ISSN 1977-088X |
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Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132 |
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Ausgabe in deutscher Sprache |
Mitteilungen und Bekanntmachungen |
65. Jahrgang |
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I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen |
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ENTSCHLIEßUNGEN |
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Europäisches Parlament |
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Mittwoch, 6. Oktober 2021 |
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2022/C 132/01 |
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2022/C 132/02 |
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2022/C 132/03 |
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2022/C 132/04 |
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2022/C 132/05 |
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2022/C 132/06 |
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2022/C 132/07 |
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Donnerstag, 7. Oktober 2021 |
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2022/C 132/08 |
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2022/C 132/09 |
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2022/C 132/10 |
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2022/C 132/11 |
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2022/C 132/12 |
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2022/C 132/13 |
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2022/C 132/14 |
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2022/C 132/15 |
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2022/C 132/16 |
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2022/C 132/17 |
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2022/C 132/18 |
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III Vorbereitende Rechtsakte |
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Europäisches Parlament |
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Dienstag, 5. Oktober 2021 |
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2022/C 132/19 |
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2022/C 132/20 |
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2022/C 132/21 |
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2022/C 132/22 |
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2022/C 132/23 |
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2022/C 132/24 |
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2022/C 132/25 |
Erklärung der benutzten Zeichen
(Die Angabe des Verfahrens beruht auf der im Entwurf eines Rechtsakts vorgeschlagenen Rechtsgrundlage.) Änderungsanträge des Parlaments: Neue Textteile sind durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet. Auf Textteile, die entfallen, wird mit dem Symbol ▌hingewiesen oder diese Textteile erscheinen durchgestrichen. Textänderungen werden gekennzeichnet, indem der neue Text in Fett- und Kursivdruck steht und der bisherige Text gelöscht oder durchgestrichen wird. |
DE |
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24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/1 |
EUROPÄISCHES PARLAMENT
SITZUNGSPERIODE 2021-2022
Sitzungen vom 4. bis 7. Oktober 2021
ANGENOMMENE TEXTE
I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen
ENTSCHLIEßUNGEN
Europäisches Parlament
Mittwoch, 6. Oktober 2021
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/2 |
P9_TA(2021)0404
Die Rolle der Entwicklungspolitik bei der Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt in Entwicklungsländern vor dem Hintergrund der Umsetzung der Agenda 2030
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu der Rolle der Entwicklungspolitik bei der Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt in Entwicklungsländern vor dem Hintergrund der Umsetzung der Agenda 2030 (2020/2274(INI))
(2022/C 132/01)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf die Internationale Union für die Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1992 über die biologische Vielfalt (CBD) und die bevorstehende 15. Sitzung der Konferenz der Vertragsparteien dieses Übereinkommens (COP15), |
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unter Hinweis auf den Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, |
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unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen von 2007 über die Rechte der indigenen Völker, |
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unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen von 2018 zu den Rechten von Kleinbauern und anderen in ländlichen Regionen arbeitenden Menschen, |
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unter Hinweis auf den Sonderbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) der Vereinten Nationen von 2019 über Klimawandel und Land, |
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unter Hinweis auf den IPCC-Sonderbericht von 2019 über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima, |
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unter Hinweis auf den „Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services“ (Globaler Bewertungsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen) der zwischenstaatlichen Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (Weltbiodiversitätsrat, IPBES) von 2019, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Weltbiodiversitätsrats vom 29. Oktober 2020 über die Arbeitstagung zum Thema biologische Vielfalt und Pandemien, |
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unter Hinweis auf den Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker, der der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2016 vorgelegt wurde, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) von 1989 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Sekretariats des Übereinkommens über die biologische Vielfalt vom 15. September 2020 mit dem Titel „Global Biodiversity Outlook 5“ (Fünfter globaler Bericht über die biologische Vielfalt), |
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unter Hinweis auf den Biodiversitätsgipfel der Vereinten Nationen vom 30. September 2020, |
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unter Hinweis auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, |
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unter Hinweis auf die Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, |
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unter Hinweis auf die am 14. Dezember 2016 abgegebene Erklärung von Cancún zur Förderung einer nachhaltigen Weide- und Viehwirtschaft für die Erhaltung der biologischen Vielfalt im Gras- und Weideland, die auf der 13. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (COP 13), |
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unter Hinweis auf den Bericht der Hochrangigen Sachverständigengruppe des Ausschusses für Welternährungssicherheit (CFS) vom Juli 2019 über Ernährungssicherheit und Ernährung mit dem Titel „Agroecological and other innovative approaches for sustainable agriculture and food systems that enhance food security and nutrition“ (Agrarökologische und andere innovative Ansätze für eine nachhaltige Landwirtschaft und nachhaltige Lebensmittelsysteme zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und der Ernährung), |
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unter Hinweis auf den 2020 veröffentlichten Bericht der FAO mit dem Titel „State of knowledge of soil biodiversity — Status, challenges and potentialities“ (Wissensstand in Bezug auf die biologische Vielfalt des Bodens — Lage, Herausforderungen und Potenzial), |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) und das Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (CMS), |
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unter Hinweis auf den Bericht „Global Analysis 2020“ von Frontline Defenders, |
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unter Hinweis auf die Veröffentlichung der Europäischen Umweltagentur mit dem Titel „Streamlining European Biodiversity Indicators“ (SEBI), |
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unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 9. März 2020 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer umfassenden Strategie mit Afrika“ (JOIN(2020)0004), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. Februar 2021 mit dem Titel „Ein klimaresilientes Europa aufbauen — die neue EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel“ (COM(2021)0082), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „Vom Hof auf den Tisch — eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380), |
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unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission 2013/396/EU vom 11. Juni 2013 mit dem Titel „Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ (1), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Juli 2019 über die Intensivierung der EU-Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Wälder in der Welt (COM(2019)0352) und auf die anschließenden Schlussfolgerungen des Rates, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 15. Mai 2017 zu indigenen Völkern, |
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unter Hinweis auf den neuen Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik von 2017, |
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unter Hinweis auf den im November 2003 angenommenen EU-Aktionsplan für Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor, |
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unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im Juni 2020 veröffentlichte eingehende Analyse zu dem Thema „Handel und biologische Vielfalt“ (2), |
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unter Hinweis auf die Halbzeitbewertung der Strategie der EU zur Erhaltung der biologischen Vielfalt (3), |
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unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im Dezember 2020 veröffentlichte eingehende Analyse mit dem Titel „Der Zusammenhang zwischen dem Verlust der biologischen Vielfalt und der zunehmenden Verbreitung von Zoonosen“ (4), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Juli 2018 zur Verletzung der Rechte indigener Völker in der Welt, unter anderem durch Landnahme (5), |
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unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im September 2014 veröffentlichte Studie mit dem Titel „Indigenous peoples, extractive industries and human rights“ (Indigene Völker, mineralgewinnende Industrie und Menschenrechte) (6), |
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unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Externe Politikbereiche im Juni 2020 veröffentlichte eingehende Analyse mit dem Titel „Challenges for environmental and indigenous peoples’ rights in the Amazon region“ (Herausforderungen in den Bereichen Umweltrecht und Rechte indigener Völker im Amazonasgebiet) (7), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von der EU verursachten weltweiten Entwaldung (8), |
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unter Hinweis auf den europäischen Grünen Deal, |
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gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Entwicklungsausschusses (A9-0258/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass etwa 70 % der Armen der Welt für ihren Lebensunterhalt unmittelbar von der biologischen Vielfalt abhängen; |
B. |
in der Erwägung, dass der größte Verlust an biologischer Vielfalt in den Entwicklungsländern zu verzeichnen ist; |
C. |
in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt nach wie vor eine wichtige Quelle für die Entwicklung von Arzneimitteln ist; |
D. |
in der Erwägung, dass der umfassendsten pauschalen Schätzung zufolge Ökosystemleistungen einen jährlichen Nutzen im Gegenwert von 125–140 Billionen USD bringen, was mehr als dem anderthalbfachen Wert des weltweiten BIP entspricht (9); |
E. |
in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt einerseits vom Klimawandel betroffen ist und andererseits — durch die auf ihr beruhenden Ökosystemleistungen — einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel leistet; |
F. |
in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich abnehmen, das Angebot an und die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen, die derzeit einen Marktwert haben (Lebens- und Futtermittel, Holz und Bioenergie), hingegen voraussichtlich zunehmen; |
G. |
in der Erwägung, dass zu den größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt an Land, in den Meeren und in sonstigen Gewässern der Verlust an und die Zerstückelung von Lebensräumen (insbesondere durch die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft), der Raubbau an den natürlichen Ressourcen (z. B. an den Fischbeständen), die Umweltverschmutzung, invasive gebietsfremde Arten und der Klimawandel zählen; |
H. |
in der Erwägung, dass laut dem globalen Bewertungsbericht über biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen der IPBES von 2019 die meisten Biodiversitätsziele von Aichi für 2020 verfehlt worden sind; |
I. |
in der Erwägung, dass Umweltrisiken gemäß dem Global Risks Report 2020 des Weltwirtschaftsforums die größte systemische Bedrohung für die Weltwirtschaft darstellen; |
J. |
in der Erwägung, dass Schätzungen der OECD zufolge jährlich Finanzmittel im Wert von 500 Mrd. USD fließen, die potenziell schädlich für die biologische Vielfalt sind (durch Subventionen für fossile Brennstoffe und die Landwirtschaft), was dem zehnfachen Wert der weltweiten Finanzströme für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt entspricht, und dass die Kosten der Untätigkeit im Zusammenhang mit dem Verlust an biologischer Vielfalt hoch sind und voraussichtlich weiter steigen (10); |
K. |
in der Erwägung, dass laut der IPBES Landnutzungsänderungen, die Ausweitung der Landwirtschaft und Urbanisierung für mehr als 30 % der neu auftretenden Krankheiten verantwortlich sind; |
L. |
in der Erwägung, dass jüngeren Erhebungen zufolge zwischen 1,65 und 1,87 Mrd. Angehörige indigener Völker und lokaler Gemeinschaften und Menschen afrikanischer Abstammung in für den Schutz der biologischen Vielfalt wichtigen Gebieten leben; in der Erwägung, dass einer weiteren Untersuchung zufolge 56 Prozent der Menschen, die in für den Schutz der biologischen Vielfalt wichtigen Gebieten leben, in Ländern mit niedrigem bzw. mit niedrigem mittlerem Einkommen zu Hause sind; in der Erwägung, dass nur 9 % in Ländern mit hohem Einkommen leben; in der Erwägung, dass sich nach Angaben der Initiative für Rechte und Ressourcen (Rights and Resources Initiative) daran deutlich zeigt, dass sich Schutzmaßnahmen unverhältnismäßig stark auf den Globalen Süden auswirken; |
M. |
in der Erwägung, dass nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen ein komplexer Zusammenhang zwischen dem Verlust an biologischer Vielfalt und dem wachsenden Risiko von Zoonosen wie COVID-19 besteht; |
N. |
in der Erwägung, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften für ihre Grundbedürfnisse und Lebensgrundlagen in hohem Maße auf Land, natürliche Ressourcen und Ökosysteme angewiesen sind, wobei zu berücksichtigen ist, dass ihr niedriger Lebensstandard und ihre politische und wirtschaftliche Ausgrenzung zu entscheidenden Konflikten um natürliche Ressourcen und Landnutzungsrechte führen können; |
O. |
in der Erwägung, dass die angestammten Gebiete indigener Völker etwa 22 % der Landfläche der Erde ausmachen und dort 80 % der biologischen Vielfalt der Erde zu finden sind; |
P. |
in der Erwägung, dass in Schutzgebieten die biologische Vielfalt zum Nutzen der gesamten Menschheit bewahrt werden könnte, es aber auch heißt, dort seien in einigen Fällen massive Menschenrechtsverletzungen gegen indigene Völker und lokale Gemeinschaften begangen worden; |
Q. |
in der Erwägung, dass indigene Völker nach wie vor zu den Ärmsten der Armen gehören und dass die rechtliche Anerkennung des Landes ihrer Vorfahren als kollektives Eigentum indigener Völker eine ihrer größten Schwierigkeiten weltweit ist, insbesondere wenn dieses Land als Schutzgebiet ausgewiesen ist; |
R. |
in der Erwägung, dass schätzungsweise 50 % der weltweiten Schutzgebiete auf Land eingerichtet wurden, das traditionell von indigenen Völkern bewohnt und genutzt wird, und dass dieser Anteil nirgendwo so hoch wie in Nord-, Mittel- und Südamerika ist und in Zentralamerika womöglich über 90 % beträgt; |
S. |
in der Erwägung, dass aus der mangelnden Anerkennung der gewohnheitsmäßigen Landnutzungsrechte indigener Völker und Gemeinschaften Risiken der Landnahme erwachsen, wodurch deren Lebensgrundlagen und Fähigkeit, auf den Klimawandel oder den Verlust an biologischer Vielfalt zu reagieren, gefährdet werden; |
T. |
in der Erwägung, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für indigene Völker die mineralgewinnende Industrie als Hauptquelle von Konflikten und Gewalt in den Gebieten der indigenen Völker ausgemacht hat; |
U. |
in der Erwägung, dass aus einem Bericht der nichtstaatlichen Organisation „Front Line Defenders“ von 2020 („Global Analysis 2020“) hervorgeht, dass im Jahr 2020 mindestens 331 Menschenrechtsverteidiger getötet wurden, von denen 69 % Umweltschützer waren und 26 % sich insbesondere für den Schutz der Rechte indigener Völker einsetzten; |
V. |
in der Erwägung, dass die EU im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt bestrebt ist, mindestens 30 % der biologischen Vielfalt zu schützen; |
W. |
in der Erwägung, dass immer mehr Forschungsergebnisse zeigen, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften über sehr wichtiges Wissen verfügen und für die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die Verbesserung der Lebensgrundlagen in ländlichen Gebieten und die Stärkung der Resilienz der ortsansässigen Bevölkerung und der lokalen Gemeinschaften von entscheidender Bedeutung sind; in der Erwägung, dass die weltweiten Ziele zur Erhaltung der biologischen Vielfalt nur erreicht werden können, wenn die Rechte der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften anerkannt werden; |
X. |
in der Erwägung, dass die EU weitreichende Zusagen im Bereich Umweltschutz gegeben und sich mit dem europäischen Grünen Deal hohe Ziele gesetzt hat, ihr ökologischer Gesamtfußabdruck aber nach wie vor groß ist, was negative Folgen für die Umwelt in Entwicklungsländern mit sich bringt; in der Erwägung, dass die Biodiversitätsstrategie der EU darauf abzielt, eine Situation herbeizuführen, in der alle Ökosysteme der Welt im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bis 2050 wiederhergestellt, widerstandsfähig gemacht und angemessen geschützt werden, und die Zusage enthält, das Ziel zu verwirklichen, bis 2050 dem von Menschen verursachten Artensterben ein Ende zu bereiten, indem sich die EU von der generationenübergreifenden Verantwortung und dem Grundsatz der Gleichheit leiten lässt und gleichzeitig die Rechte der indigenen Völker und der lokalen Gemeinschaften achtet und deren umfassende und wirksame Teilhabe sicherstellt; in der Erwägung, dass die Strategie der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Unterstützung von Entwicklungsländern so gestaltet sein sollte, dass die Auswirkungen des Klimawandels und der Rückgang der biologischen Vielfalt von vornherein Berücksichtigung finden; |
Y. |
in der Erwägung, dass die biologische Vielfalt für die Ernährungssicherheit, das Wohlergehen des Menschen und die Entwicklung weltweit von entscheidender Bedeutung ist; in der Erwägung, dass die Ökosysteme dem Menschen Vorteile wie unter anderen Wasser- und Luftreinigung, Schädlings- und Krankheitsbekämpfung, Bestäubung von Kulturpflanzen, Bodenfruchtbarkeit, genetische Vielfalt, Süßwasserversorgung, Hochwasserschutz, Kohlenstoffbindung und Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel bringen; in der Erwägung, dass Wälder mehr als 75 % der terrestrischen biologischen Vielfalt der Erde beherbergen und über 25 % der Weltbevölkerung ihren Lebensunterhalt mit Waldressourcen bestreiten; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie Bereiche der Ungleichheit in den Agrar- und Lebensmittelsystemen in den Blickpunkt gerückt und verdeutlicht hat, dass es gilt, die Produktion in Kleinbetrieben in Entwicklungsländern nachhaltig anzupassen und zu verbessern, die Agrar- und Lebensmittelsysteme umzugestalten und die Landwirtschaft im Interesse der Klimaverträglichkeit neu auszurichten; |
Z. |
in der Erwägung, dass aus dem Sonderbericht des Weltklimarats über Klimawandel und Landsysteme vom 8. August 2019 hervorgeht, dass indigene Völker eine lange Erfolgsbilanz bei der Anpassung an Klimaschwankungen vorzuweisen haben und dabei auf ihr traditionelles Wissen zurückgreifen, was ihre Resilienz erhöht; |
AA. |
in der Erwägung, dass der Sonderbericht des Weltklimarats über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima vom 24. September 2019 ebenfalls Belege dafür enthält, dass die Verbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit dem Wissen der ortsansässigen Bevölkerung und indigener Völker mit Blick auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Vorteil ist; |
AB. |
in der Erwägung, dass gemäß Artikel 8 Buchstabe j des Übereinkommens über die biologische Vielfalt die Vertragsparteien verpflichtet sind, die Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind, zu achten und zu erhalten; in der Erwägung, dass das Übereinkommen jedoch keine ausdrückliche Anerkennung der Menschenrechte indigener Völker enthält; |
AC. |
in der Erwägung, dass Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge weltweit etwa 75 % der genetischen Vielfalt der Pflanzenwelt verloren gegangen sind und zugleich 75 % der Nahrungsmittel auf der Welt heute aus nur 12 Pflanzen- und fünf Tierarten gewonnen werden, was eine erhebliche Gefahr für die globale Ernährungssicherheit darstellt; |
AD. |
in der Erwägung, dass sich durch den Rückgang der genetischen Vielfalt, insbesondere durch die Verdrängung gut angepasster lokaler Arten, die Anfälligkeit für Schädlinge, Krankheiten und Umweltveränderungen, auch gegenüber dem Klimawandel, erhöht; in der Erwägung, dass sich durch die Globalisierung der Agrarmärkte der Schwund der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft noch verstärkt hat, was eine geringere Innovationsfähigkeit und eine geringere Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel bedeutet; |
AE. |
in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge weltweit 30 % der Bedrohungen von Arten auf den internationalen Handel zurückzuführen sind; |
AF. |
in der Erwägung, dass durch den illegalen Artenhandel und den illegalen Handel mit Holz und Rohstoffen die Verschlechterung und Zerstörung der biologischen Vielfalt in Ländern mit schwachen Institutionen und unzulänglichen Umweltgesetzen beschleunigt werden kann; |
AG. |
in der Erwägung, dass die Weltmeere riesige Reservoirs für die biologische Vielfalt sind und bei der Regulierung des Weltklimas den höchsten Stellenwert haben; in der Erwägung, dass ihre Erhaltung für die nachhaltige Entwicklung und die Beseitigung der Armut von entscheidender Bedeutung ist, indem so für eine nachhaltige Existenzgrundlage und die Ernährungssicherheit für Milliarden von Menschen gesorgt wird; in der Erwägung, dass die Verschmutzung der marinen Ökosysteme mit Plastik ein sowohl globales als auch lokales Problem mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt, die Wirtschaftstätigkeit und die Gesundheit des Menschen in Entwicklungsländern ist; in der Erwägung, dass das Ausmaß dieser Verschmutzung erheblich unterschätzt wurde und in diesem Bereich nach wie vor Wissenslücken bestehen, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf Küstengebiete und die dort lebenden Gemeinschaften; in der Erwägung, dass laut dem unlängst veröffentlichten Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen mit dem Titel „Neglected: Environmental Justice Impacts of Marine Litter and Plastic Pollution“ (Vernachlässigt — die Auswirkungen der Verschmutzung mit Abfällen im Meer und mit Plastik auf die Umweltgerechtigkeit) derartige Abfälle und Verunreinigungen übermäßig große Auswirkungen auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen haben, eine Bedrohung der uneingeschränkten und tatsächlichen Inanspruchnahme der Menschenrechte darstellen und ein erhebliches Hindernis für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung verkörpern; |
AH. |
in der Erwägung, dass in der Biodiversitätsstrategie der EU eine faire und gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung genetischer Ressourcen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt und der Förderung günstiger Rahmenbedingungen unter Nutzung von Forschungs-, Innovations- und Technologieinstrumenten zugesagt wird; |
AI. |
in der Erwägung, dass sich durch Umweltkriminalität, deren Umsätze laut Schätzungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und von Interpol die weltweiten Ausgaben für Entwicklungshilfe um das Doppelte übersteigen, der Rückgang der biologischen Vielfalt und der Klimawandel beschleunigen, vor allem durch die kriminelle Zerstörung der Wälder; |
AJ. |
in der Erwägung, dass die für die biologische Vielfalt bedeutenden Regionen und die von Armut betroffenen Gebiete teilweise deckungsgleich sind, da sich die meisten Schutzgebiete in Ländern mit großer Armut und starker Ernährungsunsicherheit befinden; |
AK. |
in der Erwägung, dass die Republik Malediven in ihrer Erklärung vom 3. Dezember 2019 gefordert hat, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs so zu ändern, dass Handlungen, die auf einen Ökozid hinauslaufen, als strafbare Handlungen anerkannt werden; |
AL. |
in der Erwägung, dass laut der IPBES der internationale legale Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten seit 2005 um 500 % und seit den 1980er Jahren um 2 000 % zugenommen hat (11); |
AM. |
in der Erwägung, dass die EU weltweit einer der größten Einführer von wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und damit zusammenhängenden Erzeugnissen ist; |
AN. |
in der Erwägung, dass der illegale Artenhandel weltweit eine der lukrativsten Formen der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität ist; |
AO. |
in der Erwägung, dass in einem Szenario mit unveränderten Rahmenbedingungen davon ausgegangen wird, dass sich durch den Klimawandel die Fischbiomasse in einigen tropischen Regionen bis 2100 um 30 bis 40 % verringert und sich der Klimawandel erheblich auf die biologische Vielfalt der Meere auswirkt; in der Erwägung, dass die in diesen Zonen gelegenen Länder stark von der Fischerei abhängig sind, ihnen aber die gesellschaftlichen und finanziellen Ressourcen fehlen, um sich anzupassen und für die Zukunft zu wappnen; |
AP. |
in der Erwägung, dass sich die Internationale Union für die Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen dafür einsetzt, dass bis 2020 mindestens 30 % aller marinen Lebensräume in ein Netz streng geschützter Meeresschutzgebiete einbezogen werden; |
AQ. |
in der Erwägung, dass infolge der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU) die Nachhaltigkeit der weltweiten Meeresressourcen bedroht ist, da die IUU-Fischerei zum Raubbau an diesen Ressourcen beiträgt; |
1. |
ist beunruhigt darüber, dass durch den Rückgang der biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen die Fortschritte bei etwa 80 % der bewerteten Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zunichte gemacht werden; fordert die EU auf, ihre Bemühungen fortzusetzen, die darauf gerichtet sind, ihren ökologischen Fußabdruck im Bereich der biologischen Vielfalt weltweit zu verkleinern und ihn mit den Grenzen des Planeten in Einklang zu bringen; |
2. |
weist darauf hin, dass fast die Hälfte der Weltbevölkerung für ihren Lebensunterhalt unmittelbar von natürlichen Ressourcen abhängig ist und dass viele der am stärksten schutzbedürftigen und ärmsten Menschen unmittelbar von der biologischen Vielfalt abhängig sind, um ihren täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten; betont daher, dass infolge des Rückgangs der biologischen Vielfalt die Gefahr besteht, dass sich die Ungleichheit und die Marginalisierung der am stärksten schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen verschärfen, indem deren Möglichkeiten, ein gesundes Leben zu führen, und deren Wahl- und Handlungsfreiheit eingeschränkt werden; weist erneut darauf hin, dass die biologische Vielfalt durch den Klimawandel bedroht ist, wodurch sich die Bedrohungslage dieser Bevölkerungsgruppen verschärft und ihre Grundrechte und Würde beeinträchtigt werden; ist der Ansicht, dass Entwicklungsländer bei der Ausarbeitung und Umsetzung wirksamer Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden müssen; |
3. |
fordert die EU auf, auf breiter Front gegen die Ursachen des Verlusts an biologischer Vielfalt vorzugehen und im Einklang mit dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung Verpflichtungen bezüglich der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von Ressourcen und der Wiederherstellung von Ökosystemen in sämtliche Strategien und Partnerschaften in den Bereichen Außenbeziehungen und Entwicklungszusammenarbeit einzubeziehen, um den Druck auf die biologische Vielfalt weltweit zu verringern; |
4. |
weist erneut darauf hin, dass es im Interesse der nachhaltigen Entwicklung erforderlich ist, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekten in ausgewogener Art und Weise Rechnung zu tragen; weist zudem darauf hin, dass die Erhaltung, nachhaltige Nutzung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt von entscheidender Bedeutung ist, um viele andere entwicklungspolitische Ziele zu verwirklichen, darunter den Schutz der Gesundheit des Menschen, den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel, Frühwarnsysteme, die Verringerung des Katastrophenrisikos, sichere Wasserversorgung, Lebensmittel- und Ernährungssicherheit, die Entwicklung des ländlichen Raums, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die nachhaltige Nutzung von Wald- und Agrarökosystemen und die Schaffung bzw. Erhaltung widerstandsfähiger Ernährungssysteme; weist nochmals darauf hin, dass die schädlichen Auswirkungen der Verschlechterung der Ökosysteme unverhältnismäßig stark zulasten armer Menschen, insbesondere Frauen und junger Menschen, sowie zulasten indigener Völker und anderer von natürlichen Ressourcen abhängiger Gemeinschaften gehen; |
5. |
hebt hervor, dass die EU auch für die Erhaltung der biologischen Vielfalt weltweit und für die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt verantwortlich ist; betont, dass die Ziele und Vorgaben der EU im Bereich der biologischen Vielfalt auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und vollständig in das auswärtige Handeln der EU integriert werden sollten, insbesondere in Bezug auf Partnerschaftsstrategien und -vereinbarungen, wozu auch Fischereiabkommen mit Entwicklungsländern zählen; beharrt darauf, dass Bemühungen um die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, insbesondere auf regionaler Ebene, intensiviert werden sollten; |
6. |
weist erneut darauf hin, dass die EU und entwickelte Drittländer für den Rückgang der biologischen Vielfalt auf globaler Ebene verantwortlich sind; fordert die EU auf, die Entwicklungsländer finanziell und technisch weltweit stärker zu unterstützen, um die neuen globalen Ziele zu erreichen, die Umweltkriminalität zu bekämpfen und gegen die Ursachen des Rückgangs der biologischen Vielfalt vorzugehen; |
7. |
betont die Pflicht der Staaten, natürliche Ökosysteme mit großer biologischer Vielfalt zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften sowie die Menschenrechte und Landnutzungsrechte von indigenen Völkern, lokalen Gemeinschaften und Menschen afrikanischer Abstammung zu schützen, deren Überleben von diesen Ökosystemen abhängig ist; |
8. |
fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Anerkennung des Rechts auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufzunehmen, die weltweite Anerkennung dieses Rechts als Menschenrecht zu unterstützen, sich für die Verankerung des umfassenden Schutzes und der umfassenden Verteidigung der Natur, der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme als Grundlage des Lebens einzusetzen, wobei die wechselseitige Abhängigkeit und das Recht aller Menschen einschließlich künftiger Generationen auf die Natur anerkannt wird, insbesondere durch die Durchsetzung strenger Normen in den Bereichen Transparenz, Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gerichten im Einklang mit dem Übereinkommen von Århus und dem Völkerrecht; hält es in diesem Zusammenhang für notwendig, gegen sämtliche Formen der Schädigung von Ökosystemen vorzugehen, auch in allen Drittländern, mit denen die EU zusammenarbeitet, und in Gegenden, in denen die Armen der Welt von der Umwelt abhängig sind, zumal die schlimmsten Schäden an Ökosystemen in Entwicklungsländern verursacht werden, und nötigenfalls zu prüfen, ob es von Bedeutung und von Interesse ist, der Natur Rechte zu gewähren; |
9. |
ist zutiefst besorgt darüber, dass umfangreiche Daten, Indikatoren und Finanzmittel fehlen, die jedoch erforderlich sind, um dem Verlust an biologischer Vielfalt Einhalt zu gebieten, und darüber, dass Unstimmigkeiten bestehen, was die Berichterstattung über die Finanzierung der Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Nachverfolgung dieser Finanzmittel anbelangt; weist erneut darauf hin, dass die Festlegung konkreter, messbarer und quantitativer Ziele und Indikatoren für die Zeit nach 2020 von entscheidender Bedeutung ist, um die Fortschritte noch besser überwachen zu können; |
10. |
begrüßt die afrikanische Initiative „Große Grüne Mauer“ und fordert die Kommission auf, dieses Projekt zu unterstützen; |
11. |
fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zu intensivieren, die darauf gerichtet sind, den Wert der biologischen Vielfalt und von Ökosystemleistungen besser zu bestimmen und diese Werte in die Entscheidungsfindung einzubeziehen; |
12. |
begrüßt, dass mit dem Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt (NDICI/Europa in der Welt) dazu beigetragen wird, das Biodiversitätsziel im allgemeinen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zu verwirklichen; betont, dass Planung, Prüfung und Überwachung des Instruments „NDICI/Europa in der Welt“ für die Verwirklichung der globalen Biodiversitätsziele der EU von entscheidender Bedeutung sind; weist darauf hin, dass mit dem Instrument „NDICI/Europa in der Welt“ zur Umsetzung der Vorgabe beigetragen werden soll, im Jahr 2024 7,5 % der jährlichen Ausgaben im MFR und ab 2026 10 % der jährlichen Ausgaben im MFR für Biodiversitätsziele bereitzustellen; fordert die wirksame Anwendung des Grundsatzes der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen in allen EU-Ausgaben und -Programmen; fordert, den Rahmen für die Berichterstattung über und die Überwachung der externen Biodiversitätsstrategie der EU unter anderem um detaillierte Bestimmungen über Biodiversitätsziele und -indikatoren zu erweitern; fordert im weiteren Sinne die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Forschung und Innovation im Bereich der Erhaltung und des Schutzes der biologischen Vielfalt sowie agrarökologische Lösungen, mit denen entscheidende Vorteile für die Entwicklung geschaffen und so zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung beigetragen wird, zu fördern; |
13. |
bedauert, dass die Mittel für das auswärtige Handeln der EU zur Unterstützung der Biodiversitätsstrategie im Vergleich zu den für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehenen Mitteln nach wie vor sehr niedrig sind; forderte eine konkrete Aufstockung der Mittel für den Schutz der biologischen Vielfalt im Einklang mit der MFR-Vereinbarung und technische Unterstützung für die Entwicklung weiterer Instrumente zur Mobilisierung von Ressourcen, um den weltweiten Zusagen im Bereich biologische Vielfalt nachzukommen; betont, dass umweltschädliche Subventionen nachverfolgt, gemeldet und abgeschafft sowie im Einklang mit der Agenda 2030 und den einschlägigen internationalen Übereinkommen und Verpflichtungen Tätigkeiten zugeführt werden müssen, die die der biologischen Vielfalt förderlich sind; fordert, dass ein erheblicher Teil der für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehenen öffentlichen Entwicklungshilfe der EU für die Unterstützung der Erhaltung der biologischen Vielfalt vorgesehen und damit ein positiver Nebeneffekt beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel erzielt wird; |
14. |
fordert die EU auf, ein verbindliches Gesetz über die Sorgfaltspflicht zu verabschieden, damit Unternehmen und ihre Geldgeber direkt dafür verantwortlich gemacht werden können, dass sie tatsächlich sicherstellen, dass ihre Einfuhren nicht mit Menschenrechtsverstößen wie Landnahme und Umweltschädigung (einschließlich Entwaldung und Verlust an biologischer Vielfalt) im Zusammenhang stehen; fordert die EU zudem auf, von Unternehmen und Finanzinstituten zu verlangen, dass sie ihr Engagement für die biologische Vielfalt verstärken, unter anderem durch fundierte und verbindliche Bestimmungen über Folgenabschätzungen, Risikomanagement, Offenlegungsvorschriften und Pflichten zur externen Berichterstattung; fordert die OECD auf, eine Reihe praktischer Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht und zur biologischen Vielfalt auszuarbeiten, um die Bemühungen der Wirtschaft zu unterstützen; |
15. |
begrüßt die Zusage der Kommission, einen Legislativvorschlag zu verbindlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen in Bezug auf die Menschenrechte und die Umwelt in ihren Lieferketten auszuarbeiten; empfiehlt, dass mit diesem Legislativvorschlag die Ausarbeitung gemeinsamer Methoden zur Messung der Umweltauswirkungen und der Auswirkungen des Klimawandels unterstützt und erleichtert werden sollte; betont, dass eine wirksame, sinnvolle und sachkundige Konsultation und Kommunikation mit allen tatsächlich und potenziell betroffenen Interessenträgern wie Menschenrechtsverteidigern und Umweltschützern, der Zivilgesellschaft, den Gewerkschaften, indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften wichtig ist; bedauert, dass die Umsetzung des Rahmens der Vereinten Nationen „Schutz, Achtung und Abhilfe“ und der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte im Hinblick auf die Rechte und die Landnutzungsrechte indigener Völker eklatante Mängel aufweist; fordert die EU erneut auf, sich konstruktiv in die Arbeit des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen an einem rechtlich bindenden internationalen Instrument zur Regulierung der Tätigkeiten transnationaler Konzerne und anderer Unternehmen im Rahmen der internationalen Menschenrechtsnormen einzubringen, was eigene Normen für den Schutz indigener Völker einschließen sollte; |
16. |
bekräftigt seine Forderung an die Kommission, umgehend einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von der EU verursachten weltweiten Entwaldung und Waldschädigung vorzulegen, durch den Unternehmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verpflichtet werden, damit in der EU in Verkehr gebrachte Produkte nicht mit der Entwaldung, der Umwandlung natürlicher Ökosysteme und der Verletzung der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften im Zusammenhang stehen; |
Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung
17. |
weist erneut darauf hin, dass die Wirksamkeit der externen Biodiversitätspolitik der EU von der Politikkohärenz zwischen der Biodiversitätspolitik und anderen wichtigen außenpolitischen Maßnahmen der EU wie Handels- und Investitionsabkommen abhängt; |
18. |
stellt fest, dass im Globalen Sachstandsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) von 2019 veranschaulicht wird, wo die Grenzen des Ansatzes liegen, die biologische Vielfalt durch die Vergrößerung der Schutzgebiete an Land und der Meeresschutzgebiete zu schützen, wobei diese Vergrößerung als eines der wenigen Biodiversitätsziele von Aichi teilweise verwirklicht wurde; |
19. |
betont, dass die biologische Vielfalt im Mittelpunkt zahlreicher Wirtschaftstätigkeiten, insbesondere von Tätigkeiten im Zusammenhang mit Ackerbau und Viehzucht, Forstwirtschaft und Fischerei, sowie zahlreicher Tourismusformen, die unmittelbar auf der Natur und gesunden Ökosystemen beruhen, steht; fordert die EU nachdrücklich auf, die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen in allen einschlägigen Politikbereichen, insbesondere Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Energie, Bergbau, Handel, Tourismus und Klimawandel sowie in den Bereichen Entwicklung und Armutsminderung durchgängig zu berücksichtigen und zudem innovative und umsetzbare Lösungen zu fördern, um dem Verlust an biologischer Vielfalt entgegenzuwirken, und gleichzeitig gesunde, sichere, erhältliche und bezahlbare Lebensmittel für alle zu sichern; |
20. |
stellt mit tiefer Besorgnis fest, dass etwa 10 % der Entwaldung weltweit auf den Verbrauch in der EU zurückzuführen sind, da die EU bei landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen wie Palmöl, Fleisch, Soja, Kakao, Kaffee, Mais, Holz und Kautschuk in hohem Maße einfuhrabhängig ist; bekräftigt seine Forderung an die Kommission, 2021 einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von der EU verursachten weltweiten Entwaldung vorzulegen, durch den sichergestellt wird, dass durch die Markt- und Verbrauchsmuster der EU die Wälder und die biologische Vielfalt in Entwicklungsländern nicht beeinträchtigt werden, wobei der Dominoeffekt im Hinblick auf die Bevölkerung zu berücksichtigen ist; fordert die EU auf, diese Länder durch die Schaffung kurzer Versorgungsketten, die Weiterentwicklung der Agrarökologie und die Unterstützung von Kleinlandwirten bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeit in den Ernährungssystemen zu unterstützen und dabei die Landnutzungsrechte und die Rechte der ortsansässigen Gemeinschaften zu wahren; |
21. |
fordert die EU auf, im Rahmen ihres internationalen Handelns im Interesse der Entwicklung nachhaltige Verfahren in der Landwirtschaft zu fördern, um die Wälder der Welt zu schützen und wiederherzustellen, und dabei der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wasserressourcen, der Sanierung geschädigter Böden und dem Schutz und der Wiederherstellung biologisch vielfältiger Gebiete mit zahlreichen Ökosystemleistungen und hohem Klimaschutzpotenzial besondere Aufmerksamkeit zu widmen; fordert die EU auf, ihren Aktionsplan zur Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor (FLEGT) und insbesondere die freiwilligen Partnerschaftsabkommen rascher umzusetzen, um die Nachfrage nach illegal geschlagenem Holz und den damit verbundenen Handel einzudämmen und die Rechte der Gemeinschaften und indigenen Völker, auf deren Leben sich der Holzeinschlag auswirkt, zu stärken; |
22. |
weist darauf hin, dass die zunehmende Nachfrage der EU nach Holz als Werkstoff, für die Erzeugung von Energie und für die Bioökonomie die Grenzen des Angebots in der EU übersteigt, wodurch die Gefahr der indirekt durch Einfuhren verursachten Entwaldung, der Landnahme, der Vertreibung und der Verletzung der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften erhöht wird; bekräftigt, dass die Politik der EU im Bereich der Bioenergie strengen ökologischen und sozialen Kriterien genügen sollte; |
23. |
hebt hervor, dass von der EU unterstützte Investitionen in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei oder in Unternehmen, deren Tätigkeit sich auf Böden, Grünland, Wälder, das Wasser oder die Meere auswirkt, mit den vom Ausschuss für Welternährungssicherheit (CFS) der FAO herausgegebenen freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Regulierung von Eigentums-, Besitz- und Nutzungsrechten an Land, Fischgründen und Wäldern und den Grundsätzen des CFS der FAO für verantwortungsvolle Investitionen in die Landwirtschaft und in Ernährungssysteme im Einklang stehen müssen, damit Ökosysteme geschützt werden und der Verlust an biologischer Vielfalt verhindert wird; |
24. |
fordert, dass dem Schutz und der Wiederherstellung von Wäldern und dem Schutz der biologischen Vielfalt im bevorstehenden NDICI Priorität eingeräumt wird; hebt hervor, dass Wälder ihre Funktionen für das Klima und die Umwelt nur dann vollumfänglich entfalten können, wenn sie nachhaltig bewirtschaftet werden; |
25. |
betont, dass nicht automatisch eine positive Wechselwirkung zwischen dem Schutz der biologischen Vielfalt und der Eindämmung des Klimawandels besteht; fordert eine Überarbeitung der Richtlinie über Energie aus erneuerbaren Quellen, um sie mit den internationalen Verpflichtungen der EU im Rahmen der Agenda 2030, des Übereinkommen von Paris und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt in Einklang zu bringen, was unter anderem mit sich bringt, Kriterien der sozialen Nachhaltigkeit einzuführen und dabei den Gefahren der Landnahme Rechnung zu tragen; betont in diesem Zusammenhang, dass die überarbeitete Richtlinie über Energie aus erneuerbaren Quellen mit internationalen Normen im Bereich der Landnutzungsrechte, etwa dem Übereinkommen Nr. 169 der IAO und den freiwilligen Leitlinien der FAO für die verantwortungsvolle Regulierung von Eigentums-, Besitz- und Nutzungsrechten an Land, Fischgründen und Wäldern vereinbar sein sollte; |
Landwirtschaft und Fischerei
26. |
weist darauf hin, dass die Agrar- und Lebensmittelsysteme und Kleinlandwirte sowohl von der biologischen Vielfalt abhängen als auch erhebliche Auswirkungen auf sie haben; hebt hervor, dass die biologische Vielfalt in der Landwirtschaft nur dann wirklich durchgängig berücksichtigt werden kann, wenn tatsächlich finanzielle Anreize gesetzt, freiwillige Maßnahmen vorgeschlagen und Regelungen vorgeschrieben werden, mit denen mittels Schulungen, Technologienutzung und Innovation die Einführung und Erbringung von Biodiversitäts- und Umweltleistungen durch die Landwirte sowie die gute und nachhaltige landwirtschaftliche Praxis gefördert wird, was unter anderem mit sich bringt, dass die begrenzten Wasserressourcen wiederhergestellt werden und gegen Bodenverschlechterung und Wüstenbildung vorgegangen wird; hebt hervor, dass gemäß dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung umweltschädlich wirkende Subventionen nach Maßgabe der Beschlüsse auf der Ebene der EU ermittelt werden und allmählich auslaufen sollten; fordert, dass bei diesbezüglichen von der EU unterstützten Investitionen Ex-ante- und Ex-post-Umweltverträglichkeitsprüfungen für verbindlich erklärt werden; fordert zu diesem Zweck die EU auf, die Entwicklungsländer finanziell und technisch stärker zu unterstützen; |
27. |
weist erneut darauf hin, dass die einzigartige Fähigkeit der Agrarökologie, die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit miteinander in Einklang zu bringen, in wegweisenden Berichten des Weltklimarats (IPCC) und des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) sowie in dem unter der Federführung der Weltbank und der FAO erstellten Weltagrarbericht des Weltagrarrats (IAASTD) anerkannt wurde; besteht darauf, dass die EU-Finanzierung von Maßnahmen im Außenbereich für die Landwirtschaft mit dem Transformationscharakter der Agenda 2030, des Übereinkommens von Paris und des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt im Einklang stehen sollte; ist der Ansicht, dass Investitionen in an die Verhältnisse vor Ort angepasste und ressourceneffiziente Kulturpflanzen, Agrarökologie, Agroforstwirtschaft und Anbaudiversifizierung dementsprechend Vorrang erhalten sollten; |
28. |
weist erneut darauf hin, dass der Einsatz genetisch veränderten Saatguts unter den Patenschutz fällt, durch den die Rechte von Kleinlandwirten und indigenen Völkern auf Gewinnung, Aussaat, Tausch und Verkauf ihres Saatguts ausgehöhlt werden, die in internationalen Übereinkommen wie dem Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker und der Erklärung der Vereinten Nationen zu den Rechten von Kleinbauern und anderen in ländlichen Regionen arbeitenden Menschen verankert sind; weist erneut darauf hin, dass genetisch veränderte Kulturpflanzen häufig mit dem großflächigen Einsatz von Herbiziden in Verbindung gebracht werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Verpflichtungen der Union aus internationalen Übereinkommen Rechnung zu tragen und zudem dafür Sorge zu tragen, dass in Entwicklungsländern mit Geldern aus der Entwicklungshilfe keine Technologien zur genetischen Veränderung gefördert werden; |
29. |
weist darauf hin, dass die Mehrung der Vielfalt des Saatguts und der Kulturpflanzen durch Umstellung auf resistente Sorten von entscheidender Bedeutung ist, um die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft zu stärken und sich an veränderte Bedingungen wie den Klimawandel, den Rückgang der biologischen Vielfalt, neue Zoonosen, Schädlinge, Dürren und Überschwemmungen und eine nachhaltige Lebensweise anzupassen und dabei die Nachfrage nach Lebensmitteln und die Ernährungssicherheit in den Entwicklungsländern zu berücksichtigen; fordert die Kommission auf, im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Entwicklungshilfe-, Handels- und Investitionspolitik eine Landwirtschaft zu unterstützen, die mit den Bestimmungen des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Einklang steht, durch den die Rechte von Kleinlandwirten auf Erhaltung, Kontrolle, Schutz und Weiterentwicklung ihres eigenen Saatguts und überlieferten Wissens geschützt werden (auch finanziell und technisch durch die Einrichtung von Saatgutbanken zur Erhaltung und zum Austausch traditionellen Saatguts sowie in Freihandelsabkommen); unterstreicht, dass das System des Internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV-System) den Interessen von Entwicklungsländern nicht entspricht, da dort von den Landwirten betriebene Saatgutsysteme (informelle Saatgutwirtschaft) und die Praxis vorherrscht, Saatgut zu gewinnen, auszusäen, zu tauschen und zu verkaufen; fordert die EU auf, das informelle Saatgutsystem voranzubringen und das UPOV-System so zu reformieren, dass Kleinlandwirte gewonnenes Saatgut verwenden dürfen und ein Mechanismus zur fairen Aufteilung der Gewinne eingeführt wird; weist erneut auf die Zusage der Kommission hin, die konkrete Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt in Handels- und Investitionsabkommen mit Vorrang zu behandeln, und fordert die EU nachdrücklich auf, die Entwicklung von an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Saatgutsorten und von von den Landwirten selbst gewonnenem Saatgut zu unterstützen, wodurch die Rechte der Landwirte auf Erhaltung genetischer Ressourcen für die Zwecke der Ernährungssicherheit und der Anpassung an den Klimawandel gewahrt werden; |
30. |
fordert die EU auf, Regelungen im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums zu unterstützen, die der Entwicklung von an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Saatgutsorten und von von den Landwirten selbst gewonnenem Saatgut förderlich sind; |
31. |
weist erneut darauf hin, dass durch nicht nachhaltige Praktiken in der Land- und Forstwirtschaft — etwa übermäßige Wasserentnahme oder Verschmutzung mit gefährlichen Chemikalien — Umweltzerstörung und Verluste an biologischer Vielfalt in erheblichem Ausmaß verursacht werden; fordert die EU auf, die Entwicklungsländer in ihren Bemühungen zu unterstützen, die darauf gerichtet sind, stärkeren Einfluss auf die Risiken des Einsatzes von Pestiziden zu nehmen, ihr Pestizidregistrierungssystem zu bewerten und an den internationalen Verhaltenskodex der FAO und der WHO zum Einsatz von Pestiziden anzugleichen, auch im Rahmen der Süd-Süd-Kooperation, Forschung und Bildung im Bereich der Alternativen zu Pestiziden zu stärken und ihre Investitionen in agrarökologische und ökologische/biologische Verfahren und den ökologischen/biologischen Landbau aufzustocken, auch in Verfahren zur nachhaltigen Bewässerung und zur nachhaltigen Wasserbewirtschaftung; fordert die EU zudem auf, im Einklang mit ihren Verpflichtungen im Hinblick auf die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung, den Grünen Deal, den Grundsatz der Schadensvermeidung und dem Rotterdamer Übereinkommen vom 1998 sämtliche Ausfuhren von in der EU verbotenen Pflanzenschutzmitteln einzustellen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausfuhr von in der EU verbotenen gefährlichen Stoffen aus der EU zu verbieten; fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass Erzeugnisse, die für die Ausfuhr bestimmt sind, denselben Normen wie jenen genügen müssen, die für Erzeuger aus der EU gelten, sodass in der EU nicht zugelassene gefährliche Stoffe nicht ausgeführt werden dürfen und weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen herbeigeführt werden; |
32. |
stellt fest, dass Genantriebstechnologien wie bei genetisch veränderten Mücken zur Eindämmung von vektorübertragenen Krankheiten schwerwiegende und neuartige Gefahren für Umwelt und Natur darstellen, darunter unumkehrbare Änderungen in den Lebensmittelversorgungsketten und Ökosystemen sowie Verluste an biologischer Vielfalt — eine Vielfalt, auf die die Ärmsten der Welt für ihren Lebensunterhalt angewiesen sind; bekräftigt seine Besorgnis angesichts der neuen Herausforderungen in den Bereichen Recht, Umwelt, biologische Sicherheit und Regierungsführung, die sich aus der Freisetzung von durch Genantrieb veränderten Organismen in die Umwelt ergeben könnten, selbst wenn die Freisetzung zu zum Zwecke der Erhaltung der Natur erfolgt; bekräftigt, dass die freie, vorherige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften eingeholt werden muss, bevor Technologien eingeführt werden, die sich auf deren traditionelles Wissen, Innovation, Gebräuche und Lebensumstände sowie auf die Landnutzung und den Ressourcen- und Wasserverbrauch auswirken können; betont, dass dabei alle möglicherweise betroffenen Bevölkerungsgruppen im Vorfeld auf partizipative Weise einbezogen werden müssen; vertritt die Auffassung, dass Genantriebstechnologien Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Schwierigkeiten geben, das Verhalten der betroffenen Organismen vorherzusagen, und dass durch Genantrieb veränderte Organismen sich selbst zu invasiven Arten wandeln könnten, weshalb nach Maßgabe des Vorsorgeprinzips die Freisetzung von durch Genantrieb veränderten Organismen nicht gestattet werden sollte, auch nicht zum Zwecke der Erhaltung der Natur; |
33. |
weist darauf hin, dass die Erhaltung, Wiederherstellung und nachhaltige Bewirtschaftung von Meeresökosystemen von entscheidender Bedeutung für Klimaschutzstrategien sind, wobei es sicherzustellen gilt, dass die Rechte und Lebensgrundlagen der handwerklichen Fischerei und der Küstengemeinden geachtet werden; betont, dass der Sonderbericht des IPCC über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima Belege dafür liefert, dass die Verbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit dem Wissen der ortsansässigen Bevölkerung und indigener Völker mit Blick auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Vorteil ist; fordert die EU nachdrücklich auf, einen menschenrechtsgestützten Ansatz für die Meerespolitik auszuarbeiten; |
34. |
betont, dass etwa drei Milliarden Menschen weltweit von Fischereierzeugnissen als wichtigster Quelle für die Deckung des Proteinbedarfs abhängig sind; betont, dass die Ernährungssicherheit von Küstengemeinden und Meeresökosystemen in Entwicklungsländern durch eine übermäßige Fangkapazität im Rahmen des internationalen Fischhandels bedroht werden, wie es beim Gelbflossenthun in den Gewässern der Seychellen der Fall ist; weist erneut darauf hin, dass sich die EU dem Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und der verantwortungsvollen Führung verpflichtet hat; ist der Ansicht, dass partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei so verbessert werden sollten, dass sie wirklich nachhaltig werden, mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten im Einklang stehen und in ihnen der Kumulationswirkung der verschiedenen geltenden Fischereiabkommen Rechnung getragen wird; fordert die EU auf, die nachhaltige Fischerei in den Entwicklungsländern zu unterstützen, um die Meeres- und Küstenökosysteme wiederherzustellen und zu schützen; betont, dass die Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) fortgesetzt und verstärkt werden muss, indem die Strafen für die damit verbundenen kriminellen Praktiken verschärft und finanzielle Mittel zu diesem Zweck bereitgestellt werden; |
35. |
fordert die Kommission auf, die Einrichtung eines globalen Programms für den Aufbau von Kapazitäten für die Nutzung und Bewirtschaftung der biologischen Vielfalt des Bodens und einer globalen Beobachtungsstelle für die biologische Vielfalt des Bodens zu unterstützen; fordert die Kommission auf, die laufenden Bemühungen der FAO-Kommission zu genetischen Ressourcen für die Ernährung und Landwirtschaft um einen globalen Aktionsplan zu unterstützen, um den Rückgang der biologischen Vielfalt in Bezug auf Lebensmittel und die Landwirtschaft anzugehen und die nachhaltige Bewirtschaftung dieser Ressourcen zu fördern; |
36. |
betont, dass die Lebensgrundlage der handwerklichen Fischerei unmittelbar von der biologischen Vielfalt an der Küste und in den Meeren abhängt; betont, dass die Meere und Küsten der Welt in erheblichem Ausmaß bedroht sind, unter anderem durch nicht nachhaltige Fangmethoden, den raschen Klimawandel, die vom Land ausgehende und in die Meere und Ozeane gelangende Verschmutzung, die Meeresverunreinigung, die Verschlechterung des Zustands der Weltmeere, die Eutrophierung und die Übersäuerung; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Ursachen der Meeresverunreinigung und der Erschöpfung der Fischbestände umfassend anzugehen, und zwar mit einem übergreifenden und integrierten Ansatz, bei dem den externen Auswirkungen sämtlicher Politikbereiche der EU — auch der durch ihre Agrarpolitik bedingten Meeresverunreinigung — Rechnung getragen wird, um ihren internationalen Verpflichtungen bezüglich der biologischen Vielfalt und des Klimawandels wirksam nachzukommen; |
37. |
weist darauf hin, dass die Meeresressourcen von hoher Bedeutung sind, damit die Menschen in den Entwicklungsländern ihre grundlegenden Bedürfnisse erfüllen können; fordert, dass die Weltmeere als weltweites Gemeingut anerkannt werden, um dazu beizutragen, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Entwicklungsländern erfüllt und die Weltmeere konkret geschützt werden; fordert die Kommission demgemäß auf, sich in multilateralen Gremien wie den regionalen Fischereiorganisationen für ein ambitioniertes internationales Politikmodell für die biologische Vielfalt und die genetische Vielfalt der Meere einzusetzen, das über nationale Zuständigkeiten hinausgeht, betont zudem, dass ein wissenschaftlich fundierter integrierter und ökosystembasierter Ansatz für alle Branchen der blauen Wirtschaft verfolgt werden muss; hebt dementsprechend hervor, dass Staaten davon Abstand nehmen müssen, Maßnahmen — darunter große Entwicklungsprojekte — durchzuführen, die sich nachteilig auf die Lebensgrundlagen von Kleinfischern in der Binnenfischerei und der Meeresfischerei, ihre Gebiete oder Zugangsrechte auswirken können, sofern diese nicht ihre freie vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung erteilt haben, und sicherstellen müssen, dass diese Rechte von den Gerichten geschützt werden; betont, dass sie Ex-ante-Bewertungen in Bezug auf von privaten Einrichtungen durchgeführte Projekte im Bereich der mineralgewinnenden Industrie vornehmen sollten, um die möglichen negativen menschenrechtlichen Auswirkungen auf lokale Fischereigemeinschaften zu bewerten; |
Handel
38. |
betont die Verantwortung der EU, die indirekten Triebkräfte des Verlusts an biologischer Vielfalt abzuschwächen, indem die biologische Vielfalt und Maßnahmen zum Schutz vor Landnahme systematisch in Handelsverhandlungen und Dialoge mit Entwicklungsländern einbezogen werden; |
39. |
fordert die Kommission auf, im Rahmen der Nachhaltigkeitsprüfungen auf der Grundlage umfassender und belastbarer wissenschaftlicher Daten und Evaluierungsmethoden die Auswirkungen von Handelsabkommen auf die Entwaldung, den Verlust an biologischer Vielfalt und die Menschenrechte sorgfältig zu prüfen; |
40. |
weist darauf hin, dass laut FAO etwa ein Drittel der Lebensmittel auf der Welt verloren geht oder verschwendet wird und etwa ein Drittel der geernteten Lebensmittel in der Lebensmitteltransport- oder der Lebensmittelverarbeitungskette verloren geht; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Verfahren zu fördern, mit denen weltweit der Verlust und die Verschwendung von Lebensmitteln verringert werden, und die Rechte der Entwicklungsländer auf Ernährungshoheit zu wahren, um so Ernährungssicherheit herbeizuführen, die Armut zu verringern und globale Lieferketten und lokale und regionale Märkte zu schaffen, die inklusionsgeprägt, nachhaltig und fair sind, wobei besonderes Augenmerk auf landwirtschaftliche Familienbetriebe zu legen ist, um die Versorgung mit erschwinglichen und erhältlichen Lebensmitteln sicherzustellen; fordert dementsprechend eine Priorisierung von Erzeugung und Verbrauch vor Ort, womit landwirtschaftliche Kleinbetriebe unterstützt werden und was insbesondere Frauen und jungen Menschen zugutekommt und wodurch für die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort gesorgt wird, gerechte Preise für Erzeuger und Verbraucher sichergestellt werden, die Abhängigkeit der Länder von Einfuhren verringert wird und dafür Sorge getragen wird, dass insbesondere Entwicklungsländer in geringerem Maße Preisschwankungen auf den internationalen Märkten ausgesetzt sind; |
41. |
stellt fest, dass die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den Freihandelsabkommen der EU nicht wirksam durchsetzbar sind; fordert die Kommission auf, die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den Freihandelsabkommen der EU zu stärken, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt; betont, dass sich die Bestimmungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt und die umweltpolitischen Ziele der Freihandelsabkommen der EU nur dann wirksam durchsetzen lassen, wenn sie klar und konkret sind und ihre Umsetzung überprüft werden kann; fordert die Kommission auf, im Rahmen der bevorstehenden Überprüfung des 15-Punkte-Aktionsplans weitere Maßnahmen und die Zuweisung weiterer Ressourcen in Betracht zu ziehen, um unter Anwendung des Grundsatzes der Politikkohärenz im Interesse nachhaltiger Entwicklung die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung wirksam umzusetzen; |
42. |
stellt fest, dass die EU bereits nicht handelsbezogene Bestimmungen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt in Freihandelsabkommen aufnimmt, dass jedoch umsetzbare, messbare und realistische Garantien in Betracht gezogen werden könnten; |
43. |
hebt hervor, dass die biologische Vielfalt von Kulturpflanzen und Nutztieren infolge des internationalen Handels zurückgegangen ist; fordert eine umfassende Bewertung der direkten und indirekten Auswirkungen der Freihandelsabkommen der EU auf die biologische Vielfalt; |
44. |
fordert die Kommission auf, ihre Handelspolitik und insbesondere die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sorgfältig zu überprüfen, damit sie den Grundsätzen der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung, dem Übereinkommen von Paris und dem Grünen Deal nicht zuwiderläuft; fordert die Kommission und den Rat auf, keine neuen Freihandelsabkommen zu schließen, mit denen dazu beigetragen werden könnte, dass die Entwaldung und der Verlust an biologischer Vielfalt weltweit verstärkt werden; |
Öffentliche Gesundheit
45. |
betont, dass die Verschlechterung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit hat; |
46. |
weist darauf hin, dass eine vielfältige Ernährung in Verbindung mit einem weltweiten Wandel hin zu einem moderaten Kaloriengehalt und einem maßvollen Fleischverzehr die Gesundheit und Ernährungssicherheit in vielen Gebieten verbessern und auch die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt erheblich verringern würde; |
47. |
betont den Zusammenhang zwischen dem Verlust an biologischer Vielfalt und dem zunehmenden Auftreten von zoonotischen Krankheitserregern; weist darauf hin, dass das Risiko von Pandemien durch anthropogene Veränderungen verstärkt wird, durch die es zu vermehrtem Kontakt zwischen Wildtieren, Nutztieren und Menschen kommt, etwa durch Landnutzungsänderungen, Entwaldung, die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft, die Zunahme des legalen und illegalen Handels mit und des Verzehrs von wildlebenden Tier- und Pflanzenarten sowie den Bevölkerungsdruck; weist darauf hin, dass die Wiederherstellung von Ökosystemen für die Umsetzung des Konzepts „Eine Gesundheit“ von entscheidender Bedeutung ist; betont zudem, dass die COVID-19-Pandemie aufgezeigt hat, dass der enge Zusammenhang zwischen der Gesundheit von Mensch und Tier und der biologischen Vielfalt unbedingt anerkannt werden muss; betont dementsprechend, dass das Konzept „Eine Gesundheit“ wichtig und es folglich notwendig ist, die Gesundheitsversorgung, die Prävention von Krankheiten und den Zugang zu Arzneimitteln in den Entwicklungsländern stärker in den Blickpunkt zu rücken, indem Kohärenz zwischen den Strategien in den Bereichen Handel, Gesundheit, Forschung und Innovation einerseits und den Zielen der Entwicklungspolitik andererseits sicherzustellen; fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten die Maßnahmen der EU gegen Pandemien und andere Gesundheitsgefahren zu intensivieren, dabei im Einklang mit dem neuen Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahrenden den Verbindungen zwischen zoonotischen Pandemien und dem Rückgang der biologischen Vielfalt Rechnung zu tragen und zugleich auf die Zusammenarbeit mit Partnerländern der EU aufzubauen, um die Gefahr künftiger zoonotischer Pandemien zu verringern und unter dem Dach der WHO die Ausarbeitung eines internationalen Vertrags in Bezug auf Pandemien zu unterstützen; |
48. |
weist erneut darauf hin, dass die meisten Medikamente in der Gesundheitsversorgung und für die Prävention von Krankheiten dank der biologischen Vielfalt und insbesondere Pflanzen aus allen Teilen der Welt hergestellt werden können, während viele wichtige Therapeutika auf indigenem Wissen und traditioneller Medizin basieren; |
49. |
weist auf die Herausforderungen hin, mit denen Entwicklungsländer aufgrund von Rechten des geistigen Eigentums an genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen hinsichtlich des Zugangs zu Arzneimitteln, der Herstellung von Generika und des Zugangs von Landwirten zu Saatgut konfrontiert sind; |
50. |
betont, dass sichergestellt werden muss, dass die Vorteile der genetischen Ressourcen der Natur ausgewogen und gerecht verteilt sind, und hebt hervor, dass diesbezüglich Kohärenz in den internationalen Übereinkommen herrschen muss; hebt hervor, dass Regelungen zum Schutz der genetischen Ressourcen und des entsprechenden traditionellen Wissens im Einklang mit internationalen Verpflichtungen zur Stärkung und Achtung der Rechte indigener Völker stehen müssen, die in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker von 2007 und im IAO-Übereinkommen Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker von 1989 verankert sind; betont, dass gemäß der Richtlinie 98/44/EG (12) in Patentverfahren offengelegt werden muss, woher genetische Ressourcen stammen, falls dieser Ursprung bekannt ist; fordert die Kommission auf, sich dafür einzusetzen, dass die WTO-Regeln mit dem Protokoll von Nagoya zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt in Einklang gebracht werden, um Biopiraterie wirksam zu verhindern; |
Indigene Völker und lokale Gemeinschaften
51. |
betont, dass im globalen Bewertungsbericht der IPBES nachgewiesen wurde, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Bewirtschaftung der Ökosysteme weltweit wichtig sind; bedauert, dass man sich das Wissen indigener Völker trotz seines großen Potenzials nicht effizient zunutze gemacht hat und dass die ausdrückliche Anerkennung indigener Völker und Stammesvölker und ihrer Rechte in den rechtlichen, politischen und institutionellen Rahmenbedingungen vieler Länder fehlt und deren Umsetzung nach wie vor ein großes Problem ist; |
52. |
betont, dass Landwirte, die Weidewirtschaft betreiben, und sonstige naturbasiert wirtschaftende Landnutzer auf Weideflächen und natürlichem Grasland zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der natürlichen und heimischen biologischen Vielfalt beitragen; |
53. |
hebt hervor, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker über zahlreiche Vorwürfe bezüglich massiver Verletzungen der Rechte indigener Völker berichtet hat, wobei sich diese Rechtsverletzungen unter anderem aus dem zunehmenden Abbau von Mineralen, der Entwicklung von Projekten im Bereich der Energie aus erneuerbaren Quellen, der Expansion der Agrarindustrie und Maßnahmen zur Entwicklung und Erhaltung großer Infrastruktur ergeben; |
54. |
fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Kontrolle der von der EU finanzierten Projekte und Handelsabkommen zu verstärken, um Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen und aufzudecken und Maßnahmen gegen solche Verstöße zu ermöglichen, wobei besonderes Augenmerk auf Projekte und Abkommen zu richten ist, die sich auf das Land, die Gebiete oder die natürlichen Ressourcen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften auswirken können, auch wenn es sich um die Schaffung eines Schutzgebiets oder die Erweiterung eines bestehenden Schutzgebiets handelt; betont, dass der Mechanismus für nachhaltige Entwicklung darauf abzielen sollte, Projekte zu finanzieren, die jenen zugutekommen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels und des Rückgangs der biologischen Vielfalt bedroht sind, und einer Abschätzung der Folgen im Zusammenhang mit den Menschenrechten unterzogen werden sollte, wobei nur Projekte mit positiven Folgen für einschlägige Finanzierungsanträge infrage kommen; beharrt darauf, dass alle Tätigkeiten der europäischen Finanzinstitutionen in Entwicklungsländern, insbesondere der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, mit den Klimaverpflichtungen der EU im Einklang stehen und auf einem menschenrechtsgestützten Ansatz beruhen müssen; fordert eine Stärkung und Vertiefung ihrer jeweiligen Beschwerdeverfahren für Einzelpersonen oder Gruppen, deren Rechte durch diese Tätigkeiten verletzt worden sein könnten und die Anspruch auf Rechtsbehelfe haben könnten; |
55. |
weist erneut darauf hin, dass die Staaten völkerrechtlich verpflichtet sind, die Rechte indigener Völker auf Eigentum, Erschließung, Kontrolle und Nutzung ihrer gemeinschaftlichen Landflächen sowie auf Teilhabe an der Bewirtschaftung und Erhaltung ihrer natürlichen Ressourcen anzuerkennen und zu schützen; fordert die EU nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass bei allen Projekten, die im Rahmen der öffentlichen Entwicklungshilfe finanziert werden, ein rechtegestützter Ansatz verfolgt wird, insbesondere im Hinblick auf die Rechte von Landwirten, die Weidewirtschaft betreiben, sowie die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften, wozu auch die uneingeschränkte Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung und der Landnutzungsrechte gehört, die in Menschenrechtsverträgen — insbesondere der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker — verankert sind; betont, dass der Grundsatz der freien, vorherigen und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung gemäß dem IAO-Übereinkommen Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker von 1989 eingehalten werden muss, auch in Bezug auf alle Entscheidungen in Bezug auf Schutzgebiete, und dass Mechanismen für Rechenschaftspflicht, Beschwerden und Rechtsbehelfe bei Verletzungen der Rechte indigener Völker geschaffen werden müssen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit Erhaltungsmaßnahmen; fordert die Mitgliedstaaten, die das IAO-Übereinkommen Nr. 169 noch nicht ratifiziert haben, auf, diesen Schritt nachzuholen; betont, dass das IAO-Übereinkommen Nr. 169 alle ratifizierenden Staaten dazu verpflichtet, abgestimmte Maßnahmen zum Schutz der Rechte indigener Völker auszuarbeiten; |
56. |
hebt hervor, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Lage von Menschenrechtsverteidigern über zahlreiche Vorwürfe bezüglich massiver Verletzungen der Rechte von Umweltschützern berichtet sowie die Tatsache verurteilt hat, dass Umweltschützer immer häufiger Angriffen und Morddrohungen ausgesetzt sind und ermordet werden; weist darauf hin, dass die Staaten gemäß den internationalen Menschenrechtsnormen dazu verpflichtet sind, Umweltschützer und deren Familien vor Schikanen, Einschüchterung und Gewalt zu schützen und ihre Grundfreiheiten zu garantieren; fordert die EU auf, weiter in spezifische Schutzmechanismen und -programme für Menschenrechtsverteidiger im Umweltbereich und für indigene Bevölkerungsgruppen und lokale Gemeinschaften zu investieren und diese Mechanismen und Programme zu stärken, wozu auch gehört, dass die Projekte im Rahmen von „ProtectDefenders.eu“ fortgeführt werden; hält es für dringend geboten, ihre Rechte anzuerkennen und ihr Wissen und ihre Erfahrung im Kampf gegen den Rückgang der biologischen Vielfalt und die Umweltverschlechterung zu würdigen; |
57. |
fordert die EU nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass mit der Initiative „NaturAfrica“ Wildtiere und wichtige Ökosysteme nach einem rechtegestützten Ansatz für die Erhaltung geschützt werden, wofür die freie, vorherige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung der betroffenen indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften und der sie unterstützenden Gruppen der Zivilgesellschaft erforderlich ist; fordert die EU auf, zu diesem Zweck technische und finanzielle Unterstützung bereitzustellen; |
58. |
legt der EU und den Mitgliedstaaten nahe, die afrikanische Governance-Architektur und insbesondere den Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker zu unterstützen, um den strategischen Rahmen der Afrikanischen Union für die Weidewirtschaft in Afrika umzusetzen und grundsätzlich die Rechte Weidewirtschaft betreibender und indigener Völker anzuerkennen; |
59. |
betont, dass die Sicherung der Eigentumsrechte eine Voraussetzung für die tatsächliche durchgängige Berücksichtigung der biologischen Vielfalt ist; stellt jedoch fest, dass der Mangel an kollektiven Landnutzungsrechten für indigene Völker ein Haupthindernis dafür ist, dass die rechtsbasierte Erhaltung wirksam wird; |
60. |
weist erneut darauf hin, dass der Übergang zu einer ökologischen und digitalen Wirtschaft erhebliche Auswirkungen auf den Bergbau hat und dass zunehmend Bedenken bestehen, dass sich der Bergbau in empfindliche Waldlandschaften ausbreiten und zur Entwaldung und Waldschädigung beitragen könnte; weist erneut darauf hin, dass 80 % der Waldflächen weltweit auf angestammtem Land bzw. in angestammten Gebieten indigener Völker liegen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen im Hinblick auf die Förderung verantwortungsvoller und nachhaltiger Bergbauverfahren zu verstärken und gleichzeitig die Umstellung des Bergbaus auf die Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen; fordert die EU insbesondere auf, einen jeweils die gesamte Region betreffenden Rahmen für die mineralgewinnende Industrie auszuarbeiten, auf dessen Grundlage Unternehmen, die gegen die Menschenrechte verstoßen, bestraft und indigenen Völkern, deren Rechte verletzt werden, Rechtsbehelfe gewährt werden; betont, dass die Erschließung und Gewinnung von Mineralen in allen Schutzgebieten einschließlich Nationalparks und Welterbestätten verboten werden müssen; |
Umweltkriminalität
61. |
hebt hervor, dass durch Umweltkriminalität die Erhaltung der Natur, die nachhaltige Entwicklung sowie die Stabilität und Sicherheit weltweit bedroht sind; |
62. |
betont, dass der illegale Artenhandel gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität als schwere Straftat eingestuft werden sollte, um die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern, insbesondere in einem Kontext, in dem der Handel mit Wildtieren und deren Verzehr ein erhebliches Risiko für künftige Pandemien darstellt; |
63. |
fordert die Kommission auf, den EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels im Jahr 2021 zu überarbeiten, um gegen den illegalen Artenhandel vorzugehen; begrüßt den von der Kommission veröffentlichten Entwurf von Maßnahmen, mit denen der Elfenbeinhandel in der EU praktisch verboten werden soll; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, internationale Maßnahmen voranzutreiben, um der Nachfrage nach Elefantenelfenbein Einhalt zu gebieten und die Ursachen der Krise der Elefantenwilderei zu bekämpfen, indem sie ihre Zusammenarbeit mit den Ländern in Afrika intensivieren und deren Unterstützung aufstocken; fordert, dass die Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (13) überarbeitet und dabei ihr Anwendungsbereich erweitert wird und besondere Bestimmungen über Sanktionen aufgenommen werden, damit Umweltkriminalität, darunter die illegale Fischerei, Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und Wäldern, als schwere Straftaten anerkannt und angemessen bestraft werden, insbesondere im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität, um so eine stark abschreckende Wirkung zu entfalten; |
64. |
fordert die Ursprungs-, Transit- und Zielländer des illegalen Artenhandels nachdrücklich auf, bei dessen Bekämpfung entlang der gesamten Handelskette intensiver zusammenzuarbeiten; fordert insbesondere die Regierungen der Ursprungsländer nachdrücklich auf, erstens die Lage in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und wirksame, abschreckende Maßnahmen zu ergreifen, indem vermehrt strafrechtlich ermittelt und vermehrt Anklage erhoben wird und dann auch Urteile verhängt werden, zweitens striktere Gesetze zu erlassen, in deren Rahmen der illegale Artenhandel als „schwere Straftat“ gilt, der dasselbe Maß an Aufmerksamkeit gewidmet und die ebenso schwer bestraft wird wie andere Formen der transnationalen organisierten Kriminalität, drittens mehr Ressourcen für die Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten bereitzustellen und insbesondere auch die Strafverfolgung, die Handelskontrollen, die Überwachung und die Aufdeckung dieser Straftaten und Beschlagnahme der Waren durch den Zoll zu stärken und viertens im Hinblick auf Korruption eine Politik der Nulltoleranz zu verfolgen; |
65. |
stellt fest, dass durch Umweltkriminalität auch die Sicherheit der Menschen bedroht ist, da Ressourcen in Mitleidenschaft gezogen werden, die für die Lebensgrundlagen von entscheidender Bedeutung sind, Gewalt und Konflikte ausgelöst werden, Korruption angeheizt wird und weitere Schäden verursacht werden; fordert die EU nachdrücklich auf, die Bekämpfung der Umweltkriminalität zu einer vorrangigen strategischen politischen Priorität in der internationalen justiziellen Zusammenarbeit und in multilateralen Gremien zu machen, insbesondere indem die Einhaltung der multilateralen Umweltübereinkommen durch die Annahme strafrechtlicher Sanktionen gefördert wird, bewährte Verfahren ausgetauscht werden und die Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs des Internationalen Strafgerichtshofs auf Straftaten, die einem Ökozid gleichkommen, gefördert wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, angemessene finanzielle und personelle Ressourcen für die Verhütung, Untersuchung und Verfolgung von Umweltstraftaten bereitzustellen; |
66. |
unterstreicht, dass sich das Völkerrecht weiterentwickelt hat und nun auch neue Konzepte wie das gemeinsame Erbe der Menschheit, die nachhaltige Entwicklung und die Rechte künftiger Generationen umfasst, betont aber, dass es keinen ständigen internationalen Mechanismus zur Überwachung und Bekämpfung von Umweltschäden und -zerstörungen gibt, durch die globale Gemeingüter oder Ökosystemleistungen auf Dauer verändert werden; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, zu diesem Zweck einen Paradigmenwechsel zu unterstützen, damit der Ökozid und die Rechte künftiger Generationen in das internationale Umweltrecht aufgenommen werden; |
o
o o
67. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln. |
(1) ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 60.
(2) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2020/603494/EXPO_IDA(202 0)603494_EN.pdf
(3) https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/communication-annex-eu-biodiversity-strategy-2030_de.pdf und https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2016-0034_DE.html
(4) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2020/658217/IPOL_IDA(2020 )658217_DE.pdf
(5) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 15.
(6) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2014/534980/EXPO_STU(20 14)534980_EN.pdf
(7) https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2020/603488/EXPO_IDA(202 0)603488_EN.pdf
(8) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0285.
(9) „Biodiversity: Finance and the Economic and Business Case for Action. Executive Summary and Synthesis“, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Mai 2019, S. 7.
(10) „Biodiversity: Finance and the Economic and Business Case for Action. Executive Summary and Synthesis“, OECD, Mai 2019.
(11) Workshop der IPBES zu den Themen biologische Vielfalt und Pandemien, 2020, S. 23.
(12) Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (ABl. L 213 vom 30.7.1998, S. 13).
(13) Richtlinie 2008/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28).
