung zu tragen; begrüßt die Rolle des Referats Prioritäten und strategische Koordinierung innerhalb der GD COMP, indem es bei der Untersuchung von Fällen durch die GD COMP auf das Fachwissen aller Generaldirektionen der Kommission zurückgreift; ist der Ansicht, dass das Fachwissen der industriellen und sektoralen Strategie der Kommission gestärkt werden könnte, um die Ermittlungsteams der GD COMP zu unterstützen, damit die Durchführbarkeit und die Folgen von Abhilfemaßnahmen im Hinblick auf die Prioritäten der Kommission ermittelt werden können;

60.

würdigt den Beitrag der EG-Fusionskontrollverordnung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und fordert die Kommission auf, die wesentlichen Grundsätze dieser Verordnung weiterhin zu fördern und durchzusetzen;

61.

betont, dass der Preis in der digitalen Wirtschaft nicht immer ein allumfassender Parameter für die Marktdefinition ist; hebt hervor, dass Verbraucher auf Nullpreis-Digitalmärkten im Austausch für ihre Daten auf Produkte und Dienstleistungen zugreifen und im Gegenzug eine Profilerstellung und Werbung hinnehmen müssen, wobei Faktoren wie Qualität, Privatsphäre, Datenverarbeitung und Aufmerksamkeit geeignetere Parameter sind; weist erneut darauf hin, dass Preistests nicht die einzige Methode sind, die der Kommission bei der Bestimmung des relevanten Produktmarkts zur Verfügung steht;

62.

betont, dass die technologischen Mittel und die Erhebung personenbezogener Daten, die für die digitale Personalisierung und Preisdiskriminierung erforderlich sind, beträchtlich sind, sich rasch entwickeln und schwer zu erkennen sind; weist darauf hin, dass digitale Marktplätze, Plattformen und Social-Media-Techniken der Datenanalyse und Profilerstellung nutzen können, um die Effizienz der Werbung auf der Ebene einzelner Verbraucher zu verbessern, die Rangfolge von Angeboten zu personalisieren oder die Preise so zu ändern, dass sie die Kosten der gezielten Ansprache von Kunden widerspiegeln;

63.

bekräftigt, dass Daten für den digitalen Markt von entscheidender Bedeutung sind; fordert die Kommission daher auf, das Gesetz über digitale Märkte bestmöglich zu nutzen und weitere Legislativvorschläge nach dem Vorbild des Datengesetzes vorzulegen;

64.

nimmt den Leitfaden der Kommission zu bestimmten Aspekten von Artikel 22 der EG-Fusionskontrollverordnung zur Kenntnis; erklärt sich jedoch besorgt darüber, dass diese Initiative möglicherweise nicht ausreicht, um die Verordnung an die Erfordernisse moderner Geschäftsmodelle anzupassen, z. B. in Bezug auf Killer-Übernahmen, durch die Innovationen verhindert werden könnten; fordert die Kommission auf, die praktische Anwendung ihrer Leitlinien klarzustellen, um sicherzustellen, dass sie sowohl für die nationalen Behörden als auch für die fusionierenden Parteien handhabbar sind;

65.

fordert die Kommission auf, ihre Vorschriften für Fusionen und Unternehmenskäufe zu überprüfen, wenn es um die Bewertung personenbezogener Daten geht; fordert die Kommission insbesondere auf, Vermögenswerte, bei denen es sich um personenbezogene Daten handelt, auf die gleiche Weise wie alle anderen herkömmlichen materiellen Vermögenswerte umfassend zu berücksichtigen und zu bewerten, wenn sie über Fusionen und Unternehmenskäufe im Digitalbereich entscheidet; fordert die Kommission nachdrücklich auf, bei der Bewertung von Fusionen im Digitalbereich einen umfassenderen Betrachtungswinkel zu wählen und die Auswirkungen der Datenkonzentration zu bewerten; stellt fest, dass der Erwerb von bestimmten Unternehmen, die über spezifische Datenressourcen verfügen, eine Konzentration der Kontrolle über wertvolle und nicht replizierbare Datenressourcen bewirkt und dazu führt, dass die fusionierenden Parteien besser als ihre Wettbewerber auf Daten zugreifen können; betont, dass die Datenkonsolidierung mittels Fusionen dazu führen kann, dass eine beherrschende Stellung noch ausgebaut wird oder das erwerbende Unternehmen die Möglichkeit erhält, Marktmacht geltend zu machen, und zuweilen Bedenken hinsichtlich der Marktabschottung aufwerfen kann;

66.

fordert die Kommission auf, auf bestehenden Initiativen aufzubauen, um die Zusammenarbeit zwischen kartellrechtlichen und datenschutzrechtlichen Regulierungsbehörden zu verstärken, damit sowohl der Missbrauch von Unternehmensdaten kontrolliert wird als auch Unternehmen daran gehindert werden, Verbraucherdaten zu nutzen, um sich einen unfairen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen;

67.

weist darauf hin, dass Umsatzschwellen möglicherweise nicht geeignet sind, um alle Fälle zu erkennen, die von den Wettbewerbsbehörden bei Fusionen überprüft werden sollten;

68.

stellt fest, dass die Behörden der Mitgliedstaaten die aufgrund der Anwendung von Artikel 12 des Gesetzes über digitale Märkte erhaltenen Informationen verwenden können sollten, um eine Prüfung eines Zusammenschlusses nach Artikel 22 der Fusionskontrollverordnung zu beantragen;

Kartellrecht

69.

unterstützt eine grundlegende Überprüfung der derzeitigen Regelung für vertikale Vereinbarungen, die Feinabstimmung der Safe-Harbour-Regeln und die Annahme von Vorschriften, die den Bedürfnissen des elektronischen Geschäftsverkehrs und der Plattformgeschäfte entsprechen, um Marktbeschränkungen infolge der ambivalenten Auswirkungen dieser Vereinbarungen zu verhindern und gleichzeitig die Angleichung an die derzeit formulierten Vorschriften für digitale Märkte sicherzustellen;

70.

stellt insbesondere fest, dass Kartellverfahren in den letzten Jahren zu langwierig waren, dringend benötigte Entscheidungen verlangsamt und sich folglich negativ auf die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts ausgewirkt haben, insbesondere im Fall schnell wachsender digitaler Märkte; weist daher darauf hin, dass das Gesetz über digitale Märkte sowie Kartellverfahren dringend erforderlich sind;

71.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission kartellrechtliche Untersuchungen möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen im Bereich der Online-Werbetechnologie eingeleitet hat; regt an, dass die Kommission eine Marktstudie der Branche in der EU durchführen könnte, um Probleme zu untersuchen, die sich auf den Wettbewerb auswirken;

72.

stellt fest, dass die Branche des Internets der Dinge (IoT) für Verbraucher in den kommenden Jahren erheblich wachsen wird, nimmt jedoch zur Kenntnis, dass in dieser Branche nach wie vor Mängel bestehen, beispielsweise fehlende Interoperabilität, wodurch der Wettbewerb und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher eingeschränkt werden könnten; fordert die Kommission auf, eine gründliche Analyse solcher potenziellen Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu erarbeiten, einschließlich einer Kosten-Nutzen-Analyse aller regulatorischen Eingriffe; begrüßt die Branchenuntersuchung der Kommission zum Internet der Dinge und fordert die Kommission auf, erforderlichenfalls weitere Maßnahmen in Bezug auf Standards, Datenübertragbarkeit und Zugang zu Daten zu ergreifen;

73.

ist nach wie vor zutiefst besorgt über die weitreichende Konzentration in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette der EG; fordert die Kommission erneut auf, dringend eine eingehende Analyse des Umfangs und der Auswirkungen von Einkaufsallianzen durchzuführen und dabei besonderes Augenmerk auf die Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs und einer größeren Transparenz der Geschäftspraktiken von Supermarkt- und Hypermarktketten zu legen, insbesondere wenn durch solche Praktiken der Markenwert und die Produktauswahl beeinflusst bzw. Innovationen oder die Vergleichbarkeit der Preise eingeschränkt werden;

74.

stellt fest, dass die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen (21) und die damit verbundenen vertikalen Leitlinien (22) nicht ausreichend an die jüngsten Marktentwicklungen, insbesondere die Zunahme von Online-Verkäufen und Online-Plattformen, angepasst wurden; stellt ferner fest, dass die Kommission derzeit ihren Vorschlag überarbeitet, um die Verordnung und Leitlinien besser anzupassen; betont, dass es Bedenken bezüglich der Branche für langlebige Gebrauchsgüter gibt, wo Hersteller in direkten Wettbewerb mit dem Vertriebsnetz treten, indem sie die Vertragsbedingungen der vertikalen Vertriebsbeziehung ändern, wodurch sie Vertriebshändler im Wettbewerb benachteiligen und KMU aus dem Markt drängen; betont, dass auch die Digitalisierung der Branche der langlebigen Gebrauchsgüter wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwirft; fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass bei jeder künftigen Überarbeitung dem Missbrauch von selektiven Vertriebsvereinbarungen, Kennzeichnungen und anderen Maßnahmen zur Verhinderung des Kaufs, des Vertriebs und des Weiterverkaufs von Waren über Grenzen hinweg Rechnung getragen wird;

75.

ist der Auffassung, dass die im Entwurf der Leitlinien für die Überarbeitung der Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen getroffene Unterscheidung zwischen Verkaufspreisbindung, die den Markt verzerren würde, und dem beworbenen Mindestpreis, der unter bestimmten Umständen und Bedingungen erlaubt werden könnte, ein Instrument darstellen könnte, um KMU dabei zu unterstützen, aggressivem Preiswettbewerb auf Online-Marktplätzen standzuhalten; fordert die Kommission auf, zu diesem Zweck in den Leitlinien die Bedingungen zu präzisieren, unter denen es sich bei dem beworbenen Mindestpreis nicht um eine Verkaufspreisbindung handelt;

76.

fordert die Kommission erneut auf, sich mit den wettbewerbswidrigen Auswirkungen territorialer Lieferbeschränkungen zu befassen, um einen voll funktionsfähigen Binnenmarkt zu verwirklichen und seine potenziellen Vorteile für die Verbraucher zu nutzen; weist erneut darauf hin, dass territoriale Lieferbeschränkungen durch unterschiedliche Praktiken entstehen können, wie z. B. Verweigerung der Belieferung, Androhung der Einstellung der Belieferung eines bestimmten Vertriebshändlers, Beschränkung der zum Verkauf verfügbaren Mengen, unerklärliche Differenzierung der Produktpaletten und Preise zwischen den Mitgliedstaaten sowie Beschränkung der Sprachoptionen für die Produktverpackung;

77.

weist erneut auf seine frühere Forderung an die Kommission hin, ungerechtfertigtes Geoblocking oder andere Hindernisse für grenzüberschreitende Online-Verkäufe, die bei der ersten kurzfristigen Überprüfung der Geoblocking-Verordnung (23) festgestellt wurden und immer noch bestehen, zu beobachten und zu beseitigen; Nimmt die Einleitung des Dialogs mit den Interessenträgern in diesem Zusammenhang zur Kenntnis;

78.

hebt hervor, dass der Zusammenarbeit der nationalen Wettbewerbsbehörden im Rahmen des Europäischen Wettbewerbsnetzes (ECN) große Bedeutung zukommt; betont, dass ihr Beitrag zur Durchsetzung ein Eckpfeiler des Gesetzes über digitale Märkte in seiner derzeitigen Form ist; fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1 eingehend zu bewerten (24); begrüßt die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1 in nationales Recht in den Mitgliedstaaten, wodurch die nationalen Wettbewerbsbehörden in die Lage versetzt werden, die Wettbewerbspolitik wirksamer durchzusetzen; betont, dass durch die gestärkten Untersuchungs- und Entscheidungskapazitäten der nationalen Wettbewerbsbehörden sowie durch ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen eine bessere unabhängige und unparteiische Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften ermöglicht wird; empfiehlt, die Analysekapazitäten der nationalen Wettbewerbsbehörden zu erhöhen, damit sie die Komplexität, die sich bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts auf digitalen Märkten ergibt, besser bewältigen können; empfiehlt den nationalen Wettbewerbsbehörden ferner, beim Austausch bewährter Verfahren zusammenzuarbeiten und mit anderen zuständigen Behörden einen fachübergreifenden Ansatz zu verfolgen, um Schubladendenken zu überwinden, da wettbewerbswidriges Verhalten auch Bereiche des Datenschutzes oder des Verbraucherrechts berühren kann;

79.

betont, dass Unabhängigkeitsgarantien für die nationalen Aufsichts- und Wettbewerbsbehörden wichtig sind, und bekräftigt, dass es immer wichtiger wird, für effektivere Kommunikations-, Informations- und Kooperationskanäle auf EU-Ebene zu sorgen; betont in diesem Zusammenhang, dass es wichtig ist, diese Behörden mit den erforderlichen personellen, finanziellen und technologischen Ressourcen auszustatten, damit sie ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können; hebt schließlich hervor, dass es wichtig ist, die strengsten Anforderungen an Transparenz und Unabhängigkeit in Bezug auf die Mandate dieser Behörden aufrechtzuerhalten, von den Mechanismen für die Ernennung bis zu den Regeln für den Zugang zu Informationen;

80.

betont, dass die Durchsetzung unabhängig bleiben und von zweckmäßigen Sichtungsinstrumenten und der erforderlichen Ausstattung mit angemessen qualifiziertem Personal profitieren muss, damit die immer häufigeren und schwierigeren Fälle effizient behandelt werden können;

81.

weist darauf hin, dass aufgrund der verzögerten Umsetzung in innerstaatliches Recht und des Mangels an einschlägigen Informationen über die Gerichtsverfahren keine eingehende Analyse der Richtlinie 2014/104/EU (25) durchgeführt werden konnte; fordert die Kommission jedoch auf, die Umsetzung der Richtlinie kontinuierlich zu überwachen und die Ergebnisse der Analyse zu veröffentlichen;

82.

ist der Ansicht, dass das Parlament eine aktive Funktion in der politischen Debatte über die Wettbewerbspolitik übernehmen sollte; stellt fest, dass das Parlament stärker in die Tätigkeit von Arbeits- und Sachverständigengruppen wie dem Internationalen Wettbewerbsnetz (ICN) und der OECD als Beobachter einbezogen werden sollte, damit es einen besseren Einblick in die Materie erhält und es über Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten wird und somit besser auf seine Rolle als Mitgesetzgeber vorbereitet ist; betont, dass das Parlament an den Wettbewerbswochen der EU und anderen Sitzungen teilnehmen sollte, bei denen Vertreter der Mitgliedstaaten eingeladen sind; stellt fest, dass die Arbeitsgruppe Wettbewerb ein nützliches Instrument ist, um den Austausch zwischen dem Europäischen Parlament und der GD COMP zu fördern;

83.

verurteilt die unprovozierte und ungerechtfertigte Aggression Russlands gegen die Ukraine; begrüßt die außergewöhnlichen Maßnahmen, die die EU ergreift, um der ukrainischen Bevölkerung zu helfen; unterstützt Maßnahmen, die sich an Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen richten, die Flüchtlingen helfen, aus von Krieg betroffenen Ländern in die Union zu fliehen;

84.

fordert die Kommission auf, die Lage genau zu beobachten und gegebenenfalls die notwendige Flexibilität des EU-Rahmens für staatliche Beihilfen zu nutzen, damit die Mitgliedstaaten die Unternehmen und Branchen unterstützen können, die am stärksten von der anhaltenden russischen Militäraggression gegen die Ukraine betroffen sind und denen die Sanktionen gegen Russland schaden werden;

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o o

85.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den nationalen und gegebenenfalls den regionalen Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 67 vom 8.2.2022, S. 2.

(2)  ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 22.

(3)  Bericht der Kommission vom 23. November 2021 mit dem Titel „Erster Jahresbericht über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union“ (COM(2021)0714).

(4)  ABl. L 11 vom 14.1.2019, S. 3.

(5)  https://ec.europa.eu/competition-policy/system/files/2021-06/kd0221712enn_market_definition_notice_2021_1.pdf

(6)  Europäische Kommission, Generaldirektion Wettbewerb, Montjoye, Y., Schweitzer, H., Crémer, J., „Competition Policy for the Digital Era“ (Wettbewerbspolitik für das digitale Zeitalter), Amt für Veröffentlichungen, 2019, https://data.europa.eu/doi/10.2763/407537.

(7)  Europäische Kommission, Exekutivagentur für Verbraucher, Gesundheit, Landwirtschaft und Lebensmittel, „Consumer vulnerability across key markets in the European Union“ (Schutzbedürftigkeit von Verbrauchern auf wichtigen Märkten in der Europäischen Union): Abschlussbericht, Amt für Veröffentlichungen, 2016, https://data.europa.eu/doi/10.2818/056024.

(8)  ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1.

(9)  ABl. C 80 vom 18.2.2022, S. 1.

(10)  ABl. C 508 vom 16.12.2021, S. 1.

(11)  ABl. L 270 vom 29.7.2021, S. 39.

(12)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0441.

(13)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(14)  Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 25).

(15)  Urteil des Gerichts vom 10. November 2021, Google und Alphabet/Kommission, T-612/17, ECLI:EU:T:2021:763.

(16)  Ebenda.

(17)  Sonderbericht 24/2020 des Europäischen Rechnungshofes: Die EU-Fusionskontroll- und Kartellrechtsverfahren der Kommission: Marktaufsicht sollte verstärkt werden, 19. November 2020.

(18)  ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1.

(19)  ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1.

(20)  Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1).

(21)  Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 102 vom 23.4.2010, S. 1).

(22)  ABl. C 130 vom 19.5.2010, S. 1.

(23)  Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts (ABl. L 60 I vom 2.3.2018, S. 1).

(24)  ABl. L 11 vom 14.1.2019, S. 3.

(25)  ABl. L 349 vom 5.12.2014, S. 1.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/137


P9_TA(2022)0203

Bedrohungen für die Stabilität, die Sicherheit und die Demokratie in Westafrika und im Sahel

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Bedrohungen für die Stabilität, die Sicherheit und die Demokratie in Westafrika und im Sahel (2022/2650(RSP))

(2022/C 465/12)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2020 zur sicherheitspolitischen Zusammenarbeit der EU und Afrikas in der Sahelzone, in Westafrika und am Horn von Afrika (1) und auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu einer neuen Strategie EU-Afrika — eine Partnerschaft für nachhaltige und inklusive Entwicklung (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2021 zur Lage im Tschad (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2021 zu den Menschenrechtsverletzungen durch private Militär- und Sicherheitsunternehmen, insbesondere die Gruppe Wagner (4),

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 17. Februar 2022 zur Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik — Jahresbericht 2021 (5) und zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik — Jahresbericht 2021 (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. März 2022 zu Russlands Aggression gegen die Ukraine (7),

unter Hinweis auf die 41. Paritätische Parlamentarische Versammlung der Staaten Afrikas, des Karibischen Raumes und des Pazifischen Ozeans und der Europäischen Union (AKP–EU), die vom 1. bis zum 3. April 2022 in Straßburg (Frankreich) stattfand,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966,

unter Hinweis auf das Protokoll der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) betreffend Demokratie und gute Regierungsführung,

unter Hinweis auf die Agenda 2063 der Afrikanischen Union (AU),

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker,

unter Hinweis auf die Afrikanische Charta für Demokratie, Wahlen und Regierungsführung,

unter Hinweis auf das am 14. Dezember 2005 in Kraft getretene Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption,

unter Hinweis auf das Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, das am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnet wurde (8) („Cotonou-Abkommen“), und auf seine überarbeiteten Fassungen von 2005 und 2010 (9),

unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDG), insbesondere das SDG 16 zur Förderung von friedlichen, gerechten und inklusiven Gesellschaften zugunsten der nachhaltigen Entwicklung,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/947 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juni 2021 zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt (10),

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 9. März 2020 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden Strategie mit Afrika“ (JOIN(2020)0004),

unter Hinweis auf die Strategie für die Sicherheit und Entwicklung der Länder der G5 der Sahelzone (G5 Sahel) vom September 2016, den Rahmen für integrierte vorrangige Maßnahmen vom Februar 2020, die Sahel-Allianz und die Partnerschaft für Sicherheit und Stabilität in der Sahelzone,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates und der Mitgliedstaaten der G5 Sahel vom 28. April 2020,

unter Hinweis auf das gemeinsame Kommuniqué der zweiten Tagung der Außenministerinnen und -minister der Afrikanischen Union und der Europäischen Union vom 25./26. Oktober 2021,

unter Hinweis auf die Sahel-Konferenz, die am 17. Februar 2022 in Paris stattfand,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung vom sechsten Gipfeltreffen der Afrikanischen Union und der Europäischen Union vom 17./18. Februar 2022,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. Februar 2022 zur Verlängerung und Stärkung der Umsetzung des Konzepts der koordinierten maritimen Präsenzen im Golf von Guinea,

unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2020/253 des Rates vom 25. Februar 2020 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2018/906 zur Verlängerung des Mandats des Sonderbeauftragten der Europäischen Union für die Sahelzone (11),

unter Hinweis auf die Resolution 2590 (2021) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 30. August 2021 zur Verlängerung der mit der Resolution 2374 (2017) des Sicherheitsrats verhängten Sanktionen und zur Verlängerung des Mandats der Sachverständigengruppe für Mali bis zum 30. September 2022,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 11. November 2021 über die gemeinsame Einsatztruppe der G5 Sahel,

unter Hinweis auf die Resolution A/ES-11/1 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 1. März 2022 zum Einmarsch in die Ukraine,

unter Hinweis auf die Agenda der Vereinten Nationen für Frauen, Frieden und Sicherheit,

unter Hinweis auf das Kommuniqué des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union vom 31. Januar 2022 zur Lage in Burkina Faso,

unter Hinweis auf die Mitteilung des Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union vom 6. August 2021 im Anschluss an die Terroranschläge gegen Burkina Faso, Mali, Niger und Tschad,

unter Hinweis auf die Mitteilung des Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union vom 24. Januar 2022 zur Lage in Burkina Faso,

unter Hinweis auf das außerordentliche Gipfeltreffen des Gremiums der Staats- und Regierungsoberhäupter der ECOWAS vom 3. Februar 2022 zur politischen Lage in Burkina Faso, Guinea und Mali,

unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) Josep Borrell vom 26. Januar 2022 zu Burkina Faso,

unter Hinweis auf die Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP–EU vom 21. Juni 2017 zur Sicherheitslage in der Sahel-Sahara-Region,

unter Hinweis auf die Entschließungen der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP–EU vom 11. März 2021 zur Demokratie und zur Achtung der Verfassungen in der EU und den AKP-Staaten, vom 28. September 2021 zur Rolle der Parlamente bei der Stärkung der internationalen Sicherheit und vom 21. November 2019 zu den Auswirkungen der sozialen Medien auf Regierungsführung, Entwicklung, Demokratie und Stabilität,

gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass in den betroffenen Regionen die kombinierte Bedrohung durch Armut, mangelnden Zugang zu grundlegenden Sozialleistungen, Klimawandel, bewaffnete terroristische Vereinigungen, zunehmende Gewalt zwischen den Gemeinschaften um Land und Ressourcen, Ernährungsunsicherheit, Vertreibung von Menschen und geschlechtsspezifische Gewalt zu einem komplexen Kontext der Instabilität und Unsicherheit geführt hat;

B.

in der Erwägung, dass die Sahelzone und Westafrika eine entscheidende Rolle für die Sicherheit und Stabilität des gesamten afrikanischen Kontinents spielen; in der Erwägung, dass sich die Sicherheitslage in diesen Regionen in den letzten Jahren massiv verschlechtert hat, was eine Bedrohung für die regionale und internationale Stabilität darstellt; in der Erwägung, dass die Gewalt in der Sahelzone seit dem Niedergang des Gaddafi-Regimes in Libyen im Jahr 2011 zugenommen hat, was dazu geführt hat, dass es sich dabei um eine der Regionen handelt, die am stärksten von der Verbreitung illegaler Kleinwaffen betroffen sind; in der Erwägung, dass die Sahelzone eine der ärmsten Regionen der Welt ist;

C.

in der Erwägung, dass die französische Armee im Jahr 2013 auf Ersuchen der Staatsorgane von Mali die Operation Serval eingeleitet hat, um Dschihadisten und andere militärische Rebellengruppen aus dem Norden Malis zu vertreiben, die begonnen hatten, in das Zentrum Malis vorzudringen; in der Erwägung, dass die französische Armee das Ziel dieser Mission erfolgreich erreicht hat;

D.

in der Erwägung, dass in den letzten Jahren zahlreiche internationale Missionen und Initiativen eingeleitet wurden, darunter die Mehrdimensionale integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) im Jahr 2013, die Mission der Europäischen Union zum Ausbau der Kapazitäten in Niger im Jahr 2012, die Ausbildungsmission der Europäischen Union in Mali im Jahr 2013, die Mission der Europäischen Union zum Ausbau der Kapazitäten in Mali im Jahr 2014, die Operation Barkhane im Jahr 2014, die G5 Sahel im Jahr 2014, die gemeinsame Einsatztruppe der G5 Sahel im Jahr 2017, die Sahel-Allianz im Jahr 2017, die Koalition für den Sahel im Jahr 2020 und die Taskforce Takuba im Jahr 2020; in der Erwägung, dass afrikanische Sicherheitsinstitutionen im vergangenen Jahrzehnt Tausende von Einsatzkräften für Friedenseinsätze auf dem Kontinent eingesetzt haben; in der Erwägung, dass diese Interventionen nach wie vor nicht ausreichen, um die Sicherheitsprobleme in der Region zu lösen;

E.

in der Erwägung, dass mehr als 200 Mitglieder der Friedenstruppen der Vereinten Nationen und mehr als 50 französische Soldaten der Missionen Serval und Barkhane sowie zahlreiche afrikanische Soldaten im Kampf um die Sicherheit der Sahelzone ums Leben gekommen sind; in der Erwägung, dass zahlreiche europäische und VN-Soldaten während des Einsatzes in der Region verletzt wurden;

F.

in der Erwägung, dass die Lage in der Region trotz der vielfachen Bemühungen der Länder der Sahelzone und der internationalen Gemeinschaft um Friedenssicherung nach wie vor sehr instabil ist; in der Erwägung, dass terroristische Vereinigungen, einschließlich islamistischer Terroristen, die mit dem IS verbunden sind, wie Boko Haram und die Organisation Westafrika-Provinz des Islamischen Staates (ISWAP), ihre Präsenz in der Sahelzone und in der Region Westafrika verstärkt haben und für Massentötungen, Folter, sexuelle Gewalt, Verschwindenlassen, Plünderungen und Vertreibung verantwortlich sind; in der Erwägung, dass die Zahl der Morde, die unter anderem auf islamistische Gewalt zurückzuführen sind, im Jahr 2020 stark zugenommen hat, wobei dem Afrika-Zentrum für strategische Studien zufolge insgesamt 4 250 Todesfälle gemeldet wurden; in der Erwägung, dass mehr als 7,7 Millionen Menschen in sieben Ländern der Sahelzone gewaltsam vertrieben wurden; in der Erwägung, dass es derzeit etwa 3 Millionen Binnenvertriebene in der Region gibt;

G.

in der Erwägung, dass der Bedarf an humanitärer Hilfe infolge der verschiedenen miteinander verflochtenen Krisen gestiegen ist; in der Erwägung, dass derzeit 20 Millionen Menschen in der zentralen Sahelzone dringend humanitäre Hilfe benötigen; in der Erwägung, dass Frauen und Kinder besonders stark durch die Krise gefährdet und von ihr betroffen sind;

H.

in der Erwägung, dass sich Sicherheit, Entwicklung und Schutz der grundlegenden Menschenrechte gegenseitig verstärken und für die Schaffung eines dauerhaften Friedens notwendig sind; in der Erwägung, dass ein derartiger dauerhafter Frieden nur erreicht werden kann, wenn die eigentlichen Ursachen der Unsicherheit, einschließlich Armut, Korruption, Hunger und Ressourcenknappheit, bekämpft werden;

I.

in der Erwägung, dass die Sicherheitsherausforderungen in Westafrika und der Sahelzone von Land zu Land unterschiedlich sind; in der Erwägung, dass zu diesen Herausforderungen die Tätigkeiten terroristischer Vereinigungen mit Verbindungen zu internationalen dschihadistischen Netzwerken, ethnische Konflikte und Stammesfehden, Auseinandersetzungen um den Zugang zu natürlichen Ressourcen, außergerichtliche Tätigkeiten von Milizen und Sicherheitsdiensten, bewaffnete Rebellionen, Konflikte mit Separatisten sowie politisch motivierte Gewalt und Gewalt bei Wahlen gehören;

J.

in der Erwägung, dass die Sicherheit Europas und Afrikas eng miteinander verknüpft sind; in der Erwägung, dass Terroristen, bewaffnete Gruppen, Milizen und Menschenhändler eine Reihe komplexer sich überschneidender Problematiken in der Region ausnutzen, darunter Armut, mangelnder Zugang zu grundlegenden Sozialleistungen, Ernährungsunsicherheit, Entwaldung, Umweltzerstörung, schwache Institutionen, Korruption und mangelndes Vertrauen in den Staat;

K.

in der Erwägung, dass der Klimawandel schwerwiegende Auswirkungen in der Region hat; in der Erwägung, dass dies zu einer weiteren Destabilisierung führen kann; in der Erwägung, dass aufgrund der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Marginalisierung in Westafrika und der Sahelzone eine ernst zu nehmende Gefahr der Radikalisierung besteht;

L.

in der Erwägung, dass die Schuldenlast einer Gefährdung der Stabilität der Länder in der Sahelzone und in Westafrika insgesamt Vorschub leistet;

M.

in der Erwägung, dass die Fähigkeit, diese Sicherheitsherausforderungen zu bewältigen, durch die COVID-19-Pandemie weiter geschwächt wurde;

N.

in der Erwägung, dass die Festigung der Demokratie in Westafrika und im Sahel durch Militärputsche, undemokratische Verfassungsänderungen, das harte Vorgehen gegen Proteste der Bevölkerung, Einschränkungen bei der Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit und die den oppositionellen Parteien und Politikern auferlegten Einschränkungen zusätzlich untergraben wird;

O.

in der Erwägung, dass die Festigung der Demokratie in Westafrika und im Sahel nicht nur durch Sicherheitsbedrohungen, sondern auch durch Korruption, das harte Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen der Bevölkerung, die Einschränkungen bei der Meinungs- und Pressefreiheit, die den oppositionellen Parteien und Politikern auferlegten Einschränkungen, mangelnde Achtung der Amtszeitbeschränkungen für Präsidenten und anderer verfassungsrechtlicher Bestimmungen sowie durch Kapazitätsprobleme bei der Durchführung inklusiver und transparenter Wahlen für Vertriebene weiter untergraben wird;

P.

in der Erwägung, dass die EU, die AU, die ECOWAS und andere internationale Organisationen in den letzten 20 Jahren Wahlbeobachtungsmissionen in westafrikanische Länder und Länder der Sahel-Region entsandt haben; in der Erwägung, dass umfassende Berichte veröffentlicht wurden, die wesentliche Empfehlungen für Reformen enthalten, wobei nur einige dieser Empfehlungen umgesetzt wurden;

Q.

in der Erwägung, dass dem Korruptionswahrnehmungsindex 2021 zufolge das Ausmaß der Korruption in Westafrika uneinheitlich ist, wobei Cabo Verde und Senegal bei Reformen zur Korruptionsbekämpfung mit am besten und Liberia, Mali und Nigeria mit am schlechtesten abschneiden;

R.

in der Erwägung, dass zunehmende Sicherheitsherausforderungen und die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit mit den Regierungen und der internationalen Gemeinschaft zu einer Reihe öffentlicher Demonstrationen geführt haben, bei denen weitere Regierungsreformen und Verbesserungen der Sicherheitslage gefordert wurden; in der Erwägung, dass regionale Regierungsbehörden seit Langem der Korruption und der Vetternwirtschaft beschuldigt werden, was dazu geführt hat, dass das Vertrauen in die Regierungen und ihre Institutionen sowie die Zufriedenheit mit ihnen stetig abnimmt;

S.

in der Erwägung, dass es in Bezug auf den allgemeinen Stand der Demokratie und der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit im Sahel zu massiven Rückschlägen kam, als das Militär in Mali und das Militär in Burkina Faso die Regierung in ihrem Land stürzten, und zwar in Mali im August 2020 und erneut im Mai 2021, in dem das Militär eben jene Regierung, die es zuvor selbst eingesetzt hatte, stürzte, und dann in Burkina Faso im Januar 2022, in dem es dort zu einem Putsch kam; in der Erwägung, dass sich darin eine tief verwurzelte Krise in der Region widerspiegelt;

T.

in der Erwägung, dass die ECOWAS und die AU bei zahlreichen Gelegenheiten einen Austausch und Besuche in Mali und Burkina Faso organisiert haben, um zwischen den verschiedenen Akteuren zu vermitteln und Kompromisse zu erzielen; in der Erwägung, dass die ECOWAS bei zahlreichen Gelegenheiten betont hat, dass es wichtig ist, einen klaren Zeitplan für die Rückkehr zu demokratischen Prozessen festzulegen, einschließlich eines baldigen Termins für demokratische Wahlen;

U.

in der Erwägung, dass Guinea nach dem Putsch im September 2021 und der Festnahme von Präsident Alpha Condé, der vor Kurzem freigelassen wurde, so lange aus der ECOWAS ausgeschlossen ist, bis die verfassungsmäßige Ordnung wiederhergestellt ist; in der Erwägung, dass den Militärbehörden eine Frist bis zum 25. April 2022 eingeräumt wurde, um Einzelheiten zu ihrem Übergangsplan vorzulegen; in der Erwägung, dass sie an diesem Tag eine neue Frist für die Vorlage eines Zeitplans für den Übergang beantragt haben;

V.

in der Erwägung, dass die Achtung der nationalen Verfassungsordnung und der Rechtsstaatlichkeit für die Sicherstellung von Frieden und Stabilität ebenso wichtig ist wie für die Bekämpfung des Terrorismus und die Sicherstellung der militärischen Sicherheit; in der Erwägung, dass die Wahrung demokratischer Grundsätze, einschließlich der Organisation transparenter und inklusiver Wahlen, von grundlegender Bedeutung ist, um dafür zu sorgen, dass Regierungen über ein breites öffentliches Mandat verfügen; in der Erwägung, dass die Bürger echte demokratische Prozesse unterstützen und eine faire Beteiligung an solchen Prozessen anstreben;

W.

in der Erwägung, dass die nationalen Parlamente in die Entscheidungsfindung bei Sicherheitsfragen einbezogen werden müssen, wenn es gilt, dauerhafte Sicherheit und gesellschaftliche Stabilität zu erreichen;

X.

in der Erwägung, dass Sicherheit, Entwicklung und der Schutz der grundlegenden Menschenrechte sich gegenseitig verstärken und für die Schaffung eines dauerhaften Friedens notwendig sind;

Y.

in der Erwägung, dass der schrumpfende Raum für Organisationen der Zivilgesellschaft und Einschränkungen der Pressefreiheit in einigen Ländern in Westafrika und im Sahel ernstzunehmende Probleme für die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte darstellen;

Z.

in der Erwägung, dass sich die Europäische Union verpflichtet hat, die Sicherheit und die Entwicklung Westafrikas und des Sahels durch politische, diplomatische und humanitäre Partnerschaften zu unterstützen, unter anderem durch technische Unterstützung für die Reform des Sicherheitssektors, die Ausbildung des Militärs und der Polizei, Wahlprozesse und die Rechenschaftspflicht und die Stärkung der Zivilgesellschaft;

AA.

in der Erwägung, dass die AU ein enger Partner der EU bei den Bemühungen um Frieden und Stabilität ist; in der Erwägung, dass sich die Ziele der regionalen Sicherheitsakteure, unter anderem die Ziele der ECOWAS und der afrikanischen Bereitschaftstruppe der AU, mit dem Interesse der EU decken, Länder, die sich in Schwierigkeiten befinden, zu unterstützen, um für Frieden und Wohlstand zu sorgen; in der Erwägung, dass die Führung der EU und die Führung der AU vereinbart haben, die Zusammenarbeit für Frieden und Sicherheit auf dem afrikanischen Kontinent zu fördern; in der Erwägung, dass die Vereinbarung zwischen der AU und der EU über Frieden, Sicherheit und Regierungsführung und die Europäische Friedensfazilität darauf abzielen, Instabilität, Radikalisierung, gewalttätigen Extremismus und Terrorismus zu bekämpfen und den gesamten Konfliktzyklus mithilfe eines integrierten Ansatzes anzugehen;

AB.

in der Erwägung, dass die G5 der Sahelzone, die von der EU und der AU unterstützt wird, für Sicherheit und regionale Entwicklung sorgt, um so den Terrorismus zu bekämpfen und Stabilität im Sahel zu schaffen; in der Erwägung, dass die G5 der Sahelzone vor Herausforderungen steht, wenn es darum geht, Fortschritte aufzuzeigen und die öffentliche Unterstützung aufrechtzuerhalten; in der Erwägung, dass die von der EU finanzierten Maßnahmen in den Bereichen Konfliktverhütung, Mediation, Dialog und Aussöhnung nach wie vor begrenzt sind;

AC.

in der Erwägung, dass alle Bemühungen der internationalen Gemeinschaft in sehr ausgeprägter Weise auf demokratische Reformen und Reformen des Sicherheitssektors abzielen; in der Erwägung, dass es den meisten Ländern in der Region an staatlichen Kapazitäten für die wirksame Umsetzung dringend erforderlicher Reformen mangelt;

AD.

in der Erwägung, dass das Sicherheitsumfeld und das politische Umfeld in der Region weiterhin durch die Präsenz ausländischer privater Militär- und Sicherheitsunternehmen in Westafrika destabilisiert werden; in der Erwägung, dass die sogenannte Gruppe Wagner, eine Gruppe von Söldnern, die stellvertretend für die russische Regierung tätig ist, in Mali präsent ist, seitdem sie Ende 2021 von der Militärjunta eingeladen wurde; in der Erwägung, dass sich die Gruppe Wagner angeblich auf russische militärische Infrastruktur stützt und dass das russische Verteidigungsministerium an der Finanzierung, der Rekrutierung, der Ausbildung und dem Schutz der Einsatzkräfte der Gruppe Wagner beteiligt ist; in der Erwägung, dass die Gruppe Wagner beschuldigt wird, schwere Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben;

AE.

in der Erwägung, dass Experten der Vereinten Nationen gemeinsam zu dem Schluss gekommen sind, dass die Gruppe Wagner in der Zentralafrikanischen Republik schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen begangen hat, darunter summarische Massenhinrichtungen, willkürliche Inhaftierungen, sexuelle Gewalt, Plünderungen, Verschwindenlassen und Folter während Vernehmungen;

AF.

in der Erwägung, dass Russland in der gesamten Sahelzone Desinformationen verbreitet hat und dort auch weiterhin aktiv Desinformationen verbreitet, um europäischen Initiativen, mit denen für Stabilität und Sicherheit gesorgt werden soll, um der Region zu helfen, die Legitimität abzusprechen;

AG.

in der Erwägung, dass die EU und ihre Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Gegenstand von Desinformationskampagnen waren und dringend Mittel für eine wirksame strategische Kommunikation erhalten müssen; in der Erwägung, dass die Desinformation so weit ging, dass das französische Militär fälschlicherweise des Massenmordes in der Gegend von Gossi in Mali beschuldigt wurde, obwohl es Beweise dafür gibt, dass Malier und Ausländer, die mutmaßlich der Gruppe Wagner angehören, für ein grausam ausgedachtes und irreführendes Machwerk verantwortlich sind;

AH.

in der Erwägung, dass internationale Akteure aufgrund der mehrfachen Behinderung durch die malischen Übergangsbehörden zu dem Schluss gekommen sind, dass die Bedingungen für die Fortsetzung ihres militärischen Engagements in Mali nicht mehr gegeben sind;

AI.

in der Erwägung, dass europäische und internationale Akteure auf Ersuchen ihrer afrikanischen Partner zugestimmt haben, ihr gemeinsames Vorgehen gegen den Terrorismus im Sahel, unter anderem in Niger und im Golf von Guinea, fortzusetzen, und politische und militärische Konsultationen mit ihnen aufgenommen haben, um die Bedingungen für diese gemeinsame Aktion bis Juni 2022 festzulegen;

AJ.

in der Erwägung, dass die Lage im Sahel eng mit der Lage im Golf von Guinea verknüpft ist; in der Erwägung, dass Piraterie nach wie vor eine Bedrohung für die Sicherheit im Golf von Guinea darstellt; in der Erwägung, dass der Rat die Umsetzung des Konzepts der koordinierten maritimen Präsenzen im Golf von Guinea um zwei Jahre verlängert hat;

1.

verurteilt aufs Schärfste die Gewalt und den Verlust von Menschenleben in Westafrika und im Sahel, einschließlich der im Rahmen von Militäroperationen begangenen Übergriffe, und bringt seine Besorgnis über die zunehmende Instabilität im Sahel zum Ausdruck, durch die die Sicherheit und die Stabilität in den betreffenden Ländern untergraben werden und die tiefgreifende regionale und internationale Auswirkungen hat; bekundet seine Solidarität mit den Familien aller Opfer von Terroranschlägen in der gesamten Region und spricht ihnen sein Beileid aus; bekräftigt seine nachdrückliche Unterstützung für die Bevölkerung Westafrikas und des Sahels und für ihre Bestrebungen nach Frieden, Menschenrechten, Sicherheit, Stabilität, Wirtschaftsentwicklung und sozialem und demokratischem Fortschritt; würdigt die zahlreichen Anstrengungen lokaler und internationaler Akteure zur Förderung von Frieden und Fortschritt in der gesamten Region; stellt fest, dass die Sicherheitslage im Sahel nach wie vor eine enorme Herausforderung darstellt und dass viele Zivilisten unter der fehlenden Sicherheit leiden und Opfer von Terroranschlägen geworden sind;

2.

betont, dass es für eine umfassende Reaktion auf die Herausforderungen, mit denen Westafrika und der Sahel konfrontiert sind, erforderlich ist, dass die Sicherheits-, die Klima-, die Entwicklungs- und die Handelspolitik aufeinander abgestimmt werden;

3.

ist zutiefst besorgt über die Lage der Demokratie im Sahel und die jüngsten Putsche in der Region; fordert alle Putschisten auf, die zeitliche Dauer des politischen Übergangs klar zu begrenzen, eine rasche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, zur Rechtsstaatlichkeit und zu Zivilregierungen sicherzustellen und die Organisation transparenter und inklusiver Wahlen zu fördern;

4.

bekräftigt nachdrücklich seinen Standpunkt, dass jede Form einer langfristigen sicherheitspolitischen und politischen Zusammenarbeit mit EU-Akteuren realistische Zeitpläne für eine Rückkehr zur Demokratie, einschließlich klarer und messbarer Etappenziele, voraussetzt; weist darauf hin, dass jedwede künftige Zusammenarbeit mit EU-Akteuren fraglich wird, wenn keine derartigen realistischen Zeitpläne vorliegen;

5.

stellt fest, dass Bemühungen um die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die Verteidigung der demokratischen Legitimität von Regierungsmaßnahmen durch Putsche untergraben werden; weist erneut darauf hin, dass ein echter demokratischer Übergang und Reformen von der Zivilbevölkerung geleitet werden müssen und dabei die uneingeschränkte und aktive Beteiligung von Organisationen der Zivilgesellschaft, Frauen, jungen Menschen und Oppositionsparteien ermöglicht werden muss; fordert die Staatsorgane in Westafrika und im Sahel nachdrücklich auf, die Medienfreiheit sowie die Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit zu achten und zu schützen;

6.

betont, dass echte nationale Dialoge, an denen alle Teile der Zivilgesellschaft beteiligt sind, in der gesamten Region erforderlich sind, damit eine klare Zukunftsvision für die Demokratie entworfen werden kann, einschließlich konkreter Ziele, die von den verschiedenen nichtmilitärischen und nichtstaatlichen Akteuren gemeinsam vereinbart und verfolgt werden; fordert die internationale Gemeinschaft auf, zur Ermöglichung eines solchen Dialogs beizutragen, indem sie anbietet, zu vermitteln;

7.

betont, dass die zahlreichen Herausforderungen, mit denen die Region konfrontiert ist, am besten geeint bewältigt werden können; unterstützt daher die von der AU angekündigten Maßnahmen und die von der ECOWAS ergriffenen Maßnahmen zur Verteidigung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit;

8.

fordert die Militärführung aller Staaten im Sahel auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, einschließlich ihrer Verpflichtung zur uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte; unterstützt die Bemühungen der ECOWAS, einen Fahrplan für Menschenrechtsreformen und die Rechenschaftspflicht festzulegen, um weitere Menschenrechtsverletzungen im Rahmen ganzheitlicher Bemühungen um die Beilegung der verschiedenen Krisen zu verhindern;

9.

weist darauf hin, dass die Finanzierung bestimmter Maßnahmen im Zusammenhang mit dem militärischen oder staatlichen Sicherheitssektor oder solcher, die zu Menschenrechtsverletzungen in Partnerländern führen können, im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ nicht unterstützt wird; nimmt die vielfältigen Herausforderungen zur Kenntnis, mit denen der Sahel und die Sahara konfrontiert sind, wie Klimawandel, Wirtschaftskrisen und Terroranschläge; fordert die EU auf, mehr Solidarität zu zeigen, indem sie die Region politisch und militärisch unterstützt, unter anderem durch die Europäische Friedensfazilität und durch eine Ausbildung im Bereich Waffeneinsatz, die für die Verteidigung, Förderung und Achtung der Menschenrechte ausreicht; fordert alle EU-Mitgliedstaaten auf, ihren Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen und von Waffenlieferungen abzusehen, die Menschenrechtsverletzungen in Westafrika und im Sahel Vorschub leisten könnten;

10.

weist auf den wichtigen Beitrag hin, den die jungen Menschen in Afrika dazu leisten können, für künftigen Wohlstand in der Region zu sorgen; fordert die stärkere Einbeziehung von Frauen und ihre aktive Beteiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen sowie an den Bemühungen um Friedenskonsolidierung und Aussöhnung; verurteilt die Anwendung jeglicher Form von sexueller Gewalt und Einschüchterung in Konfliktsituationen;

11.

betont, dass die zunehmende Verarmung der Menschen die sozioökonomische Grundlage für die Entstehung krimineller und terroristischer Vereinigungen bildet; betont, dass der fehlende Zugang der Bevölkerung zu wichtigen öffentlichen Diensten wie Wasserversorgung, Sanitärversorgung, Gesundheitsdiensten oder Bildung die sozioökonomische Grundlage für die Entstehung von Terrorismus darstellt; betont, dass Bildung als Grundlage für die Förderung des Wirtschaftswachstums, die Schaffung einer demokratischen Gesellschaft und die Prävention von Extremismus wichtig ist;

12.

hebt die Rolle hervor, die die nationalen Parlamente für Stabilität und Demokratisierung spielen; fordert die ECOWAS-Staaten auf, nationale und regionale demokratische Gremien bei Sicherheitsfragen stärker einzubeziehen; ist der Ansicht, dass jedwedes Eingreifen der EU in dieser Hinsicht Gegenstand einer Debatte innerhalb des betreffenden nationalen Parlaments sein sollte; fordert die EU und die ECOWAS-Länder auf, die Koordinierung der Unterstützung in den Bereichen Sicherheit, Entwicklung, humanitäre Hilfe und Demokratieförderung zu verstärken, um einen integrierten Ansatz für Frieden und Sicherheit zugunsten einer dauerhaften nachhaltigen Entwicklung in der gesamten Region sicherzustellen;

13.

weist auf den erheblichen Beitrag der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe hin und begrüßt die Arbeit der Sahel-Allianz zur Unterstützung der von den Regierungen der G5 der Sahelzone geleiteten Entwicklungsbemühungen; fordert die vollständige Operationalisierung und die enge Zusammenarbeit der G5 der Sahelzone mit den EU-Mitgliedstaaten durch den Aufbau finanzieller Kapazitäten, die Bereitstellung militärischer Ausrüstungsgüter und das Anbieten wirksamer Schulungen für militärische und zivile Operationen;

14.

betont, dass zur Verbesserung der Sicherheitslage in der Region die Ursachen von Gewalt und Konflikten angegangen werden müssen, darunter die Armut, der Klimawandel, Vertreibungen und ein mangelnder Zugang zu Bildung und Chancen, die alle durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft wurden; stellt fest, dass die Ursachen von gewaltbereitem Extremismus und Terrorismus komplex sind; betont, dass die Wirtschaft in der Region angekurbelt und die Schaffung von Arbeitsplätzen gefördert werden muss und die Grundlagen für eine langfristige nachhaltige Entwicklung geschaffen werden müssen; fordert die EU auf, ihre Investitionen und die Entwicklungszusammenarbeit auf die Bekämpfung der Ursachen von Terrorismus und Unsicherheit auszurichten;

15.

bringt seine tiefe Besorgnis über die drastische Verschlechterung der Ernährungssicherheit in Westafrika und dem Sahel zum Ausdruck, von der derzeit Millionen Menschen betroffen sind, da die landwirtschaftlichen Systeme der Nahrungsmittelerzeugung und die Lieferketten in diesen Regionen nach wie vor anfällig sind und immer anfälliger werden; betont, dass Westafrika und die Sahelzone auf Weizenlieferungen aus der Ukraine angewiesen sind; bringt seine tiefe Besorgnis über die besorgniserregenden kurz- und mittelfristigen Folgen zum Ausdruck, die der grundlose Krieg Russlands gegen die Ukraine für die Ernährungssicherheit in Westafrika und der Sahelzone hat, und zeigt sich zutiefst besorgt darüber, dass der Krieg daher eine neue und gefährliche Hungersnot und Ernährungskrise auslösen könnte;

16.

