ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 233

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Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

65. Jahrgang
16. Juni 2022


Inhalt

Seite

 

II   Mitteilungen

 

MITTEILUNGEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

 

Europäische Kommission

2022/C 233/01

Mitteilung der Kommission — Leitlinien betreffend den Zugang von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, zum Arbeitsmarkt, zur beruflichen Bildung und zur Erwachsenenbildung

1


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

2022/C 233/02

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 24. März 2022 zu einem Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Vorschriften für das Kreditrisiko, das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung, das operationelle Risiko, das Marktrisiko und die Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor) (CON/2022/11)

14

2022/C 233/03

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 11. April 2022 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2016/1148 (CON/2022/14)

22


 

IV   Informationen

 

INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

 

Rat

2022/C 233/04

Beschluss des Rates vom 13. Juni 2022 zur Ernennung von vier Mitgliedern des Verwaltungsrats der Europäischen Arzneimittel-Agentur

26

 

Europäische Kommission

2022/C 233/05

Euro-Wechselkurs — 15. Juni 2022

28

2022/C 233/06

Zusammenfassung von Beschlüssen der Europäischen Kommission über Zulassungen für das Inverkehrbringen zur Verwendung und/oder für eine Verwendung von Stoffen, die in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) aufgeführt sind (Veröffentlicht gemäß Artikel 64 Absatz 9 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006)  ( 1 )

29

2022/C 233/07

Zusammenfassung von Beschlüssen der Europäischen Kommission über Zulassungen für das Inverkehrbringen zur Verwendung und/oder für eine Verwendung von Stoffen, die in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) aufgeführt sind (Veröffentlicht gemäß Artikel 64 Absatz 9 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006)  ( 1 )

30

2022/C 233/08

Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union

31

2022/C 233/09

Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union

33

 

INFORMATIONEN DER MITGLIEDSTAATEN

2022/C 233/10

Bekanntmachung gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2001/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten über die Auflösung und anschließende Abwicklung der Sberbank Europe AG (österreichisches Kreditinstitut in Abwicklung)

34


 

V   Bekanntmachungen

 

VERWALTUNGSVERFAHREN

 

Europäisches Amt für Personalauswahl

2022/C 233/11

Bekanntmachung eines allgemeinen Auswahlverfahrens

35

 

VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER WETTBEWERBSPOLITIK

 

Europäische Kommission

2022/C 233/12

Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses (Sache M.10748 – MACQUARIE / BCI / NATIONAL GRID / NATIONAL GRID GAS) — Für das vereinfachte Verfahren infrage kommender Fall ( 1 )

36

 

SONSTIGE RECHTSHANDLUNGEN

 

Europäische Kommission

2022/C 233/13

Veröffentlichung eines Antrags auf Genehmigung einer nicht geringfügigen Änderung der Produktspezifikation gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

38


 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR.

DE

 


II Mitteilungen

MITTEILUNGEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Europäische Kommission

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/1


MITTEILUNG DER KOMMISSION

Leitlinien betreffend den Zugang von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, zum Arbeitsmarkt, zur beruflichen Bildung und zur Erwachsenenbildung

(2022/C 233/01)

1.   EINLEITUNG

Seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind mehr als 6,5 Millionen Menschen aus der Ukraine in die EU geflohen; rund 3 Millionen – mehrheitlich Frauen mit Kindern – haben sich für die Gewährung des vorübergehenden Schutzes registriert (1). Den bisher vorliegenden Informationen zufolge sind nur relativ wenige der Personen im erwerbsfähigen Alter in den EU-Arbeitsmarkt eingetreten oder haben sich bei den öffentlichen Arbeitsverwaltungen angemeldet. Dies könnte auf körperliche oder seelische Traumata, eine noch nicht abgeschlossene Eingewöhnung im Aufnahmemitgliedstaat, mangelnde Informationen über die verfügbaren Möglichkeiten oder andere Hindernisse (z. B. Sprachbarrieren oder Kinderbetreuungspflichten) zurückzuführen sein.

Trotz der Ungewissheit über die Zahl der Personen, die voraussichtlich in der EU bleiben werden, und über die Aussicht auf eine Rückkehr in die Ukraine ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Personen, die in den Mitgliedstaaten in den Arbeitsmarkt eintreten möchten, steigen wird.

Eine rasche und wirksame Integration in den Arbeitsmarkt ist nicht nur für die Aufnahmegemeinschaften wichtig, sondern auch für die Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, da sie so ihr Leben wiederaufbauen und ihre Kompetenzen weiterentwickeln können. Dies wird den Betroffenen, der EU und schließlich auch dem Wiederaufbau der Ukraine zugutekommen.

Die vorliegende Mitteilung enthält politische Leitlinien für Maßnahmen der Mitgliedstaaten betreffend den Zugang von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, zum Arbeitsmarkt sowie zur Berufs- und Erwachsenenbildung.

Die vorliegenden Leitlinien ergänzen die bereits auf EU-Ebene ergriffenen Maßnahmen zur Unterstützung der Neuankömmlinge in der EU und bauen darauf auf. Am 4. März 2022 wurde der Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates (2) angenommen, mit dem das Bestehen eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG (im Folgenden „Richtlinie über vorübergehenden Schutz“) festgestellt und ein vorübergehender Schutz (3) für diese Personen eingeführt wurde. Außerdem legte die Kommission am 21. März operative Leitlinien für die Umsetzung des genannten Beschlusses (4) (im Folgenden „operative Leitlinien“), am 23. März eine Mitteilung über die Aufnahme von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen (5) (im Folgenden „Mitteilung vom 23. März“) sowie am 5. April eine Empfehlung der Kommission zur Anerkennung der Qualifikationen von Menschen, die vor der Invasion Russlands in der Ukraine fliehen (6) (im Folgenden „Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen“) vor. Bei der außerordentlichen Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ vom 28. März präsentierte die Kommission in Abstimmung mit dem französischen Ratsvorsitz einen Zehn-Punkte-Plan für eine stärkere europäische Koordinierung der Aufnahme von Menschen, die vor dem Krieg gegen die Ukraine fliehen (7). Diese Schlüsseldokumente werden erforderlichenfalls aktualisiert, um den sich ändernden Umständen oder dem Erfordernis zusätzlicher Leitlinien Rechnung zu tragen.

Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, haben ein Recht auf Zugang zum EU-Arbeitsmarkt sowie zur Berufs- und zur Erwachsenenbildung. In der Mitteilung vom 23. März sprach sich die Kommission dafür aus, dass die Mitgliedstaaten auch Personen, die gemäß Artikel 2 Absatz 2 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 einen angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen (im Folgenden „angemessener Schutz nach nationalem Recht“), Zugang zum Arbeitsmarkt gewähren und die Bestimmungen des Artikels 12 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz auf sie ausweiten. In ähnlicher Weise fordert die Kommission die Mitgliedstaaten mit der vorliegenden Mitteilung auf, im Rahmen des Machbaren die Bestimmungen von Artikel 14 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz, die die Berufs- und Erwachsenenbildung betreffen, auch auf Personen anzuwenden, die angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. Diese Mitteilung bezieht sich daher auf Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen und die Anspruch auf vorübergehenden Schutz gemäß der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz haben oder denen ein angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird.

Die Kommission tauscht sich über ein breites Spektrum von Kommunikationskanälen mit nationalen Behörden, Sozial- und Wirtschaftspartnern, der Privatwirtschaft und Organisationen der Zivilgesellschaft aus, die an der Aufnahme und Integration von Menschen beteiligt sind, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflüchtet sind. Über die Solidaritätsplattform (8) wird die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten beispielsweise bei der Erfassung des Bedarfs, der Ressourcen, der Aufnahmekapazitäten und der Transfers koordiniert, wobei ein besonderes Augenmerk auf den Bedürfnissen der am stärksten gefährdeten Personen, insbesondere von Kindern, liegt. Die Kommission hat eine mehrsprachige Website für Menschen eingerichtet, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, auf der die Betroffenen Informationen über ihre Rechte, über Möglichkeiten und Verfahren nach ihrer Ankunft in der EU finden können (9). Eine Reihe von Initiativen auf EU-Ebene soll zudem gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten die verfügbaren EU-Mittel in vollem Umfang nutzen können, insbesondere im Rahmen der CARE-Initiative (10) zum Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa.

Das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Zustroms an Neuankömmlingen sind beispiellos und erfordern eine wirksame Reaktion auf allen Ebenen. Das vorliegende Dokument soll den Mitgliedstaaten politische Leitlinien an die Hand geben, um die Integration der Menschen aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Darin werden konkrete Maßnahmen beschrieben, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Erfahrungswerten und bewährten Verfahren ergreifen können, die sie in den letzten Monaten und seit der Migrationskrise von 2015-2016 gesammelt haben. Für eine erfolgreiche Eingliederung in den Arbeitsmarkt bedarf es auch Maßnahmen in anderen Bereichen wie dem Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung (einschließlich psychischer und reproduktiver Gesundheit), Sozialschutz und -diensten sowie – für Eltern – zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung und Schulbildung. Die von der Kommission in all diesen Bereichen ergriffenen Maßnahmen (11) ergänzen einander.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die in dieser Mitteilung enthaltenen Leitlinien im Einklang mit den Grundsätzen der europäischen Säule sozialer Rechte (12) umzusetzen, die unverzichtbar für faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialschutzsysteme in Europa sind. Zahlreiche Maßnahmen des Aktionsplans der Kommission für Integration und Inklusion 2021-2027 (13) sind für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, besonders relevant. Ein besonderes Augenmerk sollte der Nichtdiskriminierung und der besonderen Schutzbedürftigkeit bestimmter Gruppen gelten, die einem höheren Diskriminierungsrisiko ausgesetzt sind, wie beispielsweise Roma, Menschen mit anderer ethnischer Zugehörigkeit, Menschen mit Behinderungen und die LGBTIQ+-Gemeinschaft.

Die EU wird ihre Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden fortsetzen und Maßnahmen unterstützen, die gewährleisten, dass Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, ihre Rechte wahrnehmen können. Der ukrainischen Diaspora in der EU kommt eine besondere Rolle bei der Unterstützung der Menschen zu, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen.

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2.   ZUGANG ZUM ARBEITSMARKT UND ZU BERUFLICHER BILDUNG

2.1   Beschäftigung und selbstständige Erwerbstätigkeit

Ein schneller und wirksamer Zugang zum Arbeitsmarkt und eine rasche und wirksame Eingliederung sind von entscheidender Bedeutung für die Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind und arbeiten können und möchten. Diese Personen können eine abhängige oder selbstständige Beschäftigung ausüben, wodurch sie finanziell unabhängig werden, ihr Leben wiederaufbauen und so einen Beitrag zur lokalen Gemeinschaft während ihres Aufenthaltes in der EU leisten und sich dort integrieren können. Dies wird den Betroffenen, der EU und schließlich auch dem Wiederaufbau der Ukraine zugutekommen.

Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, ist die Ausübung einer abhängigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach für den jeweiligen Berufsstand geltenden Regeln gestattet. Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten EU-Bürgerinnen und -Bürgern, Staatsangehörigen der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt, die Arbeitslosengeld beziehen, Vorrang einräumen. Dabei sind die in den Mitgliedstaaten geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften betreffend das Arbeitsentgelt, den Zugang zu Systemen der sozialen Sicherheit im Rahmen der abhängigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit sowie sonstige Beschäftigungsbedingungen anwendbar.

In der Mitteilung vom 23. März empfahl die Kommission den Mitgliedstaaten, die durch die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz gewährten Rechte auf Zugang zum Arbeitsmarkt möglichst weit auszulegen und von der Freizügigkeit im Binnenmarkt nur in hinreichend begründeten Fällen abzuweichen. Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, einen solchen Zugang zum Arbeitsmarkt auch Personen zu gewähren, die angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. In der Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen bestärkte die Kommission die Mitgliedstaaten darin, dass sie die Verpflichtung von Unternehmen, vor Einstellung einer Person, die vorübergehenden Schutz genießt, nachzuweisen, dass sie keine/n EU-Bürger/in einstellen konnten, auszusetzen bzw. gar nicht erst einzuführen.

Es ist außerdem wichtig, Ausbeutung und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit zu verhindern. Die Europäische Arbeitsbehörde unterstützt den Austausch bewährter Verfahren über ihre Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit (14), um gegen möglichen Missbrauch oder die Ausbeutung von Arbeitskräften vorzugehen. In den letzten Jahren hat die Plattform zu einem umfassenden Ansatz beigetragen, der Maßnahmen der Prävention (wie beispielsweise Sensibilisierung und Information) und Sanktionen im Anschluss an Kontrollen am Arbeitsplatz miteinander kombiniert (15).

Den öffentlichen Arbeitsverwaltungen kommt bei der Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt eine besondere Rolle zu, da sie Neuankömmlingen Informationen geben und als Vermittler zwischen Arbeitsuchenden und Arbeitgebern fungieren. Sie kooperieren und koordinieren Maßnahmen mit anderen Interessenträgern wie anderen nationalen Verwaltungen, Kommunen, Sozialpartnern und Organisationen der Zivilgesellschaft, z. B. Organisationen von Migranten oder der ukrainischen Diaspora, um rasche und gezielte Unterstützung zu gewährleisten. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen sind außerdem zentrale Anbieter von EURES-Diensten (16), von denen einige von Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, in Anspruch genommen werden können. Die Kommission ist bereit, den Austausch und die Zusammenarbeit in diesen Fragen über das Europäische Netzwerk der öffentlichen Arbeitsverwaltungen weiter zu unterstützen.

Befragung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen:

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Im März 2022 führte die Kommission eine Befragung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen durch, die zeigte, dass diese einschlägige Verfahren rasch angepasst haben, indem sie Online-Informationen in mehreren Sprachen (manchmal auch in Ukrainisch) und spezielle Beratungsangebote zur Verfügung gestellt haben. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen einiger Länder haben besondere Zweigstellen für Arbeitsuchende eingerichtet, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, und veröffentlichen in einigen Fällen gezielte Stellenangebote für diese Menschen. Einige öffentliche Arbeitsverwaltungen sind bereits in den Aufnahmezentren und -diensten präsent oder beteiligen sich an gemeinsamen Kriseneinsatzgruppen oder Taskforces für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind. Viele öffentliche Arbeitsverwaltungen haben in den letzten Jahren umfangreiche Erfahrungen mit der Registrierung und Profilerstellung von Asylsuchenden und Flüchtlingen und deren Integration in den Arbeitsmarkt gesammelt und werden deshalb dazu ermuntert, im Europäischen Netzwerk der öffentlichen Arbeitsverwaltungen zusammenzuarbeiten und bewährte Verfahren auszutauschen.

Die Kommission arbeitet außerdem im Rahmen der Europäischen Integrationspartnerschaft (17) mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern zusammen, um die Integration von Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, in den Arbeitsmarkt voranzubringen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, auf nationaler Ebene einen Multi-Stakeholder-Ansatz mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern zu verfolgen, da diesen eine zentrale Rolle bei der Gewährleistung der Schaffung und der Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und Möglichkeiten einer selbstständigen Tätigkeit und der Bereitstellung der erforderlichen Unterstützung zukommt.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen betreffend den Zugang zu abhängiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit

Informationen bereitzustellen

über Unterstützungsangebote für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind. Dies geht über die rechtliche Verpflichtung, sie über ihre Rechte zu informieren, hinaus und betrifft Informationen über Unterstützungsangebote wie berufliche Orientierung, Beratung, Mentoring, Schutz vor Diskriminierung (insbesondere für Schwangere und Mütter von kleinen Kindern) und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Informationen dieser Art könnten beispielsweise in das in Artikel 9 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz genannte Dokument aufgenommen werden, wären idealerweise in der Sprache der Adressaten abgefasst und könnten auch über spezielle Websites, Apps oder Werbeanzeigen bereitgestellt werden. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, ein ähnliches Dokument und ähnliche Informationen auch denjenigen zur Verfügung zu stellen, die Anspruch auf einen angemessenen Schutz nach nationalem Recht haben;

für Integrationszentren, lokale Behörden, Sozialversicherungsträger, potenzielle Arbeitgeber und Sozialpartnern: über die Rechte von Personen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. Dies kann in Informations- oder Schulungsveranstaltungen oder durch die Aufforderung zur Teilnahme an Initiativen auf EU-Ebene wie dem Kompetenzpakt (18) erfolgen;

die Integration in den Arbeitsmarkt von Personen zu fördern, die vorübergehenden Schutz bzw. gegebenenfalls angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen, indem

sie diejenigen, die in der EU ankommen, ermutigen, sich umgehend bei den lokalen öffentlichen Arbeitsverwaltungen zu melden, beispielsweise durch Bereitstellung entsprechender Informationen bei der Ankunft oder in den Aufnahmezentren;

die nationalen Behörden und die öffentlichen Arbeitsverwaltungen den Bedürfnissen der Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, Rechnung tragen, indem

in erster Linie ein besonderes Augenmerk auf Berufe gelegt wird, in denen Personen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen, andere Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, unterstützen können (z. B. Ärzte/Ärztinnen, Krankenpflegekräfte, Lehrkräfte, Ausbilder/innen, Erzieher/innen, Arbeitsmarkt- und Berufsberater/innen, auch in den Niederlassungen der öffentlichen Arbeitsverwaltungen). Dies könnte durch den Abbau von Hindernissen für den Zugang zu diesen Berufen und die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden und der ukrainischen Diaspora geschehen;

besondere Aufmerksamkeit auf den Arbeitsmarktzugang von Frauen und vorrangig auf die Bedürfnisse von Frauen mit Kindern gerichtet wird, auch in Bezug auf ihr Recht auf Zugang zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung und zu Schulbildung für ihre Kinder, da dies ihnen dabei helfen kann, eine Beschäftigung aufzunehmen;

Vermittlungen in Branchen und Berufen gefördert werden, in denen in den Aufnahmemitgliedstaaten ein Arbeitskräftemangel herrscht. Mithilfe der vom Cedefop durchgeführten Analyse der offenen Stellen in Europa (19) können die Mitgliedstaaten prüfen, welche Kompetenzen wo – bis hin zur regionalen Ebene – benötigt werden. Auch der Bericht der Europäischen Arbeitsbehörde über Fachkräftemängel und -überschüsse (20) kann den Mitgliedstaaten bei der Ermittlung des Bedarfs helfen;

das Bewusstsein für Vielfalt am Arbeitsplatz gefördert wird und Orientierungskurse zu staatsbürgerlichen und zu sozialen und kulturellen Themen durchgeführt werden, die den Bedürfnissen bestimmter Gruppen entsprechen (z. B. Frauen, Menschen mit Behinderungen, Minderheiten) und in denen diese Informationen über ihre Rechte auf Nichtdiskriminierung und darüber erhalten, was zu tun ist, wenn diese Rechte verletzt werden;

die Rahmenbedingungen für den Zugang zu Beschäftigung und selbstständiger Erwerbstätigkeit auf folgende Weise verbessert werden:

Unterstützung von Arbeitgebern, die Personen einstellen, welche vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, und Zuschüsse für Unternehmensgründungen. Unternehmen und Netzwerke der Sozialwirtschaft können die Integrationsbemühungen ebenfalls unterstützen;

Ermöglichung der Teilnahme von Personen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, an Programmen zur Förderung des Unternehmertums, z. B. Zugang zu Ausbildung, Mentoring, Coaching und Networking sowie Mikrofinanzierungen, oder eine Kombination aus finanzieller und nichtfinanzieller Unterstützung. Zu diesem Zweck kann das Online-Tool für besseres Unternehmertum (21) eingesetzt werden;

Bekanntmachung von europäischen Programmen zur Förderung des Unternehmertums, wie Erasmus für junge Unternehmer (22) und das Enterprise Europe Network (23);

einen möglichst breiten Zugang zum Arbeitsmarkt für abhängig und selbstständig Erwerbstätige zu gewährleisten, indem

sie dem Risiko von Ausbeutung und nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit entgegenwirken (24) und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden, einschließlich der Strafverfolgungs- und Arbeitsaufsichtsbehörden, im Einklang mit dem ganzheitlichen Ansatz sicherstellen, der seit einigen Jahren mit der Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit, der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2025) (25) und dem Gemeinsamen Plan zur Bekämpfung des Menschenhandels zur Minderung des Risikos von Menschenhandel und zur Unterstützung potenzieller Opfer unter den ukrainischen Kriegsflüchtlingen (26) verfolgt wird;

sie auf die Möglichkeit gemäß Artikel 12 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz verzichten, EU-Bürgern und Staatsangehörigen der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt, die Arbeitslosengeld beziehen, beim Arbeitsmarktzugang Vorrang einzuräumen;

sie sicherstellen, dass bei Maßnahmen mit Arbeitsmarktbezug stets die Perspektive von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt wird, und die Barrierefreiheit von Informationen und Dienstleistungen im Einklang mit dem Grundsatz 17 der europäischen Säule sozialer Rechte und den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gewährleisten.

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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EU-finanzierte Projekte (27) können als Inspiration dienen und bewährte Verfahren beispielhaft vorstellen. So haben sich beispielsweise Programme für eine beschleunigte Integration, die einen doppelten Schwerpunkt auf Sprachkenntnisse und die Ausbildung am Arbeitsplatz legen, bei der Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen als besonders wirksam erwiesen.

FORWORK (Fostering Opportunities of Refugee Workers) (28) ist ein aus dem EaSI finanziertes Pilotprojekt zur Arbeitsmarktintegration von Asylsuchenden und Flüchtlingen, die in Aufnahmezentren im Piemont (Italien) und in Albanien untergebracht sind. Im Rahmen des Projekts werden Kompetenzbewertungen und geschlechterspezifische Mentoring-Angebote in Verbindung mit Sprachkursen und beruflicher Ausbildung mit dem Ziel angeboten, einen individuellen Integrationsplan zu erstellen.