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/17 |
P9_TA(2021)0405
Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Verwendung durch die Polizei und Justizbehörden in Strafsachen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu dem Thema: Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Verwendung durch die Polizei und Justizbehörden in Strafsachen (2020/2016(INI))
(2022/C 132/02)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf die Artikel 2 und 6, und auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 16, |
— |
unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), insbesondere die Artikel 6, 7, 8, 11, 12, 13, 20, 21, 24 und 47, |
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unter Hinweis auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV 108) und das dazugehörige Änderungsprotokoll (Übereinkommen 108+), |
— |
unter Hinweis auf die Europäische Ethik-Charta der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) des Europarats über den Einsatz künstlicher Intelligenz in Justizsystemen, |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 8. April 2019 mit dem Titel „Schaffung von Vertrauen in eine auf den Menschen ausgerichtete künstliche Intelligenz“ (COM(2019)0168), |
— |
unter Hinweis auf die von der hochrangigen Expertengruppe der Kommission für künstliche Intelligenz am 8. April 2019 veröffentlichten Ethik-Leitlinien für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz, |
— |
unter Hinweis auf das Weißbuch der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Künstliche Intelligenz — ein europäisches Konzept für Exzellenz und Vertrauen“ (COM(2020)0065), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Eine europäische Datenstrategie“ (COM(2020)0066), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (1), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (2), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (3), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (4), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (5), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Juni 2020 zu den Protestkundgebungen gegen Rassismus nach dem Tod von George Floyd (6), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2017 zu den Folgen von Massendaten für die Grundrechte: Privatsphäre, Datenschutz, Nichtdiskriminierung, Sicherheit und Rechtsdurchsetzung (7), |
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unter Hinweis auf die Anhörung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) vom 20. Februar 2020 zu dem Thema: Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Verwendung durch die Polizei- und Justizbehörden in Strafsachen, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht über die Reise einer Delegation des LIBE-Ausschusses in die Vereinigten Staaten im Februar 2020, |
— |
gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie des Rechtsausschusses, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9-0232/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass die digitalen Technologien im Allgemeinen und die durch künstliche Intelligenz (KI) ermöglichte starke Zunahme von Datenverarbeitung und Analytik im Besonderen außerordentlich vielversprechend sind und außerordentlich große Gefahren bergen; in der Erwägung, dass die Entwicklung der KI in den letzten Jahren einen großen Sprung nach vorn gemacht hat, was sie zu einer der strategischen Technologien des 21. Jahrhunderts macht, die das Potenzial hat, erhebliche Vorteile in Bezug auf Effizienz, Genauigkeit und Komfort zu bringen und damit positive Veränderungen für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft zu bewirken, aber auch große Risiken für die Grundrechte und die auf Rechtsstaatlichkeit beruhenden Demokratien mit sich bringt; in der Erwägung, dass die KI nicht als Selbstzweck betrachtet werden sollte, sondern als ein Werkzeug, das den Menschen dient, mit dem letztendlichen Ziel, das menschliche Wohlergehen, die Fähigkeiten der Menschen und ihre Sicherheit zu steigern; |
B. |
in der Erwägung, dass es trotz stetiger Fortschritte bei der Rechengeschwindigkeit und der Speicherkapazität der Computer noch keine Programme gibt, die es mit der menschlichen Flexibilität in ausgedehnteren Bereichen oder bei Aufgaben, die Kontextverständnis oder kritische Analyse erfordern, aufnehmen können; in der Erwägung, dass einige KI-Anwendungen das Leistungsniveau menschlicher Experten und Fachleute bei der Ausführung bestimmter spezifischer Aufgaben (z. B. im Bereich der Rechtstechnologie) erreicht haben und Ergebnisse mit drastisch höherer Geschwindigkeit und in sehr viel größerem Umfang liefern können; |
C. |
in der Erwägung, dass einige Länder, darunter mehrere Mitgliedstaaten, mehr Gebrauch von KI-Anwendungen oder eingebetteten KI-Systemen in der Strafverfolgung und der Justiz machen als andere, was zum Teil auf fehlende Regulierung und auf regulatorische Unterschiede zurückzuführen ist, die den Einsatz von KI für bestimmte Zwecke ermöglichen oder verbieten; in der Erwägung, dass der zunehmende Einsatz von KI im Bereich des Strafrechts insbesondere auf den Verheißungen beruht, dass sie zur Abnahme bestimmter Arten von Straftaten und zu objektiveren Entscheidungen führen würde; in der Erwägung, dass diese Verheißungen jedoch nicht immer erfüllt werden; |
D. |
in der Erwägung, dass die in der Charta verankerten Grundrechte und -freiheiten während des gesamten Lebenszyklus von KI und verwandten Technologien, insbesondere während ihrer Konzeption, ihrer Entwicklung, ihres Einsatzes und ihrer Verwendung, gewährleistet sein sollten und dass sie unter allen Umständen in der Strafverfolgung angewendet werden sollten; |
E. |
in der Erwägung, dass die KI-Technologie so entwickelt werden sollte, dass sie den Menschen in den Mittelpunkt stellt, dass sie das Vertrauen der Öffentlichkeit verdient und dass sie stets im Dienste des Menschen arbeitet; in der Erwägung, dass KI-Systeme die ultimative Garantie bieten sollten, dass sie so konzipiert sind, dass sie stets von einer menschlichen Bedienungsperson abgeschaltet werden können; |
F. |
in der Erwägung, dass es notwendig ist, dass KI-Systeme zum Schutz und Nutzen aller Mitglieder der Gesellschaft konzipiert werden (wobei bei der Ausgestaltung auch gefährdete und marginalisierte Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden müssen), dass sie nicht diskriminierend und sicher sind, dass ihre Entscheidungen erklärbar und transparent sind und dass sie die menschliche Autonomie und die Grundrechte respektieren, damit sie vertrauenswürdig sind, wie in den Ethik-Leitlinien der hochrangigen Expertengruppe für künstliche Intelligenz beschrieben; |
G. |
in der Erwägung, dass die Union zusammen mit den Mitgliedstaaten eine maßgebliche Verantwortung dafür trägt, dass Entscheidungen im Umfeld des Lebenszyklus und des Einsatzes von KI-Anwendungen im Bereich der Justiz und der Strafverfolgung auf transparente Weise getroffen werden, die Grundrechte in vollem Umfang schützen und insbesondere keine Diskriminierung, Voreingenommenheit oder Vorurteile festschreiben, wo sie bestehen; in der Erwägung, dass bei den einschlägigen politischen Entscheidungen die Grundsätze der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden sollten, um die Verfassungsmäßigkeit und ein faires und humanes Justizsystem zu gewährleisten; |
H. |
in der Erwägung, dass KI-Anwendungen große Chancen im Bereich der Strafverfolgung bieten können, insbesondere bei der Verbesserung der Arbeitsmethoden der Strafverfolgungs- und Justizbehörden und bei der effizienteren Bekämpfung bestimmter Arten von Straftaten, insbesondere von Finanzkriminalität, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, sexuellem Missbrauch und Ausbeutung von Kindern im Internet sowie bestimmten Arten von Cyberkriminalität, und damit zur Sicherheit der EU-Bürger beitragen können, wenn sie auch gleichzeitig erhebliche Risiken für die Grundrechte der Menschen mit sich bringen können; in der Erwägung, dass eine undifferenzierte Anwendung von KI zum Zwecke der Massenüberwachung unverhältnismäßig wäre; |
I. |
in der Erwägung, dass die Entwicklung und der Einsatz von KI-Systemen für Polizei- und Justizbehörden die Mitwirkung verschiedenster Einzelpersonen, Organisationen, Maschinenkomponenten, Software-Algorithmen und menschlicher Nutzer in einem häufig komplexen und herausfordernden Umfeld umfassen; in der Erwägung, dass sich die KI-Anwendungen für Strafverfolgung und Justiz in verschiedenen Entwicklungsphasen befinden, die von der Konzeptualisierung über Versuche mit Prototypen oder Evaluierungen bis hin zur Anwendung nach der Zulassung reichen; in der Erwägung, dass sich in Zukunft neue Einsatzmöglichkeiten ergeben können, wenn die Technologien dank der laufenden wissenschaftlichen Forschung weltweit ausgereifter werden; |
J. |
in der Erwägung, dass ein klares Modell für die Zuweisung der rechtlichen Verantwortung für die potenziell schädlichen Auswirkungen von KI-Systemen im Bereich des Strafrechts unerlässlich ist; in der Erwägung, dass die Verwaltungsvorschriften in diesem Bereich stets die menschliche Verantwortlichkeit wahren sollten und in erster Linie darauf abzielen müssen, schädliche Auswirkungen überhaupt zu vermeiden; |
K. |
in der Erwägung, dass letztendlich die Mitgliedstaaten für die Gewährleistung der uneingeschränkten Achtung der Grundrechte verantwortlich sind, wenn KI-Systeme auf dem Gebiet der Strafverfolgung und der Justiz eingesetzt werden; |
L. |
in der Erwägung, dass das Verhältnis zwischen dem Schutz der Grundrechte und einer effektiven Polizeiarbeit bei den Diskussionen darüber, ob und wie KI in der Strafverfolgung eingesetzt werden sollte, stets ein wichtiger Faktor sein muss, da die Entscheidungen in diesem Bereich langfristige Auswirkungen auf das Leben und die Freiheit Einzelner haben können; in der Erwägung, dass dies besonders wichtig ist, da KI das Potenzial hat, ein fester Bestandteil unseres strafrechtlichen Ökosystems zu werden, indem sie Ermittlungsanalysen und -unterstützung bietet; |
M. |
in der Erwägung, dass KI von den Strafverfolgungsbehörden genutzt wird bei Anwendungen wie Gesichtserkennungstechnologien — etwa zur Durchsuchung von Fahndungsdatenbanken und zur Identifizierung von Opfern von Menschenhandel oder sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch von Kindern –, automatische Nummernschilderkennung, Sprecheridentifizierung, Spracherkennung, Lippenlesetechnologien, akustische Überwachung (d. h. Schusserkennungsalgorithmen), autonome Forschung und Analyse identifizierter Datenbanken, Vorhersage (vorausschauende Polizeiarbeit und Kriminalitäts-Hotspot-Analyse), Verhaltenserkennungswerkzeuge, moderne virtuelle Autopsie-Instrumente, die bei der Bestimmung der Todesursache nützlich sind, autonome Werkzeuge zur Erkennung von Finanzbetrug und Terrorismusfinanzierung, Überwachung sozialer Medien (Scraping und das Sammeln von Daten zum Aufspüren von Zusammenhängen) und automatisierte Überwachungssysteme mit unterschiedlichen Erkennungsfähigkeiten (wie Herzschlagerkennung und Wärmebildkameras); in der Erwägung, dass die vorgenannten Anwendungen neben anderen potenziellen oder künftigen Anwendungen von KI-Technologie in der Strafverfolgung einen sehr unterschiedlichen Grad an Zuverlässigkeit und Genauigkeit sowie an Auswirkungen auf den Schutz der Grundrechte und auf die Dynamik der Strafjustizsysteme aufweisen können; in der Erwägung, dass viele dieser Werkzeuge in Nicht-EU-Ländern eingesetzt werden, aber nach dem Besitzstand der Union im Bereich des Datenschutzes und nach der Rechtsprechung rechtswidrig wären; in der Erwägung, dass der routinemäßige Einsatz von Algorithmen, selbst mit einer geringen Falsch-Positiv-Rate, zu Fehlalarmen führen kann, deren Zahl bei weitem höher liegt als die Zahl der richtigen Alarme; |
N. |
in der Erwägung, dass KI-Instrumente und -Anwendungen auch von der Justiz in mehreren Ländern weltweit eingesetzt werden, u. a. zur Unterstützung von Entscheidungen über die Untersuchungshaft, bei der Strafzumessung, der Berechnung der Rückfallwahrscheinlichkeit und der Festsetzung von Bewährungsstrafen, der Online-Streitbeilegung, der Bearbeitung der Rechtsprechung und der Bereitstellung eines erleichterten Zugangs zum Recht; in der Erwägung, dass dies die Möglichkeiten von People of Color und anderen Minderheiten verfälscht und schmälert; in der Erwägung, dass ihr Einsatz in der EU derzeit mit Ausnahme einiger Mitgliedstaaten hauptsächlich auf Zivilsachen beschränkt ist; |
O. |
in der Erwägung, dass der Einsatz von KI in der Strafverfolgung eine Reihe von potenziell hohen und in einigen Fällen nicht hinnehmbaren Risiken für den Schutz der Grundrechte des Einzelnen mit sich bringt, wie etwa undurchsichtige Entscheidungsfindung, verschiedene Arten von Diskriminierung und dem zugrunde liegenden Algorithmus innewohnende Fehler, die durch Rückkopplungsschleifen verstärkt werden können, sowie Risiken für den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, den Schutz der Meinungs- und Informationsfreiheit, die Unschuldsvermutung, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren sowie Risiken für die Freiheit und Sicherheit des Einzelnen; |
P. |
in der Erwägung, dass KI-Systeme, die von den Strafverfolgungs- und Justizbehörden eingesetzt werden, auch anfällig sind für KI-unterstützte Angriffe auf Informationssysteme und die Verfälschung von Daten („Data poisoning“), bei der absichtlich ein falscher Datensatz eingegeben wird, um verzerrte Ergebnisse zu erzielen; in der Erwägung, dass in diesen Situationen der daraus resultierende Schaden potenziell sogar noch bedeutender ist und zu einem exponentiell höheren Schadensausmaß sowohl für Einzelpersonen als auch für Gruppen führen kann; |
Q. |
in der Erwägung, dass der Einsatz von KI im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz nicht als bloß technisch machbar betrachtet werden sollte, sondern als eine politische Entscheidung, die die Konzeption und die Ziele der Strafverfolgung und der Strafrechtssysteme betrifft; in der Erwägung, dass das moderne Strafrecht auf der Auffassung beruht, dass die Behörden auf eine Straftat reagieren, nachdem diese begangen wurde, und nicht davon ausgeht, dass alle Menschen gefährlich sind und permanent überwacht werden müssen, damit ein potenzielles Fehlverhalten verhindert werden kann; in der Erwägung, dass KI-basierte Überwachungstechniken diesen Ansatz ernsthaft in Frage stellen und es dringend erforderlich machen, dass Gesetzgeber weltweit die Folgen der Zulassung des Einsatzes von Technologien gründlich prüfen, die dazu führen, dass der Mensch bei der Strafverfolgung und der Urteilsfällung eine geringere Rolle spielt; |
1. |
bekräftigt, dass, da die Verarbeitung großer Mengen personenbezogener Daten im Mittelpunkt der künstlichen Intelligenz steht, das Recht auf Schutz des Privatlebens und das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten für alle Bereiche der künstlichen Intelligenz gelten und dass der Rechtsrahmen der Union für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre uneingeschränkt eingehalten werden muss; ruft daher in Erinnerung, dass die EU bereits Datenschutzstandards für die Strafverfolgung festgelegt hat, die die Grundlage für jegliche künftige Regulierung der KI für den Einsatz in der Strafverfolgung und der Justiz bilden; erinnert daran, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgen sollte, dass die Zwecke der Verarbeitung angegeben, eindeutig und rechtmäßig sein sollten, dass die Verarbeitung dem Zweck, zu dem sie erfolgt, entsprechen, dafür erheblich sein und nicht darüber hinausgehen sollte, dass sie sachlich richtig sein und auf dem neuesten Stand gehalten werden sollte und dass unrichtige Daten, sofern keine Einschränkungen gelten, berichtigt oder gelöscht werden sollten, dass die Daten nicht länger als nötig aufbewahrt werden sollten, dass klare und angemessene Fristen für die Löschung oder für die regelmäßige Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung solcher Daten festgelegt werden sollten und dass die Verarbeitung auf sichere Weise erfolgen sollte; betont ferner, dass eine mögliche Identifizierung von Personen durch eine KI-Anwendung unter Verwendung von Daten, die zuvor anonymisiert wurden, verhindert werden sollte; |
2. |
bekräftigt, dass alle KI-Lösungen für die Strafverfolgung und die Justiz auch die Grundsätze der Menschenwürde, der Nichtdiskriminierung und der Freizügigkeit, die Unschuldsvermutung und das Recht auf Verteidigung, einschließlich des Rechts zur Aussageverweigerung, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz, den Grundsatz der Waffengleichheit und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren gemäß der Charta und der Europäischen Menschenrechtskonvention in vollem Umfang achten müssen; betont, dass der Einsatz von KI-Anwendungen untersagt werden muss, wenn er nicht mit den Grundrechten vereinbar ist; |
3. |
erkennt an, dass die Geschwindigkeit, mit der KI-Anwendungen weltweit entwickelt werden, keine erschöpfende Auflistung von Anwendungen zulässt und daher ein klares und kohärentes Governance-Modell erforderlich ist, das sowohl die Grundrechte des Einzelnen als auch Rechtsklarheit für die Entwickler in Anbetracht der ständigen Weiterentwicklung der Technologie gewährleistet; ist jedoch der Ansicht, dass in Anbetracht der Rolle und Verantwortung von Polizei- und Justizbehörden und der Auswirkungen von Entscheidungen, die sie zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Vollstreckung von strafrechtlichen Sanktionen treffen, der Einsatz von KI-Anwendungen dann als hochrisikoreich eingestuft werden muss, wenn die Möglichkeit besteht, dass er beträchtliche Auswirkungen auf das Leben von Einzelpersonen hat; |
4. |
vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass alle KI-Instrumente, die von den Strafverfolgungsbehörden oder der Justiz entwickelt oder eingesetzt werden, mindestens sicher, robust und zweckmäßig sein und den Grundsätzen der Fairness, der Datenminimierung, der Rechenschaftspflicht, der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Erklärbarkeit entsprechen sollten und dass ihre Entwicklung, ihr Einsatz und ihre Verwendung einer Risikobewertung und einer strengen Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit unterliegen sollten, wobei die Schutzmaßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu den ermittelten Risiken stehen müssen; hebt hervor, dass das Vertrauen der Bürger in die Verwendung von in der EU entwickelter und eingesetzter KI von der uneingeschränkten Erfüllung dieser Kriterien abhängt; |
5. |
erkennt den positiven Beitrag bestimmter Arten von KI-Anwendungen zur Arbeit der Strafverfolgungs- und Justizbehörden in der gesamten Union an; hebt beispielsweise die bessere Bearbeitung der Rechtsprechung hervor, die durch Instrumente mit zusätzlichen Suchoptionen ermöglicht wird; ist der Auffassung, dass es eine Reihe weiterer potenzieller Verwendungen von KI für die Strafverfolgung und die Justiz gibt, die unter Berücksichtigung der fünf Grundsätze der von der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) angenommenen Ethik-Charta für den Einsatz künstlicher Intelligenz in Justizsystemen und deren Umfeld erforscht werden könnten, wobei den von der CEPEJ genannten „mit größten Vorbehalten zu betrachtenden Verwendungen“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte; |
6. |
betont, dass jede Technologie zweckentfremdet werden kann, und fordert daher eine strenge demokratische Kontrolle und unabhängige Aufsicht über alle KI-fähigen Technologien, die von Strafverfolgungs- und Justizbehörden eingesetzt werden, insbesondere über solche, die für die Massenüberwachung oder das Erstellen von Massenprofilen zweckentfremdet werden können; nimmt daher mit großer Sorge das Potenzial bestimmter KI-Technologien zur Kenntnis, die in der Strafverfolgung für Massenüberwachungszwecke eingesetzt werden; unterstreicht das rechtliche Erfordernis, eine Massenüberwachung mittels KI-Technologien zu verhindern, die per definitionem nicht den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit entspricht, und den Einsatz von Anwendungen zu verbieten, die dazu führen könnten; |
7. |
betont, dass der in einigen Nicht-EU-Ländern verfolgte Ansatz hinsichtlich der Entwicklung, des Einsatzes und der Verwendung von Massenüberwachungstechnologien unverhältnismäßig in Grundrechtspositionen eingreift und daher von der EU nicht übernommen werden darf; betont daher, dass auch die Schutzmaßnahmen gegen den Missbrauch von KI-Technologien durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden unionsweit einheitlich geregelt werden müssen; |
8. |
betont das Potenzial für Verzerrung und Diskriminierung, das sich aus dem Einsatz von KI-Anwendungen wie etwa maschinellem Lernen ergibt, einschließlich der Algorithmen, auf denen solche Anwendungen beruhen; stellt fest, dass Verzerrungen den zugrunde liegenden Datensätzen innewohnen können, insbesondere wenn historische Daten verwendet, von den Entwicklern der Algorithmen eingeführt oder bei der Implementierung der Systeme in der realen Welt erzeugt werden; weist darauf hin, dass die von KI-Anwendungen gelieferten Ergebnisse zwangsläufig von der Qualität der verwendeten Daten beeinflusst werden und dass solche inhärenten Verzerrungen die Tendenz haben, allmählich zuzunehmen und dadurch bestehende Diskriminierungen fortzusetzen und zu verstärken, insbesondere für Personen, die bestimmten ethnischen Gruppen oder Gemeinschaften, die aufgrund von Rassismus benachteiligt sind, angehören; |
9. |
unterstreicht die Tatsache, dass viele der derzeit verwendeten algorithmusgesteuerten Identifizierungstechnologien unverhältnismäßig viele Personen falsch identifizieren und falsch klassifizieren und daher Menschen, die aufgrund von Rassismus benachteiligt sind, Personen, die bestimmten ethnischen Gemeinschaften angehören, LGBTI-Personen, Kindern und älteren Menschen sowie Frauen Schaden zufügen; erinnert daran, dass Einzelpersonen nicht nur das Recht haben, korrekt identifiziert zu werden, sondern auch das Recht, überhaupt nicht identifiziert zu werden, es sei denn, dies ist aus zwingendem und rechtmäßigem öffentlichem Interesse gesetzlich vorgeschrieben; betont, dass KI-Vorhersagen, die auf Merkmalen einer bestimmten Personengruppe beruhen, dazu führen, dass bestehende Formen der Diskriminierung verstärkt und reproduziert werden; ist der Auffassung, dass große Anstrengungen unternommen werden sollten, um automatisierte Diskriminierung und Voreingenommenheit zu vermeiden; fordert robuste zusätzliche Schutzmaßnahmen, wenn KI-Systeme in der Strafverfolgung oder in der Justiz bei Minderjährigen oder in Bezug auf sie eingesetzt werden; |
10. |
betont die Machtasymmetrie zwischen denjenigen, die KI-Technologien einsetzen, und denjenigen, die ihnen unterworfen sind; betont, dass es zwingend erforderlich ist, dass der Einsatz von KI-Instrumenten durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden nicht zu einem Faktor der Ungleichheit, der sozialen Spaltung oder der Ausgrenzung wird; unterstreicht die Auswirkungen des Einsatzes von KI-Instrumenten auf die Verteidigungsrechte von Verdächtigen, die Schwierigkeit, aussagekräftige Informationen über ihre Funktionsweise zu erhalten, und die daraus resultierende Schwierigkeit der Anfechtung ihrer Ergebnisse vor Gericht, insbesondere durch Personen, gegen die ermittelt wird; |
11. |
nimmt die Risiken zur Kenntnis, die insbesondere mit Datenlecks, Verstößen gegen die Datensicherheit und unbefugtem Zugriff auf personenbezogene Daten und andere Informationen im Zusammenhang beispielsweise mit strafrechtlichen Ermittlungen oder Gerichtsverfahren verbunden sind, die von KI-Systemen verarbeitet werden; betont, dass die Sicherheitsaspekte von KI-Systemen, die in der Strafverfolgung und in der Justiz eingesetzt werden, sorgfältig geprüft werden und hinreichend robust und widerstandsfähig sein müssen, um die potenziell katastrophalen Folgen böswilliger Angriffe auf KI-Systeme abzuwenden; unterstreicht die Bedeutung eingebauter Sicherheit (security by design) sowie einer spezifischen menschlichen Aufsicht vor dem Betrieb bestimmter kritischer Anwendungen und fordert daher, dass Strafverfolgungs- und Justizbehörden nur KI-Anwendungen einsetzen, die dem Grundsatz des „eingebauten Datenschutzes“ (privacy and data protection by design) entsprechen, um eine schleichende Ausweitung auf andere Zwecke zu vermeiden; |
12. |
betont, dass kein KI-System, das von Strafverfolgungsbehörden oder der Justiz eingesetzt wird, in die Lage versetzt werden sollte, die körperliche Unversehrtheit von Menschen zu schädigen oder Einzelpersonen Rechte zu übertragen bzw. rechtliche Verpflichtungen aufzuerlegen; |
13. |
erkennt die Herausforderungen an, die sich angesichts der Komplexität der Entwicklung und des Betriebs von KI-Systemen in Bezug auf die korrekte Zuweisung rechtlicher Verantwortung und Haftung für potenzielle Schäden stellen; hält es für notwendig, eine klare und faire Regelung für die Zuweisung der rechtlichen Verantwortung und Haftung für die möglichen nachteiligen Folgen zu schaffen, die durch diese fortgeschrittenen digitalen Technologien verursacht werden; betont jedoch, dass das Ziel in erster Linie darin bestehen muss, das Eintreten solcher Folgen von vornherein zu verhindern; fordert daher die Anwendung des Vorsorgeprinzips bei allen Anwendungen von KI im Rahmen der Strafverfolgung; betont, dass die rechtliche Verantwortung und Haftung immer bei einer natürlichen oder juristischen Person liegen muss, die bei Entscheidungen, die mit Hilfe von KI getroffen werden, immer identifiziert werden muss; betont daher die Notwendigkeit, die Transparenz der Unternehmensstrukturen, die KI-Systeme herstellen und verwalten, sicherzustellen; |
14. |
erachtet es sowohl für die Wirksamkeit der Ausübung von Verteidigungsrechten als auch für die Transparenz der nationalen Strafrechtssysteme für wesentlich, dass ein spezifischer, klarer und präziser Rechtsrahmen die Bedingungen, Modalitäten und Folgen des Einsatzes von KI-Instrumenten im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz sowie die Rechte der betroffenen Personen und wirksame und leicht zugängliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, einschließlich gerichtlicher Rechtsbehelfe, regelt; unterstreicht das Recht der Parteien eines Strafverfahrens auf Zugang zu dem Datenerhebungsprozess und den damit verbundenen Bewertungen, die durch den Einsatz von KI-Anwendungen vorgenommen oder erlangt wurden; unterstreicht die Notwendigkeit, dass die Vollstreckungsbehörden, die an der justiziellen Zusammenarbeit beteiligt sind, bei der Entscheidung über ein Ersuchen um Auslieferung (oder Übergabe) an einen anderen Mitgliedstaat oder einen Nicht-EU-Staat prüfen, ob der Einsatz von KI-Instrumenten in dem ersuchenden Land das Grundrecht auf ein faires Verfahren offenkundig beeinträchtigen könnte; fordert die Kommission auf, Leitlinien für die Durchführung einer solchen Prüfung im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen herauszugeben; besteht darauf, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften sicherstellen sollten, dass Einzelpersonen darüber informiert werden, wenn Strafverfolgungsbehörden oder die Justiz KI-Anwendungen bei ihnen einsetzen; |
15. |
weist darauf hin, dass Menschen nicht in der Lage sein werden, eine unabhängige Bewertung vorzunehmen, wenn sie sich ausschließlich auf von Maschinen generierte Daten, Profile und Empfehlungen stützen; weist auf die potenziell schwerwiegenden nachteiligen Folgen in Fällen — insbesondere im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz — hin, in denen Einzelpersonen zu sehr auf den scheinbar objektiven und wissenschaftlichen Charakter von KI-Instrumenten vertrauen und nicht die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ihre Ergebnisse falsch, unvollständig, irrelevant oder diskriminierend sein könnten; betont, dass ein übermäßiges Vertrauen in die von KI-Systemen gelieferten Ergebnisse vermieden werden sollte, und hebt hervor, dass die Behörden Vertrauen und Wissen aufbauen müssen, um eine algorithmische Empfehlung zu hinterfragen oder ihr nicht zu folgen; hält es für wichtig, realistische Erwartungen an solche technologischen Lösungen zu haben und keine perfekten Lösungen für die Strafverfolgung und die Aufdeckung aller begangenen Straftaten zu versprechen; |
16. |
betont, dass im Kontext von Justiz und Strafverfolgung die Entscheidung, die rechtliche oder ähnliche Wirkungen entfaltet, immer von einem Menschen getroffen werden muss, der für die getroffenen Entscheidungen zur Rechenschaft gezogen werden kann; ist der Ansicht, dass diejenigen, die KI-gestützten Systemen unterworfen sind, die Möglichkeit haben müssen, Rechtsmittel einzulegen; erinnert daran, dass eine Person nach EU-Recht das Recht hat, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung von Daten beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie erheblich beeinträchtigt; betont ferner, dass automatisierte Einzelentscheidungen nicht auf besonderen Kategorien personenbezogener Daten beruhen dürfen, es sei denn, es bestehen geeignete Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten sowie der berechtigten Interessen der betroffenen Person; betont, dass das Unionsrecht eine Profilerstellung, die zu Diskriminierung natürlicher Personen auf der Grundlage bestimmter Kategorien personenbezogener Daten führt, verbietet; weist darauf hin, dass Entscheidungen im Bereich der Strafverfolgung fast immer Entscheidungen sind, die aufgrund der exekutiven Qualität von Strafverfolgungsbehörden und ihren Maßnahmen eine rechtliche Wirkung gegenüber der betroffenen Person nach sich ziehen; stellt fest, dass der Einsatz von KI menschliche Entscheidungen beeinflussen und sich auf alle Stadien von Strafverfahren auswirken kann; vertritt daher die Auffassung, dass Behörden, die KI-Systeme einsetzen, extrem hohe rechtliche Standards einhalten und menschliches Tätigwerden sicherstellen müssen, insbesondere bei der Analyse von Daten, die von solchen Systemen stammen; verlangt daher, dass das souveräne Ermessen von Richtern und die Entscheidungsfindung in jedem Einzelfall nicht angetastet werden; fordert ein Verbot des Einsatzes von KI und verwandten Technologien für die Erstellung von Vorschlägen von Gerichtsentscheidungen; |
17. |
fordert algorithmische Erklärbarkeit, Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Überprüfung als notwendigen Teil der Aufsicht, um sicherzustellen, dass die Entwicklung, der Einsatz und die Nutzung von KI-Systemen für Justiz und Strafverfolgung den Grundrechten entsprechen und das Vertrauen der Bürger genießen, sowie um sicherzustellen, dass die von KI-Algorithmen erzeugten Ergebnisse für die Nutzer und die diesen Systemen unterworfenen Personen verständlich gemacht werden können und dass Transparenz über die Quelldaten und die Art und Weise besteht, wie das System zu einer bestimmten Schlussfolgerung gelangt ist; weist darauf hin, dass es Strafverfolgungs- und Justizbehörden in der Union — zur Gewährleistung der technischen Transparenz, Robustheit und Genauigkeit — nur erlaubt sein sollte, solche Instrumente und Systeme zu erwerben, deren Algorithmen und Logik überprüfbar und zumindest der Polizei und der Justiz sowie den unabhängigen Prüfern zugänglich sind, um ihre Bewertung, Prüfung und Kontrolle zu ermöglichen, und dass sie von den Verkäufern nicht verschlossen oder als „geschützt“ gekennzeichnet werden dürfen; weist ferner darauf hin, dass eine Dokumentation in klarer, verständlicher Sprache über die Art des Dienstes, die entwickelten Instrumente, die Leistung und die Bedingungen, unter denen sie erwartungsgemäß funktionieren, sowie die Risiken, die sie verursachen könnten, bereitgestellt werden sollte; fordert daher die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden auf, für proaktive und vollständige Transparenz in Bezug auf private Unternehmen zu sorgen, die ihnen KI-Systeme für die Zwecke der Strafverfolgung und der Justiz zur Verfügung stellen; empfiehlt daher die Verwendung von Open-Source-Software, wo immer dies möglich ist; |
18. |
empfiehlt den Strafverfolgungs- und Justizbehörden, die Bereiche zu ermitteln und zu bewerten, in denen einige maßgeschneiderte KI-Lösungen von Nutzen sein könnten, und sich über bewährte Verfahren für den Einsatz von KI auszutauschen; fordert, dass die Mitgliedstaaten und die EU-Agenturen geeignete Verfahren für die öffentliche Beschaffung von KI-Systemen einführen, wenn diese in einem Kontext der Strafverfolgung oder Justiz eingesetzt werden, um die Einhaltung der Grundrechte und der geltenden Rechtsvorschriften zu gewährleisten, wobei auch sichergestellt werden muss, dass die Software-Dokumentation und die Algorithmen den zuständigen Behörden und Aufsichtsbehörden zu Überprüfungszwecken zur Verfügung stehen und zugänglich sind; fordert insbesondere verbindliche Regeln, durch die eine öffentliche Offenlegung von öffentlich-privaten Partnerschaften, Verträgen und Akquisitionen und des Zwecks, für den sie beschafft werden, vorgeschrieben wird; betont, dass die Behörden mit den notwendigen Finanzmitteln und mit dem erforderlichen Fachwissen ausgestattet werden müssen, damit gewährleistet ist, dass die ethischen, rechtlichen und technischen Anforderungen, die mit dem Einsatz von KI verknüpft sind, uneingeschränkt erfüllt werden; |
19. |
fordert die Rückverfolgbarkeit von KI-Systemen und des Entscheidungsprozesses, die ihre Funktionen umreißt, die Fähigkeiten und Grenzen der Systeme definiert und durch eine verpflichtende Dokumentation nachvollziehbar macht, woher die bestimmenden Kriterien für eine Entscheidung stammen; unterstreicht die Bedeutung einer vollständigen Dokumentation der Trainingsdaten, ihres Kontexts, ihres Zwecks, ihrer Genauigkeit und ihrer Nebenwirkungen sowie ihrer Verarbeitung durch die Urheber und Entwickler der Algorithmen und ihrer Einhaltung der Grundrechte; betont, dass es immer möglich sein muss, die Rechenvorgänge eines KI-Systems auf eine für Menschen verständliche Form zu reduzieren; |
20. |
fordert, dass vor der Einführung oder dem Einsatz von KI-Systemen für die Strafverfolgung oder die Justiz eine obligatorische Folgenabschätzung für die Grundrechte durchgeführt wird, um mögliche Risiken für die Grundrechte abzuschätzen; erinnert daran, dass die vorherige Datenschutzfolgenabschätzung für jede Art der Verarbeitung obligatorisch ist, insbesondere bei der Verwendung neuer Technologien, die wahrscheinlich zu einem hohen Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führen wird, und ist der Ansicht, dass dies bei den meisten KI-Technologien im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz der Fall ist; unterstreicht die Sachkenntnis von Datenschutzbehörden und Grundrechtsagenturen, wenn es um die Bewertung dieser Systeme geht; betont, dass diese Folgenabschätzungen für die Grundrechte so offen wie möglich und unter aktiver Beteiligung der Zivilgesellschaft durchgeführt werden sollten; fordert, dass die Folgenabschätzungen auch klare Angaben zu den Schutzmaßnahmen enthalten, die erforderlich sind, um die ermittelten Risiken zu bewältigen, und dass sie vor dem Einsatz eines KI-Systems so weit wie möglich öffentlich zugänglich gemacht werden; |
21. |
betont, dass nur eine robuste europäische KI-Governance mit unabhängiger Evaluierung die notwendige Umsetzung der Grundrechtsprinzipien ermöglichen kann; fordert eine regelmäßige obligatorische Prüfung aller von Strafverfolgungsbehörden und der Justiz eingesetzten KI-Systeme, die das Potenzial haben, das Leben von Einzelpersonen erheblich zu beeinträchtigen, durch eine unabhängige Behörde, um algorithmische Systeme, ihren Kontext, ihren Zweck, ihre Genauigkeit, ihre Leistung und ihr Ausmaß zu testen und zu bewerten und, sobald sie in Betrieb sind, um unerwünschte und nachteilige Auswirkungen zu erkennen, zu untersuchen, zu diagnostizieren und zu beheben und um sicherzustellen, dass die KI-Systeme wie beabsichtigt funktionieren; fordert daher einen klaren institutionellen Rahmen für diesen Zweck, einschließlich einer angemessenen Regulierungsaufsicht und Beaufsichtigung, um eine vollständige Umsetzung sicherzustellen und eine demokratische Debatte in voller Sachkenntnis über die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit von KI im Bereich der Strafjustiz zu gewährleisten; betont, dass die Ergebnisse dieser Prüfungen in öffentlichen Registern zur Verfügung gestellt werden sollten, sodass die Bürgerinnen und Bürger die KI-Systeme, die eingesetzt werden, kennen und wissen, welche Maßnahmen getroffen werden, um einer Verletzung von Grundrechten abzuhelfen; |
22. |
betont, dass die Datensätze und algorithmischen Systeme, die bei der Erstellung von Klassifizierungen, Bewertungen und Vorhersagen in den verschiedenen Phasen der Datenverarbeitung bei der Entwicklung von KI und verwandten Technologien verwendet werden, auch zu einer unterschiedlichen Behandlung und einer unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung von Personengruppen führen können, insbesondere da die Daten, die zum Trainieren von Algorithmen für die vorausschauende Polizeiarbeit verwendet werden, die aktuellen Überwachungsprioritäten widerspiegeln und folglich dazu führen können, dass bestehende Vorurteile reproduziert und verstärkt werden; betont daher, dass KI-Technologien, insbesondere wenn sie für die Strafverfolgung und die Justiz eingesetzt werden, interdisziplinäre Forschung und Beiträge erfordern, auch aus den Bereichen der Wissenschafts- und Technologiestudien, der Forschung zum Thema „Critical Race“ (Rasse als Analysekategorie des Rechts), der Behindertenforschung und anderen Disziplinen, die sich mit dem sozialen Kontext befassen, einschließlich der Art und Weise, wie Unterschiede konstruiert werden, sowie der Arbeit der Klassifizierung und ihrer Folgen; betont daher, dass systematisch in die Einbeziehung dieser Fachrichtungen in Studien und Forschung über künstliche Intelligenz auf allen Ebenen investiert werden muss; betont ferner, wie wichtig es ist, dass sich in den Teams, die diese KI-Systeme für die Strafverfolgung und die Justiz konzipieren, entwickeln, testen, warten, einsetzen und beschaffen, möglichst die Vielfalt der Gesellschaft im Allgemeinen als nichttechnisches Mittel zur Verringerung der Diskriminierungsrisiken widerspiegelt; |
23. |
weist weiter darauf hin, dass für eine angemessene Rechenschaftspflicht, Verantwortung und Haftung eine spezielle Schulung in Bezug auf die ethischen Bestimmungen, die potenziellen Gefahren, die Beschränkungen und die richtige Verwendung der KI-Technologie, insbesondere für die Mitarbeiter von Polizei und Justiz, erforderlich ist; betont, dass durch angemessene fachliche Schulungen und Qualifikationen sichergestellt werden sollte, dass die Entscheidungsträger über das Risiko der Voreingenommenheit aufgeklärt werden, da die Datensätze auf diskriminierenden und vorurteilsbelasteten Daten beruhen können; unterstützt die Gründung von Sensibilisierungs- und Bildungsinitiativen, damit Einzelpersonen, die in der Strafverfolgung und der Justiz arbeiten, sich der Einschränkungen, Fähigkeiten und Risiken, die die Nutzung von KI-Systemen nach sich zieht, einschließlich des Risikos einer Automatisierungsverzerrung, bewusst sind und sie verstehen; erinnert daran, dass die Einbeziehung von Fällen von Rassismus seitens der Polizeikräfte bei der Erfüllung ihrer Pflichten in KI-Trainingsdatensätze unweigerlich zu rassistischen Verzerrungen in den von KI generierten Erkenntnissen, Bewertungen und Empfehlungen führen wird; wiederholt daher seinen Aufruf an die Mitgliedstaaten, Antidiskriminierungsmaßnahmen zu fördern und nationale Aktionspläne gegen Rassismus im Bereich der Polizei und der Justiz zu entwickeln; |
24. |
stellt fest, dass vorausschauende Polizeiarbeit zwar zu den KI-Anwendungen gehört, die im Bereich der Strafverfolgung eingesetzt werden, warnt jedoch davor, dass vorausschauende Polizeiarbeit zwar die gegebenen Datensätze zur Identifizierung von Mustern und Korrelationen analysieren kann, aber nicht die Frage der Kausalität beantworten und keine verlässlichen Vorhersagen über individuelles Verhalten machen kann und daher nicht die alleinige Grundlage für ein Eingreifen darstellen darf; weist darauf hin, dass mehrere Städte in den Vereinigten Staaten ihre Nutzung von Systemen der vorausschauenden Polizeiarbeit nach Prüfungen eingestellt haben; erinnert daran, dass während der Erkundungsreise des LIBE-Ausschusses in die Vereinigten Staaten im Februar 2020 den Mitgliedern von den Polizeidienststellen der Stadt New York und von Cambridge (Massachusetts) mitgeteilt wurde, dass sie ihre Programme für vorausschauende Polizeiarbeit wegen mangelnder Wirksamkeit, diskriminierender Auswirkungen und praktischer Misserfolge hatten auslaufen lassen und sich stattdessen der bürgernahen Polizeiarbeit zugewandt hatten; nimmt zur Kenntnis, dass dies zu einem Rückgang der Kriminalitätsraten geführt hat; spricht sich daher gegen den Einsatz von KI durch Strafverfolgungsbehörden aus, um Vorhersagen über das Verhalten von Einzelpersonen oder Gruppen auf der Grundlage von historischen Daten und früherem Verhalten, Gruppenzugehörigkeit, Standort oder anderen derartigen Merkmalen zu treffen und damit zu versuchen, Personen zu identifizieren, die wahrscheinlich eine Straftat begehen werden; |
25. |
nimmt die verschiedenen Arten der Nutzung von Gesichtserkennung zur Kenntnis, wie z. B. Verifizierung/Authentifizierung (d. h. Abgleich des Gesichts einer anwesenden Person mit einem Foto in einem Ausweisdokument, z. B. intelligente Grenzen), Identifizierung (d. h. Abgleich eines Fotos mit einer bestimmten Fotodatenbank) und Erkennung (d. h. Erkennung von Gesichtern in Echtzeit aus Quellen wie CCTV-Aufzeichnungen und Abgleich mit Datenbanken, z. B. Überwachung in Echtzeit), die jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf den Schutz der Grundrechte haben; ist fest davon überzeugt, dass der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen durch Strafverfolgungsbehörden auf eindeutig gerechtfertigte Zwecke beschränkt sein sollte, bei denen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit sowie das geltende Recht uneingeschränkt eingehalten werden; bekräftigt, dass die Nutzung von Gesichtserkennungstechnologie mindestens den Anforderungen der Datenminimierung, Datengenauigkeit, Speicherbegrenzung, Datensicherheit und Rechenschaftspflicht genügen sowie rechtlich erlaubt, fair und transparent sein und einem spezifischen, expliziten und rechtmäßigen Zweck dienen muss, der im Recht des Mitgliedstaats oder dem Unionsrecht eindeutig definiert ist; ist der Auffassung, dass Verifizierungs- und Authentifizierungssysteme nur dann weiterhin erfolgreich eingesetzt und verwendet werden können, wenn ihre nachteiligen Auswirkungen abgeschwächt und die vorgenannten Kriterien erfüllt werden können; |
26. |
fordert darüber hinaus das dauerhafte Verbot der Verwendung einer automatisierten Analyse und/oder Erkennung anderer menschlicher Merkmale, wie Gangart, Fingerabdrücke, DNA, Stimme und anderer biometrischer und verhaltensbezogener Signale, in öffentlich zugänglichen Räumen; |
27. |
fordert ein Moratorium für den Einsatz von Gesichtserkennungssystemen für Strafverfolgungszwecke, die die Funktion der Identifizierung haben — es sei denn, sie werden ausschließlich für die Identifizierung von Verbrechensopfern verwendet –, bis die technischen Standards als vollständig grundrechtskonform angesehen werden können, die erzielten Ergebnisse unverzerrt und nicht diskriminierend sind, der Rechtsrahmen strenge Vorkehrungen gegen Missbrauch und strenge demokratische Kontrolle und Überwachung vorsieht und empirische Nachweise für die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes solcher Technologien vorliegen; stellt fest, dass die Systeme nicht verwendet oder eingesetzt werden sollten, wenn die oben genannten Kriterien nicht erfüllt sind; |
28. |
äußert seine große Besorgnis über die Nutzung privater Gesichtserkennungsdatenbanken durch Akteure der Strafverfolgung und Nachrichtendienste wie Clearview AI, eine Datenbank mit mehr als drei Milliarden Bildern unter anderem von EU-Bürgern, die illegal in sozialen Netzwerken und anderen Teilen des Internets gesammelt wurden; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Akteuren der Strafverfolgung zwingend vorzuschreiben, dass sie offenlegen, ob sie die Technologie Clearview AI oder gleichwertige Technologien anderer Anbieter nutzen; erinnert an die Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA), wonach die Nutzung eines Dienstes wie Clearview AI durch Strafverfolgungsbehörden in der Europäischen Union wahrscheinlich nicht mit der Datenschutzregelung der Union im Einklang stünde; fordert ein Verbot der Nutzung privater Gesichtserkennungsdatenbanken in der Strafverfolgung; |
29. |
nimmt die Machbarkeitsstudie der Kommission zu möglichen Änderungen am Beschluss zum Prümer Vertrag (8), auch hinsichtlich Gesichtsbildern, zur Kenntnis; nimmt frühere Untersuchungen zur Kenntnis, wonach keine potenziellen neuen Identifikationsmerkmale, etwa die Iris- oder Gesichtserkennung, in einem forensischen Kontext so zuverlässig wären wie die DNA oder Fingerabdrücke; erinnert die Kommission daran, dass jeder Gesetzgebungsvorschlag faktengestützt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss; fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Rahmen des Beschlusses zum Prümer Vertrag nur zu erweitern, wenn solide wissenschaftliche Nachweise für die Zuverlässigkeit der Gesichtserkennung in einem forensischen Kontext im Vergleich zu DNA oder Fingerabdrücken vorliegen, nachdem sie eine umfassende Folgenabschätzung durchgeführt hat, wobei auch die Empfehlungen des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) und des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) zu berücksichtigen sind; |
30. |
betont, dass die Verwendung biometrischer Daten im weiteren Sinne mit dem Grundsatz des Rechts auf Menschenwürde zusammenhängt, der die Grundlage für alle durch die Charta garantierten Grundrechte bildet; ist der Auffassung, dass die Nutzung und Erhebung biometrischer Daten für Zwecke der Fernidentifizierung, beispielsweise durch Gesichtserkennung im öffentlichen Bereich, sowie an automatischen Sicherheitsschleusen, die für Grenzkontrollen an Flughäfen verwendet werden, spezifische Risiken für die Grundrechte aufwerfen kann, deren Auswirkungen je nach Zweck, Kontext und Umfang der Verwendung erhebliche Unterschiede aufweisen könnten; hebt ferner die umstrittene wissenschaftliche Gültigkeit der Technologie zur Affekterkennung, wie z. B. Kameras, die Augenbewegungen und Veränderungen der Pupillengröße erkennen, in einem Kontext der Strafverfolgung hervor; ist der Ansicht, dass die Verwendung biometrischer Identifizierung im Kontext der Strafverfolgung und der Justiz immer als hochrisikoreich betrachtet werden sollte und daher zusätzlichen Anforderungen unterworfen werden sollte, wie es die hochrangige Expertengruppe der Kommission für KI empfiehlt; |
31. |
äußert sich sehr besorgt über im Rahmen von Horizont 2020 finanzierte Forschungsprojekte, bei denen künstliche Intelligenz an Außengrenzen zum Einsatz kommt, beispielsweise das Projekt iBorderCtrl, ein „intelligentes Lügendetektionssystem“, das auf der Grundlage eines vor der Reise mit der Webcam des Reisenden aufgenommenen, per Computer automatisierten Interviews und einer KI-gestützten Analyse von 38 Mikroimpressionen Profile von Reisenden erstellt und in Ungarn, Lettland und Griechenland erprobt wird; fordert die Kommission daher auf, mit legislativen und nichtlegislativen Mitteln und erforderlichenfalls durch Vertragsverletzungsverfahren ein Verbot jeglicher Verarbeitung biometrischer Daten, einschließlich Gesichtsbildern, zu Strafverfolgungszwecken zu erwirken, wenn diese Verarbeitung zu einer Massenüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen führt; fordert die Kommission ferner auf, die Finanzierung von Forschungsarbeiten, Einsätzen oder Programmen im Zusammenhang mit biometrischen Identifikatoren einzustellen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie zu einer wahllosen Massenüberwachung in öffentlichen Räumen führen; betont in diesem Zusammenhang, dass dem Einsatz von Drohnen bei Polizeieinsätzen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte und dass ein strikter Rahmen dafür gelten sollte; |
32. |
unterstützt die Empfehlungen der hochrangigen Expertengruppe der Kommission für KI, die sich für ein Verbot von KI-gestützter massenhafter Bewertung („Scoring“) von Einzelpersonen ausspricht; ist der Auffassung, dass jede Art der normativen Bewertung von Bürgern in großem Maßstab durch Behörden, insbesondere im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz, zum Verlust von Autonomie führt, den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit gefährdet und nicht als mit den im EU-Recht kodifizierten Grundrechten, insbesondere der Menschenwürde, im Einklang stehend betrachtet werden kann; |
33. |
fordert eine größere generelle Transparenz, um sich ein umfassendes Bild von dem Einsatz von KI-Anwendungen in der Union machen zu können; verlangt, dass die Mitgliedstaaten umfassende Informationen über die von ihren Strafverfolgungs- und Justizbehörden eingesetzten Instrumente, die Arten der verwendeten Instrumente, die Zwecke, für die sie eingesetzt werden, die Arten von Straftaten, auf die sie angewandt werden, und die Namen der Unternehmen oder Organisationen, die diese Instrumente entwickelt haben, bereitstellen; fordert die Strafverfolgungs- und Justizbehörden auf, auch die Öffentlichkeit zu informieren und ausreichende Transparenz in Bezug auf ihren Einsatz von KI und verwandten Technologien bei der Ausübung ihrer Befugnisse an den Tag zu legen, einschließlich der Offenlegung der Falsch-Positiv- und Falsch-Negativ-Raten der betreffenden Technologie; verlangt, dass die Kommission die Informationen an einer zentralen Stelle bündelt und aktualisiert; fordert die Kommission auf, auch Informationen über den Einsatz von KI durch die mit Strafverfolgungs- und Justizaufgaben betrauten Agenturen der Union zu veröffentlichen und zu aktualisieren; fordert den EDSB auf, die Rechtmäßigkeit der KI-Technologien und -Anwendungen zu bewerten, die von den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz eingesetzt werden; |
34. |
erinnert daran, dass KI-Anwendungen, einschließlich solcher, die im Rahmen der Strafverfolgung und der Justiz eingesetzt werden, weltweit in rasantem Tempo entwickelt werden; fordert alle europäischen Interessenträger, einschließlich der Mitgliedstaaten und der Kommission, nachdrücklich auf, durch internationale Zusammenarbeit sicherzustellen, dass sich Partner außerhalb der EU engagieren, um die Standards auf internationaler Ebene anzuheben und einen gemeinsamen und ergänzenden Rechts- und Ethikrahmen für den Einsatz von KI, insbesondere für die Strafverfolgung und die Justiz, zu finden, durch den die Charta, der europäische Besitzstand im Bereich des Datenschutzes und die Menschenrechte im weiteren Sinne uneingeschränkt geachtet werden; |
35. |
fordert die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte auf, in Zusammenarbeit mit dem EDSA und dem EDSB umfassende Leitlinien, Empfehlungen und bewährte Verfahren auszuarbeiten, um die Kriterien und Bedingungen für die Entwicklung, die Verwendung und den Einsatz von KI-Anwendungen und -Lösungen zur Nutzung durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden weiter zu spezifizieren; sagt zu, eine Studie über die Umsetzung der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung (9) durchzuführen, um zu ermitteln, wie der Schutz personenbezogener Daten bei Verarbeitungstätigkeiten von Strafverfolgungs- und Justizbehörden, insbesondere bei der Entwicklung oder dem Einsatz neuer Technologien, gewährleistet wird; fordert die Kommission ferner auf zu prüfen, ob spezifische legislative Maßnahmen erforderlich sind, um die Kriterien und Bedingungen für die Entwicklung, die Verwendung und den Einsatz von KI-Anwendungen und -Lösungen durch Strafverfolgungs- und Justizbehörden weiter zu spezifizieren; |
36. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln. |
(1) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.
(2) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89.
(3) ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39.
(4) ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.
(5) ABl. L 135 vom 24.5.2016, S. 53.
(6) ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 63.
(7) ABl. C 263 vom 25.7.2018, S. 82.
(8) Beschluss 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 1).
(9) Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/27 |
P9_TA(2021)0406
Auswirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen und von Sorgerechtsregelungen auf Frauen und Kinder
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu den Auswirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen und von Sorgerechtsregelungen auf Frauen und Kinder (2019/2166(INI))
(2022/C 132/03)
Das Europäische Parlament,
— |
gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und die Artikel 6, 8 und 67 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (im Folgenden „Opferschutzrichtlinie“) (1), |
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unter Hinweis auf die Artikel 21, 23, 24 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul), das am 1. August 2014 in Kraft trat, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989, |
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unter Hinweis auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 13 des Ausschusses für die Rechte des Kindes vom 18. April 2011 zum Recht des Kindes auf Schutz vor allen Formen der Gewalt, |
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unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, |
— |
unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, |
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unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (2), |
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unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention, |
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unter Hinweis auf das am 18. Dezember 1979 von den Vereinten Nationen angenommene Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau und die Allgemeine Empfehlung Nr. 35 zur geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen, mit der die Allgemeine Empfehlung Nr. 19 des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau aktualisiert wird, |
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unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere deren Grundsatz 2, |
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unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist, und insbesondere auf das Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 5 zur Geschlechtergleichstellung sowie auf das Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 16.2 zur Beendigung von Missbrauch, Ausbeutung, Menschenhandel und aller Formen von Folter und Gewalt gegen Kinder, |
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unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 4. März 2016 für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union (COM(2016)0109), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025“ (COM(2020)0152), insbesondere deren erstes Ziel, die Freiheit von Gewalt und Stereotypen gegenüber Frauen und Mädchen herbeizuführen, |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. November 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen 2020–2025“ (COM(2020)0698), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. Juni 2020 mit dem Titel „EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020–2025)“ (COM(2020)0258), |
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unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 6. März 2019 mit dem Titel „2019 Report on equality between women and men in the EU“ (Bericht 2019 über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der EU) (SWD(2019)0101), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. September 2017 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union (3), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. November 2019 zum Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul und zu weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt (4), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Dezember 2020 zur Notwendigkeit einer gesonderten Ratsformation „Gleichstellung der Geschlechter“ (5), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der geschlechtsspezifischen Sichtweise in der COVID-19-Krise und der Zeit danach (6), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter (7), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung (8), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 606/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen (9), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (im Folgenden „Brüssel-IIa-Verordnung“) (10), |
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unter Hinweis auf den Bericht über den Geschlechtergleichstellungsindex 2020 des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE), |
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unter Hinweis auf die Studie des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) vom 12. Juni 2019 mit dem Titel „Understanding intimate partner violence in the EU: the role of data“ (Zum Stellenwert von Daten bei der Ermittlung der Gründe für Gewalt in Paarbeziehungen in der EU), |
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unter Hinweis auf die EIGE-Studie vom 18. November 2019 mit dem Titel „A guide to risk assessment and risk management of intimpartner violence against women for police“ (Ein Leitfaden für die Polizei zur Risikobewertung und zum Risikomanagement bei Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen), |
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unter Hinweis auf den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung“, |
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unter Hinweis auf die „Platform of Independent Expert Mechanisms on Discrimination and Violence against Women“ (EDVAW Platform; Plattform unabhängiger Sachverständigenmechanismen in Bezug auf Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen) und ihre Erklärung vom 31. Mai 2019 mit dem Titel „Intimate partner violence against women is an essential factor in the determination of child custody“ (Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen — ein wesentlicher Faktor bei der Bestimmung des Sorgerechts für Kinder), |
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unter Hinweis auf die Erklärung der Vorsitzenden der Expertengruppe des Europarates für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO), Marceline Naudi, vom 24. März 2020 mit dem Titel „For many women and children, the home is not a safe place“ (Für viele Frauen und Kinder ist das Zuhause kein sicherer Ort), wonach die Vorschriften des Übereinkommens von Istanbul auch in Zeiten einer Pandemie zu beachten sind, |
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gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
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in Kenntnis der gemeinsamen Überlegungen des Rechtsausschusses und des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter gemäß Artikel 58 der Geschäftsordnung, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses und des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (A9-0254/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass die Geschlechtergleichstellung zu den Grundwerten und Kernzielen der Europäischen Union zählt und in allen Politikbereichen der EU zum Ausdruck kommen sollte; in der Erwägung, dass das Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung ein in den Verträgen (11) und der Charta (12) verankertes Grundrecht ist und uneingeschränkt geachtet werden sollte; in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Gewalt in all ihren Formen eine extreme Form der Diskriminierung und eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, die in der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verankert ist und dazu beiträgt, diese aufrechtzuerhalten und zu verstärken; in der Erwägung, dass diese Art von Gewalt aus geschlechtsspezifischen Stereotypen über die Rollen und Fähigkeiten von Frauen und Männern sowie aus ungleichen Machtverhältnissen in Gesellschaften entsteht und aufrechterhalten wird; in der Erwägung, dass diese Form der Gewalt nach wie vor weit verbreitet ist, Frauen auf allen Ebenen der Gesellschaft — ungeachtet ihres Alters, Bildungsgrads, Einkommens, ihrer sozialen Stellung oder ihres Herkunfts- bzw. Wohnsitzlands — betrifft und eines der größten Hindernisse für die Erreichung der Gleichstellung der Geschlechter ist; in der Erwägung, dass Frauen und Kinder in der EU aufgrund unterschiedlicher Strategien und Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten nicht im gleichen Umfang vor geschlechtsspezifischer Gewalt geschützt sind; |
B. |
in der Erwägung, dass Frauen nach wie vor diskriminiert und benachteiligt werden und soziale, wirtschaftliche und kulturelle Ungleichheiten fortbestehen, obgleich die Geschlechtergleichstellung formell bei zahlreichen Gelegenheiten anerkannt wurde und Fortschritte bei der Geschlechtergleichstellung zu verzeichnen sind; in der Erwägung, dass laut dem Gleichstellungsindex 2020 des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) die Geschlechtergleichstellung bislang in keinem Mitgliedstaat vollständig erreicht wurde; in der Erwägung, dass die EU bei der Geschlechtergleichstellung nach wie vor nur schleppend vorankommt und sich der Indexwert im Durchschnitt alle zwei Jahre um einen Punkt verbessert; in der Erwägung, dass es bei dieser Zuwachsrate fast 70 Jahre dauern wird, bis die EU die Gleichstellung der Geschlechter erreicht; in der Erwägung, dass das Parlament bereits die Einrichtung einer neuen Ratsformation gefordert hat, in der für die Geschlechtergleichstellung zuständige Minister und Staatssekretäre zusammenkommen; |
C. |
in der Erwägung, dass verschiedene Formen der Unterdrückung nicht getrennt voneinander existieren, sondern sich überschneiden und Einzelpersonen gleichzeitig betreffen, was zu intersektionaler Diskriminierung führt; in der Erwägung, dass sich Diskriminierung aufgrund des Geschlechts häufig mit Diskriminierung aus anderen Gründen überschneidet, wie z. B. aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauungen, der politischen oder sonstigen Anschauungen, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters und der sexuellen Orientierung; |
D. |
in der Erwägung, dass das gegenwärtige Jahrzehnt eine sichtbare und organisierte Offensive auf globaler und EU-Ebene gegen die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der Frauen, einschließlich in der EU, mit sich bringt; |
E. |
in der Erwägung, dass die Geschlechtergleichstellung eine grundlegende Voraussetzung für eine innovative, wettbewerbsfähige und wohlhabende EU-Wirtschaft ist, die Schaffung neuer Arbeitsplätze sicherstellt und Produktivität erzeugt, insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des Übergangs zu einer ökologischen Wirtschaft; |
F. |
in der Erwägung, dass Gewalt in Paarbeziehungen jeden Akt physischer, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt bezeichnet, die zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnern stattfindet, unabhängig davon, ob Täter und Opfer in einer gemeinsamen Wohnung wohnen oder wohnten; in der Erwägung, dass Gewalt in Paarbeziehungen eine der häufigsten Formen geschlechtsspezifischer Gewalt ist, wobei schätzungsweise 22 % der Frauen körperliche und/oder sexuelle Gewalt und 43 % psychische Gewalt durch ihren Partner erfahren haben (13); in der Erwägung, dass Frauen und Kinder unverhältnismäßig stark von dieser Art von Gewalt betroffen sind; in der Erwägung, dass der Begriff „häusliche Gewalt“ alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt bezeichnet, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte (14); in der Erwägung, dass häusliche Gewalt ein schwerwiegendes und häufig langfristiges verborgenes soziales Problem ist, das systematische körperliche und/oder psychische Traumata mit ernsthaften Folgen für die Opfer verursacht und das emotionale, wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der gesamten Familie stark beeinträchtigen kann, weil sie von einer Person ausgeübt wird, der das Opfer trauen können sollte; in der Erwägung, dass zwischen 70 % und 85 % der Kinder, die Opfer von Gewalt wurden, den Täter bzw. die Täterin persönlich kennen und dass die überwiegende Mehrheit dieser Kinder Opfer von Menschen sind, denen sie vertrauen (15); in der Erwägung, dass die Opfer häufig durch Zwang der Kontrolle durch den Täter ausgesetzt sind („coercive control“), die durch Einschüchterung, Fremdbestimmung, Isolation und Misshandlung gekennzeichnet ist; |
G. |
in der Erwägung, dass die Raten von Gewalt in Paarbeziehungen in ländlichen und abgelegenen Gemeinden noch höher sind als in städtischen Gebieten; in der Erwägung, dass Frauen in ländlichen und entlegenen Regionen höhere Raten von Gewalt in Paarbeziehungen und eine größere Häufigkeit und Schwere von körperlichem, psychologischem und wirtschaftlichem Missbrauch erleben, was durch die Tatsache verstärkt wird, dass sie weiter entfernt von verfügbaren Ressourcen und Diensten wohnen, bei denen sie um Hilfe ersuchen könnten; in der Erwägung, dass das mangelnde Verständnis von häuslicher Gewalt im Gesundheitswesen, der Justiz und den Sozialdiensten in ländlichen und entlegenen Regionen ein bedeutendes Hindernis für Überlebende von Gewalt in Paarbeziehungen darstellt; |
H. |
in der Erwägung, dass es sich auf EU-Ebene bei der Mehrheit der Haushalte von Alleinerziehenden um alleinerziehende Mütter handelt, die wirtschaftlich besonders gefährdet sind, insbesondere in den Niedriglohngruppen, und die auch anfälliger dafür sind, den Arbeitsmarkt frühzeitig zu verlassen, wenn sie Eltern werden, und somit bei dem Versuch des Wiedereintritts in den Arbeitsmarkt benachteiligt sind; in der Erwägung, dass in der EU 40,3 % der Haushalte von Alleinerziehenden im Jahr 2019 von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren (16); |
I. |
in der Erwägung, dass 30 % der Frauen, die sexuelle Viktimisierung durch einen früheren oder gegenwärtigen Partner erlebt haben, auch in der Kindheit sexuelle Gewalt erfahren haben, und dass 73 % der Mütter, die Opfer von körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch einen Partner geworden sind, angeben, dass mindestens eines ihrer Kinder Zeuge dieser Gewalt geworden ist (17); |
J. |
in der Erwägung, dass die Ausgangsbeschränkungen und die Maßnahmen zur Einhaltung der Abstandsregeln während der COVID-19-Pandemie mit dem exponentiellen Anstieg der Häufigkeit und Intensität von Fällen von Gewalt in Paarbeziehungen sowie von psychischer Gewalt, Kontrolle durch Zwang und von Gewalt im Internet in vielen Mitgliedstaaten in Verbindung gebracht werden, einhergehend mit einem Anstieg der Notrufe von Opfern von häuslicher Gewalt um 60 % (18); in der Erwägung, dass Lockdownmaßnahmen und das besorgniserregende Anschwellen der „Schattenpandemie“ unzureichende Strukturen und Ressourcen zur Unterstützung aufgezeigt und den Zugang für Frauen und Kinder zu wirksamem Schutz, Unterstützungsdiensten und zum Recht erschwert haben, sodass vielen Personen kein angemessener und rechtzeitiger Schutz gewährt wurde; in der Erwägung, dass bewährte Vorgehensweisen für rechtzeitige, leicht zugängliche Hilfemaßnahmen für betroffene Opfer, einschließlich der Einrichtung von Notruf-Systemen per SMS oder der Schaffung von Anlaufstellen für Hilfe in Apotheken und Supermärkten, unter den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden sollten; in der Erwägung, dass in der EU Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen aus verschiedenen Gründen immer noch häufiger verübt als tatsächlich von den Opfern, Familienangehörigen, Freunden, Bekannten oder Nachbarn gemeldet wird, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, und dass es einen erheblichen Mangel an umfassenden, vergleichbaren und nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten gibt, was es schwierig macht, die Auswirkungen der Krise vollständig zu bewerten; in der Erwägung, dass die FRA-Erhebung über Gewalt gegen Frauen zeigt, dass die Opfer die schwersten Fälle von Gewalt in der Partnerschaft nur in 14 % der Fälle der Polizei gemeldet hatten, und zudem zwei Drittel der weiblichen Opfer systematisch keine Anzeige bei den Behörden erstatten, entweder aus Angst oder aus Mangel an Informationen über die Rechte des Opfers, sowie aus der allgemeinen Überzeugung, dass Gewalt in Paarbeziehungen eine private Angelegenheit ist, die nicht öffentlich gemacht werden sollte (19); |
K. |
in der Erwägung, dass häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt als Folge der während der COVID-19-Pandemie ergriffenen Ausgangsbeschränkungen zugenommen hat, und dass laut dem jüngsten Europol-Bericht (20) der sexuelle Missbrauch von Kindern im Internet in der EU dramatisch zugenommen hat; |
L. |
in der Erwägung, dass während der Ausgangsbeschränkungen ein signifikanter Anstieg der häuslichen Gewalt gegen LGBTI+-Personen, insbesondere junge Menschen, gemeldet wurde; |
M. |
in der Erwägung, dass wirtschaftliche Gewalt gegen Frauen in Form von Sachbeschädigung, Einschränkung des Zugangs zu finanziellen Mitteln, zur Bildung oder zum Arbeitsmarkt oder Nichterfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen wie Unterhaltszahlungen gebührende Aufmerksamkeit verdient, da die Behinderung der finanziellen Unabhängigkeit und des Familienvermögens mit anderen Formen der Gewalt Hand in Hand geht und eine zusätzliche Bedrohung für die Opfer darstellt; in der Erwägung, dass Opfer, die finanziell nicht unabhängig sind, oftmals gezwungen sind, mit ihrem Täter in einer Wohnung zu bleiben, um finanzielle Unsicherheit, Obdachlosigkeit oder Armut zu vermeiden, und dass diese Tendenz in letzter Zeit durch die COVID-19-Pandemie noch verstärkt wurde; in der Erwägung, dass ein gerechtes Arbeitsentgelt und wirtschaftliche Unabhängigkeit entscheidende Faktoren sind, um Frauen in die Lage zu versetzen, sich aus von Missbrauch und Gewalt geprägten Beziehungen zu lösen; in der Erwägung, dass durch die Praxis in einigen Mitgliedstaaten, die die Opfer zwingt, für die Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen, mit denen eine finanzielle Entschädigung von den Tätern zugesprochen wird, mit dem Täter in Kontakt zu bleiben, die Opfer einer weiteren physischen und emotionalen Gefährdung ausgesetzt werden; |
N. |
in der Erwägung, dass Kinder außerdem als Zeugen von Gewalt auch „miterlebter Gewalt“ (21) im familiären Umfeld ausgesetzt sind, wenn sie Formen von Misshandlung miterleben, die sich durch Akte physischer, verbaler, psychischer, sexueller und wirtschaftlicher Gewalt gegen Bezugspersonen oder andere in ihrem Gefühlsleben wichtige Personen richtet; in der Erwägung, dass diese Gewalt schwerwiegende Folgen für die psychische und emotionale Entwicklung des Kindes hat und es daher von wesentlicher Bedeutung ist, dieser Art von Gewalt bei Trennungen und in Vereinbarungen über das elterliche Sorgerecht gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, wobei das Kindeswohl vorrangige Erwägung ist, insbesondere bei der Festlegung des Sorgerechts und des Besuchsrechts nach einer Trennung; in der Erwägung, dass „miterlebte“ Gewalt nicht immer unmittelbar erkennbar ist, und dass Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, in ständiger erheblicher emotionaler Anspannung leben; in der Erwägung, dass die Gerichte in Fällen, in denen es sowohl um häusliche Gewalt als auch um Fragen des Kinderschutzes geht, auf Fachkräfte zurückgreifen sollten, die über das entsprechende Wissen und die Instrumente verfügen, um Entscheidungen gegen die Mutter zu vermeiden, die nicht alle Umstände angemessen berücksichtigen; |
O. |
in der Erwägung, dass Bildung eine grundlegende unterstützende Rolle beim Aufbau der Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zur Gestaltung gesunder Beziehungen spielt, insbesondere durch die Aufklärung über geschlechterspezifische Rollenerwartungen, die Gleichstellung der Geschlechter, über Machtdynamiken in Beziehungen, die Freiwilligkeit und Einvernehmlichkeit sowie die Einhaltung von Grenzen, und dazu beiträgt, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen; in der Erwägung, dass gemäß den internationalen technischen Leitlinien der UNESCO zur Sexualaufklärung lehrplanbasierte Programme zur umfassenden Sexualaufklärung es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, Wissen, positive Verhaltensweisen und Fähigkeiten in diesem Bereich zu entwickeln, einschließlich der Achtung der Menschenrechte, der Geschlechtergleichstellung, der Freiwilligkeit und Einvernehmlichkeit und der Vielfalt, und dass sie Kinder und Jugendliche stärken; |
P. |
in der Erwägung, dass es im Hinblick auf die Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt notwendig ist, sich auf kohärente und vergleichbare amtliche Daten zu stützen, die auf einem soliden und koordinierten Rahmen für die Datenerhebung beruhen; in der Erwägung, dass in den derzeit verfügbaren und von den Strafverfolgungs- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten erhobenen Daten nicht das gesamte Ausmaß der Gewalt in Paarbeziehungen und ihre Auswirkungen und langfristigen Folgen für die Frauen und ihre Kinder zum Ausdruck kommt, da die meisten Mitgliedstaaten weder nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Vergleichsdaten über Gewaltakte erheben noch Gewalt in Paarbeziehungen als eigenen Tatbestand anerkennen, sodass die tatsächliche Prävalenz und Häufigkeit von Gewalt in Paarbeziehungen nach wie vor in erheblichem Maße eine unquantifizierte und diffuse Grauzone bleibt; in der Erwägung, dass auch Daten über die erhöhten Risiken und die Prävalenz von häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen für bestimmte Gruppen, darunter benachteiligte oder diskriminierte Frauen, fehlen; |
Q. |
in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen häufig außer Acht gelassen wird und dass bei Vereinbarungen und Entscheidungen in Bezug auf das Sorge-, Umgangs-, Kontakt- und Besuchsrecht anscheinend in der Regel das gemeinsame Sorgerecht oder elterliches Erziehungsrecht festgelegt werden; in der Erwägung, dass die Ausklammerung dieser Gewalt katastrophale Folgen für Frauen und Kinder hat, die so eskalieren können, dass es letztendlich zu Femizid und/oder Infantizid kommt; in der Erwägung, dass die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen besondere Schutzmaßnahmen benötigen; in der Erwägung, dass sich die Lage der Opfer erheblich verschlechtert, wenn sie wirtschaftlich oder sozial vom Täter abhängig sind; in der Erwägung, dass es daher von entscheidender Bedeutung ist, dass diese Art von Gewalt bei Entscheidungen über Trennungs- und Sorgerechtsregelungen in vollem Umfang berücksichtigt wird und dass Vorwürfe von Gewalt vor Sorgerechts- und Umgangsrechtsfragen behandelt werden müssen; in der Erwägung, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten eine umfassende Bewertung nach dem Grundsatz des „Vorrangs des Kindeswohls“ sicherstellen sollten, damit bei der Festlegung des Sorge- und Besuchsrechts — unter Einbeziehung der Anhörung des Kindes — der Zugang zu sämtlichen relevanten Diensten, psychologischer Unterstützung und Berücksichtigung des Fachwissens aller beteiligten Fachleute gewährleistet ist; |
R. |
in der Erwägung, dass die Risikobewertungen der Strafverfolgungsbehörden in den meisten Mitgliedstaaten nicht systematisch Angaben von Kindern über ihre Erfahrungen mit Gewalt in Paarbeziehungen einbeziehen; |
S. |
in der Erwägung, dass bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, einschließlich familiärer Streitigkeiten, das Wohl des Kindes stets die vorrangige Erwägung sein sollte, und dass das in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 9 des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes verankerte Recht jedes Kindes, mit beiden Elternteilen in Kontakt zu bleiben, eingeschränkt werden sollte, wenn dies für das Kindeswohl erforderlich ist; |
T. |
in der Erwägung, dass Kinder gemäß Artikel 12 der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und gemäß den Artikeln 4 und 16 der Richtlinie (EU) 2016/800 das Recht haben, ihre Meinung in allen sie betreffenden Angelegenheiten — insbesondere in Gerichts- und Verwaltungsverfahren — in kindgerechter Weise zu äußern und dass ihre Meinung entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes gebührend zu berücksichtigen ist; |
U. |
in der Erwägung, dass zwei der renommiertesten Institutionen für psychische Gesundheit, nämlich die American Association of Psychology und die Weltgesundheitsorganisation, die Anwendung der so genannten „Eltern-Kind-Entfremdung“ und ähnlicher Konzepte und Begriffe verurteilen, da diese als Strategie gegen Gewaltopfer eingesetzt werden können, indem elterliche Fähigkeiten der Opfer in Frage gestellt, ihre Aussagen missachtet und der Gewalt, der die Kinder ausgesetzt sind, keine Beachtung geschenkt wird; in der Erwägung, dass Vorwürfe der elterlichen Entfremdung durch Väter, die Gewalt ausüben, gegen Mütter gemäß Empfehlung der EDVAW-Plattform als Fortsetzung der Machtausübung und Kontrolle durch staatliche Stellen und Akteure, insbesondere derjenigen, die über das Sorgerecht entscheiden, betrachtet werden müssen (22); |
V. |
in der Erwägung, dass anonyme Anzeigen und Anzeigen, die von den Opfern später zurückgezogen werden, die weitere Untersuchung durch die Behörden behindern und das Verhindern weiterer Gewalt erschweren können; |
W. |
in der Erwägung, dass Strafverfahren, die sich aus einer Anzeige häuslicher Gewalt ergeben, häufig vollständig separat von den Trennungs- und Sorgerechtsverfahren behandelt werden; in der Erwägung, dass dies bedeuten kann, dass das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder angeordnet wird und/oder Besuchsrechte verfügt werden, die die Rechte und die Sicherheit des Opfers und der Kinder gefährden; in der Erwägung, dass dieser Umstand unumkehrbare Folgen für die psychische und emotionale Entwicklung des Kindes haben kann, sodass in der Praxis das Kindeswohl selbst beeinträchtigt wird; in der Erwägung, dass es daher notwendig ist, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Opfer je nach ihren Bedürfnissen Zugang zu vertraulichen und kostenlosen Opferunterstützungsdiensten haben, die im Interesse der Opfer vor, während und für eine angemessene Zeit nach dem Strafverfahren tätig werden, einschließlich eines Systems der psychosozialen Unterstützung — insbesondere während und nach Vernehmungen –, das den mit den Umständen einhergehenden emotionalen Spannungen Rechnung trägt; |
X. |
in der Erwägung, dass gemäß Artikel 67 AEUV die Union einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu bilden hat, in dem die Grundrechte geachtet werden; der diskriminierungsfreie Zugang aller zur Justiz ist hierfür von zentraler Bedeutung; |
Y. |
in der Erwägung, dass die Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Opfer bei Familiensachen die vorrangige Überlegung sein muss, so dass Mechanismen zur alternativen Streitbeilegung, wie die Mediation, in Fällen, in denen Gewalt gegen Frauen und Kinder vorliegt, vor oder während des Gerichtsverfahrens nicht eingesetzt werden sollten, um eine weitere Schädigung der Opfer zu vermeiden; |
Z. |
in der Erwägung, dass die Vertragsparteien gemäß dem Übereinkommen von Istanbul verpflichtet sind, die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht betreffend Kinder berücksichtigt werden und dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder nicht gefährdet (23); in der Erwägung, dass sechs EU-Mitgliedstaaten und die EU das Übereinkommen von Istanbul acht Jahre nach Inkrafttreten noch nicht ratifiziert haben; in der Erwägung, dass das Übereinkommen von Istanbul der wichtigste bestehende internationale Rahmen zur Prävention und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt ist; |
AA. |
in der Erwägung, dass Frauen durch das gemeinsame Sorgerecht in Situationen von Gewalt in Paarbeziehungen ständig Formen verhinderbarer Gewalt ausgesetzt sind, da sie gezwungen sind, in geografischer Nähe zu den Tätern zu bleiben, und sie weiterer körperlicher und psychischer Gewalt sowie emotionaler Misshandlung ausgesetzt sind, was sich sowohl direkt als auch indirekt auf die Kinder auswirken kann; in der Erwägung, dass in Fällen von Gewalt in Paarbeziehungen das Recht von Frauen und Kindern auf Schutz und ein Leben frei von körperlicher und psychischer Gewalt Vorrang vor dem gemeinsamen Sorgerecht haben sollte; in der Erwägung, dass Kinder von Gewalttätern in der Partnerschaft häufig Opfer von Misshandlungen werden können, um Macht und Gewalt gegen die Mutter auszuüben — ein Phänomen, das in manchen Mitgliedstaaten als indirekte Gewalt bezeichnet wird und als Form der geschlechtsspezifischen Gewalt anzusehen ist; |
AB. |
in der Erwägung, dass Telefon-Hotlines zwar ein entscheidender Kanal sind, um Unterstützung zu erhalten, jedoch nur 13 Mitgliedstaaten die Telefon-Hotline 116 006 der EU für Opfer von Gewaltverbrechen eingeführt haben, und nur wenige Mitgliedstaaten über spezielle Telefon-Hotlines für Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen verfügen; |
AC. |
in der Erwägung, dass Gewalt in Paarbeziehungen untrennbar mit Gewalt gegen Kinder und Kindesmisshandlung verbunden ist; in der Erwägung, dass es als Gewalt gegen Kinder zu betrachten ist, wenn sie häuslicher Gewalt ausgesetzt werden; in der Erwägung, dass Kinder, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, psychische und/oder körperliche und möglicherweise akute und chronische Gesundheitsschäden davontragen; in der Erwägung, dass sich die Viktimisierung von Kindern in Situationen von Gewalt gegen Frauen im Zusammenhang mit Sorgerechts- und Betreuungsstreitigkeiten fortsetzen und verschlimmern kann; in der Erwägung, dass sich die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern aufgrund der wegen COVID-19 erlassenen Beschränkungsmaßnahmen verschlechtert haben; in der Erwägung, dass die Menge der für Kinder angebotenen Dienstleistungen im Bereich psychische Gesundheit in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausfällt und häufig nicht ausreicht; |
AD. |
in der Erwägung, dass das Aufwachsen in einem gewalttätigen häuslichen Umfeld äußerst nachteilige Auswirkungen auf die physische, emotionale und soziale Entwicklung des Kindes und sein anschließendes Verhalten als erwachsener Mensch hat; in der Erwägung, dass ein Risikofaktor gegeben ist, für Viktimisierung anfällig zu sein, problematisches Verhalten zu zeigen oder physische oder psychische Probleme zu entwickeln oder im Erwachsenenalter selbst gewalttätig zu werden, wenn Kinder Gewalt ausgesetzt sind, sei es durch Misshandlung und/oder als Zeugen von Gewalt in Paarbeziehungen; |
AE. |
in der Erwägung, dass es zwar Fortschritte gegeben hat, dass aber dennoch aus jüngsten Berichten erkennbar ist, dass Opfer von Straftaten in der Union ihre Rechte immer noch nicht umfassend in Anspruch nehmen können; in der Erwägung, dass der Zugang zu Hilfsdiensten für Frauen, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen sind, entscheidend ist; in der Erwägung, dass es nach wie vor eine unzureichende Anzahl spezialisierter und allgemeiner Hilfsdienste für Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen gibt und dass sich Opfer von Straftaten, die von ihrem Recht Gebrauch machen möchten, sich an die Justiz zu wenden, häufig Problemen aufgrund von mangelnden Informationen sowie mangelhafter Unterstützung und fehlenden Schutzes gegenüber sehen; und wenn es zu einem Gerichtsverfahren kommt und sie eine Entschädigung beantragen, oftmals eine sekundäre Viktimisierung erfahren; in der Erwägung, dass es mehrere Fälle gibt, in denen Strafverfolgungsbeamte und Justizsysteme nicht in der Lage sind, Frauen und Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt sind, ausreichend zu unterstützen, und in der Erwägung, dass Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt sogar abschätzigem Verhalten oder unangemessenen Bemerkungen ausgesetzt sind, wenn sie die Gewalt anzeigen; in der Erwägung, dass zivilgesellschaftliche und öffentliche Organisationen, insbesondere solche, die mit Kindern und Opfern von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt zusammenarbeiten und sich für diese einsetzen, bei der Prävention von und dem Umgang mit häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen eine entscheidende Rolle spielen; in der Erwägung, dass solche Organisationen aufgrund ihrer praktischen Erfahrungen auch wertvolle Beiträge zur Politik und Gesetzgebung leisten können; in der Erwägung, dass EU-Förderprogramme wie das Programm „Justiz“ und das Programm „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ für die Unterstützung von Aktivitäten zum Schutz und zur Unterstützung von Opfern häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt genutzt werden können, insbesondere um den Zugang zur Justiz und die Finanzierung von Organisationen, die mit Opfern zusammenarbeiten, sicherzustellen; |
AF. |
in der Erwägung, dass grenzüberschreitende Trennungs-, Scheidungs- und Sorgerechtsverfahren vielschichtiger sind und in aller Regel länger dauern; in der Erwägung, dass die gestiegene Mobilität in der EU dazu geführt hat, dass eine zunehmende Anzahl grenzüberschreitender Streitigkeiten zu elterlicher Verantwortung und dem Sorgerecht für Kinder zu verzeichnen sind; in der Erwägung, dass die automatische Anerkennung von Entscheidungen über Sorgerechtsverfahren in Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt dahingehend problematisch ist, dass die Rechtsvorschriften über geschlechtsspezifische Gewalt in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich sind und nicht alle Mitgliedstaaten Gewalt in Paarbeziehungen als Straftat und eine Form der geschlechtsspezifischen Gewalt anerkennen; in der Erwägung, dass die Kommission ihre Bemühungen verstärken muss, um in allen Mitgliedstaaten die konsequente und konkrete Umsetzung der Grundsätze und Ziele des von allen EU-Mitgliedstaaten ratifizierten Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes zu fördern; in der Erwägung, dass für die Mitgliedstaaten als Vertragsparteien des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes bei allen öffentlichen Maßnahmen, insbesondere bei der Behandlung grenzüberschreitender Familienstreitigkeiten, das Kindeswohl stets an erster Stelle stehen muss; in der Erwägung, dass Artikel 83 Absatz 1 AEUV die Möglichkeit vorsieht, Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festzulegen, die aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben; in der Erwägung, dass Artikel 83 Absatz 2 AEUV die Möglichkeit vorsieht, „Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und Strafen“ festzulegen, um eine „wirksame Durchführung der Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind“, sicherzustellen; |
AG. |
in der Erwägung, dass Artikel 82 Absatz 2 AEUV die Möglichkeit der Festlegung von in den Mitgliedstaaten anwendbaren Mindestvorschriften zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension vorsieht, insbesondere in Bezug auf die Rechte der Opfer von Straftaten; |
Allgemeine Anmerkungen
1. |
verurteilt sämtliche Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen auf das Schärfste und bedauert, dass Frauen und Kinder in ihrer ganzen Vielfalt nach wie vor Gewalt in Paarbeziehungen ausgesetzt sind, wobei es sich um eine schwere Verletzung ihrer Menschenrechte und ihrer Menschenwürde handelt, was sich auch auf die wirtschaftliche Stellung von Frauen auswirkt, wobei sich dieses Phänomen während der COVID-19-Krise weiter verschärft hat; |
2. |
erinnert daran, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über Gewalt gegen Frauen festgestellt hat, dass die COVID-19-Krise das Fehlen einer ordnungsgemäßen Umsetzung internationaler Übereinkommen zum Schutz vor und zur Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt verdeutlicht hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich dringend mit der Zunahme von Gewalt in Paarbeziehungen während der COVID-19-Pandemie zu befassen, und ermutigt sie zum Austausch von landesweiten Innovationen, Leitlinien, bewährten Verfahren und Protokollen, die sich beim Umgang mit Gewalt in Paarbeziehungen und für die Hilfe für Opfer — insbesondere in Notfällen — als wirksam erwiesen haben; fordert die Kommission auf, diese Vorgehensweisen zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten und die lokalen Behörden auf, das Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt zu ermitteln und die Opfer von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu unterstützen, indem sie ihnen Sicherheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit durch den Zugang zu speziellen Unterkünften und zu grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen wie Gesundheit und Verkehr sowie professionelle psychologische Unterstützung garantieren; fordert die Kommission auf, ein Protokoll der Europäischen Union zu Gewalt gegen Frauen in Krisen- und Notsituationen auszuarbeiten und Opfer während Notsituationen wie der COVID-19-Pandemie zu unterstützen, sichere und flexible Notfallwarnsysteme einzurichten und an die Opfer gerichtete Schutzangebote wie Beratungsstellen, sichere Unterkünfte und Gesundheitsdienste als in den Mitgliedstaaten bereitgestellte „grundlegende Dienste“ aufzunehmen; betont in diesem Zusammenhang, dass konkrete Maßnahmen benötigt werden, um die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede im Bereich der Rechtsetzung, der Politik und der Dienstleistungen abzubauen und um den Anstieg der häuslichen und geschlechtsspezifische Gewalt im Rahmen der COVID-19-Pandemie anzugehen; |
3. |
betont, dass die Täter Gerichtsverfahren häufig dazu ausnutzen, ihre Macht und Kontrolle auszuweiten, ihre Opfer weiter einzuschüchtern und weiter Angst bei ihnen zu schüren; betont in diesem Zusammenhang, dass der gewalttätige Elternteil häufig auf das Kind einwirkt und das gemeinsame Sorgerecht zu manipulativen Zwecken beantragt, um auch nach der Trennung Druck auf die Mutter auszuüben; betont, dass die Täter in der Absicht, ihren Partnern bzw. Ex-Partnern Leid zuzufügen, häufig die Kinder misshandeln oder damit drohen, ihnen Schaden zuzufügen oder sie mitzunehmen, was schwerwiegende Folgen für die harmonische Entwicklung des Kindes nach sich zieht; weist darauf hin, dass dies auch eine Form der geschlechtsspezifischen Gewalt ist; stellt fest, dass Täter die Zurückhaltung von Unterhaltszahlungen als Drohung und eine Form des Missbrauchs ihrer Opfer nutzen können; betont, dass diese Vorgehensweise bei Opfern großen psychologischen Schaden anrichten und finanzielle Schwierigkeiten verursachen oder verschärfen kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass die Opfer Unterhaltszahlungen aus Opferfonds erhalten, um finanziellen Missbrauch und die Gefahr einer weiteren Schädigung der Opfer zu vermeiden; |
4. |
begrüßt die Strategie der Kommission für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025 zur Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt und betont, wie wichtig es ist, ihre zentralen Zielsetzungen in dieser Hinsicht vollständig und rasch umzusetzen; weist auf die alarmierenden Zahlen zu geschlechtsspezifischer Gewalt hin, die patriarchalische Verhaltensweisen offenbaren, die dringend umgestaltet werden müssen; weist erneut darauf hin, dass ein gemeinsames Vorgehen unerlässlich ist, damit die Rechte von Frauen in Europa nach oben hin angenähert und harmonisiert werden; fordert daher die Schaffung einer Ratsformation zur Gleichstellung der Geschlechter innerhalb des Europäischen Rates, damit die Vertreter der Mitgliedstaaten zu regelmäßigen Treffen zusammenkommen, die Gesetzgebung betreiben und sich über bewährte Verfahren austauschen können; betont, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einen intersektionalen, möglichst integrativen Ansatz beinhalten müssen, um jede Art von Diskriminierung zu vermeiden; |
5. |
weist darauf hin, dass das Übereinkommen von Istanbul ein zentrales Instrument bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist; bedauert, dass das Übereinkommen von der Europäischen Union noch nicht ratifiziert wurde und dass es bis heute erst von 21 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde; fordert seine zügige Ratifizierung und Umsetzung auf nationaler Ebene und Unionsebene; fordert Bulgarien, Lettland, Litauen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn nachdrücklich auf, das Übereinkommen von Istanbul zu ratifizieren; bekräftigt seine entschlossene Verurteilung der jüngsten Entscheidung des polnischen Justizministers, das Austrittsverfahren Polens aus dem Übereinkommen von Istanbul offiziell zu beginnen, was einen Rückschlag für die Gleichstellung der Geschlechter, die Frauenrechte und die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt bedeuten würde; fordert die Kommission auf, die Ausarbeitung eines umfassenden Rahmenkonzepts, das sich aus politischen Maßnahmen, Programmen und anderen Initiativen zusammensetzt, fortzusetzen, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu bekämpfen, und im Rahmen seiner Finanzierungsprogramme, die im mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 und über das Programm Daphne abgesichert sind, ausreichende und angemessene Ressourcen für Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens von Istanbul einzuplanen; begrüßt sämtliche Kampagnen, die sich für die Ratifizierung und Umsetzung des Übereinkommens von Istanbul einsetzen; unterstützt das Vorhaben der Kommission, weiterhin auf die EU-weite Ratifizierung zu drängen; verurteilt aufs Schärfste sämtliche Versuche, das Übereinkommen von Istanbul zu diskreditieren, und verurteilt die Versuche, die Fortschritte im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt, die in einigen Mitgliedstaaten unternommen werden, wieder zunichte zu machen; stellt mit großer Sorge fest, dass die tatsächliche Umsetzung des Übereinkommens EU-weit nach wie vor lückenhaft ist; fordert die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, auf, seine umfassende, wirksame und praktische Umsetzung sicherzustellen und besonderes Augenmerk auf Artikel 31 des Übereinkommens von Istanbul zu legen sowie alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht für Kinder stets unter Achtung der Unschuldsvermutung berücksichtigt werden und dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder nicht gefährdet; |
6. |
fordert die Kommission und den Rat auf, geschlechtsspezifische Gewalt in die Liste der Kriminalitätsbereiche gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV aufzunehmen und dabei die besondere Notwendigkeit zu berücksichtigen, diese Straftat auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen; fordert die Kommission auf, dies als Rechtsgrundlage zu nutzen, um verbindliche Maßnahmen und eine ganzheitliche EU-Rahmenrichtlinie zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich der Auswirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen auf Frauen und Kinder, vorzuschlagen, die einheitliche Standards und Sorgfaltspflichten zur Datenerhebung, zur Gewaltprävention und zu Ermittlungen nach Fällen von Gewalt, zum Opfer- und Zeugenschutz sowie zur Verfolgung und Bestrafung von Tätern enthalten; weist darauf hin, dass solche neuen gesetzgeberischen Maßnahmen in jedem Fall mit den Rechten, Pflichten und Zielen des Übereinkommens von Istanbul in Einklang stehen sollten und die Ratifizierung des Übereinkommens ergänzen sollten; empfiehlt, das Übereinkommen von Istanbul als Mindeststandard zu betrachten und weitere Fortschritte bei der Ausmerzung geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt anzustreben; |
7. |
fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalt im Internet, einschließlich Belästigung im Internet, Cybermobbing und frauenfeindlicher Hetze, von denen Kinder und vor allem Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind, zu beseitigen und insbesondere gegen die Zunahme dieser Formen geschlechtsspezifischer Gewalt während der COVID-19-Pandemie vorzugehen; fordert die Kommission auf, einschlägige Vorschriften und andere mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hetze und Belästigung im Internet vorzulegen; |
8. |
bedauert, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die Bekämpfung häuslicher Gewalt angesichts des Ausmaßes dieses Phänomens nicht ausreichend finanzieren; stellt fest, dass die Mitgliedstaaten, die die Mittel zur Bekämpfung häuslicher Gewalt erheblich aufgestockt haben, Ergebnisse erzielt haben, insbesondere im Hinblick auf die Verringerung der Anzahl an Femiziden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die für die Bekämpfung häuslicher Gewalt vorgesehenen Mittel zu erhöhen; ist besorgt angesichts der Tatsache, dass Finanzierung häufig nur fragmentiert und kurzfristig sowie unter erheblichem Verwaltungsaufwand zur Verfügung gestellt wird, was den Zugang von Verbänden zu Finanzmitteln einschränken und somit die Qualität der Unterstützung für Opfer häuslicher Gewalt und ihre Kinder beeinträchtigen kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich für eine stabile und langfristige Finanzierung einzusetzen; |
Schutz, Sicherheit und Unterstützung für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt — der Umgang mit Gewalt in Paarbeziehungen bei Entscheidungen über das Sorgerecht und Umgangsregelungen
9. |
erinnert daran, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, deren Wohl im Vordergrund stehen muss; erinnert an das Recht des Kindes, das von einem oder beiden Elternteilen getrennt ist, regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen, soweit dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht; stellt fest, dass das gemeinsame Sorgerecht und unbeaufsichtigte Besuche grundsätzlich wünschenswert sind, um gleiche Rechte und Pflichten für die Eltern sicherzustellen, es sei denn, das Kindeswohl wird dadurch gefährdet; betont, dass es dem Kindeswohl zuwiderläuft, wenn die elterliche Verantwortung gemäß Gesetz automatisch einem oder beiden Elternteilen zugewiesen wird; erinnert daran, dass gemäß dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes die Beurteilung des Kindeswohls eine einzigartige Maßnahme ist, die in jedem einzelnen Fall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Kindes vorgenommen werden sollte; betont, dass Gewalt in Paarbeziehungen wegen ihrer schwerwiegenden Folgen für Frauen und Kinder und auch des Risikos von der Trennung nachfolgenden Gewaltexzessen wie Femizid und Infantizid eindeutig nicht mit dem Wohl des Kindes, dem aufgeteiltem Sorgerecht und der gemeinsamen Fürsorge vereinbar ist; betont, dass der Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt und das Kindeswohl bei der Festlegung der Modalitäten des Sorgerechts und des Umgangs- und Besuchsrechts von überragender Bedeutung ist und daher Vorrang vor anderen Kriterien haben muss; betont, dass die Rechte oder Ansprüche von Tätern oder mutmaßlichen Tätern während und nach einem Gerichtsverfahren, insbesondere in Bezug auf Eigentum, Privatsphäre, Sorgerecht für das Kind, Zugang, Umgang und Besuche, im Lichte der Menschenrechte von Frauen und Kindern auf Leben und körperliche, sexuelle und psychische Unversehrtheit bestimmt und vom Grundsatz des Kindeswohls geleitet werden sollten (24); betont daher, dass der Entzug von Sorge- und Besuchsrecht des gewalttätigen Partners und die Zuerkennung des alleinigen Sorgerechts an die Mutter, wenn sie Opfer von Gewalt ist, die einzige Möglichkeit sein kann, um weitere Gewalt und die sekundäre Viktimisierung der Opfer zu verhindern; betont, dass die Zuerkennung der gesamten elterlichen Verantwortung an das eine Elternteil mit entsprechenden Ausgleichsmechanismen einhergehen muss, wie z. B. Sozialhilfe und vorrangiger Zugang zu kollektiven und individuellen Betreuungsregelungen; |
10. |
betont, dass die Nichtberücksichtigung von Gewalt in Paarbeziehungen bei Entscheidungen über Umgangs- und Sorgerecht eine fahrlässige Verletzung der Menschenrechte auf Leben, ein gewaltfreies Leben und die gesunde Entwicklung von Frauen und Kindern darstellt; fordert nachdrücklich, dass jegliche Form der Gewalt, einschließlich wenn Kinder Zeugen von Gewalt gegen einen Elternteil oder eine ihnen nahestehende Person werden, rechtlich und in der Praxis als Menschenrechtsverletzung und Verbrechen gegen das Kindeswohl betrachtet wird; ist zutiefst besorgt über die alarmierende Zahl von Femiziden in Europa, die die extremste Form von Gewalt gegen Frauen darstellen; sieht Grund zur Sorge angesichts der steigenden Zahlen, in denen es zu Femiziden und Infantiziden kommt, nachdem die Frau geschlechtsspezifische Gewalt angezeigt hat, dass Frauen nur unzulänglicher Schutz gewährt wird; betont, dass in Fällen von Femizid die elterliche Sorge des beschuldigten Elternteils aus Gründen des Kindeswohls systematisch für die gesamte Dauer des Verfahrens ausgesetzt werden sollte; betont ferner, dass Nachkommen von der Unterhaltspflicht gegenüber einem Elternteil befreit werden sollten, wenn dieser für Femizid verurteilt wurde; fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, sicherzustellen, dass alle weiblichen Opfer, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen geworden sind, in all ihrer Vielfalt und unabhängig von ihrem Status in angemessenem Umfang und kostenlos Zugang zu Justiz und Opferschutz erhalten, und im Bedarfsfall für die Bereitstellung von Dolmetschdiensten zu sorgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die zuständigen Stellen der Tatsache Beachtung schenken, dass Frauen und Kinder mehreren Formen der Diskriminierung ausgesetzt sein können, die einander überlagern; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Betreuung, die Überwachung und den Schutz von Frauen, die geschlechtsspezifische Gewalt angezeigt haben, zu verstärken; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Unterstützungsdienste einen koordinierten Ansatz zur Identifizierung gefährdeter Frauen verfolgen, um sicherzustellen, dass all diese Maßnahmen für alle Frauen und Mädchen in ihrem Zuständigkeitsbereich verfügbar und zugänglich sind; betont, dass, wenn ein Täter auf frischer Tat festgenommen wird, das Opfer an einen sicheren Ort gebracht werden und der Schutz der Kinder vor dem Angreifer obligatorisch sein sollte, betont ferner, dass, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Festnahme nicht erfüllt sind, der mutmaßliche Täter dennoch unverzüglich aus dem Haus des Opfers entfernt und vom Arbeitsplatz des Opfers ferngehalten werden sollte, um weitere Gewalt zu verhindern; |
11. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, Systeme zu entwickeln, die es Dritten und Verbänden ermöglichen, den Umgang mit den Kindern des gewalttätigen Ex-Partners zu regeln, um die Gefährdung von Müttern, die Opfer häuslicher Gewalt sind, zu verringern, wenn ihr ehemaliger Partner nach wie vor ein Besuchsrecht, Zugang zu einer Unterkunft oder das gemeinsame Sorgerecht hat; ist der Ansicht, dass diese Mechanismen für Frauen zugänglich sein müssen, sobald sie häusliche Gewalt melden; ist der Ansicht, dass für diese Aufgabe spezifische Fähigkeiten erforderlich sind und dass die mit dem Umgang mit den Kindern betrauten Personen eine angemessene Ausbildung erhalten müssen; ist der Auffassung, dass diese Mechanismen von spezialisierten Verbänden und Institutionen getragen werden sollten; |
12. |
ist besorgt angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt; weist auf die Situation von Frauen hin, die Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt sind und in Gebieten leben, in denen es an Unterstützungsstrukturen mangelt und der Zugang zur Justiz sowie zu öffentlichen und Rechtsdiensten, um ihre Rechte verteidigen zu können, schwierig ist; ist besorgt darüber, dass spezialisierte Hilfsdienste nicht in allen Mitgliedstaaten in gleichem Umfang zur Verfügung stehen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, für deren angemessene geografische Streuung zu sorgen und sicherzustellen, dass Opfern, unabhängig vom Aufenthaltsstatus der Frauen oder ihrer Fähigkeit oder Bereitschaft, an einem Verfahren gegen den mutmaßlichen Täter mitzuwirken, spezialisierte Hilfsdienste für die sofortige, kurzfristige und langfristige Unterstützung zur Verfügung stehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, uneingeschränkten Zugang zu Rechtsdienstleistungen und maßgeschneiderten Diensten sowie Maßnahmen vorzusehen, die auf konkrete Situationen ausgelegt sind, in denen es im ländlichen Raum zu Gewalt in Paarbeziehungen kommt; betont, dass verschiedene Dienste und Programme untereinander vernetzt werden müssen, um Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen in ländlichen und abgelegenen Gebieten erfolgreich zu bekämpfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit zu prüfen, EU-Mittel, insbesondere für die regionale Entwicklung bestimmte Mittel, für dieses Problem einzusetzen; |
13. |