erkennt die Rechte Westafrikas und der Sahelzone auf Ernährungssouveränität als Mittel zur Erreichung von Ernährungssicherheit und zur Armutsbekämpfung an, wobei Frauen und landwirtschaftlichen Familienbetrieben besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, damit die Versorgung mit erschwinglichen und zugänglichen Lebensmitteln sichergestellt wird;

17.

nimmt zur Kenntnis, dass die EU der weltweit größte Geber von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die finanzielle Unterstützung und die humanitäre Hilfe aufzustocken, damit die dringendsten Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung gedeckt werden können; bedauert, dass mehrere EU-Mitgliedstaaten das Ziel, 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungshilfe aufzuwenden, nicht erreicht haben;

18.

betont, dass Menschen, die in Konfliktgebieten, einschließlich Gebieten, über die die Regierung keine Kontrolle hat, leben, freier Zugang zu humanitärer Hilfe und grundlegenden Dienstleistungen gewährt werden muss; weist darauf hin, dass alle Parteien das humanitäre Völkerrecht achten müssen, damit jegliche Gefahr einer Abzweigung humanitärer Hilfe vermieden wird; betont, dass es wichtig ist, dass die Bereitstellung humanitärer Hilfe als neutral und unparteiisch betrachtet und für die Sicherheit der humanitären Helfer gesorgt wird;

19.

begrüßt die Fortschritte, die einige Länder dabei erzielt haben, der Korruption ein Ende zu setzen; fordert die Länder Afrikas und der EU nachdrücklich auf, gegen alle Fälle von Korruption vorzugehen; betont den Zusammenhang zwischen Korruption und Umweltkriminalität, die beide eine zunehmende Bedrohung für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung darstellen; stellt fest, dass die Bekämpfung der Instabilität in der Region eine Voraussetzung dafür ist, die weltweite Sicherheit zu fördern und Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erzielen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Strategie zur Bekämpfung von Korruption zu nutzen, indem der Kapazitätsaufbau in Bezug auf Straftaten verbessert wird, die von der EU, Interpol und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen als Umweltstraftaten eingestuft werden;

20.

weist darauf hin, dass der Klimawandel ein zunehmend wichtiger Faktor für die regionale Stabilität in Westafrika und der Sahelzone ist; fordert die westafrikanischen Staaten und die Staaten der Sahelzone auf, mit den EU-Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit und Stabilität in der Region anzugehen;

21.

weist darauf hin, dass für die Bekämpfung des Terrorismus und die Bewältigung innenpolitischer Herausforderungen starke Institutionen benötigt werden; betont, dass die Strategie zur Bekämpfung von Terrorismus und gewaltbereitem Extremismus in allen betroffenen Regionen im Einklang mit internationalen Standards überarbeitet werden muss, und fordert, dass alle für solche Handlungen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden;

22.

fordert die nationalen Stellen in der gesamten Region auf, sexuelle Handlungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts zu entkriminalisieren und die Rechte der LGBTI-Bevölkerung sicherzustellen; betont, dass Menschen, die fliehen, weil sie aufgrund der Tatsache, dass sie LGBTI-Personen sind, verfolgt werden, Anspruch auf internationalen Schutz in der EU haben müssen;

23.

betont, dass sich die EU dazu verpflichtet hat, in der Region umfassend tätig zu werden und politische, technische und finanzielle Unterstützung zu leisten, insbesondere zugunsten von Reformen des Sicherheitssektors, der Ausbildung des Militärs und der Unterstützung für den Schutz und die Stärkung der Zivilgesellschaft, die für die Bewältigung von Sicherheitsbedrohungen von wesentlicher Bedeutung sind; fordert die ECOWAS und die EU-Mitgliedstaaten auf, die Vereinbarung über Frieden, Sicherheit und Regierungsführung wirksam umzusetzen;

24.

betont, dass durch die humanitäre Hilfe und die Entwicklungshilfe der EU das Leid der Zivilbevölkerung verhindert werden soll und ihre grundlegenden Lebensbedingungen verbessert werden sollen; weist darauf hin, dass eine nachhaltige Entwicklung in Afrika nur durch eine Kombination aus Humankapital und externer Entwicklungshilfe ermöglicht wird; weist darauf hin, dass Migration nicht zur Abwanderung hoch qualifizierter Kräfte führen sollte; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Abstimmung mit ihren internationalen Partnern und den einschlägigen internationalen Institutionen dringend alle verfügbaren Mittel zu prüfen, mit denen verhindert werden kann, dass afrikanische Länder mit der Zahlung ihrer Schulden in Verzug geraten;

25.

bekundet seine Unterstützung dafür, dass sich die Vereinten Nationen, die EU und die Region in Westafrika und der Sahelzone für Friedenssicherung, militärische Ausbildung und technische Hilfe einsetzen, insbesondere durch EU-Ausbildungsmissionen und Missionen der EU zum Aufbau von Kapazitäten sowie Initiativen der ECOWAS und der Afrikanischen Union;

26.

ist zutiefst besorgt über die hohe Anzahl von Fällen sehr schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen durch malische Sicherheitskräfte, die von der Mehrdimensionalen integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali gemeldet wurden und nach humanitärem Recht als Kriegsverbrechen gelten könnten; nimmt den Beschluss des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union zur Kenntnis, einen Teil der von der Ausbildungsmission der EU in Mali und der Mission der EU zum Aufbau von Kapazitäten in Mali durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen für die malischen Streitkräfte und die Nationalgarde auszusetzen, und fordert nachdrücklich, dass jegliche weitere Unterstützung der EU für den malischen Sicherheitssektor ausgesetzt wird, bis alle für diese Straftaten Verantwortlichen vor Gericht gestellt worden sind;

27.

stellt fest, dass die verschiedenen internationalen Missionen ihr vorrangiges Ziel, die Region dauerhaft zu befrieden, nicht erreicht haben und dass daher die Mandate und Aufgaben internationaler Missionen und Strategien überdacht werden müssen; betont, dass der Schwerpunkt bei der Überarbeitung der Mandate und Verpflichtungen der EU darauf liegen sollte, bei der Zusammenarbeit mit den Ländern Westafrikas und der Sahelzone stärker auf Prävention zu achten; fordert die ECOWAS-Länder und die EU nachdrücklich auf, gemeinsam einen neuen Ansatz für die Reform des Sicherheitssektors und die Sicherheitsunterstützung zu entwickeln;

28.

verurteilt die Desinformation über die EU und ihre Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik; fordert die EU auf, sich mit allen Mitteln auszustatten, die für eine wirksamere strategische Kommunikation erforderlich sind;

29.

betont, dass jedwede europäische oder internationale Unterstützung nur als Ergänzung der nationalen und regionalen Bemühungen betrachtet werden sollte; weist darauf hin, dass die Länder für alle in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet durchgeführten Initiativen verantwortlich bleiben müssen; weist darauf hin, dass daher auch führende Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft solche Initiativen unterstützen müssen, damit sie erfolgreich sind;

30.

nimmt zur Kenntnis, dass trotz der anhaltenden sicherheitspolitischen Herausforderungen Fortschritte bei der Bekämpfung bewaffneter islamistischer Gruppen erzielt wurden; weist erneut darauf hin, dass terroristische Propaganda- und Rekrutierungsinitiativen im Rahmen umfassenderer Strategien zur Bekämpfung der Anfälligkeit und Rekrutierung für den Terrorismus bekämpft werden müssen; betont gleichzeitig, dass Anreize für den Austritt aus gewaltbereiten extremistischen Gruppen geschaffen und die Bemühungen um die Entradikalisierung solcher ausgetretenen Kämpfer und ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft verstärkt werden müssen;

31.

kritisiert aufs Schärfste die Entscheidung der malischen Regierung, die Zusammenarbeit mit europäischen Akteuren zu behindern, was unter anderem dadurch zum Ausdruck gebracht wurde, dass sie am 2. Mai 2022 zwei wichtige Abkommen — das Abkommen über die Rechtsstellung der Einsatzkräfte, in dem der Rechtsrahmen für die Präsenz der französischen Operation Barkhane und der europäischen Taskforce Takuba in Mali festgelegt wurde, und den Vertrag über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich zwischen Mali und Frankreich aus dem Jahr 2014 — gekündigt hat; kritisiert nachdrücklich, dass Mali im Januar 2022 gefordert hat, dass das dänische und das französische Kontingent aus seinem Hoheitsgebiet ausreisen, und sich geweigert hat, einem deutschen Flugzeug die Genehmigung für einen Flug durch den malischen Luftraum zu erteilen;

32.

verurteilt die zunehmende Präsenz der vom Kreml unterstützten russischen Gruppe Wagner in der Sahelzone; ist der festen Überzeugung, dass die Einmischung der Gruppe Wagner in Westafrika dem Ziel zuwiderläuft, Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region herbeizuführen, und nicht mit der Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung vereinbar ist; fordert alle Länder auf, die bisherigen Tätigkeiten der Gruppe Wagner zu prüfen, insbesondere in der Zentralafrikanischen Republik; bringt seine tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass nach wie vor zahlreiche Menschenrechtsverletzungen der Gruppe und Verstöße der Gruppe gegen das humanitäre Völkerrecht gemeldet werden; verurteilt aufs Schärfste die Verbrechen, die von der Gruppe Wagner und anderen privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen in Westafrika und im Sahel begangen wurden;

33.

fordert alle Länder, die mit der Gruppe Wagner zusammenarbeiten oder eine Zusammenarbeit mit ihr in Erwägung ziehen, auf, die Entwicklungen in der Ukraine zu berücksichtigen, in der das russische Regime unter eklatanter Verletzung des Völkerrechts einen brutalen und unmenschlichen Krieg führt; fordert alle Staaten auf, falsche Vorstellungen über die letztendlichen Ziele eines Einsatzes Russlands in ihren Ländern aufzugeben und zur Kenntnis zu nehmen, dass sich Russland und seine Gruppe Wagner ausschließlich auf ihre eigenen Interessen konzentrieren und die von ihnen für notwendig erachtete Gewalt anwenden werden, wie dies in der Ukraine und anderswo ersichtlich ist, wo die Zivilbevölkerung einen hohen Preis zahlt;

34.

weist darauf hin, dass die Sicherheitslage in der Sahelzone, in den Küstenstaaten Westafrikas und im Maghreb eng miteinander verknüpft ist; fordert eine Bewertung der Mängel, aufgrund derer die Ausbildungsmissionen der EU ihren beabsichtigten Zweck verfehlt haben, die Streitkräfte in Partnerländern angemessen für die Bekämpfung des Dschihad auszubilden; fordert, dass die nächsten EU-Ausbildungsmissionen so durchgeführt werden, dass diese schwerwiegenden Mängel beseitigt werden;

35.

bekräftigt, dass im Zusammenhang mit der Verlegung der Operation Barkhane nach Niger Lehren gezogen werden sollten, damit der Schwerpunkt bei Reaktionsmaßnahmen stärker auf die Prävention und einen umfassenderen Ansatz für Regierungsführung, Sicherheit und Entwicklungshilfe gelegt wird;

36.

betont, dass die internationale Gemeinschaft die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit denjenigen Ländern intensivieren sollte, die bereit sind, Reformen durchzuführen und Ergebnisse zu erzielen, damit sie als regionale Vorbilder dienen und zur Stabilisierung der gesamten Region beitragen können; begrüßt die Bemühungen einiger Länder um Demokratisierung; betont, dass regionale Erfolgsgeschichten, beispielsweise in der Küstenregion Westafrikas, zur Stabilisierung der gesamten Region beitragen können, und ist daher der Ansicht, dass solche positiven Beispiele weiter gefördert und unterstützt werden müssen;

37.

bekräftigt, dass der Schutz und die Sicherstellung der Sicherheit der Zivilbevölkerung zu den wichtigsten Aufgaben einer Regierung gehören, und betont, dass zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um den Schutz der Zivilbevölkerung zu verbessern; schlägt vor, dass solche Maßnahmen auch Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ohne Waffeneinsatz umfassen könnten, die von den Vereinten Nationen in anderen Konfliktsituationen bereits erfolgreich umgesetzt wurden;

38.

weist insbesondere darauf hin, dass bei der Ausarbeitung von Sicherheitsstrategien Frauen, die unverhältnismäßig stark von Unsicherheit und Gewalt betroffen sind, und junge Menschen, deren Zukunft — ebenso wie die Zukunft der gesamten Region — vom Zugang zu Bildung und Beschäftigung abhängt, sinnvoll einbezogen werden müssen, damit weiterhin eine friedliche Entwicklung stattfindet und die Rekrutierung durch Dschihadisten verhindert wird; fordert die Länder in der Region und die internationale Gemeinschaft auf, sich weiterhin für die Umsetzung der Resolution 2250 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Jugend, Frieden und Sicherheit einzusetzen, und bekräftigt seine Unterstützung für die Umsetzung der Agenda der Vereinten Nationen für Frauen, Frieden und Sicherheit in der Sahelzone;

39.

begrüßt den Beschluss des Rates, die Umsetzung des Konzepts der koordinierten maritimen Präsenzen im Golf von Guinea zu verlängern und zu verstärken; fordert den Rat auf, in Erwägung zu ziehen, das Konzept im Golf von Guinea durch den Einsatz von Luftfahrzeugen zu stärken; fordert eine stärkere Einbeziehung der Küstenstaaten des Golfs von Guinea und eine stärkere Zusammenarbeit mit diesen Staaten im Rahmen des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ und der Europäischen Friedensfazilität;

40.

begrüßt den Beitrag, den Wahlbeobachtungsmissionen dazu leisten, den demokratischen Prozess zu unterstützen und zu stärken; weist darauf hin, dass die EU-Mitgliedstaaten und Länder in ganz Westafrika und der Sahelzone offizielle Beobachtermissionen eingeladen haben, und fordert die Regierungen der Länder in Westafrika und der Sahelzone nachdrücklich auf, dies auch künftig als Teil der Organisation transparenter, inklusiver und von echtem Wettbewerb geprägter Wahlen zu tun;

41.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem AKP-EU-Ministerrat, dem AKP-Ministerrat, den Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union, den Sekretariaten der ECOWAS, der Accra-Initiative und der G5 Sahel zu übermitteln.

(1)  ABl. C 385 vom 22.9.2021, S. 24.

(2)  ABl. C 494 vom 8.12.2021, S. 80.

(3)  ABl. C 15 vom 12.1.2022, S. 166.

(4)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0482.

(5)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0040.

(6)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0039.

(7)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0052.

(8)  ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 3.

(9)  ABl. L 287 vom 4.11.2010, S. 3.

(10)  ABl. L 209 vom 14.6.2021, S. 1.

(11)  ABl. L 54 I vom 26.2.2020, S. 9.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/147


P9_TA(2022)0204

Laufende Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV zu Polen und Ungarn

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den laufenden Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV zu Polen und Ungarn (2022/2647(RSP))

(2022/C 465/13)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 2 und Artikel 7 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2018 zu einem Vorschlag, mit dem der Rat aufgefordert wird, im Einklang mit Artikel 7 Absatz 1 EUV festzustellen, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte, auf die sich die Union gründet, durch Ungarn besteht (1),

unter Hinweis auf den begründeten Vorschlag der Kommission vom 20. Dezember 2017 nach Artikel 7 Absatz 1 EUV zur Rechtsstaatlichkeit in Polen: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Feststellung der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit durch die Republik Polen (COM(2017)0835),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. März 2018 zu dem Beschluss der Kommission, im Hinblick auf die Lage in Polen das Verfahren gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV einzuleiten (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2020 zu den laufenden Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV zu Polen und Ungarn (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. September 2020 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Feststellung der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit durch die Republik Polen (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Oktober 2016 mit Empfehlungen an die Kommission zur Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2020 zur Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zu der Lage der Grundrechte in der Europäischen Union — Jahresbericht für die Jahre 2018 und 2019 (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. Juni 2021 zu dem Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2020 (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2021 zu Verstößen gegen das EU-Recht und die Rechte von LGBTIQ-Bürgern in Ungarn infolge der vom ungarischen Parlament angenommenen Gesetzesänderungen (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. September 2021 zur Medienfreiheit und der weiteren Verschlechterung der Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Oktober 2021 zu der Krise im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit in Polen und dem Vorrang des Unionsrechts (11),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. November 2021 zum ersten Jahrestag des De-facto-Abtreibungsverbots in Polen (12),

unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU,

unter Hinweis auf die Standardmodalitäten für Anhörungen nach Artikel 7 Absatz 1 EUV, die vom Rat am 18. Juli 2019 gebilligt wurden,

unter Hinweis auf den Beschluss des Kollegiums der Kommissionsmitglieder vom 27. April 2022, ein Verfahren gegen Ungarn gemäß der Konditionalitätsverordnung (13) einzuleiten,

gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass sich die Union auf die Werte der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Personen, die einer Minderheit angehören, gründet, die in Artikel 2 EUV und der Charta der Grundrechte der EU festgeschrieben und in internationalen Menschenrechtsübereinkommen verankert sind; in der Erwägung, dass diese Werte, die allen Mitgliedstaaten gemein sind und die alle Mitgliedstaaten aus freien Stücken angenommen haben, die Grundlage der Rechte darstellen, die allen in der Union lebenden Personen zustehen;

B.

in der Erwägung, dass jede eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2 EUV verankerten Werte durch einen Mitgliedstaat nicht nur den Mitgliedstaat betrifft, in dem diese Gefahr auftritt, sondern Auswirkungen auf die anderen Mitgliedstaaten, auf das gegenseitige Vertrauen zwischen ihnen sowie auf das Wesen der Union selbst und die im Unionsrecht festgeschriebenen Grundrechte ihrer Bürger hat;

C.

in der Erwägung, dass Artikel 7 Absatz 1 EUV eine vorbeugende Phase darstellt, in der der Union die Möglichkeit eingeräumt wird, im Fall der eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der gemeinsamen Werte einzugreifen; in der Erwägung, dass eine solche vorbeugende Maßnahme einen Dialog mit dem betroffenen Mitgliedstaat vorsieht und darauf abzielt, die mögliche Aussetzung bestimmter Rechte, die sich aus der Anwendung der Verträge ergeben, zu verhindern;

D.

in der Erwägung, dass das Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV von der Kommission und dem Parlament in Bezug auf Polen bzw. Ungarn ausgelöst wurde, nachdem eine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte, auf die sich die Union gründet, festgestellt worden war;

E.

in der Erwägung, dass die Organisation von Anhörungen je nach Ratsvorsitz sehr unterschiedlich gehandhabt wird; in der Erwägung, dass der Rat im Rahmen des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) bislang fünf Anhörungen Polens und drei Anhörungen Ungarns organisiert hat;

1.

nimmt Kenntnis von den Anhörungen, die der Rat gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV als Reaktion darauf organisiert hat, dass in Polen und Ungarn die Gefahr einer Verletzung der in Artikel 2 EUV verankerten Werte besteht; bedauert, dass die Anhörungen nicht zu einer Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Grundrechte in Polen und Ungarn geführt haben und dass sich die Lage in beiden Ländern seit der Einleitung des Verfahrens nach Artikel 7 Absatz 1 EUV weiter verschlechtert hat, was in zahlreichen Berichten und Erklärungen der Kommission und internationaler Gremien wie den Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und dem Europarat dokumentiert und durch zahlreiche Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestätigt worden ist;

2.

fordert den Rat auf, sich ernsthaft darum zu bemühen, bei den laufenden Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV im Einklang mit seinen Verpflichtungen aus den Verträgen zum Schutz der in Artikel 2 EUV verankerten Werte substanzielle Fortschritte zu erzielen;

3.

ist der Ansicht, dass die Anhörungen als Voraussetzung für die wirksame Anwendung des Verfahrens nach Artikel 7 Absatz 1 mit angemessener Häufigkeit und in geeigneter Art und Weise organisiert werden sollten; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass der französische Ratsvorsitz die Anhörungen in beiden Verfahren wieder aufgenommen hat; stellt jedoch mit Besorgnis fest, dass die Anhörungen trotz wiederholter Forderungen des Parlaments nicht regelmäßig, strukturiert und offen durchgeführt werden; fordert die künftigen Ratsvorsitze nachdrücklich auf, die Anhörungen regelmäßig und mindestens einmal je Amtszeit zu organisieren; fordert den Rat auf, sicherzustellen, dass bei Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV auch auf neue Entwicklungen — auch solche im Zusammenhang mit Verletzungen der Grundrechte — eingegangen wird;

4.

weist erneut auf den engen Zusammenhang zwischen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechten hin und erinnert den Rat und die Kommission an die seit langer Zeit bestehende Forderung des Parlaments, in die Bewertung der Lage der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten auch die anhaltenden Verletzungen der Demokratie und der Grundrechte überall in der Union einzubeziehen, zu denen unter anderem Angriffe auf die Medienfreiheit, Übergriffe auf Journalisten, Minderheiten und Migranten und Angriffe auf die Rechte von Frauen und LGBTIQ+-Personen und auf die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zählen;

5.

fordert den Rat auf, nach jeder Anhörung ein ausführliches Protokoll zu veröffentlichen und das Parlament ordnungsgemäß zu informieren; betont, dass Anhörungen objektiv, faktengestützt und transparent sein müssen und dass die betroffenen Mitgliedstaaten während des gesamten Verfahrens im Einklang mit dem in Artikel 4 Absatz 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nach Treu und Glauben zusammenarbeiten müssen;

6.

betont, dass die Anhörungen nur dann wirksam sein werden, wenn der Rat anschließend, wie in Artikel 7 Absatz 1 EUV vorgesehen, konkrete Empfehlungen an die betroffenen Mitgliedstaaten richtet; fordert den Rat angesichts der raschen Verschlechterung der Lage in beiden Ländern nachdrücklich auf, diese Empfehlungen rasch zu verabschieden und klare Fristen für ihre Umsetzung festzulegen; betont, dass im Rat keine Einstimmigkeit erforderlich ist, wenn es darum geht, eine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte der Union gemäß Artikel 7 Absatz 1 festzustellen oder konkrete Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zu richten; schlägt vor, dass die Kommission und der Rat weitere Schritte zum Schutz der in Artikel 2 EUV verankerten Werte erörtern sollten, falls die Verschlechterung andauert;

7.

bringt seine tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass durch die in Artikel 7 Absatz 1 EUV genannten Standardmodalitäten für Anhörungen nicht gewährleistet ist, dass das Parlament die gleiche Behandlung erfährt wie die Kommission; bekräftigt, dass die Einladung des Parlaments zu einer förmlichen Ratstagung auf der Grundlage des Initiativrechts und des in Artikel 13 Absatz 2 EUV verankerten Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen nach wie vor aussteht; fordert den Rat erneut auf, das Parlament in jeder Phase des Verfahrens umgehend und umfassend zu unterrichten;

8.

bedauert, dass mehrere Ratsvorsitze trotz offizieller Einladungen nicht die Zeit fanden, mit allen einschlägigen Ausschüssen des Parlaments zusammenzutreffen; fordert die künftig im Rat (Allgemeine Angelegenheiten) den Vorsitz führenden Minister auf, mindestens einmal je Amtszeit vor den einschlägigen Ausschüssen des Parlaments zu erscheinen, um das Parlament über diese Verfahren auf dem Laufenden zu halten;

9.

fordert alle Mitgliedstaaten auf, den Vorrang des Unionsrechts zu achten, und empfiehlt dem Rat, in den verschiedenen laufenden Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 die Gefahren für den Vorrang des Unionsrechts zu erörtern; hält es für besonders inakzeptabel, dass Polen und Ungarn es immer wieder versäumen, eine beträchtliche Zahl von Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen; fordert den Rat nachdrücklich auf, diesem Umstand bei der Bewertung einer eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2 EUV verankerten Werte Rechnung zu tragen;

10.

fordert die Kommission auf, alle verfügbaren Instrumente — insbesondere beschleunigte Vertragsverletzungsverfahren und Anträge auf einstweilige Maßnahmen vor dem Gerichtshof der EU sowie die Konditionalitätsverordnung — in vollem Umfang zu nutzen, um gegen Verstöße Polens und Ungarns gegen die in Artikel 2 EUV verankerten Werte, auf die sich die Union gründet, vorzugehen;

11.

fordert die Kommission und den Rat auf, die Billigung der nationalen Pläne Polens und Ungarns im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität so lange aufzuschieben, bis beide Länder allen länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Semesters im Bereich der Rechtsstaatlichkeit uneingeschränkt nachgekommen sind und sämtliche einschlägigen Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umgesetzt haben (14); weist darauf hin, dass die Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen sollte, damit den Bürgern und Einwohnern der betroffenen Mitgliedstaaten die Vorteile von Unionsmitteln nicht vorenthalten werden, nur weil ihre Regierungen gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen;

12.

vertritt die Auffassung, dass die jüngsten Entwicklungen bei den laufenden Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV erneut deutlich machen, dass ein EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, wie er vom Parlament vorgeschlagen wurde, in Form einer interinstitutionellen Vereinbarung und eines ständigen Politikzyklus innerhalb der Unionsorgane im Bereich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte dringend erforderlich ist; bedauert, dass die Kommission und der Rat sich weigern, Verhandlungen über diese interinstitutionelle Vereinbarung aufzunehmen, und dass in den vergangenen sechs Jahren keine Fortschritte erzielt worden sind; fordert die Kommission und den Rat erneut auf, umgehend Verhandlungen mit dem Parlament über diese Vereinbarung aufzunehmen;

13.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission am 27. April 2022 mit der Übermittlung einer schriftlichen Mitteilung endlich das förmliche Verfahren gegen Ungarn im Rahmen der Konditionalitätsverordnung eingeleitet hat; erwartet, dass die Kommission so bald wie möglich weitere Schritte unternimmt und dass der Rat sich politisch verpflichtet, das Verfahren unverzüglich und vorrangig zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen;

14.

stellt mit Besorgnis fest, dass die Kommission im Hinblick auf Polen kein solches Verfahren eingeleitet hat, und fordert von der Kommission weitere Bewertungen und Maßnahmen im Rahmen der Verordnung; bedauert zudem, dass die Kommission bei der Bewertung von Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat die engste Auslegung der Verordnung anwendet und die ernsthafte Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Union und ihrer finanziellen Interessen als Bedingung, bei deren Erfüllung der Konditionalitätsmechanismus aktiviert wird, praktisch ausschließt; weist erneut darauf hin, dass in der Verordnung eindeutig festgelegt ist, dass die Gefährdung der Unabhängigkeit der Justiz ein Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit ist;

15.

fordert die Minister des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) auf, den Feststellungen der Kommission in ihrer schriftlichen Mitteilung an Ungarn bei seiner nächsten Anhörung nach Artikel 7 Absatz 1 zu Ungarn, die Ende Mai 2022 stattfinden soll, umfassend Rechnung zu tragen; unterstreicht, dass die Feststellungen der Kommission für den Rat ein hinreichender Grund für die Abgabe von Empfehlungen im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 7 Absatz 1 EUV sein sollten;

16.

weist nochmals auf die Erkenntnisse hin, die bei den Reisen von Delegationen des Parlaments vom 29. September bis 1. Oktober 2021 nach Budapest (15) und vom 21. bis 23. Februar 2022 nach Warschau (16) gewonnen wurden und verschiedene Verstöße Ungarns und Polens in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte offenbaren, insbesondere in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz, die Medienfreiheit, Angriffe auf Akteure der Zivilgesellschaft und die weitere Verschlechterung der Rechte von LGBTIQ+-Personen und Frauen sowie den angeblichen Einsatz der Spionagesoftware Pegasus; fordert den Rat auf, diese Erkenntnisse bei seiner Arbeit an den Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 vollumfänglich zu nutzen;

17.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Präsidenten, Regierungen und Parlamenten Polens und Ungarns und den Regierungen und Parlamenten der anderen Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 66.

(2)  ABl. C 129 vom 5.4.2019, S. 13.

(3)  ABl. C 270 vom 7.7.2021, S. 91.

(4)  ABl. C 385 vom 22.9.2021, S. 317.

(5)  ABl. C 215 vom 19.6.2018, S. 162.

(6)  ABl. C 395 vom 29.9.2021, S. 2.

(7)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 107.

(8)  ABl. C 81 vom 18.2.2022, S. 27.

(9)  ABl. C 99 vom 1.3.2022, S. 218.

(10)  ABl. C 117 vom 11.3.2022, S. 151.

(11)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0439.

(12)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0455.

(13)  Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union (ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 1).

(14)  Dies betrifft unter anderem die Erfüllung aller elf Kriterien nach Artikel 19 und Anhang V der Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(15)  Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Bericht über die Reise der Ad-hoc-Delegation vom 29. September bis 1. Oktober 2021 nach Budapest (Ungarn), 26. November 2021, https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/LIBE-CR-699096_EN.pdf

(16)  Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Bericht über die gemeinsame Informationsreise der Ausschüsse LIBE und AFCO nach Warschau (Polen) vom 21. bis 23. Februar 2022, 31. März 2022, https://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2014_2019/plmrep/COMMITTEES/LIBE/DV/2022/03-31/Missionreport_EN.pdf


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/151


P9_TA(2022)0205

Stand der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Republik Moldau

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem Stand der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Republik Moldau (2022/2651(RSP))

(2022/C 465/14)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Republik Moldau und zu den Ländern der Östlichen Partnerschaft,

unter Hinweis auf das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits (1), dessen Bestandteil eine vertiefte und umfassende Freihandelszone ist und das am 1. Juli 2016 vollständig in Kraft trat,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2020 zur Durchführung des Assoziierungsabkommens der EU mit der Republik Moldau (2),

unter Hinweis darauf, dass die Republik Moldau am 3. März 2022 einen Antrag auf Beitritt zur EU eingereicht hat,

unter Hinweis auf die Erklärung von Versailles vom 10. und 11. März 2022,

unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, vom 29. April 2022 zu den jüngsten die Sicherheit betreffenden Vorfällen in der Region Transnistrien,

gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Republik Moldau unverhältnismäßig stark vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine betroffen ist, was vor allem auf die Ankunft von mehr als 450 000 Flüchtlingen seit Beginn der Invasion zurückzuführen ist, von denen fast 100 000 im Land geblieben sind, was gemessen an der Bevölkerungszahl die höchste Zahl unter allen Ländern ist, die Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben, aber auch durch Einbußen beim Handel sowie durch gestiegene Energie- und Transportpreise bedingt ist;

B.

in der Erwägung, dass die Republik Moldau am 3. März 2022 ihren Antrag auf Beitritt zur EU gestellt hat, der die langjährige Entschlossenheit der moldauischen Staatsorgane und eines großen Teils der Bevölkerung belegt, die europäische Integration Moldaus voranzubringen;

C.

in der Erwägung, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten der Republik Moldau finanzielle Hilfe und Hilfe in Form von Sachleistungen zur Bewältigung der Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine bereitgestellt haben, darunter 13 Mio. EUR an humanitärer Hilfe, 15 Mio. EUR an administrativer Unterstützung für vorübergehend vertriebene Personen, 15 Mio. EUR zur Unterstützung der Mission der EU zur Unterstützung des Grenzschutzes (EUBAM) in der Republik Moldau und der Ukraine und Sachleistungen im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der EU; in der Erwägung, dass die EU, ihre Mitgliedstaaten, die G7-Länder und andere gleichgesinnte Staaten am 5. April 2022 bei der Einrichtung der Plattform zur Unterstützung von Moldau 659,5 Mio. EUR zugesagt haben; in der Erwägung, dass die EU der Republik Moldau im Rahmen eines neuen Budgethilfeprogramms 60 Mio. EUR bereitgestellt hat, mit denen die Auswirkungen der steigenden Energiepreise auf die am stärksten gefährdeten Menschen abgefedert werden sollen;

D.

in der Erwägung, dass die EU und die Republik Moldau am 17. März 2022 ein Abkommen über die Zusammenarbeit beim Grenzmanagement unterzeichnet haben, das es Frontex ermöglicht, die moldauischen Behörden beim täglichen Grenzmanagement und bei Tätigkeiten im Bereich der Grenzsicherheit zu unterstützen;

E.

in der Erwägung, dass es seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine Befürchtungen gibt, in der Republik Moldau könnten möglicherweise Operationen unter falscher Flagge durchgeführt werden;

F.

in der Erwägung, dass Russland in der Region Transnistrien der Republik Moldau mindestens 1 500 Soldaten stationiert hat, zu denen zusätzliche 5 000 Soldaten der sogenannten Streitkräfte Transnistriens hinzukommen;

G.

in der Erwägung, dass Generalmajor Rustam Minnekajew, amtierender Befehlshaber des zentralen Militärbezirks Russlands, am 22. April 2022 erklärt hat, dass eines der Ziele der anhaltenden russischen Invasion in die Ukraine die Schaffung eines Landkorridors zur Region Transnistrien sei; in der Erwägung, dass Generalmajor Minnekajew außerdem fälschlicherweise behauptet hat, dass es in Transnistrien zu Fällen von Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung gekommen sei;

H.

in der Erwägung, dass es am 25., 26. und 27. April 2022 zu mehreren Sicherheitsvorfällen in der Region Transnistrien kam, darunter ein Granatenanschlag auf ein Gebäude des sogenannten Ministeriums für Staatssicherheit in Tiraspol, Explosionen, bei denen Rundfunkmasten im Dorf Maiac beschädigt wurden, und mutmaßliche Schüsse in der Umgebung des Munitionslagers Cobasna;

I.

in der Erwägung, dass im Depot von Cobasna, das sich in der Region Transnistrien an der Grenze zwischen der Ukraine und Moldau befindet, etwa 22 000 Tonnen Munition und militärische Ausrüstung aus der Sowjetzeit gelagert werden, die von der Operativen Gruppe der russischen Streitkräfte in Transnistrien (OGRF) bewacht werden; in der Erwägung, dass die Russische Föderation trotz der entsprechenden 1999 und erneut 2021 eingegangenen Verpflichtungen bislang nicht dafür gesorgt hat, dass diese Waffen vollständig vernichtet werden; in der Erwägung, dass nach wie vor Bedenken bestehen, dass diese Ausrüstung in bewaffneten Konflikten entweder operativ eingesetzt oder damit Druck auf die moldauischen und ukrainischen Behörden ausgeübt werden könnte;

J.

in der Erwägung, dass Russland seine Gasexporte nach Moldau als Instrument zur Durchsetzung der wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen des Kreml im Land einsetzt, und zwar zuletzt, indem es in der zweiten Jahreshälfte 2021 künstlich eine Gasversorgungskrise ausgelöst hat;

K.

in der Erwägung, dass die Republik Moldau hauptsächlich mit Strom aus der Region Transnistrien versorgt wird, der aus einem Kraftwerk stammt, das sich im Besitz des russischen Unternehmens Inter RAO befindet;

1.

würdigt die große Solidarität, die die Bürger der Republik Moldau gegenüber den Flüchtlingen aus der Ukraine, die vor Russlands Angriffskrieg, der Zerstörung ukrainischer Städte sowie den von Russland begangenen Gräueltaten und Kriegsverbrechen fliehen, gezeigt haben, indem sie ihre Häuser öffneten, um Tausende willkommen zu heißen; begrüßt die von den Staatsorganen der Republik Moldau unternommenen Bemühungen, die ukrainischen Flüchtlinge zu unterstützen;

2.

bringt seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die EU das gleiche Maß an Solidarität mit dem moldauischen Volk zeigen und die Bemühungen des Landes, die Folgen des russischen Angriffskriegs zu bewältigen, so entschlossen wie möglich unterstützen muss;

3.

weist darauf hin, dass die Betreuung der nahezu 100 000 Flüchtlinge, die in der Republik Moldau Zuflucht gefunden haben oder sich dort auf der Durchreise befinden, eine zunehmende finanzielle Belastung für den moldauischen Staat darstellt, der sich bereits aufgrund des wirtschaftlichen Abschwungs infolge der COVID-19-Pandemie und des von Gazprom künstlich ausgelösten Anstiegs der Gaspreise in einer prekären finanziellen Lage befindet;

4.

weist darauf hin, dass je länger der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert, desto mehr humanitäre, sicherheitspolitische und sozioökonomische Hilfe für die Republik Moldau erforderlich sein wird; begrüßt, dass das Europäische Parlament und der Rat kürzlich eine Makrofinanzhilfe (MFA) in Höhe von 150 Mio. EUR für die Republik Moldau beschlossen haben, um Teile des externen Finanzierungsbedarfs der Republik Moldau zu decken; fordert die Kommission daher auf, die finanzielle und technische Hilfe für Moldau weiter aufzustocken, unter anderem durch einen neuen Vorschlag für eine Makrofinanzhilfe; betont, dass ein neuer Vorschlag für eine Makrofinanzhilfe von wesentlicher Bedeutung ist, da das kürzlich angenommene Paket vor dem Konflikt in der Ukraine von der Kommission ausgearbeitet wurde; besteht darauf, dass ein neuer Vorschlag für eine Makrofinanzhilfe überwiegend aus Zuschüssen und weniger aus Krediten bestehen sollte, damit die sozioökonomische Lage Moldaus stabilisiert und die Widerstandsfähigkeit des Landes insgesamt gestärkt werden kann; betont, dass das mit bis zu 600 Mio. EUR ausgestattete Konjunkturprogramm für die Republik Moldau von großer Bedeutung für die wirtschaftliche Erholung des Landes ist;

5.

begrüßt die Einrichtung der Plattform zur Unterstützung von Moldau durch EU-Mitgliedstaaten, G7-Länder, internationale Partner und gleichgesinnte Staaten, mit der internationale Unterstützung mobilisiert und koordiniert werden soll, was ein klares Zeichen des Engagements der Union und ihrer Partner für eine europäische Zukunft der Republik Moldau ist; fordert alle Partner, die sich an der Plattform beteiligen, nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die von ihnen zugesagten Beträge rechtzeitig ausgezahlt werden, und die Mittel im Falle einer Änderung des Bedarfs der Republik Moldau rasch aufzustocken;

6.

fordert die Kommission auf, weiterhin humanitäre Hilfe über das Katastrophenschutzverfahren der EU, das am 25. Februar 2022 aktiviert wurde, Unterstützung beim Grenzschutz über Frontex und die verlagerte EUBAM sowie Unterstützung bei der Weiterreise von Personen in die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Solidaritätsplattform zu leisten;

7.

fordert die Kommission und den Rat auf, das Mandat der EUBAM zu erweitern, um auf die anhaltende Notlage zu reagieren, die sich aus der Ankunft einer großen Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine ergibt, und sicherzustellen, dass die Mission die staatlichen Stellen bei der Aufnahme von Flüchtlingen wirksam unterstützen kann;

8.

fordert die Kommission angesichts der Störungen in den Lieferketten der Republik Moldau und in den Exportmärkten auf, zusätzliche Vorschläge vorzulegen, um eine vollständige Liberalisierung des Verkehrs und des Handels mit der EU sicherzustellen, etwa eine Aussetzung der Einfuhrzölle auf alle moldauischen Ausfuhren in die EU, eine Erhöhung der Quoten für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Republik Moldau und eine Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt der EU für Moldauer;

9.

betont, dass die Republik Moldau im Zusammenhang mit der humanitären Krise, die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst wurde, bislang eine wichtige Rolle für die Sicherheit und Stabilität der östlichen Grenze der EU gespielt hat;

10.

fordert die Kommission und die moldauischen Staatsorgane erneut auf, den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Kindern Rechnung zu tragen, die die große Mehrheit der Flüchtlinge aus der Ukraine ausmachen, die sich derzeit in Moldau aufhalten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, spezifische Hilfsprogramme für weibliche Flüchtlinge und Kinder, die von Menschenhandel bedroht sind, aufzulegen, insbesondere spezielle Unterstützung für die Opfer derartiger Straftaten und die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt;

11.

begrüßt, dass die Republik Moldau am 3. März 2022 ihren Antrag auf Beitritt zur EU eingereicht hat; fordert die Organe der EU auf, der Republik Moldau im Einklang mit Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union und auf der Grundlage der bisherigen Fortschritte den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuzuerkennen und zwischenzeitlich weiter auf die Integration des Landes in den EU-Binnenmarkt hinzuwirken und die sektorale Zusammenarbeit zu verstärken; fordert die Kommission auf, ihre Bewertung rasch abzuschließen und die Republik Moldau während dieses Prozesses uneingeschränkt zu unterstützen;

12.

betont — ohne der Stellungnahme der Kommission vorgreifen zu wollen –, dass die moldauischen Staatsorgane zweifellos auf dem richtigen Weg sind, indem sie insbesondere in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte wichtige Reformen beschließen, mit denen sichergestellt wird, dass das Land die Kopenhagener Kriterien erfüllt, die von Beitrittsländern erfüllt werden müssen, und die auf eine vollständige Umsetzung des Assoziierungsabkommens und des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens abzielen; fordert die moldauischen Staatsorgane auf, den Weg der Reformen fortzusetzen, mit denen das Leben der Bürger verbessert und das Land an europäische Standards herangeführt wird;

13.

fordert, dass auf der Tagung des Europäischen Rates im Juni 2022 ein klares und entschiedenes politisches Signal in Bezug auf den europäischen Weg der Republik Moldau gesetzt wird;

14.

betont, dass die konkrete Aussicht auf einen Beitritt zur EU ähnlich wie im Fall der Ukraine ein wesentliches Element der Hoffnung ist, mit dem die Moral der moldauischen Bevölkerung in dieser Zeit extremer Unsicherheit und materieller Härten hochgehalten werden kann;

15.

fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den moldauischen Behörden bei der Untersuchung des Bankenbetrugs von 2014 und insbesondere bei der Rückführung entwendeter Vermögenswerte und der strafrechtlichen Verfolgung der Verantwortlichen;

16.

fordert die EU auf, mehr administrative und technische Hilfe zu leisten, indem sie eine Unterstützungsgruppe für Moldau einsetzt, ähnlich der bestehenden Unterstützungsgruppe für die Ukraine (SGUA), damit die Präsenz von EU-Personal in der Republik Moldau erhöht und eine Unterstützung nach dem Vorbild der SGUA auf die Republik Moldau ausgeweitet werden kann; ist der Auffassung, dass angesichts des jüngst eingereichten Antrags der Republik Moldau auf Beitritt zur EU die Einrichtung einer solchen Unterstützungsgruppe dringend geboten ist;

17.

betont, dass es nicht hinnehmbar ist, dass Russland seine Gaslieferungen als Waffe missbraucht, um politischen Druck auf die Republik Moldau auszuüben und auf diese Weise den politischen Kurs und die geopolitische Ausrichtung des Landes zu beeinflussen, wie es insbesondere nach den Präsidentschaftswahlen 2020 und den Parlamentswahlen im Jahr 2021 der Fall war;

18.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Republik Moldau bei der Sicherstellung ihrer Unabhängigkeit, Anbindung, Diversifizierung und Effizienz im Energiebereich sowie bei der Beschleunigung der Erschließung erneuerbarer Energiequellen zu unterstützen; fordert die moldauischen Staatsorgane auf, an ihren als Mitglied der Energiegemeinschaft eingegangenen Verpflichtungen zur Umsetzung des dritten Energiepakets der EU festzuhalten, insbesondere was die Entflechtung der Gasfernleitungs- und -verteilernetze und der Stromübertragungs- und -verteilernetze betrifft;

19.

begrüßt die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 24./25. März 2022; fordert die Mitgliedstaaten auf, Erdgas, Flüssigerdgas und Wasserstoff gemeinsam über eine gemeinsame Plattform zu erwerben, die auch den westlichen Balkanstaaten und drei assoziierten Ländern der Östlichen Partnerschaft zugänglich sein soll; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einem sofortigen Embargo für russisches Gas; fordert die staatlichen Stellen der Republik Moldau und die Kommission auf, gemeinsam eine genaue Bewertung des Gasspeicherbedarfs der Republik Moldau für den kommenden Zeitraum vorzunehmen;

20.

begrüßt die erfolgreichen Abkopplungstests, die die Republik Moldau und die Ukraine kürzlich durchgeführt haben, um ihre Stromnetze vorübergehend von Russland und Belarus abzukoppeln und anschließend mit dem kontinentaleuropäischen Stromnetz zu synchronisieren; fordert die EU-Organe nachdrücklich auf, Soforthilfe zu nutzen, um die Republik Moldau rasch an das Stromnetz der EU anzuschließen, und die finanzielle und technische Unterstützung der EU aufzustocken, die erforderlich ist, um die Widerstandsfähigkeit Moldaus gegen diesen Druck von außen im Bereich Energie sicherzustellen;

21.

ist zutiefst besorgt über die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Region Transnistrien und verurteilt diese als gefährliche Provokationen in einer äußerst instabilen Sicherheitslage; fordert zu Ruhe auf, um die Sicherheit und das Wohlergehen der Menschen, die auf beiden Seiten des Dnisters und in den Nachbarländern leben, zu wahren; begrüßt in diesem Zusammenhang die ruhige und zurückhaltende Reaktion der Regierung in Chișinău, die dazu beiträgt, ein für eine friedliche und dauerhafte Beilegung des Konflikts günstiges Umfeld zu fördern;

22.

bekräftigt seine klare und unerschütterliche Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Republik Moldau innerhalb ihrer völkerrechtlich anerkannten Grenzen;

23.

ist besorgt über die Gefährdung der Sicherheitslage und der Umwelt, die von dem Munitionsdepot in Cobasna ausgeht und über die unmittelbare Umgebung hinausgeht, und fordert die internationale Gemeinschaft auf, die Anstrengungen der staatlichen Stellen der Republik Moldau zur Beseitigung oder Vernichtung dieser gefährlichen Waffen zu unterstützen;

24.

lehnt die Erklärung der De-facto-Behörden in der Region Transnistrien vom 3. März 2022 ab, in der ein Ende des Prozesses zur Beilegung des Konflikts angekündigt und erneut die Anerkennung der sogenannten Unabhängigkeit Transnistriens gefordert wird, und bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck; fordert die Russische Föderation auf, ihre Streitkräfte und Waffen vollständig und bedingungslos aus der zur Republik Moldau gehörenden Region Transnistrien abzuziehen, und zwar im Einklang mit den wiederholten Aufforderungen der moldauischen Behörden und unter Achtung der Souveränität und territorialen Integrität der Republik Moldau;

25.

bekräftigt seine Unterstützung für eine umfassende, friedliche und dauerhafte politische Beilegung des Transnistrien-Konflikts auf der Grundlage der Souveränität und territorialen Integrität der Republik Moldau innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, die einen Sonderstatus für Transnistrien in einem lebensfähigen moldauischen Staat umfassen und die europäischen Bestrebungen des Landes nicht behindern sollte; erinnert an die Vorteile und wirtschaftlichen Chancen für die Unternehmen und die Bevölkerung auf beiden Seiten des Dnisters, die die Anwendung der vertieften und umfassenden Freihandelszone im gesamten Hoheitsgebiet der Republik Moldau mit sich bringt;

26.

begrüßt die jüngsten Initiativen und Beschlüsse zur Verstärkung der Unterstützung im Bereich der Sicherheit, insbesondere durch die Einleitung des politischen und sicherheitspolitischen Dialogs auf hoher Ebene zwischen der EU und der Republik Moldau sowie durch umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität; weist erneut darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Republik Moldau in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung weiter gestärkt werden muss, und fordert beide Seiten auf, die entsprechenden Plattformen in vollem Umfang zu nutzen; fordert den Rat und die Mitgliedstaaten angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen, mit denen die Republik Moldau konfrontiert ist, auf, den Streitkräften der Republik Moldau dringend Hilfe beim Kapazitätsaufbau anzubieten;

27.

lobt die jüngsten Maßnahmen der moldauischen Staatsorgane gegen russische Propaganda, einschließlich des vorübergehenden Verbots mehrerer russischer Desinformationswebsites im Rahmen des verhängten Ausnahmezustands und des Verbots prorussischer militärischer Symbole; fordert die Kommission und die moldauischen Staatsorgane auf, ihre Kontakte zur Bevölkerung der Region Transnistrien der Republik Moldau zu verstärken;

28.

fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Republik Moldau in den Bereichen Cybersicherheit und strategische Kommunikation zu unterstützen, um die Widerstandsfähigkeit des Landes gegenüber möglichen russischen Angriffen zu verbessern, und die Arbeit von Journalisten und Organisationen der Zivilgesellschaft zu unterstützen, die gegen Desinformation vorgehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, weitere Maßnahmen gegen ausländische Einmischung und Desinformation zu ergreifen und die Republik Moldau in dieser Hinsicht zu unterstützen;

29.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europarat und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie der Präsidentin, der Regierung und dem Parlament der Republik Moldau zu übermitteln.

(1)  ABl. L 260 vom 30.8.2014, S. 4.

(2)  ABl. C 404 vom 6.10.2021, S. 136.