Ein weiteres aus dem EaSI finanziertes Pilotprojekt ist FAB (Fast track action boost) (29), das einen städtebasierten Ansatz für Pfade der beschleunigten Integration von Flüchtlingen und ihren Familien mit einem besonderen Schwerpunkt auf weiblichen Flüchtlingen verfolgte. Teilnehmende Städte sind Belgrad, Berlin, Madrid, Mailand, Stockholm und Wien.

Ein erfolgreiches Beispiel für Multi-Stakeholder-Partnerschaften ist das Projekt Labour INT (30), das Integrationspfade auf mehreren Ebenen (von der Ankunft bis zum Arbeitsplatz, unter Einbindung von allgemeiner und beruflicher Bildung und Arbeitsvermittlung) für Asylsuchende und Flüchtlinge fördert und dabei auf den Interessen und Kapazitäten von Unternehmen, Industrie- und Handelskammern, Gewerkschaften und Migrantenverbänden aufbaut.

Beispiele für aus dem ESF finanzierte Projekte, die sich auf die Integration von Migrantinnen in den Arbeitsmarkt konzentrieren, sind Stark im Beruf (31) (Deutschland) für Mütter mit Migrationshintergrund, Mirjam (32) für weibliche Neuankömmlinge in Schweden und CIAO (33) (Luxemburg) für Frauen mit Migrationshintergrund.

2.2   Erfassung von Kompetenzen und rasche Anerkennung von Qualifikationen

Personen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen, müssen in die Lage versetzt werden, ihre Fähigkeiten und Qualifikationen nachzuweisen, damit sie schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Mehrere Mitgliedstaaten führen gerade Verfahren ein, um bei Vorliegen von Nachweisen die Gleichwertigkeit von Studiengängen und Qualifikationen zu bewerten und andernfalls die Kompetenzen sowie bisherigen Lern- und Berufserfahrungen zu bestimmen (z. B. durch Tests, die Bewertung praktischer Kompetenzen, die Demonstration von Fertigkeiten, durch Interviews oder Online-Selbstbewertungen). Diese Maßnahmen sollten jedoch keine unnötigen Hindernisse für einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen, wie etwa die Forderung nach Sprachkenntnissen.

Für die Ausübung reglementierter Berufe, worunter z. B. verschiedene Gruppen von Gesundheits- und Lehrberufen fallen, ist in der Regel eine Bewertung und förmliche Anerkennung der ausländischen Qualifikation erforderlich. In der Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen werden Handlungsempfehlungen und praktische Ratschläge für ein rasches, faires und flexibles Anerkennungsverfahren abgegeben, und es wird betont, wie wichtig die Erleichterung der akademischen Anerkennung, z. B. von Hochschulabschlüssen, ist. Die meisten Lernprogramme – auch auf dem Arbeitsmarkt sowie in Betrieben angebotene Schulungen oder Zertifikate – beziehen sich jedoch nicht auf reglementierte Berufe. Darüber hinaus besitzen viele Menschen möglicherweise Fertigkeiten, die sie durch den Berufsalltag, die Führung eines Unternehmens oder in anderen Kontexten wie der Freiwilligenarbeit erworben haben. Diese Kompetenzen können auf dem Arbeitsmarkt von großem Wert sein, drohen aber nicht erkannt oder unterschätzt zu werden.

Die Kommission bietet verschiedene Kompetenzinstrumente für Endnutzer und Vermittler an, wie das nun auch auf Ukrainisch verfügbare Instrument zur Erstellung von Kompetenzprofilen für Drittstaatsangehörige (34). Dieses Instrument kann ukrainisch-sprachigen Menschen, die eine Arbeit suchen oder ihre Ausbildung oder ihr Studium fortsetzen möchten, Hilfestellung leisten. Es erfasst Kompetenzen und sammelt Qualifikations- und Erfahrungsnachweise in strukturierten Interviews. Um privaten Nutzern die Anwendung des Instruments zur Erstellung von Kompetenzprofilen sowie ähnlicher Instrumente zu erleichtern, steht die Europäische Klassifikation für Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe (ESCO) (35) ab Juni auch auf Ukrainisch zur Verfügung. Die Europass-Tools (36) sind seit Ende April 2022 in ukrainischer Sprache nutzbar. Ferner bereitet die Kommission gerade den Start der Pilotinitiative „EU-Talentpool“ (37) zur Erprobung eines EU-weiten Internetportals vor, welches es Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, ermöglichen soll, ihre Fähigkeiten darzulegen und ihr Interesse an einer Beschäftigung zu bekunden, sodass die Kompetenzen dieser Personengruppe besser erfasst und ihnen passende Stellen angeboten werden können. An der Konzeption der Pilotinitiative wird derzeit zusammen mit den Mitgliedstaaten und wichtigen Interessenträgern gefeilt.

Um die in der Ukraine erworbenen Qualifikationen sowohl für Arbeitgeber als auch für Bildungs- und Berufsbildungsanbieter in anderen Ländern transparenter zu machen, hat die Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Stiftung für Berufsbildung (ETF), den ukrainischen Behörden (38) und den EU-Mitgliedstaaten einen Vergleich zwischen dem ukrainischen Qualifikationsrahmen und dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) vorgenommen. Die ETF hat ein Ressourcenportal (39) eingerichtet, das Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, Informationen zum Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung in der EU sowie zur Anerkennung ihrer Qualifikationen bietet und anderen Personen hilft, diese Qualifikationen richtig einzuordnen. Zudem prüft die Kommission derzeit, ob für diejenigen, die nicht über die erforderlichen Nachweise verfügen, da sie in aller Eile ohne ihre Dokumente vor dem Krieg fliehen mussten, mithilfe der europäischen digitalen Zertifikate für das Lernen Nachweise über Abschlüsse in digitaler Form neu ausgestellt werden können.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen zur Erfassung und Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen

dafür zu sorgen, dass die Fähigkeiten und Qualifikationen der betroffenen Personen bewertet, beurteilt und ggf. rasch anerkannt werden können, unabhängig davon, ob entsprechende Nachweise vorliegen oder nicht, z. B. durch Unterstützung bei der Erstellung von Lebensläufen, Überprüfung von Kompetenzen und Wiederbeschaffung fehlender Qualifikationsnachweise. Die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Arbeitsverwaltungen, den Sozialpartnern, den für die Validierung und Anerkennung von Qualifikationen zuständigen Einrichtungen wie den nationalen Informationszentren für Fragen der akademischen Anerkennung (40) sowie mit den ukrainischen Behörden ist unerlässlich, um eine rasche, kostenlose und einfache Erfassung und Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen zu ermöglichen und um zu gewährleisten, dass Personen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, sich über diese Optionen informieren können;

die Dienststellen, die für die Bewertung und Anerkennung früherer Lernergebnisse und Erfahrungen, einschließlich des nichtformalen und informellen Lernens, zuständig sind, zu ermutigen, Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, proaktiv zu kontaktieren und mit den Organisationen, die diese Menschen unterstützen, zusammenzuarbeiten, damit Menschen mit unterschiedlichstem Qualifikationshintergrund die Ermittlung und Erfassung ihrer Fähigkeiten ermöglicht wird.

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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In Belgien (Wallonien) können sich Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind und über Berufserfahrung verfügen, in sogenannten Kompetenzvalidierungszentren (41), die aus dem ESF unterstützt werden, offiziell und kostenlos ihre Fähigkeiten validieren lassen. Die offizielle Anerkennung erleichtert es ihnen, ihre Fähigkeiten gegenüber Arbeitgebern nachzuweisen, ihre Ausbildung mit einer Sondergenehmigung wieder aufzunehmen oder Zugang zu einem bestimmten Beruf zu erhalten.

2.3   Berufliche Erstausbildung

Die Kommission bemüht sich zusammen mit der Europäischen Stiftung für Berufsbildung darum, Lernenden in der beruflichen Aus- und Weiterbildung über Online-Angebote das Weiterlernen zu ermöglichen. So arbeitet die Europäische Stiftung für Berufsbildung mit den ukrainischen Behörden und anderen Partnern bei der Erstellung von Online-Lerninhalten und -Schulungsressourcen zusammen, wie z. B. Mikrokurse oder kurze Module aus den Mitgliedstaaten und Partnerländern, mit denen viele vertriebene Lernende aus der Ukraine erreicht werden und spezifische Kompetenzen und Microcredentials im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung erlangen könnten.

Umfrage zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

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Um einen Überblick über die bisherigen Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erhalten und den Austausch bewährter Verfahren zu fördern, hat die Kommission im März 2022 eine Umfrage unter den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses für Berufsbildung, den Generaldirektoren für die berufliche Aus- und Weiterbildung, den europäischen Verbänden der Berufsbildungsanbieter und den Mitgliedern des Kompetenzpakts (Unternehmen, Verbände, Handelskammern, Berufsbildungsanbieter u. a.) gestartet.

Das Zwischenergebnis (42) zeigt, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten bisher getroffen haben, und liefert Beispiele für bewährte Verfahren, die als Inspirationsquelle dienen können. Dazu gehören beschleunigte Verfahren, Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Ausbildungen und zur Validierung, individuelle Pläne, Mentoring und Beratung, arbeitsbasiertes Lernen sowie Vorbereitungskurse, einschließlich Kursen zum Erwerb von Sprach- und Sozialkompetenzen.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf,

einen raschen Zugang zur beruflichen Erstausbildung samt Lehrlingsausbildungen zu gewährleisten und zusammen mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern das Angebot an hochwertigen Möglichkeiten des arbeitsbasierten Lernens und an Ausbildungsmöglichkeiten im Einklang mit den Grundsätzen des Europäischen Rahmens für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung (43), auch hinsichtlich Entlohnung, zu erweitern;

Berufsbildungsanbieter zu unterstützen, indem ihnen zusätzliche finanzielle Mittel gewährt werden, ihnen mehr Flexibilität bei der Anpassung von Ausbildungsprogrammen an die Bedürfnisse von Lernenden eingeräumt wird, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, und ihnen die Einstellung von Personen nahegelegt wird, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen und Lehrkräfte in der Berufsbildung oder Ausbilder/innen sind;

frühere Lernerfahrungen und Qualifikationen über bereits bestehende Validierungsverfahren anzuerkennen, um spezifische Lernwege korrekt zuordnen zu können, und Wirtschafts- und Sozialpartner einzubeziehen, damit junge Lernende aus der Ukraine berufliche Eignungsprüfungen für den Erhalt von Befähigungsnachweisen ablegen können;

Möglichkeiten zur Verlängerung der laufenden Erasmus+-Mobilitätsaufenthalte der ukrainischen Lernenden in der beruflichen Bildung zu prüfen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren können und wahrscheinlich vorübergehenden Schutz in Anspruch nehmen müssen.

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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Mit „First Room“, einem aus dem ESF kofinanzierten Bukarester Projekt, bietet die Concordia-Berufsschule (44) Ausbildungs- und Beratungsdienste zur Förderung der sozialen Integration von Kindern und Jugendlichen an, die unter staatlicher Fürsorge aufgewachsen sind. Die Berufsschule stellt den jungen Menschen eine Bescheinigung über ihre Kompetenzen aus und hilft ihnen bei der beruflichen Orientierung. Auch junge Menschen, die das System verlassen haben, werden unterstützt, indem ihnen Wohnmöglichkeiten im Concordia-Transitzentrum angeboten werden. Aktuell hilft das Projekt auch Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen.

2.4   Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten für Erwachsene für einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt

Personen, denen vorübergehender Schutz gewährt wird, müssen Zugang zu Bildungsmöglichkeiten für Erwachsene, zu Berufsbildung und zu praktischer Berufserfahrung erhalten. Die praktische Ausbildung am Arbeitsplatz hat sich bei der Integration von zugewanderten und geflüchteten Menschen als sehr wirksam erwiesen. Darüber hinaus sind der Ausbau von Soft- und Hard-Skills (einschließlich unternehmerischer Kompetenzen, Selbstentfaltung und Computerkompetenz) und insbesondere der Spracherwerb (auch durch arbeitsbasierte Tätigkeiten) für eine erfolgreiche Teilhabe am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft (auch im Hinblick auf die Sensibilisierung der Migrantinnen und Migranten für ihre Rechte) maßgeblich. Indem die Mitgliedstaaten in die Fähigkeiten der Menschen investieren, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, leisten sie ferner einen bedeutenden Beitrag zum künftigen Wiederaufbau der Ukraine.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen im Bereich der Erwachsenenbildung

schnellstens Möglichkeiten für gezielte Weiterbildungen und Umschulungen, für die berufliche Bildung und/oder für praktische Berufserfahrung für Personen zu schaffen, die vorübergehenden Schutz genießen, und dabei auch die Bedürfnisse bestimmter Gruppen (z. B. Frauen, Menschen mit Behinderungen, Minderheiten) zu berücksichtigen und diese bei der Inanspruchnahme der Möglichkeiten zu unterstützen. Um sicherzustellen, dass die angebotenen Möglichkeiten auch dem Bedarf des Arbeitsmarktes entsprechen, sollten die Mitgliedstaaten mit Bildungs- und Berufsbildungsanbietern, Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie dem Privatsektor zusammenzuarbeiten;

Unterstützungsmaßnahmen bereitzustellen und Aufklärungs- und Informationsarbeit zu leisten, um die Inanspruchnahme von Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten zu erleichtern, etwa durch Hilfe bei der Ermittlung geeigneter Programme oder durch finanzielle Unterstützung (z. B. Bildungsgutscheine und individuelle Lernkonten).

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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Das durch ERASMUS+ geförderte Omnia-Kompetenzzentrum (45) (Finnland) bietet Zugewanderten in Espoo Dienste zur Verbesserung ihrer beruflichen Fähigkeiten und zur Beschäftigungsförderung an. Dazu gehören unter anderem Schulungen, Coachings und Beratungen sowie Finnisch-Sprachkurse.

Das ESF-finanzierte Projekt Bremer IntegrationsQualifizierung (46) (Deutschland) soll Zugewanderten zwischen 18 und 26 Jahren Lernmöglichkeiten bieten und sie u. a. durch Intensivsprachkurse fit für den Arbeitsmarkt machen. Das Projekt wird vom Roten Kreuz geleitet und steht inzwischen auch jungen Menschen offen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind.

2.5   Schaffung von Möglichkeiten für Erwachsene, ihre Ausbildung abzuschließen

Die Mitgliedstaaten können Erwachsenen, die vorübergehenden Schutz genießen, Zugang zum allgemeinen Bildungssystem gewähren. So kann Personen geholfen werden, die ihre formale Erstausbildung nicht abschließen und keinen Abschluss der Sekundarstufe II erwerben konnten, die ihr Hochschulstudium aufgrund des Krieges unterbrechen mussten oder die keine Möglichkeit hatten, eine Hochschulausbildung zu absolvieren. Von entsprechenden Maßnahmen werden nicht nur die Betroffenen, sondern auch die EU und letztlich die Ukraine profitieren.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen betreffend den Abschluss von Ausbildungen

Erwachsenen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, Zugang zur allgemeinen Bildung zu ermöglichen, auch über alternative Bildungswege. Dies muss flexibel und zielgerichtet sowie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Personen erfolgen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. Die Mitgliedstaaten sollten mit Interessenträgern, auch aus Zivilgesellschaft und lokalen Gemeinschaften, zusammenarbeiten, um die betroffenen Personen bei der Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten wirksam zu unterstützen;

Erwachsenen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind und eine Hochschule besuchen möchten, den Abschluss eines bereits begonnenen Studiums oder die Aufnahme eines neuen Studiums zu ermöglichen. Dazu sollten die Mitgliedstaaten Hochschuleinrichtungen ermutigen und dabei unterstützen, diese Personen zum Studium zuzulassen oder ihnen Online-Möglichkeiten zur Fortsetzung ihres Studiums anzubieten, indem beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen in der EU und der Ukraine gefördert wird – auch um eine eventuelle Wiedereingliederung in das ukrainische System zu erleichtern;

den Zugang zu Infrastrukturen wie Prüfungszentren oder IT-Ausrüstung zu gewähren und mit den ukrainischen Behörden zusammenzuarbeiten, damit Vertriebene Prüfungen zur Aufnahme an ukrainischen Hochschulen ablegen können.

3.   UNTERSTÜTZUNG AUS EU-MITTELN

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Die in dieser Mitteilung beschriebenen Maßnahmen können durch verschiedene EU-Fonds und -Initiativen gefördert werden. Kürzlich erfolgte Änderungen von Verordnungen betrafen vor allem Mittel, die im Programmplanungszeitraum 2014–2020 nicht verwendet wurden, insbesondere im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) und des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF).

Um den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität für eine rasche Mobilisierung von EU-Kohäsionsmitteln einzuräumen, wurden mit der Initiative CARE (Cohesion’s Action for Refugees in Europe – Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa) die Fondsverordnungen (47) angepasst, ohne jedoch deren Anwendungsbereich zu ändern.

CARE-Initiative

Mit der CARE-Verordnung wurden vor allem folgende Änderungen eingeführt:

Maßnahmen zur Bewältigung der Ukraine-Krise werden rückwirkend ab dem 24. Februar 2022 unterstützt; das gilt auch für nach diesem Datum eingereichte Anträge.

Die Mitgliedstaaten können Mittel aus dem ESF oder aus dem EFRE uneingeschränkt dazu nutzen, förderfähige Maßnahmen im Rahmen des jeweils anderen Fonds zu unterstützen. So können beispielsweise Mittel aus dem EFRE, die für Infrastrukturprojekte bestimmt waren, auf ESF-Maßnahmen für soziale Inklusion, Betreuung und Bildung umverteilt werden; umgekehrt können ESF-Mittel zur Finanzierung von Ausrüstung und Infrastruktur für die Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, genutzt werden.

Die Mitgliedstaaten können eine 100 %ige Erstattung der bei der Kommission bis zum 30. Juni 2022 (48) geltend gemachten Ausgaben erhalten.

Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten die ihnen zugewiesenen Mittel aus REACT-EU (insgesamt bis zu 10 Mrd. EUR) für die Bewältigung der Krise einsetzen.

Die Mitgliedstaaten haben eine zusätzliche Vorfinanzierung in Höhe von 3,5 Mrd. EUR aus REACT-EU erhalten (was vor allem den Mitgliedstaaten zugutekommt, die die meisten Menschen auf der Flucht vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine aufgenommen haben) (49).

Es wurden Einheitskosten in Höhe von 40 EUR pro Person und Woche festgelegt, um schneller Hilfe leisten zu können und gleichzeitig die Ausgabenerklärung zu vereinfachen (50).

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Mit der am 6. April (51) angenommenen Verordnung (EU) 2022/585 wurde der Durchführungszeitraum für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), den Fonds für die innere Sicherheit (ISF) – Grenzen und Visa sowie für den ISF – Polizei um ein Jahr (bis Juni 2024) verlängert, und es wurden AMIF-Mittel aus dem Zeitraum 2014–2020 freigegeben, die für andere Zwecke vorgesehen waren.

Um den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, die verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten und die Programmplanungsregelungen optimal zu nutzen, hat die Kommission eine unverbindliche Liste von Maßnahmen erstellt, die im Rahmen des ESF, des FEAD, des EFRE, des AMIF und des ISF – Grenzen und Visa förderfähig sind, und eine Q&A-Seite (52) eingerichtet, die eine schnelle und koordinierte Beantwortung der Fragen der Mitgliedstaaten erlaubt.

Die meisten der in den vorangegangenen Abschnitten vorgestellten Maßnahmen lassen sich mit ESF-Mitteln finanzieren, darunter Mentoring, Berufsberatung, Weiterbildungen, Umschulungen, Ausbildungen, Praktika, Maßnahmen zur Unterstützung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen sowie Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung und zur Gewährleistung des Zugangs zu Informationen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auch Personal an der Grenze oder anderswo in den Mitgliedstaaten, das mit den Menschen arbeitet, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, sowie Bildungsmaßnahmen für Kinder und Erwachsene und Gesundheits-, Wohnungs- und Sozialdienste können aus dem ESF finanziert werden.

EFRE-Mittel könnten außerdem in die Entwicklung barrierefreier Infrastrukturen (z. B. Bau/Modernisierung/Ausbau) und die zugehörige Ausrüstung fließen, um so den Zugang zu allgemeinen, segregationsfreien Diensten in den Bereichen Schulbildung, Aus- und Fortbildung, Beschäftigung, Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Sozialfürsorge zu fördern. Mittel aus AMIF, ISF – Grenzen und Visa und ISF – Polizei können für die Deckung des Erstbedarfs der Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen, und – im Falle des AMIF – auch für ihre Integration in die Aufnahmeländer eingesetzt werden.

In Ergänzung zu seinem eigentlichen Zweck, die Beschäftigungsmöglichkeiten langfristig zu verbessern, kann auf den ESF auch für Sofortmaßnahmen wie Nahrungsmittelhilfe, materielle Basisunterstützung, Unterbringung oder Transport zugegriffen werden, sofern diese mit individualisierten Integrationspfaden im Hilfe gewährenden Land kombiniert werden. Der FEAD hat einen noch breiteren Anwendungsbereich und kann unabhängig von Status und Wohnort der Empfänger für die Bereitstellung von materieller Basisunterstützung (Lebensmittel, Hygieneartikel, Baby- und Kinderartikel usw.) genutzt werden.

Die InvestEU-Mittel – v. a. die im Rahmen des Projekts für Kompetenzen und Bildung (Skills and Education Guarantee) verfügbaren – können in den Kompetenzausbau der Menschen gesteckt, von Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen zur Ausweitung ihres Angebots genutzt oder in die Förderung von Selbstständigkeit und die Unterstützung von Unternehmen, die Vertriebene einstellen und ausbilden, investiert werden. Darüber hinaus bietet das Instrument für technische Unterstützung (53) den Mitgliedstaaten auf Anfrage technische Unterstützung bei Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zu Beschäftigung und Ausbildung sowie zu sozialer Inklusion und Bildung.

