|
ISSN 1977-088X |
||
|
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223 |
|
|
||
|
Ausgabe in deutscher Sprache |
Mitteilungen und Bekanntmachungen |
65. Jahrgang |
|
Inhalt |
Seite |
|
|
|
II Mitteilungen |
|
|
|
MITTEILUNGEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION |
|
|
|
Europäische Kommission |
|
|
2022/C 223/01 |
Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien für die Auslieferung an Drittstaaten |
|
|
IV Informationen |
|
|
|
INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION |
|
|
|
Europäische Kommission |
|
|
2022/C 223/02 |
|
|
V Bekanntmachungen |
|
|
|
VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER GEMEINSAMEN HANDELSPOLITIK |
|
|
|
Europäische Kommission |
|
|
2022/C 223/03 |
||
|
|
VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER WETTBEWERBSPOLITIK |
|
|
|
Europäische Kommission |
|
|
2022/C 223/04 |
Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses (Sache M.10762 – H&F / IRI) ( 1 ) |
|
|
2022/C 223/05 |
Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses (Sache M.10664 – XLCEE / DEROT / BLACK RED WHITE) — Für das vereinfachte Verfahren infrage kommender Fall ( 1 ) |
|
|
2022/C 223/06 |
Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses (Sache M.10575 – BOUYGUES / EQUANS) ( 1 ) |
|
|
|
SONSTIGE RECHTSHANDLUNGEN |
|
|
|
Europäische Kommission |
|
|
2022/C 223/07 |
||
|
2022/C 223/08 |
||
|
2022/C 223/09 |
|
|
|
|
|
(1) Text von Bedeutung für den EWR. |
|
DE |
|
II Mitteilungen
MITTEILUNGEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION
Europäische Kommission
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/1 |
Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien für die Auslieferung an Drittstaaten
(2022/C 223/01)
Inhalt
| Abkürzungsverzeichnis | 3 |
| Einleitung | 3 |
|
1. |
Zusammenfassung der Rechtsprechung des Gerichtshofs | 5 |
|
1.1. |
Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung | 5 |
| Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15 | 5 |
| Beschluss des Gerichtshofs vom 6. September 2017, Schotthöfer & Steiner/Adelsmayr, C-473/15 | 7 |
| Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018, Pisciotti, C-191/16 | 8 |
| Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU | 8 |
| Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin, C-398/19 | 9 |
| Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 2021, WS, C-505/19 | 11 |
|
1.2. |
Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Strafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung | 12 |
| Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17 | 12 |
| Rechtssache C-237/21 Generalstaatsanwaltschaft München [anhängig] | 13 |
|
2. |
Leitlinien für Fälle, in denen Staaten eine Ausnahme hinsichtlich ihrer eigenen Staatsangehörigen anwenden | 14 |
|
2.1. |
Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung | 14 |
|
2.1.1. |
Anwendungsbereich des Petruhhin-Mechanismus | 14 |
|
2.1.2. |
Von den zuständigen Behörden zu ergreifende Maßnahmen, wenn die Ausnahme eigener Staatsangehöriger Anwendung findet | 15 |
|
2.1.3. |
Frist für die Beantwortung einer Mitteilung | 17 |
|
2.1.4. |
Ablehnung eines Auslieferungsersuchens | 17 |
|
2.1.5. |
Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens | 17 |
|
2.2. |
Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung | 17 |
|
2.2.1. |
Anwendungsbereich | 17 |
|
2.2.2. |
Von den zuständigen Behörden zu ergreifende Maßnahmen, wenn die Ausnahme eigener Staatsangehöriger Anwendung findet | 18 |
|
2.2.3. |
Informationsaustausch zwischen dem ersuchten Staat und dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt | 18 |
|
3. |
Leitlinien, die für alle Staaten gelten, unabhängig von der Ausnahme eigener Staatsangehöriger | 18 |
|
3.1. |
Bewertung der Wahrung der Grundrechte vor einer Auslieferung | 18 |
|
3.1.1. |
Anwendung der Charta | 18 |
|
3.1.2. |
Anwendung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten | 19 |
|
3.2. |
Unbegründete oder missbräuchliche, auch politisch motivierte Rotecken, Haftbefehle und Auslieferungsersuchen | 20 |
|
3.2.1. |
Der bestehende Interpol-Mechanismus für den Missbrauch von Rotecken | 20 |
|
3.2.2. |
Informationsaustausch der Kontaktstellen über unbegründete oder missbräuchliche, insbesondere politisch motivierte Auslieferungsersuchen | 21 |
|
4. |
Praktische Aspekte des Petruhhin-Mechanismus und politisch motivierter Auslieferungsersuchen | 21 |
|
4.1. |
Kontaktstellen | 21 |
|
4.2. |
Sprachenregelung und Kosten | 21 |
|
4.3. |
Datenschutzregelung | 21 |
|
ANHANG 1 |
Darstellung der in Bezug auf Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung zu unternehmenden Schritte – Hauptschritte des Petruhhin-Mechanismus | 22 |
|
ANHANG 2 |
Übersicht über Ausnahmen eigener Staatsangehöriger (Informationen laut Angaben der Staaten) | 23 |
|
ANHANG 3 |
Muster für die Unterrichtung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person hat | 25 |
|
ANHANG 4 |
Muster für die Übermittlung zusätzlicher Angaben an den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person hat | 28 |
|
ANHANG 5 |
Muster für die Beantragung einer Verlängerung der Frist für die Unterrichtung der ersuchten Behörde gemäß dem Petruhhin-Mechanismus | 30 |
|
ANHANG 6 |
Muster für die Beantwortung eines Antrags auf Fristverlängerung | 31 |
|
ANHANG 7 |
Muster für die Übermittlung einer Antwort des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die betroffene Person hat, an den ersuchten Staat | 32 |
|
ANHANG 8 |
Muster für die Übermittlung oder Anforderung von Informationen über unbegründete, missbräuchliche, insbesondere politisch motivierte Auslieferungsersuchen und/oder Ersuchen, die Bedenken in Bezug auf die Charta/die EMRK auslösen | 34 |
Abkürzungsverzeichnis
|
Charta |
Charta der Grundrechte der Europäischen Union |
|
SDÜ |
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen |
|
ER |
Europarat |
|
Gerichtshof |
Gerichtshof der Europäischen Union |
|
EuHb |
Europäischer Haftbefehl |
|
EMRK |
Europäische Menschenrechtskonvention |
|
EGMR |
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte |
|
EWR |
Europäischer Wirtschaftsraum |
|
EEA |
Europäische Ermittlungsanordnung |
|
EJN |
Europäisches Justizielles Netz |
|
Eurojust |
Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen |
|
Europol |
Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung |
|
EU-IS/NO-Haftbefehl |
Haftbefehl, der nach Maßgabe des Übereinkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Island (IS) und dem Königreich Norwegen (NO) über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen erlassen wurde |
|
Rahmenbeschluss über den EuHb |
Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten |
|
Interpol |
Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation |
|
Staat |
Die 27 EU-Mitgliedstaaten, Island und Norwegen |
|
AEUV |
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
|
Vereinigtes Königreich |
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland |
|
USA |
Vereinigte Staaten von Amerika |
Haftungsausschluss
Diese Leitlinien sind weder rechtsverbindlich noch erschöpfend. Sie haben keine Auswirkung auf das bestehende EU-Recht und seine künftige Entwicklung. Sie haben auch keine Auswirkung auf die verbindliche Auslegung des EU-Rechts durch den Gerichtshof der Europäischen Union.
EINLEITUNG
Auslieferungsverfahren zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten werden in erster Linie durch eine mehrschichtige Kombination verschiedener Rechtsgrundlagen geregelt: multilaterale Abkommen (z. B. Übereinkommen des Europarats (1)), bilaterale Abkommen (von der EU oder von Mitgliedstaaten geschlossen) und nationale Rechtsvorschriften.
Im Allgemeinen sehen Auslieferungsabkommen die Möglichkeit einer „Ausnahme eigener Staatsangehöriger“ vor, d. h. die Vertragsparteien können die Auslieferung ihrer eigenen Staatsangehörigen ablehnen.
Darüber hinaus beinhalten einige Abkommen, die eine Ausnahme eigener Staatsangehöriger vorsehen, dass die Vertragsparteien dem Grundsatz „aut dedere aut judicare“ (2) Rechnung tragen sollten, um der Straflosigkeit der eigenen Staatsangehörigen (3) entgegenzuwirken. Allgemein kann die Strafverfolgung eigener Staatsangehöriger eines Staates auf dem aktiven Täterprinzip beruhen und auf Straftaten angewendet werden, die von Staatsangehörigen außerhalb des Hoheitsgebiets einer Vertragspartei begangen werden.
Im Jahr 2016 führte der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „Gerichtshof“) im Urteil in der Rechtssache Petruhhin (4) spezifische Verpflichtungen für Inländer nicht ausliefernde Mitgliedstaaten ein, die diese bei einem Auslieferungsersuchen eines Drittstaats zur Strafverfolgung eines Unionsbürgers, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats ist und von seinem Recht auf Freizügigkeit nach Artikel 21 Absatz 1 (5) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Gebrauch gemacht hat, beachten müssen. Das Urteil in der Rechtssache Petruhhin ist der erste Fall, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass ein EU-Mitgliedstaat, der mit einem Auslieferungsersuchen eines Drittstaats betreffend einen Staatsangehörigen eines anderen EU-Mitgliedstaats befasst ist, verpflichtet ist, ein Konsultationsverfahren mit dem Mitgliedstaat einzuleiten, dessen Staatsangehörigkeit der betroffene Unionsbürger besitzt (den sogenannten „Petruhhin-Mechanismus“), mit dem diesem Staat die Möglichkeit eingeräumt wird, seine Staatsbürger mittels eines Europäischen Haftbefehls strafrechtlich zu verfolgen. Die den Mitgliedstaaten, die ihre eigenen Staatsangehörigen nicht ausliefern, auferlegten spezifischen Verpflichtungen, zielen darauf ab, die diskriminierungsfreie Behandlung von eigenen Staatsangehörigen und anderen EU-Bürgern zu gewährleisten (6). Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten wurden in der späteren Rechtsprechung weiter präzisiert (7). Darüber hinaus weitete der Gerichtshof den Petruhhin-Mechanismus auf Island und Norwegen aus (8).
Am 4. Juni 2020 bat der Rat den Vorsitz, Eurojust und das Europäische Justizielle Netz (EJN) um die Analyse der Bearbeitung von Anträgen auf Auslieferung von Unionsbürgern durch Drittstaaten in der Praxis zu ersuchen. Auch sollten Vorschläge dazu im Hinblick auf die Ausarbeitung möglicher EU-Leitlinien durch die Kommission gemacht werden (9).
Eurojust und das EJN haben daraufhin im November 2020 einen gemeinsamen Bericht veröffentlicht (10). Zu den wichtigsten Herausforderungen, die in diesem Bericht ermittelt wurden, zählten:
|
— |
Unsicherheit in Bezug darauf, welche Behörde im Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit zu kontaktieren ist, welcher Mitgliedstaat die Übersetzung veranlassen und die Kosten für diese tragen sollte, und/oder welches Instrument der justiziellen Zusammenarbeit sich am besten anwenden lässt, um die Strafverfolgung im Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit zu gewährleisten |
|
— |
Unterschiedliche Vorgehensweisen im Hinblick auf den Umfang der bereitgestellten Informationen, die für Antworten und Entscheidungen eingeräumten Fristen sowie die Arten von Bewertungen, die im Rahmen des Petruhhin-Mechanismus durchgeführt werden |
|
— |
Spannungen, die sich aufgrund der Pflichten aus dem EU-Recht einerseits und bilateralen und multilateralen Auslieferungsabkommen andererseits ergeben |
|
— |
Mehrere parallele Kanäle, die zur Unterrichtung und Übermittlung von Informationen genutzt werden, was häufig zu Doppelarbeit, Unsicherheit und Verwirrung führt |
In der Folge verabschiedete der Rat im Dezember 2020 seine Schlussfolgerungen „Der Europäische Haftbefehl und Auslieferungsverfahren – aktuelle Herausforderungen und weiteres Vorgehen“ (11). In diesen Schlussfolgerungen wurde bekräftigt, dass „[n]ach den Urteilen des EuGH in der Rechtssache Petruhhin und mehreren späteren Entscheidungen (12) … die Mitgliedstaaten beim Umgang mit derartigen Ersuchen zwei Pflichten [haben]: zum einen die Pflicht, die nach internationalem Recht bestehenden Verpflichtungen zu erfüllen und die Gefahr zu vermeiden, dass die Straftat nicht geahndet wird, und zum anderen für die Mitgliedstaaten, die ihre eigenen Staatsangehörigen nicht ausliefern, die Pflicht gemäß den Grundsätzen der Freizügigkeit und dem Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten so wirksam wie möglich vor Maßnahmen zu schützen, mit denen ihnen das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt in der EU vorenthalten wird.“
In dem Bericht von Eurojust und dem EJN werden weitere Probleme im Hinblick auf die Auslieferung angeführt. Der Rat betonte in seinen Schlussfolgerungen 2020: „Die praktischen Erfahrungen in verschiedenen Mitgliedstaaten zeigen, dass es Fälle gibt, in denen Drittländer unbegründete und missbräuchliche Auslieferungsersuchen stellen. Der Rat ersucht die Kommission, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der von Eurojust und dem EJN erstellten Analyse zu prüfen, ob weitere Maßnahmen, wie etwa ein Vorschlag für ein gemeinsames Konzept für den Umgang mit potenziell missbräuchlichen – auch politisch motivierten – Fahndungs- und Auslieferungsersuchen von Drittstaaten, erforderlich sind. In diesem Zusammenhang sollten die bewährten Vorgehensweisen der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden.“
Für den Zweck der Ausarbeitung der vorliegenden Leitlinien konsultierte die Kommission die Mitgliedstaaten über einen Fragebogen zu Auslieferungsersuchen von Drittstaaten. Die Kommission stellte ferner eine Tabelle der Auslieferungs- und Rechtshilfeabkommen zusammen, die die Mitgliedstaaten mit Drittstaaten geschlossen haben (abrufbar auf der Website des EJN). Im Juni und Oktober 2021 wurden die Ergebnisse des ausgewerteten Fragebogens in speziellen Sitzungen von Sachverständigen der Mitgliedstaaten erörtert. Die Kommission konsultierte auch verschiedene Interessenträger und Sachverständige, darunter Eurojust und das EJN.
In diesen Leitlinien wird die Rechtsprechung des Gerichtshofs zusammengefasst. Auch werden darin die Erfahrungen berücksichtigt, die in den letzten fünf Jahren bei der Anwendung des Petruhhin-Mechanismus innerhalb der EU, in Island und in Norwegen gesammelt wurden.
1. ZUSAMMENFASSUNG DER RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFS
Auslieferungsersuchen können zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gestellt werden.
In Bezug auf die erste Kategorie – Auslieferungsersuchen, die zum Zwecke der Strafverfolgung gestellt werden – hat der Gerichtshof die sogenannte „Petruhhin-Doktrin“ entwickelt (13).
In Bezug auf die zweite Kategorie – Auslieferungsersuchen, die zum Zwecke der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gestellt werden – ist der einzige Referenzfall bisher das Urteil in der Rechtssache Raugevicius (14). Derzeit ist ein weiterer Fall vor dem Gerichtshof anhängig, in dem es um ein Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe geht (15).
1.1. Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung
Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15 (16)
Das Urteil in der Rechtssache Petruhhin ist der erste Fall, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass ein EU-Mitgliedstaat, der mit einem Auslieferungsersuchen eines Drittstaats in Bezug auf einen Staatsangehörigen eines anderen EU-Mitgliedstaats befasst ist, verpflichtet ist, ein Konsultationsverfahren mit dem Mitgliedstaat einzuleiten, dessen Staatsangehörigkeit der betroffene Unionsbürger besitzt, wodurch dieser Mitgliedstaat die Möglichkeit erhält, seinen Bürger mittels eines Europäischen Haftbefehls strafrechtlich zu verfolgen.
Sachverhalt
Der Fall betraf ein Ersuchen der russischen Behörden an Lettland, mit dem sie die Auslieferung eines estnischen Staatsangehörigen, Herrn Petruhhin, beantragten, der des versuchten bandenmäßigen Handels mit einer großen Menge von Betäubungsmitteln beschuldigt wurde. Die Generalstaatsanwaltschaft der Republik Lettland genehmigte die Auslieferung von Herrn Petruhhin an Russland. Herr Petruhhin beantragte jedoch die Aufhebung der Auslieferungsentscheidung mit der Begründung, dass er nach dem Übereinkommen über Rechtshilfe und die Rechtsbeziehungen zwischen der Republik Lettland, der Republik Estland und der Republik Litauen in Lettland die gleichen Rechte wie ein lettischer Staatsbürger habe, einschließlich des Schutzes vor einer ungerechtfertigten Auslieferung.
Die Vorlagefragen
Der Oberste Gerichtshof Lettlands fragte den Gerichtshof, ob für die Zwecke der Anwendung eines Auslieferungsabkommens zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat (Lettland und Russland) Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats im Hinblick auf den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Artikel 18 AUEV und das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit und Aufenthalt nach Artikel 21 Absatz 1 AEUV in den Genuss der Vorschrift kommen müssen, die eine Auslieferung der eigenen Staatsangehörigen des ersuchten Mitgliedstaats verbietet. Ferner legte der Oberste Gerichtshof Lettlands dem Gerichtshof die Frage vor, ob der ersuchte Mitgliedstaat (d. h. der Mitgliedstaat, den ein Drittstaat um die Auslieferung eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, in diesem Fall Lettland, ersucht) prüfen muss (und welche Kriterien gegebenenfalls bei dieser Prüfung heranzuziehen sind), dass die Auslieferung die durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (17) (im Folgenden „Charta“) verbürgten Rechte nicht beeinträchtigt.
Argumentation und Antwort des Gerichtshofs
In seiner Vorabentscheidung stellte der Gerichtshof klar, dass eine Situation wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende zwar grundsätzlich mangels eines internationalen Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem betreffenden Drittland in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, dass aber eine Situation wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende weiterhin in den Anwendungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 18 AEUV fällt, da sie die Ausübung des durch Artikel 21 AEUV verliehenen Rechts betrifft, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
Ein Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, jedem Unionsbürger, der sich in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats begeben hat, den gleichen Schutz vor Auslieferung zu gewähren, den er seinen eigenen Staatsangehörigen gewährt.
Mangels Unionsrechtsvorschriften über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten und einem Drittstaat ist es jedoch wichtig, alle Mechanismen der Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe, die es im Bereich des Strafrechts nach dem Unionsrecht gibt, anzuwenden, um der Gefahr der Straflosigkeit entgegenzuwirken und gleichzeitig die Unionsbürger vor Maßnahmen zu schützen, die ihnen das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht verwehren können. Somit muss dem Informationsaustausch mit dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene hat, der Vorzug gegeben werden, um den Behörden dieses Mitgliedstaats, sofern sie nach ihrem nationalen Recht für die Verfolgung dieser Person wegen im Ausland begangener Straftaten zuständig sind, Gelegenheit zu geben, einen Europäischen Haftbefehl zu Strafverfolgungszwecken zu erlassen. Arbeitet der Aufnahmemitgliedstaat auf diese Weise mit dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene hat, zusammen und räumt diesem etwaigen Europäischen Haftbefehl Vorrang vor dem Auslieferungsantrag ein, greift er weniger stark in die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit ein, wirkt aber zugleich im Rahmen des Möglichen der Gefahr der Straflosigkeit entgegen. Der Europäische Haftbefehl ist als ebenso wirksam wie die Auslieferung zu betrachten, wenn es darum geht, der Gefahr entgegenzuwirken, dass eine Person, die eine Straftat begangen haben soll, straflos bleibt.
Der Gerichtshof stellte auch fest, dass ein um eine Auslieferung ersuchter Mitgliedstaat dann, wenn dieser einen Antrag eines Drittstaats auf Auslieferung eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats erhält, prüfen muss, dass die Auslieferung die in Artikel 19 der Charta verbürgten Rechte nicht beeinträchtigt (18). Sofern die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass eine echte Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von Personen im ersuchenden Drittstaat besteht, ist sie verpflichtet, das Vorliegen dieser Gefahr zu würdigen, wenn sie über das Auslieferungsersuchen entscheidet. Dabei muss sich die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats auf objektive, zuverlässige, genaue und gebührend aktualisierte Angaben stützen. Diese Angaben können sich u. a. aus Entscheidungen internationaler Gerichte wie Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aus Entscheidungen von Gerichten des ersuchenden Drittstaats sowie aus Entscheidungen, Berichten und anderen Schriftstücken von Organen des Europarats oder unter Federführung der Vereinten Nationen ergeben.
Beschluss des Gerichtshofs vom 6. September 2017, Schotthöfer & Steiner/Adelsmayr, C-473/15 (19)
Im Beschluss in der Rechtssache Schotthöfer & Steiner/Adelsmayr hat der Gerichtshof die Begründung des Urteils in der Rechtssache Petruhhin übernommen, wonach die Charta anwendbar ist, wenn ein Unionsbürger von seinem Recht auf Freizügigkeit in der Union Gebrauch gemacht hat, indem er sich vom Mitgliedstaat seiner Staatsangehörigkeit in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat. Darüber hinaus hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Auslieferungsersuchen eines Drittstaats von dem ersuchten Mitgliedstaat abzulehnen ist, wenn für diesen Unionsbürger im Fall der Auslieferung das ernsthafte Risiko der Todesstrafe besteht.
Sachverhalt
Herr Adelsmayr hatte ab dem Jahr 2004 mehrere Jahre lang als Anästhesist und Intensivmediziner gearbeitet. Im Februar 2009 verstarb ein von Herrn Adelsmayr in den Vereinigten Arabischen Emiraten behandelter, schwer kranker Patient, der mehrere Herzstillstände erlitten hatte, nach einer Operation an einem weiteren Herzstillstand. Herrn Adelsmayr wurde dieser Todesfall vorgeworfen. Nach einer Beschwerde eines Arztes des Krankenhauses, in dem Herr Adelsmayr tätig war, wurde eine Untersuchung eingeleitet. Im Endbericht der Untersuchung wurden Mord und Totschlag festgestellt. Im Jahr 2011 begann ein Prozess in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in dem die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für Herrn Adelsmayr forderte. Im Jahr 2012 reiste Herr Adelsmayr jedoch aus den Vereinigten Arabischen Emiraten aus. In seiner Abwesenheit wurde er in einem Provisorialverfahren zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das ursprüngliche Verfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden und zu einer Verurteilung des Betroffenen zur Todesstrafe führen.
Ein Strafverfahren gegen Herrn Adelsmayr wurde auch in Österreich – dem Land seiner Staatsangehörigkeit – eingeleitet, das dieselbe Anklage wie im Verfahren in den Vereinigten Arabischen Emiraten betraf. Dieses Verfahren wurde jedoch im Jahr 2014 von der österreichischen Staatsanwaltschaft eingestellt, und es wurde ausgeführt, dass „der Beklagte glaubhaft den Eindruck vermitteln konnte, dass es sich bei dem in Dubai angestrengten Verfahren mutmaßlich um eine Hetzkampagne gegen ihn gehandelt habe“.
Die Vorlagefragen
Das vorlegende Gericht hat den Gerichtshof um die Beantwortung einer Reihe von Fragen ersucht; der Gerichtshof beantwortete jedoch nur die Frage betreffend Artikel 19 Absatz 2 sowie Artikel 47 der Charta (20). Mit dieser Frage wollte das vorlegende Gericht wissen, ob diese zwei Artikel dahin gehend auszulegen sind, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union ein Auslieferungsersuchen eines Drittstaats betreffend einen Unionsbürger, der sich im Hoheitsgebiet jenes Mitgliedstaats aufhält, abzulehnen hat, sofern das dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegende Strafverfahren mitsamt Abwesenheitsurteil im Drittstaat nicht mit dem völkerrechtlichen Mindeststandard und den unabdingbaren Grundsätzen der öffentlichen Ordnung der Union („ordre public“) sowie dem Grundsatz eines fairen Verfahrens vereinbar war.
Argumentation und Antwort des Gerichtshofs
Der Gerichtshof erinnerte daran, dass die Bestimmungen der Charta, insbesondere ihres Artikels 19, auf eine Entscheidung eines Mitgliedstaats über die Auslieferung eines Unionsbürgers anwendbar sind, wenn dieser von seinem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union Gebrauch gemacht hat. Artikel 19 Absatz 2 der Charta ist gemäß dem Gerichtshof dahingehend auszulegen, dass ein Auslieferungsersuchen eines nicht der Europäischen Union angehörenden Staates betreffend einen Unionsbürger, der von seiner Freizügigkeit Gebrauch macht und seinen Ursprungsmitgliedstaat verlässt, um sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, von diesem Mitgliedstaat abzulehnen ist, wenn für diesen Unionsbürger im Fall der Auslieferung das ernsthafte Risiko der Todesstrafe besteht. Daher war es gemäß dem Gerichtshof nicht erforderlich, die Frage, soweit sie Artikel 47 der Charta betrifft, zu prüfen.
Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018, Pisciotti, C-191/16 (21)
In seinem Urteil in der Rechtssache Pisciotti wendete der Gerichtshof die Argumentation des Urteils in der Rechtssache Petruhhin auf eine Situation an, in der ein Auslieferungsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem um Auslieferung ersuchenden Drittstaat bestand. Der Gerichtshof befand, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, ein Verbot der Auslieferung seiner eigenen Staatsangehörigen in die USA auf jeden Unionsbürger auszudehnen, der in sein Hoheitsgebiet einreist. Vor der Auslieferung eines Unionsbürgers muss der ersuchte Mitgliedstaat jedoch dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger dieser Bürger ist, die Möglichkeit einräumen, ihn im Rahmen eines Europäischen Haftbefehls für sich zu beanspruchen.
Sachverhalt
Im Jahr 2010 erging ein Haftbefehl eines US-amerikanischen Gerichts gegen Herrn Pisciotti, der die italienische Staatsangehörigkeit besitzt. Herr Pisciotti wurde in Deutschland bei einer Zwischenlandung seines Fluges von Nigeria nach Italien auf einem deutschen Flughafen festgenommen. Er wurde in vorläufige Übergabehaft genommen, und 2014 wurde seine Auslieferung von einem deutschen Gericht genehmigt. Die konsularischen Behörden Italiens wurden vor dem Vollzug des Auslieferungsersuchens über die Situation von Herrn Pisciotti informiert, ohne dass die italienischen Justizbehörden einen Europäischen Haftbefehl gegen ihn erlassen hätten. Vor seiner Auslieferung machte Herr Pisciotti geltend, dass seine Auslieferung dem Unionsrecht zuwiderlaufe, da eine auf deutsche Staatsangehörige beschränkte Anwendung des Artikels 16 Absatz 2 des deutschen Grundgesetzes gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstoße.