begrüßt die EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020–2025), die sich mit den besonderen Bedürfnissen von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt befasst, insbesondere den spezifischen Ansatz für psychische Gewalt gegen Frauen und die langfristigen Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit; fordert die Kommission auf, bei ihrer Bewertung der EU-Opferschutzrichtlinie zu prüfen, ob der geschlechterspezifische Aspekt der Viktimisierung angemessen und wirksam berücksichtigt wurde, insbesondere hinsichtlich internationaler Standards zur Gewalt gegen Frauen, etwa des Übereinkommens von Istanbul, und die Rechtsvorschriften über die Rechte von Opfern sowie deren Schutz und deren Entschädigung angemessen auszuweiten; fordert, dass die Rechte von Opfern weiter gefördert werden, darunter durch bereits bestehende Instrumente wie die Europäische Schutzanordnung; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, dafür zu sorgen, dass alle Mitgliedstaaten die Opferschutzrichtlinie in nationales Recht übertragen und vollständig und korrekt umsetzen, damit die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen uneingeschränkten Zugang zu einer Reihe von Unterstützungsdiensten erhalten, einschließlich spezialisierter und allgemeiner Unterstützungsdienste sowie der Telefon-Hotline 116 006 für Opfer von Verbrechen; |
14. |
empfiehlt den Mitgliedstaaten, alternative Systeme für Opfer einzurichten, die keine Beschwerde einreichen, damit sie die Rechte, die Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen zuerkannt werden, z. B. Sozial- und Arbeitsrechte, wahrnehmen können, etwa durch Gutachten, die von spezialisierten öffentlichen Diensten erstellt wurden und den Status von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt bestätigen; |
Schutz und Unterstützung: Zugang zu Rechtsschutz, Notunterkünften und Opferfonds
15. |
hebt hervor, welch zentrale Rolle der wirtschaftlichen Unterstützung von Opfern zukommt, um finanzielle Unabhängigkeit vom gewalttätigen Partner zu erlangen; betont, dass die Mehrheit der Frauen während Trennungs- und Scheidungsverfahren ärmer wird und dass einige Frauen aus Angst vor dem Verlust des Sorgerechts darauf verzichten, ihren gerechten Anteil und ihnen zustehendes Recht einzufordern; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, dem Risiko, dass Opfer häuslicher Gewalt während Trennungs- und Scheidungsprozessen in eine prekäre Lage geraten, besondere Aufmerksamkeit zu widmen; betont, dass die wirtschaftlichen Hindernisse beseitigt werden müssen, die eine Frau dazu veranlassen können, die erlittene Gewalt nicht zur Anzeige zu bringen; weist darauf hin, dass ein angemessenes Einkommen und wirtschaftliche Unabhängigkeit entscheidende Faktoren sind, um Frauen in die Lage zu versetzen, sich aus von Missbrauch und Gewalt geprägten Beziehungen zu lösen; fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung wirtschaftlicher Gewalt einzuführen, um das Vermögen und Einkommen von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen und einen Rahmen zu schaffen, der rasche und wirksame Entscheidungen über Unterhaltszahlungen für Kinder ermöglicht, mit denen die Befähigung zur Selbstbestimmung, die finanzielle Sicherheit und die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt sichergestellt werden sollen, um es ihnen zu ermöglichen, die Kontrolle über das eigene Leben zu übernehmen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine derartige Unabhängigkeit zu fördern und zu unterstützen; begrüßt den Vorschlag einer Richtlinie über angemessene Mindestlöhne (25) und den Vorschlag verbindlicher Maßnahmen zur Lohntransparenz (26); betont, wie wichtig die Umsetzung der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (27) ist, ist sie doch von besonderer Bedeutung für Alleinerziehende, da ihnen geholfen würde, ihre besondere Beschäftigungssituation mit ihren Betreuungspflichten zu vereinbaren, etwa durch die Sicherstellung zugänglicher und angemessener Betreuungseinrichtungen; fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene finanzielle Unterstützungsleistungen sicherzustellen und Kompensationsmechanismen für Opfer zu entwickeln, mit denen sich die Umsetzung und Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen koordinieren, überwachen und regelmäßig bewerten lässt, um wirtschaftliche Gewalt gegen Frauen zu verhindern; |
16. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, sich dafür einzusetzen, dass Frauen, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen geworden sind, einen besseren Zugang zu Rechtsschutz erhalten, wirksam angehört werden, Kontaktverbote erwirken können, Unterkunft und Beratung erhalten sowie Opferfonds und auf die Stärkung der finanziellen Eigenverantwortung ausgelegte Programme in Anspruch nehmen können; fordert die Mitgliedstaaten auf, durch die Bereitstellung von Unterstützung für Mütter und ihre Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, in Form von Gemeinschafts-, Ausbildungs- und finanziellen Hilfen, beispielsweise Opferfonds für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, um sicherzustellen, dass diese Mütter über die notwendigen Mittel verfügen, um für ihre Kinder zu sorgen und zu verhindern, dass ihnen das Sorgerecht entzogen wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, besondere, auf gemeinsamen Mindeststandards basierende Verfahren anzuwenden und Opfern häuslicher Gewalt Unterstützung zuteilwerden zu lassen, um zu verhindern, dass sie aufgrund des gemeinsamen Sorgerechts erneut zu Opfern werden oder das Sorgerecht für ihre Kinder vollständig verlieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Gerichtskosten von Opfern häuslicher Gewalt zu übernehmen, wenn diese über keine ausreichenden Mittel verfügen, um ihnen angemessenen Rechtsbeistand durch einen Anwalt sicherzustellen, der auf Situationen häuslicher Gewalt spezialisiert ist; fordert die Kommission auf, die EU-weite Festlegung von Mindeststandards für Schutzanordnungen zu prüfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen über die gesamte Dauer ihrer Rechtsverfahren hinweg jederzeit Zugang zu psychologischer Unterstützung und Beratung erhalten; |
17. |
bedauert den Mangel an geeigneten Lösungen für die Not- und Übergangsunterbringung von Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen und ihren Kindern; fordert Mitgliedstaaten auf, Notunterkünfte speziell für Fälle von Gewalt in Paarbeziehungen einzurichten und für ihre ständige Verfügbarkeit zu sorgen, um geeignete Dienste für die Betreuung und den Schutz von Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, sowie eventuell beteiligte Kinder auszubauen, zu verbessern und sicherzustellen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den zuständigen Behörden adäquate Mittel — auch im Rahmen von Projekten und Ausschreibungen für die Schaffung und den Ausbau von Frauenhäusern — zur Verfügung zu stellen sowie in andere geeignete Maßnahmen zu investieren, um Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, Privatsphäre sowie ein sicheres und ortsnahes Umfeld zu bieten; |
18. |
bedauert, dass Frauen in eine Lage ohne angemessene soziale, gesundheitliche und psychologische Unterstützung geraten können; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bereitstellung wirksamer, zugänglicher, universeller und hochwertiger medizinischer und psychologischer Unterstützung für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich Leistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, sicherzustellen, insbesondere in Krisenzeiten, in denen diese Unterstützung als wesentlich erachtet werden muss, z. B. durch Investitionen in die Telemedizin, um zu gewährleisten, dass die Gesundheitsdienste weiterhin erbracht werden können; |
19. |
ersucht die Mitgliedstaaten, eine auf die Patienten ausgerichtete Gesundheitsversorgung zu schaffen, die die Früherkennung von Gewalt im häuslichen Umfeld und die Organisation von fachgerechten therapeutischen Behandlungsmaßnahmen und Unterbringungsprogrammen sowie von Rechtsdienstleistungen für Opfer ermöglicht, wodurch sich die Folgen von Gewalt in Paarbeziehungen erheblich verringern und weitere Gewalt verhindern ließen; |
20. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, virtuelle Optionen zur Unterstützung der Opfer von Gewalt zu untersuchen, auch mit Blick auf die psychische Gesundheit und auf Beratung, unter Berücksichtigung der bestehenden Ungleichheiten beim Zugang zu IT-Diensten; |
21. |
tritt für bewährte Verfahren ein, wie sie bereits in einigen Mitgliedstaaten bestehen, um weitere Gewalt zu verhindern, etwa die Verzeichnung der Telefonnummern von Opfern von Stalking und Gewalt in Paarbeziehungen in speziellen Listen, damit künftig im Notfall Anrufe von diesen Nummern absoluten Vorrang erhalten, und um wirksame Einsätze zur Strafverfolgung zu ermöglichen; |
Schutz und Hilfe für Kinder
22. |
betont, dass es auf EU-Ebene gemeinsamer Rechtsdefinitionen und Mindeststandards zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt und zum Schutz der Kinder von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt bedarf, da Gewalt in Paarbeziehungen, Zeugenschaft von Gewalt und indirekte Gewalt in vielen Rechtssystemen nicht anerkannt werden; weist darauf hin, dass Kinder, die Zeugen von Gewalt in ihrem familiären Umfeld sind, nicht als Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt anerkannt werden, was sich unmittelbar auf die Datenerhebung durch Polizei und Justiz und auf die länderübergreifende Zusammenarbeit auswirkt; betont die Notwendigkeit, Kindern, die Zeugen von Gewalt in Paarbeziehungen sind oder indirekte Gewalt erleiden, in Straf- und Ermittlungsverfahren den Status eines Opfers geschlechtsspezifischer Gewalt zuzuerkennen, damit sie besseren Rechtsschutz und angemessene Unterstützung erhalten; empfiehlt daher die Einführung systematischer Verfahren für die Betreuung und insbesondere die psychologische Betreuung von Kindern, die Opfer, aber auch Zeugen von Gewalt in Paarbeziehungen sind, einzuführen, um auf die im Leben dieser Kinder durch das Erleben dieser Gewalt verursachten Störungen einzugehen und zu verhindern, dass sie selbst diese Form von Gewalt im Erwachsenenleben ausüben; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, geeignete Bestimmungen über die sogenannte „miterlebte Gewalt“ einzuführen, einschließlich der Festlegung erschwerender Umstände; |
23. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, eine jährliche Kampagne einzuleiten, die der Information von Kindern und der Sensibilisierung über die Rechte von Kindern dient; fordert die Mitgliedstaaten auf, zur Betreuung von Kindern, die Opfer von Gewalt geworden sind, spezielle Zentren einzurichten, in denen Kinderärzte und Therapeuten tätig sind, die auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisiert sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, Kontaktstellen für Kinder einzurichten, die u. a. per Telefon, E-Mail, online, Chat usw. leicht erreichbar sind und Kindern die Möglichkeit bieten, das Thema Gewalt anzusprechen, Fragen zu stellen und gegen sie selbst, einen Elternteil oder ein Geschwisterkind verübte Gewalt zu melden, und von der sie Informationen und Beratung erhalten oder an andere Unterstützungsstellen weiterverwiesen werden können; |
24. |
betont, dass dem Kind insbesondere die Möglichkeit gegeben werden muss, angehört zu werden, was für die Feststellung des Kindeswohls bei der Prüfung von Sorgerechts- und Pflegschaftsrechtsfällen entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes unerlässlich ist; weist darauf hin, dass solche Anhörungen in jedem Fall und unbedingt in den Fällen, in denen ein Verdacht auf Gewalt in Paarbeziehungen besteht, in einem kinderfreundlichen Umfeld von geschulten Fachkräften wie Ärzten oder Psychologen — etwa solchen mit einer Zusatzqualifikation in Kinderneuropsychiatrie — durchgeführt werden sollten, damit die Auswirkungen von Sorgerechtsregelungen auf die harmonische Entwicklung des Kindes untersucht werden können und sich die Traumatisierung nicht verschärft und keine Viktimisierung entsteht; fordert EU-Mindeststandards für die Durchführung solcher Anhörungen; weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass Opfern und deren Kindern nach der Zeit des Missbrauchs für die gesamte Dauer des Genesungsprozesses eine langfristige psychologische und psychiatrische Betreuung und Sozialberatung in angemessenem Umfang sichergestellt wird; |
25. |
betont, dass in Fällen, in denen das Opfer oder ein betroffenes Kind eine Behinderung aufweist oder einer besonders schutzbedürftigen Gruppe angehört, besondere Aufmerksamkeit und spezielle Verfahren und Standards notwendig sind; |
26. |
begrüßt die von der Kommission vorgelegte umfassende Strategie zum Schutz gefährdeter Kinder und zur Förderung einer kindgerechten Justiz; betont, dass die Rechte der schutzbedürftigsten Kinder gewahrt werden müssen, wobei Kindern mit Behinderungen, der Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt und der Förderung einer kindgerechten Justiz besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist; fordert die umfassende und zügige Umsetzung der Strategie durch alle Mitgliedstaaten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu ergreifen, indem sie in Präventionsmaßnahmen und Behandlungsprogramme investieren, die verhindern sollen, dass die Täter erneut straffällig werden, und indem sie die Opfer wirksamer unterstützen und die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Organisationen der Zivilgesellschaft verstärken; betont, dass bei Verdacht auf Kindesmissbrauch unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten und weitere oder potenzielle Gewalt zu stoppen und zu verhindern, wobei das Recht des Kindes auf Anhörung während des gesamten Prozesses gewährleistet sein muss; ist der Auffassung, dass ein solches Vorgehen eine sofortige Risikobewertung und Schutzmaßnahmen umfassen sollte, die ein breites Spektrum wirksamer Maßnahmen wie einstweilige Maßnahmen oder Schutz- oder Unterlassungsanordnungen während der Abklärung des Sachverhalts umfassen; erinnert daran, dass in allen Verfahren, an denen Kinder als Opfer von Gewalt beteiligt sind, grundsätzlich ein zügiges Vorgehen geboten ist; betont, dass Gerichte, die sich mit Kindesmissbrauch befassen, auch über eine Spezialisierung auf geschlechtsspezifische Gewalt verfügen sollten; |
27. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um dem sexuellen Missbrauch von Kindern ein Ende zu setzen, indem sie in Präventivmaßnahmen investieren, spezifische Programme für potenzielle Straftäter ausarbeiten und die Opfer wirksamer unterstützen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu verbessern, um den sexuellen Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu bekämpfen; |
28. |
betont, dass Gewalt gegen Kinder auch mit geschlechtsspezifischer Gewalt einhergehen kann, wenn diese entweder Zeugen der Gewalt werden, die gegen ihre Mutter ausgeübt wird, oder wenn sie selbst Opfer von Misshandlungen sind, wenn diese indirekt zur Ausübung von Macht und psychischer Gewalt gegen ihre Mutter eingesetzt werden; stellt fest, dass Programme zur Unterstützung von Kindern, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, unerlässlich sind, um langfristige Schäden auf ein Mindestmaß zu senken; fordert die Mitgliedstaaten auf, weiterhin innovative Programme durchzuführen, die auf die Bedürfnisse dieser Kinder abgestimmt sind, z. B. durch die Schulung von Anbietern, die mit Kindern arbeiten, um Frühwarnzeichen zu erkennen, angemessene Reaktionen und Unterstützung zu bieten und Kindern während Straf- und Zivilverfahren, die auch sie betreffen, wirksame psychologische Hilfe zu leisten; empfiehlt den Mitgliedstaaten nachdrücklich, systematische Verfahren für die Betreuung von Kindern, die Opfer oder Zeugen von häuslicher Gewalt sind, einzuführen, darunter psychologische Unterstützung, um auf die im Leben dieser Kinder durch das Erleben dieser Gewalt verursachten Störungen einzugehen und zu verhindern, dass sie selbst diese Form von Gewalt im Erwachsenenleben ausüben; |
Prävention: Ausbildung von Expertinnen und Experten
29. |
fordert einen regelmäßigen, wirksamen Aufbau von Kapazitäten und obligatorische zielgerichtete Schulungen von Fachkräften, die mit Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt, Kindesmissbrauch und allgemein mit allen Formen häuslicher Gewalt und deren Mechanismen, einschließlich Manipulation, psychischer Gewalt und Kontrolle durch Zwang, befasst sind; unterstreicht, dass eine solche zielgerichtete Schulung daher für Richter, Strafverfolgungsbeamte, spezialisierte Angehörige der Rechtsberufe, gerichtsmedizinisches Personal, Angehörige der Gesundheitsberufe, Sozialarbeiter, Lehrer und Kinderbetreuer sowie für in diesen Bereichen tätige öffentliche Bedienstete bestimmt sein sollte; fordert, dass bei dieser Schulung auch die Bedeutung von Gewalt in Paarbeziehungen für die Rechte von Kindern sowie für ihren Schutz und ihr Wohlergehen hervorgehoben wird; fordert, dass diese Schulung die Kenntnisse und das Verständnis dieser Fachleute für die derzeitigen Schutzmaßnahmen sowie für die Sicherheit, die Auswirkungen der Straftat, die Bedürfnisse des Opfers und die Art und Weise, wie auf diese Bedürfnisse eingegangen werden kann, verbessert und ihnen angemessene Fähigkeiten vermittelt, um besser mit den Opfern zu kommunizieren und sie zu unterstützen; fordert, dass sie durch diese Schulungsmaßnahmen auch in die Lage versetzt werden, die Situation mithilfe zuverlässiger Instrumente zur Risikobewertung zu beurteilen und Anzeichen von Missbrauch zu erkennen; unterstreicht die Notwendigkeit, die von den beteiligten Fachkräften genutzten Mechanismen zur Erkennung dieser Anzeichen zu bewerten; fordert, dass bei dieser Schulung die Bedürfnisse und Belange der Opfer im Vordergrund stehen und anerkannt wird, dass Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt durch einen spezifischen, geschlechtersensiblen und menschenrechtsorientierten Ansatz unter Einhaltung nationaler, regionaler und internationaler Normen und Maßnahmen angegangen werden müssen; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, eine solche Schulung zu entwickeln und zu finanzieren; erinnert in diesem Zusammenhang an die Bedeutung des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten; betont, dass zivilgesellschaftliche Organisationen, die mit Kindern und Opfern von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt arbeiten und sich für diese einsetzen, gebeten werden sollten, derartige Schulungen anzubieten oder zumindest daran teilzunehmen, um das Wissen und ihre Expertise weiterzugeben, die sie aus realen Erfahrungen gewonnen haben; fordert die Kommission auf, diese Art von Schulungen zu erleichtern und zu koordinieren und sich dabei besonders auf grenzüberschreitende Fälle zu konzentrieren; |
30. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass ihre Polizei- und Justizdienste angemessen finanziert, ausgestattet und geschult sind, um Beschwerden über häusliche Gewalt zu bearbeiten und dabei reaktionsfähig zu sein; bedauert, dass die Unterfinanzierung und die Haushaltskürzungen bei diesen Diensten zu Verfahrensmängeln, einem Mangel an Informationen für die Beschwerdeführer über den Fortgang des Verfahrens und übermäßigen Verzögerungen führen können, die mit dem Gebot des Opferschutzes und der Erholung der Opfer nicht vereinbar sind; unterstreicht die wichtige Rolle der Sozialarbeiter und Psychologen in Polizeidienststellen, um die konkrete und menschliche Unterstützung der Opfer häuslicher Gewalt zu erleichtern; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Vereinigungen mit den erforderlichen Mitteln auszustatten, um weiblichen Opfern und ihren Kindern zu helfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, um Maßnahmen zur Verbesserung der Identifizierung der Opfer von häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen zu ergreifen und die Opfer und Zeugen zu ermutigen, sich zu melden und die Straftat anzuzeigen, da in vielen Fällen Gewalt in Paarbeziehungen nicht angezeigt wird; |
31. |
fordert die Kommission und das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten auf, eine EU-weite Plattform für das gegenseitige Lernen und den Austausch bewährter Verfahren zwischen Angehörigen der Rechtsberufe und politischen Entscheidungsträgern verschiedener Mitgliedstaaten in allen relevanten Bereichen einzurichten; |
32. |
empfiehlt den Mitgliedstaaten nachdrücklich, spezialisierte Gerichte und Kammern einzurichten sowie einschlägige Gesetze, Schulungen, Verfahren und Leitlinien für alle Fachkräfte, die mit Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen zu tun haben, einzuführen, wozu auch die Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Gewalt und Geschlechterstereotypen gehört, damit keine Diskrepanzen zwischen Gerichtsentscheidungen entstehen und niemand während gerichtlicher, medizinischer, polizeilicher, Kinderschutz- und Vormundschaftsverfahren diskriminiert oder sekundär viktimisiert wird und gleichzeitig gewährleistet ist, dass Kinder und Frauen gebührend Gehör finden und ihrem Schutz und Entschädigungsmaßnahmen Vorrang eingeräumt wird; betont, dass spezialisierte Gerichte und Kammern sowie eine gegenüber Kindern und Frauen in ihrer Eigenschaft als Opfer freundliche Justiz dabei unterstützt werden müssen, Einheiten zur umfassende Bewertung von Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt einzurichten, die sich aus Gerichtsmedizinern, Psychologen und Sozialarbeitern zusammensetzen, und in Abstimmung mit den auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisierten öffentlichen Diensten arbeiten, die für die Betreuung der Opfer zuständig sind; betont, wie wichtig es ist, dass gesetzliche Schutzmaßnahmen in vollem Umfang angewandt werden, um Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen, und dass solche Maßnahmen nicht durch elterliche Rechte begrenzt oder eingeschränkt werden; fordert nachdrücklich, dass Entscheidungen über das gemeinsame Sorgerecht aufgeschoben werden, bis Gewalt in der Partnerschaft angemessen untersucht und eine Risikobewertung durchgeführt wurde; |
33. |
betont, dass die Tatsache anerkannt werden muss, dass strafrechtliche, zivilrechtliche und andere Verfahren miteinander verflochten sind, damit die Reaktionen der Justiz und anderer rechtlicher Instanzen auf Gewalt in Paarbeziehungen koordiniert werden können, und regt daher an, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Verknüpfung der strafrechtlichen und zivilrechtlichen Fälle einer Familie vorsehen, damit Diskrepanzen zwischen Gerichtsentscheidungen, die zulasten der Kinder und Opfer gehen, wirksam vermieden werden; bedauert das Fehlen vorläufiger Maßnahmen zum Schutz von Opfern und das Fehlen vorübergehender Regelungen zum Aufheben des elterlichen Sorgerechts des gewalttätigen Elternteils für die Dauer von Gerichtsverfahren, die sich in der Regel über mehrere Jahre hinstrecken; fordert die Mitgliedstaaten auf, entsprechende Schutzmaßnahmen zu erproben und zu entwickeln; fordert daher die Mitgliedstaaten auf, Schulungen für alle Fachkräfte sowie an solchen Verfahren beteiligte freiwillige Einsatzkräfte zu organisieren und zivilgesellschaftliche Organisationen, die für und mit Kindern und Opfern arbeiten, in diese Schulungsangebote einzubinden; fordert die zuständigen nationalen Behörden auf, die Koordinierung zwischen den Gerichten zu verbessern, indem die Kontakte zwischen den Staatsanwaltschaften erleichtert werden, um dringend eine Lösung der Fragen der elterlichen Pflichten herbeizuführen und sicherzustellen, dass die Familiengerichte in der Lage sind, alle Fragen im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen bei der Festlegung des Sorgerechts und des Umgangsrechts zu berücksichtigen; |
34. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Plattform für den regelmäßigen Austausch bewährter Verfahren zwischen Zivil- und Strafgerichten, Angehörigen der Rechtsberufe, die mit Fällen von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt, Kindesmissbrauch, Trennungs- und Sorgerechtsfällen befasst sind, und allen anderen einschlägigen Akteuren einzurichten; |
35. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einschlägige zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere solche, die für und mit Kindern sowie Opfern häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt arbeiten, in die Erarbeitung, Umsetzung und Bewertung von politischen Maßnahmen und Rechtsvorschriften einzubeziehen; fordert, dass diesen zivilgesellschaftlichen Organisationen auf EU-, nationaler und lokaler Ebene strukturelle Unterstützung geleistet wird, die auch finanzielle Unterstützung einschließt, damit diese ihre Reaktions- und Vertretungskapazitäten ausbauen und den angemessenen Zugang aller Menschen zu ihren Dienstleistungen sowie ihren Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten sicherstellen können; |
36. |
wiederholt, dass es die sektorübergreifende Stärkung der Kapazität von Dienstleistern (Justiz- und Strafverfolgungsbehörden und Sozialwesen) zur Erfassung von Daten und zum Erhalt von Datenbanken auf neuestem Stand umfassend unterstützt; fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Leitlinien und bewährte Verfahren zu schaffen und Schulungen bereitzustellen, um das in allen Bereichen mit Publikumskontakt tätige Personal sämtlicher Ebenen für das Thema Gewalt in Paarbeziehungen zu sensibilisieren, da dies wesentlich ist, damit Schutz suchende Frauen eine einfühlsame Aufnahme erfahren; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Dienstleistungen nach Bereich zu überwachen und die notwendigen Mittel in Übereinstimmung mit dem Bedarf vorzusehen; |
37. |
empfiehlt den nationalen Behörden, insbesondere Leitlinien für die Fachkräfte auszuarbeiten und zu verbreiten, die mit Fällen von Intimpartnergewalt und Sorgerechtsfragen befasst sind, wobei Risikofaktoren (die Kinder betreffende Risikofaktoren, familiäre, milieubedingte, soziale und wiederholte Gewalt) zu berücksichtigen sind, damit eine Bewertung der Gewalt in der Partnerschaft zur Unterstützung der Rechte von Kindern und Frauen vorgenommen werden kann; |
38. |
stellt fest, dass diese Leitlinien und Orientierungshilfen die Angehörigen der Gesundheitsberufe dabei unterstützen sollten, in ihrem beruflichen Umfeld die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, welch erhebliche Auswirkungen Gewalt gegen Frauen, einschließlich Gewalt in Paarbeziehungen, auf deren psychische Gesundheit hat; |
39. |
betont, dass sämtliche forensischen Experten und Fachleute wie etwa Ärzte, forensische klinische Psychologen und Sozialarbeiter, die in diesen Verfahren forensisches und psychologisches Fachwissen liefern, eine wichtige Aufgabe wahrnehmen, da sie nicht nur Frauen beistehen, die Opfer von häuslicher Misshandlung oder häuslicher Gewalt geworden sind, sondern auch den betroffenen Kindern, insbesondere wenn ihr Wohnumfeld zum Schutz ihrer Gesundheit, Würde, ihres emotionalen Gleichgewichts und zur Wahrung ihrer Lebensqualität nicht geeignet ist; weist daher darauf hin, dass die Gerichtsärzte und die beteiligten Fachleute unter anderem Leitlinien benötigen, die auf Datensätzen, Vorgehensweisen und bewährten Verfahren auf EU-Ebene beruhen; stellt fest, dass Gerichtsärzte sich dank ihrer spezifischen technischen und medizinischen Kenntnisse gut für die professionelle Unterstützung von Fachärzten (wie Kinderärzten, Gynäkologen und Psychologen) bei deren Tätigkeit eignen, da sie über die entsprechende Ausbildung und das Fachwissen verfügen, um Anzeichen von Gewalt zu erkennen, und in begründeten Fällen der Meldepflicht nachzukommen und mit den Justizbehörden in Verbindung zu treten; |
40. |
verweist auf die Bestimmungen der Opferschutzrichtlinie; betont, dass Frauen, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind, sowie deren Kinder aufgrund des bei dieser Art von Gewalt hohen Risikos einer sekundären und wiederholten Viktimisierung, von Einschüchterung und Vergeltung häufig besondere Unterstützung und Schutz benötigen; fordert daher besondere Beachtung für eine Haltung in der Gesellschaft, auch bei den Fachleuten im Bereich der Strafjustiz, bei der Täter- und Opferrolle umgekehrt werden; fordert, dass institutionelle Gewalt anerkannt und angegangen wird, was sämtliche Handlungen und Unterlassungen von Behörden und Bediensteten des öffentlichen Dienstes einschließt, die darauf abzielen, den Zugang zu den einschlägigen öffentlichen Diensten oder die Ausübung der Rechte der Opfer zu verzögern, zu behindern oder zu verhindern, wobei geeignete Sanktionen und Maßnahmen zu ergreifen sind, um den Schutz und die Entschädigung der Opfer zu gewährleisten; unterstreicht, dass es von entscheidender Bedeutung ist, Schulungen, Verfahren und Leitlinien für alle Fachkräfte zu erarbeiten, die Umgang mit Opfern haben, damit sie auch ohne explizite Klagen von Opfern die Anzeichen für Gewalt in Paarbeziehungen erkennen; schlägt vor, dass solche Leitlinien und Orientierungshilfen Maßnahmen zur Förderung sicherer, respektvoller und schuldzuweisungsfreier Programme zur Behandlung von Frauen, die Opfer von Gewalt — einschließlich Gewalt in Paarbeziehungen — geworden sind, umfassen sollten, und die besten Behandlungsmethoden für sie und ihre Kinder zu verbreiten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Frage der anonymen Beschwerden und zurückgezogenen Beschwerden anzugehen, indem sie wirksame und schnelle Verfahren zum Schutz der Opfer gewährleisten, aber auch die Rechenschaftspflicht der gewalttätigen Partner sicherstellen; fordert die Schaffung von Strafverfolgungsdatenbanken, in denen alle Angaben, die das Opfer oder ein Dritter im Zusammenhang mit Gewalt in der Partnerschaft gemacht hat, um entsprechende Situationen zu überwachen und weitere Gewaltepisoden zu verhindern; fordert ein verbessertes Bildungs- und Sensibilisierungsangebot für die Gemeinschaft sowie die Schulung und Fortbildung von Einsatzkräften in Polizei und Sozialdiensten in ländlichen und abgelegenen Gebieten mit Blick auf Gewalt in Paarbeziehungen, und betont dabei die Bedeutung von Bildung für die Aufklärung und Unterstützung von Kindern sowie von Konfliktbewältigungsprogrammen, positiven Vorbildern und gemeinsamem Spielen; |
Prävention: Umgang mit Geschlechterstereotypen und Vorurteilen — Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen
41. |
erklärt sich besorgt angesichts der Auswirkungen von Geschlechterstereotypen und geschlechterspezifischen Vorurteilen, die zu geschlechterbasierter Gewalt gegen Frauen sowie dazu führen, dass Frauen weniger Glaubwürdigkeit zugebilligt wird, insbesondere bei angeblich falschen Vorwürfen von Kindesmisshandlung und häuslicher Gewalt; ist auch besorgt über den Mangel an spezifischen Schulungen für Richter, Staatsanwälte und Angehörige der Rechtsberufe; betont, wie wichtig Maßnahmen zur Bekämpfung von Geschlechterstereotypen und patriarchalischen Vorurteilen auf dem Wege von Bildungs- und Sensibilisierungskampagnen sind; fordert die Mitgliedstaaten zur Überwachung und Bekämpfung der Kultur der Verunglimpfung von Frauen auf; verurteilt die Anwendung, Akzeptanz und Übernahme unwissenschaftlicher Theorien und Konzepte in Sorgerechtsfällen, die Müttern als Strafe das Sorgerecht absprechen, wenn sie versuchen, Fälle von Kindesmissbrauch oder geschlechtsspezifischer Gewalt anzuzeigen, indem verhindert wird, dass sie das Sorgerecht erhalten oder indem sie deren elterlichen Rechte einschränken; betont, dass das Konzept der so genannten „Eltern-Kind-Entfremdung“, das sich auf keinerlei wissenschaftliche Grundlage stützt, sondern auf geschlechtsspezifischen Stereotypen fußt, Frauen zum Nachteil gereichen kann, die Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen werden, da dadurch Müttern die Schuld für die „Entfremdung“ ihrer Kinder vom Vater angelastet, die elterliche Kompetenz des Opfers infrage gestellt, die Aussagen des Kindes und die Gewaltrisiken, denen Kinder ausgesetzt sind, missachtet und die Rechte und die Sicherheit von Müttern und Kindern gefährdet werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Syndrom der Eltern-Kind-Entfremdung in ihrer Rechtspraxis und ihrem Recht nicht anzuerkennen und von seiner Verwendung in Gerichtsverfahren, insbesondere bei Ermittlungen zur Feststellung von Gewalt, abzuraten oder es sogar zu verbieten; |
42. |
hebt die Bedeutung von Sensibilisierungskampagnen hervor, die Zeugen (insbesondere Nachbarn, Kollegen) dazu befähigen, die Anzeichen von Gewalt in Paarbeziehungen (insbesondere nicht-physischer Gewalt) zu erkennen, und sie dazu anleiten, Opfer adäquat zu unterstützen und ihnen zu helfen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Sensibilisierungs-, Informations- und Aufklärungskampagnen zu fördern, die sich mit geschlechterspezifischen Vorurteilen und Stereotypen, aber auch mit häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt in all ihren Formen, wie physische Gewalt, sexuelle Belästigung, Cyber-Gewalt, psychische Gewalt und sexuelle Ausbeutung, befassen, insbesondere im Zusammenhang mit neu geschaffenen Präventionsmaßnahmen und flexiblen Notfallwarnsystemen, um die Berichterstattung in Abstimmung und Zusammenarbeit mit anerkannten und spezialisierten Frauenorganisationen zu fördern; betont, wie wichtig es ist, alle öffentlichen Strukturen aktiv in die Durchführung von Sensibilisierungskampagnen einzubeziehen; |
43. |
betont, dass eine wirksame Bestrafung von Tätern sowohl als Abschreckung vor weiterer Gewalt als auch zur Stärkung des Vertrauens insbesondere der Opfer in die Behörden unerlässlich ist; weist allerdings darauf hin, dass eine Gefängnisstrafe allein nicht ausreicht, um künftige Gewalttätigkeit zu verhindern, sondern dass spezielle Wiedereingliederungsprogramme und Verhaltensschulungen benötigt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die erforderlichen rechtlichen und sonstigen Maßnahmen laut Artikel 16 des Übereinkommens von Istanbul zu ergreifen, um Programme einzurichten oder zu fördern, mit denen Täter häuslicher Gewalt darin geschult werden, sich gewaltfreie Verhaltensweisen für zwischenmenschliche Beziehungen anzueignen, um weitere Gewalt zu verhindern und gewalttätige Verhaltensmuster zu ändern; hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten dabei sicherstellen müssen, dass die Sicherheit, die Unterstützung und die Menschenrechte der Opfer ein vorrangiges Anliegen sind und dass diese Programme gegebenenfalls in enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Hilfsdiensten für Opfer ausgearbeitet und umgesetzt werden; weist darauf hin, dass Bildung eine zentrale Rolle bei der Beseitigung von geschlechtsspezifischer Gewalt und insbesondere von Gewalt in Paarbeziehungen spielt; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025 Präventivprogramme umzusetzen, darunter zu Themen wie der Gleichstellung von Frauen und Männern, gegenseitigem Respekt, gewaltfreier Konfliktlösung in zwischenmenschlichen Beziehungen, geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen, dem Recht auf Unversehrtheit und altersgerechter Sexualerziehung, die an den jeweiligen Entwicklungsstand der Lernenden angepasst sind, und in die formalen Lehrpläne und auf allen Bildungsebenen aufzunehmen; betont, dass eine umfangreiche, altersgerechte Sexual- und Beziehungserziehung eine entscheidende Rolle spielt, um Kinder vor Gewalt zu schützen und ihnen die Fähigkeiten zu vermitteln, sichere Beziehungen einzugehen, die frei sind von sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt bzw. Gewalt in Paarbeziehungen; fordert die Kommission zur Unterstützung von Programmen auf, die der Verhinderung von geschlechterspezifischer Gewalt dienen, einschließlich über den Aktionsbereich „Daphne“ des Programms „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“, um wirksame Präventivmaßnahmen sicherzustellen; |
44. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu fördern, mit denen sich hartnäckig haltende Vorstellungen in Bezug auf ein geschlechtsspezifisches Gefälle bei Betreuungs- und Pflegeaufgaben möglichst überwunden werden können; |
45. |
betont, dass Strategien zur Verhinderung von Gewalt in Paarbeziehungen Maßnahmen enthalten sollten, mit denen Gewalterfahrungen im Kindesalter verringert werden und die nötigen Fähigkeiten vermittelt werden, um eine sichere und gesunde Beziehung einzugehen, und soziale Normen infrage zu stellen, die autoritäres Verhalten und Vormachtstellung von Männern gegenüber Frauen oder andere Formen sexistischen Verhaltens fördern; |
46. |
fordert die Kommission auf, unionsweite Kampagnen zur Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit und den Austausch bewährter Verfahren als notwendige Maßnahme zur Verhinderung häuslicher Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen sowie zur Schaffung eines Klimas der Nulltoleranz gegenüber Gewalt und eines sicheren Umfelds für Opfer zu fördern; betont die strategische Rolle, die den Medien in diesem Zusammenhang zukommt; hebt jedoch hervor, dass Femizide und Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor in einer Weise dargestellt werden, die die gewalttätigen Partner ihrer Verantwortung enthebt; betont, dass Medien und Werbung keine frauenfeindlichen und sexistischen Botschaften verbreiten dürfen, auch nicht durch den Versuch, Gewalt und die Verantwortung gewalttätiger Partner zu entschuldigen, zu legitimieren oder zu verharmlosen; ist der Auffassung, dass häusliche Gewalt auch auf geschlechtsstereotypische Elternkonzepte zurückzuführen ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, geschlechtsspezifische Stereotype zu bekämpfen und die Gleichstellung der Geschlechter bei der elterlichen Verantwortung zu fördern, indem die elterlichen Lasten gerecht verteilt werden und sichergestellt wird, dass Frauen kein untergeordneter Status zugewiesen wird; fordert die Kommission auf, den Austausch über bewährte Verfahren hinsichtlich Präventiv-, Schutz- und Strafverfolgungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt sowie deren praktische Umsetzung auf EU-Ebene zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten auf, die EU-weite Kampagne um die Verbreitung von Informationen über Stellen zu verbreiten, bei denen Opfer und Zeugen solche Gewalttaten anzeigen können, und zwar auch über das Kampagnenende hinaus, um auch die Besonderheit der COVID-19-Krise mit Schwerpunkt auf deren Auswirkungen auf Kinder zu berücksichtigen; fordert die Kommission auf, Aktivitäten in Schulen und anderen Einrichtungen zu unterstützen, mit denen Kinder und Menschen, die mit Kindern arbeiten, für die Thematik Verbrechen und Trauma sensibilisiert werden und erfahren, wo sie Hilfe erhalten, wie sie Anzeige erstatten und wie sie ihre Widerstandsfähigkeit ausbauen können; |
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, einschließlich in grenzüberschreitenden Fällen
47. |
erachtet den Informationsaustausch zwischen den Gerichten, den zentralen Behörden der Mitgliedstaaten und den Polizeidienststellen als besonders wichtig, insbesondere in Bezug auf länderübergreifende Sorgerechtsfälle; verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass mit den überarbeiteten Vorschriften in der Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (28) dazu beigetragen wird, die Zusammenarbeit zwischen den Justizsystemen zu verbessern, um konkret festzulegen, was dem Kindeswohl, unabhängig vom Familienstand der Eltern oder der Zusammensetzung der Familie, und den Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen zuträglich ist; betont, wie wichtig es für Gerichtsärzte oder andere beteiligte Fachkräfte ist, die zuständige nationale Behörde über Partnerschaftsgewalt zu informieren, wenn sie der Auffassung sind, dass durch eine solche Gewalt das Leben des erwachsenen Opfers oder Kindes gefährdet ist und dass das Opfer sich aufgrund des vom Täter ausgeübten moralischen oder wirtschaftlichen Drucks, mit dem dieser versucht, Zustimmung des erwachsenen Opfers zu erreichen, nicht selbst schützen kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Durchsetzung und wirksame Umsetzung der Brüssel-IIa-Verordnung sicherzustellen; bedauert in diesem Zusammenhang, dass bei deren letzter Überarbeitung ihr Anwendungsbereich nicht auch auf eingetragene Partnerschaften und nicht verheiratete Paare ausgedehnt wurde; ist der Auffassung, dass dies zu Diskriminierung und potenziell gefährlichen Situationen für Opfer und Kinder eingetragener Partnerschaften und nicht verheirateter Paare führt; weist erneut darauf hin, dass der Anwendungsbereich und die Ziele der Brüssel-IIa-Verordnung auf dem Grundsatz des Verbots der Diskriminierung von Unionsbürgern aufgrund der Staatsangehörigkeit sowie auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten beruhen; fordert die Kommission auf, dem Parlament über die Umsetzung und die Auswirkungen dieser Verordnungen, auch in Zusammenhang mit Gewalt in Paarbeziehungen und Auseinandersetzungen über das Sorgerecht, bis spätestens August 2024 Bericht zu erstatten. |
48. |
betont, dass alle Familienstreitigkeiten tiefgreifende emotionale Auswirkungen nach sich ziehen, wobei grenzübergreifende Fälle aus rechtlicher Sicht noch sensibler und vielschichtiger sind; betont, dass die Öffentlichkeit stärker für diese vielschichtigen Probleme sowie für grenzübergreifende Sorgerechtsfälle und Unterhaltspflichten sensibilisiert werden muss, auch was die Notwendigkeit betrifft, für Klarheit in Bezug auf die Rechte und Pflichten von Eltern und Kindern in jedem Land zu sorgen; weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten dazu beitragen könnten, solche grenzübergreifenden Fälle im Bereich des Familienrechts schneller zu lösen, indem sie im Rahmen der nationalen Gerichtssysteme spezialisierte Bereiche einrichten, einschließlich auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisierter Abteilungen, die sich aus Gerichtsmedizinern, Psychologen und anderem einschlägigen Fachpersonal zusammensetzen und mit öffentlichen Diensten zusammenarbeiten, die auf geschlechtsspezifische Gewalt spezialisiert und mit der Unterstützung von Opfern betraut sind; fordert, der Situation von Alleinerziehenden-Haushalten und dem Einzug grenzübergreifender Unterhaltszahlungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da die derzeit geltenden Bestimmungen, nämlich die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen sowie das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland, in denen die gesetzlichen Verpflichtungen zum Einzug grenzübergreifender Unterhaltszahlungen festgelegt sind, mit Blick auf die Durchsetzung und die praktischen Einzelheiten auf Schwierigkeiten stoßen; betont, dass die rechtlichen Instrumente zum Einzug grenzübergreifender Unterhaltszahlungen durchgesetzt werden müssen, wobei die Öffentlichkeit für deren Verfügbarkeit sensibilisiert werden muss; fordert die Kommission daher auf, eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um praktische Probleme im Zusammenhang mit dem Einzug von Unterhaltszahlungen in grenzübergreifenden Situationen zu ermitteln und sie bei der Erarbeitung wirksamer Instrumente zur Durchsetzung von Zahlungsverpflichtungen zu unterstützen; betont die Bedeutung dieser Frage und ihrer Folgen für Alleinerziehenden-Haushalte und das Armutsrisiko; |
49. |
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Analyse von Daten über die Prävalenz und Tendenzen der Prävalenz aller Formen geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt und die Berichterstattung über diese Gewalt sowie über die Folgen für Kinder fortzusetzen, solange Ausgangsbeschränkungen in Kraft sind und während des Zeitraums unmittelbar danach; |
50. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit zu verbessern und Maßnahmen zu ergreifen, die es Opfern von Gewalt in Paarbeziehungen ermöglichen, die Straftat anzuzeigen, da Gewaltvergehen in Paarbeziehungen in vielen Fällen nicht zur Anzeige gebracht werden; nimmt die Zusage der Kommission zur Kenntnis, eine neue EU-Erhebung über geschlechtsspezifische Gewalt durchzuführen, deren Ergebnisse 2023 vorgelegt werden sollen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in enger Zusammenarbeit einen permanenten Mechanismus zu entwickeln, mit dem regelmäßig hochwertige, nach Geschlechtern aufgeschlüsselte, genaue, zuverlässige und vergleichbare unionsweite Daten darüber bereitgestellt werden, wie häufig Gewalt in Paarbeziehungen auftritt, welche Ursachen und Folgen diese Gewalt für Frauen und Kinder hat, wie mit diesem Tatbestand umgegangen wird und welche Sorgerechtsregelungen getroffen werden, und dabei vollumfänglich auf die Kapazitäten und das Fachwissen von EIGE und Eurostat zurückzugreifen; weist darauf hin, dass die Bereitstellung nationaler Statistiken über geschlechtsspezifische Gewalt eine Maßnahme ist, die im Rahmen des Binnenmarktprogramms für den Zeitraum 2021–2027 finanziert werden kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Daten u. a. nach Alter, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsmerkmalen, Rasse und ethnischer Zugehörigkeit sowie Behinderungsstatus aufgeschlüsselt werden, um sicherzustellen, dass die Erfahrungen von Frauen in ihrer ganzen Vielfalt erfasst werden; stellt fest, dass dies zu einem besseren Verständnis des Ausmaßes und der Ursachen des Problems beitragen wird, beispielsweise der sozioökonomischen Gruppen, in denen geschlechtsspezifische Gewalt verstärkt auftritt, und andere Einflussfaktoren sowie die unterschiedlichen Rechtsrahmen und politischen Maßnahmen der einzelnen Länder, die durch ausführliche Ländervergleiche eingehend erforscht werden können, um die politischen Rahmenbedingungen zu ermitteln, die sich auf das Auftreten von Gewalt auswirken; betont nachdrücklich, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten statistische Daten über Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erheben, in denen es um das Sorgerecht nach Fällen von Gewalt in Paarbeziehungen geht, insbesondere mit Blick auf den Entscheidungsausgang sowie die für die Entscheidungen über das Sorgerecht und das Umgangsrecht angeführten Gründe; |
51. |
fordert die Kommission auf, unionsweite Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit als notwendige Maßnahme zur Verhinderung häuslicher Gewalt und zur Schaffung eines Klimas der Nulltoleranz gegenüber Gewalt zu fördern; |
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o o
52. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln. |
(1) ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.
(2) ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 1.
(3) ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 167.
(4) ABl. C 232 vom 16.6.2021, S. 48.
(5) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0379.
(6) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0024.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0025.
(8) ABl. L 338 vom 21.12.2011, S. 2.
(9) ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 4.
(10) ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1.
(11) Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 8, 10, 19 und 157 AEUV.
(12) Artikel 21 und 23 der Charta.
(13) Bericht der FRA vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen — eine EU-weite Erhebung“.
(14) Das Übereinkommen von Istanbul.
(15) Europarat, „Human Rights Channel: Stop Child Sexual Abuse in Sport“ (Human Rights Channel: Stoppt den sexuellen Missbrauch von Kindern im Sport“), abgerufen am 21. Juli 2021.
(16) Eurostat, „EU children at risk of poverty or social exclusion“ (Kinder, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind), Daten abgerufen im Oktober 2020.
(17) Bericht der FRA vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen — eine EU-weite Erhebung“.
(18) Presseerklärung vom 7. Mai 2020 von Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, mit dem Titel „During COVID-19 pandemic, violence remains preventable, not inevitable“ (Während der COVID-19-Pandemie ist Gewalt vermeidbar, nicht unausweichlich).
(19) Bericht der FRA vom 3. März 2014 mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen — eine EU-weite Erhebung“.
(20) Bericht von Europol mit dem Titel „Exploiting Isolation: Offenders and victims of online child sexual abuse during the COVID-19 pandemic“ (Ausnutzung der Isolation: Täter und Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet während der COVID-19-Pandemie)“, veröffentlicht am 19. Juni 2020.
(21) Erläuternder Bericht des Europarats vom 11. Mai 2011 zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
(22) Erklärung der EDVAW-Plattform (Plattform unabhängiger Sachverständigenmechanismen in Bezug auf Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen) vom 31. Mai 2019 mit dem Titel „Intimate partner violence against women is an essential factor in the determination of child custody“ (Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen — ein wesentlicher Faktor bei der Bestimmung des Sorgerechts für Kinder).
(23) Artikel 31 des Übereinkommens von Istanbul.
(24) Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und Allgemeine Empfehlung Nr. 35 zur geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen, mit der die Allgemeine Empfehlung Nr. 19aktualisiert wird.
(25) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 2020 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union (COM(2020)0682).
(26) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmaßnahmen, COM(2021)0093 vom 4. März 2021.
(27) Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 79).
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/45 |
P9_TA(2021)0407
EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 — Empfehlungen für die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu dem EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 — Empfehlungen für die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“ (2021/2014(INI))
(2022/C 132/04)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 19. Juni 2019 mit dem Titel „EU Road Safety Policy Framework 2021-2030 — Next steps towards, Vision Zero““ (SWD(2019)0283), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2020 mit dem Titel „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen“ (COM(2020)0789), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2015/413 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte (1) (Richtlinie über die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (2) (Führerscheinrichtlinie), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/2144 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern (3) (Allgemeine Sicherheitsverordnung), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. April 2021 zu dem Umsetzungsbericht über die Aspekte der Straßenverkehrssicherheit im Paket zur Verkehrssicherheit (4), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2017 mit dem Titel „Straßenverkehrssicherheit — zur Unterstützung der Erklärung von Valletta vom März 2017“, |
— |
unter Hinweis auf die während der 3. globalen Ministerkonferenz zur Straßenverkehrssicherheit am 19./20. Februar 2020 abgegebene Erklärung von Stockholm, |
— |
unter Hinweis auf die von den Verkehrsministern der EU bei einem informellen Treffen in Luxemburg unterzeichnete Erklärung des Rates vom 7. Oktober 2015 zum Fahrrad als klimafreundlichem Verkehrsmittel, |
— |
gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (A9-0211/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass jedes Jahr noch immer etwa 22 700 Menschen auf den Straßen der EU ihr Leben verlieren und etwa 120 000 schwer verletzt werden; in der Erwägung, dass in der EU in den letzten 10 Jahren mehr als 11 800 Kinder und Jugendliche im Alter von bis zu 17 Jahren bei Zusammenstößen im Straßenverkehr getötet wurden; in der Erwägung, dass der Fortschritt bei der Verringerung der Zahl der Verkehrstoten in der EU in den letzten Jahren stagniert hat, weshalb das Ziel, die Zahl der Straßenverkehrstoten zwischen 2010 und 2020 zu halbieren, verfehlt wurde; in der Erwägung, dass die oben genannten Zahlen für die EU-Bürger einen in menschlicher und sozialer Hinsicht unannehmbaren Preis darstellen, und in der Erwägung, dass die externen Kosten von Straßenverkehrsunfällen in der EU etwa 2 % ihres jährlichen BIP ausmachen; |
B. |
in der Erwägung, dass die EU mit neuen Trends und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Automatisierung konfrontiert ist, die erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben könnten; in der Erwägung, dass das zunehmende Phänomen der Ablenkung durch mobile Geräte angegangen werden muss; in der Erwägung, dass in naher Zukunft die Tatsache, dass sowohl Fahrzeuge mit einer großen Auswahl an automatisierten/vernetzten Funktionen als auch herkömmliche Fahrzeuge in einem gemischten Verkehr fahren, ein neues Risiko darstellen wird, insbesondere für ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Motorrad- und Fahrradfahrer und Fußgänger; |
C. |
in der Erwägung, dass technologische Fortschritte, Konnektivität, Automatisierung und die Wirtschaft des Teilens neue Möglichkeiten für die Straßenverkehrssicherheit und die Bewältigung von Verkehrsüberlastung bieten, insbesondere in städtischen Gebieten; in der Erwägung, dass die Entwicklung von Synergien zwischen Sicherheits- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen und die Fortsetzung der Verkehrsverlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel und aktive Mobilität zu einer Verringerung der CO2-Emissionen und einer Verbesserung der Luftqualität führen und zur Entwicklung einer aktiveren und gesünderen Lebensweise beitragen könnten; |
D. |
in der Erwägung, dass bei den jüngsten Tests für das Europäische Programm zur Bewertung von Neufahrzeugen (Euro NCAP) für Fahrzeuginsassen in mit fünf Sternen bewerteten Personenkraftwagen ein um 68 % niedrigeres Risiko tödlicher Verletzungen und ein um 23 % niedrigeres Risiko schwerer Verletzungen bestand als für Insassen in mit zwei Sternen bewerteten Fahrzeugen; |
E. |
in der Erwägung, dass der Anteil der Verkehrstoten unter den ungeschützten Verkehrsteilteilnehmern zunimmt, da von verbesserter Fahrzeugsicherheit und anderen Verkehrssicherheitsmaßnahmen in erster Linie die Nutzer von Fahrzeugen profitiert haben; in der Erwägung, dass das Gewicht, die Leistung und die Höchstgeschwindigkeit der in der EU verkauften Neufahrzeuge zunehmen, wodurch auch die Risiken für die Verkehrssicherheit steigen; in der Erwägung, dass die Sicherheit von Motorradfahrern, Fahrradfahrern und Fußgängern dringend angegangen werden muss; |
F. |
in der Erwägung, dass auf zweirädrige Kraftfahrzeuge zwar nur 2 % aller zurückgelegten Kilometer, aber 17 % aller Verkehrstoten entfallen; in der Erwägung, dass zwischen den einzelnen Ländern große Unterschiede bestehen; in der Erwägung, dass die EU im kommenden Jahrzehnt weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit dieser Fahrzeuge Priorität einräumen sollte; |
G. |
in der Erwägung, dass sich einer Studie der Kommission zufolge nur 8 % der Todesfälle im Straßenverkehr auf Autobahnen, 37 % in städtischen Gebieten und 54 % auf Landstraßen ereignen; in der Erwägung, dass neue Investitionen und die ordnungsgemäße Instandhaltung der bestehenden Infrastruktur während ihres gesamten Lebenszyklus für die Straßenverkehrssicherheit von entscheidender Bedeutung sind; |
H. |
in der Erwägung, dass nicht alle Unfallopfer gemeldet werden, was die verfügbaren Statistiken verzerrt; in der Erwägung, dass wirksame Testmethoden entwickelt werden müssen, um die tatsächliche Zahl der Opfer von Straßenverkehrsunfällen zu ermitteln; |
I. |
in der Erwägung, dass die Gewährleistung und Durchsetzung des sicheren Verhaltens von Verkehrsteilnehmern, wie etwa Fahren mit der richtigen Geschwindigkeit, die Verwendung von Schutzausrüstung wie Sicherheitsgurten und Schutzhelmen, kein Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss sowie keine Ablenkungen während des Fahrens oder Gehens, von entscheidender Bedeutung sind, um tödliche Verkehrsunfälle zu verhindern und zu verringern; |
J. |
in der Erwägung, dass in Bezug auf Mobilität und Straßenverkehrssicherheit geschlechts- und altersspezifische sowie soziale Ungleichheiten zum Tragen kommen; |
K. |
in der Erwägung, dass zur Verwirklichung der neuen Ziele der EU für die Straßenverkehrssicherheit intensivere kooperative Anstrengungen erforderlich sind, um mit den Interessenträgern starke europäische Strategien für die Sicherheit des Straßenverkehrs zu entwickeln, Unterstützung von Forschung und Innovation, um politikgestützte Lösungen auf der Grundlage einer fundierten Datenanalyse und Folgenabschätzung auszuarbeiten, sowie verstärkte und gezieltere Durchsetzungsmaßnahmen auf nationaler Ebene und eine wirksame Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Geldbußen und Geldstrafen; |
L. |
in der Erwägung, dass 40 bis 60 % aller arbeitsbedingten Todesfälle Straßenverkehrsunfälle sind, die sich während der Arbeit oder auf der Fahrt zum Arbeitsplatz ereignen; in der Erwägung, dass die Übermüdung von Fahrern auf den Straßen der EU weit verbreitet ist; |
M. |
in der Erwägung, dass die Umsetzung der nationalen Straßenverkehrssicherheitspläne und des neuen EU-Politikrahmens für die Straßenverkehrssicherheit stabile und ausreichende finanzielle Ressourcen sowohl von den Mitgliedstaaten als auch aus dem EU-Haushalt erfordert; |
EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 — die nächsten Schritte auf dem Weg zur „Vision Null Straßenverkehrstote“
1. |
begrüßt es, dass die EU im EU-Politikrahmen für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 ihr langfristiges strategisches Ziel, die Zahl der Todesfälle und der schweren Verletzungen auf den europäischen Straßen bis 2050 auf nahezu Null zu senken („Vision Null Straßenverkehrstote“), sowie ihr mittelfristiges Ziel, Todesfälle und schwere Verletzungen im Einklang mit der Erklärung von Valletta bis 2030 um 50 % zu reduzieren, erneut bekräftigt hat; betont, dass diese Vorgaben und Ziele der EU im Bereich der Straßenverkehrssicherheit durch einen koordinierten, gut geplanten, systematischen und gut finanzierten Ansatz für die Straßenverkehrssicherheit auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene untermauert werden sollten; |
2. |
begrüßt in diesem Zusammenhang die Annahme des „Safe System“-Ansatzes auf EU-Ebene auf der Grundlage eines Leistungsrahmens und zeitlich festgelegter Ziele zur Reduzierung von Opfern und schweren Verletzungen; begrüßt die Festlegung wesentlicher Leistungsindikatoren in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, um eine genauer ausgerichtete und zielgerichtetere Analyse der Leistungen der Mitgliedstaaten zu ermöglichen und Schwachstellen aufzudecken; fordert die Kommission auf, bis 2023 Ergebnisziele festzulegen; hebt die Bedeutung der laufenden Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht hervor und fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich uneingeschränkt zu diesem Vorgehen zu bekennen und sich im Hinblick auf die wesentlichen Leistungsindikatoren auf eine harmonisierte Methodik zu einigen, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, die Daten zu vergleichen; fordert einen detaillierten Fahrplan für ein Vorgehen der EU, an dem die Leistung gemessen werden kann und nach dem bestimmten Stellen gegenüber Rechenschaft für die Umsetzung abgelegt wird; |
3. |
ist jedoch der Ansicht, dass bei den genannten wesentlichen Leistungsindikatoren Verbesserungsbedarf besteht, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, in Erwägung zu ziehen, diese Indikatoren in ihrem strategischen Aktionsplan der EU für die Straßenverkehrssicherheit auszuweiten und zu aktualisieren; ist der Auffassung, dass der wesentliche Leistungsindikator für Schutzausrüstung durch einen wesentlichen Leistungsindikator ergänzt werden sollte, bei dem für alle Straßennutzer Expositionsdaten, aufgeschlüsselt nach zurückgelegter Entfernung und Reisezeit je Verkehrsträgeranteil und Straßentyp, erhoben werden, um die entsprechenden unterschiedlichen Risikoverhältnisse und Gefahren besser verstehen zu können; fordert die Kommission auf, weiterhin eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um einen wesentlichen Leistungsindikator für Straßenverkehrsinfrastruktur festzulegen, mit dem die Sicherheitsqualität eines Straßennetzes unabhängig vom Verhalten der Verkehrsteilnehmer und von Fahrzeugtechnologien auf der Grundlage einer vereinbarten gemeinsamen Ratingmethode angegeben wird; bedauert, dass wesentliche Leistungsindikatoren für die Fahrzeugsicherheit die Sicherheit zweirädriger Kraftfahrzeuge nicht berücksichtigen; fordert die Kommission auf, einen Fahrzeugsicherheitsindex für Fahrzeuge der Klasse L zu erstellen, und betont, dass alle wesentlichen Leistungsindikatoren für Fahrzeuge der Klasse L darin aufgenommen werden müssen; |
4. |
hebt hervor, dass die EU-Finanzierung entscheidend ist, um in nachhaltige und intelligente Lösungen für die Straßenverkehrssicherheit zu investieren und die Verwirklichung von Ergebnissen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit in der gesamten EU zu beschleunigen; fordert die Kommission auf, die EU-Investitionen in die Straßenverkehrssicherheit auf Unionsebene quer durch alle einschlägigen Finanzierungsprogramme der Union, auch im Bereich Forschung und Innovation, zu erhalten und zu erhöhen; fordert weiterhin alle Mitgliedstaaten auf, einen angemessenen Betrag aus ihrem nationalen Haushalt vorzumerken, der zusammen mit den EU-Mitteln die Umsetzung ihrer nationalen Verkehrssicherheitsprogramme und des neuen EU-Politikrahmens für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 ermöglichen sollte; fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Fonds für die Straßenverkehrssicherheit als Mechanismen zur Einziehung von Geldbußen im Rahmen ihrer Straßenverkehrsordnung und zur Umverteilung der für die Straßenverkehrssicherheit aufgebrachten Mittel einzurichten; fordert die Kommission auf, das EU-Programm für den Austausch über Straßenverkehrssicherheit, mit dem die Leistung im Bereich der Straßenverkehrssicherheit verbessert werden soll, das derzeit jedoch schwerpunktmäßig auf nur sechs Mitgliedstaaten ausgerichtet ist, auf alle Mitgliedstaaten auszuweiten; |
5. |
legt den Mitgliedstaaten nahe, nationale Beobachtungsstellen für Straßenverkehrssicherheit einzurichten, die nationale Datenbanken für Straßenverkehrssicherheit erstellen, bearbeiten und pflegen; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen Strategien für die Straßenverkehrssicherheit mit den Zielen des EU-Politikrahmens für Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 in Einklang zu bringen und die entsprechenden Mängel so rasch wie möglich zu beheben; |
Sichere Infrastrukturen
6. |
fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Investitionen mit dem größten Nutzen für die Straßenverkehrssicherheit, bei denen den unfallträchtigsten Gebieten besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, Vorrang einzuräumen, einschließlich Investitionen in den Erhalt der bestehenden Infrastruktur und in den Bau neuer Infrastrukturen, wo notwendig; begrüßt die Tatsache, dass in der Fazilität „Connecting Europe“ 2021–2027 eine Finanzierung von Projekten im Bereich sichere und geschützte Infrastruktur und Mobilität, einschließlich Straßenverkehrssicherheit, vorgesehen ist; fordert die Kommission auf, die Finanzierungsmöglichkeiten der EU durch die Fazilität „Connecting Europe“, die Regional- und Kohäsionsfonds, InvestEU und die von der Europäischen Investitionsbank (EIB) ins Leben gerufene Plattform für sichereren Verkehr weiter zu fördern, insbesondere in Mitgliedstaaten mit relativ schlechten Leistungen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit; betont, wie wichtig es ist, die Förderkriterien für diese Instrumente für Maßnahmen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit klarer zu gestalten; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu unterstützen und darin zu bestärken, durch ihre nationalen Aufbau- und Resilienzpläne in ein sichereres, nachhaltigeres, widerstandsfähiges und multimodales Verkehrsnetz zu investieren; fordert die Kommission auf, bei der Überarbeitung der Verordnung über das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) (5) die Grundlagen für künftige Investitionsentscheidungen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit festzulegen, einschließlich der Umsetzung eines Kernnetzüberwachungsplans für die Instandhaltung auf EU-Ebene; |
7. |
betont, dass eine proaktive Bewertung des EU-Straßennetzes ein nützliches Instrument sein wird, um die bauliche Sicherheit der Straßen zu bewerten und gezielte Investitionen zu tätigen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Risikobewertung und Einschätzung der Sicherheit von Autobahnen und Fernstraßen, die in den kürzlich überarbeiteten EU-Sicherheitsvorschriften für die Infrastruktur (6) eingeführt wurden, und fordert die Mitgliedstaaten auf, möglichst viele Fernstraßen in ihrem Hoheitsgebiet zu benennen, um das Potenzial der neuen Richtlinie für die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit der Richtlinie nationale Systeme für die freiwillige Meldung einzurichten, die online verfügbar und allen Verkehrsteilnehmern zugänglich sein sollten, um die Erhebung von Daten über Ereignisse, die von Straßenverkehrsteilnehmern und Fahrzeugen übermittelt werden, und alle anderen sicherheitsrelevanten Informationen, die vom Meldenden als tatsächliche oder potenzielle Gefahr für die Sicherheit der Straßenverkehrsinfrastruktur wahrgenommen werden, zu erleichtern, um sicherzustellen, dass die EU-Bürger einen transparenten, unmittelbaren und direkten Beitrag zur Sicherheit leisten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich so bald wie möglich auf eine Methodik für die Durchführung systematischer netzweiter Straßenbewertungen zu einigen, wie sie in der Überarbeitung des genannten Rechtsakts vorgesehen sind, wobei alle für die Sicherheit der aktiven Straßenverkehrsteilnehmer relevanten Aspekte zu berücksichtigen sind; |
8. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Arbeiten an den EU-Spezifikationen für die Leistung von Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen zu beschleunigen, um den Weg für ein höheres Maß an Fahrzeugautomatisierung zu ebnen; verweist darauf, wie wichtig die Leistung von Verkehrszeichen und Fahrbahnmarkierungen, einschließlich ihrer Platzierung, Sichtbarkeit und Retroreflexion, ist, insbesondere für die Wirksamkeit von Fahrassistenzsystemen wie intelligenten Geschwindigkeitsassistenten oder Spurhalteassistenten; betont, wie wichtig es ist, die Infrastruktur für den Bau selbsterklärender, selbstdurchsetzender und „fehlerverzeihender“ Straßen für die Sicherheit aller Straßenverkehrsteilnehmer zu nutzen, insbesondere in gefährlichen Gebieten oder Gebieten mit einer erheblichen Zahl von ungeschützten Verkehrsteilnehmern; |
9. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Qualitätsanforderungen für Fußweg- und Fahrradinfrastruktur zu erarbeiten, um das unzureichende Sicherheitsniveau der aktiven Verkehrsteilnehmer zu verbessern; fordert die Kommission auf, im Rahmen ihres neuen Forums für Straßenverkehrssicherheitsgutachter gemeinsame EU-Lehrpläne für Gutachter und Prüfer im Bereich der Straßeninfrastruktur zu erstellen, einschließlich spezifischer Schulungen zu den Bedürfnissen gefährdeter Verkehrsteilnehmer; |
10. |
weist darauf hin, dass Verkehrsteilnehmer mit eingeschränkter Mobilität und sonstigen Behinderungen besondere Bedürfnisse haben, die bei der Planung und dem Bau neuer Straßenverkehrsinfrastruktur berücksichtigt werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten auf, Investitionen in Projekte zu unterstützen, mit denen die Straßenverkehrsinfrastruktur inklusiv und für alle zugänglich gemacht werden soll; |
11. |
weist darauf hin, dass die Kommission gemäß der letzten Überarbeitung der EU-Sicherheitsvorschriften für die Infrastruktur verpflichtet ist, eine Überarbeitung der Richtlinie 2004/54/EG über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln (7) bis 2021 und die Annahme eines neuen Gesetzgebungsvorschlags über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Brücken zu prüfen; fordert die Kommission auf, die sichere Nutzung von Tunneln u. a. durch die Durchführung von Sensibilisierungskampagnen und einschlägigen Studien weiter zu verbessern; |
12. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Sachverständigengruppe für die Ausarbeitung eines Rahmens für die Straßenklassifizierung einzurichten, bei der Geschwindigkeitsbegrenzungen im Einklang mit dem „Safe System“-Ansatz besser an die Straßenführung und -gestaltung angepasst sind; |
13. |
fordert, dass bei der anstehenden Überarbeitung der TEN-V-Verordnung Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit in städtischen Knotenpunkten und stadtnahen und ländlichen Gebieten und zur Verbesserung der Betriebssicherheit während des gesamten Lebenszyklus von kritischen Infrastrukturen wie Tunneln oder Brücken festgelegt werden, wobei auch die Nutzung neuer Überwachungstechnologien für gefährdete Infrastrukturen zu erwägen ist, und dass dabei spezifische Sicherheitsziele und Qualitätsanforderungen festgelegt werden; |
14. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bedeutung einer Verkehrsverlagerung auf aktive Verkehrsträger wie Fußgänger- und Fahrradverkehr sowie nachhaltige öffentliche Verkehrsmittel als wichtige Instrumente zur Verringerung der Gefahren auf der Straße anzuerkennen und angemessene Investitionen dafür bereitzustellen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Einleitung der Initiative „Safer Transport Platform“, in der ausdrücklich die Schaffung besserer Einrichtungen für einen nachhaltigen Verkehr, auch für Radfahrer und Fußgänger, und Projekte zur Unfallprävention gefordert werden; fordert die Kommission und die EIB auf, Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen einzuleiten, damit alle interessierten Parteien gut über die Bedingungen unterrichtet sind und die Nutzung in Erwägung ziehen; |
15. |
fordert verstärkte Synergien zwischen dem europäischen Radwegenetz EuroVelo und dem TEN-V, um die Radverkehrsinfrastruktur sicherer und besser vernetzt zu gestalten; betont, wie wichtig es ist, in TEN-V-Projekten für durchgehende Fuß- und Radwege zu sorgen, wo dies machbar ist; fordert die Kommission auf, die Umwidmung stillgelegter Eisenbahntrassen zu fördern und Rad-Bahn-Projekte und Intermodalität aktiv zu unterstützen; weist darauf hin, dass neue Formen von Infrastruktur, wie etwa Radaufstellstreifen, Fahrradboxen und Straßen oder Schnellwege für Fahrräder, neue Möglichkeiten für eine sichere aktive Mobilität eröffnen; betont, dass an der Harmonisierung und Durchsetzung der Vorschriften für Verkehrszeichen und -signale gearbeitet werden muss, um Verwirrung zu vermeiden und die Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen; |
16. |
vertritt die Auffassung, dass die Kommission ihr Möglichstes tun sollte, um sicherzustellen, dass die Infrastruktur für Fußgänger und Radfahrer, die in den Mitgliedstaaten als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie eingeführt wurde, erhalten bleibt und ausgebaut wird, um weiterhin eine sichere aktive Mobilität zu fördern; |
17. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eng mit Regionen und Städten zusammenzuarbeiten, um etwaige fehlende Infrastrukturen an den Endpunkten („letzte Meile“) sowie intermodale und grenzüberschreitende Verbindungen im gesamten TEN-V zu vervollständigen und so eine reibungslosere und wirksamere Nutzung von Infrastruktur und Dienstleistungen zu ermöglichen und die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern; |
Sichere Fahrzeuge
18. |
begrüßt die jüngst erfolgte Überarbeitung der Allgemeinen Sicherheitsverordnung, wodurch neue hochentwickelte Sicherheitssysteme in Fahrzeugen wie intelligente Geschwindigkeitsassistenten und Notfall-Spurhalteassistenten in der EU ab 2022 verpflichtend werden, womit bis 2030 potenziell ungefähr 7 300 Menschenleben gerettet und 38 900 schwere Verletzungen vermieden werden können; fordert die Kommission auf, rechtzeitig ehrgeizige sekundäre Rechtsvorschriften anzunehmen, mit denen u. a. die Ausstattung aller Neufahrzeuge mit leistungsfähigen Systemen für die intelligente Geschwindigkeitsassistenz (ISA-Systeme) verpflichtend wird; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die praktische Umsetzung der Verpflichtung, Motorräder mit diesen Systemen auszurüsten, sowie die Durchführbarkeit, die Akzeptanz und die möglichen Auswirkungen intelligenter Geschwindigkeitsassistenten der nächsten Generation für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, Lastkraftwagen und Busse auf die Straßenverkehrssicherheit zu prüfen; |
19. |
weist auf die Bedeutung von Innovationen in der Fahrzeugtechnologie hin, mit denen mithilfe von aktiven und passiven Sicherheitsmerkmalen sowohl die Schwere von Verkehrsunfällen gemindert als auch die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen reduziert werden kann; fordert die Kommission auf, künftige Normen für Personenkraftwagen vor dem Hintergrund neuer technologischer Entwicklungen zu überprüfen und Faktoren wie Masse, Leistung, Geschwindigkeit und Frontalfläche, die sich auf die Straßenverkehrssicherheit auswirken können, zu berücksichtigen; |
20. |
fordert die Kommission auf, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Typgenehmigung von Fahrzeugen der Klasse L die Ausrüstung von Motorrädern mit Antiblockiersystemen vorzuschreiben; fordert die Kommission auf, die Fahrzeugklassen, für welche die Pflicht zum Einbau des eCall-Systems gilt, zu erweitern, insbesondere um zweirädrige Kraftfahrzeuge; |
21. |
fordert die Kommission auf, die Anforderungen an die Aufprallunfallsicherheit für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen weiterzuentwickeln und in künftige Überarbeitungen von Rechtsvorschriften aufzunehmen, wobei auch die jüngsten Kriterien der Aufprallversuche von Euro NCAP einbezogen werden sollten, mit denen die Auswirkungen eines Zusammenstoßes auf andere Fahrzeuge und ungeschützte Verkehrsteilnehmer überwacht werden, um eine Harmonisierung von Mindeststandards zu erreichen und die Sicherheit der Fahrzeuginsassen anzugleichen; |
22. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Städte bei der Einrichtung von Datenbanken für Geschwindigkeitsbeschränkungen zu unterstützen, um die Einführung der Technologie der intelligenten Geschwindigkeitsassistenz gemäß der Verordnung über die allgemeine Fahrzeugsicherheit zu unterstützen; |
23. |
betont, dass die Gefahr und die Häufigkeit von Unfällen zwischen Lastkraftwagen und ungeschützten Verkehrsteilnehmern durch den weit verbreiteten Einsatz von Abbiegeassistenzsystemen erheblich verringert werden könnten; hebt hervor, dass Abbiegeassistenzsysteme 2022 für neue Typen von Lastkraftwagen und 2024 für alle neuen Lastkraftwagen verbindlich werden; fordert die Kommission auf, ein europäisches Aktionsprogramm für Abbiegeassistenzsysteme einzurichten, um die Nutzeffekte dieser Technologie bewerben und die Interessenträger dazu anzuregen, Neu- und Bestandsfahrzeuge so bald wie möglich freiwillig mit Abbiegeassistenzsystemen auszustatten; würdigt Initiativen, mit denen die freiwillige Einführung obligatorischer Abbiegeassistenzsysteme unterstützt wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Einbau von Abbiegeassistenzsystemen in Neu- und Bestandsfahrzeugen finanziell zu unterstützen; |
24. |
hebt hervor, dass Manipulation und Betrug im Zusammenhang mit den elektronischen Sicherheitsmerkmalen, z. B. bei Fahrerassistenzsystemen, erhebliche Sicherheitsrisiken darstellen und daher durch spezifische Schulungen für Prüfer zur Kontrolle der Softwareintegrität angegangen werden müssen; |
25. |
fordert die Kommission auf, Standards für Crash-Test-Dummies zu entwickeln, die einer Bandbreite an Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Größe und Statur der Nutzer innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs besser Rechnung tragen; |
26. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, steuerliche Anreize zu schaffen, und fordert private Versicherer auf, attraktive Kfz-Versicherungssysteme für den Kauf und die Nutzung von Fahrzeugen mit den höchsten Sicherheitsstandards anzubieten; fordert die Kommission auf, die Rechtsvorschriften über die Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen zu überarbeiten, um zusätzliche Informationen an der Verkaufsstelle und in digitaler Form aufzunehmen, die die Sicherheitsbewertung neuer Fahrzeuge betreffen; |
27. |
begrüßt die Anforderung, dass gemäß der überarbeiteten Verordnung über die allgemeine Sicherheit Sicherheitsgurt-Warnhinweise für alle Sitze verbindlich vorgeschrieben werden, und fordert die Kommission auf, Standards für die Informationsanforderungen zu den Sicherheitsparametern von Kinderrückhaltesystemen auszuarbeiten; fordert die Mitgliedstaaten auf, Sensibilisierungskampagnen für Eltern und Erziehungsberechtigte zur Sicherheit von Kindern im Verkehr durchzuführen, um weiter das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Nutzung von Sicherheitsgurten, auch auf den Rücksitzen, erforderlich ist, da Fahrzeuginsassen in vielen Fahrzeugen, die sich derzeit in Gebrauch befinden — und sich auch noch viele Jahre in Gebrauch befinden werden — und die nicht über eine derartige Gurtwarntechnologie verfügen, Sicherheitsrisiken ausgesetzt sind; |
28. |
fordert die Kommission mit Nachdruck auf, im Einklang der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. April 2021 zu dem Umsetzungsbericht über die Aspekte der Straßenverkehrssicherheit im Paket zur Verkehrssicherheit den technischen Fortschritt bei den in der neuen Allgemeinen Sicherheitsverordnung vorgesehenen Sicherheitsmerkmalen von Fahrzeugen gebührend zu berücksichtigen und hochentwickelte Sicherheitssysteme in den Geltungsbereich der nächsten Überarbeitung des Pakets zur Verkehrssicherheit einzubeziehen, um sicherzustellen, dass sie während der regelmäßigen technischen Prüfungen überprüft werden; fordert die zuständigen Behörden in diesem Zusammenhang auf, für zusätzliche Schulung, Weiterqualifizierung und Umschulung der Prüfer, die die regelmäßigen technischen Prüfungen durchführen, zu sorgen; fordert strengere Anforderungen bezüglich der Selbstdiagnose von Fahrzeugen, um zu verhindern, dass fehlerhafte fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme, die zur Erhöhung der Sicherheit konzipiert sind, letztendlich zu einer Gefahr werden; |
29. |
bedauert, dass die im Paket zur Verkehrssicherheit enthaltenen Bestimmungen zur Kontrolle der Befestigung der Ladung nicht verbindlich sind; fordert die Kommission auf, bei der nächsten Überprüfung des Pakets eine Verschärfung dieser Bestimmungen vorzuschlagen; |
30. |
betont, dass größere Anstrengungen erforderlich sind, um gegen Kilometerstandbetrug vorzugehen und so die Qualität und Sicherheit von Gebrauchtfahrzeugen sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, das von der Generaldirektion Mobilität und Verkehr (GD MOVE) der Kommission entwickelte System für den Austausch von Kilometerstandangaben, die EU-Plattform MOVEHUB und deren ODOCAR-Modul als Ergebnis des vom Parlament vorgeschlagenen Pilotprojekts zu einem europäischen System zur Eindämmung des Kilometerstandbetrugs (OREL) zu nutzen; |
31. |
fordert die Kommission auf, einen neuen harmonisierten Rechtsrahmen für automatisierte Fahrzeuge vorzuschlagen, um durch umfassende Tests, auch im praktischen Fahrbetrieb, sicherzustellen, dass automatisierte Fahrzeuge in für ihre Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer absolut sicherer Weise betrieben werden, insbesondere in Bezug auf ihre Interaktion mit konventionellen Fahrzeugen und ungeschützten Verkehrsteilteilnehmern; |
32. |
fordert die Kommission auf, in der Zwischenzeit die Risiken der derzeit verfügbaren Fahrerassistenzsysteme für die Straßenverkehrssicherheit, wie etwa die übermäßige Abhängigkeit und Ablenkung von Fahrern, zu bewerten; fordert die Kommission auf, die Einführung einer Vorschrift in Erwägung zu ziehen, wonach die mobilen und elektronischen Geräte der Fahrer mit einem „sicheren Fahrmodus“ ausgestattet werden müssen und andere technische Instrumente zur Verringerung von Ablenkungen während der Fahrt standardmäßig eingebaut werden müssen; |
33. |
betont, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge — wie von der Kommission in ihrem Strategischen Aktionsplan der EU zur Straßenverkehrssicherheit dargelegt — eine interessante Möglichkeit darstellt, die Straßenverkehrssicherheit positiv zu beeinflussen; fordert die Kommission auf, der Tatsache ausdrücklich Rechnung zu tragen, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses bewertet werden sollte, wobei auch Fahrzeugsicherheit, Innovation, Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Fragen berücksichtigt werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten und die öffentlichen Auftraggeber auf, Sicherheitsaspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für Straßenverkehrsdienste als eines der wichtigsten Kriterien zu betrachten; |
34. |
weist darauf hin, dass neue Elektrokleinstfahrzeuge auch Anlass für einige ernste Bedenken sind, die sich nicht nur auf die Sicherheit dieser Fahrzeuge selbst, sondern auch auf ihre sichere Nutzung im Verkehr beziehen; bedauert, dass nur einige wenige Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften zu diesem Thema erlassen haben und dass die fehlende Harmonisierung in der EU zu Verwirrung führen kann und es für Besucher schwierig machen kann, die lokalen Vorschriften zu befolgen; fordert die Kommission auf, einen Rahmen für die Typgenehmigung dieser neuen Elektrokleinstfahrzeuge zu erwägen und Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur Regelung von Sicherheitsaspekten, einschließlich Verkehrsregeln für die sichere Nutzung dieser Fahrzeuge, zu erlassen; weist die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut darauf hin, dass europäische und nationale Sensibilisierungs- und Bildungskampagnen zur sicheren Nutzung von Fahrzeugen im Bereich der Mikromobilität umgesetzt werden müssen, wobei besonderes Augenmerk auf ungeschützte Verkehrsteilnehmer, darunter Kinder, ältere Menschen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität, zu richten ist; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren in Bezug auf eine sicherere Nutzung von Fahrzeugen im Bereich der Mikromobilität auszutauschen; |
35. |
fordert die Kommission auf, die Anforderungen der EU-Datenbank über Straßenverkehrsunfälle (CARE) zu aktualisieren und die Erfassung von Zusammenstößen von Fahrzeugen im Bereich der Mikromobilität, wie Elektrorollern und anderen Pedelecs, aufzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten auf, auf der Grundlage der Informationen in der CARE-Datenbank konkrete präventive Sicherheitsmaßnahmen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene umzusetzen; |
Sichere Teilnahme am Straßenverkehr
36. |
stellt fest, dass laut einer Studie der Kommission davon ausgegangen wird, dass Alkohol bei ungefähr 25 % aller Todesfälle im Straßenverkehr eine Rolle spielt, während das bei Drogen bei 15 % der Verkehrstoten der Fall ist (8); weist darauf hin, dass die Empfehlungen der EU über den zulässigen Blutalkoholgehalt aus dem Jahr 2001 stammen; fordert die Kommission auf, ihre Empfehlungen zu aktualisieren und darin eine Null-Toleranz-Grenze für Alkohol am Steuer aufzunehmen und eine Empfehlung der EU für Null-Toleranz in Bezug auf illegale psychoaktive Drogen sowie Standards für die Durchsetzung von Drogenkontrollen im Straßenverkehr einzuführen; weist darauf hin, dass eine Harmonisierung des zulässigen Blutalkoholgehalts in der EU für alle Fahrzeugklassen Vergleiche mit Hilfe der wesentlichen Leistungsindikatoren für Nüchternheit am Steuer erleichtern würde; fordert die Kommission auf, Leitlinien für die Kennzeichnung von Arzneimitteln auszuarbeiten, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen, sowie Aufklärungskampagnen zu unterstützen, um das medizinische Personal, einschließlich Hausärzten, hierfür zu sensibilisieren; fordert die Kommission auf, in die überarbeiteten Empfehlungen auch Leitlinien für den Einbau von Alkohol-Wegfahrsperren aufzunehmen, wobei der Fokus insbesondere auf Wiederholungstäter und Ersttäter, die schwere Verstöße begehen, und alle Berufskraftfahrer zu richten ist; |
37. |
weist darauf hin, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen bei ungefähr 30 % der tödlichen Straßenverkehrsunfälle ein Schlüsselfaktor und bei den meisten anderen Unfällen ein erschwerender Faktor sind; fordert die Kommission auf, eine Empfehlung zur Anwendung sicherer Geschwindigkeitsbegrenzungen im Einklang mit dem „Safe System“-Ansatz für alle Straßentypen vorzulegen, wie z. B. eine standardmäßige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h in Wohngebieten und Gebieten, in denen es zahlreiche Radfahrer und Fußgänger gibt, wobei für Hauptverkehrsadern mit einem angemessenen Schutz ungeschützter Verkehrsteilnehmer höhere Geschwindigkeitsbegrenzungen festgelegt werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, vorrangig in die Durchsetzung von Geschwindigkeitsbegrenzungen und eine qualitativ hochwertige Kommunikation über die zentrale Bedeutung von Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsmanagement zu investieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, Strafen zu verhängen, um vor Geschwindigkeitsüberschreitungen abzuschrecken, einschließlich Strafpunktesystemen, und Sensibilisierungskurse für die Problematik der Geschwindigkeit in Erwägung zu ziehen, die der Rehabilitierung von Wiederholungstätern dienen; |
38. |
stellt fest, dass laut den Schätzungen der Kommission (9) in der EU jedes Jahr 10 Millionen schwere Verkehrsdelikte in Verbindung mit Geschwindigkeitsüberschreitungen, Überfahren roter Ampeln und Alkohol am Steuer von Gebietsfremden begangen werden; nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die bei der Schaffung eines Rahmens für die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten seit 2015 erzielt wurden, bedauert jedoch, dass mit dem bestehenden Rahmen für die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten, der in der Richtlinie über die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten niedergelegt ist, keine angemessenen Ermittlungen sichergestellt werden, um Sanktionen durchzusetzen oder Entscheidungen über Sanktionen anzuerkennen; ist der Ansicht, dass durch eine bessere grenzüberschreitende Durchsetzung der Straßenverkehrsvorschriften die Befolgung dieser Vorschriften erhöht und eine abschreckende Wirkung erzielt würde, sodass gefährliches Verhalten reduziert und die Straßenverkehrssicherheit verbessert würde; fordert die Kommission in dieser Hinsicht auf, die oben genannten Themen bei der nächsten Überprüfung der Richtlinie anzugehen, das Problem der gegenseitigen Anerkennung des Entzugs der Fahrerlaubnis und von Strafpunkten zu bewerten und den Anwendungsbereich der Richtlinie dahingehend zu überarbeiten, dass die Durchsetzung der Zahlung von Straßenbenutzungsgebühren einbezogen wird, um gefährliches Fahrverhalten zu verhindern und die Qualität der Infrastruktur zu erhalten; |
39. |
weist erneut darauf hin, dass mit der Richtlinie über den Führerschein ein harmonisiertes EU-Führerscheinmuster aufgestellt wurde und Mindestanforderungen für die Erlangung eines Führerscheins eingeführt wurden; stellt fest, dass diese Richtlinie in Bezug auf neue technologische Entwicklungen bei der Fahrzeug- und Infrastrukturtechnologie und der Fahrzeugautomatisierung und in Ausbildungsprogrammen insbesondere für Berufskraftfahrer auf dem aktuellen Stand gehalten werden muss; fordert die Kommission auf, Mindeststandards für die Ausbildung von Fahrern und die Verkehrserziehung zu erarbeiten und gleichzeitig Form, Inhalt und Ergebnisse von Fahrschulkursen in der gesamten EU schrittweise anzugleichen, und in Erwägung zu ziehen, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Richtlinie die Matrix der Ziele für die Fahrerausbildung (Goals for Driver Education — GDE) aufzunehmen, die drei Kategorien umfasst: Kenntnisse und Fähigkeiten, risikoerhöhende Aspekte und Selbsteinschätzung; fordert darüber hinaus die Einführung eines abgestuften System der Fahrerlaubnis, das Fahranfänger darin bestärkt, mehr Erfahrung mit komplizierteren Fähigkeiten wie dem Bewahren des Überblicks über die jeweilige Verkehrssituation, der Selbsteinschätzung und der Gefahrenerkennung zu sammeln, während bestimmte Tätigkeiten mit hohem Risiko wie das Fahren bei Nacht und die Beförderung von Personen eingeschränkt werden, wobei den Mobilitätsbedürfnissen von Personen, die in abgelegenen Gebieten und Gebieten mit eingeschränktem Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln leben, Rechnung zu tragen ist; fordert die Kommission ferner auf, die Mindeststandards für die Lehrkräfte in der Fahrausbildung für Kraftfahrzeuge und Krafträder weiter zu harmonisieren, wozu auch regelmäßige Weiterbildung und Schulung in der Gefahrenerkennung sowie strengere Mindestanforderungen hinsichtlich Lehr- und Kommunikationsfähigkeiten gehören; nimmt besorgt zur Kenntnis, dass aus mehreren Mitgliedstaaten die irreguläre Erteilung von Führerscheinen berichtet wird, und fordert die Kommission auf, diesen Aspekt zu beobachten; |
40. |
fordert die Kommission auf, zu erwägen, eine theoretische und praktische Ausbildung und entsprechende Prüfungen für den Erwerb einer Fahrerlaubnis für sämtliche Kategorien zweirädriger Kraftfahrzeuge verpflichtend zu machen; |
41. |
fordert die Kommission auf, zentrale Leistungsindikatoren für die Bereitstellung von Verkehrssicherheits- und Mobilitätserziehung in den Mitgliedstaaten zu entwickeln und EU-Instrumente für die Gestaltung, Umsetzung und Bewertung der Verkehrssicherheits- und Mobilitätserziehung zu entwickeln; fordert sämtliche Mitgliedstaaten auf, hochwertige Verkehrserziehung anzubieten, die in der Schule beginnen und Teil des anhaltenden lebenslangen Lernens sein sollte; |
42. |
weist darauf hin, dass die COVID-19-Pandemie zu einer Ausweitung von Hauszustelldiensten und insbesondere der Nutzung von Lieferwagen, motorisierten Zweirädern wie Mopeds und Fahrrädern geführt hat und das Entstehen neuer Arten von Plattformarbeit und Geschäftsmodellen gefördert hat; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Berufskraftfahrer angemessen geschult werden, und sich mit dem Problem der Ermüdung von und Geschwindigkeitsübertretungen durch Fahrer — insbesondere infolge des starken Anstiegs der Zahl der Hauszustellungen — zu befassen; fordert die Kommission ferner auf, in Erwägung zu ziehen, das System der technischen Überwachung zu verschärfen und zusätzliche verpflichtende Kontrollen für Lieferwagen einzuführen, die von Anbietern von Paketzustelldiensten verwendet werden, sobald eine bestimmte Kilometerleistung erreicht ist, und im Rahmen der Überarbeitung des Pakets zur Verkehrssicherheit in Erwägung zu ziehen, diese Verpflichtung auf andere Fahrzeuge dieser Kategorien auszuweiten, die für weitere gewerbliche Zwecke verwendet werden; fordert die Kommission auf, eine Empfehlung in Bezug auf die Sicherheit des Personals der Zustelldienste vorzulegen, die auch eine Verpflichtung der Arbeitgeber und der Unternehmen umfasst, sicherzustellen, dass Sicherheitsausrüstungen und sichere Fahrzeuge bereitgestellt und genutzt werden, sowie Schulungen zu den digitalen Instrumenten, die sie möglicherweise nutzen müssen, wie Anwendungen und interaktive Plattformen, anzubieten; |
43. |
ist zutiefst besorgt über die Ermüdung der Fahrer im gewerblichen Güter- und Personenverkehr als Unfallursache; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, dafür zu sorgen, dass die Richtlinie 89/391/EWG des Rates über Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer (10) im Hinblick auf Aspekte der Straßenverkehrssicherheit ordnungsgemäß umgesetzt wird; fordert die Kommission auf, einen zentralen Leistungsindikator für die Ermüdung von Fahrern im gewerblichen Güter- und Personenverkehr einzuführen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Zahl der geschützten Parkplätze im TEN-V zu erhöhen und dafür zu sorgen, dass diese an die Bedürfnisse der Fahrer angepasst sind, und über eine aktualisierte und benutzerfreundliche Website Informationen über deren Verfügbarkeit bereitzustellen; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob der Einbau von Klimaanlagen oder gleichwertigen Systemen für Fahrerkabinen in Schwerlastkraftwagen positive Auswirkungen auf die Ermüdung der Fahrer und die Straßenverkehrssicherheit haben könnte, da diese Anlagen unabhängig vom Motor betrieben werden können; |
44. |
betont, dass eine wirksame und umfassende Reaktion nach einem Umfall neben medizinischer Versorgung und Rehabilitation auch die Bereitstellung psychischer und sozialer Unterstützung, die Anerkennung der Opfer und eine gründliche Untersuchung zur Ermittlung der Ursachen von Unfällen und Maßnahmen zur Verhinderung eines erneuten Vorkommens in der Zukunft sowie gegebenenfalls straf- und zivilrechtliche Verfahren umfasst; fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine engere Zusammenarbeit zwischen ihren für die Straßenverkehrssicherheit zuständigen Behörden und der Gesundheitsbranche zu sorgen, um die korrekte Nutzung von Rettungsgassen durchzusetzen, um Rettungseinsätze zu beschleunigen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten ferner auf, für eine ausreichende Finanzierung einer effizienten Notfallinfrastruktur einschließlich medizinischer Luftrettungsdienste zu sorgen, insbesondere in abgelegenen und bergigen Gebieten und auf Inseln; fordert die Kommission auf, die Ausbildung in Erster Hilfe bei der zukünftigen Überarbeitung der Richtlinie über den Führerschein verpflichtend zu machen; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Konzept der Rettungsgasse in ihren nationalen Straßenverkehrsordnungen zu verankern und weitere Sensibilisierungskampagnen durchzuführen; weist erneut darauf hin, wie wichtig die weitergehende Betreuung von Unfallopfern ist; |
45. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre wichtigsten Traumanetzwerke auszubauen und Leitlinien für die gegenseitige Zusammenarbeit anzunehmen, damit die Notfalldienste Patienten — auch grenzüberschreitend — rasch zur Behandlung bringen können; |
46. |
hebt hervor, dass eine unzureichende Durchsetzung der Straßenverkehrsvorschriften die Bemühungen, die „Vision Null Straßenverkehrstote“ zu verwirklichen, untergräbt; fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren Straßenverkehrssicherheitsplänen jährliche Ziele für die Durchsetzung und Befolgung festzulegen und ihre angemessene Finanzierung sicherzustellen sowie eine jährliche Folgemaßnahme durchzuführen und zu veröffentlichen, in der die verwirklichten Ziele und die erzielten Ergebnisse analysiert werden; betont, dass nur gut erklärte, weithin bekannt gemachte und konsequente Durchsetzungsaktivitäten und Schulung mittels Durchsetzung eine langanhaltende Wirkung auf das Fahrverhalten haben können; weist darauf hin, dass die Effizienz weiter gesteigert wird, wenn die Bearbeitung von Bußgeldern für festgestellte Verstöße weitgehend automatisiert wird; |
47. |
weist darauf hin, dass die Benutzung von Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten beim Führen eines Kraftfahrzeugs oder Kraftrads die Fahrtüchtigkeit erheblich beeinträchtigt und bei 10–30 % der Unfälle auf der Straße eine Rolle spielt; fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen, auch nichtfinanzieller Art, für die Benutzung von Mobiltelefonen einzuführen, das Bewusstsein für die Risiken zu schärfen und die Durchsetzung zu verbessern; |
Ein zukunftstauglicher Rahmen
48. |
hebt hervor, dass externe Faktoren und aufkommende gesellschaftliche Trends beispiellose Herausforderungen für die Verkehrssicherheit im Rahmen der EU-Strategie bis 2030 und darüber hinaus darstellen; weist darauf hin, dass die EU den Weg dafür ebnen sollte, dass vernetzte und automatisierte Fahrzeuge zeitnah eingeführt werden, und die möglichen Risiken bewerten sollte, die entstehen, wenn diese Fahrzeuge in einem gemischten Verkehr mit herkömmlichen Fahrzeugen und mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern kombiniert werden; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der größeren Zahl automatisierter Fahrzeuge auf den Verkehr in städtischen Gebieten und auf die Umwelt umfassend zu bewerten; betont, dass eine Modernisierung der Infrastruktur erforderlich sein könnte, um den sicheren Betrieb automatisierter und halbautomatisierter Fahrzeuge zu gewährleisten und gleichzeitig die Sicherheit konventioneller Fahrzeuge zu verbessern und damit allen Verkehrsteilnehmern zugutezukommen; |
49. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, Abwrackprämien im Einklang mit Umweltauflagen einzuführen, um Anreize für den Kauf und die Nutzung sichererer, sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge und die Erneuerung der öffentlichen und privaten Fahrzeugflotten zu schaffen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, mit der EIB zusammenzuarbeiten, um neue Finanzierungsmodelle zu untersuchen, mit denen Investitionen in sichere und nachhaltige Verkehrsdienstleistungen sowie sichere und nachhaltige Fahrzeugflotten gefördert werden; |
50. |
stellt fest, dass Daten bei der Verbesserung der Verkehrssicherheit eine entscheidende Rolle spielen werden; weist erneut darauf hin, dass Fahrzeugdaten für das Verkehrsmanagement, die technische Überwachung und die Unfallanalyse äußerst wertvoll sind; fordert die Kommission auf, einen Rahmen für den Zugriff auf Fahrzeugdaten jenseits des Reparaturmarkts in Übereinstimmung mit der Datenschutz-Grundverordnung (11) ausschließlich für den Zweck der Erforschung von Unfallursachen und der technischen Überwachung aufzustellen; betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung der in Ereignisdatenspeichern gespeicherten digitalen Daten für die Durchführung gründlicher Unfallanalysen, um die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass alle Datenelemente, die für eine eingehende Unfallanalyse und die Forschung im Bereich der Straßenverkehrssicherheit relevant sind (einschließlich Standort, Datum und Uhrzeit), vom Ereignisdatenspeicher aufgezeichnet und gespeichert werden müssen; |
51. |
weist darauf hin, dass die Straßenverkehrssicherheit zwar in der gemeinsamen Zuständigkeit aller einschlägigen Akteure und Behörden auf Unions-, nationaler und lokaler Ebene liegt, dass aber die Union eine starke Führungsrolle wahrnehmen sollte, damit die Straßenverkehrssicherheit im Straßenverkehr nach wie vor Priorität genießt, um dazu beizutragen, die in der Straßenverkehrssicherheit zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede abzubauen, und um sicherzustellen, dass die EU in diesem Bereich weltweit führend bleibt; betont die Verantwortung der EU, die Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Verfahren mit Drittländern wie dem Vereinigten Königreich zu fördern, um die Stockholmer Erklärung zur Straßenverkehrssicherheit umzusetzen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Ziele der EU-Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit für alle einschlägigen externen Programme gelten, und ein wirksames System für den Austausch von Informationen über Verkehrsdelikte mit benachbarten Drittländern zu entwickeln, um die Durchsetzung zu verbessern und gleichzeitig sicherzustellen, dass jeder Informationsaustausch strengen Sicherheitsvorkehrungen, Prüfungen und Aufsichtsbedingungen unterliegt und die geltenden EU-Vorschriften uneingeschränkt eingehalten werden; |
52. |
fordert die Kommission auf, angesichts der bevorstehenden Überarbeitung des Pakets zur Mobilität in der Stadt Synergien zwischen Sicherheits- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen in städtischen Gebieten zu fördern; fordert in dieser Hinsicht die Neuausrichtung der Verkehrsinfrastruktur in städtischen Gebieten, einschließlich einer Umwidmung öffentlicher Räume, weg vom motorisierten Individualverkehr und hin zu nachhaltigen, sichereren und gesünderen Verkehrsträgern wie öffentlichen Verkehrsmitteln, Fußgänger- und Radfahrerverkehr, wobei die besonderen Bedürfnisse von schwächeren Verkehrsteilnehmern wie etwa Kindern, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen zu berücksichtigen sind; fordert mehr Investitionen und eine Kofinanzierung durch EU-Finanzierungsinstrumente für Parkplätze und andere Bereiche vernetzter Mobilität an den Stadträndern, wodurch ein einfacher Zugang zu unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsträgern ermöglicht wird, um die Verkehrsbelastung in städtischen Gebieten zu verringern und die CO2-Emissionen zu senken; begrüßt es, dass die EIB die Absicht hat, ambitionierte Investitionsprogramme zu unterstützen, um Behörden dabei zu helfen, nachhaltige Mobilität auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern, wie beispielsweise Pläne für nachhaltige städtische Mobilität und Projekte für den öffentlichen Verkehr; fordert die Kommission auf, die Ziele und Maßnahmen der EU im Bereich der Straßenverkehrssicherheit besser in die Leitlinien für Pläne für eine nachhaltige urbane Mobilität zu integrieren, indem sie bewährte Verfahren überwacht und fördert, unter anderem durch die Festlegung eines Indikators für die wirksame Verwendung von EU-Mitteln zur Verbesserung der Sicherheit im städtischen Straßenverkehr; |
53. |
stellt fest, dass ländliche Gebiete rund 83 % des Hoheitsgebiets der EU ausmachen und 30,6 % ihrer Bevölkerung in diesen Gebieten leben; weist darauf hin, dass es insbesondere in ländlichen und dünn besiedelten Gebieten an hochwertiger Verkehrsinfrastruktur und regelmäßigen öffentlichen Verkehrsdiensten mangelt, was sich unmittelbar auf die Straßenverkehrssicherheit auswirkt; stellt zudem fest, dass sich 54 % der durch Verkehrsunfälle verursachten Todesfälle in der EU auf Landstraßen ereignen; hebt hervor, dass die Verbesserung der Erreichbarkeit, Anbindung und Straßenverkehrssicherheit für ländliche Gebiete Teil der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität sein sollte; fordert die Kommission auf, den letztgenannten Aspekt in ihrer bevorstehenden Mitteilung über eine langfristige Vision für ländliche Gebiete zu berücksichtigen; |
54. |
betont, dass ein integrierter Ansatz gefördert werden muss, um die im Rahmen der „Vision Null Straßenverkehrstote“ festgelegten Ziele zu erreichen und eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit unter Einbeziehung von nichtstaatlichen Organisationen, der Zivilgesellschaft sowie von Unternehmen und Industrie auf regionaler, nationaler und EU-Ebene zu stärken; fordert Unternehmen und KMU auf, entsprechend der Stockholmer Erklärung auf die Verwirklichung der Straßenverkehrssicherheit hinzuwirken, indem sie die Grundsätze des „Safe System“-Ansatzes auf ihre gesamten Wertschöpfungsketten, einschließlich interner Verfahren im Rahmen der Beschaffungs-, Herstellungs- und Vertriebsabläufe, anwenden und die Berichterstattung über die Leistung im Bereich Sicherheit in ihren Nachhaltigkeitsberichten und auf ihren offiziellen Webseiten erfassen; fordert Unternehmen und KMU ferner auf, ihren Fahrern gegebenenfalls spezifische Schulungen zur Straßenverkehrssicherheit anzubieten und die Aufnahme der Funktion eines „Mobilitätsmanagers“ zu erwägen, der den Mobilitätsbedarf des Unternehmens für die Beförderung von Waren und Arbeitnehmern entlang der gesamten Logistikkette koordiniert und optimiert; |
55. |
fordert die Kommission auf, bei der Entwicklung einer europaweiten Kultur der Straßenverkehrssicherheit mit den Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft und anderen wichtigen Interessenträgern zusammenzuarbeiten; begrüßt die Einführung des EU-Preises für städtische Straßenverkehrssicherheit im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche und die Modernisierung der Europäischen Charta für Straßenverkehrssicherheit, der größten zivilgesellschaftlichen Plattform zur Straßenverkehrssicherheit; fordert die Kommission auf, in den kommenden Jahren als Teil des EU-Politikrahmens für die Straßenverkehrssicherheit im Zeitraum 2021 bis 2030 eine Initiative für ein Europäisches Jahr der Straßenverkehrssicherheit zu starten; spricht sich außerdem im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr für grünere Städte 2022 für die Einführung, Finanzierung und Überwachung einer Auszeichnung als „sicherere Stadt“ aus, die auf den Kriterien der höchsten Standards im Bereich der Straßenverkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer und lebenswerterer öffentlicher Räume, einschließlich einer besseren Luftqualität und eines verringerten CO2-Ausstoßes, beruht; |
56. |
erkennt den Weltgedenktag für die Straßenverkehrsopfer an, der jedes Jahr am dritten Sonntag im November begangen wird, um der vielen Millionen Menschen zu gedenken, die auf den Straßen weltweit getötet oder schwer verletzt wurden, und um den Rettungsdiensten für ihre Arbeit zu danken und über die enormen Belastungen und Kosten für Familien, Gemeinschaften und Länder im Zusammenhang mit dieser sich alltäglich wiederholenden Katastrophe nachzudenken; erkennt diesen Tag offiziell an und fordert den Europäischen Rat und die Kommission auf, dies ebenfalls zu tun, indem sie eine jährliche Veranstaltung durchführen, die von den drei Organen unterstützt wird; |
57. |
ist der Auffassung, dass zur ordnungsgemäßen Umsetzung der nächsten Schritte der EU-Politik im Bereich der Straßenverkehrssicherheit im Rahmen der übergeordneten Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität einige neue Kapazitäten im Bereich der Straßenverkehrssicherheit erforderlich sind, insbesondere in Bezug auf die Koordinierungs-, Überwachungs- und Evaluierungsfunktionen und die technische Unterstützung der Gesamtstrategie; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Einrichtung einer europäischen Straßenverkehrsagentur in Erwägung zu ziehen, um einen nachhaltigen, sicheren und intelligenten Straßenverkehr zu unterstützen, oder — falls dies nicht möglich ist — eine bestehende Agentur mit dieser Aufgabe zu betrauen; |
o
o o
58. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln. |
(1) ABl. L 68 vom 13.3.2015, S. 9.