Es wurden Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen von Erasmus+ mobilisiert, was dank der inhärenten Flexibilität des Programms möglich ist. So können beispielsweise Lehrkräfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, finanziell unterstützt werden, um ihre Integration zu erleichtern und ihnen dabei zu helfen, die notwendigen Fähigkeiten für eine Beschäftigung in den Bildungssystemen in der EU zu erwerben. Qualifiziertes Personal kann vorübergehend in Regionen entsandt werden, in denen vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflüchtete Menschen untergebracht sind. Außerdem können allgemein- und berufsbildende Schulen, die an Erasmus+-Kooperationsprojekten teilnehmen, Schülerinnen und Schülern eine rasche Aufnahme gewähren. Die Mittel von Erasmus+-Kooperationsprojekten können flexibel zugunsten der Integration von Kindern, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, eingesetzt werden.

Jeglicher Bedarf im Zusammenhang mit der Unterstützung von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen, kann bei den laufenden Arbeiten zur Vorbereitung der Kohäsionsprogramme 2021–2027 noch berücksichtigt werden. Nach Annahme der Programme werden diese auch zur Finanzierung von Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Berufsbildung, soziale Inklusion, Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Sozialfürsorge sowie Nahrungsmittelhilfe und materielle Basisunterstützung (aufgrund der Zusammenlegung des FEAD mit dem ESF+) (54) genutzt, mit denen Menschen geholfen werden soll, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen. Ausgaben im Rahmen dieser Programme sind seit dem 1. Januar 2021 förderfähig.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf,

die verfügbaren Mittel für alle Maßnahmen, für die die vorliegende Mitteilung Leitlinien enthält, bestmöglich zu nutzen;

die Koordinierung zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden, einschließlich der regionalen und lokalen Behörden, zu übernehmen, damit Relevanz und Komplementarität gewährleistet sind;

sich mit der Kommission abzustimmen und die oben genannte Q&A-Seite zu nutzen.

4.   FAZIT UND NÄCHSTE SCHRITTE

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Die Mitgliedstaaten werden gebeten, den Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, weiterhin zu helfen und ihnen die Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, und zwar im Einklang mit den in dieser Mitteilung enthaltenen Leitlinien sowie den anderen bisher auf EU-Ebene vorgestellten Initiativen. Sie werden ermutigt, mit den einschlägigen Akteuren zusammenzuarbeiten, um eine umfassende und koordinierte Reaktion sicherzustellen, und die auf EU-Ebene verfügbare Unterstützung, einschließlich Finanzmitteln, in Anspruch zu nehmen.

Die Kommission ist weiter zur Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden und anderen einschlägigen Akteuren bereit und wird entsprechend der Entwicklung der Lage weiter Orientierungshilfe bieten, unter anderem über die Solidaritätsplattform und die Q&A-Plattform zu den Fonds. Ferner wird die Kommission weiterhin das Voneinander-Lernen zwischen den Mitgliedstaaten unterstützen, Informationen über die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen einholen (55) (insbesondere über spezielle Netze wie das Europäische Netzwerk der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und den Beratenden Ausschuss für Berufsbildung) und über die eigens dafür eingerichtete Website (56) sowie über die sozialen Medien Informationen für Menschen bereitstellen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen. Jeder Euro und jede Anstrengung, die heute in die persönliche Entwicklung von Menschen investiert werden, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen, leisten einen Beitrag zur Zukunft der EU und der Ukraine.


(1)  Jüngste Daten des Vorsorge- und Krisenmanagementnetzes der EU für Migration (Blueprint Network).

(2)  ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1.

(3)  In den operativen Leitlinien und in der Mitteilung vom 23. März wird darauf hingewiesen, dass gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 des Rates nicht nur ukrainischen Staatsangehörigen, sondern auch Staatsangehörigen anderer Drittländer und Staatenlosen, die in der Ukraine internationalen Schutz genossen haben, sowie ihren Familienangehörigen vorübergehender Schutz gewährt wird, wenn sie sich vor dem oder am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufhielten. Staatsangehörigen anderer Drittländer, die vor dem oder am 24. Februar aufgrund eines unbefristeten Aufenthaltstitels ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können, gewähren die Mitgliedstaaten entweder vorübergehenden Schutz oder einen angemessenen Schutz nach ihrem nationalen Recht (Artikel 2 Absatz 2 des Durchführungsbeschlusses des Rates). Die Mitgliedstaaten können außerdem Staatsangehörigen anderer Drittländer als der Ukraine vorübergehenden Schutz gewähren, die sich rechtmäßig in der Ukraine aufhielten und nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können (Artikel 2 Absatz 3 des Durchführungsbeschlusses des Rates). In den operativen Leitlinien ist festgehalten, dass der durch den Durchführungsbeschluss des Rates eingeführte vorübergehende Schutz gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2001/55/EG ein Jahr ab dem Inkrafttreten des Ratsbeschlusses gilt, also vom 4. März 2022 bis zum 4. März 2023. Wenn bis dahin nicht auf Vorschlag der Kommission ein einschlägiger Beschluss des Rates zur Beendigung des vorübergehenden Schutzes erlassen wird, verlängert sich dieser Schutz automatisch um sechs Monate (bis zum 4. September 2023) und danach erneut um sechs Monate (bis zum 4. März 2024).

(4)  Mitteilung der Kommission zu operativen Leitlinien für die Umsetzung des Durchführungsbeschlusses 2022/382 des Rates zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. C 126I vom 21.3.2022, S. 1).

(5)  COM(2022) 131 final.

(6)  Empfehlung (EU) 2022/554 der Kommission vom 5. April 2022 zur Anerkennung der Qualifikationen von Menschen, die vor der Invasion Russlands in der Ukraine fliehen (ABl. L 107I vom 6.4.2022, S. 1).

(7)  Rat (Inneres):Zehn-Punkte-Plan (europa.eu)

(8)  Die Plattform wurde von der Kommission auf der Grundlage der Artikel 24-27 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz eingerichtet.

(9)  Flucht vor dem Krieg: Informationen für Menschen aus der Ukraine | Europäische Kommission (europa.eu)

(10)  Ukraine: Endgültige Annahme von CARE (in englischer Sprache) |Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu)

(11)  Weitere Tätigkeiten in diesen Bereichen sind angelaufen – siehe z. B. die Initiativen zur Durchführung des Zehn-Punkte-Plans, u. a. die Initiative „Safe Homes“; im Bereich der Bildung hat die Kommission politische Leitlinien zur Förderung der Inklusion ukrainischer Flüchtlinge in der Bildung: Überlegungen, Grundsätze, praktische Verfahren (schooleducationgateway.eu) (in englischer Sprache) ausgearbeitet.

(12)  Europäische Säule sozialer Rechte | Europäische Kommission (europa.eu)

(13)  COM(2020) 758 final.

(14)  Europäische Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit | Europäische Arbeitsbehörde (europa.eu)

(15)  Auch aus dem ESF wurden solche Projekte finanziert, beispielsweise Integrazione migranti Progetto PIU’ SUPREME (lavoro.gov.it).

(16)  EURES (europa.eu) ist ein europäisches Kooperationsnetz von Arbeitsverwaltungen, das die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen soll. Siehe insbesondere die Rubrik „Leben & Arbeiten“.

(17)  Europäische Integrationspartnerschaft (in englischer Sprache) (europa.eu). Beteiligt sind die Europäische Kommission und die fünf Organisationen der Sozial- und Wirtschaftspartner (EGB, BusinessEurope, SMEUnited, CEEP, Eurochambres). Seit der Einrichtung der Partnerschaft im Jahr 2017 haben die Sozial- und Wirtschaftspartner ein breites Spektrum von Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktintegration in mehr als 20 EU-Ländern umgesetzt. Die Europäische Kommission hat mehrere innovative Projekte mitfinanziert, mit denen Flüchtlingen und anderen Migranten bei der Integration in den Arbeitsmarkt geholfen wurde. Die Kommission setzt sich gemeinsam mit den Sozial- und Wirtschaftspartnern für eine Stärkung der Europäischen Integrationspartnerschaft ein, damit diese sich auch mit der Arbeitsmarktintegration von Personen befasst, die vor der russischen Invasion in der Ukraine geflohen sind.

(18)  Der Kompetenzpakt ist ein gemeinsames Modell für die Kompetenzentwicklung ein Europa. Die Kommission mobilisiert die Akteure des Pakts, damit diese konkrete Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen anbieten, die vor der russischen Invasion der Ukraine geflohen sind.

(19)  Skills-OVATE | CEDEFOP (europa.eu)

(20)  Analyse des Fachkräftemangels und -überschusses 2021 (in englischer Sprache) | Europäische Arbeitsbehörde (europa.eu)

(21)  Homepage | Better Entrepreneurship Policy Tool: Das Tool wurde gemeinsam von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der Kommission entwickelt und soll politischen Entscheidungsträgern und anderen interessierten Parteien auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene helfen zu prüfen, wie die Politik jungen Menschen, Frauen, Migranten und Arbeitslosen in den Bereichen Unternehmensgründung und Selbstständigkeit helfen oder die Entwicklung von Sozialunternehmen fördern kann.

(22)  Erasmus junge Unternehmer (erasmus-entrepreneurs.eu) hilft dabei, angehenden europäischen Unternehmerinnen und Unternehmern die notwendigen Kompetenzen für die Gründung und/oder die erfolgreiche Führung eines kleinen Unternehmens in Europa zu vermitteln.

(23)  Das Enterprise Europe Network (europa.eu) unterstützt Unternehmen bei der Innovation und der Expansion auf internationaler Ebene. Es ist das weltweit größte Unterstützungsnetz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

(24)  Siehe beispielsweise Frühwarnung – Krieg in der Ukraine: Ukrainische Flüchtlinge in der EU von Ausbeutung und Menschenhandel bedroht (in englischer Sprache) | Europol (europa.eu)

(25)  COM(2021) 171 final

(26)  Ein neuer Plan zur Bekämpfung des Menschenhandels zum Schutz der Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen (in englischer Sprache) (europa.eu)

(27)  Beispiele für Projekte sind auf den Webseiten des ESF, des ESF+ und der Europäischen Webseite für Integration zu finden. Eine Zusammenfassung der jüngsten Beispiele für bewährte Verfahren zur Integration von Flüchtlingen und Migranten bieten die Abschluss- und Themenberichte der Konferenz zum Lernen voneinander von 2021, 2020 und 2019.

(28)  Forwork

(29)  FAB

(30)  Labour-INT

(31)  Stark im Beruf

(32)  Mirjam

(33)  CIAO

(34)  Das mehrsprachige Instrument zur Erstellung von Kompetenzprofilen ist für Einrichtungen gedacht, die Drittstaatsangehörige betreuen. Es hilft dabei, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufserfahrung von Drittstaatsangehörigen zu erfassen und sie individuell zu beraten, z. B. im Hinblick auf die Anerkennung von Abschlüssen, die Validierung von Kompetenzen, Weiterbildung sowie Beschäftigungsförderung.

(35)  Startseite (europa.eu): ESCO ist die mehrsprachige europäische Klassifikation von Qualifikationen, Kompetenzen und Berufen. ESCO funktioniert wie ein Wörterbuch, in dem Berufe und Fähigkeiten, die für den Arbeitsmarkt und die allgemeine und berufliche Bildung in der EU relevant sind, beschrieben, identifiziert und kategorisiert werden.

(36)  Startseite | Europass: Europass umfasst eine Reihe von Online-Tools, die bei der Erstellung von Lebensläufen und Bewerbungsschreiben sowie bei der Suche nach Stellen- und Kursangeboten in der EU behilflich sein können.

(37)  Die einzelnen Schritte für den Start der Pilotinitiative sind in der Mitteilung der Kommission „Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern“ vom 27. April 2022 (COM(2022) 657 final) beschrieben.

(38)  Beispielsweise das Bildungsministerium, die nationale Agentur für Qualifikationen, die nationale Agentur für die Qualitätssicherung in der Hochschulbildung und das ENIC-NARIC-Zentrum.

(39)  Informationen zu Bildung und Arbeit für Ukrainer/innen und EU-Länder | ETF (europa.eu)

(40)  ENIC-NARIC: Im Rahmen des ENIC-NARIC-Netzes (Europäisches Netzwerk von Informationszentren in der europäischen Region - Nationale Informationszentren für Fragen der akademischen Anerkennung in der Europäischen Union) wurde das Projekt „Erasmus+ Q-entry“ ins Leben gerufen, eine Datenbank, die Mitgliedstaaten und Drittländer umfasst und Informationen über Schulabschlüsse bereitstellt, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen.

(41)  CVDC | Site de la validation des compétences (validationdescompetences.be)

(42)  Zwischenergebnis: Umfrage zur Integration ukrainischer Flüchtlinge in der beruflichen Aus- und Weiterbildung – Beschäftigung, Soziales und Integration – Europäische Kommission (europa.eu)

(43)  Empfehlung des Rates vom 15. März 2018 zu einem Europäischen Rahmen für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung (ABl. C 153 vom 2.5.2018, S. 1).

(44)  EU-Kommissar Schmit besucht ESF-Projekte zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge in Rumänien | Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu)

(45)  Unterstützungs- und Schulungsangebote für Zugewanderte im Omnia-Kompetenzzentrum | Omnia

(46)  Bessere Beschäftigungsmöglichkeiten für Zugewanderte durch Spracherwerb (in englischer Sprache) | Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu)

(47)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320) sowie Verordnung (EU) Nr. 223/2014 zum Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (ABl. L 72 vom 12.03.2014, S. 1).

(48)  Für den am 1. Juli 2021 beginnenden und am 30. Juni 2022 endenden Abrechnungszeitraum.

(49)  Erhöhung der anfänglichen REACT-EU-Vorfinanzierung von 11 % auf 15 % für alle Mitgliedstaaten und auf 45 % für die Mitgliedstaaten, die an die Ukraine grenzen (HU, PL, RO, SK) sowie für diejenigen, die bis zum 23. März so viele Geflüchtete aufgenommen hatten, dass deren Anzahl mehr als 1 % ihrer eigenen Bevölkerung ausmachte (AT, BG, CZ, EE, LT).

(50)  Ukraine: Leichterer und schnellerer Zugriff auf Kohäsionsmittel für Mitgliedstaaten zur Deckung der dringendsten Bedürfnisse von Flüchtlingen (in englischer Sprache) | Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu). Dies gilt für alle Personen, denen vorübergehender Schutz gemäß der Richtlinie über vorübergehenden Schutz gewährt wurde, und kann ab dem Tag der Ankunft bis zu 13 Wochen in Anspruch genommen werden.

(51)  Verordnung (EU) 2022/585 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 514/2014 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und das Instrument für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements, (EU) Nr. 516/2014 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und (EU) 2021/1147 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds.

(52)  Dabei handelt es sich um eine halböffentliche Website, auf die vor allem – jedoch nicht ausschließlich – Programmbehörden zugreifen können.

(53)  Verordnung (EU) 2021/240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung.

(54)  Um die komplementäre Nutzung des EFRE, des ESF+ und des AMIF für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zu fördern, hat die Kommission für den Programmplanungszeitraum 2021–2027 ein Instrumentarium für die Verwendung von EU-Mitteln zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund veröffentlicht.

(55)  Durch Umfragen und sonstige Kontrollen, wie sie etwa von den Agenturen Eurofound, Cedefop und ETF durchgeführt werden.

(56)  Flucht vor dem Krieg: Informationen für Menschen aus der Ukraine | Europäische Kommission (europa.eu)


III Vorbereitende Rechtsakte

EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/14


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 24. März 2022

zu einem Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Vorschriften für das Kreditrisiko, das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung, das operationelle Risiko, das Marktrisiko und die Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor)

(CON/2022/11)

(2022/C 233/02)

Einleitung und Rechtsgrundlage

Am 20. bzw. 21. Januar 2022 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Europäischen Parlament bzw. vom Rat der Europäischen Union um Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 im Hinblick auf Vorschriften für das Kreditrisiko, das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung, das operationelle Risiko, das Marktrisiko und die Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor) (1) (nachfolgend der „Vorschlag zur Änderung der CRR“) ersucht.

Die EZB stellt fest, dass der Vorschlag zur Änderung der CRR eng mit einem anderen Vorschlag verknüpft ist, zu dem die EZB ein Konsultationsersuchen erhalten hat, nämlich einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf Aufsichtsbefugnisse, Sanktionen, Zweigstellen aus Drittländern sowie Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken und zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU (2) (nachfolgend der „Vorschlag zur Änderung der CRD“).

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 127 Absatz 4 und Artikel 282 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), da der Vorschlag zur Änderung der CRR Bestimmungen enthält, welche die Aufgaben der EZB im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute gemäß Artikel 127 Absatz 6 AEUV und den Beitrag des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) zur reibungslosen Durchführung der auf dem Gebiet der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen gemäß Artikel 127 Absatz 5 AEUV betreffen. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

Allgemeine Anmerkungen

Die EZB begrüßt die Vorschläge der Kommission, die der Umsetzung der ausstehenden Basel-III-Reformen (3) in der EU, der Stärkung des einheitlichen Regelwerks der EU und der Verbesserung des Aufsichtsrahmens für Kreditinstitute in verschiedenen Bereichen dienen.

Die EZB betont, wie wichtig es ist, die Umsetzung der Basel-III-Reformen in der EU zeitnah, vollständig und gewissenhaft abzuschließen. Mit diesen Reformen werden die wichtigsten Mängel des aktuellen Rahmens behoben, die im Rahmen früherer Analysen sowohl von europäischen als auch von internationalen Gremien auch in Bezug auf europäische Banken festgestellt wurden. Daher sind diese Reformen unerlässlich, um die Solidität des europäischen Bankensektors zu gewährleisten.

Eine zeitnahe Umsetzung der Basel-III-Reformen ist wichtig, um diese Mängel rasch zu beheben. Die EZB legt den Gesetzgebungsorganen der Union daher nahe, das Gesetzgebungsverfahren zügig und ohne allzu lange Umsetzungsfristen abzuschließen. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass Banken künftigen Krisen standhalten können.

Die EZB hält es auch für wichtig, die Basel-III-Standards vollständig umzusetzen. In diesem Zusammenhang begrüßt die EZB, dass der Vorschlag der Kommission alle Elemente abdeckt, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht entwickelt und von der Gruppe der Zentralbankpräsidenten und Leiter der Bankenaufsichtsinstanzen im Dezember 2017 vereinbart wurden.

Schließlich setzt sich die EZB nachdrücklich für eine gewissenhafte Umsetzung der Basel-III-Reformen ein. Dies ist wichtig für die Finanzstabilität und die internationale Glaubwürdigkeit der EU. Eine konsequente Umsetzung dieser Reformen unterstreicht das Engagement der EU im Bereich der internationalen finanziellen Zusammenarbeit und begünstigt somit das Funktionieren des globalen Finanzsystems und stärkt das Vertrauen in die Banken in der EU. Zugleich bietet eine gewissenhafte Umsetzung die bestmögliche Garantie für ein stabiles Bankensystem, während die vorgeschlagenen Abweichungen und Umsetzungsoptionen eine unzureichende Berücksichtigung bestimmter Risikobereiche im Bankensektor zur Folge hätten. Wie nachstehend erläutert, ergeben sich diese Risiken hauptsächlich aus der vorgeschlagenen aufsichtlichen Behandlung der durch Immobilien besicherten Risikopositionen, der Kreditrisiken im Zusammenhang mit Unternehmen ohne Rating, des Gegenparteiausfallrisikos, der Beteiligungspositionen und der operationellen Risiken.

Die folgenden Absätze dieser Stellungnahme enthalten eine ausführliche Darstellung der wichtigsten Elemente des Vorschlags und der verbleibenden Risiken, die möglicherweise unzureichend abgedeckt wären, sollte die EU beschließen, von den Basel-III-Standards abzuweichen.

Es ist auch wichtig, dass der Aufsichtsrahmen seinen Zweck weiterhin erfüllen kann, indem er festgestellte Lücken schließt und mit Innovationen Schritt hält. Die von der Kommission vorgeschlagenen neuen Definitionen der Schlüsselbegriffe Anbieter von Nebendienstleistungen und Finanzinstitut sind zu begrüßen, da sie die Abgrenzungen des Regelungsbereichs klarstellen. Die EZB begrüßt ferner das Mandat der Kommission, über einen neuen Vorschlag zur aufsichtlichen Behandlung von Kryptowerten Bericht zu erstatten.

Darüber hinaus teilt die EZB die in der Begründung des Vorschlags geäußerte Auffassung der Kommission, dass es nicht erforderlich ist, den zuständigen Behörden zusätzliche Aufsichtsbefugnisse einzuräumen, um unter außergewöhnlichen Umständen aufgrund erheblicher wirtschaftlicher Störungen Ausschüttungen durch Kreditinstitute zu beschränken. Gleichzeitig stellt die EZB fest, dass Kreditinstitute in Zeiten, in denen eine wirtschaftliche und finanzielle Notlage besteht, möglicherweise nicht bereit sind, ihre Kapitalpuffer zu nutzen (4). Mit Blick auf die Zukunft ist die EZB der Auffassung, dass die Beseitigung von Hemmnissen für die Nutzung von Kapitalpuffern näher geprüft werden sollte.

1.   Einführung des Output-Floor

1.1

Die Eigenmitteluntergrenze (der sogenannte Output-Floor) ist ein wichtiges Element der Basel-III-Reformen. Der Output-Floor verringert die übermäßige Variabilität der risikogewichteten Aktiva der verschiedenen Institute, wodurch gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden und der Aufsichtsrahmen gestärkt wird. Die EZB begrüßt nachdrücklich, dass sich die Kommission bei der Umsetzung des Output-Floor für den sogenannten Single-Stack-Ansatz entschieden hat, bei dem die Banken nur eine Möglichkeit haben, ihre risikogewichteten Aktiva zu berechnen (5).