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/155


P9_TA(2022)0206

Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine auf Frauen

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine auf Frauen (2022/2633(RSP))

(2022/C 465/15)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 2 und 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und die Artikel 8, 10, 78 und 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vom 17. Juli 1998,

unter Hinweis auf die Genfer Konventionen und insbesondere auf die Vierte Genfer Konvention zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten,

unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1993 über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen,

unter Hinweis auf die Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit vom 31. Oktober 2000 und die dazugehörigen Folgeentschließungen 1820 (19. Juni 2008), 1888 (30. September 2009), 1889 (5. Oktober 2009), 1960 (16. Dezember 2010), 2106 (24. Juni 2013), 2122 (18. Oktober 2013), 2242 (13. Oktober 2015), 2467(23. April 2019) und 2493 (29. Oktober 2019),

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit,

unter Hinweis auf den Globalen Pakt der Vereinten Nationen für Flüchtlinge aus dem Jahr 2018,

unter Hinweis auf die Allgemeine Empfehlung Nr. 38 (2020) des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau vom 6. November 2020 zum Frauen- und Mädchenhandel im Kontext der globalen Migration,

unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (1) (Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes),

unter Hinweis auf den Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (2),

unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (3),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. April 2021 über die Strategie der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels 2021-2025 (COM(2021)0171),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. März 2022 mit dem Titel „Aufnahme von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen: Vorbereitung Europas zur Deckung des Bedarfs“ (COM(2022)0131),

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 8. März 2022 zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (COM(2022)0105),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. März 2022 zur russischen Aggression gegen die Ukraine (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. April 2022 zu dem Schutz von Kindern und jungen Menschen, die aufgrund des Krieges in der Ukraine fliehen, durch die EU (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2020 zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik der EU (6),

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik mit dem Titel „EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP III) — Eine ambitionierte Agenda für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln der EU“ (JOIN(2020)0017),

unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission zu den Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine auf Frauen (O-000015/2022 — B9-0012/2022),

gestützt auf Artikel 136 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter,

A.

in der Erwägung, dass der Einmarsch Russlands in die Ukraine zahlreiche Menschen zur Flucht aus dem Land gezwungen hat; in der Erwägung, dass nach Angaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) seit Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 etwa 5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in die EU geflohen sind (7); in Anbetracht des Umstandes, dass schätzungsweise 90 % der Flüchtlinge Frauen und Kinder sind (8);

B.

in der Erwägung, dass weitere 7,1 Millionen (9) Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben wurden, darunter Frauen und Kinder, die medizinische und psychische Gesundheitsversorgung, Beschäftigungsmöglichkeiten, angemessene Schulbildung für Kinder und Unterbringung sowie Schutz vor sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt benötigen; in der Erwägung, dass 13,5 % der neu Vertriebenen im Zeitraum 2014–2015 bereits Erfahrung mit Vertreibungen hatten; in der Erwägung, dass Binnenvertreibungen die Gemeinden der Ukraine belasten und dass Frauen in den als Transitregionen betrachteten Regionen besonders betroffen sind; in der Erwägung, dass die Gemeinden, die Binnenvertriebene aufnehmen, angemessen unterstützt werden müssen;

C.

in der Erwägung, dass Frauen häufig mit ihren Kindern oder den Kindern des erweiterten Familienkreises und von Freunden in die EU kommen; in der Erwägung, dass bislang etwa 2 300 unbegleitete Minderjährige registriert wurden; in der Erwägung, dass in Berichten internationaler Organisationen von einer höheren Zahl ausgegangen wird; in der Erwägung, dass Kinder aus Betreuungseinrichtungen wie Waisenhäusern nicht als unbegleitet gelten; in der Erwägung, dass den jüngsten Berichten zufolge etwa eine halbe Million ukrainische Zivilpersonen, darunter viele Frauen und Kinder, gewaltsam deportiert wurden (10); in der Erwägung, dass in der Erwägung, dass mehr als 2 300 Kinder entführt und gewaltsam nach Russland verbracht wurden; in der Erwägung, dass es im Genfer Abkommen heißt: „Zwangsweise Einzel- oder Massenumsiedlungen sowie Deportationen von geschützten Personen aus besetztem Gebiet […] sind […] verboten“;

D.

in der Erwägung, dass rund 2,8 Millionen Menschen nach Polen geflohen sind, etwa 763 000 Menschen nach Rumänien, 476 000 nach Ungarn und 346 000 in die Slowakei; in der Erwägung, dass ein erheblicher Teil der Flüchtlinge weiter in andere Mitgliedstaaten reisen; in der Erwägung, dass rund eine Million Flüchtlinge aus Polen in andere Mitgliedstaaten weitergezogen sind und 1,5 Millionen Flüchtlinge in Polen verbleiben, wodurch Polen zum EU-Land mit dem höchsten Anteil an Flüchtlingen pro Kopf geworden ist; in der Erwägung, dass das zweite Land in dieser Rangliste derzeit Österreich ist, gefolgt von der Tschechischen Republik und dann Estland (11); in der Erwägung, dass Frauen ohne eine Anlaufstelle bzw. einen Kontakt in Ländern wie Polen in öffentlichen Wohnheimen und Sporthallen untergebracht sind; in der Erwägung, dass es notwendig ist, über diese vorübergehenden Lösungen hinauszugehen und systemische Lösungen zu entwickeln, damit die Frauen nicht in öffentlichen Unterkünften bleiben, wo sie ihnen Armut und weitere Traumata drohen; in der Erwägung, dass ein dringender Bedarf an sicheren Unterkünften für Frauen besteht, insbesondere für Schwangere, ältere Frauen und Opfer sexueller Gewalt;

E.

in der Erwägung, dass rund 428 000 Flüchtlinge die Ukraine über Moldau verlassen haben; in der Erwägung, dass sich immer noch rund 100 000 Flüchtlinge in der Republik Moldau aufhalten, was die Infrastruktur und Dienstleistungen des Landes stark belastet; in der Erwägung, dass sieben Mitgliedstaaten der EU, darunter Österreich, Frankreich, Deutschland, Irland, Litauen, die Niederlande und Spanien sowie Norwegen, im Rahmen der EU-Solidaritätsplattform zugesagt haben, bisher 14 500 Menschen, die die Republik Moldau durchqueren, aufzunehmen;

F.

in der Erwägung, dass Frauen und Mädchen während humanitären Krisen und Fluchtbewegungen besonders stark gefährdet sind, da sie nach wie vor unverhältnismäßig oft Opfer von Diskriminierung aufgrund von Geschlechternormen und Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt werden; in der Erwägung, dass die ersten Flüchtlinge, die aus der Ukraine geflohen sind, meist über Kontakte in der EU verfügten, die Mehrheit der jetzt ankommenden Menschen jedoch weder über eine Anlaufstelle noch über ein Unterstützungsnetz in der EU verfügt;

G.

in der Erwägung, dass die Unionsbürgerinnen und -bürger, die Zivilgesellschaft und die Mitgliedstaaten den ankommenden Flüchtlinge aus der Ukraine mit beispielloser Solidarität begegnen; in der Erwägung, dass der Rat der Europäischen Union erstmals die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz ausgelöst hat, die den Begünstigten — mit einer Dauer von einem Jahr und einer möglichen Verlängerung — einen Aufenthaltstitel und den Zugang zur Beschäftigung, zu einer geeigneten Unterkunft oder Wohnung, zu Sozialleistungen oder erforderlichenfalls zu Möglichkeiten der Bestreitung des Lebensunterhalts, zu Gesundheitsversorgung und medizinischer Versorgung und — für Minderjährige — zu Bildungsmöglichkeiten bietet und Familien die Möglichkeit gibt, wieder zusammenzukommen;

H.

in der Erwägung, dass die Anwendung der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz recht uneinheitlich war und mindestens acht Mitgliedstaaten beschlossen haben, Personen mit langfristigen Aufenthaltstiteln und andere Drittstaatsangehörige, die sich in der Ukraine aufhalten, nicht in ihren Anwendungsbereich einzubeziehen; in der Erwägung, dass in der Ukraine anerkannte Flüchtlinge und andere Flüchtlinge mit gleichwertigem Schutz oft nicht in der Lage sind, innerhalb der EU zu reisen, da ihre Reisedokumente von einigen Mitgliedstaaten nicht anerkannt werden; in der Erwägung, dass dies für Frauen, die zum zweiten Mal fliehen müssen, sehr problematisch ist (12);

I.

in der Erwägung, dass die meisten der Bemühungen, die Lage der Flüchtlinge, vor allem der Frauen, zu lindern, auf nichtstaatliche Organisationen, die vor Ort tätig sind, die Zivilgesellschaft und Freiwillige, aber auch lokale Gebietskörperschaften und Behörden zurückgingen; in der Erwägung, dass kontinuierliche Unterstützung erforderlich ist, um eine gute Zusammenarbeit zwischen Basisorganisationen und internationalen Organisationen sicherzustellen, und in der Erwägung, dass sich ihre Koordinierung seit Beginn des Konflikts und des Flüchtlingsstroms verbessert hat; in der Erwägung, dass lokale Einrichtungen einen wichtigen Teil der Organisationsarbeit in den Aufnahmeländern übernehmen; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten rechtlich verpflichtet sind, den Schutz von Flüchtlingen gemäß dem Völkerrecht und dem EU-Recht, einschließlich der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz, sicherzustellen, und daher ihre Anstrengungen verstärken müssen, um die Koordinierung vor Ort zu erleichtern und für eine bessere Aufgabenverteilung zu sorgen;

J.

in der Erwägung, dass der Situation von weiblichen Flüchtlingen, die sich überschneidender Diskriminierung ausgesetzt sind, wie Roma-Frauen, schwarzen Frauen, staatenlosen Frauen, Frauen mit Behinderungen, Migrantinnen, aus rassistischen Gründen verfolgte Frauen und LGBTIQ+-Personen, einschließlich Transgender-Frauen, deren Identität möglicherweise nicht anerkannt wird, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, insbesondere in Polen und Ungarn, wo Maßnahmen gegen LGBTIQ+-Personen ergriffen wurden; in der Erwägung, dass auch aus rassistischen Gründen verfolgten Frauen afrikanischer Abstammung und Drittstaatsangehörigen beim Grenzübertritt besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte; in der Erwägung, dass Diskriminierung und geschlechtsspezifische Gewalt, denen diese Gruppen von Frauen an den Grenzen ausgesetzt sind, häufig nicht gemeldet und nicht dokumentiert werden, sodass dies nach wie vor unsichtbar ist;

K.

in der Erwägung, dass ältere Frauen, insbesondere diejenigen, die keine Anlaufstellen in der EU haben, ohne familiäre oder weitergehende gemeinschaftliche Bindungen häufig von Isolation bedroht sind; in der Erwägung, dass sie aufgrund von Sprachbarrieren und mangelndem Zugang zu Sozial- und Unterstützungsdiensten, einschließlich des Zugangs zu Arzneimitteln und Nahrungsmitteln, besonders gefährdet sind;

L.

in der Erwägung, dass sich der Krieg in der Ukraine konkret auf Frauen auswirkt, einschließlich Frauen, die intersektioneller Diskriminierung ausgesetzt sind, und bereits bestehende Ungleichheit verschärft; in der Erwägung, dass die meisten Haushalte in der Ukraine jetzt von Frauen abhängig sind und sich aufgrund der anhaltenden schweren Engpässe bei der Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Energie in der Ukraine in einer prekären Lage befinden und äußerst gefährdet sind;

M.

in der Erwägung, dass viele Frauen in der Ukraine geblieben sind und sich für Kampfeinsätze oder zur Unterstützung außerhalb von Kampfeinsätzen gemeldet haben; in der Erwägung, dass Frauen rund 15 % des ukrainischen Militärs ausmachen und es derzeit etwa 300 000 Frauen im Kampfgebiet gibt; in der Erwägung, dass in der Ukraine Soldatinnen gefangen genommen wurden; in der Erwägung, dass es Hinweise darauf gibt, dass ukrainische Soldatinnen in Gefangenschaft gefoltert, erniedrigt und sexueller Gewalt ausgesetzt wurden; in der Erwägung, dass die Berichte über solche Misshandlungen alarmierend sind; in der Erwägung, dass die Einhaltung der Bestimmungen des Genfer Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen (Artikel 13) von größter Bedeutung ist; in der Erwägung, dass Frauen auch eine zweite Verteidigungslinie bilden, die Unterstützung außerhalb des Kampfes sowie lebenswichtige Logistik leistet, einschließlich Hilfe bei der Evakuierung von Zivilisten; in der Erwägung, dass Frauen in der Ukraine geblieben sind, die das Land entweder nicht verlassen dürfen, beispielsweise solche, die in kritischen Infrastrukturen arbeiten, oder die das Land nicht verlassen wollen oder nicht in der Lage dazu sind;

N.

in der Erwägung, dass es immer mehr inoffizielle Berichte von Überlebenden, aber auch nachrichtendienstliche Berichte über sexuelle Gewalt im Konfliktgebiet gibt; in der Erwägung, dass verstärkt Berichte zu verzeichnen sind, denen zufolge Vergewaltigung, sexuelle Belästigung, Folter, Massenhinrichtungen und Völkermord von der russischen Armee zunehmend als Kriegswaffen gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine eingesetzt werden;

O.

in der Erwägung, dass der Einsatz sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt als Waffe ein Kriegsverbrechen ist und daher gemäß den Bestimmungen des Völkerrechts und des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs verfolgt werden sollte, insbesondere nach Artikel 7 und 8, in denen Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft und Zwangssterilisation oder jede Form sexueller Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen definiert werden und sie Folter und anderen schweren Kriegsverbrechen gleichzustellen sind, unabhängig davon, ob solche Handlungen systematisch während internationaler oder interner Konflikte begangen werden, einschließlich solcher im Zusammenhang mit sexueller und sonstiger Gewalt gegen Frauen und Mädchen;

P.

in der Erwägung, dass die tatsächliche Erfolgsbilanz bei der Gewährleistung von Gerechtigkeit für Opfer sexueller Gewalt am Internationalen Strafgerichtshof nach wie vor gering ist und dass es in diesem Bereich Fälle von Verurteilungen gibt, die aufgehoben wurden (Urteil gegen Jean-Pierre Bemba aus der Demokratischen Republik Kongo);

Q.

in der Erwägung, dass die mangelnde Verfügbarkeit und Zugänglichkeit geeigneter Dienste für geschlechtsspezifische Gewalt für Flüchtlinge, auch in Aufnahmezentren, nach wie vor Anlass zu großer Sorge gibt; in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass die Reaktion auf diese Krise auch Dienste zur Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt und Soforthilfedienste umfasst;

R.

in der Erwägung, dass die massive Vertreibung und der Zustrom von Flüchtlingen aufgrund des Krieges in der Ukraine die Voraussetzungen für einen Anstieg des Menschenhandels schaffen; in der Erwägung, dass es zahlreiche inoffizielle Berichte über die Gefahren des Menschenhandels in Bezug auf Flüchtlinge, insbesondere Frauen und unbegleitete Kinder, gibt, die in die Hände von Menschenhändlern gefallen sind oder als vermisst gemeldet werden, wobei die Menschenhändler häufig die schutzbedürftige Lage von Flüchtlingen ausnutzen, indem sie sich als Transportunternehmen ausgeben, sei es mit dem Auto auf beiden Seiten der Grenzen oder an Bahnhöfen oder Busbahnhöfen;

S.

in der Erwägung, dass in der Ukraine derzeit schätzungsweise 80 000 Frauen vor der Entbindung stehen; in der Erwägung, dass die schwierige Lage vor Ort dazu führt, dass Frauen, die sich noch im Land aufhalten, keinen angemessenen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten haben; in der Erwägung, dass der Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten auch für Flüchtlinge, die in der EU ankommen, immer schwieriger wird;

T.

in der Erwägung, dass Frauen Zugang zum gesamten Spektrum der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdienste haben müssen, einschließlich Empfängnisverhütung, Notfallverhütung, legale und sichere Abtreibung, Schwangerenvorsorge und qualifizierte Hilfe bei der Geburt; in der Erwägung, dass der Zugang zu Notfallverhütungsmitteln in Polen und Ungarn aufgrund der Verschreibungspflicht stark behindert wird; in der Erwägung, dass es im Falle Polens, Rumäniens und der Slowakei wirtschaftliche Hindernisse beim Zugang zu solchen grundlegenden Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte gibt, da diese nicht durch öffentliche Krankenversicherungen oder Subventionsregelungen abgedeckt sind, was zu erheblichen Kostenhemmnissen führt, da Flüchtlinge die vollen Kosten aus eigener Tasche bezahlen oder sich bei lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft um Hilfe bemühen müssen, damit die Kosten gedeckt werden; in der Erwägung, dass in Polen ein fast vollständiges Abtreibungsverbot in Kraft ist;

U.

in der Erwägung, dass Anwälte und nichtstaatliche Organisationen Hunderte von Aufrufen von aus der Ukraine geflohenen Schwangeren erhalten, die aufgrund des faktischen Abtreibungsverbots in Polen nicht in der Lage sind, ihre Schwangerschaft zu beenden; in der Erwägung, dass medizinische Abtreibungen in der Frühschwangerschaft in der Slowakei nicht legal und in Ungarn nicht möglich sind; in der Erwägung, dass viele Frauen während des Konflikts von russischen Aggressoren vergewaltigt wurden und der Zugang zu Notfallverhütungsmitteln, postexpositioneller Prophylaxe und sicheren und legalen Abtreibungsdiensten in der Ukraine und in den Aufnahme- und Transitländern äußerst wichtig ist; in der Erwägung, dass alle Aufnahmeländer, einschließlich Polens, ihrer Verpflichtung nachkommen müssen, auch nach nationalem Recht Frauen, die infolge von Vergewaltigung schwanger geworden sind, Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu garantieren; in der Erwägung, dass Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und die damit verbundenen Rechte grundlegende medizinische Leistungen sind und dass die Mitgliedstaaten allen Personen den Zugang zu diesen Diensten sichern sollten, was auch den Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen und einer entsprechenden Betreuung unter jedweden Umständen einschließt;

V.

in der Erwägung, dass nach ukrainischem Recht eine Leihmutterschaft zulässig ist und auf die Ukraine mehr als ein Viertel des weltweiten kommerziellen Leihmutterschaftsmarkts entfällt und schätzungsweise 2 000 bis 2 500 Babys jedes Jahr im Land von Leihmüttern geboren werden; in der Erwägung, dass Leihmütter aufgrund des Krieges große Schwierigkeiten haben, ihre Schwangerschaft unter Bedingungen fortzusetzen, die ihrem Wohlbefinden zuträglich sind, sowie Zugang zu medizinischer Versorgung während der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts zu erhalten; in der Erwägung, dass einige Leihmutteragenturen Leihmütter aufgefordert haben, vor der Geburt nicht aus der Ukraine zu fliehen; in der Erwägung, dass Neugeborene besonders schutzbedürftig sind und die eigentlichen Eltern aufgrund des Krieges Schwierigkeiten haben, ihre elterliche Rolle einzunehmen, und dass es für staatliche Stellen schwierig ist, erforderlichenfalls die Vormundschaft und Betreuung dieser Kinder unter angemessenen Bedingungen zu übernehmen;

1.

verurteilt erneut aufs Schärfste den rechtswidrigen, grundlosen und ungerechtfertigten militärischen Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine und ihren Einmarsch in das Land und verurteilt alle Kriegsverbrechen, die gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich Frauen und Mädchen in ihrer ganzen Bandbreite, verübt werden;

2.

fordert die Organe der EU erneut auf, im Einklang mit Artikel 49 EUV und auf der Grundlage der bisherigen Fortschritte der Ukraine darauf hinzuarbeiten, dass dem Land rasch der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt wird, und derweil nach dem Vorbild des Assoziierungsabkommens weiter auf die Integration der Ukraine in den Unionsbinnenmarkt hinzuwirken, damit die ukrainischen Frauen und Mädchen adäquat geschützt werden;

3.

lobt die Solidarität der Unionsbürgerinnen und -bürger, der Zivilgesellschaft, der Mitgliedstaaten und der EU selbst gegenüber der Ukraine und den Menschen, die aus der Ukraine fliehen; weist darauf hin, dass seit Beginn des Krieges Anstrengungen unternommen wurden, um die Lage weiblicher Flüchtlinge, die aus der Ukraine fliehen, über vor Ort tätige Organisationen der Zivilgesellschaft, insbesondere lokale Frauenorganisationen, sowie Freiwillige, lokale Behörden und lokale und nationale Gebietskörperschaften, insbesondere aus den benachbarten Mitgliedstaaten und Ländern, sowie internationale Organisationen zu lindern;

4.

betont, dass jede Art von Diskriminierung, auch aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Aufenthaltsstatus, der Weltanschauung oder Religion, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, des sozioökonomischen Hintergrunds, der genetischen Merkmale, einer Behinderung oder der Sprache, nicht hinnehmbar ist und aktiv verhindert werden muss;

5.

fordert die Kommission auf, die korrekte und vollständige Umsetzung der Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes in allen 27 Mitgliedstaaten sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass weibliche Flüchtlinge, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, in vollem Umfang die darin verankerten Rechten nutzen können, insbesondere in Bezug auf Gesundheitsdienste, Mutterschutz, Kinderbetreuung und Zugang zum Arbeitsmarkt; ist der Ansicht, dass der Parlamentarische Assoziationsausschuss EU-Ukraine gemäß seinem aktualisierten Mandat die Aufgabe haben sollte, die Anwendung dieser Richtlinie in den an die Ukraine angrenzenden Mitgliedstaaten zu überwachen; fordert eine reibungslose und gleichmäßige Umsetzung, um die einheitliche Anwendung der Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes für Drittstaatsangehörige mit einer langfristigen Aufenthaltsgenehmigung und für andere Gruppen von Drittstaatsangehörigen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, sicherzustellen;

6.

verurteilt aufs Schärfste den Einsatz sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt als Kriegswaffe und betont, dass dies ein Kriegsverbrechen darstellt; verurteilt ferner sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt in den Transitzentren innerhalb der Ukraine und in der gesamten EU; ist besorgt über die wachsende Zahl von Berichten über Menschenhandel, sexuelle Gewalt, Ausbeutung, Vergewaltigung und Misshandlung von Frauen und Kindern, die aus der Ukraine fliehen und in Europa ankommen; fordert die EU-Länder auf, den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Mädchen in den Aufnahmezentren Rechnung zu tragen und dafür zu sorgen, dass Dienste im Bereich geschlechtsspezifischer Gewalt, Regelungen für die Verweisung und Beschwerdeverfahren innerhalb der Gemeinschaften unmittelbar in Sprachen und Formaten verfügbar sind, die allen Gruppen zugänglich sind; fordert die EU sowie die Aufnahme- und Transitländer auf, den Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten sicherzustellen, insbesondere Notfallverhütung, postexpositionelle Prophylaxe und Schwangerschaftsabbrüche, auch für Überlebende von Vergewaltigungen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, lokale, nationale und internationale Organisationen zu unterstützen, die Dienstleistungen und Unterkunft für Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt für geflüchtete Frauen und Mädchen bieten;

7.

begrüßt, dass die Frauen, die vor bewaffneten Konflikten fliehen, und die Forderung nach einer gezielten Unterstützung in den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über geschlechtsspezifische Gewalt aufgenommen wurden; stellt fest, dass die Flucht- bzw. die Flüchtlingsströme aufgrund des Kriegs in der Ukraine weitgehend geschlechtsspezifisch sind; fordert die EU auf, geschlechtersensibel auf die Krise zu reagieren und dem Schutz vor sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt sowie dem Zugang zu grundlegenden Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit für alle Flüchtlinge aus der Ukraine, einschließlich derjenigen, die sich noch im Land aufhalten, Vorrang einzuräumen;

8.

betont, dass Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt sind oder Zeugen von Gewalt und sexuellem Missbrauch geworden sind, gezielt unterstützt werden müssen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, entsprechende Unterstützungsprogramme mit angemessener psychologischer und psychischer Hilfe und Beratung einzurichten, damit sie ihre traumatischen Erfahrungen überwinden können; hebt hervor, dass in der Ukraine und in der EU geeignete Melde- und Dokumentationsverfahren eingerichtet werden müssen, unter anderem für die koordinierte Sammlung von Aussagen der Opfer, damit die Fälle vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden und die Täter zur Verantwortung gezogen werden können; fordert die EU auf, diese Bemühungen mit Geldern sowie mit Fachwissen und Logistik zu unterstützen; betont, dass es wichtig ist, eine Plattform zur Erfassung von Fällen sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, die im Zusammenhang mit dem Krieg steht, einzurichten, auch um angemessene Voraussetzungen für die Erfassung zu schaffen, wozu z. B. spezialisierte Dolmetscher gehören;

9.

verurteilt aufs Schärfste die Deportation, Verbringung und Umsiedlung ukrainischer Frauen und ihrer Kinder nach Russland, wie dies in den Medien und von Menschenrechtsgruppen weithin berichtet wurde; betont, dass dies gegen die Genfer Konventionen verstößt; fordert nachdrücklich, dass alle ukrainischen Bürgerinnen und Bürger, die zwangsweise nach Russland deportiert wurden, unverzüglich in die Ukraine zurückgebracht werden;

10.

bringt seine Besorgnis über das Wohlergehen und den Verbleib der von russischen Streitkräften inhaftierten Personen zum Ausdruck, insbesondere weiblicher Gefangener, da diese besonderen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind; fordert daher das Internationale Komitee vom Roten Kreuz auf, die Aufgabe zu übernehmen, den Aufenthaltsort weiblicher Gefangener zu ermitteln und ihre angemessene und humane Behandlung sicherzustellen;

11.

hebt hervor, dass Frauen und Mädchen während der gesamten Dauer von Konflikten und der Flucht weiterhin Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit benötigen, einschließlich des Zugangs zu sicheren Geburten, Familienplanung, legalen und sicheren Schwangerschaftsabbrüchen oder medizinischer Betreuung bei Vergewaltigung; fordert die Bereitstellung von Finanzmitteln für wesentliche und lebensrettende Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit im Einklang mit dem Mindestdienstleistungspaket (MISP) der Vereinten Nationen; begrüßt den Vorschlag der Kommission, Triagezentren in den Aufnahmeländern einzurichten, um Flüchtlingen dringende Gesundheitsversorgung anzubieten und ihre sofortige Überstellung in andere Mitgliedstaaten der EU zu veranlassen; betont, dass diese Triagezentren einen zeitkritischen Hilfsbedarf im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit ermitteln muss, wie etwa Notfallverhütung, legale und sichere Schwangerschaftsabbrüche und geburtshilfliche Notfallversorgung, sowie Experten für sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt identifizieren müssen; legt der Kommission und den Mitgliedstaaten nahe, zusätzliche Maßnahmen, EU-Mittel und Verfahren zu nutzen, um auf den Bedarf an Schutz, den die Ukrainer mit Blick auf sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt und im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten haben, zu reagieren, wozu insbesondere die Aufnahme von Gütern der sexuellen und reproduktiven Gesundheit in das Katastrophenschutzverfahren der Union zu fordern ist und Grundversorgungsgesundheitspakete (Dignity Health Kits) zu senden sind, darunter Verhütungsmittel und Päckchen für sexuelle und reproduktive Gesundheit in humanitären Paketen und Konvois, die für die Ukraine und die benachbarten Transit- oder Flüchtlingsaufnahmeländer bestimmt sind, insbesondere wenn dies erforderlich ist, um nationalen Beschränkungen bei der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und bei den damit verbundenen Rechten aus dem Weg zu gehen;

12.

betont, dass Menschenhandel für sexuelle Ausbeutung und für andere Zwecken nach wie vor eine der größten Gefahren für aus der Ukraine fliehende Frauen und Kinder ist, da sie sich in einer besonders gefährlichen Lage befinden; stellt fest, dass die ukrainischen Frauen bereits vor dem Krieg zu den häufigsten Opfern von Menschenhandel in die EU gehörten; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Sicherheit und Freiheit von geflüchteten Frauen und Mädchen vor sexueller Ausbeutung sicherzustellen, unter anderem durch sichere und koordinierte Beförderungen zwischen den Mitgliedstaaten; fordert die Mitgliedstaaten und die EU nachdrücklich auf, die Schleusernetze, die auf die sexuelle Ausbeutung von geflohenen Frauen und Mädchen setzen, rasch zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen; weist erneut darauf hin, dass die Prostitution den Menschenhandel mit gefährdeten Frauen fördert; fordert die EU auf, die Ukraine bei Investitionen in Sensibilisierungs- und Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels auf ukrainischer Seite zu unterstützen, beispielsweise durch die Verbreitung von Informationen über diese Gefahren; betont, dass Leihmüttern besonders gefährdet sind und sich in einer besonders prekären Lage befinden; weist nachdrücklich darauf hin, dass es in erster Linie um das Leben der Frauen geht und dass sie nicht daran gehindert werden dürfen, die Ukraine zu verlassen, wenn sie dies wünschen; stellt erneut fest, dass sexuelle Ausbeutung zum Zwecke der Leihmutterschaft und Fortpflanzung inakzeptabel ist und eine Verletzung der Menschenwürde und der Menschenrechte darstellt;

13.

verurteilt die Praxis der Leihmutterschaft, durch die Frauen weltweit dem Risiko einer Ausbeutung ausgesetzt sind, insbesondere ärmere Frauen und Frauen in einer von großer Unsicherheit geprägten Lage, etwa im Kontext eines Krieges; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, dem Schutz von Leihmütter während der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts besondere Aufmerksamkeit zu widmen und all ihre Rechte sowie die Rechte der Neugeborenen zu wahren;

14.

bebt die schwerwiegenden Auswirkungen der Leihmutterschaft auf Frauen, ihre Rechte und ihre Gesundheit, die negativen Folgen für die Gleichstellung der Geschlechter und die Probleme hervor, die sich aus den grenzübergreifenden Konsequenzen dieser Praxis ergeben, wie dies bei den vom Krieg gegen die Ukraine betroffenen Frauen und Kindern der Fall ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Ausmaße dieser Industrie, den sozioökonomischen Kontext und die Situation der schwangeren Frauen sowie die Folgen für ihre körperliche und geistige Gesundheit und für das Wohlbefinden der Babys zu untersuchen; fordert die Einführung verbindlicher Maßnahmen, um Lösungen für die Leihmutterschaft zu finden und die Rechte der Frauen und Neugeborenen zu schützen;

15.

begrüßt, dass die Kommission die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der nationalen Berichterstatter zum Thema Menschenhandel aktiviert hat, wobei in diesem Zusammenhang auch die polizeiliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Menschenhandels aktiviert wurde, darunter im Rahmen der EMPACT-Plattform, und Europol-Teams in die an die Ukraine angrenzenden Länder entsandt wurden; fordert, dass diese Bemühungen auf der Ebene der EU mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterstützt werden;

16.

begrüßt den gemeinsamen Zehn-Punkte-Plan, der den Innenministern am 28. März 2022 vorgelegt wurde, der den Plan der Kommission für eine stärkere europäische Koordinierung bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine umfasst; nimmt zur Kenntnis, dass im Rahmen des Zehn-Punkte-Plans Standardverfahren und Leitlinien für die Aufnahme und Unterstützung von Kindern und die Weiterreise unbegleiteter Minderjähriger vorgeschlagen werden; begrüßt, dass im Rahmen des Zehn-Punkte-Plans ein gemeinsamer Plan zur Bekämpfung des Menschenhandels auf der Grundlage der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021–2025) unter der Federführung des EU-Koordinators für die Bekämpfung des Menschenhandels ausgearbeitet wurde; fordert seine rasche Annahme; spricht sich für zusätzliche Investitionen in Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels in der Ukraine aus, etwa eine EU-weite, kostenlose Helpline speziell für Opfer unter den Flüchtlingen oder Personen, die von Menschenhandel oder sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht sind, wobei Ukrainischsprecher verfügbar sein sollten;

17.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Koordinierung an Grenzübergängen und Aufnahmeeinrichtungen zu verbessern und für eine korrekte Registrierung der Flüchtlinge und ihren Zugang zu den erforderlichen Unterlagen zu sorgen; begrüßt das Registrierungsprogramm für Freiwillige, die Flüchtlingen helfen, um den Überblick über die helfenden Personen zu behalten; fordert die Kommission auf, die Anstrengungen zur Prävention und Bekämpfung von Straftaten, denen weibliche Flüchtlinge ausgesetzt sein könnten, wie Menschenhandel, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt, Ausbeutung und Misshandlung, weiter zu verstärken; betont, dass der Menschenhandel jeglicher Art, insbesondere zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung durch Zuhälter, Bordellbesitzer und Käufer sexueller Dienstleistungen, aber auch für andere Zwecke, eine der größten Gefahren für die aus der Ukraine geflüchteten Frauen und Kinder ist; fordert die Polizeikräfte der Mitgliedstaaten und Europol auf, Transitpunkte zu überwachen, die Menschenhändler nutzen, wie Bahn- und Busstationen, Tankstellen, Autobahnen oder Flughäfen, über die sie ihre Opfer schmuggeln können, sowie Aufnahmezentren für Flüchtlinge, in denen Opfer anvisiert werden, und dort Sensibilisierungskampagnen durchzuführen;

18.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die von den EU-Agenturen angebotene Unterstützung bei der Aufnahme weiblicher Flüchtlinge zu nutzen; betont, dass eine EU-weite Registrierungsplattform für Personen, die vorübergehenden Schutz beantragen, wie sie von der Kommission vorgeschlagen wurde, notwendig ist, wobei diese Plattform vor allem benötigt wird, um die Suche nach unbegleiteten Minderjährigen und die Zusammenführung mit ihren Familien zu unterstützen, aber auch in Bezug auf Personen, die vom Menschenhandel bedroht sind, wie Frauen und Mädchen;

19.

fordert die Kommission auf, rasch einheitliche Leitlinien für die Aufnahme und Unterstützung von Kindern, insbesondere jungen Mädchen, und von älteren Frauen auszuarbeiten und einzuführen, wobei diese auch für die Verfahren zur Überstellung unbegleiteter Kinder, zur Bereitstellung alternativer Übergangsbetreuung und zur Zusammenführung von Kindern mit Familienangehörigen gelten sollten;

20.

betont, dass die Aufnahmemitgliedstaaten Millionen von Flüchtlingen aus der Ukraine, insbesondere Frauen und Kinder, unterstützen, was sich auf ihre Sozial-, Gesundheits-, Kinderbetreuungs- und Bildungsdienste auswirkt; fordert die Kommission daher auf, eine detaillierte Bedarfsanalyse durchzuführen und bestehende politische Maßnahmen, einschließlich Finanzinstrumenten wie Strukturfonds, anzupassen und dabei einen geschlechtersensiblen Ansatz zu verfolgen; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten bei dieser Aufgabe so weit wie möglich zu unterstützen, wobei besonderes Augenmerk auf Frauen und junge Mädchen zu richten ist; würdigt die Bemühungen der Mitgliedstaaten, die Verantwortung über die Solidaritätsplattform zu teilen, und spricht sich für eine weitere Verbesserung dieser Zusammenarbeit aus;

21.

stellt fest, dass es für weibliche Flüchtlinge äußerst wichtig ist, möglichst schnell Zugang zu einer Existenzsicherung zu erhalten, was die Möglichkeit einschließt, zu arbeiten und ein Einkommen zu erzielen; fordert Sonderprogramme und Sprachkurse sowie einen allgemeinen Zugang zu Kinderbetreuung, um die Integration in den Arbeitsmarkt der EU zu erleichtern;

22.

betont, dass die Bedürfnisse von Frauen, die aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, einer Behinderung, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Geschlechtsausdrucks intersektioneller Diskriminierung ausgesetzt sind oder auch sexuelle Gewalt erfahren haben, zu berücksichtigen sind, insbesondere indem ihnen sichere und angemessene Aufnahme- oder Betreuungsmöglichkeiten geboten und dafür gesorgt wird, dass an den Grenzübergängen keine Diskriminierung stattfindet; betont, dass nach Geschlecht, Alter, Behinderung, Staatsangehörigkeit und (sofern bekannt) Zielort aufgeschlüsselte Daten erhoben und analysiert werden müssen, um die kurz- und langfristige Planung geeigneter Dienste und Einrichtungen zu unterstützen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Roma-Frauen, die aus der Ukraine fliehen, nicht diskriminiert werden und sich innerhalb der EU bewegen können; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihren Schutz im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes sicherzustellen;

23.

begrüßt, dass EU-Mittel für Flüchtlinge aus der Ukraine bereitgestellt werden, unter anderem über die Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas (REACT-EU), den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) und den Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa (CARE), aufgrund deren die Mitgliedstaaten und Regionen der EU Menschen, die vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine fliehen, Soforthilfe leisten können; fordert, dass mit diesen Mittel geschlechtersensibel vorgegangen wird; besteht darauf, dass das Europäische Parlament überwachen sollte, wie die Mittel ausgegeben werden, insbesondere in den Ländern, in denen es anhaltende Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit gibt, wie Polen und Ungarn; bekräftigt, dass der Grundsatz der durchgängigen Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung und der Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung ein Grundprinzip der EU ist;

24.

weist darauf hin, dass die Organisationen der Zivilgesellschaft mehr direkte finanzielle und materielle Unterstützung durch die EU und ihre Mitgliedstaaten benötigen, um die Koordinierung vor Ort zu erleichtern und eine bessere Verteilung der verschiedenen Zuständigkeiten sicherzustellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Koordinierung der humanitären Hilfe in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und internationalen Organisationen, einschließlich des UNHCR, der UN Women, des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation und anderer Organisationen der Vereinten Nationen sowie der Internationalen Organisation für Migration und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, zu verbessern und dafür zu sorgen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen, die ukrainische Flüchtlinge unterstützen, insbesondere in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, sowie Frauenrechtsorganisationen und Menschenrechtsverteidigerinnen, in allen Mitgliedstaaten, die als Transitpunkt dienen bzw. Flüchtlinge aufnehmen, und insbesondere in Ländern, in denen Beschränkungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte gelten, unverzüglich und direkt Zugang zu Finanzmitteln erhalten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Organisationen der Zivilgesellschaft einzubeziehen und sie und die lokalen Behörden zur Verfügbarkeit der Mittel und zur Art ihrer Verwendung und Zuweisung zu konsultieren;

25.

fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, sich eng mit den Organisationen abzustimmen, die sich für die Rechte von Frauen, Mädchen und Randgruppen einsetzen, insbesondere vor Ort, aber auch bei politischen Entscheidungen im Zusammenhang mit diesem Krieg; fordert, dass die Menschenrechtsverteidigerinnen, die noch immer in der Ukraine tätig sind, besonders unterstützt und geschützt werden;

26.

würdigt die enormen Anstrengungen, die von nichtstaatlichen Organisationen und Aktivistengruppen unternommen werden, um Frauen beim Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten zu helfen, und weist darauf hin, dass ihre Mitglieder ihre eigene Freiheit aufs Spiel setzten, wie etwa Justyna Wydrzyńska, der gemäß dem drakonischem polnischem Gesetz, das den Schwangerschaftsabbruch verbietet, vorgeworfen wird, einer anderen Frau medikamentöse Abtreibungspillen zur Verfügung gestellt zu haben; fordert die Kommission auf, diese Menschenrechtsverteidigerinnen vor jeglicher Verfolgung zu schützen und zu unterstützen;

27.

hebt die besonderen Schwierigkeiten hervor, mit denen transsexuelle Frauen und LGBTIQ+-Familien beim Überschreiten der Grenzen konfrontiert sind; betont, dass Kinder gleichgeschlechtlicher Paare der Gefahr ausgesetzt sind, von einem oder beiden Elternteilen getrennt zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Umsetzung der Richtlinie über vorübergehenden Schutz De-facto-Partnerschaften und -Familien zu berücksichtigen;

28.

weist erneut auf die schwierige Lage und die Hindernisse für Transgender-Personen hin, einschließlich Transfrauen, Transgender-Frauen und intersexueller Frauen, die in ihren Pässen als männlich vermerkt sind und somit nicht aus der Ukraine fliehen können; stellt fest, dass Transgender-Personen, deren Ausweisdokumente nicht mit ihrer Selbstwahrnehmung übereinstimmen, interne Kontrollstellen nicht passieren dürfen und unter Umständen von Zivilschutzmaßnahmen ausgeschlossen sind; weist darauf hin, dass die Auffanglager, die von Freiwilligen und der Zivilgesellschaft für sie eingerichtet wurden, nicht alle aufnehmen können; betont, dass Transgender-Personen Schwierigkeiten haben, Zugang zu Hormonbehandlungen zu erhalten; weist darauf hin, dass solche Behandlungen und andere spezifische Arzneimittel für Transgender-Personen und Intersexuelle von der WHO als wesentlich eingestuft werden und daher in die humanitären Hilfspakete aufgenommen werden sollten; fordert die Kommission daher auf, in dieser Hinsicht finanzielle Unterstützung und Koordinierung durch die EU zu leisten; fordert die EU auf, die Ukraine zu einer Vereinfachung der Verfahren aufzufordern, damit diese Frauen aus der Ukraine fliehen können; legt den Mitgliedstaaten der EU nahe, für diese Frauen angemessene Arzneimittel und Medikamente nach ihrem Grenzübertritt bereitzustellen;

29.

ist der Ansicht, dass die Gemeinden in der Ukraine, die Binnenvertriebene aufnehmen, angemessen unterstützt werden müssen, damit die Binnenvertriebenen in ihrem Land bleiben können, bis die Lage eine Rückkehr in ihre Heimat erlaubt; begrüßt die Bemühungen der Kommission im Hinblick auf die Bedürfnisse von binnenvertriebenen Frauen und Mädchen;

30.

verweist auf die Resolution 1325 (2000) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Frauen, Frieden und Sicherheit und alle darauf folgenden Resolutionen und fordert ihre Umsetzung; besteht darauf, dass Frauen in all ihre Vielfalt und Randgruppen in Konfliktprävention, Konfliktlösung, Mediation und Friedensverhandlungen einbezogen werden, und fordert daher die Organe der EU auf, eine Taskforce einzurichten, an der Frauen und die Zivilgesellschaft vor Ort teilhaben; fordert, dass im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt Unterstützung in Form von Ausbildungsfonds für Frauen und nichtstaatliche Organisationen in der Ukraine bereitgestellt wird, damit sie sich an den Bemühungen um Konfliktlösung und Wiederaufbau nach dem Konflikt beteiligen können; fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, bei ihren Bemühungen zur Beendigung dieses Krieges der Gleichstellung der Geschlechter besondere Aufmerksamkeit zu widmen;

31.

hebt die schwierige Lage hervor, in der sich die Republik Moldau in Bezug auf ihre Infrastruktur und Dienstleistungen, die stark in Anspruch genommen werden, befindet; begrüßt die Übernahmezusagen im Rahmen der Solidaritätsplattform, mit denen Moldau bei seinen Bemühungen um die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine unterstützt werden soll; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, der Republik Moldau weiterhin engagiert zur Seite zu stehen, indem sie auch Verantwortung übernehmen und konkrete Hilfe leisten, um den Bedürfnissen von geflüchteten Frauen und Mädchen gerecht zu werden;

32.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der EU, den Vereinten Nationen, dem Rat der Europäischen Union, sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine zu übermitteln.

(1)  ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12.

(2)  ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1.

(3)  ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1.

(4)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0052.

(5)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0120.

(6)  ABl. C 404 vom 6.10.2021, S. 202.

(7)  https://data2.unhcr.org/en/situations/ukraine

(8)  https://www.unrefugees.org/emergencies/ukraine/

(9)  https://www.iom.int/news/71-million-people-displaced-war-ukraine-iom-survey

(10)  https://www.reuters.com/world/europe/moscow-has-deported-500000-people-russia-ukraine-lawmaker-says-2022-04-

(11)  https://data2.unhcr.org/en/situations/ukraine#:~:text=Share%20this%20page%3A-,Ukraine%20Situation%3A%20Moldova%20Refugee%20Border%20Monitoring,(14%2D03%2D2022)&text=Almost%20three%20million%20refugees%20have,displaced%20to%20Moldova%20(UNHCR)

(12)  https://ecre.org/wp-content/uploads/2022/03/Information-Sheet-%E2%80%93-Access-to-territory-asylum-procedures-and-reception-conditions-for-Ukrainian-nationals-in-European-countries.pdf


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/164


P9_TA(2022)0207

Auswirkungen des rechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Verkehrs- und Tourismusbranche in der EU

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu den Auswirkungen des rechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Verkehrs- und Tourismusbranche in der EU (2022/2643(RSP))

(2022/C 465/16)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2022/334 des Rates vom 28. Februar 2022 (1),

unter Hinweis auf den Aktionsplan „Ein Strategischer Kompass für Sicherheit und Verteidigung — Für eine Europäische Union, die ihre Bürgerinnen und Bürger, Werte und Interessen schützt und zu Weltfrieden und internationaler Sicherheit beiträgt“, der am 21. März 2022 vom Rat genehmigt und am 25. März 2022 vom Europäischen Rat gebilligt wurde,

unter Hinweis auf die informelle Sitzung der Verkehrsminister vom 8. April 2022,

unter Hinweis auf den Globalen Pakt für Flüchtlinge aus dem Jahr 2018,

unter Hinweis auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs von Versailles vom 11. März 2022,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. März 2022 zu Russlands Aggression gegen die Ukraine (2),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2022 zu dem Erfordernis eines vordringlichen Aktionsplans der EU zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit inner- und außerhalb der EU in Anbetracht des russischen Einmarschs in die Ukraine (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. April 2022 zu den Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2022 einschließlich der jüngsten Entwicklungen des Krieges gegen die Ukraine und der EU-Sanktionen gegen Russland und ihrer Umsetzung (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. April 2022 zu dem Schutz von Kindern und jungen Menschen, die aufgrund des Krieges in der Ukraine fliehen, durch die EU (5),

unter Hinweis auf den 10-Punkte-Plan der Internationalen Energie-Agentur zur Senkung des Ölverbrauchs,

gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Entschließungsantrag des Ausschusses für Verkehr und Tourismus,

A.

in der Erwägung, dass die EU fünf Sanktionspakete als Reaktion auf den illegalen, unprovozierten und ungerechtfertigten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine angenommen hat;

B.

in der Erwägung, dass eine neue Sanktionswelle ansteht, um Russland in den Bereichen Straßen- und Seeverkehr stärker zu treffen;

C.

in der Erwägung, dass Russland am 28. Februar 2022 als Vergeltungsmaßnahme die Sperrung seines Luftraums angekündigt hat, wovon Luftfahrzeuge aus 36 Ländern, auch aus den Mitgliedstaaten der Union, betroffen sind;

D.

in der Erwägung, dass der Europäische Rat den Entwurf der Haushaltslinie für militärische Mobilität im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ als Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027 von 6,5 Mrd. EUR auf 1,69 Mrd. EUR gekürzt hat;

E.

in der Erwägung, dass zusätzlich zu den Passagierflügen zwischen Russland und Europa, die 2021 5,7 % des europäischen Verkehrsaufkommens ausmachten, mit der Schließung des ukrainischen Luftraums etwa 3,3 % des Fluggastverkehrs in Europa wegfallen;

F.

in der Erwägung, dass 2020 8 848 Hafenaufenthalte von 535 Schiffen unter russischer Flagge in Häfen der Mitgliedstaaten der Union verzeichnet wurden;

G.

in der Erwägung, dass sich die Lage im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer verschlechtert hat, weil die russische Marine diese Seegebiete blockiert und Teile dieser Meere in Anbetracht des Sicherheitsrisikos für den passierenden Seeverkehr zum Kriegsgebiet erklärt wurden;

H.

in der Erwägung, dass die russische Marine in diesem Gebiet Schiffe von Eigentümern oder Betreibern aus der Union angegriffen hat;

I.

in der Erwägung, dass ukrainische und russische Seeleute 14,5 % der weltweiten Arbeitskräfte im Seeverkehr ausmachen und die Flotten der Mitgliedstaaten der Union stark von ihnen abhängig sind;

J.

in der Erwägung, dass die Besorgnis über die allgemeine Sicherheit und Betriebsfähigkeit des Straßen- und Seeverkehrs in die und aus der Ukraine zunimmt;

K.

in der Erwägung, dass die Kraftstoffpreise in den vergangenen Monaten angestiegen sind, dass sich die Lage aufgrund des rechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine verschlechtert hat und dass Kraftstoff für die Verkehrsunternehmen und -teilnehmer einer der größten Kostenfaktoren ist;

L.

in der Erwägung, dass touristische Ziele in vielen Ländern der Union nach zwei Jahren Pandemie, die sich ohnehin schon vernichtend auf die Branche ausgewirkt hat, zusätzlich stark in Mitleidenschaft gezogen werden dürften;

1.   

bekräftigt, dass es den Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und die Beteiligung von Belarus an diesem Krieg auf das Allerschärfste verurteilt, und fordert Russland auf, alle militärischen Aktivitäten in der Ukraine umgehend einzustellen und sämtliche Streitkräfte und das gesamte militärische Gerät bedingungslos aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abzuziehen;

2.   

begrüßt die beispiellosen Sanktionen gegen Russland und deren Ausweitung als Reaktion auf Russlands Überfall auf die Ukraine und fordert die Union auf, auch künftig weitere wirksame Sanktionen im Verkehrsbereich zu prüfen und zu verhängen, um die Finanzierung von Putins Kriegsmaschinerie zu schwächen; betont, dass die Sanktionen der Union gegen Russland erstmals ausdrücklich auf den Verkehrsbereich abzielen;

3.   

weist darauf hin, dass der Verkehr ein strategisches Instrument der Union ist, um der Ukraine und ihrer leidenden Bevölkerung Solidarität und Unterstützung hinsichtlich Logistik, humanitärer Hilfe sowie Evakuierung und Mobilität von Flüchtlingen zukommen zu lassen;

4.   

verurteilt aufs Schärfste, dass die russischen Streitkräfte gezielte Angriffe auf die Verkehrsinfrastruktur in der Ukraine durchführen, wodurch die Behörden der Ukraine daran gehindert werden, Zivilisten zu evakuieren und lebenswichtige Waren und Güter zu den notleidenden Menschen zu transportieren; fordert die EU nachdrücklich auf, der Ukraine finanzielle Unterstützung zu leisten, um sie beim Wiederaufbau ihrer Verkehrsinfrastruktur zu unterstützen;

5.   

begrüßt die von der Kommission angenommenen Maßnahmen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten, der Verkehrsunternehmen und der Beschäftigten im Verkehrswesen bei der Aufrechterhaltung des Verkehrs und zur Unterstützung des Transports von Flüchtlingen aus der Ukraine und der Beförderung humanitärer Hilfe; würdigt die Tapferkeit der Beschäftigten im Verkehrswesen in der Ukraine, die bei der Aufrechterhaltung der Personen- und Warenbeförderung ihr Leben riskieren;

6.   

begrüßt die von der Kommission angenommenen operativen Leitlinien, damit der Transit von Personen aus der Ukraine mit Verkehrsunternehmen der EU ohne gültige Dokumente sichergestellt ist;

7.   