(2) ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18.
(3) ABl. L 325 vom 16.12.2019, S. 1.
(4) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0122.
(5) ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 1.
(6) Richtlinie (EU) 2019/1936 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zur Änderung der Richtlinie 2008/96/EG über ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 1).
(7) ABl. L 167 vom 30.4.2004, S. 39.
(8) Studie der Kommission vom 18. Februar 2014 mit dem Titel „Prevention of drink-driving by the use of alcohol interlock devices“ (Prävention von Alkohol am Steuer durch Alkohol-Wegfahrsperren).
(9) Folgenabschätzung der Kommission in der Anfangsphase vom 15. März 2019 zur Überarbeitung der Richtlinie über die grenzüberschreitende Durchsetzung.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/56 |
P9_TA(2021)0408
Wiederaufbau der Fischbestände im Mittelmeer
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu dem Wiederaufbau der Fischbestände im Mittelmeer: Bewertung und nächste Schritte (2019/2178(INI))
(2022/C 132/05)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 mit dem Titel „Der europäische Grüne Deal“ (COM(2019)0640) und die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2020 zu dem Thema „Der europäische Grüne Deal“ (1), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „Vom Hof auf den Tisch — eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“ (COM(2020)0381), |
— |
unter Hinweis auf die Biodiversitätsstrategie der EU für 2030, die in der Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ (COM(2020)0380) dargestellt wird, insbesondere auf Ziffer 2.2.6 dieser Mitteilung, „Wiederherstellung des guten Umweltzustands der Meeresökosysteme“, u. a. durch finanzielle Anreize durch die künftigen Finanzinstrumente für die Fischerei und Meerespolitik für Meeresschutzgebiete (einschließlich Natura-2000-Gebiete und durch internationale oder regionale Abkommen festgelegte Gebiete); |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Juni 2020 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Fischerei in der EU: Sachstand und Leitlinien für 2021“ (COM(2020)0248), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. September 2020 mit dem Titel „Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021“ (COM(2020)0575), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 betreffend die Maßnahmen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Mittelmeer (2), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (3), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 des Rates vom 29. September 2008 über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (4), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik (5), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (6) und auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (COM(2018)0390), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2017/159 des Rates vom 19. Dezember 2016 zur Durchführung der Vereinbarung über die Durchführung des Übereinkommens über die Arbeit im Fischereisektor von 2007 der Internationalen Arbeitsorganisation, die am 21. Mai 2012 zwischen dem Allgemeinen Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften der Europäischen Union (COGECA), der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) und der Vereinigung der nationalen Verbände von Fischereiunternehmen in der Europäischen Union (Europêche) geschlossen wurde (7), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/1004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Einführung einer Rahmenregelung der Union für die Erhebung, Verwaltung und Nutzung von Daten im Fischereisektor und Unterstützung wissenschaftlicher Beratung zur Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik (8), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/2107 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2017 zur Festlegung von Bewirtschaftungs-, Bestandserhaltungs- und Kontrollmaßnahmen für den Übereinkommensbereich der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT) (9), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/1022 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die Fischereien, die Grundfischbestände im westlichen Mittelmeer befischen (10), |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/982 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1343/2011 über Vorschriften für die Fischerei im Übereinkommensgebiet der GFCM (Allgemeine Kommission für die Fischerei im Mittelmeer) (11), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2020/560 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 508/2014 und (EU) Nr. 1379/2013 hinsichtlich spezifischer Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs im Fischerei- und Aquakultursektor (12), |
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unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 25. Juni 2020 über die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/56/EG) (COM(2020)0259), |
— |
unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 26/2020 des Europäischen Rechnungshofs vom 26. November 2020 mit dem Titel „Meeresumwelt: EU-Schutz ist weit gefasst, aber nicht tiefgreifend“, |
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unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 9. Februar 2021 mit dem Titel „Erneuerte Partnerschaft mit der südlichen Nachbarschaft — Eine neue Agenda für den Mittelmeerraum“ (JOIN(2021)0002), |
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gestützt auf die Artikel 38 und 39 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), |
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unter Hinweis auf die Europäische Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union (ENP), |
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unter Hinweis auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS), |
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unter Hinweis auf die mittelfristige Strategie (2017–2020) der GFCM für die nachhaltige Entwicklung der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht der GFCM über die Lage der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer für das Jahr 2018, |
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unter Hinweis auf das Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG) 14 — „Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen“ — der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen, verabschiedet am 25. September 2015, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei (STECF) von 2020 über die Überwachung der Leistungen der Gemeinsamen Fischereipolitik (STECF-Adhoc-20-01), |
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unter Hinweis auf die Studie der Kommission über eine rückblickende Evaluierung der Mittelmeer-Verordnung von Mai 2016, |
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unter Hinweis auf den Bericht der Europäischen Umweltagentur Nr. 17/2019 mit dem Titel „Marine messages II — Navigating the course towards clean, healthy and productive seas through implementation of an ecosystem-based approach“ (Botschaften des Meeres II — Mit einem ökosystembasierten Konzept Kurs nehmen auf saubere, gesunde und produktive Meere), |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt und der Küstengebiete des Mittelmeers („Übereinkommen von Barcelona“) und die dazugehörigen Protokolle und Beschlüsse der EU, |
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unter Hinweis auf die Ministererklärung der an das Mittelmeer grenzenden Küstenstaaten MedFish4Ever, angenommen in La Valletta (Malta) am 30. März 2017, |
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unter Hinweis auf die Ministererklärung von Sofia vom 7. Juni 2018, |
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unter Hinweis auf die Ministererklärung vom 26. September 2018 zur Umsetzung eines regionalen Aktionsplans für die kleine und nachhaltige Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer, |
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unter Hinweis auf den „Global Assessment Report on Biodiversity and Ecosystem Services“ (Globaler Sachstandsbericht über die biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen) der zwischenstaatlichen Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (IPBES) von 2019, |
— |
unter Hinweis auf den Sonderbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Weltklimarat, IPCC) von 2019 über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima, |
— |
unter Hinweis auf Teil II Abschnitt 2 des SRÜ mit dem Titel „Grenzen des Küstenmeers“, |
— |
unter Hinweis auf den „First Mediterranean Assessment Report (MAR1)“ (Erster Bericht zur Bewertung des Mittelmeerraums) des unabhängigen Netzwerks „Mediterranean Experts on Climate and environmental Change (MedECC)“ (Sachverständige für Umwelt- und Klimaveränderungen im Mittelmeerraum), |
— |
unter Hinweis auf den Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der GFCM mit dem Titel „The State of Mediterranean and Black Sea Fisheries 2020“ (Lage der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer 2020), |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses über die Folgen der steigenden Wassertemperaturen im Meer für die Fischbestände und die Fischerei (2019/2163(INI)), |
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unter Hinweis auf die Stellungnahme des Fischereiausschusses für den Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zu einer Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem (2020/2260(INI)) — PECH_AD(2021)662054, |
— |
unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 17. April 2020 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1379/2013 und (EU) Nr. 508/2014 hinsichtlich spezifischer Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs im Fischerei- und Aquakultursektor (COM(2020)0142 — C9-0093/2020 — 2020/0059(COD)) (13), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zu dem Thema „Mehr Fische im Meer? Maßnahmen zur Förderung der Wiederaufstockung der Bestände über den höchstmöglichen Dauerertrag hinaus, darunter Bestandsauffüllungsgebiete und geschützte Meeresgebiete“ (14), |
— |
unter Hinweis auf die gegenwärtigen und langfristigen negativen sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie für die Branche, darunter auch für Einzelhändler und kleine Händler von frischen Lebensmittelerzeugnissen, |
— |
gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses (A9-0225/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass das Mittelmeer nicht nur einer der wichtigsten Orte für die Biodiversität weltweit, sondern auch ein Becken ist, an dem sich Küstengemeinschaften angesiedelt haben, die größtenteils von der Fischerei und insbesondere der kleinen Fischerei abhängig sind; in der Erwägung, dass sein derzeitiger besorgniserregender ökologischer Zustand, der teilweise auf die Überfischung zurückzuführen ist, nicht nur die Biodiversität ernstlich gefährdet, sondern auch das Überleben einer Branche, deren Rentabilitätsverlust äußerst nachteilige sozioökonomische Folgen für die Fischereigemeinschaften, die Industrie und die damit verbundenen Wirtschaftszweige haben kann; |
B. |
in der Erwägung, dass die Fischbestände sich nicht unbegrenzt fortpflanzen können und dass die Nachfrage nach Fisch und der Fischkonsum beständig steigen; |
C. |
in der Erwägung, dass die Lage im Mittelmeer — insbesondere im westlichen Mittelmeer, wo neue Maßnahmen durchgeführt werden, die aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend bewertet werden können, und weitere Initiativen erforderlich sind — und im Schwarzen Meer seit Beginn der Datenerhebung 2003 im Wesentlichen unverändert ist, wobei seit 2012 eine leichte Zunahme der Biomasse zu verzeichnen ist; |
D. |
in der Erwägung, dass dem Bericht der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) von 2020 über den Zustand der Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer zufolge der prozentuale Anteil der überfischten Fischbestände von 88 % im Jahr 2014 auf 75 % im Jahr 2018 gesunken ist, wobei eindeutig aufgezeigt wird, dass noch viel zu tun ist, sich aber auch schrittweise bessere Ergebnisse aufgrund des Einsatzes der Fischer in der gesamten Region zeigen; in der Erwägung, dass die Lage vieler Bestände nach wie vor kritisch ist, da Angaben des STECF zufolge mehr als 80 % der wissenschaftlich bewerteten Bestände über dem Niveau des höchstmöglichen Dauerertrags (MSY) bewirtschaftet werden; |
E. |
in der Erwägung, dass 2019 die Verordnung zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die Fischereien, die Grundfischbestände im westlichen Mittelmeer befischen, angenommen wurde und dass die Auswirkungen der mit dieser Verordnung ergriffenen Maßnahmen abgewartet werden müssen; |
F. |
in der Erwägung, dass die Beschränkungen der Fischereitätigkeit aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht erhebliche Auswirkungen haben, die die Rentabilität von tausenden Unternehmen so stark bedrohen, dass sogar ihr Überleben in Gefahr ist, was verheerende Folgen für die Beschäftigung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Küstengebieten haben kann; |
G. |
in der Erwägung, dass durch Bestandserschöpfung und die Aushöhlung der marinen biologischen Vielfalt die Ernährungssicherheit der Küstengemeinschaften sowie Arbeitsplätze und Einkommen in der gesamten Wertschöpfungskette der handwerklichen Fischerei gefährdet sind; |
H. |
in der Erwägung, dass der Umstand, dass die Beschränkungen der Fischereitätigkeiten in unterschiedlichem Maße eingehalten werden, dazu führt, dass die festgelegten Ziele nicht verwirklicht werden können und diejenigen, die sich an die Beschränkungen halten, eindeutig im Nachteil sind; |
I. |
in der Erwägung, dass der Europäische Meeres- und Fischereifonds für die Linderung der abträglichen sozioökonomischen Auswirkungen und für die Diversifizierung der Branche herangezogen werden sollte; |
J. |
in der Erwägung, dass die Mehrheit der Mittelmeerfischereiflotte aus Fahrzeugen der kleinen handwerklichen Fischerei besteht, der etwa 84 % der Fischereiflotte und 60 % der Arbeitsplätze im Mittelmeerbecken zuzuschreiben sind, und in der Erwägung, dass einige Flotten zwar deutlich zurückgegangen sind — wenn auch in unterschiedlichem Maße in den EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten mit erheblichen Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft –, die Tendenzen in Bezug auf die Zahl der Schiffe jedoch relativ stabil geblieben sind; |
K. |
in der Erwägung, dass für die meisten Küsten- und Inselgebiete die handwerkliche Fischerei eine traditionelle Form der Fischerei ist, bei der es sich um einen Lebensstil und eine wichtige Existenzgrundlage handelt, die besondere Maßnahmen und Unterstützung benötigt, um wachsen und sich weiterentwickeln zu können; |
L. |
in der Erwägung, dass ein gesundes Niveau der Fischbestände erreicht werden muss, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen und wichtige Wirtschaftszweige, die von der Fischerei abhängig sind, erhalten bleiben; |
M. |
in der Erwägung, dass zu den Faktoren, aufgrund deren die Fischbestände im Mittelmeer und die marine biologische Vielfalt unter Druck geraten, nicht nur die Fischerei zählt, sondern auch vom Menschen verursachte Probleme wie die Verschmutzung durch Kunststoffe, die Brennstoffdispersion, der Verlust von Lebensräumen, der Seeverkehr und der Klimawandel sowie die Verbreitung invasiver gebietsfremder Arten; |
N. |
in der Erwägung, dass die Statistiken eine stetige Zunahme des Konsums von Fischereierzeugnissen und einen damit einhergehenden Anstieg der Einfuhren zeigen; |
O. |
in der Erwägung, dass bei der Kennzeichnung von europäischen Erzeugnissen noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen, um die Fischereien des Mittelmeers aufzuwerten und die Rückverfolgbarkeit zu verbessern und gleichzeitig gegen die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei (IUUF) vorzugehen; |
P. |
in der Erwägung, dass der Ertrag ständig zurückgeht und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Nachhaltigkeit der Ressourcen ergriffen werden müssen; |
Q. |
in der Erwägung, dass Fischerei und Aquakultur zu den am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Wirtschaftszweigen gehören, da die Nachfrage plötzlich zurückgegangen ist; |
R. |
in der Erwägung, dass die Kommission eine Reihe befristeter und gezielter Maßnahmen vorgeschlagen hat, um den Herausforderungen zu begegnen, mit denen der Wirtschaftszweig Fisch und Meeresfrüchte infolge der COVID-19-Pandemie konfrontiert ist; |
S. |
in der Erwägung, dass die politische Instabilität und die Unruhen in Libyen eine deutliche Bedrohung für die Fischerinnen und Fischer der EU darstellen, die im südlichen Mittelmeer tätig sind, da ihre persönliche Freiheit und die Sicherheit der Fangtätigkeit gefährdet sind; |
T. |
in der Erwägung, dass die Fischer in der EU verpflichtet sind, die Bestimmungen zum Erhalt der Fischbestände zu befolgen, wohingegen die Fischer aus anderen Mittelmeerländern nicht dieselben Bestimmungen einhalten müssen, was nicht nur die Bemühungen um den Wiederaufbau der Bestände unterminiert, sondern auch unlauteren Wettbewerb für die EU-Fischerei bedeutet; |
U. |
in der Erwägung, dass sich das Mittelmeer um bis zu 20 % schneller erwärmt als die Meere in anderen Teilen der Welt; in der Erwägung, dass der Klimawandel nach Angaben der Sachverständigen für den Klimawandel und Umweltveränderungen im Mittelmeerraum (Mediterranean Experts on Climate and Environmental Change, MedECC) bis 2050 zum lokalen Aussterben von bis zu 50 % der kommerziell befischten Fischarten und wirbellosen Meerestiere führen könnte; |
Verbesserung der legislativen Aspekte
1. |
fordert die Kommission auf, im Benehmen mit dem Beirat für das Mittelmeer (MEDAC) festzustellen, welche Hindernisse dem Wiederaufbau der Fischbestände im Weg stehen, wozu auch eine Analyse der Anwendung der Strategie der GFCM im Zeitraum 2017–2020 gehört, damit die Schlussfolgerungen in die Strategie 2021–2030 einfließen können und dafür Sorge getragen ist, dass praktische Maßnahmen ergriffen werden, um die Fischbestände wiederaufzubauen, einschließlich der Erwägung legislativer und nicht legislativer Maßnahmen, sofern diese benötigt und für angemessen befunden werden; |
2. |
begrüßt den in der Biodiversitätsstrategie für 2030 unterbreiteten Vorschlag der Kommission, mindestens 30 % der Meeresgebiete der EU zu schützen, indem beispielsweise Bestandsauffüllungsgebiete nach Maßgabe der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP)ausgewiesen werden; |
3. |
ist der Ansicht, dass die Stärkung und die wirksame Umsetzung der bestehenden geschützten Meeresgebiete dringend erforderlich sind und dass die Fischer in die Vorbereitungsphase und in ihre Bewirtschaftung einbezogen werden sollten; |
4. |
hält es für geboten, die Bewertung der Ausweisung und des Erfolgs dieser Gebiete in den anstehenden Bericht über das Funktionieren der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) aufzunehmen; fordert die GFCM auf, das erfolgreiche Beispiel des Bestandsauffüllungsgebiets „Jabuka/Pomo“ heranzuziehen; |
5. |
fordert die Kommission auf, für gleiche Bedingungen für alle Wirtschaftszweige zu sorgen, was die Umsetzung wirksam bewirtschafteter und verbundener geschützter Meeresgebiete anbelangt; |
6. |
fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Bedürfnissen der Mittelmeerländer Rechnung zu tragen, indem sie diese Länder bei der Inanspruchnahme regionaler und internationaler Finanzierungsmechanismen und bei der Entwicklung von Projekten für nachhaltige Entwicklung wissenschaftlich und technisch unterstützt; |
7. |
fordert die Kommission auf, die Zweckmäßigkeit der Erstellung neuer Bewirtschaftungspläne für die Bestände zu prüfen, damit die in der GFP verankerten Grundsätze der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit verwirklicht werden; |
8. |
weist erneut darauf hin, dass eines der Ziele der GFP darin besteht, bis spätestens 2020 für alle Bestände eine Größe zu erreichen, die den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht; |
9. |
nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass nach wie vor bei vielen Beständen nicht bekannt ist, in welchem Zustand sie sich befinden; fordert, dass die Bemühungen um eine bessere Datenerhebung ausgeweitet werden, damit die erforderlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen besser konzipiert werden; |
10. |
weist erneut darauf hin, dass eines der Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie darin besteht, bis spätestens 2020 in der Meeresumwelt einen guten Umweltzustand zu erreichen oder aufrechtzuerhalten; |
11. |
fordert die Kommission auf, anhand des erfolgreichen Beispiel des Roten Thuns zu prüfen, ob langfristig eine zulässige Gesamtfangmenge (TAC) für bestimmte Arten, darunter Seehecht, eingeführt werden muss, und bei der Bewertung des Mehrjahresplans im Jahr 2024 einen Vorschlag vorzulegen; |
12. |
weist darauf hin, dass der Erfolg von Meeresschutzgebieten und anderen geschützten Gebieten davon abhängt, dass sie von den Fischern, der Küstenbevölkerung und anderen Interessenträgern angenommen werden; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob die aktive Beteiligung der Fischereiwirtschaft und auch der handwerklichen Fischerei, der lokalen Gemeinschaften und aller einschlägigen Akteure an der Gestaltung, Bewirtschaftung und Überwachung der jeweiligen geschützten Meeresgebiete erleichtert werden muss; |
13. |
fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um Schutzgebieten im Mittelmeer, die nur auf dem Papier bestehen, ein Ende zu bereiten und Meeresschutzgebiete als Teil eines schlüssigen Netzes effizient verwalteter und vernetzter Gebiete, die auch Offshore- und Tiefseegebiete einschließen, einzurichten; weist auf die Verpflichtung hin, in Gebieten, in denen es gefährdete marine Ökosysteme (VME) gibt oder solche vermutet werden, die Fischerei mit grundberührendem Fanggerät unterhalb von 400 m Tiefe einzustellen; |
14. |
ersucht die EU und ihre Mitgliedstaaten, das Netz der im Rahmen der GFP und unter Beteiligung der GFCM eingerichteten Bestandsauffüllungsgebiete auszuweiten, und zwar insbesondere dann, wenn es eindeutige Hinweise auf große Fischpopulationen unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung oder auf Laichgründe gibt; hält es für geboten, die Bewertung der Ausweisung und des Erfolgs dieser Gebiete in den anstehenden Bericht über das Funktionieren der GFP aufzunehmen; fordert die GFCM auf, das erfolgreiche Beispiel des Bestandsauffüllungsgebiets „Jabuka/Pomo“ heranzuziehen; |
15. |
fordert die GFCM auf, eine ehrgeizige und ganzheitliche neue gemeinsame Strategie für Fischerei und Aquakultur im Mittelmeer und im Schwarzen Meer für den Zeitraum 2021–2025 vorzuschlagen, die wirksame und nachhaltige Bewirtschaftungsmaßnahmen auf regionaler und nationaler Ebene nach dem MSY-Ansatz umfassen muss; fordert die GFCM auf, sich mit Problemen wie der Erderwärmung, der IUU-Fischerei und der Freizeitfischerei zu befassen und neue Bestandsauffüllungsgebiete einzurichten; |
16. |
bedauert, dass es an wissenschaftlichen Daten zur Freizeitfischerei mangelt; fordert die EU-Mitgliedstaaten und die GFCM auf, umfassend zu bewerten, wie sich die Freizeitfischerei auf die Bewirtschaftung der Fischereiressourcen auswirkt und wie sie zu dieser Bewirtschaftung beiträgt, und die Freizeitfischerei in ihre Bewirtschaftungspläne einzubeziehen; |
17. |
betont, dass die Überwachung und Kontrolle und die wirksame regionale Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung biologischer Meeresschätze wichtig sind; |
18. |
fordert die Kommission auf, die Ziele des europäischen Grünen Deals in der GFCM zu fördern und durch angemessene Finanzmittel die nachhaltige internationale Meerespolitik und die Bewirtschaftung der Fischbestände zu unterstützen; |
19. |
fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass vor jedem Legislativvorschlag, der auf die Vergrößerung der Fischbestände ausgerichtet ist und mit dem Fischereitätigkeiten beschränkt werden, eine umfassende Folgenabschätzung durchgeführt wird, um seine möglichen sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen auf Küstengemeinschaften und auf die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der EU-Fischereiunternehmen und die Produktionskette zu beziffern, und dass jeder entsprechende Legislativvorschlag durch die besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten gestützt wird, die mit Interessenträgern im Zusammenhang mit der Fischereibranche geteilt werden; |
20. |
fordert in Anbetracht des europäischen Grünen Deals und der diesem zugrunde liegenden Strategien für Biodiversität und „Vom Hof auf den Tisch“ sowie angesichts der umfassenden Auswirkungen des europäischen Grünen Deals auf die Fischereitätigkeit im Allgemeinen und im Mittelmeer im Besonderen, dass die Auswirkungen dieser Maßnahmen und ihrer Umsetzung auf die Fischerei- und Aquakulturbranche vorab bewertet werden, wobei darauf zu achten ist, dass das Mittelmeer ein gemeinsam mit Drittstaaten, in denen andere Regelungen gelten, genutztes Meer ist; |
21. |
betont, dass noch keine genaue Quantifizierung der Folgen aller über die Fischereitätigkeit hinausgehenden möglichen Auswirkungen für die Fischbestände vorgenommen wurde, z. B. Verschmutzung, globale Erwärmung, gebietsfremde Arten, Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, Baggerarbeiten und Seeverkehr; weist darauf hin, dass dieser Mangel an Informationen verhindert, dass ausreichend angepasste und wirksame Entscheidungen getroffen werden, um die Erhaltung der Bestände und der Meeresökosysteme zu garantieren; |
22. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle legislativen und nichtlegislativen Initiativen in einem Mitbestimmungsmodell gemeinsam mit Fischereiverbänden und Berufsvereinigungen umgesetzt werden; |
23. |
betont, dass mögliche künftige Rechtsetzungsmaßnahmen zur Förderung des Wiederaufbaus der Fischbestände im Mittelmeer, die Auswirkungen auf die Fischereibetriebe der Union nach sich ziehen, schrittweise und im Verhältnis zu den Handlungsmöglichkeiten umgesetzt werden müssen; betont ferner, dass etwaige künftige Legislativvorschläge keinen übermäßigen Verwaltungs- und Finanzaufwand für die Fischereibetriebe der Union und insbesondere für die kleine und handwerkliche Fischerei mit sich bringen dürfen; |
24. |
weist darauf hin, dass alle auf den Schutz und den Wiederaufbau der Bestände im Mittelmeer ausgerichteten Legislativinitiativen nicht lediglich auf Maßnahmen zur Einschränkung der Fischereitätigkeit beschränkt sein dürfen, sondern vielmehr einen ganzheitlichen Ansatz in Bezug auf das Problem verfolgen und in ihrer Gesamtheit auf das Vorgehen gegen sämtliche Gefahren mit Blick auf die Bestandserschöpfung ausgerichtet sein müssen; |
25. |
betont, dass bei der Rechtsetzung ein ökosystemorientiertes Konzept verfolgt werden muss, damit alle Interaktionen, die die Fischbestände beeinflussen, erfasst und analysiert werden können, wobei nicht nur die Fischereitätigkeit zu berücksichtigen ist, sondern auch belastende Faktoren, die das Gleichgewicht stören, und das Auftreten neuer invasiver Arten; |
26. |
hebt die positiven Auswirkungen hervor, die die Erneuerung der europäischen Fischereifahrzeuge im Mittelmeer, die im Durchschnitt sehr alt sind — sowohl die Schiffe selbst als auch die Motoren –, nach sich zöge, da so ihre Umweltfolgen eingedämmt, die Kraftstoffeffizienz und die Dekarbonisierung der Schiffe gefördert und die Sicherheit und die Arbeitsbedingungen für die Besatzung verbessert würden; weist erneut darauf hin, dass die Einigung über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) der Unterstützung in diesem Zusammenhang zuträglich ist; |
27. |
fordert die Kommission auf, die Wettbewerbsfähigkeit und die nachhaltige Entwicklung der gesamten Fischerei und der verbundenen Produktionskette zu schützen, indem sie das Fischereierzeugnis aufwertet und die Kennzeichnung und die Rückverfolgbarkeit verbessert und besonderes Augenmerk auf Maßnahmen legt, mit denen sichergestellt wird, dass eingeführte Erzeugnisse den europäischen Standards entsprechen; |
28. |
fordert den Rat und die Kommission auf, den Standpunkt des Parlaments zur laufenden Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 (15) (IUU-Verordnung) positiv zu bewerten, insbesondere in Bezug auf den Vorschlag des Parlaments, Sicherheitsvorkehrungen einzuführen, und zwar unter bestimmten Bedingungen, unter denen Vorzugstarife für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse von Drittstaaten, die bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei nicht ordnungsgemäß zusammenarbeiten, vorübergehend ausgesetzt werden; |
29. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit aller Meereserzeugnisse zu verbessern, damit die Verbraucher klarere Informationen über die Herkunft des Erzeugnisses, Art die Art und andere Aspekte wie Produktionsverfahren und angewandte Standards in Bezug auf den Fang und die Verarbeitung auch bei Einfuhren aus Drittstaaten erhalten; |
30. |
fordert das für Fischerei und maritime Angelegenheiten zuständige Kommissionsmitglied auf, ein Konsultierungsgremium unter Einbeziehung von Drittstaaten aus dem Mittelmeerraum einzurichten, damit unlauterer Wettbewerb eingedämmt und für gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Fischer und Frauen, die in der Branche arbeiten, gesorgt ist; |
31. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei zu bekämpfen, indem die Transparenz von Fischereitätigkeiten und von Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen erhöht wird; |
32. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kapazität für die Fischereiaufsicht zu stärken und den Austausch über bewährte Verfahren und Ziele zwischen den Mitgliedstaaten auf kurzfristiger taktischer Ebene mit der Unterstützung der Europäischen Fischereiaufsichtsagentur (EFCA) zu fördern; |
33. |
fordert die Mitgliedstaaten im Mittelmeerraum nachdrücklich auf, die Anzahl der durch die GFCM eingerichteten Fischereisperrgebiete mit sofortiger Wirkung zu erhöhen, um den Schutz überfischter Meeresökosysteme zu gewährleisten, und dabei das Gebiet mit Fangbeschränkungen „Jabuka/Pomo“ als Beispiel für bewährte Verfahren heranzuziehen, |
34. |
fordert die Kommission auf, die Aufnahme der Fischerei in die Nachbarschaftspolitik der EU als Instrument für die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit zu betrachten; |
35. |
besteht darauf, dass es Ziel der korrekten und obligatorischen Anwendung der GFP ist, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen ökologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Tragfähigkeit zu erzielen; |
36. |
fordert die Kommission auf, eine Analyse der ökologischen und sozioökonomischen Daten zu den örtlichen Gemeinden und der Fischerei im Mittelmeer vorzunehmen, um die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Fischerei und die Fischbestände zu bewerten, und fordert, dass dieser Bewertung danach bei der Entscheidungsfindung Rechnung getragen wird; |
37. |
fordert die Kommission auf, diese Analyse bei der Ausarbeitung politischer Maßnahmen, der Förderung der Forschungszusammenarbeit und der Zusammenarbeit mit allen Akteuren rund um den gesamten Mittelmeerraum, einschließlich EU-Anrainerstaaten wie auch Nicht-EU-Anrainerstaaten, zu nutzen, um mögliche Konflikte zwischen Fischereiflotten, die dieselben, sich in empfindlichen Gebieten internationaler Gewässer befindlichen biologischen Meeresschätze befischen, zu bewerten und zu vermeiden; |
38. |
fordert die Kommission auf, die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen der Freizeitfischerei sowie ihre Folgen für die Fischbestände zu analysieren, damit diese Analyse in etwaige Maßnahmen, die ergriffen werden können, einfließt; |
39. |
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Mittel aus dem EMFF ordnungsgemäß zu verwenden, um die handwerkliche Fischerei zu entschädigen, die ihre Tätigkeit aufgrund der Bestandserhaltungsmaßnahmen vorübergehen einstellen musste, und zwar entsprechend den Vorgaben und Bestimmungen des EMFF; |
40. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Chancen der Mitbestimmung und der ökosystembasierten, adaptiven und präventiven Bewirtschaftung, die letztendlich auf eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen abzielen, zu fördern und sich dabei auf die Kontrolle des Fischereiaufwands und der Selektivität bei der Fischerei im Mittelmeer zu stützen; |
Bewältigung der Auswirkungen sonstiger wirtschaftlicher Tätigkeiten und Belastungen auf die Bestandsauffüllung
41. |
begrüßt die Arbeit, die seit 2017 auf der Ebene der GFCM geleistet wurde, um Strategien zur Bewältigung der möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Fischerei zu entwickeln und anzunehmen; |
42. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, Vorschriften anzunehmen, um das Ankern und Festmachen großer privater Schiffe in einer Entfernung von weniger als 300 m zur Küstenlinie, in einer Entfernung von weniger als 300 m zu geschützten Lebensräumen und in Reeden angesichts der gravierenden Auswirkungen auf fragile Ökosysteme wie Wiesen von Posidonia oceanica zu verbieten; |
43. |
fordert die Kommission auf, eine Studie zu den Auswirkungen der unterschiedlichen menschlichen Tätigkeiten und Verschmutzungsquellen, sowohl an Land als auch auf See, auf die Fischbestände und Meeresökosysteme zu veröffentlichen; |
44. |
hebt hervor, dass es an Ressourcen, insbesondere Personal, fehlt, um wissenschaftliche Forschungsarbeiten und Bestandsabschätzungen im Mittelmeer durchzuführen; |
45. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die Schulung neuer wissenschaftlicher Experten zu finanzieren; |
Ausweitung von Datenerfassung und Forschung
46. |
betont, dass die kleine Küstenfischerei und Fangtechniken mit geringen Umweltauswirkungen im Mittelmeer gefördert müssen, indem die Mitgliedstaaten unter anderem verpflichtet werden, diesen Fischereien im Falle der beiden Fischereitätigkeiten, für die zulässige Gesamtfangmengen (TAC) eingeführt wurden, gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 mehr Fangmöglichkeiten zuzuteilen; |
Mehr Kompetenzen für Akteure bei Entscheidungsfindung und Datenerfassung
47. |
fordert die Kommission auf, eine wirtschaftliche Analyse der Auswirkungen des Ressourcenrückgangs im Mittelmeer auf Gesellschaft und Beschäftigung vorzunehmen, damit Unterstützungsmaßnahmen ermittelt werden können, mit denen ein gerechter und ausgewogener Übergang zu Fangtechniken mit geringen Umweltauswirkungen gewährleistet werden kann; |
48. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass sowohl für die Datenanalyse als auch für etwaige darauf aufbauende Maßnahmen die Mittel des EMFF in Anspruch genommen werden können, damit die Nachhaltigkeit und die Innovation in der Branche und ihre Diversifizierung gefördert werden; |
49. |
fordert eine stärkere Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, von wissenschaftlichen Einrichtungen und der Akteure vor Ort bei der Erhebung der Daten zum selektiven Fischfang, und zwar in enger Zusammenarbeit mit dem Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF); |
50. |
fordert die Förderung des Austauschs über bewährte Verfahren und Innovation im Hinblick auf die bessere Selektivität des Fanggeräts und das Einsammeln von Abfällen aus dem Meer, damit die Rolle der Fischer als Hüter der Meere anerkannt und ein Beitrag zu einem gesünderen und saubereren Meer geleistet wird; |
51. |
betont, dass die uneingeschränkte Umsetzung einer Zielvorgabe in Bezug auf die Bestandsauffüllung im Mittelmeer und eine ordnungsgemäße Umsetzung der von den europäischen Rechtsetzungsorganen angenommenen Bestimmungen von der wirksamen Beteiligung der Fischereibranche abhängen; |
52. |
fordert die Kommission auf, die Zusammenarbeit und den Dialog mit den Beiräten, den Fischern und den in den Küstengemeinschaften in der Branche Tätigen zu verbessern und zu verstärken, ihrer Meinung angemessen Rechnung zu tragen und anzuerkennen, dass Fischern, in der Branche tätigen Frauen und den einschlägigen Berufsverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen ein hoher Stellenwert bei der Formulierung der umzusetzenden Bestimmungen und der Entscheidungsfindung zukommt; |
53. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, auf lokaler Ebene die Einführung von Mitbestimmungsmodellen in der Fischerei zu ermöglichen, die auf Beteiligung, Konsultation und der Möglichkeit beruhen, dass Entscheidungen gemeinsam von allen einschlägigen Akteuren gefällt werden; weist darauf hin, dass diese Bewirtschaftungspläne eine umfassende Erfassung der Fänge erforderlich machen, damit die Ressourcen nachhaltig bewirtschaftet werden und damit ausgewogene sozioökonomische Bedingungen in der Fischerei erlangt werden, mit denen die Unterschiede zwischen den Flottensegmenten stärker ausgeglichen werden; |
54. |
hebt hervor, dass Mitbestimmungsmodelle auf der Aufrechterhaltung der Ökosystemdienstleistungen und auf dem Erhalt der bewirtschafteten Ökosysteme im Wege ihres Schutzes beruhen, was bedeutet, dass ein ökosystemorientiertes Konzept in den Fischereien und die adaptive Bewirtschaftung zur Anwendung kommen müssen und ein ständiges Informations-, Analyse- und Handlungssystem eingeführt werden muss, das dazulernt, Rückmeldungen gibt und bei der Entscheidungsfindung flexibel ist; |
55. |
begrüßt die Annahme des Aktionsplans 2018, mit dem eine nachhaltige Zukunft für die handwerkliche Fischerei und die Meeresumwelt in der Region gesichert werden soll, sowie die Einrichtung der Plattform „Friends of Small-Scale Fisheries“ (Freunde der handwerklichen Fischerei); |
56. |
betont, dass etwaige Schutzziele auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten beruhen müssen; |
Wahrung der Rechtsstaatlichkeit
57. |
verurteilt die anhaltenden Verstöße gegen das Seerecht im Mittelmeer wie Freiheitsberaubung, Beschlagnahmung von Schiffen, rechtswidrige Gefangenschaft, Einschüchterungen, Kontrollen, Schikane, Angriffe und unfaire Gerichtsverfahren zum Schaden der Unionsfischer, die ihrer Arbeit nachgegangen sind, was eindeutig gegen die internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen verstößt; |
58. |
fordert die Kommission auf, die Lage im Mittelmeer zu analysieren und die Möglichkeit der Einführung operativer Modalitäten zu prüfen, um die europäischen Seeleute und Schiffe zu schützen; |
59. |
fordert die Kommission auf, einen Dialog mit den nordafrikanischen Ländern aufzunehmen, die das SRÜ und die Maßnahmen und Beschlüsse der GFCM nicht einhalten, um allen Fischern in der EU Sicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu garantieren; |
60. |
fordert die Kommission auf, Initiativen zur Ausarbeitung von Lösungen auch mit anderen Staaten zu fördern, damit Abkommen im Bereich der regionalen Fischereiorganisationen geachtet werden und zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und dem ordnungsgemäßen Wiederaufbau der Fischbestände beigetragen wird; |
61. |
fordert die Kommission auf, über ihre Agenturen die Gewässer, für die sie zuständig ist, stärker zu überwachen, damit Fischereifahrzeuge aus Drittstaaten ermittelt werden, die illegal in den Hoheitsgewässern der EU und in geschützten Meeresgebieten fischen, und damit die Fischer der Unionsflotte unter sichereren Bedingungen arbeiten können; betont, dass zu diesem Zweck unbedingt die Agenturen mit Finanzmitteln in ausreichender Höhe und entsprechendem Personal auszustatten sind; |
62. |
fordert den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, den Einsatz der Union im südlichen Mittelmeer zu verstärken, was das Völkerrecht, die Sicherheit und die Rechtsstaatlichkeit anbelangt; |
o
o o
63. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0005.
(2) ABl. L 409 vom 30.12.2006, S. 11.
(3) ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19.
(4) ABl. L 286 vom 29.10.2008, S. 1.
(5) ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22.
(6) ABl. L 149 vom 20.5.2014, S. 1.
(7) ABl. L 25 vom 31.1.2017, S. 12.
(8) ABl. L 157 vom 20.6.2017, S. 1.
(9) ABl. L 315 vom 30.11.2017, S. 1.
(10) ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 1.
(11) ABl. L 164 vom 20.6.2019, S. 1.
(12) ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11.
(13) ABl. C 316 vom 6.8.2021, S. 28.
(14) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0017.
(15) Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 des Rates vom 29. September 2008 über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei, zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2847/93, (EG) Nr. 1936/2001 und (EG) Nr. 601/2004 und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1093/94 und (EG) Nr. 1447/1999 (ABl. L 286 vom 29.10.2008, S. 1).
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/65 |
P9_TA(2021)0409
Wirkstoffe, einschließlich Chlortoluron und Difenoconazol
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission vom 3. September 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 2-Phenylphenol (einschließlich seiner Salze, z. B. Natriumsalz), 8-Hydroxychinolin, Amidosulfuron, Bifenox, Chlormequat, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Dimethachlor, Etofenprox, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Paraffinöl, Penconazol, Picloram, Propaquizafop, Prosulfocarb, Quizalofop-P-ethyl, Quizalofop-P-tefuryl, Schwefel, Tetraconazol, Triallat, Triflusulfuron und Tritosulfuron (2021/2869(RSP))
(2022/C 132/06)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission vom 3. September 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 2-Phenylphenol (einschließlich seiner Salze, z. B. Natriumsalz), 8-Hydroxychinolin, Amidosulfuron, Bifenox, Chlormequat, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Dimethachlor, Etofenprox, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Paraffinöl, Penconazol, Picloram, Propaquizafop, Prosulfocarb, Quizalofop-P-ethyl, Quizalofop-P-tefuryl, Schwefel, Tetraconazol, Triallat, Triflusulfuron und Tritosulfuron (1), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (2), insbesondere auf Artikel 17 Absatz 1 und Artikel 21, |
— |
unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) 2015/408 der Kommission vom 11. März 2015 zur Durchführung des Artikels 80 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Erstellung einer Liste mit Substitutionskandidaten (3), |
— |
gestützt auf die Artikel 11 und 13 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (4), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2018 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über Pflanzenschutzmittel (5), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 10. Oktober 2019 und 26. November 2020, in denen es Einwände hinsichtlich der zuvor erfolgten Verlängerungen der Laufzeit der Genehmigung für den Wirkstoff Chlortoluron erhebt (6), |
— |
gestützt auf Artikel 112 Absätze 2 und 3 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Entwurf einer Entschließung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, |
A. |
in der Erwägung, dass Chlortoluron am 1. März 2006 durch die Richtlinie 2005/53/EG der Kommission (7) in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG (8) des Rates aufgenommen wurde und als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt gilt; |
B. |
in der Erwägung, dass seit 2013 ein Verfahren zur Erneuerung der Genehmigung von Chlortoluron gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 (9) der Kommission läuft; |
C. |
in der Erwägung, dass die Laufzeit der Genehmigung für den Wirkstoff Chlortoluron mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 533/2013 der Kommission (10) bereits um ein Jahr verlängert wurde und dass die Laufzeit daraufhin mit den Durchführungsverordnungen (EU) 2017/1511 (11), (EU) 2018/1262 (12), (EU) 2019/1589 (13) und (EU) 2020/1511 (14) der Kommission seit 2017 jedes Jahr um ein weiteres Jahr verlängert wurde und jetzt mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 erneut um ein Jahr verlängert wurde, weshalb die Genehmigung bis zum 31. Oktober 2022 gültig ist; |
D. |
in der Erwägung, dass die Kommission die Verlängerung lediglich mit der folgenden Erklärung begründet hat: „Da sich die Bewertung dieser Wirkstoffe aus Gründen verzögert hat, die die Antragsteller nicht zu verantworten haben, wird die Genehmigung für diese Wirkstoffe wahrscheinlich auslaufen, bevor eine Entscheidung über die Erneuerung der Genehmigung getroffen werden kann.“; |
E. |
in der Erwägung, dass mit der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ein hohes Maß an Schutz sowohl der Gesundheit von Mensch und Tier als auch der Umwelt sichergestellt und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft der Union gewahrt werden soll; in der Erwägung, dass dem Schutz gefährdeter Bevölkerungsgruppen, darunter von Schwangeren, Säuglingen und Kindern, besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden sollte; |
F. |
in der Erwägung, dass das Vorsorgeprinzip angewendet werden sollte und dass in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegt ist, dass Stoffe nur dann in Pflanzenschutzmitteln enthalten sein sollten, wenn nachgewiesen ist, dass sie einen offensichtlichen Nutzen für die Pflanzenerzeugung bieten und voraussichtlich keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder unannehmbare Folgen für die Umwelt haben; |
G. |
in der Erwägung, dass aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hervorgeht, dass im Interesse der Sicherheit die Gültigkeitsdauer der Genehmigung für Wirkstoffe begrenzt sein sollte; in der Erwägung, dass die Gültigkeitsdauer der Genehmigung dem möglichen Risiko bei der Verwendung solcher Stoffe entsprechen sollte, dass es in diesem Fall jedoch offensichtlich ist, dass eine solche Verhältnismäßigkeit nicht vorliegt; |
H. |
in der Erwägung, dass Chlortoluron, nachdem es vor 15 Jahren als Wirkstoff genehmigt wurde, inzwischen als vermutlich endokrinschädlicher Stoff gilt, aber seine Genehmigung seitdem weder überarbeitet noch aufgehoben wurde; |
I. |
in der Erwägung, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die Möglichkeit und die Verantwortung haben, nach dem Grundsatz der Vorsorge zu handeln, wenn erkannt wurde, dass es zu gesundheitsschädlichen Auswirkungen kommen kann, aber keine wissenschaftliche Gewissheit besteht, indem sie die vorläufigen Risikominderungsmaßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit sicherzustellen; |
J. |
in der Erwägung, dass in Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 konkret vorgesehen ist, dass die Kommission insbesondere dann, wenn es ihrer Ansicht nach aufgrund neuer wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse Anzeichen dafür gibt, dass der Stoff die Genehmigungskriterien des Artikels 4 der Verordnung nicht mehr erfüllt, die Genehmigung für einen Wirkstoff jederzeit überprüfen kann, und in der Erwägung, dass diese Überprüfung zur Aufhebung oder Änderung der Genehmigung des Stoffes führen kann; |
Endokrinschädliche Eigenschaften
K. |
in der Erwägung, dass gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (15) für Chlortoluron eine harmonisierte Einstufung als sehr giftig für Wasserorganismen, sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung, vermutlich krebserzeugend (Karz. 2) und vermutlich das Kind im Mutterleib schädigend (Repr. 2) besteht; |
L. |
in der Erwägung, dass Chlortoluron in wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit endokrinschädlichen Eigenschaften in Verbindung gebracht wurde (16); |
M. |
in der Erwägung, dass Chlortoluron im Jahr 2015 im Rahmen der Durchführungsverordnung (EU) 2015/408 der Kommission auf die „Liste mit Substitutionskandidaten“ gesetzt wurde, weil es endokrinschädliche Eigenschaften aufweisen soll, die sich auf Menschen schädlich auswirken können, und weil es die Kriterien für die Einstufung als persistenter und toxischer Stoff erfüllt; |
N. |
in der Erwägung, dass ein Wirkstoff, bei dem festgestellt wurde, dass er endokrinschädliche Eigenschaften besitzt, die schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, gemäß Anhang II Nummer 3.6.5 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht zugelassen werden darf, es sei denn, die Exposition von Menschen gegenüber diesem Wirkstoff in einem Pflanzenschutzmittel ist unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen vernachlässigbar, d. h. das Mittel wird in geschlossenen Systemen oder unter anderen Bedingungen verwendet, unter denen der Kontakt mit Menschen ausgeschlossen ist und Rückstände dieses Wirkstoffs in Nahrungs- und Futtermitteln den gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates (17) festgelegten Standardwert nicht übersteigen; |
O. |
in der Erwägung, dass es nicht hinnehmbar ist, dass ein Wirkstoff, der wahrscheinlich die Ausschlusskriterien für Wirkstoffe mit endokrinschädlichen Eigenschaften erfüllt, auch künftig in der Union verwendet werden darf, wodurch die öffentliche Gesundheit und die Umwelt gefährdet werden; |
P. |
in der Erwägung, dass Antragsteller das in die Arbeitsmethoden der Kommission integrierte automatische System ausnutzen können, mit dem die Laufzeiten der Genehmigungen für Wirkstoffe unverzüglich verlängert werden, wenn die Risikoneubewertung noch nicht abgeschlossen wurde, indem sie das Neubewertungsverfahren absichtlich dadurch hinauszögern, dass sie unvollständige Daten bereitstellen und weitere Ausnahmeregelungen und Sonderbedingungen fordern, was nicht vertretbare Risiken für die Umwelt und die Gesundheit des Menschen zur Folge hat, da diese dem gefährlichen Stoff in der Zwischenzeit weiterhin ausgesetzt sind; |
Q. |
in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 13. September 2018 die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, „dafür Sorge zu tragen, dass die prozedurale Ausweitung des Genehmigungszeitraums um die Dauer des Verfahrens gemäß Artikel 17 der Verordnung nicht für Wirkstoffe verwendet wird, die mutagen, krebserregend, reproduktionstoxisch und damit in Kategorie 1A oder 1B eingestuft oder einzustufen sind, oder für Wirkstoffe, die endokrinschädliche Eigenschaften besitzen, die schädliche Auswirkungen auf Mensch oder Tier haben können, wie dies derzeit für Stoffe wie Flumioxazin, Thiacloprid, Chlortoluron und Dimoxystrobin der Fall ist“; |
R. |
in der Erwägung, dass das Parlament bereits in seinen Entschließungen vom 10. Oktober 2019 und vom 26. November 2020 Einwände gegen die zuvor erfolgten Verlängerungen der Laufzeit der Genehmigung für den Wirkstoff Chlortoluron erhoben hat; |
S. |
in der Erwägung, dass sich die Kommission in ihren Antworten (18) auf die vorherigen Einwände gegen die Verlängerungen der Laufzeit der Genehmigung für Chlortoluron nur auf die Studie bezieht, auf die sich die vor dem Erlass der Verordnung (EU) 2018/605 der Kommission (19) durchgeführte Folgenabschätzung stützt, in der Chlortoluron nicht als möglicherweise endokrinschädigender Wirkstoff eingestuft wird, und dass die Kommission in ihrer Antwort jedoch nicht einräumt, dass diese Studie nicht zur Streichung von Chlortoluron von der Liste der Substitutionskandidaten geführt hat; |
T. |
in der Erwägung, dass die Kommission nach dem Erlass der Delegierten Verordnung (EU) 2017/2100 der Kommission (20) und der Verordnung (EU) 2018/605 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) beauftragt hat, harmonisierte Leitlinien auszuarbeiten, damit die von der Union festgelegten Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften bei der Bewertung von Bioziden und Pestiziden in der Union einheitlich angewandt werden; in der Erwägung, dass diese Leitlinien, die neue OECD-Tests umfassen, im Juni 2018 veröffentlicht wurden (21), jedoch nicht zur Bewertung der endokrinschädigenden Eigenschaften von Chlortoluron herangezogen wurden; |
U. |
in der Erwägung, dass daher Chlortoluron nicht ordnungsgemäß bewertet wurde, sodass die Einstufung als endokrinschädigend nicht aufgehoben werden konnte; |
V. |
in der Erwägung, dass der Entwurf des Bewertungsberichts im Hinblick auf die Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für Chlortoluron noch nicht von der EFSA bewertet wurde; |
W. |
in der Erwägung, dass im Anschluss an die vorige Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für mehrere Wirkstoffe — darunter Chlortoluron — im Jahr 2020 im Wege der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 nur bei einem der 27 Stoffe, die in den Geltungsbereich dieser Durchführungsverordnung fallen, die Laufzeitverlängerung nicht erneuert wurde, während im Wege der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission die Laufzeit der Genehmigung für nicht weniger als 39 Wirkstoffe erneut und für viele dieser Wirkstoffe zum dritten oder vierten Mal verlängert wird; |
X. |
in der Erwägung, dass bei Difenoconazol — unabhängig davon, ob es getrennt oder in Kombination mit verschiedenen Azolen wie Penconazol verwendet wird — vermutet wird, dass es Triazolresistenz bei dem Pilzstamm Aspergillus fumigatus hervorruft (22); |
Y. |
in der Erwägung, dass die Triazolresistenz in Aspergillus fumigatus zunehmend ein Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt (23); in der Erwägung, dass Daten aus mehreren Studien (24) massiv darauf hindeuten, dass landwirtschaftliche Azole verantwortlich sind, wenn medizinische Behandlungen bei bislang nicht mit Azolen behandelten Patienten in klinischen Einrichtungen nicht anschlagen; |
Z. |
in der Erwägung, dass bei jedem vierten Patienten, der aufgrund von Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit COVID-19 einer Intensivbehandlung unterzogen wurde, eine Infektion mit Aspergillus fumigatus festgestellt wurde, wobei in 15 % der Fälle eine resistente Variante von Aspergillus fumigatus diagnostiziert wurde; in der Erwägung, dass diese Patienten kaum therapierbar sind und ihre Überlebensrate auf lediglich 20 % geschätzt wird (25); |
AA. |
in der Erwägung, dass die Verlängerung des Genehmigungszeitraums von Stoffen, die eine Resistenz gegenüber Arzneimitteln gegen Pilzinfektionen bewirken, aus gesundheitlicher Sicht nicht hinnehmbar ist; |
1. |
vertritt die Auffassung, dass die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 über die in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgesehenen Durchführungsbefugnisse hinausgeht; |
2. |
ist der Ansicht, dass die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 der Kommission insofern mit dem Unionsrecht unvereinbar ist, als sie dem Vorsorgeprinzip nicht gerecht wird; |
3. |
missbilligt die erheblichen Verzögerungen im Verfahren für die erneute Zulassung und bei der Bestimmung von Stoffen mit endokrinschädigender Wirkung aufs Schärfste; |
4. |
vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung, die Gültigkeitsdauer der Genehmigung für Chlortoluron und Difenoconazol erneut zu verlängern, nicht mit den in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Sicherheitskriterien vereinbar ist und weder auf Nachweisen dafür, dass diese Stoffe sicher verwendet werden können, noch auf einer erwiesenen dringenden Notwendigkeit, diese Wirkstoffe für die Lebensmittelerzeugung in der Union einzusetzen, beruht; |
5. |
fordert die Kommission auf, ihre Durchführungsverordnung (EU) 2021/1449 aufzuheben und dem Ausschuss einen neuen Entwurf vorzulegen, in dem den wissenschaftlichen Nachweisen zu den schädlichen Eigenschaften aller betroffenen Wirkstoffe — insbesondere von Chlortoluron und Difenoconazol — Rechnung getragen wird; |
6. |
fordert die Kommission auf, nur Entwürfe von Durchführungsverordnungen zur Verlängerung der Laufzeit von Genehmigungen für Stoffe vorzulegen, bei denen der derzeitige Stand der Wissenschaft voraussichtlich nicht in einem Vorschlag der Kommission münden wird, die Genehmigung für den betreffenden Wirkstoff nicht zu erneuern; |
7. |
fordert die Kommission auf, Stoffen die Genehmigung zu entziehen, wenn es Belege dafür gibt, dass diese Stoffe die in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Sicherheitskriterien nicht erfüllen werden, oder begründete Zweifel diesbezüglich bestehen; |
8. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, für die ordnungsgemäße und rechtzeitige Neubewertung der Genehmigungen für die Wirkstoffe zu sorgen, über die sie Bericht erstatten müssen, und sicherzustellen, dass die gegenwärtigen Verzögerungen so bald wie möglich wirksam behoben werden; |
9. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln. |
(1) ABl. L 313 vom 6.9.2021, S. 20.
(2) ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.
(3) ABl. L 67 vom 12.3.2015, S. 18.
(4) ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.
(5) Angenommene Texte, P8_TA(2018)0356.
(6) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2019 zu dem Entwurf einer Durchführungsverordnung der Kommission zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, beta-Cyfluthrin, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflubenzuron, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Picloram, Prosulfocarb, Pyriproxyfen, Thiophanat-methyl, Triflusulfuron und Tritosulfuron (ABl. C 202 vom 28.5.2021, S. 7); Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. November 2020 zu der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 der Kommission vom 16. Oktober 2020 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Picloram, Prosulfocarb, Schwefel, Triflusulfuron und Tritosulfuron (Angenommene Texte, P9_TA(2020)0325)..
(7) Richtlinie 2005/53/EG der Kommission vom 16. September 2005 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Chlorthalonil, Chlortoluron, Cypermethrin, Daminozid und Thiophanatmethyl (ABl. L 241 vom 17.9.2005, S. 51).
(8) Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1)
(9) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 der Kommission vom 18. September 2012 zur Festlegung der notwendigen Bestimmungen für das Erneuerungsverfahren für Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 252 vom 19.9.2012, S. 26).
(10) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 533/2013 der Kommission vom 10. Juni 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Genehmigungsdauer der Wirkstoffe 1-Methylcyclopropen, Chlorthalonil, Chlortoluron, Cypermethrin, Daminozid, Forchlorfenuron, Indoxacarb, Thiophanatmethyl und Tribenuron (ABl. L 159 vom 11.6.2013, S. 9).
(11) Durchführungsverordnung (EU) 2017/1511 der Kommission vom 30. August 2017 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 1-Methylcyclopropen, Beta-Cyfluthrin, Chlorthalonil, Chlortoluron, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dimethenamid-p, Flufenacet, Flurtamon, Forchlorfenuron, Fosthiazat, Indoxacarb, Iprodion, MCPA, MCPB, Silthiofam, Thiophanatmethyl und Tribenuron (ABl. L 224 vom 31.8.2017, S. 115).
(12) Durchführungsverordnung (EU) 2018/1262 der Kommission vom 20. September 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe 1-Methylcyclopropen, betaCyfluthrin, Chlorthalonil, Chlortoluron, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dimethenamid-p, Diuron, Fludioxonil, Flufenacet, Flurtamon, Fosthiazat, Indoxacarb, MCPA, MCPB, Prosulfocarb, Thiophanatmethyl und Tribenuron (ABl. L 238 vom 21.9.2018, S. 62).
(13) Durchführungsverordnung (EU) 2019/1589 der Kommission vom 26. September 2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, beta-Cyfluthrin, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflubenzuron, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Picloram, Prosulfocarb, Pyriproxyfen, Thiophanatmethyl, Triflusulfuron und Tritosulfuron (ABl. L 248 vom 27.9.2019, S. 24).
(14) Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 der Kommission vom 16. Oktober 2020 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Picloram, Prosulfocarb, Schwefel, Triflusulfuron und Tritosulfuron (ABl. L 344 vom 19.10.2020, S. 18).
(15) Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).
(16) Siehe unter anderem: Hong, M., Ping, Z., Jian, X.: „Testicular toxicity and mechanisms of chlorotoluron compounds in the mouse“, Toxicology Mechanisms and Methods 2007; 17(8):483-8.
(17) Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70 vom 16.3.2005, S. 1).
(18) Weiterbehandlung der nichtlegislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Entwurf einer Durchführungsverordnung der Kommission zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, beta-Cyfluthrin, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflubenzuron, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Picloram, Prosulfocarb, Pyriproxyfen, Thiophanat-methyl, Triflusulfuron und Tritosulfuron durch die Kommission, SP(2019)669, https://oeil.secure.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?reference=2019/2826(RSP)&l=en; Weiterbehandlung der nichtlegislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1511 der Kommission vom 16. Oktober 2020 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Verlängerung der Laufzeit der Genehmigung für die Wirkstoffe Amidosulfuron, Bifenox, Chlortoluron, Clofentezin, Clomazon, Cypermethrin, Daminozid, Deltamethrin, Dicamba, Difenoconazol, Diflufenican, Fenoxaprop-P, Fenpropidin, Fludioxonil, Flufenacet, Fosthiazat, Indoxacarb, Lenacil, MCPA, MCPB, Nicosulfuron, Paraffinöle, Picloram, Prosulfocarb, Schwefel, Triflusulfuron und Tritosulfuron durch die Kommission, SP(2021)129, https://oeil.secure.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?reference=2020/2853(RSP)&l=en
(19) Verordnung (EU) 2018/605 der Kommission vom 19. April 2018 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 durch die Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädlicher Eigenschaften (ABl. L 101 vom 20.4.2018, S. 33).
(20) Delegierte Verordnung (EU) 2017/2100 der Kommission vom 4. September 2017 zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 301 vom 17.11.2017, S. 1).
(21) Leitlinien der EFSA und der ECHA für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften im Zusammenhang mit den Verordnungen (EU) Nr. 528/2012 und (EG) Nr. 1107/2009, EFSA Journal 2018, 16(6):5311, http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5311.