1.2

Dennoch stellt die EZB fest, dass der Vorschlag auch wesentliche Übergangsregelungen enthält, die in einigen spezifischen Bereichen zu niedrigeren Risikogewichten als in den Basler Standards vorgesehen führen, nämlich in den Bereichen i) durch Wohnimmobilien besicherte Risikopositionen mit geringen historischen Verlusten, ii) Risikopositionen gegenüber Unternehmen ohne Rating und iii) Kalibrierung des Gegenparteiausfallrisikos im Zusammenhang mit derivativen Risikopositionen. Die EZB hält diese Abweichungen von den Basel-III-Standards sowohl aus aufsichtsrechtlicher Sicht als auch aus Sicht der Finanzstabilität für ungerechtfertigt, weil dadurch bestimmte Risikobereiche möglicherweise unberücksichtigt bleiben.

1.3

Insbesondere die Behandlung durch Wohnimmobilien besicherter Risikopositionen in der Übergangsphase wirft mehrere Bedenken auf. Die Übergangsregelung würde die Backstop-Funktion des Output-Floor im Zusammenhang mit der Kreditvergabe für Wohnimmobilien schwächen. Dies ist ein Bereich, der die Finanzstabilität gefährden könnte, wie aus den jüngsten Berichten des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) (6) und der EZB (7) hervorgeht. Die Verschuldung von Privathaushalten und die Überbewertung von Wohnimmobilien nehmen in mehreren EU-Mitgliedstaaten zu, wodurch sich die mittelfristige Anfälligkeit und die Bedenken hinsichtlich einer schuldengetriebenen Immobilienblase noch verstärken. Dies könnte wiederum dazu führen, dass einige Banken über Eigenmittel verfügen, die nicht den potenziellen Verlusten entsprechen, die mit dem Eintreten dieser Risiken einhergehen. Die Übergangsregelung könnte auch zu einer weiteren Fragmentierung innerhalb des EU-Bankenmarkts führen, da Institute je nach Umsetzung durch die Mitgliedstaaten unterschiedlichen Eigenkapitalanforderungen für ähnliche Risiken unterliegen können. Angesichts dieser Bedenken ist die EZB der Auffassung, dass es keine solche Vorzugsbehandlung von Wohnimmobilien geben sollte. Wird der Mechanismus beibehalten, so sollte dieser in Zeit und Umfang streng begrenzt sein.

1.4

Darüber hinaus hat die EZB Bedenken hinsichtlich der Übergangsbestimmungen für Unternehmen ohne Rating. Nach den Basler Standards wird der Kreditvergabe an solche Unternehmen ein höheres Risikogewicht zugewiesen, was auf die größere Unsicherheit in Bezug auf deren tatsächliche Risikobehaftung zurückzuführen ist. Eine Senkung des Risikogewichts auf der Grundlage bankinterner Risikoschätzungen schwächt den Zweck des Output-Floor. Dieser besteht in der Absicherung gegen eine Risikounterschätzung durch die internen Modelle der Institute, da sich die Institute auf ihre eigenen Schätzungen der Ausfallwahrscheinlichkeit stützen könnten, um Unternehmen ein geringeres Risikogewicht zuzuweisen. Die Kommission schlägt vor, die Anwendung eines Risikogewichts von 65 % von einer geschätzten einjährigen Ausfallwahrscheinlichkeit abhängig zu machen, die bis zu 0,5 % betragen könnte. Die EZB hält dies für zu weit gefasst, da es Unternehmen umfassen könnte, die ein höheres Risikoprofil aufweisen. Angesichts der damit einhergehenden Risiken ist die EZB daher der Auffassung, dass keine solche Ausnahme für Unternehmen ohne Rating gemacht werden sollte. Wird der Mechanismus beibehalten, so sollte dieser weiterhin in Zeit und Umfang streng begrenzt sein. Schließlich unterstützt die EZB uneingeschränkt die Bemühungen um eine mittel- bis langfristige Ausweitung der Ratingabdeckung europäischer Unternehmen, die zusätzlich einen wichtigen Beitrag zum Projekt der Kapitalmarktunion leisten könnten.

1.5

Die EZB warnt vor Änderungen bei der Behandlung des Gegenparteiausfallrisikos derivativer Risikopositionen im Zusammenhang mit dem Output-Floor, ob vorübergehend oder dauerhaft. Die EZB hat Bedenken, dass bei einer Änderung der Kalibrierung des Standardansatzes zur Berechnung des Gegenparteiausfallrisikos (Standardised Approach for Counterparty Credit Risk – SA-CCR) einige aufsichtsrechtliche Risiken ungedeckt blieben und der Forderungsbetrag für das Gegenparteiausfallrisiko unterschätzt würde.

1.6

Was die Anwendungsebene des Output-Floor betrifft, so hat die Kommission eine Anwendung auf der obersten Konsolidierungsebene vorgeschlagen. Innerhalb von Bankengruppen geht dies mit einem Mechanismus zur Umverteilung der Auswirkungen, die sich auf der obersten Konsolidierungsebene ergeben, auf das Mutter- und auf die Tochterunternehmen einher (8). Dieser Mechanismus ermöglicht es Bankengruppen in der EU, die dem Output-Floor unterliegen, Kapital innerhalb der Gruppe effektiver zu verteilen als dies bei einer Anwendung auf Einzelebene der Fall ist, während die jeweilige Risikobehaftung im Zusammenhang mit der Präsenz der Gruppe in den einzelnen Mitgliedstaaten weiterhin widergespiegelt wird. Die Einführung spezifischer Output-Floor-Anforderungen auf teilkonsolidierter Ebene in den Mitgliedstaaten könnte jedoch nach wie vor Anreize für Bankengruppen schaffen, ihre Tätigkeiten dahingehend umzustrukturieren, dass zwar die Auswirkungen des Output-Floor auf einzelne Teile der Gruppe minimiert werden, dies jedoch auf eine Weise erfolgt, die möglicherweise nicht mit etablierten Organisationsstrukturen oder einem soliden Risikomanagement in Einklang steht. Darüber hinaus käme es zu einer höheren Bindung des Kapitals auf lokaler Ebene, was dem Ziel des freien Kapitalverkehrs innerhalb der europäischen Bankengruppen, der eine wichtige Voraussetzung für die finanzielle Integration darstellt, zuwiderliefe. Eine Alternative bestünde darin, den Output-Floor sowohl auf der obersten Konsolidierungsebene in der EU als auch auf teilkonsolidierter Ebene in den Mitgliedstaaten ohne den Verteilungsmechanismus anzuwenden. Dies würde den Rahmen für Banken im Vergleich zum Vorschlag der Kommission bereits vereinfachen und eine angemessene Kapitalausstattung in jedem Mitgliedstaat gewährleisten, wenngleich dies mit einer Bindung des Kapitals auf dieser teilkonsolidierten Ebene einherginge. Eine weitere Option wäre, den Output-Floor nur auf der obersten Konsolidierungsebene anzuwenden. Dies ginge mit einer Verpflichtung für Banken und zuständige Behörden einher, für eine angemessene Kapitalausstattung eigenständiger Unternehmen zu sorgen (9). Dieser Ansatz wäre der einfachere Ansatz und auch der Ansatz, mit dem eine Fragmentierung des europäischen Bankensektors verringert werden könnte. Außerdem trüge er der Tatsache Rechnung, dass der Output-Floor darauf ausgerichtet wurde, die übermäßige Variabilität der risikogewichteten Aktiva nicht auf Ebene der einzelnen Unternehmen, sondern auf Ebene der Bankengruppe zu begrenzen. Die EZB bevorzugt den letztgenannten Ansatz.

1.7

Schließlich stellt die EZB fest, dass der Vorschlag zur Änderung der CRD Bestimmungen zu den Wechselwirkungen zwischen Output-Floor, Aufsichtsanforderungen und makroprudenziellen Kapitalpuffern enthält. Diese Aspekte werden in der gesonderten Stellungnahme zum Vorschlag zur Änderung der CRD behandelt (10).

2.   Kreditrisikorahmen – Standardansatz

2.1

Die EZB begrüßt die Vorschläge zur Umsetzung des neuen Standardansatzes für Kreditrisiken, weil dadurch Institute, die keine internen Modelle heranziehen, widerstandsfähiger werden und die Risikosensitivität ihrer Eigenkapitalanforderungen erhöht wird. Die EZB stellt jedoch mit Besorgnis fest, dass der Vorschlag auch mehrere neue Abweichungen von den Basel-III-Standards enthält, insbesondere in Bezug auf i) Spezialfinanzierungsrisikopositionen, ii) Beteiligungspositionen, iii) Risikopositionen aus dem Mengengeschäft und iv) die Methode für die Bewertung von Sicherheiten für durch Immobilien besicherte Risikopositionen. Darüber hinaus wurden einige bestehende Abweichungen beibehalten (z. B. für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Infrastrukturprojekte), die von den Mitgesetzgebern erneut geprüft werden sollten. Die EZB ist der Auffassung, dass diese Abweichungen die Kohärenz und Sicherheit des neuen Standardansatzes insgesamt verringern und bestimmte Risiken ungedeckt lassen könnten. Dies könnte wiederum dazu führen, dass die Banken nicht über ausreichendes Kapital verfügen, falls in diesen Marktsegmenten Risiken eintreten. Konkret ist die Basel-III-Rahmenvereinbarung darauf ausgerichtet, die Risikobehaftung von Spezialfinanzierungen widerzuspiegeln. Jegliche Änderungen, wie etwa die Schaffung einer neuen Kategorie für Objektfinanzierungen von hoher Qualität oder Änderungen der Kriterien für eine Projektfinanzierung von hoher Qualität, könnten Risiken ungedeckt lassen, insbesondere in der Vorbetriebsphase der Projekte, und somit den Schutz der Banken verringern. Darüber hinaus sollten standardisierte Risikogewichte nicht auf der alleinigen Beurteilung von Instituten ohne Modellgenehmigung dahingehend beruhen, ob eine Objektfinanzierung die Kriterien der „hohen Qualität“ erfüllt – ähnlich dem auf internen Ratings basierenden (IRB-) Slotting-Ansatz.

2.2

Beteiligungspositionen sind von Natur aus stärker risikobehaftet, weil sie im Falle eines Ausfalls von vorneherein gegenüber allen anderen Forderungen nachrangig sind. Die Basel-III-Vorschläge spiegeln dies wider, indem höhere Eigenkapitalanforderungen für Beteiligungspositionen gefordert werden. Die EZB hat daher Bedenken hinsichtlich der Abweichungen von diesem soliden Grundsatz in einigen Bereichen, da die Banken in ihrer Bilanz somit höheren Risiken ausgesetzt sein könnten. Dies gilt insbesondere für i) Beteiligungspositionen gegenüber anderen Mitgliedern derselben Gruppe, einschließlich jener Beteiligungen an Unternehmen des Finanzsektors, die Banken nicht von ihren Eigenmitteln abziehen müssen, ii) institutsbezogene Sicherungssysteme und iii) langfristige Beteiligungspositionen, deren Laufzeit bereits mindestens sechs Jahre beträgt, die sich ebenso auf die Angemessenheit der Risikogewichte auf konsolidierter Ebene auswirken. Dies würde nicht nur zu einem Festschreiben der bestehenden sehr niedrigen Risikogewichte führen, welche die inhärente Risikobehaftung von Beteiligungspositionen nicht widerspiegeln, sondern auch dazu, dass die Gruppe weiterhin keine angemessene Verlustabsorptionsfähigkeit aufweist. iv) Darüber hinaus ist die EZB der Auffassung, dass das niedrigere Risikogewicht für Beteiligungspositionen im Rahmen von Legislativprogrammen anwendbar sein sollte, wenn es mit der gemäß den Basler Standards vorgesehenen Anforderung zur Beschränkung von Kapitalbeteiligungen (11) einhergeht, die auch bei einer umfassenden Prüfung dieser Programme berücksichtigt werden kann. v) Aus der Übergangsbestimmung für Beteiligungspositionen nach dem IRB-Ansatz ergeben sich außerdem ungerechtfertigte Vorteile, da die Banken Risikogewichte anwenden können, die nicht nur niedriger sind als die aktuell geltenden Risikogewichte, sondern vorübergehend sogar noch niedriger sind als die letztendlich geforderten. Die EZB schlägt daher vor, diese vorübergehende außerordentliche Herabsetzung der Eigenmittelanforderungen für Beteiligungspositionen von Instituten, welche die Erlaubnis zur Anwendung des IRB-Ansatzes haben, auf ein unterhalb des künftig endgültig geforderten Anforderungsniveaus zu vermeiden (12).

2.3

Die EZB ist der Auffassung, dass das niedrigere Risikogewicht für Risikopositionen aus dem Mengengeschäft nur auf natürliche Personen mit Gesamtrisikopositionen von weniger als 1 Mio EUR angewandt werden sollte, wobei bei der Bestimmung dieses Betrags sowohl von Kunden bereits geschuldete Beträge als auch noch nicht in Anspruch genommene Kreditlinien zu berücksichtigen wären. Darüber hinaus sollte die notwendige Korrektur der Eigenmittelanforderungen für bedingungslos kündbare Kreditlinien nicht länger aufgeschoben werden.

2.4

Der Vorschlag der Kommission sieht auch einige Änderungen an den Methoden zur Neubewertung von Immobilien vor, die nicht mit den Basler Standards in Einklang stehen. Die EZB ist der Auffassung, dass solche Neubewertungen auf einer soliden Grundlage erfolgen sollten, um Änderungen bei der Bewertung der Immobiliensicherheiten gebührend Rechnung zu tragen. Die Anwendung statistischer Methoden für die Immobilienbewertung (anstatt sich auf einen qualifizierten unabhängigen Bewerter zu stützen) könnte ein ungenaues Sicherheitsverständnis vermitteln. Dies könnte zu einer strukturellen Überschätzung des tatsächlichen Werts nicht nur der einzelnen Immobilien, sondern des gesamten Portfolios führen, das Gegenstand der Neubewertung ist, wodurch wiederum die Widerstandsfähigkeit der Banken gegen eine Überhitzung der Immobilienmärkte verringert würde. Eine Erhöhung der Immobilienwerte auf der Grundlage durchschnittlicher Vergangenheitswerte könnte es den Banken zudem unvorsichtigerweise ermöglichen, sich weiterhin auf einen Anstieg der Immobilienwerte zu verlassen, der möglicherweise nicht nachhaltig ist. Dies trifft beispielsweise sehr deutlich im aktuellen Umfeld zunehmender Überbewertung zu. Diese Änderungen würden die ungerechtfertigten Auswirkungen des Übergangsmechanismus in Bezug auf risikoarme Hypothekarkredite im Zusammenhang mit dem Output-Floor verschärfen (siehe Absatz 1.3) und könnten die Anfälligkeit der Banken auf den Immobilienmärkten weiter erhöhen.

2.5

Die Behandlung der Besonderheiten von Investitionen in KMU und in Infrastruktur ist in der Basel-III-Rahmenvereinbarung neu ausgerichtet worden, indem Risikogewichte Anwendung finden, die auf Daten aus den verschiedenen Instituten empirisch kalibriert werden. Die EZB ist daher der Auffassung, dass sich die EU an die überarbeitete Kalibrierung halten sollte.

3.   Operationelles Risiko

3.1

Die EZB begrüßt die Entscheidung der Kommission, den neuen Standardansatz für operationelle Risiken im Einklang mit der Basel-III-Rahmenvereinbarung umzusetzen, mit der die Vergleichbarkeit und Einfachheit der Berechnung der Eigenmittelanforderungen verbessert werden soll.

3.2

Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass die Basel-III-Rahmenvereinbarung die Möglichkeit bietet, historische Verluste bei der Berechnung der Eigenkapitalanforderungen für operationelle Risiken außer Acht zu lassen. Jedoch bedauert die EZB, dass sich die Kommission nicht für eine Erfassung dieser Verluste entschieden hat. Die EZB ist der Auffassung, dass die Berücksichtigung der Verlusthistorie eines Instituts einerseits eine höhere Risikosensitivität und Verlustdeckung bei den Eigenkapitalanforderungen nach sich zöge, sodass die Unterschiede zwischen den Risikoprofilen von Instituten im Hinblick auf hochsensible Aspekte wie Verhaltensrisiken, Geldwäsche oder Cybervorfälle angegangen würden; andererseits würden den Instituten größere Anreize geboten, ihr operationelles Risikomanagement zu verbessern. Die EZB bevorzugt daher eine Umsetzung, bei welcher der interne Verlustmultiplikator anhand der historischen Verluste des Instituts ermittelt und schrittweise eingeführt wird.

3.3

Die EZB stellt fest, dass die Aufsichtsbehörden bereits verpflichtet sind, die Qualität des Risikomanagements, einschließlich der Verlusthistorie, bei der Festlegung des Risikoprofils und der Eigenkapitalanforderungen im Rahmen des Aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sollte die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen eng gefassten Verpflichtung der Aufsichtsbehörden, die Qualität der Erfassung historischer Verluste durch die Institute mindestens alle drei Jahre zu überwachen, vor dem Hintergrund der letztendlichen Nutzung dieser historischen Verlustdaten innerhalb des Rahmens geprüft werden, auch angesichts der Tatsache, dass die Datenqualität nur eine von vielen zentralen Erwägungen für das Management operationeller Risiken ist.

4.   Marktrisiko

4.1

In ihrer Stellungnahme vom 8. November 2017 zu Änderungen des Unionsrahmens für Eigenkapitalanforderungen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (13) (14) forderte die EZB eine ausreichend lange Phase für die Umsetzung der Basler Standards für Marktrisiken, die aus der grundlegenden Überprüfung des Handelsbuchs (FTRB) hervorgegangen sind, und empfahl, dass hierbei auch sonstige Entwicklungen bei den Basler Standards Berücksichtigung finden sollten. Da die international vereinbarten Regeln inzwischen fertiggestellt worden sind, begrüßt die EZB den Vorschlag der Kommission, die bestehende Meldepflicht in Eigenmittelanforderungen umzuwandeln.

4.2

Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass der Vorschlag es der Kommission ermöglicht, die Kalibrierung der Eigenkapitalanforderungen im Rahmen des neuen Marktrisikorahmens zu ändern und die Umsetzung dieses Rahmens um zwei weitere Jahre aufzuschieben. Dies könnte eine Verringerung der Eigenkapitalanforderungen ermöglichen und somit von den Basel-III-Standards abweichen. Die EZB spricht sich dafür aus, diese Befugnisse im Rahmen des vorliegenden Vorschlags einzuschränken. Die EZB hält eine einheitliche Anwendung dieser Standards auf internationaler Ebene für wichtig und fordert eine gewissenhafte Umsetzung dieser international vereinbarten Standards bis 2025. Dies wäre wichtig, um den Instituten Klarheit zu verschaffen und die Solidität des einheitlichen Regelwerks der EU zu gewährleisten. Gleichzeitig würden negative Auswirkungen auf die internen Umsetzungspläne der Institute und auf das Antrags- und Genehmigungsverfahren für interne Modelle vermieden. Ungeachtet dessen könnte in Erwägung gezogen werden, einen Bericht der Kommission über die Umsetzung der grundlegenden Überprüfung des Handelsbuchs in anderen Rechtsordnungen im Jahr 2025 zu erstellen. Dieser Bericht könnte als Grundlage für die Gesetzgeber der Union bei der Vorbereitung möglicher Folgemaßnahmen dienen, um weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.

4.3

Die EZB begrüßt die im Vorschlag der Kommission klar gefasste Regelung zur Mindesthäufigkeit, die im Rahmen des Transparenzansatzes (Look-Through-Ansatz) anzuwenden ist, wenn Organismen für gemeinsame Anlagen in interne Modelle einbezogen werden. Gleichzeitig hat die EZB Bedenken, dass eine solche Behandlung dazu führen könnte, dass einige Risiken nicht vom entsprechenden internen Modell erfasst werden. Die EZB schlägt daher vor, eine gesonderte Anforderung zur Erkennung, Messung und Überwachung der relevanten Risiken hinzuzufügen, falls der Transparenzansatz nicht täglich angewandt wird.

5.   Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung (CVA-Risiko)

5.1

Die EZB stellt mit Besorgnis fest, dass die von der Union erlassenen bestehenden Ausnahmeregelungen nicht im Rahmen des Vorschlags der Kommission überarbeitet werden. Die EZB erinnert daran, dass diese Ausnahmen im Rahmen des vorherigen Regulatory Consistency Assessment Programme des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht im Jahr 2014 als eine wesentliche Nichteinhaltung eingestuft wurden (15). Die EZB ist der Auffassung, dass diese Abweichungen aus aufsichtsrechtlicher Sicht nicht gerechtfertigt sind und darüber hinaus dazu führen, dass die Institute ungedeckten Risiken aus ihren Derivategeschäften mit ausgenommenen Gegenparteien ausgesetzt sind (16).

5.2

Nichtsdestotrotz erkennt die EZB die Bemühungen der Kommission an, Probleme, die sich aus offenen Absicherungen für das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung (Credit Valuation Risk – CVA) aus Geschäften mit in der EU ausgenommenen Gegenparteien ergeben, dadurch anzugehen, dass den Instituten gestattet wird, diese Gegenparteien freiwillig in ihre regulatorische CVA einzubeziehen (17), und neue Meldepflichten für in der EU ausgenommene Gegenparteien festgelegt werden. Letztere könnten zwar bessere Risikomanagementverfahren der Institute fördern, sie würden jedoch weder deren aufsichtsrechtliche Lage verbessern noch Marktdisziplin herbeiführen. Um Letzteres zu erreichen, sollte eine Offenlegungspflicht eingeführt werden. Sollten sich die Gesetzgebungsorgane der Union dafür entscheiden, die bestehenden Ausnahmen beizubehalten, tragen diese Vorschläge dazu bei, die negativen Auswirkungen solcher Ausnahmen etwas abzumildern, auch wenn sie die mit diesen Risikopositionen einhergehenden Risiken für die Bankbilanzen nicht wesentlich verringern.