zollt den europäischen Verkehrsunternehmen für die kostenfreie Beförderung ukrainischer Bürgerinnen und Bürger per Zug, Bus, Schiff und Flugzeug sowie den zahllosen Initiativen von Verbänden und Einzelpersonen in der gesamten Union, die den kostenfreien Transport von Waren und Personen zur und von der ukrainischen Grenze ermöglichen, höchstes Lob; betont, dass sich viele Ukrainer, die in ihr Land zurückkehren wollen oder versuchen, in einem anderen Mitgliedstaat unterzukommen, den entsprechenden Fahr- bzw. Flugschein nicht leisten können; fordert die Bahnbetreibergesellschaften auf, Ukrainern weiterhin kostenfreien Zugang zu reservierungsfreien Zügen zu gewähren sowie ihnen die Belegung nicht reservierter Sitzplätze zu gestatten;

8.   

weist darauf hin, dass sich der derzeitige Konflikt und Russlands Vergeltungsmaßnahmen wegen der Sanktionen der Union auch auf die Verkehrsbranche der Union auswirkt, die unabhängig vom Verkehrsträger stark in Mitleidenschaft gezogen wird;

9.   

betont, dass steigende Kraftstoffpreise und die Störung der Logistik- und Lieferketten zu den wichtigsten Folgen zählen, die alle Verkehrsträger betreffen und zu großen Unsicherheiten auf den Märkten führen;

10.   

vertritt die Auffassung, dass Verkehrsunternehmen, die oder deren Eigentümer in der EU ansässig sind und Verbindungen zum russischen Markt unterhalten, dabei unterstützt werden sollten, ihre Betriebstätigkeit von Russland weg anders auszurichten;

11.   

fordert die Kommission auf, umgehend eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Bewertung der Kriegsfolgen für sämtliche Verkehrsträger auf dem Unionsmarkt vorzunehmen und nötigenfalls rasche Unterstützung auch mittels weiterer gesetzgeberischer und/oder finanzieller Maßnahmen zu leisten, um die negativen Auswirkungen abzumildern und für gut funktionierende gleiche Rahmenbedingungen und fairen Wettbewerb für die Verkehrsunternehmen in der Union zu sorgen;

12.   

betont, dass die Krise nicht dazu führen darf, dass die Rechte der Arbeitnehmer im Verkehrssektor vorübergehend oder dauerhaft geschwächt werden;

Luftfahrt

13.

erklärt sich besorgt über die schwerwiegenden Auswirkungen des Konflikts auf die Luftfahrtbranche hinsichtlich der Betriebskosten, wodurch sich die Personen- und Güterbeförderung verteuert; betont, dass die Luftverkehrsgesellschaften durch die Kombination der Sanktionen und Flugverbote gezwungen sind, ihre Flüge einzustellen oder umzuleiten; weist darüber hinaus darauf hin, dass die maximal notwendige Streckenverlängerung zur Umgehung des russischen und belarussischen Luftraums zwischen drei und vier Stunden je Flug beträgt, was Betankungsprobleme (zusätzliche Landungen, folglich zusätzliche Kosten) und längere als die in den Regelungen der Union vorgeschriebenen Arbeitszeiten der Besatzung zur Folge hat;

14.

stellt fest, dass die Ukraine und Russland zu den führenden Produzenten von Titan, dem entscheidenden Metall zur Herstellung von Luftfahrzeugen, gehören und dass sich der derzeitige Konflikt kurzfristig auf die Versorgung auswirken könnte;

15.

fordert die Kommission auf, eine Strategie zur Unterstützung der Luftverkehrsgesellschaften und ihrer Beschäftigten in der Union, die zuerst durch die COVID-19-Pandemie und nun durch die Überflugverbote für Russland und Belarus, hohen Kraftstoffpreise und sinkende Nachfrage stark in Mitleidenschaft gezogen werden, zu prüfen und nötigenfalls vorzulegen; betont jedoch, dass für gleiche Rahmenbedingungen und fairen Wettbewerb unter den Luftverkehrsgesellschaften, insbesondere bei der Gewährung finanzieller Unterstützung, gesorgt werden muss;

16.

missbilligt, dass Russland unter klarem Verstoß gegen internationale Regeln der Zivilluftfahrt (Abkommen von Chicago) ein Gesetz verabschiedet hat, wonach von ausländischen Unternehmen gemietete Luftfahrzeuge in Russlands Luftfahrzeugregister neu registriert werden müssen; besteht darauf, dass ein solcher Diebstahl nicht toleriert werden darf, und fordert die unverzügliche Rückgabe der betreffenden Luftfahrzeuge an ihre rechtmäßigen Eigentümer; begrüßt den Beschluss der Kommission, russische Verkehrsunternehmen, die von dieser Neuregistrierung betroffene Luftfahrzeuge betreiben, in die Luftsicherheitsliste aufzunehmen, da es den russischen Behörden an Kapazität zur Sicherheitsaufsicht fehlt, was die Lufttüchtigkeit der mehreren hundert neu registrierten Luftfahrzeuge anbelangt; betont, dass ausschließlich die russischen Behörden für die Gefährdung des Lebens ihrer eigenen Bürgerinnen und Bürger verantwortlich sind, wenn diese gestohlenen Luftfahrzeuge im russischen Luftraum in Betrieb genommen werden, die notwendigen Sicherheitsvoraussetzungen aber nicht erfüllen können;

17.

fordert ununterbrochene Maßnahmen der EU, mit denen verhindert werden soll, dass sich Söldner der Wagner-Gruppe und ausländische Kämpfer aus Syrien usw. in das Kampfgebiet in der Ukraine begeben und dort Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung verüben; fordert deshalb den Hohen Beauftragten auf, insbesondere die Regierungen der Türkei, Georgiens, Aserbaidschans und des Iraks sowie der zentralasiatischen Republiken zu ersuchen, ihren Luftraum für sämtliche russischen, iranischen und syrischen Militär- oder Charterflugzeuge und für alle regulären Luftverkehrsgesellschaften, die derlei Söldner befördern, zu schließen; fordert, das alle Luftverkehrsgesellschaften, die sich an solchen Beförderungen beteiligen, auf die „schwarze Liste“ der Union gesetzt werden;

Seeschifffahrt

18.

begrüßt die dritte Säule der Kommission im fünften Sanktionspaket gegen Russland in Bezug auf das Verbot für unter russischer Flagge fahrende und von Russland betriebene Schiffe, Häfen in der EU anzulaufen; vertritt die Auffassung, dass die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs in dieser Hinsicht eine wichtige Aufgabe übernehmen könnte, indem sie eine klare Liste russischer Schiffe, denen das Anlaufen von Häfen der Union verboten ist, erstellt, wobei auch diejenigen zu berücksichtigen sind, die seit dem 24. Februar 2022 umgeflaggt oder neu registriert wurden;

19.

fordert jedoch, über diese Maßnahmen hinaus tätig zu werden, um deren Umgehung zu verhindern, und allen Schiffen ungeachtet des Eigentümers oder Betreibers zu verweigern, Häfen in der EU anzulaufen, wenn diese Schiffe auf ihrer Fahrt auch russische Häfen anlaufen, es sei denn, notwendige berechtigte humanitäre Gründe machen dies erforderlich; begrüßt bereits die freiwillige Entscheidung der weltweit größten Schifffahrtsunternehmen mit Sitz in der EU, sämtliche Frachtbuchungen nach und aus Russland bis auf Weiteres auszusetzen;

20.

fordert, dass allen Schiffen, die einen Hafen in der EU anlaufen wollen, untersagt wird, Kraftstoffe in russischen Häfen oder von russischen Bunkerschiffen auf See zu bunkern;

21.

ist der Ansicht, dass die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs in dieser Hinsicht Leitlinien zur einheitlichen Anwendung solcher Sanktionen unter Beibehaltung gleicher Rahmenbedingungen für die Häfen in der Union entwickeln sollte;

22.

fordert die Regierungen und die zuständigen öffentlichen Stellen auf nationaler Ebene und Unionsebene auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und ausreichend Personal und Ressourcen zur reibungslosen Anwendung der Maßnahmen einzuplanen und so weitere Verzögerungen in den ohnehin schon gestörten Lieferketten abzuwenden;

23.

nimmt zur Kenntnis, dass gegenwärtig sehr viele Schiffe in der Region festliegen; betont die Forderungen der Kommission und der Mitgliedstaaten, dass die allgemeine und betriebliche Sicherheit für die internationale Schifffahrt in dem Gebiet und insbesondere die Sicherheit der Seeleute umgehend sichergestellt werden muss; fordert, dass die betroffenen Schiffe dringend wieder mit den für deren Seeleute lebenswichtigen Vorräten versorgt werden und dass ein sicherer Korridor auf See eingerichtet wird, damit die Seeleute und Schiffe die Hochrisikogebiete und die betroffenen Gebiete im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer gefahrlos verlassen können;

24.

missbilligt, dass in jüngster Zeit eine gewisse Anzahl frei treibender Seeminen das Leben von Seeleuten und Passagieren sowie die internationalen Handelsströme im Schwarzen Meer gefährdet, und fordert internationale Unterstützung für die Bemühungen der Anrainerstaaten um die Minenräumung;

25.

erklärt sich besorgt über die Auswirkungen des internationalen Seeverkehrs, der Logistik, der Lieferketten und der Kraftstoffpreise insbesondere auf die Frachtkosten in der Seeschifffahrtsbranche;

Schienenverkehr

26.

bedauert, dass einstweilen noch kein direktes Verbot des Schienenverkehrs mit den Russischen Eisenbahnen besteht; stellt jedoch fest, dass die Russischen Eisenbahnen in die Liste der Rechtsträger und Einrichtungen, die finanziellen Beschränkungen unterworfen sind, aufgenommen wurden;

27.

stellt fest, dass Züge noch immer Russland durchfahren können, insbesondere Güterzüge zwischen Europa und China; stellt jedoch fest, dass der Konflikt gewaltige Auswirkungen auf die Schienengüterverkehrsströme zwischen Asien und Europa hat, was zu Unsicherheit für die Unternehmen, die Züge und Frachtversand betreiben, führt;

28.

betont, dass der Güterverkehr auf der Schiene auf physische Hemmnisse stößt und sich Tausende von Waggons an der Grenze zwischen der Ukraine und den an sie grenzenden Mitgliedstaaten der Union stauen; fordert die Kommission auf, die Ukraine in ihren Bemühungen zu unterstützen, die Verkehrsströme zu entflechten, neue Verbindungen und beschleunigte Handelswege einzurichten, was für den Transport verderblicher Waren wie Weizen besonders dringlich ist; begrüßt in diesem Zusammenhang die Initiative „Getreidebrücke“, in deren Rahmen die Eisenbahnbetreibergesellschaften der Ukraine und der Mitgliedstaaten der Union zusammenarbeiten, damit landwirtschaftliche Erzeugnisse und Maschinen in die und aus der Ukraine gebracht werden können; begrüßt in gleicher Weise, dass Rumänien anstrebt, stillgelegte Eisenbahnstrecken zwischen Rumänien und der Ukraine wieder in Betrieb zu nehmen, wodurch die Belastung der Verkehrswege in die und aus der Ukraine weiter verringert werden könnte; ist der Ansicht, dass die EU solche Initiativen fördern und begünstigen sollte;

29.

fordert die Kommission auf, die Ukraine und ihre Bemühungen zu unterstützen, die Schienenverkehrsverbindungen zwischen der Ukraine und der Union auszubauen;

30.

würdigt den Heldenmut der ukrainischen Eisenbahnarbeiter, die sich trotz ständiger Lebensgefahr tatkräftig dafür einsetzen, die Bevölkerung der Ukraine aus dem Kriegsgebiet zu evakuieren, weiterhin Post, Rentenzahlungen, Medikamente, humanitäre Güter und Lebensmittel zu liefern, das Eigentum nationaler Unternehmen, Institutionen und Organisationen in sichere Regionen der Ukraine zu transportieren und dafür Sorge zu tragen, dass der internationale Handel und aktive diplomatische Kontakte auf höchster Ebene fortgesetzt werden können;

31.

vertritt die Auffassung, dass der Angriff Russlands auf die Ukraine und der sich daraus ergebende Beförderungsbedarf innerhalb der Union verdeutlichen, dass das Schienennetz in der Union für ein größeres Fahrgast- und Güteraufkommen ausgelegt werden muss; fordert deshalb die Mitgliedstaaten auf, die Normung, Harmonisierung und Interoperabilität der Eisenbahnsysteme in allen Mitgliedstaaten zu beschleunigen, und fordert die Kommission auf, die Umsetzung der Beseitigung der verbleibenden Mängel auch künftig zu überwachen;

32.

fordert die Kommission auf, umgehend Verhandlungen mit der Ukraine über die Liberalisierung des internationalen Schienen- und Binnenschiffsgüterverkehrs aufzunehmen, um die Transportwege zu sichern und für ununterbrochene Lieferketten für landwirtschaftliche Erzeugnisse und andere Rohstoffe nach Europa und der übrigen Welt zu sorgen;

33.

hebt den Heldenmut einiger belarussischer Eisenbahnarbeiter hervor, die den Einsatz russischer Streitkräfte im Angriff auf die Ukraine sabotiert haben, und fordert alle Bürgerinnen und Bürger in Russland und Belarus auf, deren Beispiel des zivilen Widerstands gegen diesen grauenhaften Angriffskrieg zu folgen;

Straßenverkehr

34.

begrüßt die Maßnahmen der Kommission, mit denen dafür Sorge getragen wird, dass europäische Lastkraftwagenfahrer aus dem Konfliktgebiet zurückkehren und Güter auf der Straße in die Ukraine und die Republik Moldau befördert werden können;

35.

begrüßt die jüngsten Sanktionen, mit denen Straßentransportunternehmen mit Sitz in Russland und Belarus untersagt wird, auf dem Gebiet der Europäischen Union Güter auf der Straße zu befördern, da dadurch die Möglichkeiten der russischen Industrie zur Beschaffung wichtiger Güter drastisch eingeschränkt wird;

36.

weist darauf hin, dass der Gütertransport in die Ukraine und die benachbarten Mitgliedstaaten und der große Zustrom von Flüchtlingen in Gegenrichtung auf rechtliche Hindernisse zu stoßen drohen; begrüßt die von der Kommission unternommenen Schritte, bestimmte Maßnahmen klarzustellen und den Mitgliedstaaten deren Anwendung nahezulegen, mit denen der Transport auf der Straße unter den außergewöhnlichen, durch Russlands Angriff auf die Ukraine verursachten Umständen erleichtert werden soll, etwa die Ausstellung temporärer Führerscheine für ukrainische Fahrer, die in der EU tätig sind und zur Verlängerung ihrer abgelaufenen Führerscheine nicht in die Ukraine zurückkehren können, die Annahme der vorübergehenden Befreiung von Fahr- und Ruhezeitregelungen unter Wahrung des Wohlergehens und der Sicherheit der Fahrer, die Befreiung von Mautgebühren bei als Notfalldienst geltenden Transporten sowie die Befreiung von Transportgenehmigungen für die Beförderung sämtlicher zur medizinischen Versorgung notwendigen Produkte; hebt hervor, dass die ukrainischen Lastkraftwagenfahrer in Europa wegen des Krieges in ihrem Land unter großem Druck stehen; fordert die Kommission auf, eine Strategie zur Unterstützung von Lastkraftwagenfahrern bei der Zusammenführung mit ihren in die Europäische Union vertriebenen Familien umzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten hilfsbedürftigen Fahrern die notwendige Unterstützung gewähren;

37.

fordert die Kommission auf, weiter zu prüfen, wie die Beförderung von Personen oder von Gütern aller Art in die bzw. aus der Ukraine und in ihre bzw. aus ihren benachbarten Mitgliedstaaten der Union als humanitäre Hilfe unterstützt und Vorkehrungen für die notwendige Entlastung in Bezug auf Maut, Infrastrukturgebühren, Fahrten am Wochenende, Besteuerung usw. getroffen werden können;

38.

unterstützt den sofortigen Abschluss des Übereinkommens über den Straßengüterverkehr zwischen der Europäischen Union und der Ukraine und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen mit sofortiger Wirkung vorläufig anzuwenden;

39.

unterstützt den Vorschlag der Kommission, mit der Ukraine und der Republik Moldau Verkehrsabkommen über die Teilliberalisierung des Straßentransports für deren Straßentransportunternehmer abzuschließen, wodurch die Ausfuhr wichtiger Güter auf dem Seeweg über ukrainische Häfen, die derzeit infolge der militärischen Aggression Russlands nicht nutzbar sind, auf andere Transportwege verlagert werden kann, sowie die Seehäfen der Union stärker für die Aus- und Einfuhr von Gütern aus der bzw. in die Ukraine zu nutzen; befürwortet in dieser Hinsicht nachdrücklich die rasche Wiederherstellung in früherer Zeit stillgelegter Schienen- und Wasserstraßenverbindungen insbesondere zwischen der Ukraine und Rumänien;

40.

betont, dass die Öffnung grüner Verkehrskorridore in die und aus der Ukraine von entscheidender Bedeutung ist, um der Ukraine alle zur Steigerung ihrer landwirtschaftlichen Produktion notwendigen Betriebsmittel (z. B. Pestizide, Düngemittel und Saatgut) zur Verfügung zu stellen und die Fortsetzung des Agrarhandels mit der Ukraine zu ermöglichen;

TEN-V und militärische Mobilität

41.

begrüßt die Mitteilung der Kommission zur Erweiterung des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) auf benachbarte Drittstaaten und fordert nachdrücklich, bei der laufenden Überprüfung des TEN-V den Schwerpunkt auf wesentlich höhere Investitionen in die Verkehrsinfrastrukturanbindung der Westbalkanländer, der Republik Moldau, Georgiens und der Ukraine zu richten; fordert überdies, dass die Kommission, der Rat und das Parlament die laufende TEN-V-Überarbeitung als Gelegenheit nutzen, die neuen TEN-V-Karten wie im Dezember 2021 vorgeschlagen zu überarbeiten und ein Beiblatt insbesondere für die Ukraine, die Republik Moldau und Georgien vorzuschlagen, um sich dem vollkommen neuen Verkehrsbedarf, der durch den rechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verursacht wurde, anzupassen; fordert die Kommission zudem auf, einen Vorschlag für eine Verkehrsgemeinschaft zwischen der Union und Osteuropa bzw. der Union und den Ländern der Östlichen Partnerschaft vorzulegen, die teilweise am Vorbild der Verkehrsgemeinschaft der Westbalkanländer ausgerichtet sein könnte;

42.

betont, dass die Union bei ihrem Vorhaben zur militärischen Mobilität wesentlich ambitionierter werden muss, und begrüßt in dieser Hinsicht die gegenwärtigen Bemühungen der Mitgliedstaaten, den Gedanken der militärischen Mobilität in der Union rascher zu verbreiten;

43.

erklärt erneut sein starkes Bedauern über den Beschluss des Europäischen Rates, die endgültige Finanzausstattung der neu eingerichteten Haushaltslinie für militärische Mobilität im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF II) bei der Annahme der Mittel des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027 drastisch zu kürzen, und missbilligt, dass durch diesen Fehler nun die gemeinsame Sicherheit der Union geschwächt wird; fordert die Kommission auf, Lösungen zur erheblichen Aufstockung der Haushaltslinie für militärische Mobilität im Rahmen der CEF II zu finden und vorzulegen, und schlägt diesbezüglich die Mobilisierung ungenutzter Mittel im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) vor; betont, dass unbedingt sichergestellt werden muss, dass Aspekte der militärischen Mobilität hinsichtlich Infrastruktur und Finanzierung gründlich bewertet und thematisiert werden, damit die länderübergreifende Zusammenarbeit und Mobilität in der Union tatsächlich optimiert wird; fordert die Kommission in dieser Hinsicht auf, gezielte Unterstützung wichtiger Infrastrukturprojekte zur besseren Anbindung der Mitgliedstaaten vorzuschlagen und die Verkehrsinfrastrukturanbindung der Westbalkanländer, der Republik Moldau, Georgiens und der Ukraine zu verbessern; fordert insbesondere die Verstärkung der gesamten wichtigen Infrastruktur mit doppeltem Verwendungszweck, die zur Ostgrenze der Union führt;

44.

fordert die Kommission auf, in den Mitgliedstaaten der Union die Mittel bereitzustellen, die für den Ausbau der Infrastruktur mit doppeltem Verwendungszweck und von strategischer Bedeutung benötigt werden, damit den derzeitigen und künftigen Anforderungen Genüge getan werden kann; betont, dass die Kapazität der EU zur Bewertung und Kontrolle der Eigentumsverhältnisse und Investitionen im Bereich der strategischen Infrastruktur verbessert werden muss, da es sich hierbei um einen entscheidenden Aspekt handelt, mit dem die Sicherheit der Union und ihrer Bürgerinnen und Bürger garantiert wird;

45.

fordert die Kommission auf, die Global-Gateway-Initiative zur Förderung gemeinsamer Infrastrukturinvestitionen insbesondere in den Ländern, die die universellen Werte der Union teilen, weiterzuentwickeln; stellt fest, dass die Union nicht Autokratien das Feld überlassen sollte, sondern eine sowohl wirtschaftlich attraktive als auch wertegestützte Alternative für Infrastrukturinvestitionen in ärmeren Drittstaaten zu bieten hat; ist der Ansicht, dass sich die Union bei diesem Vorhaben mit anderen wichtigen Demokratien wie den USA, dem Vereinigten Königreich, Kanada, Australien, Japan oder Südkorea zusammentun sollte;

Anstieg der Energiepreise beim Verkehr

46.

hebt hervor, dass die Kombination höherer Energie- und Verkehrspreise sich auf alle Bürgerinnen und Bürger und insbesondere auf Haushalte mit geringem Einkommen auswirken und ein erhöhtes Risiko der Verkehrsarmut mit sich bringen würde; betont außerdem, dass sich höhere Kraftstoffkosten für den Luft-, Straßen- und Seeverkehr unmittelbar auf die Preise von Endprodukten und Dienstleistungen auswirken und dass durch den Anstieg der Kraftstoffpreise die Erholung der Tourismusbranche von der Pandemie beeinträchtigt wird;

47.

begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „REPowerEU: gemeinsames europäisches Vorgehen für erschwinglichere, sichere und nachhaltige Energie“ und teilt die Auffassung, dass die Union rasch von russischen Energiequellen unabhängig gemacht werden muss, wodurch sich gleichzeitig eine Gelegenheit zur Beschleunigung der Energiewende bieten kann; bedauert jedoch, dass die Kommission den Anstieg der Kraftstoffpreise für Verkehrsunternehmen noch nicht angegangen ist; fordert die Kommission auf, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kraftstoffpreise auf Verkehr und Mobilität in der Union gründlich zu analysieren und im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal als Reaktion auf die steigenden Preise im Verkehrsbereich weitere Maßnahmen zu beschließen;

48.

begrüßt die von mehreren Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen zur Minderung des Anstiegs der Kraftstoffpreise etwa durch vorübergehende Steuersenkungen und fordert die Kommission auf, koordinierte und gemeinsame Kriterien für die Union vorzulegen und die nationalen Behörden bei der Verabschiedung dieser Maßnahmen zu unterstützen;

49.

fordert die Kommission und insbesondere die nationalen Regierungen und die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf, Maßnahmen entsprechend dem 10-Punkte-Plan der Internationalen Energie-Agentur zur Senkung des Ölverbrauchs umzusetzen, z. B. die Ausweitung der Telearbeit, autofreie Sonntage in den Städten, die verstärkte Förderung von öffentlichen Verkehrsmitteln, der Mikromobilität, des Zufußgehens und des Radfahrens, verstärktes Carsharing, die Förderung effizienten Fahrens für Güterlastkraftwagen und bei Warenlieferungen, die Nutzung von Hochgeschwindigkeits- und Nachtzügen anstelle von Flugzeugen, wo dies möglich ist, die Vermeidung von Geschäftsreisen per Flugzeug, wo Alternativen bestehen, und die verstärkte Einführung von Elektrofahrzeugen und effizienteren Fahrzeugen;

50.

hält es für dringend erforderlich, in der Union die Erzeugung von, Versorgung mit und Speicherung von Brennstoffen und Energie aus erneuerbaren Quellen deutlich zu erhöhen und die Diversifizierung der Energieversorgung in der EU auszuweiten, auch durch die kurzfristige Einfuhr alternativer Energieträger, etwa über Terminals in Häfen in der Union für Flüssiggas als Übergangsenergieträger, wobei weder Knebeleffekte noch gestrandete Vermögenswerte entstehen dürfen und die Klimaziele der Union zu beachten sind; betont zudem, dass das Energieverbundnetz der Mitgliedstaaten, insbesondere zwischen der Iberischen Halbinsel und dem restlichen Europa, verstärkt werden muss;

51.

vertritt die Ansicht, dass Synergie- und Ergänzungseffekte in Bezug auf das TEN-V und das TEN-E gefördert werden sollten, wobei die bestehenden und künftigen Finanzierungsmöglichkeiten und die Höhe der Finanzmittel für den Ausbau des TEN-V in vollem Umfang sichergestellt werden sollten;

Tourismus

52.

betont, dass die gegenwärtige verbrecherische Aggression Russlands gegen die Ukraine in der Tourismusbranche tiefe Spuren hinterlässt, insbesondere in den Grenzgebieten; stellt fest, dass Touristen von Reisen in bestimmte Mitgliedstaaten der Union wie Polen, Rumänien, die Slowakei oder die baltischen Staaten absehen, weil diese Länder in der Nähe der Grenze zur Ukraine liegen und die Touristen Angst vor dem Krieg haben; stellt fest, dass die Tourismusbranche dieser Länder ungeachtet ihrer eigenen Probleme Flüchtlinge aus der Ukraine unterstützt; fordert deshalb eine gemeinsame Tourismuspolitik der Union und insbesondere einen Aktionsplan mit wirksamer finanzieller Unterstützung der Branche und der am stärksten betroffenen Reiseziele zur Bewältigung der jüngsten Krisen, die durch die COVID-19-Pandemie und Russlands verbrecherische Aggression gegen die Ukraine verursacht wurden;

53.

bekräftigt seine starke Unterstützung für die Einrichtung eines Krisenbewältigungsmechanismus der Union für die Tourismusbranche der Union, um auf Krisen großen Ausmaßes wie Pandemien, Kriege, humanitäre Krisen oder die Auswirkungen des Klimawandels angemessen und rasch reagieren zu können; erachtet es als sehr wichtig, Finanzierungslösungen für kurzfristige finanzielle Engpässe, die sich aus solchen Krisen ergeben, einzubeziehen und außerdem für mittel- und langfristige Rahmenregelungen und Strategien zu sorgen;

54.

hebt hervor, dass sich durch die steigenden Ausgaben für Energie und Lebensmittel, die infolge des Krieges noch weiter steigen, die Kosten der Tourismusunternehmen, der gesamten Wertschöpfungskette und insbesondere der KMU, die nach zwei Jahren Pandemie bereits um ihr Überleben kämpfen, vervielfachen dürften; fordert deshalb die Mitgliedstaaten auf, für die notwendige Entlastung durch steuerliche Maßnahmen und insbesondere durch Steuersenkungen zu sorgen, und fordert die Kommission auf, Unionsmittel zur Verbesserung der Liquidität von KMU einzusetzen; betont in dieser Hinsicht, dass sich die Erholung der Branche weiter verzögern dürfte, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die bestehenden öffentlichen Hilfen etwa durch den Aufschub anstehender Zahlungsverpflichtungen beizubehalten;

55.

betont, dass die COVID-19-Pandemie und die derzeitige Krise des Krieges in der Ukraine gezeigt haben, dass es dringend erforderlich ist, eine Unionsagentur für Tourismus einzurichten; vertritt die Auffassung, dass als kurzfristige Lösung für die Erholung der Tourismuswirtschaft in der EU eine Koordinierung unentbehrlich ist und dass in einer der bestehenden Agenturen rasch eine besondere Abteilung eingerichtet werden sollte, die für die Schaffung einer neuen Tourismusmarke der Union als Werbemaßnahme für die Union als sicheres, nachhaltiges und intelligentes Reiseziel für alle zuständig sein sollte; fordert eine gemeinsame Kampagne der Union, in der die Union als Reiseziel beworben wird und Touristen auf die Reiseziele aufmerksam gemacht werden, die am stärksten von Touristen aus der Ukraine und Russland abhängig sind;

56.

fordert die Kommission auf, Hotels und Kurzzeitvermieter, die ukrainische Flüchtlinge unterbringen, zu unterstützen;

57.

begrüßt, dass die Tourismusunternehmen bereits ukrainische Flüchtlinge einstellen, und fordert die Kommission auf, solche Aktionen zu unterstützen, indem sie als Antwort auf den Arbeitskräftemangel im Tourismus, der in der Zeit nach der Pandemie ein relevantes Problem in der Tourismusbranche ist, ein befristetes Finanzierungsprogramm der Union auflegt;

o

o o

58.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. L 57 vom 28.2.2022, S. 1.

(2)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0052.

(3)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0099.

(4)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0121.

(5)  Angenommene Texte, P9_TA(2022)0120.


III Vorbereitende Rechtsakte

Europäisches Parlament

Dienstag, 3. Mai 2022

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/171


P9_TA(2022)0129

Allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie zur Aufhebung des Beschlusses (76/787/EGKS, EWG, Euratom) des Rates und des diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (2020/2220(INL) — 2022/0902(APP))

(2022/C 465/17)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Erklärung vom 9. Mai 1950, in der die Errichtung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) als die erste Etappe der europäischen Föderation vorgeschlagen wurde,

unter Hinweis auf den Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitgliedern des Europäischen Parlaments („Wahlakt“) im Anhang zum Beschluss des Rates 76/787/EGKS, EWG, Euratom vom 20. September 1976, geändert durch den Beschluss 2002/772/EG, Euratom des Rates vom 25. Juni und 23. September 2002 (1) sowie durch den Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates vom 13. Juli 2018 (2),

unter Hinweis auf die Verträge, insbesondere die Artikel 2, 3, 9, 10 und 14 sowie Artikel 17 Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), die Artikel 8, 20 und 22 sowie Artikel 223 Absatz 1 und Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 2 des Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union,

unter Hinweis auf das Protokoll Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Richtlinie 93/109/EG des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei der Wahl zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (3),

unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zum Wahlverfahren des Europäischen Parlaments, insbesondere auf seine Entschließung vom 15. Juli 1998 zu einem Entwurf eines Wahlverfahrens mit gemeinsamen Grundsätzen für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (4), seine Entschließung vom 22. November 2012 zu der Wahl zum Europäischen Parlament im Jahre 2014 (5), seine Entschließung vom 4. Juli 2013 zu verbesserten praktischen Vorkehrungen für die Wahl zum Europäischen Parlament im Jahre 2014 (6) und seine Entschließung vom 11. November 2015 zur Reform des Wahlrechts der EU (7),

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 13. März 2013 (8) und 7. Februar 2018 (9) zur Zusammensetzung des Europäischen Parlaments,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Bestandsaufnahme zu der Wahl zum Europäischen Parlament (10),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen (11), insbesondere die Artikel 13, 21 und 31,

unter Hinweis auf die Rahmenvereinbarung vom 20. Oktober 2010 über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission,

unter Hinweis auf den in dessen Plenarsitzung vom 20. März 2019 angenommenen Informationsbericht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema „Die praktische Ausübung des Wahlrechts durch Menschen mit Behinderungen bei der Europawahl“ (12) sowie auf dessen weitere am 2. Dezember 2020 angenommene Stellungnahme zu der Notwendigkeit, die praktische Ausübung des Wahlrechts durch Menschen mit Behinderungen bei der Wahl zum Europäischen Parlament sicherzustellen (13),

unter Hinweis auf das im Jahr 2010 von der EU und von allen Mitgliedstaaten ratifizierte Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-BRK), und auf Artikel 29 dieses Übereinkommens, in dem die Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben behandelt wird,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2021 mit dem Titel „Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030“ (COM(2021)0101),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. Dezember 2020 über den Europäischen Aktionsplan für Demokratie (COM(2020)0790),

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta), insbesondere die Artikel 11, 21, 23 und 39,

unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere deren Grundsatz 1,

unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, insbesondere auf Artikel 25,

unter Hinweis auf die Arbeiten der Interparlamentarischen Union (UIP) zur Gleichstellung der Geschlechter, insbesondere ihren Aktionsplan für gleichstellungsorientierte Parlamente,

unter Hinweis auf die Rede zur Lage der Union 2021, in der Ursula von der Leyen das Jahr 2022 zum Jahr der Jugend erklärte,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission zum Europäischen Jahr der Jugend 2022,

gestützt auf die Artikel 46 und 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A9-0083/2022),

A.

in der Erwägung, dass das Europäische Parlament seit 1976, als der Wahlakt zum ersten Mal den Weg für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in allgemeiner unmittelbarer Wahl ebnete, kontinuierlich die Reform des europäischen Wahlrechts und Schritte hin zu einem echten, einheitlichen und europäischen Wahlverfahren fordert;

B.

in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon einen positiven Schritt nach vorne darstellt, da das Recht des Europäischen Parlaments bestätigt wurde, den Entwurf eines Wahlakts sowie einen Vorschlag für seine Zusammensetzung auf den Weg zu bringen;

C.

in der Erwägung, dass weitere wichtige Änderungen im Vertrag von Lissabon insbesondere den Wortlaut von Artikel 14 EUV betrafen, der besagt, dass sich das Europäische Parlament aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger und nicht der Völker der Mitgliedstaaten zusammensetzt, sowie den Verweis auf die Rolle des Parlaments bei der Wahl des Präsidenten der Kommission, der unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Wahl zum Europäischen Parlament gewählt werden sollte;

D.

in der Erwägung, dass das Verfahren für die Wahl von 2014 einen Präzedenzfall für die Rolle des Parlaments bei der Auswahl des Präsidenten der Kommission geschaffen hat; in der Erwägung, dass es nicht möglich war, dass dieses Verfahren Teil einer umfassenden Reform des EU-Wahlrechts wurde, was dazu beigetragen hat, den politischen Hintergrund für die unerwartete Abschaffung des Grundsatzes des Spitzenkandidaten nach der Europawahl 2019 zu schaffen; in der Erwägung, dass der Spitzenkandidat, dessen europäische politische Einheit die höchste Gesamtzahl an Sitzen erhalten hat, als erstes mit der Suche nach einer Koalitionsmehrheit im neu gewählten Parlament mit Blick auf die Nominierung eines Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission beauftragt werden sollte; in der Erwägung, dass, falls keine Koalitionsmehrheit zustande kommt, die Aufgabe dem nächstplatzierten Kandidaten übertragen werden sollte; in der Erwägung, dass das Parlament erwartet, dass der Präsident des Europäischen Rates die genannten Vorsitzenden der europäischen politischen Einheiten und Fraktionen konsultiert, um den Nominierungsprozess zu begleiten, und dass das Parlament der Auffassung ist, dass dieses Spitzenkandidatenverfahren durch eine politische Vereinbarung zwischen den europäischen politischen Einheiten und durch eine Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen Parlament und Europäischem Rat formalisiert werden könnte;

E.

in der Erwägung, dass einige bestehende gemeinsame Bestimmungen im derzeitigen Europäischen Wahlakt den Weg zu notwendigen Verbesserungen weisen, einschließlich derjenigen, die vorsehen, dass die Kandidaten nach dem Verhältniswahlrecht in einer Listenwahl oder einer Wahl mittels einer einzigen, übertragbaren Stimme gewählt werden, dass auf nationaler Ebene Wahlkreise eingerichtet werden können, dass in den nationalen Wahlkreisen ein Schwellenwert von höchstens 5 % eingeführt wird, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments sicherzustellen, und dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments kein Doppelmandat im nationalen und im Europäischen Parlament innehaben dürfen;

F.

in der Erwägung, dass trotz einiger Fortschritte bei der Festlegung gemeinsamer Standards für die Verfahren zur Wahl zum Europäischen Parlament die Europawahl heute immer noch größtenteils durch nationale Gesetze geregelt wird und daher weitere Verbesserungen erforderlich sind, um ein wirklich einheitliches Verfahren für die Wahl zum Europäischen Parlament zu schaffen;

G.

in der Erwägung, dass die bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2019 verzeichnete Wahlbeteiligung die höchste aller Wahlen zum Europäischen Parlament in den vergangenen 20 Jahren war; in der Erwägung, dass es große Unterschiede in der Wahlbeteiligung der Mitgliedstaaten gibt; in der Erwägung, dass eine höhere Wahlbeteiligung ein positives Signal ist, das zeigt, dass die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, insbesondere die jüngste Generation, ein zunehmendes Interesse an der Entwicklung der europäischen Integration haben, wie auch die Ergebnisse der Eurobarometer-Sonderumfrage vom 9. März 2021 zeigen; in der Erwägung, dass diese Wahlbeteiligung bedeutet, dass nur die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger gewählt hat; in der Erwägung, dass das gestiegene Interesse an der Wahl zum Europäischen Parlament darauf hinweist, dass die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger rasche Maßnahmen der Union in Bezug auf den Klimawandel, die wirtschaftliche Erholung, den Schutz der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, die Migration und die Rolle der Europäischen Union in internationalen Beziehungen fordern; in der Erwägung, dass ein Kommunikationsaufwand nötig ist, um das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an Europafragen sowie die diesbezügliche Rolle europäischer politischer Parteien und Stiftungen zu stärken;

H.

in der Erwägung, dass der Trend einer steigenden Wahlbeteiligung verbessert werden kann, wenn die Verbindung zwischen Wählern und Kandidaten sowie deren Rechenschaftspflicht gestärkt werden und die unionsweite Dimension gefördert wird;

I.

in der Erwägung, dass ein funktionierendes Wahlsystem Vertrauen und Unterstützung in der Bevölkerung schafft und das Vertrauen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in ihre Fähigkeit, die Gesellschaft durch ihre Stimmabgabe demokratisch zu verändern, stärkt;

J.

in der Erwägung, dass die Zustimmung der Mitgliedstaaten zu dem Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates vom 13. Juli 2018 noch aussteht, dies aber den erforderlichen Änderungen der Wahlsysteme der Union nicht entgegensteht;

K.

in der Erwägung, dass die wachsende politische Dynamik in der gesamten Union die Möglichkeit bieten könnte, Elemente und Bestimmungen einzuführen, mit denen die unionsweite Dimension der Wahl gestärkt wird;

L.

in der Erwägung, dass ein angemessener Ansatz zur Reform des Wahlrechts für die Wahl zum Europäischen Parlament auf der Achtung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und der Einführung gemeinsamer Mindeststandards beruhen sollte;

M.

in der Erwägung, dass die Reform des Verfahrens zur Wahl zum Europäischen Parlament darauf abzielen sollte, die demokratische und transnationale öffentliche Debatte und Dimension der Wahl zum Europäischen Parlament und die demokratische Legitimität des Entscheidungsprozesses der Union zu verbessern, die Bürgerschaft in der Union zu stärken, die Funktionsweise des Europäischen Parlaments und die Governance der Union zu verbessern, die Arbeit des Europäischen Parlaments legitimer und legislativer zu machen, indem ihm ein echtes Initiativrecht verliehen wird, die Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit, insbesondere zwischen Frauen und Männern, zu stärken, die Effizienz des Systems zur Durchführung der Wahl zum Europäischen Parlament zu verbessern und die Mitglieder des Europäischen Parlaments ihren Wählern — und insbesondere den jüngsten unter ihnen — näherzubringen;

N.

in der Erwägung, dass in der Empfehlung 16 des europäischen Bürgerforums 2 zu „Demokratie in Europa/Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit“ der Konferenz zur Zukunft Europas ein Wahlrecht für das Europäische Parlament gefordert wird, mit dem die Wahlbedingungen (Wahlalter, Wahltermin, Anforderungen an Wahlbezirke, Kandidaten, politische Parteien und ihre Finanzierung) harmonisiert werden, und dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, verschiedene Parteien auf EU-Ebene zu wählen, die jeweils aus Kandidaten aus mehreren Mitgliedstaaten bestehen, und dass die Bürgerinnen und Bürger während eines ausreichenden Übergangszeitraums weiterhin sowohl für nationale als auch für transnationale Parteien wählen können;

O.

in der Erwägung, dass in dem Bericht über die Ideen der Jugend, der als Ergebnis des Europäischen Jugendevents (EYE) vom 22. bis zum 23. Oktober 2021 veröffentlicht wurde, transnationale Listen vorgeschlagen werden, wobei die Wähler eine Liste nationaler Kandidaten und eine zusätzliche Liste mit Kandidaten aus allen Mitgliedstaaten erhalten würden; in der Erwägung, dass dieser Bericht auch die Durchsetzung des Spitzenkandidatenverfahrens unterstützt;

P.

in der Erwägung, dass im dritten Zwischenbericht über die mehrsprachige digitale Plattform der Konferenz zur Zukunft Europas festgestellt wird, dass die Schaffung von unionsweiten transnationalen Wahllisten zu den am häufigsten diskutierten Vorschlägen zählt und weithin befürwortete wird;

Q.

in der Erwägung, dass in der am 17. Januar 2022 von den Vorsitzenden der PPE-, S&D- und Renew-Fraktion gebilligten politischen Vereinbarung „unsere Prioritäten für die Europäer“ das Spitzenkandidatenverfahren in Verbindung mit transnationalen Listen mit einer ausreichenden Zahl von Sitzen für die nächste Europawahl gefordert wurde;

R.

in der Erwägung, dass die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Chancengleichheit in Bezug auf Minderheiten berücksichtigt werden müssen, die im Europäischen Parlament unterrepräsentiert sind; in der Erwägung, dass rund 20 von 705 Mitgliedern des Europäischen Parlaments nach eigener Angabe zu einer Minderheit gehören (=2,8 %) (14); in der Erwägung, dass die Venedig-Kommission die Bedeutung garantierter Sitze, die Mitgliedern nationaler Minderheiten vorbehalten sind, niedrigerer Sperrklauseln im Verhältniswahlrecht für Parteien, die nationale Minderheiten vertreten, oder der Benennung von Wahlbezirken gewürdigt hat, um die Teilnahme von Minderheiten an Entscheidungsfindungsprozessen zu verbessern (15);

S.

in der Erwägung, dass die Möglichkeit, ein einheitliches Wahlverfahren auf der Grundlage einer allgemeinen unmittelbaren Wahl zu entwickeln, seit 1957 in den Verträgen verankert ist;

T.

in der Erwägung, dass das Recht aller Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, gleichberechtigt am demokratischen Leben der Union teilzunehmen, durch eine umfassendere Harmonisierung des Verfahrens für die Wahl zum Europäischen Parlament in allen Mitgliedstaaten gefördert würde, was auch die politische Dimension der europäischen Integration stärken würde;

U.

in der Erwägung, dass die europäischen politischen Parteien zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins beitragen, und daher eine stärkere Rolle in den Wahlkampagnen für die Wahl zum Europäischen Parlament spielen sollten, um ihre Sichtbarkeit zu verbessern und den Zusammenhang zwischen einer Stimme für eine bestimmte nationale Partei und den Auswirkungen auf die Größe einer europäischen Fraktion im Europäischen Parlament und auf die Nominierung des Präsidenten der Kommission deutlich zu machen;

V.

in der Erwägung, dass Vereinigungen von Wählern oder Wahleinheiten, die keiner europäischen politischen Partei angehören, bei den Wahlkampagnen für die Wahl zum Europäischen Parlament eine Rolle spielen müssen, um die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Wahlprozess zu erhöhen;

W.

in der Erwägung, dass sich der Nominierungsprozess von Kandidaten für Wahl zum Europäischen Parlament zwischen den Mitgliedstaaten und nationalen Parteien stark unterscheidet, besonders in Bezug auf Transparenz, Demokratiestandards und Standards für die Gleichstellung der Geschlechter; in der Erwägung, dass offene, transparente und demokratische Verfahren, bei denen die Gleichstellung der Geschlechter gewahrt wird, für die Auswahl der Kandidaten jedoch von wesentlicher Bedeutung sind, um Vertrauen in das politische System aufzubauen;

X.

in der Erwägung, dass die Fristen für die Fertigstellung der Wahllisten vor der Europawahl in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind und derzeit zwischen 17 und 83 Tagen liegen; in der Erwägung, dass dies Kandidaten und Wähler in der gesamten Union in eine ungleiche Position bringt, wenn es um die Zeit geht, die ihnen für den Wahlkampf oder zum Nachdenken über ihre Wahlentscheidung zur Verfügung steht;

Y.

in der Erwägung, dass die Fristen für die Fertigstellung des Wählerverzeichnisses vor der Europawahl in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über die Wähler (der darauf abzielt, eine doppelte Stimmabgabe zu vermeiden) schwierig, wenn nicht gar unmöglich machen könnten;

Z.

in der Erwägung, dass die Einrichtung eines unionsweiten Wahlkreises, in dem Listen mit dem Kandidaten jeder politischen Gruppierung für das Amt des Kommissionspräsidenten geführt werden, die Demokratie in der Union stärken und die Wahl des Kommissionspräsidenten und dessen Rechenschaftspflicht weiter legitimieren würde; in der Erwägung, dass dies zum Aufbau eines europäischen politischen Raums beitragen und dazu führen könnte, dass bei der Wahl zum Europäischen Parlament wirkliche europäische Fragen und nicht ausschließlich Fragen von nationalem Interesse im Mittelpunkt stehen;

AA.

in der Erwägung, dass die Staats- und Regierungschefs auf ihrem informellen Treffen am 23. Februar 2018 beschlossen haben, ihre Überlegungen sowie die technische, rechtliche und politische Arbeit zur Frage der Einführung transnationaler Listen für die Wahl 2024 weiterzuführen;

AB.

in der Erwägung, dass nicht alle Mitgliedstaaten ihren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit einräumen, aus dem Ausland zu wählen, und dass unter den Mitgliedstaaten, die dies tun, die Bedingungen für die Gewährung des Wahlrechts sehr unterschiedlich sind; in der Erwägung, dass die Gewährung des Rechts auf Teilnahme an Wahlen für alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit Wohnsitz außerhalb der Union zur Wahlgleichheit beitragen würde; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten jedoch ihre Verwaltungssysteme besser koordinieren müssen, um zu verhindern, dass Wähler in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten wählen;

AC.

in der Erwägung, dass viele Menschen mit Behinderungen in einem Wahllokal wählen möchten; in der Erwägung, dass es in zwölf Mitgliedstaaten aufgrund der nationalen Vorschriften nicht möglich ist, seine Stimme in einem anderen Wahllokal als in dem auf der Grundlage des Wohnortes zugewiesenen Wahllokal abzugeben, das der Art der Behinderung besser angemessen ist; in der Erwägung, dass in Artikel 29 des VN-BRK ausdrücklich vorgesehen ist, dass sich die Vertragsstaaten verpflichten, sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können; in der Erwägung, dass jegliche Hürden im Hinblick auf das aktive und passive Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen, insbesondere rechtliche Hindernisse für Erwachsene mit Behinderungen, die für geschäftsunfähig erklärt wurden, beseitigt werden sollten, sodass die Zugänglichkeit während der gesamten Wahl, auch durch zusätzliche Beteiligungssysteme für die Ausübung des Wahlrechts, insbesondere durch Briefwahl, sichergestellt wird;

AD.

in der Erwägung, dass eine Wahlbehörde, die als unabhängige Stelle fungiert und die ordnungsgemäße Anwendung des europäischen Wahlrechts sicherstellt, auf Unionsebene in Form eines Netzes der einheitlichen Ansprechpartner der Mitgliedstaaten eingerichtet werden sollte, da dies den Zugang zu Informationen über die Vorschriften für die Europawahlen erleichtern, den Prozess straffen, insbesondere den unionsweiten Wahlkreis verwalten und den europäischen Charakter dieser Wahlen verstärken würde;

AE.

in der Erwägung, dass die Briefwahl mehr Wählern die Teilnahme ermöglichen und die Durchführung der Wahl zum Europäischen Parlament effizienter und für die Wähler attraktiver machen könnte, wobei gleichzeitig die höchstmöglichen Datenschutzstandards sichergestellt werden müssen und die Stimmabgabe in den Wahllokalen der Normalfall bleiben muss; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren nationalen Traditionen ergänzende Instrumente zur Erhöhung der Wahlbeteiligung bereitstellen können, wie etwa die Stimmrechtsvertretung oder die elektronische oder Internet-Wahl; in der Erwägung, dass viele nationale Stellen für den Schutz digitaler Freiheiten Vorbehalte gegen die Online-Stimmabgabe geäußert haben; in der Erwägung, dass die Online-Stimmabgabe größere Schwierigkeiten in Bezug auf die Grundprinzipien für Wahlen aufwirft (das Wahlgeheimnis, den persönlichen und freien Charakter der Stimmabgabe, die Vertrauenswürdigkeit von Wahlen, eine wirksame Überwachung der Stimmabgabe und eine nachträgliche Kontrolle der Wahlhelfer); in der Erwägung, dass diese Schwierigkeiten durch einen gemeinsamen Rechtsrahmen und ein gemeinsames Verfahren überwunden werden können, in dem die höchsten Standards in Bezug auf Datenschutz, Wahlintegrität, Transparenz, Zuverlässigkeit und Wahlgeheimnis gewährleistet sind;

AF.

in der Erwägung, dass in Artikel 7 Absatz 1 des Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments vom 20. September 1976 festgelegt ist, dass „das Amt eines Mitglieds des Europäischen Parlaments mit dem Amt eines Mitglieds der Kommission unvereinbar ist“;

1.

schlägt die Reform seines Wahlverfahrens mit dem Ziel vor, einen europäischen öffentlichen Raum konkret zu gestalten, indem gemeinsame Mindeststandards und Gesetzesänderungen im Vorfeld der Wahl zum Europäischen Parlament 2024 vorgeschlagen werden;

2.

hält es für wesentlich, die Transparenz und die demokratische Rechenschaftspflicht des Parlaments zu verbessern, indem die europäische Dimension der Wahl gestärkt wird, insbesondere durch eine Umwandlung der Wahl zum Europäischen Parlament in eine einzige europäische Wahl, vor allem mit einem unionsweiten Wahlkreis, im Gegensatz zu der Ansammlung von 27 separaten nationalen Wahlen, wie die Europawahl derzeit organisiert wird;

3.