(22) Verweij, P.E., Lucas, J.A., Arendrup, M.C., Bowyer, P., Brinkmann, A.J.F., Denning, D.W., Dyer, P.S., Fisher, M.C., Geenen, P.L., Gisi, U., Hermann, D., Hoogendijk, A., Kiers, E., Lagrou, K., Melchers, W.J.G., Rhodes, J., Rietveld, A.G., Schoustra, S.E., Stenzel, K., Zwaan, B.J. und Fraaije, B.A.: „The one health problem of azole resistance in Aspergillus fumigatus: current insights and future research agenda“, Fungal Biology Reviews, Band 34, Ausgabe 4, 2020, S. 202, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1749461320300415
(23) https://www.researchgate.net/publication/349087541_Prevalence_of_Azole-Resistant_Aspergillus_fumigatus_is_Highly_Associated_with_Azole_Fungicide_Residues_in_the_Fields
(24) Cao, D., Wang, F., Yu, S., Dong, S., Wu, R., Cui, N., Ren, J., Xu, T., Wang, S., Wang, M., Fang, H. und Yu, Y.: „Prevalence of Azole-Resistant Aspergillus fumigatus is Highly Associated with Azole Fungicide Residues in the Fields“’, Environmental Science & Technology, 2021, 55(5), S. 3041, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5461301/
(25) https://huisarts.bsl.nl/levensbedreigende-schimmel-ontdekt-bij-kwart-coronapatienten-op-ic/
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/70 |
P9_TA(2021)0410
Die Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und den USA
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu der Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und den USA (2021/2038(INI))
(2022/C 132/07)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 2. Dezember 2020 mit dem Titel „Eine neue EU-US-Agenda für den globalen Wandel“ (JOIN(2020)0022), |
— |
unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung im Rahmen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber vom 24. August 2020 zu den Beziehungen zwischen der EU und den USA, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 7. Dezember 2020 zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, |
— |
unter Hinweis auf die Aussagen des US-Außenministers Anthony Blinken im Ausschuss des Senats der Vereinigten Staaten zur Außenpolitik am 19. Januar 2021, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 26. Februar 2021 zu Sicherheit und Verteidigung, |
— |
unter Hinweis auf die gemeinsame Pressemitteilung der Präsidentin von der Leyen und des US-Außenministers Blinken vom 24. März 2021, |
— |
unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des Außenministers der Vereinigten Staaten und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission (HR/VP) vom 24. März 2021, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärung des US-Außenministeriums vom 26. April 2021 mit dem Titel „U.S. Commitment to the Western Balkans“ (Verpflichtungen der USA gegenüber dem Westbalkan), |
— |
unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. November 2016 zur Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union mit dem Titel „Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: Ein stärkeres Europa“, |
— |
unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit zwischen EU und NATO, die am 8. Juli 2016 in Warschau von dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Präsidenten der Europäischen Kommission und dem NATO-Generalsekretär unterzeichnet wurde, |
— |
unter Hinweis auf den Meinungsaustausch mit dem NATO-Generalsekretär in der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung und der Delegation für die Beziehungen zur Parlamentarischen Versammlung der NATO vom 15. März 2021, |
— |
unter Hinweis auf die Teilnahme des HR/VP an der Tagung der NATO-Verteidigungsminister vom 17. und 18. Februar 2021 sowie an der Tagung der Außenminister der NATO vom 23. und 24. März 2021, |
— |
unter Hinweis auf die von den Staats- und Regierungschefs, die an der Tagung des Nordatlantikrats am 14. Juni 2021 in Brüssel teilgenommen haben, abgegebene Erklärung, |
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unter Hinweis auf die am 15. Juni 2021 abgegebene Erklärung zum Gipfeltreffen EU-USA mit dem Titel „Towards a Renewed Transatlantic Partnership“ (Auf dem Weg zu einer erneuerten transatlantischen Partnerschaft), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2018 zu den Beziehungen zwischen der EU und der NATO (1), |
— |
unter Hinweis auf frühere Entschließungen zu den transatlantischen Beziehungen, insbesondere seine Entschließung vom 26. März 2009 zu dem Stand der transatlantischen Beziehungen nach den Wahlen in den USA (2), seiner Entschließung vom 13. Juni 2013 zur Rolle der EU bei der Förderung einer umfassenderen transatlantischen Partnerschaft (3) und seine Entschließung vom 12. September 2018 zu dem Stand der Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten (4), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik — Jahresbericht 2020 (5), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Januar 2021 zu der Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik — Jahresbericht 2020 (6), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Mai 2021 zum Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020 — Data Protection Commissioner/Facebook Ireland Limited und Maximillian Schrems („Schrems II“) — Rechtssache C-311/18 (7), |
— |
gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
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unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0250/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass die transatlantische Partnerschaft seit 75 Jahren für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie für Sicherheit steht; in der Erwägung, dass die USA nach wie vor der engste und wichtigste strategische Partner der EU sind; in der Erwägung, dass diese Partnerschaft auf starken politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und historischen Bindungen und auf geteilten Werten wie Freiheit, Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit basiert und ein großes Potenzial für Dialog und Zusammenarbeit sowie für die erfolgreiche Behandlung von Problemen, das Erreichen von Zielen und die Umsetzung von Prioritäten, die im gesamten Politikspektrum ein gemeinsames Interesse oder Anliegen darstellen, birgt; |
B. |
in der Erwägung, dass die EU und die USA über gemeinsame Werte verfügen und ein grundlegendes Interesse daran haben, ein regelbasiertes internationales Umfeld zu gestalten, mit dem Ziel, den Multilateralismus und die demokratischen Werte zu stärken, die Menschenrechte zu verteidigen, das Völkerrecht zu wahren, eine regelbasierte internationale Ordnung und gleichermaßen die friedliche Beilegung von Konflikten sowie die nachhaltige Entwicklung in der Welt zu fördern; |
C. |
in der Erwägung, dass sich durch die Wahl von Joe Biden zum Präsidenten der Vereinigten Staaten und die Wahl von Kamala Harris zu seiner Vizepräsidentin neue Möglichkeiten eröffnet haben, diese wesentliche transatlantische Partnerschaft weiter aufrechtzuerhalten und zu stärken, die Anstrengungen und Innovationen auf allen Ebenen der seit Langem bestehenden Zusammenarbeit wieder neu zu entfachen und bei multilateralen Themen wie Klimawandel, digitaler und ökologischer Wandel, Demokratie und internationale Zusammenarbeit besser zusammenzuarbeiten; in der Erwägung, dass sowohl die EU als auch die USA diese erneute Chance für einen intensiven Dialog und eine enge Zusammenarbeit ergreifen sollten, um ihre ständigen Verpflichtungen gegenüber den internationalen Organisationen, denen sie beide angehören, zu erfüllen und in Zukunft eine bessere Koordinierung und Lastenteilung angesichts vielfältiger geopolitischer Fragen sicherzustellen; in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten ein ständiges Ziel der EU ist, unabhängig davon, welche Regierung im Amt ist; |
D. |
in der Erwägung, dass die Biden-Regierung ihre Absicht erklärt hat, die Beziehungen zur EU und zu anderen demokratischen Verbündeten zu stärken; in der Erwägung, dass die erste Auslandsreise Präsident Bidens nach Europa führte, während der er am 14. und 15. Juni 2021 am NATO-Gipfel und am Gipfeltreffen EU-USA in Brüssel teilnahm; in der Erwägung, dass so das starke Engagement der USA für die Stärkung ihrer Beziehungen mit der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten sowie für die Zukunft der gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung innerhalb des Nordatlantischen Bündnisses und mit der Europäischen Union bekräftigt wird; in der Erwägung, dass Präsident Biden vorgeschlagen hat, ein Gipfeltreffen für Demokratie abzuhalten, in dessen Rahmen gemeinsame Verpflichtungen mit der EU und anderen Demokratien angestrebt werden, um die Demokratien zu stärken und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen demokratischen Staaten zu fördern und gleichzeitig Autoritarismus und Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt zu bekämpfen; |
E. |
in der Erwägung, dass es zum Aufbau einer starken und ehrgeizigen transatlantischen Agenda und zur Beseitigung transatlantischer Differenzen, wo immer solche bestehen, durch eine verstärkte Zusammenarbeit, unter anderem in Bereichen wie den Beziehungen mit China und Russland, den Verteidigungsverpflichtungen und -fähigkeiten, den Konflikten im Nahen Osten und bei anderen Sicherheits- und Stabilitätsthemen, eines ständigen, konstruktiven und ausgewogenen Dialogs auf der Grundlage gemeinsamer Ziele bedarf, um nach Möglichkeit gemeinsame Ansätze zu eruieren; in der Erwägung, dass es offensichtlich ist, dass das transatlantische Bündnis nicht als selbstverständlich angesehen werden kann, sondern dass es wiederbelebt und ständig gestärkt werden muss; |
F. |
in der Erwägung, dass die EU bei der transatlantischen Zusammenarbeit und deren Vertiefung eine partnerschaftliche Vorreiterrolle zusammen mit den USA anstreben sollte, die auf die Verfolgung gemeinsamer Interessen ausgerichtet ist; In der Erwägung, dass die EU auch ihre strategische Autonomie in den verteidigungs- und wirtschaftspolitischen Beziehungen steigern sollte, um damit ihre eigenen legitimen diplomatischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen und gleichzeitig die transatlantischen Bindungen zu stärken und den gemeinsamen Einfluss der EU und der USA auf der Weltbühne zu stärken, aber auch im Hinblick darauf, mehr Verantwortung für die Bewältigung wichtiger globaler und regionaler Herausforderungen zu übernehmen und bei Bedarf in außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten eigenständig zu entscheiden und zu handeln; |
G. |
in der Erwägung, dass die EU und die USA die weltweit umfangreichsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen und die weltweit am stärksten verflochtenen Wirtschaftsbeziehungen unterhalten; |
H. |
in der Erwägung, dass die EU und die USA vor eine Reihe neuer gemeinsamer Herausforderungen stehen, darunter der bösartige Einfluss autoritärer Regime, die multilaterale Institutionen untergraben, die sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie, die Gesundheitsförderung weltweit, der Klimawandel und die Notwendigkeit, bei Maßnahmen zur Abmilderung seiner Auswirkung voranzukommen, der Kampf gegen eine globale Welle des Autoritarismus, der Kampf gegen globale kriminelle Netzwerke und Terrorismus, die Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung und der Diskriminierungsfreiheit, die Bewältigung der zunehmenden Spaltung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten und die Fortsetzung des digitalen und grünen Wandels als Mittel für eine nachhaltige Modernisierung, der Fortschritt der Technologie, z. B. in den Bereichen künstliche Intelligenz und Cybersicherheit, Steuervermeidung und allgemeinere Herausforderungen, die durch die Digitalisierung der Wirtschaft hervorgerufen wurden; |
I. |
in der Erwägung, dass eine Wiederbelebung der transatlantischen Beziehungen für einen förderlichen politischen Kontext sorgen würde, in deren Rahmen die gemeinsamen Herausforderungen konstruktiv angegangen und die Fragen behandelt werden können, bei denen die Standpunkte auseinandergehen; |
J. |
in der Erwägung, dass die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) im Dezember 2020 eine neue Cybersicherheitsstrategie der EU vorgestellt haben, die „der EU auch die Möglichkeit [bietet], ihre Führungsrolle bei internationalen Normen und Standards im Cyberraum zu festigen und die Zusammenarbeit mit Partnern in der ganzen Welt zu stärken, um sich für einen globalen, offenen, stabilen und sicheren Cyberraum einzusetzen, der auf Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten, Grundfreiheiten und demokratischen Werten beruht“ (8); |
K. |
in der Erwägung, dass es in den Vereinigten Staaten eine starke parteiübergreifende Unterstützung für die Zusammenarbeit mit demokratischen Verbündeten gibt, um die Widerstandsfähigkeit der transatlantischen Gemeinschaft angesichts hybrider Bedrohungen durch autoritäre Regime zu steigern; |
L. |
in der Erwägung, dass die regelbasierte Ordnung und die demokratischen Werte durch den zunehmenden durchsetzungsstarken Autoritarismus und den Niedergang der Demokratie in Drittländern sowie durch die Zunahme antidemokratischer populistischer und rechtsextremer Bewegungen in Frage gestellt werden; |
M. |
in der Erwägung, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu einer weiteren Fragmentierung des strategischen Gewichts Europas führen könnte, nicht nur in Bezug auf die Beziehungen zwischen der EU und den USA, sondern auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, den G7, den G20 und anderen multilateralen Formaten; |
N. |
in der Erwägung, dass Lateinamerika eine Region ist, die viele gemeinsame Werte, Interessen, historische Beziehungen sowie wichtige wirtschaftliche und menschliche Kontakte mit der EU und den USA hat; |
1. |
begrüßt die Annahme des neuen Vorschlags der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu einer neuen EU-US-Agenda für den globalen Wandel vom Dezember 2020 als Konzept für eine erneuerte und gestärkte transatlantische Partnerschaft; |
2. |
bekräftigt seine Unterstützung für eine starke transatlantische Zusammenarbeit, Partnerschaft und Freundschaft zwischen den USA und der EU, die in den vergangenen 70 Jahren zu Europas Entwicklung, Wohlstand und erfolgreicher Integration beigetragen hat und seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Grundlage für seine Stabilität und Sicherheit ist; betont, dass die Beziehungen der EU zu den USA auf gemeinsamen Werten beruhen; weist erneut darauf hin, dass die politischen Systeme sowohl der USA als auch der EU auf demokratischen Grundsätzen, Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grundfreiheiten beruhen; zeigt sich überzeugt, dass durch transatlantische Zusammenarbeit am besten zu einer friedlichen, nachhaltigen und konstruktiven Lösung der bestehenden globalen und regionalen Herausforderungen beigetragen werden kann, unter anderem durch die Konzentration auf einen nachhaltigen Wandel hin zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft, wozu auch das Erreichen von CO2-Neutralität bis 2050 gehört, und die Überwindung von regionaler, sozialer, rassistischer und geschlechtsspezifischer Ungerechtigkeit; besteht darauf, dass die erneuerte transatlantische Partnerschaft auf der Gleichheit der Partner beruhen muss; betont gleichzeitig, dass die strategische Autonomie der EU nicht ohne eine qualitative Verbesserung der Umsetzung der Prioritäten und Grundsätze der EU-Außen- und Verteidigungspolitik und der Fähigkeit der EU, bei Bedarf bei der Verfolgung ihrer legitimen Interessen autonom zu handeln, einschließlich einer ehrgeizigen Partnerschaft und Zusammenarbeit mit den engsten Verbündeten der Union, wie den Vereinigten Staaten, erreicht werden kann; |
3. |
fordert den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) auf, zu bekräftigen, dass die strategischen transatlantischen Beziehungen nach wie vor wichtig sind, um die multilaterale, regelbasierte internationale Ordnung, deren Kern das System der Vereinten Nationen und das Völkerrecht bilden, wiederherzustellen und ihr neue Impulse zu verleihen, die Demokratie und demokratischen Werte weltweit zu stärken und die Menschenrechte zu fördern, dem bösartigen Einfluss und der Desinformation autoritärer Regime zu begegnen und die Regeln der digitalen Zukunft gemäß den gemeinsamen Werten, einer nachhaltigen Entwicklung sowie eines integrativen Wachstums zu fördern, eine koordinierte Haltung gegenüber Russland und China einzunehmen und ein gemeinsames Angebot von Investitionen in globale Infrastrukturinitiativen im Einklang mit der Konnektivitätsstrategie der EU zu unterbreiten; unterstreicht die Bedeutung der Konnektivitätsstrategie der EU und fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA im Kernbereich Konnektivität; unterstützt transatlantische Bemühungen zur Vermeidung von Energieabhängigkeit durch die Förderung der Energiediversifizierung und der Konnektivität im Allgemeinen durch alle möglichen Mechanismen, wie sich dies auch in der Erklärung der G7 mit dem Titel „Our shared agenda for global action to build back better“ (Unsere gemeinsame Agenda für globales Handeln für einen besseren Wiederaufbau) widerspiegelt; |
4. |
nimmt auch die neue transatlantische Entschlossenheit zur Förderung der Demokratie weltweit, insbesondere durch die Verteidigung der Medienfreiheit, die Unterstützung der Zivilgesellschaft und den Schutz von Journalisten zur Kenntnis und unterstützt diese; begrüßt das klare Bekenntnis der USA zur Stärkung und zum weiteren Ausbau der transatlantischen Beziehungen, das durch die Entscheidung des US-Präsidenten, während seiner ersten Überseereise nach Europa zu reisen und am Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA im Juni 2021 teilzunehmen, zum Ausdruck kommt; unterstützt die in der Erklärung vom 15. Juni 2021„Towards a Renewed Transatlantic Partnership“ (Auf dem Weg zu einer erneuerten transatlantischen Partnerschaft) zum Gipfeltreffen EU-USA dargelegten operativen Schlussfolgerungen, die ein starkes Engagement beider Parteien bestätigen, Synergien anzustreben und den transatlantischen Dialog und die Zusammenarbeit auszubauen; nimmt insbesondere die transatlantische Entschlossenheit zu Kenntnis, humanitäre Bedürfnisse anzugehen, für das humanitäre Völkerrecht einzutreten und mehr Ressourcen für humanitäre Einsätze bereitzustellen; nimmt ebenfalls die Absicht zur Kenntnis, die transatlantische Zusammenarbeit zum Einsatz von Sanktionen zur Verfolgung gemeinsamer Ziele im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik zu stärken und unterstützt diese; |
5. |
fordert eine neue transatlantische Agenda, in deren Rahmen gemeinsame Interessen verfolgt werden, die kollektive Stärke genutzt sowie die multilaterale Zusammenarbeit zum Zwecke einer gerechteren und gesünderen Welt, des Kampfes gegen den Klimawandel, der Förderung der friedlichen und nachhaltigen Beilegung von Konflikten, einschließlich regionaler Konflikte, auf Basis der Grundsätze des Völkerrechts, der Rüstungskontrolle, der nuklearen Abrüstung und der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen gefördert wird; hebt hervor, dass unsere gemeinsamen strategischen Ziele, wie die Stärkung der Versorgungskette für Medikamente und die Reform der WHO, die Sicherstellung eines angemessenen Zugangs gefährdeter Länder zu Impfstoffen, die Verringerung der Abhängigkeit von externen Energiereserven, die Aufstockung der Investitionen in fortschrittliche Technologien, der Kampf gegen Ungleichheiten, die Förderung des ökologischen Wandels sowie die Zusammenarbeit untereinander und mit entsprechenden Drittländern, in deren Zentrum die Sicherheit und Stabilität der östlichen und südlichen Nachbarschaft der EU, des Westbalkans und des afrikanischen Kontinent steht, den Kern dieser Agenda bilden sollten; |
6. |
betont, dass eine Intensivierung der legislativen Zusammenarbeit vonnöten ist sowie stärkere Strukturen für die legislative Zusammenarbeit und einen inklusiven transatlantischen Dialog auf der Grundlage der gesetzgebenden Organe sowohl der EU als auch der USA — etwa im Rahmen einer transatlantischen Versammlung der Gesetzgeber — geschaffen werden müssen; stellt fest, dass eine stärkere Sensibilisierung für Strukturen wie den Transatlantischen Dialog der Gesetzgeber und die Organisation regelmäßigerer Treffen und Besuche des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Parlaments mit den US-amerikanischen Amtskollegen, beispielsweise anlässlich regelmäßiger jährlicher Besuche der jeweiligen Ausschüsse, das Vertrauen in sowie die Nachhaltigkeit und Effizienz der transatlantischen Zusammenarbeit wiederherstellen würden; fordert den US-Kongress nachdrücklich auf, den Transatlantischen Dialog der Gesetzgeber zu stärken, indem er ihn als förmliches Gremium mit ständiger Mitgliedschaft anerkennt, das dem Zweck dient, die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu fördern, und das natürliche Gegenüber für die interparlamentarische Delegation des Europäischen Parlaments darstellt, wenn es um die Beziehungen zum US-Kongress geht; begrüßt die Wiederbelebung des Ausschusses zur Europäischen Union im US-Kongress und unterstreicht die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit und einer Verknüpfung mit den Tätigkeiten des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber; bekräftigt, dass der Lenkungsausschuss des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber äußerst wichtig ist, um sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der transatlantischen Zusammenarbeit bei Gesetzgebungsvorhaben im Europäischen Parlament zu koordinieren, mit dem Ziel, die parlamentarische Kontrolle zu stärken; |
7. |
begrüßt den umfassenden transatlantischen Dialog auf zivilgesellschaftlicher Ebene und fordert die EU und die USA dazu auf, einen solchen Dialog weiter zu fördern und alle Interessenträger aus der Gesellschaft und der Wirtschaft in die Debatte zur Zukunft der transatlantischen Beziehungen einzubinden; ist der Auffassung, dass zu diesem Zweck ein regelmäßiger transatlantischer zivilgesellschaftlicher Dialog ins Leben gerufen werden könnte; betont, dass die Kontakte zwischen den Bürgerinnen und Bürgern der EU und der USA dazu beitragen, gemeinsame Werte, Vertrauen und ein gegenseitiges Verständnis zwischen den transatlantischen Partnern zu entwickeln; fordert daher, dass die Förderung und Erleichterung von Mobilitäts- und Austauschprogrammen wie Erasmus+ und der Austausch von Praktikantinnen und Praktikanten zwischen dem Kongress und dem Europäischen Parlament stärker unterstützt werden; betont, wie wichtig es ist, die direkten persönlichen Kontakte in Wissenschaft, Forschung und Bildung auszubauen; |
8. |
fordert eine intensivere interparlamentarische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und den Mitgliedern des Kongresses, den Mitgliedern der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und den Mitgliedern der verschiedenen Parlamente der 50 US-Bundestaaten in verschiedenen Themenbereichen, mit der der Austausch bewährter Verfahren ermöglicht werden könnte, einschließlich subnationaler Dialoge wie die „Under2 Coalition“, und eine verstärkte Koordinierung bezüglich globaler, aber auch innenpolitischer Herausforderungen, etwa die Bekämpfung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten, der Schutz der Menschenrechte und der demokratischen Standards angesichts wachsender antidemokratischer Bedrohungen von innen und außen, die Verteidigung des Völkerrechts und die Wahrung rechtsverbindlicher Vereinbarungen, die Förderung gemeinsamer strategischer Interessen, die universelle Gesundheitsversorgung, die Konvergenz der Rechtsvorschriften im Bereich der am Menschen orientierten KI in all ihren Formen, die Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus den USA und der EU, Innovationen und andere Spitzentechnologien wie 5G, 6G und Biotechnologie, Forschung, Entwicklung und Innovationen, die Besteuerung von Technologieunternehmen, die Verantwortung und Rechenschaftspflicht von Online-Plattformen, unter anderem durch die Gewährleistung der erforderlichen Aufsicht, um sicherzustellen, dass die Richtlinien von Online-Plattformen den demokratischen Grundwerten Rechnung tragen, der Kampf gegen den Klimawandel, unter anderem als Sicherheitsbedrohung, und das Ziel eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität, der Schutz einer freien und unabhängigen Medienlandschaft und der Schutz der demokratischen Wahlen vor ausländischer Einflussnahme; bekräftigt die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in Bezug auf den Weltraum und des Weltraumdialogs EU-USA; begrüßt die angekündigte Zusage, die transatlantische Zusammenarbeit in Bezug auf den Weltraum auf der Grundlage des Galileo-GPS-Abkommens zu stärken; vertritt die Auffassung, dass durch die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten im Weltraumbereich ein Beitrag dazu geleistet werden könnte, in der gesamten internationalen Gemeinschaft Sicherheitsstandards und bewährte Verfahren für den Weltraumbereich voranzutreiben; |
9. |
fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, bei globalen steuerlichen Herausforderungen zusammenzuarbeiten und dabei auf den Arbeiten der OECD aufzubauen, wie etwa einer Reform des internationalen Körperschaftsteuersystems, um es den Wirtschaftsakteuren nicht zu gestatten, Strategien zur Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) zur Vermeidung der Zahlung von Unternehmenssteuern zu nutzen; unterstützt in dieser Hinsicht die Arbeit des inklusiven Rahmens der OECD und der G20 zu BEPS; betont, dass die Reformbemühungen die Beseitigung von Steueroasen umfassen müssen; betont, dass solche Maßnahmen dazu dienen können, wirtschaftliche Ungleichheiten abzubauen; bekräftigt das Engagement der EU für eine faire Besteuerung in der digitalen Wirtschaft, wie es in der neuen EU-USA-Agenda für den globalen Wandel gefordert wird; |
10. |
betont die Bedeutung der Gegenseitigkeit bei der Visumpflicht zwischen der EU und den USA und fordert beide Seiten auf, im Rahmen aktiver diplomatischer Bemühungen eine für beide Seiten annehmbare Lösung zu finden, die eine Regelung für visumfreies Reisen zwischen allen EU-Mitgliedstaaten ermöglicht; begrüßt die Aufnahme Polens in das US-Programm für visumfreies Reisen und die Bestätigung, dass Kroatien ebenfalls alle Anforderungen für eine Aufnahme erfüllt; fordert die USA auf, die Verfahren des Beitritts von Bulgarien, Zypern und Rumänien zum Programm für visumfreies Reisen zu beschleunigen; |
Wiederherstellung des Multilateralismus
11. |
begrüßt das erneute Bekenntnis der USA zu einem regelbasierten Multilateralismus und zu Bündnissen mit Partnern und betont, dass dies eine wichtige Gelegenheit bietet, wieder mit den USA zusammenzuarbeiten, um die transatlantischen Beziehungen, auch in Bereichen wie Multilateralismus und Menschenrechte, wieder aufzubauen, zu festigen und zu erweitern und die regelbasierte Weltordnung im Einklang mit unseren geteilten liberal-demokratischen Werte gemeinsam zu stärken; unterstreicht, wie wichtig ein enges Zusammenwirken mit den USA und anderen gleich gesinnten Staaten für die Modernisierung multilateraler Organisationen ist, damit sie ihren Zweck erfüllen können und die Förderung des weltweiten Friedens und der Sicherheit, der Grundrechte, der universellen Werte und des Völkerrechts vorangetrieben werden kann; betont, dass bei diesen Bemühungen auch die Länder des globalen Südens einbezogen werden müssen; betont, dass eine enge Zusammenarbeit innerhalb des Systems der Vereinten Nationen, ihrer Agenturen, Organisationen und Missionen erforderlich ist, auch im Hinblick auf die Besetzung von Führungspositionen; |
12. |
bekräftigt sein Engagement für die internationale Zusammenarbeit innerhalb der Vereinten Nationen als unverzichtbares Forum für multilaterale Lösungen für globale Herausforderungen und für politische Öffentlichkeitsarbeit, politischen Dialog und Konsensbildung in der internationalen Gemeinschaft; |
13. |
fordert eine verstärkte gemeinsame Finanzierung von Spitzenprojekten zwischen der EU und den USA auf der Grundlage von bahnbrechenden Technologien, verstärkten gemeinsamen Investitionen in Forschung und Entwicklung, einem verstärkten persönlichen Austausch zwischen Wissenschaftlern im MINT-Bereich und einer verstärkten gemeinsamen Unterstützung von Technologie-Start-ups und KMU; |
14. |
begrüßt die Entscheidung der Biden-Regierung, dem Pariser Abkommen wieder beizutreten, und die Ernennung von John Kerry als Sonderbeauftragten des Präsidenten für das Klima; begrüßt die Ankündigung der Einrichtung einer hochrangigen Klima-Aktionsgruppe EU-USA; fordert die EU und die USA auf, konkrete Vorschläge zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Ökologisierung des Handels vorzulegen und die Operationalisierung umweltfreundlicher Technologien einschließlich Wasserstoff sowie ein nachhaltiges Finanzwesen und die biologische Vielfalt zu fördern; |
15. |
betont, wie wichtig die weltweite Zusammenarbeit bei den transnationalen Herausforderungen der Förderung von Bildung, Wissenschaft, Jugend und kultureller Vielfalt und des Dialogs ist; fordert die USA auf, zur Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) zurückzukehren; |
16. |
begrüßt die Entscheidung der USA zur Rückkehr in die Weltgesundheitsorganisation; fordert eine transatlantische Führungsrolle im Bereich der Gesundheitsdiplomatie, um den Ansatz zur Eindämmung von COVID-19 auf globaler Ebene sowie möglicher zukünftiger Gesundheitskrisen zu koordinieren und die globale Gesundheitssicherheit zu stärken, insbesondere die Reform der Weltgesundheitsorganisation und die gemeinsamen transatlantischen Bemühungen, einen gerechten weltweiten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen, -Tests und -Behandlungen sowie eine ebensolche Verteilung, insbesondere in einkommensschwächeren Ländern, zu ermöglichen; beharrt darauf, dass die Zusammenarbeit intensiviert werden muss, um bessere Verfahren für die Vorbereitung auf künftige Pandemien festzulegen, auch durch einen kohärenten und konsistenten klinischen und regulatorischen Ansatz, der die globalen Lieferketten ergänzt, um Flexibilität und Widerstandsfähigkeit sicherzustellen; fordert eine unparteiische unabhängige Untersuchung des Ursprungs und der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie sowie des Umgangs der WHO mit ihr zu Beginn; |
17. |
weist darauf hin, wie wichtig eine verbesserte öffentliche Impfstoffdiplomatie ist, bei der die EU und die USA eine führende Rolle spielen können, da weltweite Impfungen der einzige Weg zur Beendigung der Pandemie sind; begrüßt die finanziellen Beiträge der EU und der USA zur COVAX-Fazilität und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit zur Verbesserung des weltweiten Zugangs zu Impfstoffen durch einen koordinierten Ansatz bei der Umsetzung des Vorschlags zur Vereinfachung der Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums für Impfstoffe; fordert in diesem Sinne die transatlantischen Partner nachdrücklich zur Zusammenarbeit auf, um eine rasche Produktion und Auslieferung von Impfstoffen, wo immer Bedarf danach besteht, zu ermöglichen; fordert den Austausch bewährter Verfahren zur Einführung von Impfstoffen zwischen den USA und der EU, um zukünftig eine bessere Vorbereitung und Widerstandsfähigkeit sicherzustellen; |
18. |
fordert einen konzertierten Ansatz zwischen der EU und den USA in den Vereinten Nationen, einschließlich bei der Reform der Vereinten Nationen, um deren Wirksamkeit als multilaterale Organisation zu stärken, der Institution mehr Transparenz zu verleihen und ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen; fordert koordinierte Anstrengungen, um bei den VN-Gipfeltreffen zum Klimawandel bzw. zur biologischen Vielfalt im Jahr 2021 (COPS 26) ehrgeizige Zusagen zu erzielen; fordert die EU und die USA auf, im Rahmen der Vereinten Nationen für den Klimawandel und in anderen Foren wie der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation eine führende Rolle zu spielen; betont in diesem Zusammenhang, dass die Zusammenarbeit in den Bereichen saubere Energie und Forschung, Entwicklung und Innovation sowie bei kohlenstoffarmen Technologien und Produkten von entscheidender Bedeutung ist, wie auch die Zusammenarbeit bei anderen drängenden Fragen wie Nichtverbreitung von Waffen, Konfliktlösung und Bekämpfung von Radikalisierung und Terrorismus; ist besorgt über die Tatsache, dass China in den letzten drei Jahrzehnten seine CO2-Emissionen verdreifacht hat und nun 27 % der weltweiten Treibhausgasemissionen ausstößt, wodurch die Bemühungen der EU und der USA zur Bekämpfung der Treibhausgasemissionen ohne eine klare Zusage und Umsetzung durch China weitgehend unzureichend sind; |
19. |
fordert nachdrücklich, das internationale Seerecht zu verteidigen und fordert die USA in diesem Zusammenhang erneut auf, das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen zu ratifizieren; fordert die USA auf, sich den Bemühungen der EU anzuschließen, um mit Blick auf die nächste Umweltversammlung der VN auf die Verabschiedung eines internationalen Abkommens gegen Meeresabfälle und Meeresverschmutzung durch Plastik zu drängen; fordert die USA und die EU nachdrücklich auf, ihre Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei auf globaler Ebene zu verstärken: |
20. |
stellt fest, dass Präsident Biden ein neues Dekarbonisierungsziel von 50 % bis 52 % bis 2030 gegenüber 2005 angekündigt hat; weist außerdem darauf hin, dass Präsident Biden einen virtuellen Gipfel der Staats- und Regierungschefs zum Thema Klima abgehalten hat, um die Bemühungen der großen Volkswirtschaften um Klimaschutz zu stimulieren; |
21. |
ist sich der erheblichen Verbesserung der Luftqualität in den USA in den letzten Jahrzehnten bewusst, die größtenteils auf technologische Verbesserungen und Innovationen in der Energiewirtschaft zurückzuführen ist; |
22. |
ist der Auffassung, dass die EU gemeinsam mit den USA die zentrale Bedeutung der Ziele für nachhaltige Entwicklung und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bekräftigen sollte, wenn es darum geht, einen Rahmen für eine wirksame multilaterale Zusammenarbeit, an der auch China beteiligt ist, festzulegen, sofern dies möglich ist, vorausgesetzt es gibt eine echte Zusage Chinas für Dialog und Zusammenarbeit in einer nicht gegnerischen Art und Weise und mit einer Agenda, die die innere Struktur und die Ziele der Agenda 2030 stärkt; |
23. |
fordert im Hinblick auf die Nutzung restriktiver Mechanismen, einschließlich die Verhängung von Sanktionen im Bereich der Menschenrechte, eine verstärkte Koordinierung und fordert den Rat nachdrücklich auf, eine Korruptionskomponente als Teil des globalen Menschenrechtssanktionssystems der EU einzuführen; fordert die EU und die USA dazu auf, ihre Sanktionspolitik zu koordinieren, wo immer dies möglich und sinnvoll ist; |
24. |
begrüßt, dass die Biden-Regierung zugesagt hat, die Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen wieder aufzunehmen, und damit die neuerliche Absicht der USA signalisiert hat, die Menschenrechte weltweit zu fördern, in der Hoffnung, die Bemühungen um die Wahrung der Menschenrechte weltweit zu stärken und die autoritäre Neudefinition der Menschenrechte als staatszentriertes Konzept zu verhindern; fordert die EU und die USA dazu auf, zusammen mit gleichgesinnten Verbündeten an einer Reform des Menschenrechtsrats zu arbeiten und insbesondere klare Kriterien für seine Mitgliedschaft festzulegen; |
25. |
fordert, das Engagement der EU und der USA für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte weltweit und für die Bekämpfung des Aufstiegs von Autoritarismus und illiberalen Regimen zu stärken; fordert die Ausarbeitung eines umfassenden gemeinsamen Instrumentariums der EU und der USA zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen; fordert die EU-Institutionen auf, eng mit verbündeten Demokratien zusammenzuarbeiten, um die grundlegenden Menschenrechte und demokratischen Werte auf internationaler Ebene durch eine verstärkte enge Kooperation mit internationalen Organisationen wie dem Europarat und der OSZE zu verteidigen und zu fördern; ist der Auffassung, dass Parlament und Kongress in Fällen von Menschenrechtsverteidigern und Vertretern der Zivilgesellschaft, die ohne Grund oder zur Unterdrückung ihrer Aktivität verfolgt und inhaftiert werden, zusammenarbeiten könnten. |
26. |
begrüßt die Aufhebung der US-Sanktionen gegen hochrangige Beamte des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) durch die Biden-Regierung; fordert die USA auf, dem Römischen Statut zur Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofs beizutreten und mit dem Gericht bei seinen laufenden Ermittlungen und Gerichtsverfahren konstruktiv zusammenzuarbeiten; |
27. |
wiederholt seinen Appell an die USA, die Todesstrafe abzuschaffen und ihr Strafrechtssystem zu reformieren; |
28. |
fordert nachdrücklich einen Dialog und den Austausch bewährter Verfahren zwischen der EU und den USA in Bezug auf die Förderung der Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse und die Gleichstellung der Geschlechter; fordert die EU und die USA auf, entschlossene Schritte zur Bekämpfung des systemischen Rassismus zu unternehmen, der sich in Polizeigewalt widerspiegelt, die unverhältnismäßig gegen ethnische und rassische Minderheiten gerichtet ist, und festgefahrenen Ungleichheiten, die legitime friedliche Proteste anheizen; |
29. |
ist der Auffassung, dass die EU und die USA gemeinsam die Gleichheit und die Achtung der Menschenrechte verbessern und sicherstellen können, dass sich diese in der Beschlussfassung multilateraler Gremien widerspiegeln und Unterstützung finden. schlägt daher vor, eine ständige Plattform für den Dialog zwischen der EU und den USA in Erwägung zu ziehen, um konkrete Schritte zur Bekämpfung von Rassismus, Hetze und Diskriminierung, einschließlich die Diskriminierung von LGBTQI-Personen, zu unternehmen, und fordert diesbezüglich eine engere multilaterale Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der OSZE, den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der OAS und dem Europarat; fordert die EU und die USA auf, gemeinsam einen globalen Anti-Rassismus-Gipfel zur Bekämpfung des weltweiten Rassismus und der Diskriminierung zu organisieren; |
30. |
ist zutiefst besorgt über die Annahme des Texas Heartbeat Act (Herzschlaggesetz) durch die texanische Legislative, wodurch Abtreibung de facto verboten wird, da es sich dabei um einen schwerwiegenden Angriff auf die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen handelt; bedauert, dass der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten es in einer knappen Mehrheitsentscheidung abgelehnt hat, über die Annahme dieses beispiellosen Gesetzes zu entscheiden; |
31. |
besteht darauf, dass verstärkte Anstrengungen erforderlich sind, um unter anderem Verbesserungen bei der Gleichstellung der Geschlechter und den Rechten der Frau, auch hinsichtlich geschlechtsspezifischer Gewalt sowie sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte, zu erreichen; |
32. |
fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit mit den USA bei der Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit zu verstärken; fordert die EU und die USA dazu auf, sich gemeinsam für den Schutz und die Erhaltung des kulturellen und historischen Erbes Europas in den USA einzusetzen; |
33. |
legt der Biden-Regierung nahe, ihre angekündigten Pläne zur Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo zügig umzusetzen; bedauert die Tatsache, dass fast 20 Jahre nach der Schaffung der Einrichtung noch immer 40 Gefangene inhaftiert sind, darunter fünf, deren Freilassung bereits von der Obama-Regierung angeordnet worden war; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, ihre Unterstützung anzubieten, um den Prozess zu erleichtern; |
34. |
legt den USA nahe, einem größeren Teil der Bevölkerung einen gerechten und offenen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie dem Gesundheitsversorgungssystem und Sozialschutzsystemen zu gewähren; legt der neu ernannten Biden-Regierung nahe, konkrete Maßnahmen zur Regelung des Waffenbesitzes von US-Bürgerinnen und -Bürgern zu ergreifen; |
35. |
betont, dass die transatlantische Gemeinschaft mit einer Vielzahl beispielloser gemeinsamer Herausforderungen konfrontiert ist, die von der Bekämpfung des Terrorismus bis hin zu hybriden Bedrohungen, Klimawandel, Desinformation, Cyberangriffen, neuen und disruptiven Technologien (EDTS) und einem sich wandelnden weltweiten Machtgleichgewicht reichen, sowie mit der daraus resultierenden Herausforderung für die auf Regeln beruhende internationale Ordnung; |
Verstärkte Zusammenarbeit in Bezug auf den internationalen Handel und auf Investitionen
36. |
hält es für geboten, gemeinsam mit den USA auf der Grundlage einer positiven Dynamik auf die Stärkung des multilateralen Handelssystems und eine Reform der Welthandelsorganisation hinzuarbeiten; begrüßt das Ergebnis des Gipfeltreffens EU-USA „Towards a Renewed Transatlantic Partnership“ (Auf dem Weg zu einer erneuerten transatlantischen Partnerschaft) vom 15. Juni 2021 als Zeichen eines wiederbelebten und konstruktiven Engagements; begrüßt die „Understanding on a Cooperative Framework for Large Civil Aircraft“ (Vereinbarung über einen Rahmen für die Zusammenarbeit in Bezug auf große zivile Luftfahrzeuge); nimmt zur Kenntnis, dass in der Erklärung zum Gipfeltreffen EU-USA anerkannt wird, dass die Anwendung von Zöllen gemäß Abschnitt 232 seitens der USA auf Einfuhren aus der EU zu Spannungen in den transatlantischen Beziehungen geführt hat und begrüßt, dass in derselben Erklärung die ausdrückliche Zusage gemacht wird, bestehende Differenzen in Bezug auf Überkapazitäten im Stahl- und Aluminiumsektor bis Jahresende auszuräumen; hält die Einrichtung mehrerer Plattformen für den ständigen Dialog, wie den Handels- und Technologierat und den gemeinsamen Dialog EU-USA über die Wettbewerbspolitik im Technologiebereich für wesentlich, da damit der transatlantische Handel weiter intensiviert wird, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, so bald wie möglich eine wirksame und inklusive Struktur für den Handels- und Technologierat auf EU-Seite zu schaffen; begrüßt die Einrichtung einer Taskforce EU-USA für Herstellung und Lieferketten im Zusammenhang mit COVID-19; |
37. |
betont, dass der Handels- und Technologierat Teil der positiven transatlantischen Handelsagenda ist und sein letztendliches Ziel darin besteht, demokratische Werte und Ethik in neue Technologien zu integrieren, um zu einer transparenten institutionellen Struktur zu werden und eine führende Rolle beim globalen digitalen Wandel zu übernehmen; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die konstituierende Sitzung wie geplant stattgefunden hat, obwohl Spannungen bestehen, die offen und ehrlich erörtert werden müssen; weist darauf hin, dass es möglich wäre, rasch Gewinne zu erzielen, die den bilateralen Handel fördern würden, und fordert daher beide Seiten nachdrücklich auf, sich auf konkrete, greifbare Ergebnisse zu konzentrieren; begrüßt in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der ersten Tagung des Handels- und Technologierates vom 29. September in Pittsburgh, auf der konkrete Themen für jede der zehn Arbeitsgruppen festgelegt wurden; unterstützt unter anderem die Verpflichtung, bei der Vermeidung neuer und unnötiger Handelshemmnisse bei neuen und aufkommenden Technologien, bei der Überprüfung von Investitionen und der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck zusammenzuarbeiten, sowie die Verpflichtung, die Wirksamkeit von Maßnahmen zu verbessern, mit denen nicht marktbestimmte und handelsverzerrende Strategien und Praktiken angegangen werden; begrüßt die Ermittlung spezifischer Themen wie die Bewältigung der Herausforderungen, die von Nichtmarktwirtschaften ausgehen, und die Zusammenarbeit bei Arbeitnehmerrechten und handelsbezogenen Klimaschutzmaßnahmen in der Arbeitsgruppe für Herausforderungen im Welthandel; betont, wie wichtig die Zusammenarbeit bei der Festlegung internationaler Technologienormen ist; fordert die Einrichtung eines Unterausschusses für Handel und Technologie im Rahmen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber, um die exekutive Rolle des Handels- und Technologierats zu ergänzen und eine demokratische Kontrolle über diesen Rat auszuüben; betont, dass der Handels- und Technologierat — unbeschadet künftiger diesbezüglicher Initiativen — kein Forum für die Aushandlung eines Handelsabkommens zwischen der EU und den USA ist; |
38. |
betont, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten die am stärksten verflochtenen Wirtschaftsbeziehungen der Welt unterhalten, wobei es sich gleichzeitig um die umfassendsten und engsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen handelt, und dass der Handel mit Waren und Dienstleistungen einen Wert von mehr als 1 Billion EUR pro Jahr hat; weist darauf hin, dass auf die Volkswirtschaften der EU und der USA zusammen mehr als 40 % des weltweiten BIP und fast ein Drittel der weltweiten Handelsströme entfallen; |
39. |
betont, wie wichtig es ist, unsere transatlantischen Handelsbeziehungen als historische Verbündete und Handelspartner neu zu beleben, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der derzeitigen COVID-19-Krise, um den Multilateralismus und ein offenes, regelbasiertes Handelssystem zu fördern und gemeinsame Lösungen für drängende globale Herausforderungen, einschließlich der globalen Gesundheitskrise, zu finden; |
40. |
nimmt die Angaben, die die US-amerikanischen Amtskollegen bereits gemacht haben, und die Erklärungen, die die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai bei der Anhörung zur Handelsagenda 2021 der Regierung Biden abgegeben hat, zur Kenntnis; |
41. |
bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Unterstützung für die neue Handelsstrategie der EU, die — auch im Rahmen der transatlantischen Agenda der Union — auf Synergien zwischen innen- und außenpolitischen Zielen im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung abzielt; |
42. |
hält die Handelspolitik für ein strategisches geopolitisches Instrument für die transatlantische Agenda; betont, dass die USA ein wichtiger Handelspartner sind, und begrüßt daher die positiven Signale der Regierung Biden bezüglich ihrer Pläne, die bilateralen Beziehungen zur EU zu stärken, und fordert eine erneuerte Zusammenarbeit, die in den kommenden Jahren zu dauerhaften und konkreten Ergebnissen führen sollte, wobei zu berücksichtigen ist, dass unsere Wirtschaftsbeziehungen auch von Sicherheitsinteressen im Kontext der offenen strategischen Autonomie beeinflusst werden; |
43. |
betont, dass auf gemeinsamen Interessen und Werten sowie auf gemeinsamen Risiken und Bedrohungen basierende gemeinsame Maßnahmen ermittelt werden müssen, um zu einer nachhaltigen und inklusiven wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Pandemie weltweit beizutragen; |
44. |
betont, dass das Welthandelssystem reformiert werden muss, damit weltweit für gleiche Wettbewerbsbedingungen gesorgt wird, und dass eine Zusammenarbeit im Hinblick auf die Entwicklung neuer Regeln erforderlich ist, insbesondere in Bezug auf unlautere Handelspraktiken, da der unlautere Wettbewerb unsere Unternehmen und Arbeitnehmer stark beeinträchtigt; |
45. |
befürwortet den Ansatz einer Partnerschaft in Führung mit den USA, einschließlich einer koordinierten Haltung gegenüber Russland und China, die auf die Verfolgung gemeinsamer Interessen bezüglich des ökologischen und digitalen Wandels unserer Volkswirtschaften ausgerichtet ist, sowie gemeinsame Initiativen in Bezug auf die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter; betont, dass „Arbeitnehmer und Löhne“ sowie widerstandsfähigere, nachhaltigere und verantwortungsvollere Lieferketten Teil dieser Agenda sind; fordert in diesem Zusammenhang beide Seiten auf, ihre Ansätze in Bezug auf Zwangsarbeit und ausbeuterische Arbeitsbedingungen zu koordinieren und bei der Verbesserung der Achtung der Arbeitnehmerrechte und der Umweltstandards in Handelsabkommen sowie auf multilateraler Ebene zusammenzuarbeiten, unter anderem, indem auf den Erfahrungen der jeweils anderen Seite aufgebaut wird, um diese Bestimmungen effizienter durchzusetzen; |
46. |
hebt hervor, dass aufgezeigt werden muss, dass bessere Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA den Bürgern, insbesondere denen, die von der Globalisierung zurückgelassen wurden, und den Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks zugutekommen werden; fordert die EU und die USA in diesem Zusammenhang auf, zusammenzuarbeiten und ihre Strategien aufeinander abzustimmen, um Investitionssynergien zu schaffen, insbesondere, um einen nachhaltigen und inklusiven digitalen und ökologischen Wandel ihrer Volkswirtschaften zu erreichen; |
47. |
stellt fest, dass gemeinsame Herausforderungen für die EU und die USA zunehmend nichtmilitärischer Natur sind und in den Rahmen unserer Wirtschaftspartnerschaft fallen; fordert daher einen kontinuierlichen und verstärkten transatlantischen parlamentarischen Dialog über Handel zwischen dem Europäischen Parlament und dem Kongress der Vereinigten Staaten durch die Interaktion zwischen dem Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments auf EU-Seite und dem „Way & Means“-Ausschuss, dessen Unterausschuss für Handel und dem Finanzausschuss des Senats auf Seiten der USA sowie im Rahmen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber; |
48. |
begrüßt nachdrücklich die Unterstützung der USA für die neue Generaldirektorin der WTO, Ngozi Okonjo-Iweala, und die Rückkehr der USA zum Übereinkommen von Paris; begrüßt die viermonatige vorübergehende Aussetzung der Airbus-Boeing-Zölle, die unverhältnismäßige negative Auswirkungen auf die Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse der EU hatten, als einen positiven Schritt hin zu einer dauerhaften Lösung für Subventionen für zivile Luftfahrzeuge; stellt fest, dass die Aussetzung dieser Zölle im Juli 2021 ausläuft, und fordert nachdrücklich, dass eine Lösung gefunden wird, die zu einer dauerhaften Aufhebung dieser Zölle führt; |
49. |
begrüßt die Bereitschaft der USA, Gespräche über die weltweiten Überkapazitäten im Stahl- und Aluminiumsektor aufzunehmen; nimmt den Beschluss der Kommission zur Kenntnis, die Erhöhung der Zölle auf US-Einfuhren als Gegenreaktion auf Maßnahmen vonseiten der USA auszusetzen; |
50. |
begrüßt ferner den raschen Abschluss des WTO-Abkommens über Zollkontingente, bei dem es sich um das erste Abkommen mit den USA unter der neuen Regierung Biden handelte und das die Bereitschaft dieser neuen Regierung aufzeigt, sich im Rahmen der WTO um Vereinbarungen mit der EU zu bemühen; |
51. |
erkennt gleichzeitig an, dass es nach wie vor einige divergierende Interessen gibt; fordert in diesem Zusammenhang beide Seiten nachdrücklich auf, bilaterale Streitigkeiten beizulegen; fordert die USA nachdrücklich auf, einseitige Handelsmaßnahmen und die Androhung zusätzlicher Maßnahmen im Bereich der Digitalsteuer zurückzuziehen, davon abzusehen, weitere solche Maßnahmen zu ergreifen, und sich stattdessen auf das zu konzentrieren, was uns zusammenbringt; misst dem Gipfeltreffen EU-USA im Juni 2021 große Bedeutung zu als Sprungbrett, um unsere Handelsbeziehungen weiter zu verbessern und Bereiche zu erörtern, in denen das Potenzial für eine engere Zusammenarbeit noch nicht ausgeschöpft ist; |
52. |
fordert die USA nachdrücklich auf, trotz der laufenden Gespräche die Zölle auf Stahl und Aluminium gemäß Abschnitt 232 sofort aufzuheben, da europäische Unternehmen von den USA nicht als Bedrohung für die nationale Sicherheit angesehen werden können, und betont, dass die Bedenken in Bezug auf die Überkapazitäten an Stahl und Aluminium aus Drittländern gemeinsam angegangen werden müssen; bekräftigt unter anderem das Bestreben der EU, Zölle auf Industrieerzeugnisse zwischen der EU und den USA abzuschaffen; |
53. |
bedauert zwar den Abschluss der Untersuchungen gemäß Abschnitt 301 zu Digitalsteuern, begrüßt aber die Aussetzung von Handelsvergeltungsmaßnahmen gegen Wirtschaftssektoren wie Schuhwaren in Mitgliedstaaten, die eine Digitalsteuer eingeführt haben, für sechs Monate, während die Verhandlungen im Rahmen der OECD andauern; ist besorgt über die vorläufige Liste mit Vergeltungszöllen der Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten auf der Grundlage der Untersuchungen gemäß Abschnitt 301 zu den verschiedenen EU-Digitalsteuern, die sich auch auf besonders sensible Branchen des verarbeitenden Gewerbes wie die Schuh- und Lederindustrie erstrecken, die möglicherweise vom US-Markt ausgeschlossen werden könnten, wenn zusätzliche Zölle eingeführt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Verhandlungen im Rahmen des OECD-Vorschlags zur Digitalsteuer zu beschleunigen und so rasch wie möglich abzuschließen und alle möglichen Wege zu nutzen, um weitere wirtschaftliche Schäden für Unternehmen in der EU, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, zu vermeiden, insbesondere im Zusammenhang mit den Strategien zur Erholung nach der COVID-19-Pandemie; ist der Ansicht, dass angesichts der ausschließlichen Zuständigkeit der EU im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik und der Androhung von Vergeltungsmaßnahmen durch die Vereinigten Staaten im Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften im Bereich der Digitalsteuer ein gemeinsamer Ansatz der EU-Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene vorzuziehen ist, insbesondere im Hinblick darauf, ein weiteres transatlantisches gegenseitiges Aufschaukeln der Zölle zu vermeiden; |
54. |
erkennt an, dass nach wie vor unausgeschöpfte Möglichkeiten für einen erheblichen Bürokratieabbau und die Stärkung der transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft bestehen; betont vor dem Hintergrund des anhaltenden technologischen Wettlaufs die Bedeutung eines engen transatlantischen Regulierungsraums für unsere Unternehmen, insbesondere für neue Technologien im Zusammenhang mit Digitalem, Energie und Klima; erwartet, dass beide Seiten im Rahmen eines Dialogs den Bedenken der EU in Bezug auf den US-amerikanischen „Buy American Act“ und den „Jones Act“ Rechnung tragen, auch in Bezug auf die Vergabe öffentlicher Aufträge und den Zugang zu Dienstleistungsmärkten; |
55. |
spricht sich für einen gemeinsamen Ansatz zur Bewältigung der COVID-19-Krise aus, unter anderem durch Maßnahmen zur Erhöhung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Impfstoffen; fordert die EU und die USA auf, zusammenzuarbeiten und bei den Bemühungen zur Bewältigung des Problems der Impfstoffknappheit eine Führungsrolle zu übernehmen, um sicherzustellen, dass Impfstoffe weltweit und so schnell wie möglich an möglichst viele Menschen ausgeliefert werden; begrüßt die Ankündigung der Partnerschaft zwischen der EU und den USA, um die weltweiten Bemühungen um Impfungen gegen COVID-19 voranzutreiben, indem bis zur Generalversammlung der Vereinten Nationen im kommenden Jahr 70 % der Weltbevölkerung geimpft werden; weist darauf hin, dass die Welt mit einem weltweiten Mangel an Impfstoffen konfrontiert ist; fordert die EU und die USA daher auf, mit den Herstellern zusammenzuarbeiten, um die weltweite Produktionskapazität für Impfstoffe und ihre Bestandteile zu erhöhen, um für Impfstoffgerechtigkeit zu sorgen; fordert beide Seiten auf, von jeglichen Ausfuhrbeschränkungen abzusehen, das ordnungsgemäße Funktionieren der Lieferketten sicherzustellen, den erforderlichen Technologietransfer sicherzustellen und die Vorsorge für künftige weltweite Gesundheitskrisen zu verbessern; legt beiden Seiten nahe, die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen zu intensivieren, um den unentbehrlichen Zugang zu Arzneimitteln zu erleichtern; |
56. |
fordert die Kommission und die Regierung Biden auf, die Initiativen der neuen Generaldirektorin der WTO, insbesondere im Bereich Gesundheit, aktiv zu unterstützen; verweist in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt des Parlaments zu einer möglichen Aussetzung des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS), der in seiner Entschließung vom 10. Juni 2021 zum Ausdruck gebracht wurde (9); |
57. |
erkennt zwar an, wie wichtig es ist, die europäischen Rechte des geistigen Eigentums zu schützen, um die Innovationsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten, hält es jedoch für wichtig, alle einschlägigen Flexibilitätsmöglichkeiten im Rahmen des TRIPS-Übereinkommens zu prüfen, um die weltweite Produktionskapazität für Impfstoffe und Impfstoffkomponenten zu erhöhen; betont, dass die Suche nach Lösungen für die Rechte des geistigen Eigentums nur ein Teil der gemeinsamen globalen Reaktion sein kann; |
58. |
betont, dass die WTO nach wie vor der Eckpfeiler eines regelbasierten, multilateralen Handelssystems ist; fordert eine verstärkte Zusammenarbeit bei der WTO-Reform, unter anderem in Bezug auf die Reform ihrer drei Kernaufgaben, wozu eine dringende Reform und Wiedereinsetzung des Berufungsgremiums sowie die Stärkung der Überwachungs- und Beratungsfunktionen der WTO gehören, unter anderem durch die Förderung offener, plurilateraler Abkommen; |
59. |
fordert beide Seiten nachdrücklich auf, unter anderem bei der Regulierung des Handels mit Gesundheitsprodukten, der Ausarbeitung von Regeln für den digitalen Handel und der Festlegung einer ehrgeizigen Klima- und Umweltagenda zusammenzuarbeiten, indem die Verhandlungen über das Abkommen über Umweltschutzgüter wiederaufgenommen werden, und gemeinsame Vorschläge auszuarbeiten, unter anderem in Bezug auf die Disziplinen für Subventionen und den schrittweisen Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe; |
60. |
erwartet von beiden Seiten, dass sie sich auf konkrete Ziele für die 12. Ministerkonferenz der WTO (MC12) einigen, um die WTO auf den ökologischen und den digitalen Wandel vorzubereiten, darunter ein Fischereiabkommen, eine Erklärung zu Handel und Gesundheit, ein Arbeitsprogramm für die Reform des Streitbeilegungssystems, ein Arbeitsprogramm für Industriesubventionen und staatseigenen Unternehmen sowie wesentliche Fortschritte bei den Verhandlungen über den elektronischen Geschäftsverkehr; |
61. |
fordert beide Seiten auf, gemeinsam an der Aktualisierung der WTO-Regeln für staatseigene Unternehmen, Industriesubventionen, Überkapazitäten und Technologietransfer zu arbeiten, um die Organisation effizient für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu rüsten; befürwortet in diesem Zusammenhang auch die Ausweitung der trilateralen Initiative mit Japan und fordert die EU und die USA auf, eine Koalition gleichgesinnter Länder in der WTO anzuführen, um neue Regeln zu vereinbaren, und gleichzeitig ein eigenständiges Instrument gegen unfaire ausländische Subventionen zu entwickeln; erwartet, dass beide Seiten multilaterale Übereinkünfte fördern und anstreben; fordert die USA auf, ihre Zusagen im Rahmen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen zu bekräftigen; |
62. |
nimmt das Ergebnis des ersten hochrangigen Treffens im Rahmen des Dialogs zwischen der EU und den USA über China zur Kenntnis, bei dem beide Seiten bekräftigten, dass ihre Handelsbeziehungen zu China vielschichtig sind und Elemente der Zusammenarbeit, des Wettbewerbs und der systemischen Rivalität umfassen; spricht sich wo immer möglich für einen gemeinsamen strategischen Ansatz gegenüber China sowie für eine Zusammenarbeit innerhalb multilateraler Rahmen bei gemeinsamen Herausforderungen wie dem Klimawandel, unlauteren Handelspraktiken, die zu Marktverzerrungen führen, und fehlenden gleichen Wettbewerbsbedingungen aus; |
63. |
weist darauf hin, wie wichtig es ist, einen abgestimmten Standpunkt zu vertreten, um verzerrende Industriesubventionen — insbesondere in Bezug auf staatseigene Unternehmen und Überkapazitäten in kritischen Sektoren –, erzwungene Technologietransfers, den Diebstahl geistigen Eigentums, obligatorische Joint Ventures, Marktbarrieren und das Verbot von Zwangsarbeit anzugehen, indem eine Diskussion über das Phase-1-Abkommen der USA mit China und das umfassende Investitionsabkommen der EU aufgenommen wird; |
64. |
stellt fest, dass solche Probleme nicht unilateral oder bilateral gelöst werden können und eine Koalition gleichgesinnter Partner auf internationaler Ebene im Rahmen der WTO erfordern; |
65. |
betont, wie wichtig es ist, dass in der gemeinsamen Strategie EU-USA und innerhalb der WTO die Achtung der Menschenrechte, auch bei der Tätigkeit internationaler Unternehmen, einbezogen wird; weist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit verbindlicher Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht hin und fordert die USA auf, sich diesem Ansatz anzuschließen und ihn in der gesamten Lieferkette zu unterstützen; |
66. |
ist der Ansicht, dass die EU und die USA die transatlantische Zusammenarbeit im Bereich der regelbasierten und nachhaltigen Konnektivität als Reaktion auf Chinas Initiative „Neue Seidenstraße“ stärken sollten, und hofft auf eine künftige Zusammenarbeit, insbesondere im Hinblick auf die Aufrechterhaltung hoher Qualitätsstandards; |
67. |
fordert die Kommission auf, bei gleichzeitiger Förderung des Dialogs und des gemeinsamen Vorgehens die Interessen der EU und ihre offene strategische Autonomie entschlossen voranzubringen und auf ungerechtfertigte US-Zölle, die exterritoriale Anwendung von Sanktionen, die gegen das Völkerrecht verstößt, und Marktbarrieren zu reagieren; betont, dass die autonomen Handelsmaßnahmen der EU gestärkt werden müssen; |
68. |
fordert insbesondere die USA auf, dafür zu sorgen, dass ihre Verfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge transparent, offen und berechenbar sind und auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung basieren; |
69. |
fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag für ein Instrument zur Abschreckung und Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen von Drittländern und für Rechtsvorschriften zur Unterstützung von europäischen Unternehmen, gegen die diese Sanktionen verhängt wurden und die im Einklang mit dem Völkerrecht handeln, auszuarbeiten; |
70. |
legt beiden Seiten nahe, einen ehrgeizigen Dialog aufzunehmen und über die Neubelebung eines strategischen Dialogs auf hoher Ebene einen Rahmen für gemeinsame Maßnahmen zu finden und sich um selektive Handels- und Investitionsabkommen zu bemühen; |
71. |
fordert eine stärkere regulatorische, ökologische, nachhaltige und digitale Partnerschaft durch den Handels- und Technologierat; fordert eine Einigung über die Konformitätsbewertung, die insbesondere KMU zugutekommen wird, einen koordinierten Ansatz für die Festlegung internationaler Standards für kritische und neu entstehende Technologien wie künstliche Intelligenz und eine Zusammenarbeit in Regulierungsfragen für große Technologieunternehmen sowie Digitalsteuern und globale Steuern; fordert die EU und die USA auf, Informationen über die Überprüfung ausländischer Investitionen in strategischen Sektoren, einschließlich in Bezug auf mögliche feindselige Übernahmen, auszutauschen und dabei zusammenzuarbeiten; |
72. |
fordert beide Seiten auf, bewährte Regulierungspraktiken auszutauschen; fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, ihre Verhandlungen über die Konformitätsbewertung fortzusetzen, um finanziell belastende nichttarifäre Hemmnisse zu beseitigen; betont, wie wichtig es für beide Seiten ist, sich abzustimmen und eine Koalition gleichgesinnter Partner zu leiten, um die Nutzung transatlantischer Standards durch internationale Normungsorganisationen zu fördern; |
73. |
fordert beide Seiten auf, den Handel als Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Verwirklichung von Aufwärtskonvergenz zu nutzen; fordert in diesem Zusammenhang beide Seiten nachdrücklich auf, bei der Bepreisung von CO2 zusammenzuarbeiten und sich insbesondere bei der Entwicklung eines CO2-Grenzausgleichssystems sowie wirksamen Maßnahmen gegen den illegalen Waffenhandel abzustimmen und die Transparenz und Rechenschaftspflicht des Waffenhandels, einschließlich der Waffenausfuhren der USA und der EU-Mitgliedstaaten, zu verbessern; |
74. |
fordert die USA und die EU auf, im Rahmen der OECD zusammen an einer globalen Körperschaftssteuer zu arbeiten, wobei es insbesondere die von den G7-Staaten erzielte Vereinbarung über eine weltweite Steuerreform begrüßt und das Übereinkommen über einen weltweiten Körperschaftsteuer-Mindestsatz von mindestens 15 % hervorhebt, und fordert beide Seiten auf, bei der Bekämpfung betrügerischer und schädlicher Handelspraktiken zusammenzuarbeiten; |
75. |
betont, dass stärkere Handels- und Wirtschaftspartner stärkere Bündnisse schaffen; begrüßt die Bemühungen beider Seiten, ihre Lieferketten widerstandsfähiger zu machen, insbesondere in Bezug auf kritische Rohstoffe; |
76. |
fordert angesichts der Öffnung neuer Schifffahrtsrouten und der möglichen Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen aufgrund des Klimawandels und unter Berücksichtigung des wachsenden wirtschaftlichen Interesses anderer Länder wie Chinas an der Arktis eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in der Arktis; fordert die Kommission auf, diese Möglichkeiten und Herausforderungen auch in ihrer künftigen Arktis-Strategie anzusprechen; |
77. |
fordert die Kommission nachdrücklich auf, bei ihrer Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten als gängige Praxis Transparenz walten zu lassen, indem sie unter anderem alle an die Vereinigten Staaten übermittelten Vorschläge veröffentlicht und die Beteiligung des Parlaments und der Zivilgesellschaft an der Ausarbeitung dieser Vorschläge sicherstellt, um so das Vertrauen der Verbraucher und der Bürger zu stärken; |
Gemeinsame Bewältigung der Herausforderungen im Sicherheits- und Verteidigungsbereich
78. |
betont, dass das transatlantische Bündnis für die Sicherheit und Stabilität des europäischen Kontinents nach wie vor von grundlegender Bedeutung ist, da die NATO die Grundlage der kollektiven Verteidigung Europas ist und eine tragende Säule der europäischen Sicherheit darstellt; bekräftigt ferner, dass die NATO-Verbündeten und -Partner sowie die Europäische Union gemeinsam mehr tun müssen, um den gerechten Erwartungen als glaubwürdige und gleichberechtigte transatlantische Partner gerecht zu werden, die in der Lage und willens sind, sich selbst zu verteidigen und Krisen in ihrer eigenen Nachbarschaft zu bewältigen und gleichzeitig die Führung zu übernehmen, wenn notwendig, jedoch in enger Abstimmung mit den USA; unterstützt die Neuausrichtung der Verantwortlichkeiten in den transatlantischen Beziehungen im Sicherheitsbereich, indem auf mehr Eigenständigkeit der EU-Mitgliedstaaten im Verteidigungsbereich hingearbeitet wird, um die USA zu entlasten, sowie in einer Weise, dass Synergien zwischen der NATO-Mitgliedschaft und den EU-Verteidigungsfähigkeiten geschaffen werden; betont, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO auf 74 gemeinsam vereinbarten Maßnahmen in bestimmten Bereichen beruht; weist darauf hin, dass beide Organisationen unterschiedliche Aufgaben und Prioritäten haben, da die NATO für die kollektive territoriale Verteidigung ihrer Mitglieder zuständig ist und die EU ein militärisches Krisenmanagement im Ausland anstrebt, wobei das Potenzial für mehr Dialog und Zusammenarbeit besteht, was Sicherheitsherausforderungen und eine strategische Partnerschaft basierend auf der gemeinsamen Unterstützung der Grundwerte Demokratie, Freiheit und Förderung des Friedens betrifft; betont, dass eine vertiefte Zusammenarbeit, Bündelung und gemeinsame Nutzung sowie ein effizienter und transparenter europäischer Verteidigungssektor auch die der NATO zur Verfügung stehenden Fähigkeiten stärken; betont, dass die Schaffung einer starken industriellen Basis der EU und stärkerer militärischer Fähigkeiten sowie Investitionen in die militärische Mobilität und Interoperabilität nicht nur die EU, sondern gleichzeitig auch das transatlantische Bündnis stärken und Synergieeffekte im Zusammenhang mit der Rolle und Bedeutung der EU und ihrer Mitgliedstaaten in der NATO schaffen würde; bekundet daher sein uneingeschränktes Engagement für die europäischen Verteidigungsinitiativen, insbesondere EEF, SSZ, EPF und andere; betont, dass die transatlantische Partnerschaft nur erfolgreich sein kann, wenn alle Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen, einschließlich der Zusagen für Verteidigungsinvestitionen, erfüllen und sich gegenseitig unterstützen und eine ausgewogene Lastenteilung anstreben; betont in diesem Zusammenhang, dass alle NATO-Verbündeten finanziell in die Entwicklung, den Erwerb und den Erhalt der Fähigkeiten investieren müssen, die die NATO zum Schutz ihrer Bürger benötigt; weist auf den laufenden Ausarbeitungsprozess des Strategischen Kompass der EU hin, der ein Meilenstein für eine stärkere europäische Verteidigungs- und Sicherheitszusammenarbeit sein wird, und unterstreicht, dass der Strategische Kompass eng mit dem Entwurf des Strategischen Konzepts der NATO verknüpft werden sollte, und ist überzeugt dass diese parallelen Prozesse eine einzigartige Gelegenheit bieten, die transatlantische Politik- und Sicherheitspartnerschaft erheblich voranzubringen, sie auf einen neuen Stand zu bringen und sie für die aktuellen globalen Herausforderungen, mit denen sowohl die EU als auch die USA konfrontiert sind, zu rüsten; betont, dass das Streben nach europäischer strategischer Autonomie keineswegs die NATO untergräbt, sondern sie ergänzt; fordert den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Europäischen Verteidigungsagentur und den Vereinigten Staaten und begrüßt die Zusagen der EU und der USA in der Erklärung zum Gipfeltreffen EU-USA vom 15. Juni 2021, so bald wie möglich die Diskussion darüber zu beginnen; unterstützt die Einführung von Verfahren zur Koordination der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zwischen den USA, der EU und dem Vereinigten Königreich; |
79. |
begrüßt den positiven Beschluss des Rates vom 6. Mai 2021, mit dem der Koordinator des Projekts „Militärische Mobilität“, die Niederlande, ermächtigt wird, die USA, Kanada und Norwegen auf deren jeweiligen Antrag hin zur Teilnahme an dem SSZ-Projekt „Militärische Mobilität“ einzuladen betont, dass diese Beteiligung die Kohärenz der Fähigkeiten der EU und der NATO sowie die Interoperabilität, Bereitschaft und Widerstandsfähigkeit der transatlantischen Streitkräfte verbessern wird; |
80. |
fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU, den USA und der NATO mit unseren östlichen Nachbarn, insbesondere Georgien, der Ukraine und Moldau, in Sicherheits- und Verteidigungsangelegenheiten, einschließlich durch die Unterstützung der territorialen Integrität dieser Länder und ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Cyber-, Informations-, Spionage- und andere Bedrohungen, die gegen sie gerichtet sind; |
81. |
begrüßt die Entscheidung der USA, den Abzug der US-Streitkräfte aus der EU rückgängig zu machen und ihre militärische Präsenz in den EU-Mitgliedstaaten als Zeichen des Engagements für die transatlantische Sicherheitszusammenarbeit zu verstärken; dankt den vielen Angehörigen der US-Armee, die in den letzten Jahrzehnten zum Schutz der Sicherheit Europas und seiner Bürger beigetragen haben; |
82. |
fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, eine enge Zusammenarbeit nicht nur im Bereich der traditionellen Sicherheitsbedrohungen, sondern auch im Bereich aufkommender Bedrohungen, etwa der feindlichen technologischen Vorherrschaft durch Drittstaaten, hybrider Bedrohungen, Desinformation und böswillige Einmischung in Wahlprozesse, zu verstärken; fordert die EU und die USA nachdrücklich auf, eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Cybersicherheit aufzubauen; fordert die EU nachdrücklich auf, wirksamere Cyberfähigkeiten zu entwickeln, um ihre Fähigkeit zur Abwehr von Cyberbedrohungen zu stärken; begrüßt die neue Cybersicherheitsstrategie der Kommission als Grundlage für die Festlegung internationaler Normen und Standards im Cyberraum; fordert die Entwicklung, den Erwerb und den Erhalt der Fähigkeiten, auch innerhalb der NATO und auch, was den Austausch von Erkenntnissen betrifft, sowie eine stärkere Koordinierung zwischen den Agenturen der Europäischen Union wie der Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) und mit ihren amerikanischen Amtskollegen; erkennt an, dass bis zu einem gewissen Grad Cyberabwehr wirksamer ist, wenn sie auch einige offensive Mittel und Maßnahmen umfasst, vorausgesetzt, deren Einsatz steht im Einklang mit dem Völkerrecht; betont, wie wichtig ein gemeinsamer Ansatz in Bezug auf das Verbot tödlicher autonomer Waffen ohne wesentliche menschliche Eingriffe, die Regulierung der Autonomie von Waffensystemen auf globaler Ebene und die Beschränkung des Exports und der Verbreitung von Cyberwerkzeugen und Massenüberwachungstechnologien ist; betont, dass die globale Rüstungskontrolle auf einen neuen Stand gebracht werden muss, damit den Cyber- und KI-Herausforderungen begegnet werden kann; fordert die transatlantischen Partner auf, die Forderung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen nach einem weltweiten Waffenstillstand zu unterstützen und aktiv dazu beizutragen; |
83. |
ist der Ansicht, dass der Schutz demokratischer Prozesse und Wahlprozesse ein zentrales globales Sicherheitsthema ist; schlägt in diesem Zusammenhang die gemeinsame Entwicklung eines strukturierten Rahmens für Reaktionen auf Einmischungen in Wahlprozesse vor, basierend auf einem transatlantischen Verhaltenskodex für freie und belastbare demokratische Prozesse, der strukturelle und umfassende Maßnahmen anstrebt, um auf die hybride Natur von Einmischungen zu reagieren, und in enger Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie die OSZE; fordert die EU und die Vereinigten Staaten auf, eine engere und ehrgeizigere internationale Zusammenarbeit bei Wahlbeobachtungen gemeinsam mit allen relevanten Partnern zu fördern, insbesondere mit den Organisationen, die die „Grundsatzerklärung für die internationale Wahlbeobachtung“ unterstützen, um der zunehmenden Bedrohung der öffentlichen Sicherheit in Wahlprozessen entgegenzuwirken; betont, dass dem zunehmenden Phänomen der Pseudo-Wahlbeobachtung durch Einheimische entgegengewirkt werden muss, da dadurch das öffentliche Vertrauen in die Wahlbeobachtung insgesamt untergraben wird, und dass die Chancen, Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit der zunehmenden Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien bei Wahlen bewertet werden müssen; besteht darauf, dass die notwendige Zusammenarbeit mit den einschlägigen einheimischen Wahlbeobachtungsorganisationen auf allen Ebenen sowie deren Schutz im Rahmen ihrer Aktivitäten verstärkt werden müssen; |
84. |
hebt hervor, dass unbedingt Fähigkeiten im Bereich Quanteninformatik erworben werden müssen, und betont, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in diesem Bereich verstärkt werden muss, damit sichergestellt wird, dass die Quanteninformatik zuerst zwischen den Partnern verwirklicht wird, die enge Beziehungen zueinander pflegen und flankierende Ziele miteinander teilen; |
85. |
betont die strategische Bedeutung der unterseeischen Telekommunikationskabel im Nordatlantik, die für 95 % der internationalen Telekommunikation genutzt werden; weist erneut darauf hin, wie wichtig eine verstärkte transatlantische Zusammenarbeit für den Schutz und die Einhaltung der internationalen Instrumente zur Regelung von Unterseekabeln wie dem VN-Seerechtsübereinkommen ist; |
86. |
unterstützt die Einrichtung des Sicherheits- und Verteidigungsdialogs zwischen der EU und den USA und fordert den HR/VP auf, diesen so bald wie möglich aufzunehmen; weist darauf hin, dass es wichtig ist, auch Vertreter der NATO in diesen Dialog einzubeziehen, um Synergien mit der ständigen Zusammenarbeit der EU mit der NATO zu fördern und jede Duplizierung politischer Reaktionen zu vermeiden; betont, dass der Sicherheits- und Verteidigungsdialog zwischen der EU und den USA die Zusammenarbeit bei Sicherheits- und Verteidigungsinitiativen, Krisenmanagement, Militäroperationen und bilateralen Sicherheitsfragen umfassen sollte, wie in der EU-USA-Agenda für den globalen Wandel angeführt; betont, dass der Informationsaustausch ein wichtiger Bestandteil dieses Dialogs wäre; |
87. |
betont, dass unsere Gesellschaften auf beiden Seiten an einem introspektiven Prozess zu unseren demokratischen Werten sowie zur Achtung des anderen und der Vielfalt der Meinungen teilhaben müssen, um die globale Demokratie gegenüber dem zunehmenden Autoritarismus, der sowohl von Russland als auch von China gefördert wird, aber auch innerhalb der transatlantischen Gemeinschaft wiederzubeleben und zu verteidigen, unter anderem indem die Rechenschaftspflicht und Widerstandsfähigkeit unserer demokratischen Systeme gestärkt, extremistische Ansichten und Rassismus, die den Nährboden für antidemokratische Bewegungen bieten, bekämpft, eine gemeinsame Stimme gegen den böswilligen geopolitischen Einfluss autoritärer Akteure erhoben, der transatlantische Dialog gepflegt und eine integrative Sozial- und Wirtschaftspolitik, mit der die Ursachen von Ungleichheiten angegangen werden, gefördert werden; unterstreicht den Wert des transatlantischen Dialogs und der transatlantischen Zusammenarbeit bei Strategien zur Unterstützung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit und zur Bekämpfung von Desinformation und ausländischer Einmischung; betont, dass beide Seiten die Ursachen für den Rückgang des öffentlichen Vertrauens in Politik und Institutionen angehen müssen; betont, dass Bemühungen in diese Richtung den Aufbau von Vertrauen in Wissenschaft und Fakten, die Schaffung eines Sicherheitsnetzes von Maßnahmen gegen Diskriminierung sowie die Ablehnung von und die Beschäftigung mit Diskriminierung aus Gründen der Rasse und der Religion umfassen sollten; |
88. |
fordert die EU und die Vereinigten Staaten ferner auf, gemeinsam bestehenden regionalen Organisation in Afrika — wie die Afrikanische Union (AU), die Einsatztruppe der G5 der Sahelzone (G5 Sahel) und die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS — Economic Community of West African States) — wirtschaftliche, politische und operative Unterstützung zu gewähren; |
89. |
betont, dass die EU und die Vereinigten Staaten ihre Anstrengungen zur Bekämpfung von Terrorismus und Radikalisierung koordinieren und sicherstellen müssen, dass die unternommenen Anstrengungen mit den erforderlichen Mitteln unterstützt werden und die Bedrohungen, die sie darstellen, angemessen sind; ist der Ansicht, dass beide Partner bestrebt sein sollten, die derzeitigen Verfahren für den Austausch von Erkenntnissen zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, mit besonderem Schwerpunkt auf der Verbesserung des gemeinsamen Verständnisses in Schlüsselbereichen, einschließlich sicherer Zufluchtsorte und der Nutzung neuer und disruptiver Technologien und hybrider Taktiken durch Terroristen; |
90. |
unterstützt die starke Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten bei den Bemühungen zur Deradikalisierung und Terrorismusbekämpfung, die unter anderem die Einführung gemeinsamer Schulungsmaßnahmen, gemeinsamer Kurse zum Thema Terrorismusbekämpfung, Austauschprogramme für Offiziere, gemeinsame Militärübungen und Bildungsinitiativen umfassen; |
91. |
unterstreicht die grundlegende Bedeutung demokratischer Prinzipien, die die Basis für unseren sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt und für unsere freien Gesellschaften darstellen; unterstützt den Vorschlag von Präsident Biden, ein Gipfeltreffen für Demokratie zur Förderung universeller Werte abzuhalten; fordert die Vereinigten Staaten auf, die Erfahrungen aus der Konferenz der EU zur Zukunft Europas zu nutzen und fordert die Kommission und den Rat auf, diese Initiative sowohl politisch als auch praktisch zu unterstützen; ist der Ansicht, dass das vorgeschlagene Gipfeltreffen für Demokratie zusätzlich zur Bekämpfung des zunehmenden Einflusses von autoritären Regimen darauf abzielen sollte, einen wertebasierten Multilateralismus und die Solidarität zwischen den Demokratien, wenn sie unter Druck geraten, zu fördern, Demokratie im Inland und weltweit zu stärken, insbesondere die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der demokratischen Regierungsführung zu erhöhen, Bedenken zu äußern und friedliche Lösungen für das anhaltende harte Durchgreifen gegen Demokratiebewegungen zu finden und Menschenrechtsverteidiger einschließlich Umweltschützer auf der ganzen Welt zu schützen; betont in diesem Zusammenhang, dass diese Bemühungen dabei helfen könnten, einen klaren Kurs gegen Populismus und Autoritarismus zu finden und die grundlegenden demokratischen Werte und Menschenrechte zu schützen; schlägt vor, dass die EU gemeinsam mit den USA ein transatlantisches Bündnis zur weltweiten Verteidigung der Demokratie aufbaut und ein Instrumentarium zur Verteidigung der Demokratie entwickelt, das gemeinsame Maßnahmen in Bezug auf Sanktionen, Strategien zur Bekämpfung der Geldwäsche, Vorschriften über die Konditionalität der wirtschaftlichen und finanziellen Unterstützung, internationale Ermittlungen und die Unterstützung von Verfechtern der Menschenrechte und der Demokratie umfassen sollte; fordert eine bessere Kommunikation mit und zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten in Bezug auf die fortdauernde Bedeutung der transatlantischen Bindung und ihre Relevanz in der heutigen Zeit; bekräftigt in diesem Zusammenhang den Wert des Austauschs zwischen Gesetzgebern, Unternehmen und der Zivilgesellschaft; |
Engere Koordinierung der Außenpolitik
92. |
vertritt die Auffassung, dass die EU ihre Zusammenarbeit mit den USA intensivieren und die strategische Partnerschaft in Bezug auf Länder der Östlichen Partnerschaft und des Westbalkanraums erneuern sollte, um dort widerstandsfähige, wohlhabende und demokratische multiethnische Gesellschaften aufzubauen, die in der Lage sind, dem disruptiven Einfluss von lokalen und externen autoritären Kräften standzuhalten; erinnert daran, dass die Stabilität des Westbalkanraums und der Länder der Östlichen Partnerschaft entscheidend für den Frieden und die Sicherheit sowohl in der Region als auch in der EU ist; begrüßt die erheblich verstärkte Koordination der USA mit der EU im Hinblick auf die Unterstützung der Länder im Westbalkanraum auf ihrem Weg zur europäischen Integration und Mitgliedschaft in der EU; ist der Ansicht, dass eine regelmäßige, institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen dem Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ und dem Außenminister der USA in dieser und anderen außenpolitischen Angelegenheiten den transatlantischen Dialog und die Zusammenarbeit in außenpolitischen Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse verstärken und eine zunehmende Konvergenz politischer Standpunkte auf transatlantischer Ebene fördern würde; erinnert an seinen Vorschlag, einen Transatlantischen Politischen Rat für eine systematische Konsultation und Abstimmung in außen- und sicherheitspolitischen Fragen ins Leben zu rufen, der unter der Führung des HR/VP und des US-Außenministers stünde und durch den regelmäßigen Kontakt zwischen den politischen Direktoren zur unterstützt würde; fordert eine starke Führungsrolle der EU und eine wirksame Koordination mit den Vereinigten Staaten, um Initiativen, deren Ziel es ist, Grenzen neu zu ziehen, und ähnlichen subnationalen Initiativen zur Vertiefung der ethnischen Spannungen und Segregation sowie dem Problem chinesischer Investitionen und Finanzierungstätigkeiten in der Region und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf die demokratische Regierungsführung und die Umwelt, entgegenzuwirken; betont, wie wichtig eine enge Koordination zwischen der EU und den USA ist, um die Vereinnahmung von Staaten, Korruption, das organisierte Verbrechen, ausländische Einmischung und Angriffe auf die Freiheit der Medien zu bekämpfen und die Rechtsstaatlichkeit, tiefgreifende Reformen, gute nachbarschaftliche Beziehungen, Aussöhnung und das Ziel der euro-atlantischen Integration zu fördern; hebt die Führungsrolle der EU im Prozess der Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo hervor; |
93. |
betont das gemeinsame Interesse an der Unterstützung eines langfristig nachhaltigen Friedens, der Sicherheit, der Widerstandsfähigkeit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte im Südkaukasus; begrüßt das Engagement der USA in der Region in Zusammenarbeit mit der EU, unter anderem im Rahmen von Mechanismen wie der Minsk-Gruppe der OSZE; |
94. |
fordert die EU und die USA auf, gemeinsam gegen die anhaltenden und zunehmenden Bedrohungen für den Schutz und die Erhaltung des kulturellen Erbes, unter anderem gegen den Schmuggel von Kulturgütern, insbesondere in Konfliktgebieten, vorzugehen; fordert, dass eine Strategie verfolgt wird, die effektive öffentliche Sensibilisierungskampagnen, eine universelle Verurteilung des illegalen Handels mit Antiquitäten ungeklärter Herkunft, die Schaffung eines einheitlichen Verhaltenskodex für den Schutz von Kulturstätten, die Förderung einer besseren Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Strafverfolgungsbehörden, die den sofortigen Austausch von Informationen zwischen nationalen Nachrichtendiensten beinhaltet, und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Strafverfolgung und Kunst- und Archäologie-Experten umfasst; |
95. |
stellt fest, dass Chinas wirtschaftlicher Einfluss, geopolitische Macht und verschiedene Formen chinesischer Machtprojektion sowie seine militärische Stärke dazu geführt haben, dass sein System der autoritären Regierungsführung in Konflikt mit den westlichen Regierungssystemen geraten ist, die auf liberalen demokratischen Werten basieren; weist erneut darauf hin, dass China durch seine Initiative der neuen Seidenstraße („One Belt, One Road“), seine Aktivitäten im Cyberspace, in der Arktis und in Afrika zunehmend auf der Weltbühne und in Europa präsent ist; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass China zu einem Systemrivalen geworden ist, aber auch ein wichtiger Partner bei der Bekämpfung zahlreicher globaler Probleme sein sollte; ist davon überzeugt, dass ein gemeinsamer transatlantischer Ansatz für den Umgang mit China der beste Weg ist, um langfristig eine friedliche und nachhaltige Beziehung mit China sicherzustellen, von der beide Seiten profitieren; begrüßt in diesem Zusammenhang die kürzliche Neubelebung eines umfassenden hochrangigen strategischen Dialogs zwischen der EU und den USA zu China und ist der Ansicht, dass damit ein Schlüsselmechanismus erarbeitet werden sollte, um unsere Interessen voranzutreiben, mit unseren Differenzen umzugehen und Möglichkeiten des multilateralen Engagements der EU und der USA mit der Volksrepublik China hinsichtlich gemeinsamer und globaler Herausforderungen — etwa des Klimawandels, Gesundheitsrisiken, des Cyberspace, der Rüstungskontrolle, der Nichtverbreitung von Waffen und der neuen disruptiven Technologien — ausgelotet werden sollten; betont, wie wichtig eine starke parlamentarische Dimension für diesen Dialog ist; fordert die Entwicklung eines breiten Spektrums an politischen Instrumenten und, wenn möglich, die Suche nach transatlantischen Synergien im Hinblick auf den Umgang mit China; betont in diesem Zusammenhang, dass sowohl die EU als auch die USA sehr besorgt in Bezug auf systematische Menschenrechtsverletzungen in China sind, insbesondere was die Gemeinschaft der Uiguren betrifft; ist der festen Überzeugung, dass bilaterale und andersartige Beziehungen mit der Volksrepublik China immer den Schutz und die Förderung gemeinsamer demokratischer Werte beinhalten sollten und dass im Mittelpunkt jeder multilateralen Agenda die uneingeschränkte Achtung des Völkerrechts und des Schutzes der Menschenrechte stehen muss; |
96. |
betont, dass in Bezug auf China Bereiche, in denen Übereinstimmung herrscht und eine Zusammenarbeit und eine bessere Abstimmung und Konsultation zwischen den USA und der EU möglich ist, sondiert werden müssen, um transatlantische Spannungen zu vermeiden, wie sie beispielsweise im Anschluss an die Annahme — ohne Konsultation der Verbündeten der EU — des trilateralen Sicherheitsabkommens zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich und Australien entstanden sind, das als AUKUS bezeichnet wird, insbesondere in Bezug auf den Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte und die Deeskalation der Spannungen im Süd- und Ostchinesischen Meer, Hongkong und in der Taiwanstraße; betont die Bedeutung des VN-Seerechtsübereinkommens als Rechtsgrundlage für die Lösung von Konflikten; bekräftigt seine Unterstützung gemeinsamer Konnektivitätsinitiativen, auch im Rahmen der kürzlich angekündigten „Global Gateway“-Strategie der EU; |
97. |
begrüßt die aktuellen Fortschritte bei der EU-Strategie für den indopazifischen Raum; fordert ihre rasche und umfassende Umsetzung, da sie im Interesse der EU liegt und deren Werte fördern würde, und unterstreicht die geostrategische Bedeutung dieser Region, die Heimat gemeinsamer transatlantischer demokratischer Freunde und Partner wie Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland sowie Taiwan ist, und fordert eine verstärkte Partnerschaft und Koordinierung zwischen der Union und den USA für den indopazifischen Raum; weist darauf hin, wie wichtig die Pflege strategischer Kontakte mit den ASEAN-Mitgliedern sowie mit dem Forum der pazifischen Inseln (PIF) ist; |
98. |
betont, dass nichtdemokratische Regime wie China zunehmend Technologien einsetzen, um ihre Bürger und Bürgerinnen zu kontrollieren und zu unterdrücken, wodurch die Ausübung grundlegender, sozialer und politischer Rechte eingeschränkt wird; fordert eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA bei der Entwicklung einer Technologie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, die Privatsphäre respektiert und Vorurteile und Diskriminierung reduziert; |
99. |
stellt fest, dass der Erwerb von geistigem Eigentum und technologischen Neuerungen führender Forschungszentren durch China häufig dazu genutzt wird, die militärischen Ziele voranzutreiben, und betont daher, dass die EU eine langfristige Strategie ausarbeiten sollte, um Chinas Strategie der militärisch-zivilen Fusion in Europa entgegenzuwirken; |
100. |
stellt fest, dass die EU und die USA sich in Fragen, in denen die Handlungen Chinas den euro-atlantischen Sicherheitsinteressen zuwiderlaufen, abstimmen sollten; betont, dass das Hauptaugenmerk dabei auf Herausforderungen in den Bereichen Cyberbedrohungen, hybride Bedrohungen, neue und bahnbrechende Technologien, Weltraum, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Kernwaffen gelegt werden sollte; |
101. |
ist besorgt über den wirtschaftlichen Zwang, den China auf Mitgliedstaaten und Drittländer ausübt; unterstützt die Idee einer kollektiven wirtschaftlichen Verteidigung durch Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Demokratien gegen den wirtschaftlichen Zwang Chinas; |
102. |
ist besorgt über die enge Verbindung der Kommunistischen Partei Chinas mit der chinesischen Industrie, insbesondere mit Unternehmen des Sicherheitssektors; empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten eine interne Prüfung ihrer Beschaffungsverfahren durchführen, um sicherzustellen, dass Produkte, die in ihren nationalen Netzen und Verteidigungsinstitutionen eingesetzt werden, frei von Technologien von chinesischen Unternehmen sind; |
103. |
fordert eine enge Zusammenarbeit, um auf einen gemeinsamen Plan für den Umgang mit der Russischen Föderation hinzuarbeiten und um die zahlreichen Bedrohungen, die von der Russischen Föderation ausgehen — etwa die anhaltende Destabilisierung der Ukraine und Georgiens und der Republik Moldau, die Unterstützung der unrechtmäßigen Herrschaft Lukaschenkos in Belarus, Russlands Rolle und Einfluss im Westbalkanraum und im Schwarzen Meer, die beklagenswerte Einmischung in demokratische Prozesse, einschließlich Wahlen, in der EU und den USA, die Finanzierung extremistischer politischer Parteien und die revisionistische Politik, hybride Bedrohungen und Desinformationskampagnen –, gemeinsam anzugehen und gleichzeitig in den Bereichen von gemeinsamem transatlantischem Interesse, insbesondere im Bereich der Rüstungskontrolle, einschließlich des Vertrags über die Beseitigung von Flugkörpern mittlerer und kürzerer Reichweite, bei der Klimadiplomatie sowie bei der Wiederbelebung des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans (JCPOA) und der Stabilisierung Afghanistans, auf selektive Zusammenarbeit zu setzen; begrüßt die Entscheidung der derzeitigen US-Regierung, die neuen Verhandlungen über die Verringerung strategischer Waffen (START) auszuweiten; betont, dass die Gespräche über die Rüstungskontrolle zwischen den wichtigsten globalen Akteuren wie den USA und Russland, die direkten Einfluss auf die europäische Sicherheit haben, wiederbelebt werden müssen und dass auch China in zukünftige Verhandlungen über die Rüstungskontrolle eingebunden werden muss; unterstreicht, dass der Wiederaufbau der konventionellen Rüstungskontrollarchitektur dringend erforderlich ist, um das Ausmaß des Rüstungswettlaufs und unvorhergesehener Vorfälle zu begrenzen; begrüßt die Bereitschaft der Biden-Regierung, den Dialog und die Verhandlungen mit Russland wieder aufzunehmen und unterstützt die Absicht der EU und der USA, einen hochrangigen Dialog zwischen der EU und den USA zu Russland aufzunehmen; ist der Ansicht, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten aktiv die Suche nach Wegen zu einem weiteren Dialog unterstützen und zur Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens beitragen sollten; betont, wie wichtig es ist, gleichzeitig einen Dialog mit der Zivilgesellschaft in Russland zu führen und zivilgesellschaftliche Organisationen in Russland, die den Dialog zu politischem Pluralismus, zur Handlungsfähigkeit und zu den rechtmäßigen Demokratiebestrebungen der russischen Bevölkerung voranbringen möchten, zu unterstützen; |
104. |
vertritt die Auffassung, dass die EU und die USA sich bei ihrem zweigleisigen Ansatz gegenüber Russland — nämlich Abschreckung und Dialog, innerhalb der bei den Gipfeltreffen in Wales und Warschau vereinbarten Parameter — miteinander abstimmen müssen; |
105. |
fordert die EU und die USA auf, rechtzeitig und entschlossen gegen störende Handlungen russischer Geheimdienste auf dem Hoheitsgebiet der EU vorzugehen; legt den Mitgliedstaaten nahe, die Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten und den Informationsaustausch zu verbessern; |
106. |
fordert den HR/VP und den Rat auf, einen neuen strategischen Ansatz für die Beziehungen der EU zu Russland auszuarbeiten, der vorsehen muss, die Zivilgesellschaft besser zu unterstützen, die Kontakte zwischen den Menschen mit den Bürgerinnen und Bürgern Russlands zu stärken, klare rote Linien für die Zusammenarbeit mit staatlichen russischen Akteuren festzulegen, technologische Standards und das offene Internet für die Unterstützung freier Räume und gegen Unterdrückungstechnologien zu nutzen und Solidarität mit den östlichen Partnern der EU zu bekunden, auch in Bezug auf Sicherheitsfragen und die friedliche Beilegung von Konflikten; betont, dass die Wahrung des Völkerrechts und der Menschenrechte Grundlage jedes Dialogs zwischen der EU und den USA und Russland sein muss; |
107. |
unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den USA und der EU gegenüber dem afrikanischen Kontinent, seinen verschiedenen Regionen und Ländern und fordert diese ein; betont, dass eine starke und faire Partnerschaft zwischen den USA, der EU und Afrika dringend notwendig ist, und zwar unter Berücksichtigung der Herausforderung des Klimawandels und seiner demografischen Folgen, des Zusammenbruchs der ökologischen Vielfalt, der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Afrikas durch China, einer nachhaltigen sozioökonomischen Entwicklung, der Bildung, der Digitalisierung, der Rechtsstaatlichkeit, der Förderung der Demokratie und der Stärkung der Menschenrechte, der Zivilgesellschaft und der Gleichstellung der Geschlechter; ist der Auffassung, dass jeglicher Sicherheitsbeistand auf dem Ansatz der menschlichen Sicherheit und auf den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung beruhen, in vollem Einklang mit dem internationalen Recht stehen und starke Rechenschaftspflichten sowie demokratische und parlamentarische Aufsichtsmechanismen umfassen sollte; begrüßt die Zusage der Regierung Biden, die Zusammenarbeit mit der internationalen Koalition für den Sahel zu verstärken; fordert die USA und die EU nachdrücklich zur Zusammenarbeit auf, um den Anstieg des gewaltbereiten Extremismus, den vom IS und al-Qaida-Ablegern ausgehenden Terrorismus und die humanitären, wirtschaftlichen und regierungsrelevanten Herausforderungen sowohl im Sahel als auch in der weiteren MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) anzugehen; fordert einen verstärkten Dialog und eine bessere Koordinierung in Bezug auf das Vorgehen der transatlantischen Partner angesichts der Herausforderungen in Ländern wie dem Irak, dem Libanon, Syrien, dem Iran und Libyen; |
108. |
fordert eine bessere Zusammenarbeit in der Arktis unter Berücksichtigung des wachsenden Interesses anderer Länder wie China an der Arktis sowie der zunehmenden militärischen Präsenz Russlands in der Arktis; begrüßt die in der nach dem Gipfeltreffen EU-USA am 15. Juni 2021 abgegebenen Erklärung enthaltene Entscheidung der EU und der USA, gemeinsam die Arktis als Region des Friedens und der Stabilität zu bewahren und im Rahmen des Arktischen Rats zusammenzuarbeiten; |
109. |
betont, dass die strukturellen und strategischen Beziehungen zwischen der EU, den USA und dem Vereinigten Königreich aufrechterhalten und ggf. vertieft werden müssen, wobei die gemeinsamen Werte, Interessen und Herausforderungen, einschließlich Sicherheitsfragen, bei gleichzeitiger Wahrung der Autonomie der Entscheidungsfindung der EU stärker in den Vordergrund gerückt werden müssen; |
110. |
bedauert die gewaltsame Übernahme Afghanistans durch die Taliban nach dem Abzug der US- und der europäischen Streitkräfte und die daraus resultierenden weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen, insbesondere der Rechte von Mädchen, Frauen sowie ethnischen und religiösen Minderheiten, sowie die sich abzeichnende humanitäre Krise im Land; bekräftigt seinen Standpunkt, dass die transatlantische Gemeinschaft ihre Bemühungen um dauerhaften Frieden, Stabilität und Fortschritt in Afghanistan verstärken muss, indem sie die afghanische Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, insbesondere Frauenrechtsaktivisten, politische Aktivisten, Journalisten, Akademiker, Künstler und andere gefährdete Gruppen und Personen unterstützt; fordert eine solide transatlantische Koordinierung und Konsultation, um Erkenntnisse über die terroristische Bedrohung, die von Afghanistan — insbesondere von ISIS, Al-Qaida und ihren Verbündeten — ausgeht, zu gewinnen, zu bewahren und weiterzugeben; fordert einen konzertierten transatlantischen Ansatz, bei dem die Notwendigkeit eines operativen Engagements mit den Taliban für humanitäre Zwecke und Terrorismusbekämpfung mit klaren Bedingungen für die künftige Zusammenarbeit mit der Taliban-geführten Regierung verknüpft wird, wozu auch die Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung des Terrorismus gehören sollte; fordert eingehende transatlantische Überlegungen darüber, welche Erkenntnisse aus der Mission in Afghanistan gewonnen werden können, um die notwendigen Schlussfolgerungen für künftige Bemühungen um die Förderung von Stabilität, Sicherheit und verantwortungsvoller Staatsführung in der Welt zu ziehen; fordert die transatlantischen Partner ferner auf, mit allen Nachbarn Afghanistans zusammenzuarbeiten, wobei die Notlage der afghanischen Menschen, die dort Zuflucht gesucht haben, und die Notwendigkeit, ihnen zu helfen, zu berücksichtigen sind; |
111. |
begrüßt das erneute Engagement der USA im östlichen Mittelmeerraum, insbesondere im Rahmen des Gesetzes zum östlichen Mittelmeerraum von 2019, durch das neuer Sicherheitsbeistand für Zypern und Griechenland ermöglicht und die Zusammenarbeit zwischen regionalen Akteuren im Energiebereich gestärkt wird; begrüßt die in der nach dem Gipfeltreffen EU-USA am 15. Juni 2021 abgegebenen Erklärung enthaltene Entscheidung der EU und der USA, Hand in Hand auf eine dauerhafte Deeskalation im östlichen Mittelmeerraum hinzuarbeiten, wo die Differenzen durch einen Dialog in gutem Glauben und im Einklang mit dem Völkerrecht beilegt werden sollen; unterstützt die Erklärung der EU und der USA, dass sie auf eine kooperative Beziehung mit einer demokratischen Türkei, von der beide Seiten profitieren, abzielen wollen; |
112. |
unterstützt eine engere Zusammenarbeit mit den USA und den Ländern Lateinamerikas bei der Förderung des Multilateralismus, demokratischer Werte, der Menschenrechte, der völkerrechtlichen Standards, des Wirtschaftswachstums, des Kampfes gegen Ungleichheiten, des Kampfes gegen den Drogenhandel und das organisierte Verbrechen, der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung des Klimawandels; hebt hervor, dass die EU und die USA engere Beziehungen zu Lateinamerika und dem karibischen Raum als wichtige Verbündete in internationalen Gremien und als strategische Partner bei der Verteidigung des Multilateralismus aufbauen müssen; fordert ein „Bündnis im atlantischen Dreieck“ bestehend aus der EU, den USA und Lateinamerika, wodurch es beiden Regionen ermöglicht würde, gemeinsam in Bereichen wie Demokratie, Sicherheit und Drogenhandel, Bekämpfung der Ungleichheiten und Entwicklungszusammenarbeit Fortschritte zu erzielen; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer solchen Zusammenarbeit zwischen den USA und den Ländern Lateinamerikas, die zu gemeinsamen Anstrengungen führen sollte, um Oppositionelle und Dissidenten zu unterstützen, gegen die in verschiedenen Ländern Repressalien ergriffen werden, weil sie die Werte der Demokratie und den Schutz der Menschenrechte verteidigen; fordert in diesem Zusammenhang die USA und die Europäische Union auf, miteinander und mit anderen gleichgesinnten Ländern zusammenzuarbeiten, um die Menschenrechte und die Demokratie in Venezuela durch wirklich freie, glaubwürdige, inklusive, transparente und voll und ganz demokratische Wahlen sowie durch die Unterstützung der durch das Europäische Parlament anerkannten legitimen politischen Kräfte wiederherzustellen; bekräftigt darüber hinaus sein Engagement für die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte in allen lateinamerikanischen Ländern; fordert eine stärkere Abstimmung zwischen der EU und den USA in Bezug auf Sanktionen; bekräftigt seinen Vorschlag, dass die USA und die EU auf ihren jeweiligen Gipfeltreffen mit den lateinamerikanischen Ländern, d. h. auf den Gipfeln EU-CELAC und dem panamerikanischen Gipfel, die von der Organisation Amerikanischer Staaten abgehalten werden, einen regelmäßigen Gedankenaustausch pflegen sollten; |
113. |
verweist auf die Bedeutung der MENA-Region für die europäische und damit auch die transatlantische Sicherheit und Stabilität; fordert einen verstärkten Dialog und eine bessere Koordinierung in Bezug auf das Vorgehen der transatlantischen Partner gegenüber der MENA-Region, unter anderem durch die Ergreifung von Maßnahmen gegen schwere Verstöße gegen die Menschenrechte und das Völkerrecht in der Region; fordert die USA mit Nachdruck auf, dem Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (JCPOA) wieder beizutreten, der ein Eckpfeiler eines weltweiten Nichtverbreitungssystems und die Grundlage für eine Deeskalation im Nahen Osten und am Persischen Golf darstellt; unterstützt die Forderung der USA nach einem langfristiger ausgelegten und stärkeren Nuklearabkommen mit dem Iran und fordert als nächsten Schritt mit Nachdruck eine transatlantische Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit; begrüßt die Entscheidung der USA, erneut Finanzmittel für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) bereitzustellen; fordert neuerliche transatlantische Bemühungen, um den Nahost-Friedensprozess sinnvoll wiederzubeleben und erfolgreich abzuschließen und zu einer tragfähigen Zweistaatenlösung zu gelangen; begrüßt die Unterzeichnung und Umsetzung des Abraham-Abkommens und legt den Ländern der transatlantischen Zusammenarbeit nahe, diese Beziehungen zu vertiefen; |
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114. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie — zur Information — dem US-Außenministerium und dem US-Kongress zu übermitteln. |
(1) ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 49.
(2) ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 198.
(3) ABl. C 65 vom 19.2.2016, S. 120.
(4) ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 89.
(5) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0012.
(6) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0013.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0256.
(8) https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_2391
(9) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juni 2021 zum Umgang mit der Herausforderung der weltweiten COVID-19-Pandemie: Folgen der Aussetzung des TRIPS-Übereinkommens der WTO für COVID-19-Impfstoffe, Behandlung, Ausrüstung und die Steigerung der Produktions- und Fertigungskapazitäten in Entwicklungsländern (Angenommener Text, P9_TA(2021)0283).