Die Vorlagefragen
Das vorlegende Gericht fragte, ob Artikel 18 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einem ersuchten Mitgliedstaat verwehrt, auf der Grundlage einer verfassungsrechtlichen Norm eigene Staatsangehörige und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten unterschiedlich zu behandeln und die Auslieferung Letzterer zu gestatten, obwohl er die Auslieferung eigener Staatsangehöriger nicht erlaubt.
Argumentation und Antwort des Gerichtshofs
Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Unionsrecht dem ersuchten Mitgliedstaat (Deutschland) nicht verwehrt, auf der Grundlage einer verfassungsrechtlichen Norm eigene Staatsangehörige und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten unterschiedlich zu behandeln und die Auslieferung eines Unionsbürgers zu gestatten, obwohl er die Auslieferung eigener Staatsangehöriger nicht erlaubt, sofern er schon vorher den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehöriger dieser Betroffene ist (Italien), die Möglichkeit eingeräumt hat, ihn im Rahmen eines Europäischen Haftbefehls für sich zu beanspruchen, und dieser letztgenannte Mitgliedstaat keine entsprechende Maßnahme ergriffen hat.
Der Gerichtshof folgte derselben Argumentation wie im Urteil in der Rechtssache Petruhhin und wies darauf hin, dass dies auch auf eine Situation anwendbar ist, in der ein internationales Abkommen zwischen der EU und einem Drittstaat (das Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Auslieferung (22)) besteht, das es einem Mitgliedstaat entweder auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens oder auf der Grundlage seines Verfassungsrechts (wie dem deutschen Grundgesetz) erlaubt, eine Ausnahme eigener Staatsangehöriger vorzusehen.
Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass im Einklang mit dem Ziel, der Gefahr entgegenzuwirken, dass eine Person wegen der ihr im Auslieferungsersuchen angelasteten Taten straflos bleibt, der von einem anderen als dem ersuchten Mitgliedstaat gegebenenfalls erlassene Europäische Haftbefehl zumindest denselben Sachverhalt betreffen muss und der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene hat, nach seinem Recht für die Verfolgung dieser Person wegen dieser Taten, selbst wenn sie außerhalb seines Hoheitsgebiets begangen worden sind, zuständig sein muss.
Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU (23)
In seinem Urteil in der Rechtssache Ruska Federacija stellte der Gerichtshof klar, dass der Petruhhin-Mechanismus sinngemäß auch für Auslieferungsersuchen gilt, die Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) betreffen, mit denen die EU ein Übergabeabkommen geschlossen hat, nämlich das Übereinkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen (24).
Sachverhalt
Im Jahr 2015 wurde I.N., der die russische Staatsangehörigkeit besaß, vom Moskauer Büro der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) international zur Fahndung ausgeschrieben. Auf der Grundlage dieser Fahndungsausschreibung wurde I.N., der inzwischen die isländische Staatsangehörigkeit erworben hatte, 2019 in Kroatien festgenommen, wo er Urlaub machte. Die kroatischen Behörden erhielten ein von Russland gestelltes Auslieferungsersuchen, das von einem kroatischen Gericht für zulässig erklärt worden war. Das kroatische Recht sieht eine Ausnahme eigener Staatsangehöriger in Bezug auf Auslieferungsersuchen vor. I.N. legte beim Obersten Gerichtshof der Republik Kroatien Beschwerde gegen den Beschluss über die Genehmigung der Auslieferung ein.
Vorlagefrage
Der Oberste Gerichtshof der Republik Kroatien wollte vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob der Petruhhin-Mechanismus auch auf eine Situation anwendbar ist, die eine Person betrifft, die nicht Unionsbürger, jedoch Staatsangehörige eines EFTA-Staates wie Island ist, der Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden „EWR-Abkommen“) ist.
Argumentation und Antwort des Gerichtshofs
In seiner Vorabentscheidung ging der Gerichtshof auf die Frage ein, ob die Situation eines Staatsangehörigen eines dem EWR-Abkommen angehörenden EFTA-Staates in den Anwendungsbereich der Unionsrechts fällt. Der Gerichtshof erinnerte daran, dass die Artikel 18 und 21 AEUV nicht auf Drittstaatsangehörige anwendbar sind. Der Gerichtshof vertrat jedoch die Auffassung, dass Artikel 36 des EWR-Abkommens, das ein fester Bestandteil des Unionsrechts ist, den freien Dienstleistungsverkehr in einer im Wesentlichen mit Artikel 56 AEUV identischen Weise gewährleistet, einschließlich des Rechts, sich in einen anderen Staat zu begeben, um dort Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Auf dieser Grundlage musste die Situation von I.N., der nach Kroatien reiste, um dort Urlaub zu machen und damit Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Tourismus in Anspruch zu nehmen, als in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallend betrachtet werden.
Der Gerichtshof stellte ferner fest, dass Island privilegierte Beziehungen zur Union unterhält, die über den Rahmen einer wirtschaftlichen und handelspolitischen Zusammenarbeit hinausgehen. Island setzt den Schengen-Besitzstand um und wendet ihn an, beteiligt sich am Gemeinsamen Europäischen Asylsystem und hat mit der Union ein Übereinkommen über das Übergabeverfahren geschlossen.
Was das Auslieferungsersuchen betrifft, so muss der ersuchte Mitgliedstaat, wie bereits im Urteil in der Rechtssache Petruhhin dargelegt, zunächst gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Charta prüfen, dass für die gesuchte Person im Falle einer Auslieferung nicht das Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Für die Zwecke dieser Prüfung muss sich der ersuchte Staat auf objektive, zuverlässige, genaue und gebührend aktualisierte Angaben stützen. Im Zusammenhang mit dieser Prüfung hat der Gerichtshof ergänzt, dass der Umstand, dass der EFTA-Staat der betreffenden Person, bevor sie die Staatsangehörigkeit dieses Staates erwarb, gerade wegen der Verfolgung, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, Asyl gewährte, einen besonders gewichtigen Gesichtspunkt darstellt.
Der ersuchte Mitgliedstaat ist in jedem Fall verpflichtet, vor einer Entscheidung über das Auslieferungsersuchen diesen EFTA-Staat zu unterrichten und ihm gegebenenfalls auf sein Ersuchen diesen Staatsangehörigen im Einklang mit den Bestimmungen des Übergabeübereinkommens zu übergeben, sofern der EFTA-Staat nach seinem nationalen Recht für die Verfolgung des Staatsangehörigen wegen im Ausland begangener Straftaten zuständig ist.
Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin, C-398/19 (25)
In seinem Urteil in der Rechtssache Generalstaatsanwaltschaft Berlin (C-398/19) hat der Gerichtshof die Anforderungen an den Kooperationsmechanismus, wie er im Urteil in der Rechtssache Petruhhin entwickelt wurde, weiter präzisiert. Der Gerichtshof stellte fest, dass ein Unionsbürger nur nach Konsultation des Mitgliedstaats ausgeliefert werden darf, dessen Staatsangehörigkeit dieser besitzt. Im Rahmen dieser Konsultation muss der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, von dem Mitgliedstaat, der um die Auslieferung ersucht wird, über sämtliche rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte informiert werden, die im Rahmen des Auslieferungsersuchens übermittelt wurden, und ihm muss eine angemessene Frist für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls in Bezug auf diesen Bürger eingeräumt werden. Darüber hinaus ist der ersuchte Mitgliedstaat in dem Fall, dass der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, nicht formell über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls entschieden hat, nicht verpflichtet, die Auslieferung eines Unionsbürgers, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats ist, abzulehnen und selbst die Strafverfolgung dieser Person wegen in einem Drittstaat begangener Taten zu übernehmen.
Sachverhalt
Die Ukraine ersuchte um Auslieferung eines ukrainischen Staatsangehörigen, der im Jahr 2012 nach Deutschland umgezogen war. Der Betroffene, BY, erhielt im Jahr 2014 als Nachfahre rumänischer Staatsangehöriger die rumänische Staatsangehörigkeit. Er hatte allerdings nie einen Lebensmittelpunkt in Rumänien. Im Jahr 2016 wurde von einem ukrainischen Strafgericht ein Haftbefehl gegen ihn wegen der Veruntreuung von Geldern in den Jahren 2010 und 2011 erlassen. Auf das Auslieferungsersuchen hin wurde BY in Deutschland festgenommen. Im Hinblick auf die Anwendung des Petruhhin-Mechanismus wandten sich die deutschen Behörden an das rumänische Justizministerium und fragten an, ob diese selbst eine Übernahme der Strafverfolgung im Fall von BY beabsichtigten. Die rumänischen Behörden teilten den deutschen Behörden mit, dass für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls hinreichende Beweise für die Begehung der Straftaten im Ausland erforderlich seien. Darüber hinaus ersuchten die rumänischen Behörden die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Unterlagen und Kopien der von der Ukraine übermittelten Beweismittel beizubringen. Da die rumänischen Justizbehörden keine formelle Entscheidung über die mögliche Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls machten, hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof drei Fragen zur Auslegung der Artikel 18 und 21 AEUV und zur Anwendung des Petruhhin-Mechanismus zur Vorabentscheidung gestellt.
Vorlagefragen
Das vorlegende Gericht wollte wissen, ob
|
— |
die sich aus der Unionsbürgerschaft ergebenden Rechte (Artikel 18 und 21 AEUV) in einer Situation, in der die gesuchte Person ihren Lebensmittelpunkt in den ersuchten Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt verlegt hat, in dem sie noch nicht Unionsbürger war, Anwendung finden; |
|
— |
entweder der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, oder der ersuchte Mitgliedstaat verpflichtet ist, den ersuchenden Drittstaat um Übermittlung der Akten zu bitten, um zu prüfen, ob er selbst die Strafverfolgung übernehmen soll; |
|
— |
der ersuchte Mitgliedstaat auf der Grundlage des Urteils in der Rechtssache Petruhhin verpflichtet ist, die Auslieferung abzulehnen und die Strafverfolgung selbst zu übernehmen, wenn ihm dies nach seinem nationalen Recht unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. |
Argumentation und Antwort des Gerichtshofs
Zur ersten Frage nach der Anwendbarkeit der Artikel 18 und 21 AEUV hat der Gerichtshof entschieden, dass der Umstand, dass eine Person die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats und damit den Status als Unionsbürger zu einem Zeitpunkt erworben hat, als sie sich bereits in einem anderen Mitgliedstaat als dem, dessen Staatsangehörigkeit sie erworben hat, aufgehalten hat, nicht geeignet ist, die Erwägung zu entkräften, dass sich diese Person aufgrund der erworbenen Unionsbürgerschaft auf Artikel 21 Absatz 1 AEUV berufen kann und in den Anwendungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 18 AEUV fällt, der den Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält. Der Gerichtshof stellte ferner klar, dass dieselbe Argumentation auch für den Umstand gilt, dass der Unionsbürger, um dessen Auslieferung ersucht wird, auch die Staatsangehörigkeit des ersuchenden Drittstaats besitzt: Der Umstand, dass der Betroffene eine doppelte Staatsangehörigkeit besitzt, kann ihm nicht die Freiheiten nehmen, die er als Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats aus dem Unionsrecht herleitet.
In Bezug auf die zweite Frage bekräftigte der Gerichtshof die Auslegung seiner bisherigen Rechtsprechung und betonte, dass der ersuchte Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, zu informieren, damit dessen Justizbehörden in der Lage sind, die Übergabe der betreffenden Person mittels eines Europäischen Haftbefehls zu verlangen. Zu den Einzelheiten des erforderlichen Informationsaustauschs hat der Gerichtshof Folgendes festgestellt:
|
— |
Der ersuchte Mitgliedstaat muss die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, nicht nur über das Vorliegen des Auslieferungsersuchens informieren, sondern auch über sämtliche rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte, die der ersuchende Drittstaat im Rahmen des Auslieferungsersuchens übermittelt hat. |
|
— |
Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, sind verpflichtet, diese Angaben vertraulich zu behandeln, wenn der Drittstaat dies verlangt. |
|
— |
Der ersuchte Mitgliedstaat muss die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, über jede Änderung der Situation, in der sich die gesuchte Person befindet, informieren, die für die etwaige Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls gegen sie relevant ist. |
|
— |
Weder der ersuchte Mitgliedstaat noch der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, sind verpflichtet, den ersuchenden Drittstaat um Übermittlung der Strafakte zu bitten. |
|
— |
Der ersuchte Mitgliedstaat hat eine angemessene Frist festzulegen, nach deren Ablauf die Auslieferung durchgeführt werden kann, wenn von dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, kein Europäischer Haftbefehl erlassen wird. |
|
— |
Der ersuchte Mitgliedstaat kann die Auslieferung durchführen, ohne über eine angemessene Frist hinaus abwarten zu müssen, dass der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, mit dem Erlass einer förmlichen Entscheidung auf die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls gegen den Betroffenen verzichtet. |
Schließlich hat der Gerichtshof in Beantwortung der dritten Frage klargestellt, dass der ersuchte Mitgliedstaat nach dem Unionsrecht nicht verpflichtet ist, die Auslieferung abzulehnen und die Verfolgung der von dem Betroffenen in dem Drittstaat begangenen Straftaten selbst zu übernehmen, wenn dies dem ersuchten Mitgliedstaat nach seinem nationalen Recht möglich ist. Eine solche Verpflichtung ginge über die Grenzen hinaus, die das Unionsrecht der Ausübung des Ermessens setzen kann, über das dieser Mitgliedstaat hinsichtlich der Zweckmäßigkeit einer strafrechtlichen Verfolgung verfügt.
Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 2021, WS, C-505/19 (26)
Das Verbot der Doppelbestrafung kann der Festnahme einer Person, die Gegenstand einer Interpol-Fahndungsausschreibung ist, innerhalb des Schengen-Raums und der Europäischen Union entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn die zuständigen Behörden davon Kenntnis erlangen, dass in einem Staat, der Vertragspartei des Schengener Übereinkommens oder ein Mitgliedstaat ist, eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ergangen ist, mit der festgestellt wird, dass dieses Verbot der Doppelbestrafung greift.
Sachverhalt
2012 gab Interpol auf Antrag der USA und auf der Grundlage eines von den Behörden dieses Landes erlassenen Haftbefehls eine den deutschen Staatsangehörigen WS betreffende Fahndungsausschreibung („Red Notice“, im Folgenden „Rotecke“ oder „rote Fahndungsausschreibung“) mit Blick auf seine mögliche Auslieferung heraus. Befindet sich eine Person, die Gegenstand einer solchen Rotecke ist, in einem Mitgliedstaat von Interpol, könnte dieser Staat diese Person grundsätzlich vorläufig festnehmen oder ihre Bewegungen überwachen oder einschränken.
Gegen WS war jedoch noch vor der Herausgabe der roten Fahndungsausschreibung in Deutschland ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, das zumindest teilweise dieselben Taten betraf, die Grundlage dieser Ausschreibung waren. Dieses Verfahren war im Jahr 2010 gegen Erfüllung einer Geldauflage durch WS rechtskräftig eingestellt worden. Dabei wurde von einer im deutschen Strafrecht vorgesehenen besonderen Möglichkeit der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung Gebrauch gemacht. In der Folge teilte das deutsche Bundeskriminalamt Interpol mit, dass es davon ausgehe, dass wegen dieses vorausgegangenen Verfahrens im vorliegenden Fall das Verbot der Doppelbestrafung, der Grundsatz „ne bis in idem“, greife. Nach diesem sowohl in Artikel 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (SDÜ) (27) als auch in Artikel 50 der Charta verankerten Grundsatz darf unter anderem eine Person, die bereits rechtskräftig abgeurteilt worden ist, nicht noch einmal wegen derselben Tat verfolgt werden.
Im Jahr 2017 erhob WS beim Verwaltungsgericht Wiesbaden Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland und beantragte, Deutschland dazu zu verurteilen, alle geeigneten Maßnahmen zur Löschung dieser Rotecke zu ergreifen. WS machte diesbezüglich neben einem Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot eine Verletzung seines in Artikel 21 AEUV garantierten Rechts auf Freizügigkeit geltend, da er sich nicht in einen Vertragsstaat des Übereinkommens von Schengen oder einen Mitgliedstaat begeben könne, ohne Gefahr zu laufen, festgenommen zu werden.
Vorlagefrage
Das vorlegende Gericht hat den Gerichtshof um die Beantwortung einer Reihe von Fragen ersucht. Die Hauptfrage, die im Zusammenhang mit der Auslieferung nach einer Rotecke relevant ist, war jedoch, ob Artikel 54 (28) SDÜ und Artikel 21 Absatz 1 AEUV, jeweils in Verbindung mit Artikel 50 (29) der Charta, dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die Behörden eines Vertragsstaats des Schengener Übereinkommens oder eines Mitgliedstaats eine Person vorläufig festnehmen, die Gegenstand einer von Interpol auf Antrag eines Drittstaats herausgegebenen Rotecke ist, wenn erstens die gesuchte Person in einem Mitgliedstaat bereits Gegenstand einer Strafverfolgung gewesen ist, die von der Staatsanwaltschaft, nachdem die gesuchte Person bestimmte Auflagen erfüllt hatte, eingestellt wurde, und zweitens die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats Interpol mitgeteilt haben, dass dieses Verfahren ihrer Auffassung nach dieselben Taten betrifft wie die Rotecke.
Argumentation und Antwort des Gerichtshofs
Der Gerichtshof befand, dass das Verbot der Doppelbestrafung Anwendung findet, wenn eine Entscheidung ergangen ist, mit der das Strafverfahren rechtskräftig eingestellt wird, sofern die gesuchte Person bestimmte Voraussetzungen erfüllt, wie die Zahlung eines von der Staatsanwaltschaft festgesetzten Geldbetrags.
Artikel 54 SDÜ, Artikel 50 der Charta und Artikel 21 Absatz 1 AEUV stehen der vorläufigen Festnahme einer Person, die Gegenstand einer von Interpol herausgegebenen Rotecke ist, jedoch nicht entgegen, solange nicht festgestellt ist, dass die gesuchte Person von einem Vertragsstaat des Schengener Übereinkommens oder einem Mitgliedstaat wegen derselben Taten, auf die sich die Rotecke bezieht, bereits rechtskräftig abgeurteilt worden ist, und folglich das Verbot der Doppelbestrafung greift.
Wenn fraglich ist, ob das Verbot der Doppelbestrafung greift, kann die vorläufige Festnahme einen unerlässlichen Zwischenschritt darstellen, um die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen und zugleich der Gefahr zu begegnen, dass die betroffene Person flüchtet. Diese Maßnahme kann daher durch das legitime Ziel der Vermeidung der Straflosigkeit der betroffenen Person gerechtfertigt sein, „soweit diese unerlässlich ist, um die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen“ (30). Sobald jedoch durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt worden ist, dass das Verbot der Doppelbestrafung greift, stehen sowohl das gegenseitige Vertrauen zwischen den Vertragsstaaten des SDÜ als auch das Recht auf Freizügigkeit einer vorläufigen Festnahme oder Inhaftierung der betroffenen Person entgegen. Die Mitgliedstaaten und die Vertragsstaaten des SDÜ müssen sicherzustellen, dass Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, die es den betroffenen Personen ermöglichen, eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung zu erwirken, mit der festgestellt wird, dass das Verbot der Doppelbestrafung greift.
1.2. Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Strafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung
Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17 (31)
In der Rechtssache Raugevicius befasste sich der Gerichtshof mit einem Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe. Der Gerichtshof folgte in gewissem Umfang der in der Petruhhin-Rechtsprechung eingeführten Argumentation, kam jedoch zu einem anderen Ergebnis. Dies war notwendig, da Rechtssachen, die die Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung betreffen, zu Problemen mit dem Verbot der Doppelbestrafung führen könnten, wenn der Petruhhin-Mechanismus Anwendung finden würde (32). Der Gerichtshof berücksichtigte jedoch, dass es im nationalen Recht und/oder im Völkerrecht Mechanismen gibt, die es ermöglichen, dass gesuchte Personen ihre Strafe insbesondere in dem Staat verbüßen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. So liefert beispielsweise das Übereinkommen des Europarats von 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (33) einen rechtlichen Rahmen für diese Möglichkeit.
Sachverhalt
Herr Raugevicius, der die litauische und die russische Staatsangehörigkeit besitzt, war nach einem Umzug seit mehreren Jahren in Finnland wohnhaft. Er ist auch Vater zweier Kinder, die ebenfalls in diesem Mitgliedstaat lebten und finnische Staatsangehörige sind. Im Jahr 2011 stellten die russischen Behörden nach einer Verurteilung in Russland einen internationalen Haftbefehl zum Zwecke der Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe aus. Um über das Auslieferungsersuchen entscheiden zu können, beantragte das finnische Justizministerium beim Obersten Gerichtshof Finnlands ein Gutachten zu dieser Frage. Der Oberste Gerichtshof hatte Zweifel, ob das Urteil in der Rechtssache Petruhhin auf diesen Fall anwendbar wäre und beschloss daher, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen.
Das einschlägige finnische Recht (die finnische Verfassung) sieht vor, dass eine Freiheitsstrafe in Finnland vollstreckt werden kann, wenn es sich bei dem Verurteilten um einen finnischen Staatsangehörigen oder einen Ausländer, der seinen ständigen Wohnsitz in Finnland hat, handelt und der Verurteilte dem zugestimmt hat.
Vorlagefragen
Mit seiner ersten Frage wollte der Oberste Gerichtshof Finnlands im Wesentlichen wissen, ob innerstaatliche Vorschriften über die Auslieferung im Hinblick auf die Freizügigkeit von Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats unabhängig davon, ob das Auslieferungsersuchen eines Drittstaats zum Zwecke der Strafvollstreckung oder – wie im Urteil in der Rechtssache Petruhhin – zum Zwecke der Strafverfolgung gestellt wird, in gleicher Weise zu bewerten sind. Bei der zweiten Frage ging es darum, wie ein Auslieferungsersuchen zu beantworten ist, wenn es dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, mitgeteilt wurde, dieser Mitgliedstaat jedoch wegen rechtlicher Hindernisse keine Maßnahmen in Bezug auf seine Staatsangehörigen einleitet.
Argumentation und Antwort des Gerichtshofs
Der Gerichtshof wandte die Argumentation des Urteils in der Rechtssache Petruhhin analog an, indem er feststellte, dass ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, sein Recht, sich innerhalb der Union frei zu bewegen, wahrnimmt, sodass seine Situation in den Anwendungsbereich von Artikel 18 AEUV fällt. Die doppelte Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats und eines Drittstaats kann dem Betroffenen nämlich nicht die Freiheiten nehmen, die er als Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats aus dem Unionsrecht herleitet.
Durch eine nationale Regelung, die nur die Auslieferung eigener Staatsangehöriger verbietet, wird eine Ungleichbehandlung zwischen diesen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten eingeführt, was zu einer Beschränkung der Freizügigkeit im Sinne des Artikels 21 AEUV führt: Eine solche Beschränkung muss notwendig und verhältnismäßig zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Ziel sein, der Gefahr entgegenzuwirken, dass Staatangehörige aus anderen Mitgliedstaaten als dem ersuchten Mitgliedstaat der Strafe entgehen; zudem sollte es keine weniger einschneidenden Maßnahmen geben, mit denen dieses Ziel unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände der Rechtssache erreicht werden kann.
Der Gerichtshof hat jedoch anerkannt, dass in Fällen von Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Strafe der Verstoß gegen den Grundsatz des Diskriminierungsverbots nicht dadurch gelöst werden kann, dass dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, die Möglichkeit eingeräumt wird, seine Zuständigkeit für die Strafverfolgung des Betroffenen erneut auszuüben, da eine solche erneute Strafverfolgung einer bereits angeklagten und verurteilten Person gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen kann. Um der Gefahr entgegenzuwirken, dass Personen in solchen Situationen einer Strafe entgehen, verwies der Gerichtshof auf andere im nationalen Recht und/oder im Völkerrecht bestehende Mechanismen, die es ermöglichen, dass diese Personen ihre Strafe etwa in dem Staat verbüßen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, wodurch ihre Chancen auf eine soziale Wiedereingliederung nach dem Strafvollzug steigen.
In diesem Zusammenhang merkte der Gerichtshof an, dass Artikel 3 des finnischen Gesetzes über die internationale Zusammenarbeit die Möglichkeit vorsieht, dass Ausländer mit ständigem Wohnsitz in Finnland eine von einem Drittstaat verhängte Strafe in Finnland verbüßen, sofern sowohl der Betroffene als auch der Drittstaat dem zustimmen. Daher stellte der Gerichtshof auch fest, dass Herr Raugevicius die Strafe, die in Russland gegen ihn verhängt wurde, in Finnland verbüßen könnte, wenn sowohl Russland als auch Herr Raugevicius selbst dem zustimmten.
Der Gerichtshof befand, dass die Staatsangehörigen des ersuchten Mitgliedstaats einerseits und die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten, die ihren ständigen Wohnsitz in Finnland haben und ein bestimmtes Maß an Integration in der Gesellschaft dieses Mitgliedstaats aufweisen, andererseits in einer vergleichbaren Situation sind. Es obliegt den Behörden des ersuchten Staates festzustellen, ob eine solche Verbindung zwischen den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten und dem ersuchten Mitgliedstaat besteht. Wenn dies der Fall ist, verlangen die Artikel 18 und 21 AEUV, dass Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten ihre Strafe unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des ersuchten Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet des ersuchten Mitgliedstaats verbüßen können.
Der Gerichtshof gelangte daher zu dem Ergebnis, dass die Artikel 18 und 21 AEUV dahin auszulegen sind, dass im Fall eines von einem Drittstaat zum Zwecke der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe und nicht zum Zwecke der Strafverfolgung gestellten Ersuchens um Auslieferung eines Unionsbürgers, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der ersuchte Mitgliedstaat, nach dessen nationalem Recht die Auslieferung eigener Staatsangehöriger an Staaten außerhalb der Union zum Zwecke der Vollstreckung einer Strafe verboten und die Möglichkeit vorgesehen ist, eine solche im Ausland verhängte Strafe im Inland zu vollziehen, sicherstellen muss, dass jener Unionsbürger, wenn er seinen ständigen Wohnsitz im Inland hat, bei Auslieferungsfragen auf gleiche Weise wie seine eigenen Staatsangehörigen behandelt wird.