ist der Ansicht, dass die europäischen politischen Parteien, Wählervereinigungen und andere europäische Wahleinheiten einen höheren Stellenwert bei der Europawahl haben sollten, dass sie für die Wähler deutlich sichtbar sein sollten und dass sie eine angemessene Unterstützung und Finanzierung erhalten sollten, damit sie ihre Rolle erfüllen können;

4.

weist darauf hin, dass unterschiedliche Kulturen des Wählens zu einer Reihe von unterschiedlichen Wahlsystemen und Wahlrechten in der Union geführt haben; ist der Auffassung, dass gemeinsame demokratische Mindeststandards im europäischen Wahlrecht eine echte öffentliche europäische Debatte fördern und die Gleichheit der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sicherstellen können, u. a. in Bezug auf das Wahlrecht, das Recht, eine Partei, eine Wählervereinigung oder eine andere Wahleinheit zu gründen und sich zur Wahl zu stellen; den Zugang zu den Wahlurnen, die Aufstellung von Kandidaten, einschließlich der Gleichstellung der Geschlechter; die Barrierefreiheit der Stimmabgabe, insbesondere für Menschen mit Behinderungen; oder das, was am Tag der Wahl geschieht;

5.

fordert die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens mit Eckwerten und Mindeststandards für Wahlvorschriften in der gesamten Union und schlägt vor, sich auf eine starke Koordinierung mit nationalen Maßnahmen zur Umsetzung des Kerns seiner Vorschläge zu konzentrieren;

6.

fordert die Organe der Union auf, die Prioritäten zu berücksichtigen, die von den Bürgerinnen und Bürgern der Union im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas festzulegen sind;

7.

nimmt die Rolle der Kommission als Vermittlerin in den institutionellen Gesprächen zwischen dem Europäischen Parlaments, und dem Rat über die Reform des Europäischen Wahlrechts zur Kenntnis; hält es für wesentlich, einen konstruktiven Dialog mit der Kommission zu führen, um u. a. die Ergebnisse des 2019 eingerichteten Europäischen Kooperationsnetzes für Wahlen zu bewerten und sich davon inspirieren zu lassen;

8.

hebt die Verbindungen zwischen den vorgeschlagenen Maßnahmen zur Überarbeitung des Wahlakts und der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 und dem von der Kommission im Dezember 2020 vorgestellten Europäischen Aktionsplan für Demokratie hervor, insbesondere in Bezug auf Elemente wie

die Art und Weise, in der Wahlen geregelt werden, nämlich durch Vorschriften, die nur innerhalb eines bestimmten Landes gelten oder die möglicherweise nicht unter Berücksichtigung des grenzenlosen Online-Raums formuliert wurden,

die Zusammenarbeit zwischen den Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten, die gestärkt werden muss,

die Transparenz in der politischen Werbung und Kommunikation, die sich auch in den Bestimmungen des Wahlrechts niederschlagen sollte;

9.

hält die Gleichstellung der Geschlechter für ein wichtiges Element zur Verbesserung der Vertretung bei Wahlen; begrüßt, dass bei der letzten Wahl das Verhältnis von Frauen und Männern insgesamt verbessert wurde; weist jedoch darauf hin, dass zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede bestehen, da in einigen keine einzige Frau zum Mitglied gewählt wurde; fordert die Einführung von Maßnahmen, mit denen die Chancengleichheit von Frauen und Männern bei der Wahl sichergestellt wird, ohne die Rechte nicht-binärer Menschen zu verletzen, z. B. durch die Verwendung von Listen nach dem Reißverschlusssystem oder Quoten;

10.

bedauert, dass die meisten nationalen und sprachlichen Minderheiten in der Regel nicht im Europäischen Parlament vertreten sind; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Sperrklauseln ein faktisches Hindernis für Parteien darstellen, die Minderheitengemeinschaften vertreten und in einzelnen nationalen Wahlkreisen oder in großen, dicht besiedelten Wahlkreisen antreten; ist daher der Ansicht, dass das europäische Wahlrecht es ermöglichen sollte, für Einheiten, die anerkannte nationale und sprachliche Minderheiten vertreten, Ausnahmen von den auf nationaler Ebene festgelegten Sperrklauseln vorzusehen;

11.

hält es für wesentlich, dass sowohl die europäischen als auch die nationalen politischen Parteien und Wählervereinigungen und andere europäische Wahleinheiten demokratische, fundierte und transparente Verfahren für die Auswahl der Kandidaten für das Europäische Parlament, darunter auch des Spitzenkandidaten, einführen, die die direkte Beteiligung der einzelnen Bürgerinnen und Bürger, die Parteimitglieder sind, gewährleisten, einschließlich, aber nicht beschränkt auf die Wahl von Delegierten; ist der Auffassung, dass eine solche demokratische Auswahl mit den notwendigen Informationen über die Fähigkeiten und Leistungen der angehenden Kandidaten einhergehen sollte;

12.

ist der Ansicht, dass alle europäischen Wähler die Möglichkeit haben sollten, ihren bevorzugten Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten zu wählen, und dass in allen Mitgliedstaaten Spitzenkandidaten im Rahmen von unionsweiten Listen kandidieren können sollten, die von einer europäischen politischen Partei, einer europäischen Wählervereinigung oder einer anderen europäischen Wahleinheit, die ein gemeinsames Wahlprogramm vorlegt, nominiert werden;

13.

fordert die europäischen politischen Parteien, europäischen Wählervereinigungen und europäischen Wahleinheiten auf, ihre Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten mindestens zwölf Wochen vor dem Wahltag zu benennen; ist der Auffassung, dass verbindliche demokratische Verfahren und Transparenz bei der Auswahl gewährleistet sein sollten; erwartet, dass die Kandidaten auf dem ersten Platz der entsprechenden Liste des unionsweiten Wahlkreises stehen;

14.

fordert, die Sichtbarkeit der europäischen politischen Parteien, europäischen Wählervereinigungen und europäischen Wahleinheiten durch Medienkampagnen und auf Stimmzetteln und allen Wahlmaterialien zu erhöhen; bestimmt, dass die nationalen Parteien und Wählervereinigungen gegebenenfalls ihre Zugehörigkeit zu europäischen politischen Parteien oder anderen europäischen Wahleinheiten und ihr Engagement für den entsprechenden Spitzenkandidaten während des Wahlkampfs angeben müssen;

15.

stellt fest, dass eine koordinierte Medienstrategie auf Unionsebene zur Sicherstellung der Wahlberichterstattung und -beobachtung dazu beitragen würde, das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Wahl zum Europäischen Parlament zu stärken;

16.

erwartet, dass sich die Vorsitzenden der europäischen politischen Parteien und Fraktionen auf der Grundlage des Ergebnisses der Europawahl einer Mehrheit im neu gewählten Parlament auf eine gemeinsame Ansage an den Europäischen Rat hinsichtlich der Nominierung eines Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission einigen; erwartet, dass der Präsident des Europäischen Rates die genannten Vorsitzenden der europäischen politischen Einheiten und Fraktionen konsultiert, um den Nominierungsprozess zu begleiten; ist der Auffassung, dass das Spitzenkandidatenverfahren durch eine politische Vereinbarung zwischen den europäischen politischen Einheiten und durch eine interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Parlament und dem Europäischen Rat formalisiert werden könnte;

17.

schlägt vor, die Praxis zu etablieren, dass interessierte Fraktionen eine „Legislaturvereinbarung“ schließen, um für eine politische Nachbereitung der Wahl zum Europäischen Parlament zu sorgen und als Mittel zur Sicherung einer Mehrheit im Parlament vor der Ernennung der Kommission zu dienen;

18.

ist der Auffassung, dass die Einführung eines unionsweiten Wahlkreises, in dem 28 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt werden — ohne dass sich dies auf die Zahl der in den einzelnen Mitgliedstaaten gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments auswirkt — und in dem die Listen von dem Kandidaten jeder politischen Gruppierung für das Amt des Kommissionspräsidenten angeführt werden, eine Möglichkeit bietet, die demokratische und transnationale Dimension der Wahl zum Europäischen Parlament zu stärken; ist der Ansicht, dass das Ziel der Einrichtung eines unionsweiten Wahlkreises nur dann erreichbar ist, wenn für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis und die geografische Ausgewogenheit gesorgt wird, wobei sicherzustellen ist, dass kleinere Mitgliedstaaten im Vergleich zu den größeren Mitgliedstaaten keinen Wettbewerbsnachteil erleiden; schlägt in diesem Zusammenhang vor, eine verbindliche geografische Repräsentation in den Listen für den gemeinsamen Wahlkreis einzuführen, und fordert die europäischen politischen Parteien, die europäischen Wählervereinigungen und die anderen europäischen Wahleinheiten auf, in die unionsweiten Listen Kandidaten aus allen Mitgliedstaaten aufzunehmen;

19.

betont, dass die Einrichtung eines unionsweiten Wahlkreises, in dem die Mitglieder auf der Grundlage transnationaler Listen gewählt werden, mit den Verträgen und insbesondere mit Artikel 14 Absatz 2 EUV vereinbar ist; ist der Ansicht, dass die Unterstützung für ein einheitliches europäisches Wahlrecht mit unionsweiten Listen und einem verbindlichen System von Spitzenkandidaten an politischer Dynamik gewonnen hat;

20.

ist der Ansicht, dass unionsweite Listen ein Hebel sind, mit dem die Stärkung der Repräsentativität und die Bildung effektiver europäischer politischer Parteien und Bewegungen herbeigeführt werden kann;

21.

schlägt vor, gemeinsame Bestimmungen über die Ausgaben im Zusammenhang mit dem Wahlkampf für die Wahl zum Europäischen Parlament für jede Einheit aufzunehmen, die zur Aufstellung einer Kandidatenliste für die Mitglieder des Europäischen Parlaments im unionsweiten Wahlkreis zugelassen ist; fordert diesbezüglich eine enge Abstimmung mit der bevorstehenden Überarbeitung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014;

22.

ist der Ansicht, dass die Finanzmittel, die europäische politische Parteien und andere europäische Wahleinheiten aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union oder aus anderen Quellen erhalten, zur Finanzierung des Wahlkampfs europäischer Wahleinheiten im Zusammenhang mit der Wahl zum Europäischen Parlament, an der sie oder ihre Mitglieder teilnehmen, verwendet werden können; ist der Auffassung, dass die Finanzierung und die Begrenzung der Wahlkampfkosten in den nationalen Wahlkreisen in jedem Mitgliedstaat durch die jeweiligen nationalen Vorschriften geregelt wird;

23.

weist darauf hin, dass das Mindestalter für das passive Wahlrecht in den 27 Mitgliedstaaten zwischen 18 und 25 Jahren und das Mindestalter für das aktive Wahlrecht zwischen 16 und 18 Jahren variiert; fordert die Einführung eines einheitlichen, harmonisierten Alters für das passive und aktive Wahlrecht in allen Mitgliedstaaten und empfiehlt ihnen, das Mindestalter für das Wahlrecht auf 16 Jahre festzulegen, unbeschadet bestehender Verfassungsordnungen, die ein Mindestwahlalter von 18 oder 17 Jahren vorsehen; ist der Ansicht, dass das Wahlrecht ab dem Alter von 16 Jahren die aktuellen Rechte und Pflichten von europäischen Jugendlichen in den Mitgliedstaaten widerspiegeln würde;

24.

schlägt vor, die Möglichkeit einer vorübergehenden Vertretung von Mitgliedern bei Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaub sowie bei langer krankheitsbedingter Abwesenheit einzuführen;

25.

hält die Transparenz des Wahlprozesses und den Zugang zu verlässlichen Informationen für wesentliche Elemente, um das politische Bewusstsein für Europa zu schärfen und eine Wahlbeteiligung zu erreichen, die hoch genug ist, dass man von einem Mandat der Wähler und Wählerinnen sprechen kann; betont, dass die Bürger rechtzeitig — und zwar 12 Wochen vor der Wahl — über die bei der Wahl zum Europäischen Parlament antretenden Kandidaten und über die Zugehörigkeit nationaler politischer Parteien oder Wählervereinigungen zu einer europäischen politischen Partei oder europäischen Wählervereinigung informiert werden sollten;

26.

regt zum Eingreifen von Maßnahmen und zur Einführung von Sicherheitsvorkehrungen an, um eine ausländische Einmischung in den Wahlprozess zu vermeiden;

27.

betont, dass die Fristen für die Fertigstellung des Wählerverzeichnisses vor der Wahl zum Europäischen Parlament in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind; schlägt vor, ein europäisches Wählerverzeichnis einzurichten und einen gemeinsamen Standard für die Erstellung und Fertigstellung des nationalen Wählerverzeichnisses festzulegen, die nicht später als vierzehn Wochen vor dem Wahltag erfolgen sollte, um genauere Informationen über die Wähler zu erhalten sowie den Austausch dieser Informationen zwischen den Mitgliedstaaten einfacher zu machen und um die Verhinderung der doppelten Stimmabgabe zu erleichtern, indem sichergestellt wird, dass eine solche doppelte Stimmabgabe, unabhängig davon, ob sie das Ergebnis eines Verwaltungsfehlers oder eines Verstoßes gegen das Wahlrecht ist, auf nationaler Ebene mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen geahndet wird und zu Abhilfemaßnahmen seitens der Mitgliedstaaten führt;

28.

schlägt vor, eine Europäische Wahlbehörde einzurichten, deren Aufgabe es ist, die Informationen über die Europawahl zu koordinieren, die Umsetzung der gemeinsamen Normen des Wahlrechts für die Wahl zum Europäischen Parlament zu überwachen und Streitigkeiten darüber beizulegen, das europäische Wählerverzeichnis zu verwalten, die Wahlergebnisse zu verkünden und den Austausch von Informationen über die Stimmabgabe von Unionsbürgern außerhalb ihres Heimatlandes zu beaufsichtigen; ist der Auffassung, dass ein solches Gremium einen effizienten Informationsaustausch und insbesondere den Austausch bewährter Verfahren zwischen den nationalen Gremien erleichtern könnte; führt an, dass eine wesentliche Aufgabe der Europäischen Wahlbehörde die Verwaltung des Verzeichnisses der Wählerlisten für den unionsweiten Wahlkreis wäre; fordert die Haushaltsbehörden auf, dafür zu sorgen, dass die Europäischen Wahlbehörde über ausreichende Ressourcen verfügt, um ihre Aufgaben erfüllen zu können;

29.

schlägt vor, gemeinsame Mindeststandards festzulegen, um einheitliche Anforderungen an die Erstellung von Wählerlisten einzuführen;

30.

hält es für wesentlich, den Zugang zur Wahl bei der Wahl zum Europäischen Parlament zu erleichtern und zu gewährleisten, dass alle Wahlberechtigten — einschließlich der Unionsbürger, die außerhalb ihres Herkunftslandes leben, die keinen festen Wohnsitz haben, die in geschlossenen Einrichtungen leben, die von Obdachlosigkeit betroffen sind oder die inhaftiert sind — dieses Recht ausüben können; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu Informationen und zur Wahl gleichberechtigt für alle Bürger sicherzustellen, einschließlich für Menschen mit Behinderungen, beispielsweise durch das Mieten geeigneter Räumlichkeiten, wenn öffentliche Strukturen nicht angemessen eingerichtet sind;

31.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Maximierung der Zugänglichkeit der Wahl für Bürger mit Behinderungen einzuführen, die sich unter anderem und sofern angemessen auf Wahlinformationen und -registrierung, Wahllokale, Wahlkabinen und -geräte und Stimmzettel erstrecken; empfiehlt die Einrichtung geeigneter, auf nationale Wahlvorgänge zugeschnittener Vorkehrungen, um die Wahl für Bürger mit Behinderungen zu erleichtern, wie zum Beispiel die Möglichkeit der Auswahl eines Wahllokals, geschlossene Wahllokale in zentralen Orten, und die Verwendung unterstützender Technologien, Formate und Techniken, wie Braille, Großdruck, audiobasierte Informationen, taktile Schablonen, leicht lesbare Informationen und Gebärdensprache; fordert Mitgliedstaaten auf, Personen mit Behinderungen wenn nötig und auf ihre Anfrage zu gewähren, beim Wählen durch eine Person ihrer Wahl unterstützt zu werden;

32.

fordert die Mitgliedstaaten auf, gemeinsame Anforderungen einzuführen, die es allen Unionsbürgern, die in einem Drittland leben oder arbeiten, ermöglichen, das Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament gewährt zu bekommen;

33.

ist der Auffassung, dass die Einführung der Briefwahl für Wähler, die am Wahltag nicht in die Wahllokale gehen können, notwendig ist und dass dies die Durchführung der Europawahl effizienter und attraktiver für Wähler in besonderen oder außergewöhnlichen Umständen machen könnte; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit ihren eigenen nationalen Traditionen sowie unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Europarats in diesen Bereichen und mit angemessenen Garantien zur Gewährleistung der Zuverlässigkeit, der Integrität, des Wahlgeheimnisses, der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen, der Transparenz bei der Gestaltung und dem Einsatz von elektronischen und internetgestützten Systemen, der Möglichkeit manueller oder elektronischer Nachzählungen ohne Beeinträchtigung des Wahlgeheimnisses sowie des Schutzes personenbezogener Daten im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht die mögliche Einführung ergänzender Instrumente zur Verbesserung der Stimmabgabe, wie z. B. die vorgezogene persönliche Stimmabgabe und die Stimmabgabe durch Bevollmächtigte sowie die elektronische Stimmabgabe und die Stimmabgabe über das Internet, zu prüfen;

34.

ist der Ansicht, dass die Festlegung eines gemeinsamen europäischen Wahltages eine kohärentere gesamteuropäische Wahl schaffen würde, und schlägt daher vor, den 9. Mai als europäischen Wahltag festzulegen, unabhängig davon, auf welchen Wochentag er fällt, mit der Möglichkeit, diesen Tag zu einem Feiertag zu machen; hält es für wichtig, dass die ersten offiziellen Hochrechnungen der Wahlergebnisse am Wahltag um 21.00 Uhr MEZ gleichzeitig in allen Mitgliedstaaten bekannt gegeben werden;

35.

hält es für wichtig, dass nach jeder Wahl ein Durchführungsbericht mit dem Ziel erstellt wird, die Funktionsweise der Europawahl zu bewerten und gegebenenfalls Verbesserungen vorzuschlagen;

36.

schlägt eine Reform der Verträge vor, um das Amt eines Mitglieds der Kommission und das Amt eines Mitglieds des Europäischen Parlaments in der Zeit zwischen der Konstituierung des Parlaments und der Wahl der Kommission miteinander in Einklang zu bringen;

37.

fordert eine Reform der Verträge und insbesondere des Artikels 223 AEUV über die erforderlichen Bestimmungen für die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments, bei der von der Einstimmigkeit des Rates und der Ratifizierung auf nationaler Ebene zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rat übergegangen wird;

38.

nimmt den beigefügten Vorschlag an und legt ihn dem Rat vor;

39.

beauftragt seine Präsidentin, diese legislative Entschließung sowie den beigefügten Vorschlag dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1)  ABl. L 283 vom 21.10.2002, S. 1.

(2)  ABl. L 178 vom 16.7.2018, S. 1.

(3)  ABl. L 329 vom 30.12.1993, S. 34.

(4)  ABl. C 292 vom 21.9.1998, S. 66.

(5)  ABl. C 419 vom 16.12.2015, S. 185.

(6)  ABl. C 75 vom 26.2.2016, S. 109.

(7)  ABl. C 366 vom 27.10.2017, S. 7.

(8)  ABl. C 36 vom 29.1.2016, S. 56.

(9)  ABl. C 463 vom 21.12.2018, S. 83.

(10)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 98.

(11)  ABl. L 317 vom 4.11.2014, S. 1.

(12)  https://www.eesc.europa.eu/de/our-work/opinions-information-reports/information-reports/real-right-persons-disabilities-vote-european-parliament-elections-information-report.

(13)  https://www.eesc.europa.eu/de/our-work/opinions-information-reports/opinions/need-guarantee-real-rights-persons-disabilities-vote-european-parliament-elections-additional-opinion.

(14)  Auf Grundlage von Daten der interfraktionellen Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments „Traditionelle Minderheiten, nationale Gemeinschaften und Sprachen“.

(15)  „Compilation of Venice Commission Opinions and Reports Concerning Electoral Systems and National Minorities“ (Zusammenstellung der Stellungnahmen und Berichte der Venedig-Kommission zum Thema Wahlsysteme und nationale Minderheiten) CDL-PI(2019)004*, insbesondere ihr „Report on Electoral Law and National Minorities“ (Bericht über Wahlrecht und nationale Minderheiten) CDL-INF (2000).


ANLAGE ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES RATES

über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie zur Aufhebung des Beschlusses 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates und des diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 223 Absatz 1,

auf Vorschlag des Europäischen Parlaments,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments,

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (1) (im Folgenden „Wahlakt“) im Anhang des Beschlusses 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates (2) trat am 1. Juli 1978 in Kraft und wurde durch den Beschluss 2002/772/EG des Rates, Euratom (3) und den Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates (4) geändert.

(2)

Gemäß Artikel 223 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werden die erforderlichen Bestimmungen für die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments vom Rat einstimmig gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments auf der Grundlage eines Entwurfs des Europäischen Parlaments festgelegt.

(3)

In Artikel 8 AEUV wird der Grundsatz des Gender Mainstreaming festgelegt, wonach die Union bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinwirken sollte, geschlechtsspezifische Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern;

(4)

Mit dem Vertrag von Lissabon wurde dem Europäischen Parlament nicht nur das Initiativrecht in Bezug auf die Bestimmungen über die Wahl seiner Mitglieder übertragen, sondern auch die Art des Mandats der Mitglieder des Europäischen Parlaments geändert, indem sie zu direkten Vertretern der Unionsbürger gemacht wurden. Dies sind grundlegende Änderungen, denen durch ein modernisiertes europäisches Wahlrecht Ausdruck verliehen werden sollte, indem neue Elemente eingefügt werden, die darauf abzielen, die demokratische Legitimität zu verbessern und die Breite der Rolle und der Kompetenzen des Europäischen Parlaments genauer widerzuspiegeln.

(5)

Trotz der Bestimmungen des Wahlakts wird die Wahl zum Europäischen Parlament weitgehend im Einklang mit nationalen Vorschriften organisiert, die sich in den einzelnen Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden, was zu einer Reihe unterschiedlicher Wahlsysteme führt. Die Wahl zum Europäischen Parlament findet an verschiedenen Tagen statt, und die Stimmen werden für nationale Parteien mit nationalen Kandidaten auf der Grundlage nationaler Programme abgegeben. Eine Angleichung dieser unterschiedlichen Wahlsysteme durch die Verabschiedung eines einheitlicheren europäischen Wahlrechts, das auf klaren gemeinsamen Grundsätzen und Regeln beruht, würde die Gleichheit für alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger gewährleisten und den europäischen öffentlichen Raum stärken.

(6)

Sperrklauseln sind in vielen Mitgliedstaaten Teil des politischen Systems und tragen zur Entwicklung einer stabilen Dynamik zwischen der Regierung und der Opposition in den Parlamenten bei. Um einen fairen politischen Wettbewerb zu gewährleisten, sollten diese Sperrklauseln 5 % nicht überschreiten.

(7)

Sperrklauseln sollten die Möglichkeiten anerkannter nationaler und sprachlicher Minderheiten, am politischen Leben der Union teilzuhaben und im Europäischen Parlament vertreten zu werden, nicht beeinflussen. Anerkannte nationale oder sprachliche Minderheiten sollten von allen auf nationaler Ebene festgelegten Sperrklauseln ausgenommen werden. Ausnahmen von den nationalen Sperrklauseln sollten auch für politische Parteien oder Wählervereinigungen gelten, die bei der Europawahl in einem Viertel der Mitgliedstaaten antreten und auf ihren Stimmzetteln die Namen und Logos der europäischen Wahleinheiten, denen sie angehören, angeben.

(8)

Nach Artikel 17 Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) wird der Präsident der Kommission vom Europäischen Rat unter Berücksichtigung der Wahl zum Europäischen Parlament vorgeschlagen und dann vom Europäischen Parlament gewählt. Um diesem Recht angemessen Ausdruck zu verleihen, sollte der europäische öffentliche Raum so weiterentwickelt werden, dass alle europäischen Wähler ihren bevorzugten Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission benennen können. Dazu müssen die Spitzenkandidaten, die von europäischen politischen Parteien, europäischen Wählervereinigungen oder anderen europäischen Wahleinheiten nominiert werden, in der Lage sein, in allen Mitgliedstaaten hinter einem gemeinsamen Wahlprogramm zu stehen. Mit Blick auf die Sicherung einer Mehrheit im Parlament vor der Ernennung der Kommission sollten die betreffenden Fraktionen ein Verfahren zum Abschluss von „Legislativvereinbarungen“ einführen, mit denen eine politische Nachbereitung der Europawahl gewährleistet wird. Im Rahmen eines Verfahrens, das auf der Grundlage einer politischen Vereinbarung zwischen den europäischen politischen Einheiten formalisiert werden sollte, sollte der Spitzenkandidat, dessen europäische politische Einheit die höchste Gesamtzahl an Sitzen erhalten hat, als erstes mit der Suche nach einer Koalitionsmehrheit im neu gewählten Parlament mit Blick auf die Nominierung eines Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Kommission beauftragt werden. Kommt keine Koalitionsmehrheit zustande, sollte diese Aufgabe dem nächstplatzierten Kandidaten übertragen werden. Um den Nominierungsprozess zu begleiten, sollte der Präsident des Europäischen Rates die genannten Vorsitzenden der europäischen politischen Einheiten und Fraktionen konsultieren. Das Spitzenkandidatenerfahren könnte durch eine politische Vereinbarung zwischen den europäischen politischen Einheiten und durch eine interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Parlament und dem Europäischen Rat formalisiert werden.

(9)

Es sollte ein unionsweiter Wahlkreis zusätzlich zu den nationalen Wahlkreisen geschaffen werden, in dem an der Spitze der Listen der Kandidat jeder politischen Gruppierung für das Amt des Kommissionspräsidenten steht, um die demokratische und unionsweite Dimension der Wahl zum Europäischen Parlament zu stärken. Für diesen unionsweiten Wahlkreis sollten detaillierte und klare Regeln gelten, mit denen sichergestellt wird, dass die Kandidatenliste den Grundsätzen der Gleichstellung der Geschlechter, der geografischen Verhältnismäßigkeit und der Repräsentativität entspricht und dass insbesondere den Interessen kleiner und mittlerer Mitgliedstaaten in vollem Umfang Rechnung getragen wird.

(10)

Den europäischen politischen Parteien, den europäischen Wählervereinigungen und anderen europäischen Wahleinheiten kommt eine zentrale Rolle bei der Förderung einer wirklich europäischen politischen Debatte zu. Nach Artikel 10 Absatz 4 EUV gilt, dass politische Parteien auf europäischer Ebene zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union beitragen; Die europäischen politischen Parteien, die europäischen Wählervereinigungen und andere europäische Wahleinheiten sollten daher eine zentralere Rolle bei der Europawahl spielen. Ihnen sollte daher die Möglichkeit eingeräumt werden, in vollem Umfang an europäischen Wahlkampagnen teilzunehmen und unionsweite Listen aufzustellen, damit sie den Wählern sowohl auf den Stimmzetteln als auch in Wahlkampfmaterialien und diesbezüglichen Veröffentlichungen bekannt und sichtbarer werden.

(11)

Die Bedingungen für die Auswahl der Kandidaten und die Anmeldung von Kandidaturen sollten angemessen, fair, demokratisch und verhältnismäßig sein und den Grundsätzen des Verhaltenskodex für Wahlen der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) des Europarats entsprechen. Im Europäischen Aktionsplan für Demokratie (5) hat sich die Kommission verpflichtet, den Zugang zu demokratischer Teilhabe zu fördern, was Inklusivität und Gleichheit bei der demokratischen Teilhabe sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern in Politik und Entscheidungsfindung umfasst. In ihrer Gleichstellungsstrategie 2020–2025 (6) erklärte die Kommission, dass die Chancengleichheit von Frauen und Männern bei der Teilhabe für die repräsentative Demokratie auf allen Ebenen von wesentlicher Bedeutung sei. Die Gleichstellung der Geschlechter sowie demokratische und transparente Verfahren und fundierte Entscheidungen für die Auswahl der Kandidaten für die Wahl zum Europäischen Parlament, einschließlich des Spitzenkandidaten, sind zentrale Elemente für die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle europäischen Wahleinheiten und für die Stärkung der Repräsentativität und der Demokratie. Aus Gründen der Gleichheit sollten diese Prinzipien für alle Listen von Kandidaten für die Wahl zum Europäischen Parlament sowohl in den nationalen Wahlkreisen als auch im unionsweiten Wahlkreis gelten.

(12)

Die Transparenz des Wahlprozesses und der Zugang zu verlässlichen und zeitnahen Informationen über Wähler und Kandidaten sind wichtig, um die Zuverlässigkeit des Wahlprozesses zu gewährleisten, das europäische politische Bewusstsein zu schärfen und für eine rege Wahlbeteiligung zu sorgen. Es ist wichtig, den Austausch von Informationen über Wähler zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern, um eine doppelte Stimmabgabe zu verhindern. Darüber hinaus sollten die Unionsbürger über die Kandidaten für die Wahl zum Europäischen Parlament und gegebenenfalls über die Zugehörigkeit der nationalen politischen Parteien zu einer europäischen politischen Partei rechtzeitig vor dieser Wahl informiert werden. Daher müssen ein europäisches Wählerverzeichnis und verbindliche Fristen für die Erstellung des Wählerverzeichnisses auf europäischer und nationaler Ebene sowie der Kandidatenlisten festgelegt werden.

(13)

Eine europäische Wahlbehörde, die ein unabhängiges Mandat ausübt und sich aus Mitgliedern zusammensetzt, die über das nötige Fachwissen und die erforderliche Erfahrung verfügen, ist für die Verwaltung des unionsweiten Wahlkreises unerlässlich. Zu den wichtigsten Aufgaben der Europäischen Wahlbehörde sollte die Überwachung der Umsetzung dieser Verordnung und die Beilegung von Streitigkeiten über die gemeinsamen Normen des europäischen Wahlrechts, die Verwaltung des europäischen Wählerverzeichnisses, die Verkündigung der Wahlergebnisse und die Gewährleistung des effizienten Austauschs von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den nationalen Stellen gehören.

(14)

Um sicherzustellen, dass die europäischen Wahleinheiten über ausreichende Mittel verfügen, um den Unionsbürgern ihre Botschaften und ihre politischen Programme zu vermitteln, sollte der Wahlkampf im unionsweiten Wahlkreis angemessen finanziert werden.

(15)

Um die Wahlbeteiligung bei der Wahl zum Europäischen Parlament zu fördern, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Briefwahl vorsehen und könnten auch die vorgezogene persönliche Stimmabgabe und die Stimmabgabe durch Bevollmächtigte gestatten. Unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Empfehlungen des Rates und um die Möglichkeiten, die die technologischen Entwicklungen bieten, in vollem Umfang zu nutzen, könnten die Mitgliedstaaten auch die elektronische Stimmabgabe und die Stimmabgabe über das Internet gestatten, wobei die Zugänglichkeit der elektronischen und internetgestützten Systeme, die Verlässlichkeit der Ergebnisse durch die Möglichkeit von Nachzählungen, das Wahlgeheimnis, der Schutz personenbezogener Daten im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht, die vollständige Transparenz bei der Entwicklung und dem Einsatz der elektronischen und internetgestützten Systeme sowie die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen und für alle Bürger gewährleistet sein müssen;

(16)

Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen, insbesondere indem sie bei der Wahl zum Europäischen Parlament ihre Stimme abgeben oder kandidieren. Zudem sollten das aktive und passive Wahlrecht sowie der Zugang zu Informationen und zur Stimmabgabe für alle Bürger, auch für Menschen mit Behinderungen, in gleichberechtigter Weise gewährleistet sein. Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um allen Unionsbürgern die Ausübung ihres Wahlrechts bei der Wahl zum Europäischen Parlament zu ermöglichen, einschließlich derjenigen, die in Ländern außerhalb der Union wohnen oder arbeiten, die keinen ständigen Wohnsitz haben, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, die in der Union eine Freiheitsstrafe verbüßen oder die in geschlossenen Einrichtungen wie Krankenhäusern, psychiatrischen Einrichtungen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens, Alten- und Pflegeheimen oder Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen leben. Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen, damit Menschen, die in geschlossenen Einrichtungen leben, ihr Wahlrecht ausüben können. Bei der Sicherstellung des Zugangs zu Informationen, Wahlmaterial und Wahleinrichtungen sollte den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen Rechnung getragen werden.

(17)

Das Mindestalter für die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts variiert in den 27 Mitgliedstaaten zwischen 16 und 18 Jahren. In der gesamten Union sollte ein einheitliches harmonisiertes Alter für das aktive und passive Wahlrecht eingeführt werden, um Gleichheit zu gewährleisten und Diskriminierung bei der Wahrnehmung dieser grundlegenden staatsbürgerlichen und politischen Rechte zu vermeiden. Unbeschadet bestehender Verfassungsordnungen, nach denen das Mindestwahlalter bei 18 oder 17 Jahren liegt, sollte das Mindestwahlalter auf 16 Jahre festgesetzt werden. Das Mindestalter für das passive Wahlrecht sollte auf 18 Jahre festgesetzt werden. Unabhängig von ihrer Rechtsfähigkeit sollten alle Menschen mit Behinderungen in den Genuss der gleichen politischen Rechte wie andere kommen.

(18)

Die Fristen für die Einreichung der Kandidatenlisten für die Wahl zum Europäischen Parlament und für die Erstellung der Wählerverzeichnisse vor der Wahl sind in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Um sicherzustellen, dass Kandidaten und Wähler in der gesamten Union gleich viel Zeit für Wahlkampf bzw. für Überlegungen bezüglich ihrer Stimmabgabe haben, und um den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über die Wähler zu erleichtern, sollten die Fristen für die Einreichung der Kandidatenlisten und die Erstellung der Wählerverzeichnisse in der gesamten Union einheitlich sein.

(19)

Um sicherzustellen, dass die europäischen politischen Parteien, die europäischen Wählervereinigungen und andere europäische Wahleinheiten ausreichend sichtbar sind, bedarf es klarer und transparenter Regeln für den Wahlkampf und das offizielle Wahlmaterial. Diese Regeln sollten es europäischen politischen Parteien, den europäischen Wählervereinigungen und anderen europäischen Wahleinheiten ermöglichen, alle Formen von öffentlicher Kommunikation und Wahlkampfmaterial zu nutzen. Die Regeln sollten es den europäischen politischen Parteien, den europäischen Wählervereinigungen und anderen europäischen Wahleinheiten ermöglichen, ihre Zugehörigkeit in allen Formen von öffentlicher Kommunikation, Wahlkampfmaterial und offiziellem Wahlmaterial wie z. B. Stimmzetteln anzugeben. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die europäischen politischen Parteien, die europäischen Wählervereinigungen und andere europäische Wahleinheiten hinsichtlich des Wahlkampfes für den unionsweiten Wahlkreis gleichbehandelt werden und die gleichen Chancen erhalten.

(20)

Mit dem Wahlakt von 1976 wurde ein gemeinsamer Wahlzeitraum festgelegt und den Mitgliedstaaten die Befugnis übertragen, das genaue Datum und die genaue Uhrzeit für die Wahl innerhalb dieses Zeitraums festzulegen. Eine wirklich gesamteuropäische Wahl erfordert einen gemeinsamen europäischen Wahltag. Die Wahl zum Europäischen Parlament sollte am 9. Mai, dem Europatag, stattfinden, der der Jahrestag der Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950 ist. Die Wahlergebnisse sollten von der Europäischen Wahlbehörde verkündet und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.

(21)

Für den Fall, dass ein in einem nationalen Wahlkreis gewähltes Mitglied des Europäischen Parlaments sein Mandat niederlegt, stirbt oder ihm das Mandat entzogen wird, sollte das dadurch freiwerdende Mandat gemäß der nationalen Gesetzgebung besetzt werden. Freiwerdende Sitze von Mitgliedern des Europäischen Parlaments, die im unionsweiten Wahlkreis gewählt wurden, sollten durch den nächstplatzierten Kandidaten der entsprechenden Listen besetzt werden. Zudem sollte bei Mutterschaft, Vaterschaft, Elternurlaub und schwerer Krankheit von Mitgliedern des Europäischen Parlaments eine vorübergehende Vertretung möglich sein.

(22)

Um einheitliche Bedingungen für die Umsetzung dieser Verordnung zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse in Bezug auf die technischen Anforderungen, einschließlich des zu verwendenden Formats und der bereitzustellenden Daten, für die Erstellung des europäischen Wählerverzeichnisses übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates ausgeübt werden (7).

(23)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Festlegung der erforderlichen Bestimmungen für die allgemeinen unmittelbaren Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments nach einem einheitlichen Wahlverfahren in Bezug auf den unionsweiten Wahlkreis und nach allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip Maßnahmen erlassen. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung enthält die erforderlichen Bestimmungen für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in allgemeiner unmittelbarer Wahl nach einem einheitlichen Wahlverfahren in Bezug auf den in Artikel 15 genannten unionsweiten Wahlkreis und nach Grundsätzen, die allen Mitgliedstaaten gemein sind.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„politische Partei“ eine Vereinigung von Bürgern, die politische Ziele verfolgt und die gemäß Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) nach der Rechtsordnung mindestens eines Mitgliedstaats anerkannt ist oder in Übereinstimmung mit dieser Rechtsordnung gegründet wurde; dazu gehören auch Parteien, die beabsichtigen, eine europäische Koalition nationaler politischer Parteien und/oder nationaler Wählervereinigungen zu bilden oder sich einer solchen Koalition anzuschließen, um eine Kandidatenliste für den unionsweiten Wahlkreis aufzustellen und dort Wahlkampf zu betreiben;

2.

„europäische Wählervereinigungen“ eine Vereinigung von Bürgern, die politische Ziele verfolgt und nicht als politische Partei gegründet wurde, sondern als Bürgervereinigung gemäß den geltenden nationalen Bestimmungen eingetragen ist und mit der die Absicht verfolgt wird, eine europäische Koalition nationaler politischer Parteien und/oder Wählervereinigungen zu bilden oder sich ihr anzuschließen, um eine Kandidatenliste für den unionsweiten Wahlkreis aufzustellen und dort Wahlkampf zu führen;

3.

„europäische Koalition nationaler politischer Parteien und/oder Wählervereinigungen“ ein Wahlbündnis nationaler politischer Parteien und/oder nationaler Wählervereinigungen — die in mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten registriert sind, erforderlichenfalls aufgerundet auf die nächste ganze Zahl –, das eine Kandidatenliste für den unionsweiten Wahlkreis aufstellt und dort Wahlkampf betreibt;

4.

„europäische politische Partei“ ein politisches Bündnis nationaler politischer Parteien, das politische Ziele verfolgt und gemäß der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 bei der Behörde für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen zu dem Zweck eingetragen ist, eine Kandidatenliste für den unionsweiten Wahlkreis anzumelden und dafür einen Wahlkampf zu führen;

5.

„europäische Wählervereinigung“ eine länderübergreifende Vereinigung von Bürgern, die in mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten eingetragen ist und mindestens 0,02 % der wahlberechtigten Bevölkerung in den betreffenden Mitgliedstaaten repräsentiert, die politische Ziele verfolgt, jedoch nicht als europäische politische Partei gegründet wurde, und die zu dem Zweck anerkannt ist, eine Kandidatenliste für den unionsweiten Wahlkreis aufzustellen und dort Wahlkampf zu führen;

6.

„Europäisches Wahlbündnis“ ein Wahlbündnis von zwei oder mehr europäischen politischen Parteien und/oder europäischen Wählervereinigungen, die eine Kandidatenliste für den unionsweiten Wahlkreis aufstellen und dort Wahlkampf betreiben, dem sich nationale politische Parteien und/oder nationale Wählervereinigungen anschließen können, sofern sie keiner europäischen politischen Partei angehören;

7.

„politisches Bündnis“ eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen politischen Parteien und/oder Bürgern gemäß Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014;

8.

„Europäische Wahleinheit“ eine europäische Koalition nationaler politischer Parteien und/oder Wählervereinigungen, eine europäische politische Partei, eine europäische Wählervereinigung, ein europäisches Wahlbündnis oder ein politisches Bündnis;

9.

„unionsweite Liste“ die Liste von Kandidaten, die im unionsweiten Wahlkreis von einer europäischen Wahleinheit aufgestellt wurden.

Artikel 3

Nationale Regelungen

Das Wahlverfahren für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments wird durch diese Verordnung geregelt. Für Angelegenheiten, die nicht unter diese Verordnung fallen, gelten in jedem Mitgliedstaat die jeweiligen nationalen Regelungen.

Diese innerstaatlichen Vorschriften dürfen den proportionalen Charakter des Wahlsystems nicht beeinträchtigen.

Sie gewährleisten in jedem Fall die Einhaltung demokratischer Standards, was zu demokratischen und verhältnismäßigen Anforderungen für die Registrierung einer politischen Partei oder einer Wählervereinigung und für die Einreichung einer Kandidatenliste für die nationalen Wahlkreise und den unionsweiten Wahlkreis führt.

Artikel 4

Wahlrecht

(1)   Unbeschadet geltender Verfassungsordnungen, die ein Mindestwahlalter von 18 bzw. 17 Jahren vorsehen, besitzen alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger ab 16 Jahren, einschließlich Menschen mit Behinderungen, unabhängig von ihrer Geschäftsfähigkeit, das aktive Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament.

(2)   Kein wahlberechtigter Unionsbürger darf bei der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in den nationalen Wahlkreisen oder im unionsweiten Wahlkreis mehr als eine Stimme abgeben.

(3)   Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die doppelte Stimmabgabe bei der Wahl zum Europäischen Parlament mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen geahndet wird.

Artikel 5

Das passive Wahlrecht

(1)   Jeder Unionsbürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, besitzt das passive Wahlrecht für die Wahl zum Europäischen Parlament — entweder in einem nationalen Wahlkreis oder im unionsweiten Wahlkreis oder in beiden.

(2)   Kein Unionsbürger, der das passive Wahlrecht besitzt, darf bei der Wahl zum Europäischen Parlament in mehr als einem nationalen Wahlkreis kandidieren oder auf mehr als einer Liste für einen nationalen Wahlkreis bzw. auf mehr als einer unionsweiten Liste stehen.

Artikel 6

Ausübung des aktiven Wahlrechts

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Unionsbürger, einschließlich derjenigen, die in einem Drittland leben oder arbeiten, derjenigen, die keinen ständigen Wohnsitz haben, derjenigen, die in geschlossenen Einrichtungen leben, derjenigen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind oder derjenigen, die in der Union eine Freiheitsstrafe verbüßen, ihr aktives Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament ausüben können.

(2)   Was Bürger betrifft, die in der Union eine Freiheitsstrafe verbüßen, lässt Absatz 1 das nationale Recht oder nach nationalem Recht ergangene Gerichtsentscheidungen unberührt.

Artikel 7

Barrierefreiheit

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Bürger, einschließlich Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigten Zugang zu einschlägigen Materialien, zu Wahleinrichtungen und zu Wahllokalen haben.

(2)   Auf der Grundlage ihrer nationalen Wahlsysteme treffen die Mitgliedstaaten mit dem Ziel, Personen mit Behinderungen eine unabhängige und geheime Ausübung des Wahlrechts zu ermöglichen, angemessene Vorkehrungen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen auf ihren Antrag hin Unterstützung bei der Stimmabgabe durch eine Person ihrer Wahl erhalten.

Artikel 8

Briefwahl

(1)   Die Mitgliedstaaten sehen bei der Wahl zum Europäischen Parlament die Briefwahl vor, auch für Bürger, die in einem Drittland leben, und treffen Maßnahmen, durch die sichergestellt wird, dass die Briefwahl insbesondere für Menschen mit Behinderungen zugänglich ist. Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um die Zuverlässigkeit der Wahl und das Wahlgeheimnis sowie den Schutz personenbezogener Daten im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht zu gewährleisten.

(2)   Die Mitgliedstaaten können durch eine vorgezogene persönliche Stimmabgabe, die Stimmabgabe durch Bevollmächtigte und eine Stimmabgabe über elektronische Systeme und das Internet zusätzliche Möglichkeiten der Stimmabgabe vorsehen.

Bei einer elektronischen Stimmabgabe, einer Stimmabgabe über das Internet und einer Stimmabgabe durch Bevollmächtigte treffen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen, um die Zuverlässigkeit, die Integrität, das Wahlgeheimnis, die Transparenz bei der Gestaltung und dem Einsatz von elektronischen und Internetsystemen, die Möglichkeit einer manuellen oder elektronischen Nachzählung ohne Beeinträchtigung des Wahlgeheimnisses und den Schutz personenbezogener Daten im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht zu gewährleisten.

Artikel 9

Erstellung der nationalen Wählerverzeichnisse und des europäischen Wählerverzeichnisses

(1)   Um eine doppelte Stimmabgabe bei der Wahl zum Europäischen Parlament festzustellen und zu verhindern, muss das Wählerverzeichnis in jedem Mitgliedstaat mindestens vierzehn Wochen vor dem in Artikel 19 Absatz 1 genannten Wahltag erstellt sein. Fehler im Wählerverzeichnis können bis zum Wahltag berichtigt werden.

(2)   Für die Erstellung des europäischen Wählerverzeichnisses übermitteln die zuständigen nationalen Behörden der Europäischen Wahlbehörde alle erforderlichen Daten gemäß Artikel 18. Die Kriterien für die Eintragung in das nationale Wählerverzeichnis werden durch nationale Bestimmungen geregelt.

(3)   Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der technischen Anforderungen, einschließlich des Formats und der Daten, die für die Erstellung des europäischen Wählerverzeichnisses zur Durchführung von Absatz 2 des vorliegenden Artikels bereitzustellen sind. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 29 genannten Beratungsverfahren erlassen.

Artikel 10

Grundsätze für die Auswahl von Kandidaten

(1)   Alle politischen Parteien, Wählervereinigungen, Wahlbündnisse und europäischen Wahleinheiten, die an der Wahl zum Europäischen Parlament teilnehmen, achten durch Maßnahmen, die darauf abzielen, dass alle wählbaren Personen die gleichen Chancen haben, gewählt zu werden, und dass die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments die Vielfalt der Europäischen Union widerspiegelt, bei der Auswahl ihrer Kandidaten für die Wahl zum Europäischen Parlament auf demokratische Verfahren, Transparenz und die Gleichstellung von Männern und Frauen. Die Gleichstellung der Geschlechter wird in Abhängigkeit von den Wahlsystemen der Mitgliedstaaten und in jedem Fall im unionsweiten Wahlkreis durch die Verwendung von Listen nach dem Reißverschlusssystem oder Quoten erreicht, ohne dabei die Rechte nicht-binärer Personen zu verletzen.

(2)   Ein Mitglied einer politischen Partei, einer Wählervereinigung oder einer europäischen Wahleinheit kann bei der zuständigen nationalen Behörde oder der Europäischen Wahlbehörde eine begründete Beschwerde über die Nichteinhaltung der in diesem Artikel festgelegten Kriterien für demokratische Verfahren, Transparenz und Geschlechtergleichstellung einreichen.

Artikel 11

Einreichung der Kandidatenlisten

(1)   Die Frist für die Einreichung der Listen der Kandidaten für die Wahl zum Europäischen Parlament beträgt zwölf Wochen vor dem in Artikel 19 Absatz 1 genannten Wahltag.

(2)   Spätestens zwölf Wochen vor dem Wahltag legen die europäischen Wahleinheiten der Europäischen Wahlbehörde ein Dokument vor, aus dem hervorgeht, dass alle Kandidaten mit ihrer Aufnahme in die unionsweite Liste einverstanden sind. Dieses Dokument umfasst den vollständigen Namen der Kandidaten sowie die Nummer ihres Personalausweises oder Reisepasses. Es ist von den Kandidaten zu unterzeichnen und gibt das Datum und den Ort der Unterzeichnung an.

Artikel 12

Wahlsystem

(1)   Die Wahl erfolgt allgemein, unmittelbar, gleich, frei und geheim. Jeder Wähler verfügt über zwei Stimmen, eine für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in den nationalen Wahlkreisen und eine für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments im unionsweiten Wahlkreis.

(2)   Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden als Vertreter der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nach dem Verhältniswahlsystem in den nationalen Wahlkreisen und im unionsweiten Wahlkreis gewählt.

(3)   In den nationalen Wahlkreisen werden die Mitglieder des Europäischen Parlaments nach einem der in den Mitgliedstaaten üblichen Verhältniswahlsysteme gewählt.

(4)   Im unionsweiten Wahlkreis werden die Mitglieder des Europäischen Parlaments nach dem System der geschlossenen Liste gewählt.

Artikel 13

Sperrklausel

(1)   Für die Sitzvergabe können die Mitgliedstaaten eine Mindestschwelle festlegen. Diese Schwelle darf auf nationaler Ebene nicht mehr als 5 % der abgegebenen gültigen Stimmen betragen.

(2)   Für nationale Wahlkreise, die mehr als 60 Sitze umfassen, wird eine Schwelle festgelegt, die nicht unter 3,5 % der in dem betreffenden Wahlkreis abgegebenen gültigen Stimmen liegen darf.

(3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Schwellenwerte gelten unbeschadet der im nationalen Recht vorgesehenen Ausnahmen für politische Parteien oder Wählervereinigungen, die anerkannte nationale oder sprachliche Minderheiten vertreten.

(4)   Von den in Absatz 2 festgelegten nationalen Schwellenwerten ausgenommen sind politische Parteien oder Wählervereinigungen, die in einem Viertel der Mitgliedstaaten eingetragen sind und unionsweit mindestens eine Million Stimmen auf sich vereinigen und die auf ihrem nationalen Stimmzettel den einheitlichen Namen und das einheitliche Logo der europäischen Wahleinheit, der sie angehören, und gegebenenfalls eine Anpassung an die Sprachen der betreffenden Mitgliedstaaten aufweisen.