6.   IRB-Ansatz

6.1

Die EZB begrüßt die vorgeschlagenen Änderungen des IRB-Ansatzes für das Kreditrisiko gemäß dem endgültigen Basel-III-Paket (18), da sie als notwendig erachtet werden, um die Risikosensitivität aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Möglichkeiten einer übermäßigen Variabilität des risikogewichteten Positionsbetrags (RWEA) erheblich zu verringern. Die EZB befürwortet den Vorschlag, i) die Anwendung des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes („A-IRB-Ansatz“) für Risikopositionen gegenüber Großunternehmen, Kreditinstituten und Wertpapierfirmen sowie als Unternehmen behandelten Finanzinstituten und ii) die Anwendung des IRB-Ansatzes für Beteiligungspositionen nicht mehr zuzulassen. Ebenso unterstützt die EZB die Einführung der Mindestgrößen (Input Floors) für Risikoparameter, mit denen ein Mindestgrad an Konservativität bei den Modellparametern gewährleistet und gleichzeitig einer übermäßigen RWEA-Variabilität entgegengewirkt wird.

6.2

Darüber hinaus unterstützt die EZB die zusätzlichen Erläuterungen und Verbesserungen im Zusammenhang mit Schätzungen der Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), der Verlustquote bei Ausfall (LGD) und der Kreditumrechnungsfaktoren (CCF).

6.3

Dennoch möchte die EZB auf einige Unstimmigkeiten innerhalb des Vorschlags hinweisen, welche die ordnungsgemäße Umsetzung der Anforderungen insgesamt behindern könnten. Um insbesondere das Risiko einer Fehlinterpretation zu verringern, empfiehlt die EZB eine stärkere Angleichung der in den verschiedenen Artikeln der geänderten CRR zur Bestimmung der Größe von Unternehmensschuldnern verwendeten Begriffe wie Umsatz, Einnahmen und Verkäufe (19).

6.4

Darüber hinaus muss die Kohärenz zwischen der Ausfalldefinition und der Schätzung und Umsetzung von Risikoparametern sichergestellt werden. Insbesondere in Bezug auf die Umsetzung des IRB-Ansatzes auf Ebene der Risikopositionsklasse gemäß dem geänderten Artikel 148 möchte die EZB betonen, dass diese Änderung bei Risikopositionen aus dem Mengengeschäft die Möglichkeit schafft, den IRB-Ansatz für mindestens eine der in den neuen Ziffern i, ii, iii und iv von Artikel 147 Absatz 2 Buchstabe d genannten Risikopositionsklassen anzuwenden. Gleichzeitig stellt die EZB fest, dass der bestehende Artikel 178 Absatz 1 den Instituten gestattet, für Risikopositionen aus dem Mengengeschäft die Ausfalldefinition auf der Ebene einer bestimmten Kreditfazilität, statt auf der Ebene der Gesamtverbindlichkeiten eines Kreditnehmers anzuwenden. Wird die Ausfalldefinition für Risikopositionen aus dem Mengengeschäft auf Schuldnerebene festgelegt, empfiehlt die EZB in diesem Zusammenhang, die Möglichkeit der Anwendung des IRB-Ansatzes entweder auf alle oder auf keine der in Artikel 147 Absatz 2 Buchstabe d Ziffern i, ii, iii und iv genannten Risikopositionsklassen zu beschränken. Dies sei jedoch unbeschadet der Möglichkeit, eine Erlaubnis zur dauerhaften teilweisen Verwendung unter den in Artikel 150 genannten Bedingungen zu beantragen.

6.5

Im Hinblick auf die neuen Anforderungen an PD-Schätzungen ist die EZB ferner der Auffassung, dass eine weitere Präzisierung des Zeithorizonts der Ratings – wie dieser in den endgültigen Basel-III-Standards vorgeschlagen wurde – eine angemessene Risikodifferenzierung trotz ungünstiger wirtschaftlicher Bedingungen gewährleisten und die Vergleichbarkeit der risikogewichteten Aktiva zwischen den Instituten verbessern würde. Darüber hinaus wurden einige unterschiedliche Anforderungen an PD-Schätzungen für Risikopositionen aus dem Mengengeschäft und an PD-Schätzungen für Risikopositionen gegenüber Unternehmen und Instituten in den Vorschlag aufgenommen, welche einer korrekten Auslegung durch die Institute entgegenstehen könnten. Daher empfiehlt die EZB, die Anforderungen im Hinblick auf diese Risikopositionsarten noch mehr zu vereinheitlichen.

7.   Offenlegung und Meldewesen nach Säule III

7.1

Die EZB begrüßt die neue integrierte Plattform für Offenlegungen von Kreditinstituten nach Säule III, die von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) verwaltet wird und darauf abzielt, den Aufwand für Kreditinstitute zu verringern und allen Interessenträgern die Nutzung von Informationen der Säule III zu erleichtern. Die Aufsichtsbehörden würden von einer zentralen Offenlegungsplattform profitieren, da diese ihnen die Arbeit im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Qualität von Informationen der Säule III erleichtern würde. Die EZB stellt jedoch fest, dass der Vorschlag unterschiedliche Ansätze hinsichtlich der quantitativen Offenlegung von Informationen kleiner und nicht komplexer Institute (SNCI) und denen größerer Institute verfolgt. Für SNCI wird die EBA die quantitative Offenlegung von Informationen auf der Grundlage einer vorab festgelegten Zuordnung (Mapping) zu den entsprechenden aufsichtlichen Meldungen erstellen. Für größere Institute müsste ein neues Meldeverfahren für Offenlegungen entwickelt werden, welches zu einer Doppelmeldung von Datenpunkten führen würde, da sich die Datenanforderungen der Säule III mit den aufsichtlichen Meldungen überschneiden. Die EBA würde diese neuen Vorlagen dann „in elektronischer Form“ erhalten und müsste diese noch am selben Tag veröffentlichen. Die EZB ist der Auffassung, dass der SNCI-Ansatz für quantitative Offenlegungen auf alle Institute ungeachtet ihrer Größe und Komplexität angewandt werden könnte, um den Meldeaufwand für alle Institute zu verringern. Die EZB stellt ferner fest, dass der Zeitplan für die Veröffentlichung von Informationen der Säule III durch die EBA auf der zentralen Plattform keine Abstimmung zwischen aufsichtlichen Meldungen und der nach Säule III offenzulegenden Informationen ermöglicht, was zu einer zusätzlichen Arbeitsbelastung für die Aufsichtsbehörden und zu Verwirrung bei Anlegern und anderen Nutzern von Informationen der Säule III führen könnte. Um die Kohärenz zu gewährleisten, sollte nach derselben Logik die in dem geänderten Artikel 434a vorgesehene Strategie für die Neuvorlage von Offenlegungen bei der EBA nicht auf die Offenlegung von Informationen beschränkt sein, sondern auch aufsichtliche Meldungen umfassen.

7.2

Darüber hinaus können sowohl qualitative Offenlegungen als auch einige quantitative Offenlegungen (20) nicht auf der Grundlage des vorab festgelegten Mappings aus den aufsichtlichen Meldungen extrahiert werden. Dieses Problem betrifft sowohl SNCI als auch andere Institute. Daher sollte das Verfahren für die Übermittlung solcher Offenlegungen an die EBA präzisiert werden. Außerdem geht die EZB davon aus, dass es für die EBA aufgrund der unstrukturierten Natur qualitativer Informationen möglicherweise schwierig sein wird, diese Informationen zu aggregieren und zu vergleichen.

7.3

Die EZB stellt fest, dass der Vorschlag zur Änderung der CRD eine Änderung des Artikels 106 der CRD vorsieht, um den zuständigen Behörden die Befugnis einzuräumen, Nicht-SNCI zu verpflichten, die offenzulegenden Informationen an die EBA zu übermitteln, damit diese auf einer zentralen Website der EBA veröffentlicht werden können. Diese Änderung der CRD wäre überflüssig, wenn der Wortlaut der CRR in der in Absatz 7.1 vorgeschlagenen Weise geändert würde.

8.   Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken

8.1

Eine bessere Einbeziehung von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken (ESG-Risiken) in den Aufsichtsrahmen ist von entscheidender Bedeutung, um die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors zu erhöhen. Umfassende Anmerkungen der EZB zu den Vorschlägen zu ESG-Risiken werden in der Stellungnahme der EZB zum Vorschlag zur Änderung der CRD (21) vorgelegt. Insbesondere im Hinblick auf den Vorschlag zur Änderung der CRR begrüßt die EZB den Vorschlag der Kommission, harmonisierte Definitionen von ESG-Risiken einzuführen. Die EZB misst der erklärten Absicht, die Definitionen an die von der EBA in ihrem Bericht über das Management und die Überwachung von ESG-Risiken für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (22) vorgeschlagenen Definitionen anzupassen, großen Wert bei. Die EZB stellt jedoch fest, dass der Wortlaut der vorgeschlagenen Definitionen von den von der EBA verwendeten Formulierungen abweicht. Die Definitionen der EBA sind weiter gefasst und umfassen nicht nur Verluste, sondern negative Auswirkungen jeglicher Art. Folglich spiegeln sie die Natur der ESG-Risiken, die unter anderem in Form von strategischen Risiken und Reputationsrisiken eintreten, genauer wider. Diese Risiken können beispielsweise zu einem geringeren Geschäftsvolumen führen und die Tragfähigkeit und Überlebensfähigkeit eines Instituts beeinträchtigen. Daher schlägt die EZB vor, den Wortlaut der Definitionen anzupassen, um eine stärkere Angleichung an die von der EBA vorgeschlagenen Definitionen zu gewährleisten.

8.2

Die EZB begrüßt den Vorschlag, Artikel 430 dahingehend zu ändern, dass Institute ihre Verflechtung mit ESG-Risiken ihren zuständigen Behörden melden müssen. Da die Meldung maßgeblicher qualitativer und quantitativer Informationen über ESG-Risiken die Überwachung dieser Risiken erleichtert, fordert die EZB die Gesetzgebungsorgane der Union und die EBA auf, dafür zu sorgen, dass die vorgeschlagene Meldepflicht so bald wie möglich umgesetzt wird. Die EZB stellt fest, dass solche Meldungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß Erwägungsgrund 40 des Vorschlags zur Änderung der CRR unterliegen werden.

8.3

Die EZB stimmt mit Erwägungsgrund 40 des Vorschlags zur Änderung der CRR überein. Dieser enthält den Hinweis, dass die Exposition eines Instituts gegenüber ESG-Risiken nicht unbedingt proportional zur Größe und Komplexität des Instituts ist. Somit ist es unabdingbar, dass die Märkte und die Aufsichtsbehörden von allen Unternehmen, die solchen Risiken ausgesetzt sind, unabhängig von der Größe des jeweiligen Unternehmens angemessene Daten erhalten. Daher unterstützt die EZB nachdrücklich den Vorschlag, die Offenlegungspflichten im Zusammenhang mit ESG-Risiken gemäß Artikel 449a auf alle Institute anzuwenden. Die EZB unterstützt den Vorschlag der Kommission, die Häufigkeit und den Umfang der Offenlegungspflichten an die Größe und die Komplexität der Institute anzupassen, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend Rechnung zu tragen. Die EZB stellt fest, dass es wichtig ist, für eine angemessene Kohärenz zwischen den Offenlegungspflichten im Zusammenhang mit ESG-Risiken für Institute und anderen Initiativen im Bereich der Offenlegung (z. B. der Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive)) zu sorgen, da solche Initiativen die Fähigkeit der Institute verbessern sollte, ihre Risiken angemessen zu bewerten und ihren eigenen Offenlegungspflichten nachzukommen.

8.4

Die EZB unterstützt auch nachdrücklich den Vorschlag, die Frist vorzuverlegen, innerhalb der die EBA nach Artikel 501c ihren Bericht über die aufsichtliche Behandlung von Risikopositionen, die von den Auswirkungen ökologischer und/oder sozialer Faktoren betroffen sind, vorlegen muss. Die EZB unterstützt diese Arbeit nachdrücklich und ist der Auffassung, dass die Vorverlegung der Berichtsfrist den Beitrag der EU zur internationalen politischen Debatte über diese Fragen weiter unterstützen würde.

Sofern die EZB empfiehlt, den Vorschlag zur Änderung der CRR abzuändern, ist ein spezieller Redaktionsvorschlag mit Begründung in einem gesonderten technischen Arbeitsdokument aufgeführt. Das technische Arbeitsdokument steht in englischer Sprache auf EUR-Lex zur Verfügung.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 24. März 2022.

Die Präsidentin der EZB

Christine LAGARDE


(1)  COM(2021) 664 final.

(2)  COM(2021) 663 final.

(3)  Bei den Basel-III-Reformen (auch als Basel-III-Standards bekannt) handelt es sich um Standards, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) eingeführt wurden. Die konsolidierten Standards sind auf der Website der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich unter www.bis.org abrufbar.

(4)  Siehe Stellungnahme CON/2020/16 der Europäischen Zentralbank vom 20. Mai 2020 zu Änderungen am aufsichtsrechtlichen Rahmen der Union infolge der COVID-19-Pandemie (ABl. C 180 vom 29.5.2020, S. 4). Sämtliche Stellungnahmen der EZB sind auf EUR-Lex abrufbar.

(5)  Weitere Informationen zum „Single Stack“-Ansatz für risikobasierte Eigenkapitalanforderungen sind in den Fragen und Antworten der Kommission zu finden.

(6)  Europäischer Ausschuss für Systemrisiken, Vulnerabilities in the residential real estate sectors of the EEA countries, Februar 2022.

(7)  Europäische Zentralbank, Financial Stability Review, November 2021.

(8)  Siehe die Begründung zum Vorschlag der Kommission.

(9)  Im Einklang mit SCO10 der Basler Rahmenvereinbarung.

(10)  Siehe den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf Aufsichtsbefugnisse, Sanktionen, Zweigstellen aus Drittländern sowie Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken und zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU.

(11)  Siehe Basler Rahmenvereinbarung, CRE20.59.

(12)  Ebenfalls von den in den Ziffern iii und v beschriebenen Bestimmungen betroffen sind die Eigenkapitalanforderungen bankgeführter Finanzkonglomerate. Dies ist auf den sogenannten Danish Compromise zurückzuführen, nach dem die Beteiligungen von Banken an Kapitalinstrumenten von Versicherungsunternehmen, die demselben Finanzkonglomerat angehören, nicht vom Eigenkapital abgezogen werden müssen, sondern mit einem Risikogewicht versehen werden können.

(13)  Siehe Basler Rahmenvereinbarung, SCO30.5, Fußnote 1.

(14)  Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 8. November 2017 zu Änderungen des Unionsrahmens für Eigenmittelanforderungen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (CON/2017/46) (ABl. C 34 vom 31.1.2018, S. 5).

(15)  Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2014), Regulatory Consistency Assessment Programme (RCAP) – Assessment of Basel III regulations – European Union, abrufbar auf der Website der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich unter www.bis.org.

(16)  Dies wurde 2019 auch von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde in ihrer Politikempfehlung Policy advice on the Basel III reforms on credit valuation adjustment (CVA) and market risk, Empfehlung CVA2: CVA-Ausnahmen, S. 9, abrufbar auf der Website der EBA unter www.eba.europa.eu, hervorgehoben.

(17)  Siehe die Begründung zum Vorschlag der Kommission.

(18)  Siehe insbesondere Basel III: Finalising post-crisis reforms (bis.org).

(19)  Beispielsweise wird in Artikel 142 Absatz 1 Nummer 5a der Begriff Großunternehmen (large corporates) unter Bezugnahme auf die Messgröße Verkäufe (sales) definiert, während im neuen Artikel 5 Absatz 8 der Begriff kleines und mittleres Unternehmen (small and medium-sized enterprise) unter Bezugnahme auf die Messgröße Umsatz (turnover) definiert wird.

(20)  Beispielsweise im Zusammenhang mit der Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken (ESG) oder der Offenlegung im Bereich des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch (IRRBB).

(21)  Siehe Fußnote 10.

(22)  Europäische Bankenaufsichtsbehörde (2021), EBA Report on management and supervision of ESG risks for credit institutions and investment firms (EBA/REP/2021/18), abrufbar auf der Website der EBA unter www.eba.europa.eu


16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/22


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 11. April 2022

zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2016/1148

(CON/2022/14)

(2022/C 233/03)

Einleitung und Rechtsgrundlage

Am 16. Dezember 2020 verabschiedete die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2016/1148 (1) (nachfolgend der „Richtlinienvorschlag“). Am 3. Dezember 2021 hat der Rat der Europäischen Union seine allgemeine Ausrichtung in Bezug auf den Richtlinienvorschlag (2) festgelegt. Die Zuständigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 127 Absatz 4 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), da der Richtlinienvorschlag Bestimmungen enthält, die in den Zuständigkeitsbereich der EZB fallen; hierzu gehören insbesondere die Förderung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungssysteme, die Mitwirkung bei der reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen und die Aufgaben der EZB im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Kreditinstitute gemäß Artikel 127 Absatz 2 vierter Gedankenstrich sowie Artikel 127 Absatz 5 und Artikel 127 Absatz 6 AEUV. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

Allgemeine Anmerkungen

Die EZB begrüßt ausdrücklich die im Richtlinienvorschlag festgelegten Ziele, das Cyberresilienzniveau in allen relevanten Sektoren zu erhöhen, eine einheitliche Resilienz im Binnenmarkt zu fördern und die Lageerfassung und kollektive Vorsorge und Reaktionsfähigkeit zu verbessern, indem eine effiziente Zusammenarbeit in der Union gewährleistet wird.

Die EZB erkennt an, wie wichtig es ist, enge Verbindungen zwischen dem Richtlinienvorschlag und dem Finanzsektor aufrechtzuerhalten, der weiterhin Teil des Ökosystems der Netz- und Informationssysteme (NIS) bleiben sollte, um die einheitliche Bewertung der Risiken im Zusammenhang mit der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der gesamten Union sowie die Wirksamkeit des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Sektoren beim Umgang mit Cyberbedrohungen zu fördern. Zu diesem Zweck sollten die gemäß dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors (3) (nachfolgend die „DORA-Verordnung“) zuständigen Behörden die Möglichkeit haben, sich an den strategischen politischen Diskussionen und der technischen Arbeit der NIS-Kooperationsgruppe zu beteiligen und mit den im Richtlinienvorschlag genannten zentralen Anlaufstellen und nationalen Reaktionsteams für IT-Sicherheitsvorfälle (Computer Security Incident Response Teams – CSIRTs) Informationen auszutauschen und weitergehend zusammenzuarbeiten (4).

1.   Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags

1.1

Die EZB geht davon aus, dass die DORA-Verordnung in Bezug auf Einrichtungen des Finanzsektors als sektorspezifischer Rechtsakt betrachtet wird, mit dem Anforderungen an das Cybersicherheitsrisikomanagement und die Meldung von Sicherheitsvorfällen eingeführt werden, die den im Richtlinienvorschlag festgelegten Anforderungen zumindest gleichwertig sind (5). Die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags, die sich auf das Cybersicherheitsrisikomanagement, die Meldepflichten, den Informationsaustausch sowie die Aufsicht und Durchsetzung beziehen, gelten daher nicht für Finanzunternehmen, die unter die DORA-Verordnung fallen (6). Wie in den Erwägungsgründen des Richtlinienvorschlags klargestellt, sollten die Bestimmungen der DORA-Verordnung, die sich auf IKT-Risikomanagementmaßnahmen, das Management und die Meldung von IKT-bezogenen Vorfällen, die Prüfung der digitalen Betriebsstabilität, Vereinbarungen über den Informationsaustausch und Risiken durch IKT-Drittanbieter beziehen, anstelle der Bestimmungen des Richtlinienvorschlags gelten (7).

1.2

Die EZB stellt ferner fest, dass der Rat in seiner allgemeinen Ausrichtung in Bezug auf den Richtlinienvorschlag eine Änderung vorschlägt, um „Einrichtungen, die Tätigkeiten in den Bereichen der Justiz, der Parlamente oder der Zentralbanken ausüben“ (8), vom Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags auszunehmen. Die EZB geht davon aus, dass sich die vorgeschlagene Änderung auf alle grundlegenden Aufgaben und Zuständigkeiten des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) gemäß Artikel 127 Absatz 2 AEUV und Artikel 3.1 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend die „ESZB-Satzung“), wie etwa die Förderung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungssysteme, erstrecken würde. In diesem Zusammenhang wird davon ausgegangen, dass im Besitz des Eurosystems befindliche und von ihm betriebene Finanzmarktinfrastrukturen wie TARGET2 und TARGET2-Securities unter den vom Rat vorgeschlagenen Ausschluss der Zentralbanken vom Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags fallen.

2.   Überwachungszuständigkeiten des ESZB und des Eurosystems

2.1

Neben dem vorrangigen Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, besteht gemäß Artikel 127 Absatz 2 AEUV eine der grundlegenden Aufgaben des ESZB darin, das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern (9). Im Rahmen der Wahrnehmung dieser grundlegenden Aufgabe können die EZB und die nationalen Zentralbanken Einrichtungen zur Verfügung stellen und kann die EZB Verordnungen erlassen, um effiziente und zuverlässige Verrechnungs- und Zahlungssysteme innerhalb der Union und im Verkehr mit dritten Ländern zu gewährleisten (10). In Ausübung ihrer Aufsichtsfunktion hat die EZB die Verordnung (EU) Nr. 795/2014 der Europäischen Zentralbank (EZB/2014/28) (11) (nachfolgend die „SIPS-Verordnung“) verabschiedet, mit der die CPSS-IOSCO-Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen (12) in unmittelbar anwendbares Recht umgesetzt werden. Die SIPS-Verordnung enthält Anforderungen für Großbetrags- und Massenzahlungsverkehrssysteme mit systemischer Bedeutung, ob öffentlich oder in privatem Besitz. Die Anforderungen der SIPS-Verordnung umfassen bereits unter anderem die Steuerung des operationellen Risikos und die Schaffung eines Rahmens für die Cyberresilienz (13).