Rechtssache C-237/21 Generalstaatsanwaltschaft München [anhängig]
Sachverhalt
Grundlage der Rechtssache ist ein Auslieferungsersuchen, das Bosnien-Herzegowina an Deutschland in Bezug auf S.M. zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gestellt hat. Die Person, um deren Übergabe ersucht wird, hat die Staatsangehörigkeit Serbiens, Bosnien-Herzegowinas und Kroatiens, lebt seit Mitte 2017 mit seiner Ehefrau in Deutschland und arbeitet seit Mai 2020 in Deutschland. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat unter Bezugnahme auf das Urteil in der Rechtssache Raugevicius beantragt, die Auslieferung der Person, um deren Übergabe ersucht wird, für unzulässig zu erklären.
Vorlagefrage
Hinsichtlich des Ersuchens der Generalstaatsanwaltschaft hat das vorlegende deutsche Gericht entschieden, den Gerichtshof zu fragen, ob es die Grundsätze zur Anwendung der Artikel 18 und 21 AEUV, die der Gerichtshof im Urteil in der Rechtssache Raugevicius aufgestellt hat, gebieten, ein auf das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (34) gestütztes Ersuchen eines Drittstaats um Auslieferung eines Unionsbürgers zur Strafvollstreckung auch dann abzulehnen, wenn der ersuchte Mitgliedstaat nach diesem Übereinkommen völkervertraglich zur Auslieferung des Unionsbürgers verpflichtet ist, weil er den Begriff „Staatsangehörige“ gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b des Übereinkommens dahin bestimmt hat, dass nur seine eigenen Staatsangehörigen und nicht auch andere Unionsbürger davon erfasst werden (35).
2. LEITLINIEN FÜR FÄLLE, IN DENEN STAATEN EINE AUSNAHME HINSICHTLICH IHRER EIGENEN STAATSANGEHÖRIGEN ANWENDEN
2.1. Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung
2.1.1. Anwendungsbereich des Petruhhin-Mechanismus
a. Sachlicher Anwendungsbereich: Wann findet der Petruhhin-Mechanismus Anwendung?
Der Petruhhin-Mechanismus (Mitteilung) ist in folgenden Fällen auszulösen:
|
— |
ein Auslieferungsersuchen wird zum Zwecke der Strafverfolgung gestellt und |
|
— |
der ersuchte Staat wendet eine Ausnahme eigener Staatsangehöriger an, was zu einer möglichen Diskriminierung zwischen seinen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen anderer Staaten führt, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben (vgl. Anhang 2 – Übersicht über die nationalen Systeme). |
Der Petruhhin-Mechanismus gilt für alle Auslieferungsersuchen auf einer der folgenden Grundlagen:
|
— |
Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Auslieferung (36) |
|
— |
Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits (37), das Bestimmungen enthält, die dem Petruhhin-Mechanismus Rechnung tragen (38) |
|
— |
von Staaten geschlossene multilaterale Abkommen |
|
— |
von Staaten geschlossene bilaterale Abkommen oder |
|
— |
dem nationalen Recht. |
b. Persönlicher Anwendungsbereich: Auf wen findet der Petruhhin-Mechanismus Anwendung?
Der Petruhhin-Mechanismus findet Anwendung auf Staatsangehörige der 27 EU-Mitgliedstaaten, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhalten und von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben. Staatsangehörige, die auch die Staatsangehörigkeit des um Auslieferung ersuchenden Drittstaats besitzen, fallen ebenfalls darunter. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass der Umstand, dass die gesuchte Person eine doppelte Staatsangehörigkeit besitzt, ihr nicht die Freiheiten nehmen kann, die sie als Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats aus dem Unionsrecht hat (39). Auch der Zeitpunkt, zu dem eine Person die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erlangt hat, ist unerheblich (40).
Der Gerichtshof stellte klar, dass der Petruhhin-Mechanismus auch für Staatsangehörige eines EFTA-Mitgliedstaats gilt, der Vertragspartei des EWR-Abkommens ist und mit dem die Europäische Union ein Übergabeabkommen geschlossen hat (Island und Norwegen) (41). Die Artikel 18 und 21 AEUV sind nicht auf Drittstaatsangehörige anwendbar. Der Gerichtshof vertrat jedoch die Auffassung, dass Artikel 4 des EWR-Abkommens (42) in Verbindung mit Artikel 36 des EWR-Abkommens (43), das ein fester Bestandteil des Unionsrechts ist, den freien Dienstleistungsverkehr in einer im Wesentlichen mit Artikel 56 AEUV identischen Weise gewährleistet, einschließlich des Rechts, sich in einen anderen Staat zu begeben, um dort Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen (44).
Darüber hinaus hat der Gerichtshof bestätigt, dass das Recht auf Freizügigkeit nach Artikel 21 Absatz 1 AEUV/Artikel 36 EWR-Abkommen auch für Personen gilt, die sich lediglich auf der Durchreise auf einem Flughafen aufhalten (45) oder Dienstleistungen als Touristen (46) in einem anderen Staat in Anspruch nehmen.
c. Räumlicher Anwendungsbereich: Welche Behörden sind an den Petruhhin-Mechanismus gebunden?
Die nationalen Behörden der 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Islands und Norwegens sind bei der Anwendung der Ausnahme eigener Staatsangehöriger an den Petruhhin-Mechanismus gebunden.
2.1.2. Von den zuständigen Behörden zu ergreifende Maßnahmen, wenn die Ausnahme eigener Staatsangehöriger Anwendung findet
a. Pflichten des ersuchten Staates
Die Artikel 18 und 21 AEUV/Artikel 4 EWR-Abkommen in Verbindung mit Artikel 36 EWR-Abkommen begründen keine Verpflichtung der Feststellung einer absoluten Gleichwertigkeit von eigenen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen anderer Staaten in Bezug auf den Schutz vor Auslieferung an Drittstaaten. Sie verpflichten jedoch Staaten, die vorsehen, dass ihre eigenen Staatsangehörigen im Vergleich mit Staatsangehörigen anderer Staaten in Bezug auf eine Auslieferung unterschiedlich behandelt werden, vor der Genehmigung der Auslieferung zu prüfen, ob das legitime Ziel der Vermeidung der Straflosigkeit, das mit der Auslieferung verfolgt wird, durch eine andere Maßnahme, die die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit weniger einschränken würde, ebenso wirksam erreicht werden könnte (47).
Im Fall eines Auslieferungsersuchens zum Zwecke der Strafverfolgung ist der ersuchte Staat verpflichtet, den Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene hat, zu konsultieren, um diesem Staat die Möglichkeit zu geben, einen EuHb/EU-IS/NO-Haftbefehl auszustellen, der als ebenso wirksame, aber weniger beeinträchtigende Maßnahme betrachtet würde.
Der ersuchte Staat ist jedoch nicht verpflichtet, die Auslieferung eines Unionsbürgers, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats oder von Island oder Norwegen ist, abzulehnen und die Strafverfolgung dieses Unionsbürgers bzw. dieses isländischen oder norwegischen Staatsangehörigen wegen der in einem Drittstaat begangenen Straftaten selbst zu übernehmen, wenn ihm dies nach seinem nationalen Recht möglich ist (48). Eine solche Verpflichtung ginge über die Grenzen hinaus, die das Unionsrecht der Ausübung des Ermessens setzen kann, über das dieser Staat hinsichtlich der Zweckmäßigkeit einer strafrechtlichen Verfolgung verfügt.
b. Einleitung des Konsultationsverfahrens
Der ersuchte Staat ist verpflichtet, den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, mitzuteilen, dass ein Auslieferungsersuchen anhängig ist.
Was den Zeitpunkt für diese Mitteilung betrifft, so wird vorgeschlagen, dass der ersuchte Staat den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, von einem eingehenden oder anhängigen Auslieferungsersuchen so bald wie möglich in Kenntnis setzt. Dies kann bereits geschehen, wenn eine Person vorläufig festgenommen wird, sofern ausreichende Informationen aus einer Interpol-Rotecke vorliegen, und/oder in einem späteren Stadium, wenn das Auslieferungsersuchen bei dem ersuchten Staat eingeht.
c. Art der Informationen, die dem/den Staat(en) der Staatsangehörigkeit zur Verfügung zu stellen sind
Die Behörden des ersuchten Staates sollten der Kontaktstelle (49) eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, mindestens Folgendes mitteilen:
|
— |
das Vorliegen eines Auslieferungsersuchens in Bezug auf diese Person und |
|
— |
alle rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte, die der ersuchende Drittstaat im Rahmen dieses Auslieferungsersuchens übermittelt hat (siehe Anhang 3 – Muster) (50). |
Darüber hinaus sollten die Behörden des ersuchten Staates die Behörden des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, über jede Änderung der Situation, in der sich die gesuchte Person befindet, unterrichten, die für die etwaige Ausstellung eines EuHb/EUIS/NO-Haftbefehls gegen sie relevant ist (51) (siehe Anhang 4 – Muster).
d. Beziehungen zum ersuchenden Drittstaat und Vertraulichkeit
Weder der ersuchte Staat noch der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, sind nach dem Unionsrecht verpflichtet, den ersuchenden Drittstaat um Übermittlung der Strafakte zu ersuchen (52). Wären der ersuchte Mitgliedstaat oder der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, verpflichtet, den ersuchenden Drittstaat um Übermittlung der Strafakte zu ersuchen, bestünde die Gefahr, dass das Auslieferungsverfahren erheblich verkompliziert und wesentlich in die Länge gezogen würde, sodass letztlich das Ziel der Bekämpfung der Straflosigkeit von Straftaten beeinträchtigt werden könnte (53). Darüber hinaus kann sich ein langwieriges Verfahren auch nachteilig auf die gesuchte Person auswirken, insbesondere wenn die Person in Haft gehalten wird.
Die Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, sind verpflichtet, solche Angelegenheiten vertraulich zu behandeln, wenn der ersuchende Drittstaat dies verlangt. Darüber hinaus sollte der ersuchende Drittstaat ordnungsgemäß über diesen Punkt unterrichtet werden (54).
Der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, kann jedoch jeden Mechanismus der Zusammenarbeit und/oder der Amtshilfe anwenden, um Beweismittel von dem ersuchten Staat zu erhalten (z. B. Ausstellung einer Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA) (55)).
e. Pflichten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt
Nach der Mitteilung, dass ein Auslieferungsersuchen vorliegt, sollten die zuständigen Behörden des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, prüfen, ob es angemessen ist, einen EuHb/EU-IS/NO-Haftbefehl zu erlassen, der sich auf dieselben Straftaten erstreckt, die der betroffenen Person in dem Auslieferungsersuchen zur Last gelegt werden, sofern sie nach ihrem nationalen Recht für die Verfolgung dieser Person wegen im Ausland begangener Straftaten zuständig sind.
2.1.3. Frist für die Beantwortung einer Mitteilung
Der ersuchte Staat sollte dem Staat oder den Staaten, dessen bzw. deren Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, eine angemessene Frist für die Übermittlung einer Antwort setzen. Der ersuchte Staat verfügt über einen Ermessensspielraum bei der Festsetzung einer angemessenen Frist, unter Berücksichtigung insbesondere einer etwaigen Auslieferungshaft der gesuchten Person und der Schwierigkeiten der Rechtssache (56).
Die gewährte Frist sollte in der Mitteilung angegeben werden (siehe Anhang 3 – Muster).
Erforderlichenfalls kann die Kontaktstelle oder die ausstellende Justizbehörde (57) des bzw. der Staaten, dessen bzw. deren Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, eine Fristverlängerung beantragen (siehe Anhang 5 – Muster). Die Kontaktstelle oder die Behörde, die das Auslieferungsersuchen im ersuchten Staat bearbeitet, sollte über die Verlängerung entscheiden (siehe Anhang 6 – Muster).
2.1.4. Ablehnung eines Auslieferungsersuchens
Nur in Fällen, in denen eine Justizbehörde eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, einen EuHb/EU-IS/NO-Haftbefehl erlässt, der sich auf dieselben Straftaten (58) oder Handlungen erstreckt, und den ersuchten Staat entsprechend unterrichtet, sollte der ersuchte Staat die Auslieferung ablehnen und die Person an den Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, übergeben (siehe Anhang 7 – Muster).
2.1.5. Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens
Geht innerhalb der gewährten Frist keine Antwort oder eine ablehnende Antwort der Behörden des Staates bzw. der Staaten, dessen bzw. deren Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, ein, so können die Behörden des ersuchten Staates die gesuchte Person gegebenenfalls ausliefern, ohne abwarten zu müssen, dass der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, antwortet und/oder eine förmliche Entscheidung erlässt, mit der er auf die Ausstellung eines EuHb/EUIS/NO-Haftbefehls gegen diese Person verzichtet (59) (siehe Anhang 7 – Muster).
2.2. Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung
2.2.1. Anwendungsbereich
a. Sachlicher Anwendungsbereich
Das Urteil in der Rechtssache Raugevicius ist auf Fälle anwendbar, auf die Folgendes zutrifft:
|
— |
das Ersuchen ist ein Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung und |
|
— |
der ersuchte Staat wendet eine Ausnahme eigener Staatsangehöriger an, was eine mögliche Diskriminierung zwischen seinen eigenen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen anderer Staaten zur Folge hat, die ihr Recht auf Freizügigkeit wahrgenommen haben (siehe Anhang 2 – Übersicht über die nationalen Systeme). |
b. Persönlicher Anwendungsbereich in Bezug auf Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Strafe: Auf wen findet das Urteil in der Rechtssache Raugevicius Anwendung?
Die Verpflichtung zur Gleichbehandlung gilt nur, insoweit sich die eigenen Staatsangehörigen und die Staatsangehörigen anderer Staaten in einer vergleichbaren Situation in Bezug auf das Ziel, die Gefahr der Straflosigkeit zu vermeiden, befinden. Da die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe im Herkunftsstaat der betreffenden Person die soziale Wiedereingliederung dieser Person nach der Verbüßung ihrer Strafe fördert, liegt eine vergleichbare Situation nur bei Staatsangehörigen anderer Staaten vor, die ihren ständigen Wohnsitz im ersuchten Staat haben und ein bestimmtes Maß an Integration in der Gesellschaft dieses Mitgliedstaats aufweisen.
Daher hat der Gerichtshof entschieden, dass der persönliche Anwendungsbereich auf Staatsangehörige anderer Staaten beschränkt ist, die ihren ständigen Wohnsitz in einem ersuchten Staat haben und ein bestimmtes Maß an Integration in der Gesellschaft dieses Staates aufweisen (60), da sie sich in einer mit Staatsangehörigen des ersuchten Staates vergleichbaren Situation befinden. Dagegen würde ein Staatsangehöriger eines Staates, der auf der Durchreise auf einem Flughafen eines ersuchten Staates verhaftet wird, nicht das Kriterium einer vergleichbaren Situation erfüllen.
Kann nicht davon ausgegangen werden, dass die gesuchte Person ihren ständigen Wohnsitz im ersuchten Staat hat, so bestimmt sich die Frage ihrer Auslieferung nach dem anwendbaren nationalen oder internationalen Recht (61).
2.2.2. Von den zuständigen Behörden zu ergreifende Maßnahmen, wenn die Ausnahme eigener Staatsangehöriger Anwendung findet
Im Fall eines Auslieferungsersuchens zur Vollstreckung einer Strafe besteht die für die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit weniger beeinträchtigende Maßnahme darin, dass der ersuchte Staat die Verantwortung für die Vollstreckung der Strafe in seinem Hoheitsgebiet übernimmt, anstatt den Staatsangehörigen eines anderen Staates an den Drittstaat auszuliefern, sofern eine solche Möglichkeit auch für seine eigenen Staatsangehörigen vorgesehen ist. Es wird erwartet, dass der Gerichtshof in der anhängigen Rechtssache C-237/21 die im Einzelnen zu ergreifenden Maßnahmen (insbesondere das Ausmaß der Verpflichtungen der Staaten und die Frage, ob die Zustimmung eines Drittstaats erforderlich ist) präzisieren wird (62).
2.2.3. Informationsaustausch zwischen dem ersuchten Staat und dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt
Artikel 18 und 21 AEUV begründen keine Verpflichtung für den ersuchten Staat, den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, über ein anhängiges Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Strafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung zu unterrichten. Dem ersuchten Staat wird es jedoch nicht verwehrt, sich an den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, zu wenden, um sachdienliche Informationen einzuholen.
3. LEITLINIEN, DIE FÜR ALLE STAATEN GELTEN, UNABHÄNGIG VON DER AUSNAHME EIGENER STAATSANGEHÖRIGER
3.1. Bewertung der Wahrung der Grundrechte vor einer Auslieferung
3.1.1. Anwendung der Charta
Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Entscheidung, einen Unionsbürger bzw. einen isländischen oder norwegischen Staatsangehörigen in einer Situation, die in den Anwendungsbereich der Artikel 18 AEUV und 21 AEUV bzw. des Artikels 4 EWR-Abkommen in Verbindung mit Artikel 36 EWR-Abkommen fällt, auszuliefern, in den Anwendungsbereich des Unionsrechts im Sinne des Artikels 51 Absatz 1 der Charta fällt (63). Folglich finden die Bestimmungen der Charta und insbesondere ihres Artikels 19 auf eine solche Entscheidung Anwendung.
Darüber hinaus reicht das Bestehen eines internationalen Auslieferungsabkommens der Union aus, um die Anwendung der Charta auszulösen. Daher gilt die Charta auch für Auslieferungsersuchen, die von den USA im Rahmen des Auslieferungsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika (64) bzw. vom Vereinigten Königreich im Rahmen des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits (65) gestellt werden, auch dann, wenn kein Freizügigkeitsrecht im EWR ausgeübt wird. Die Charta gilt darüber hinaus in solchen Fällen auch für Drittstaatsangehörige und Staatenlose.
Findet die Charta Anwendung, so muss der ersuchte Staat zunächst prüfen, dass durch die Auslieferung die in Artikel 19 der Charta genannten Rechte nicht beeinträchtigt werden (66).
Nach Artikel 19 Absatz 2 der Charta darf niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.
Der Gerichtshof hat weiter ausgeführt, dass die bloße „Existenz von Erklärungen und der Abschluss völkerrechtlicher Verträge, die grundsätzlich die Beachtung der Grundrechte gewährleisten, […] für sich genommen nicht aus[reichen], um einen angemessenen Schutz vor der Gefahr von Misshandlungen sicherzustellen, wenn es vertrauenswürdige Quellen für Praktiken der Behörden – oder von diesen tolerierte Praktiken – gibt, die den Grundsätzen der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten offensichtlich zuwiderlaufen.
Folglich ist die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats, sofern sie über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass eine echte Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von Personen im ersuchenden Drittstaat besteht, verpflichtet, das Vorliegen dieser Gefahr zu würdigen, wenn sie über die Auslieferung einer Person in den Drittstaat zu entscheiden hat (vgl. in diesem Sinne, in Bezug auf Artikel 4 der Charta, Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, C-404/15 und C-659/15 PPU, EU:C:2016:198, Rn. 88).
Dabei muss sich die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats auf objektive, zuverlässige, genaue und gebührend aktualisierte Angaben stützen. Diese Angaben können sich u. a. aus Entscheidungen internationaler Gerichte wie Urteilen des EGMR, aus Entscheidungen von Gerichten des ersuchenden Drittstaats sowie aus Entscheidungen, Berichten und anderen Schriftstücken von Organen des Europarats oder aus dem System der Vereinten Nationen ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, C-404/15 und C-659/15 PPU, EU:C:2016:198, Rn. 89).“ (67).
3.1.2. Anwendung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden „EMRK“) ist auf die Auslieferung von Staaten an Drittstaaten in Situationen anwendbar, auf die die Charta keine Anwendung findet (68), wie etwa die Auslieferung eines Unionsbürgers, der von seinem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hat, oder eines Drittstaatsangehörigen an einen Drittstaat, mit dem die Union kein Auslieferungsabkommen geschlossen hat.
Von Bedeutung sind insbesondere die Artikel 3 und 6 EMRK. Artikel 3 EMRK bestimmt:
„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“
Artikel 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren, Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte) bestimmt:
|
„1. |
Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder – soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält – wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. |
|
2. |
Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig. |
|
3. |
Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte: (a) innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; (b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; (c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; (d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; (e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.“ |
3.2. Unbegründete oder missbräuchliche, auch politisch motivierte Rotecken, Haftbefehle und Auslieferungsersuchen
An Staaten gerichtete Auslieferungsersuchen können unbegründet oder missbräuchlich und auch politisch motiviert sein, und dies kann auch in entsprechender Weise auf Interpol-Rotecken zutreffen. Dieser Abschnitt könnte daher bereits in einem Stadium anwendbar sein, in dem noch kein Auslieferungsersuchen gestellt wurde oder die Person noch nicht auf der Grundlage einer Rotecke festgenommen wurde (z. B. kann ein Staat, wenn er Kenntnis von missbräuchlichen Interpol-Rotecken hat, andere Kontaktstellen proaktiv davon in Kenntnis setzen, noch bevor sich die gesuchte Person in einen anderen Staat begibt).
3.2.1. Der bestehende Interpol-Mechanismus für den Missbrauch von Rotecken
Interpol verfügt über ein automatisiertes Prüfungs- und Erkennungssystem für Rotecken (69). Damit lassen sich Fälle des Missbrauchs herausfiltern. Jedes eingehende Ersuchen wird mit einer Beobachtungsliste abgeglichen, auf der in der Vergangenheit abgelehnte Ersuchen aufgeführt sind, die automatisch abgelehnt werden. Interpol arbeitet an der Entwicklung neuer automatisierter IT-Kontrollsysteme, mit denen die Bewertung eingehender Ersuchen um Veröffentlichung von Ausschreibungen und Durchgaben verbessert werden soll.
Darüber hinaus wurde im Generalsekretariat von Interpol eine spezielle Taskforce eingerichtet, die sich aus Rechtsanwälten und Polizeibeamten aus verschiedenen Interpol-Mitgliedstaaten zusammensetzt. Diese Taskforce prüft alle eingehenden Ersuchen um Veröffentlichung von Ausschreibungen und Durchgaben aus Interpol-Mitgliedstaaten im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem jeweiligen Rechtsrahmen und den jeweiligen Anforderungen.
Interpol-Rotecken können aus einer Reihe von Gründen gelöscht werden, indem bei der unabhängigen Kommission zur Kontrolle von Interpol-Akten (im Folgenden „CCF“) ein Verstoß gegen die Interpol-Statuten und die Regeln von Interpol für die Verarbeitung von Daten geltend gemacht wird. Die Mitgliedstaaten können die von einer missbräuchlichen, insbesondere einer politisch motivierten Rotecke betroffene Person dazu beraten, wie sie ihre Rechte bei der CCF wahrnehmen kann, und sie vorab warnen, oder die Löschung der Ausschreibungen und Durchgaben beantragen.
Diese Aktivitäten werden von einem ständigen Beratungsgremium unterstützt, das für Ausschreibungen zuständig ist.
3.2.2. Informationsaustausch der Kontaktstellen über unbegründete oder missbräuchliche, insbesondere politisch motivierte Auslieferungsersuchen
Der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, verfügt häufig über Informationen, die für die Entscheidung, ob ein Auslieferungsersuchen unbegründet oder missbräuchlich, insbesondere politisch motiviert, ist, von wesentlicher Bedeutung sind. Daher können eine enge Zusammenarbeit und ein Informationsaustausch mit dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, von wesentlicher Bedeutung sein, wenn ein ersuchter Staat ein Auslieferungsersuchen betreffend einen Staatsangehörigen eines anderen Staates prüft.
Wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass ein Auslieferungsersuchen missbräuchlich, insbesondere politisch motiviert, oder anderweitig unbegründet (rechtswidrig) ist, sollte die Kontaktstelle eines Staates, bei dem ein Auslieferungsersuchen eines Drittstaats in Bezug auf einen Staatsangehörigen eines anderen Staates eingegangen ist, stets die Kontaktstelle des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, informieren. Dies ermöglicht den Austausch einschlägiger Informationen, die als Grundlage für eine fundierte Entscheidung darüber herangezogen werden können, ob das Auslieferungsersuchen politisch motiviert oder anderweitig unbegründet (rechtswidrig) ist (siehe Anhang 3 – Muster und Anhang 8 – Muster).
Darüber hinaus sollte jede Kontaktstelle bei begründetem Verdacht, dass ein Auslieferungsersuchen unbegründet oder missbräuchlich, insbesondere politisch motiviert, ist, andere Kontaktstellen sowie Eurojust, Europol und Interpol unverzüglich und proaktiv informieren und konsultieren (siehe Anhang 8 – Muster).
Dieser Mechanismus der Mitteilung zwischen den Kontaktstellen bei unbegründeten oder missbräuchlichen, insbesondere politisch motivierten Auslieferungsersuchen, gilt für Staatsangehörige der Staaten sowie für Drittstaatsangehörige und Staatenlose.
4. PRAKTISCHE ASPEKTE DES PETRUHHIN-MECHANISMUS UND POLITISCH MOTIVIERTER AUSLIEFERUNGSERSUCHEN
4.1. Kontaktstellen
Für die Zwecke des Petruhhin-Mechanismus und für unbegründete oder rechtswidrige, insbesondere politisch motivierte Auslieferungsersuchen haben die Staaten Kontaktstellen (d. h. zentrale Behörden) benannt.
Die aktualisierte Liste der Kontaktstellen ist abrufbar unter:
https://www.ejn-crimjust.europa.eu/ejn/AtlasChooseCountry/DE
Ein Staat sollte das EJN unverzüglich über jede Änderung seiner Kontaktstellen unterrichten.
Die Kontaktstellen können sich bei Fragen an Eurojust und das EJN wenden.
4.2. Sprachenregelung und Kosten
Im Hinblick auf die Sprachenregelung für Dokumente, die zwischen dem ersuchten Staat und dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, übermittelt werden, wird eine Amtssprache des Staates vorgeschlagen, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt.
Die Staaten können der Kommission auch mitteilen, dass sie Übersetzungen in eine oder mehrere andere Amtssprachen der EU, in Isländisch oder Norwegisch akzeptieren.