Donnerstag, 7. Oktober 2021
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/88 |
P9_TA(2021)0411
Bericht über die Umsetzung der Treuhandfonds der EU und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu dem Umsetzungsbericht über die EU-Treuhandfonds und die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei (2020/2045(INI))
(2022/C 132/08)
Das Europäische Parlament,
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gestützt auf die Artikel 208, 210, 214 und 314 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, |
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gestützt auf Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union, |
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unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, |
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gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020 (1), |
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gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (2), |
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gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1257/96 des Rates vom 20. Juni 1996 über die humanitäre Hilfe (3), |
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unter Hinweis auf die Gesamthaushaltspläne der Europäischen Union für die Haushaltsjahre 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021, |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. November 2011 mit dem Titel „Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM)“ (COM(2011)0743), |
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unter Hinweis auf den globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration und den globalen Pakt für Flüchtlinge, die 2018 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurden, |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 7. Juni 2016 über einen neuen Partnerschaftsrahmen für die Zusammenarbeit mit Drittländern im Kontext der Europäischen Migrationsagenda (COM(2016)0385), |
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unter Hinweis auf den Aktionsplan des Valletta-Gipfels vom November 2015, |
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unter Hinweis auf die Erklärung EU-Türkei vom 18. März 2016, |
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unter Hinweis auf den am 30. Juni 2017 veröffentlichten neuen europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik mit dem Titel: „Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“, |
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unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 30. April 2014 mit dem Titel „Tool-box — A right-based approach, encompassing all human rights for EU development Cooperation“ (Toolbox — An Rechtsnormen orientierter, alle Menschenrechte einschließender Ansatz für die Entwicklungszusammenarbeit) (SWD(2014)0152), |
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unter Hinweis auf den Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe vom 30. Januar 2008, |
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unter Hinweis auf die ursprünglichen Gründungsvereinbarungen des EU-Treuhandfonds Bêkou, des EU-Treuhandfonds Madad, des EU-Treuhandfonds für Afrika und des EU-Treuhandfonds für Kolumbien sowie deren überarbeitete Gründungsvereinbarungen vom Dezember 2020, |
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unter Hinweis auf den Beschluss C(2015)9500 der Kommission vom 24. November 2015 über die Koordinierung der Maßnahmen der Union und der Mitgliedstaaten durch einen Koordinierungsmechanismus — die Flüchtlingsfazilität für die Türkei (4) in der durch die Beschlüsse der Kommission C(2016)0855 vom 10. Februar 2016 (5), C(2017)2293 vom 18. April 2017 (6), C(2018)1500 vom 14. März 2018 (7) und C(2018)4959 vom 24. Juli 2018 (8) geänderten Fassung, |
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unter Hinweis auf den vierten Jahresbericht der Kommission über die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei vom 30. April 2020 (COM(2020)0162) sowie auf ihre vorausgehenden Jahresberichte, |
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unter Hinweis auf den siebten Ergebnisbericht über den EU-Treuhandfonds Madad, |
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unter Hinweis auf die Sonderberichte des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Der EU-Treuhandfonds Bêkou für die Zentralafrikanische Republik: trotz einiger Schwachstellen ein hoffnungsvoller Anfang“ (Nr. 11/2017), „Die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei: Unterstützung zwar hilfreich, doch eine optimale Mittelverwendung ist nur mit Verbesserungen zu erreichen“ (Nr. 27/2018) und „Der Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika: ein flexibles, aber nicht ausreichend fokussiertes Instrument“ (Nr. 32/2018), |
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unter Hinweis auf die Beschlüsse der Kommission, die EU-Treuhandfonds im Einklang mit Artikel 234 der Haushaltsordnung bis Dezember 2021 auszuweiten, und die Position des Parlaments mit Blick auf die Entwürfe der Ausweitungsbeschlüsse, |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. April 2018 zur Anwendung der Finanzierungsinstrumente der EU im Bereich der Außenbeziehungen: Halbzeitbewertung 2017 und künftige Struktur in der Zeit nach 2020 (9), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2018 zu der Anwendung des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit, des Instruments für humanitäre Hilfe und des Europäischen Entwicklungsfonds (10), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. September 2016 zu dem Thema „Der Treuhandfonds der Europäischen Union für Afrika: Auswirkungen auf Entwicklung und humanitäre Hilfe“ (11), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zu einer neuen Strategie EU-Afrika — eine Partnerschaft für nachhaltige und inklusive Entwicklung, |
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unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 20. Januar 2021 zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik — Jahresbericht 2020 (12), vom 18. Mai 2017 zur EU-Strategie für Syrien (13), vom 6. Oktober 2016 zu Syrien (14), vom 24. November 2016 zur Lage in Syrien (15), vom 6. Juli 2016 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 2/2016 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2016: Einstellung des Haushaltsüberschusses 2015 (16), |
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unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 13. März 2019 zu dem Bericht 2018 der Kommission über die Türkei (17), vom 12. Dezember 2018 zu dem Standpunkt des Rates zum zweiten Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2019 (18), vom 4. Juli 2018 zu dem Standpunkt des Rates zum Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 3/2018 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2018, Einzelplan III — Kommission: Ausweitung der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei (19), |
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unter Hinweis auf den Berichtigungshaushaltsplan Nr. 5/2020 (20) und den dazugehörigen Beschluss über die Inanspruchnahme des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben im Jahr 2020: Fortsetzung der humanitären Hilfe für Flüchtlinge in der Türkei (21), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Mai 2021 zu den Berichten 2019–2020 der Kommission über die Türkei (22), |
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gestützt auf die Beschlüsse der Kommission aus den Jahren 2019 und 2020, den EU-Treuhandfonds Madad gemäß Artikel 234 der Haushaltsordnung bis zum 14. Dezember 2021 zu verlängern, |
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gestützt auf die Verpflichtungen zur Bewältigung der Krise in Syrien und zur Unterstützung der syrischen Bevölkerung, die die EU und ihre Mitgliedstaaten bei den Konferenzen in London im Jahr 2016 und in Brüssel im Jahr 2021 eingegangen sind, |
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unter Hinweis auf die Zwischenbewertung der Kommission von 2018 und die regelmäßige Berichterstattung über die Ergebnisse des EU-Treuhandfonds Madad, |
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gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1257/96 des Rates vom 20. Juni 1996 über die humanitäre Hilfe (23), den Vorschlag vom 14. Juni 2018 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (COM(2018)0460) und auf den Vorschlag vom 14. Juni 2018 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Instruments für Heranführungshilfe (IPA III) für den Zeitraum 2021–2027 (COM(2018)0465), |
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gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 zum Verfahren für die Genehmigung der Ausarbeitung von Initiativberichten, |
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unter Hinweis auf die gemeinsamen Beratungen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses und des Haushaltsausschusses gemäß Artikel 58 seiner Geschäftsordnung, |
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unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sowie des Haushaltskontrollausschusses, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses und des Haushaltsausschusses (A9-0255/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass seit 2014 vier EU-Treuhandfonds eingerichtet wurden, um dem Bedarf an Instrumenten, mit denen flexibel und rasch für kohärente und verbesserte Hilfsmaßnahmen in Krisenfällen gesorgt werden kann, gerecht zu werden: der am 15. Juli 2014 eingerichtete Treuhandfonds Bêkou, mit dem das Ziel verfolgt wird, die Zentralafrikanische Republik auf ihrem Weg aus der Krise und beim Wiederaufbau zu unterstützen; der regionale Treuhandfonds Madad, der am 15. Dezember 2014 als Reaktion auf die Krise in Syrien eingerichtet wurde, um die Bündelung und Anpassung von Ressourcen und der Reaktion auf regionaler Ebene zu ermöglichen; der Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika zur Förderung der Stabilität und zur Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Vertreibungen in Afrika, der am 12. November 2015 eingerichtet wurde, und der am 12. Dezember 2016 eingerichtete EU-Treuhandfonds für Kolumbien zur Unterstützung der Umsetzung des Friedensabkommens in der ersten Wiederaufbau- und Stabilisierungsphase in der Zeit nach dem Konflikt; |
B. |
in der Erwägung, dass mit der Überarbeitung der Haushaltsordnung im Jahr 2018 Bestimmungen eingeführt wurden, mit denen dem Parlament für den Fall, dass neue EU-Treuhandfonds eingerichtet oder die bestehenden erweitert werden, eine in gewissem Ausmaß gestärkte Kontrollbefugnis verliehen wurde; in der Erwägung, dass die Bestimmungen zu eng gefasst sind, um eine umfassende demokratische Kontrolle durch das Parlament sowie eine vollständige parlamentarische Kontrolle als Haushaltsbehörde sicherstellen zu können; |
C. |
in der Erwägung, dass das Parlament im Jahr 2020 überwiegend positive Stellungnahmen zu den Anträgen auf Verlängerung der EU-Treuhandfonds bis Ende 2021 abgegeben hat, wobei es jedoch Bedenken hinsichtlich der fehlenden Transparenz bei der Umsetzung von Vorhaben — insbesondere bei jenen, die mit dem Grenz- und Migrationsmanagement im Zusammenhang stehen — geäußert hat und die positiven Stellungnahmen im Fall des EU-Treuhandfonds für Afrika an die Bedingung geknüpft waren, dass zu allen finanzierten Vorhaben verpflichtende Garantien zur Einhaltung der grundlegenden Menschenrechte vorgelegt werden; |
D. |
in der Erwägung, dass die Einrichtung sowohl der EU-Treuhandfonds als auch der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei mit der Notwendigkeit einer flexiblen und raschen Ad-hoc-Reaktion, die im klassischen institutionellen Rahmen nicht möglich wäre, sowie mit den begrenzten Mitteln und der begrenzten Flexibilität im Rahmen der EU-Haushalts begründet wurde; in der Erwägung, dass mit dem neuen Finanzrahmen der EU für Außenmaßnahmen (Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI)/Europa in der Welt) die Zwänge, aufgrund derer Treuhandfonds eingerichtet werden müssen, um flexibler und rascher auf spezifische Krisen zu reagieren, überwunden werden sollten; in der Erwägung, dass Instrumente wie EU-Treuhandfonds, die nicht im EU-Haushalt verankert sind, sowie außerordentliche Instrumente wie die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei die Grundsätze der demokratischen Rechenschaftspflicht, der Transparenz und der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung gefährden und die Rolle des Parlaments und die Integrität und Einheit des Haushalts der Union untergraben; in der Erwägung, dass das Parlament im Zusammenhang mit der Einrichtung der außerhalb des Haushaltsplans angesiedelten Instrumente nicht konsultiert wurde; in der Erwägung, dass Mittel aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) in den EU-Treuhandfonds für Afrika und den EU-Treuhandfonds Bêkou geflossen sind und deshalb das Parlament in keiner Weise in die Einrichtung dieser beiden EU-Treuhandfonds eingebunden war; in der Erwägung, dass sich die mögliche Einbeziehung des Parlaments auf einen Einwand gegen die Entwürfe von Durchführungsbeschlüssen über die Gründungsabkommen zum EU-Treuhandfonds Madad und zum EU-Treuhandfonds für Kolumbien beschränkte; |
E. |
in der Erwägung, dass die Kommission bei der Einrichtung eines EU-Treuhandfonds dessen Mehrwert, Sichtbarkeit, Komplementarität mit anderen Finanzierungsinstrumenten der Union und Abstimmung auf die politischen Ziele begründen muss, und in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, für eine fortlaufende Überwachung und Bewertung der Verwendung der Mittel zu sorgen, damit sichergestellt ist, dass deren Wirkung stets mit dem EU-Recht sowie mit den grundlegenden Werten und Zielen der EU im Einklang steht; |
F. |
in der Erwägung, dass die EU-Treuhandfonds gemäß der Haushaltsordnung einer jährlichen externen, unabhängigen Prüfung unterzogen werden sollten und dass die Kommission berechtigt ist, die Finanzierungsvereinbarung bei Verstößen des Partnerlandes gegen eine Verpflichtung im Zusammenhang mit der Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze oder der Rechtsstaatlichkeit sowie in schweren Fällen von Korruption auszusetzen; in der Erwägung, dass der Europäische Rechnungshof der Kommission in seinen Sonderberichten zu den EU-Treuhandfonds empfohlen hat, die Geberkoordinierung zu verbessern (Treuhandfonds Bêkou), Mängel in der Umsetzung zu beheben, die Effizienz zu erhöhen und mehr gezielte Maßnahmen zu ergreifen (Treuhandfonds für Afrika) und ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis herzustellen (Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei); |
G. |
in der Erwägung, dass nach Einschätzung der Kommission ein wesentlicher humanitärer Bedarf im Zusammenhang mit Flüchtlingen über die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei hinaus besteht; |
H. |
in der Erwägung, dass das Parlament zwar ihren Mehrwert hervorgehoben, aber auch immer wieder auf die Notwendigkeit einer verstärkten parlamentarischen Kontrolle der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei sowie einer stärkeren Einbeziehung in die Ausarbeitung und Aushandlung künftiger EU-Treuhandfonds und der Verlängerung der bestehenden EU-Treuhandfonds und sonstiger Finanzierungsinstrumente im Bereich des auswärtigen Handelns der EU hingewiesen hat; in der Erwägung, dass das Parlament die Kommission aufgefordert hat, die Kommunikation bezüglich der EU-Treuhandfonds zu verbessern, und festgestellt hat, dass regelmäßige, auf Zahlen basierende Informationen über die Ausführung der EU-Treuhandfonds wesentlich sind, um dem Parlament die Ausübung seiner demokratischen Kontroll- und Überwachungsfunktion zu ermöglichen; |
I. |
in der Erwägung, dass der größte Anteil der Beiträge zu den EU-Treuhandfonds nunmehr aus dem EU-Haushalt selbst kommt, während die Beiträge der Mitgliedstaaten einen sehr begrenzten Anteil ihrer Gesamtmittel ausmachen; in der Erwägung, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten zur Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nicht auf Freiwilligkeit, sondern auf dem auf dem BNE beruhenden Beitragsschlüssel basieren und als externe zweckgebundene Einnahmen gemäß Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b der Haushaltsordnung direkt in den Unionshaushalt einbezogen werden; in der Erwägung, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten im Fall der EU-Treuhandfonds gemäß Artikel 187 Absatz 6 der Haushaltsordnung nicht in den Unionshaushalt eingegliedert werden; |
J. |
in der Erwägung, dass in der Erklärung EU-Türkei vom März 2016 und im Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei der Verhinderung von neuen Routen auf dem See- oder Landweg für die irreguläre Migration, der Zerschlagung von Schleusernetzen, der Kontrolle der Grenzen der Türkei und der Akzeptanz von Rückführungen in nichtdiskriminierender Weise besondere Beachtung geschenkt wird; |
K. |
in der Erwägung, dass das Hauptziel der Politik der Union im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit gemäß Artikel 208 AEUV die Bekämpfung und auf längere Sicht die Beseitigung der Armut ist; in der Erwägung, dass der neue Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik weiterhin der maßgebende Rahmen für die Entwicklungspolitik der EU ist und dass im Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe die Grundsätze der humanitären Hilfe bekräftigt werden; in der Erwägung, dass die EU und ihre Partner im humanitären Bereich in der Lage sein müssen, für Hilfe und Schutz zu sorgen, und zwar auf der Grundlage des Bedarfs und der Achtung der Grundsätze der Neutralität, Unparteilichkeit, Menschlichkeit und Unabhängigkeit der humanitären Hilfe; in der Erwägung, dass Mittel, die aus Finanzierungsquellen für die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) stammen, für die wirtschaftliche, humanitäre und soziale Entwicklung, insbesondere für die Sicherung des Zugangs zu hochwertiger Bildung, die Stärkung der Resilienz vor Ort, auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel, und Friedenssicherungseinsätze für die Erbringung von Entwicklungs- und/oder humanitärer Hilfe eingesetzt werden müssen, wobei besonderes Gewicht auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Entwicklung gelegt werden sollte, die in dem Beschluss über den Treuhandfonds ermittelt wurden; |
L. |
in der Erwägung, dass mit dem Gründungsabkommen zu dem EU-Treuhandfonds für Afrika eindeutig Projekte zum Grenzmanagement in Libyen in den Anwendungsbereich des Mandats des EU-Treuhandfonds sowie der Verordnung über das Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI) aufgenommen wurden; in der Erwägung, dass seit Juli 2017 über den EU-Treuhandfonds für Afrika fast 90 Mio. EUR für Schulungen, Ausrüstungen und die Verbesserung der Kapazitäten der libyschen Küstenwache sowie 49 Mio. EUR für die Verbesserung der Haftbedingungen von Rückkehrern bereitgestellt wurden; in der Erwägung, dass es in dem Gründungsabkommen zum EU-Treuhandfonds eindeutig heißt, dass mit dem Treuhandfonds Tätigkeiten zur Verbesserung des Migrationsmanagements in all seinen Gesichtspunkten im Einklang mit dem Gesamtansatz für Migration und Mobilität, einschließlich der Eindämmung und Verhinderung irregulärer Migration und der Bekämpfung von Menschenhandel, finanziert werden; in der Erwägung, dass es dennoch Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Aktivitäten der libyschen Küstenwache gibt; |
M. |
in der Erwägung, dass das Parlament im Jahr 2020 die Auffassung vertreten hat, dass im Hinblick auf eine weitere Ausweitung des EU-Treuhandfonds für Afrika in allen Projekten, die Mittel erhalten haben, verbindliche Garantien für die Achtung der Menschenrechte vorgesehen werden sollten — mit besonderem Augenmerk auf der Migrationssteuerung — und außerdem sichergestellt wird, dass diese Garantien festgelegt werden, falls in der Zukunft ein ordnungsgemäß begründeter neuer Treuhandfonds erforderlich sein sollte; |
N. |
in der Erwägung, dass der Regionale Treuhandfonds der Europäischen Union als Reaktion auf die Syrien-Krise (Madad-Treuhandfonds) der EU 2,3 Mrd. EUR bereitgestellt hat, einschließlich freiwilliger Beiträge von 21 EU-Mitgliedstaaten, der Türkei und des Vereinigten Königreichs; in der Erwägung, dass seine Programme, von denen Flüchtlinge, Binnenvertriebene und lokale Gemeinschaften profitieren, den Schwerpunkt auf Bildung, Lebensgrundlagen, Gesundheitsversorgung, Schutzmaßnahmen und Wasserwirtschaft legen und mehr als 7 Millionen Begünstigte unterstützen; in der Erwägung, dass der Madad-Treuhandfonds angesichts des anhaltenden Bürgerkriegs in Syrien zunehmend humanitäre Hilfe mit Entwicklungshilfe kombiniert, wobei der Schwerpunkt auf der Stärkung der Systeme liegt, um die Bemühungen und Kapazitäten der Aufnahmeländer zur Bewältigung dieser anhaltenden Krise zu unterstützen, insbesondere durch die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen in Irak, Jordanien und Libanon; |
O. |
in der Erwägung, dass die Bewertung des Madad-Treuhandfonds zeigt, dass Projekte über den Fonds erheblich schneller eingeleitet werden können als über die Standardverfahren im Rahmen des Europäischen Nachbarschaftsinstruments und des Instruments für Heranführungshilfe; in der Erwägung, dass es mithilfe des Fonds auch gelungen ist, Skaleneffekte zu erzielen, dank Großprojekten mit einem Durchschnittswert von 20 Mio. EUR und einer durchschnittlichen Durchführungsdauer von etwa 30 Monaten; |
P. |
in der Erwägung, dass sich die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei von den Treuhandfonds der EU vor allem dahingehend unterscheidet, dass sie weiterhin in den Unionshaushalt eingebunden ist; |
Q. |
in der Erwägung, dass die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nach Angaben der Kommission dazu bestimmt ist, die bestehenden EU-Finanzierungsinstrumente zu koordinieren, damit sie in kohärenter und gemeinsamer Weise mobilisiert werden, um den Bedürfnissen der Flüchtlinge gerecht zu werden; |
I. Allgemeine Erwägungen
Haushaltstechnische Aspekte
1. |
stellt fest, dass sich die Gesamtzusagen für alle EU-Treuhandfonds bis zum 31. Dezember 2020 auf 7 691 Mio. Euro beliefen, wobei sich der Beitrag aus dem EU-Haushalt auf 3 170 Mio. EUR bezifferte, wovon 3 534 Mio. EUR aus dem Europäischen Entwicklungsfonds stammten und 998 Mio. EUR von den Mitgliedstaaten und anderen Gebern zugesagt wurden; stellt ferner fest, dass bis zu diesem Zeitpunkt 7 141 Mio. EUR vertraglich gebunden und 4 869 Mio. EUR von den EU-Treuhandfonds ausgeführt worden waren; stellt auch fest, dass die Ausführungsrate für die Mittel für Verpflichtungen für alle EU-Treuhandfonds am 31. Dezember 2020 bei 98 % lag (beim EU-Treuhandfonds Madad waren über 95 % der verfügbaren Mittel für Verpflichtungen gebunden, beim EU-Treuhandfonds Bêkou waren es 99 %, beim EU-Treuhandfonds für Afrika waren es 99 % und beim EU-Treuhandfonds für Kolumbien waren es 94 %), während die Gesamtausführungsrate der Mittel für Zahlungen bei 63 % lag (beim EU-Treuhandfonds für Afrika belief sich dieser Wert auf 62 %, beim EU-Treuhandfonds Bêkou auf 66 %, beim EU-Treuhandfonds für Kolumbien auf 52 % und beim EU-Treuhandfonds Madad auf 64 %); |
2. |
weist erneut darauf hin, dass die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zwei Tranchen von jeweils 3 Mrd. EUR umfasst; bedauert, dass im Gegensatz zur ersten Tranche für den Zeitraum 2016–2017, bei der aus dem Haushalt der EU 1 Mrd. EUR und von den Mitgliedstaaten 2 Mrd. EUR beigesteuert wurden, bei der zweiten Tranche für den Zeitraum 2018–2019 das Verhältnis der Beiträge umgekehrt wurde, zum Nachteil der bestehenden Projekte der Union; |
3. |
verweist darauf, dass bei der ersten Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei 52,4 % aus dem IPA II, 46,6 % aus der humanitären Hilfe, 0,7 % aus dem Stabilitäts- und Friedensinstrument und 0,3 % aus dem Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit beigesteuert wurden, während bei der zweiten Tranche die Beiträge aus dem IPA II 64,5 % und aus der humanitären Hilfe 35,5 % ausmachten; |
4. |
stellt fest, dass bis Ende 2020 von den im Rahmen der ersten Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei bereitgestellten Mitteln 63,6 % in direkter Mittelverwaltung und 63,4 % in indirekter Mittelverwaltung durchgeführt wurden (davon mehr als vier Fünftel durch internationale Organisationen); stellt ferner fest, dass bei der zweiten Tranche die direkte Mittelverwaltung 32,1 % (davon 100 % durch die Europäische Kommission) und die indirekte Mittelverwaltung 67,9 % (davon drei Viertel durch internationale Organisationen) ausmachte; |
5. |
stellt ferner fest, dass internationale Organisationen die wichtigsten Durchführungspartner bei den EU-Treuhandfonds sind (36,8 %) — vor der Europäischen Kommission (35,7 %), den Einrichtungen der Mitgliedstaaten (24,2 %) und den öffentlichen Stellen (3,4 %); |
Einbeziehung des Parlaments in den Rahmen der Entscheidungsfindung und Ergebnisüberwachung sowie in die Berichterstattung und/oder Bewertung
6. |
stellt fest, dass Ausschussvorsitzende und einschlägige Mitglieder einen Beobachterstatus bei Sitzungen der strategischen Ausschüsse der Treuhandfonds und im Lenkungsausschuss der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei erhalten haben; stellt mit Bedauern fest, dass dieser Status in den Gründungsakten zur Einrichtung der Treuhandfonds formell nicht berücksichtigt wurde; fordert nachdrücklich, dass die Einladungen zu Sitzungen des Vorstands dem offiziellen Kalender des Parlaments Rechnung tragen und dass alle relevanten Informationen und Dokumente, die in den Sitzungen des Vorstands erörtert werden sollen, rechtzeitig vor den Sitzungen zur Verfügung gestellt werden, damit eine aktive Teilnahme der Mitglieder und Mitarbeiter des Sekretariats möglich ist; |
7. |
bedauert die eingeschränkte Rolle des Parlaments bei der Beschlussfassung, Überwachung und Kontrolle hinsichtlich der Beiträge der Union zu den EU-Treuhandfonds und bekräftigt, dass die bestehenden rechtlichen, regulatorischen und haushaltspolitischen Lösungen vor der Einrichtung bzw. Erweiterung der EU-Treuhandfonds, die weiterhin nur als letztes Mittel dienen sollten, vollständig hätten genutzt werden sollen; verweist auf seine früheren unbeantworteten Ersuchen und bekräftigt, dass das Parlament auf den Sitzungen der operationellen Ausschüsse vertreten sein und deren Tätigkeiten überwachen sollte, und fordert die Kommission auf, rechtzeitig ausführliche Informationen über die in diesen Ausschüssen gefassten Beschlüsse vorzulegen; ist der Ansicht, dass das Parlament seine Durchführungs- und Haushaltskontrollbefugnisse voll ausschöpfen und sicherstellen muss, dass die Finanzierungsbeschlüsse der EU und die damit verbundenen Zuweisungen den für die Union geltenden Grundsätzen der Rechtmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung entsprechen und so den Maßnahmen der EU demokratische Legitimität und Rechenschaftspflicht verleihen; |
8. |
nimmt die Anstrengungen der Kommission zur Kenntnis, die Interventionen genau zu überwachen und zu bewerten und durch eine Reihe von Berichten Erkenntnisse über die Tätigkeiten der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zu gewinnen; fordert, dass diese Bemühungen um mehr Transparenz durch die Veröffentlichung einschlägiger Daten, einschließlich spezifischer Einzelheiten zu finanzierten Projekten und erzielten Ergebnissen im Hinblick auf die erklärten Ziele, auf den Websites der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei gestärkt werden; betont, dass die Verfügbarkeit, Detailgenauigkeit, Vollständigkeit und sachliche Kohärenz solcher Berichte unerlässlich sind, um das Parlament als Haushaltsbehörde bei einer angemessen Bewertung der Umsetzung zu unterstützen; |
9. |
stellt fest, dass in den Jahresberichten 2019 und 2020 des EU-Treuhandfonds für Afrika Informationen über die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen bereitgestellt wurden; bedauert, dass diese Informationen aufgrund der geringen Transparenz bei der Unterauftragsvergabe nicht offen zugänglich sind; stellt fest, dass diese Informationen soweit möglich auf Projektebene aufgeschlüsselt werden sollten, wobei die ausreichend begründeten Vertraulichkeits- und Sicherheitserfordernisse zu berücksichtigen sind; |
10. |
bedauert die späte Mitteilung der Kommission über ihre Absicht, die Laufzeit der EU-Treuhandfonds zu verlängern, und die verspätete Bewertung einiger Treuhandfonds, wodurch es dem Parlament im Falle des Treuhandfonds für Afrika nicht möglich war, rechtzeitig zu umfassenden und ausführlichen Schlussfolgerungen zu gelangen, sodass die demokratische Kontrolle und die Rechenschaftspflicht eingeschränkt wurden; |
11. |
bekräftigt, dass es darauf besteht, dass die von ihm gebilligten Verlängerungen der EU-Treuhandfonds bis Dezember 2021 hauptsächlich technischer Natur sein müssen, um einen reibungslosen Übergang zum neuen MFR und eine effiziente Auftragsvergabe und Verwendung der bereits gebundenen Mittel zu ermöglichen; hebt die Zusicherungen der Kommission hervor, dass mit den Verlängerungen eine fortgesetzte Rechtsgrundlage für Zahlungen für im Rahmen des vorangegangenen MFR 2014–2020 eingegangene Verpflichtungen sichergestellt werden sollte und dass keine neuen Verpflichtungen für die EU-Treuhandfonds im Rahmen des NDICI oder des IPA III eingegangen werden; |
12. |
betont, dass die Kommission in ihren Berichten die Komplementarität und den Mehrwert der verschiedenen Finanzinstrumente, einschließlich der Investitionsoffensive der EU für Drittländer, die für die von den EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei abgedeckten Bereiche vorgesehen sind, aufzeigen sollte; |
II. Bewertung einzelner EU-Treuhandfonds/der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei
Treuhandfonds Bêkou
13. |
ist der Auffassung, dass der Treuhandfonds Bêkou als eines der Instrumente zum Teil zur Bewältigung der Lage in der Zentralafrikanischen Republik sowie zum Nexus-Ansatz für Entwicklung und humanitäre Hilfe in der Zentralafrikanischen Republik beigetragen hat; |
14. |
verweist ferner auf die Schlussfolgerungen der Delegation seines Entwicklungsausschusses in der Zentralafrikanischen Republik vom Februar 2018, in denen festgestellt wird, dass der Treuhandfonds Bêkou mit Projekten, die auf Notlagen in den Bereichen Rehabilitation, Existenzsicherung und längerfristige Entwicklung eingehen — zumindest auf lokaler Ebene und in kleinerem Maßstab –, sichtbar ist und im Land gut aufgenommen zu werden scheint; |
15. |
hebt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rechnungshofs, die in seinem Sonderbericht von 2017 veröffentlicht wurden, hervor, wonach mit dem Treuhandfonds Bêkou insgesamt positive Ergebnisse erzielt und Hilfen mobilisiert, aber nur wenige zusätzliche Geber gewonnen wurden, und wonach mit den meisten Projekten die erwarteten Outputs erzielt und die Sichtbarkeit der EU gestärkt wurden; weist jedoch darauf hin, dass in dem Bericht eine bessere Definition des Interventionsumfangs, verbesserte Geberkoordinierung, Projektauswahlverfahren, Überwachung und Leistungsmessung sowie eine Optimierung der Kosten und mehr Transparenz bei der Auswahl der Durchführungseinrichtungen empfohlen werden; stellt fest, dass im operationellen Ausschuss die Mitgliedstaaten durch ihre eigenen nationalen Entwicklungseinrichtungen vertreten sind, die wiederum als Projektdurchführer ausgewählt werden, und ist besorgt, dass dies zu einem Interessenkonflikt beim Projektauswahlverfahren des operationellen Ausschusses führen könnte; |
16. |
stellt fest, dass aufgrund der humanitären Krise, Armut und neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen in der Zentralafrikanischen Republik eine weitere Hilfe der EU zielgerichtete Programme sowie ggf. flexible Finanzierungen der EU im Rahmen des NDICI/Europa in der Welt zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen, von Frieden und Sicherheit, zur Verbesserung der Demokratisierung sowie zur Stärkung der demokratischen Institutionen und der Achtung der Menschenrechte in der Zentralafrikanischen Republik erfordert; |
17. |
ist der Ansicht, dass die Lage im Land trotz des Eingreifens der EU und anderer Geber aufgrund des Auftretens neuer Konflikte und der gravierenden Ernährungsunsicherheit nach wie vor instabil ist; |
Treuhandfonds Madad
18. |
ist der Auffassung, dass der EU-Treuhandfonds Madad seinen Mehrwert bei der Bekämpfung der Krise und für die EU im Hinblick auf eine größere Sichtbarkeit und Schlagkraft nach außen und eine stärkere Kontrolle, Koordinierung und Hebelwirkung der Mittel aus unterschiedlichen Quellen im Vergleich zu denen einzelner Länder oder anderer internationaler Kanäle unter Beweis gestellt hat; stellt fest, dass die Ausgaben des Fonds mit den Rechtsgrundlagen bzw. den in Anspruch genommenen Unionsinstrumenten und mit deren Zielen im Einklang standen; weist deshalb darauf hin, dass Projekte, die über den Madad-Treuhandfonds finanziert werden, die Würde, die Menschenrechte und die Grundfreiheiten fördern und schützen sowie die soziale und wirtschaftliche Inklusion, insbesondere von Minderheiten und schutzbedürften Gruppen fördern müssen; bedauert, dass der Konflikt in Syrien weiterhin andauert, und betont, dass angesichts der Nöte der syrischen Flüchtlinge, die in absehbarer Zukunft nicht in ihr Heimatland zurückkehren können, sowie der Erfordernisse in den Aufnahmegemeinschaften im Hinblick auf die längerfristige Integration und Beschäftigung nach wie vor eine langfristige Unterstützung durch die EU und die internationale Gemeinschaft erforderlich ist, um die Fähigkeit zur längerfristigen Integration und Beschäftigung in kohärenter Weise mit den Aufnahmegemeinschaften sicherzustellen; weist darauf hin, dass die konfliktanfälligen Gebiete in Syrien derzeit keinen langfristigen Wiederaufbau zulassen; |
19. |
stellt fest, dass der Bericht über die strategische Halbzeitbewertung vom Oktober 2018 zu dem Schluss kam, der Madad-Treuhandfonds sei umfassend und kostenwirksam, erreiche zahlreiche Begünstigte zu vergleichsweise niedrigen Kosten und habe es der EU ermöglicht, flexibel zu handeln; |
20. |
begrüßt die schnelle und flexible Reaktion bezüglich des Treuhandfonds zur Unterstützung von Partnerländern und Gemeinschaften während des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie, wobei sich aktive Bemühungen um die Neuausrichtung der Tätigkeiten gezeigt haben, nicht nur in Bezug auf die Gesundheitsversorgung, sondern auch in anderen Bereichen wie Lebensgrundlagen, Schutzmaßnahmen, Bildung oder sozialer Zusammenhalt im Libanon, im Irak, in der Türkei und in Jordanien; |
21. |
betont, wie wichtig es ist, von den anhaltenden Konflikten betroffene Flüchtlinge, Binnenvertriebene und hilfsbedürftige Aufnahmegemeinschaften auch in der Gesamtregion kontinuierlich zu unterstützen, indem auf eine Mischung von langfristiger, kalkulierbarer, vollkommen transparenter und schnell einsetzbarer Finanzierung im Rahmen der für den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021–2027 festgelegten Instrumente sowie auf potenzielle Beiträge der Mitgliedstaaten als externe zweckgebundene Einnahmen zurückgegriffen wird, wobei alle Finanzinstrumente gemäß der Haushaltsordnung zu berücksichtigen sind; |
22. |
weist erneut auf die Schutzbedürftigkeit der palästinensischen Flüchtlingsgemeinschaften in Syrien und der Region hin, und fordert, dass sie kontinuierlich unterstützt und in die humanitären Pläne und Maßnahmen der EU in Bezug auf die Syrien-Krise einbezogen werden; |
Treuhandfonds für Afrika
23. |
stellt fest, dass der Treuhandfonds für Afrika als Nothilfe-Treuhandfonds eingerichtet wurde, um bei der Bewältigung der Krisen in drei Regionen Afrikas zu helfen und auf diese Weise langfristige Ziele in den Bereichen Stabilität und Entwicklung zu erreichen; ist der Ansicht, dass der EU-Treuhandfonds für Afrika ein Instrument ist, das schnelles und flexibles Handeln ermöglicht, um die Bewältigung gemeinsamer globaler Herausforderungen wie Migration und Vertreibung, Auswirkungen des Klimawandels und Wirtschaftskrisen zu unterstützen; betont, dass die im Zusammenhang mit der anhaltenden COVID-19-Pandemie entstandene beispiellose Situation das notwendige Maß an Flexibilität und Schnelligkeit erforderte; hebt jedoch hervor, dass Flexibilität stets mit voller Transparenz und Rechenschaftspflicht einhergehen muss; ist der Auffassung, dass mit zielgerichteteren gelenkten Maßnahmen über die drei Bereiche hinweg sowie Unterstützung für die Bewertung der Ergebnisse und die Berichterstattung darüber Spielraum für Verbesserungen bestehen könnte; |
24. |
nimmt zur Kenntnis, dass 78 Projekte zur Stärkung der wirtschaftlichen Chancen und Beschäftigungsmöglichkeiten beigetragen haben, 97 Projekte zur Förderung der Resilienz von Gemeinschaften durchgeführt wurden, 75 Projekte der Migrationssteuerung gewidmet waren und 75 Projekte zur Verbesserung der Regierungsführung und Konfliktprävention beigetragen haben; stellt mit Besorgnis fest, dass aufgrund besonderer Umstände die Migrationssteuerung in einigen Projekten in den Mittelpunkt des EU-Handelns gerückt ist; bekräftigt jedoch, dass an den ursprünglichen Zielen einer Verbesserung der Resilienz und Bekämpfung der Ursachen der Migration festgehalten werden sollte; |
25. |
begrüßt die Tatsache, dass der EU-Treuhandfonds für Afrika in einigen Fällen zum dreiteiligen Nexus-Ansatz von humanitärer Hilfe, Entwicklung und Frieden beigetragen hat, was mit den EU-Finanzinstrumenten im Rahmen des vorherigen MFR nicht möglich gewesen war; weist darauf hin, dass die Finanzierung des EU-Treuhandfonds auf der Grundlage der Kriterien der ODA erfolgen und bewertet werden muss und dass sämtliche Ausgaben, die diese Anforderung nicht erfüllen, aus unterschiedlichen im Treuhandfonds gebündelten Quellen bereitgestellt werden müssen, und verurteilt jede Verwendung von Mitteln der ODA, die im Widerspruch zu den Entwicklungszielen steht; weist erneut darauf hin, dass humanitäre Hilfe grundsätzlich unabhängig sein muss; |
26. |
bedauert, dass bis zu 37 % des EU-Treuhandfonds für Afrika für Maßnahmen zur Einschränkung und Verringerung der Migration bereitgestellt werden, während weniger als 9 % für die Bekämpfung der Ursachen von Migration und Zwangsumsiedlung bereitgestellt werden; stellt fest, dass weniger als 1,5 % des EU-Treuhandfonds für Afrika für reguläre Migrationskanäle bereitgestellt wurden; nimmt zur Kenntnis, dass Sicherheit für die Stabilität der afrikanischen Partnerländer unerlässlich ist und dass die EU Partnerländer dabei unterstützen muss, die Ursachen für irreguläre Migrationsströme, Schleuserkriminalität und Menschenhandel zu bekämpfen; |
27. |
nimmt die Berichte über anhaltende Menschenrechtsverletzungen, die im Rahmen des Vorgehens der libyschen Küstenwache begangen werden, zur Kenntnis; betont, dass viele der von der Küstenwache geretteten oder aufgegriffenen Menschen in Libyen unter entsetzlichen Bedingungen willkürlich in Haft gehalten werden; hebt hervor, dass die Rückführung von Flüchtlingen in Länder, in denen sie nicht sicher sind, einen Verstoß gegen das Genfer Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge darstellt; stellt fest, dass im Zusammenhang mit dem Nothilfe-Transitmechanismus Bedenken wegen der Achtung der Menschenrechte bei der Durchführung von Projekten bestehen; nimmt die Nichteinhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung in Libyen zur Kenntnis; weist jedoch darauf hin, dass jede Intervention den uneingeschränkten Schutz von Menschenleben, der Menschenwürde und der Menschenrechte gewährleisten sollte; fordert in dieser Hinsicht die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Abstimmung mit Organisationen der Zivilgesellschaft eine spezielle Risikobewertung bei den zuständigen Behörden im Bereich der Überwachung und Verwaltung der See- und Grenzüberwachung, die im Rahmen des EU-Treuhandfonds für Afrika finanziert wird, durchzuführen, um eine objektive Bewertung der Achtung der Menschenrechte sicherzustellen; |
28. |
hebt hervor, dass die Zusammenarbeit und der Dialog mit den Partnern vor Ort wichtig sind; begrüßt, dass Konsultationen und Studien durchgeführt wurden, um vorrangige Bedürfnisse zu ermitteln; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Behörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort gebührend in Projekte einzubinden, die durch den EU-Treuhandfonds für Afrika gefördert werden; |
29. |
weist darauf hin, dass eines der wesentlichen Ziele des EU-Treuhandfonds für Afrika gemäß seiner Gründungsvereinbarung darin besteht, die Ursachen der Migration zu bekämpfen, insbesondere indem die Widerstandsfähigkeit, die wirtschaftlichen Perspektiven und die Chancengleichheit, die Sicherheit und die Entwicklung gefördert und Menschenrechtsverletzungen angegangen werden; fordert, dass der Schwerpunkt stärker auf langfristige Entwicklungsziele wie Beschäftigung, Bildung, Ernährungssicherheit und die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung vor Ort gelegt wird; |
30. |
stellt fest, dass im Sonderbericht Nr. 32/2018 des Europäischen Rechnungshofs auf verschiedene Mängel hingewiesen wurde, darunter die Nichtanwendung des EU-Vergaberechts und die undurchsichtige Verwaltung, ein verbessertes Verfahren für die Auswahl der Projekte, eine beschleunigte Umsetzung und eine systematischere Leistungsüberwachung für die gesamte Bandbreite der Projekte empfohlen wurden und festgestellt wurde, dass der Fonds aufgrund seines breiten Anwendungsbereichs häufig ineffizient war, wenn es darum ging, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, weil die Erfordernisse und Mittel, anhand derer eine messbare Wirkung erzielt hätte werden können, nicht in angemessener Weise quantifiziert worden waren; fordert eine Vereinfachung der Bewerbungen bei Vergabeverfahren und eine Verbesserung der entsprechenden Kommunikation, um den Zugang zu EU-Mitteln für kleinere und lokale NGO zu erleichtern; |
31. |
stellt fest, dass der EU-Treuhandfonds für Afrika einen Beitrag zur Stärkung der Resilienz und zur Umsetzung des Nexus von humanitärer Hilfe und Entwicklung in fragilen Verhältnissen geleistet hat; stellt ferner fest, dass durch ihn auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Interessenträgern gefördert wurde und Beiträge von Nicht-EU-Gebern ermöglicht wurden, die in der Zeit nach dem Brexit besonders wichtig geworden sind, und dass das Bewusstsein für die Themen Migration und Zwangsumsiedlung und für die diesbezüglichen Maßnahmen der EU geschärft wurde; bedauert gleichzeitig, dass die Umsetzung dieses Fonds nicht angemessen überwacht wurde, und fordert, dass spezifische, messbare, ausführbare, realistische und terminierte (SMART) Ziele in die Projektplanung aufgenommen und quantifizierbare Ziele für die Bewertung von Projekten festgelegt werden; |
32. |
begrüßt den Vorschlag der Kommission, die Bindung von Mitteln aus dem EU-Treuhandfonds für Afrika aufzuheben, die ursprünglich Eritrea zugewiesen worden waren, insbesondere für die Erneuerung einer Straße, die unter Einsatz von Zwangsarbeit entsteht; |
Treuhandfonds für Kolumbien
33. |
ist der Auffassung, dass der Treuhandfonds für Kolumbien sich als wertvoll erwiesen hat und unter den derzeitigen Umständen ein wichtiges Instrument darstellt, um die Umsetzung des Friedensabkommens zwischen der kolumbianischen Regierung und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC) zu unterstützen; weist darauf hin, dass durch die Ausweitung des EU-Treuhandfonds für Kolumbien das Engagement der EU erneut bekräftigt und dringend erforderliche Hilfe für den Friedensprozess in Kolumbien geleistet wurde; weist erneut darauf hin, dass der EU-Treuhandfonds für Kolumbien im Rahmen des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit eingerichtet wurde und im Einklang mit dem vorrangigen Ziel der Entwicklungspolitik der Europäischen Union stehen muss: Das „Hauptziel der Unionspolitik in diesem Bereich ist die Bekämpfung und auf längere Sicht die Beseitigung der Armut“, und „bei der Durchführung politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, trägt die Union den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung“; |
34. |
hebt hervor, dass er wesentlich dazu beiträgt, Kolumbien im Bereich der umfassenden Entwicklung des ländlichen Raums und des Wirtschaftswachstums zu unterstützen; fordert, dass der Friedensprozess in Kolumbien im Rahmen lang- und mittelfristiger, uneingeschränkt transparenter Finanzierungsprogramme und Überwachungsmaßnahmen weiterhin vorrangig umgesetzt wird und dass für diese Programme eine angemessene demokratische Kontrolle und Einbindung des Europäischen Parlaments und angemessene, transparente und inklusive Konsultationen von Interessenträgern, insbesondere der Zivilbevölkerung vor Ort, ermöglicht werden; |
35. |
beglückwünscht Kolumbien zu den Bemühungen, trotz der eigenen Herausforderungen bei der Umsetzung des Friedensabkommens, Hilfe für über 1,7 Millionen venezolanische Migranten zu leisten, die nach Kolumbien geflohen sind, insbesondere durch die Gewährung von vorübergehendem Schutz für zehn Jahre; |
36. |
begrüßt die Einbeziehung der Republik Chile als Geber im Rahmen des Treuhandfonds; weist darauf hin, dass die Beteiligung regionaler Partner einen hohen Mehrwert bringt und sowohl die lokale Anerkennung als auch die Legitimation des Engagements der EU und der Zusammenarbeit mit ihr erhöht hat; |
Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei
37. |
weist darauf hin, dass die Türkei mit fast vier Millionen registrierten Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan weltweit am meisten Flüchtlinge aufgenommen hat; weist erneut auf die tragende Rolle der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien hin; fordert eine eingehende Bewertung der Auswirkungen der Erklärung EU-Türkei für die Menschenrechte und hält es für geboten, dass sich beide Seiten im Rahmen ihrer Umsetzung an die Grundrechte halten; ist der Ansicht, dass die EU den Flüchtlingen aus Syrien und anderen Ländern und den Aufnahmegemeinschaften in der Türkei auch künftig die erforderliche Unterstützung zukommen lassen sollte, wobei sicherzustellen ist, dass die türkische Regierung nicht direkt an der Verwaltung und Zuweisung der Mittel beteiligt ist, die den Flüchtlingen und den Aufnahmegemeinschaften direkt zukommen und von Organisationen verwaltet werden sollten, die Rechenschaftspflicht und Transparenz gewährleisten können; |
38. |
ist der Ansicht, dass die EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei ihren Wert als innovatives Bündelungsinstrument und wichtiger Koordinierungsmechanismus zur Unterstützung der Türkei bei der schnellen Reaktion auf unmittelbare Bedürfnisse der Flüchtlinge und ihrer Aufnahmegemeinschaften in den Bereichen humanitäre Hilfe und Entwicklung nachgewiesen hat, und betont, dass die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen sichergestellt werden muss; weist deshalb darauf hin, dass die Mehrheit der Projekte ausgeweitet werden musste, um die erwarteten Ergebnisse zu erzielen; bringt seine Unterstützung für die türkische Zivilgesellschaft zum Ausdruck und erinnert an die lobenswerten Bemühungen internationaler Organisationen bei der Umsetzung dieser Projekte; hebt den durch die Einbeziehung lokaler Organisationen, Sachverständiger und nichtstaatlicher Organisationen sowie solcher aus allen Mitgliedstaaten in die Umsetzung der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei erzeugten Mehrwert hervor; |
39. |
begrüßt den Erfolg der ersten Tranche der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei, insbesondere das soziale Sicherheitsnetz für Notsituationen (ESSN) — das größte von der Kommission verwaltete humanitäre Projekt; begrüßt den Fortschritt der zweiten Tranche, die eine schrittweise Umstellung von humanitärer auf Entwicklungshilfe ermöglicht; |
40. |
nimmt die Rolle zur Kenntnis, die die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei bei der Abdeckung von Grundbedürfnissen von rund 1,8 Millionen Flüchtlingen, durch pädagogische Unterstützung von 668 900 Flüchtlingskindern und durch Gesundheits- und Schutzdienste für Millionen von Flüchtlingen spielt; betont jedoch, dass dem Sonderbericht Nr. 27/2018 des Europäischen Rechnungshofs zu entnehmen ist, dass bei der Finanzierung von Gesundheits- und Bildungsmaßnahmen Unstimmigkeiten auftraten, wobei für die Finanzierung ähnlicher Projekte unterschiedliche Verwaltungsstrukturen parallel verwendet wurden; zudem wurde im Bericht darauf hingewiesen, dass durch Bargeldhilfe-Projekte mehr Nutzen hätte gestiftet werden können, und die Kommission aufgefordert, die Programmplanung im Bereich der kommunalen Infrastruktur und der sozioökonomischen Unterstützung, das Arbeitsumfeld für nichtstaatliche Organisationen zu ermöglichen und die Berichterstattung über die Fazilität zu verbessern; nimmt insbesondere die Folgen der COVID-19-Pandemie für die Flüchtlinge zur Kenntnis und weist darauf hin, dass die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei trotz ernsthafter Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage von Flüchtlingen in der Türkei unter dem Blickwinkel des internationalen Asylrechts eingerichtet wurde; weist darauf hin, dass die Kommission im Jahr 2020 im Rahmen des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben, der im Haushalt der EU vorgesehen ist, um zusätzliche Mittel in Höhe von 481,6 Mio. EUR angesucht hat, was die ursprünglich geplante Mittelzuweisung für die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei übersteigt, um Maßnahmen im Rahmen des sozialen Sicherheitsnetzes für Notsituationen und des Programms an Bedingungen geknüpfter Geldzuweisungen für Bildungsleistungen zu finanzieren; |
41. |
bringt erneut sein tiefes Bedauern darüber zum Ausdruck, dass das Parlament nicht formal konsultiert wurde oder gebeten wurde, die Schaffung oder Ausweitung dieser Fazilität zu genehmigen, und nur als Teil der Haushaltsbehörde involviert war, wodurch die demokratische Rechenschaftspflicht der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei untergraben wurde; fordert mit Nachdruck, dass es nicht erneut mit einer solchen Situation konfrontiert werden sollte; |
42. |
betont, dass im Sonderbericht Nr. 27/2018 des Europäischen Rechnungshofs (24) Fragen hinsichtlich der Effizienz der aus der Fazilität finanzierten humanitären Projekte aufgeworfen werden, da die Angemessenheit der veranschlagten Kosten bei diesen Projekten nicht einheitlich und umfassend bewertet wurde; stellt fest, dass in dem Bericht auch Besorgnis darüber geäußert wird, dass es nicht möglich ist, während der Prüfung alle humanitären Projekte zu überwachen; betont in diesem Zusammenhang, dass die Weigerung der türkischen Behörden, Zugang zu den Daten der Begünstigten der beiden Bargeldhilfe-Projekte zu gewähren, Fragen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung im Rahmen der Fazilität aufwerfen könnte, insbesondere angesichts der raschen Rückschritte der Türkei in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte; weist erneut darauf hin, dass die von der türkischen Regierung und den lokalen Behörden verwendeten Mittel kontrolliert werden müssen; bekräftigt, dass die Mittel ausschließlich zur Deckung aller physischen und psychologischen Bedürfnisse von Flüchtlingen, einschließlich Unterkunft, Nahrung, Bildung und Gewährleistung eines angemessenen Lebensstandards, verwendet werden dürfen; fordert die Kommission auf, die Überwachung zu verbessern und Daten über die Begünstigten aller Programme und Projekte der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zu erlangen; betont, dass die Kommission die Ressourcen auf der Grundlage der von den Durchführungspartnern vor Ort verwirklichten Ziele und nach der gemäß den Vorschriften der Haushaltsordnung durchgeführten Bewertung der Umsetzung bereitstellen sollte, um eine uneingeschränkte Rechenschaftspflicht zu erreichen und eine Doppelfinanzierung zu vermeiden; fordert deshalb die Kommission auf, sicherzustellen, dass die Ziele und die Umsetzung der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei mit den allgemeinen Grundsätzen, Strategien und Zielen der EU vereinbar sind, darunter Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, und äußert seine Besorgnis über die Erosion dieser Grundsätze in der Türkei; |
43. |
betont, wie wichtig der Übergang von humanitärer Hilfe zu Entwicklungszusammenarbeit ist, und fordert die Kommission auf, eine Übergangsstrategie zu entwickeln und umzusetzen, in deren Mittelpunkt die Schaffung von Existenzgrundlagen für Flüchtlinge steht, um deren Eigenständigkeit und soziale Eingliederung in die Aufnahmegemeinschaften zu verbessern; verweist erneut auf das langfristige Ziel der EU, eine schrittweise Übernahme der von der EU finanzierten Tätigkeiten durch die türkischen Staatsorgane unter uneingeschränkter Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte zu erreichen; fordert alle beteiligten Parteien der bevorstehenden multilateralen Konferenz über den östlichen Mittelmeerraum auf, sich neben humanitären und entwicklungspolitischen Fragen auch damit eingehend zu befassen; |
44. |
fordert erneut, dass die Türkei den Grundsatz der Nichtzurückweisung respektiert, insbesondere an der syrischen Grenze, wobei sichergestellt sein muss, dass die in der Flüchtlingskonvention von 1951 garantierten Menschenrechte und der Status von Flüchtlingen uneingeschränkt geachtet werden, und die Migrationsströme nicht für politische Zwecke gegen die EU instrumentalisiert; erwartet, dass die Türkei die Erklärung EU-Türkei vom März 2016 und das Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei uneingeschränkt und diskriminierungsfrei umsetzt; fordert die Kommission nachdrücklich auf, für eine engmaschige Überwachung der Umsetzung der Erklärung EU-Türkei, auch in Bezug auf die Menschenrechtslage der im Rahmen der Erklärung EU-Türkei in die Türkei zurückgeführten Asylsuchenden und Migranten, zu sorgen und dem Parlament darüber Bericht zu erstatten; fordert die türkischen Behörden auf, dem UNHCR uneingeschränkten Zugang zu den Abschiebezentren an der türkisch-syrischen Grenze zu gewähren, damit die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung überwacht werden kann; betont, dass bei der finanziellen Unterstützung der Türkei bei der Steuerung der Flüchtlingsströme die vollständige Haushaltstransparenz und die uneingeschränkte Einbeziehung von Organisationen der Zivilgesellschaft geachtet werden müssen; fordert die Kommission auf, die türkischen Behörden dazu anzuhalten, das Arbeitsumfeld für internationale nichtstaatliche Organisationen zu verbessern; fordert die Kommission auf, auf ihren Erfahrungen mit besonderen Systemen zur Überprüfung durch Dritte aufzubauen, um die Kontrolle der Ausgaben zu stärken; |
45. |
fordert die Türkei auf, davon abzusehen, Flüchtlinge in Gewahrsamseinrichtungen unterzubringen, um sie dazu zu bringen, Formulare über die freiwillige Rückkehr zu unterzeichnen, und ihnen unabhängig von ihrem Registrierungsort im Land den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu garantieren; |
46. |
stellt fest, dass durch die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nur registrierte Flüchtlinge unterstützt werden; bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass viele Flüchtlinge keine Unterstützung erhalten, da die Registrierung in einigen Provinzen und Städten erschwert wurde; |
47. |
begrüßt das Ersuchen des Rates an die Kommission, dem Rat einen Vorschlag für die Fortsetzung der Finanzierung für syrische Flüchtlinge in der Türkei sowie in Jordanien, Libanon und anderen Teilen der Region vorzulegen; |
III. Ausblick und Empfehlungen
48. |
betont, dass in Situationen anhaltender Krisen und angesichts der Koordinierung und des Übergangs zwischen humanitärer Soforthilfe, Wiederaufbau und Entwicklung auf flexible und vernetzte Weise besser auf den Finanzierungsbedarf eingegangen werden muss, und zwar auf eine Art und Weise, die im Einklang mit internationalen entwicklungspolitischen Zielen, einschließlich der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und der entwicklungspolitischen Grundsätze der Union, wie etwa die Unterstützung der Beseitigung der Armut und der Verringerung der Ungleichheit, und im Falle humanitärer Hilfe unter uneingeschränkter Achtung der Grundsätze der humanitären Hilfe Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit mit einem uneingeschränktem Schutz von Menschenleben, der Menschenwürde und der Menschenrechte steht; besteht darauf, dass die Unterstützung durch die EU effizient und wirksam sein muss, damit vor Ort echte Erfolge erzielt werden können; |
49. |
betont, dass die bei der Einrichtung, Verwaltung und Umsetzung der Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei gewonnenen Erkenntnisse übernommen und bei der neuen Generation externer Finanzinstrumente angewendet werden und die Synergien und Kohärenz der Außenhilfe der EU und der parlamentarischen Kontrolle verbessert werden müssen; fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die endgültige umfassende Überprüfung der Umsetzung der EU-Treuhandfonds vorzulegen, in der deren Abstimmung mit den Entwicklungszielen sowie den menschenrechtlichen und humanitären Zielen der EU evaluiert wird; besteht ferner darauf, dass, sollten in der Zukunft neue EU-Treuhandfonds oder Ad-hoc-Instrumente notwendig werden, der Mechanismus für den Beitrag aus dem Unionshaushalt klar definiert und von Beginn an unter voller Einbeziehung des Parlaments verhandelt werden muss; ist außerdem der Meinung, dass die Wirkung und Sichtbarkeit der Außenhilfe der EU weiter erhöht werden müssen, um die Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten als größte Geber der weltweiten Entwicklungsfinanzierung hervorzuheben; |
50. |
fordert die Kommission auf, eine transparente Folgenabschätzung in Bezug auf die Auswirkungen von EU-finanzierten Projekten auf die Menschenrechte von Migranten und Flüchtlingen sowie auf die Gesamtbevölkerung des betreffenden Landes sicherzustellen, die von unabhängigen EU-Gremien und Sachverständigen durchgeführt wird; fordert die Einrichtung eines wirksamen und unabhängigen Überwachungsmechanismus zur umfassenden Überwachung und Evaluierung der endgültigen Verwendung dieser Mittel und Protokolle für Maßnahmen im Falle von Grundrechtsverletzungen; hält es für notwendig, dass die regionalen und lokalen Behörden und Akteure der Zivilgesellschaft umfassend in ihre Gestaltung und Umsetzung einbezogen werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen vollständigen und klaren Überblick über die Mittel zu erstellen, die zur Finanzierung der Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich der Migrationssteuerung bei allen Finanzierungsinstrumenten und ihrer Umsetzung verwendet werden; hebt die Bedeutung des Austauschs der Prüfungsdaten mit dem EU-Finanzkontrollrahmen (einschließlich EuRH, OLAF und EUStA) hervor; |
51. |
weist darauf hin, dass die Herausforderungen im Zusammenhang mit der innerafrikanischen Migration, auf die fast 90 % der Migrationsströme in Afrika entfallen, in enger Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und im Einklang mit ihrem migrationspolitische Rahmen für Afrika und dem Aktionsplan 2018–2030 besser angegangen werden müssen; beharrt gleichwohl darauf, dass auf lange Sicht ein langfristiger Ansatz erforderlich ist, bei dem die Entstehung von Abhängigkeiten von externen Interventionen vermieden wird; besteht diesbezüglich auf der Stärkung mittels Bildung und der Bedeutung von hochwertiger Bildung, wenn es darum geht, mehr Unterstützung für Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen; |
52. |
stellt fest, dass die Gleichstellung der Geschlechter und die soziale Inklusion zwei der wichtigsten Ausgabenziele der Programmgestaltung des NDICI/Europa in der Welt sind; bekräftigt das Engagement der EU für die Stärkung der Rolle der Frauen und Mädchen und fordert die Kommission auf, die Gleichstellung der Geschlechter zusammen mit der Stärkung der Resilienz und der Anpassung an den Klimawandel in die Planung und Umsetzung der Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zu integrieren; empfiehlt, dass bei der Durchführung von Projekten sowohl im Rahmen des EU-Treuhandfonds als auch der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei regelmäßig eine geschlechterdifferenzierte Analyse und Prüfung der Einbeziehung von Frauen in die Gestaltung der unterstützten Projekte durchgeführt werden sollten; |
53. |
fordert die Kommission auf, die Zusammenarbeit mit Drittländern, die die Grundrechte nicht in vollem Umfang achten, vorläufig einzustellen oder zu überprüfen, was auch die Aussetzung solcher Finanzierungen und Projekte einschließt, mit denen die Menschenrechte gefährdet oder untergraben werden; |
54. |
nimmt zwar zur Kenntnis, dass die Einrichtung von Treuhandfonds für auswärtige Maßnahmen gemäß der Haushaltsordnung möglich ist, bekräftigt jedoch die seit langem bestehende Forderung des Parlaments, dass die Außenhilfe vollständig aus dem Haushalt der Union finanziert und auf kohärente Weise umgesetzt werden sollte, und zwar auf der Grundlage von optimierten Regeln, die auf im Mitgesetzgebungsverfahren beschlossenen Instrumenten beruhen, und unter uneingeschränkter Achtung der Vorrechte des Parlaments in den Bereichen Rechtsetzung, Haushalt und Überwachung sowie der Grundsätze der Einheitlichkeit des Haushaltsplans, der Rechenschaftspflicht, der Transparenz, der Wirksamkeit und der wirtschaftlichen Haushaltsführung der EU; hebt hervor, dass sich durch die Einführung außerordentlicher Instrumente die Komplexität der Steuerung der Finanzierung erhöht und die bestehenden außenpolitischen Instrumente dadurch unter finanziellen Druck geraten, wodurch deren Effizienz möglicherweise beeinträchtigt wird; ist der Auffassung, dass EU-Treuhandfonds nur genutzt werden sollten, um auf eine plötzliche größere Krise und auf Situationen zu reagieren, in denen eine Reaktion mehrerer Geber in Ländern koordiniert werden muss und wenn das außenpolitische Ziel mit den bestehenden Finanzierungsinstrumenten nicht vollständig erreicht werden kann, sowie unter der Bedingung, dass sie dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung folgen und dass der EU-Treuhandfonds keine Überschneidungen mit anderen bestehenden Finanzierungskanälen oder ähnlichen Instrumenten aufweist, ohne einen zusätzlichen Nutzen zu bieten, und dass die Ziele des Treuhandfonds mit den Zielen des EU-Instruments oder des Haushaltspostens, aus dem er finanziert wird, übereinstimmen; fordert die Kommission auf, eine effizientere Kommunikation vor Ort zu gewährleisten und dabei die Rolle der EU als größter Geber der weltweiten Entwicklungsfinanzierung hervorzuheben; |
55. |
weist darauf hin, dass sich die Bündelung der Mittel aus dem EEF, dem Unionshaushalt und von anderen Gebern in Treuhandfonds nicht auf die Fähigkeit der bestehenden EU-Strategien und -Programme, ihre ursprünglichen Ziele zu verfolgen — wie die Beseitigung der Armut oder die Förderung der Grundrechte –, auswirken sollte; |
56. |
weist darauf hin, dass die EU-Treuhandfonds und die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei als Ausnahme oder wirkliche Notfallinstrumente gesehen werden sollten, deren Mehrwert und Auswirkungen vor Ort sehr gut begründet und sorgfältig überwacht werden sollten; erwartet von der Kommission die vollständige Nutzung der Möglichkeiten, die sich durch den programmbasierten Ansatz der geografischen Säule des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI/Europa in der Welt) und des Instruments für Heranführungshilfe (IPA III) — das nicht länger zur Finanzierung von Heranführungshilfe an die Türkei genutzt werden darf, ausgenommen Unterstützung von türkischen Organisationen der Zivilgesellschaft über das Finanzierungsinstrument für die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte — ergeben, wobei ergänzend auch die globalen thematischen Programme, die Krisenreaktionsfinanzierung und die große programmunabhängige Reserve im Rahmen des NDICI/Europa in der Welt von Bedeutung sind; |
57. |
weist darauf hin, dass mit den Mitteln aus dem Flexibilitätspolster für neue Herausforderungen und Prioritäten im Rahmen des NDICI/Europa in der Welt die Mittel aus den geografischen und thematischen Programmen sowie den Krisenreaktionsmaßnahmen aufgestockt werden sollen; betont, dass sich die Kommission verpflichtet hat, die Verwendung dieser Mittel im Rahmen des geopolitischen Dialogs mit dem Parlament zu erörtern und vor deren Inanspruchnahme ausführliche Informationen bereitzustellen, wobei die Anmerkungen des Parlaments zu der Art und den Zielen der vorgesehenen Finanzbeträge in vollem Umfang berücksichtigt werden; |
58. |
begrüßt das neue Finanzierungsinstrument der EU für Außenmaßnahmen „NDICI/Europa in der Welt“, da damit die Möglichkeiten, mit Mitteln aus dem EU-Haushalt auf neu entstehende Notsituationen zu reagieren, verbessert werden sollen; ist davon überzeugt, dass das NDICI/Europa in der Welt für eine effizientere Zuteilung von Mitteln und eine ausreichende Flexibilität und Reaktionsfähigkeit sorgen und man für das NDICI/Europa in der Welt aus den bisherigen Erfahrungen und Bewertungen im Rahmen der bestehenden Treuhandfonds Lehren ziehen wird; |
59. |
betont, dass das NDICI/Europa in der Welt sein volles Potenzial entfalten und erforderlichenfalls verbessert werden sollte, während außerordentliche Finanzierungsinstrumente nur in unvorhergesehenen Notsituationen zum Einsatz kommen sollten, um somit die Einheit und demokratische Rechenschaftspflicht des Haushaltsplans der Union zu wahren; weist in diesem Zusammenhangdarauf hin, dass der herkömmliche Steuerungsrahmen für die Entscheidungsfindung dem außenpolitischen Handeln der EU sowohl innerhalb der EU als auch in den Zielländern mehr Legitimität verleiht; |
60. |
fordert, dass die Finanzierung eines Nachfolgers für die derzeitige Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nicht auf Kosten der neu angenommenen Finanzierungsinstrumente, insbesondere des IPA III und des NDICI-Europa in der Welt, einschließlich des Flexibilitätspolster für neue Herausforderungen und Prioritäten, erfolgt, da mit dem Nachfolger für die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei nicht auf eine wirklich neue Herausforderung oder Krise reagiert wird; spricht sich nachdrücklich dafür aus, dass eine etwaige Initiative dieser Art durch neue Mittel finanziert wird, die gegebenenfalls durch Beiträge aus den Mitgliedstaaten aufgestockt werden können; bekräftigt, dass das Parlament vollständig und von Anfang an in die Beratungen über den Nachfolger für die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei einbezogen werden muss, auch zu dessen Finanzierungs- und Verwaltungsstrukturen, die der Herkunft der Finanzmittel und der Rolle der Haushaltsbehörde Rechnung tragen müssen; |
61. |
spricht sich für den Fall eines größeren Bedarfs in Bezug auf den MFR für die Jahre 2021–2027 dafür aus, dass die erste und wichtigste zu prüfende Lösung über die im Mitgesetzgebungsverfahren beschlossenen Instrumente erfolgen sollte, indem die Mittelausstattung des NDICI/Europa in der Welt durch eine Überarbeitung der MFR- und der NDICI-Verordnung aufgestockt wird, oder als zweite Option und unter der Bedingung, dass das Parlament voll in den Entscheidungsprozess einbezogen und mit den entsprechenden Kontrollbefugnissen ausgestattet wird, die relevanten NDICI-Haushaltslinien mit Beiträgen in Form von für externe Politikbereiche zweckgebundenen Einnahmen gestärkt werden; erwartet in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der Haushaltsordnung für eine angemessene Beteiligung der Haushaltsbehörde an der Verwaltung der für externe Politikbereiche zweckgebundenen Einnahmen gesorgt wird; betont, dass, sollte sich dennoch ein Bedarf für einen ordnungsgemäß begründeten neuen Treuhandfonds ergeben, etwa infolge des Ausbruchs einer größeren Krise oder einer plötzlichen Veränderung in den internationalen Beziehungen, die eine umfangreiche finanzielle Reaktion der EU erfordern, oder aufgrund der Notwendigkeit, Ressourcen mit Drittländern zusammenzulegen, was im Rahmen der im Mitgesetzgebungsverfahren beschlossenen Instrumente Mitentscheidungsinstrumente nicht möglich wäre, das Parlament von Anfang an vollständig einbezogen werden muss; ist diesbezüglich der Auffassung, dass die Haushaltsordnung überarbeitet werden sollte, um für eine angemessene Rolle des Parlaments bei der Einrichtung und Kontrolle eines etwaigen neuen Treuhandfonds zu sorgen, wozu auch die Ausarbeitung der Gründungsvereinbarung und die Mobilisierung des EU-Beitrags, die Umsetzung, Fortführung und mögliche Auflösung gehören; |
62. |
fordert die Kommission auf, bei der Umsetzung des NDICI/Europa in der Welt den Nexus-Ansatz zu priorisieren, und fordert eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den EU-Akteuren in den Bereichen humanitäre Hilfe und Entwicklung, insbesondere nach Krisen und in lange andauernden Krisen, um besser auf lokale Bedürfnisse eingehen zu können und effizientere Ergebnisse zu erzielen; |
63. |
stellt fest, dass die Möglichkeiten, die Migrationspolitik in der Außenpolitik der EU durchgängig zu berücksichtigen, durch die Einbeziehung der Migration in die thematische und geografische Komponente und die Krisenreaktionskomponente des NDICI erheblich erweitert werden; stellt jedoch mit Besorgnis fest, dass im Rahmen der Krisenreaktionskomponente die Zusammenarbeit mit Drittländern beim Migrationsmanagement finanziert werden kann, ohne dass die Kommission Programmplanungsdokumente veröffentlichen oder Akteure der Zivilgesellschaft konsultieren muss und ohne dass das Parlament einbezogen wird, auch nicht im Rahmen des Vorsorge- und Krisenplans für Migration, in dem es an Mechanismen zur Bewertung der möglichen negativen Auswirkungen solcher Interventionen mangelt; beharrt in diesem Zusammenhang darauf, dass sichergestellt werden muss, dass der MRF 2021–2027 von einem soliden Menschenrechtsrahmen für die Ermittlung, Umsetzung und Überwachung künftiger Programme für die Zusammenarbeit im Bereich Migration flankiert wird; |
64. |
stellt fest, dass beim NDICI/Europa in der Welt eine Halbzeit- und eine Abschlussbewertung sowie eine ausführliche jährliche Berichterstattung der Kommission an das Parlament und den Rat über die laufenden Tätigkeiten, die erzielten Ergebnisse, die Wirksamkeit und die Fortschritte bei der Verwirklichung der thematischen Vorgaben und Ziele der Verordnung vorgesehen sind; fordert die Kommission auf, eine genaue Methodik für die Nachverfolgung der für die Problemfelder Migration und Zwangsumsiedlung vorgesehenen 10 % der Ausgaben zu entwickeln und umzusetzen, damit wirksam für angemessene Transparenz und Rechenschaftspflicht in Bezug auf diese Ausgaben, wie in der Verordnung gefordert, gesorgt wird; |
65. |
begrüßt die Entscheidungsverfahren unter Einbeziehung lokaler Vertreter, die Anpassungen an die lokalen Gegebenheiten und die Möglichkeit, grenzüberschreitende und mehrjährig geförderte Projekte im Rahmen der EU-Treuhandfonds und der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei durchzuführen, da diese einen hohen Mehrwert aufweisen; fordert, dass solche Aspekte bei der künftigen Programmplanung im Zusammenhang mit den Haushaltsinstrumenten für die Außenpolitik der EU durchgängig berücksichtigt werden; |
66. |
erkennt an, dass die Zusammenarbeit mit Vertretern lokaler Gemeinschaften und Interessenvertretern, einschließlich lokaler Regierungsbehörden, Organisationen der Zivilgesellschaft, Sozialpartnern und Glaubensvertretern, in von Konflikten betroffenen Gebieten von entscheidender Bedeutung ist, um Aussöhnung, Dialog und Frieden zu fördern; betont, dass lokale Glaubensgemeinschaften und entsprechende Organisationen eine aktive Rolle bei der Entwicklungszusammenarbeit und der Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Bedürftigsten spielen, und fordert die Kommission auf, mit ihnen zusammenzuarbeiten, insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung direkter Unterstützung für schwer zugängliche Gemeinschaften in Entwicklungsländern; |
67. |
erachtet es als sehr wichtig, einen erheblichen Teil der künftigen EU-Mittel im Bereich Migration zivilgesellschaftlichen Gruppen in Drittländern zuzuweisen, damit diese Gruppen Unterstützung leisten und die Rechte von Migranten schützen und die Einhaltung dieser Rechte überwachen können, und sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der EU-Mittel für die Verbesserung der Menschenrechte, den internationalen Schutz und die Zukunftsperspektiven von Flüchtlingen vorgesehen ist; |
68. |
fordert die Kommission auf, die Programmplanungsmethoden im Hinblick auf lokale Gegebenheiten und entstehende lokale Herausforderungen anzupassen und die lokale Eigenverantwortung bei der Umsetzung der neuen EU-Entwicklungsinstrumente zu unterstützen; fordert die Kommission ferner auf, eine Bewertung der Bedürfnisse durchzuführen und die Reaktion der EU auf lokale Bedürfnisse entsprechend anzupassen; |
69. |
fordert die Kommission auf, die Möglichkeiten zu prüfen, Partner aus Drittländern in gemeinsame Initiativen und die Finanzierung der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen wie Migration, Zwangsumsiedlung, Klimawandel, Stärkung der Rolle der Frau und Schutz gefährdeter Gruppen einzubeziehen; |
70. |
fordert die Kommission auf, Investitionen in Bildung und die Schaffung von Arbeitsplätzen Vorrang einzuräumen, um Menschen in den Partnerländern die Möglichkeit zu geben, sich an existenzsichernden Tätigkeiten vor Ort zu beteiligen; |
71. |
erwartet, dass die Kommission bestehende oder künftige Krisen und den potenziellen Bedarf eines Wiederaufbaus effizienter und gezielter angeht, indem sie die bestehenden und andere Mittel nutzt, die im Rahmen der geltenden Haushaltsordnung in enger und koordinierter Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und anderen EU-Organen im Rahmen des Konzepts „Team Europa“ sowie mit gleichgesinnten internationalen Partnern und Gebern möglich sind; |
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72. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und dem Rat zu übermitteln. |
(1) ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884.
(2) ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1.
(3) ABl. L 163 vom 2.7.1996, S. 1.
(4) ABl. C 407 vom 8.12.2015, S. 8.
(5) ABl. C 60 vom 16.2.2016, S. 3.
(6) ABl. C 122 vom 19.4.2017, S. 4.
(7) ABl. C 106 vom 21.3.2018, S. 4.
(8) ABl. C 278 vom 8.8.2018, S. 3.
(9) ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 76.
(10) ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 33.
(11) ABl. C 204 vom 13.6.2018, S. 68.
(12) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0012.
(13) ABl. C 307 vom 30.8.2018, S. 117.
(14) ABl. C 215 vom 19.6.2018, S. 44.
(15) ABl. C 224 vom 27.6.2018, S. 88.
(16) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 179.
(17) ABl. C 23 vom 21.1.2021, S. 58.
(18) ABl. C 388 vom 13.11.2020, S. 326.
(19) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 264.
(20) Endgültiger Erlass (EU, Euratom) 2020/1157 des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 5 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2020 (ABl. L 299 vom 11.9.2020, S. 1).
(21) Beschluss (EU) 2020/1268 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 über die Inanspruchnahme des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben im Jahr 2020 zur fortgesetzten Bereitstellung humanitärer Hilfe in der Türkei (ABl. L 298 vom 11.9.2020, S. 21).
(22) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0243.
(23) ABl. L 163 vom 2.7.1996, S. 1.