2.2

Neben systemrelevanten Zahlungsverkehrssystemen umfasst die Überwachung durch das Eurosystem auch nicht als systemrelevant eingestufte Zahlungsverkehrssysteme, elektronische Zahlungsinstrumente, -verfahren und -mechanismen sowie andere Infrastrukturen und kritische Dienstleister gemäß dem Überwachungsrahmen des Eurosystems (14). Zahlungsverkehrssysteme und andere Mechanismen, die der Überwachung durch das Eurosystem unterliegen, sind nicht ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags einbezogen (15). Da es sich beim Richtlinienvorschlag um ein Instrument zur Mindestharmonisierung (16) handelt, könnten sich die von den Mitgliedstaaten erlassenen Durchführungsvorschriften schließlich mit der Aufsichtskompetenz des Eurosystems überschneiden. Um dies zu vermeiden, sollten die Zuständigkeiten des ESZB gemäß dem AEUV und der ESZB-Satzung sowie die Zuständigkeiten des Eurosystems gemäß der SIPS-Verordnung und allgemein gemäß dem Überwachungsrahmen des Eurosystems in den Erwägungsgründen des Richtlinienvorschlags ausdrücklich anerkannt werden.

3.   Risiken durch IKT-Drittanbieter, Management massiver Sicherheitsvorfälle und Krisen, Informationsaustausch und nationale Cybersicherheitsstrategie

3.1   Management von Risiken durch IKT-Drittanbieter

3.1.1

Gemäß dem Richtlinienvorschlag sind die zuständigen Behörden bei der Wahrnehmung ihrer Durchsetzungsbefugnisse in Bezug auf wesentliche Einrichtungen befugt, verbindliche Anweisungen oder Anordnungen zu erteilen, um diese Einrichtungen aufzufordern, die festgestellten Mängel oder die Verstöße gegen die im Richtlinienvorschlag festgelegten Verpflichtungen zu beheben (17). Gleichzeitig kann die gemäß der DORA-Verordnung benannte „federführende Aufsichtsinstanz“ Empfehlungen an kritische IKT-Drittanbieter abgeben, um die potenziellen Systemrisiken zu bewältigen, die mit der Auslagerung und der Konzentration der Abhängigkeiten von IKT-Drittanbietern verbunden sind (18).

3.1.2

Da eine wesentliche Einrichtung im Sinne des Richtlinienvorschlags auch als kritischer IKT-Drittanbieter gemäß der DORA-Verordnung bezeichnet werden kann, betont die EZB (19), dass Empfehlungen und verbindliche Anweisungen, die einander widersprechen, vermieden werden sollten. In diesem Zusammenhang begrüßt die EZB die allgemeine Ausrichtung des Rates in Bezug auf den Richtlinienvorschlag. Gemäß dieser Ausrichtung müssen die zuständigen Behörden das gemäß der DORA-Verordnung eingerichtete „Aufsichtsforum“ bei der Ausübung ihrer Aufsichts- und Durchsetzungsbefugnisse in Bezug auf wesentliche Einrichtungen, die gemäß der DORA-Verordnung als kritischer IKT-Drittanbieter benannt wurden, unterrichten (20).

3.2   Management massiver Sicherheitsvorfälle und Krisen

3.2.1

Gemäß dem Richtlinienvorschlag (21) müssen die Mitgliedstaaten eine oder mehrere für das Management massiver Sicherheitsvorfälle und Krisen zuständige Behörden benennen. Wie in den Erwägungsgründen des Richtlinienvorschlags klargestellt wird, sollte der Begriff „Sicherheitsvorfall großen Ausmaßes“ einen Sicherheitsvorfall bezeichnen, der beträchtliche Auswirkungen auf mindestens zwei Mitgliedstaaten hat oder der eine Störung verursacht, deren Ausmaß die Reaktionsfähigkeit eines Mitgliedstaats übersteigt. Sicherheitsvorfälle großen Ausmaßes können sich zu echten Krisen entwickeln, die das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts verhindern (22).

3.2.2

Während die gemäß der DORA-Verordnung benannten zuständigen Behörden weiterhin für das Management von Cybersicherheitsvorfällen, die Finanzunternehmen betreffen, verantwortlich sind, wird die Zusammenarbeit mit den gemäß dem Richtlinienvorschlag eingerichteten Strukturen und Behörden von entscheidender Bedeutung sein, um eine koordinierte Reaktion in der gesamten Union zu gewährleisten. Zu diesem Zweck würde die EZB die Beteiligung der gemäß der DORA-Verordnung benannten zuständigen Behörden, einschließlich der EZB, am Europäischen Netzwerk der Verbindungsorganisationen für Cyberkrisen (European Cyber Crises Liaison Organisation Network – EU-CyCLONe) (23) begrüßen, wenn massive Cybersicherheitsvorfälle und -krisen den Finanzsektor betreffen.

3.3   Informationsaustausch

3.3.1

Wie bereits erwähnt, befürwortet die EZB ausdrücklich die Zusammenarbeit zwischen den gemäß der DORA-Verordnung benannten zuständigen Behörden und den gemäß dem Richtlinienvorschlag eingerichteten Strukturen und Behörden. Insbesondere kann der Informationsaustausch zwischen den Behörden sektorübergreifende Erkenntnisse ermöglichen, zur Verhinderung und wirksamen Bewältigung von Cyberangriffen beitragen und die einheitliche Bewertung IKT-bezogener Risiken in der gesamten Union fördern. Dennoch betont die EZB, dass der Informationsaustausch nur dann stattfinden sollte, wenn klar festgelegte Verfahren für die Klassifizierung und den Austausch von Informationen vorhanden sind, die mit angemessenen Garantien zur Gewährleistung der Vertraulichkeit einhergehen (24). Die EZB begrüßt die allgemeine Ausrichtung des Rates in Bezug auf den Richtlinienvorschlag, wonach ein regelmäßiger Austausch relevanter Informationen zwischen Behörden (25), der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zur Festlegung eines Mechanismus für den Informationsaustausch (26) und die automatische und direkte Weiterleitung der Meldungen zu Sicherheitsvorfällen (27) vorgeschlagen werden. In diesem Zusammenhang sollte sichergestellt werden, dass Informationen, die gemäß den Bestimmungen zum Berufsgeheimnis nach der DORA-Verordnung (28) oder den einschlägigen sektorspezifischen Rechtsvorschriften (29) vertraulich sind, nur dann mit den im Richtlinienvorschlag genannten zuständigen Behörden ausgetauscht werden können, wenn dieser Austausch für die zuständigen Behörden erforderlich ist, um die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags anzuwenden (30).

3.4   Nationale Cybersicherheitsstrategie

3.4.1

Gemäß dem Richtlinienvorschlag müssen die Mitgliedstaaten nationale Cybersicherheitsstrategien verabschieden, in denen die strategischen Ziele sowie angemessene politische und regulatorische Maßnahmen zur Erreichung und Aufrechterhaltung eines hohen Cybersicherheitsniveaus festgelegt werden (31). Wie in den Erwägungsgründen des Richtlinienvorschlags klargestellt, sollten die Mitgliedstaaten den Finanzsektor weiterhin in ihre jeweiligen Cybersicherheitsstrategien einbeziehen (32). Die Mitgliedstaaten sollten im Rahmen ihrer nationalen Cybersicherheitsstrategien beispielsweise Konzepte zur Cybersicherheit in der Lieferkette für IKT-Produkte und -Dienste annehmen, die von Einrichtungen für die Erbringung ihrer Dienste genutzt werden. Was den Finanzsektor betrifft, so sollten die nationalen Cybersicherheitsstrategien mit dem Rechtsrahmen, der sich aus der DORA-Verordnung ergibt, im Einklang stehen. In diesem Zusammenhang ist die EZB der Auffassung, dass weitere Klarstellungen erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die nationalen Cybersicherheitsstrategien mit den sektorspezifischen Rechtsvorschriften im Einklang stehen.

Insofern die EZB eine Änderung des Richtlinienvorschlags empfiehlt, sind spezielle Redaktionsvorschläge mit Begründung in einem separaten technischen Arbeitsdokument aufgeführt. Das technische Arbeitsdokument steht in englischer Sprache auf EUR-Lex zur Verfügung.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 11. April 2022.

Die Präsidentin der EZB

Christine LAGARDE


(1)  COM(2020) 823 final.

(2)  Abrufbar auf der Website des Rates unter www.consilium.europa.eu

(3)  COM(2020) 595 final.

(4)  Siehe Nummer 1.5 der Stellungnahme CON/2021/20 der Europäischen Zentralbank vom 4. Juni 2021 zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors (ABl. C 343 vom 26.8.2021, S. 1). Sämtliche Stellungnahmen der EZB sind auf EUR-Lex abrufbar. Artikel 17 Absatz 5 und Artikel 42 der DORA-Verordnung; Artikel 11 des Richtlinienvorschlags.

(5)  Artikel 2 Absatz 6 des Richtlinienvorschlags.

(6)  Erwägungsgrund 13 und Artikel 2 Absatz 6 des Richtlinienvorschlags.

(7)  Erwägungsgrund 13 des Richtlinienvorschlags.

(8)  Artikel 2 Absatz 3a Unterabsatz 1 Buchstabe b der allgemeinen Ausrichtung des Rates in Bezug auf den Richtlinienvorschlag.

(9)  Artikel 127 Absatz 2 AEUV und entsprechende Regelung in Artikel 3.1 der ESZB-Satzung.

(10)  Artikel 22 der ESZB-Satzung.

(11)  Verordnung (EU) Nr. 795/2014 der Europäischen Zentralbank vom 3. Juli 2014 zu den Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2014/28) (ABl. L 217 vom 23.7.2014, S. 16).

(12)  Siehe die Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen des Ausschusses für Zahlungsverkehrs- und Abrechnungssysteme (Committee on Payment and Settlement Systems – CPSS) und des Technischen Ausschusses der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commissions – IOSCO), April 2012, abrufbar auf der Website der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich unter www.bis.org. Die darin enthaltene Verantwortlichkeit D bedeutet, dass von allen CPSS- und IOSCO-Mitgliedern erwartet wird, dass sie die Prinzipien so weit auf die betreffenden Finanzmarktinfrastrukturen in ihren Rechtsordnungen anwenden, wie es nach den nationalen Rechtsrahmen möglich ist.

(13)  Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 795/2014 (EZB/2014/28).

(14)  Eurosystem oversight policy framework, überarbeitete Fassung (Juli 2016), abrufbar auf der Website der EZB unter www.ecb.europa.eu

(15)  Artikel 2 des Richtlinienvorschlags und Anhänge I und II des Richtlinienvorschlags.

(16)  Artikel 3 des Richtlinienvorschlags.

(17)  Artikel 29 Absatz 4 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags.

(18)  Artikel 31 der DORA-Verordnung.

(19)  Siehe Nummer 1.2 der Stellungnahme CON/2021/20.

(20)  Artikel 29 Absatz 10 der allgemeinen Ausrichtung des Rates in Bezug auf den Richtlinienvorschlag.

(21)  Artikel 7 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags.

(22)  Erwägungsgrund 27 des Richtlinienvorschlags.

(23)  Artikel 14 des Richtlinienvorschlags.

(24)  Siehe Nummer 1.5 der Stellungnahme CON/2021/20.

(25)  Artikel 11 Absatz 5 der allgemeinen Ausrichtung des Rates in Bezug auf den Richtlinienvorschlag.

(26)  Erwägungsgrund 23a der allgemeinen Ausrichtung des Rates in Bezug auf den Richtlinienvorschlag.

(27)  Erwägungsgrund 13 der allgemeinen Ausrichtung des Rates in Bezug auf den Richtlinienvorschlag.

(28)  Artikel 49 der DORA-Verordnung.

(29)  Artikel 53 bis 62 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(30)  Artikel 2 Absatz 5 und Artikel 11 Absatz 4 des Richtlinienvorschlags.

(31)  Artikel 5 des Richtlinienvorschlags.

(32)  Erwägungsgrund 13 des Richtlinienvorschlags.


IV Informationen

INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Rat

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/26


BESCHLUSS DES RATES

vom 13. Juni 2022

zur Ernennung von vier Mitgliedern des Verwaltungsrats der Europäischen Arzneimittel-Agentur

(2022/C 233/04)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung der Verfahren der Union für die Genehmigung und Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (1), insbesondere auf Artikel 65 Absatz 1,

gestützt auf die Bewerberliste, die die Europäische Kommission dem Rat am 27. Januar 2022 übermittelt hat,

gestützt auf die Positionen, die das Europäische Parlament in seinem Schreiben vom 24. Mai 2022 zum Ausdruck gebracht hat,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 65 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 endet die Amtszeit der am 14. Juni 2022 amtierenden Mitglieder des Verwaltungsrats der Europäischen Arzneimittel-Agentur (im Folgenden „Verwaltungsrat“) zu diesem Zeitpunkt. Die Mitglieder des Verwaltungsrats, deren Amtszeit am 15. Juni 2022 beginnen soll, sind gemäß dem in der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 festgelegten Verfahren für die Benennung und Ernennung zu ernennen.

(2)

Gemäß Artikel 65 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 gehören dem Verwaltungsrat auch zwei Vertreter von Patientenorganisationen, ein Vertreter von Ärzteorganisationen und ein Vertreter von Tierärzteorganisationen an.

(3)

Diese Mitglieder werden vom Rat im Benehmen mit dem Europäischen Parlament anhand einer Liste ernannt, die von der Kommission erstellt wird und die eine deutlich höhere Zahl von Bewerbern enthalten muss, als Mitglieder zu ernennen sind. Ihre Amtszeit soll drei Jahre betragen und kann verlängert werden.

(4)

Die Kommission hat eine Bewerberliste erstellt und dem Rat am 27. Januar 2022 vorgelegt. Die in der von der Kommission vorgelegten Liste aufgeführten Bewerber wurden im Anschluss an eine Aufforderung zur Interessenbekundung und auf der Grundlage ihrer fachlichen Qualifikation, ihres breiten Spektrums an einschlägigem Fachwissen sowie ihrer einschlägigen Kenntnisse im Verwaltungsbereich und ihrer Erfahrungen auf dem Gebiet der Human- oder Tierarzneimittel ausgewählt.

(5)

Die von der Kommission vorgelegte Liste wurde im Hinblick auf die Ernennung von vier Mitgliedern des Verwaltungsrats als Vertretern der Zivilgesellschaft anhand der von der Kommission vorgelegten Unterlagen und unter Berücksichtigung der vom Europäischen Parlament zum Ausdruck gebrachten Positionen geprüft. Die Ernennung dieser Mitglieder durch diesen Beschluss wird ferner sichergestellt, dass im Verwaltungsrat die höchste fachliche Qualifikation, ein breites Spektrum an einschlägigem Fachwissen und die größtmögliche geografische Streuung in der Union sowie einschlägige Kenntnisse im Verwaltungsbereich und Erfahrungen auf dem Gebiet der Human- oder Tierarzneimittel zur Verfügung stehen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die folgenden Personen werden für einen Zeitraum von drei Jahren ab dem 15. Juni 2022 zu Mitgliedern des Verwaltungsrats der Europäischen Arzneimittel-Agentur ernannt:

PATIENTENORGANISATIONEN

ÄRZTE-ORGANISATIONEN

TIERÄRZTEORGANISATIONEN

Herr Marco GRECO

Frau Virginie HIVERT

Herr Denis LACOMBE

Frau Despoina IATRIDOU

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Luxemburg am 13. Juni 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. FESNEAU


(1)  ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1.


Europäische Kommission

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/28


Euro-Wechselkurs (1)

15. Juni 2022

(2022/C 233/05)

1 Euro =


 

Währung

Kurs

USD

US-Dollar

1,0431

JPY

Japanischer Yen

140,49

DKK

Dänische Krone

7,4392

GBP

Pfund Sterling

0,86328

SEK

Schwedische Krone

10,6278

CHF

Schweizer Franken

1,0435

ISK

Isländische Krone

137,50

NOK

Norwegische Krone

10,3868

BGN

Bulgarischer Lew

1,9558

CZK

Tschechische Krone

24,703

HUF

Ungarischer Forint

397,96

PLN

Polnischer Zloty

4,6690

RON

Rumänischer Leu

4,9427

TRY

Türkische Lira

18,0465

AUD

Australischer Dollar

1,5051

CAD

Kanadischer Dollar

1,3498

HKD

Hongkong-Dollar

8,1883

NZD

Neuseeländischer Dollar

1,6706

SGD

Singapur-Dollar

1,4519

KRW

Südkoreanischer Won

1 346,86

ZAR

Südafrikanischer Rand

16,7111

CNY

Chinesischer Renminbi Yuan

7,0013

HRK

Kroatische Kuna

7,5245

IDR

Indonesische Rupiah

15 361,97

MYR

Malaysischer Ringgit

4,6037

PHP

Philippinischer Peso

55,627

RUB

Russischer Rubel

 

THB

Thailändischer Baht

36,529

BRL

Brasilianischer Real

5,3164

MXN

Mexikanischer Peso

21,4763

INR

Indische Rupie

81,5142


(1)  Quelle: Von der Europäischen Zentralbank veröffentlichter Referenz-Wechselkurs.


16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/29


Zusammenfassung von Beschlüssen der Europäischen Kommission über Zulassungen für das Inverkehrbringen zur Verwendung und/oder für eine Verwendung von Stoffen, die in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) aufgeführt sind

(Veröffentlicht gemäß Artikel 64 Absatz 9 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (1))

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2022/C 233/06)

Beschluss zur Erteilung einer Zulassung

Nummer des Beschlusses (2)

Datum des Beschlusses

Bezeichnung des Stoffs

Inhaber der Zulassung

Zulassungsnummer

Zugelassene Verwendung

Datum des Auslaufens des Überprüfungszeitraums

Begründung des Beschlusses

C(2022) 3678

9. Juni 2022

Chromtrioxid

EG-Nr. 215-607-8, CAS-Nr. 1333-82-0

Natriumdichromat

EG-Nr. 234-190-3, CAS-Nr. 7789-12-0 10588-01-9

Tata Steel IJmuiden B.V., Wenckebachstraat 1, 1951 JZ Velsen-Noord, Niederlande

REACH/22/24/0

Verwendung von Chromtrioxid zur Passivierung elektrolytischer Weißbleche (ETP)

31. Dezember 2027

Gemäß Artikel 60 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 überwiegt der sozioökonomische Nutzen der Verwendung des Stoffs die Risiken, die sich aus dieser Verwendung für die menschliche Gesundheit ergeben, und es sind keine geeigneten Alternativstoffe oder -technologien verfügbar.

REACH/22/24/1

Verwendung von Natriumdichromat zur Passivierung elektrolytischer Weißbleche (ETP)


(1)  ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.

(2)  Der Beschluss kann auf der Website der Europäischen Kommission unter folgender Adresse abgerufen werden: Zulassung (europa.eu).


16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/30


Zusammenfassung von Beschlüssen der Europäischen Kommission über Zulassungen für das Inverkehrbringen zur Verwendung und/oder für eine Verwendung von Stoffen, die in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) aufgeführt sind

(Veröffentlicht gemäß Artikel 64 Absatz 9 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (1))

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2022/C 233/07)

Beschluss zur Erteilung einer Zulassung

Nummer des Beschlusses (2)

Datum des Beschlusses

Bezeichnung des Stoffs

Inhaber der Zulassung

Zulassungsnummer

Zugelassene Verwendung

Datum des Auslaufens des Überprüfungszeitraums

Begründung des Beschlusses

C(2022) 3685

9. Juni 2022

Chromtrioxid

EG-Nr. 215-607-8, CAS-Nr. 1333-82-0

Safran Aircraft Engines, 2, boulevard du Général-Martial-Valin, 75724 Paris Cedex 15, Frankreich

REACH/22/25/0

Industrielle Verwendung von auf Chromtrioxid basierenden Gemischen zur Oberflächenbehandlung von Ersatzteilen für langlebige Alterzeugnisse von Militärflugtriebwerken, einschließlich sicherheitskritischer Teile, deren Ausfall die Lufttüchtigkeit gefährdet

31. Dezember 2029

Gemäß Artikel 60 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 überwiegt der sozioökonomische Nutzen der Verwendung des Stoffs die Risiken, die sich aus dieser Verwendung für die menschliche Gesundheit ergeben, und es sind keine geeigneten Alternativstoffe oder -technologien verfügbar.


(1)  ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.

(2)  Der Beschluss kann auf der Website der Europäischen Kommission unter folgender Adresse abgerufen werden: Zulassung (europa.eu).


16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/31


Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union

(2022/C 233/08)

Gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates (1) werden die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union (2) wie folgt geändert:

Auf Seite 405 wird folgende Erläuterung eingefügt:

9405 31 00

und Lichterketten von der für Weihnachtsbäume verwendeten Art

9405 39 00

Hierher gehören Lichterketten von der für Weihnachtsbäume verwendeten Art.

Die objektiven Merkmale dieser Waren, wie die Länge der Kette, die Art der Lichter, der Abstand zwischen den Lampen, die Form der ‚Leuchtmittel/Aufsätze‘ (Standard oder mit einem Bezug zur Weihnachtszeit) und die einfache Handhabung zur Befestigung am Weihnachtsbaum, können darauf hinweisen, dass sie hauptsächlich/grundsätzlich zum Schmücken eines Weihnachtsbaums mit Lichtern bestimmt sind.

‚Leuchtmittel/Aufsätze‘ mit einem Bezug zum Weihnachtsfest können die Form von Schneeflocken, Sternen, Eiszapfen oder anderen winterlichen Gegenständen haben; ein Bezug aufgrund langjähriger Traditionen ist nicht erforderlich.