Der ersuchte Staat und der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person besitzt, sollten ihre eigenen Kosten (hauptsächlich Übersetzungskosten) jeweils selbst tragen.
4.3. Datenschutzregelung
Es gilt die Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr (70).
(1) Europäisches Auslieferungsübereinkommen (SEV Nr. 024) und zugehöriges Zusatzprotokoll (SEV Nr. 086), Zweites Zusatzprotokoll (SEV Nr. 098), Drittes Zusatzprotokoll (SEV Nr. 209) und Viertes Zusatzprotokoll (SEV Nr. 212) zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen.
(2) Verpflichtung zur Auslieferung oder Strafverfolgung.
(3) Beispielsweise sieht das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits (ABl. L 149 vom 30.4.2021, S. 10) in Artikel 603 eine ausdrückliche Verpflichtung hinsichtlich des Grundsatzes „aut dedere aut judicare“ vor.
(4) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630.
(5) In Artikel 21 Absatz 1 AEUV heißt es: „Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.“
(6) Begründet in dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Artikel 18 AEUV, der lautet: „Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.“
(7) Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018, Pisciotti, C-191/16, ECLI:EU:C:2018:222; Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17, ECLI:EU:C:2018:898; Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262; Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin, C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032.
(8) Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262.
(9) Arbeitsdokument des Rates der Europäischen Union, Informelle Videokonferenz auf Ministerebene „Justiz“, 4. Juni 2020: Preparation - Extradition of EU citizens to third countries - Presidency discussion paper (Vorbereitung – Auslieferung von EU-Bürgern an Drittländer – Diskussionspapier des Vorsitzes), Dokument WK 5231/2020 INIT.
(10) Joint report of Eurojust and the European Judicial Network on the extradition of EU citizens to third countries (Gemeinsamer Bericht von Eurojust und dem Europäischen Justiziellen Netz über die Auslieferung von EU-Bürgern an Drittländer): https://www.eurojust.europa.eu/joint-report-eurojust-and-ejn-extradition-eu-citizens-third-countries.
(11) ABl. C 419 vom 4.12.2020, S. 23.
(12) Beschluss des Gerichtshofs vom 6. September 2017, Schotthöfer & Steiner/Adelsmayr, C-473/15, ECLI:EU:C:2017:633; Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018, Pisciotti, C-191/16, ECLI:EU:C:2018:222; Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17, ECLI:EU:C:2018:898; Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262; und Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin, C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032.
(13) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630.
(14) Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17, ECLI:EU:C:2018:898.
(15) Rechtssache C-237/21, Generalstaatsanwaltschaft München.
(16) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630.
(17) ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 389.
(18) Artikel 19 Absatz 2 der Charta lautet: „Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.“
(19) Beschluss des Gerichtshofs vom 6. September 2017, Schotthöfer & Steiner/Adelsmayr, C-473/15, ECLI:EU:C:2017:633.
(20) Artikel 47 der Charta lautet: „Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.
Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.“
(21) Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018, Pisciotti, C-191/16, ECLI:EU:C:2018:222.
(22) Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Auslieferung (ABl. L 181 vom 19.7.2003, S. 27).
(23) Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262.
(24) ABl. L 292 vom 21.10.2006, S. 2.
(25) Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Auslieferung an die Ukraine), C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032.
(26) Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 2021, WS, C-505/19, ECLI:EU:C:2021:376.
(27) Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19).
(28) Artikel 54 SDÜ lautet: „Wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, darf durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden, vorausgesetzt, dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaats nicht mehr vollstreckt werden kann.“
(29) Artikel 50 der Charta lautet: „Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.“
(30) Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 2021, WS, C-505/19, ECLI:EU:C:2021:376, Rn. 84.
(31) Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17, ECLI:EU:C:2018:898.
(32) Da die gesuchte Person bereits im Drittstaat verurteilt worden war.
(33) Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (SEV Nr. 112).
(34) Europäisches Auslieferungsübereinkommen (SEV Nr. 24).
(35) Vgl.: Finnland hat gemäß Artikel 6 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens folgende Erklärung abgegeben: „Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck ‚Staatsangehörige‘ Staatsangehörige von Finnland, Dänemark, Island, Norwegen und Schweden sowie Ausländer, die in diesen Staaten ihren Wohnsitz haben.“
(36) ABl. L 181 vom 19.7.2003, S. 27.
(37) ABl. L 149 vom 30.4.2021, S. 10.
(38) Artikel 614 Absätze 1 und 3 des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit lauten wie folgt: „1. Falls zwei oder mehr Staaten einen Europäischen Haftbefehl oder einen Haftbefehl für dieselbe Person erlassen haben, wird die Entscheidung, welcher dieser Haftbefehle vollstreckt wird, von der vollstreckenden Justizbehörde getroffen, wobei alle Umstände angemessen berücksichtigt werden, insbesondere die relative Schwere der Straftaten und der Ort des Begehens der Straftat, die jeweiligen Daten der Haftbefehle oder Europäischen Haftbefehle und ob sie zum Zweck der Strafverfolgung oder zu dem der Vollstreckung einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung eines Mitgliedsstaats, die aus dem Unionsrecht entspringt, insbesondere aus den Prinzipien der Freizügigkeit und des Diskriminierungsverbots aufgrund der Staatsangehörigkeit, ausgestellt wurden. 3. Bei Zusammentreffen eines Haftbefehls mit einem Auslieferungsersuchen eines Drittstaats entscheidet die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats unter gebührender Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der in Absatz 1 genannten Umstände sowie der in dem anwendbaren Übereinkommen oder Abkommen beschriebenen Umstände, ob der Haftbefehl oder das Auslieferungsersuchen Vorrang hat.“
(39) Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17, ECLI:EU:C:2018:898, Rn 29, und Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Auslieferung an die Ukraine), C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032, Rn. 32.
(40) Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Auslieferung an die Ukraine), C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032, Rn. 31.
(41) Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262.
(42) Artikel 4 des EWR-Abkommens lautet wie folgt: „Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Abkommens ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.“
(43) Artikel 36 Absatz 1 des EWR-Abkommens lautet wie folgt: „Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der freie Dienstleistungsverkehr im Gebiet der Vertragsparteien für Angehörige der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten, die in einem anderen EG-Mitgliedstaat beziehungsweise einem anderen EFTA-Staat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, keinen Beschränkungen.“
(44) Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262, Rn. 52–55.
(45) Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018, Pisciotti, C-191/16, ECLI:EU:C:2018:222, Rn. 34.
(46) Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262, Rn. 54.
(47) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630, Rn. 41.
(48) Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Auslieferung an die Ukraine), C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032, Rn. 49 und 50.
(49) Eine Liste der von den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie von Norwegen und Island benannten nationalen Kontaktstellen ist auf der EJN-Website veröffentlicht (siehe Abschnitt 4.1).
(50) Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Auslieferung an die Ukraine), C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032, Rn. 48.
(51) Ebda.
(52) Ebda., Rn. 49.
(53) Ebda., Rn. 51.
(54) Ebda., Rn. 48.
(55) Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (ABl. L 130 vom 1.5.2014, S. 1).
(56) Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Auslieferung an die Ukraine), C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032, Rn. 55.
(57) Gemäß Artikel 6 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl bzw. gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Übereinkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen.
(58) Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018, Pisciotti, C-191/16, ECLI:EU:C:2018:222, Rn. 54.
(59) Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2020, Generalstaatsanwaltschaft Berlin (Auslieferung an die Ukraine), C-398/19, ECLI:EU:C:2020:1032, Rn. 53 und 54.
(60) Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17, ECLI:EU:C:2018:898, Rn. 46.
(61) Ebda., Rn. 48.
(62) Rechtssache C-237/21, Generalstaatsanwaltschaft München.
(63) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630, Rn. 52 und 53, und Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262, Rn. 63. Artikel 51 Absatz 1 der Charta lautet: „(1) Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in den Verträgen übertragen werden.“
(64) ABl. L 181 vom 19.7.2003, S. 27.
(65) ABl. L 149 vom 30.4.2021, S. 10.
(66) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630, Rn. 60; Beschluss des Gerichtshofs vom 6. September 2017, Schotthöfer & Steiner/Adelsmayr, C-473/15, ECLI:EU:C:2017:633; Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2018, Raugevicius, C-247/17, ECLI:EU:C:2018:898, Rn. 49; Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Ruska Federacija, C-897/19 PPU, ECLI:EU:C:2020:262, Rn. 63 bis 68.
(67) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630, Rn. 57, 58 und 59.
(68) Vgl. Absatz 3.1.1. oben.
(69) Eine Rotecke („Red Notice“ oder „rote Fahndungsausschreibung“) ist weder ein Auslieferungsersuchen noch ein internationaler Haftbefehl. Es handelt sich um ein an Strafverfolgungsbehörden weltweit gerichtetes Ersuchen, eine Person ausfindig zu machen und vorläufig festzunehmen, für die eine Auslieferung, Übergabe oder ähnliche rechtliche Maßnahmen anhängig sind. Eine Rotecke stützt sich jedoch auf einen internationalen Haftbefehl oder eine Gerichtsentscheidung, unterstützt das Auslieferungsverfahren und enthält nationale Kriminalitätsdaten (es sei denn, die Rotecke wird von einem internationalen Gerichtshof herausgegeben). Gemäß Artikel 82 der Interpol-Regeln für die Verarbeitung von Daten [IRPD, III/IRPD/GA/2011 (2019)] werden Rotecken „auf Antrag eines Nationalen Zentralbüros oder einer internationalen Einrichtung mit Ermittlungs- und Strafverfolgungsbefugnissen herausgegeben, wenn der Aufenthaltsort einer gesuchten Person ermittelt werden soll oder diese Person inhaftiert bzw. festgenommen werden soll oder ihre Bewegungsfreiheit in Hinblick auf ihre Auslieferung, Übergabe oder eine ähnliche gesetzlich vorgesehene Maßnahme eingeschränkt werden soll“.
(70) Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).
ANHANG 1
Darstellung der in Bezug auf Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung zu unternehmenden Schritte – Hauptschritte des Petruhhin-Mechanismus
ANHANG 2
Übersicht über Ausnahmen eigener Staatsangehöriger (Informationen laut Angaben der Staaten)
|
AT: |
Bundesgesetz vom 4. Dezember 1979 über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen (Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz – ARHG), § 12. |
|
BE: |
Auslieferungsgesetz vom 15. März 1874, Artikel 1 und 2. |
|
BG: |
Verfassung, Artikel 25 Absatz 4. |
|
CY: |
Verfassung, Artikel 11 Buchstabe f (die Auslieferung eines Staatsangehörigen ist nur gemäß einem für die Republik bindenden internationalen Vertrag zulässig, sofern dieser Vertrag von der Gegenpartei entsprechend angewandt wird, und in Bezug auf Handlungen, die nach dem Inkrafttreten der fünften Verfassungsänderung im Jahr 2006 eingetreten sind). |
|
CZ: |
Charta der Grundrechte und Grundfreiheiten als Teil der Verfassungsordnung der Tschechischen Republik, Artikel 14 Absatz 4. Die Auslieferung eines tschechischen Staatsangehörigen an einen Drittstaat ist möglich, wenn der Staatsangehörige seiner Auslieferung an diesen Staat zustimmt (Abschnitt 91 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes über die internationale justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen). |
|
DE: |
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 16 Absatz 2. |
|
EE: |
Verfassung, Artikel 36 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage eines internationalen Vertrags zugelassen). |
|
EL: |
Strafprozessordnung, Artikel 438. |
|
ES: |
Auslieferungsgesetz von 1985, Artikel 3 (es sei denn, dies ist in einem Vertrag vorgesehen, gemäß dem Grundsatz der Gegenseitigkeit). |
|
FI: |
Verfassung, Abschnitt 9 Absatz 3 (in einem Gesetz kann festgelegt werden, dass ein finnischer Staatsangehöriger aufgrund einer strafbaren Handlung zum Zwecke eines Gerichtsverfahrens an ein Land ausgeliefert werden kann, in dem seine Menschenrechte und sein Rechtsschutz gewährleistet sind). Auslieferungsgesetz (456/1970) Abschnitt 2 (über die Zusammenarbeit mit anderen Ländern als den EU-Mitgliedstaaten; finnische Staatsangehörige dürfen nicht ausgeliefert werden. Gleiches gilt für das Vereinigte Königreich). |
|
FR: |
Strafprozessordnung, Artikel 696-4. |
|
HR: |
Verfassung, Artikel 9 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage eines Vertrags zugelassen). |
|
HU |
Gesetz XXXVIII von 1996 über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Abschnitt 13. |
|
IS: |
Gesetz Nr. 13 von 1984, Gesetz über die Auslieferung von Straftätern und sonstige Unterstützung in Strafverfahren (gilt nicht für Ersuchen Dänemarks, Finnlands, Norwegens und Schwedens). |
|
IE: |
Gemäß dem irischen Auslieferungsgesetz von 1965 kann Irland seine eigenen Staatsangehörigen ausliefern, wenn ein Auslieferungsabkommen mit einem Drittstaat besteht, und dieses Land kann seine eigenen Staatsangehörigen an Irland ausliefern. |
|
IT: |
Verfassung, Artikel 26 Absatz 1 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage eines Vertrags zugelassen). |
|
LT |
Verfassung, Artikel 13 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage eines Vertrags zugelassen). |
|
LU: |
Geändertes Gesetz vom 20. Juni 2001, Artikel 7. |
|
LV: |
Verfassung, Artikel 98 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage eines Vertrags zugelassen). |
|
MT: |
Verfassung, Artikel 43 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage eines Vertrags zugelassen). |
|
NL: |
Uitleveringswet, Artikel 4 (eine Auslieferung für Strafverfolgungszwecke ist zugelassen, wenn Garantien gegeben werden). |
|
NO: |
Gesetz Nr. 39 vom 13. Juni 1975 betreffend die Auslieferung von Straftätern (gilt nicht für Ersuchen von Staaten in der Europäischen Union und von Island). |
|
PL: |
Verfassung, Artikel 55. |
|
PT: |
Verfassung, Artikel 33 Absatz 1 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage eines Vertrags oder im Rahmen von Garantien zugelassen, und nur für Strafverfolgungszwecke). |
|
RO: |
Verfassung, Artikel 19 Absatz 2 (es sei denn, die Auslieferung ist auf der Grundlage internationaler Abkommen zugelassen, denen Rumänien beigetreten ist, nach dem Gesetz und auf Grundlage der Gegenseitigkeit). |
|
SE: |
Gesetz (1957:668) über Auslieferung, Abschnitt 2. |
|
SI: |
Verfassung, Artikel 47. |
|
SK: |
Strafprozessordnung, Abschnitt 501 (außer in Fällen, in denen eine Auslieferungspflicht durch Gesetz, einen völkerrechtlichen Vertrag oder den Beschluss einer internationalen Organisation, an den die Slowakische Republik gebunden ist, vorgesehen ist). |
|
|
Staat, der nicht ausdrücklich eine Ausnahme eigener Staatsangehöriger vorsieht: |
|
DK: |
Dänisches Auslieferungsgesetz, Artikel 18 (allerdings sind strengere Vorschriften für die Auslieferung eigener Staatsangehöriger als für die von Staatsangehörigen anderer Staaten vorgesehen). |
ANHANG 3
Muster für die Unterrichtung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person hat
An die zuständige Behörde von: … [Staat(en)]
Mit diesem Schreiben werden Sie darüber unterrichtet, dass ein Haftbefehl/ein Auslieferungsersuchen für die Zwecke der [Zutreffendes ankreuzen]:
|
☐ |
Strafverfolgung |
|
☐ |
Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung |
von einem Drittstaat in Bezug auf eine Person (aus)gestellt wurde, die die Staatsangehörigkeit Ihres Staates besitzt.
Angaben zur Identität der gesuchten Person
Familienname:
Vorname(n):
ggf. Geburtsname:
ggf. Aliasname:
Geschlecht:
Staatsangehörigkeit:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Wohnort und/oder bekannte Anschrift:
Falls bekannt: Sprache oder Sprachen, die die gesuchte Person versteht:
Besondere Kennzeichen/Beschreibung der gesuchten Person:
Angaben zur Behörde des ersuchenden Drittstaats
Ausstellender Drittstaat:
(Justiz-)Behörde, die den Haftbefehl/das Auslieferungsersuchen (aus)gestellt hat:
Name ihres Vertreters:
Funktion (Titel/Dienstrang):
Aktenzeichen:
Anschrift:
Kontaktdaten:
Angaben zu den Straftaten, die der betreffenden Person zur Last gelegt werden
Das Auslieferungsersuchen betrifft insgesamt … [Anzahl] Straftaten.
Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat(en) begangen wurde(n), einschließlich Tatzeit (Datum und Uhrzeit), Tatort und Art der Beteiligung der gesuchten Person an der(n) Straftat(en):
|
|
Art und rechtliche Würdigung der Straftat(en), einschließlich der anwendbaren Gesetzes-/Rechtsnorm:
|
|
Weitere vom Drittstaat bereitgestellte Angaben (die vom Drittstaat bereitgestellten Unterlagen sind diesem Formblatt als Anhang beigefügt, wenn möglich):
|
|
Die zuständigen Behörden des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person hat, werden ersucht, auf der Grundlage der vorstehenden Angaben über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls/EU-IS/NO-Haftbefehls gegen die gesuchte Person zu entscheiden, um die Strafverfolgung bezüglich derselben Straftat(en)/Handlung(en) durchzuführen, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist/sind, zu übernehmen.
Die unterrichtende Behörde betrachtet … [Zeitraum] als angemessene Frist, um bis zum … [maßgebliches Datum] von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt zu werden.
Nach Ablauf dieser Frist wird der ersuchte Staat das Auslieferungsverfahren fortführen, wenn beim ersuchten Staat bis dahin keine Antwort des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person hat, eingegangen ist.
Machen Sie bitte sachdienliche Angaben zum Auslieferungsersuchen zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung:
|
|
Alternativ dazu geben Sie bitte an, dass ein begründeter Verdacht besteht, dass das Auslieferungsersuchen politisch motiviert ist, und belegen Sie dies:
|
|
Kontaktangaben der zuständigen Behörde, die Informationen über das Auslieferungsersuchen übermittelt
Staat:
Zuständige Behörde:
Kontaktperson:
Funktion:
Aktenzeichen:
Kontaktdaten (E-Mail-Adresse/Telefonnummer):
Datum und Unterschrift
ANHANG 4
Muster für die Übermittlung zusätzlicher Angaben an den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die gesuchte Person hat
An die zuständige Behörde von: …
Im Anschluss an die Mitteilung vom … [Datum] übermittelt der unterrichtende Staat gemäß der im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Petruhhin (1) festgelegten Verpflichtung zur Einleitung eines Konsultationsverfahrens zusätzliche Angaben, die für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls/EU-IS/NO-Haftbefehls von Nutzen sein können.
Angaben zur Identität der gesuchten Person
Familienname:
Vorname(n):
ggf. Geburtsname:
ggf. Aliasname:
Geschlecht:
Staatsangehörigkeit:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Wohnort und/oder bekannte Anschrift:
Falls bekannt: Sprache oder Sprachen, die die gesuchte Person versteht:
Besondere Kennzeichen/Beschreibung der gesuchten Person:
Angaben zur Behörde des ersuchenden Drittstaats
Ausstellender Drittstaat:
(Justiz-)Behörde, die den Haftbefehl/das Auslieferungsersuchen (aus)gestellt hat:
Name ihres Vertreters:
Funktion (Titel/Dienstrang):
Aktenzeichen:
Anschrift:
Kontaktdaten:
Weitere sachdienliche Angaben:
|
|
Kontaktdaten des Staates, der die Angaben zum Auslieferungsersuchen übermittelt
Staat:
Zuständige Behörde:
Kontaktperson:
Funktion:
Aktenzeichen:
Kontaktdaten (E-Mail-Adresse/Telefonnummer):
Zentrale Behörde:
Datum und Unterschrift
(1) Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2016, Petruhhin, C-182/15, ECLI:EU:C:2016:630.
ANHANG 5
Muster für die Beantragung einer Verlängerung der Frist für die Unterrichtung der ersuchten Behörde gemäß dem Petruhhin-Mechanismus
Im Anschluss an die von … am … [Datum] eingegangene Mitteilung über das Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung in Bezug auf den Staatsangehörigen des betroffenen Staates, … [Name der betreffenden Person], ausgestellt von … [Drittstaat], ersucht der betroffene Staat um eine Verlängerung der vom ersuchten Staat eingeräumten Frist für die Unterrichtung über eine Entscheidung über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls/EU-IS/NO-Haftbefehls gemäß der Anwendung des Petruhhin-Mechanismus.
Es wird im Einzelnen darum ersucht, die Frist um … [Zeitraum/Tage] zu verlängern, sodass der ersuchte Staat bis zum … [Datum] über diese Entscheidung unterrichtet wird.
Nähere Angaben dazu, warum die Verlängerung notwendig ist.
|
|
Einschlägige Kontaktangaben
Staat:
Zuständige Behörde:
Kontaktperson:
Funktion:
Aktenzeichen:
Kontaktdaten (E-Mail-Adresse/Telefonnummer):
Datum und Unterschrift
ANHANG 6
Muster für die Beantwortung eines Antrags auf Fristverlängerung
Im Anschluss an den Antrag Ihres Staates auf Verlängerung der Frist für die Unterrichtung über eine Entscheidung über die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls/EU-IS/NO-Haftbefehls gemäß dem Petruhhin-Mechanismus in Bezug auf die Mitteilung des ersuchten Staates vom … [Datum] über das Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung in Bezug auf … [Name der betreffenden Person], gestellt von … [Drittstaat],
teilt der ersuchte Staat mit, dass er [Zutreffendes ankreuzen]:
|
☐ a) |
die Fristverlängerung akzeptiert, wie sie vom Staat, dessen Staatsangehörigkeit die betroffene Person hat, vorgeschlagen wurde, |
|
☐ b) |
eine Verlängerung der Frist um … [Zeitraum/Tage] akzeptiert; die Unterrichtung über die Entscheidung sollte bis zum … [Datum] übermittelt werden; |
|
☐ c) |
die Frist nicht wie vom Staat, dessen Staatsangehörigkeit die betroffene Person hat, vorgeschlagen verlängern kann. |
Im Fall von c) bitte die Gründe für die Nichtgewährung der Verlängerung angeben:
|
|
Einschlägige Kontaktangaben
Staat:
Zuständige Behörde:
Kontaktperson:
Funktion:
Aktenzeichen:
Kontaktdaten (E-Mail-Adresse/Telefonnummer):
Datum und Unterschrift
ANHANG 7
Muster für die Übermittlung einer Antwort des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die betroffene Person hat, an den ersuchten Staat
Im Anschluss an die von … am … [Datum] eingegangene Mitteilung über das Auslieferungsersuchen zum Zwecke der Strafverfolgung, das von … [Drittstaat] in Bezug auf einen Staatsangehörigen dieses Staates gestellt wurde, sowie den in dieser Mitteilung enthaltenen Angaben, teilt der diese Antwort übermittelnde Staat mit, dass er [Zutreffendes ankreuzen]:
|
☐ a) |
einen Europäischen Haftbefehl/EU-IS/NO-Haftbefehl gegen die gesuchte Person bezüglich derselben(n) Straftat(en)/Handlung(en) wie das Auslieferungsersuchen ausgestellt hat, |
|
☐ b) |
keinen Europäischen Haftbefehl/EU-IS/NO-Haftbefehl gegen die gesuchte Person ausstellen wird, |
|
☐ c) |
Informationen übermittelt, da das Auslieferungsersuchen unbegründet/missbräuchlich/politisch motiviert ist:
|
Angaben der betreffenden Person
Familienname:
Vorname(n):
ggf. Geburtsname:
ggf. Aliasname:
Geschlecht:
Staatsangehörigkeit:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Wohnort und/oder bekannte Anschrift:
Angaben der zuständigen Behörden
Ausstellender Staat:
Zuständige Behörde:
Name ihres Vertreters:
Funktion (Titel/Dienstrang):
Aktenzeichen:
Anschrift:
Kontaktdaten:
Falls zutreffend: Zuständige ausstellende Justizbehörde
Name ihres Vertreters:
Funktion (Titel/Dienstrang):
Aktenzeichen:
Anschrift:
Kontaktdaten:
Formelle Entscheidung über die Ausstellung des Europäischen Haftbefehls/EU-IS/NO-Haftbefehls (als Anlage beigefügt, wenn bereits ausgestellt):
|
|
Weitere Informationen:
|
|
Einschlägige Kontaktangaben
Staat:
Zuständige Behörde:
Kontaktperson:
Funktion:
Aktenzeichen:
Kontaktdaten (E-Mail-Adresse/Telefonnummer):
Datum und Unterschrift
ANHANG 8
Muster für die Übermittlung oder Anforderung von Informationen über unbegründete, missbräuchliche, insbesondere politisch motivierte Auslieferungsersuchen und/oder Ersuchen, die Bedenken in Bezug auf die Charta/die EMRK auslösen
Gerichtet an [Zutreffendes ankreuzen]:
|
☐ |
die benannte Kontaktstelle von … [Staat(en)] |
|
☐ |
alle 29 Kontaktstellen |
|
☐ |
Eurojust |
|
☐ |
Europol |
|
☐ |
Interpol |
Dieses Dokument dient dazu, Informationen anzufordern oder mitzuteilen, dass ein Auslieferungsersuchen eines Drittstaats vorliegt, das als unbegründet, missbräuchlich, insbesondere politisch motiviert, betrachtet wird.
Angaben zur Identität der gesuchten Person
Familienname:
Vorname(n):
ggf. Geburtsname:
ggf. Aliasname:
Geschlecht:
Staatsangehörigkeit:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Wohnort und/oder bekannte Anschrift:
Falls bekannt: Sprache oder Sprachen, die die gesuchte Person versteht:
Besondere Kennzeichen/Beschreibung der gesuchten Person:
Angaben zur ersuchenden Behörde des Drittstaats und zum Auslieferungsersuchen
1. Ausstellender Drittstaat:
(Justiz-)Behörde, die den Haftbefehl/das Auslieferungsersuchen (aus)gestellt hat:
Name ihres Vertreters:
Funktion (Titel/Dienstrang):
Aktenzeichen:
Anschrift:
Kontaktdaten:
2. Auslieferungsersuchen [Zutreffendes ankreuzen]:
|
☐ |
zum Zwecke der Strafverfolgung |
|
☐ |
zum Zwecke der Vollstreckung einer Strafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung |
Referenznummer des Auslieferungsersuchens:
3. Angaben zu den Straftaten, die der betreffenden Person zur Last gelegt werden:
Das Auslieferungsersuchen betrifft insgesamt … [Anzahl] Straftaten.
Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat(en) begangen wurde(n), einschließlich Tatzeit (Datum und Uhrzeit), Tatort und Art der Beteiligung der gesuchten Person an der(n) Straftat(en):
|
|
Art und rechtliche Würdigung der Straftat(en), einschließlich der anwendbaren Gesetzes-/Rechtsnorm:
|
|
Gründe für die Annahme, dass das Auslieferungsersuchen als unbegründet, missbräuchlich, insbesondere politisch motiviert betrachtet wird, und/oder dass das Ersuchen Bedenken in Bezug auf die Charta/der EMRK auslöst:
(bitte näher ausführen):
|
|
Kontaktdaten des Staates, der die Angaben zum Auslieferungsersuchen übermittelt
Staat:
Zuständige Behörde:
Kontaktperson:
Funktion:
Aktenzeichen:
Kontaktdaten (E-Mail-Adresse/Telefonnummer):
Datum und Unterschrift
IV Informationen
INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION
Europäische Kommission
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/36 |
Euro-Wechselkurs (1)
7. Juni 2022
(2022/C 223/02)
1 Euro =
|
|
Währung |
Kurs |
|
USD |
US-Dollar |
1,0662 |
|
JPY |
Japanischer Yen |
141,66 |
|
DKK |
Dänische Krone |
7,4395 |
|
GBP |
Pfund Sterling |
0,85365 |
|
SEK |
Schwedische Krone |
10,5039 |
|
CHF |
Schweizer Franken |
1,0423 |
|
ISK |
Isländische Krone |
138,90 |
|
NOK |
Norwegische Krone |
10,1843 |
|
BGN |
Bulgarischer Lew |
1,9558 |
|
CZK |
Tschechische Krone |
24,739 |
|
HUF |
Ungarischer Forint |
389,33 |
|
PLN |
Polnischer Zloty |
4,5813 |
|
RON |
Rumänischer Leu |
4,9426 |
|
TRY |
Türkische Lira |
17,8702 |
|
AUD |
Australischer Dollar |
1,4884 |
|
CAD |
Kanadischer Dollar |
1,3437 |
|
HKD |
Hongkong-Dollar |
8,3656 |
|
NZD |
Neuseeländischer Dollar |
1,6582 |
|
SGD |
Singapur-Dollar |
1,4685 |
|
KRW |
Südkoreanischer Won |
1 340,75 |
|
ZAR |
Südafrikanischer Rand |
16,4059 |
|
CNY |
Chinesischer Renminbi Yuan |
7,1146 |
|
HRK |
Kroatische Kuna |
7,5244 |
|
IDR |
Indonesische Rupiah |
15 412,37 |
|
MYR |
Malaysischer Ringgit |
4,6865 |
|
PHP |
Philippinischer Peso |
56,421 |
|
RUB |
Russischer Rubel |
|
|
THB |
Thailändischer Baht |
36,768 |
|
BRL |
Brasilianischer Real |
5,1256 |
|
MXN |
Mexikanischer Peso |
20,8435 |
|
INR |
Indische Rupie |
82,8730 |
(1) Quelle: Von der Europäischen Zentralbank veröffentlichter Referenz-Wechselkurs.
V Bekanntmachungen
VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER GEMEINSAMEN HANDELSPOLITIK
Europäische Kommission
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/37 |
Bekanntmachung der Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antisubventionsmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China
(2022/C 223/03)
Nach Veröffentlichung der Bekanntmachung des bevorstehenden Außerkrafttretens (1) der Antisubventionsmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (im Folgenden „VR China“ oder „betroffenes Land“) ging bei der Europäischen Kommission (im Folgenden „Kommission“) ein Antrag auf Einleitung einer Überprüfung nach Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (2) (im Folgenden „Grundverordnung“) ein.
1. Überprüfungsantrag
Der Antrag wurde am 9. März 2022 im Sinne des Artikels 10 Absatz 6 der Grundverordnung vom Verband der Europäischen Stahlhersteller (European Steel Association – im Folgenden „Eurofer“ oder „Antragsteller“) im Namen des bestimmte warmgewalzte Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl herstellenden Wirtschaftszweigs der Union gestellt.
Eine öffentlich zugängliche Fassung des Antrags und die Analyse, inwieweit der Antrag von den Unionsherstellern unterstützt wird, sind in dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier verfügbar. Abschnitt 5.6 dieser Bekanntmachung enthält Informationen über den Zugang zum Dossier für interessierte Parteien.
2. Zu überprüfende Ware
Bei der zu überprüfenden Ware handelt es sich um bestimmte Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem oder anderem legiertem Stahl, auch in Rollen (Coils) (auch zugeschnittene Waren und Schmalbanderzeugnisse („narrow strip“)), nur warmgewalzt, weder plattiert noch überzogen (im Folgenden „warmgewalzte Flacherzeugnisse“ oder „zu überprüfende Ware“).
Die folgenden Waren fallen nicht unter diese Überprüfung:
|
i) |
Erzeugnisse aus nicht rostendem Stahl und kornorientiertem Siliciumelektrostahl, |
|
ii) |
Erzeugnisse aus Werkzeugstahl und Schnellarbeitsstahl, |
|
iii) |
Erzeugnisse, nicht in Rollen, ohne Oberflächenmuster, mit einer Dicke von mehr als 10 mm und einer Breite von 600 mm oder mehr, und |
|
iv) |
Erzeugnisse, nicht in Rollen, ohne Oberflächenmuster, mit einer Dicke von 4,75 mm oder mehr, aber nicht mehr als 10 mm, und einer Breite von 2 050 mm oder mehr. |
Die zu überprüfende Ware wird derzeit unter den KN-Codes 7208 10 00, 7208 25 00, 7208 26 00, 7208 27 00, 7208 36 00, 7208 37 00, 7208 38 00, 7208 39 00, 7208 40 00, 7208 52 10, 7208 52 99, 7208 53 10, 7208 53 90, 7208 54 00, 7211 13 00, 7211 14 00, 7211 19 00, ex 7225 19 10 (TARIC-Code 7225191090), 7225 30 90, ex 7225 40 60 (TARIC-Code 7225406090), 7225 40 90, ex 7226 19 10 (TARIC-Codes 7226191091, 7226191095), 7226 91 91 und 7226 91 99 eingereiht. Die KN- und TARIC-Codes werden nur informationshalber angegeben; mögliche Änderungen der Codes in künftigen Phasen des Verfahrens bleiben davon unberührt.
3. Geltende Maßnahmen
Bei den derzeit geltenden Maßnahmen handelt es sich um endgültige Antisubventionszölle, die mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/969 der Kommission (3) eingeführt wurden.
4. Gründe für die Überprüfung
Der Antrag wurde damit begründet, dass bei Außerkrafttreten der Maßnahmen mit einem Anhalten oder erneuten Auftreten der Subventionierung und einem erneuten Auftreten der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union zu rechnen sei.
4.1 Behauptung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Subventionierung
Der Antragsteller hat hinreichende Beweise dafür vorgelegt, dass die meisten der in der Ausgangsuntersuchung angefochtenen Subventionsregelungen nach wie vor in Kraft sind und dass die Hersteller der zu überprüfenden Ware im betroffenen Land auf Landes- und auf Provinzebene Subventionen von der Regierung der Volksrepublik China erhalten haben und weiterhin erhalten dürften.
Der Antragsteller ermittelte auch ein weiteres Subventionsprogramm, nämlich Schuldenswap-Programme, die in der Ausgangsuntersuchung nicht untersucht wurden. Diese Regelung scheint anfechtbar zu sein.
Der Antragsteller quantifizierte die derzeitige Höhe der Subventionierung nicht für alle Subventionen genau. Aus den im Antrag enthaltenen Beweisen geht jedoch hervor, dass die Höhe der Subventionierung nach wie vor erheblich ist.
Bei den mutmaßlichen Subventionierungspraktiken handelt es sich unter anderem um i) einen direkten Transfer von Geldern, ii) den Verzicht auf Einnahmen bzw. die Nichterhebung von Abgaben durch die Regierung, iii) die Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen durch die Regierung zu einem geringeren als dem angemessenen Entgelt und iv) Zahlungen an einen Fördermechanismus oder die Betrauung einer privaten Einrichtung mit der Wahrnehmung einer oder mehrerer der genannten Aufgaben bzw. die Erteilung entsprechender Anweisungen an eine private Einrichtung. Der Antragsteller nannte unter anderem folgende mutmaßliche Praktiken: Vorzugsdarlehen, Zuschüsse und Befreiungen von direkten Steuern. Er gab auch die Bereitstellung von Land durch die Regierung zu einem geringeren als dem angemessenen Entgelt und die mögliche Nutzung des Schuldenswap-Programms an. Einige der angeführten Subventionierungspraktiken wurden bereits in der Ausgangsuntersuchung angefochten, während es sich bei anderen um zusätzliche oder neue Subventionen handelt, die in der Ausgangsuntersuchung nicht geprüft wurden.
Der Antragsteller brachte vor, dass es sich bei den beschriebenen Maßnahmen um Subventionen handele, da sie eine finanzielle Beihilfe der Regierung des betroffenen Landes beinhalteten und den Herstellern der zu überprüfenden Ware einen Vorteil verschafften. Diese Subventionen seien spezifisch für ein Unternehmen oder einen Wirtschaftszweig, dessen Tätigkeit gefördert wird, und seien daher anfechtbar.
Vor dem Hintergrund des Artikels 18 Absatz 2 der Grundverordnung erstellte die Kommission einen Vermerk über die Hinlänglichkeit der Beweise mit einer Bewertung aller ihr vorliegenden Beweise; auf dieser Grundlage leitet die Kommission die jetzige Untersuchung ein. Der Vermerk ist in dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier enthalten.
Die Kommission behält sich das Recht vor, andere relevante Subventionierungspraktiken zu untersuchen, die möglicherweise im Laufe der Untersuchung bekannt werden.
4.2 Behauptung der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens der Schädigung
Laut dem Antragsteller ist auch ein erneutes Auftreten der Schädigung durch Einfuhren aus dem betroffenen Land wahrscheinlich. Diesbezüglich legte der Antragsteller genügend Beweise vor, wonach die Einfuhren der zu überprüfenden Ware aus dem betroffenen Land in die Union im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen zunehmen dürften, weil die ausführenden Hersteller im betroffenen Land über ein erhebliches Maß an ungenutzten Produktionskapazitäten verfügen. Die Attraktivität des Unionsmarktes aufgrund seiner Größe und Preise ist ein weiterer Faktor in dieser Hinsicht, da die Preise der Ausfuhren der zu überprüfenden Ware aus dem betroffenen Land auf Märkte anderer Drittländer unter jenen des Wirtschaftszweiges der Union liegen.
Der Antragsteller führte ferner an, die Beseitigung der Schädigung sei in erster Linie auf die geltenden Maßnahmen zurückzuführen; sollten – bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen – die Einfuhren zu subventionierten Preisen aus dem betroffenen Land steigen, so würde der Wirtschaftszweig der Union wahrscheinlich erneut geschädigt.
5. Verfahren
Die Kommission kam nach Anhörung des nach Artikel 25 Absatz 1 der Grundverordnung eingesetzten Ausschusses zu dem Schluss, dass genügend Beweise dafür vorliegen, dass mit einer Subventionierung und einer Schädigung zu rechnen ist, sodass die Einleitung einer Auslaufüberprüfung gerechtfertigt ist; sie leitet daher eine Überprüfung nach Artikel 18 der Grundverordnung ein.
Bei der Auslaufüberprüfung wird untersucht, ob damit zu rechnen ist, dass bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen die Subventionierung der zu überprüfenden Ware mit Ursprung in dem betroffenen Land anhält oder erneut auftritt und der Wirtschaftszweig der Union weiter bzw. erneut geschädigt wird.
Der Regierung des betroffenen Landes wurden nach Artikel 10 Absatz 7 der Grundverordnung Konsultationen angeboten.
Die Kommission weist die Parteien außerdem auf die veröffentlichte Bekanntmachung über die Folgen des COVID-19-Ausbruchs für Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen (4) hin, die auf dieses Verfahren anwendbar sein könnte.
Die Kommission weist die Parteien ferner auf die parallel laufende Antidumpinguntersuchung (5) hin, die dieselbe Ware betrifft. Die ausführenden Hersteller, der Wirtschaftszweig der Union und alle im Rahmen dieser Antidumpinguntersuchung interessierten Parteien werden gebeten, sich getrennt für diese Untersuchung registrieren zu lassen und die einschlägigen Informationen unabhängig von einer im Rahmen der Antidumpinguntersuchung möglicherweise bereits erfolgten Übermittlung von Informationen gemäß den in dieser Bekanntmachung festgelegten Modalitäten und Fristen vorzulegen. Informationen oder Stellungnahmen, die im Zusammenhang mit der Antidumpinguntersuchung übermittelt werden, werden bei dieser Untersuchung nicht automatisch berücksichtigt, und die Parteien müssen grundsätzlich alle Informationen zu dieser Untersuchung gesondert im Rahmen dieses Verfahrens übermitteln.
5.1 Untersuchungszeitraum der Überprüfung und Bezugszeitraum
Die Untersuchung bezüglich eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Subventionierung erstreckt sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 (im Folgenden „Untersuchungszeitraum der Überprüfung“). Die Untersuchung der Entwicklungen, die für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Schädigung relevant sind, betrifft den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums der Überprüfung (im Folgenden „Bezugszeitraum“).
5.2 Stellungnahmen zum Antrag und zur Einleitung der Untersuchung
Interessierte Parteien, die zum Antrag (zum Beispiel zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Schadensursache oder dem erneuten Auftreten der Schädigung) oder zu Aspekten im Zusammenhang mit der Einleitung der Untersuchung (zum Beispiel zu der Frage, inwieweit der Antrag unterstützt wird) Stellung nehmen möchten, müssen dies binnen 37 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union (6) tun.
Anträge auf Anhörung, die die Einleitung der Untersuchung betreffen, müssen binnen 15 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung gestellt werden.
5.3 Verfahren zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Subventionierung
Bei einer Auslaufüberprüfung untersucht die Kommission Ausfuhren, die im Untersuchungszeitraum der Überprüfung in die Union getätigt wurden, und prüft, unabhängig von den Ausfuhren in die Union, ob die Lage der Unternehmen, die die zu überprüfende Ware im betroffenen Land herstellen und verkaufen, sich so darstellt, dass bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen die Ausfuhren zu subventionierten Preisen in die Union fortgesetzt oder erneut getätigt werden dürften.
Daher werden alle Hersteller (7) der zu überprüfenden Ware aus dem betroffenen Land gebeten, bei der Untersuchung der Kommission mitzuarbeiten; dies gilt auch für diejenigen, die nicht bei der Untersuchung mitgearbeitet haben, die zu den geltenden Maßnahmen führte.
5.3.1 Untersuchung der Hersteller im betroffenen Land
Da im betroffenen Land eine Vielzahl von Herstellern von dieser Auslaufüberprüfung betroffen sein dürfte und da es gilt, die Untersuchung fristgerecht abzuschließen, kann die Kommission die Zahl der zu untersuchenden Hersteller auf ein vertretbares Maß beschränken, indem sie eine Stichprobe bildet (im Folgenden „Stichprobenverfahren“). Das Stichprobenverfahren wird nach Artikel 27 der Grundverordnung durchgeführt.
Damit die Kommission über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden kann, werden alle Hersteller oder die in ihrem Namen handelnden Vertreter hiermit gebeten, mit der Kommission Kontakt aufzunehmen und der Kommission binnen 7 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung Angaben zu ihren Unternehmen vorzulegen; dies gilt auch für diejenigen, die nicht bei der Untersuchung mitgearbeitet haben, die zu den jetzt zur Überprüfung anstehenden Maßnahmen führte. Diese Angaben sind über TRON.tdi unter folgender Adresse zu übermitteln:
https://tron.trade.ec.europa.eu/tron/tdi/form/R770_SAMPLING_FORM_FOR_EXPORTING_PRODUCER
Informationen zum Zugriff auf TRON enthalten die Abschnitte 5.6 und 5.9.
Die Kommission wird ferner mit den Behörden des betroffenen Landes sowie gegebenenfalls mit den ihr bekannten Herstellerverbänden im betroffenen Land Kontakt aufnehmen, um die Informationen einzuholen, die sie für die Auswahl der Herstellerstichprobe benötigt.
Ist die Bildung einer Stichprobe erforderlich, werden die Hersteller auf der Grundlage des größten repräsentativen Produktions-, Verkaufs- oder Ausfuhrvolumens ausgewählt, das in der zur Verfügung stehenden Zeit in angemessener Weise untersucht werden kann. Alle der Kommission bekannten Hersteller, die Behörden des betroffenen Landes und die Herstellerverbände werden von der Kommission (gegebenenfalls über die Behörden des betroffenen Landes) darüber in Kenntnis gesetzt, welche Unternehmen für die Stichprobe ausgewählt wurden.
Sobald die Kommission die erforderlichen Informationen erhalten hat, um eine Herstellerstichprobe zu bilden, teilt sie den betroffenen Parteien mit, ob sie in die Stichprobe einbezogen wurden. Sofern nichts anderes bestimmt ist, müssen die Hersteller, die für die Stichprobe ausgewählt wurden, binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung über ihre Einbeziehung in die Stichprobe einen ausgefüllten Fragebogen übermitteln.
Die Kommission nimmt in das zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmte Dossier einen Vermerk zur Stichprobenauswahl auf. Stellungnahmen zur Stichprobenauswahl müssen binnen 3 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Stichprobe eingehen.
Der Fragebogen für Hersteller im betroffenen Land steht in dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier und auf der Website der GD Handel (https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2594) zur Verfügung.
Unbeschadet des Artikels 28 der Grundverordnung gelten Unternehmen, die ihrer möglichen Einbeziehung in die Stichprobe zugestimmt haben, jedoch hierfür nicht ausgewählt werden, als mitarbeitend.
5.3.2 Untersuchung der unabhängigen Einführer (8) (9)
Die unabhängigen Einführer, die die zu überprüfende Ware aus dem betroffenen Land in die Union einführen, werden gebeten, bei dieser Untersuchung mitzuarbeiten; dies gilt auch für diejenigen, die nicht bei der Untersuchung mitgearbeitet haben, die zu den geltenden Maßnahmen führte.
Da eine Vielzahl unabhängiger Einführer von dieser Auslaufüberprüfung betroffen sein dürfte und da es gilt, die Untersuchung fristgerecht abzuschließen, kann die Kommission die Zahl der zu untersuchenden unabhängigen Einführer auf ein vertretbares Maß beschränken, indem sie eine Stichprobe bildet (im Folgenden „Stichprobenverfahren“). Das Stichprobenverfahren wird nach Artikel 27 der Grundverordnung durchgeführt.
Damit die Kommission über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden kann, werden alle unabhängigen Einführer oder die in ihrem Namen handelnden Vertreter hiermit dazu aufgefordert, mit der Kommission Kontakt aufzunehmen; dies gilt auch für diejenigen, die nicht bei der Untersuchung mitgearbeitet haben, die zu den jetzt zur Überprüfung anstehenden Maßnahmen führte. Die Parteien müssen dies binnen 7 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung tun, indem sie der Kommission die im Anhang erbetenen Angaben zu ihren Unternehmen übermitteln.
Ferner kann die Kommission mit den ihr bekannten Einführerverbänden Kontakt aufnehmen, um die Informationen einzuholen, die sie für die Auswahl der Stichprobe der unabhängigen Einführer benötigt.
Ist die Bildung einer Stichprobe erforderlich, können die Einführer auf der Grundlage der größten repräsentativen Verkaufsmenge der zu überprüfenden Ware aus dem betroffenen Land in der Union ausgewählt werden, die in der zur Verfügung stehenden Zeit angemessen untersucht werden kann. Alle der Kommission bekannten unabhängigen Einführer und Einführerverbände werden von ihr davon in Kenntnis gesetzt, welche Unternehmen für die Stichprobe ausgewählt wurden.
Die Kommission nimmt in das zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmte Dossier auch einen Vermerk zur Stichprobenauswahl auf. Stellungnahmen zur Stichprobenauswahl müssen binnen 3 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Stichprobe eingehen.
Die Kommission wird den in die Stichprobe einbezogenen unabhängigen Einführern Fragebogen zur Verfügung stellen, um die für ihre Untersuchung benötigten Informationen einzuholen. Sofern nichts anderes bestimmt ist, müssen die Parteien binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe der Stichprobe einen ausgefüllten Fragebogen übermitteln.
Der Fragebogen für unabhängige Einführer steht in dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier und auf der Website der GD Handel (https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2594) zur Verfügung.
5.4 Verfahren zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Schädigung
Damit festgestellt werden kann, ob ein Anhalten oder erneutes Auftreten der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union wahrscheinlich ist, werden die Unionshersteller der zu überprüfenden Ware gebeten, bei der Untersuchung der Kommission mitzuarbeiten.
Untersuchung der Unionshersteller
Da eine Vielzahl von Unionsherstellern von dieser Auslaufüberprüfung betroffen ist und da es gilt, die Untersuchung fristgerecht abzuschließen, hat die Kommission beschlossen, die Zahl der zu untersuchenden Unionshersteller auf ein vertretbares Maß zu beschränken, indem sie eine Stichprobe bildet (im Folgenden „Stichprobenverfahren“). Das Stichprobenverfahren wird nach Artikel 27 der Grundverordnung durchgeführt.
Die Kommission hat eine vorläufige Stichprobe der Unionshersteller gebildet. Genauere Angaben dazu können interessierte Parteien dem zur Einsichtnahme bestimmten Dossier entnehmen.
Die interessierten Parteien werden hiermit aufgefordert, zur vorläufigen Stichprobe Stellung zu nehmen. Ferner müssen andere Unionshersteller oder die in ihrem Namen handelnden Vertreter, die der Auffassung sind, dass bestimmte Gründe für die Einbeziehung ihres Unternehmens in die Stichprobe sprechen, die Kommission binnen 7 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung kontaktieren. Sofern nichts anderes bestimmt ist, müssen alle Stellungnahmen zur vorläufigen Stichprobe binnen 7 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung bei der Kommission eingegangen sein.
Alle der Kommission bekannten Unionshersteller und/oder Verbände von Unionsherstellern werden von ihr darüber in Kenntnis gesetzt, welche Unternehmen in die endgültige Stichprobe einbezogen wurden.
Sofern nichts anderes bestimmt ist, müssen die Unionshersteller, die für die Stichprobe ausgewählt wurden, binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung über ihre Einbeziehung in die Stichprobe einen ausgefüllten Fragebogen übermitteln.
Der Fragebogen für Unionshersteller steht in dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier und auf der Website der GD Handel (https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2594) zur Verfügung.
5.5 Verfahren zur Bewertung des Unionsinteresses
Sollte sich die Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Subventionierung und der Schädigung bestätigen, wird nach Artikel 31 der Grundverordnung geprüft, ob die Aufrechterhaltung der Ausgleichsmaßnahmen nicht etwa dem Interesse der Union zuwiderliefe.
Die Unionshersteller, die Einführer und ihre repräsentativen Verbände, die Verwender und ihre repräsentativen Verbände, die Gewerkschaften sowie repräsentative Verbraucherorganisationen werden gebeten, der Kommission Informationen zum Unionsinteresse zu übermitteln.
Sofern nichts anderes bestimmt ist, müssen die Informationen zur Bewertung des Unionsinteresses binnen 37 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung übermittelt werden. Diese Angaben können entweder in einem frei gewählten Format oder in einem von der Kommission erstellten Fragebogen gemacht werden.
Die Fragebogen, darunter auch der Fragebogen für Verwender der zu überprüfenden Ware, stehen in dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier und auf der Website der GD Handel (https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2594) zur Verfügung. Nach Artikel 31 der Grundverordnung übermittelte Informationen werden allerdings nur dann berücksichtigt, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Übermittlung durch Beweise belegt sind, die ihre Richtigkeit bestätigen.
5.6 Interessierte Parteien
Um bei der Untersuchung mitarbeiten zu können, müssen interessierte Parteien wie Hersteller im betroffenen Land, Unionshersteller, Einführer und ihre repräsentativen Verbände, Verwender und ihre repräsentativen Verbände, Gewerkschaften sowie repräsentative Verbraucherorganisationen zunächst nachweisen, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit und der zu überprüfenden Ware besteht.
Hersteller im betroffenen Land, Unionshersteller, Einführer und repräsentative Verbände, die Informationen nach den Verfahren der Abschnitte 5.3.1, 5.3.2 und 5.4 zur Verfügung gestellt haben, gelten als interessierte Parteien, wenn ein objektiver Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit und der zu überprüfenden Ware besteht.
Andere Parteien können erst dann als interessierte Partei an der Untersuchung teilnehmen, wenn sie sich bei der Kommission gemeldet haben, und auch nur dann, wenn ein objektiver Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit und der zu überprüfenden Ware besteht. Die Einstufung als interessierte Partei gilt unbeschadet der Anwendung des Artikels 28 der Grundverordnung.
Der Zugang zu dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier erfolgt über Tron.tdi unter folgender Adresse: https://tron.trade.ec.europa.eu/tron/TDI. Um Zugang zu erhalten, folgen Sie bitte den Anweisungen auf dieser Seite (10).
5.7 Andere schriftliche Beiträge
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Bekanntmachung werden alle interessierten Parteien hiermit gebeten, ihren Standpunkt unter Vorlage von Informationen und sachdienlichen Nachweisen darzulegen. Sofern nichts anderes bestimmt ist, müssen diese Informationen und sachdienlichen Nachweise binnen 37 Tagen nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung bei der Kommission eingehen.
5.8 Möglichkeit der Anhörung durch die untersuchenden Kommissionsdienststellen
Jede interessierte Partei kann eine Anhörung durch die untersuchenden Kommissionsdienststellen beantragen. Der entsprechende Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen; er muss ferner eine Zusammenfassung der Punkte enthalten, die die interessierte Partei während der Anhörung erörtern möchte. Die Anhörung ist auf die von den interessierten Parteien im Voraus schriftlich dargelegten Punkte beschränkt.
Grundsätzlich können die Anhörungen nicht zur Darlegung von Sachinformationen genutzt werden, die noch nicht im Dossier enthalten sind. Im Interesse einer guten Verwaltung und um die Kommissionsdienststellen in die Lage zu versetzen, bei der Untersuchung voranzukommen, können die interessierten Parteien nach einer Anhörung jedoch aufgefordert werden, neue Sachinformationen vorzulegen.