(24) Sonderbericht Nr. 27/2018 des Europäischen Rechnungshofs, „Die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei: Unterstützung zwar hilfreich, doch eine optimale Mittelverwendung ist nur mit Verbesserungen zu erreichen“, S. 6 und S. 40.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/102 |
P9_TA(2021)0412
Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zum Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr (2020/2256(INI))
(2022/C 132/09)
Das Europäische Parlament,
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gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), |
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unter Hinweis auf das am 28. Juni 2016 von der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) vorgelegte Dokument mit dem Titel „Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: Ein stärkeres Europa — Eine Globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 20. Dezember 2013, vom 26. Juni 2015, vom 15. Dezember 2016, vom 9. März 2017, vom 22. Juni 2017, vom 20. November 2017 und vom 15. Dezember 2017, |
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unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union (1), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Juni 2017 zu einem Rahmen für eine gemeinsame diplomatische Reaktion der EU auf böswillige Cyberaktivitäten („Cyber Diplomacy Toolbox“), |
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unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 13. September 2017 mit dem Titel „Abwehrfähigkeit, Abschreckung und Abwehr: die Cybersicherheit in der EU wirksam erhöhen“ (JOIN(2017)0450), |
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unter Hinweis auf die im Juli 2018 unterzeichnete Gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO, |
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unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2019/797 des Rates vom 17. Mai 2019 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. Dezember 2019 über zusätzliche Anstrengungen zur Stärkung der Resilienz und zur Abwehr hybrider Bedrohungen, |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2019/881 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die ENISA (Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit) und über die Zertifizierung der Cybersicherheit von Informations- und Kommunikationstechnik (Rechtsakt zur Cybersicherheit) (2), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. Juni 2020 zum auswärtigen Handeln der EU zur Prävention und Bekämpfung von Terrorismus und Gewaltextremismus, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Schaffung eines Pakts für die zivile GSVP, |
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unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2020/1127 des Rates vom 30. Juli 2020 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2019/797 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen (3), |
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unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2020/1537 des Rates vom 22. Oktober 2020 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2019/797 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen (4), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 24. Juli 2020 über die EU-Strategie für eine Sicherheitsunion (COM(2020)0605), |
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unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 16. Dezember 2020 mit dem Titel „Die Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade“ (JOIN(2020)0018), |
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unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 16. Dezember 2020 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2016/1148 (COM(2020)0823), |
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unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 16. Dezember 2020 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Resilienz kritischer Einrichtungen (COM(2020)0829), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 9. März 2021 zur Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade, |
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unter Hinweis auf die Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 25. März 2021, |
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unter Hinweis auf den Bericht der offenen Arbeitsgruppe vom 10. März 2021, |
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unter Hinweis auf die Agenda der Vereinten Nationen für die Abrüstung mit dem Titel „Sicherung unserer gemeinsamen Zukunft“, |
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unter Hinweis auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und insbesondere auf das Ziel Nr. 16, bei dem es darum geht, friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung zu fördern, |
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unter Hinweis auf die Analyse Nr. 09/2019 des Europäischen Rechnungshofes zum Thema „Europäische Verteidigung“, |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2018 zur Cyberabwehr (5), |
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gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0234/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten weiterhin eine Cybersicherheitsstrategie entwickeln müssen, mit der realistische, konkrete und hochgesteckte Ziele festgelegt und die politischen Strategien sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich und auch dort, wo sich beide Bereiche überschneiden, klar definiert werden; in der Erwägung, dass sämtliche Organe und Mitgliedstaaten der Union auf allen Ebenen verstärkt zusammenarbeiten müssen, um eine solche Strategie zu erarbeiten, deren oberstes Ziel es sein sollte, die Abwehrfähigkeit weiter zu stärken und in der Folge gemeinsame, aber auch bessere, nationale, solide zivile und militärische Cyberfähigkeiten und die Zusammenarbeit zu entwickeln, um auf anhaltende Sicherheitsprobleme reagieren zu können; |
B. |
in der Erwägung, dass sich die EU für die Anwendung des geltenden Völkerrechts im Cyberraum einsetzt, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen, mit der die Staaten aufgefordert werden, nationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen und in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen; |
C. |
in der Erwägung, dass böswillige Cyberaktivitäten seitens staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, die sich gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten richten, in den letzten Jahren stetig zugenommen haben, wobei sich Schwachstellen in den für die europäische Sicherheit unverzichtbaren Netzen offenbart haben; in der Erwägung, dass offensiv vorgehende Cyberakteure hinsichtlich Differenziertheit, Geschicklichkeit und Anzahl einen stetigen Zuwachs verzeichnen; in der Erwägung, dass aufgrund dieser Angriffe vorrangig die Verteidigungskapazitäten gestärkt und europäische Cyberfähigkeiten entwickelt werden müssen; in der Erwägung, dass es jederzeit zu zerstörerischen Cyberangriffen kommen kann und Akteure auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten dazu angehalten werden sollten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um auch in Friedenszeiten wirksame Cyberabwehrfähigkeiten dauerhaft aufrechtzuerhalten; |
D. |
in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie und die zunehmende Cyberunsicherheit einen Bedarf an internationalen Vereinbarungen aufgezeigt haben; in der Erwägung, dass Cyberangriffe während der COVID-19-Pandemie erheblich zugenommen und die EU und ihre Mitgliedstaaten Cyberbedrohungen und böswillige Cyberaktivitäten, die sich gegen systemrelevante Einrichtungen richten, darunter auch Angriffe zur Störung kritischer Infrastrukturen wie Stromversorgung, Verkehr und Gesundheitswesen, sowie eine erhebliche cybergestützte ausländische Einmischung beobachtet haben, wodurch sich die Grenze zwischen Frieden und Feindseligkeit verwischt hat; in der Erwägung, dass im Aufbauplan für Europa zusätzliche Investitionen in die Cybersicherheit vorgesehen sind; |
E. |
in der Erwägung, dass der Cyberraum inzwischen als Einsatzbereich definiert wird; in der Erwägung, dass durch Cyberbedrohungen sämtliche herkömmlichen Militärbereiche eine Gefährdung erfahren können und dass herkömmliche Bereiche von der Funktionsfähigkeit des Cyberraums abhängen und nicht andersherum; in der Erwägung, dass sich Konflikte in allen physischen Bereichen (Land, Luft, See und Weltraum) sowie im virtuellen Raum (Cyberraum) ereignen können und durch Elemente hybrider Kriegsführung — etwa durch den Cyberraum ermöglichte Desinformationskampagnen, Stellvertreterkriege, offensiv und defensiv ausgerichtete Nutzung von Cyberfähigkeiten und strategische Angriffe auf Anbieter digitaler Dienstleistungen mit dem Ziel der Beeinträchtigung kritischer Infrastrukturen und demokratischer Institutionen — eine Ausweitung erfahren und erhebliche finanzielle Verluste verursachen können; |
F. |
in der Erwägung, dass der Europäische Auswärtige Dienst (EAD), die Kommission und die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) die Mitgliedstaaten dabei unterstützen sollten, ihre Anstrengungen zur Bereitstellung von Cyberabwehrfähigkeiten und entsprechender Technologien zu koordinieren und zu verstärken, wobei sämtliche Aspekte der Entwicklung von Fähigkeiten zu berücksichtigen sind, was Doktrin, Leitung, Organisation, Personal, Ausbildung, Industrie, Technologie, Infrastruktur, Logistik, Interoperabilität und Ressourcen einschließt; |
G. |
in der Erwägung, dass sich bei der Ausarbeitung des Bedarfskatalogs von 2017, der zur Ermittlung des gesamten Spektrums der militärischen Anforderungen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) anhand einer Reihe anschaulicher Szenarien verwendet wird, herausgestellt hat, dass ein vorrangiger Bedarf an Cyberabwehrfähigkeiten besteht; |
H. |
in der Erwägung, dass die erfolgreiche Durchführung von Missionen und Operationen der EU in zunehmendem Maße von einem störungsfreien Zugang zu einem sicheren Cyberraum abhängt und daher abwehrfähige operative Fähigkeiten für den Cyberraum erforderlich sind; |
I. |
in der Erwägung, dass für den im Jahr 2018 aktualisierten EU-Politikrahmen für die Cyberabwehr Prioritäten wie die Entwicklung von Cyberabwehrfähigkeiten sowie der Schutz der Kommunikations- und Informationsnetze der GSVP ermittelt wurden; |
J. |
in der Erwägung, dass die Präsidentin der Kommission in ihrer Rede zur Lage der Union im Jahr 2021 deutlich gemacht hat, dass es einer Cyberabwehrpolitik der EU bedarf; |
K. |
in der Erwägung, dass die zunehmende Einbindung künstlicher Intelligenz (KI) in die Cyberfähigkeiten der Streitkräfte (cyber-physische Systeme, darunter der Kommunikations- und Datenverbindungen zwischen Fahrzeugen in einem vernetzten System) zu Schwachstellen für Angriffe im Zuge der elektronischen Kriegsführung wie HF-Störung, Datenmanipulation oder Hacking führen kann; |
L. |
in der Erwägung, dass die Anhebung des Niveaus der Cybersicherheit und der Cyberverteidigung in der EU eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg der digitalen und geopolitischen Ambitionen Europas ist und mit einer besseren Abwehrfähigkeit einhergehen würde, wodurch mit der zunehmenden Geschicklichkeit bei Cyberangriffen und der Bedrohung durch Cyberangriffe Schritt gehalten würde; in der Erwägung, dass eine EU mit einer ausgeprägten Cybersicherheitskultur und einer entsprechenden leistungsfähigen Technologie, darunter die Fähigkeit, böswillige Aktivitäten rechtzeitig und wirksam zu erkennen und zuzuordnen und angemessen darauf zu reagieren, in der Lage wäre, ihre Bürger zu schützen sowie für die Sicherheit ihrer Mitgliedstaaten zu sorgen; |
M. |
in der Erwägung, dass internationale terroristische Vereinigungen ihr Fachwissen in Bezug auf Cyberkriegsführung erweitert haben und diese auch einsetzen, und dass Cyberangreifer modernste Technologien verwenden, um Schwachstellen in Systemen und Geräten auszuloten und groß angelegte Cyberangriffe durchzuführen; |
N. |
in der Erwägung, dass die Verteidigungs- und die Raumfahrtindustrie aufgrund neuer fortschrittlicher Cybertechnologien einem beispiellosen weltweiten Wettbewerb und einem enormen technologischen Wandel ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass der Europäische Rechnungshof auf Defizite bei den Fähigkeiten im Bereich der IKT-Technologien, der Cyberkriegsführung und der künstlichen Intelligenz hingewiesen hat; in der Erwägung, dass die EU ein Nettoeinführer von Cybersicherheitsprodukten und -dienstleistungen ist, wodurch sich das Risiko einer technologischen Abhängigkeit von Betreibern aus Drittstaaten und der Anfälligkeit ihnen gegenüber erhöht; in der Erwägung, dass mit einer Auswahl gemeinsamer Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz in der EU technische Defizite beseitigt werden könnten und sichergestellt werden kann, dass Mitgliedstaaten, die weder über die einschlägige Technologie und das industrielle Fachwissen verfügen noch imstande sind, Systeme der künstlichen Intelligenz in ihren Verteidigungsministerien einzuführen, nicht außen vor bleiben; |
O. |
in der Erwägung, dass der Skandal um die Spähsoftware „Pegasus“ deutlich gemacht hat, dass zahlreiche Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, gewählte Vertreter und andere EU-Bürger ausgespäht wurden; in der Erwägung, dass verschiedene staatliche Akteure wie Russland, China und Nordkorea in böswillige Cyberaktivitäten verwickelt sind und dabei politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Ziele verfolgen, darunter Angriffe auf kritische Infrastrukturen, sich gegen EU-Bürger richtende Cyberspionage und Massenüberwachung, Unterstützung von Desinformationskampagnen und Verbreitung von Schadsoftware sowie Einschränkung des Zugangs zum Internet und des Betriebs von IT-Systemen; in der Erwägung, dass durch solche Aktivitäten das Völkerrecht, die Menschenrechte und die Grundrechte der EU beeinträchtigt und verletzt und gleichzeitig Demokratie, Sicherheit, öffentliche Ordnung und strategische Autonomie der EU aufs Spiel gesetzt werden und daher eine gemeinsame Reaktion der EU erfordern, beispielsweise mithilfe des Rahmens für eine gemeinsame diplomatische Reaktion der EU, einschließlich restriktiver Maßnahmen, die im Instrumentarium der EU im Bereich der Cyberdiplomatie (Cyber Diplomacy Toolbox) vorgesehen sind; |
P. |
in der Erwägung, dass der Rat am 30. Juli 2020 zum ersten Mal beschlossen hat, restriktive Maßnahmen gegen Personen, Organisationen und Stellen zu verhängen, die für verschiedene Cyberangriffe verantwortlich zeichnen oder daran beteiligt sind, um böswilligem Verhalten im Cyberraum besser vorzubeugen, auf Abschreckung zu setzen. davon abzuhalten und darauf zu reagieren; in der Erwägung, dass der Rechtsrahmen für das Cybersanktionssystem der EU im Mai 2019 angenommen wurde; |
Q. |
in der Erwägung, dass verschiedene Formen von Attribution ein zentraler Bestandteil von Cyberdiplomatie und Abschreckungsstrategien sind; |
R. |
in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der EU und der NATO im Einklang mit der Gemeinsamen Erklärung beider Partner von 2016 in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen, einschließlich der Cybersicherheit und -verteidigung, zugenommen hat; |
S. |
in der Erwägung, dass die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gebilligten Konsensberichte der Gruppe der Vereinten Nationen von Regierungssachverständigen aus den Jahren 2010, 2013 und 2015 einen universellen normativen Rahmen für die Cyberstabilität bilden, mit dem anerkannt wird, dass das geltende Völkerrecht, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen in ihrer Gesamtheit, und elf freiwillige nicht verbindliche Normen für verantwortungsvolles staatliches Handeln sowie für vertrauensbildende Maßnahmen und Kapazitätsaufbau für den Cyberraum gelten; |
Stand der Fähigkeiten der EU im Bereich der Cyberabwehr
1. |
betont, dass eine gemeinsame Politik und eine weitreichende Zusammenarbeit auf der Ebene der EU beim Aufbau gemeinsamer und auch besserer Fähigkeiten im Bereich der Cyberabwehr zentrale Elemente bei der Entwicklung einer vertieften und verbesserten Europäischen Verteidigungsunion sind und eine komplexe Mischung technischer, strategischer und operativer Kompetenzen erfordern; stellt fest, dass sich Cyberabwehr auf Maßnahmen, Instrumente und Prozesse bezieht, die verhältnismäßig sind und im Einklang mit dem Völkerrecht stehen, sowohl militärische als auch zivile Elemente umfassen und darauf abzielen, unter anderem GSVP-Kommunikations- und Informationsnetze sowie GSVP-Missionen und -Operationen zu schützen und die Mitgliedstaaten zu unterstützen; betont, dass sowohl die gemeinsamen militärischen Cyberabwehrfähigkeiten als auch diejenigen der Mitgliedstaaten dringend entwickelt und gestärkt werden müssen; |
2. |
weist darauf hin, dass der Cyberraum aufgrund seines grenzüberschreitenden Charakters sowie die beträchtliche Zahl und zunehmende Komplexität von Cyberangriffen eine abgestimmte Reaktion auf der Unionsebene erfordern, was auch die Mobilisierung gemeinsamer Unterstützungsfähigkeiten der Mitgliedstaaten und ihre Unterstützung für Maßnahmen aus dem Instrumentarium der EU im Bereich der Cyberdiplomatie sowie eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO auf der Grundlage eines Informationsaustauschs zwischen Cyberkrisenreaktionsteams, des Austauschs bewährter Verfahren, einer verbesserten Ausbildung sowie von Forschung und Übungen einschließt; |
3. |
begrüßt den Politikrahmen für die Cyberabwehr als ein Instrument zur Unterstützung der Entwicklung von Cyberabwehrfähigkeiten der Mitgliedstaaten; betont, dass im Rahmen der Überprüfung des Politikrahmens für die Cyberabwehr zunächst die bestehenden Defizite und Schwachstellen bei den militärischen Strukturen der EU und der Mitgliedstaaten aufgezeigt werden sollten; hebt hervor, dass die Koordinierung zwischen den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zwischen und mit den Mitgliedstaaten sowie mit dem Europäischen Parlament verbessert werden muss, damit mit dem aktualisierten Politikrahmen für die Cyberabwehr die Ziele der EU im diesem Bereich verwirklicht werden; |
4. |
fordert den EAD und die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Ausarbeitung eines umfassenden Maßnahmenpakets und einer schlüssigen IT-Sicherheitspolitik fortzusetzen, um die Abwehrfähigkeit zu stärken und die Koordinierung der militärischen Cyberabwehr zu verbessern; fordert nachdrücklich die Verstärkung der Zusammenarbeit mit dem zivilen IT-Notfallteam für die EU (CERT-EU), um in enger Zusammenarbeit mit den Leitern für Informationstechnik (CIO) der jeweiligen Einrichtungen die von allen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU genutzten Netze zu schützen, was auch für die Netze gilt, die für die Kommunikation der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU mit den Mitgliedstaaten genutzt werden; fordert, dass das Europäische Parlament für seine Einbeziehung hinsichtlich der Ergebnisse des CERT-EU und somit für ein IT-Sicherheitsniveau sorgt, das es ihm ermöglicht, alle erforderlichen Verschlusssachen und nicht als Verschlusssache eingestuften Informationen zu erhalten, die es für die Wahrnehmung seiner Aufgaben gemäß den Verträgen benötigt, auch als Ergebnis des laufenden Prozesses zur Ersetzung der Interinstitutionellen Vereinbarung von 2002 über den Zugang zu Informationen im Bereich Sicherheit und Verteidigung; fordert den EAD auf, für ein angemessenes Maß an Cybersicherheit für seine Vermögenswerte, Räumlichkeiten und Tätigkeiten zu sorgen, was auch für den Hauptsitz, die Delegationen der Union sowie die Missionen und Operationen im Rahmen der GSVP gilt; |
5. |
nimmt das für den Politikrahmen für die Cyberabwehr aus dem Jahr 2018 formulierte Ziel, ein militärisches CERT-Netz der EU einzurichten, zur Kenntnis; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kapazitäten für den Austausch von Verschlusssachen deutlich zu erhöhen, um den Informationsaustausch dort zu erleichtern, wo er notwendig und sinnvoll ist, und ein schnelles und sicheres europäisches Netz zur Erkennung, Bewertung und Abwehr von Cyberangriffen zu entwickeln; |
6. |
weist darauf hin, dass die im Rahmen des Fähigkeitenentwicklungsplans (CDP) festgelegten Prioritäten der EU für die Fähigkeitenentwicklung von 2018 das Erfordernis widerspiegeln, das gesamte Spektrum der Fähigkeiten zu entwickeln und die Cyberabwehr zu einer Hauptpriorität zu machen; weist darauf hin, dass mit dem Fähigkeitenentwicklungsplan hervorgehoben wurde, dass Technologien für die Lageerfassung für den Cyberraum und verteidigungsorientierte Cybertechnologien für die Abwehr von Sicherheitsbedrohungen von herausragender Bedeutung sind; begrüßt, dass die Europäische Verteidigungsagentur die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung ihrer Fähigkeiten zur Verbesserung der Cyberabwehrfähigkeit etwa der Fähigkeit, Cyberangriffe zu erkennen, sie abzuwehren und sich davon zu erholen, unterstützt; nimmt die verschiedenen Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur zur Kenntnis, darunter das Projekt CyDRE zur Anforderungsanalyse für die Cyberabwehr, in dessen Rahmen eine Unternehmensarchitektur für Operationen im Cyberraum, was auch Umfang, Funktionalitäten und Anforderungen einschließt, auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der EU und der Mitgliedstaaten entwickelt werden soll; |
7. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, einen gemeinsamen Kommunikationsstandard festzulegen, der für Verschlusssachen und nicht als Verschlusssache eingestufte Informationen verwendet werden könnte, wodurch rasches Handeln gefördert und für ein sicheres Netz zur Abwehr von Cyberangriffen gesorgt werden soll; |
8. |
begrüßt, dass die Koordinierte Jährliche Überprüfung der Verteidigung — die erste vollumfängliche Überprüfung der Verteidigung auf der Ebene der EU — eines der wichtigen Instrumente ist, mit denen die Gesamtkohärenz der Verteidigungsausgaben, der Verteidigungsplanung und der Verteidigungszusammenarbeit der Mitgliedstaaten unterstützt wird, und zur Förderung von Investitionen in die Entwicklung von Cyberabwehrfähigkeiten beigetragen werden soll; |
9. |
begrüßt die Fortschritte, die im Rahmen des Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich in Form mehrerer einschlägiger Projekte in den Bereichen Nachrichtenwesen, gesicherte Kommunikation und Cyberabwehr bereits erzielt wurden; begrüßt insbesondere die Forderung nach einem leicht einsetzbaren und vernetzten Instrumentarium für Cyberabwehr und die Tatsache, dass der Europäische Verteidigungsfonds auch dazu beitragen wird, die Abwehrfähigkeit zu stärken und die Abwehrbereitschaft, Reaktionsfähigkeit und Zusammenarbeit im Cyberbereich zu verbessern, sofern bei der Aushandlung der einschlägigen Arbeitsprogramme des Europäischen Verteidigungsfonds eine entsprechende Schwerpunktsetzung beschlossen wird; hebt hervor, dass die Fähigkeit der EU, Projekte im Bereich der Cyberabwehr zu entwickeln, davon abhängt, dass Technologien, Ausrüstung, Dienste, Daten und Datenverarbeitung beherrscht werden und dass auf vertrauenswürdige Akteure aus der Branche zurückgegriffen werden kann, und fordert zugleich, dass die Richtlinie über die Beschaffung von Verteidigungsgütern (6) vollständig umgesetzt und durchgesetzt wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Europäischen Verteidigungsfonds zu nutzen, um gemeinsame Cyberabwehrfähigkeiten aufzubauen; |
10. |
begrüßt die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Cyberverteidigung und der Gefechtsfeldinformationssysteme (C4ISR) sowie die Fortschritte, die im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) erzielt wurden, auch durch die Umsetzung konkreter Projekte wie die Teams für die rasche Reaktion auf Cybervorfälle und die gegenseitige Unterstützung im Bereich der Cybersicherheit; weist darauf hin, dass der Europäische Verteidigungsfonds und die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit hervorragende Möglichkeiten bieten, Cyberabwehrfähigkeiten aufzubauen und Initiativen im Bereich der Cybersicherheit zu beschleunigen, etwa über die Plattform für den Austausch von Informationen über die Reaktion auf Cyberbedrohungen und -vorfälle und das Koordinierungszentrum für den Cyber- und Informationsraum; fordert die Mitgliedstaaten auf, für Kohärenz zu sorgen und sich auf Cyberfähigkeiten zu konzentrieren, indem sie ein gemeinsames Strategiekonzept für die Schwerpunktsetzung ausarbeiten; fordert, dass Forschung, Innovation und der Austausch von Fachwissen gefördert werden, um das volle Potenzial der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und des Europäischen Verteidigungsfonds ausschöpfen; begrüßt den Beschluss des Rates vom 5. November 2020, wonach sich Drittstaaten in bestimmten Fällen an einzelnen Projekten der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit beteiligen können, zumal sie einen Zusatznutzen erzeugen und technisches Fachwissen und zusätzliche Kapazitäten einbringen können und sofern sie eine Reihe vereinbarter politischer, inhaltlicher und rechtlicher Bedingungen erfüllen; hebt hervor, dass es in Ausnahmefällen im strategischen Interesse der EU liegen könnte, dass sich Mitgliedstaaten und Drittstaaten an cyberbezogenen Projekten der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit beteiligen, um ambitioniertere Ziele zu erfüllen, indem auf wirksame Gegenseitigkeit aufgebaut wird; |
11. |
betont, dass die Cyberabwehr als operative Aufgabe aller GSVP-Missionen betrachtet wird und dass die Cyberabwehrfähigkeit und die damit verbundenen Fähigkeiten vor dem Beginn der GSVP-Planungsverfahren entwickelt, erprobt und eingesetzt werden müssen; weist darauf hin, dass die erfolgreiche Durchführung von Missionen und Operationen der EU in zunehmendem Maße vom unterbrechungsfreien Zugang zu einem sicheren Cyberraum abhängt und daher solide und abwehrfähige operative Cyberfähigkeiten sowie angemessene Reaktionen auf Angriffe, die sich gegen militärische Einrichtungen, Missionen und Operationen richten, erfordert; betont, dass zivile GSVP-Missionen im Einklang mit dem Pakt für die zivile GSVP gegen Cyberangriffe gewappnet sein und in ihrem Rahmen Aufnahmeländer gegebenenfalls unterstützt werden müssen, unter anderem durch Überwachung, Betreuung und Beratung; regt an, Optionen zur Förderung des Aufbaus von Cyberfähigkeiten der Partner der EU zu prüfen, z. B. die Ausweitung des Mandats von Ausbildungsmissionen der EU auf Aspekte der Cyberabwehr oder die Einführung ziviler Cybermissionen; |
12. |
begrüßt den Beschluss des Rates vom 14. Mai 2019 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen, wodurch gezielte restriktive Maßnahmen zur Abschreckung und Reaktion auf Cyberangriffe ermöglicht werden, die eine Bedrohung für die EU oder ihre Mitgliedstaaten darstellen, wozu auch Cyberangriffe auf Drittstaaten oder internationale Organisationen zählen; begrüßt die Verhängung entsprechender restriktiver Maßnahmen im Juli und Oktober 2020 als überzeugenden Beitrag zur Umsetzung des Instrumentariums der EU im Bereich der Cyberdiplomatie, die auch auf restriktive Maßnahmen setzt, und zur Stärkung der EU-Cyberabschreckung; fordert die Weiterentwicklung und strikte Durchsetzung eines Systems verhältnismäßiger restriktiver Maßnahmen zur Eindämmung von Cyberangriffen, wobei die europäische Sichtweise auf das Internet, d. h. als ein einheitliches, offenes, neutrales, freies, sicheres und nicht fragmentiertes Netz, zu beachten ist; |
13. |
weist erneut darauf hin, dass gesicherte zivile Produkte und Dienstleistungen aufgrund des dualen Charakters von Cybertechnologien für das Militär von zentraler Bedeutung sind und daher zu einer besseren Cyberabwehr beitragen; begrüßt daher die Anstrengungen unter der Leitung der ENISA und unter Beteiligung der Mitgliedstaaten und Interessenträger, die darauf abzielen, für die EU Zertifizierungssysteme für IKT-Produkte sowie für entsprechende Dienste und Prozesse zur Verfügung zu stellen und somit das allgemeine Niveau der Cybersicherheit im digitalen Binnenmarkt zu erhöhen; betont die wegweisende Rolle der EU bei der Ausarbeitung von Normen, die die Cybersicherheitslandschaft prägen, zu einem fairen Wettbewerb innerhalb der EU und weltweit beitragen und eine Antwort auf extraterritoriale Maßnahmen und Sicherheitsrisiken aus Drittstaaten bilden; nimmt auch die wichtige Aufgabe der ENISA bei der Förderung von Forschungsinitiativen und anderen Formen der Zusammenarbeit zur Verbesserung der Cybersicherheit zur Kenntnis; unterstreicht die Bedeutung von Investitionen in Fähigkeiten in den Bereichen der Cyberabwehr und der Cybersicherheit, die darauf ausgerichtet sind, die Abwehrfähigkeit und die strategischen Kapazitäten der EU und der Mitgliedstaaten zu stärken; hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Programme „Digitales Europa“ und „Horizont Europa“ und insbesondere dessen Clusters „Zivile Sicherheit für die Gesellschaft“ hervor; nimmt die Bedeutung einschlägiger Finanzierungsinstrumente zur Kenntnis, die im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für den Zeitraum 2021–2027 sowie der Aufbau- und Resilienzfazilität zur Verfügung gestellt werden; |
14. |
begrüßt die Fortschritte, die einige Mitgliedstaaten der EU bei der Einrichtung von Cyberkommandozentralen innerhalb ihres Militärs erzielt haben; |
Strategische Vision — Verwirklichung einer widerstandsfähigen Cyberabwehr
15. |
stellt fest, dass der Strategische Kompass dazu dienen wird, die Umsetzung der hochgesteckten Ziele der EU in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung zu verbessern und zu lenken und diesen Anspruch vorrangig bei den erforderlichen Fähigkeiten, auch im Bereich der Cyberabwehr, umzusetzen, wodurch die EU und die Mitgliedstaaten besser in der Lage sein werden, böswillige Cyberaktivitäten zu erkennen, zuzuordnen und zu verhindern, ihnen entgegenzuwirken, davon abzuschrecken, darauf zu reagieren und sich davon zu erholen, indem sie ihre Bereitschaft, ihre Lageerfassung, ihre Rechtsvorschriften, ihren Ethikrahmen, ihre Instrumente, ihre Verfahren und ihre Partnerschaften stärken; |
16. |
beharrt darauf, dass mit dem Strategischen Kompass die Strategiekultur im Cyberbereich vertieft und etwaige Überschneidungen von Fähigkeiten und Mandaten beseitigt werden sollten; betont, dass es unerlässlich ist, die derzeitige Fragmentierung und Komplexität der gesamten Cyberarchitektur in der EU zu überwinden und eine gemeinsame Vorstellung davon zu entwickeln, wie Sicherheit und Stabilität im Cyberraum erreicht werden können; |
17. |
betont, dass die Fragmentierung mit ernsthaften Bedenken hinsichtlich des Mangels an Ressourcen und Personal auf der Ebene der EU einhergeht, was das Bestreben, ein möglichst sicheres digitales Umfeld zu schaffen, behindert, und betont daher, dass beide aufgestockt werden müssen; fordert den HR/VP und/oder die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die finanziellen und personellen Ressourcen für die Cyberabwehr aufzustocken, insbesondere für Analysten im Bereich der Cyberaufklärung und für Experten für Computer-Forensik, sowie deren Ausbildung in den Bereichen Entscheidungsfindung und Politikgestaltung, Umsetzung der Politik, Reaktion auf Cybervorfälle und entsprechende Untersuchungen, was auch den Aufbau von Cyberkompetenzen einschließt, damit die EU besser in der Lage ist, Cyberangriffe zu beschreiben und zuzuordnen und somit innerhalb kurzer Zeit in politischer, ziviler und militärischer Hinsicht angemessen zu reagieren; fordert weitere Mittel für das CERT-EU und das Zentrum der Europäischen Union für Informationsgewinnung und Lageerfassung (EU INTCEN) sowie Unterstützung für die Mitgliedstaaten bei der Einrichtung und Stärkung von Sicherheitsoperationszentren, um ein EU-weites Netz dieser Zentren aufzubauen, mit dessen Hilfe die zivil-militärische Zusammenarbeit verbessert werden könnte, um rechtzeitig vor Cybersicherheitsvorfällen zu warnen; |
18. |
stellt fest, dass eine vereinheitlichte militärische Aus- und Weiterbildung der EU im Cyberbereich das Vertrauen unter den Mitgliedstaaten erheblich steigern würde, da auf diesem Wege die Zahl der standardisierten Betriebsverfahren erhöht würde, klarere Regeln aufgestellt würden und die Durchsetzung verbessert würde; weist in diesem Zusammenhang auf die vom Europäischen Sicherheits- und Verteidigungskolleg (ESVK) im Bereich der Cyberabwehr geleistete wertvolle Ausbildungsarbeit hin und begrüßt in dieser Beziehung die Einrichtung der Plattform zur Aus- und Fortbildung, Evaluierung und Übung bezüglich Cyberfragen, mit der das Ziel verfolgt wird, ziviles und militärisches Personal im Bereich der Cybersicherheit und -abwehr auszubilden und die notwendige Harmonisierung und Standardisierung der Ausbildung im Cyberbereich zu erreichen; betont, dass das Europäische Sicherheits- und Verteidigungskolleg mehr Mittel aus den Strukturfonds der Union erhalten sollte, damit es einen größeren Beitrag zur Förderung der Cyberabwehrkompetenzen in der EU leisten kann, insbesondere angesichts des gesteigerten Bedarfs an hochqualifizierten Cyberexperten; fordert die Mitgliedstaaten auf, Partnerschaften mit Hochschulen zu fördern, über die Forschungs- und Entwicklungsprogramme im Bereich der Cybersicherheit unterstützt werden, um neue gemeinsame Technologien, Instrumente und Kompetenzen zu entwickeln, die sowohl im zivilen Bereich als auch im Verteidigungsbereich einsetzbar sind; betont, dass Bildung wichtig ist, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und die Kompetenzen der Bürger zu verbessern, damit sie sich selbst gegen Cyberangriffe schützen können; |
19. |
betont, dass geschlechtsspezifische Erwägungen in die EU-Politik im Bereich der Cyberabwehr einbezogen werden müssen und die EU bestrebt sein muss, die geschlechtsspezifische Diskrepanz unter Cyberabwehrexperten zu verringern, insbesondere durch aktive gleichstellungsorientierte Maßnahmen und maßgeschneiderte Schulungsprogramme für Frauen; |
20. |
weist darauf hin, dass die Cyberabwehr sowohl eine militärische als auch eine zivile Dimension hat und daher eine stärkere Zusammenarbeit, Synergieeffekte und eine Abstimmung von Instrumenten erfordert; betont, dass zunächst Fragen der Zusammenarbeit und der Koordinierung, aber auch Defizite in Bezug auf personelle und technische Ressourcen sowohl auf nationaler Ebene als auch auf der Ebene der EU analysiert und erörtert werden müssen; stellt fest, dass eine erfolgreiche Zusammenführung militärischer und ziviler Ressourcen nur durch Schulungen und Übungen mit allen einschlägigen Interessenträgern möglich ist; weist in diesem Zusammenhang auf die NATO-Übung „Locked Shields“ als eines der besten Beispiele für die Erprobung und Verbesserung der zivilen und militärischen Fähigkeiten im Bereich der Cyberabwehr hin; fordert den HR/VP und die Kommission daher auf, ein politisches Gesamtkonzept zu entwickeln und Synergieeffekte und eine enge Zusammenarbeit zwischen dem militärischen CERT-Netz, CERT-EU und dem Netz der Reaktionsteams für Computersicherheitsverletzungen (CSIRT) zu fördern; |
21. |
begrüßt die gemeinsame Mitteilung des HR/VP und der Kommission mit dem Titel „Die Cybersicherheitsstrategie der EU für die digitale Dekade“, die darauf abzielt, die Synergieeffekte und die Zusammenarbeit in Cyberfragen im zivilen, verteidigungs- und weltraumbezogenen Bereich zu verbessern; betrachtet die Strategie als einen Meilenstein für die Stärkung der Abwehrfähigkeit der EU und der Mitgliedstaaten gegenüber Cyberangriffen, wodurch die Führungsrolle der EU im Digitalbereich und ihre strategischen Kapazitäten gestärkt werden; |
22. |
regt die Einrichtung einer Gemeinsamen Cyber-Einheit an, um die Zusammenarbeit zu vertiefen und so dem mangelnden Informationsaustausch zwischen den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU zu begegnen, wodurch für ein sicheres und schnelles Informationssystem gesorgt und die vollumfängliche Nutzung der vorhandenen Strukturen, Ressourcen und Kapazitäten ermöglicht wird; stellt fest, dass eine Gemeinsame Cyber-Einheit beim Schutz der EU vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Cyberangriffen eine wichtige Aufgabe übernehmen könnte, wobei sie sich auf das Konzept des bereichsübergreifenden Informationsaustauschs stützen würde; betont, dass die Koordinierung in diesem Bereich äußerst wichtig ist, um einer Verdoppelung der Strukturen und Verantwortlichkeiten während der Entwicklung aus dem Weg zu gehen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Empfehlung der Kommission vom 23. Juni 2021, die vorsieht, dass spezifische Schnittstellen mit dem Gemeinsame Cyber-Einheit eingerichtet werden, um den Informationsaustausch mit der Cyberabwehrgemeinschaft insbesondere durch die Vertretung des EAD zu ermöglichen; betont ebenfalls, dass Vertreter einschlägiger im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit durchgeführten Projekte die Gemeinsame Cyber-Einheit insbesondere bei der Lageerfassung und der Abwehrbereitschaft unterstützen sollten; |
23. |
weist darauf hin, dass zur Verbesserung der Cyberabwehrfähigkeiten aufgrund ihres häufig doppelten Verwendungszwecks auch ziviles Fachwissen im Bereich der Netz- und Informationssicherheit benötigt wird; betont, dass die Verbreitung von serienmäßigen Systemen mit doppeltem Verwendungszweck mit Problemen einhergehen könnten, die sich aus der Nutzung der Systeme durch eine wachsende Zahl von staatlichen und nichtstaatlichen feindlich gesinnten Akteuren ergeben; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Reihe entsprechender Druckmitteln zu nutzen, wie die Zertifizierung und die Überwachung der Verantwortung privater Akteure; hebt hervor, dass die technologische Innovation hauptsächlich von Privatunternehmen vorangetrieben wird und daher die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor und zivilen Akteuren, darunter der Industrie und der an der Verwaltung kritischer Infrastrukturen beteiligten Einrichtungen, sowie mit KMU, der Zivilgesellschaft, Organisationen und Hochschulen von entscheidender Bedeutung ist und verstärkt werden sollte; nimmt die vorgeschlagene Überarbeitung der Richtlinie über die Sicherheit von Netz- und Informationssystemen (NIS) sowie den Vorschlag für eine Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen zur Kenntnis, die darauf abzielen, kritische Infrastrukturen zu schützen, die Sicherheit der Lieferkette zu erhöhen und regulierte Akteure in das digitale Ökosystem einzubeziehen; weist darauf hin, dass jeder Mitgliedstaat eine eigene Politik für das Risikomanagement in der Lieferkette für Cybersicherheit vorweisen sollte, bei der insbesondere der Frage der vertrauenswürdigen Anbieter Rechnung getragen wird; weist ferner darauf hin, dass die NIS-Richtlinie die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten achten sollte, und verweist auf die einschlägigen Stellungnahmen des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung zu den beiden Vorschlägen; |
24. |
begrüßt den Start des Netzwerkes der Verbindungsorganisationen für Cyberkrisen (CyCLONe) am 29. September 2020, mit dem der rasche Informationsaustausch und die Lageerfassung weiter verbessert wurden, indem die Lücke zwischen der technischen und der politischen Ebene der EU geschlossen wurde; stellt fest, dass wirksame Fähigkeiten im Bereich der Cyberabwehr einen Paradigmenwechsel von dem Grundsatz „Kenntnis nur, wenn nötig“ hin zum Grundsatz der erforderlichen Wissensweitergabe verlangen; |
25. |
begrüßt den Aktionsplan der Kommission für Synergieeffekte zwischen der zivilen Wirtschaft, der Verteidigungs- und der Raumfahrtindustrie und weist auf die enge Verflechtung dieser drei Bereiche bei der Cyberabwehr hin; stellt fest, dass die Infrastruktur, die zur „Erzeugung“ des Cyberraums genutzt wird, im Gegensatz zu anderen militärischen Bereiche hauptsächlich von kommerziellen Unternehmen betrieben wird, die ihren Sitz vorwiegend außerhalb der EU haben, was in industrieller und technologischer Hinsicht zu Abhängigkeiten von Dritten führt; ist der festen Überzeugung, dass die EU ihre technologische Souveränität erhöhen, Innovationen vorantreiben und in den ethnischen Einsatz neuer Technologien wie künstliche Intelligenz und Quanteninformatik in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung investieren muss; unterstützt nachdrücklich die Ausarbeitung einer auf künstliche Intelligenz ausgerichteten Agenda für Forschung und Entwicklung in den Mitgliedstaaten; betont jedoch, dass die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht beim militärischen Einsatz von künstlicher Intelligenz gewahrt werden müssen und dass die EU bei der Förderung eines globalen Rechtsrahmens für künstliche Intelligenz, der auf demokratischen Werten und einem auf der Beteiligung des Menschen ausgerichteten Konzept beruht, eine Führungsrolle einnehmen muss; |
26. |
nimmt die wichtige Arbeit des Satellitenzentrums der Europäischen Union (Satcen) zur Kenntnis und betont, dass die Union über ausreichende Ressourcen in den Bereichen Satellitenaufnahmen und Informationsgewinnung verfügen muss; fordert das Zentrum auf, die Sicherheit und/oder Anfälligkeit von Satelliten der EU und der Mitgliedstaaten gegenüber Weltraummüll und Cyberangriffen zu analysieren und einen Bericht darüber zu erstellen; hebt hervor, dass das Satellitenzentrum der Europäischen Union mehr strukturelle EU-Mittel erhalten sollte, damit es auch weiterhin einen Beitrag zu den Maßnahmen der Union leisten kann; betont, dass Cyberabwehrfähigkeiten von entscheidender Bedeutung sind, wenn es darum geht, einen sicheren und belastbaren Informationsaustausch mit dem Satellitenzentrum im Bereich der Sicherheit sowohl im Luftraum als auch im Weltraum sicherzustellen, um die strategische Autonomie der EU bei der Lageerfassung zu erhalten und zu verbessern; hebt hervor, dass sich die EU unbedingt darum bemühen muss, die Militarisierung des Weltraums zu verhindern; |
27. |
begrüßt die Entscheidung des Rates, das Europäische Kompetenzzentrum für Industrie, Technologie und Forschung im Bereich der Cybersicherheit, das Mittel für Cybersicherheit aus den Programmen „Horizont Europa“ und „Digitales Europa“ weiterleiten wird, in Bukarest einzurichten, und ermutigt zu einer nahtlosen Zusammenarbeit mit seinem Netz nationaler Koordinierungszentren; betont, dass das Zentrum für die Umsetzung einschlägiger cybersicherheitsbezogener Vorhaben und Initiativen enorm wichtig ist, die zur Schaffung neuer, für die Abwehrfähigkeit der Union wesentlicher Kapazitäten und zur Stärkung der Koordinierung zwischen dem zivilen und dem verteidigungsbezogenen Bereich der Cybersicherheit beitragen werden; betont, dass das Kompetenzzentrum für Cybersicherheit die wichtigsten europäischen Interessenträger, darunter die Industrie, Hochschul- und Forschungseinrichtungen und andere einschlägige Organisationen der Zivilgesellschaft, zusammenbringen muss, um das Fachwissen im Bereich der Cybersicherheit EU-weit zu erhöhen und zu verbreiten; |
28. |
betont, dass Verschlüsselung und der legale Zugriff auf verschlüsselte Daten äußerst wichtig sind; weist erneut darauf hin, dass Datenverschlüsselung und der Ausbau und die bestmögliche Nutzung solcher Fähigkeiten wesentlich zur Cybersicherheit von Staaten, Gesellschaften und der Wirtschaft beitragen; fordert die Einrichtung eines Programms für die digitale Souveränität der EU, um die vorhandenen Fähigkeiten in Bezug auf Cyber- und Verschlüsselungsinstrumente, die an den europäischen Grundrechten und -werten wie Privatsphäre, Meinungsfreiheit und Demokratie ausgerichtet sind, zu stärken und zu erweitern, wobei das Ziel verfolgt wird, die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem Markt für Cybersicherheit zu verbessern und die Binnennachfrage zu steigern; |
29. |
begrüßt die künftige „militärische Vision und Strategie für den Cyberraum als Einsatzbereich“, in der der Cyberraum als Einsatzbereich im Rahmen der GSVP der EU definiert wird; fordert eine kontinuierliche Bewertung der Schwachstellen der Informationsinfrastrukturen von GSVP-Missionen und die Umsetzung gemeinsamer harmonisierter Normen für die Aus- und Fortbildung sowie für Übungen im Bereich der Cyberabwehr zur Unterstützung von GSVP-Missionen; |
30. |
bedauert, dass die derzeitigen Einschränkungen in den als Verschlusssachen eingestuften Systemen des militärischen Planungs- und Durchführungsstabs der EU (MPCC) dessen Fähigkeiten beeinträchtigen; fordert den EAD daher auf, dem militärischen Planungs- und Durchführungsstab rasch ein autonomes und sicheres Kommunikations- und Informationssystem (CIS) nach dem neuesten Stand der Technik, mit dem Daten bis zum Geheimhaltungsgrad „EU — Geheim“ für seine GSVP-Missionen und -Operationen verarbeitet werden können, zur Verfügung zu stellen und für ein angemessenes Schutz- und Abwehrniveau sowie ein eingerichtetes operativ-taktisches Hauptquartier zu sorgen; |
31. |
fordert die weitere Integration der Cybersicherheit in die Krisenreaktionsmechanismen der EU und die Verknüpfung der bestehenden Initiativen, Strukturen und Verfahren der verschiedenen Cybergemeinschaften im Hinblick auf eine verstärkte gegenseitige Unterstützung und operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere im Falle größerer Cyberangriffe, mit dem Ziel, die Interoperabilität zu erhöhen und ein gemeinsames Verständnis der Cyberabwehr zu entwickeln; betont nachdrücklich die Bedeutung weiterer Übungen, die jedoch häufiger stattfinden sollten, und szenariobasierter politischer Debatten über das Krisenmanagement, auch über die Beistandsklausel (Artikel 42 Absatz 7 EUV) in einem hypothetischen Szenario eines schwerwiegenden Cyberangriffs, der potenziell als bewaffneter Angriff eingestuft wird; fordert, dass mit solchen Initiativen das gemeinsame Verständnis der Durchführungsverfahren für gegenseitige Unterstützung und/oder Solidarität im Einklang mit Artikel 42 Absatz 7 EUV und Artikel 222 AEUV gestärkt wird, auch mit dem spezifischen Ziel, diese Verfahren mit Blick auf Cyberangriffe auf die Mitgliedstaaten zu operationalisieren; begrüßt das Kommuniqué des NATO-Gipfels in Brüssel vom 14. Juni 2021, in dem das Engagement der NATO bekräftigt wird, jederzeit das gesamte Spektrum an Fähigkeiten einzusetzen, um aktiv auf Abschreckung im Hinblick auf Cyberbedrohungen zu setzen, sich gegen diese Bedrohungen zu verteidigen und dagegen vorzugehen, einschließlich der Entscheidung, Artikel 5 je nach Einzelfall geltend zu machen; begrüßt weitere Erörterungen zu den Zusammenhängen zwischen dem Rahmen der EU für das Krisenmanagement im Bereich der Cybersicherheit und dem Instrumentarium in eben diesem Bereich; |
32. |
stellt fest, dass die EU zunehmend in hybride Konflikte mit geopolitischen Kontrahenten verwickelt ist; betont, dass diese Aktivitäten besonders destabilisierend und gefährlich sind, da die Grenzen zwischen Krieg und Frieden durch sie verwischt, Demokratien destabilisiert und Zweifel bei der anvisierten Bevölkerung gesät werden; weist erneut darauf hin, dass diese Angriffe für sich selbst genommen oft nicht schwerwiegend genug sind, um Artikel 5 des NATO-Vertrags oder Artikel 42 Absatz 7 AEUV auszulösen, sie jedoch eine kumulative strategische Wirkung haben und nicht wirksam durch Gegenmaßnahmen des beeinträchtigten Mitgliedstaats bekämpft werden können; ist der Auffassung, dass die EU daher eine Lösung anstreben sollte, um dieses rechtliche Vakuum zu füllen, indem sie Artikel 42 Absatz 7 AEUV und Artikel 222 AEUV dahingehend neu auslegt, dass das Recht auf kollektive Verteidigung unterhalb der Schwelle der kollektiven Verteidigung gewahrt bleibt und kollektive Gegenmaßnahmen der Mitgliedstaaten der EU auf freiwilliger Basis möglich sind, und dass sie auf internationaler Ebene mit Verbündeten auf eine ähnliche Lösung hinarbeiten sollte; betont, dass dies das einzige wirksame Mittel ist, um der Lähmung bei der Reaktion auf hybride Bedrohungen entgegenzuwirken, und die Möglichkeit bietet, die Kosten für die Kontrahenten der EU zu steigern; |
33. |
bekräftigt, dass solide gemeinsame Fähigkeiten für die Attribution eines der wichtigsten Instrumente zur Stärkung der Fähigkeiten der EU und der Mitgliedstaaten und ein wesentlicher Bestandteil einer wirksamen Cyberabwehr und Cyberabschreckung sind; betont, dass die Verbesserung des Informationsaustauschs in Bezug auf technische Informationen, Analysen und Bedrohungsdaten zwischen den Mitgliedstaaten auf der Ebene der EU eine kollektive Attribution auf eben dieser Ebene ermöglichen könnte; stellt fest, dass die Cyberabwehr bis zu einem gewissen Grad wirksamer ist, wenn sie auch einige offensive Mittel und Maßnahmen umfasst, sofern deren Einsatz mit dem Völkerrecht vereinbar ist; hebt hervor, dass die explizite Attribution von Cyberangriffen ein nützliches Instrument der Abschreckung ist; fordert, eine gemeinsame öffentliche Attribution böswilliger Cyberaktivitäten in Betracht zu ziehen, was auch die Möglichkeit umfassen sollte, unter der Leitung des EAD Berichte über das Cyberverhalten bestimmter Akteure zu erstellen, mit denen auf der Ebene der EU staatlich geförderte böswillige Cyberaktivitäten gegen die Mitgliedstaaten zusammengefasst werden; |
34. |
ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO im Bereich der Cybersicherheit enorm wichtig ist, da sie eine offizielle gemeinsame Attribution böswilliger Cybervorfälle und somit die Verhängung restriktiver Sanktionen und Maßnahmen ermöglichen und verstärken könnte; weist darauf hin, dass sich eine funktionsfähige Abwehrfähigkeit und eine wirksame Abschreckung erreichen ließe, wenn potenziellen Angreifern der Katalog möglicher Gegenmaßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie deren Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen (je nach Schwere, Umfang und Ziel der Cyberangriffe) bekannt wäre; |
35. |
begrüßt den Vorschlag des HR/VP, die Einrichtung einer EU-Arbeitsgruppe für Cyberinformationen der Mitgliedstaaten innerhalb des Zentrums der Europäischen Union für Informationsgewinnung und Lageerfassung voranzutreiben und zu erleichtern, um die strategische nachrichtendienstliche Zusammenarbeit in Bezug auf Cyberbedrohungen und -aktivitäten zu fördern, wobei das Ziel verfolgt wird, die Lageerfassung der EU und die Entscheidungsfindung in Bezug auf eine gemeinsame diplomatische Reaktion weiter zu unterstützen; ermutigt zu weiteren Fortschritten bei den gemeinsamen Vorschlägen, insbesondere bei dem laufenden Austausch mit der EU-Analyseeinheit für hybride Bedrohungen und dem Pendant bei der NATO im Hinblick auf die gemeinsame Nutzung der Lageerfassung und von Analysen sowie auf die taktische und operative Zusammenarbeit; |
Stärkung der Partnerschaften und Ausbau der Rolle der EU im internationalen Kontext
36. |
ist der Ansicht, dass der Zusammenarbeit mit der NATO im Bereich der Cyberabwehr eine wichtige Funktion zukommt, wenn es darum geht, Cyberangriffe zu verhindern, für Abschreckung zu sorgen und auf Cyberangriffe zu reagieren, die Bereiche der kollektive Sicherheit der Mitgliedstaaten berühren; fordert die Mitgliedstaaten auf, Beweismaterial und Erkenntnisse in vollem Umfang auszutauschen, damit sie in die Erstellung von Cybersanktionslisten einfließen können; fordert eine verstärkte Koordinierung mit der NATO in diesem Bereich durch die Teilnahme an Cyberübungen und gemeinsamen Schulungen wie parallelen und koordinierten Übungen (PACE); |
37. |
stellt fest, dass sich die EU und die NATO in Angelegenheiten abstimmen sollten, in denen feindliche Akteure die euro-atlantischen Sicherheitsinteressen bedrohen; äußert seine Besorgnis über das systematische aggressive Verhalten, das insbesondere von China, Russland und Nordkorea im Cyberraum an den Tag gelegt wird, einschließlich zahlreicher Cyberangriffe auf staatliche Einrichtungen und private Unternehmen; ist der Auffassung, dass sich die Zusammenarbeit der EU und der NATO auf Herausforderungen in den Bereichen Cybertechnologien, hybride Technologien, neue bahnbrechende Technologien (EDT), Weltraum, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung konzentrieren sollte; fordert nachdrücklich eine Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO, um für abwehrfähige, erschwingliche und sichere Hochgeschwindigkeitsnetze zu sorgen, die den Sicherheitsnormen der EU und der Mitgliedstaaten genügen und nationale und internationale Informationsnetze sichern, mit denen sensible Daten und Mitteilungen verschlüsselt werden können; |
38. |
begrüßt die Vereinbarung zwischen dem CERT-EU und der Stelle der NATO für die Reaktion bei Computervorfällen (NCIRC), mit der sichergestellt werden soll, dass auf Bedrohungen in Echtzeit reagiert werden kann, indem die Prävention und Erkennung von Cybersicherheitsvorfällen sowie die Reaktion darauf sowohl in der EU als auch in der NATO verbessert werden; betont ferner, dass es wichtig ist, die Ausbildungskapazitäten im Bereich der Cyberabwehr im Rahmen von IT- und Cybersystemen in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für kooperativen Schutz vor Computerangriffen der NATO (CCDCOE) und der Kommunikations- und Informationsakademie der NATO (NCI Academy) zu erhöhen; |
39. |
fordert eine weitere Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO, insbesondere in Bezug auf die Interoperabilitätsanforderungen im Bereich der Cyberabwehr, indem mögliche Komplementaritäten und ein für beide Seiten vorteilhafter Ausbau der Kapazitäten ausgelotet und weitere einschlägige GSVP-Strukturen in die Initiative „Federated Mission Networking“ (FMN) der NATO aufgenommen werden, wobei Doppelarbeit zu vermeiden ist und ihre jeweiligen Zuständigkeiten anerkannt werden; fordert, dass die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit der EU und sowie die Initiative „Intelligente Verteidigung“, die Initiative „Streitkräfte im Verbund“ und die Zusage zu Investitionen im Verteidigungsbereich der NATO ausgeweitet werden und dass Zusammenlegung und gemeinsame Nutzung gefördert werden, um Synergieeffekte und Effizienzsteigerungen in den Beziehungen zwischen Anbietern und Endnutzern zu erzielen; begrüßt die Fortschritte, die bei der Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO im Bereich der Cyberabwehr erzielt wurden, insbesondere beim Austausch von Konzepten und Doktrinen, bei der wechselseitigen Teilnahme an Cyberübungen und bei gegenseitigen Unterrichtungen, insbesondere zu Cyberaspekten bei der Krisenbewältigung; schlägt die Einrichtung eines gemeinsamen Informationszentrums der EU und der NATO für Cyberbedrohungen sowie einer gemeinsamen Taskforce für Cybersicherheit vor; |
40. |
fordert eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, den Organen der EU, den NATO-Verbündeten, den Vereinigten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei der Abwehr von Cyberangriffen; befürwortet in diesem Zusammenhang die weitere Förderung der vertrauensbildenden Maßnahmen der OSZE für den Cyberraum und betont, dass wirksame Instrumente der internationalen Zusammenarbeit entwickelt werden müssen, um den Ausbau der Cyberkapazitäten der Partner zu unterstützen sowie vertrauensbildende Maßnahmen und eine umfassende Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und Interessenträgern zu entwickeln und zu fördern; begrüßt, dass in der EU-Strategie für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum vom 19. April 2021 einem globalen, offenen, freien, stabilen und sicheren Cyberraum große Bedeutung beigemessen wird; spricht sich dafür aus, aktiv engere Beziehungen zu gleichgesinnten Demokratien im indopazifischen Raum wie den USA, Südkorea, Japan, Indien, Australien und Taiwan aufzubauen, um Fachwissen und Erfahrungen sowie Informationen über die Bekämpfung von Cyberbedrohungen auszutauschen; betont, dass die Zusammenarbeit mit anderen Ländern — insbesondere in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU — wichtig ist, um diese Länder beim Aufbau ihrer Kapazitäten zur Abwehr von Cyberbedrohungen zu unterstützen; würdigt die Unterstützung der Kommission für Programme zur Cybersicherheit in Ländern des Westbalkans und der Östlichen Partnerschaft; betont, dass das Völkerrecht, einschließlich der Charta der Vereinten Nationen in ihrer Gesamtheit, vordringlich zu achten ist, der weithin anerkannte internationale normative Rahmen für verantwortungsvolles staatliches Handeln einzuhalten ist und Beiträge zur laufenden Debatte über die Modalitäten der Anwendung des Völkerrechts im Cyberraum im Rahmen der Vereinten Nationen zu leisten sind; |
41. |
unterstreicht, dass eine starke Partnerschaft im Cyberbereich mit dem Vereinigten Königreich, das in Bezug auf sein Arsenal zu Cyberabwehr eine führende Stellung einnimmt, äußerst wichtig ist; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob erneut ein Verfahren in Gang gesetzt werden kann, mit dem künftig ein formaler, strukturierter Rahmen für die Zusammenarbeit in diesem Bereich geschaffen werden kann; |
42. |
betont, dass Frieden und Stabilität im Cyberraum sichergestellt werden müssen; fordert alle Mitgliedstaaten und die EU auf, bei Debatten und Initiativen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eine Führungsrolle — unter anderem durch Unterbreitung eines Aktionsprogramms — zu übernehmen, einen proaktiven Ansatz bei der Schaffung eines internationalen gemeinsamen Rechtsrahmens zu verfolgen, die Rechenschaftspflicht, die Einhaltung neuer Normen und die Verhinderung der missbräuchlichen Nutzung digitaler Technologien tatsächlich voranzutreiben und auf der Grundlage der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gebilligten Konsensberichte der Gruppe der Vereinten Nationen von Regierungssachverständigen ein verantwortungsvolles staatliches Handeln im Cyberraum zu fördern; begrüßt die Empfehlungen des Abschlussberichts der offenen Arbeitsgruppe, insbesondere zur Aufstellung eines Aktionsprogramms; fordert die Vereinten Nationen auf, den Dialog zwischen den Staaten, Forschern, Wissenschaftlern, Organisationen der Zivilgesellschaft, Akteuren im Bereich der humanitären Hilfe und dem Privatsektor zu fördern, um für integrative politische Entscheidungsprozesse zu sorgen, die auf die Ausarbeitung neuer internationaler Bestimmungen ausgerichtet sind; fordert, dass alle bestehenden multilateralen Bemühungen beschleunigt werden, damit die normativen und ordnungspolitischen Rahmen nicht durch die technologische Entwicklung und neue Methoden der Kriegsführung überholt werden; fordert die Modernisierung der Architektur für Rüstungskontrolle, um das Entstehen einer Grauzone im Digitalbereich zu vermeiden; fordert, dass die Friedenssicherungsmissionen der Vereinten Nationen zur wirksamen Umsetzung ihrer Mandate verstärkt werden, indem sie mit Kapazitäten zur Cyberabwehr ausgestattet werden; |
43. |
weist erneut auf seinen Standpunkt zum Verbot der Entwicklung, der Herstellung und des Einsatzes vollautonomer Waffen hin, die Angriffe ohne nennenswertes menschliches Zutun ermöglichen; fordert den HR/VP, die Mitgliedstaaten und den Europäischen Rat auf, einen gemeinsamen Standpunkt zu autonomen Waffensystemen anzunehmen, mit dem dafür Sorge getragen wird, dass eine wirksame menschliche Kontrolle über kritische Funktionen von Waffensystemen besteht; fordert, dass internationale Verhandlungen über ein rechtsverbindliches Instrument aufgenommen werden, mit dem vollautonome Waffen untersagt werden; |
44. |
hebt die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten hervor, wenn es darum geht, bewährte Vorgehensweisen im Bereich der Cyberabwehr auszutauschen; |
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o o
45. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission, dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidenten der Kommission, den mit Verteidigung und Cybersicherheit befassten Agenturen der EU, dem NATO-Generalsekretär und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln. |
(1) ABl. L 194 vom 19.7.2016, S. 1.
(2) ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 15.
(3) ABl. L 246 vom 30.7.2020, S. 12.
(4) ABl. L 351 I vom 22.10.2020, S. 5.
(5) ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 57.
(6) Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76).
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/113 |
P9_TA(2021)0413
Die Arktis: Chancen, Bedenken und Sicherheitsherausforderungen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu der Arktis: Chancen, Probleme und Sicherheitsfragen (2020/2112(INI))
(2022/C 132/10)
Das Europäische Parlament,
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gestützt auf Titel V des Vertrags über die Europäische Union, insbesondere auf die Artikel 21, 22, 34 und 36 sowie auf den fünften Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, |
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unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 9. Oktober 2008 zu der Politik für den Arktischen Raum (1), vom 20. Januar 2011 zu einer nachhaltigen EU-Politik für den hohen Norden (2), vom 12. März 2014 zu der EU-Strategie für die Arktis (3), vom 16. März 2017 zu einer integrierten Politik der Europäischen Union für die Arktis (4), vom 3. Juli 2018 über Klimadiplomatie (5) und vom 28. November 2019 über den Klima- und Umweltnotstand (6), |
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unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker (UNDRIP), die am 13. Dezember 2007 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde, |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Juli 2018 zur Verletzung der Rechte indigener Völker in der Welt, unter anderem durch Landnahme (7), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. November 2008 mit dem Titel „Die Europäische Union und die Arktis“ (COM(2008)0763) und die gemeinsamen Mitteilungen vom 26. Juni 2012 mit dem Titel „Entwicklung einer Politik der Europäischen Union für die Arktis: Fortschritte seit 2008 und nächste Schritte“ (JOIN(2012)0019) und vom 27. April 2016 mit dem Titel „Eine integrierte Politik der Europäischen Union für die Arktis“ (JOIN(2016)0021), |
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unter Hinweis auf die einschlägigen Empfehlungen der Delegation für die Zusammenarbeit im Norden und für die Beziehungen zur Schweiz und zu Norwegen, im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Island und im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) (DEEA), |
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unter Hinweis auf die Zusammenfassung der Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zur EU-Politik für die Arktis vom Januar 2021, |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 (8) und die Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 (COM(2019)0640) zum europäischen Grünen Deal, |
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unter Hinweis auf das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), |
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unter Hinweis auf das am 12. Dezember 2015 auf der 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des UNFCCC in Paris verabschiedete Übereinkommen („Übereinkommen von Paris“), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Dezember 2009 zum Thema Arktis, vom 12. Mai 2014 zur Entwicklung einer Politik der Europäischen Union für die Arktis, vom 20. Juni 2016 zur Arktis, vom 21. November 2019 zu Weltraumlösungen für eine nachhaltige Arktis und vom 9. Dezember 2019 zur EU-Politik für die Arktis, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 15. Mai 2017 zu indigenen Völkern und die gemeinsame Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 17. Oktober 2016 über die Umsetzung der außenpolitischen Maßnahmen der EU für indigene Völker (SWD(2016)0340), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. November 2008 über die Europäische Union und die Arktis (COM(2008)0763), |
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unter Hinweis auf die Erklärung von Ilulissat, die am 28. Mai 2008 von den fünf Arktis-Anrainerstaaten USA, Russland, Kanada, Norwegen und Dänemark verkündet und im Mai 2018 bekräftigt wurde, |
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unter Hinweis auf die Einsetzung des Ostseerates (CBSS) und des Euro-Arktischen Barents-Rates (BEAC), |
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unter Hinweis auf den Beschluss 2014/137/EU des Rates vom 14. März 2014 über die Beziehungen zwischen der Europäischen Union einerseits und Grönland und dem Königreich Dänemark andererseits, |
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unter Hinweis auf die Globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union vom Juni 2016, |
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unter Hinweis auf die nationalen Arktis-Strategien, insbesondere die Strategien der Staaten des arktischen Raums, d. h. des Königreichs Dänemark, Schwedens und Finnlands, sowie die Strategien weiterer Mitgliedstaaten der EU und des EWR, |
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unter Hinweis auf die Strategie der Europäischen Union für maritime Sicherheit, |
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unter Hinweis auf die von der Kommission am 26. Oktober 2016 veröffentlichte Weltraumstrategie für Europa (COM(2016)0705), |
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unter Hinweis auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ), das am 10. Dezember 1982 abgeschlossen wurde und seit dem 16. November 1994 in Kraft ist, |
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unter Hinweis auf das UNESCO-Übereinkommen vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen zur Verhinderung der unregulierten Hochseefischerei im zentralen Nordpolarmeer vom 3. Oktober 2018 (CAOF-Übereinkommen), |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR), |
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unter Hinweis auf den internationalen Verhaltenskodex für in polaren Gewässern verkehrende Schiffe („Polar-Code“) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, |
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unter Hinweis auf das Internationale Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS), das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) in seiner durch das Protokoll von 1978 und durch das Protokoll von 1997 geänderten Fassung, das Internationale Übereinkommen von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW) in seiner 1995 und 2010 geänderten Fassung, das Übereinkommen von 1972 über die Internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (COLREGs), das Übereinkommen von 1965 zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs (FAL) und das Internationale Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See (SAR), |
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unter Hinweis auf den Spitzbergenvertrag (zuvor der „Vertrag über das Archipel Spitzbergen“) vom 9. Februar 1920, |
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unter Hinweis auf die Erklärung von Ottawa vom 19. September 1996 zur Einrichtung des Arktischen Rats, |
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unter Hinweis auf die Erklärungen, die auf dem Parlamentarischen Forum der Nördlichen Dimension im November 2019 in Bodø (Norwegen), im November 2017 in Brüssel, im Mai 2015 in Reykjavik (Island), im November 2013 in Archangelsk (Russland), im Februar 2011 in Tromsø (Norwegen) und im September 2009 in Brüssel angenommen wurden, |
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unter Hinweis auf die drei rechtsverbindlichen Abkommen, die unter der Schirmherrschaft des Arktischen Rates ausgehandelt wurden, nämlich das Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Suche und Rettung auf See in der Arktis von 2011, das Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Vorsorge und Reaktion auf Meeresverschmutzung in der Arktis von 2013 und das Übereinkommen zur Verbesserung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit in der Arktis von 2017, |
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unter Hinweis auf die Erklärung anlässlich der 14. Konferenz des Ständigen Ausschusses der Parlamentarier des Arktischen Raums, die am 13./14. April 2021 abgehalten wurde, |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. September 2020 mit dem Titel „Widerstandsfähigkeit der EU bei kritischen Rohstoffen: Einen Pfad hin zu größerer Sicherheit und Nachhaltigkeit abstecken“ (COM(2020)0474), |
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unter Hinweis auf das EU-Arktis-Forum, das 2019 in Umeå (Schweden) stattfand, |
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unter Hinweis auf die Berichte des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC), insbesondere den IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima und den Sonderbericht über die globale Erwärmung um 1,5 oC, |
— |
unter Hinweis auf den am 21. Dezember 2017 veröffentlichten zusammenfassenden Bericht über die Konsultation des Arktischen Stakeholder-Forums zur Ermittlung der wichtigsten Investitionsprioritäten in der Arktis und der Möglichkeiten, künftige EU-Finanzierungsprogramme für die Region besser zu straffen, |
— |
unter Hinweis auf das Strategiepapier des Europäischen Zentrums für politische Strategie vom Juli 2019 mit dem Titel: „Walking on Thin Ice: A Balanced Arctic Strategy for the EU“ (Unterwegs auf dünnem Eis: eine ausgewogene Arktis-Strategie für die EU), |
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unter Hinweis auf den Nordatlantikvertrag, die von den Staats- und Regierungschefs, die an der Tagung des Nordatlantikrats am 8./9. Juli 2016 in Warschau teilgenommen haben, abgegebene Gipfelerklärung sowie die Analysen und Empfehlungen der vom NATO-Generalsekretär eingesetzten Reflexionsgruppe „NATO 2030“: United for a New Era“, |
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gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9-0239/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass die Arktis in den zurückliegenden Jahrzehnten eine Region des Friedens mit geringen Spannungen und einer konstruktiven internationalen Zusammenarbeit der acht Arktis-Anrainerstaaten (Dänemark, Schweden, Finnland, Island, Norwegen, Russland, Kanada und USA) war; in der Erwägung, dass die Arktis-Anrainerstaaten und die internationale Gemeinschaft diesen Zustand beibehalten und weiterhin politischen Willen zeigen sollten, im Einklang mit dem Völkerrecht zusammenzuarbeiten und strittige Fragen zu lösen; |
B. |
in der Erwägung, dass die geopolitische Bedeutung der Region zunimmt und die Zukunft der Arktis und die globalen Herausforderungen, denen sich die Arktis gegenübersieht und die über die der Anrainerstaaten der Arktis hinausgehen, daher eine Multi-Level-Governance erfordern, wobei regionale Zusammenarbeit und internationale Lösungen angestrebt werden müssen; in der Erwägung, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Geopolitik und der Sicherheit der Arktis und der dort herrschenden Umweltsituation besteht, die wiederum stark von den Folgen des Tuns der Menschen in anderen Weltregionen beeinflusst wird; |
C. |
in der Erwägung, dass sich das umfassende Governance-Modell für die Arktis, das sich im Wesentlichen auf das Völkerrecht stützt, als wirksam und robust erwiesen hat; in der Erwägung, dass sich die Zusammenarbeit als nützlichstes Instrument für den Aufbau von Beziehungen zwischen den Arktis-Anrainerstaaten erwiesen hat; |
D. |
in der Erwägung, dass der derzeitige Governance-Rahmen für die Arktis, der sich auf den Arktischen Rat konzentriert, in den letzten 25 Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität der Region geleistet hat; in der Erwägung, dass der Arktische Rat das wichtigste Forum für die Zusammenarbeit in der Arktis ist und dass seine Arbeitsgruppen als Plattform für eine positive und konstruktive internationale Zusammenarbeit dienen; |
E. |
in der Erwägung, dass die Bemühungen des Arktischen Rates um eine friedliche und konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Arktis-Anrainerstaaten von entscheidender Bedeutung war, was zu mehreren verbindlichen Abkommen zwischen ihnen geführt hat; in der Erwägung, dass die Arktis in der Vergangenheit zwar relativ wenig von globalen geopolitischen Konflikten betroffen war, ihre militärische Bedeutung und geopolitische strategische Rolle jedoch zunehmen; in der Erwägung, dass Sicherheit und Politik in der Arktisregion immer stärker mit globalen Fragen verknüpft sind, wobei Entwicklungen außerhalb der Arktis wahrscheinlich Folgen für die Anrainerstaaten der Arktis haben und umgekehrt, was die Vermeidung von Ausstrahlungseffekten geopolitischer Spannungen und Konflikte in anderen Regionen auf die Arktis umso wichtiger werden lässt; |
F. |
in der Erwägung, dass das Engagement des Arktischen Rates für das Wohlergehen der Einwohner der Arktisregion, die nachhaltige Entwicklung der Region und den Schutz der arktischen Umwelt, auch in Bezug auf gesunde Ökosysteme, die Bewahrung und Wiederherstellung der Artenvielfalt und die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, von der EU uneingeschränkt unterstützt wird; |
G. |
in der Erwägung, dass sich die EU seit langem für eine enge Zusammenarbeit in der Arktis einsetzt und sich seit Jahrzehnten in der Arktis engagiert, und zwar durch ihre Beteiligung an der Politik der Nördlichen Dimension mit Russland, Norwegen und Island, ihre Beteiligung an der Schaffung des Ostseerates (CBSS), ihre Zusammenarbeit in der europäisch-arktischen Barentsregion, insbesondere im Euro-Arktischen Barents-Rat und im Barents-Regionalrat, ihre strategischen Partnerschaften mit Kanada und den USA sowie durch ihre Teilnahme mit einem aktiven De-facto-Beobachterstatus im Arktischen Rat; in der Erwägung, dass die EU mehr als eine Milliarde Euro zur regionalen Entwicklung und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der europäischen Arktisregion beigetragen hat; |
H. |
in der Erwägung, dass das Völkerrecht die Grundlage für das internationale Engagement und die internationale Zusammenarbeit in der Arktis bildet; in der Erwägung, dass insbesondere des Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) und die Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), die einen Rahmen für die internationale Zusammenarbeit und die Maßnahmen bei Fragen in Bezug auf das Nordpolarmeer bilden, bekräftigt und gestärkt werden sollten; in der Erwägung, dass das SRÜ den Rechtsrahmen festlegt, innerhalb dessen alle Tätigkeiten in den Ozeanen und Meeren durchgeführt werden müssen, den Küstenstaaten wirtschaftliche Rechte in Bezug auf ihre ausschließlichen Wirtschaftszonen sowie ihren Festlandsockel gewährt und regelt, dass Hochseegebiete keiner staatlichen Souveränität unterliegen; in der Erwägung, dass die Arktis-Anrainerstaaten in der Erklärung von Ilulissat bestätigt haben, dass sie bei staatlichem Handeln im Nordpolarmeer das Völkerrecht, insbesondere das Seerechtsübereinkommen, einhalten werden; in der Erwägung, dass die IMO weltweit geltende Regulierungsstandards für die Sicherheit, die Gefahrenabwehr und die Umweltbilanz der internationalen Schifffahrt festlegt; |
I. |
in der Erwägung, dass die Arktis in besonderem und zunehmendem Maße von den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels und der Verschlechterung der biologischen Vielfalt betroffen ist, darunter steigende Temperaturen, Veränderungen des Zustands der Eisflächen, Flächenbrände, steigende Meeresspiegel, sich verändernde Wettermuster, invasive gebietsfremde Arten, ein starker Rückgang der biologischen Vielfalt und das Auftauen der Permafrostböden, was sich nicht nur auf den gesamten Planeten auswirkt, sondern auch ein Risiko für die lokale Infrastruktur darstellt; in der Erwägung, dass lokale Anpassungsstrategien und der Schutz des arktischen Ökosystems nicht isoliert vom globalen Rahmen für Klimaschutzmaßnahmen angegangen werden können und dass die Umsetzung des Übereinkommens von Paris im Mittelpunkt einer solchen Zusammenarbeit steht; |
J. |
in der Erwägung, dass einige Teile der Arktis die höchste Konzentration von Kunststoffabfällen weltweit aufweisen, von denen bereits arktische Tierarten betroffen sind, was die Gefahr einer Kontaminierung des Nahrungskreislaufs birgt und sich letztlich auf die Menschen auswirkt; |
K. |
in der Erwägung, dass das alarmierende Tempo der schmelzenden Eiskappen in der Arktis auf den Klimawandel und Faktoren zurückzuführen ist, die hauptsächlich außerhalb der Arktis entstanden sind; in der Erwägung, dass der Klimawandel als ein Bedrohungsmultiplikator betrachtet werden sollte, durch den bestehende Tendenzen, Spannungen und Instabilität noch verschärft werden; |
L. |
in der Erwägung, dass das Abschmelzen der arktischen Eiskappe und der daraus resultierende Anstieg des Meeresspiegels weltweit schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt, die Wirtschaft und die Sicherheit der Menschen haben würden; in der Erwägung, dass das Abschmelzen der Eiskappe Grönlands weltweit zu einem Anstieg der Meeresspiegel um bis zu 7,2 Metern führen könnte, wodurch viele Regionen weltweit überflutet werden könnten; in der Erwägung, dass einige Bevölkerungsgruppen in der Arktis bereits von den Folgen des Abschmelzens der Eiskappen betroffen sind, was zu Migrationsströmen geführt hat; in der Erwägung, dass durch das Abschmelzen des Eises auf Grönland auch die biologische Vielfalt verändert wird; |
M. |
in der Erwägung, dass zu den verschiedenen Bedrohungen, denen die Arktis infolge menschlicher Aktivitäten ausgesetzt ist, insbesondere das Auftauen der Permafrostböden zählt; in der Erwägung, dass Permafrostböden etwa 24 % der nördlichen Hemisphäre bedecken, insbesondere große Gebiete im Norden Russlands; in der Erwägung, dass die Permafrostböden einen großen Anteil an gefährlichem Methan und CO2 enthalten und dass durch ihr Auftauen Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt werden, was zur globalen Erwärmung beiträgt; in der Erwägung, dass durch das Auftauen der Permafrostböden womöglich Ökosysteme verändert werden und die Sicherheit auf unerwartete Weise beeinträchtigt wird; |
N. |
in der Erwägung, dass die Herausforderungen für die Arktis zwar hauptsächlich durch den globalen Klimawandel und Aktivitäten außerhalb der Arktis verursacht werden, dass die Auswirkungen des Klimawandels jedoch in der Arktis besonders deutlich zutage treten, da sich die Arktis dreimal schneller erwärmt als der globale Durchschnitt und das arktische Meereis in nie dagewesenem Tempo abschmilzt, wobei der Anstieg des Meeresspiegels katastrophale soziale, ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen nicht nur in der Region selbst, sondern auch weltweit hat; in der Erwägung, dass diese Auswirkungen das regionale Ökosystem, die Geografie und die Wirtschaft verändern, indem sie potenziell neue Verkehrswege eröffnen, den Handel fördern, den Zugang zu seltenen natürlichen Ressourcen ermöglichen und Forschung, Fischerei und Tourismus intensivieren; in der Erwägung, dass einige dieser Veränderungen ein enormes Potenzial für eine technologisch fortschrittliche, umweltfreundliche und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung bieten; in der Erwägung, dass die die Arktis betreffenden Herausforderungen in der Verantwortung der ganzen Welt liegen, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel; in der Erwägung, dass die EU diese Herausforderungen sowohl durch ihre eigenen Verpflichtungen als auch durch Hilfeleistung für andere bewältigen sollte; |
O. |
in der Erwägung, dass es schwierig ist, von Menschen verursachte Umweltkatastrophen in der Arktisregion, insbesondere im Zusammenhang mit der Förderung von Erdöl und sonstigen arktischen Ressourcen, einzudämmen und in den Griff zu bekommen, und dass die Beseitigung der dabei verursachten Schäden hohe Kosten verursachen kann; in der Erwägung, dass es im Mai 2020 in Sibirien zur größten Ölverschmutzung in der Arktisregion kam, als mehr als 20 000 Tonnen Dieselkraftstoff ausliefen und die umgebenden Böden und Gewässer in der Nähe der russischen Stadt Norilsk verschmutzten, wobei die Dekontaminierungsarbeiten noch nicht abgeschlossen sind; |
P. |
in der Erwägung, dass die größtenteils exogenen Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis und das Wiederaufleben des geopolitischen Wettbewerbs in der Region erschwerende Faktoren für eine nachhaltige Entwicklung und den Erhalt der traditionellen Lebensgrundlagen in der fragilen Umwelt der Arktis darstellen und sich auf die Sicherheit und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Region auswirken können; |
Q. |
in der Erwägung, dass die geoökonomische Bedeutung der Region aufgrund des wachsenden Interesses an ihrem Reichtum und an ihren reichlich vorhandenen natürlichen Ressourcen, darunter auch Rohstoffe von kritischer Bedeutung, sowie an ihren neu entstehenden Seeverkehrsrouten und an ihrem Potenzial für den Seeverkehr rasch zunimmt; in der Erwägung, dass die arktischen Länder zwar das Recht haben, Ressourcen in ihrem eigenen Hoheitsgebiet zu nutzen, aber auch die Pflicht haben, dies auf verantwortungsvolle Weise zu tun; in der Erwägung, dass die Erforschung und Nutzung der arktischen Ressourcen erhebliche Risiken für die empfindlichen Ökosysteme und die lokale Bevölkerung in der Region mit sich bringen; in der Erwägung, dass 2019 ein Großteil der Ausfuhren von Energie, Metallen, Mineralien und Fisch aus den Arktis-Anrainerstaaten auf die EU und das Vereinigte Königreich entfiel; |
R. |
in der Erwägung, dass infolge des Abschmelzens des Eises die Nordwestpassage, die Route durch das Nordmeer und die künftige transpolare Seeroute eisfrei sein werden; in der Erwägung, dass die natürlichen Ressourcen der Arktis weitgehend der nationalen Hoheitsgewalt der Arktis-Anrainerstaaten unterliegen und die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf diese Ressourcen unstreitig sind; in der Erwägung, dass die Notwendigkeit, nachhaltige Lösungen für Energieerzeugung und -transport zu entwickeln und zu finden, die weltweite Nachfrage nach Metallen der Seltenen Erden erhöht hat, wodurch die weitgehend ungenutzten natürlichen Ressourcen der Arktis in den Fokus geraten sind; in der Erwägung, dass es in der Arktis riesige Vorkommen Seltener Erden gibt; in der Erwägung, dass derzeit 90 % der weltweit geförderten Seltenen Erden aus China stammen; |
S. |
in der Erwägung, dass in erster Linie die Staaten des arktischen Raums für die nachhaltige Entwicklung der Arktis verantwortlich sind, wobei jedoch die erheblichen Auswirkungen externer Faktoren nicht übersehen werden können und die internationale Gemeinschaft daher verpflichtet ist, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die arktische Region zu schützen und ihre Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten; |
T. |
in der Erwägung, dass in den Regionen rund um die Arktis über vier Millionen Menschen leben, darunter mehr als 40 verschiedene indigene Völker und lokale Gemeinschaften sowie eine halbe Million EU-Bürgerinnen und -Bürger; in der Erwägung, dass das einzige anerkannte indigene Volk der EU, die Samen, in den arktischen Regionen Finnlands und Schwedens sowie Norwegens und Russlands lebt; in der Erwägung, dass die indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften bei der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und dem Erhalt der biologischen Vielfalt eine wesentliche Rolle spielen; in der Erwägung, dass die Demografie für die regionale Entwicklung wichtig ist; |
U. |
in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Forschung heute wichtiger ist denn je, um die mit der schwerwiegenden Verschlechterung der Umwelt und dem Klimawandel einhergehenden Herausforderungen zu bewältigen; |
V. |
in der Erwägung, dass die EU im Rahmen des Programms Horizont 2020 mehr als 200 Millionen EUR für die Arktisforschung bereitgestellt hat; |
W. |
in der Erwägung, dass sich die EU verpflichtet hat, im Einklang mit der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union und der EU-Strategie für maritime Sicherheit auf einen offenen und sicheren globalen maritimen Bereich hinzuarbeiten; |
X. |
in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der EU mit der Arktis auf Geschichte, Geografie, Wirtschaft und Forschung beruht; in der Erwägung, dass die Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung, der Kohäsionspolitik und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit für den Abbau geopolitischer Spannungen hervorgehoben werden sollte; in der Erwägung, dass die EU als globaler Akteur stets ihr Engagement für eine friedliche, umweltfreundliche, kooperative, nachhaltige und wohlhabende Arktis unter Beweis gestellt hat und bestrebt ist, den in der Arktis lebenden Menschen eine nachhaltige Zukunft zu sichern; in der Erwägung, dass die EU eindeutig ihre Bereitschaft bekundet hat, eine noch wichtigere Rolle zu spielen; |
Y. |
in der Erwägung, dass die EU in der Lage ist, auf vielfältige Weise einen Beitrag zur Lösung potenzieller neu auftretender Herausforderungen und zur Verhütung von Konflikten in der Arktis zu leisten; |
Z. |
in der Erwägung, dass der von der EU gestellte Antrag auf Aufnahme als vollwertiger Beobachter in den Arktischen Rat, dessen Eingang die Mitglieder des Arktischen Rates im Jahr 2013 bestätigt haben, noch nicht beantwortet wurde; in der Erwägung, dass die endgültige Entscheidung aufgrund des Widerstands einiger Mitglieder des Arktischen Rates verschoben wurde; in der Erwägung, dass sich das Parlament bereits in der Vergangenheit hinter diesen Antrag gestellt hat; in der Erwägung, dass sich die EU aktiv an den Arbeiten der einschlägigen Gruppen, Arbeitsgruppen und Sachverständigengruppen des Arktischen Rates beteiligt; in der Erwägung, dass das breite Spektrum an regionalen Kompetenzen, Fachkenntnissen und bestehenden Initiativen der EU als Rahmen für gemeinsame Projekte dienen kann; |
AA. |
in der Erwägung, dass Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Polen, Spanien und Italien — allesamt Beobachter im Arktischen Rat — beträchtliches Engagement in der Arktis und großes Interesse an einem künftigen Dialog und einer künftigen Zusammenarbeit mit dem Arktischen Rat zeigen; in der Erwägung, dass Estland und Irland beantragt haben, Beobachter im Arktischen Rat zu werden; |
AB. |
in der Erwägung, dass Island und Norwegen als engagierte und verlässliche Partner durch den EWR und die Schengener Übereinkommen mit der EU assoziiert sind; |
AC. |
in der Erwägung, dass die Stabilität der Arktis seit langem im Großen und Ganzen gut erhalten geblieben ist, dass die Region jedoch zunehmend Gegenstand eines wachsenden internationalen Interesses geworden ist und von der sich wandelnden Sicherheitslage, einschließlich der zunehmenden Remilitarisierung der Russischen Föderation in der Region, betroffen ist; in der Erwägung, dass die von der Russischen Föderation getätigten wirtschaftlichen und militärischen Investitionen in der Arktis die Investitionen der übrigen Arktis-Anrainerstaaten bei Weitem übersteigen; in der Erwägung, dass die Russische Föderation neue und modernisierte alte Militärstützpunkte in den nördlichen Regionen errichtet und die Fähigkeit zur Zugangsverweigerung und Absperrung von Gebieten (A2/AD) gestärkt hat, wodurch die Schifffahrtsrechte auf der strategischen Nordmeerroute eingeschränkt werden, die von Russland fälschlicherweise als Binnenwasserstraße geltend gemacht wird; in der Erwägung, dass Russland seine Nordmeerflotte zu einem Militärbezirk aufgewertet und verschiedene Teile seiner Streitkräfte ausgebaut hat, die unter anderem mit neuen U-Booten, nuklear und konventionell angetriebenen Eisbrechern, Kampfradarsystemen und Raketensystemen ausgestattet sind; in der Erwägung, dass Russland das Konzept der Bastionsverteidigung wiederbelebt hat, mit dem seine strategischen Fähigkeiten von der Barentssee bis zur Beringstraße geschützt werden sollen; in der Erwägung, dass Russland auch seine Marine- und Luftpatrouillen, Unterseeboote und seine Taktiken der elektronischen Kriegsführung verstärkt hat, was eine sehr besorgniserregende Entwicklung darstellt; in der Erwägung, dass diese geopolitischen Entwicklungen zu vermehrten Manövern, Truppenstationierungen, Patrouillen und Investitionen in militärische Fähigkeiten im Arktisraum geführt haben; in der Erwägung, dass die Militarisierung des Gebiets dem Geist der Zusammenarbeit zuwiderläuft, von dem die zwischenstaatlichen Beziehungen in der Arktisregion bisher geleitet waren; |
AD. |
in der Erwägung, dass die Barentssee das wichtigste Testgebiet für ballistische Raketensysteme und Marschflugkörper ist, während das Gebiet östlich von Nowaja Semlja das wichtigste Gebiet für Atomwaffentests ist; |
AE. |
in der Erwägung, dass Russland die Souveränität und territoriale Integrität seiner friedlichen Nachbarstaaten verletzt hat und gegen die Freiheit der Schifffahrt im Asowschen Meer, im Schwarzen Meer und in der Ostsee verstößt, was bei der Bewertung künftiger Szenarien für die Aufrechterhaltung der derzeitigen friedlichen Koexistenz in der Arktis nicht außer Acht gelassen werden darf; |
AF. |
in der Erwägung, dass Chinas weitreichende Projekte und Initiativen Anlass zu großer Sorge geben; in der Erwägung, dass China im Januar 2018 sein erstes Weißbuch zur Arktispolitik vorgelegt hat und eine langfristige Strategie zur Stärkung seiner Position in der Arktis verfolgt, sich selbst zu einem „arktisnahen Staat“ erklärt hat und das Ziel verfolgt, eine „Polarmacht“ zu werden sowie seine Zusammenarbeit mit Russland in der Arktis auszubauen; in der Erwägung, dass China als Erweiterung seiner Seidenstraßen-Initiative („Belt and Road Initiative“) eine polare Seidenstraße für Handelswege durch die Arktisregion geschaffen und regionale wissenschaftliche Erkundungsmissionen organisiert hat, wobei Forschungszentren in der Arktis eingerichtet und 24 Satelliten zur Beobachtung der Polarregion entwickelt wurden; in der Erwägung, dass China ein aktiver Teilnehmer im Arktischen Rat ist und eine bilaterale Zusammenarbeit mit einzelnen Anrainerstaaten der Arktis und anderen Interessenträgern betreibt, um Unterstützung für seine Initiativen zu gewinnen; |
AG. |
in der Erwägung, dass die meisten Akteure in der Arktis ihre Strategien aktualisiert haben, um der sich rasch verändernden Lage in der Arktisregion und der wachsenden wirtschaftlichen und geostrategischen Bedeutung der Region Rechnung zu tragen; |
Internationale Zusammenarbeit als Grundlage für eine sichere, stabile, florierende, zugängliche und friedliche Arktis
1. |
bekräftigt erneut, dass die Arktis von strategischer und politischer Bedeutung für die EU als Akteur in der Arktis und als globaler Akteur ist, und weist auf das Bestreben der EU hin, ein verantwortungsvoller Akteur zu sein, der sich um die langfristige nachhaltige und friedliche Entwicklung der Region bemüht, indem sie mit internationalen Partnern uneingeschränkt zusammenarbeitet; hält es für entscheidend, dass alle Interessenträger, einschließlich der EU und ihrer Mitgliedstaaten, handeln, um die friedliche und intensive internationale und regionale Zusammenarbeit, wissenschaftliche Forschung, Wohlstand und geringe Spannungen in der Arktis aufrechtzuerhalten und auf die äußerst alarmierenden Auswirkungen und Folgen des Klimawandels in der Region zu reagieren; ist der Auffassung, dass die Arktis einen wesentlichen Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht des Planeten leistet, betrachtet mit Zufriedenheit, dass die Region schon seit langem ein Hort des Friedens und der fruchtbaren internationalen Zusammenarbeit ist und beglückwünscht den Arktischen Rat zum 25. Jubiläum des Bestehens dieses wichtigsten Forums für die Zusammenarbeit in der Arktis, das seine Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, einen konstruktiven und positiven Geist der Zusammenarbeit zu bewahren; |
2. |
unterstützt die Gültigkeit der drei Grundpfeiler der integrierten Politik der EU für die Arktis, nämlich ambitionierte Maßnahmen gegen den Klimawandel und Schutz der Umwelt der Arktis, Förderung der nachhaltigen Entwicklung und Stärkung der internationalen Zusammenarbeit; Hebt die Bedeutung einer ausgewogenen Arktispolitik der EU hervor und ist der Ansicht, dass die EU in einer einzigartig guten Position ist, aus der heraus sie zur Koordinierung und Ergänzung der Arktispolitik der Mitgliedstaaten beitragen kann, und betont daher, dass die Innen- und Außenpolitik der EU in Bezug auf die Arktis kohärenter sein müssen; fordert die EU nachdrücklich auf, eine Arktis-Dimension in ihre sektorspezifischen politischen Maßnahmen aufzunehmen, wann immer dies angebracht ist; |
3. |
Betont die Bedeutung der Beobachter im Arktischen Rat, die über große Erfahrung verfügen und sich seit langem in der wissenschaftlichen und politischen Zusammenarbeit in der Arktis engagieren; begrüßt in diesem Zusammenhang den laufenden Dialog zwischen den Beobachterstaaten und dem Vorsitz des Arktischen Rates; unterstützt den Antrag der EU auf einen vollwertigen Beobachterstatus im Arktischen Rat und fordert die Mitglieder des Arktischen Rates auf, dem Ersuchen der EU stattzugeben; betont jedoch, dass die EU de facto bereits Beobachterstatus im Arktischen Rat und damit die Möglichkeit hat, zu gleichen Bedingungen wie andere Beobachter mitzuwirken und Beiträge zu leisten; |
4. |
betont, dass die EU zu einer verbesserten multilateralen Ordnungspolitik in der Arktis beitragen, eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen fördern sowie die Arktis im Einvernehmen mit der einheimischen Bevölkerung schützen und erhalten muss; fordert die EU auf, auch künftig mit Fachwissen und Finanzmitteln zum Arktischen Rat beizutragen, indem sie ihr Engagement in den Arbeitsgruppen und bei den verschiedenen Projekten des Arktischen Rates verstärkt; ist der Ansicht, dass das Nordpolargebiet als Teil der nördlichen Nachbarschaft der EU betrachtet und stärker in bestehende Foren einbezogen werden sollte; betont, dass die Nördliche Dimension als konstruktives Forum für die länderübergreifende Zusammenarbeit dient und ein erfolgreiches Modell für die bereichsbezogene Zusammenarbeit ist, in dem die EU in gleicher Weise wie Russland, Norwegen und Island sowie andere Beobachterstaaten zur gemeinsamen Politik beiträgt; begrüßt die weitere praktische Zusammenarbeit in vielfältigen Bereichen; betont die Zusammenarbeit zwischen lokalen und nationalen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren im Euro-Arktischen Barents-Rat, in dem die EU Vollmitglied ist, bei Themen, die für den Barentsseeraum von besonderer Bedeutung sind; stellt fest, dass der Euro-Arktische Barents-Rat eine wichtige Funktion dabei übernommen hat, Vertrauen und gegenseitiges Verständnis im Norden aufzubauen und gleichzeitig die Zusammenarbeit zwischen arktischen Ländern zu verbessern; stellt fest, dass die EU auch bestrebt sein sollte, in anderen politischen Foren im Zusammenhang mit der Entwicklung der Arktis mitzuwirken; |
5. |
begrüßt den laufenden Prozess zur Aktualisierung der Arktispolitik der EU, die das Interesse der EU an der Arktis widerspiegeln und die gemeinsamen Herausforderungen der zunehmenden internationalen Aufmerksamkeit, die der Arktis geschenkt wird, und der klimatischen, ökologischen, geopolitischen und geoökonomischen Veränderungen in der Region angehen sollte; ist der Ansicht, dass die Politik neue Akteure wie China umfassen sollte und dass die Sicherheitsdimension der Arktis in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU behandelt werden sollte; ist insbesondere der Ansicht, dass in die aktualisierte Arktispolitik der EU eine umfassende Herangehensweise an die Sicherheit, bei dem die Themen Umwelt und Gesundheit in besonderem Maße berücksichtigt werden, sowie Fragen der maritimen Sicherheit aufgenommen werden sollten; stellt fest, dass eine derart umfassende aktualisierte Politik, die auf einem Konsens zwischen allen Mitgliedstaaten beruht, es der EU ermöglichen wird, in der Region eine wirksame, proaktive und ehrgeizigere Rolle zu spielen, wobei den drängenden Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der zunehmenden geopolitischen Bedeutung der Arktis Rechnung getragen wird, aber auch den Interessen der EU-Bürger, vor allem derjenigen, die in der Arktis leben, und insbesondere den indigenen Völkern, dienen wird; betont, dass eine solche Politik sowohl die interne als auch die externe Dimension der Beziehungen der EU zur Arktis widerspiegeln und eine Dimension der nachhaltigen Konnektivität umfassen sollte, um die zentralen Probleme der Bewohner der Arktis zu lösen, wie etwa die Sicherstellung hochwertiger Internetverbindungen; |
6. |
ist der Ansicht, dass mit der neuen Politik der EU für die Arktis das Bewusstsein und das Engagement der EU-Bürger, der Wissenschaft und der Unternehmen für arktische Angelegenheiten in breiter angelegter Art und Weise gestärkt werden sollte; fordert die Einrichtung eines zentralen Arktis-Portals, das alle Initiativen und Tätigkeiten der EU-Organe in der Arktis abdeckt; |
7. |
stellt fest, dass das Interesse an der Arktis und ihren Ressourcen zunimmt; ist zutiefst besorgt über die negativen Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere die rasch schmelzenden Eismassen und der Raubbau an Ressourcen, wodurch neue Elemente und Realitäten für bestimmte Formen der wirtschaftlichen Entwicklung geschaffen und weitere Störungen der zunehmend anfälligen arktischen Ökosysteme bewirkt werden; |
8. |
betont, dass das umfassende Modell für Ordnungspolitik auf der Grundlage des Völkerrechts allen arktischen Staaten und der Region insgesamt zugutegekommen ist und für Vorhersehbarkeit und Stabilität in der Region gesorgt hat; betont, dass das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten des arktischen Raums durch die bestehenden regionalen Strukturen vorangebracht wurden; betont, dass es in erster Linie Aufgabe der Staaten des arktischen Raums ist, Probleme in ihrem Hoheitsgebiet zu lösen; weist jedoch darauf hin, dass externe Mächte einen maßgeblichen Einfluss auf die derzeitigen und künftigen Herausforderungen für die Region ausüben; bekräftigt, dass das Völkerrecht Eckpfeiler des Rechtsrahmens zur Regelung der internationalen Beziehungen in der Arktis ist, und hebt die Bedeutung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ) als Grundlage für sämtliche meeresbezogenen Tätigkeiten und insbesondere von dessen Artikel XV. hervor, was die friedliche Beilegung von Seerechtsstreitigkeiten und die unterschiedlichen Streitbeilegungsverfahren in Bezug auf die Festlegung der Grenzen auf dem arktischen Festlandsockels sowie die Beilegung von Streitigkeiten um Hoheitsgewässer in der Arktis anbelangt; wiederholt in diesem Zusammenhang seine Forderung an die EU und die Mitgliedstaaten, eine stärkere Rolle bei der wirksamen Umsetzung internationaler Übereinkommen zu spielen, und fordert die USA auf, das SRÜ zu ratifizieren; hebt ferner die Bedeutung der im Rahmen des SRÜ geschaffenen internationalen Gremien hervor, einschließlich der Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels (CLCS), der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) und des Internationalen Seegerichtshofs (ISGH), sowie von Foren wie dem Arktischen Rat, der Konferenz der Parlamentarier des arktischen Raums, dem Euro-Arktischen Barents-Rat, der Nördlichen Dimension und den Vereinten Nationen, und setzt sich weiterhin für eine starke und aktive Beteiligung an der parlamentarischen Zusammenarbeit bei arktischen Angelegenheiten ein; |
9. |
erkennt den Status der Souveränität der Arktis-Staaten und ihrer Hoheitsrechte im Einklang mit dem Völkerrecht an; ist der Ansicht, dass die Sicherung der Errungenschaften von drei Jahrzehnten friedlicher Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung ist; betont, dass die Fähigkeit der EU, Lösungen für potenzielle die Sicherheit betreffende Herausforderungen anzubieten, voll ausgeschöpft werden sollte; betont, dass angesichts der Vielzahl komplexer und miteinander verflochtener Fragen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen, ökologischen und sicherheitspolitischen Entwicklung der Arktis globale, regionale und lokale Foren für den Dialog über die Sicherheitsbedürfnisse der Region erforderlich sind; |
Klimawandel in der Arktis
10. |
ist zutiefst besorgt über die Ergebnisse des Sonderberichts des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima, wonach die Erderwärmung in den vergangenen Jahrzehnten zum weitverbreiteten Rückgang der Kryosphäre mit einem massenhaften Verlust bei der Eisdecke und bei Gletschern, einem Rückgang bei der Schneedecke und bei der Ausdehnung und Stärke der arktischen Meereseisdecke sowie einem Anstieg der Temperatur im Permafrost geführt hat; ist zutiefst besorgt über die Folgen für die öffentliche Gesundheit und die Sicherheit, wenn durch das Auftauen des Permafrostes Bakterien und Viren freigelegt werden, die seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden dort schlummerten; |
11. |
betont, dass die Artenvielfalt in der Arktis in alarmierender Geschwindigkeit abnimmt, und ist zutiefst besorgt über die Ergebnisse des Globalen Sachstandsberichts der zwischenstaatlichen Plattform für biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen (IPBES), auch Weltbiodiversitätsrat genannt; betont, dass der Verlust an Artenvielfalt nicht nur auf den Klimawandel, sondern auch auf den Meeresbodenbergbau zurückzuführen ist, der laut IPBES im arktischen Raum wahrscheinlich zunehmen wird, je mehr Eis dort schmilzt; |
12. |
ist beunruhigt über Berichte, wonach durch das Auftauen des Permafrostbodens freigesetzte Bakterien klimaschädliches CO2 freisetzen, aber auch — ebenso wie Viren — eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit von Tieren und des Menschen darstellen können; stellt fest, dass der Klimawandel und das Auftauen der Permafrostböden schädliche Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Region haben, sie zur Zerstörung bzw. Verschlechterung der bestehenden Infrastruktur, Straßen und Gebäude sowie zu einer massiven Zunahme von Arbeits- und Verkehrsunfällen geführt haben und auch Kultur- und Kulturerbestätten sowie die Lebensweise indigener Völker dadurch bedroht werden; |
13. |
betont, dass die EU eine Politik betreiben sollte, mit der sichergestellt wird, dass die Maßnahmen zur Bewältigung von Umweltproblemen den Interessen der Bevölkerung des arktischen Raumes, einschließlich seiner indigenen Bevölkerungsgruppen, durch den Schutz und die Entwicklung dieser Region Rechnung tragen; |
14. |
fordert die EU nachdrücklich auf, die Federführung zu übernehmen, wenn es gilt, einen anspruchsvollen Klimaschutzplan für die Arktis auszuarbeiten, der auf die Eindämmung der weltweiten Treibhausgasemissionen und die Anpassung an den Klimawandel ausgerichtet ist und mit dem gleichzeitig innovative Lösungen unterstützt werden, die für die Arktis von Bedeutung sind; |
Geopolitische Entwicklungen in der Arktis
15. |
begrüßt, dass die Stabilität der Arktis seit langem von Konflikten in anderen Teilen der Welt relativ unbeeinflusst geblieben ist, und betont, wie wichtig es ist, Ausstrahlungseffekte geopolitischer Entwicklungen in anderen Regionen auf die Arktis zu verhindern; stellt jedoch fest, dass sich die sicherheitspolitische und militärische Lage in der Arktis in den letzten Jahren grundlegend geändert hat, und erkennt die strategische Bedeutung der Region an; weist darauf hin, dass eine sichere, stabile, nachhaltige, friedliche und wohlhabende Arktis für die weiter gefasste Sicherheit Europas und sein strategisches Umfeld eine entscheidende Rolle spielt; Betont ferner, dass militärische Aktivitäten in der Arktis vorhersehbar und transparent sowie so durchgeführt werden müssen, dass dadurch die Sicherheit und Stabilität gefördert werden, und dass eine verstärkte Militarisierung in Verbindung mit sich global verschlechternden geopolitischen Beziehungen zu Zwischenfällen und erhöhten Sicherheitsrisiken führen kann; fordert dementsprechend einen verstärkten regionalen Dialog, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Zurückhaltung im militärischen Bereich und regt einen Verhandlungsprozess und vertrauensbildende Maßnahmen an, die auf das langfristige Ziel einer Verringerung der militärischen Ausrüstung in der Region abzielen; |
16. |
nimmt die besondere geografische Lage der Russischen Föderation zur Kenntnis, deren Hoheitsgewässer und Wirtschaftszonen weit größer als aller anderen arktischen Länder sind; betont in diesem Zusammenhang, dass Russland aufgrund seiner besonderen geografischen Gegebenheiten zwangsläufig ein Gesprächspartner ist, dem Land aufgrund dessen jedoch auch mehr Verantwortung zukommt; |