Beispiele für Waren, die als ‚Lichterketten von der für Weihnachtsbäume verwendeten Art‘ in die Unterpositionen 9405 31 00 und 9405 39 00 einzureihen sind:

Image 17

Image 18

Ein Lichternetz aus dunkelgrünen elektrischen Kabeln mit 160 klaren Miniglühlampen (1,5 V/0,5 W), die zu einem Netz von 320 × 150 cm zusammengefügt sind. Aufgrund seiner Größe kann das Netz leicht über einem Weihnachtsbaum ausgebreitet werden. Durch die Farbe der Kabel und die einzelnen Maschen von 19 × 19 cm, dank derer das Netz über die Astspitzen in Richtung Stamm gezogen werden kann, sind die Kabel und die eingeschalteten Lampen nicht sichtbar, während die Lichter nach außen durch die Äste scheinen und so eine einheitliche dekorative Wirkung erzielen.

Eine 55 m lange Lichterkette, bestehend aus einem elektrischen Kabel mit 240 Miniglühlampen (2,5 V/0,25 W). Der Abstand zwischen den Lampen beträgt 21 cm. Die Lichterkette ist sowohl für den Innen- als auch den Außengebrauch geeignet.

Nicht hierher gehören Lichterketten, die nicht hauptsächlich zum Schmücken eines Weihnachtsbaums bestimmt sind, sondern über das ganze Jahr hinweg für verschiedene Dekorationszwecke verwendet werden, beispielsweise zum Schmücken von Häusern, Balkonen, Hochzeitssälen oder Gärten oder zur Verzierung kleinerer Gegenstände wie Kränzen, Blumentöpfen oder Tischen.

Auch Lichterketten mit Lampen beispielsweise in Form von Kürbissen oder Herzen gehören nicht in diese Unterposition, da sie keinen Bezug zum Weihnachtsfest aufweisen.

Beispiele für Waren, die als ‚andere elektrische Leuchten und Beleuchtungskörper‘ in die Unterposition 9405 4x einzureihen sind:

Image 19

Image 20

LED-Lichtervorhang in Form einer Girlande (Ausführungen in unterschiedlicher Länge), die aus zwei isolierten elektrischen Kabeln mit im Abstand von etwa 15 cm abgehenden, unterschiedlich langen (L: 30–70 cm) Strängen besteht. Die Stränge sind mit insgesamt etwa 200 LED-Lichtquellen versehen. Die Girlande ist mit einem Anschlusskabel und einem Transformator ausgestattet.

Mikro-LED-Lichterkette mit einer Gesamtlänge von 240 cm, die aus einem Metalldraht und 40 Lichtquellen mit einem Abstand von jeweils 5 cm besteht, batteriebetrieben.


Image 21

Mikro-LED-Lichterkette mit einer Gesamtlänge von 860 cm (einschließlich des Anschlusskabels von 500 cm), die aus einem Metalldraht und 360 Lichtquellen mit einem Abstand von jeweils 1 cm besteht. Die Lichterkette wird mit einem Transformator gestellt.“


(1)  Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256 vom 7.9.1987, S. 1).

(2)  ABl. C 119 vom 29.3.2019, S. 1.


16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/33


Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union

(2022/C 233/09)

Gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 (1) des Rates werden die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur der Europäischen Union (2) wie folgt geändert:

Auf Seite 394 wird folgende Erläuterung eingefügt:

9113

Uhrarmbänder und Teile davon

Zu dieser Position gehören alle Arten von Uhrarmbändern zur Befestigung aller Arten von Uhren am Handgelenk (siehe auch die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 9113). Dazu gehören Armbänder für:

Uhren und sogenannte Smartwatches der Positionen 9101 und 9102 und

sogenannte Smartwatches der Position 8517 (einschließlich Armbänder, die mit besonderen Adaptern oder urheberrechtlich geschützten Vorrichtungen zur Befestigung einer bestimmten Smartwatch versehen sind).

Die Einreihung auf Ebene der Unterposition erfolgt nach der stofflichen Beschaffenheit. Armbänder, die aus verschiedenen Stoffen bestehen, werden nach dem Stoff eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b) verleiht.“

Auf Seite 352 wird folgende Erläuterung eingefügt:

8517 79 00

Andere

Nicht zu dieser Unterposition gehören gesondert gestellte Armbänder zur Befestigung von sogenannten Smartwatches der Position 8517 am Handgelenk (Position 9113). Auch mit besonderen Adaptern oder urheberrechtlich geschützten Vorrichtungen zur Bestfestigung einer bestimmten sogenannten Smartwatch versehene Armbänder werden in die Position 9113 eingereiht. “

Siehe die Erläuterungen zu Position 9113.“


(1)  Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256 vom 7.9.1987, S. 1).

(2)  ABl. C 119 vom 29.3.2019, S. 1.


INFORMATIONEN DER MITGLIEDSTAATEN

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/34


Bekanntmachung gemäß Artikel 13 der Richtlinie 2001/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten über die Auflösung und anschließende Abwicklung der Sberbank Europe AG (österreichisches Kreditinstitut in Abwicklung)

(2022/C 233/10)

AUFFORDERUNG ZUR ANMELDUNG EINER FORDERUNG. FRISTEN BEACHTEN

Mit Beschluss der Hauptversammlung vom 21. April 2022 wurde die Auflösung der Sberbank Europe AG mit Sitz in Wien, und der Geschäftsanschrift in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 3, protokolliert im Firmenbuch der Republik Österreich unter FN 161285i, gemäß § 203 Absatz 1 Ziffer 2 des Bundesgesetzes über Aktiengesellschaften (Aktiengesetz – AktG) beschlossen. Das Kreditinstitut, das über eine Zweigniederlassung in Deutschland verfügt, auch unter „Sberbank Direct“ bezeichnet, befindet sich im Stadium der Abwicklung (Abwicklung nach österreichischem Recht).

Die bisherigen Mitglieder des Vorstandes, Sonja Sarközi, Pavel Barchugov, Alexander Witte sowie Aleksei Mikhailov, verbleiben in ihrer Funktion, nunmehr jedoch als Abwickler.

Gläubiger der Gesellschaft werden aufgefordert, sich bei den Abwicklern Sonja Sarközi, Pavel Barchugov, Alexander Witte sowie Aleksei Mikhailov, alle jeweils 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 3, zu melden.

Sonja SARKÖZI, Pavel BARCHUGOV, Alexander WITTE sowie Aleksei MIKHAILOV

Sberbank Europe AG in Abwicklung


V Bekanntmachungen

VERWALTUNGSVERFAHREN

Europäisches Amt für Personalauswahl

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/35


BEKANNTMACHUNG EINES ALLGEMEINEN AUSWAHLVERFAHRENS

(2022/C 233/11)

Das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO) führt das folgende allgemeine Auswahlverfahren durch:

EPSO/AD/400/22 – Beamte (m/w) der Funktionsgruppe Administration (AD 7) und Experten (AD 9) in den Fachbereichen Verteidigungsindustrie und Weltraum

Die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens wird in 24 Sprachen im Amtsblatt der Europäischen Union C 233 A vom 16. Juni 2022 veröffentlicht.

Weitere Informationen finden Sie auf der EPSO-Website: https://epso.europa.eu/


VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER WETTBEWERBSPOLITIK

Europäische Kommission

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/36


Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses

(Sache M.10748 – MACQUARIE / BCI / NATIONAL GRID / NATIONAL GRID GAS)

Für das vereinfachte Verfahren infrage kommender Fall

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2022/C 233/12)

1.   

Am 8. Juni 2022 ist die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (1) bei der Kommission eingegangen.

Diese Anmeldung betrifft folgende Unternehmen:

Macquarie Infrastructure and Real Assets (Europe) Limited, Teil der Macquarie Group Limited („Macquarie“, Australien),

British Columbia Investment Management Corporation („BCI“, Kanada),

National Grid plc („National Grid“, Vereinigtes Königreich),

Gasfernleitungs- und Gaszählergeschäft von National Grid („National Grid Gas“, Vereinigtes Königreich).

Macquarie, BCI und National Grid werden die gemeinsame Kontrolle über National Grid Gas im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung übernehmen.

Der Zusammenschluss erfolgt durch Erwerb von Anteilen.

2.   

Die beteiligten Unternehmen sind in folgenden Geschäftsbereichen tätig:

Macquarie bietet weltweit Bank-, Finanz-, Beratungs-, Anlage- und Fondsverwaltungsdienstleistungen an,

BCI investiert im Auftrag der Regierung von British Columbia (Kanada) für Kunden des öffentlichen Sektors in British Columbia in verschiedene Klassen von Anlagewerten,

National Grid ist Eigentümer und Betreiber regulierter Strom- und Gasinfrastruktur in Großbritannien und im Nordosten der Vereinigten Staaten,

National Grid Gas hat im Wesentlichen zwei Geschäftsbereiche: Das Unternehmen ist i) Eigentümer und Betreiber des nationalen Gasfernleitungsnetzes in Großbritannien und ii) Eigentümer und Betreiber des Gaszählergeschäfts National Grid Metering.

3.   

Die Kommission hat nach vorläufiger Prüfung festgestellt, dass das angemeldete Rechtsgeschäft unter die Fusionskontrollverordnung fallen könnte. Die endgültige Entscheidung zu diesem Punkt behält sie sich vor.

Dieser Fall kommt für das vereinfachte Verfahren im Sinne der Bekanntmachung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren für bestimmte Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (2) infrage.

4.   

Alle betroffenen Dritten können bei der Kommission zu diesem Vorhaben Stellung nehmen.

Die Stellungnahmen müssen bei der Kommission spätestens 10 Tage nach dieser Veröffentlichung eingehen. Dabei ist stets folgendes Aktenzeichen anzugeben:

M.10748 – MACQUARIE / BCI / NATIONAL GRID / NATIONAL GRID GAS

Die Stellungnahmen können der Kommission per E-Mail, Fax oder Post übermittelt werden, wobei folgende Kontaktangaben zu verwenden sind:

E-Mail: COMP-MERGER-REGISTRY@ec.europa.eu

Fax +32 22964301

Postanschrift:

Europäische Kommission

Generaldirektion Wettbewerb

Registratur Fusionskontrolle

1049 Bruxelles/Brussel

BELGIQUE/BELGIË


(1)  ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1 („Fusionskontrollverordnung“).

(2)  ABl. C 366 vom 14.12.2013, S. 5.


SONSTIGE RECHTSHANDLUNGEN

Europäische Kommission

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/38


Veröffentlichung eines Antrags auf Genehmigung einer nicht geringfügigen Änderung der Produktspezifikation gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

(2022/C 233/13)

Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) innerhalb von drei Monaten nach dieser Veröffentlichung Einspruch gegen den Änderungsantrag zu erheben.

ANTRAG AUF GENEHMIGUNG EINER NICHT GERINGFÜGIGEN ÄNDERUNG DER PRODUKTSPEZIFIKATION EINER GESCHÜTZTEN URSPRUNGSBEZEICHNUNG ODER EINER GESCHÜTZTEN GEOGRAFISCHEN ANGABE

Antrag auf Genehmigung einer Änderung gemäß Artikel 53 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012

„Scalogno di Romagna“

EU-Nr.: PGI-IT-1539-AM01 – 11.1.2021

g. U. ( ) g. g. A. (X)

1.   Antragstellende Vereinigung und berechtigtes Interesse

Consorzio Scalogno di Romagna [Schutzvereinigung für die g. g. A. „Scalogno di Romagna“],

Anschrift: % Comune di Riolo Terme, Via Aldo Moro 2, 48025 Riolo Terme – Ravenna, Italy

E-Mail: consorzioscalognodiromagna@gmail.com

Das Consorzio Scalogno di Romagna ist berechtigt, einen Antrag auf Änderung gemäß Artikel 13 Absatz 1 des Dekrets Nr. 12511 des italienischen Ministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forstwirtschaft vom 14. Oktober 2013 zu stellen.

2.   Mitgliedstaat oder Drittland

Italien

3.   Rubrik der Produktspezifikation, auf die sich die Änderung bezieht

Name des Erzeugnisses

Beschreibung des Erzeugnisses

Geografisches Gebiet

Ursprungsnachweis

Erzeugungsverfahren

Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet

Kennzeichnung

Sonstiges [bitte angeben]

4.   Art der Änderung(en)

Gemäß Artikel 53 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 als nicht geringfügig geltende Änderung der Produktspezifikation einer eingetragenen g. U. oder g. g. A.

Gemäß Artikel 53 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 als nicht geringfügig geltende Änderung der Produktspezifikation einer eingetragenen g. U. oder g. g. A., für die kein Einziges Dokument (oder etwas Vergleichbares) veröffentlicht wurde.

5.   Änderung(en)

Beschreibung des Erzeugnisses

Artikel 2:

Bei dem Erzeugnis mit der Bezeichnung ‚Scalogno di Romagna‘ handelt es sich ausschließlich um Zwiebeln (Bulben) der Art Allium ascalonicum.

wurde wie folgt geändert und ergänzt:

Bei dem Erzeugnis mit der Bezeichnung ‚Scalogno di Romagna‘ handelt es sich ausschließlich um Zwiebeln (Bulben) der Art Allium ascalonicum vom Ökotyp Romagna.

Die Bulben des Erzeugnisses mit der g. g. A. ‚Scalogno di Romagna‘ haben eine längliche, flaschenartige Form und eine lederartige Außenhaut, deren Farbe von gelb bis kupferrot, rostrot oder grau variieren kann, während das fleischige Innere weiß bis violett gestreift ist.

Der Ökotyp Romagna hat lange, dichte Wurzeln und hellgrüne, spitz zulaufende Blätter.

Zum Zeitpunkt der Ernte wird eine unterschiedliche Anzahl von Bulben durch das Wurzelsystem als Büschel zusammengehalten.

Die Bulben haben einen scharfen Geruch sowie einen süßen, feinen Geschmack, der eher dem Zwiebel- als dem Knoblauchgeschmack entspricht. Ihre aromatischen Eigenschaften ähneln denen der Liliengewächse, denn sie nehmen beträchtliche Mengen an Schwefel aus dem Boden auf, einem Mesoelement, das ihren Geschmack und Geruch prägt.

Sie werden frisch oder getrocknet verzehrt und oft in Öl eingelegt.

All diese Merkmale unterscheiden sie deutlich von anderen Schalottenarten.“

Mit diesen Änderungen wird genauer angegeben, um welche Art von Erzeugnis es sich bei dem Ökotyp Romagna handelt, der auch in der Spezifikation für die integrierte Erzeugung der Region Emilia-Romagna enthalten ist.

Die Ergänzungen betreffen Merkmale, anhand derer das Erzeugnis mit der g. g. A. „Scalogno di Romagna“ leicht zu erkennen ist und die es klar von anderen Schalottenarten abgrenzen.

Diese Eigenschaften waren immer spezifisch für das Erzeugnis und wurden auch fotografisch dokumentiert. Jetzt werden sie genauer beschrieben, um den Verbrauchern das Erkennen der Schalotte und den für die Qualitätskontrolle zuständigen Stellen die Arbeit zu erleichtern.

Diese Änderung betrifft auch Nummer 5 Buchstabe b der Zusammenfassung und Punkt 3.2 des Einzigen Dokuments.

Geografisches Gebiet

In der Produktspezifikation wurde der Name der Provinz Forlì infolge einer Umbenennung zu „Provinz Forlì-Cesena“ geändert. Diese Änderung hat keine Auswirkungen auf das Erzeugungsgebiet.

Diese Änderung betrifft auch Nummer 5 Buchstabe c der Zusammenfassung und Punkt 4 des Einzigen Dokuments.

Ursprungsnachweis

Im ursprünglichen Wortlaut des Artikels 5 sind Rechtsvorschriften erwähnt, die nicht mehr in Kraft sind. Der Artikel über den Ursprungsnachweis erhält daher folgende Fassung:

Jeder Erzeugungsschritt wird durch Aufzeichnung aller in die Herstellung eingehenden Produkte (Input) und aller erzeugten Produkte (Output) dokumentiert. Die Rückverfolgbarkeit des Erzeugnisses wird auf diese Weise sowie durch die Eintragung der Flurstücke, auf denen das Erzeugnis angebaut wird, sowie der Erzeuger und Verpackungsbetriebe in von der Kontrollstelle geführte Verzeichnisse sowie durch die Meldung der erzeugten Mengen an die Kontrollstelle gewährleistet. Alle in die entsprechenden Verzeichnisse eingetragenen natürlichen und juristischen Personen unterliegen der in der Produktspezifikation und im betreffenden Kontrollplan vorgesehenen Kontrolle durch die Kontrollstelle.

Erzeugungsverfahren

Die Bedingungen für das Verbot des Anbaus in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ohne Pause sind knapper gefasst.

Der Satz „Scalogno darf erst nach mindestens fünf Jahren wieder auf demselben Flurstück angebaut werden.“ ist ausreichend, um dieses Verbot auszudrücken. Der Wortlaut „Der Anbau in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ohne Pause ist nicht zulässig.“ ist daher überflüssig und wurde gestrichen.

Um Zweifel an der Auslegung auszuräumen, wird in Erläuterungen zur Fruchtfolge präzisiert, was bereits in der Produktspezifikation steht, nämlich dass „Scalogno di Romagna“ nicht nach Nachtschattengewächsen, Rüben und Kohl angebaut werden darf. Der Satz erhält folgende Fassung: „Der Anbau nach Nachtschattengewächsen, Rüben und Kohl ist ebenfalls verboten.“

Was die Vermehrung anbelangt, so ist die Verwendung von Bulben der Art Allium ascalonicum, Ökotyp Romagna, zwingend vorgeschrieben, da „Scalogno di Romagna“, wie im Abschnitt über den Zusammenhang mit dem Ursprungsgebiet dargelegt, nur durch das Setzen von Steckzwiebeln des spezifischen Ökotyps angebaut werden kann. Der Satz „Die Pflanzung erfolgt von November bis Dezember, die Ernte ab Juni des Folgejahres.“ wird daher wie folgt ergänzt: „Die Pflanzung erfolgt von November bis Dezember unter Verwendung von Bulben der Art Allium ascalonicum, Ökotyp Romagna, und die Ernte ab Juni des Folgejahres.“

Schließlich wird der Höchstertrag je Einheit, der bereits mit einem Wert von 6-8 t/ha angegeben war, genau festgelegt (8 t/ha), um Kontrollen zu erleichtern.

Diese Änderung betrifft auch Nummer 5 Buchstabe e der Zusammenfassung.

Zusammenhang mit dem Gebiet

In der geltenden Produktspezifikation aus dem Jahr 1997 sind keine Ausführungen über den Zusammenhang mit dem Gebiet enthalten. Es wurde daher eine Beschreibung des Zusammenhangs mit dem Gebiet verfasst, die bereits in den in der DOOR-Datenbank hinterlegten Unterlagen enthalten ist und durch weitere geschichtliche Informationen über das Ansehen von „Scalogno di Romagna“ ergänzt wird.

Neben den Angaben in der Produktspezifikation und in der Zusammenfassung wird auf das wesentliche Merkmal hingewiesen, dass keine Blütenstände gebildet werden, was eine Besonderheit von „Scalogno di Romagna“ darstellt.

Die Produktspezifikation wird daher um folgenden Wortlaut ergänzt:

„Der Zusammenhang zwischen ‚Scalogno di Romagna‘ und dem geografischen Gebiet beruht auf dem Ansehen des Erzeugnisses. ‚Scalogno di Romagna‘ ist als besonderer Schalotten-Ökotyp bekannt, der sich durch spezifische Merkmale von den anderen auf dem Markt erhältlichen Typen unterscheidet.“

Die für den Anbau von „Scalogno di Romagna“ geeigneten Flächen sind hügelig mit mittelschweren bis lehmigen Böden, trocken, reich an Kalium und organischen Stoffen, günstig exponiert und gut entwässert. Diese Böden sind charakteristisch für die Gipsformation „La Vena dei Gessi Romagnola“ (romagnolische Gipsader), die einen großen Teil des Erzeugungsgebiets durchzieht, prägenden Einfluss auf das gesamte Gebiet hat und den Böden eine gewisse Alkalität verleiht. Das durch schwefelhaltige Bestandteile im Boden und Wasser gekennzeichnete Erzeugungsgebiet ist auch als Thermenregion bekannt.

Die für Liliengewächse aufgrund schwefelhaltiger Inhaltsstoffe spezifischen aromatischen Eigenschaften sind also auf die Besonderheit des geografischen Gebiets zurückzuführen.

Die Mikroflora des Bodens trägt durch die während der Lagerung oder Trocknung fortdauernde Enzymtätigkeit zur Entwicklung des typischen süßen und feinen Aromas, aber auch des stechenden Geruchs von „Scalogno di Romagna“ bei.

Ein charakteristisches Merkmal von „Scalogno di Romagna“ besteht darin, dass die Pflanze keine Blütenstände bildet. Die einzige mögliche und zugelassene Vermehrungstechnik ist daher das Setzen von Steckzwiebeln. Durch diese Eigenschaft wurden das genetische Erbe und die Merkmale des spezifischen Ökotyps über die Jahrhunderte hinweg bewahrt, da kein natürlicher oder künstlicher Pollenaustausch mit anderen Arten erfolgt, d. h., die für die anderen marktüblichen Sorten typischen Kreuzungen oder genetischen Eingriffe haben nicht stattgefunden.

„Scalogno di Romagna“ ist nie als Wildpflanze vorgekommen. Die keltischen Völker, die „Scalogno di Romagna“ in die Romagna brachten, bauten also ein originäres und authentisches Erzeugnis an, das in keiner Weise mit anderen Bulben der Familie der Liliengewächse austausch- oder verwechselbar ist bzw. durch diese ersetzt werden kann.

Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen „Scalogno di Romagna“ und dem Gebiet, und zwar durch die lokalen Erzeuger, darunter auch diejenigen, die in ihrem eigenen Gemüsegarten auf ein paar Quadratmetern Schalotten anbauen. Auch ihnen ist es zu verdanken, dass diese kostbare Hommage an den fruchtbaren Boden der Romagna nicht verloren gegangen ist. Auch bei der Auswahl der Bulben kommt es auf das Know-how und das handwerkliche Geschick der Erzeuger an. Ein Teil der geernteten Bulben ist für den Verzehr bestimmt, und in der Regel werden die mittelgroßen und stärker gekrümmten Exemplare als Steckzwiebeln verwendet.