5.9 Schriftliche Beiträge, Übermittlung ausgefüllter Fragebogen und Schriftwechsel
Angaben, die der Kommission zum Zwecke von Handelsschutzuntersuchungen vorgelegt werden, müssen frei von Urheberrechten sein. Bevor interessierte Parteien der Kommission Angaben und/oder Daten vorlegen, für die Urheberrechte Dritter gelten, müssen sie vom Urheberrechtsinhaber eine spezifische Genehmigung einholen, die es der Kommission ausdrücklich gestattet, a) die Angaben und Daten für die Zwecke dieses Handelsschutzverfahrens zu verwenden und b) den an dieser Untersuchung interessierten Parteien die Angaben und/oder Daten so vorzulegen, dass sie ihre Verteidigungsrechte wahrnehmen können.
Alle von interessierten Parteien übermittelten schriftlichen Beiträge, die vertraulich behandelt werden sollen, müssen den Vermerk „Sensitive“ (11) (zur vertraulichen Behandlung) tragen; dies gilt auch für entsprechende mit dieser Bekanntmachung angeforderte Informationen, ausgefüllte Fragebogen und sonstige Schreiben. Parteien, die im Laufe der Untersuchung Informationen vorlegen, werden gebeten, ihren Antrag auf vertrauliche Behandlung zu begründen.
Parteien, die Informationen mit dem Vermerk „Sensitive“ übermitteln, müssen nach Artikel 29 Absatz 2 der Grundverordnung eine nichtvertrauliche Zusammenfassung vorlegen, die den Vermerk „For inspection by interested parties“ (zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien) trägt. Diese Zusammenfassung muss so ausführlich sein, dass sie ein angemessenes Verständnis des wesentlichen Inhalts der vertraulichen Informationen ermöglicht. Kann eine Partei, die vertrauliche Informationen vorlegt, ihren Antrag auf vertrauliche Behandlung nicht triftig begründen oder legt sie keine nichtvertrauliche Zusammenfassung der Informationen im vorgeschriebenen Format und in der vorgeschriebenen Qualität vor, so kann die Kommission solche Informationen unberücksichtigt lassen, sofern nicht anhand geeigneter Quellen in zufriedenstellender Weise nachgewiesen wird, dass die Informationen richtig sind.
Interessierte Parteien werden gebeten, alle Beiträge und Anträge, darunter auch gescannte Vollmachten und Bescheinigungen, über TRON.tdi (https://tron.trade.ec.europa.eu/tron/TDI) zu übermitteln. Mit der Verwendung von TRON.tdi oder E-Mail erklären sich die interessierten Parteien mit den Regeln für die elektronische Übermittlung von Unterlagen im Leitfaden zum „SCHRIFTWECHSEL MIT DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION BEI HANDELSSCHUTZUNTERSCUHUNGEN“ einverstanden, der auf der Website der Generaldirektion Handel veröffentlicht ist: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/june/tradoc_152566.pdf. Die interessierten Parteien müssen ihren Namen sowie ihre Anschrift, Telefonnummer und eine gültige E-Mail-Adresse angeben und sollten sicherstellen, dass die genannte E-Mail-Adresse zu einer aktiven offiziellen Mailbox führt, die täglich eingesehen wird. Hat die Kommission die Kontaktdaten erhalten, so kommuniziert sie ausschließlich über TRON.tdi oder per E-Mail mit den interessierten Parteien, es sei denn, diese wünschen ausdrücklich, alle Unterlagen von der Kommission auf einem anderen Kommunikationsweg zu erhalten, oder die Art der Unterlage macht den Versand per Einschreiben erforderlich. Weitere Regeln und Informationen bezüglich des Schriftverkehrs mit der Kommission, einschließlich der Grundsätze für Übermittlungen über TRON.tdi oder per E-Mail, können dem genannten Leitfaden für interessierte Parteien entnommen werden.
Anschrift der Kommission:
|
Europäische Kommission |
|
Generaldirektion Handel |
|
Direktion G |
|
Büro CHAR 04/039 |
|
Bruxelles/Brussel |
|
BELGIQUE/BELGIË |
TRON.tdi: https://tron.trade.ec.europa.eu/tron/tdi
E-Mail-Adressen:
TRADE-R770-HRF-SUBSIDY@ec.europa.eu
TRADE-R770-HRF-INJURY@ec.europa.eu
6. Zeitplan für die Untersuchung
Nach Artikel 22 Absatz 1 der Grundverordnung wird die Untersuchung in der Regel binnen 12 Monaten, spätestens jedoch 15 Monate nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung abgeschlossen.
7. Vorlage von Informationen
In der Regel können interessierte Parteien nur innerhalb der in Abschnitt 5 dieser Bekanntmachung angegebenen Fristen Informationen vorlegen.
Um die Untersuchung innerhalb der vorgeschriebenen Fristen abschließen zu können, nimmt die Kommission nach Ablauf der Frist für Stellungnahmen zur Unterrichtung über die endgültigen Feststellungen bzw. gegebenenfalls nach Ablauf der Frist für Stellungnahmen zu einer weiteren Unterrichtung über die endgültigen Feststellungen keine Beiträge der interessieren Parteien mehr an.
8. Möglichkeit, zu den Beiträgen anderer Parteien Stellung zu nehmen
Zur Wahrung der Verteidigungsrechte sollten die interessierten Parteien die Möglichkeit haben, sich zu den von anderen interessierten Parteien vorgelegten Informationen zu äußern. Dabei dürfen die interessierten Parteien nur auf die in den Beiträgen der anderen interessierten Parteien vorgebrachten Punkte eingehen und keine neuen Punkte ansprechen.
Stellungnahmen zu Informationen, die von anderen interessierten Parteien auf die Unterrichtung über die endgültigen Feststellungen hin vorgelegt wurden, sollten, sofern nichts anderes bestimmt ist, binnen 5 Tagen nach Ablauf der Frist für Stellungnahmen zu den endgültigen Feststellungen abgegeben werden. Im Falle einer weiteren Unterrichtung über die endgültigen Feststellungen sollten Stellungnahmen zu Informationen, die von anderen interessierten Parteien auf diese weitere Unterrichtung hin vorgelegt wurden, spätestens am Tag nach Ablauf der Frist für Stellungnahmen zu dieser weiteren Unterrichtung abgegeben werden, sofern nichts anderes bestimmt ist.
Der genannte Zeitrahmen berührt nicht das Recht der Kommission, in hinreichend begründeten Fällen zusätzliche Informationen von den interessierten Parteien anzufordern.
9. Verlängerung der in dieser Bekanntmachung vorgesehenen Fristen
Eine Verlängerung der in dieser Bekanntmachung vorgesehenen Fristen kann in hinreichend begründeten Fällen auf Antrag der interessierten Parteien gewährt werden.
Eine Verlängerung der in dieser Bekanntmachung vorgesehenen Fristen sollte nur in Ausnahmefällen beantragt werden und wird nur bei hinreichender Begründung gewährt. In jedem Fall sind Verlängerungen von Fristen für die Beantwortung der Fragebogen normalerweise auf 3 Tage begrenzt; grundsätzlich werden höchstens 7 Tage gewährt. In Bezug auf die Fristen für die Vorlage anderer Informationen nach dieser Bekanntmachung sind Verlängerungen auf 3 Tage begrenzt, sofern nicht nachgewiesen wird, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
10. Mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit
Verweigern interessierte Parteien den Zugang zu den erforderlichen Informationen oder erteilen sie diese nicht fristgerecht oder behindern sie die Untersuchung erheblich, so können nach Artikel 28 der Grundverordnung positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Informationen getroffen werden.
Wird festgestellt, dass eine interessierte Partei unwahre oder irreführende Informationen vorgelegt hat, so können diese Informationen unberücksichtigt bleiben; stattdessen können die verfügbaren Informationen zugrunde gelegt werden.
Arbeitet eine interessierte Partei nicht oder nur eingeschränkt mit und stützen sich die Feststellungen daher nach Artikel 28 der Grundverordnung auf die verfügbaren Informationen, so kann dies zu einem Ergebnis führen, das für diese Partei ungünstiger ist, als wenn sie mitgearbeitet hätte.
Werden die Antworten nicht elektronisch übermittelt, so gilt dies nicht als mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit, sofern die interessierte Partei darlegt, dass die Übermittlung der Antwort in der gewünschten Form die interessierte Partei über Gebühr zusätzlich belasten würde oder mit unangemessenen zusätzlichen Kosten verbunden wäre. Die interessierte Partei sollte unverzüglich mit der Kommission Kontakt aufnehmen.
11. Anhörungsbeauftragte
Interessierte Parteien können sich an die Anhörungsbeauftragte für Handelsverfahren wenden. Sie befasst sich mit Anträgen auf Zugang zum Dossier, Streitigkeiten über die Vertraulichkeit von Unterlagen, Anträgen auf Fristverlängerung und sonstigen Anträgen in Bezug auf die Verteidigungsrechte der interessierten Parteien oder von Dritten, die sich während des Verfahrens ergeben.
Die Anhörungsbeauftragte kann Anhörungen ansetzen und als Vermittlerin zwischen interessierten Parteien und den Dienststellen der Kommission tätig werden, um zu gewährleisten, dass die interessierten Parteien ihre Verteidigungsrechte umfassend wahrnehmen können. Eine Anhörung durch die Anhörungsbeauftragte ist schriftlich zu beantragen und zu begründen. Die Anhörungsbeauftragte prüft die Gründe, aus denen der jeweilige Antrag gestellt wird. Solche Anhörungen sollten nur stattfinden, wenn die Fragen nicht zeitnah mit den Dienststellen der Kommission geklärt wurden.
Alle Anträge sind frühzeitig zu stellen, um die geordnete Abwicklung des Verfahrens nicht zu gefährden. Zu diesem Zweck sollten interessierte Parteien die Anhörungsbeauftragte zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Eintritt des Ereignisses, das ein Tätigwerden ihrerseits rechtfertigt, um eine Anhörung ersuchen. Bei nicht fristgerecht eingereichten Anträgen auf Anhörung prüft die Anhörungsbeauftragte auch die Gründe für die Verspätung, die Art der aufgeworfenen Probleme und die Auswirkungen dieser Probleme auf die Verteidigungsrechte, wobei den Interessen einer guten Verwaltung und dem fristgerechten Abschluss der Untersuchung gebührend Rechnung getragen wird.
Weiterführende Informationen und Kontaktdaten können interessierte Parteien den Webseiten der Anhörungsbeauftragten im Internet-Auftritt der GD Handel entnehmen: http://ec.europa.eu/trade/trade-policy-and-you/contacts/hearing-officer/.
12. Möglichkeit der Beantragung einer Überprüfung nach Artikel 19 der Grundverordnung
Bei dieser Auslaufüberprüfung handelt es sich um eine Überprüfung nach Artikel 18 der Grundverordnung; deshalb werden die Untersuchungsergebnisse nicht etwa zu einer Änderung der geltenden Maßnahmen führen, sondern nach Artikel 22 Absatz 3 der Grundverordnung entweder zur Aufhebung oder zur Aufrechterhaltung jener Maßnahmen.
Ist nach Auffassung einer interessierten Partei zu überprüfen, ob die Maßnahmen geändert werden sollten, so kann die Partei eine Überprüfung nach Artikel 19 der Grundverordnung beantragen.
Parteien, die eine solche, von der in dieser Bekanntmachung genannten Auslaufüberprüfung getrennt durchzuführende Überprüfung beantragen möchten, können unter der angegebenen Anschrift Kontakt mit der Kommission aufnehmen.
13. Verarbeitung personenbezogener Daten
Alle im Rahmen dieser Untersuchung erhobenen personenbezogenen Daten werden nach der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) verarbeitet.
Ein Vermerk zum Datenschutz, mit dem alle natürlichen Personen über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der handelspolitischen Schutzmaßnahmen der Kommission unterrichtet werden, ist auf der Website der GD Handel abrufbar: http://ec.europa.eu/trade/policy/accessing-markets/trade-defence/.
(1) ABl. C 372 vom 16.9.2021, S. 10.
(2) ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 55.
(3) Durchführungsverordnung (EU) 2017/969 der Kommission zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 146 vom 9.6.2017, S. 17).
(4) Bekanntmachung über die Folgen des Ausbruchs des COVID-19 (Coronavirus) für Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen (ABl. C 86 vom 16.3.2020, S. 6).
(5) https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52022XC0405%2801%29&from=EN
(6) Sofern nichts anderes bestimmt ist, sind alle Bezugnahmen auf die Veröffentlichung dieser Bekanntmachung Bezugnahmen auf die Veröffentlichung dieser Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union.
(7) Ein Hersteller ist ein Unternehmen im betroffenen Land, das die zu überprüfende Ware herstellt, gegebenenfalls auch ein verbundenes Unternehmen, das an der Herstellung, den Inlandsverkäufen oder der Ausfuhr der zu überprüfenden Ware beteiligt ist.
(8) Es können ausschließlich Einführer, die nicht mit ausführenden Herstellern verbunden sind, in die Stichprobe einbezogen werden. Einführer, die mit ausführenden Herstellern verbunden sind, müssen den Anhang des Fragebogens für die betreffenden ausführenden Hersteller ausfüllen. Nach Artikel 127 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union gelten zwei Personen als verbunden, wenn a) sie leitende Angestellte oder Direktoren im Unternehmen der anderen Person sind, b) sie Teilhaber oder Gesellschafter von Personengesellschaften sind, c) sie sich in einem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis zueinander befinden, d) eine dritte Person unmittelbar oder mittelbar 5 % oder mehr der im Umlauf befindlichen stimmberechtigten Anteile oder Aktien beider Personen besitzt, kontrolliert oder hält, e) eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar die andere kontrolliert, f) beide von ihnen unmittelbar oder mittelbar von einer dritten Person kontrolliert werden, g) sie beide zusammen unmittelbar oder mittelbar eine dritte Person kontrollieren oder h) sie Mitglieder derselben Familie sind (ABl. L 343 vom 29.12.2015, S. 558). Personen werden nur dann als Mitglieder derselben Familie angesehen, wenn sie in einem der folgenden Verwandtschaftsverhältnisse zueinander stehen: i) Ehegatten, ii) Eltern und Kind, iii) Geschwister (auch Halbgeschwister), iv) Großeltern und Enkel, v) Onkel oder Tante und Neffe oder Nichte, vi) Schwiegereltern und Schwiegersohn oder Schwiegertochter, vii) Schwäger und Schwägerinnen. Nach Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union ist eine „Person“ eine natürliche Person, eine juristische Person oder eine Personenvereinigung, die keine juristische Person ist, die jedoch nach Unionsrecht oder nach einzelstaatlichem Recht die Möglichkeit hat, im Rechtsverkehr wirksam aufzutreten (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).
(9) Die von unabhängigen Einführern vorgelegten Daten können im Rahmen dieser Untersuchung auch zu anderen Zwecken als zur Ermittlung des Interesses der Union herangezogen werden.
(10) Bei technischen Problemen wenden Sie sich bitte per E-Mail (trade-service-desk@ec.europa.eu) oder telefonisch unter: +32 22979797 an den Trade Service Desk.
(11) Eine Unterlage mit dem Vermerk „Sensitive“ gilt als vertraulich im Sinne des Artikels 29 der Grundverordnung und des Artikels 12 des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen. Sie ist ferner nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43) geschützt.
(12) Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).
ANHANG
|
☐ |
„Sensitive version“ (zur vertraulichen Behandlung) |
|
☐ |
„Version for inspection by interested parties“ (zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien) |
|
(Zutreffendes bitte ankreuzen) |
|
ÜBERPRÜFUNG WEGEN DES BEVORSTEHENDEN AUSSERKRAFTTRETENS DER ANTISUBVENTIONSMASSNAHMEN GEGENÜBER DEN EINFUHREN BESTIMMTER WARMGEWALZTER FLACHERZEUGNISSE AUS EISEN, NICHT LEGIERTEM STAHL ODER ANDEREM LEGIERTEM STAHL MIT URSPRUNG IN DER VOLKSREPUBLIK CHINA
INFORMATIONEN FÜR DIE AUSWAHL DER STICHPROBE DER UNABHÄNGIGEN EINFÜHRER
Dieses Formular soll unabhängigen Einführern dabei helfen, die unter Abschnitt 5.3.2 der Einleitungsbekanntmachung angeforderten Informationen zur Stichprobenauswahl bereitzustellen.
Beide Fassungen, die „Sensitive version“ (zur vertraulichen Behandlung) und die „Version for inspection by interested parties“ (zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien), sollten nach Maßgabe der Angaben in der Einleitungsbekanntmachung an die Kommission zurückgesandt werden.
1. NAME UND KONTAKTDATEN
Machen Sie bitte folgende Angaben zu Ihrem Unternehmen:
|
Name des Unternehmens |
|
|
Anschrift |
|
|
Kontaktperson |
|
|
E-Mail: |
|
|
Telefon |
|
2. UMSATZ UND VERKAUFSMENGE
Geben Sie für den Untersuchungszeitraum der Überprüfung bitte Folgendes an: den Gesamtumsatz des Unternehmens in EUR und — für die zu überprüfende Ware im Sinne der Einleitungsbekanntmachung — den Wert der Einfuhren und der Weiterverkäufe auf dem Unionsmarkt nach der Einfuhr aus der Volksrepublik China in EUR sowie die entsprechende Menge in Tonnen.
|
|
Menge in Tonnen |
Wert (in EUR) |
|
Gesamtumsatz Ihres Unternehmens (in EUR) |
|
|
|
Einfuhren der zu überprüfenden Ware mit Ursprung in der Volksrepublik China |
|
|
|
Einfuhren der zu überprüfenden Ware (jeglichen Ursprungs) |
|
|
|
Weiterverkäufe der zu überprüfenden Ware auf dem Unionsmarkt nach der Einfuhr aus der Volksrepublik China |
|
|
3. GESCHÄFTSTÄTIGKEITEN IHRES UNTERNEHMENS UND DER VERBUNDENEN UNTERNEHMEN (1)
Bitte machen Sie Angaben zu den genauen Geschäftstätigkeiten des Unternehmens und aller verbundenen Unternehmen (bitte auflisten und Art der Verbindung mit Ihrem Unternehmen angeben), die an Herstellung und/oder Verkauf (im Inland und/oder zur Ausfuhr) der zu überprüfenden Ware beteiligt sind. Zu diesen Tätigkeiten könnten unter anderem der Einkauf der zu überprüfenden Ware oder ihre Herstellung im Rahmen von Unterauftragsvereinbarungen, ihre Verarbeitung oder der Handel mit ihr gehören.
|
Name und Standort des Unternehmens |
Geschäftstätigkeiten |
Art der Verbindung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
4. SONSTIGE ANGABEN
|
|
Machen Sie bitte sonstige sachdienliche Angaben, die der Kommission aus der Sicht des Unternehmens bei der Stichprobenbildung von Nutzen sein könnten. |
5. ERKLÄRUNG
Mit der Übermittlung der genannten Angaben erklärt sich das Unternehmen mit seiner etwaigen Einbeziehung in die Stichprobe einverstanden. Wird das Unternehmen in die Stichprobe einbezogen, muss es einen Fragebogen ausfüllen und einem Besuch in seinen Betriebsstätten zustimmen, welcher der Überprüfung seiner Angaben dient. Verweigert ein Unternehmen die etwaige Einbeziehung in die Stichprobe, wird es bei dieser Untersuchung als nicht mitarbeitendes Unternehmen geführt. Die Kommission trifft die Feststellungen in Bezug auf nicht mitarbeitende Einführer auf der Grundlage der verfügbaren Informationen; dies kann zu einem Ergebnis führen, das für das betreffende Unternehmen ungünstiger ist, als wenn es mitgearbeitet hätte.
Unterschrift des/der Bevollmächtigten:
Name und Funktion des/der Bevollmächtigten:
Datum:
(1) Nach Artikel 127 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union gelten zwei Personen als verbunden, wenn a) sie leitende Angestellte oder Direktoren im Unternehmen der anderen Person sind, b) sie Teilhaber oder Gesellschafter von Personengesellschaften sind, c) sie sich in einem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis zueinander befinden, d) eine dritte Person unmittelbar oder mittelbar 5 % oder mehr der im Umlauf befindlichen stimmberechtigten Anteile oder Aktien beider Personen besitzt, kontrolliert oder hält, e) eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar die andere kontrolliert, f) beide von ihnen unmittelbar oder mittelbar von einer dritten Person kontrolliert werden, g) sie beide zusammen unmittelbar oder mittelbar eine dritte Person kontrollieren oder h) sie Mitglieder derselben Familie sind (ABl. L 343 vom 29.12.2015, S. 558). Personen werden nur dann als Mitglieder derselben Familie angesehen, wenn sie in einem der folgenden Verwandtschaftsverhältnisse zueinander stehen: i) Ehegatten, ii) Eltern und Kind, iii) Geschwister (auch Halbgeschwister), iv) Großeltern und Enkel, v) Onkel oder Tante und Neffe oder Nichte, vi) Schwiegereltern und Schwiegersohn oder Schwiegertochter, vii) Schwäger und Schwägerinnen. Nach Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union ist eine „Person“ eine natürliche Person, eine juristische Person oder eine Personenvereinigung, die keine juristische Person ist, die jedoch nach Unionsrecht oder nach einzelstaatlichem Recht die Möglichkeit hat, im Rechtsverkehr wirksam aufzutreten (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).
VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER WETTBEWERBSPOLITIK
Europäische Kommission
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/48 |
Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses
(Sache M.10762 – H&F / IRI)
(Text von Bedeutung für den EWR)
(2022/C 223/04)
1.
Am 24. Mai 2022 ist die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (1) bei der Kommission eingegangen.Diese Anmeldung betrifft folgende Unternehmen:
|
— |
Hellman & Friedman Capital Partners X, L.P. und seine parallelen Fonds („H&F“, Vereinigte Staaten), |
|
— |
NPD Group, L.P., eine von Hellman & Friedman kontrollierte Portfoliogesellschaft („NPD“, Vereinigte Staaten), |
|
— |
Information Resources, Inc. („IRI“, Vereinigte Staaten). |
H&F wird mittels einer Zusammenschlussvereinbarung zwischen IRI und NPD die unmittelbare alleinige Kontrolle über IRI im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung übernehmen.
Der Zusammenschluss erfolgt durch Erwerb von Anteilen.
2.
Die beteiligten Unternehmen sind in folgenden Geschäftsbereichen tätig:|
— |
H&F: Private-Equity-Gesellschaft, |
|
— |
NPD: Marktforschungsunternehmen, |
|
— |
IRI: Marktforschungsunternehmen, das Marktinformationen und -analysen in den Bereichen Verbraucher, Shopper und Einzelhandel mit Schwerpunkt auf verpackten Konsumgütern bereitstellt. |
3.
Die Kommission hat nach vorläufiger Prüfung festgestellt, dass das angemeldete Rechtsgeschäft unter die Fusionskontrollverordnung fallen könnte. Die endgültige Entscheidung zu diesem Punkt behält sie sich vor.
4.
Alle betroffenen Dritten können bei der Kommission zu diesem Vorhaben Stellung nehmen.Die Stellungnahmen müssen bei der Kommission spätestens 10 Tage nach dieser Veröffentlichung eingehen. Dabei ist stets folgendes Aktenzeichen anzugeben:
M.10762 - H&F / IRI
Die Stellungnahmen können der Kommission per E-Mail, Fax oder Post übermittelt werden, wobei folgende Kontaktangaben zu verwenden sind:
E-Mail: COMP-MERGER-REGISTRY@ec.europa.eu
Fax +32 22964301
Postanschrift:
|
Europäische Kommission |
|
Generaldirektion Wettbewerb |
|
Registratur Fusionskontrolle |
|
1049 Bruxelles/Brussel |
|
BELGIQUE/BELGIË |
(1) ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1 („Fusionskontrollverordnung“).
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/50 |
Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses
(Sache M.10664 – XLCEE / DEROT / BLACK RED WHITE)
Für das vereinfachte Verfahren infrage kommender Fall
(Text von Bedeutung für den EWR)
(2022/C 223/05)
1.
Am 25. Mai 2022 ist die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (1) bei der Kommission eingegangen.Diese Anmeldung betrifft folgende Unternehmen:
|
— |
XLCEE-Holding GmbH („XLCEE“, Österreich), Teil der XXXLutz-Gruppe („XXXLutz“, Österreich), |
|
— |
Derot Fund S.À R.L. („Derot“, Luxemburg), kontrolliert von Herrn Formela, |
|
— |
Black RED WHITE S.A. („BRW“, Polen), kontrolliert von Derot. |
XLCEE und Derot werden im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung die gemeinsame Kontrolle über die Gesamtheit von BRW übernehmen.
Der Zusammenschluss erfolgt durch Erwerb von Anteilen.
2.
Die beteiligten Unternehmen sind in folgenden Geschäftsbereichen tätig:|
— |
XLCEE ist eine Investmentholdinggesellschaft innerhalb der XXXLutz-Gruppe. XXXLutz ist in erster Linie im Betrieb von Einzelhandelsgeschäften und Online-Shops für Möbel, Einrichtungsgegenstände und Haushaltsartikel in Europa tätig. |
|
— |
Derot ist eine Investmentholdinggesellschaft, die von Herrn Formela kontrolliert wird. Herr Formela kontrolliert auch die BRW Trading Company (Belarus), die in Belarus vier Einzelhandelsgeschäfte für Möbel, Einrichtungsgegenstände und Haushaltsartikel betreibt. |
|
— |
BRW ist ein Möbelhersteller und Einzelhandelsunternehmen, das vor allem in Polen und – in geringerem Umfang – in der Slowakei und Belarus Möbel, Einrichtungsgegenstände und Haushaltsartikel herstellt und in Einzelhandelsgeschäften vertreibt. |
3.
Die Kommission hat nach vorläufiger Prüfung festgestellt, dass das angemeldete Rechtsgeschäft unter die Fusionskontrollverordnung fallen könnte. Die endgültige Entscheidung zu diesem Punkt behält sie sich vor.Dieser Fall kommt für das vereinfachte Verfahren im Sinne der Bekanntmachung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren für bestimmte Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (2) infrage.
4.