(5)   Für die Zuteilung von Sitzen im unionsweiten Wahlkreis gemäß Artikel 15 gibt es keine Mindestschwelle.

Artikel 14

Nationale Wahlkreise

Jeder Mitgliedstaat kann entsprechend seinen besonderen nationalen Gegebenheiten und unbeschadet des Artikels 15 einzelne Wahlkreise für die Wahl zum Europäischen Parlament einrichten oder sein Wahlgebiet auf andere Weise unterteilen, ohne dass dadurch der Verhältniswahlcharakter des Wahlsystems generell beeinträchtigt wird.

Die Mitgliedstaaten können im Einklang mit den einzelstaatlichen Vorschriften Wahlkreise mit nur einem Mitglied bilden, in denen sprachliche oder ethnische Minderheiten, in Übersee lebende Staatsangehörige, Gebiete in äußerster Randlage oder überseeische Gebiete vertreten sind, ohne dass dadurch der Verhältniswahlcharakter des Wahlsystems beeinträchtigt wird.

Artikel 15

Unionsweiter Wahlkreis

(1)   Es wird ein Wahlkreis gebildet, der das gesamte Gebiet der Europäischen Union umfasst und aus dem bei der ersten Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments nach Inkrafttreten dieser Verordnung 28 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt werden.

Bei den anschließenden Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments wird die Größe des unionsweiten Wahlkreises durch den Beschluss des Europäischen Rates über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments festgelegt.

(2)   Die Wahl in Bezug auf den unionsweiten Wahlkreis erfolgt unbeschadet der in jedem Mitgliedstaat gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments.

(3)   Alle europäischen Wahleinheiten gemäß Artikel 2 können der Europäischen Wahlbehörde unionsweite Listen vorlegen.

(4)   Keine europäische Wahleinheit darf mehr als eine unionsweite Liste vorlegen. Nationale Parteien und nationale Wählervereinigungen dürfen nur eine unionsweite Liste unterstützen.

(5)   Die Stimmzettel, die die unionsweiten Listen umfassen, tragen den Namen und das Logo der jeweiligen europäischen Wahleinheit.

(6)   Bei Kandidaten, die in einem Drittland leben, entspricht der Wohnort des Kandidaten für die Zwecke der Aufstellung der unionsweiten Liste dem letzten Wohnort vor dem Verlassen der Europäischen Union. Für Kandidaten, die in einem Drittland geboren sind und dort ihren Wohnsitz haben, entspricht der Wohnort für die Zwecke der Aufstellung der unionsweiten Liste dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Kandidat besitzt.

(7)   Die unionsweiten Listen enthalten eine Anzahl von Kandidaten, die der Anzahl der Mandate gemäß Absatz 1 entspricht.

(8)   Die unionsweiten Listen werden von den europäischen Wahleinheiten nach den in Artikel 10 Absatz 1 festgelegten Grundsätzen aufgestellt.

(9)   Um die geografische Ausgewogenheit sicherzustellen, sind die unionsweiten Listen in Abschnitte mit drei Plätzen unterteilt. Jeder dieser drei Plätze ist mit einem Kandidaten aus jeder der drei Gruppen von Mitgliedstaaten zu besetzen, die in Anhang I definiert und in Anhang II beispielhaft aufgeführt sind.

(10)   Die Reihenfolge der Kandidaten, die ihren Wohnsitz in einem der Mitgliedstaaten aus jeder der drei in Anhang I aufgeführten Gruppen von Mitgliedstaaten haben, variiert in jedem Listenabschnitt mit drei Plätzen bis zu dem Listenplatz, der der Zahl entspricht, die sich aus der Division der Gesamtzahl der Sitze durch zwei ergibt, wobei erforderlichenfalls auf die nächste ganze Zahl aufgerundet wird.

(11)   Die Gesamtzahl der Einwohner der Mitgliedstaaten wird von der Kommission (Eurostat) auf der Grundlage der aktuellsten von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Daten entsprechend einer Methode berechnet, die in der Verordnung (EU) Nr. 1260/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) festgelegt ist.

(12)   Die Zuweisung der Sitze auf die unionsweiten Listen auf der Grundlage der aggregierten Ergebnisse im unionsweiten Wahlkreis erfolgt folgendermaßen nach dem D'Hondt-Verfahren:

a)

Die Anzahl der Stimmen, die die Kandidaten erhalten haben, sind in einer Spalte vom höchsten zum niedrigsten Wert geordnet.

b)

Die Anzahl der Stimmen, die jede Kandidatur erhalten hat, wird durch 1, 2, 3 usw. geteilt, bis zu einer Zahl, die der Anzahl der Sitze entspricht, die dem Wahlkreis entsprechen, wobei eine Tabelle ähnlich der in Anhang III erstellt wird. Die Sitze werden den Kandidaten zugewiesen, die in der Tabelle die höchsten Quoten erhalten haben, wobei eine absteigende Reihenfolge eingehalten wird.

c)

Wenn zwei Sitze, die unterschiedlichen Kandidaturen entsprechen, in der Quotientenliste zusammenfallen, wird der Sitz der Liste mit der höchsten erreichten Gesamtstimmenzahl zugewiesen. Wenn es zwei Kandidaten mit der gleichen Anzahl von Stimmen gibt, wird der erste Gleichstand durch das Los entschieden und die darauffolgenden Sitze werden abwechselnd vergeben.

(13)   Die europäischen und die nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stellen Sendezeit im Verhältnis zu den Ergebnissen der vorangegangenen Wahl für den unionsweiten Wahlkreis zur Verfügung, wobei eine Mindestsendezeit für jede unionsweite Liste gewährleistet wird.

Artikel 16

Finanzierung von Wahlkampagnen europäischer Wahleinheiten

Die Bestimmungen der Kapitel IV und V der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 gelten entsprechend für die Finanzierung der Wahlkampagnen der europäischen Wahleinheiten.

Artikel 17

Gemeinsame Bestimmungen im Zusammenhang mit Wahlkampagnen

(1)   Der Wahlkampf darf erst acht Wochen vor dem Wahltag beginnen.

(2)   Der Wahlkampf besteht darin, mit Hilfe von gedrucktem oder digitalem Material und anderen Formen der öffentlichen Kommunikation, Medienwerbung und öffentlichen Veranstaltungen die Wähler um ihre Stimme bei einer Wahl zum Europäischen Parlament zu ersuchen. Das Wahlkampfmaterial muss das Logo und einen Verweis auf das Manifest oder Programm der europäischen Wahleinheit enthalten, der die nationale Partei angehört.

(3)   Das Wahlkampfmaterial muss für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein.

(4)   In den nationalen Wahlkreisen müssen die für die Wahl zum Europäischen Parlament verwendeten Stimmzettel einheitlich sein, ggf. müssen die Namen, Akronyme, Symbole und Logos der nationalen politischen Parteien und/oder nationalen Wählervereinigungen sowie die Namen der europäischen Wahleinheiten, sofern sie diesen angeschlossen sind, gleichermaßen erkennbar sein, und die Stimmzettel müssen die Liste der Namen der Kandidaten und gegebenenfalls der Ersatzkandidaten in der Reihenfolge enthalten, in der sie in den entsprechenden Wahllisten aufgeführt sind.

(5)   Für die Aushändigung des Wahlmaterials an die Wähler bei der Wahl zum Europäischen Parlament gelten dieselben Vorschriften wie für die nationalen, regionalen und Kommunalwahlen in dem betreffenden Mitgliedstaat.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die europäischen Wahleinheiten in Bezug auf den Wahlkampf für den unionsweiten Wahlkreis die gleiche Behandlung und die gleichen Möglichkeiten wie nationale politische Parteien und nationale Wählervereinigungen erhalten.

(7)   Die Mitgliedstaaten führen eine europäische Sperrfrist von 48 Stunden vor dem Wahltag ein, während der es nicht gestattet ist, die Wähler nach ihrem voraussichtlichen Stimmverhalten zu fragen.

Artikel 18

Kontaktstellen

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine Kontaktstelle, die für den Austausch der für die Erstellung des europäischen Wählerverzeichnisses gemäß Artikel 9 Absatz 2 erforderlichen Daten über die Wahlberechtigten und die Kandidaten mit den entsprechenden Stellen in den anderen Mitgliedstaaten und mit der gemäß Artikel 28 eingerichteten Europäischen Wahlbehörde zuständig ist.

(2)   Die in Absatz 1 genannte Kontaktstelle beginnt im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht über den Schutz personenbezogener Daten spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag damit, die in den Artikeln 9 und 10 der Richtlinie 93/109/EG des Rates (10) genannten Daten über Unionsbürger, die in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, in die nationalen Wählerverzeichnisse und das europäische Wählerverzeichnis eingetragen wurden oder dort kandidieren, an diese entsprechenden Stellen sowie an die Europäische Wahlbehörde zu übermitteln.

Artikel 19

Wahltag

(1)   Die Wahl zum Europäischen Parlament findet am 9. Mai des letzten Jahres einer Wahlperiode im Sinne des Artikels 20 statt („Wahltag“).

(2)   Während der Öffnungszeiten der Wahllokale und ab einer halben Stunde, bevor die Wahllokale öffnen, sind unbeschadet von Aktivitäten, die zur Feier des Europatages in den Mitgliedstaaten organisiert werden, politische Aktivitäten in den Wahllokalen oder in ihrer Nähe verboten.

(3)   Die Wahl endet in allen Mitgliedstaaten am Wahltag um 21.00 Uhr Ortszeit. Um den unterschiedlichen Zeitzonen Rechnung zu tragen, kann die Wahl zum Europäischen Parlament in den überseeischen Ländern und Gebieten der Union am 8. Mai des letzten Jahres einer Wahlperiode stattfinden.

(4)   Die Mitgliedstaaten dürfen die Ergebnisse ihrer Auszählung erst offiziell oder vorläufig bekanntgeben, nachdem die Stimmabgabe gemäß Absatz 3 in dem Mitgliedstaat abgeschlossen ist, dessen Wähler als letzte gewählt haben.

(5)   Die Mitgliedstaaten können den Wahltag zu einem nationalen Feiertag erklären.

Artikel 20

Feststellung und Veröffentlichung der Wahlergebnisse

(1)   Die Wahlergebnisse im unionsweiten Wahlkreis und in den nationalen Wahlkreisen werden in dieser Reihenfolge von der Europäischen Wahlbehörde auf der Grundlage der von den Kontaktstellen übermittelten Informationen verkündet.

(2)   Die amtlichen Wahlergebnisse werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Artikel 21

Wahlperiode und Mandat

(1)   Der Fünfjahreszeitraum, für den die Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt werden, beginnt mit der Eröffnung der ersten Sitzung nach jeder Wahl („Wahlperiode“).

(2)   Die Amtszeit jedes Mitglieds des Europäischen Parlaments beginnt und endet entsprechend der Wahlperiode („Mandat“).

Artikel 22

Einberufung des Parlaments

Zusätzlich zu der in Artikel 229 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegten Verpflichtung tritt das Europäische Parlament, ohne dass es einer Einberufung bedarf, am ersten Dienstag nach Ablauf eines Monats ab dem Wahltag zusammen.

Artikel 23

Prüfung der Mandate

Das Europäische Parlament prüft die Mandate seiner Mitglieder.

Zu diesem Zweck nimmt es die von den Mitgliedstaaten amtlich bekanntgegebenen und von der Europäischen Wahlbehörde verkündeten Wahlergebnisse zur Kenntnis.

Artikel 24

Unvereinbarkeiten

(1)   Die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament ist unvereinbar mit folgenden Ämtern:

Mitglied der Regierung eines Mitgliedstaats,

Mitglied eines nationalen oder regionalen Parlaments oder einer nationalen oder regionalen Versammlung mit Gesetzgebungsbefugnissen,

Mitglied der Europäischen Kommission,

Richter, Generalanwalt oder Kanzler des Gerichtshofs der Europäischen Union,

Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank,

Mitglied des Rechnungshofs,

Europäischer Bürgerbeauftragter,

Mitglied des Wirtschafts- und Sozialausschusses,

Mitglied des Ausschusses der Regionen,

Mitglied von Ausschüssen und Gremien, die auf Grund des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Mittel der Union verwalten oder eine dauernde unmittelbare Verwaltungsaufgabe wahrnehmen,

Mitglied des Verwaltungsrats oder des Direktoriums oder Bediensteter der Europäischen Investitionsbank,

aktiver Beamter oder Bediensteter der Organe der Europäischen Union oder der ihnen angegliederten Einrichtungen oder der Europäischen Zentralbank.

(2)   Jeder Mitgliedstaat kann auf nationaler Ebene zusätzliche Vorschriften über die Unvereinbarkeit mit dem Amt eines Mitglieds des Europäischen Parlaments erlassen.

(3)   Die Mitglieder des Europäischen Parlaments, auf die die Absätze 1 und 2 im Laufe der Wahlperiode anwendbar werden, werden gemäß Artikel 27 ersetzt.

Artikel 25

Externe parlamentarische Tätigkeiten

Die Mitglieder des Europäischen Parlaments benennen bei ihrer Wahl die Gemeinde und gegebenenfalls die Region in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat, von der aus sie ihre externen parlamentarischen Tätigkeiten ausüben werden.

Artikel 26

Persönliche und unabhängige Stimmabgabe

(1)   Die Mitglieder des Europäischen Parlaments geben ihre Stimme einzeln und persönlich ab. Sie sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden.

(2)   Die Mitglieder des Europäischen Parlaments genießen ab dem Zeitpunkt, zu dem ihre Wahl zum Europäischen Parlament amtlich erklärt wird, die Vorrechte und Befreiungen, die nach dem dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokoll Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union für sie gelten.

Artikel 27

Frei werdende Sitze

(1)   Ein Sitz wird frei, wenn das Mandat eines Mitglieds des Europäischen Parlaments durch Rücktritt oder Tod dieses Mitglieds oder aufgrund des Entzugs seines Mandats endet.

(2)   Im Falle des Todes, des Rücktritts oder des Entzugs des Mandats eines im unionsweiten Wahlkreis gewählten Mitglieds des Europäischen Parlaments unterrichtet der Präsident des Europäischen Parlaments unverzüglich die Europäische Wahlbehörde.

Der frei gewordene Sitz wird durch den nächsten Kandidaten der Kandidatenliste besetzt, auf der das verstorbene, zurückgetretene oder ausgeschiedene Mitglied ursprünglich gewählt wurde.

(3)   Vorbehaltlich der sonstigen Bestimmungen dieser Verordnung legt jeder Mitgliedstaat für den Fall des Freiwerdens eines Sitzes die geeigneten Verfahren fest, um diesen Sitz für den Rest der Wahlperiode zu besetzen.

(4)   Ist in den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats ausdrücklich der Entzug des Mandats eines Mitglieds des Europäischen Parlaments vorgesehen, so erlischt sein Mandat entsprechend diesen Rechtsvorschriften. Die zuständigen einzelstaatlichen Behörden setzen das Europäische Parlament davon in Kenntnis.

(5)   Wird ein Sitz durch Rücktritt oder Tod frei, so setzt der Präsident des Europäischen Parlaments die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates und die Europäische Wahlbehörde unverzüglich davon in Kenntnis.

(6)   Erklärt das Parlament den Sitz eines aus dem unionsweiten Wahlkreis gewählten Mitglieds für frei, so unterrichtet der Präsident die Europäische Wahlbehörde davon und fordert sie auf, den Sitz für die verbleibende Dauer des Mandats unverzüglich zu besetzen.

Frei werdende Sitze von Mitgliedern des Europäischen Parlaments, die aus dem unionsweiten Wahlkreis gewählt wurden, werden von dem nächsten Kandidaten auf der entsprechenden Liste in absteigender Reihenfolge besetzt.

(7)   Das Parlament kann auf Antrag des betreffenden Mitglieds und mit Zustimmung des betreffenden Mitgliedstaats oder der Europäischen Wahlbehörde im Falle von Mutterschafts-, Vaterschafts- oder Elternurlaub oder im Falle von Urlaub aufgrund einer schweren Krankheit eine vorübergehende Vertretung des betreffenden Mitglieds vorschlagen.

Wird ein Sitz aus einem der in Unterabsatz 1 genannten Gründe vorübergehend frei, so wird das betreffende Mitglied vorübergehend für die Dauer von 16 Wochen durch den nächsten Kandidaten auf der entsprechenden Liste ersetzt, der entscheiden kann, ob er den Sitz besetzt oder nicht. Die Weigerung, die Stelle zu besetzen, hat nicht zur Folge, dass die Position in der entsprechenden Liste für künftig frei werdende Sitze verloren geht. Der Zeitraum von 16 Wochen kann verlängert werden.

Artikel 28

Europäische Wahlbehörde

(1)   Es wird eine Europäische Wahlbehörde (die „Europäische Wahlbehörde“) eingerichtet, deren Aufgabe es ist,

a)

für die ordnungsgemäße Durchführung dieser Verordnung zu sorgen und das Wahlverfahren im unionsweiten Wahlkreis durchzuführen und zu überwachen,

b)

das Verfahren für Beschwerden gemäß Artikel 10 Absatz 2 in Bezug auf den unionsweiten Wahlkreis festzulegen,

c)

alle Aufgaben im Zusammenhang mit dem Wahlverfahren des unionsweiten Wahlkreises wahrzunehmen und als Verbindungsstelle zu den in Artikel 18 genannten Kontaktstellen zu fungieren,

d)

zu überprüfen, ob die europäischen Wahleinheiten die Bedingungen für die Einreichung unionsweiter Listen gemäß Artikel 15 erfüllen,

e)

das gemäß Artikel 9 erstellte europäische Wählerverzeichnis zu verwalten,

f)

die Wahlergebnisse im Einklang mit Artikel 20 zu verkünden,

g)

über alle Streitigkeiten zu entscheiden, die sich aus den Bestimmungen dieser Verordnung ergeben können, mit Ausnahme derjenigen, die sich aus den einzelstaatlichen Bestimmungen ergeben, auf die in dieser Verordnung verwiesen wird.

Die Europäische Wahlbehörde kann auch im Fall von Schwierigkeiten bei der Auslegung der von den nationalen Behörden eingereichten Listen Unterstützung bereitstellen.

(2)   Die Europäische Wahlbehörde ist unabhängig und nimmt ihre Aufgaben in voller Übereinstimmung mit dieser Verordnung wahr.

(3)   Die Europäische Wahlbehörde verkündet die unionsweiten Listen elf Wochen vor dem Wahltag.

Sie erstellt und verwaltet ein Register der verschiedenen von den europäischen Wahleinheiten eingereichten unionsweiten Listen. Die Informationen über das Register werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Bei ihren Entscheidungen trägt die Europäische Wahlbehörde den Grundrechten des aktiven und passiven Wahlrechts in vollem Umfang Rechnung.

(4)   Jeder Mitgliedstaat ernennt ein Mitglied der Europäischen Wahlbehörde, das aus Professoren der Rechts- oder Politikwissenschaft und anderen Experten für Wahlsysteme aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation und unter Beachtung der Geschlechterparität ausgewählt wird. Die Mitglieder der Europäischen Wahlbehörde wählen ihren Präsidenten, ihren Vizepräsidenten und ihren Sekretär mit einfacher Mehrheit in gesonderten Abstimmungen. Die Europäische Wahlbehörde ist bestrebt, Beschlüsse im Konsens zu fassen. Wenn eine einvernehmliche Beschlussfassung nicht möglich ist, entscheidet die Europäische Wahlbehörde durch Abstimmung mit einfacher Mehrheit.

Alle Mitglieder der Europäischen Wahlbehörde sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig. Sie fordern Anweisungen von einer Institution oder Regierung oder einer anderen Stelle, Behörde oder Agentur weder an noch nehmen sie diese entgegen. Sie dürfen weder Mitglieder noch ehemalige Mitglieder des Europäischen Parlaments, der nationalen Parlamente oder der nationalen Regierungen sein. Darüber hinaus dürfen sie weder ein Wahlmandat innehaben noch Beamte oder sonstige Bedienstete eines Unionsorgans oder einer europäischen politischen Partei oder einer europäischen Wählervereinigung oder einer europäischen politischen Stiftung sein.

Die Amtszeit der Mitglieder der Europäischen Wahlbehörde beträgt fünf Jahre. Sie kann einmal verlängert werden.

(5)   Die Europäische Wahlbehörde wird durch ihren Präsidenten vertreten, der die Umsetzung aller Entscheidungen der Europäischen Wahlbehörde in ihrem Namen sicherstellt.

Der Präsident der Europäischen Wahlbehörde enthält sich jeder Handlung, die mit dem Wesen seiner Pflichten unvereinbar ist.

Erfüllt ein Mitglied der Europäischen Wahlbehörde, einschließlich des Präsidenten, nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes, so kann es auf der Grundlage eines Berichts, in dem der Vorschlag zur Abberufung begründet wird, durch einen von mindestens drei Fünfteln der Mitglieder der Europäischen Wahlbehörde unterstützten Beschluss abberufen werden.

Die fünfjährige Amtszeit der Europäischen Wahlbehörde beginnt zweieinhalb Jahre nach dem Beginn der Wahlperiode. Das erste Mandat der Europäischen Wahlbehörde beginnt so bald wie möglich nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung.

Eine durch Rücktritt, Versetzung in den Ruhestand, Abberufung oder Tod frei werdende Stelle in der Europäischen Wahlbehörde wird nach demselben Verfahren besetzt, das bei der Ersternennung zur Anwendung kommt.

(6)   Die Europäische Wahlbehörde besitzt Rechtspersönlichkeit und ist mit den erforderlichen Büroräumen, Mitarbeitern, Dienstleistungen und unterstützenden Verwaltungseinrichtungen ausstattet, um ihre Aufgaben wahrzunehmen.

(7)   Die Europäische Wahlbehörde legt dem Europäischen Parlament innerhalb von neun Monaten nach der Europawahl einen Bericht über die Organisation der Europawahl sowie über die Durchführung dieser Verordnung und die Verwirklichung ihrer Ziele vor.

(8)   Die Kosten der Europäischen Wahlbehörde, einschließlich der Bezüge ihrer Mitglieder, werden aus Mitteln des Gesamthaushaltsplans der Union finanziert.

Die veranschlagten Mittel müssen ausreichend hoch sein, um das uneingeschränkte und unabhängige Funktionieren der Europäischen Wahlbehörde zu gewährleisten. Ein Entwurf des Haushaltsplans der Europäischen Wahlbehörde wird dem Europäischen Parlament von ihrem Präsidenten vorgelegt und veröffentlicht. Das Europäische Parlament überträgt dem Präsidenten der Europäischen Wahlbehörde die Funktion des Anweisungsbefugten in Bezug auf diese Mittel.

Artikel 29

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 30

Aufhebung

(1)   Der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments und der Beschluss des Rates 76/787/EGKS, EWG, Euratom zur Festlegung dieses Aktes werden aufgehoben.

(2)   Verweise auf den aufgehobenen Akt gelten als Verweise auf diese Verordnung.

Artikel 31

Überprüfungsklausel

Spätestens ein Jahr nach jeder Europawahl legt das Europäische Parlament nach Anhörung der Europäischen Wahlbehörde einen Bericht über das allgemeine Funktionieren dieser Verordnung sowie gegebenenfalls einen Legislativvorschlag zur Änderung dieser Verordnung vor

Artikel 32

Inkrafttreten

(1)   Diese Verordnung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf den Tag folgt, an dem sie von den Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften gebilligt wurde.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen dem Generalsekretariat des Rates den Abschluss ihrer einzelstaatlichen Verfahren mit.

ANHANG I

TABELLE — 27 EU-MITGLIEDSTAATEN NACH BEVÖLKERUNGSKATEGORIEN

Kategorien

Mitgliedstaat

Gesamtbevölkerung

Gruppe A

(37,9  Millionen — 83,1  Millionen)

Deutschland

83 166 711

Frankreich

67 320 216

Italien

59 641 488

Spanien

47 332 614

Polen

37 958 138

Gruppe B

(6,9  Millionen — 19,3  Millionen)

Rumänien

19 328 838

Niederlande

17 407 585

Belgien

11 522 440

Griechenland

10 718 565

Tschechische Republik

10 693 939

Schweden

10 327 589

Portugal

10 295 909

Ungarn

9 769 526

Österreich

8 901 064

Bulgarien

6 951 482

Gruppe C

(0,5  Millionen — 5,8  Millionen)

Dänemark

5 822 763

Finnland

5 525 292

Slowakei

5 457 873

Irland

4 964 440

Kroatien

4 058 165

Litauen

2 794 090

Slowenien

2 095 861

Lettland

1 907 675

Estland

1 328 976

Zypern

888 005

Luxemburg

626 108

Malta

514 564

Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tps00001/default/table?lang=de

ANHANG II

Praktisches Beispiel einer unionsweiten Liste unter Verwendung der in drei Kategorien unterteilten Gruppe mit 28 Sitzen.

A1, A2, A3, A4, A5, B1, B2, B3, B4, B5, B7, B8, B9, B10, C1, C2, C3, C4, C5, C6, C7, C8, C9, C10, C11, C12 sind Beispiele für Kandidaten aus den Mitgliedstaaten nach Bevölkerungskategorie

Beispiel für eine unionsweite Liste

Abschnitte

Platznummer

Kandidaten aus

Abschnitt 1

1

A1

2

B7

3

C7

Abschnitt 2

4

B10

5

C5

6

A3

Abschnitt 3

7

A2

8

C3

9

B7

Abschnitt 4

10

B5

11

C3

12

A4

Abschnitt 5

13

A5

14

C12

15

B9

Abschnitt 6

16

A4

17

A2

18

B2

Abschnitt 7

19

B3

20

A1

21

B8

Abschnitt 8

22

C1

23

C2

24

B4

Abschnitt 9

25

A5

26

C8

27

B1

Abschnitt 10

28

B7

ANHANG III

Praktisches Beispiel — D'Hondt-Verfahren

Praktisches Beispiel: 1 000 000 abgegebene gültige Stimmen in einem Wahlkreis, in dem fünf Abgeordnete gewählt werden.

A (350 000 Stimmen), B (300 000 Stimmen), C (150 000 Stimmen), D (100 000 Stimmen), E (70 000 Stimmen), F (30 000 Stimmen)

Aufteilung

1

2

3

4

5

A

350 000

175 000

116 666

87 500

70 000

B

300 000

150 000

100 000

75 000

60 000

C

150 000

75 000

50 000

37 500

30 000

D

100 000

50 000

33 333

25 000

20 000

E

70 000

35 000

23 333

17 500

14 000

F

30 000

15 000

10 000

7 500

6 000

Somit erhält A 2 Sitze, B erhält 2 Sitze, und C erhält 1 Sitz.


(1)  ABl. L 278 vom 8.10.1976, S. 5.

(2)  Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 (ABl. L 278 vom 8.10.1976, S. 1).

(3)  Beschluss 2002/772/EG, Euratom des Rates vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 zur Änderung des Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom (ABl. L 283 vom 21.10.2002, S. 1).

(4)  Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates vom 13. Juli 2018 zur Änderung des Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 (ABl. L 178 vom 16.7.2018, S. 1), nicht in Kraft.

(5)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Europäischer Aktionsplan für Demokratie (COM(2020)0790).

(6)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025“ (COM(2020)0152).

(7)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(8)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen (ABl. L 317 vom 4.11.2014, S. 1).

(9)  Verordnung (EU) Nr. 1260/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über europäische demografische Statistiken (ABl. L 330 vom 10.12.2013, S. 39).

(10)  Richtlinie 93/109/EG des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (ABl. L 329 vom 30.12.1993, S. 34).


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/199


P9_TA(2022)0130

Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 über persistente organische Schadstoffe ***I

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe (COM(2021)0656 — C9-0396/2021 — 2021/0340(COD)) (1)

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2022/C 465/18)

Abänderung 1

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)

Auf der siebten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens vom 4. bis zum 15. Mai 2015 wurde beschlossen, Pentachlorphenol und seine Salze und Ester (im Folgenden „Pentachlorphenol“) in Anlage A des Übereinkommens aufzunehmen. Auf der neunten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens vom 29. April bis zum 10. Mai 2019 wurde beschlossen, Dicofol sowie Perfluoroctansäure (PFOA), ihre Salze und PFOA-verwandte Verbindungen in Anlage A des Übereinkommens aufzunehmen. In Anbetracht dieser Änderungen des Übereinkommens und um zu gewährleisten, dass Abfälle, die diese Stoffe enthalten, im Einklang mit den Bestimmungen des Übereinkommens bewirtschaftet werden, ist es erforderlich, auch die Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 dahin gehend zu ändern, dass Pentachlorphenol, Dicofol sowie Perfluoroctansäure (PFOA), ihre Salze und PFOA-verwandte Verbindungen in die Anhänge aufgenommen und die entsprechenden Konzentrationsgrenzwerte angegeben werden.

(2)

Auf der siebten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens vom 4. bis zum 15. Mai 2015 wurde beschlossen, Pentachlorphenol und seine Salze und Ester (im Folgenden „Pentachlorphenol“) in Anlage A des Übereinkommens aufzunehmen. Auf der neunten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens vom 29. April bis zum 10. Mai 2019 wurde beschlossen, Dicofol sowie Perfluoroctansäure (PFOA), ihre Salze und PFOA-verwandte Verbindungen in Anlage A des Übereinkommens aufzunehmen. In Anbetracht dieser Änderungen des Übereinkommens und um zu gewährleisten, dass Abfälle, die diese Stoffe enthalten, im Einklang mit den Bestimmungen des Übereinkommens bewirtschaftet werden, ist es erforderlich, auch die Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 dahin gehend zu ändern, dass Pentachlorphenol, Dicofol sowie Perfluoroctansäure (PFOA), ihre Salze und PFOA-verwandte Verbindungen in die Anhänge aufgenommen und auch die entsprechenden Konzentrationsgrenzwerte angegeben werden.

Abänderung 2

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(3)

Pentachlorphenol war zuvor in den Anhängen IV und V der Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (23) durch die Verordnung (EU) 2019/636 der Kommission (24) gelistet worden, und zwar mit einem Wert von 100 mg/kg in Anhang IV und einem Wert von 1 000  mg/kg in Anhang V. Die Verordnung (EG) Nr. 850/2004 wurde durch die Verordnung (EU) 2019/1021 aufgehoben, aber Pentachlorphenol wurde aus Versehen aus jener Verordnung gestrichen. Die Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 müssen deshalb geändert werden, damit Pentachlorphenol erneut aufgenommen wird.

(3)

Pentachlorphenol war zuvor in den Anhängen IV und V der Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (23) durch die Verordnung (EU) 2019/636 der Kommission (24) gelistet worden, und zwar mit einem Wert von 100 mg/kg in Anhang IV und einem Wert von 1 000  mg/kg in Anhang V. Die Verordnung (EG) Nr. 850/2004 wurde durch die Verordnung (EU) 2019/1021 aufgehoben, aber Pentachlorphenol wurde aus Versehen aus jener Verordnung gestrichen. Die Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 müssen deshalb geändert werden, damit Pentachlorphenol jetzt erneut aufgenommen wird.

Abänderung 3

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(4)

Die Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 erhalten bereits Konzentrationsgrenzwerte für die folgenden Stoffe oder Stoffgruppen: a) die Summe der Konzentrationen von Tetrabromdiphenylether, Pentabromdiphenylether, Hexabromdiphenylether, Heptabromdiphenylether und Decabromdiphenylether (mit Ausnahme des letztgenannten Stoffes, der in Anhang V der Verordnung nicht aufgelistet ist); b) Hexabromcyclododecan; c) Alkane C10-C13, Chlor (kurzkettige chlorierte Paraffine) (SCCP); und d) Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) Gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/1021 ist es angezeigt, die Konzentrationsgrenzwerte in Anhang IV für diese Stoffe zu ändern, damit die Grenzwerte an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt angepasst werden. In Interesse der Kohärenz mit der Liste der polybromierten Diphenylether (PBDE) in Anhang IV der Verordnung (EU) 2019/1021 sollte der Stoff Decabromdiphenylether in die Liste der PBDE in Anhang V Spalte 3 derselben Verordnung aufgenommen werden.

(4)

Die Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 erhalten bereits Konzentrationsgrenzwerte für die folgenden Stoffe oder Stoffgruppen: a) die Summe der Konzentrationen von Tetrabromdiphenylether, Pentabromdiphenylether, Hexabromdiphenylether, Heptabromdiphenylether und Decabromdiphenylether (mit Ausnahme des letztgenannten Stoffes, der in Anhang V der Verordnung nicht aufgelistet ist); b) Hexabromcyclododecan; c) Alkane C10-C13, Chlor (kurzkettige chlorierte Paraffine) (SCCP); und d) Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) Gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/1021 ist es angezeigt, die Konzentrationsgrenzwerte in Anhang IV für diese Stoffe zu ändern, damit die Grenzwerte nach Maßgabe des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts angepasst werden. In Interesse der Kohärenz mit der Liste der polybromierten Diphenylether (PBDE) in Anhang IV der Verordnung (EU) 2019/1021 sollte der Stoff Decabromdiphenylether in die Liste der PBDE in Anhang V Spalte 3 derselben Verordnung aufgenommen werden.

Abänderung 4

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 5 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(5a)

Der Überprüfungsausschuss für persistente organische Schadstoffe (POPRC) hat vorgeschlagen, dass Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS), ihre Salze und PFHxS-verwandte Verbindungen ohne spezifische Ausnahmen  (5a) nach Fertigstellung des Risikoprofils und der Evaluierung des Risikomanagements für diese Stoffe in Anlage A des Übereinkommens aufgenommen werden. Ein Beschluss über die Aufnahme von PFHxS, ihren Salzen und PFHxS-verwandten Verbindungen soll auf der 10. Konferenz der Vertragsparteien des Stockholmer Übereinkommens gefasst werden, die ursprünglich für Juli 2021 geplant war und nun infolge der negativen Entwicklung der COVID-19-Pandemie in vielen Ländern Europas im Juni 2022 stattfinden soll. Hinsichtlich der Ziele des Übereinkommens ist es daher angezeigt, auf der Grundlage der aktuellen Folgenabschätzung  (5b) und zum Zwecke der Gewährleistung, dass Abfälle, die diese Stoffe enthalten, im Einklang mit den Bestimmungen des Übereinkommens bewirtschaftet werden, auch die Anhänge IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 dahin gehend zu ändern, dass Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS), ihre Salze und PFHxS-verwandte Verbindungen in die Anhänge aufgenommen und die entsprechenden Konzentrationsgrenzwerte angegeben werden. Die Kommission sollte diese Änderungen der Anhänge IV und V in die anderen Anhänge der Verordnung (EU) 2019/1021 übernehmen, um die Kohärenz zu wahren.

Abänderung 5

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(6)

Die vorgeschlagenen Konzentrationsgrenzwerte in den Anhängen IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 wurden unter Anwendung derselben Methodik festgesetzt wie die Konzentrationsgrenzwerte in früheren Änderungen der Anhänge IV und V der Verordnung (EG) Nr. 850/2004. Mit den vorgeschlagenen Konzentrationsgrenzwerten sollte das Ziel eines hohen Maßes an Schutz für die menschliche Gesundheit und die Umwelt erreicht werden , indem die betreffenden Stoffe zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden. Die Grenzwerte sollten auch dem in der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal (26) verankerten Grundsatz der Verwirklichung einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft Rechnung tragen .

(6)

Die vorgeschlagenen Konzentrationsgrenzwerte in den Anhängen IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 wurden unter Anwendung derselben Methodik festgesetzt wie die Konzentrationsgrenzwerte in früheren Änderungen der Anhänge IV und V der Verordnung (EG) Nr. 850/2004. Die vorgeschlagenen Konzentrationsgrenzwerte sollten auf dem Vorsorgeprinzip beruhen, das im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankert ist, und darauf abzielen, die Freisetzung von POP in die Umwelt soweit möglich zu verhindern, um das Ziel eines hohen Maßes an Schutz für die Gesundheit des Menschen zu erreichen , indem die betreffenden Stoffe zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden. Die Grenzwerte sollten auch den in der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal (26) verankerten Grundsätzen Rechnung tragen, das Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt zu erreichen, das Recycling auszuweiten, Treibhausgasemissionen zu verringern, schadstofffreie Werkstoffkreisläufe zu entwickeln, in denen verbotene Stoffe nicht durch Recyclingtätigkeiten wieder auf den Unionsmarkt gebracht werden sollten, und die Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen .

Abänderung 6

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(6a)

Die Konzentrationsgrenzwerte in den Anhängen IV und V der Verordnung (EU) 2019/1021 sollten kohärent sein und zur Umsetzung der Mitteilung der Kommission vom 14. Oktober 2020 mit dem Titel „Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit — Für eine schadstofffreie Umwelt“ beitragen, in der eine umfassende Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen wird, mit denen gegen die Verwendung von und die Kontamination mit Stoffen, die per- und polyfluorierte Alkylverbindungen enthalten, vorgegangen werden soll.

Abänderung 7

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(6b)

Es ist notwendig, keine Inkohärenzen zwischen den Bestimmungen über Abfälle, die persistente organische Schadstoffe enthalten, die ursprünglich in der nun durch die Verordnung (EU) 2019/1021 aufgehobenen Verordnung (EG) Nr. 850/2004 geregelt wurden, und Abfällen, die im Anschluss daran geregelt wurden, entstehen zu lassen, damit kontaminierte Abfälle nicht mit anderen Abfällen oder Werkstoffen vermischt werden und tatsächlich für eine bessere Rückverfolgbarkeit und wirksame Behandlung aller Abfälle persistenter organischer Schadstoffe gesorgt ist. Die Kommission sollte daher prüfen, ob es angezeigt ist, Abfälle, die persistente organische Schadstoffe enthalten, die die in Anhang IV der Verordnung (EU) 2019/1021 festgelegten Konzentrationsgrenzwerte überschreiten, als gefährlich einzustufen, und erforderlichenfalls einen Legislativvorschlag zur entsprechenden Änderung der Richtlinie 2009/98/EG oder des Beschlusses 2014/955/EU oder beider Rechtsvorschriften vorlegen.

Abänderung 8

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Artikel 1a

Die Kommission prüft, ob es angezeigt ist, die Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle oder den Beschluss 2014/955/EU  (1a) der Kommission oder beide Rechtsvorschriften zu ändern, um anzuerkennen, dass Abfälle, die persistente organische Schadstoffe enthalten, die die in Anhang IV der Verordnung (EU) 2019/1021 festgelegten Konzentrationsgrenzwerte überschreiten, als gefährlich einzustufen sind, und erforderlichenfalls auf der Grundlage dieser Prüfung und spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten der einschlägigen Rechtsvorschrift einen Legislativvorschlag zur entsprechenden Änderung der Richtlinie oder des Beschlusses oder beider Rechtsvorschriften vorlegen.

Abänderung 9

Vorschlag für eine Verordnung

Anhang I — Absatz 1 — Nummer 1 — Buchstabe a — Tabelle

Verordnung (EU) 2019/1021

Anhang IV — Tabelle

Vorschlag der Kommission

„Pentachlorphenol, seine Salze und Ester

87-86-5 und andere

201-778-6 und andere

100 mg/kg

Dicofol

115-32-2

204-082-0

50 mg/kg

Perfluoroctansäure (PFOA), ihre Salze und PFOA-verwandte Verbindungen

335-67-1 und andere

206-397-9 und andere

1 mg/kg

 

 

 

(PFOA und ihre Salze)

 

 

 

40 mg/kg

 

 

 

( PFOA-verwandte Verbindungen)“

Geänderter Text

„Pentachlorphenol (PCP), seine Salze und Ester

87-86-5 und andere

201-778-6 und andere

100 mg/kg

Dicofol

115-32-2

204-082-0

50 mg/kg

Perfluoroctansäure (PFOA), ihre Salze und PFOA-verwandte Verbindungen

335-67-1 und andere

206-397-9 und andere

0,1  mg/kg

 

 

 

(PFOA und ihre Salze)

 

 

 

20 mg/kg

 

 

 

( Summe der PFOA-verwandten Verbindungen)“

Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS), ihre Salze und PFHxS-verwandte Verbindungen

355-46-4 und andere

355-46-4 und andere

0,1  mg/kg

 

 

 

(PFHxS und ihre Salze)

 

 

 

20 mg/kg

 

 

 

(PFHxS-verwandte Verbindungen)“

Abänderung 10

Vorschlag für eine Verordnung

Anhang I — Absatz 1 — Nummer 1 — Buchstabe b — Tabelle

Verordnung (EU) 2019/1021

Anhang IV — Tabelle

Vorschlag der Kommission

„Alkane C10–C13, Chlor (kurzkettige chlorierte Paraffine) (SCCP)

85535-84-8

287-476-5

1 500  mg/kg“

Geänderter Text

„Alkane C10–C13, Chlor (kurzkettige chlorierte Paraffine) (SCCP)

85535-84-8

287-476-5

420 mg/kg“

Abänderung 11

Vorschlag für eine Verordnung

Anhang I — Absatz 1 — Nummer 1 — Buchstabe c — Tabelle

Verordnung (EU) 2019/1021

Anhang IV — Tabelle

Vorschlag der Kommission

„Tetrabromdiphenylether C12H6Br4O

40088-47-9 und andere

254-787-2 und andere

Summe der Konzentrationen von Tetrabromdiphenylether, Pentabromdiphenylether, Hexabromdiphenylether, Heptabromdiphenylether und Decabromdiphenylether:

Pentabromdiphenylether C12H5Br5O

32534-81-9 und andere

251-084-2 und andere

Hexabromdiphenylether C12H4Br6O

36483-60-0 und andere

253-058-6 und andere

Heptabromdiphenylether C12H3Br7O

68928-80-3 und andere

273-031-2 und andere

Bis(pentabromphenyl)ether (Decabromdiphenylether; DecaBDE) C12Br10O

1163-19-5 und andere

214-604-9 und andere

 

 

 

a)

Bis zum [OP, bitte Datum des Tages vor dem unter Buchstabe b genannten Datum einfügen], 500 mg/kg

 

 

 

b)

Ab dem [OP, bitte Datum 5 Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung einfügen], 200 mg/kg oder, falls dieser Wert höher ist, die Summe der Konzentrationen dieser Stoffe, wenn sie in Gemischen oder Erzeugnissen vorhanden sind, gemäß Anhang I Spalte 4 Nummer 2 für die Stoffe Tetrabromdiphenylether, Pentabromdiphenylether, Hexabromdiphenylether, Heptabromdiphenylether und Decabromdiphenylether.“

Geänderter Text

„Tetrabromdiphenylether C12H6Br4O

40088-47-9 und andere

254-787-2 und andere

Summe der Konzentrationen von Tetrabromdiphenylether C12H6Br4O , Pentabromdiphenylether C12H5Br5O , Hexabromdiphenylether C12H4Br6O , Heptabromdiphenylether C12H3Br7O und Decabromdiphenylether C12Br10O :

Pentabromdiphenylether C12H5Br5O

32534-81-9 und andere

251-084-2 und andere

Hexabromdiphenylether C12H4Br6O

36483-60 und andere

253-058-6 und andere

Heptabromdiphenylether C12H3Br7O

68928-80-3 und andere

273-031-2 und andere

Bis(pentabromphenyl)ether (Decabromdiphenylether; DecaBDE) C12Br10O

1163-19-5 und andere

214-604-9 und andere

 

 

 

a)

bis zum [OP: Datum des Tages vor dem unter Buchstabe b genannten Datum einfügen], 200 mg/kg Die Kommission überprüft diesen Konzentrationsgrenzwert und legt erforderlichenfalls und im Einklang mit den Verträgen spätestens am … [OP: Datum 5 Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung einfügen] einen Gesetzgebungsvorschlag zur Senkung dieses Grenzwerts vor.

 

 

 

b)

entfällt“

Abänderung 12

Vorschlag für eine Verordnung

Anhang I — Absatz 1 — Nummer 1 — Buchstabe d — Tabelle

Verordnung (EU) 2019/1021

Anhang IV — Tabelle

Vorschlag der Kommission

„Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (dl-PCB)

 

 

5 μg/kg  (2)

Geänderter Text

„Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (dl-PCB)

 

 

1 μg/kg  (2)

Abänderung 13

Vorschlag für eine Verordnung

Anhang I — Absatz 1 — Nummer 1 — Buchstabe e — Tabelle

Verordnung (EU) 2019/1021

Anhang IV — Tabelle

Vorschlag der Kommission

„Hexabromcyclododecan(4)

25637-99-4, 3194-55-6, 134237-50-6, 134237-51-7, 134237-52-8

247-148-4 221-695-9

500 mg/kg“

Geänderter Text

„Hexabromcyclododecan(4)

25637-99-4, 3194-55-6, 134237-50-6, 134237-51-7, 134237-52-8

247-148-4 221-695-9

a)

bis zum [OP: Datum des Tages vor dem unter Buchstabe b genannten Datum einfügen], 200 mg/kg

 

 

 

Die Kommission überprüft diesen Konzentrationsgrenzwert und legt erforderlichenfalls und im Einklang mit den Verträgen spätestens am … [OP: Datum 5 Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung einfügen] einen Gesetzgebungsvorschlag zur Senkung dieses Grenzwerts auf 100 mg/kg vor.“

Abänderung 14

Vorschlag für eine Verordnung

Anhang I — Absatz 1 — Nummer 2 — Buchstabe a — Ziffer iv (neu)

Verordnung (EU) 2019/1021

Anhang V — Teil 2 — Tabelle

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS), ihre Salze und PFHxS-verwandte Verbindungen: 50 mg/kg (PFHxS und ihre Salze), 2 000  mg/kg (PFHxS-verwandte Verbindungen).


(1)  Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 59 Absatz 4 Unterabsatz 4 der Geschäftsordnung zu interinstitutionellen Verhandlungen an den zuständigen Ausschuss zurücküberwiesen (A9-0092/2022).

(23)  Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über persistente organische Schadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 79/117/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 7).

(24)  Verordnung (EU) 2019/636 der Kommission vom 23. April 2019 zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe (ABl. L 109 vom 24.4.2019, S. 6).

(23)  Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über persistente organische Schadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 79/117/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 7).

(24)  Verordnung (EU) 2019/636 der Kommission vom 23. April 2019 zur Änderung der Anhänge IV und V der Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe (ABl. L 109 vom 24.4.2019, S. 6).

(5a)   POPRC-15/1

(5b)   SWD(2021)0300

(26)  COM(2019)0640.

(26)  COM(2019)0640.