Zahlreiche Schriftsteller wie beispielsweise Corrado Contoli, der in Lugo geboren wurde und dort lebte, erwähnen dieses Erzeugnis. In seinem 1963 erschienenen Buch „Guida alla veritiera cucina romagnola“ [Führer zur authentischen Küche der Romagna] findet sich im Kapitel „Schweinefleischgerichte“ ein ebenso innovatives wie eindrucksvolles Loblied auf die Schalotte. Graziano Pozzetto zitiert in seinem 2001 erschienenen Buch „Lo scalogno di Romagna, Cibo per Venere“ [Scalogno di Romagna – Venuskost] weitere Belege für Beschreibungen des Erzeugnisses und seine Verwendung in zahlreichen Rezepten aus dem letzten Jahrhundert. Mehrere lokale Küchenchefs, darunter Tarcisio Raccagni vom ehemaligen Restaurant „Gigiolè“ in Brisighella, haben verschiedene Gerichte aus „Scalogno di Romagna“ zubereitet. Bei den Abendessen im Rahmen der berühmten Mittelalterfeste in Brisighella ließ er die mittelalterliche Küche wieder aufleben.

Auch auf Websites wie Giallo Zafferano, La Gazzetta del Gusto, Buonissimo, Geisha Gourmet und Taccuini Gastrosofici finden sich Belege für das Ansehen von „Scalogno di Romagna“ und die Verwendung als Zutat für die Zubereitung verschiedener Gerichte oder eingelegt in Öl.

Die schöne und beispielhafte Geschichte von „Scalogno di Romagna“ ist untrennbar mit dem Verein Proloco di Riolo Terme verbunden, der 1993 die erste „Fiera dello Scalogno di Romagna“ ins Leben rief, ein Festival, das noch immer jedes „Jahr Ende Juli stattfindet.“

Diese Änderung betrifft auch Nummer 5 Buchstabe f der Zusammenfassung und Punkt 5 des Einzigen Dokuments.

Kontrollen

Der Wortlaut betreffend die Kontrollen, der in der geltenden Produktspezifikation nicht enthalten ist, erhält folgende Fassung:

„Die Einhaltung der Produktspezifikation wird gemäß den Bestimmungen des Artikels 37 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 überprüft. Die mit der Überprüfung der Einhaltung der Produktspezifikation beauftragte Kontrollstelle ist Check Fruit mit Sitz in Via Dei Mille 24, 40121 Bologna, Italy, Tel. +39 0516494836, Fax +39 0516494813, E-Mail: info@checkfruit.it.“

Diese Änderung betrifft auch Nummer 5 Buchstabe g der Zusammenfassung.

Kennzeichnung

Artikel 7 wird wie folgt geändert:

1.

 

Der Satz

Die Behältnisse müssen in jedem Fall so verschlossen werden, dass der Inhalt nicht ohne Beschädigung des Behältnisses entnommen werden kann.

erhält folgende Fassung:

Die Verpackungen müssen in jedem Fall so verschlossen werden, dass der Inhalt nicht ohne Beschädigung der Verpackung entnommen werden kann.

Das Wort „contenitore“ [Behältnis] wurde (im italienischen Original) durch den passenderen Begriff „confezione“ [Verpackung] ersetzt.

Der Satz

Die Behältnisse müssen – in Druckbuchstaben von jeweils derselben Größe – die Angabe ‚Scalogno di Romagna‘, unmittelbar gefolgt vom Schriftzug ‚Indicazione Geografica Protetta‘ [geschützte geografische Angabe], tragen.

erhält folgende Fassung:

Die Verpackung, Zöpfe oder Gebinde müssen ein Etikett – in Druckbuchstaben von jeweils derselben Größe – mit der Angabe ‚Scalogno di Romagna‘, unmittelbar gefolgt vom Schriftzug ‚Indicazione Geografica Protetta‘ [geschützte geografische Angabe], tragen.

Es besteht nun die Verpflichtung zur Verwendung eines Informationsetiketts auf allen Arten von Verpackungen. Das Etikett enthält die erforderlichen Informationen und lässt sich leicht an die einzelnen in der Produktspezifikation vorgesehenen Arten von Verpackungen anpassen.

Der Satz

Jede Art von Verpackung muss von der Region Emilia-Romagna genehmigt werden.

wurde gestrichen, da er mit den geltenden Rechtsvorschriften nicht vereinbar ist.

Der Satz

Auf Antrag der betreffenden Erzeuger kann ein Bildzeichen verwendet werden. Dieses Bildzeichen entspricht der künstlerischen Darstellung, einschließlich der etwaigen farblichen Grundlage, des besonders ausgestalteten bzw. des spezifischen, unverwechselbaren Logos, das in untrennbarer Verbindung mit der geografischen Angabe verwendet werden muss.

erhält folgende Fassung:

Das nachstehende Logo muss entsprechend der abgebildeten künstlerischen Darstellung angebracht werden.

Image 22

Die Verwendung eines Bildzeichens, einschließlich der technischen Angaben mit Beschreibung der Eigenschaften, ist daher obligatorisch.

Der Satz

Die für die Ausfuhr bestimmten Partien müssen die Angabe ‚Prodotto in Italia‘ [Erzeugt in Italien] tragen.

erhält folgende Fassung:

Außerdem muss die Angabe ‚Prodotto in Italia‘ [Erzeugt in Italien] erscheinen.

Die Verwendung der Angabe „Prodotto in Italia“ [Erzeugt in Italien] auf dem Etikett ist für alle Partien vorgeschrieben, nicht nur für diejenigen, die für den Export bestimmt sind, um auch den italienischen Verbrauchern zu verdeutlichen, dass es sich um ein in Italien hergestelltes Erzeugnis handelt.

Diese Änderung betrifft auch Nummer 5 Buchstabe h der Zusammenfassung und Punkt 3.6 des Einzigen Dokuments.

Sonstiges

Verpackung

2.

Artikel 6:

Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens muss ‚Scalogno di Romagna‘ folgende Merkmale aufweisen:

A)

frisches Erzeugnis: – Gebinde von ca. 500 g, die oberhalb des Halses zusammengebunden und am Ende mit Raffiabast verknotet werden;

B)

trockenes Erzeugnis:

1)

Gebinde von Bulben mit einem Gewicht von etwa 500 g. Die Gebinde müssen aus Bulben von einheitlicher großer Größe bestehen. Sie werden oberhalb der Spitze der Bulbe mit Raffiabast sehr straff gebunden und die Blätter 5 cm oberhalb der Bindung abgeschnitten.

2)

Zöpfe. Die Bulben müssen sortiert und allein mit dem Laub oder mit Raffiabast zu Zöpfen geflochten werden;

3)

getrocknete Bulben in einem kleinen Kunststoffnetz mit einem Inhalt von 100 g.“

erhält folgende Fassung:

Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens muss ‚Scalogno di Romagna‘ folgende Merkmale aufweisen:

A)

frisches Erzeugnis:

Gebinde von 100 g bis 1 kg, die mit Raffiabast oder anderen Fasern pflanzlichen Ursprungs gebunden sind;

B)

getrocknetes Erzeugnis:

1)

Gebinde von 100 g bis 1 kg, die am Ende mit Raffiabast oder anderen Fasern pflanzlichen Ursprungs gebunden sind. Die Gebinde müssen aus Bulben von einheitlicher Größe bestehen. Sie müssen oberhalb der Spitze der Bulbe sehr straff zusammengebunden sein, wobei die Blätter 5 cm oberhalb der Bindung abgeschnitten werden.

2)

Zöpfe aus ausgewählten Bulben einheitlicher Größe, die allein mit dem Laub oder mit Raffiabast oder anderen Pflanzenfasern geflochten werden;

3)

verschlossene Netze, Säcke oder Kisten: Getrocknete, von den Wurzeln befreite Bulben unterschiedlicher Größe können in verschlossene Netze, Säcke oder Kisten aus für die Verpackung von Lebensmitteln geeignetem Material mit einem Gewicht von 100 g bis 5 kg verpackt werden.

Die oben beschriebenen Erzeugnisse können gemäß den geltenden Rechtsvorschriften auch in Verpackungen aus Holz, Kunststoff, Papier, Karton oder natürlichen pflanzlichen Stoffen in Verkehr gebracht werden.

Darüber hinaus ist auch der lose Verkauf des in verschlossenen Verpackungen oder Kisten angelieferten Erzeugnisses zulässig, sofern es in speziellen Fächern oder Behältnissen angeboten wird, auf denen deutlich erkennbar die gleichen Angaben wie auf den in der Produktspezifikation vorgesehenen Verpackungen zu sehen sind.

Zur Verarbeitung bestimmte Bulben können auch in loser Schüttung in Verpackungen oder Behältnissen geliefert werden, die den geltenden Rechtsvorschriften entsprechen und auf mindestens einer Seite gut lesbar und deutlich sichtbar mit der Angabe ‚Scalogno di Romagna IGP destinato alla trasformazione‘ (‚Scalogno di Romagna‘ g. g. A. zur Verarbeitung bestimmt) versehen sind.

Der Artikel über die Verpackung wurde aktualisiert, um ihn an die gegenwärtigen Marktanforderungen anzupassen, das Aufmachungsverfahren zu vereinfachen und Gebinde mit einem Gewicht von 100 g bis 1 kg sowie die Verpackung in Netzen, Säcken oder Kisten vorzusehen.

Neben Informationen auf der Verpackung, die weitere Verpackungsarten für den Verbraucher ermöglichen, wurde auch die Handhabung des ausschließlich zur Verarbeitung bestimmten Erzeugnisses vereinfacht. Die Verwendung des in Öl eingelegten Erzeugnisses oder die Zugabe von „Scalogno di Romagna“ zu bestimmten Lebensmittelerzeugnissen oder -zubereitungen ist nämlich üblich. Mit dieser Änderung kann das zur Verarbeitung bestimmte Erzeugnis „in loser Schüttung“ verpackt werden.

Diese Änderung betrifft auch Nummer 5 Buchstabe h der Zusammenfassung und Punkt 3.5 des Einzigen Dokuments.

Redaktionelle Änderungen

Die Titel der Artikel wurden in die Spezifikation aufgenommen, um den Inhalt der einzelnen Artikel besser bestimmen zu können.

EINZIGES DOKUMENT

„Scalogno di Romagna“

EU-Nr.: PGI-IT-1539-AM01 – 11.1.2021

g. U. ( ) g. g. A. (X)

1.   Name(n) [der g. U. oder der g. g. A.]

„Scalogno di Romagna“

2.   Mitgliedstaat oder Drittland

Italien

3.   Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels

3.1.   Art des Erzeugnisses

Klasse 1.6. Obst, Gemüse und Getreide, unverarbeitet und verarbeitet

3.2.   Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt

Bei dem Erzeugnis mit der Bezeichnung „Scalogno di Romagna“ handelt es sich ausschließlich um Zwiebeln (Bulben) der Art Allium ascalonicum vom Ökotyp Romagna.

Die Bulben des Erzeugnisses mit der g. g. A. „Scalogno di Romagna“ haben eine längliche, flaschenartige Form und eine lederartige Außenhaut, deren Farbe von gelb bis kupferrot, rostrot oder grau variieren kann, während das fleischige Innere weiß bis violett gestreift ist.

Der Ökotyp Romagna hat lange, dichte Wurzeln und hellgrüne, spitz zulaufende Blätter.

Zum Zeitpunkt der Ernte wird eine unterschiedliche Anzahl von Bulben durch das Wurzelsystem als Büschel zusammengehalten.

Die Bulben haben einen scharfen Geruch sowie einen süßen, feinen Geschmack, der eher dem Zwiebel- als dem Knoblauchgeschmack entspricht. Ihre aromatischen Eigenschaften ähneln denen der Liliengewächse, denn sie nehmen beträchtliche Mengen an Schwefel aus dem Boden auf, einem Mesoelement, das ihren Geschmack und Geruch prägt.

Sie werden frisch oder getrocknet verzehrt und oft in Öl eingelegt.

All diese Merkmale unterscheiden sie deutlich von anderen Schalottenarten.

3.3.   Futter (nur für Erzeugnisse tierischen Ursprungs) und Rohstoffe (nur für Verarbeitungserzeugnisse)

3.4.   Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen

Alle Schritte zur Erzeugung von „Scalogno di Romagna“ bis zur Ernte des Erzeugnisses dürfen ausschließlich in dem unter Punkt 4 festgelegten geografischen Gebiet erfolgen.

3.5.   Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw. des Erzeugnisses mit dem eingetragenen Namen

Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens muss „Scalogno di Romagna“ folgende Merkmale aufweisen:

A)

frisches Erzeugnis:

Gebinde von 100 g bis 1 kg, die mit Raffiabast oder anderen Fasern pflanzlichen Ursprungs gebunden sind;

B)

getrocknetes Erzeugnis:

1)

Gebinde von 100 g bis 1 kg, die am Ende mit Raffiabast oder anderen Fasern pflanzlichen Ursprungs gebunden sind. Die Gebinde müssen aus Bulben von einheitlicher Größe bestehen. Sie müssen oberhalb der Spitze der Bulbe sehr straff zusammengebunden sein, wobei die Blätter 5 cm oberhalb der Bindung abgeschnitten werden.

2)

Zöpfe aus ausgewählten Bulben einheitlicher Größe, die allein mit dem Laub oder mit Raffiabast oder anderen Pflanzenfasern geflochten werden;

3)

verschlossene Netze, Säcke oder Kisten: Getrocknete, von den Wurzeln befreite Bulben unterschiedlicher Größe können in verschlossene Netze, Säcke oder Kisten aus für die Verpackung von Lebensmitteln geeignetem Material mit einem Gewicht von 100 g bis 5 kg verpackt werden.

Die oben beschriebenen Erzeugnisse können gemäß den geltenden Rechtsvorschriften auch in Verpackungen aus Holz, Kunststoff, Papier, Karton oder natürlichen pflanzlichen Stoffen in Verkehr gebracht werden.

Darüber hinaus ist auch der lose Verkauf des in verschlossenen Verpackungen oder Kisten angelieferten Erzeugnisses zulässig, sofern es in speziellen Fächern oder Behältnissen angeboten wird, auf denen deutlich erkennbar die gleichen Angaben wie auf den in der Produktspezifikation vorgesehenen Verpackungen zu sehen sind.

Zur Verarbeitung bestimmte Bulben können auch in loser Schüttung in Verpackungen oder Behältnissen geliefert werden, die den geltenden Rechtsvorschriften entsprechen und auf mindestens einer Seite gut lesbar und deutlich sichtbar mit der Angabe „Scalogno di Romagna IGP destinato alla trasformazione“ („Scalogno di Romagna“ g. g. A. zur Verarbeitung bestimmt) versehen sind.

3.6.   Besondere Vorschriften für die Kennzeichnung des Erzeugnisses mit dem eingetragenen Namen

Beim Inverkehrbringen muss „Scalogno di Romagna“ so verpackt sein, dass etwaige spezifische Zeichen angebracht werden können. Die Verpackungen müssen in jedem Fall so verschlossen werden, dass der Inhalt nicht ohne Beschädigung der Verpackung entnommen werden kann.

Die Verpackung, Zöpfe oder Gebinde müssen ein Etikett – in Druckbuchstaben von jeweils derselben Größe – mit der Angabe „Scalogno di Romagna“, unmittelbar gefolgt vom Schriftzug „Indicazione Geografica Protetta“ [geschützte geografische Angabe], tragen.

Im selben Sichtfeld sind Name, Firmenname und Anschrift des Verpackungsbetriebs sowie das ursprüngliche Bruttogewicht anzugeben.

Die Angabe „Indicazione Geografica Protetta“ (geschützte geografische Angabe) kann an anderer Stelle auf dem Behältnis oder dem Etikett auch in Form des Akronyms I.G.P. (g. g. A.) wiederholt werden.

Das nachstehende Logo muss entsprechend der abgebildeten künstlerischen Darstellung angebracht werden.

Außerdem muss die Angabe „Prodotto in Italia“ [Erzeugt in Italien] erscheinen.

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4.   Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets

Das Erzeugungsgebiet umfasst den für den Anbau von Allium ascalonicum geeigneten Teil der Region Emilia-Romagna und erstreckt sich auf die folgenden Gemeinden:

Provinz Ravenna: Brisighella, Càsola Valsenio, Castelbolognese, Faenza, Riolo Terme und Solarolo,

Provinz Forlì-Cesena: Modigliana und Tredozio,

Provinz Bologna: Borgo Tossignano, Casalfiumanese, Castel del Rio, Castel Guelfo di Bologna, Dozza, Fontanelice, Imola und Mordano.

5.   Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet

Der Zusammenhang zwischen „Scalogno di Romagna“ und dem geografischen Gebiet beruht auf dem Ansehen des Erzeugnisses. „Scalogno di Romagna“ ist als besonderer Schalotten-Ökotyp bekannt, der sich durch spezifische Merkmale von den anderen auf dem Markt erhältlichen Typen unterscheidet.

Die für den Anbau von „Scalogno di Romagna“ geeigneten Flächen sind hügelig mit mittelschweren bis lehmigen Böden, trocken, reich an Kalium und organischen Stoffen, günstig exponiert und gut entwässert. Diese Böden sind charakteristisch für die Gipsformation „La Vena dei Gessi Romagnola“ (romagnolische Gipsader), die einen großen Teil des Erzeugungsgebiets durchzieht, prägenden Einfluss auf das gesamte Gebiet hat und den Böden eine gewisse Alkalität verleiht. Das durch schwefelhaltige Bestandteile im Boden und Wasser gekennzeichnete Erzeugungsgebiet ist auch als Thermenregion bekannt.

Die für Liliengewächse aufgrund schwefelhaltiger Inhaltsstoffe spezifischen aromatischen Eigenschaften sind also auf die Besonderheit des geografischen Gebiets zurückzuführen.

Die Mikroflora des Bodens trägt durch die während der Lagerung oder Trocknung fortdauernde Enzymtätigkeit zur Entwicklung des typischen süßen und feinen Aromas, aber auch des stechenden Geruchs von „Scalogno di Romagna“ bei.

Ein charakteristisches Merkmal von „Scalogno di Romagna“ besteht darin, dass die Pflanze keine Blütenstände bildet. Die einzige mögliche und zugelassene Vermehrungstechnik ist daher das Setzen von Steckzwiebeln. Durch diese Eigenschaft wurden das genetische Erbe und die Merkmale des spezifischen Ökotyps über die Jahrhunderte hinweg bewahrt, da kein natürlicher oder künstlicher Pollenaustausch mit anderen Arten erfolgt, d. h., die für die anderen marktüblichen Sorten typischen Kreuzungen oder genetischen Eingriffe haben nicht stattgefunden.

„Scalogno di Romagna“ ist nie als Wildpflanze vorgekommen. Die keltischen Völker, die „Scalogno di Romagna“ in die Romagna brachten, bauten also ein originäres und authentisches Erzeugnis an, das in keiner Weise mit anderen Bulben der Familie der Liliengewächse austausch- oder verwechselbar ist bzw. durch diese ersetzt werden kann.

Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen „Scalogno di Romagna“ und dem Gebiet, und zwar durch die lokalen Erzeuger, darunter auch diejenigen, die in ihrem eigenen Gemüsegarten auf ein paar Quadratmetern Schalotten anbauen. Auch ihnen ist es zu verdanken, dass diese kostbare Hommage an den fruchtbaren Boden der Romagna nicht verloren gegangen ist. Auch bei der Auswahl der Bulben kommt es auf das Know-how und das handwerkliche Geschick der Erzeuger an. Ein Teil der geernteten Bulben ist für den Verzehr bestimmt, und in der Regel werden die mittelgroßen und stärker gekrümmten Exemplare als Steckzwiebeln verwendet.

Zahlreiche Schriftsteller wie beispielsweise Corrado Contoli, der in Lugo geboren wurde und dort lebte, erwähnen dieses Erzeugnis. In seinem 1963 erschienenen Buch „Guida alla veritiera cucina romagnola“ [Führer zur authentischen Küche der Romagna] findet sich im Kapitel „Schweinefleischgerichte“ ein ebenso innovatives wie eindrucksvolles Loblied auf die Schalotte. Graziano Pozzetto zitiert in seinem 2001 erschienenen Buch „Lo scalogno di Romagna, Cibo per Venere“ [Scalogno di Romagna – Venuskost] weitere Belege für Beschreibungen des Erzeugnisses und seine Verwendung in zahlreichen Rezepten aus dem letzten Jahrhundert. Mehrere lokale Küchenchefs, darunter Tarcisio Raccagni vom ehemaligen Restaurant „Gigiolè“ in Brisighella, haben verschiedene Gerichte aus „Scalogno di Romagna“ zubereitet. Bei den Abendessen im Rahmen der berühmten Mittelalterfeste in Brisighella ließ er die mittelalterliche Küche wieder aufleben.

Auch auf Websites wie Giallo Zafferano, La Gazzetta del Gusto, Buonissimo, Geisha Gourmet und Taccuini Gastrosofici finden sich Belege für das Ansehen von „Scalogno di Romagna“ und die Verwendung als Zutat für die Zubereitung verschiedener Gerichte oder eingelegt in Öl.

Die schöne und beispielhafte Geschichte von „Scalogno di Romagna“ ist untrennbar mit dem Verein Proloco di Riolo Terme verbunden, der 1993 die erste „Fiera dello Scalogno di Romagna“ ins Leben rief, ein Festival, das noch immer jedes Jahr Ende Juli stattfindet.

Hinweis auf die Veröffentlichung der Produktspezifikation

http://www.politicheagricole.it/flex/cm/pages/ServeBLOB.php/L/IT/IDPagina/3335


(1)  ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1.