Alle betroffenen Dritten können bei der Kommission zu diesem Vorhaben Stellung nehmen.Die Stellungnahmen müssen bei der Kommission spätestens 10 Tage nach dieser Veröffentlichung eingehen. Dabei ist stets folgendes Aktenzeichen anzugeben:
M.10664 – XLCEE / DEROT / BLACK RED WHITE
Die Stellungnahmen können der Kommission per E-Mail, Fax oder Post übermittelt werden, wobei folgende Kontaktangaben zu verwenden sind:
E-Mail: COMP-MERGER-REGISTRY@ec.europa.eu
Fax +32 22964301
Postanschrift:
|
Europäische Kommission |
|
Generaldirektion Wettbewerb |
|
Registratur Fusionskontrolle |
|
1049 Bruxelles/Brussel |
|
BELGIQUE/BELGIË |
(1) ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1 („Fusionskontrollverordnung“).
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/52 |
Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses
(Sache M.10575 – BOUYGUES / EQUANS)
(Text von Bedeutung für den EWR)
(2022/C 223/06)
1.
Am 30. Mai 2022 ist die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (1) bei der Kommission eingegangen.Diese Anmeldung betrifft folgende Unternehmen:
|
— |
Bouygues S.A. („Bouygues“, Frankreich), |
|
— |
Equans S.A.S. („Equans“, Frankreich). |
Bouygues wird im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung die alleinige Kontrolle über die Gesamtheit von Equans übernehmen.
Der Zusammenschluss erfolgt durch Erwerb von Anteilen.
2.
Die beteiligten Unternehmen sind in folgenden Geschäftsbereichen tätig:|
— |
Bouygues ist eine Holdinggesellschaft eines diversifizierten Industriekonzerns, der in den Bereichen Bau, Verkehrsinfrastruktur (Bau und Instandhaltung), Immobilienentwicklung, Medien und Telekommunikation tätig ist. Bouygues erbringt über Colas Rail, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Colas, auch Dienstleistungen im Bereich Elektrotechnik. Colas Rail bietet Dienstleistungen für Eisenbahninfrastrukturen wie Elektrifizierung (Installation und Instandhaltung von Fahrleitungen und Oberleitungen) und Signalgebung an. |
|
— |
Equans ist ein weltweit tätiger Anbieter multitechnischer Dienstleistungen, dessen Schwerpunkt auf den Bereichen Elektro, Mechanik, Heizung, Lüftung und Klimatechnik, Kälte, Facility Management, Digital & IT liegt. Zudem erbringt Equans über Powerlines, Ineo SCLE Ferroviaire und Fabricom Eisenbahn-Elektrifizierungsdienste (Installation und Instandhaltung von Fahrleitungen und Oberleitungen). |
3.
Die Kommission hat nach vorläufiger Prüfung festgestellt, dass das angemeldete Rechtsgeschäft unter die Fusionskontrollverordnung fallen könnte. Die endgültige Entscheidung zu diesem Punkt behält sie sich vor.
4.
Alle betroffenen Dritten können bei der Kommission zu diesem Vorhaben Stellung nehmen.Die Stellungnahmen müssen bei der Kommission spätestens 10 Tage nach dieser Veröffentlichung eingehen. Dabei ist stets folgendes Aktenzeichen anzugeben:
M.10575 – BOUYGUES / EQUANS
Die Stellungnahmen können der Kommission per E-Mail, Fax oder Post übermittelt werden, wobei folgende Kontaktangaben zu verwenden sind:
E-Mail: COMP-MERGER-REGISTRY@ec.europa.eu
Fax +32 22964301
Postanschrift:
|
Europäische Kommission |
|
Generaldirektion Wettbewerb |
|
Registratur Fusionskontrolle |
|
1049 Bruxelles/Brussel |
|
BELGIQUE/BELGIË |
(1) ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1 („Fusionskontrollverordnung“).
SONSTIGE RECHTSHANDLUNGEN
Europäische Kommission
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/54 |
Veröffentlichung des infolge der Genehmigung einer geringfügigen Änderung gemäß Artikel 53 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 geänderten Einzigen Dokuments
(2022/C 223/07)
Die Europäische Kommission hat die vorliegende geringfügige Änderung gemäß Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 664/2014 der Kommission (1) genehmigt.
Der Antrag auf Genehmigung dieser geringfügigen Änderung kann in der eAmbrosia-Datenbank der Kommission eingesehen werden.
EINZIGES DOKUMENT
„Aceite Campo de Calatrava“
EU-Nr.: PDO-ES-0642-AM01 – 10.1.2022
g. U. (X) g. g. A. ( )
1. Name
„Aceite Campo de Calatrava“
2. Mitgliedstaat
Spanien
3. Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels
3.1. Art des Erzeugnisses
Klasse 1.5. Fette (Butter, Margarine, Öle usw.)
3.2. Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt
Natives Olivenöl extra, das durch mechanische oder andere physikalische Verfahren erzeugt wird, die das Öl nicht verändern und den Geschmack, das Aroma und die Eigenschaften der enthaltenen Früchte erhält, wird gewonnen aus der Frucht des Olivenbaums (Olea europea L.) der Sorten Cornicabra oder Picual, entweder allein oder kombiniert mit höchstens 15 % der möglichen Nebensorten Arbosana, Hojiblanca, Arbequina, Koroneiki und Lecciana.
Die Oliven werden bei einem Reifegrad zwischen 3 und 6 direkt vom Baum geerntet.
Zulässige Höchstwerte für die nativen Olivenöle extra der Ursprungsbezeichnung „Aceite Campo de Calatrava“
Mindestanteil an Ölsäure: 70 %
Säuregehalt: 0,5 ° oder weniger
Peroxidindex: 15 meq O2/kg oder weniger
K232: Höchstens 2
K270: 0,15 ° oder weniger
Organoleptische Prüfung:
Fehlermedian: Md = 0
Fruchtigkeitsmedian: Mf > 3
Aus organoleptischer Sicht kommt bei den Ölen der Anteil aller geschützten Sorten zum Ausdruck, und es bilden sich sensorische Profile mit komplexer Fruchtigkeit und deutlich wahrnehmbarer Intensität heraus. Hieraus ergibt sich, dass die Öle mit der Bezeichnung „Campo de Calatrava“ eine Fruchtigkeit von mindestens 3 Intensitätspunkten aufweisen müssen. Bitterkeit und Schärfe müssen wahrnehmbar und ausgewogen sein, wobei die Intensitätswerte zwischen 3 und 6 liegen und nicht um mehr als 2 Punkte vom Fruchtigkeitswert abweichen dürfen.
Alle nativen Olivenöle extra, die in Campo de Calatrava hergestellt werden, weisen ausgeprägte Aromen von grünen Oliven und anderen frischen Früchten auf. Mindestens diese positiven Merkmale müssen vorhanden sein.
Der Ölfettsäureanteil in den Ölen mit der Bezeichnung „Campo de Calatrava“ weist Werte von 79,64 % auf, während die für andere Produktionsgebiete angegebenen Werte zwischen 56,9 % und 78,4 % liegen (Uceda, El cultivo del olivo [Olivenanbau]). Der zulässige Mindestwert beträgt 70 %.
3.3. Rohstoffe (nur für Verarbeitungserzeugnisse)
—
3.4. Futter (nur für Erzeugnisse tierischen Ursprungs)
—
3.5. Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen
—
3.6. Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw.
Zur Erhaltung der typischen Eigenschaften des Erzeugnisses in allen Phasen und zur Sicherstellung der Qualität der geschützten Öle muss der Verpackungsprozess innerhalb des abgegrenzten geografischen Gebiets erfolgen. So kann die gesamte Produktion vollständig durch die Kontrollstellen kontrolliert werden, und die abschließende Handhabung des Erzeugnisses liegt in den Händen erfahrener Erzeuger der Gemeinde. Sie wissen am besten, wie diese Öle auf die verschiedenen Verpackungsprozesse reagieren, wie etwa Dauer und Art des Dekantierens, die Filtrierungsverfahren und -materialien (Stofftücher, Fasern, Papier, Cellulose, Filtererden, Perlite und Kieselgurerden), den Temperaturen bei der Verpackung und der Reaktion des Öls auf Kälte und Lagerung. Das Ziel besteht letztendlich darin, die typischen Merkmale des Erzeugnisses zu bewahren. Eine angemessene Filtration gewährleistet, dass das Erzeugnis ordnungsgemäß für den Verkauf an den Verbraucher dargeboten wird und dass die Konservierungsbedingungen optimal bleiben. Durch Filtration werden gelöste Feststoffe und Feuchtigkeit entfernt, die andernfalls zu einer fehlerhaften kulinarischen Anwendung und Bodensätzen führen würden, die eine anaerobe Gärung von Kohlenhydraten und Eiweißen bewirken würden.
Die Verpackungsanlagen müssen über getrennte Systeme verfügen, damit die unter die g. U. fallenden Öle getrennt von anderen Ölen verpackt werden.
Ebenso müssen sie über amtlich zugelassene Ölmesssysteme verfügen.
Das Öl muss in Glas-, PET-, Metall-, beschichteten Tetra- oder Glaskeramikbehältern verpackt sein.
3.7. Besondere Vorschriften für die Etikettierung
Die Etiketten auf den Ölverpackungen umfassen neben der Verkaufsbezeichnung das Emblem der geschützten Bezeichnung mit der Angabe „Denominación de Origen Protegida (oder ‚D.O.P.‘) Aceite Campo de Calatrava“ [„geschützte Ursprungsbezeichnung (oder g. U.) Aceite Campo de Calatrava“].
Die Verpackungen, in denen das geschützte Öl für den Verbrauch versandt wird, müssen zusätzlich zum Hauptetikett ein Zertifizierungsetikett tragen, auf dem die geschützte Ursprungsbezeichnung angegeben ist. Die Zertifizierungsetiketten müssen von der Kontrollstelle nummeriert, ausgestellt und überwacht werden, sodass keine Wiederverwendung möglich ist. Die Anzahl an nummerierten Etiketten, die den Erzeugern von der Kontrollstelle ausgehändigt werden, ist auf die bescheinigte und für die Verpackung gemeldete Menge an Olivenöl beschränkt.
Die Etikettierung entspricht den allgemeinen Etikettierungsvorschriften.
4. Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets
Das Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Verpackungsgebiet befindet sich im südlichen Kastilien-La Mancha, erstreckt sich über das zentrale Gebiet der Provinz Ciudad Real und bildet eine morphologisch, geografisch und historisch absolut homogene Einheit, die den Gemeinden Aldea del Rey, Almagro, Argamasilla de Calatrava, Ballesteros de Calatrava, Bolaños de Calatrava, Calzada de Calatrava, Cañada de Calatrava, Carrión de Calatrava, Granátula de Calatrava, Miguelturra, Moral de Calatrava, Pozuelo de Calatrava, Torralba de Calatrava, Valenzuela de Calatrava, Villanueva de San Carlos und Villar del Pozo entspricht.
5. Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet
5.1. Besonderheit des geografischen Gebiets
Campo de Calatrava liegt im südlichen Teil des Hochplateaus der iberischen Halbinsel auf einer mittleren Höhe von über 600 m.
Zahlreiche Hochdruckgebiete und der kontinentale Einfluss wirken sich erheblich auf das Klima aus. Während aufgrund der Hockdruckgebiete im Winter sehr niedrige Temperaturen herrschen, führt das gleiche Phänomen im Sommer zu sehr hohen Temperaturen.
Die Niederschläge sind nicht besonders ergiebig, da sich die Region abseits des Durchgangsbereichs von Fronten und Tiefdruckgebieten aus Südwest oder von der Straße von Gibraltar befindet (die den meisten Niederschlag bringen). Die Niederschlagsmenge in Campo de Calatrava erreicht selten 500 mm.
Der Boden ist basisch und von mittlerer Tiefe.
Das vulkanische Material des Gebiets ist basisch. Dieser Aspekt der Bodenbeschaffenheit ist eine weitere Besonderheit, die das Gebiet von anderen Produktionsgebieten für Öl unterscheidet und die Merkmale bestimmter Öle beeinflusst.
Die dunkle Farbe der Böden des Campo de Calatrava absorbiert mehr Sonneneinstrahlung und bewirkt so eine höhere Bodentemperatur und Böden, die sich aus landwirtschaftlicher Sicht für eine frühere Entwicklung der Olivenbäume eignen.
5.2. Besonderheit des Erzeugnisses
Öl mit der Bezeichnung „Aceite Campo de Calatrava“ muss folgende Eigenschaften aufweisen:
|
— |
Mindestens 85 % des Öls müssen von der Sorte Cornicabra und/oder Picual stammen, die restlichen 15 % gegebenenfalls von den Sorten Arbosana, Hojiblanca, Arbequina, Koroneiki und Lecciana. |
|
— |
Hoher Anteil an Ölsäure mit einem Mindestwert von 70 %. |
|
— |
Fruchtigkeitswert von mehr als 3, wobei mindestens Aromen grüner Oliven und anderer frischer Früchte erkennbar sein müssen. |
|
— |
Das sensorische Profil muss mit wahrnehmbarer Bitterkeit und Schärfe abgerundet sein, wobei die Intensitätswerte zwischen 3 und 6 liegen und nicht um mehr als 2 Punkte vom Fruchtigkeitswert abweichen dürfen. |
|
— |
Dieses Öl unterscheidet sich von anderen Ölen mit Ursprungsbezeichnung dadurch, dass es das einzige ist, das größtenteils aus den Sorten Cornicabra und/oder Picual besteht. |
5.3. Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geografischen Gebiet und der Qualität oder den Merkmalen des Erzeugnisses (im Falle einer g. U.) bzw. einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder sonstigen Eigenschaften des Erzeugnisses (im Falle einer g. g. A.)
Der kalkhaltige Boden mittlerer Tiefe mit vulkanischem Material, der niedrige Wasserstand und die geringen Niederschläge, die heißen Sommer, die Winter mit langen Frostperioden und die für frühe landwirtschaftliche Nutzung geeigneten Böden schlagen sich in einem Ökosystem nieder, das einem Trockengebiet ähnelt und das im Laufe der Jahrhunderte über natürliche Auswahl die Sorten Cornicabra und Picual bewahrt hat, die sich perfekt an diese Umwelt angepasst haben und für ein Endprodukt sorgen, das sich durch seine besonderen Eigenschaften von sonstigen Gebieten mit Olivenproduktion abhebt. Diese Boden- und Klimaverhältnisse sorgen für eine stärkere Konzentration an Ölfettsäure (Civantos, 1999), deren Mindestwert bei 70 % liegt, woraus Öle mit größerer Oxidationsbeständigkeit hervorgehen.
Trockene, basische Bodenverhältnisse und geringe Niederschläge haben dazu geführt, dass das Öl mit der Bezeichnung „Aceite Campo de Calatrava“ bei Fruchtaromen grüner Oliven und anderer frischer Früchte fruchtige sensorische Profile mit mindestens 3 Punkten aufweist.
Die durch geringe Niederschläge verursachten Trockenstressbedingungen in der Reifungsphase der Frucht bewirken eine wahrnehmbare und ausgeglichene Bitterkeit und Schärfe mit Intensitätswerten zwischen 3 und 6, die um höchstens 2 Punkte vom Fruchtigkeitswert abweichen.
Hinweis auf die Veröffentlichung der Spezifikation
http://pagina.jccm.es/agricul/paginas/comercial-industrial/consejos_new/pliegos/PC_AM01_AceiteCC.pdf
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/58 |
Veröffentlichung des infolge der Genehmigung einer geringfügigen Änderung gemäß Artikel 53 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 geänderten Einzigen Dokuments
(2022/C 223/08)
Die Europäische Kommission hat die vorliegende geringfügige Änderung gemäß Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 664/2014 der Kommission (1) genehmigt.
Der Antrag auf Genehmigung dieser geringfügigen Änderung kann in der eAmbrosia-Datenbank der Kommission eingesehen werden.
EINZIGES DOKUMENT
„Chorizo Riojano“
EU-Nr.: PGI-ES-0654-AM01 — 27.10.2021
g. U. ( ) g. g. A. (X)
1. Name(n)
„Chorizo Riojano“
2. Mitgliedstaat oder Drittland
Spanien
3. Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels
3.1. Art des Erzeugnisses
Klasse 1.2. Fleischerzeugnisse (gekocht, gepökelt, geräuchert usw.)
3.2. Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt
„Chorizo Riojano“ ist eine Paprikarohwurst der Extraklasse in abgeflachter Hufeisenform und ohne Zusätze, die im Gebiet der Autonomen Gemeinschaft La Rioja hergestellt wird. Sie weist folgende Merkmale auf:
3.3 Morphologische Eigenschaften
Paprikarohwürste, die diese geschützte geografische Angabe führen, sind hufeisenförmig und mehr oder weniger zylindrisch. Sie haben einen Durchmesser von 30–40 mm und ein Mindestgewicht von 200 Gramm, eine feste, kompakte Konsistenz und im Allgemeinen eine raue Oberfläche; der Anschnitt ist glatt und gut schnittfest und die Inhaltsstoffe sind gut vermengt. Die Würste weisen keine Verfärbungen und eine deutliche Ausdifferenzierung zwischen den Fleisch- und den Speckstücken auf.
Physikalisch-chemische Eigenschaften
|
Wassergehalt: |
höchstens 45 % |
|
Verhältnis Kollagen/Eiweiß: |
höchstens 14 % |
|
Fett in der Trockensubstanz: |
höchstens 57,0 % |
|
Nitrate ausgedrückt als NaNO3: |
höchstens 100 ppm |
|
Nitrate ausgedrückt als NaNO2: |
höchstens 20 ppm |
|
Phosphate insgesamt ausgedrückt als P2O5: |
höchstens 7 500 ppm |
(natürlicher Gehalt des Schweinefleischs ohne Phosphatzusätze)
Organoleptische Eigenschaften
Ausgewogenes, kräftiges und beständiges Aroma, vor allem von Paprika, aber auch leicht von Knoblauch. Kein ranziger oder unangenehmer Geruch. Kräftiger, beständiger Geschmack, ausgewogen zwischen Muskelfleisch und Fett. Wenig Säure; kein ranziger oder seltsamer Beigeschmack. Paprikarohwürste mit Gewürzpaprika sind scharf. Die Paprikarohwürste haben eine ausgewogene Textur mit guter Schnittfestigkeit, guter Bissfestigkeit und geringer Zähigkeit.
Rohstoffe
Schweinefleisch und -speck, die besonders gut zum Pökeln geeignet sind, einschließlich sehnenfreies Muskelfleisch von kastrierten männlichen oder von weiblichen Tieren, Bauch- oder magerer Speck ohne Schwarte (lardeo, Bezeichnung der für die Herstellung von gepökelten Erzeugnissen verwendeten Teile des Schweins), gewürzt mit trockenem Feinsalz, Gewürzpaprika ausschließlich der Handelsklasse extra und frischem geschältem Knoblauch; all dies wird in Naturdärme von Schweinen gefüllt.
Der verwendete Schweinespeck muss von fester Konsistenz sein. Dieses Erzeugnis kann nicht mit weichem, schmalzartigem Bauchfett hergestellt werden, das beim Zerkleinern klebrig wird und während der Reifung und Trocknung der Wurst Fett absondert. Es darf auch nur wenig davon beigegeben und der Fettanteil von 57 % in der Trockensubstanz keinesfalls überschritten werden. Dies ist eines der wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Paprikarohwürste „Chorizo Riojano“ gegenüber anderen Paprikarohwürsten, bei denen es zu einem plötzlichen Umschlagen des pH-Wertes kommt, was die korrekte Reifung erschwert und die spätere Haltbarkeit beeinträchtigt.
3.4. Futter und Rohstoffe
—
3.5. Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen
Vorbereitung des Rohmaterials
Die fleischverarbeitenden Betriebe, die „Chorizo Riojano“ herstellen, müssen imstande sein, Schlachtkörper und/oder Fleischteile in geeigneter Weise entgegenzunehmen und so zu verarbeiten, dass es keinesfalls zu einem Absinken des pH-Werts oder zu Veränderungen der Farbe und/oder Konsistenz kommt. Sie müssen bei der Annahme der Schlachtkörper oder Fleischteile die Unversehrtheit durch entsprechende Tests und Untersuchungen überprüfen.
Das grobe Zerteilen, Auslösen der Knochen und Zerlegen muss so rasch wie möglich erfolgen, wobei das Anhäufen größerer Fleischmengen im Verarbeitungsbereich zu vermeiden ist.
Der Raum, in dem das Fleisch verarbeitet wird, muss auf eine Temperatur von höchstens 12 °C gekühlt sein.
Kühlen des Fleisches und des Fetts vor dem Kleinhacken
Die Kühlkammern, in denen die Schlachtkörper aufbewahrt werden, müssen mit Aufhängevorrichtungen versehen sein, die so angeordnet sind, dass sich die Schlachtkörper gegenseitig nicht berühren.
Kleinhacken des Fleisches und Fetts in die für die jeweiligen Erzeugnisse erforderliche Größe
Die Herstellung von „Chorizo Riojano“ muss räumlich und zeitlich getrennt von der Herstellung anderer Erzeugnisse, einschließlich Paprikarohwürste anderer Kategorien, erfolgen.
Das verarbeitungsfertige Fleisch muss richtig abgehangen und gesäuert sein, darf nicht tiefgekühlt werden und muss einen pH-Wert unter 6,3 aufweisen, sodass es leicht reift und das Trocknen der Masse im Inneren der Wurst gewährleistet ist.
Ebenso wichtig ist, dass das Fleisch nicht feucht ist, deshalb lässt man gegebenenfalls den Saft der Fleischstücke abtropfen.
Wenn das Fleisch und der Speck fertig vorbereitet sind, werden sie mehr oder weniger stark klein geschnitten und gehackt. Damit die Proteinstruktur des Gewebes und der Fettzellen nicht zu stark beschädigt wird, ist ein energischer Schnitt des Fleischs und Specks erforderlich. Dies bewirkt, dass die Fleischstückchen besser aneinanderhaften und die Wurst richtig trocknet, und garantiert schließlich das charakteristische Aussehen und die typische Farbe des Anschnitts der Paprikarohwurst.
Der gesamte Verarbeitungsbereich muss klimatisiert sein. Die relative Feuchtigkeit sowie Luftzirkulation und der Luftwechsel müssen den technischen, hygienischen und sanitären Anforderungen entsprechen.
Salzen und Würzen
Dem fein gehackten Fleisch und Speck werden trockenes Feinsalz, geschälter roher Knoblauch und Gewürzpaprika ausschließlich der Handelsklasse Extra beigefügt, im Fall der scharfen Sorte auch Cayennepfeffer.
Mischen und Verkneten der Zutaten
Nach dem Zerkleinern der Rohstoffe und der Beigabe der übrigen Zutaten werden diese gemeinsam durchmischt, wobei Lufteinschlüsse in der Masse nach Möglichkeit eliminiert werden, damit sich die einzelnen Bestandteile miteinander verbinden und die Wurst später beim Aufschneiden nicht zerfällt.
Anschließend wird die gehackte Masse im Vakuummischer verknetet, damit ein optimales Pökeln erreicht wird.
Ruhen und Abkühlen der Masse
Nach dem Feinhacken, Mischen und Verkneten muss die Masse vor dem Abfüllen unbedingt 12 bis 24 Stunden ruhen.
Die hierfür eingesetzten Kühlreinrichtungen müssen von den übrigen Kühleinrichtungen unabhängig sein und eine Temperatur zwischen 0 und 6 oC aufweisen.
Abfüllen in Schweine-Naturdärme
Die fertige Masse wird in Naturdärme von Schweinen abgefüllt, wobei die dabei verwendeten Tüllen glatt sein müssen und nicht zu lang sein dürfen, um eine Erwärmung zu vermeiden. Aus demselben Grund muss die Masse mit ausreichend Druck in den Darm gefüllt werden. Andernfalls können Hohlräume in den Würsten zurückbleiben, was zur Verfärbung der Masse oder zu Schimmelbildung führen kann.
Die Naturdärme müssen vollständig gereinigt sein und dürfen keinerlei Veränderungen, Schäden oder Krankheitsanzeichen aufweisen, die sie für die Verwendung bei Lebensmitteln ungeeignet machen.
Die Därme müssen zuvor gewaschen werden, damit sie elastischer werden und sich der Masse ohne Ablösungen oder Faltenbildung gut anpassen.
Abbinden
Sobald die Fleischmasse in den Darm gefüllt wurde, wird dieser mit einer weißen bzw. im Fall der scharfen Sorte mit einer roten Baumwollschnur abgebunden.
Mehr oder weniger lange Reifung
Zur Reifung werden die Würste in belüfteten Trockenräumen aufgehängt, die eine Temperatur von höchstens 16 °C sowie die geeignete relative Feuchtigkeit und Luftzufuhr aufweisen müssen, damit das Erzeugnis nach und nach Feuchtigkeit verliert und seine typischen Merkmale hinsichtlich Konsistenz, Aroma, Farbe und Geschmack entwickelt. Erfolgt die Reifung in natürlichen Trockenkammern (secadero natural) darf die Temperatur bis zu 20 °C betragen.
Um die Reifungsbedingungen (Temperatur, relative Feuchtigkeit und Belüftung) zu kontrollieren und konstant zu halten, können Spezialkammern eingesetzt werden, in denen diese Bedingungen nach Wunsch und automatisch reguliert werden können.
Die Anlagen müssen über einen einsehbaren und zugänglichen Platz sowie über Kontrollgeräte verfügen, um während des Fermentations- bzw. Reifungsvorgangs die Temperatur und Feuchtigkeit sowie die Entwicklung des geschützten Erzeugnisses ständig überwachen zu können.
Trockenpökeln in klimatisierten Trockenkammern oder in natürlicher Umgebung
Nach der Reifung werden die Würste zum Nachreifen und Trockenpökeln in Hänge- bzw. Trockenhallen gebracht, wo sie bleiben, bis der Prozess abgeschlossen ist. Während dieser Endphase gehen die mikrobiellen und enzymatischen Reifungsvorgänge in der Wurst weiter und bewirken eine Stabilisierung der Farbe und des Aromas. Die Trocknungszeit von „Chorizo Riojano“ hängt von der Länge und/oder dem Durchmesser ab. Exemplare, an denen Falten, Lufteinschlüsse oder irgendwelche anderen Mängel festgestellt werden, werden beseitigt.