(1a)   Beschluss der Kommission vom 18. Dezember 2014 zur Änderung der Entscheidung 2000/532/EG über ein Abfallverzeichnis gemäß der Richtlinie 2008/98/EG

(2)  Der Grenzwert wurde berechnet als die Summe der PCDD, PCDF und dl-PCB gemäß den Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) in der Tabelle in Anhang V Teil 2 Unterabsatz 3.“

(2)  Der Grenzwert wurde berechnet als die Summe der PCDD, PCDF und dl-PCB gemäß den Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) in der Tabelle in Anhang V Teil 2 Unterabsatz 3.“


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/209


P9_TA(2022)0131

Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: Verlängerung des Anwendungszeitraums der fakultativen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Lieferungen bestimmter betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen und des Schnellreaktionsmechanismus gegen Mehrwertsteuerbetrug *

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG im Hinblick auf die Verlängerung des Anwendungszeitraums der fakultativen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Lieferungen bestimmter betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen und des Schnellreaktionsmechanismus gegen Mehrwertsteuerbetrug (COM(2022)0039 — C9-0053/2022 — 2022/0027(CNS))

(Besonderes Gesetzgebungsverfahren — Anhörung)

(2022/C 465/19)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an den Rat (COM(2022)0039),

gestützt auf Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat angehört wurde (C9-0053/2022),

gestützt auf Artikel 82 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0128/2022),

1.

billigt den Vorschlag der Kommission;

2.

fordert die Kommission auf, vor einer weiteren Verlängerung des Anwendungszeitraums eine Bewertung der Auswirkungen der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft durchzuführen;

3.

fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

4.

fordert den Rat auf, es erneut anzuhören, falls er beabsichtigt, den vom Parlament gebilligten Text entscheidend zu ändern;

5.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/210


P9_TA(2022)0132

Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Bereich des Schengener Informationssystems in Zypern *

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Bereich des Schengener Informationssystems in der Republik Zypern (COM(2021)0472 — C9-0350/2021 — 2021/0266(NLE))

(Anhörung)

(2022/C 465/20)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an den Rat (COM(2021)0472),

gestützt auf Artikel 3 Absatz 2 der Beitrittsakte 2003, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C9-0350/2021),

gestützt auf Artikel 82 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9-0082/2022),

1.

billigt den Vorschlag der Kommission;

2.

fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

3.

fordert den Rat auf, es erneut anzuhören, falls er beabsichtigt, den vom Parlament gebilligten Text entscheidend zu ändern;

4.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/211


P9_TA(2022)0133

Vorgeschlagene Ernennung eines Mitglieds des Rechnungshofs — Lefteris Christoforou

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 über die vorgeschlagene Ernennung von Lefteris Christoforou zum Mitglied des Rechnungshofs (C9-0042/2022 — 2022/0802(NLE))

(Anhörung)

(2022/C 465/21)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 286 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat angehört wurde (C9-0042/2022),

gestützt auf Artikel 129 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltskontrollausschusses (A9-0132/2022),

A.

in der Erwägung, dass der Rat das Europäische Parlament mit Schreiben vom 10. Februar 2022 zur Ernennung von Lefteris Christoforou zum Mitglied des Rechnungshofs angehört hat;

B.

in der Erwägung, dass der Haushaltskontrollausschuss die Qualifikationen des vorgeschlagenen Kandidaten bewertet hat, insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse nach Artikel 286 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union; in der Erwägung, dass der Ausschuss im Laufe jener Bewertung einen Lebenslauf des Kandidaten und dessen Antworten auf den schriftlichen Fragenkatalog, der ihm übermittelt worden war, erhalten hat;

C.

in der Erwägung, dass der Ausschuss im Anschluss daran am 21. April 2022 eine Anhörung des Kandidaten durchgeführt hat, bei der dieser zunächst eine Erklärung abgab und anschließend die Fragen der Ausschussmitglieder beantwortete;

1.

gibt eine befürwortende Stellungnahme zu dem Vorschlag des Rates ab, Lefteris Christoforou zum Mitglied des Rechnungshofs zu ernennen;

2.

beauftragt seine Präsidentin, diesen Beschluss dem Rat und — zur Information — dem Rechnungshof sowie den übrigen Organen der Europäischen Union und den Rechnungskontrollbehörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/212


P9_TA(2022)0134

Ernennung eines Mitglieds des Rechnungshofs — George Marius Hyzler

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2022 über die vorgeschlagene Ernennung von George Marius Hyzler zum Mitglied des Rechnungshofs (C9-0043/2022 — 2022/0803(NLE))

(Anhörung)

(2022/C 465/22)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 286 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat angehört wurde (C9-0043/2022),

gestützt auf Artikel 129 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltskontrollausschusses (A9-0130/2022),

A.

in der Erwägung, dass der Rat das Europäische Parlament mit Schreiben vom 10. Februar 2022 zur Ernennung von George Marius Hyzler zum Mitglied des Rechnungshofs angehört hat;

B.

in der Erwägung, dass der Haushaltskontrollausschuss des Parlaments die Qualifikationen des vorgeschlagenen Kandidaten daraufhin bewertet hat, insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse nach Artikel 286 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union; in der Erwägung, dass der Ausschuss im Laufe jener Bewertung einen Lebenslauf des Kandidaten und dessen Antworten auf den schriftlichen Fragenkatalog, der ihm übermittelt worden war, erhalten hat;

C.

in der Erwägung, dass der Ausschuss im Anschluss daran am 21. April 2022 eine Anhörung des Kandidaten durchgeführt hat, bei der dieser zunächst eine Erklärung abgab und anschließend die Fragen der Ausschussmitglieder beantwortete;

1.

gibt eine befürwortende Stellungnahme zur Ernennung von George Marius Hyzler zum Mitglied des Rechnungshofs durch den Rat ab;

2.

beauftragt seine Präsidentin, diesen Beschluss dem Rat und — zur Information — dem Rechnungshof sowie den übrigen Organen der Europäischen Union und den Rechnungskontrollbehörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

Mittwoch, 4. Mai 2022

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/213


P9_TA(2022)0142

Das Mandat von Europol stärken: Zusammenarbeit mit privaten Parteien, Verarbeitung personenbezogener Daten und Unterstützung bei Forschung und Innovation ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 in Bezug auf die Zusammenarbeit von Europol mit privaten Parteien, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Europol zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungen und die Rolle von Europol in Forschung und Innovation (COM(2020)0796 — C9-0401/2020 — 2020/0349(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2022/C 465/23)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0796),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 88 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0401/2020),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung vom zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 11. Februar 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9-0290/2021),

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

nimmt die dieser Entschließung beigefügten Erklärungen der Kommission zur Kenntnis, die im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht werden;

3.

nimmt die dieser Entschließung beigefügten Erklärungen des Rates zur Kenntnis, die im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht werden;

4.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

5.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

P9_TC1-COD(2020)0349

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 4. Mai 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 in Bezug auf die Zusammenarbeit von Europol mit privaten Parteien, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Europol zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungen und die Rolle von Europol in Forschung und Innovation

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/991.)


ANLAGE ZUR LEGISLATIVE ENTSCHLIESSUNG

Erklärung der Kommission zur Verordnung (EU) 2022/991 des Europäischen Parlaments und des Rates  (1)

Erklärung der Kommission zur Umsetzung des Mechanismus, mit dem Europol die Eingabe von Ausschreibungen im Schengener Informationssystem vorschlagen kann

Im Rahmen der Bewertung, die die Kommission gemäß Artikel 68 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/794 drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 durchführen wird, wird die Kommission über die operativen Auswirkungen des mit Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe r der Verordnung (EU) 2016/794 geschaffenen neuen Mechanismus Bericht erstatten. Im Rahmen dieses Mechanismus kann Europol auf der Grundlage von Daten, die Europol von Drittstaaten oder internationalen Organisationen erhalten hat, den Mitgliedstaaten vorschlagen, zu Personen, die an Terrorismus oder an schwerer und organisierter Kriminalität beteiligt sind, Informationsausschreibungen im Interesse der Union in das Schengener Informationssystem einzugeben. Die Kommission wird diese Bewertung auf der Grundlage von Berichten durchführen, die Europol zu den Vorschlägen für Ausschreibungen im Schengener Informationssystem und zu den nachfolgend von den Mitgliedstaaten in das Schengener Informationssystem eingegebenen Ausschreibungen vorlegen wird.

Erklärung der Kommission zu den Beziehungen zwischen Europol und der Europäischen Staatsanwaltschaft

Nach Auffassung der Kommission dürfen die in Artikel 20a der Verordnung (EU) 2016/794 festgelegten Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Europol und der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) die Verpflichtungen, die sich für Europol aus Artikel 24 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates ergeben, nicht einschränken und sind daher im Einklang mit dem letztgenannten Artikel auszulegen und anzuwenden.

Erklärung der Kommission zu den Bestimmungen bezüglich der Zusammenarbeit von Europol mit Drittstaaten

Hinsichtlich der Regeln für die Zusammenarbeit von Europol mit Drittstaaten stellt die Kommission fest, dass jede Übermittlung personenbezogener Daten von Europol an einen Drittstaat auf der Grundlage eines „rechtsverbindlichen Instruments“ ein internationales Abkommen nach Artikel 218 AEUV erfordert, wie dies bereits in Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/794 vorgesehen ist. Die Kommission stellt ferner fest, dass jede Übermittlung personenbezogener Daten von Europol an einen Drittstaat auf der Grundlage einer Bewertung geeigneter Garantien durch Europol die Anforderungen erfüllen muss, die mit der Rechtsprechung (2) des Gerichtshofs der Europäischen Union festgelegt wurden; demnach muss Europol zu dem Schluss gelangen, dass der betreffende Drittstaat in Bezug auf den Datenschutz ein der Sache nach gleichwertiges Schutzniveau gewährleistet. Datenübermittlungen auf der Grundlage einer solchen Bewertung ohne vorherige Genehmigung durch den Europäischen Datenschutzbeauftragten gemäß Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2016/794 bergen die Gefahr eines späteren Einschreitens des Europäischen Datenschutzbeauftragten aufgrund einer abweichenden Bewertung der Datenschutzgarantien und könnten sich damit negativ auf die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung auswirken.

Erklärung der Kommission zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Europol und Interpol

Es wird daran erinnert, dass die Kommission in den laufenden Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-INTERPOL) und im Einklang mit den vom Rat erteilten Verhandlungsrichtlinien (3) bestrebt ist, die Zusammenarbeit zwischen Europol und Interpol zu verstärken. Dabei soll den jüngsten Entwicklungen bei der Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden und transnationalen schweren organisierten Kriminalität sowie dem derzeitigen operativen Bedarf und dem Mandat von Europol Rechnung getragen werden. Die Kommission möchte im Einklang mit den vom Rat erteilten Verhandlungsrichtlinien (4) sicherstellen, dass das Abkommen die Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Europol zum Zugriff auf einschlägige Interpol-Datenbanken für die Erfüllung seiner Aufgaben bildet.

Erklärung des Rates zu den Interpol-Rotecken, im Rahmen des Erlasses der Verordnung (EU) 2022/991 des Europäischen Parlaments und des Rates (5)

Im Rahmen der laufenden Zusammenarbeit zwischen der EU und Interpol begrüßt der Rat die Fortschritte, die Interpol bei der Einrichtung interner Mechanismen erzielt hat, um vor der Veröffentlichung und Verbreitung roter Ausschreibungen jeden Verstoß gegen die Interpol-Satzung zu prüfen. Die Mitgliedstaaten werden Interpol bei diesen Bemühungen weiterhin unterstützen und begrüßen, dass ein Vertreter von Interpol auf Gruppenebene des Rates über die Anstrengungen informierte, die Interpol unternommen hat, um den Missbrauch roter Ausschreibungen aus politischen Gründen oder im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, und fordern zu einem kontinuierlichen und regelmäßigen Austausch in dieser Angelegenheit zwischen Interpol und seinen „Nationalen Zentralbüros“ auf, um das Bewusstsein für die von den Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit Interpol zu ergreifenden Maßnahmen weiter zu schärfen. Der Rat wird Interpol weiterhin bei der Förderung der geltenden Interpol-Standards und -Verfahren für die Qualität und Übereinstimmung von Daten unterstützen und Interpol ersuchen, den Rat regelmäßig auf Gruppenebene zu unterrichten.


(1)  Verordnung (EU) 2022/991 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 in Bezug auf die Zusammenarbeit von Europol mit privaten Parteien, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Europol zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungen und die Rolle von Europol in Forschung und Innovation (ABl. L 169 vom 27.6.2022, S. 1).

(2)  Gutachten 1/15, PNR-Abkommen EU-Kanada, EU:C:2017:592 (26.7.2017); Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2015, C-362/14, Schrems, EU:C:2015:650; Urteil vom 16. Juli 2020, C-311/18, Schrems II, EU:C:2020:559.

(3)  Beschluss (EU) 2021/1312 des Rates vom 19. Juli 2021 zur Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-Interpol).

(4)  Beschluss (EU) 2021/1312 des Rates vom 19. Juli 2021 zur Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-Interpol).

(5)  Verordnung (EU) 2022/991 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 in Bezug auf die Zusammenarbeit von Europol mit privaten Parteien, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Europol zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungen und die Rolle von Europol in Forschung und Innovation (ABl. L 169 vom 27.6.2022, S. 1).


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/217


P9_TA(2022)0143

Den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen ***I

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 4. Mai 2022 über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (COM(2021)0223 — C9-0167/2021 — 2021/0114(COD)) (1)

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2022/C 465/24)

Abänderung 1

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)

Subventionen erhalten können Unternehmen jedoch auch von Drittstaaten , die öffentliche Mittel bereitstellen , welche dann beispielsweise für die Finanzierung wirtschaftlicher Tätigkeiten in einem Wirtschaftszweig im Binnenmarkt verwendet werden, etwa für die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren oder für den Erwerb von Unternehmen, die unter Umständen über strategische Vermögenswerte wie kritische Infrastrukturen und innovative Technologien verfügen. Solche Subventionen unterliegen bislang nicht den Unionsvorschriften für staatliche Beihilfen.

(2)

Unternehmen können jedoch auch von Drittstaaten Subventionen erhalten , welche dann beispielsweise für die Finanzierung wirtschaftlicher Tätigkeiten in einem Wirtschaftszweig im Binnenmarkt verwendet werden, etwa für die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren oder für den Erwerb von Unternehmen, die unter Umständen über strategische Vermögenswerte wie kritische Infrastrukturen und innovative Technologien verfügen. Solche Subventionen unterliegen bislang nicht den Unionsvorschriften für staatliche Beihilfen. Ähnliche Bedenken gelten in Bezug auf staatseigene Unternehmen.

Abänderung 2

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 2 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(2a)

Obwohl diese Verordnung für alle Wirtschaftszweige gelten sollte, sollte die Kommission den Wirtschaftszweigen, die für die Union von strategischem Interesse sind, und kritischen Infrastrukturen wie den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates genannten besondere Aufmerksamkeit widmen.

Abänderung 3

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 5 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(5a)

Diese Verordnung sollte mit bestehenden Instrumenten wie der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates  (1a) , der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates  (1b) , der Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates  (1c) oder der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates  (1d) vereinbar und darauf abgestimmt sein. Bei der Anwendung der verschiedenen Instrumente sollte die Kommission im Sinne eines umfassenden Konzepts darauf achten, dass die erforderlichen Informationen effizient ausgetauscht werden.

Abänderung 4

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 6

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(6)

Es sollten Regeln und Verfahren zur Prüfung drittstaatlicher Subventionen festgelegt werden, die den Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell verzerren, und die festgestellten Verzerrungen sollten gegebenenfalls beseitigt werden. Subventionen aus Drittstaaten können den Binnenmarkt verzerren, wenn das Unternehmen, das von der drittstaatlichen Subvention profitiert, eine wirtschaftliche Tätigkeit in der Union ausübt. Daher sollten in dieser Verordnung Vorschriften für alle Unternehmen festgelegt werden, die in der Union eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Angesichts der Bedeutung der von KMU ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten und ihres Beitrags zur Verwirklichung der wichtigsten politischen Ziele der Union wird den Auswirkungen dieser Verordnung auf KMU besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

(6)

Es sollten Regeln und Verfahren zur Prüfung drittstaatlicher Subventionen festgelegt werden, die den Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell verzerren, und die festgestellten Verzerrungen sollten gegebenenfalls beseitigt werden. Subventionen aus Drittstaaten können den Binnenmarkt verzerren, wenn das Unternehmen, das von der drittstaatlichen Subvention profitiert, eine wirtschaftliche Tätigkeit in der Union ausübt. Die ordnungsgemäße Anwendung und Durchsetzung dieser Verordnung sollte zur Resilienz des Binnenmarkts gegen Verzerrungen durch drittstaatliche Subventionen beitragen und dadurch die offene strategische Autonomie der Union stärken. Daher sollten in dieser Verordnung Vorschriften für alle Unternehmen festgelegt werden, die in der Union eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Angesichts der Bedeutung der von KMU ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten und ihres Beitrags zur Verwirklichung der wichtigsten politischen Ziele der Union wird den Auswirkungen dieser Verordnung auf KMU besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Abänderung 5

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 7 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(7a)

Da die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ein integraler Bestandteil der Anwendung dieser Verordnung sind, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ihre Behörden bei der Anwendung dieser Verordnung wirksam mit der Kommission zusammenarbeiten und sich mit ihr abstimmen. Zu diesem Zweck sollte die Kommission in der Lage sein, eine strukturierte Zusammenarbeit zum Informationsaustausch und zur Koordinierung einzurichten.

Abänderung 6

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 9

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(9)

Es liegt eine finanzielle Zuwendung vor, die direkt oder indirekt von der Behörde eines Drittstaats stammt. Die finanzielle Zuwendung kann von öffentlichen oder privaten Einrichtungen gewährt werden. Ob eine öffentliche Einrichtung eine finanzielle Zuwendung gewährt, sollte jeweils im Einzelfall unter gebührender Berücksichtigung von Elementen wie den Merkmalen der betreffenden Einrichtung und dem rechtlichen und wirtschaftlichen Umfeld in dem Land , in dem die Einrichtung tätig ist, einschließlich der Rolle der Regierung in der Wirtschaft, festgestellt werden. Die finanzielle Zuwendung kann auch von einer privaten Einrichtung gewährt werden, wenn deren Handlungen einem Drittstaat zugerechnet werden können.

(9)

Es liegt eine finanzielle Zuwendung vor, die direkt oder indirekt von einem Drittstaat stammt. Die finanzielle Zuwendung kann von öffentlichen oder privaten Einrichtungen gewährt werden. Ob eine öffentliche Einrichtung eine finanzielle Zuwendung gewährt, sollte jeweils im Einzelfall unter gebührender Berücksichtigung von Elementen wie den Merkmalen der betreffenden Einrichtung und dem rechtlichen und wirtschaftlichen Umfeld in dem Drittstaat , in dem die Einrichtung tätig ist, einschließlich der Rolle der Regierung in der Wirtschaft jenes Drittstaats , festgestellt werden. Die finanzielle Zuwendung kann auch von einer privaten Einrichtung gewährt werden, wenn deren Handlungen einem Drittstaat zugerechnet werden können. Unterstützungsmaßnahmen, die wirtschaftlich einer finanziellen Zuwendung gleichkommen, sollten ebenfalls als finanzielle Zuwendung angesehen werden. Eine solche finanzielle Zuwendung könnte eine Situation umfassen, in der der Begünstigte einen privilegierten Zugang zu seinem Inlandsmarkt hat, insbesondere durch ausschließliche oder besondere Rechte sowie selektive De-jure- oder De-facto-Ausnahmen von den geltenden Vorschriften oder gleichwertige Maßnahmen für die Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen in dem Drittstaat, die ihm durch nationale Rechtsvorschriften gewährt werden, oder dadurch, dass der Begünstigte aufgrund der vorherrschenden rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen von einem gebundenen inländischen Markt profitiert. Dies könnte zu einem künstlichen Wettbewerbsvorteil führen, der im EU-Binnenmarkt genutzt werden könnte, wodurch die wettbewerbsverzerrende Wirkung von Subventionen verschärft würde.

Abänderung 7

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 10

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(10)

Durch eine solche finanzielle Zuwendung entsteht einem Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit im Binnenmarkt ausübt, ein Vorteil. Eine finanzielle Zuwendung, die einer Einrichtung zugute kommt, welche nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, stellt keine drittstaatliche Subvention dar. Die Feststellung, ob ein Vorteil entsteht, sollte auf der Grundlage komparativer Referenzwerte erfolgen, wie der Investitionspraxis privater Investoren, der auf dem Markt erhältlichen Finanzierungssätze, einer vergleichbaren steuerlichen Behandlung oder der angemessenen Vergütung für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung. Stehen keine direkt vergleichbaren Referenzwerte zur Verfügung, können bestehende Referenzwerte angepasst oder alternative Referenzwerte auf der Grundlage allgemein anerkannter Beurteilungsmethoden ermittelt werden.

(10)

Durch eine finanzielle Zuwendung entsteht einem Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit im Binnenmarkt ausübt, ein Vorteil. Eine finanzielle Zuwendung, die einer Einrichtung zugute kommt, welche nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, stellt keine drittstaatliche Subvention dar. Die Feststellung, ob ein Vorteil entsteht, sollte auf der Grundlage komparativer Referenzwerte erfolgen, wie der Investitionspraxis privater Investoren, der auf dem Markt erhältlichen Finanzierungssätze, einer vergleichbaren steuerlichen Behandlung oder der angemessenen Vergütung für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung. Stehen keine direkt vergleichbaren Referenzwerte zur Verfügung, können bestehende Referenzwerte angepasst oder alternative Referenzwerte auf der Grundlage allgemein anerkannter Beurteilungsmethoden ermittelt werden. Verrechnungspreise können einen Vorteil darstellen und einer finanziellen Zuwendung gleichgestellt werden, wenn sie nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen.

Abänderung 8

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 11 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(11a)

Eine drittstaatliche Subvention gilt von dem Moment an als gewährt, ab dem der Begünstigte einen Anspruch hat, die Subvention zu erhalten. Die tatsächliche Auszahlung der Subvention ist keine notwendige Voraussetzung dafür, dass eine Subvention in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.

Abänderung 9

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 14

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(14)

Bei der Anwendung dieser Indikatoren könnte die Kommission verschiedene Faktoren wie den Umfang der Subvention in absoluten Zahlen oder im Verhältnis zur Größe des Marktes oder zum Wert der Investition berücksichtigen. So dürfte beispielsweise ein Zusammenschluss, bei dem eine drittstaatliche Subvention einen wesentlichen Teil des für den Erwerb des Zielunternehmens gezahlten Preises deckt, eine verzerrende Wirkung haben. Ebenso dürften drittstaatliche Subventionen, die einen wesentlichen Teil des geschätzten Wertes eines Auftrags, der bei einem öffentlichen Vergabeverfahren vergeben werden soll, ausmachen, zu Verzerrungen führen. Gewährt ein Drittstaat eine Subvention für Betriebskosten, so dürfte diese mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Verzerrungen führen, als eine drittstaatliche Subvention für Investitionskosten. Bei drittstaatlichen Subventionen für kleine und mittlere Unternehmen ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie Verzerrungen bewirken, als bei drittstaatlichen Subventionen für große Unternehmen. Darüber hinaus sollten die Merkmale des Marktes, insbesondere die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt, beispielsweise Marktzutrittsschranken, berücksichtigt werden. Drittstaatliche Subventionen, die zu Überkapazitäten führen, weil dadurch unwirtschaftliche Vermögenswerte weiterbetrieben werden, oder die Investitionen in Kapazitätserweiterungen fördern, die andernfalls nicht errichtet worden wären, dürften zu Verzerrungen führen. Eine drittstaatliche Subvention für einen Begünstigten, dessen Tätigkeit im Binnenmarkt, beispielsweise gemessen an dem in der Union erzielten Umsatz, nicht umfangreich ist, führt mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu Verzerrungen als eine drittstaatliche Subvention für einen Begünstigten, der eine umfangreichere Tätigkeit im Binnenmarkt ausübt. Schließlich sollte es bei drittstaatlichen Subventionen, die 5  Mio. EUR nicht übersteigen, grundsätzlich als unwahrscheinlich angesehen werden, dass sie im Sinne dieser Verordnung den Binnenmarkt verzerren.

(14)

Bei der Anwendung dieser Indikatoren könnte die Kommission verschiedene Faktoren wie den Umfang der Subvention in absoluten Zahlen oder im Verhältnis zur Größe des Marktes oder zum Wert der Investition berücksichtigen. So dürfte beispielsweise ein Zusammenschluss, bei dem eine drittstaatliche Subvention einen wesentlichen Teil des für den Erwerb des Zielunternehmens gezahlten Preises deckt, eine verzerrende Wirkung haben. Ebenso dürften drittstaatliche Subventionen, die einen wesentlichen Teil des geschätzten Wertes eines Auftrags, der bei einem öffentlichen Vergabeverfahren vergeben werden soll, ausmachen, zu Verzerrungen führen. Gewährt ein Drittstaat eine Subvention für Betriebskosten, so dürfte diese mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Verzerrungen führen als eine drittstaatliche Subvention für Investitionskosten. Bei drittstaatlichen Subventionen für kleine und mittlere Unternehmen ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie Verzerrungen bewirken, als bei drittstaatlichen Subventionen für große Unternehmen. Darüber hinaus sollten die Merkmale des Marktes, insbesondere die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt, beispielsweise Marktzutrittsschranken, berücksichtigt werden. Drittstaatliche Subventionen, die zu Überkapazitäten führen, weil dadurch unwirtschaftliche Vermögenswerte weiterbetrieben werden, oder die Investitionen in Kapazitätserweiterungen fördern, die andernfalls nicht errichtet oder gekauft worden wären, dürften zu Verzerrungen führen. Eine drittstaatliche Subvention für einen Begünstigten, dessen Tätigkeit im Binnenmarkt, beispielsweise gemessen an dem in der Union erzielten Umsatz, nicht umfangreich ist, führt mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu Verzerrungen als eine drittstaatliche Subvention für einen Begünstigten, der eine umfangreichere Tätigkeit im Binnenmarkt ausübt. Auch kann die Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit berücksichtigt werden, um die Kommission in die Lage zu versetzen, Maßnahmen zu ergreifen, wenn der Umfang der Tätigkeit eines Unternehmens gering ist, aber ein starkes Wachstum zu erwarten ist. Die Kommission sollte in der Lage sein, bei der Bewertung einer Verzerrung zu berücksichtigen, ob ein Drittstaat über ein wirksames System zur Kontrolle von Subventionen verfügt, das dem System in der Union zumindest gleichwertig ist und das die Wahrscheinlichkeit verringert, dass von einem solchen Drittstaat gewährte Subventionen im Sinne dieser Verordnung den Binnenmarkt verzerren. Die Kommission sollte daher Drittstaaten darin bestärken, solche Subventionskontrollsysteme zu etablieren, unter anderem durch den Abschluss und die Umsetzung bilateraler Abkommen, die wesentliche Bestimmungen über gleiche Wettbewerbsbedingungen vorsehen, und indem sie Drittstaaten darin bestärkt, internationalen Subventionsverpflichtungen nachzukommen und sich den Initiativen der Union zur Verbesserung internationaler Regeln für Subventionen und Wettbewerbsneutralität anzuschließen, insbesondere im Rahmen der WTO. Bei drittstaatlichen Subventionen, die 4  Mio. EUR nicht übersteigen, sollte es grundsätzlich als unwahrscheinlich angesehen werden, dass sie im Sinne dieser Verordnung den Binnenmarkt verzerren. Die Kommission sollte Leitlinien mit weiteren Einzelheiten zur Bewertung des wettbewerbsverzerrenden Charakters einer Subvention ausarbeiten und veröffentlichen, um für alle Marktteilnehmer Rechtssicherheit zu schaffen. Die Leitlinien sollten auch Beispiele für und typische Fälle von wettbewerbsverzerrenden und nicht wettbewerbsverzerrenden Subventionen enthalten.

Abänderung 10

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 16

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(16)

Die Kommission sollte die positiven Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention auf die Entwicklung der jeweils subventionierten wirtschaftlichen Tätigkeit berücksichtigen. Diese positiven Auswirkungen sollte die Kommission gegen die negativen Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention in Form von Verzerrungen auf dem Binnenmarkt abwägen, um gegebenenfalls eine geeignete Abhilfemaßnahme zu ermitteln oder Verpflichtungsangebote anzunehmen. Die Abwägungsprüfung kann auch zu dem Schluss führen, dass keine Abhilfemaßnahmen erforderlich sind. Bei Kategorien drittstaatlicher Subventionen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Binnenmarkt verzerren, als am größten gilt, ist es weniger wahrscheinlich, dass sie mehr positive als negative Auswirkungen haben.

(16)

Die Kommission sollte in der Lage sein, die positiven Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention auf die Entwicklung der jeweils subventionierten wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Binnenmarkt und ihren Beitrag zur Verwirklichung von Gemeinwohlzielen, einschließlich sozialer und umweltpolitischer Ziele, zu berücksichtigen. Diese positiven Auswirkungen sollte die Kommission gegen die negativen Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention in Form von Verzerrungen auf dem Binnenmarkt abwägen, um gegebenenfalls eine geeignete Abhilfemaßnahme zu ermitteln oder Verpflichtungsangebote anzunehmen. Die Abwägungsprüfung sollte sowohl die kurz- als auch die langfristigen Auswirkungen berücksichtigen und das allgemeine Ziel verfolgen, die durch drittstaatliche Subventionen verursachten Verzerrungen zu beseitigen. Bei ihrer Analyse sollte die Kommission die allgemeinen Grundsätze berücksichtigen, die bei der Beurteilung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt gelten. Die Abwägungsprüfung kann auch zu dem Schluss führen, dass keine Abhilfemaßnahmen erforderlich sind. Bei Kategorien drittstaatlicher Subventionen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Binnenmarkt verzerren, als am größten gilt, ist es weniger wahrscheinlich, dass sie mehr positive als negative Auswirkungen haben. Die Kommission sollte auch die positiven Auswirkungen von Subventionen berücksichtigen, die zur Behebung schwerwiegender nationaler oder globaler Störungen im Wirtschaftsleben gewährt werden, wie z. B. solcher, die durch globale Gesundheitskrisen verursacht werden. Die Kommission sollte Leitlinien für die Anwendung der Abwägungsprüfung, einschließlich der zu verwendenden Kriterien, ausarbeiten.

Abänderung 11

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 20 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(20a)

Das Unternehmen, das Gegenstand der Prüfung ist, könnte anbieten, oder die Kommission könnte die betreffenden Unternehmen auffordern, der Kommission ihre Teilnahme an künftigen öffentlichen Vergabeverfahren in der Union für einen angemessenen Zeitraum mitzuteilen. Die Übermittlung einer solchen Mitteilung bzw. die Antwort oder das Ausbleiben einer Antwort der Kommission kann bei dem Unternehmen kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, dass die Kommission nicht zu einem späteren Zeitpunkt eine Prüfung möglicher drittstaatlicher Subventionen für das an dem öffentlichen Vergabeverfahren beteiligte Unternehmen einleitet.

Abänderung 12

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 21

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(21)

Die Kommission sollte befugt sein, jegliche Informationen über drittstaatliche Subventionen von Amts wegen zu prüfen. Dazu muss ein zweistufiges Verfahren eingeführt werden, das aus einer Vorprüfung und einer eingehenden Prüfung besteht.

(21)

Die Kommission sollte befugt sein, jegliche Informationen über drittstaatliche Subventionen von Amts wegen zu prüfen. Dazu muss ein zweistufiges Verfahren eingeführt werden, das aus einer Vorprüfung und einer eingehenden Prüfung besteht. Die Kommission sollte Leitlinien zu den Kriterien für die Einleitung eines solchen Verfahrens veröffentlichen. Die Kommission sollte in der Lage sein, auf Informationen zu reagieren, die sie aus allen relevanten Quellen erhält, darunter die Mitgliedstaaten, Unternehmen oder die EU-weiten Sozialpartner. Zu diesem Zweck sollte die Kommission eine Kontaktstelle einrichten.

Abänderung 13

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 22

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(22)

Der Kommission sollten angemessene Untersuchungsbefugnisse an die Hand gegeben werden, damit sie alle erforderlichen Informationen einholen kann. Sie sollte daher befugt sein, während des gesamten Verfahrens von allen Unternehmen bzw. Unternehmensvereinigungen Auskünfte einzuholen. Darüber hinaus sollte die Kommission befugt sein, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen, wenn die angeforderten Auskünfte nicht fristgerecht erteilt werden oder unvollständige, unrichtige oder irreführende Angaben gemacht werden. Die Kommission kann auch Fragen an Mitgliedstaaten oder Drittstaaten richten. Darüber hinaus sollte die Kommission befugt sein, Nachprüfungen in den Räumlichkeiten des Unternehmens in der Union bzw. — vorbehaltlich der Zustimmung des Unternehmens und des betreffenden Drittstaats — in den Räumlichkeiten des Unternehmens in dem Drittstaat durchzuführen. Wenn das betreffende Unternehmen nicht kooperiert, sollte die Kommission ferner befugt sein, einen Beschluss auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen.

(22)

Der Kommission sollten angemessene Untersuchungsbefugnisse und Ressourcen an die Hand gegeben werden, damit sie alle erforderlichen Informationen einholen kann. Sie sollte daher befugt sein, während des gesamten Verfahrens von allen Unternehmen bzw. Unternehmensvereinigungen Auskünfte einzuholen. Darüber hinaus sollte die Kommission befugt sein, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen, wenn die angeforderten Auskünfte nicht fristgerecht erteilt werden oder unvollständige, unrichtige oder irreführende Angaben gemacht werden. Um den abschreckenden Charakter dieser Verordnung zu verstärken, sollte die Möglichkeit bestehen, Abhilfemaßnahmen, Verpflichtungen, Geldbußen und Zwangsgelder erforderlichenfalls gleichzeitig anzuwenden. Die Kommission kann auch Fragen an Mitgliedstaaten oder Drittstaaten richten. Darüber hinaus sollte die Kommission befugt sein, Nachprüfungen in den Räumlichkeiten des Unternehmens in der Union bzw. — vorbehaltlich der Zustimmung des betreffenden Drittstaats — in den Räumlichkeiten des Unternehmens in dem Drittstaat durchzuführen. Wenn das betreffende Unternehmen nicht kooperiert, sollte die Kommission ferner befugt sein, einen Beschluss auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen.

Abänderung 14

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 26

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(26)

Die Kommission sollte über geeignete Instrumente verfügen, um die Wirksamkeit der Verpflichtungen und der Abhilfemaßnahmen sicherzustellen. Kommt das betreffende Unternehmen einem Beschluss, mit dem Verpflichtungen für bindend erklärt wurden, einem Beschluss, mit dem Abhilfemaßnahmen auferlegt wurden, oder einem Beschluss, mit dem einstweilige Maßnahmen angeordnet wurden, nicht nach, sollte die Kommission befugt sein, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen.

(26)

Die Kommission sollte über geeignete Instrumente verfügen, um die Wirksamkeit der Verpflichtungen und der Abhilfemaßnahmen sicherzustellen. Kommt das betreffende Unternehmen einem Beschluss, mit dem Verpflichtungen für bindend erklärt wurden, einem Beschluss, mit dem Abhilfemaßnahmen auferlegt wurden, oder einem Beschluss, mit dem einstweilige Maßnahmen angeordnet wurden, nicht nach, sollte die Kommission befugt sein, Geldbußen und Zwangsgelder mit hinreichend abschreckender Wirkung zu verhängen. Die Kommission sollte bei der Verhängung solcher Geldbußen und Zwangsgelder Fälle wiederholter Verstöße berücksichtigen. Die Kommission sollte die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen.

Abänderung 15

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 31

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(31)

Wird die Anmelde- bzw. Meldeschwelle nicht erreicht, könnte die Kommission die Anmeldung von möglicherweise subventionierten Zusammenschlüssen, die noch nicht vollzogen wurden, bzw. die Meldung von möglicherweise subventionierten Angeboten vor der Vergabe eines öffentlichen Auftrags verlangen, wenn sie der Auffassung ist, dass der Zusammenschluss bzw. das Angebot angesichts seiner Auswirkungen in der Union einer vorherigen Prüfung bedarf. Die Kommission sollte ferner die Möglichkeit haben, von Amts wegen bereits vollzogene Zusammenschlüsse oder bereits vergebene öffentliche Aufträge zu prüfen.

(31)

Wird die Anmelde- bzw. Meldeschwelle nicht erreicht, sollte die Kommission die Anmeldung von möglicherweise subventionierten Zusammenschlüssen, die noch nicht vollzogen wurden, bzw. die Meldung von möglicherweise subventionierten Angeboten vor der Vergabe eines öffentlichen Auftrags verlangen, wenn sie der Auffassung ist, dass der Zusammenschluss bzw. das Angebot angesichts seiner Auswirkungen in der Union einer vorherigen Prüfung bedarf. Die Kommission sollte ferner die Möglichkeit haben, von Amts wegen bereits vollzogene Zusammenschlüsse oder bereits vergebene öffentliche Aufträge zu prüfen.

Abänderung 16

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 32 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(32a)

Im Rahmen der Ex-ante-Prüfung von Zusammenschlüssen sollten die betroffenen Unternehmen die Möglichkeit haben, auf der Grundlage von Treu und Glauben Konsultationen mit der Kommission vor der Anmeldung zu beantragen, deren ausschließliches Ziel darin besteht, festzustellen, ob die formellen Anmeldeschwellen erreicht wurden oder nicht.

Abänderung 17

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 35

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(35)

Auch sollte gewährleistet werden, dass die für die öffentliche Auftragsvergabe geltenden Grundsätze, insbesondere Verhältnismäßigkeit, Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung und Transparenz, in Bezug auf alle an dem öffentlichen Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen eingehalten werden, unabhängig von gemäß dieser Verordnung eingeleiteten und laufenden Prüfverfahren.

(35)

Auch sollte gewährleistet werden, dass die für die öffentliche Auftragsvergabe geltenden Grundsätze, insbesondere Verhältnismäßigkeit, Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung und Transparenz, in Bezug auf alle an dem öffentlichen Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen eingehalten werden, unabhängig von gemäß dieser Verordnung eingeleiteten und laufenden Prüfverfahren. Diese Verordnung lässt die Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die geltenden Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt-, Sozial- und Arbeitsrecht unberührt.

Abänderung 18

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 36

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(36)

Drittstaatliche Subventionen, die ein Unternehmen in die Lage versetzen, ein in Bezug auf die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen ungerechtfertigt günstiges Angebot abzugeben, sollten als tatsächliche oder potenzielle Ursache für eine Wettbewerbsverzerrung im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens angesehen werden. Solche Verzerrungen sollten folglich auf Grundlage der in den Erwägungsgründen 13 und 14 beschriebenen, nicht erschöpfenden Liste von Indikatoren sowie des Konzepts des ungerechtfertigt günstigen Angebots beurteilt werden. Anhand der Indikatoren sollte festgestellt werden können, wie eine drittstaatliche Subvention den Wettbewerb verzerrt, indem sie die Wettbewerbsposition eines Unternehmens verbessert und es in die Lage versetzt, ein ungerechtfertigt günstiges Angebot abzugeben. Unternehmen sollte Gelegenheit gegeben werden darzulegen, dass das Angebot nicht ungerechtfertigt günstig ist, u. a. durch Berufung auf die in Artikel 69 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU genannten Elemente. Das Zuschlagsverbot sollte nur dann gelten, wenn der günstige Charakter des Angebots, das aufgrund drittstaatlicher Subventionen abgegeben werden konnte, nicht gerechtfertigt werden kann, das Angebot den Zuschlag erhalten würde und das das Angebot einreichende Unternehmen keine Verpflichtungsangebote vorgelegt hat, die als angemessen und hinreichend angesehen werden, um die Verzerrung vollständig und wirksam zu beseitigen.

(36)

Drittstaatliche Subventionen, die ein Unternehmen in die Lage versetzen, ein in Bezug auf die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen ungerechtfertigt günstiges Angebot abzugeben, sollten als tatsächliche oder potenzielle Ursache für eine Wettbewerbsverzerrung im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens angesehen werden. Solche Verzerrungen sollten folglich auf Grundlage der in den Erwägungsgründen 13 und 14 beschriebenen, nicht erschöpfenden Liste von Indikatoren sowie des Konzepts des ungerechtfertigt günstigen Angebots beurteilt werden. Anhand der Indikatoren sollte festgestellt werden können, wie eine drittstaatliche Subvention den Wettbewerb verzerrt, indem sie die Wettbewerbsposition eines Unternehmens verbessert und es in die Lage versetzt, ein ungerechtfertigt günstiges Angebot abzugeben. Unternehmen sollte Gelegenheit gegeben werden darzulegen, dass das Angebot nicht ungerechtfertigt günstig ist, u. a. durch Berufung auf die in Artikel 69 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU genannten Elemente. Das Zuschlagsverbot sollte nur dann gelten, wenn der günstige Charakter des Angebots, das aufgrund drittstaatlicher Subventionen abgegeben werden konnte, nicht gerechtfertigt werden kann, das Angebot den Zuschlag erhalten würde und das das Angebot einreichende Unternehmen keine Verpflichtungsangebote vorgelegt hat, die als angemessen und hinreichend angesehen werden, um die Verzerrung vollständig und wirksam zu beseitigen. Bei Erlass eines Beschlusses, der die Erteilung des Zuschlags untersagt, wird das betreffende Unternehmen von der Teilnahme an dem öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen.

Abänderung 19

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 37

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(37)

Angesichts der Merkmale des Vorabprüfungsmechanismus für Zusammenschlüsse und öffentliche Vergabeverfahren und mit Blick auf die für derartige Transaktionen erforderliche Rechtssicherheit können Zusammenschlüsse und öffentliche Vergabeverfahren, die nach den jeweils geltenden Verfahren angemeldet bzw. gemeldet und beurteilt wurden, von der Kommission nicht von Amts wegen erneut geprüft werden. Finanzielle Zuwendungen, über die die Kommission im Wege des Anmelde- bzw. Meldeverfahrens informiert wurde, können jedoch auch außerhalb des Prüfverfahrens für Zusammenschlüsse oder öffentliche Vergabeverfahren relevant sein. Um Informationen über Subventionen aus Drittstaaten einzuholen, sollte die Kommission über die Möglichkeit verfügen, Untersuchungen für bestimmte Wirtschaftszweige, bestimmte Arten von Wirtschaftstätigkeiten oder in Bezug auf die Nutzung bestimmter Instrumente für drittstaatliche Subventionen einzuleiten.

(37)

Angesichts der Merkmale des Vorabprüfungsmechanismus für Zusammenschlüsse und öffentliche Vergabeverfahren und mit Blick auf die für derartige Transaktionen erforderliche Rechtssicherheit können Zusammenschlüsse und öffentliche Vergabeverfahren, die nach den jeweils geltenden Verfahren angemeldet bzw. gemeldet und beurteilt wurden, von der Kommission nicht von Amts wegen erneut geprüft werden. Finanzielle Zuwendungen, über die die Kommission im Wege des Anmelde- bzw. Meldeverfahrens informiert wurde, können jedoch auch außerhalb des Prüfverfahrens für Zusammenschlüsse oder öffentliche Vergabeverfahren relevant sein. Um Informationen über Subventionen aus Drittstaaten einzuholen, sollte die Kommission über die Möglichkeit verfügen, Untersuchungen für bestimmte Wirtschaftszweige, bestimmte Arten von Wirtschaftstätigkeiten oder in Bezug auf die Nutzung bestimmter Instrumente für drittstaatliche Subventionen einzuleiten. Die Kommission sollte die im Rahmen solcher Marktuntersuchungen erlangten Informationen verwenden können, um im Rahmen von Verfahren nach dieser Verordnung bestimmte Transaktionen zu überprüfen.

Abänderung 20

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 43

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(43)

Die Durchführung dieser Verordnung durch die Union sollte mit dem Unionsrecht und dem WTO-Abkommen sowie mit den Zusagen im Rahmen anderer Handels- und Investitionsübereinkommen, zu deren Vertragsparteien die Union oder die Mitgliedstaaten zählen, im Einklang stehen.

(43)

Die Durchführung dieser Verordnung durch die Union sollte mit dem Unionsrecht und dem WTO-Abkommen sowie mit den Zusagen im Rahmen anderer Handels- und Investitionsübereinkommen, zu deren Vertragsparteien die Union oder die Mitgliedstaaten zählen, im Einklang stehen. Diese Verordnung sollte unbeschadet der Ausarbeitung multilateraler Regeln zur Bekämpfung wettbewerbsverzerrender Subventionen gelten.

Abänderung 21

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 43 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(43a)

Um die Ausarbeitung multilateraler Regeln zur Bekämpfung wettbewerbsverzerrender Subventionen und ihrer Ursachen zu fördern, muss ein Dialog mit Drittstaaten eingerichtet werden. Wenn die Kommission das Bestehen systemischer verzerrender drittstaatlicher Subventionen feststellt oder vermutet, so sollte sie die Möglichkeit haben, einen Dialog mit dem betreffenden Drittstaat aufzunehmen, um Optionen zu sondieren, die auf die Einstellung oder Änderung der wettbewerbsverzerrenden Subventionen abzielen, um deren wettbewerbsverzerrende Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu beseitigen. Sieht ein bilaterales Abkommen zwischen der Union und einem Drittstaat einen Konsultationsmechanismus für systemisch verzerrende drittstaatliche Subventionen vor, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, so sollte dieser Mechanismus genutzt werden, um den Dialog mit Drittstaaten zu erleichtern. Die Kommission sollte sich auch bemühen können, die Einstellung oder Änderung der wettbewerbsverzerrenden Subventionen zu bewirken, indem sie die Angelegenheit in einschlägigen internationalen Foren oder im Wege der Zusammenarbeit mit anderen Drittstaaten, die von denselben systemischen wettbewerbsverzerrenden Subventionen betroffen sind, oder mit anderen interessierten Drittstaaten zur Sprache bringt. Dieser Dialog sollte die Kommission weder daran hindern, Untersuchungen nach dieser Verordnung einzuleiten oder laufende Untersuchungen fortzusetzen, noch eine Alternative zu Abhilfemaßnahmen darstellen. Die Kommission sollte das Europäische Parlament und den Rat unverzüglich über einschlägige Entwicklungen unterrichten.

Abänderung 22

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 47

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(47)

Um für einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung zu sorgen, sollten der Kommission nach Artikel 291 AEUV Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Durchführungsbefugnisse sollten ausgeübt werden, um Form und Inhalt der Anmeldungen von Zusammenschlüssen sowie der Meldungen von finanziellen Zuwendungen im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe, Einzelheiten zur Offenlegung, Form und Inhalt von Transparenzanforderungen, die Berechnungsweise von Fristen, Bedingungen und zeitliche Begrenzungen für Verpflichtungen sowie ausführliche Vorschriften zu den Schritten des Prüfverfahrens für öffentliche Vergabeverfahren festzulegen. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden.

(47)

Um für einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung zu sorgen, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Durchführungsbefugnisse sollten ausgeübt werden, um Form und Inhalt der Anmeldungen von Zusammenschlüssen sowie der Meldungen von finanziellen Zuwendungen im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe, Einzelheiten zur Offenlegung, Form und Inhalt von Transparenzanforderungen, die Berechnungsweise von Fristen, Bedingungen und zeitliche Begrenzungen für Verpflichtungen sowie ausführliche Vorschriften zu den Schritten des Prüfverfahrens für öffentliche Vergabeverfahren festzulegen. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden. Die Kommission sollte diese Durchführungsbefugnisse spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Verordnung erstmals ausüben.

Abänderung 23

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 47 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(47a)

Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, ein vereinfachtes Verfahren einzuführen, nach dem sie bestimmte Zusammenschlüsse oder öffentliche Vergabeverfahren behandelt, die offenbar mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt durch drittstaatliche Subventionen führen.

Abänderung 24

Vorschlag für eine Verordnung

Erwägung 48

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(48)

Um auch langfristig faire Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu gewährleisten und sowohl Fälle, für die eine Anmeldung bzw. Meldung erfolgt ist, als auch von Amts wegen geprüfte Fälle angemessen abzudecken, sollte der Kommission nach Artikel 290 AEUV die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten übertragen werden in Bezug auf die Änderung der Schwellenwerte für die Anmeldung von Zusammenschlüssen bzw. die Meldung bei öffentlichen Vergabeverfahren, in Bezug auf die Freistellung bestimmter Gruppen von Unternehmen von den Anmelde- bzw. Meldepflichten nach dieser Verordnung sowie in Bezug auf die Änderung der Fristen für die Vorprüfung und die eingehende Prüfung angemeldeter Zusammenschlüsse bzw. gemeldeter finanzieller Zuwendungen bei öffentlichen Vergabeverfahren. Was finanzielle Zuwendungen im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren angeht, so sollte die Befugnis zum Erlass solcher Rechtsakte in einer Weise ausgeübt werden, die auch den Interessen von KMU Rechnung trägt. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge der Vorbereitung dieser Rechtsakte angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung  (47) niedergelegten Grundsätzen im Einklang stehen. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, sollten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten erhalten, und ihre Sachverständigen sollten systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission haben, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(48)

Um auch langfristig faire Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu gewährleisten und sowohl Fälle, für die eine Anmeldung bzw. Meldung erfolgt ist, als auch von Amts wegen geprüfte Fälle angemessen abzudecken, sollte die Kommission die Funktionsweise und Wirksamkeit dieser Verordnung, einschließlich der in den Artikeln 18 und 27 festgelegten Melde- bzw. Anmeldeschwellen, spätestens zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten und danach alle drei Jahre bewerten und diese Bewertung dem Europäischen Parlament und dem Rat in einem Bericht vorlegen. In diesem Bericht sollte auch bewertet werden, ob diese Verordnung geändert werden sollte. Wird in dem Bericht eine Änderung der Verordnung vorgeschlagen, so kann ihm ein Legislativvorschlag beigefügt werden, insbesondere in Bezug auf die Änderung der Schwellenwerte für die Anmeldung von Zusammenschlüssen bzw. die Meldung bei öffentlichen Vergabeverfahren, in Bezug auf die Freistellung bestimmter Gruppen von Unternehmen von den Anmelde- bzw. Meldepflichten nach dieser Verordnung, in Bezug auf die Einführung spezifischer niedrigerer Anmeldeschwellen für bestimmte Wirtschaftszweige oder differenzierter Schwellenwerte für verschiedene Arten von öffentlichen Aufträgen sowie in Bezug auf die Änderung der Fristen für die Vorprüfung und die eingehende Prüfung angemeldeter Zusammenschlüsse bzw. gemeldeter finanzieller Zuwendungen bei öffentlichen Vergabeverfahren. Was finanzielle Zuwendungen im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren angeht, so sollte die Bewertung in einer Weise durchgeführt werden, die auch den Interessen von KMU Rechnung trägt. Die Kommission sollte auch quantifizierte Kosten-Nutzen-Analysen und Ex-ante-Analysen zu den Auswirkungen auf Investitionen und das Wohl der Verbraucher durchführen. Im Rahmen ihrer Bewertung sollte die Kommission in Erwägung ziehen, die vorliegende Verordnung aufzuheben, wenn sie der Auffassung ist, dass die Ausarbeitung multilateraler Regeln zur Bekämpfung wettbewerbsverzerrender Subventionen diese Verordnung vollständig überflüssig gemacht hat.

Abänderung 25

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 1 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Mit dieser Verordnung werden Regeln und Verfahren für die Prüfung drittstaatlicher Subventionen, die den Binnenmarkt verzerren, und für die Beseitigung solcher Verzerrungen festgelegt. Solche Verzerrungen können bei jeder wirtschaftlichen Tätigkeit auftreten, vor allem bei Zusammenschlüssen und öffentlichen Vergabeverfahren.

(1)   Mit dieser Verordnung werden Regeln und Verfahren für die Prüfung drittstaatlicher Subventionen, die den Binnenmarkt verzerren, und für die Beseitigung solcher Verzerrungen festgelegt , um für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen . Solche Verzerrungen können bei jeder wirtschaftlichen Tätigkeit auftreten, vor allem bei Zusammenschlüssen und öffentlichen Vergabeverfahren.

Abänderung 26

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 2 — Absatz 2 — Buchstabe a — Einleitung

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

a)

umfasst der Begriff „finanzielle Zuwendung“

a)

umfasst der Begriff „finanzielle Zuwendung“ unter anderem

Abänderung 27

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 2 — Absatz 2 — Buchstabe a — Ziffer i

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

i)

den Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten, wie etwa Kapitalzuführungen, Zuschüsse, Kredite, Kreditgarantien, Steueranreize, Ausgleich von Betriebsverlusten, Ausgleich für von öffentlichen Stellen auferlegte finanzielle Belastungen, Schuldenerlass, Schuldenswaps oder Umschuldung,

i)

den Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten, wie etwa Kapitalzuführungen, Zuschüsse, Kredite, Kreditgarantien, Steueranreize, Steuerbefreiungen, Ausgleich von Betriebsverlusten, Ausgleich für von öffentlichen Stellen auferlegte finanzielle Belastungen, Schuldenerlass, Schuldenswaps oder Umschuldung,

Abänderung 28

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 2 — Absatz 2 — Buchstabe a — Ziffer ii

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

ii)

den Verzicht auf ansonsten fällige Einnahmen, oder

ii)

den Verzicht auf ansonsten fällige Einnahmen,

Abänderung 29

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 2 — Absatz 2 — Buchstabe a — Ziffer ii a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

iia)

unzureichend vergütete besondere oder ausschließliche Rechte oder

Abänderung 30

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 2 — Absatz 2 — Buchstabe a — Ziffer iii

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

iii)

die Bereitstellung oder den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen;

iii)

die Bereitstellung oder den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen , es sei denn, die Bereitstellung oder der Erwerb erfolgt im Rahmen eines wettbewerbsorientierten, transparenten, diskriminierungsfreien und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahrens ;

Abänderung 31

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 — Absatz 1 — Einleitung

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Eine Verzerrung auf dem Binnenmarkt liegt vor, wenn eine drittstaatliche Subvention geeignet ist, die Wettbewerbsposition des betreffenden Unternehmens im Binnenmarkt zu verbessern, und durch diese Verbesserung der Wettbewerb im Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell beeinträchtigt wird. Ob eine Verzerrung des Binnenmarkts vorliegt, wird anhand von Indikatoren ermittelt wie

(1)   Eine Verzerrung auf dem Binnenmarkt liegt vor, wenn eine drittstaatliche Subvention geeignet ist, die Wettbewerbsposition des betreffenden Unternehmens im Binnenmarkt zu verbessern, und durch diese Verbesserung der Wettbewerb im Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell beeinträchtigt wird. Ob eine Verzerrung des Binnenmarkts vorliegt, wird anhand von Indikatoren ermittelt wie u. a.

Abänderung 32

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 — Absatz 1 — Buchstabe c

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

c)

der Situation des Unternehmens und der betreffenden Märkte,

c)

der Situation des Unternehmens , einschließlich seiner Größe, und der betreffenden Märkte und insbesondere einer Bewertung , ob das betreffende Unternehmen unter dem Eigentum, der Kontrolle oder der politischen Aufsicht oder Leitung der Behörden des Drittstaats tätig ist;

Abänderung 33

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 — Absatz 1 — Buchstabe d

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

d)

des Umfangs der Wirtschaftstätigkeit des betreffenden Unternehmens auf dem Binnenmarkt,

d)

des Umfangs und der Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit des betreffenden Unternehmens auf dem Binnenmarkt und auf seinem Heimatmarkt ,

Abänderung 34

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Eine drittstaatliche Subvention führt wahrscheinlich nicht zu Verzerrungen des Binnenmarkts, wenn ihr Gesamtbetrag in einem Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren 5  Mio. EUR nicht erreicht.

(2)   Eine drittstaatliche Subvention führt wahrscheinlich nicht zu Verzerrungen des Binnenmarkts, wenn ihr Gesamtbetrag in einem Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren 4  Mio. EUR nicht erreicht.

Abänderung 35

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 — Absatz 2 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(2a)     Die Kommission kann prüfen, ob der Drittstaat über ein System zur Überprüfung von Subventionen verfügt, das nach Auffassung der Kommission rechtlich und praktisch gewährleistet, dass das Niveau des Schutzes vor unzulässigen staatlichen Eingriffen in die Marktkräfte und vor unlauterem Wettbewerb dem Schutzniveau in der Union mindestens gleichwertig ist, ob die Subvention im Rahmen dieses Systems genehmigt wurde und ob diese Genehmigung auch für die Auswirkungen auf den Binnenmarkt relevant erscheint.

Abänderung 36

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 3 — Absatz 2 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(2b)     Um Effizienz und Transparenz sicherzustellen, veröffentlicht die Kommission spätestens 24 Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung Leitlinien für die Anwendung dieses Artikels, die Erläuterungen und Beispiele für die Anwendung der einzelnen Indikatoren umfassen. Die Kommission aktualisiert diese Leitlinien in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten regelmäßig und hält das Europäische Parlament und den Rat auf dem Laufenden.

Abänderung 37

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 4 — Absatz 1 — Nummer 2 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(2a)

Ausfuhrfinanzierungssubventionen, die von Drittstaaten gewährt werden, die nicht zu den Unterzeichnern des OECD-Übereinkommens über öffentlich unterstützte Exportkredite gehören;

Abänderung 38

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 4 — Absatz 1 — Nummer 2 b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(2b)

drittstaatliche Subventionen für Unternehmen, die in Wirtschaftszweigen tätig sind, die durch strukturelle Überkapazität gekennzeichnet sind;

Abänderung 39

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 5 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Die Kommission wägt gegebenenfalls die negativen Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention in Form der Verzerrung des Binnenmarkts gegen die positiven Auswirkungen der Subvention auf die Entwicklung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit ab .

(1)   Die Kommission kann gegebenenfalls die negativen Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention in Form der Verzerrung des Binnenmarkts gegen die positiven Auswirkungen der Subvention auf die Entwicklung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Binnenmarkt abwägen .

Abänderung 40

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 5 — Absatz 2 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(2a)     Spätestens 24 Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung veröffentlicht die Kommission Leitlinien zur Anwendung dieses Artikels, in denen auch die Kriterien festgelegt sind, die der Abwägungsprüfung zugrunde gelegt werden. Die Kommission aktualisiert diese Leitlinien in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten regelmäßig und hält das Europäische Parlament und den Rat hierüber auf dem Laufenden.

Abänderung 41

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)    Um die tatsächlich oder potenziell durch eine drittstaatliche Subvention verursachte Verzerrung auf dem Binnenmarkt zu beseitigen, kann die Kommission Abhilfemaßnahmen auferlegen. Das betreffende Unternehmen kann auch Verpflichtungsangebote unterbreiten .

(1)    Unbeschadet des Artikels 5 ergreift die Kommission Abhilfemaßnahmen, um die durch eine ausländische Subvention tatsächlich oder potenziell verursachte Verzerrung auf dem Binnenmarkt zu beseitigen, es sei denn, sie hat Verpflichtungsangebote des betreffenden Unternehmens gemäß Absatz 1a angenommen .

Abänderung 42

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(1a)     Die Kommission kann Verpflichtungsangebote des betreffenden Unternehmens annehmen, wenn diese Verpflichtungen die Verzerrung auf dem Binnenmarkt vollständig und wirksam beseitigen. Nimmt die Kommission solche Verpflichtungsangebote an, so erklärt sie die Verpflichtungen mittels eines Verpflichtungsbeschlusses nach Artikel 9 Absatz 3 für das Unternehmen für bindend. Die Kommission überwacht, ob das Unternehmen die vereinbarten Verpflichtungen einhält.

Abänderung 43

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Die Verpflichtungsangebote bzw. Abhilfemaßnahmen müssen die durch die drittstaatliche Subvention im Binnenmarkt verursachte Verzerrung vollständig und wirksam beseitigen.

(2)   Die Verpflichtungsangebote bzw. Abhilfemaßnahmen müssen die durch die drittstaatliche Subvention im Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell verursachte Verzerrung vollständig und wirksam beseitigen.

Abänderung 44

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 3 — Einleitung

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(3)   Die Verpflichtungen bzw. Abhilfemaßnahmen können Folgendes umfassen:

(3)   Die Verpflichtungen bzw. Abhilfemaßnahmen können u. a. Folgendes umfassen:

Abänderung 45

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 3 — Buchstabe a

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

a)

Bereitstellung des Zugangs zu einer Infrastruktur, die durch die verzerrenden drittstaatlichen Subventionen erworben oder gefördert wurde, zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen, es sei denn, ein solcher fairer und diskriminierungsfreier Zugang ist bereits kraft in der Union geltender Rechtsvorschriften vorgesehen,

a)

Bereitstellung des Zugangs zu einer Infrastruktur oder Anlage , die durch die verzerrenden drittstaatlichen Subventionen erworben oder gefördert wurde, zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen, es sei denn, ein solcher fairer und diskriminierungsfreier Zugang ist bereits kraft in der Union geltender Rechtsvorschriften vorgesehen,

Abänderung 46

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 3 — Buchstabe b

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

b)

Verringerung der Kapazitäten oder der Marktpräsenz,

b)

Verringerung der Kapazitäten oder der Marktpräsenz, auch durch vorübergehende Beschränkungen der Wirtschaftstätigkeit auf dem Binnenmarkt,

Abänderung 47

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 3 — Buchstabe h a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

ha)

an die beteiligten Unternehmen ergehende Anordnung, der Kommission jede Teilnahme an künftigen öffentlichen Vergabeverfahren in der Union während eines angemessenen Zeitraums zu melden, wenn der geschätzte Wert des öffentlichen Auftrags unter den in Artikel 27 festgelegten Schwellenwerten liegt,

Abänderung 48

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 3 — Buchstabe h b (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

hb)

an die beteiligten Unternehmen ergehende Anordnung, ihre Leitungsstruktur anzupassen.

Abänderung 49

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(4)   Die Kommission kann Berichterstattungs- und Transparenzvorschriften auferlegen .

(4)   Die Kommission erlegt Berichterstattungs- und Transparenzvorschriften auf .

Abänderung 50

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 5

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(5)     Bietet ein Unternehmen Verpflichtungen an, mit denen die Verzerrung auf dem Binnenmarkt vollständig und wirksam beseitigt wird, so kann die Kommission diese annehmen und mittels eines Verpflichtungsbeschlusses nach Artikel 9 Absatz 3 für das Unternehmen für bindend erklären.

entfällt

Abänderung 51

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 6 — Absatz 6

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(6)   Schlägt das betreffende Unternehmen vor, die drittstaatliche Subvention einschließlich einer angemessenen Verzinsung zurückzuzahlen, so akzeptiert die Kommission die Rückzahlung als Verpflichtung, wenn sie feststellen kann, dass die Rückzahlung transparent und wirksam ist , wobei sie dem Risiko einer Umgehung der Ziele dieser Verordnung Rechnung trägt.

(6)   Schlägt das betreffende Unternehmen vor, die drittstaatliche Subvention einschließlich einer angemessenen Verzinsung zurückzuzahlen, so akzeptiert die Kommission die Rückzahlung als Verpflichtung nur dann , wenn sie feststellen kann, dass die Rückzahlung transparent ist und die verzerrenden Auswirkungen dadurch wirksam und angemessen behoben werden , wobei sie dem Risiko einer Umgehung der Ziele dieser Verordnung Rechnung trägt.

Abänderung 52

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 7 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Kommission kann auf eigene Initiative (von Amts wegen) Informationen aus allen Quellen über mutmaßlich Verzerrungen bewirkende Subventionen aus Drittstaaten prüfen.

Die Kommission kann auf eigene Initiative (von Amts wegen) Informationen aus allen Quellen , einschließlich der Mitgliedstaaten und Unternehmen oder der Sozialpartner auf Unionsebene, über mutmaßlich Verzerrungen bewirkende Subventionen aus Drittstaaten prüfen.

 

Die Kommission richtet eine Kontaktstelle ein, über die diese Informationen vertraulich gemeldet werden können.

 

Die Kommission unterrichtet die Behörde über alle ergriffenen Folgemaßnahmen.

 

Die zuständigen Behörden erheben Daten und tauschen sie mit der Kommission aus.

 

Die Kommission veröffentlicht spätestens 24 Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung Leitlinien zu den Kriterien für die Einleitung einer Überprüfung von Amts wegen.

Abänderung 53

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 8 — Absatz 2 — Buchstabe b

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

b)

setzt sie das betreffende Unternehmen davon in Kenntnis und

b)

setzt sie das betreffende Unternehmen und gegebenenfalls auch die Mitgliedstaaten davon in Kenntnis und

Abänderung 54

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 8 — Absatz 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(3)   Gelangt die Kommission im Anschluss an eine vorläufige Beurteilung zu dem Schluss, dass keine hinreichenden Gründe für die Einleitung einer eingehenden Prüfung vorliegen, weil entweder keine drittstaatliche Subvention gegeben ist oder keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche oder potenzielle Verzerrung auf dem Binnenmarkt vorliegen, schließt sie die Vorprüfung ab und setzt das betreffende Unternehmen davon in Kenntnis.

(3)   Gelangt die Kommission im Anschluss an eine vorläufige Beurteilung zu dem Schluss, dass keine hinreichenden Gründe für die Einleitung einer eingehenden Prüfung vorliegen, weil entweder keine drittstaatliche Subvention gegeben ist oder keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche oder potenzielle Verzerrung auf dem Binnenmarkt vorliegen, schließt sie die Vorprüfung ab und setzt das betreffende Unternehmen , die betreffenden Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament davon in Kenntnis.

Abänderung 55

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 9 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Stellt die Kommission fest, dass eine drittstaatliche Subvention den Binnenmarkt nach den Artikeln 3 bis 5 verzerrt, so kann sie Abhilfemaßnahmen auferlegen (im Folgenden „Beschluss zur Auferlegung von Abhilfemaßnahmen“).

(2)   Stellt die Kommission fest, dass eine drittstaatliche Subvention den Binnenmarkt nach den Artikeln  3 und 4 und unbeschadet des Artikels  5 verzerrt, so erlegt sie Abhilfemaßnahmen auf (im Folgenden „Beschluss zur Auferlegung von Abhilfemaßnahmen“) , es sei denn, sie nimmt Verpflichtungen gemäß Absatz 3 an .

Abänderung 56

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 10 — Absatz 1 — Einleitung

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Kommission kann einstweilige Maßnahmen ergreifen, wenn

Die Kommission kann – auch in der Phase der Vorprüfung – einstweilige Maßnahmen ergreifen, wenn

Abänderung 57

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 10 — Absatz 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Einstweilige Maßnahmen sind befristet und können verlängert werden, wenn weiterhin Anzeichen für wettbewerbsverzerrende Auswirkungen oder die ernste Gefahr einer erheblichen und nicht wiedergutzumachenden Schädigung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt bestehen.

Abänderung 58

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 12 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)    Die Kommission kann bei Unternehmen die erforderlichen Nachprüfungen vornehmen .

(1)    Zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben nimmt die Kommission erforderlichenfalls Nachprüfungen bei Unternehmen vor .

Abänderung 59

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 12 — Absatz 2 — Buchstabe a

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

a)

alle Räumlichkeiten und Grundstücke des betreffenden Unternehmens zu betreten,

a)

alle Räumlichkeiten , Grundstücke und Transportmittel des betreffenden Unternehmens zu betreten,

Abänderung 60

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 13 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben kann die Kommission Nachprüfungen im Hoheitsgebiet eines Drittstaats durchführen, sofern das betreffende Unternehmen seine Zustimmung erteilt hat und die Regierung des Drittstaats offiziell unterrichtet wurde und der Nachprüfung zugestimmt hat. Artikel 12 Absätze 1, 2 und 3 Buchstaben a und b gelten entsprechend.

Zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben kann die Kommission Nachprüfungen im Hoheitsgebiet eines Drittstaats durchführen, sofern die Regierung des Drittstaats offiziell unterrichtet wurde und der Nachprüfung zugestimmt hat. Artikel 12 Absätze 1, 2 und 3 Buchstaben a und b gelten entsprechend.

Abänderung 61

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 15 — Absatz 1 — Einleitung

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Die Kommission kann per Beschluss Geldbußen und Zwangsgelder verhängen , wenn ein betroffenes Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung vorsätzlich oder fahrlässig

(1)   Die Kommission verhängt per Beschluss Geldbußen und Zwangsgelder, wenn ein betroffenes Unternehmen oder eine betroffene Unternehmensvereinigung vorsätzlich oder fahrlässig

Abänderung 62

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 15 — Absatz 5 — Einleitung

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(5)   Kommt ein betroffenes Unternehmen einem Verpflichtungsbeschluss nach Artikel 9 Absatz 3, einem Beschluss zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen nach Artikel 10 oder einem Beschluss zur Auferlegung von Abhilfemaßnahmen nach Artikel 9 Absatz 2 nicht nach, so kann die Kommission per Beschluss

(5)   Kommt ein betroffenes Unternehmen oder eine betroffene Unternehmensvereinigung einem Verpflichtungsbeschluss nach Artikel 9 Absatz 3, einem Beschluss zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen nach Artikel 10 oder einem Beschluss zur Auferlegung von Abhilfemaßnahmen nach Artikel 9 Absatz 2 nicht nach, so kann die Kommission per Beschluss

Abänderung 63

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 18 — Absatz 3 — Buchstabe a

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

a)

das erworbene Unternehmen oder mindestens eines der fusionierenden Unternehmen in der Union niedergelassen ist und in der Union einen Gesamtumsatz von mindestens 500  Mio. EUR erzielt und

a)

das erworbene Unternehmen oder mindestens eines der fusionierenden Unternehmen in der Union niedergelassen ist und in der Union einen Gesamtumsatz von mindestens 400  Mio. EUR erzielt und

Abänderung 64

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 18 — Absatz 3 — Buchstabe b

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

b)

die beteiligten Unternehmen in den drei Kalenderjahren vor der Anmeldung von Drittstaaten finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Mio. EUR erhalten haben .

b)

allen beteiligten Unternehmen in den drei Kalenderjahren vor der Anmeldung von Drittstaaten finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Mio. EUR gewährt wurden .

Abänderung 65

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 18 — Absatz 4 — Buchstabe a

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

a)

das Gemeinschaftsunternehmen selbst oder eine seiner Muttergesellschaften in der Union niedergelassen ist und dort einen Gesamtumsatz von mindestens 500  Mio. EUR erzielt und

a)

das Gemeinschaftsunternehmen selbst in der Union niedergelassen ist und dort einen Gesamtumsatz von mindestens 400  Mio. EUR erzielt und

Abänderung 66

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 18 — Absatz 4 — Buchstabe b

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

b)

das Gemeinschaftsunternehmen selbst und seine Muttergesellschaften in den drei Kalenderjahren vor der Anmeldung von Drittstaaten finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Mio. EUR erhalten haben .

b)

dem Gemeinschaftsunternehmen selbst und seinen Muttergesellschaften in den drei Kalenderjahren vor der Anmeldung von Drittstaaten finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Mio. EUR gewährt wurden .

Abänderung 67

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 19 — Absatz 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(4)   Kommen die beteiligten Unternehmen ihrer Anmeldepflicht nicht nach, kann die Kommission die Anmeldung eines anmeldepflichtigen Zusammenschlusses verlangen und ihn nach Maßgabe dieser Verordnung prüfen . In diesem Fall ist die Kommission nicht an die in Artikel 23 Absätze 1 und 4 genannten Fristen gebunden.

(4)   Kommen die beteiligten Unternehmen ihrer Anmeldepflicht nicht nach, so verlangt die Kommission die Anmeldung eines anmeldepflichtigen Zusammenschlusses und prüft ihn nach Maßgabe dieser Verordnung. In diesem Fall ist die Kommission nicht an die in Artikel 23 Absätze 1 und 4 genannten Fristen gebunden.

Abänderung 68

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 19 — Absatz 5

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(5)   Die Kommission kann die vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses, bei dem es sich nicht um einen anmeldepflichtigen Zusammenschluss im Sinne des Artikels 18 handelt, vor dem Vollzug des Zusammenschlusses jederzeit verlangen, wenn sie vermutet, dass die beteiligten Unternehmen in den drei Jahren vor dem Zusammenschluss von drittstaatlichen Subventionen profitiert haben könnten. Ein solcher Zusammenschluss gilt für die Zwecke dieser Verordnung als anmeldepflichtiger Zusammenschluss.

(5)   Die Kommission kann die vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses, bei dem es sich nicht um einen anmeldepflichtigen Zusammenschluss im Sinne des Artikels 18 handelt, vor dem Vollzug des Zusammenschlusses jederzeit verlangen, wenn sie vermutet, dass den beteiligten Unternehmen in den drei Jahren vor dem Zusammenschluss drittstaatliche Subventionen gewährt worden sein könnten. Ein solcher Zusammenschluss gilt für die Zwecke dieser Verordnung als anmeldepflichtiger Zusammenschluss.

Abänderung 69

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 27 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Für die Zwecke des Artikels 28 liegt eine meldepflichtige drittstaatliche finanzielle Zuwendung im Rahmen eines öffentlichen EU-Vergabeverfahrens vor, wenn der geschätzte Wert des Vergabeverfahrens mindestens 250  Mio. EUR beträgt.

(2)   Für die Zwecke des Artikels 28 dieser Verordnung liegt eine meldepflichtige drittstaatliche finanzielle Zuwendung im Rahmen eines öffentlichen EU-Vergabeverfahrens vor, wenn der geschätzte Gesamtwert des Vergabeverfahrens , der gemäß den Bestimmungen von Artikel 5 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 16 der Richtlinie 2014/25/EU berechnet wird, mindestens 200  Mio. EUR beträgt.

Abänderung 70

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 28 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Die Pflicht zur vorherigen Meldung drittstaatlicher finanzieller Zuwendungen nach diesem Artikel gilt für Wirtschaftsteilnehmer, Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern nach Artikel 26 Absatz 2 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 19 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 37 Absatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU sowie für die wichtigsten Unterauftragnehmer und die wichtigsten Lieferanten. Ein Unterauftragnehmer oder Lieferant gilt als wichtiger Unterauftragnehmer oder Lieferant, wenn seine Teilnahme wesentliche Elemente der Auftragserfüllung gewährleistet bzw. immer dann, wenn der wirtschaftliche Anteil seines Beitrags 30  % des geschätzten Auftragswerts übersteigt.

(2)   Die Pflicht zur vorherigen Meldung drittstaatlicher finanzieller Zuwendungen nach diesem Artikel gilt für Wirtschaftsteilnehmer, Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern nach Artikel 26 Absatz 2 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 19 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 37 Absatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU sowie für die wichtigsten Unterauftragnehmer und die wichtigsten Lieferanten. Ein Unterauftragnehmer oder Lieferant gilt als wichtiger Unterauftragnehmer oder Lieferant, wenn der wirtschaftliche Anteil seines Beitrags 20  % des geschätzten Auftragswerts übersteigt.

Abänderung 71

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 28 — Absatz 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(3)   Bei Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern, den wichtigsten Unterauftragnehmern und den wichtigsten Lieferanten sorgt der federführende Wirtschaftsteilnehmer für die Meldung.

(3)   Bei Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern, den wichtigsten Unterauftragnehmern und den wichtigsten Lieferanten sorgt der federführende Wirtschaftsteilnehmer für die Meldung. Der federführende Wirtschaftsteilnehmer haftet nicht für Informationen, die von seinen wichtigsten Unterauftragnehmern oder seinen wichtigsten Lieferanten bereitgestellt werden.

Abänderung 72

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 28 — Absatz 6

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(6)   Wenn die Kommission vermutet, dass ein Unternehmen in den drei Jahren vor Einreichung des Angebots oder des Antrags auf Teilnahme am öffentlichen Vergabeverfahren möglicherweise von drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen profitiert hat , so kann sie vor Vergabe des Auftrags jederzeit die Meldung der drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen verlangen, die das Unternehmen im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren erhalten hat und die nicht nach Artikel 27 Absatz 2 meldepflichtig sind oder die in den Anwendungsbereich von Absatz 5 dieses Artikels fallen. Sobald die Kommission die Meldung einer solchen drittstaatlichen finanziellen Zuwendung verlangt hat, gilt diese Zuwendung als meldepflichtige drittstaatliche finanzielle Zuwendung im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens.

(6)   Wenn die Kommission vermutet, dass einem Unternehmen in den drei Jahren vor Einreichung des Angebots oder des Antrags auf Teilnahme am öffentlichen Vergabeverfahren möglicherweise drittstaatliche finanzielle Zuwendungen gewährt wurden , so kann sie vor Vergabe des Auftrags jederzeit die Meldung der drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen verlangen, die das Unternehmen im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren erhalten hat und die nicht nach Artikel 27 Absatz 2 meldepflichtig sind oder die in den Anwendungsbereich von Absatz 5 dieses Artikels fallen. Sobald die Kommission die Meldung einer solchen drittstaatlichen finanziellen Zuwendung verlangt hat, gilt diese Zuwendung als meldepflichtige drittstaatliche finanzielle Zuwendung im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens.

Abänderung 73

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 29 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Die Kommission führt spätestens 60  Tage nach Eingang der Meldung eine Vorprüfung durch .

(2)   Die Kommission stellt spätestens 40  Tage nach Eingang der Meldung eine Vorprüfung fertig .

Abänderung 74

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 29 — Absatz 4

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(4)   Die Kommission kann spätestens 200  Tage nach Eingang einer Meldung einen Beschluss zum Abschluss der eingehenden Prüfung erlassen. Diese Frist kann unter besonderen Umständen nach Konsultation des betreffenden öffentlichen Auftraggebers bzw. des Auftraggebers verlängert werden.

(4)   Die Kommission kann spätestens 120  Tage nach Eingang einer Meldung einen Beschluss zum Abschluss der eingehenden Prüfung erlassen. Diese Frist kann unter besonderen Umständen nach Konsultation des betreffenden öffentlichen Auftraggebers bzw. des Auftraggebers um 20 Tage verlängert werden.

Abänderung 75

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 31 — Absatz 3

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(3)   An ein Unternehmen, das eine Erklärung nach Artikel 28 vorgelegt hat, darf der Auftrag nur dann vergeben werden, bevor die Kommission einen der Beschlüsse nach Artikel 30 erlassen hat oder die Frist nach Artikel 29 Absatz 4 verstrichen ist, wenn die Bewertung der eingereichten Angebote ergeben hat, dass das betreffende Unternehmen in jedem Fall das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat.

(3)   An ein Unternehmen, das eine Erklärung nach Artikel 28 vorgelegt hat, darf der Auftrag nur dann vergeben werden, bevor die Kommission einen der Beschlüsse nach Artikel 30 erlassen hat oder die Frist nach Artikel 29 Absatz 4 dieser Verordnung verstrichen ist, wenn die Bewertung der eingereichten Angebote ergeben hat, dass das betreffende Unternehmen in jedem Fall das wirtschaftlich günstigste Angebot im Sinne des Artikels 67 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU und des Artikels 82 Absatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU abgegeben hat. Informationen über verzerrende drittstaatliche Subventionen, einschließlich des Verdachts, dass eine falsche Erklärung abgegeben wurde, können der Kommission gemeldet werden.

Abänderung 76

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 31 — Absatz 6

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(6)   In jedem Fall unterrichtet der öffentliche Auftraggeber bzw. der Auftraggeber die Kommission über jeden Beschluss im Zusammenhang mit dem Ergebnis des öffentlichen Vergabeverfahrens.

(6)   In jedem Fall unterrichtet der öffentliche Auftraggeber bzw. der Auftraggeber die Kommission unverzüglich über jeden Beschluss im Zusammenhang mit dem Ergebnis des öffentlichen Vergabeverfahrens.

Abänderung 77

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 31 — Absatz 7

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(7)   Die für die öffentliche Auftragsvergabe geltenden Grundsätze, so unter anderem Verhältnismäßigkeit, Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung und Transparenz, werden in Bezug auf alle an dem öffentlichen Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen eingehalten. Die Prüfung drittstaatlicher Subventionen nach dieser Verordnung darf nicht dazu führen, dass der öffentliche Auftraggeber bzw. der Auftraggeber das betreffende Unternehmen in einer gegen diese Grundsätze verstoßenden Weise behandelt.

(7)   Die für die öffentlichen Vergabeverfahren geltenden Grundsätze, so unter anderem Verhältnismäßigkeit, Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung und Transparenz, sowie die Verpflichtungen in Bezug auf das geltende Umwelt-, Sozial- und Arbeitsrecht und die geltenden Normen bei der Ausführung des Auftrags werden in Bezug auf alle an dem öffentlichen Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen eingehalten. Die Prüfung drittstaatlicher Subventionen nach dieser Verordnung darf nicht dazu führen, dass der öffentliche Auftraggeber bzw. der Auftraggeber das betreffende Unternehmen in einer gegen diese Grundsätze verstoßenden Weise behandelt.

Abänderung 78

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 32 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Außerdem kann die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen per Beschluss Geldbußen von höchstens 1 % ihres im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes verhängen, wenn die Unternehmen in einer Meldung nach Artikel 28 oder in einer Ergänzung zu einer solchen Meldung dazu vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben gemacht haben.

(2)   Außerdem kann die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen per Beschluss Geldbußen von höchstens 1 % ihres im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes verhängen, wenn die Unternehmen in einer Meldung oder Erklärung nach Artikel 28 oder in einer Ergänzung zu einer solchen Meldung oder Erklärung vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben gemacht haben.

Abänderung 79

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 33 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Eine finanzielle Zuwendung, die im Rahmen eines Zusammenschlusses nach Artikel 19 gemeldet wird, kann auch im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit relevant sein und erneut geprüft werden.

(1)   Eine finanzielle Zuwendung, die im Rahmen eines Zusammenschlusses nach Artikel 19 gemeldet wird, kann auch im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit relevant sein und im Rahmen dieser Verordnung erneut geprüft werden.

Abänderung 80

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 33 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Eine finanzielle Zuwendung, die im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens nach Artikel 28 gemeldet wird, kann auch im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit relevant sein und erneut geprüft werden.

(2)   Eine finanzielle Zuwendung, die im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens nach Artikel 28 gemeldet wird, kann auch im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit relevant sein und im Rahmen dieser Verordnung erneut geprüft werden.

Abänderung 81

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 34 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Wenn aufgrund der vorliegenden Informationen ein begründeter Verdacht besteht, dass drittstaatliche Subventionen in einem bestimmten Wirtschaftszweig, für eine bestimmte Art von Wirtschaftstätigkeit oder auf der Grundlage eines bestimmten Subventionsinstruments den Binnenmarkt verzerren könnten, kann die Kommission in Bezug auf den betreffenden Wirtschaftszweig, die bestimmte Art der Wirtschaftstätigkeit oder den Einsatz des betreffenden Subventionsinstruments eine Marktuntersuchung durchführen . Im Rahmen dieser Marktuntersuchung kann die Kommission von den betreffenden Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen die notwendigen Auskünfte einholen und die notwendigen Nachprüfungen vornehmen . Die Kommission kann auch Auskunftsverlangen an den betreffenden Mitgliedstaat oder Drittstaat richten.

(1)   Wenn aufgrund der vorliegenden Informationen ein begründeter Verdacht besteht, dass drittstaatliche Subventionen in einem bestimmten Wirtschaftszweig, für eine bestimmte Art von Wirtschaftstätigkeit oder auf der Grundlage eines bestimmten Subventionsinstruments den Binnenmarkt verzerren könnten, führt die Kommission in Bezug auf den betreffenden Wirtschaftszweig, die bestimmte Art der Wirtschaftstätigkeit oder den Einsatz des betreffenden Subventionsinstruments eine Marktuntersuchung durch . Im Rahmen dieser Marktuntersuchung holt die Kommission von den betreffenden Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen die notwendigen Auskünfte ein und nimmt die notwendigen Nachprüfungen vor . Die Kommission kann auch Auskunftsverlangen an den betreffenden Mitgliedstaat oder Drittstaat richten.

Abänderung 82

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 34 — Absatz 2

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(2)   Die Kommission kann einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Marktuntersuchung in Bezug auf bestimmte Wirtschaftszweige, bestimmte Arten von Wirtschaftstätigkeiten oder bestimmte Subventionsinstrumente veröffentlichen und interessierte Kreise um Stellungnahme bitten .

(2)   Die Kommission veröffentlicht gegebenenfalls einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Marktuntersuchung in Bezug auf bestimmte Wirtschaftszweige, bestimmte Arten von Wirtschaftstätigkeiten oder bestimmte Subventionsinstrumente und bittet interessierte Kreise um Stellungnahme.

Abänderung 83

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 34 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

Artikel 34a

 

Dialog mit Drittstaaten

 

(1)     Wenn die Kommission infolge einer Marktuntersuchung gemäß Artikel 34 das Bestehen systemischer verzerrender drittstaatlicher Subventionen feststellt oder wenn aufgrund anderer vorliegender Informationen ein begründeter Verdacht besteht, dass derartige Subventionen vorliegen, kann die Kommission im Namen der Union einen Dialog mit dem betreffenden Drittstaat aufnehmen, um Optionen zu sondieren, die auf die Einstellung oder Änderung der wettbewerbsverzerrenden Subventionen abzielen, um deren wettbewerbsverzerrende Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu beseitigen.

 

(2)     Dieser Dialog hindert die Kommission nicht daran, weitere Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung zu ergreifen, einschließlich der Einleitung oder Fortsetzung von Untersuchungen oder der Anwendung von einstweiligen Maßnahmen oder Abhilfemaßnahmen.

 

(3)     Die Kommission kann sich darum bemühen, die Einstellung oder Änderung der systemischen verzerrenden Subventionen zu erwirken, auch indem sie die Angelegenheit in einschlägigen internationalen Foren zur Sprache bringt.

 

(4)     Die Kommission kann mit jedem anderen Drittstaat, der von denselben systemischen verzerrenden Subventionen betroffen ist, und mit jedem interessierten Drittstaat im Namen der Union Konsultationen aufnehmen oder mit ihnen zusammenarbeiten, um die Einstellung oder Änderung der Subventionen zu erwirken. Dabei kann gegebenenfalls auch eine Koordinierung in einschlägigen internationalen Foren und eine Koordinierung als Reaktion auf die systemischen verzerrenden Subventionen erfolgen.

 

(5)     Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat unverzüglich über einschlägige Entwicklungen.

Abänderung 84

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 35 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Für die Befugnisse der Kommission nach Artikel 9 gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren ab dem Tag, an dem dem betreffenden Unternehmen eine drittstaatliche Subvention gewährt wurde. Jede Maßnahme der Kommission nach Artikel 8, 11, 12 oder 13 in Bezug auf eine drittstaatliche Subvention führt zur Unterbrechung der Verjährungsfrist. Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist von vorne.

(1)   Für die Befugnisse der Kommission nach Artikel 9 gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren ab dem Tag, an dem dem betreffenden Unternehmen eine drittstaatliche Subvention gewährt wurde. Jede Maßnahme der Kommission nach Artikel 8, 11, 12 , 13 oder 34 in Bezug auf eine drittstaatliche Subvention führt zur Unterbrechung der Verjährungsfrist. Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist von vorne.

Abänderung 85

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 40 — Absatz 3 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(3a)     Die vorliegende Verordnung lässt die Anwendung der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates  (1a) unberührt.

Abänderung 86

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 40 — Absatz 7

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(7)   Es wird keine Prüfung nach der vorliegenden Verordnung durchgeführt und keine Maßnahme verhängt oder aufrechterhalten, wenn diese Prüfung oder Maßnahme den Verpflichtungen der Union aus einem einschlägigen internationalen Übereinkommen, zu dessen Vertragsparteien sie gehört, zuwiderlaufen würde. Insbesondere werden im Rahmen dieser Verordnung keine Maßnahmen ergriffen, die einer spezifischen Maßnahme gegen eine Subvention im Sinne des Artikels 32.1 des Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen gleichkämen. Die vorliegende Verordnung hindert die Union nicht daran, die Rechte auszuüben und die Verpflichtungen zu erfüllen, die ihr aus internationalen Übereinkünften erwachsen.

(7)   Es wird keine Prüfung nach der vorliegenden Verordnung durchgeführt und keine Maßnahme verhängt oder aufrechterhalten, wenn diese Prüfung oder Maßnahme den Verpflichtungen der Union aus einem einschlägigen internationalen Übereinkommen, zu dessen Vertragsparteien sie gehört, zuwiderlaufen würde. Insbesondere werden im Rahmen dieser Verordnung keine Maßnahmen ergriffen, die einer spezifischen Maßnahme gegen eine Subvention im Sinne des Artikels 32.1 des Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen , die von einem Drittstaat gewährt wurde, der Mitglied der Welthandelsorganisation ist, gleichkämen. Die vorliegende Verordnung hindert die Union nicht daran, die Rechte auszuüben und die Verpflichtungen zu erfüllen, die ihr aus internationalen Übereinkünften erwachsen.

Abänderung 87

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 42 — Absatz 1 — Buchstabe a

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

a)

Form, Inhalt und andere Verfahrenseinzelheiten in Bezug auf die Anmeldung von Zusammenschlüssen nach Artikel 19,

a)

Form, Inhalt und andere Verfahrenseinzelheiten in Bezug auf die Anmeldung von Zusammenschlüssen nach Artikel 19, einschließlich eines möglichen vereinfachten Verfahrens,

Abänderung 88

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 42 — Absatz 1 — Buchstabe b

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

b)

Form, Inhalt und andere Verfahrenseinzelheiten in Bezug auf die Meldung drittstaatlicher finanzieller Zuwendungen im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren nach Artikel 28,

b)

Form, Inhalt und andere Verfahrenseinzelheiten in Bezug auf die Meldung drittstaatlicher finanzieller Zuwendungen im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren nach Artikel 28, einschließlich eines möglichen vereinfachten Verfahrens,

Abänderung 89

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 42 — Absatz 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(1a)     Der erste Durchführungsrechtsakt bzw. die ersten Durchführungsrechtsakte, die alle in Absatz 1 genannten Elemente erfassen, werden spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Verordnung erlassen.

Abänderung 90

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 44

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Artikel 44

entfällt

Delegierte Rechtsakte

 

(1)     Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu folgenden Zwecken zu erlassen:

 

a)

Änderung der in den Artikeln 18 und 27 genannten Schwellenwerte für die Anmeldung bzw. Meldung im Lichte der Praxis der Kommission in den ersten fünf Jahren der Anwendung dieser Verordnung und unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der Anwendung,

 

b)

Freistellung bestimmter Gruppen betroffener Unternehmen von der Anmeldepflicht nach Artikel 19 bzw. der Meldepflicht nach Artikel 28 im Lichte der Praxis der Kommission in den ersten fünf Jahren der Anwendung dieser Verordnung, sofern diese Praxis die Ermittlung wirtschaftlicher Tätigkeiten gestattet, bei denen Verzerrungen auf dem Binnenmarkt durch Subventionen aus Drittstaaten unwahrscheinlich sind,

 

c)

Änderung der zeitlichen Vorgaben für Vorprüfungen und eingehende Prüfungen nach den Artikeln 24 und 29.

 

(2)     Delegierte Rechtsakte nach Absatz 1 werden gemäß Artikel 45 erlassen.

 

Abänderung 91

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 45

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Artikel 45

entfällt

Ausübung der Befugnisübertragung

 

(1)     Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

 

(2)     Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 44 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit übertragen, beginnend nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren ab dem Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung.

 

(3)     Die Befugnisübertragung nach Artikel 44 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der darin angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit delegierter Rechtsakte, die bereits in Kraft getreten sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

 

(4)     Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung vom 13. April 2016 enthaltenen Grundsätzen.

 

(5)     Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn zugleich dem Europäischen Parlament und dem Rat.

 

(6)     Ein delegierter Rechtsakt, der nach Artikel 44 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhebt oder wenn vor Ablauf dieser Frist sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat der Kommission mitteilen, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

 

Abänderung 92

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 46 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor und fügt, sofern sie dies für angemessen hält , einschlägige Legislativvorschläge bei .

(1)    Die Kommission überprüft und bewertet das Funktionieren und die Wirksamkeit dieser Verordnung spätestens innerhalb von zwei Jahren nach ihrem Inkrafttreten und anschließend alle drei Jahre und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über ihre Anwendung vor. Diese Überprüfung umfasst eine Bewertung der in den Artikeln 18 und 27 festgelegten Schwellenwerte für Meldungen bzw. Anmeldungen und ihrer Auswirkungen auf die Fähigkeit der Kommission , diese Verordnung wirksam umzusetzen .

Abänderung 93

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 46 — Absatz 1 a (neu)

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

 

(1a)     Werden in dem Bericht Änderungen dieser Verordnung empfohlen und hält die Kommission dies angesichts ihrer Praxis bei der Anwendung dieser Verordnung und unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der Anwendung für angemessen, so können dem Bericht einschlägige Legislativvorschläge unter anderem zu folgenden Zwecken beigefügt werden:

 

a)

Änderung der Schwellenwerte für Meldungen bzw. Anmeldungen gemäß den Artikeln 18 und 27;

 

b)

Befreiung bestimmter Kategorien betroffener Unternehmen, etwa gutgläubiger Staatsfonds oder Pensionsfonds, von der Melde- bzw. Anmeldepflicht gemäß den Artikeln 19 und 28, insbesondere wenn es die Praxis der Kommission ermöglicht, Wirtschaftstätigkeiten zu ermitteln, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass drittstaatliche Subventionen den Binnenmarkt verzerren;

 

c)

Festlegung spezifischer Schwellenwerte für die Meldung bzw. Anmeldung für bestimmte Wirtschaftszweige oder differenzierter Schwellenwerte für verschiedene Arten öffentlicher Aufträge, insbesondere wenn die Praxis der Kommission es ermöglicht, Wirtschaftstätigkeiten zu ermitteln, bei denen es wahrscheinlicher ist, dass drittstaatliche Subventionen den Binnenmarkt verzerren, auch in Bezug auf strategische Sektoren und kritische Infrastrukturen;

 

d)

Änderung der zeitlichen Vorgaben für Vorprüfungen und eingehende Prüfungen gemäß den Artikeln 24 und 29;

 

e)

Aufhebung der vorliegenden Verordnung, wenn die Kommission der Auffassung ist, dass multilaterale Regelungen zur Verhinderung verzerrender Subventionen diese Verordnung vollständig überflüssig gemacht haben.

Abänderung 94

Vorschlag für eine Verordnung

Artikel 47 — Absatz 1

Vorschlag der Kommission

Geänderter Text

(1)   Diese Verordnung gilt für drittstaatliche Subventionen, die in den zehn Jahren vor Geltungsbeginn dieser Verordnung gewährt wurden, wenn diese drittstaatlichen Subventionen den Binnenmarkt nach Geltungsbeginn dieser Verordnung verzerren.

(1)   Diese Verordnung gilt für drittstaatliche Subventionen, die in den sieben Jahren vor Geltungsbeginn dieser Verordnung gewährt wurden, wenn diese drittstaatlichen Subventionen den Binnenmarkt nach Geltungsbeginn dieser Verordnung verzerren.


(1)  Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 59 Absatz 4 Unterabsatz 4 der Geschäftsordnung zu interinstitutionellen Verhandlungen an den zuständigen Ausschuss zurücküberwiesen (A9-0135/2022).

(1a)   Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1).

(1b)   Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).

(1c)   Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (ABl. L 79 I vom 21.3.2019, S. 1).

(1d)   Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum Markt für öffentliche Aufträge der Union und über Verfahren zur Unterstützung von Verhandlungen über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten von Drittländern (Internationales Beschaffungsinstrument — IPI) (ABl. L …).

(47)   Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (OJ L 123, 12.5.2016, p. 1).

(1a)   Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum Markt für öffentliche Aufträge der Union und über Verfahren zur Unterstützung von Verhandlungen über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten von Drittländern (Internationales Beschaffungsinstrument — IPI) (ABl. L …).


6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/255


P9_TA(2022)0197

Keine Einwände gegen einen delegierten Rechtsakt: Übergangsbestimmungen für in der Ukraine ausgestellte Kontrollbescheinigungen

Beschluss des Europäischen Parlaments, keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung der Kommission vom 8. April 2022 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2306 hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für in der Ukraine ausgestellte Kontrollbescheinigungen zu erheben (C(2022)02164 — 2022/2637(DEA))

(2022/C 465/25)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Delegierte Verordnung der Kommission (C(2022)02164),

unter Hinweis auf das Schreiben der Kommission vom 11. April 2022, in dem diese das Europäische Parlament ersucht, zu erklären, dass es keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung erheben wird,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung vom 20. April 2022 an den Vorsitz der Konferenz der Ausschussvorsitze,

gestützt auf Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates (1), insbesondere auf Artikel 38 Absatz 8 Buchstabe a Ziffer ii, Artikel 46 Absatz 7 Buchstabe b und Artikel 57 Absatz 3,

gestützt auf Artikel 111 Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für einen Beschluss,

unter Hinweis darauf, dass innerhalb der in Artikel 111 Absatz 6 dritter und vierter Spiegelstrich seiner Geschäftsordnung vorgesehenen Frist, die am 3. Mai 2022 auslief, keine Einwände erhoben wurden,

A.

in der Erwägung, dass die Invasion der Ukraine durch Russland am 24. Februar 2022 eine außergewöhnliche und beispiellose Herausforderung für die Kontrollbehörden und Kontrollstellen darstellt, die für die Zwecke der Ausfuhr ökologischer/biologischer Erzeugnisse aus der Ukraine in die Union anerkannt wurden, und dass in der Ukraine zudem die Postdienste unterbrochen sind;

B.

in der Erwägung, dass bestimmte Kontrollbehörden und Kontrollstellen, die in der Ukraine für die Ausfuhr ökologischer/biologischer Erzeugnisse in die Union anerkannt sind, keine Kontrollbescheinigungen mit einem qualifizierten elektronischen Siegel gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2306 der Kommission (2) ausstellen können, da nicht alle Kontrollbehörden und Kontrollstellen über ein elektronisches Siegel verfügen;

C.

in der Erwägung, dass die Kontrollbehörden und Kontrollstellen nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen können, die Kontrollbescheinigung gemäß der Übergangsbestimmung in Artikel 11 Absatz 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2306 in Papierform auszustellen, da die Postdienste in der Ukraine derzeit unterbrochen sind;

D.

in der Erwägung, dass die Kommission, da unbedingt sichergestellt werden muss, dass ökologische/biologische Erzeugnisse, die die Ukraine verlassen, weiterhin in die EU ausgeführt werden können, in der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2306 vorgeschlagen hat, dass die Kontrollbehörden und Kontrollstellen in der Ukraine bis zum 30. Juni 2022 die Kontrollbescheinigung in TRACES in elektronischer Form erstellen und übermitteln, ohne dass ein elektronisches Siegel angebracht wird;

E.

in der Erwägung, dass diese Verordnung aufgrund der Invasion der Ukraine durch Russland und der erforderlichen sofortigen Reaktion rückwirkend ab dem 24. Februar 2022 gelten sollte;

1.

erklärt, keine Einwände gegen die Delegierte Verordnung zu erheben;

2.

beauftragt seine Präsidentin, diesen Beschluss dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 1).

(2)  Delegierte Verordnung (EU) 2021/2306 der Kommission vom 21. Oktober 2021 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Vorschriften über die amtlichen Kontrollen von zur Einfuhr in die Union bestimmten Sendungen von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und Umstellungserzeugnissen und über die Kontrollbescheinigung (ABl. L 461 vom 27.12.2021, S. 13).


Donnerstag, 5. Mai 2022

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/257


P9_TA(2022)0198

Übergangsbestimmungen für die Verpackung und Kennzeichnung von Tierarzneimitteln ***I

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Übergangsbestimmungen für die Verpackung und Kennzeichnung von Tierarzneimitteln, die gemäß der Richtlinie 2001/82/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen wurden (COM(2022)0076 — C9-0054/2022 — 2022/0053(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

(2022/C 465/26)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2022)0076),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und die Artikel 114 und 168 Absatz 4 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0054/2022),

gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 23. März 2022 (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

unter Hinweis auf die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 27. April 2022 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Union zu billigen,

gestützt auf Artikel 59 und 163 seiner Geschäftsordnung,

1.

legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.

fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern;

3.

beauftragt seine Präsidentin, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.


P9_TC1-COD(2022)0053

Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 5. Mai 2022 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Übergangsbestimmungen für die Verpackung und Kennzeichnung von Tierarzneimitteln, die gemäß der Richtlinie 2001/82/EG oder der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen oder registriert wurden

(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2022/839.)


Berichtigungen

6.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 465/258


Berichtigung der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. März 2022 zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation (2020/2268(INI))

( Amtsblatt der Europäischen Union C 347 vom 9. September 2022 )

(2022/C 465/27)

Seite 69, Erwägungsgrund BD:

Anstatt:

„BD.

in der Erwägung, dass die besondere Art der ausländischen Einflussnahme in Wahlverfahren und der Einsatz neuer Technologien in diesem Zusammenhang, sowie deren mögliche Auswirkungen eine besonders gefährliche Bedrohung für die Demokratie darstellen; in der Erwägung, dass ausländische Einflussnahme über die ‚Informationskriegsführung‘ in den sozialen Medien hinausgeht und auch Kampagnen zur Begünstigung bestimmter Kandidaten, das Hacken und Anvisieren von Datenbanken mit dem Ziel, Zugang zu Wählerinformationen zu erhalten und das normale Funktionieren, den Wettbewerb und die Legitimität des Wahlprozesses direkt zu beeinträchtigen, umfassen; in der Erwägung, dass ausländische Einflussnahme über die ‚Informationskriegsführung‘ in den sozialen Medien hinausgeht und auch Kampagnen zur Begünstigung bestimmter Kandidaten, das Hacken und Anvisieren von Datenbanken mit dem Ziel, Zugang zu Wählerinformationen zu erhalten und das normale Funktionieren, den Wettbewerb und die Legitimität des Wahlprozesses direkt zu beeinträchtigen, umfassen;“

muss es heißen:

„BD.

in der Erwägung, dass die besondere Art der ausländischen Einflussnahme in Wahlverfahren und der Einsatz neuer Technologien in diesem Zusammenhang sowie deren mögliche Auswirkungen eine besonders gefährliche Bedrohung für die Demokratie darstellen; in der Erwägung, dass ausländische Einflussnahme über die ‚Informationskriegsführung‘ in den sozialen Medien hinausgeht und auch Kampagnen zur Begünstigung bestimmter Kandidaten, das Hacken und Anvisieren von Datenbanken mit dem Ziel, Zugang zu Wählerinformationen zu erhalten und das normale Funktionieren, den Wettbewerb und die Legitimität des Wahlprozesses direkt zu beeinträchtigen, umfassen; in der Erwägung, dass durch ausländische Einflussnahme darauf abgezielt wird, Zweifel, Unsicherheit und Misstrauen zu säen und nicht nur Wahlergebnisse zu verändern, sondern den gesamten Wahlprozess zu delegitimieren;“.