3.6. Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw. des Erzeugnisses mit dem eingetragenen Namen
—
3.7. Besondere Vorschriften für die Kennzeichnung des Erzeugnisses mit dem eingetragenen Namen
Am Erzeugnis wird ein nummeriertes, von der Aufsichtsbehörde (Consejo Regulator) ausgestelltes Kontrolletikett angebracht, das die Angabe „Indicación Geográfica Protegida“ [geschützte geografische Angabe] „Chorizo Riojano“ in Verbindung mit deren Logo enthält. Dieses Kontrolletikett wird vom Erzeugungsbetrieb selbst so angebracht, dass seine Wiederverwendung nicht möglich ist.
Die verarbeitenden Betriebe, die die geschützte geografische Angabe „Chorizo Riojano“ herstellen dürfen, müssen in den entsprechenden Registern eingetragen sein, und sind letztendlich für die Einhaltung der gesamten Spezifikation dieses Erzeugnisses verantwortlich.
Die Aufsichtsbehörde ist dafür verantwortlich, dieses Register ständig auf dem neuesten Stand zu halten.
4. Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets
Das Gebiet, in dem die Herstellung, Reifung und das Trockenpökeln sowie die Kennzeichnung erfolgen, umfasst die Autonome Gemeinschaft La Rioja.
5. Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet
Besonderheiten des geografischen Gebiets:
Natürliche Faktoren: Im abgegrenzten geografischen Gebiet treffen die Einflüsse dreier Klimazonen aufeinander. Das Zusammenspiel dieser klimatischen Einflüsse schafft in La Rioja ideale Voraussetzungen für die natürliche Reifung und das natürliche Trockenpökeln dieses Erzeugnisses. Es ermöglicht, dass die physikalisch-chemischen Veränderungen langsam und korrekt ablaufen, sodass die Würste ihre typischen Merkmale im Anschnitt, im Geschmack und im unverwechselbaren Aroma stärker ausbilden können.
Heute hat dieser Klimafaktor an Bedeutung verloren, da die letzten Phasen des Herstellungsprozesses in klimatisierten Kammern vor sich gehen, in denen Belüftung, Feuchtigkeit und Temperatur geregelt werden können. Dies geschieht aber immer entsprechend den in diesem Gebiet herrschenden klimatischen Verhältnissen, die dadurch nach wie vor eine sehr wichtige Rolle spielen.
Menschlicher Faktor: Was „Chorizo Riojano“ wirklich von allen anderen Würsten dieser Art unterscheidet, ist die seit jeher angewandte traditionelle Herstellungsmethode, die von modernen Herstellungsbetrieben von „Chorizo Riojano“ erfolgreich übernommen wurde.
Besonderheit des Erzeugnisses
Die geschützte geografische Angabe „Chorizo Riojano“ darf nur von Paprikarohwürsten der Handelsklasse Extra geführt werden, die nach den traditionellen Rezepten in registrierten Produktionsstätten erzeugt werden, in denen sämtliche Schritte der Herstellung, Reifung, des Trockenpökelns und der Kennzeichnung sowie die Qualität und Aufbereitung der Rohstoffe effizient kontrolliert werden. Nur Paprikarohwürste, die alle Kontrollen im Laufe dieses Verfahrens bestanden haben, dürfen mit der durch das Gütezeichen der geschützten geografischen Angabe verbürgten Ursprungsgarantie auf den Markt gebracht werden.
Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geografischen Gebiet, der Qualität und dem Ansehen
Historische Tradition und Ansehen des Erzeugnisses: Traditionellerweise wurde in den Gebirgsgegenden von La Rioja bei den ersten Kälteeinbrüchen mit der Schlachtung von Schweinen begonnen und das Fleisch zu Würsten verarbeitet. Die Paprikarohwürste mussten für das ganze Jahr hergestellt werden und bis zur Weinlese im nächsten Herbst halten. Deshalb war auch das von den Menschen des Gebietes überlieferte Wissen über die Herstellung und Reifung dieses Erzeugnisses – dessen richtige Herstellung und Haltbarmachung keineswegs einfach ist – von ganz entscheidender Bedeutung. Auch heute noch gibt es einzelne Orte in La Rioja, vor allen in den Gebirgsgegenden, wo diese Techniken noch immer gebräuchlich sind.
Die Industrialisierung der Wurstwarenherstellung begann in La Rioja im 19. Jahrhundert, als die ersten Familienbetriebe entstanden, die ihre Erzeugnisse im selben Ort und in der Umgebung verkauften. So wird dem historischen Stadtarchiv (Archivo Histórico Municipal) zufolge im Jahr 1890 erstmals eine „Wurstwarenfabrik in Logroño“ erwähnt. Ebenso aus dem Jahr 1890 stammt ein Schriftstück, in dem der Industrielle und Jurist Julio Farias beschreibt, wie er Würste aus La Rioja nach Cuba verschickte, damit sie dort in gutem Zustand ankamen: „[…] in Dosen, die ganz mit Schmalz aufgefüllt sind und sich in einem Wasserbad befinden, damit sie die Temperaturen vollkommen unbeschadet überstehen“. Schon damals schaltete der Industrielle Anzeigen – „Prospekte, Rundschreiben und andere Formen der Werbung“, wie er sagt – und vertraute auf die Qualität seiner Waren: „… auch wenn uns die USA beim Preis der Waren noch so sehr Konkurrenz machen, die heimische Qualität ist unvergleichlich besser, sodass sogar die Ärmsten sie vorziehen, auch wenn sie dafür mehr bezahlen müssen“.
Ein weiteres Beispiel ist das Buch von Javier Herce Galarreta, in dem verschiedene Artikel zusammengefasst sind, die 1979 in der Zeitung La Gaceta del Norte veröffentlicht wurden. In Kapitel VII über Schweinefleisch schreibt er: „In La Rioja ist das Schwein von enormer Bedeutung, und zwar nicht nur als Frischfleisch. Schinken, Chorizos und Blutwürste sind wichtige Spezialitäten, die auf eine für La Rioja typische Weise hergestellt werden; sie haben zwar eine ähnliche Form wie die anderer Regionen, unterscheiden sich jedoch im Geschmack und in der Verwendung. Vielleicht ist, was den Ruf angeht, das beste Beispiel die sogenannte ‚Chorizo Riojano‘, die sich von allen anderen Paprikarohwürsten anderer Regionen unterscheidet — sie ist zart, aromatisch, pikant, von kräftiger Farbe. Apropos Bedeutung des Schweins und seiner Erzeugnisse in La Rioja: Die Ausbreitung von Fleisch- und Wurstwarenfabriken ist in ganz La Rioja festzustellen und es sind regelrechte Hochburgen entstanden, etwa in Baños de Río Tobía oder Laguna de Cameros und neuerdings in Albelda de Iregua, die im Verhältnis ebenso bedeutend sind wie der Weinbau und die Konservenindustrie. Mit seiner dreiteiligen gastronomischen Produktion – gepökelte Würste in der Sierra, Wein in La Rioja Alta und Konserven in La Rioja Baja – mutet La Rioja wie drei Regionen, zusammengefasst in einem einzigartigen Umfeld an.“
Die Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre und die ständigen Zahlungsschwierigkeiten der Kunden führten zur Schließung vieler Betriebe, von deren Existenz heute nur mehr die Eintragungen in den Gewerberegistern, die in allen Gemeinden aufbewahrt werden, Zeugnis ablegen. Durch diese wirtschaftlichen Strukturanpassungen wurde Baños de Río Tobía zum neuralgischen Zentrum der Erzeugung. Auch wenn man heute über die Gründe nur mehr Vermutungen anstellen kann, scheinen die Nachkommen der ersten Industriellen von den in dieser Enklave herrschenden idealen Klimabedingungen dazu ermuntert worden zu sein, ihre eigenen Fabriken hier zu gründen. Miguel Ángel Villoslada erklärt es so: „Ursprünglich haben sich die Fabriken dort angesiedelt, wo das richtige Klima herrschte: trocken und kalt, aber mit geringen Temperaturschwankungen. Deshalb gibt es in Baños [de Río Tobía] so viele Betriebe. Wir befinden uns auf einer Höhe von 500 Metern über dem Meeresspiegel, genau dort, wo die Sierra de la Demanda und das Gebiet von Urbión beginnen. Es ist vor den zu kalten Winden aus der Bergkette Sierra de Herrera geschützt, und es gibt keine plötzlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen.“
Heute wird der Ritus des jährlichen Schweineschlachtens und der handwerklichen Herstellung und Haltbarmachung der Chorizos noch immer praktiziert, aber nur mehr im Kleinen. Die Herstellung der Paprikarohwürste und anderer Fleischerzeugnisse überlässt man normalerweise Fleischverarbeitungsbetrieben – meist aus der Umgebung –, die für die Reifung ungünstige Bedingungen durch geeignete Räume und Anlagen ausgleichen können, ohne dabei die überlieferte traditionelle Herstellungsmethode zu vergessen.
Baños de Río Tobía ist noch immer die Enklave mit den meisten Fleischverarbeitungsbetrieben. Das ist auf die generationenlange Tradition in der Fleischverarbeitung zurückzuführen, denn heute spielt der Klimafaktor eine immer geringere Rolle. „Hier sind fast alle Firmeninhaber miteinander verwandt, weil wir dieselben Wurzeln haben.“ Die Fleischverarbeitungsindustrie mit dem größten Umsatz in der Region befindet sich aber in Albelda de Iregua. Begonnen hat es mit einer örtlichen Fleischerei im Jahr 1960. Im Jahr 1983 wurde die erste ausschließlich auf die Herstellung von Chorizos in abgeflachter Hufeisenform spezialisierte Fabrik eröffnet und innerhalb kurzer Zeit wurde sie zum führenden Unternehmen in ganz Spanien.
Dieses Ansehen wollen große Fleischverarbeitungsbetriebe in anderen Autonomen Gemeinschaften ausnützen und bezeichnen ihre Paprikarohwürste als „Chorizo Riojano“, obwohl diese nicht mit dem Erzeugnis vergleichbar sind, das durch diese geschützte geografische Angabe ausgezeichnet werden soll.
Außerdem sind die Tradition und das große Ansehen von „Chorizo Riojano“ heute zu einem Bestandteil der bekanntesten Gerichte der Region geworden, etwa des Eintopfgerichts „Patatas con Chorizo“ (Kartoffeln mit Chorizo), „Calderete“ (Lammgulasch), des „Choricillo asado al sarmiento“ (über Rebholz gegrillte Würstchen) oder der „Preñaditos“ (Wurststücke im Brotteig); auch in keinem Gemüseeintopf dürfen sie fehlen.
Abschließend ist noch auf das spanische Verzeichnis traditioneller Erzeugnisse (Inventario Español de Productos Tradicionales) zu verweisen, in dem die Paprikarohwurst „Chorizo Riojano“ auf den Seiten 110 und 111 erwähnt wird.
Hinweis auf die Veröffentlichung der Produktspezifikation
Unter Pliegos de condiciones (Produktspezifikationen) unter:
https://www.larioja.org/agricultura/es/calidad-agroalimentaria
|
8.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 223/63 |
Veröffentlichung eines Antrags auf Eintragung eines Namens nach Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel
(2022/C 223/09)
Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates innerhalb von drei Monaten ab dieser Veröffentlichung Einspruch gegen den Antrag zu erheben (1).
EINZIGES DOKUMENT
„Bardejovský Med / Med z Bardejova“
EU-Nr.: PDO-SK-02778 – 28.6.2021
g. U. (X) g. g. A. ( )
1. Name(n) [der g. U. oder der g. g. A.]
„Bardejovský Med / Med z Bardejova“
2. Mitgliedstaat oder Drittland
Slowakei
3. Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels
3.1. Art des Erzeugnisses
Klasse 1.4. Sonstige Erzeugnisse tierischen Ursprungs (Eier, Honig, verschiedene Milcherzeugnisse außer Butter usw.)
3.2. Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt
„Bardejovský Med / Med z Bardejova“ umfasst drei verschiedene Erzeugnisse:
|
|
Tannenhonigtauhonig, |
|
|
Lindenhonigtauhonig und |
|
|
Honigtauhonig. |
Das Erzeugnis wird in flüssiger oder kristallisierter Form in Verkehr gebracht.
Tannenhonigtauhonig
Wassergehalt: nicht mehr als 18 % an der Oberfläche im Behälter nach dem Absetzen
Gehalt an Hydroxymethylfurfurol (HMF):
|
|
bei ungelöstem Honig nach dem Zentrifugieren: höchstens 5 mg/kg |
|
|
bei gelöstem Honig nach der Kristallisation: höchstens 15 mg/kg |
Saccharosegehalt: höchstens 5 g/100 g
Gehalt an Glucose und Fructose: mindestens 60 %
Gehalt an Spurenelementen: mehr als 1 %
Elektrische Leitfähigkeit: mindestens 100 mS/m
Das Erzeugnis enthält sehr große Mengen an Mineralien und Spurenelementen.
Aussehen
|
Farbe |
: |
klar, dunkel bis schwarz, nach der Kristallisation leicht grünlich 95–114 mm auf der Pfund-Skala |
|
Kristallisation |
: |
Beim Kristallisieren entstehen sehr feine Kristalle, die sich bei niedriger Temperatur schnell auflösen, wenn der Honig verflüssigt wird. |
|
Aroma |
: |
mildes, nicht zu stark ausgeprägtes, zart süßlich-buttriges Aroma |
|
Geschmack |
: |
zart süß mit einer milden, nicht zu stark ausgeprägten buttrigen Note |
Lindenhonigtauhonig
Wassergehalt: nicht mehr als 18 % an der Oberfläche im Behälter nach dem Absetzen
Gehalt an Hydroxymethylfurfurol (HMF):
|
|
bei ungelöstem Honig nach dem Zentrifugieren: höchstens 5 mg/kg |
|
|
bei gelöstem Honig nach der Kristallisation: höchstens 15 mg/kg |
Saccharosegehalt: höchstens 5 g/100 g
Gehalt an Glucose und Fructose: mindestens 60 %
Gehalt an Spurenelementen: mehr als 1 %
Elektrische Leitfähigkeit: mindestens 90 mS/m
Aussehen
|
Farbe |
: |
klar, dunkelbraun bis schwarz, nach der Kristallisation leicht grünlich 95–110 mm auf der Pfund-Skala |
|
Kristallisation |
: |
Lindenhonigtau kristallisiert im Vergleich zu anderen Arten relativ schnell; die Kristalle sind recht groß und ähneln groben Sandkörnern. |
|
Aroma |
: |
würzig mit starkem Lindenblütenaroma |
|
Geschmack |
: |
leicht würzig mit einem ausgeprägten mentholähnlichen Geschmack |
Honigtauhonig
Wassergehalt: nicht mehr als 18 % an der Oberfläche im Behälter nach dem Absetzen
Gehalt an Hydroxymethylfurfurol (HMF):
|
|
bei ungelöstem Honig nach dem Zentrifugieren: höchstens 5 mg/kg |
|
|
bei gelöstem Honig nach der Kristallisation: höchstens 15 mg/kg |
Saccharosegehalt: höchstens 5 g/100 g
Gehalt an Glucose und Fructose: mindestens 60 %
Gehalt an Spurenelementen: mehr als 1 %
Elektrische Leitfähigkeit: mindestens 95 mS/m
Aussehen
|
Farbe |
: |
klar, bräunlich rot, braun bis dunkelbraun 95–110 mm auf der Pfund-Skala |
|
Kristallisation |
: |
schnell, Bildung ziemlich dicker Kristalle |
|
Aroma |
: |
leicht würzig |
|
Geschmack |
: |
leicht buttrig und würzig mit charakteristischem Honigtaugeschmack |
3.3. Futter (nur für Erzeugnisse tierischen Ursprungs) und Rohstoffe (nur für Verarbeitungserzeugnisse)
—
3.4. Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen
Alle Schritte zur Herstellung von „Bardejovský med / Med z Bardejova“ von der Aufstellung der Bienenstöcke bis zur Füllung der Gefäße müssen in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen.
3.5. Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw. des Erzeugnisses mit dem eingetragenen Namen
„Bardejovský med / Med z Bardejova“ muss in dem abgegrenzten geografischen Gebiet gemäß Punkt 4 verpackt werden, um die Echtheit und Qualität des Erzeugnisses besser zu schützen und die Rückverfolgbarkeit und Überwachung des Erzeugnisses zu gewährleisten.
Nur so kann die Qualität erhalten und jegliche Veränderung der physikalisch-chemischen und organoleptischen Eigenschaften verhindert werden. Das Transportieren der Waren an einen anderen Ort führt zu Temperatur- und Feuchtigkeitsveränderungen, zur Aufnahme von Fremdgerüchen, zu einer Erhöhung der HMF-Menge und zu einem Rückgang der Diastase. Das Verpacken des Erzeugnisses in dem abgegrenzten Gebiet verringert das Risiko, dass es mit Honig von außerhalb des unter Punkt 4 definierten Gebiets vermischt wird.
3.6. Besondere Vorschriften für die Kennzeichnung des Erzeugnisses mit dem eingetragenen Namen
—
4. Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets
„Bardejovský med / Med z Bardejova“ wird im Gebiet des Čergov-Gebirges im Bezirk Bardejov, in den Gemeinden Hertník, Šiba, Hervartov, Richvald, Kríže, Tarnov, Rokytov und Mokroluh sowie in den folgenden Teilen der Stadt Bardejov hergestellt: Koligrund, Bardejovská zábava, Poštárka und Bardejov-Mihaľov.
5. Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet
Der Antrag auf Eintragung der Ursprungsbezeichnung „Bardejovský med / Med z Bardejova“ stützt sich ausschließlich auf die besondere Qualität und die besonderen Eigenschaften des Erzeugnisses, die sich aus den natürlichen und menschlichen Faktoren im geografischen Gebiet ergeben.
Das Čergov-Gebirge liegt im nordöstlichen Teil der Slowakei. Die Gebirgskette hat sich auf einer Flyschbasis aus Sand- und Tonstein gebildet. Die Fläche ist von Mischwäldern bedeckt, in denen Buchen, Tannen und Fichten überwiegen. Der Abschnitt von Bardejov weist homogene Tannenbestände auf, die in einem Bereich auch mit kleinblättrigen Linden und Buchen durchsetzt sind. Der Anteil der Tannen in den Wäldern dieses abgegrenzten geografischen Gebiets ist sehr hoch und wird auf 70 % geschätzt. Etwa 6 000 ha der Waldfläche sind mit Tannen bewachsen, und die Bienenstöcke befinden sich in diesen Gebieten an festen oder wechselnden Standorten.
Der gesamte Čergov-Höhenzug liegt in der kühlen Klimazone mit Durchschnittstemperaturen von -3 bis -6 °C im Winter und 14 bis 16 °C im Sommer und ist jährlich an 120 bis 160 Tagen schneebedeckt. An 10 bis 30 Tagen im Jahr erreicht die Temperatur in diesem Gebiet 25 °C oder mehr. Das Klima ist eher kühl und feucht, was geeignete Bedingungen für den Lebenszyklus der Grünen Tannenhoniglaus (Cinara pectinatae) aus der Familie der Lachnidae und für ihre Vermehrung zu großen Kolonien schafft. Die Blattlaus sondert Honigtau ab, der eine wichtige Quelle für die Erzeugung von „Bardejovský med / Med z Bardejova“ ist.
Die Blattläuse ernähren sich, indem sie die Nadeln von Tannen oder die Blätter anderer Laub- oder Nadelbäume anstechen und deren Saft aufsaugen. Ihr Stoffwechsel kann einige Bestandteile des Pflanzensafts nicht verarbeiten, sodass sie ihn in Form von süßen Tropfen ausscheiden, die die Bienen in ihren Bienenstock mitnehmen und mit bestimmten Stoffen (Enzymen) anreichern; sie dicken sie ein, lagern sie in den Waben des Bienenstocks und stellen daraus Honig her. Die Kärntner Honigbiene (Apis mellifera carnica) wird in diesem Gebiet schon seit Langem gehalten und hat sich an die örtlichen klimatischen Bedingungen und das Sammeln von Honigtau angepasst.
Die Bienen erzeugen „Bardejovský med / Med z Bardejova“ in Bienenstöcken, die sich ständig in Bienenhäusern oder in Wanderbienenstöcken innerhalb der genau festgelegten Grenzen der Gemeinden des abgegrenzten geografischen Gebiets befinden. Die Bienenstöcke müssen aus natürlichem Material, nämlich aus Holz, bestehen. Die Bienen dürfen nicht in Bienenstöcken aus Kunststoff oder Polystyrol gehalten werden.
Der Honig wird aus den Waben durch Zentrifugieren in Honigschleudern gewonnen. Das Schleudern erfolgt, wenn der Honig reif ist und der Wassergehalt nicht mehr als 18 % beträgt. Brutwaben dürfen nicht geschleudert werden. Während der Imkereisaison dürfen keine chemischen Arzneimittel in den Bienenstöcken verwendet werden. Der Wassergehalt des Honigs darf nicht durch technische Verdunstung verringert werden. Nach dem Schleudern wird der Honig mithilfe von Sieben gefiltert, um Verunreinigungen (Wachs, Bienen usw.) zu entfernen. Dem Honig dürfen nur Verunreinigungen entzogen und es darf nichts zugesetzt werden. Anschließend wird der Honig in den dafür vorgesehenen Behältern gelagert, oder er kann sofort in Glasgefäße abgefüllt werden, die für den Verkauf an den Endverbraucher bestimmt sind. Wenn der Honig nach dem Zentrifugieren in Behältern gelagert wurde, darf er sich nur bei Temperaturen unter 45 oC auflösen. Der gesamte Prozess des Zentrifugierens und Verpackens des Honigs darf nur in einem zu diesem Zweck ausgewiesenen und von der zuständigen regionalen Veterinär- und Lebensmittelbehörde zugelassenen Betrieb erfolgen, der sich in dem abgegrenzten Gebiet befinden muss.
Die Imker sammeln den Honig auf traditionelle, handwerkliche Weise, die eng mit dem Gebiet verbunden ist. Die Kompetenz der örtlichen Imker liegt in der Wahl der Standorte für die Bienenstöcke, der Art der Honiggewinnung, der Schleuderung und den Grundsätzen für die Lagerung und das Abfüllen des Honigs. Im Räucherofen wird nur altes, verrottendes Holz von einheimischen Bäumen verwendet, das unschädlichen und nicht reizenden Rauch erzeugt. Während der Imkereisaison dürfen die Bienen nicht mit Zucker oder anderem Futter gefüttert werden. Die Honigwaben werden auf traditionelle Weise mit einer Gabel entdeckelt. Der Honig wird durch Zentrifugieren ohne Wärmezufuhr aus den Rähmchen geschleudert, und er wird nicht pasteurisiert.
Die Besonderheit von „Bardejovský med / Med z Bardejova“ liegt hauptsächlich darin, dass sowohl Lindenhonigtauhonig als auch Honigtauhonig ebenfalls Tannenhonigtau enthalten, was ihre Farbe von dunkelbraun bis schwarz beeinflusst; die Zusammensetzung erzeugt einen sehr feinen Geschmack. Diese besondere Qualität verdankt das Erzeugnis seiner Zusammensetzung und seinem hohen Gehalt an Flavonoiden, Mineralien und Spurenelementen. Auf diese Weise erzeugter Honig zeichnet sich durch eine eher dicke Konsistenz, einen zarten Geschmack, eine dunkle Farbe und ein Aroma aus. Er enthält sehr große Mengen an Mineralien und Spurenelementen.
Das Qualitätserzeugnis „Bardejovský med / Med z Bardejova“, das an sauberen, natürlichen Standorten hergestellt wird, wurde auf renommierten internationalen Messen mehrfach ausgezeichnet. Weiterhin wurde die Qualität des Erzeugnisses auch in einem am 5. Juli 2016 in der Zeitung Pravda veröffentlichten Text dargelegt: „So wurde beispielsweise vor einiger Zeit der Honigtauhonig aus Bardejov zum Referenzprodukt seiner Art erklärt.“ Ein Zeitungsartikel in Nový čas vom 14. Oktober 2012 trug die Überschrift „Bardejov-Honig ist der beste der Welt: Imker Jozef gewinnt Gold“.
„Bardejovský med / Med z Bardejova“ ist eng mit seinem Ursprungsgebiet verflochten. Die besonderen Eigenschaften des Erzeugnisses hängen mit dem geografischen Gebiet zusammen. Homogene Tannenbestände wachsen nur in einer sehr günstigen und sauberen Umgebung. Die mikroklimatischen Bedingungen, die Höhe über dem Meeresspiegel, das Klima und die Feuchtigkeit in dem abgegrenzten Gebiet schaffen günstige Bedingungen für die Vermehrung von Blattläusen, was sich wiederum auf die Produktion von Honigtau auswirkt. Die Bienenstöcke befinden sich in dichten Tannenwäldern.
Die elektrische Leitfähigkeit von Honigtauhonig aus dem abgegrenzten geografischen Gebiet ist wesentlich höher als die übliche Leitfähigkeit von Honigtauhonig aus anderen Gebieten. Sie ist der Grund für den hohen Gehalt an Spurenelementen und Mineralien wie Magnesium, Mangan, Eisen, Kupfer, Kobalt, Kalzium, Phosphor und anderen. Das Vorkommen dieser Mineralien und Spurenelemente im örtlichen Unterboden, auf dem die Tannenbestände wachsen, verleiht „Bardejovský med / Med z Bardejova“ seine besonderen Eigenschaften und seine Qualität. Diese seltenen Stoffe gelangen über das Wurzelsystem in die Tannenzweige und werden dann von den Blattläusen, die sich von deren Saft ernähren, ausgeschieden. Die Bienen bringen sie anschließend in ihre Bienenstöcke, wo der Honig erzeugt wird. Diese Umstände wirken sich auf die Zusammensetzung und die Qualität des Honigs aus und verleihen dem Bardejov-Honig seine charakteristischen Eigenschaften.
In diesem Gebiet wird schon sehr lange permanent Tannenhonig hergestellt. Die Erfahrung und die Kompetenz der örtlichen Imker spiegeln sich in der Methode der Honigerzeugung wider. Dank ihres hohen Fachwissens sind die örtlichen Imker auch in der Lage, die zahlreichen Anforderungen an die Honigerzeugung zu erfüllen und Honig mit den besonderen Merkmalen zu produzieren, die sich aus der Außergewöhnlichkeit dieses geografischen Gebiets ergeben.
Hinweis auf die Veröffentlichung der Produktspezifikation
https://www.indprop.gov.sk/swift_data/source/pdf/specifikacie_op_oz/Specifikacia_Bardejov.pdf