17. |
nimmt die herausragende Stellung der Arktis in den militärischen Strategien aller Akteure in der Region zur Kenntnis und fordert sie nachdrücklich auf, ihre Arktispolitik unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts zu betreiben; ist zutiefst besorgt über die fortschreitende militärische Aufrüstung Russlands, die unter den arktischen Anrainerstaaten am stärksten betrieben wird und die Entwicklung von Systemen zur Zugangsverweigerung und Absperrung von Gebieten (A2/AD-Kapazitäten) sowie die Reaktivierung und den Wiederaufbau der nuklearen Seestreitkräfte und einer Eisbrecherflotte umfasst, von denen einige Russland mit Marschflugkörpern und elektronischen Kriegsführersystemen ausstatten will; ist der Ansicht, dass solche Maßnahmen nicht durch die militärische Lage vor Ort gerechtfertigt sind und weit über legitime Verteidigungszwecke hinausgehen, was den Willen Russlands widerspiegelt, eine strategische militärische Überlegenheit in der Region zu erreichen, was zu Instabilität und einem erhöhten Konfrontationsrisiko führen und von der Murmansk-Initiative von 1987 abweichen würde, mit der die Arktis in eine internationale „Friedenszone“ umgewandelt werden sollte; fordert die im Polargebiet gelegenen Länder nachdrücklich auf, keine militärischen Außenposten bzw. keine durch Streitkräfte geschützten wissenschaftlichen Außenposten zu errichten; |
18. |
bedauert, dass Russland einen viel stärker wettbewerbsorientierten wenn nicht gar konfrontativen Blickwinkel auf die Arktis übernommen hat und diese als Raum der militärischen, territorialen und wirtschaftlichen Expansion sowie als Schauplatz für eigene Großmachtbestrebungen begreift, anstatt die Vorteile eines kooperativen Engagements hervorzuheben; |
19. |
fordert alle Staaten des arktischen Raums auf, einen konstruktiven und für alle Seiten vorteilhaften Dialog aufzunehmen, bei dem es um sämtliche Fragen geht, angefangen beim Umweltschutz über die Wirtschaftsentwicklung bis hin zu militärischen Einsätzen; weist darauf hin, dass die EU und Russland wesentliche gemeinsame Interessen in einer Reihe von Bereichen haben, die die Arktis betreffen, darunter auf dem Gebiet der maritimen Sicherheit und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Umweltfragen; betont jedoch, dass eine konstruktive Zusammenarbeit dem Grundsatz der selektiven Kooperation folgen sollte, und zwar auch in den Bereichen des Klima- und Umweltschutzes, und den Zweck der Sanktionen und restriktiven Maßnahmen, die infolge des Handelns der russischen Regierung in anderen Teilen der Welt verhängt werden, nicht gefährden darf und mit der Strategie der EU gegenüber der Russischen Föderation im Einklang stehen sollte; merkt an, dass der Arktische Rat als Plattform für die Aufrechterhaltung und Fortführung eines offenen Dialogs mit Russland bei auch für die EU wichtigen Fragen angesehen werden sollte; |
20. |
Ist der Ansicht, dass die Aufnahme der Arktis in Chinas Programme zur wirtschaftlichen Entwicklung, die auf eine Einbindung der arktischen nördlichen Seeroute in die chinesische Initiative der neuen Seidenstraße (als eine „polare Seidenstraße“) abzielen, von der EU aufmerksam verfolgt und bei der Aktualisierung ihrer Arktispolitik berücksichtigt werden muss, da sie der Betrachtung der Arktis als ein eigenständiges Gebiet, das von der globalen Geopolitik abgeschirmt ist, zuwiderläuft; nimmt in diesem Zusammenhang die Investitionen Chinas in Forschung, neue Eisbrecher und strategische Infrastrukturprojekte in der Arktis zur Kenntnis, die an die Vorgehensweise des Landes in anderen Teilen der Welt erinnern, und weist darauf hin, dass die EU in diesem Bereich nicht an maßgeblichem Einfluss zugunsten von Drittländern einbüßen sollte; zeigt sich besorgt darüber, dass China versucht, in Seehäfen entlang der nördlichen Seeroute zu investieren und sich Rechte zum Abbau von Bodenschätzen zu sichern, um unter anderem seine Präsenz in der Arktis festzuschreiben, und fordert die Staaten des arktischen Raums nachdrücklich auf, ausländische Investitionen in ihre Einrichtungen und Infrastruktur von strategischer Bedeutung sorgfältig zu überprüfen; |
Schutz der Freiheit der Schifffahrt
21. |
begrüßt die Annahme und das Inkrafttreten des internationalen Verhaltenskodex für in polaren Gewässern verkehrende Schiffe (Polarkodex) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation am 1. Januar 2017; |
22. |
fordert eine Bewertung der Umsetzung des Polarkodex der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation sowie der Standards und Pflichten gemäß den Übereinkommen SOLAS und MARPOL, damit festgestellt werden kann, ob diese von den in der Arktis tätigen Rechtsträgern vollständig umgesetzt wurden, und damit Lücken und Schwachstellen ermittelt werden können, die es noch zu beheben gilt; fordert alle Anrainerstaaten der Arktis nachdrücklich auf, rasch die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Polarkodex uneingeschränkt durchzusetzen; legt allen nicht dem SOLAS-Übereinkommen unterliegenden Schiffe nahe, freiwillig diese Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen sowie andere Maßnahmen und Leitlinien für eine sichere und umweltfreundliche Schifffahrt und einen sicheren und umweltfreundlichen Einsatz in der Arktis einzuhalten; |
23. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, stärker zur Förderung der wirksamen Durchführung internationaler Übereinkünfte beizutragen, wie des Übereinkommens von Paris, des Minamata-Übereinkommens, des Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, des Göteborg-Protokolls, des Stockholmer Übereinkommens, des Polarkodex, des Übereinkommens von Aarhus und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt; |
24. |
fordert nachdrücklich eine gemeinsame Verantwortung für die Sicherheit des menschlichen Lebens auf See und die Nachhaltigkeit der polaren Umwelt, da die Polarschifffahrt in den kommenden Jahren mengenmäßig wachsen und sich in ihrem Wesen diversifizieren wird; begrüßt in diesem Zusammenhang zusätzlich zum Polarkodex die Maßnahmen im Bereich Schiffswegeführung, die darauf abzielten, die Risiken von Zwischenfällen zu mindern und Sperrzonen einzurichten, um die Schiffsverkehrssicherheit zu verbessern und die fragile und einzigartige Umwelt zu schützen; hebt die Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten hervor, wenn es darum geht, einen Beitrag zur Verhütung und Beilegung von Konflikten in der Arktis, zum Aufbau ziviler Sicherheitsmechanismen sowie zum Ausbau der Krisenmanagementkapazitäten und der Such- und Rettungsinfrastrukturen zu leisten; betont, dass sich die EU mit ihrer Expertise im Bereich der Gefahrenabwehr und Sicherheit im Seeverkehr mit Fähigkeiten und Kenntnissen auf dem Gebiet der Schifffahrt und Navigation einbringen kann; erkennt an, dass es bereits eine substanzielle grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Such- und Rettungseinsätzen gibt; legt der EU nahe, ihre Beiträge zur Notfallverhütung und -vorsorge sowie Katastrophenbewältigung im Arktischen Rat, im Forum der arktischen Küstenwache und im Euro-Arktischen Barents-Rat zu verstärken; nimmt jedoch mit Besorgnis den sich entwickelnden und rasch wachsenden Schiffsverkehr und die Energiegewinnung entlang der nördlichen Seeroute zur Kenntnis, die geopolitischen Spannungen und Umweltbedenken ausgelöst haben; nimmt das wachsende nationale Interesse an der Entwicklung der Nordostpassage, vor allem von Russland und China, zur Kenntnis, als Mittel zur Ankurbelung des eigenen Wirtschaftswachstums und zum Ausbau eines weltweit wettbewerbsfähigen nationalen Verkehrsnetzes; nimmt die Entwicklung von Großprojekten im Energiebereich wie die derzeitige russisch-chinesische Zusammenarbeit bei dem Yamal-LNG-Projekt und dem Projekt „Arktisches LNG 2“ zur Kenntnis und ist besorgt darüber, dass sich durch solche Vorhaben die Frachtmengen über die Nordostpassage erhöhen und einen erheblichen Druck auf das bereits bedrohte Ökosystem der Arktis mit sich bringen werden; |
25. |
ist sich des großen Vorteils Russlands bei der Zahl seiner Eisbrecher und der Entwicklung von Programmen zum Bau vieler neuer Eisbrecher in China bewusst und fordert die Mitgliedstaaten und andere Partnerländer auf, ihre eigenen Kapazitäten in diesem Bereich aufzubauen; ist der Ansicht, dass die EU den Bau und Einsatz von mehr Eisbrechern und Schiffen mit Eisschutz unter EU-Flagge fördern sollte; |
26. |
betont, dass die Meeresüberwachung und der Austausch von Informationen in der Arktisregion verbessert werden müssen; unterstützt weitere Investitionen in die Beobachtung und Navigation im Weltraum durch die Satellitennetzwerke Copernicus und Galileo sowie durch In-situ-Informationen des europäischen Meeresbeobachtungs- und Datennetzwerks (EMODNET), um die Notfallmaßnahmen, die sichere Navigation und die Kenntnisse über den Klimawandel zu verbessern; stellt fest, dass die Zunahme der menschlichen Aktivitäten in der Region, einschließlich des zunehmenden Tourismus, Anlass zu ernster Sorge in Bezug auf die menschliche Sicherheit gibt, insbesondere vor dem Hintergrund harter Wetterbedingungen und begrenzter Kapazitäten für Such- und Rettungseinsätze; ist der Ansicht, dass die internationale Zusammenarbeit sowie enge Partnerschaften zwischen dem militärischen, dem öffentlichen und dem nichtstaatlichen Sektor von wesentlicher Bedeutung sind, um für einen angemessenen Zivilschutz in der Region zu sorgen; betont, dass man bewährte Verfahren in Bezug auf Such- und Rettungsaktionen fördern und austauschen sowie die Interoperabilität von Such- und Rettungseinheiten durch gemeinsame Übungen vorantreiben muss; empfiehlt den Mitgliedstaaten, die Schaffung neuer Projekte der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit in Erwägung zu ziehen, die beispielsweise auf Suche und Rettung oder auf Umweltschutzmaßnahmen ausgerichtet sind oder auf die Stärkung der Fähigkeiten der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der Arktis abzielen; hält die EU und die Mitgliedstaaten dazu an, Übungen durchzuführen, in denen simuliert wird, wie das Katastrophenschutzverfahren der EU in der Arktis breit umgesetzt werden kann; |
27. |
weist mit Nachdruck darauf hin, dass es von grundlegender Bedeutung ist, dass die Rechte ausländischer Schiffe im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, insbesondere dessen Artikel 17–21 und 37–41, darunter das Recht auf friedliche Durchfahrt, das Recht auf Transitdurchfahrt und die Freiheit der Schifffahrt, in der Arktis uneingeschränkt eingehalten werden; verurteilt die Maßnahmen Russlands, mit denen die Rechte der Seeschifffahrt auf den nördlichen Seewegen beschnitten werden, indem das Land diese als Binnengewässer unter seiner vollständigen souveränen Kontrolle ausweist, regulatorische und administrative Hindernisse entlang der Strecke für die ausländische Schifffahrt schafft und das Erfordernis auferlegt, die Genehmigung Russlands bei der Einreise und Durchquerung seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seiner Küstengewässer einzuholen, und keine ausdrückliche Befreiung für Schiffe mit souveräner Immunität ausstellt; betont, dass jede Maßnahme, mit der die Freiheit der Schifffahrt eingeschränkt wird, mit dem SÜR und dem Völkergewohnheitsrecht im Einklang stehen sollte; fordert die Russische Föderation auf, die im SÜR kodifizierten Normen einzuhalten und den Zusagen nachzukommen, die sie eingegangen sind, indem sie sich den jährlichen Aufforderungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen an die Vertragsstaaten angeschlossen haben, dafür zu sorgen, dass ihre maritimen Ansprüche mit dem SÜR in Einklang stehen; |
28. |
betont, dass die Entwicklung der nördlichen Verkehrswege nachhaltig sein und zu einem ökologischen Wandel beitragen sollte; stellt fest, dass insbesondere neue Schienenverbindungen im Norden die Volkswirtschaften der nordischen und baltischen Staaten stimulieren und den Marktzugang in der Nord-Süd-Achse verbessern würden; fordert die Kommission daher auf, Fragen des Verkehrs im Norden anzugehen und Möglichkeiten im Rahmen der Verkehrs- und Logistikpartnerschaft der Nördlichen Dimension (NDPTL) zu ermitteln; betont, dass bessere Verbindungen innerhalb der Region der Nördlichen Dimension erforderlich sind, um die Anbindung zu verbessern und die Konnektivität entsprechend der globalen Entwicklung sicherzustellen; |
Nachhaltige Entwicklung und Nutzung strategischer Ressourcen
29. |
betont die Bedeutung der Arktis für die Energiesicherheit der EU, besteht nachdrücklich auf einer nachhaltigen, wissenschaftlich fundierten Nutzung der Energieressourcen in der Arktis und weist auf die Notwendigkeit einer besseren Politik für in der EU erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen und Energieeffizienz hin, durch die die Abhängigkeit der EU von externen Quellen erheblich verringert und dadurch ihre Position in Bezug auf die Sicherheit verbessert wird; betont, dass Maßnahmen für den Klimaschutz ergriffen werden müssen, indem die Ziele des Übereinkommens von Paris weiter angestrebt werden; |
30. |
stellt fest, dass sich durch die zunehmende Zugänglichkeit der riesigen Kohlenwasserstoffvorkommen in der Arktis infolge des Klimawandels und der daraus resultierenden Abnahme der Eismassen die geostrategische Bedeutung der Region verändert, was sich möglicherweise auf die internationale Stabilität auswirken wird; fordert die Staaten in der Region auf, weiterhin alle gegenwärtigen oder künftigen Konflikte wegen des Zugangs zu natürlichen Ressourcen in der Arktis im Wege eines konstruktiven Dialogs gemäß dem Völkerreicht, insbesondere dem SÜR, und im Geiste der Erklärung von Ilulissat von 2008 zu lösen; |
31. |
erkennt das Risiko der Erdöl- und Erdgasförderung in der Arktis für die Umwelt an; betont, dass bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Arktis, insbesondere bei der Exploration und Gewinnung natürlicher Ressourcen in der Arktis, das Völkerrecht sowie entsprechende internationale Übereinkommen und Rollen, sowie strenge vorbeugende Umweltstandards eingehalten werden sollten, und fordert die Festlegung strenger Anforderungen für die Exploration und den Abbau neuer Kohlenwasserstoffvorkommen in der Region; ist in diesem Zusammenhang angesichts der Bestrebungen, insbesondere vonseiten Russlands und von Privatunternehmen aus anderen Ländern, besorgt, weitreichende und mit erheblichen Auswirkungen verbundene Erschließungsprojekte ohne angemessene Prüfung der Umweltfolgen zu verfolgen; fordert daher alle Anrainerstaaten in der Arktis nachdrücklich auf, für eine angemessene vorab durchgeführte Bewertung der Umweltauswirkungen von Erschließungsprojekten zu sorgen, und betont, wie wichtig es ist, Regulierungsstandards einzuhalten; |
32. |
betont, dass der Umweltschutz und der Umgang mit von Menschen verursachter Verschmutzung ein zentrales Ziel in der Arktis sein sollten; rät davon ab, die Ressourcen in der Arktis auszubeuten, wenn es wissenschaftlich erwiesen ist, dass dadurch für das Ökosystem in der Arktis und darüber hinaus ein nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht; |
33. |
begrüßt die Anstrengungen des Arktischen Rates gegen Umweltverschmutzung in der Arktis und fordert die EU auf, diesbezüglich eine aktive Rolle zu spielen und Unterstützung zu leisten; |
34. |
ist zutiefst besorgt über die jüngste Umweltkatastrophe, die durch das russische Unternehmen Nornickel verursacht wurde und zur größten Ölpest im Polargebiet der Arktis geführt hat, aber auch über giftige Abwässer, die aus einem Klärbecken in die Tundra geleitet werden, und über anderen Leckagen, die regelmäßig auftreten, in amtlichen Statistiken jedoch nicht auftauchen; begrüßt die Gerichtsentscheidungen, Bußgelder gegen das für die Umweltkatastrophe verantwortliche Unternehmen zu verhängen, bringt jedoch gleichzeitig seine Besorgnis über den eingeschränkten Zugang von Journalisten und Sachverständigen zu den Unfallorten zum Ausdruck und fordert die russischen Staatsorgane auf, transparente und wirksame Verfahren zur Meldung und Verfolgung solcher Umweltkatastrophen zu entwickeln; bedauert, dass sich solche Unfälle häufig auf dem Land indigener Völker ereignen, was dazu führt, dass sie ihre traditionelle Lebensweise aufgeben müssen; fordert die EU auf, Umweltschützer und Journalisten, die solche Fälle untersuchen, zu unterstützen und ihre eigenen Instrumente wie Copernicus einzusetzen, um solche Fälle der Umweltverschmutzung in der Arktis zu verfolgen und eine gründliche Bewertung der ökologischen und menschlichen Folgen einer ausschließlich gewinnorientierten Ausbeutung vorzunehmen; unterstützt die Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten der Arktis bei der Entwicklung von Systemen der raschen Reaktion auf Umweltkatastrophen, insbesondere Ölverschmutzung, in Echtzeit; |
35. |
bedauert, dass russische Unternehmen ihre Investitionen in den Umweltschutz und Produktionsanlagen weiterhin auf ein absolutes Minimum reduzieren, um so schnell wie möglich den größtmöglichen Gewinn zu erzielen, was zu anhaltenden Emissionen toxischer Stoffe in die Atmosphäre führt, die nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die meisten Städte in der Arktis wie Norilsk haben, weshalb diese zu den am stärksten verschmutzten Städten der Welt gehören; |
36. |
ist der Meinung, dass die Arktis im Rahmen der Europäischen Rohstoffallianz eine zentrale Rolle spielen sollte, um die EU-Fördermengen kritischer Mineralien zu erhöhen, bei Metallen der Seltenen Erden weniger abhängig von China zu sein und Möglichkeiten eines ökologischen Wirtschaftswachstums auszubauen, was der Schlüssel für die weitere Entwicklung grüner Technologie und den Kampf gegen den Klimawandel ist, der die größte Bedrohung für die Region darstellt; ist der Ansicht, dass Entscheidungen der lokalen Behörden über den Abbau von Bodenschätzen transparent getroffen werden sollten; begrüßt Initiativen eines nachhaltigen Bergbaus und der Verringerung der Kohlendioxidemissionen in der europäischen Arktis, beispielsweise das weltweit erste Projekt zur Erzeugung von Eisen ohne Einsatz fossiler Energiequellen oder das HYBRIT-Projekt, das der steigenden Nachfrage nach Stahl und den Bedürfnissen einer zunehmend elektrifizierten Gesellschaft Rechnung trägt; |
37. |
stellt fest, dass die Arktis reich an Bodenschätzen ist, und betont, dass die europäische Arktis eine wichtige Rolle für die Rohstoffversorgung der EU spielt, da unter anderem wesentliche Ressourcen, Technologien und entsprechendes Know-how benötigt werden, um einen grünen und digitalen Wandel herbeizuführen; stellt fest, dass die meisten kritischen Rohstoffe der EU in der Arktis liegen, durch die bei einer ordnungsgemäßen und nachhaltigen Bewirtschaftung die Autonomie der EU gestärkt werden könnte; nimmt den Umstand zur Kenntnis, dass einer der Gründe, weswegen Peking die Kontrolle über die Vorkommen in der Arktis erlangen möchte, in dem Wunsch liegt, eine beherrschende Stellung in Bezug auf die Lieferketten von lebenswichtigen Ressourcen und Schlüsselkomponenten für neue Technologien beizubehalten; |
38. |
fordert eine Verbesserung der Zugänglichkeit zur digitalen Infrastruktur in der Arktis, damit unternehmerisches Handeln und Innovationen gefördert werden und die wirtschaftliche Entwicklung diversifiziert wird; betont, wie wichtig es ist, die Nutzung erneuerbarer Energien in abgelegenen arktischen Gemeinden zu fördern; fordert weitere Anstrengungen im Hinblick auf innovative Energielösungen und den damit verbundenen Kapazitätsaufbau in der Arktis, die auf den Klimaschutz abzielen, wobei den gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen ist; unterstreicht die strategische Bedeutung der Unterseekabel im Nordatlantik, die für über 95 % der internationalen Telekommunikation genutzt werden; weist erneut darauf hin, wie wichtig eine verstärkte transatlantische Zusammenarbeit für den Schutz und die Sicherstellung der Einhaltung der internationalen Instrumente zur Regelung von Unterseekabeln ist, auch was das VN-Seerechtsübereinkommen betrifft; hebt die Rolle hervor, die die Arktis mit ihrem klimatischen und geografischen Wettbewerbsvorteil bei der digitalen Vernetzung zwischen Nordamerika, Europa und Asien sowie als Standort für die Datenspeicherung spielt; stellt fest, dass neue digitale Autobahnen mithilfe der erweiterten Systeme von Lichtleitkabeln und der entsprechenden Infrastruktur auch eine bessere digitale Anbindung der Gemeinden in der Arktis sowie Gesundheits- und Sozialdienste (z. B. Telegesundheitsdienste), Bildungsangebote per Internet und einen insgesamt leichteren Zugang zur Weltwirtschaft ermöglichen dürften; |
39. |
räumt ein, dass in der Arktis zu wenig Investitionen getätigt werden; ist davon überzeugt, dass die EU zur nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zum Nutzen der Gemeinschaften in der Arktis beitragen kann, insbesondere in den Bereichen Energie, Verkehr und Infrastruktur; ist der Auffassung, dass es in den arktischen Regionen innovative Wirtschaftszweige gibt, die für eine nachhaltige Entwicklung von wesentlicher Bedeutung sind; |
40. |
betont, dass große Entfernungen, dünn besiedelte Gebiete, harte klimatische Bedingungen und demografische Ungleichgewichte dazu führen, dass der Verbesserung der Konnektivität, Zugänglichkeit und Integration von Gemeinden durch Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Verkehrsinfrastrukturen (Schienen-, See-, Land- und Luftwege) eine entscheidende Bedeutung zukommt, wenn die Produktivität und der Handel innerhalb der Arktis und mit der Außenwelt verbessert werden sollen; vertritt die Auffassung, dass durch eine bessere Verkehrs- und Breitbandanbindung auch die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Mobilität von Arbeitnehmern und Studenten sowie der weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit ausgebaut werden; hebt den Nutzen ortsbezogener Instrumente wie der Strategien für intelligente Spezialisierung und der territorialen Zusammenarbeit zwecks maßgeschneiderter nachhaltiger Investitionen in der Arktis hervor und ist davon überzeugt, dass diese EU-Maßnahmen weiterentwickelt und mit der Arktis-Politik der EU verknüpft werden sollten; fordert die Einrichtung einer besonderen Investitionsplattform, in deren Rahmen eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft der EU und den Volkswirtschaften in der Arktis erleichtert würde, was in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank und dem Europäischen Investitionsfonds erfolgen soll; |
41. |
weist auf die Rolle der Privatwirtschaft bei der Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die Arktis hin; fordert die Kommission auf, Investitionen europäischer Unternehmen in Schlüsselbranchen wie die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, die Logistik und den Ausbau des Stromnetzes zu unterstützen und gleichzeitig Investitionsmöglichkeiten im Rahmen der Investitions- und Finanzierungsinstrumente der EU zu ermitteln, um europäischen Unternehmen den Zugang zum arktischen Markt zu erleichtern; betont, wie wichtig Handel und Investitionen in die digitale Infrastruktur, Innovationen und die wirtschaftliche Entwicklung in der Arktis im Rahmen einer engeren Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Wissenschaft und Wirtschaft sind; fordert die EU auf, technische Handelshemmnisse abzubauen und ihre Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft zu stärken, und spricht sich für eine weitere Unterstützung des Arktischen Wirtschaftsrates aus; betont, dass Unternehmen, die in der EU ansässig bzw. tätig sind, die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte bei all ihren Geschäftstätigkeiten mit der und Beziehungen zur Arktisregion strikt einhalten und für wirksame Due-Diligence-Prozesse im Bereich der Menschenrechte und der Umwelt Sorge tragen müssen; fordert diese Unternehmen auf, wirksame, sinnvolle und in voller Kenntnis der Sachlage durchgeführte Konsultationen in allen Phasen des Verfahrens sowohl mit betroffenen als auch mit potenziell betroffenen Interessenträgern, darunter mit Indigenen, sicherzustellen; betont, dass Wirtschaftstätigkeiten in der Arktis nachhaltig sein und ihre Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf den Klimawandel, sowie ihre sozialen Auswirkungen berücksichtigt werden sollten; betont, dass die nachhaltige regionale Entwicklung zugunsten der Menschen, die in der Arktis leben, Tätigkeiten mit niedrigem CO2-Ausstoß, Kenntnisse und die Kreislaufwirtschaft weiter gefördert werden müssen; |
42. |
unterstützt grundsätzlich die im Übereinkommen zur Fischerei im zentralen Nordpolarmeer zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass natürliche Ressourcen nur genutzt werden sollten, wenn hinreichende Gewissheit darüber besteht, dass kein Schaden für die Umwelt entsteht, und betont, wie wichtig es ist, bei der Fischerei in der Arktis und der Subarktis in allen Phasen einen Vorsorgeansatz zu verfolgen; betont, wie wichtig Maßnahmen zur Bestandsbewirtschaftung auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten sind, um langfristige Nachhaltigkeit zu gewährleisten; stellt fest, dass sich die Arktisanrainerstaaten auf einen Rahmen für die Verwaltung der Tätigkeiten in der Arktis geeinigt haben, einschließlich der Verpflichtung, Streitigkeiten wegen konkurrierender Ansprüche auf Meeresgebiete beizulegen; unterstützt bestehende regionale Fischereiorganisationen und weltweit geltende Abkommen in Bezug auf Fischerei, Schifffahrt und Meeresumwelt; betont, dass die EU im Einklang mit dem VN-Seerechtsübereinkommen an der Bestandsbewirtschaftung beteiligt werden sollte; |
43. |
stellt fest, dass ein Großteil der Fischeinfuhren der EU aus der Arktis stammen, und ist sich der Tatsache bewusst, dass sich die Fischereistreitigkeiten verschärfen dürften, die unter anderem auf die Erschöpfung der Bestände in einigen Gebieten und ihre zum Teil durch den Klimawandel bedingte Abwanderung in andere Gebiete zurückzuführen sind; begrüßt daher die Unterzeichnung des Übereinkommens zur Fischerei im zentralen Nordpolarmeer, mit dem eine nachhaltige Entwicklung in der Arktis erzielt werden soll und ein Vorsorgeansatz im Fischereimanagement in den Hochseegebieten des zentralen Nordpolarmeers eingeführt wird, und fordert ein rasches Inkrafttreten des Übereinkommens; erkennt die Bedeutung der Erklärung von Oslo für die Verwirklichung dieses verbindlichen Abkommens an, mit dem eine unregulierte Hochseefischerei im zentralen Nordpolarmeer verhindert werden soll; begrüßt die Beteiligung von Vertretern von indigenen Organisationen an den Delegationen; bedauert jedoch, dass sie dabei ebenso wie nichtstaatliche Organisationen ausschließlich einen Beobachterstatus erhielten; |
Unterstützung lokaler Gemeinschaften und Wahrung der Rechte indigener Völker
44. |
begrüßt die bereits erzielten Erfolge, weist jedoch darauf hin, dass die Durchschnittswerte der Arktis in den meisten nordischen Ländern nach wie vor schlechter als die nationalen Durchschnittswerte ausfallen, was Armut, eine geringe Lebenserwartung und die sehr begrenzte menschliche und wirtschaftliche Entwicklung betrifft; ist sich der Tatsache bewusst, dass sich der technologische Wandel und der Klimawandel auf die herkömmliche Lebensweise und den Lebensstil indigener Völker auswirken, und bekräftigt daher seine Forderung, dass alle Gemeinschaften und Einwohner der Arktis, die über Ortskenntnisse und praktisches Wissen verfügen, und insbesondere die indigenen Völker aktiv einbezogen werden, wenn es um entwicklungspolitische Entscheidungen geht; unterstützt in diesem Zusammenhang nachdrücklich die vollständige und wirksame Umsetzung von Artikel 19 der UNDRIP, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit, die freie, vorherige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung der indigenen Völker einzuholen, bevor Gesetzgebungs- oder Verwaltungsmaßnahmen angenommen oder umgesetzt oder Entwicklungsprojekte gestartet werden, die sich auf sie auswirken könnten; |
45. |
erkennt an, dass die Auswirkungen des schmelzenden Eises und der milderen Temperaturen indigene Bevölkerungsgruppen vertreiben und damit deren Lebensweise bedrohen; erkennt den Wunsch der Bewohner und der Regierungen im Arktischen Raum, die hoheitliche Rechte und Pflichten haben, an, die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung fortzusetzen und gleichzeitig die traditionellen Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerungsgruppen und die sehr sensible Natur des arktischen Ökosystems unter Berücksichtigung ihrer Erfahrungen bei der nachhaltigen Nutzung und der Entwicklung der verschiedenen Ressourcen in der Region zu schützen; |
46. |
betont, dass die Kultur, die Traditionen und die Sprachen indigener Völker erhalten werden müssen, indem Programme zum Kapazitätsaufbau aufgelegt werden, um das Bewusstsein für die Vielfalt, die Geschichte und die Rechte der indigenen Völker zu schärfen, und zwar nicht nur bei indigenen Jugendlichen, sondern auch bei den anderen Bevölkerungsgruppen in der gesamten Region; fordert die EU-Delegationen in den Anrainerstaaten der Arktis auf, einen echten und inklusiven Dialog mit indigenen Völkern auf nationaler und regionaler Ebene aufzunehmen und als Anlaufstellen für Anliegen der indigenen Völker zu fungieren; betont, dass das Personal dieser EU-Delegationen in Bezug auf die Rechte indigener Völker geschult werden muss, wie dies im Rahmen der UNDRIP bekräftigt wurde; begrüßt die zunehmende Anerkennung der Rechte indigener Völker in der Außenpolitik der EU; fordert eine stärkere Kohärenz zwischen der internen und externen Arktispolitik der EU in diesem Bereich; |
47. |
bekräftigt seine Forderung, dass alle Bewohner der Arktis, die über Ortskenntnisse und praktisches Wissen verfügen, und insbesondere die indigenen Völker aktiv einzubeziehen sind, wenn es um entwicklungspolitische Entscheidungen geht; |
48. |
äußert sein Bedauern über die Bemühungen der russischen Regierung, die Zivilgesellschaft zu gängeln, was sich sehr negativ auf indigene Völker auswirkt, da dadurch die Autonomie ihrer Vertretungen und Partnerschaften in internationalen Foren eingeschränkt und der Zugang zu externen Mitteln blockiert wird; stellt fest, dass andere nichtstaatliche Organisationen, darunter Umweltaktivisten, in ähnlicher Weise davon betroffen sind; |
49. |
weist darauf hin, dass bei allen Tätigkeiten in der Arktis, einschließlich der Bewirtschaftung und der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen der Arktis, die Rechte der indigenen Bevölkerung und anderer Bewohner geachtet werden und diese Personengruppen auch davon profitieren sollten; spricht sich in dieser Hinsicht für eine Stärkung der Beziehungen zwischen in der Arktis tätigen Unternehmen und den lokalen Gemeinschaften aus, um Wirtschafts- und Forschungsmöglichkeiten sowie Arbeitsplätze zu schaffen und eine nachhaltige Entwicklung der Ressourcen zu fördern, und unterstützt die Umsetzung von Normen wie dem Investitionsprotokoll für die Arktis und der Initiative „Global Compact“ der Vereinten Nationen; erinnert an die bestehenden internationalen Instrumente, mit denen die Hoheitsbefugnisse, Rechte und Pflichten der Staaten für die Bewirtschaftung und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen festgelegt werden, und besteht darauf, dass diese Instrumente weiterhin uneingeschränkt geachtet werden; betont, wie wichtig es ist, die Zusammenarbeit zwischen den Menschen, den Zugang zu Bildung und Geschäftsmöglichkeiten sowie die Unterstützung junger Menschen in der Arktis sicherzustellen; |
50. |
betont, wie wichtig es ist, auf die Wünsche, Bedürfnisse und Probleme der örtlichen Bevölkerung einzugehen, vor allem was die Zusammenarbeit zwischen den Menschen, die Konnektivität, den Zugang zum Internet, Bildung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung, insbesondere für junge Menschen und marginalisierte Gruppen, anbelangt; betont, dass bei der aktualisierten Arktis-Politik eine ehrgeizige geschlechtsspezifische Dimension berücksichtigt werden muss; fordert, dass die Finanzierung von Programmen wie „North2North“ und anderer Mobilitätsprogramme, die sich speziell an junge Menschen in der Arktis richten, aufgestockt wird und dass mehr Unterstützung und Ressourcen aufgewendet werden, um den Menschen in der Arktis dabei zu helfen, sich an die tiefgreifenden Veränderungen infolge des Klimawandels anzupassen; |
51. |
fordert alle Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, erneut auf, das IAO-Übereinkommen Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker unverzüglich zu ratifizieren; |
Wissenschaft und Wissen
52. |
fordert die Anrainerstaaten der Arktis auf, ihren Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt nachzukommen, insbesondere was die In-situ-Erhaltung betrifft; fordert alle Staaten auf, dafür zu sorgen, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften in der Arktis in die Beratungen und Entscheidungsprozesse der einschlägigen internationalen Foren für Diplomatie in den Bereichen Klima und Biodiversität einbezogen werden; unterstützt die Empfehlung der indigenen Völker, direkten Zugang zu Mitteln des globalen Klimaschutzfonds für ihre Initiativen zur nachhaltigen Eindämmung des und Anpassung an den Klimawandel zu erhalten; |
53. |
hebt die wichtigen Beiträge der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Polarwissenschaft hervor, die sich als notwendig erweisen werden, um die globalen und lokalen Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen, sowie die Bedeutung von Wissen als Fundament für politische Entscheidungen und die nachhaltige Entwicklung in der Arktis; bekräftigt die Forderung der 14. Konferenz der Parlamentarier des arktischen Raums, die Wissensbasis zu stärken und die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit einer neuen Initiative für ein internationales Polarjahr zu verbessern; unterstützt die internationalen Bemühungen um Wissenschaft, Wissen und Innovation mit einer arktischen Dimension sowie die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung in der Arktis, wie etwa den Abschluss und die Umsetzung des Abkommens zur Verbesserung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit in der Arktis; |
54. |
stellt fest, dass die EU über Programme wie Horizont 2020 ein wichtiger Geldgeber in der Arktisforschung war; betont, dass die EU-Mittel für Forschung und Entwicklung in der Arktis erhöht werden müssen; fordert, dass die arktisbezogene Forschung und Innovation, auch im Rahmen von Horizont Europa, besser bekannt gemacht und koordiniert werden; ersucht die Kommission darum, einen umfassenden Überblick über die EU-Mittel für die Region und die arktischen Komponenten der Querschnittsprogramme der EU vorzulegen, und fordert die EU nachdrücklich auf, einen ehrgeizigen, zukunftsorientierten und ökologisch nachhaltigen Investitionsplan für die Arktis umzusetzen; ist der Überzeugung, dass mit einem solchen Plan die Finanzierung in Schlüsselbereichen wie der wissenschaftlichen Forschung aufgestockt und mehr Geld für Forschung, Entwicklung und Innovation, Raumfahrt, digitale Infrastruktur und Verkehrsinfrastruktur, Weltraumtechnologien, nachhaltige Schifffahrt, die nachhaltige Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen, erneuerbare Energieträger und andere CO2-arme Tätigkeiten sowie den Tourismus in der Arktis bereitgestellt werden sollte; betont, dass die Synergieeffekte zwischen den bestehenden Finanzierungsinstrumenten verstärkt werden müssen, damit etwaige Überschneidungen verhindert werden und eine möglichst große Wechselwirkung zwischen internen und auswärtigen EU-Programmen erzielt wird; |
55. |
stellt fest, dass die Arktis ein enormes Potenzial für Innovation und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen bietet, wobei Verfahren entwickelt werden, die anschließend weltweit umgesetzt werden können, und dass sich die Arktis als Testumfeld unter anderem für Geothermie-, Windkraft- und Wasserkraftprojekte, die CO2-freie Stahlerzeugung und eine umweltfreundlichere Batterieherstellung erweist; würdigt den Beitrag der Weltraumprogramme der EU wie Copernicus, Galileo, der Europäischen Erweiterung des geostationären Navigationssystems und der Satellitenkommunikation für den Umweltschutz, die maritime Sicherheit und die Sicherheit der Menschen in der Arktis, mit denen unter anderem die Überwachung der Eisentwicklung, die nachhaltige Bewirtschaftung der Meeresressourcen, die Erkennung von Umweltverschmutzung, Notfallwarnsysteme, die Identifizierung und Nachverfolgung von Bewegungen im Seeverkehr sowie Such- und Rettungsdienste ermöglicht werden; unterstützt kontinuierliche Investitionen in den Ausbau dieser Fähigkeiten und empfiehlt ihre Anwendung in der Arktis in Zusammenarbeit und unter der Führung der Arktisanrainerstaaten, die Mitglieder der EU oder der NATO sind; |
Mehr EU in der Arktis, mehr Arktis in der EU
56. |
begrüßt, dass 2017 ein Sondergesandter für arktische Angelegenheiten ernannt wurde; unterstützt die Verlängerung seines Mandats und würdigt die Arbeit des derzeitigen Sondergesandten; fordert die Kommission und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) mit Nachdruck auf, die dienststellenübergreifende Zusammenarbeit und die Kohärenz zwischen den verschiedenen Programmen und Investitionen in der Arktis zu verbessern und die Ambitionen der Politik der EU für die Arktis auch durch eine angemessene Mittelausstattung zum Ausdruck zu bringen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine eigene Arbeitsgruppe einzurichten, die sich umfassend mit Nordeuropa und der Arktis befasst; stellt fest, dass die interne Koordinierung der EU in arktischen Angelegenheiten sowohl auf der Ebene der Arbeitsgruppen der Kommission als auch zwischen den einschlägigen EU-Agenturen gestärkt werden sollte; legt der Kommission nahe, einen ihrer Vizepräsidenten mit Koordinierungsaufgaben für die Arktispolitik zu betrauen, damit keine doppelten Zuständigkeiten entstehen; fordert den Rat auf, eine Arbeitsgruppe zu Nordeuropa und der Arktis einzurichten, sowie den EAD, ein ähnliches Referat innerhalb seiner Strukturen einzurichten; ist der Ansicht, dass die Rolle des Parlaments bei der Formulierung und Umsetzung der Politik der EU für die Arktis gestärkt und der Arktis im Parlament einen größeren Stellenwert eingeräumt werden sollte, auch indem eine eigens benannte interparlamentarische Delegation mit besonderer Zuständigkeit für die Zusammenarbeit in der Arktis eingerichtet wird; fordert eine breiter angelegte Debatte über arktische Angelegenheiten in den anderen EU-Organen und in den Mitgliedstaaten; |
57. |
ist der Überzeugung, dass die Wirksamkeit der derzeitigen politischen Maßnahmen der EU anhand des Verfahrens der Konsultation zur neuen Politik der EU für die Arktis bewertet werden sollte; |
58. |
vertritt die Auffassung, dass sich die EU als globaler Akteur aktiv am politischen Dialog beteiligen, auf die wachsende strategische Bedeutung der Arktis reagieren und ihre Aufgabe als anerkannter und glaubwürdiger Akteur in der Arktis auch künftig wahrnehmen sollte, wobei sie der einzigartigen Palette an bestehenden Konsultationsforen für die Arktis und den erfolgreichen Mechanismen des Governance-Rahmens Rechnung tragen sollte; ist davon überzeugt, dass die EU als ehrlicher Vermittler Stabilität und Wohlstand in der Region fördern kann; fordert die EU auf, den Dialog und vertrauensbildende Maßnahmen in den bestehenden multilateralen Rahmen fortzusetzen und die Arktis als Priorität in die Globale Strategie der Europäischen Union aufzunehmen; fordert ferner eine arktisspezifische Konnektivitätspolitik (Digitalisierung, Navigation, Logistik, Verkehr); ist der festen Überzeugung, dass der europäische Grüne Deal insbesondere durch eine verstärkte Investitionsagenda für nachhaltiges Wachstum und innovative Initiativen vor Ort eine dringend benötigte langfristige Antwort auf die wachsenden Herausforderungen des Klimawandels bietet und erheblich zur Lösung der strategischen Energieabhängigkeit der EU beitragen wird; fordert vor diesem Hintergrund die Einbeziehung der Politik der EU für die Arktis in den europäischen Grünen Deal, in die Strategische Agenda der EU 2019–2024, in die Globale Strategie der EU, in die Konnektivitätsstrategie der EU und in die Biodiversitätsstrategie der EU; |
59. |
betont, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten weiterhin konstruktive Beziehungen zu allen außereuropäischen Staaten des arktischen Raums unterhalten müssen und die EU bei ihrer Zusammenarbeit mit den indigenen Völkern der Arktis einen rechtegestützten Ansatz verfolgen und fördern muss; erachtet es als wichtig, dass die der EU angehörigen Arktisanrainerstaaten in größerem Umfang Informationen über die aktuellen Herausforderungen in der Region austauschen, ihre Fähigkeiten im Bereich der hybriden Kriegsführung verbessern, weiter in die Verteidigung investieren, die Kohärenz hinsichtlich der derzeitigen Tätigkeiten in der Arktis verbessern und gemeinsam Fähigkeiten zu Wasser und in der Luft entwickeln; legt der EU und ihren Mitgliedstaaten nahe, bei arktischen Angelegenheiten in regionalen und internationalen Foren enger zusammenzuarbeiten, und fordert die EU auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften stärker in die Ausarbeitung ihrer die Region betreffenden politischen Maßnahmen einzubeziehen; |
60. |
ist der Ansicht, dass eine stärkere Abstimmung auf EU-Ebene sowie Konsultationen mit den EWR-Ländern, den USA und Kanada sowie dem Vereinigten Königreich, Japan, der Republik Korea, Indien und anderen Partnern, die sich für die Wahrung der friedlichen Zusammenarbeit und die Freiheit der Schifffahrt in der Arktis einsetzen und mögliche Synergieeffekte optimal nutzen wollen, die beste Antwort auf die zunehmende chinesisch-russische Zusammenarbeit in der Arktis sind; |
61. |
nimmt die Initiative der USA für die Sicherheit in der Arktis („Arctic Security Initiative“ — ASI) und den Politischen Rahmen Kanadas für die Arktis und den Norden zur Kenntnis und fordert die EU auf, mit ihren gleichgesinnten Verbündeten dort, wo es zweckmäßig ist, zusammenzuarbeiten, um für eine angemessene Koordinierung in der Region zu sorgen; fordert in diesem Zusammenhang einen soliden Dialog zwischen der EU und der Arktis, um die Umsetzung der Politik der EU für die Arktis voranzubringen; |
62. |
ist der Ansicht, dass Sicherheitsprobleme in der Arktis ebenfalls Teil der Konsultationen und der Zusammenarbeit mit der NATO sein sollten, die den NATO-Russland-Rat als Rahmen zur Klärung von Missverständnissen, zum Abbau von Spannungen und zur Prävention von Krisen nutzen kann; erkennt an, wie wichtig Überwachungs- und Aufklärungsoperationen in der Region und die Einrichtung von Mechanismen zur Verbesserung des Informationsaustauschs sind; vertritt die Auffassung, dass die Transparenz militärischer Aktivitäten in der Region erhöht werden könnte, wenn militärische Übungen in der Arktis vorab bekannt gegeben würden; |
63. |
stellt fest, dass der Hohe Norden in den Zuständigkeitsbereich des Obersten Alliierten Befehlshabers der NATO in Europa fällt und die Zusammenarbeit mit der NATO notwendig ist, um ein allumfassendes Sicherheitskonzept für die Arktis zu schaffen; begrüßt vor diesem Hintergrund die Schlussfolgerungen der Reflexionsgruppe, die vom Generalsekretär der NATO damit beauftragt wurde, einen vorausschauenden Reflexionsprozess vorzunehmen, um Möglichkeiten zu bewerten, wie die politische Dimension des NATO-Bündnisses gestärkt werden kann, wobei die NATO zugleich ihre Lageerfassung im gesamten Hohen Norden und in der Arktis verbessern und eine Strategie ausarbeiten sollte, die allgemeineren Abschreckungs- und Verteidigungsplänen Rechnung trägt, wozu auch Bestimmungen für die Reaktion auf aggressive Handlungen seitens staatlicher Akteure gehören; |
64. |
stellt fest, dass bei der Übung „Trident Juncture“ im Jahr 2018, die gezeigt hat, dass die NATO in der Arktis, insbesondere im Hohen Norden (in der Norwegischen See und der Barentssee), operativ tätig ist, ein Höchstmaß an Transparenz sichergestellt wurde; fordert alle Parteien, die in der Arktis militärisch aktiv sind, auf, Verfahren einzuhalten, die mit internationalen Verpflichtungen, darunter mit dem Wiener OSZE-Dokument, im Einklang stehen, sodass Risiken gemindert, mögliche Missverständnisse geklärt und Absichten transparenter werden; |
65. |
unterstützt die Bemühungen um Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber potenziellem Druck vonseiten Chinas oder anderer Akteure, die umweltfreundlichen und nachhaltigen Methoden der Gewinnung von Bodenschätzen unter Einhaltung internationaler Normen und der Übereinkommen der Vereinten Nationen keinen Vorrang einräumen; fordert die East StratCom Task Force des EAD auf, Kampagnen zu beobachten, durch die die Entscheidungsfindung in Bezug auf die Gewinnung von Bodenschätzen in der Region beeinflusst werden sollen; |
66. |
betont, dass die EU und die USA gemeinsam die Sicherheit und Stabilität in der Arktis voranbringen müssen, indem sie investieren und ihre ständige wissenschaftliche Präsenz in der Region ausbauen; |
67. |
fordert, dass die Arktis in den Beratungen über den Strategischen Kompass der EU berücksichtigt wird, und betont, dass man sich beim Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee und bei den Sitzungen des Rates regelmäßig mit der Entwicklung in der Arktis befassen sollte; fordert einen regelmäßigeren Meinungsaustausch über arktische Angelegenheiten, zumal dies ein wichtiger Bereich der Konsultationen zwischen EU und NATO darstellt; |
68. |
fordert eine bessere Erkennbarkeit der EU in der Arktis und die Einleitung eines verstärkten politischen Dialogs über die bilaterale Zusammenarbeit mit den Färöern und Grönland durch die EU, wobei die EU zusammen mit den dänischen Behörden die Möglichkeit prüfen sollte, EU-Büros in Grönland und auf den Färöern einzurichten; |
69. |
fordert, dass die Ziele der neuen Strategie für die Arktis in den EU-Programmen mit eigener Finanzierung, Vorhaben und einschlägigen Rechtsvorschriften sowie in der Arbeit der entsprechenden EU-Agenturen zum Ausdruck kommen; |
70. |
ist der Ansicht, dass die EU-Meeresstrategie aktualisiert werden sollte, um den neuen Chancen und Herausforderungen Rechnung zu tragen; vertritt die Auffassung, dass ähnliche Bewertungen und Überprüfungen in Bezug auf andere Politikbereiche der EU und auch in der EU-Weltraumpolitik durchgeführt werden sollten, um die Ausweitung bestehender Satellitenprogramme auf die spezifischen Bedürfnisse der Arktis zu bewerten, wozu auch gehört, Umweltverschmutzung mithilfe von Copernicus nachzuverfolgen; |
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71. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu übermitteln. |
(1) ABl. C 9 E vom 15.1.2010, S. 41.
(2) ABl. C 136 E vom 11.5.2012, S. 71.
(3) ABl. C 378 vom 9.11.2017, S. 174.
(4) ABl. C 263 vom 25.7.2018, S. 136.
(5) ABl. C 118 vom 8.4.2020, S. 32.
(6) ABl. C 232 vom 16.6.2021, S. 28.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/129 |
P9_TA(2021)0414
Erfahrungswerte im Zusammenhang mit dem Schutz von Menschen mit Behinderungen durch Petitionen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu den Erfahrungswerten im Zusammenhang mit dem Schutz von Menschen mit Behinderungen durch Petitionen (Petitionen Nr. 2582/2013, 2551/2014, 0074/2015, 0098/2015, 1140/2015, 1305/2015, 1394/2015, 0172/2016, 0857/2016, 1056/2016, 1147/2016, 0535/2017, 1077/2017, 0356/2018, 0367/2018, 0371/2018, 0530/2018, 0724/2018, 0808/2018, 0959/2018, 0756/2019, 0758/2019, 0954/2019, 1124/2019, 1170/2019, 1262/2019, 0294/2020, 0470/2020, 0527/2020, 0608/2020, 0768/2020, 0988/2020, 1052/2020, 1139/2020, 1205/2020, 1299/2020, 0103/2021 und weitere) (2020/2209(INI))
(2022/C 132/11)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf die Petitionen, die zu den im Titel dieser Entschließung skizzierten Angelegenheiten im Zusammenhang mit Behinderungen eingegangen sind, und auf die Beschlüsse des Petitionsausschusses zu diesen Petitionen, |
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gestützt auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union, |
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gestützt auf die Artikel 19, 48, 67 Absatz 4, 153, 165, 168 und 174 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), |
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unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „die Charta“), insbesondere die Artikel 3, 21, 24, 26, 34, 35, 41 und 47, |
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unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere die Grundsätze 1, 3, 10 und 17, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Folgenden „das Übereinkommen“ und dessen Inkrafttreten am 21. Januar 2011 gemäß dem Beschluss 2010/48/EG des Rates vom 26. November 2009 über den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft (1), |
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unter Hinweis auf die allgemeinen Bemerkungen zu dem Übereinkommen als maßgebliche Leitlinien für dessen Umsetzung, |
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unter Hinweis auf den Verhaltenskodex zwischen dem Rat, den Mitgliedstaaten und der Kommission zur Festlegung interner Regelungen für die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Union und für die Vertretung der Europäischen Union in Bezug auf das Übereinkommen (2), |
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unter Hinweis auf die abschließenden Bemerkungen, die der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen am 2. Oktober 2015 zum ersten Bericht der Europäischen Union abgegeben hat, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, |
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unter Hinweis auf die strategische Untersuchung des Europäischen Bürgerbeauftragten zu der Frage‚ wie die Europäische Kommission sicherstellen kann, dass Menschen mit Behinderungen auf ihre Websites zugreifen können, |
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unter Hinweis auf die Maßnahme des Rates zur Schaffung des überarbeiteten Rahmens der EU gemäß Artikel 33 Absatz 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, |
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unter Hinweis auf die strategische Untersuchung des Europäischen Bürgerbeauftragten zu der Frage, wie die Kommission die Unionsmittel überwacht, die zur Förderung des Rechts von Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben verwendet werden, |
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unter Hinweis auf den Grundrechtebericht 2020 der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, |
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unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses mit dem Titel „Gestaltung der EU-Agenda für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2020–2030“ vom 11. Dezember 2019, |
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unter Hinweis auf den Geschlechtergleichstellungsindex 2020 des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen, |
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unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (3), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (4), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (5), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (6), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates (7), |
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unter Hinweis auf die Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (8), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. März 2021 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030“ (COM(2021)0101), |
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unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (COM(2008)0426, „Antidiskriminierungsrichtlinie“) und auf den diesbezüglichen Standpunkt des Parlaments vom 2. April 2009 (9), |
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unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 4. Juni 1998 über einen Parkausweis für Behinderte (10), |
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unter Hinweis auf die Empfehlung (EU) 2021/1004 des Rates vom 14. Juni 2021 zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder (11), |
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unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 27. November 2020 mit dem Titel „Evaluierung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010–2020“ (SWD(2020)0291), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen (12), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Juni 2020 zu der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020 (13), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2020 zu den Rechten von Menschen mit geistiger Behinderung und von ihren Familien in der COVID-19-Krise (14), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. April 2021 zu der Europäischen Garantie für Kinder (15), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2021 zu der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf unter Berücksichtigung der VN-BRK (16), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. November 2018 zur Situation von Frauen mit Behinderungen (17), |
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unter Hinweis auf seine Studie vom 3. November 2016 mit dem Titel „European Structural and Investment Funds and People with Disabilities in the European Union“ (Europäische Struktur- und Investitionsfonds und Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union), |
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unter Hinweis auf seine Studie vom 15. September 2017 mit dem Titel „Inclusive education for learners with disabilities“ (Inklusive Bildung für Lernende mit Behinderungen), |
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unter Hinweis auf seine Studie vom 9. Oktober 2015 mit dem Titel „The protection role of the Committee on Petitions in the context of the implementation of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities“ (Zur Schutzfunktion des Petitionsausschusses im Zusammenhang mit der Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen) sowie ihre Aktualisierungen von 2016, 2017 und 2018, |
— |
unter Hinweis auf seine eingehende Analyse vom 15. August 2016 mit dem Titel „The European Accessibility Act“ (Zum europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit), |
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unter Hinweis auf seine Studie vom 8. Mai 2018 mit dem Titel „Transport and tourism for persons with disabilities and persons with reduced mobility“ (Verkehr und Tourismus für Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität), |
— |
unter Hinweis auf seine Studie vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „The Post-2020 European Disability Strategy“ (Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020), |
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gestützt auf Artikel 54 und Artikel 227 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung, |
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unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres; |
— |
unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Petitionsausschusses (A9-0261/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass sich etwa 1 % aller Petitionen, die Jahr für Jahr beim Petitionsausschuss eingehen, auf verschiedene Themen im Zusammenhang mit Behinderungen bezieht; |
B. |
in der Erwägung, dass es in der Union schätzungsweise 87 Mio. Menschen mit Behinderungen gibt (18); |
C. |
in der Erwägung, dass 37 % der Bevölkerung in der EU im Alter über 15 Jahren (mäßigen oder schweren) körperliche Beeinträchtigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen haben (19); |
D. |
in der Erwägung, dass durch Petitionen zu Themen im Zusammenhang mit Behinderungen aufgezeigt wird, mit welchen Schwierigkeiten Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, dass sie im Alltag Diskriminierung und Hindernissen ausgesetzt sind und dass sie nicht in den Genuss der Grundrechte und der in dem Übereinkommen festgelegten Rechte kommen, etwa in Bezug auf den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, die bauliche Umwelt, den Gebrauch von Gebärdensprachen, die Finanzierung von Bildung und Berufsbildung und den gleichberechtigten Zugang dazu; |
E. |
in der Erwägung, dass allgemein eingeräumt wird, dass Menschen mit Behinderungen im Alltag nach wie vor auf zahlreiche Hindernisse stoßen und Diskriminierung ausgesetzt sind, wodurch sie daran gehindert werden, die in den einschlägigen Rechtsgrundlagen der Union und der Vereinten Nationen niedergelegten Grundfreiheiten und -rechte in Anspruch zu nehmen; in der Erwägung, dass dazu die fehlende gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in den einzelnen Mitgliedstaaten (wodurch Menschen mit Behinderungen die Freizügigkeit in der Union erschwert wird), der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, die physische, sensorische und kognitive Barrierefreiheit der baulichen Umwelt sowie von Waren, Dienstleistungen und Programmen, der Gebrauch von Gebärdensprachen und allen anderen Mitteln und Arten barrierefreier Kommunikation und barrierefreier Informationen, die Finanzierung von Bildung und Berufsbildung und der gleichberechtigte Zugang dazu, der Zugang zum Arbeitsmarkt, der Zugang zu persönlicher Betreuung und die Eingliederung in die Gemeinschaft sowie die Chancengleichheit und Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gehören; |
F. |
in der Erwägung, dass alle Menschen mit Behinderungen auf derselben Grundlage wie alle anderen Menschen in allen Lebensbereichen die gleichen Rechte und Anspruch auf unveräußerliche Würde, Gleichbehandlung, eigenständige Lebensführung, Selbstbestimmung und uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft haben und erwarten dürfen, dass ihrem Beitrag zum Fortschritt in den Bereichen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft in der Union Achtung und Wertschätzung entgegengebracht wird; |
G. |
in der Erwägung, dass Informationen aus Petitionen, die beim Parlament von Menschen mit Behinderungen oder zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit Behinderungen eingereicht werden, als Informationsquelle in Bezug auf Lücken bei der Umsetzung des Übereinkommens sowohl in den Mitgliedstaaten als auch auf Unionsebene dienen und zur Gestaltung der Rechtsvorschriften in allen Politikbereichen beitragen können; |
H. |
in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eine Schutzfunktion einnimmt und dabei dafür Sorge trägt, dass sich die Union im Rahmen der politischen und gesetzgeberischen Maßnahmen auf Unionsebene an das Übereinkommen hält; in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss laut Beschluss des Rates in dessen 3513. Sitzung vom 16. Januar 2017 ersucht wurde, gemeinsam mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und dem Europäischen Behindertenforum den EU-Rahmen zu bilden; |
I. |
in der Erwägung, dass der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten die Bedeutung von Petitionen, die sich auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen beziehen, angesichts der Aufgabe und der Verantwortung des Europäischen Parlaments im Rahmen der Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens hervorgehoben hat; |
J. |
in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss im Rahmen seiner Aufgaben in besonderem Maße verpflichtet ist, die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Union zu schützen, da die Ausübung ihrer Grundfreiheiten und -rechte durch das Unionsrecht und das Übereinkommen garantiert ist; in der Erwägung, dass die verfügbaren Informationen über diese Rechte nicht ausreichen und nicht hinreichend barrierefrei sind; |
K. |
in der Erwägung, dass der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten die entscheidende Funktion des Petitionsausschusses als Brücke zwischen den Menschen in der Union, dem Parlament und den anderen Organen der Union und als wichtiges Instrument zur Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in eine partizipative Demokratie außerordentlich schätzt; in der Erwägung, dass das Recht, Petitionen an das Parlament zu richten, eines der Grundrechte jeder Person mit Wohnsitz bzw. jeder Organisation mit Sitz in der Union und gleichzeitig eine unentbehrliche direkte Quelle für Sachinformationen ist; |
L. |
in der Erwägung, dass das Petitionsrecht und das Petitionsverfahren bekannter und allen Personen und Organisationen in der Union, auch Menschen mit Behinderungen, barrierefrei zugänglich gemacht werden sollte; in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss durch gezielte Informations- und Sensibilisierungskampagnen mit besonderem Fokus auf schutzbedürftige Gruppen, zu denen auch Menschen mit Behinderungen zählen, für mehr Transparenz und ausreichende Informationen in diesem Bereich sorgen sollte; in der Erwägung, dass das Parlament bislang weder einen Index für die Wirksamkeit seines Petitionssystems entwickelt noch statistische Daten über die Bearbeitung von Petitionen erhoben hat; |
M. |
in der Erwägung, dass das Übereinkommen der erste internationale Menschenrechtsvertrag ist, der von der Union und all ihren Mitgliedstaaten ratifiziert wurde; |
N. |
in der Erwägung, dass die Union und fünf Mitgliedstaaten das Fakultativprotokoll zu dem Übereinkommen nicht ratifiziert haben; |
O. |
in der Erwägung, dass eine Union der Gleichheit für alle und in jeder Hinsicht eine der Prioritäten in den politischen Leitlinien der derzeitigen Kommission ist; |
P. |
in der Erwägung, dass in Petitionen wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass Einschränkungen beim Zugang zu Bildung für Menschen mit Behinderungen bestehen, die zu einer geringeren Beteiligung an Bildungsaktivitäten im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt und infolgedessen zu einem Risiko der sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung führen; in der Erwägung, dass jeder vierte Mensch mit einer Behinderung das Bildungssystem vorzeitig verlässt (20); |
Q. |
in der Erwägung, dass die Schaffung des Amtes des Kommissionsmitglieds für Gleichheitspolitik im Hinblick auf die Ausarbeitung der neuen Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 von entscheidender Bedeutung war; |
R. |
in der Erwägung, dass das Parlament die Mitgliedstaaten in seinen Entschließungen wiederholt mit Nachdruck dazu aufgefordert hat, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, damit Menschen mit Behinderungen ihre Rechte in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft uneingeschränkt wahrnehmen können; |
S. |
in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten die Verantwortung dafür tragen, dass sichergestellt ist, dass alle in der Union das gesetzlich verankerte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht wahrnehmen können und dass alle Menschen die Möglichkeit zu Beratung, Verteidigung und Vertretung haben; |
T. |
in der Erwägung, dass 24 Mitgliedstaaten im Anschluss an die Auskunftsersuchen, die der Petitionsausschuss zu der Petition Nr. 0535/2017 an die Ständigen Vertretungen aller Mitgliedstaaten gerichtet hatte, umfassend über ihre Fortschritte bei der Umsetzung des Übereinkommens, in dem Barrierefreiheit eines der Grundprinzipien ist, Bericht erstattet haben; |
U. |
in der Erwägung, dass die vorgeschlagene Antidiskriminierungsrichtlinie, die durch einen Querschnittsansatz besseren Schutz vor Diskriminierung jeglicher Art bieten soll, nach wie vor im Rat blockiert wird, und in der Erwägung, dass dies seit über zehn Jahren der Fall ist; |
V. |
in der Erwägung, dass Barrierefreiheit eine Voraussetzung für die gleichberechtigte Ausübung aller anderen in dem Übereinkommen verankerten Rechte ist; in der Erwägung, dass die Kommission mehrere Maßnahmen zur Überwachung der Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit und neue Maßnahmen zur Schaffung einer barrierefreien Union vorgeschlagen hat; |
W. |
in der Erwägung, dass Initiativen auf Unionsebene wie der Access City Award dafür eintreten, den öffentlichen Raum an die Bedürfnisse von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen anzupassen; in der Erwägung, dass in diesem Wettbewerb Städte ausgezeichnet werden, die sich in ihren politischen Entscheidungsgremien zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen und zur Achtung ihrer Rechte verpflichten, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen eingehen und die einen sozialen Dialog mit Organisationen für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen führen; in der Erwägung, dass durch die Anpassung des öffentlichen Raums nicht nur zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, sondern auch zum Wirtschaftswachstum beigetragen wird; |
X. |
in der Erwägung, dass in mehreren Petitionen veranschaulicht wird, dass Probleme dabei bestehen und es notwendig ist, für Menschen mit Behinderungen den Zugang zur baulichen Umwelt und zu Verkehrsmitteln sowie zu Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen (IKT-Systemen) und zu sonstigen öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen zu verbessern; |
Y. |
in der Erwägung, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unbedingt sicherstellen müssen, dass auf ihren Websites die technischen Spezifikationen angewandt werden, die im Hinblick auf die barrierefreie Gestaltung für Menschen mit Behinderungen notwendig sind, damit diese Personen korrekte und unmittelbare Informationen zu allen Angelegenheiten erhalten können, die sie als Bürgerinnen und Bürger betreffen, wobei die Barrierefreiheit von Dokumenten, Videos und Websites verbessert und alternative Kommunikationsmittel gefördert werden sollen; |
Z. |
in der Erwägung, dass im Parlament eine dienststellenübergreifende Arbeitsgruppe für Gebärdensprache eingerichtet wurde, die Maßnahmen ergreifen soll, um dem Anliegen aus der Petition Nr. 1056/2016 gerecht zu werden, dass Petitionen in den in der Europäischen Union gebräuchlichen nationalen Gebärdensprachen eingereicht werden können; |
AA. |
in der Erwägung, dass bei den Maßnahmen, die die Regierungen in der außergewöhnlichen und schweren, durch die COVID-19-Pandemie verursachten Gesundheitskrise ergriffen haben, stets die Grundrechte und -freiheiten des Einzelnen gewahrt werden sollten und Bürgerinnen und Bürger mit Behinderungen nicht diskriminiert werden dürfen; |
AB. |
in der Erwägung, dass in mehreren Petitionen belegt wird, dass sich die Situation der Menschen mit Behinderungen durch die COVID-19-Pandemie verschärft hat, unter anderem durch die Verletzung grundlegender Menschenrechte der Menschen mit Behinderungen, etwa beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, zu Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Krankheit und zu Bildung; |
AC. |
in der Erwägung, dass das Europäische Parlament sicherstellen muss, dass die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie mit der Grundrechtecharta und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Einklang stehen; |
AD. |
in der Erwägung, dass infolge der schwierigen Situation während der COVID-19-Krise Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen, etwa Tagespflegeeinrichtungen oder Schulen, gelegentlich vorübergehend geschlossen wurden; in der Erwägung, dass in einer solchen Notlage die Betreuung von Menschen mit geistigen Behinderungen den Familienangehörigen oblag; in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben, die nicht geschlossen worden waren, während der Pandemie sehr stark betroffen waren, weil sie auf den physischen Kontakt mit Pflege- und Betreuungspersonal angewiesen sind, Personal fehlte, es an persönlicher Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln mangelte und infolgedessen sehr viele Krankheitsfälle auftraten und es zu einer erhöhten Zahl von Sterbefällen kam; |
AE. |
in der Erwägung, dass sich die Ausgangsbeschränkungen auf Menschen mit Behinderungen besonders nachteilig auswirken; |
AF. |
in der Erwägung, dass in Petitionen immer wieder auf die eingeschränkten Beschäftigungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen hingewiesen wurde; in der Erwägung, dass der durchschnittliche Unterschied bei der Beschäftigungsquote von Menschen mit und ohne Behinderungen in der Union 25 % beträgt (21); |
AG. |
in der Erwägung, dass die Beschäftigungsquote bei Menschen mit Behinderungen niedrig ist und nur 50,6 % gegenüber 74,8 % bei Menschen ohne Behinderungen beträgt; in der Erwägung, dass sich durch die Pandemie, die Sozial- und die Wirtschaftskrise die Ungleichheit zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen vergrößert hat; |
AH. |
in der Erwägung, dass durch eine Beschäftigung in abgesonderten Einrichtungen die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den offenen Arbeitsmarkt nicht erleichtert wird; |
AI. |
in der Erwägung, dass fast jeder vierte befragte EU-Bürger ein gewisses Maß an funktionellen Einschränkungen aufgrund von Gesundheitsproblemen angibt (22); |
AJ. |
in der Erwägung, dass der soziale Schutz und die Arbeitnehmerrechte, die Verwendung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds im Einklang mit den Unionsrechtsvorschriften und dem Übereinkommen und andere Themen, die in den Zuständigkeitsbereich des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten fallen, zu den Anliegen im Zusammenhang mit der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zählen, auf die in den beim Parlament eingegangenen Petitionen am häufigsten hingewiesen wird; |
AK. |
in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eine Vielzahl von Petitionen erhält, die sich auf die Richtlinie 2000/78/EG beziehen und die fehlende Umsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beim Zugang zu inklusiver Bildung, zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen betreffen; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die EU das Übereinkommen ratifiziert haben, dessen Artikel 24 vorsieht, dass die Vertragsstaaten sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu lebenslangem Lernen, Erwachsenenbildung, Berufsausbildung, allgemeiner Hochschul- und Sekundarschulbildung und einer unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulbildung haben; |
AL. |
in der Erwägung, dass der Zugang zu hochwertiger Beschäftigung, allgemeiner und beruflicher Bildung, Gesundheitsversorgung, sozialem Schutz, auch länderübergreifend, zu angemessenem Wohnraum und die Unterstützung für eine eigenständige Lebensführung und gleiche Chancen für die Teilnahme an Freizeitaktivitäten und am Gemeinschaftsleben für die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen von wesentlicher Bedeutung sind; |
AM. |
in der Erwägung, dass die kürzlich vorgestellte Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 ein begrüßenswerter Schritt zur Behandlung der Probleme ist, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, diese Menschen jedoch nach wie vor Hindernissen und Diskriminierung gegenüberstehen; in der Erwägung, dass im Jahr 2019 28,4 % der Menschen mit Behinderungen in der Union (ab 16 Jahren) von sozialer Ausgrenzung oder Armut bedroht waren (23); in der Erwägung, dass in der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 auf diesen Umstand eingegangen werden muss; |
AN. |
in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen nach Grundsatz 17 der europäischen Säule sozialer Rechte das Recht auf Einkommensbeihilfen, die für sie ein Leben in Würde sicherstellen, auf Dienstleistungen, die ihnen Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, und auf ein an ihre Bedürfnisse angepasstes Arbeitsumfeld haben; |
AO. |
in der Erwägung, dass mit Werkstätten für Menschen mit Behinderungen die Eingliederung, die Rehabilitation und der Übergang in den offenen Arbeitsmarkt sichergestellt werden sollte, es sich dabei aber häufig um abgesonderte Umgebungen handelt, in denen Arbeitnehmern mit Behinderungen der Angestelltenstatus oder die Arbeitnehmerrechte verwehrt werden, was eindeutig ein Verstoß gegen das Übereinkommen ist; in der Erwägung, dass durch Inklusionsmodelle für unterstützte Beschäftigung, wenn sie rechtebasiert sind und als Beschäftigung anerkannt werden, die Rechte von Menschen mit Behinderungen geachtet werden und der Übergang zum und die die Eingliederung in den offenen Arbeitsmarkt unterstützt werden kann; |
AP. |
in der Erwägung, dass die durch die COVID-19-Pandemie verursachte Wirtschaftskrise eine erhebliche Bedrohung für die Volkswirtschaften der Union und die Erhaltung von Arbeitsplätzen darstellt; in der Erwägung, dass Menschen, die benachteiligten Gruppen angehören, insbesondere Menschen mit Behinderungen, besonders stark von der Pandemie betroffen sind; in der Erwägung, dass die COVID-19-Präventionsmaßnahmen für Menschen mit Behinderungen sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringen, was die Zugänglichkeit und Inklusivität des Arbeitsmarkts anbelangt; |
AQ. |
in der Erwägung, dass die Union mit dem Aufbauinstrument NextGenerationEU dazu beitragen muss, die Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und die Erholung von der Pandemie unter Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu gestalten; in der Erwägung, dass Organisationen der Zivilgesellschaft und Freiwilligenorganisationen, die im Bereich der Menschen mit Behinderungen tätig sind, während der COVID-19-Krise erneut ihre außerordentliche Bedeutung und Resilienz unter Beweis gestellt haben; |
AR. |
in der Erwägung, dass durch COVID-19-Präventionsmaßnahmen neue Hindernisse für Menschen mit Behinderungen geschaffen wurden und die bestehende Ausgrenzung in allen Bereichen der Arbeitswelt verschärft wurde; in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen mit größerer Wahrscheinlichkeit ihre Arbeit verlieren und Schwierigkeiten haben, wieder eine Beschäftigung zu finden; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie negative Auswirkungen auf die Barrierefreiheit und Inklusivität der Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung sowie auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen hat und viele Menschen mit Behinderungen mit den negativen Auswirkungen der Telearbeit konfrontiert sind; |
AS. |
in der Erwägung, dass 2019 beinahe 18 Millionen Kinder in der Union (22,2 % der Bevölkerung im Kindesalter) von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren; in der Erwägung, dass Kinder mit Behinderungen besondere Benachteiligungen erfahren, weswegen sie besonders schutzbedürftig sind; in der Erwägung, dass hieran deutlich wird, dass bedürftigen Kindern ein unentgeltlicher und konkreter Zugang zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, Bildungsangeboten und schulbezogenen Aktivitäten, mindestens einer gesunden Mahlzeit pro Schultag und Gesundheitsversorgung sowie zu gesunder Ernährung und angemessenem Wohnraum garantiert werden muss, wie es in der Empfehlung des Rates zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder niedergelegt ist; |
AT. |
in der Erwägung, dass alle Mitgliedstaaten der Union das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes ratifiziert haben und es damit für sie bindend ist, und in der Erwägung, dass in Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union das Ziel der Union festgelegt ist, den Schutz der Rechte des Kindes zu fördern; in der Erwägung, dass in der Charta der Schutz der Rechte des Kindes durch die Institutionen und Mitgliedstaaten der Union bei der Umsetzung des Unionsrechts garantiert ist; in der Erwägung, dass das Parlament seine Entschließung zu einer Europäischen Garantie für Kinder mit großer Mehrheit verabschiedet hat und darin fordert, dass alle Kinder von der frühen Kindheit bis zum Jugendalter Zugang zu inklusiver Bildung haben, insbesondere Roma-Kinder, Kinder mit Behinderungen, staatenlose Kinder, Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder in humanitären Notsituationen; |
AU. |
in der Erwägung, dass Diskriminierung in Bezug auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen mit dem Fehlen einer inklusiven Bildung und Berufsbildung sowie mit der Absonderung und Diskriminierung in den Bereichen Wohnen und Gesundheitsversorgung und mit der fehlenden Barrierefreiheit von Verkehrsmitteln und anderen Dienstleistungen und Waren zusammenhängt; |
AV. |
in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf unter Berücksichtigung der VN-BRK die Mängel der Richtlinie 2000/78/EG aufgezeigt hat; |
AW. |
in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie (EU) 2019/1158 prüfen müssen, ob die Bedingungen für den Zugang zu Elternurlaub, Urlaub für pflegende Angehörige und Arbeitnehmer und die entsprechenden detaillierten Regelungen an die spezifischen Bedürfnisse von Eltern in besonders benachteiligten Situationen, wie Eltern mit Behinderungen, Adoptiv-, alleinstehende oder getrennt lebende Eltern von Kindern mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung oder Eltern in schwierigen Lebenslagen, angepasst werden sollten; |
AX. |
in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen in ihrem Alltag mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert sind, unter anderem bei Versuchen, persönliche Betreuung zu erhalten, in die Gemeinschaft eingegliedert zu werden, angemessenen und bezahlbaren barrierefreien Wohnraum zu finden und eine erschwingliche Gesundheitsversorgung und eine personenorientierte Sozial- und Gesundheitsfürsorge zu erhalten; |
AY. |
in der Erwägung, dass Arbeitslosigkeit und der Mangel an hochwertigen Dauerarbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen die wesentlichen Faktoren sind, die bei ihnen zu dem hohen Risiko von Armut, sozialer Ausgrenzung und Obdachlosigkeit beitragen; |
AZ. |
in der Erwägung, dass 2017 ein Drittel der Erwachsenen mit Behinderungen in der Union in Haushalten lebte, deren finanzielle Mittel nicht ausreichten, um die üblichen notwendigen Ausgaben zu decken; in der Erwägung, dass 2019 fast zwei Drittel der Bevölkerung der Union mit einer Beeinträchtigung der Aktivität von Armut bedroht gewesen wären, wenn sie keine Sozialleistungen, Beihilfen oder Rente erhalten würden (24); |
BA. |
in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen eine vielfältige Gruppe bilden und oft sich überschneidender Diskriminierung ausgesetzt sind, deren Kumulationswirkung die Beschäftigung erheblich beeinträchtigt; |
BB. |
in der Erwägung, dass die Deinstitutionalisierung in den Mitgliedstaaten unterschiedlich weit gediehen ist und dass trotz der Einführung einschlägiger Strategien und der Zuweisung erheblicher Mittel in der Union noch immer eine Million Menschen in Einrichtungen leben; in der Erwägung, dass mehrere Petitionen zur missbräuchlichen Verwendung von Unionsmitteln im Bereich der Deinstitutionalisierung von Menschen mit Behinderungen eingereicht wurden; in der Erwägung, dass die Europäische Bürgerbeauftragte im Februar 2021 auf eigene Initiative eine Untersuchung über die Rolle der Kommission bei der Sicherstellung der Verwendung von Unionsmitteln durch die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Förderung einer unabhängigen Lebensführung für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen und die Abkehr von stationären Pflegeeinrichtungen eingeleitet hat; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten die Deinstitutionalisierung beschleunigen müssen und die Kommission die diesbezüglichen Fortschritte sorgfältig überwachen muss; |
BC. |
in der Erwägung, dass bei der Erhebung der Bevölkerungsstatistik der Union die Art der Behinderungen einer Person sowie die Anzahl der in Heimen lebenden Menschen mit Behinderungen außer Acht gelassen wird, was die Einhaltung von Artikel 31 des Übereinkommens erschwert; |
BD. |
in der Erwägung, dass der Katalog der Leistungen und Ansprüche, die sich aus dem Behindertenstatus ergeben, und auch die Rechtsträger, die diese Ansprüche definieren und anerkennen, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sind; |
BE. |
in der Erwägung, dass die Zahl der Menschen mit Behinderungen und der betreuungs- und pflegebedürftigen Personen in der Union unter anderem aufgrund der demografischen Herausforderungen und der Zunahme chronischer Erkrankungen voraussichtlich drastisch ansteigt; in der Erwägung, dass der Großteil der Langzeitpflege derzeit von informellen, in der Regel unbezahlten und überwiegend weiblichen Pflegekräften erbracht wird; in der Erwägung, dass politische Maßnahmen zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen und zur Deckung des wachsenden Betreuungs- und Pflegebedarfs so gestaltet werden sollten, dass sie nicht zu einem erhöhten Druck auf informelle Pflegekräfte führen; |
BF. |
in der Erwägung, dass Behinderungen häufig auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen sind oder infolge einer chronischen Erkrankung entstehen, die mit Berufskrankheiten und der Exposition gegenüber Gesundheitsgefahren zusammenhängt; |
BG. |
in der Erwägung, dass das Engagement für eine bessere Inklusion und den Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen in allen Politikbereichen zum Ausdruck kommen sollte, auch im Prozess des Europäischen Semesters; |
BH. |
in der Erwägung, dass die Union und die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen zur Umsetzung der in dem Übereinkommen niedergelegten Rechte ergreifen sollten, und geltende Maßnahmen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen, ändern oder abschaffen sollten; in der Erwägung, dass die Union und die Mitgliedstaaten die Grundrechte von Menschen mit Behinderungen in allen Politikbereichen und Programmen schützen und fördern sollten; |
BI. |
in der Erwägung, dass in der Europäischen Union 46 Millionen Frauen und Mädchen mit Behinderungen leben (25); |
BJ. |
in der Erwägung, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen mit intersektioneller Mehrfachdiskriminierung und Problemen konfrontiert sind, die sich aus Überschneidungen von Geschlecht und Behinderung mit sexueller Ausrichtung, Geschlechtsidentität, Ausdruck der Geschlechtlichkeit, Geschlechtsmerkmalen, Herkunftsland, Klasse, Migrationsstatus, Alter oder rassischer oder ethnischer Herkunft ergeben; in der Erwägung, dass Frauen mit Behinderungen, die Minderheiten angehören, aufgrund ihrer prekären Lage viel häufiger dreifach diskriminiert werden; in der Erwägung, dass durch Diskriminierung Hindernisse für ihre Teilhabe in allen Lebensbereichen geschaffen werden, einschließlich sozioökonomischer Benachteiligungen, gesellschaftlicher Isolation, geschlechtsspezifischer Gewalt, Zwangssterilisierung und erzwungener Schwangerschaftsabbrüche, mangelnden Zugangs zu kommunalen Dienstleistungen, Kultur, Sport und Freizeit, schlechter Wohnbedingungen, Heimunterbringung und unzureichender Gesundheitsversorgung; in der Erwägung, dass es wegen dieser Hindernisse weniger wahrscheinlich ist, dass Frauen mit Behinderungen uneingeschränkt und aktiv an der Gesellschaft teilhaben und mitwirken und sich in die Gesellschaft einbringen, auch in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt; |
BK. |
in der Erwägung, dass im Vergleich zu 28,5 % der Männer mit Behinderungen nur 20,6 % der Frauen mit Behinderungen in der Europäischen Union eine Vollzeitbeschäftigung haben (26); in der Erwägung, dass aus den Zahlen hervorgeht, dass im Durchschnitt 29,5 % der Frauen mit Behinderungen und 27,5 % der Männer mit Behinderungen in der EU von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind (27); |
BL. |
in der Erwägung, dass in dem Übereinkommen darauf hingewiesen wird, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres häuslichen Umfelds oft in stärkerem Maße durch Gewalt gefährdet sind; in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) noch nicht ratifiziert haben; in der Erwägung, dass durch die Ausweitung der Kriminalitätsbereiche auf bestimmte Formen geschlechtsspezifischer Gewalt gemäß Artikel 83 Absatz 1 AEUV Frauen und Mädchen mit Behinderungen einen besseren Schutz geboten wird; |
Politische Steuerung und Durchführung
1. |
betont, dass auf allen Ebenen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in dem Übereinkommen verankert sind, sensibilisiert werden muss, um deren Rechte und Würde zu schützen sowie die fruchtbare Zusammenarbeit und den Austausch bewährter Verfahren unter den Mitgliedstaaten zu fördern; hebt hervor, dass es allgemein akzeptierter Definitionen der Begriffe Behinderung, Deinstitutionalisierung, Leben in der Gemeinschaft, eigenständige Lebensführung und inklusive Bildung bedarf; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Koordinierungsmechanismen zu stärken; |
2. |
betont, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen in den folgenden vorrangigen Bereichen verstärken sollten: Gesundheit, Bildung, Barrierefreiheit, Beschäftigung und Arbeitsbedingungen, eigenständige Lebensführung, Koordinierung, Lebensbedingungen, Sozialschutz und Sensibilisierung; |
3. |
fordert alle Mitgliedstaaten, die das Fakultativprotokoll zu dem Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, auf, diesen Schritt umgehend nachzuholen, und fordert die Union auf, es vollständig zu ratifizieren; fordert den Rat auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Beitritt der Union zum Fakultativprotokoll sicherzustellen; |
4. |
ist der Ansicht, dass das Fakultativprotokoll ein untrennbarer Bestandteil des Übereinkommens ist; weist darauf hin, dass das Fakultativprotokoll den Bürgerinnen und Bürgern ein Forum bietet, um mutmaßliche Verstöße gegen die Bestimmungen des Übereinkommens durch den Vertragsstaat zu melden, und dass es dem Ausschuss der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen ermöglicht, vertrauliche Untersuchungen einzuleiten, wenn er Informationen erhält, die auf einen schweren oder systematischen Verstoß durch einen Vertragsstaat hindeuten; |
5. |
fordert die Kommission auf, eine umfassende Querschnittsüberprüfung der Rechtsvorschriften und Finanzierungsprogramme der Union mit dem Ziel vorzunehmen, die uneingeschränkte Einhaltung des Übereinkommens zu garantieren, indem Behindertenorganisationen und die Mitglieder des EU-Rahmens für die Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens konstruktiv eingebunden werden; |
6. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Strategien und Maßnahmen der Vielfalt und Heterogenität von Menschen mit Behinderungen Rechnung zu tragen; |
7. |
nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die die Mitgliedstaaten bei der wirksamen Umsetzung und Überwachung des Übereinkommens und bei der Anpassung der Maßnahmen für Barrierefreiheit erzielt haben, um den Bestimmungen des Übereinkommens gerecht zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich zuständige Behörden zu benennen, die als Kontaktstellen dienen, und gemäß Artikel 33 des Übereinkommens auf allen Verwaltungsebenen Koordinierungsmechanismen für die Umsetzung und Überwachung einzurichten; betont, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen sollten, dass eine maßgebliche Zahl von Menschen mit Behinderungen in die Arbeit dieser Behörden einbezogen wird; |
8. |
befürwortet den Vorschlag der Kommission, eine Plattform für Angelegenheiten im Zusammenhang mit Behinderungen einzurichten, um die Steuerung der Zusammenarbeit auf Unionsebene in diesem Bereich und der Umsetzung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 sowie der entsprechenden nationalen Strategien zu stärken; |
9. |
weist darauf hin, dass die neue Unionsplattform für Menschen mit Behinderungen an die Leitlinien im Rahmen der europäischen Säule sozialer Rechte angepasst werden sollte; |
10. |
fordert die die Mitgliedstaaten auf, nationale Kampagnen zur Sensibilisierung für das Thema Behinderung durchzuführen, mit denen auf das Übereinkommen und die EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 aufmerksam gemacht wird, die für alle barrierefrei zugänglich sind und an denen Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Familienangehörigen und Organisationen beteiligt sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, ambitionierte Zeitpläne für die Umsetzung der Strategie festzulegen; fordert die Kommission auf, in dem künftigen delegierten Rechtsakt zum überarbeiteten sozialpolitischen Scoreboard eine Reihe genauer Indikatoren zu erarbeiten, mit denen die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele der Strategie gemessen und sichergestellt wird, dass die in diesen Dokumenten festgehaltenen Verpflichtungen eingehalten werden; |
11. |
nimmt die Aufforderung der Kommission zur Kenntnis, dass alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen sowie die Delegationen der Union Behindertenbeauftragte benennen sollten; bekräftigt seine Forderung, in allen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union Kontaktstellen einzurichten, auch im Parlament und im Rat, wobei sich die zentrale Kontaktstelle im Generalsekretariat der Kommission befinden und über einen angemessenen interinstitutionellen Mechanismus für Unterstützung gesorgt werden sollte; fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, vorrangig Menschen mit Behinderungen als Behindertenbeauftragte zu benennen; |
12. |
begrüßt die Pläne der Kommission, die Funktionsweise des EU-Rahmens zur Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens im Jahr 2022 zu prüfen und auf dieser Grundlage Maßnahmen vorzuschlagen; fordert die Kommission auf, den EU-Rahmen und seine Unabhängigkeit zu stärken, vor allem durch eine stärkere Einbindung und Beteiligung von Sachverständigen, nichtstaatlichen Organisationen, Sozialpartnern und insbesondere von Menschen mit Behinderungen, ohne Diskriminierung aufgrund der Art der Behinderung oder sonstiger persönlicher Umstände; betont, dass der EU-Rahmen auf detaillierten, aktuellen, hochwertigen, nach der Art der Behinderung einer Person aufgeschlüsselten Daten beruhen muss und der Arbeit die Bemühungen der Washingtoner Gruppe für behinderungsbezogene Statistiken (Washington Group on Disability Statistics) zugrunde liegen müssen; |
13. |
fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und die Mitgliedstaaten auf, ihre Verpflichtung zu bekräftigen, Menschen mit Behinderungen inkludierend gleichzustellen und das Übereinkommen vollständig umzusetzen, einschließlich Artikel 27 zu Arbeit und Beschäftigung; |
14. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, klare Ziele für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen festzulegen und gleichzeitig die Grundsätze der Barrierefreiheit und des Diskriminierungsverbots zu achten sowie in Chancengleichheit und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu investieren; |
15. |
weist darauf hin, dass dem Petitionsausschuss eine besondere Schutzfunktion zukommt, wenn es sicherzustellen gilt, dass die Union bei der Ausarbeitung von Strategien und bei gesetzgeberischen Maßnahmen das Übereinkommen einhält; weist darauf hin, dass der Ausschuss im Rahmen dieser Zuständigkeit Petitionen zu Anliegen von Menschen mit Behinderungen bearbeitet, Aussprachen, thematische Workshops und öffentliche Anhörungen zu diesem Thema organisiert, Entschließungen und Berichte verfasst und Vor-Ort-Besuche durchführt; |
16. |
betont, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung und Hilfe haben sollten, die sie benötigen, um Petitionen zu verfassen und einzureichen, die die Zulässigkeitskriterien erfüllen, um so mittels Petitionen an das Parlament einen wirksamen Zugang zur Justiz zu erlangen; fordert, durch stärkere Öffentlichkeitsarbeit sowie die Einbeziehung und Beteiligung von Menschen mit Behinderungen oder ihrer Vertreter bei der Prüfung von Petitionen die Bekanntheit des Petitionsmechanismus zu steigern; |
17. |
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, nationale Aktionspläne auszuarbeiten, mit denen die Mängel beim Zugang zu Informationen über die öffentliche Sicherheit, zum Fern- und Online-Lernen, zu persönlicher Betreuung und zu Pflege- und Unterstützungsdiensten für Menschen mit Behinderungen behoben wird; |
18. |
fordert den Petitionsausschuss auf, statistische Daten über die Bearbeitung von Petitionen zu erheben und zu veröffentlichen, und betont, dass der Petitionsausschuss, wie es in allen Ausschüssen des Europäischen Parlaments der Fall sein sollte, dafür sorgen muss, dass in Gebärdensprache gedolmetscht werden kann, um den Zugang zu Informationen und die Teilhabe sicherzustellen; |
19. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bedeutung barrierefreier und hochwertiger Unterstützungsdienste und -systeme für eine eigenständige Lebensführung stärker zur Kenntnis zu nehmen; erachtet es als sehr wichtig, Strategien und Vorgaben für eine personalisierte, hochwertige Unterstützung für betreuungsbedürftige Menschen mit Behinderungen und ihre Pflegepersonen zu fördern, einschließlich eines verbesserten Sozialschutzes und verschiedener Formen der Unterstützung für informelle Pflegekräfte; fordert die Kommission auf, mit Blick auf die weitere Verbesserung der Qualität des Gesundheitswesens in der Union eine strategische Agenda der Union zu Pflege und Betreuung vorzulegen, die sich auch an Personen richtet, die personenbezogene Dienstleistungen und Haushaltsdienste erbringen; bekräftigt, dass in der Agenda zu Pflege und Betreuung auch die Lage von 100 Millionen informellen Pflegekräften in der Union berücksichtigt werden muss, die 80 % der Langzeitpflege erbringen, für ihre Arbeit aber zumeist keine Anerkennung erfahren; |
20. |
empfiehlt dem Petitionsausschuss, einen jährlichen Bericht über die in Petitionen aufgezeigten Probleme im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen zu erstellen und Empfehlungen abzugeben; |
21. |
fordert die Kommission auf, die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 strukturell in den Prozess des Europäischen Semesters einzubinden, da damit Strategien und Ansätze in den Mitgliedstaaten angeregt werden sollten und die Inklusivität der Gesellschaft gestärkt und die Beschäftigung und der soziale Schutz von Menschen mit Behinderungen gefördert werden sollte; fordert die Kommission auf, jährlich zu überprüfen, wie die Angelegenheiten von Menschen mit Behinderungen als Querschnittsthema in den Prozess des Europäischen Semesters einbezogen wurden; |
22. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine gemeinsame Definition des Begriffs Behinderung im Einklang mit den im Jahr 2015 angenommenen abschließenden Bemerkungen des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum ersten Bericht der Europäischen Union festzulegen und für die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in allen Mitgliedstaaten zu sorgen, damit die Freizügigkeit für Menschen mit Behinderungen und die ordnungsgemäße Ausübung und Anerkennung ihrer Rechte als Unionsbürger sichergestellt sind; |
23. |
fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Union und die Mitgliedstaaten alle einschlägigen Verpflichtungen der Union und der Vereinten Nationen im Hinblick auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen, insbesondere das Übereinkommen und die allgemeinen Bemerkungen des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, und die einschlägigen Maßnahmen und Finanzierungsregeln der Union in vollem Umfang einhalten, und fordert die Kommission auf, in diesem Bereich die Menschen mit Behinderungen und ihre Familienangehörigen und Pflegepersonen zu unterstützen und den Austausch bewährter Verfahren zu ermöglichen; |
24. |
betont, dass es mehr und regelmäßige Schulungen zur Sensibilisierung des Personals der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden in Bezug auf Krisenintervention und -bewältigung sowie Konflikt-Deeskalation beim Umgang mit Menschen mit besonderen Behinderungen geben muss; |
Datenschutz
25. |
fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) (28) ordnungsgemäß umsetzen, und die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die sensiblen Daten von Menschen mit Behinderungen zu schützen; |
26. |
betont, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten stets vollständig mit der DSGVO im Einklang stehen muss; hebt hervor, dass gemäß der DSGVO die Verarbeitung von genetischen oder biometrischen Daten zum Zwecke der eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person und von Gesundheitsdaten (sensible personenbezogene Daten) verboten ist, sofern dies nicht ausdrücklich in der DSGVO zugelassen ist; |
Teilhabe
27. |
betont, dass Organisationen für Menschen mit Behinderungen konsultiert und in sämtliche Phasen der Planung, Annahme, Umsetzung und Überwachung aller Arten von Maßnahmen aktiv einbezogen werden müssen, damit mit diesen Maßnahmen die Achtung ihrer Grundrechte tatsächlich vorangebracht wird; begrüßt die Zusage der Kommission, Organisationen für Menschen mit Behinderungen an allen Phasen der Umsetzung der Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 angemessen zu beteiligen; |
28. |
weist erneut darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen beim Erlass von Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, beispielsweise Aufbau- und Impfplänen, und bei allen zukünftigen potenziellen Krisen konsultiert und einbezogen werden müssen; |
29. |
betont, dass die uneingeschränkte und wirksame Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des Lebens und der Gesellschaft für die Wahrnehmung ihrer Grundrechte von entscheidender Bedeutung ist; |
30. |
weist darauf hin, dass viele Menschen mit Behinderungen immer noch vom Leben in der Gemeinschaft ausgegrenzt sind und keine Kontrolle über ihr tägliches Leben haben, insbesondere diejenigen, die in Heimen leben, da die COVID-19-Pandemie die Herausforderungen, denen sich diese Menschen gegenübersehen, verdeutlicht und verstärkt hat; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in allen Bereichen Unterstützungsdienste anzubieten, damit Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht auf eine eigenständige Lebensführung genießen und in die Gemeinschaft einbezogen werden können; |
31. |
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass Menschen mit Behinderungen ohne jegliche Einschränkungen in den Prozess der Politikgestaltung einbezogen werden; stellt fest, dass das Übereinkommen volle politische Teilhabe vorsieht, was bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen in der Lage sein müssen, gleichberechtigt mit anderen an Wahlen und Entscheidungsprozessen teilzunehmen; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten für Menschen mit Behinderungen eine erleichterte Einbürgerung oder besondere Ausnahmen von Einbürgerungstests vorsehen, damit sie die Staatsbürgerschaft erwerben können; |
32. |
weist erneut darauf hin, dass sehr vielen Unionsbürgerinnen und -bürgern ihr Recht auf Teilnahme an Wahlen, einschließlich der Wahl zum Europäischen Parlament, aufgrund ihrer Behinderungen oder psychischen Probleme vorenthalten wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, dafür zu sorgen, dass Menschen mit Behinderungen ein echtes Wahlrecht für die Wahl zum Europäischen Parlament genießen; |
Freizügigkeit
33. |
begrüßt das Vorhaben der Kommission, bis Ende 2023 einen Vorschlag zur Einführung eines EU-Behindertenausweises vorzulegen, der in allen Mitgliedstaaten anerkannt wird, um so die Ergebnisse der Pilotprojekte für einen EU-Behindertenausweis und einen EU-Parkausweis für Menschen mit Behinderungen in die Tat umzusetzen; vertritt die Auffassung, dass ein EU-Behindertenausweis, der in allen Mitgliedstaaten verbindlich sein sollte, ein wichtiges Instrument ist, um Menschen mit Behinderungen bei der Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit in einer barrierefreien Union zu unterstützen; |
34. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, hinsichtlich des Umfangs der Berechtigungen, die der Ausweis seinen Inhabern garantiert, ehrgeizig zu sein und sicherzustellen, dass er in allen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt wird, nötigenfalls mittels bindender Unionsrechtsvorschriften; |
35. |
stellt fest, dass es in einigen Mitgliedstaaten, in denen bereits ein Behindertenausweis eingeführt wurde, Meldungen über die missbräuchliche Nutzung gegeben hat, was gelegentlich zu negativen Folgen für tatsächlich Berechtigte geführt hat; hält es daher für sehr wichtig, das Bewusstsein auf allen Ebenen zu schärfen und Maßnahmen zu ergreifen, um die missbräuchliche Nutzung des neuen EU-Behindertenausweises zu verhindern; |
36. |
fordert die Kommission auf, Menschen mit Behinderungen und ihre Familienangehörigen und Hilfspersonen von der Zahlung von Straßenbenutzungsgebühren in der gesamten Union zu befreien, um ihre Freizügigkeit zu erleichtern, insbesondere wenn mehrere Wegstrecken für ihre medizinische Versorgung bzw. im Interesse ihres Wohlergehens zurückgelegt werden müssen; |
37. |
fordert die Kommission auf, den Rechtsrahmen für die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am Tourismus weiter zu stärken; stellt fest, dass 25 % der Wahlberechtigten in der Union einen gewissen Grad an Beeinträchtigung oder Behinderung haben (29) und dass der Gesamtbruttoumsatzbeitrag des barrierefreien Tourismus in der Union für Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Jahr 2012 etwa 786 Mrd. EUR betrug (30); |
38. |
begrüßt nachdrücklich die Einführung stärkerer Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr für Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität, insbesondere die allmähliche Abschaffung der derzeitigen Ausnahmen für die Mitgliedstaaten und die Verkürzung des Ankündigungszeitraums, den Menschen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität, die Hilfe benötigen, einhalten müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, so bald wie möglich kürzere Ankündigungszeiträume für Menschen mit Behinderungen, die beim Reisen Hilfe benötigen, vorzusehen, damit Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ihr Recht auf Freizügigkeit leichter ausüben können, und Zeitrahmen für die Barrierefreiheit festzulegen; fordert, dass die in der Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 festgelegten Regelungen in allen Mitgliedstaaten rasch umgesetzt werden; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag zu den Rechten von Fahrgästen mit Behinderungen im Stadt- und Umlandverkehr zu prüfen, mit dem die noch bestehenden Lücken geschlossen werden; fordert die Annahme eines gleichermaßen wirksamen Pakets für den Seeverkehr; |
39. |
fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf Freizügigkeit, Selbstbestimmung und persönliche Entscheidungen gleichberechtigt mit anderen wahrnehmen und ein eigenständiges Leben führen können und in die Gemeinschaft einbezogen werden, wie es in Artikel 19 des Übereinkommens festgelegt ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Barrierefreiheit der von der öffentlichen Verwaltung bereitgestellten Informationen durch Nutzung von offenen und barrierefreien Formaten zu verbessern; |
Barrierefreiheit
40. |
nimmt den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis, bis 2022 das Ressourcenzentrum „AccessibleEU“ einzurichten; fordert die Kommission auf, eine EU-Agentur für Barrierefreiheit („EU Access Board“) einzurichten, die für die Ausarbeitung technischer Spezifikationen zur Barrierefreiheit zuständig wäre, die als Unterstützung für bestimmte politische Maßnahmen und Rechtsvorschriften der Union dienen, und die Konsultationen mit Rechteinhabern, Interessenträgern und nichtstaatlichen Organisationen durchführt, die Mitgliedstaaten und die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union bei der harmonisierten Umsetzung der Barrierefreiheit im Interesse des Binnenmarkts unterstützt und auf die Bedeutung der Barrierefreiheit für eine gleichberechtigte Gesellschaft aufmerksam macht; |
41. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die kognitive, sensorische und physische Barrierefreiheit der Initiativen der Union zur Digitalisierung des Arbeitsmarktes sicherzustellen; |
42. |
bedauert, dass der barrierefreie Zugang zur baulichen Umwelt und die physische Barrierefreiheit nicht in den Geltungsbereich des europäischen Rechtsakts zur Barrierefreiheit aufgenommen wurden; fordert die Kommission auf, den europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit als Grundlage für die Annahme eines soliden Unionsrahmens für eine barrierefreie und inklusive Umgebung mit vollständig barrierefreien öffentlichen Räumen und Diensten heranzuziehen, wozu auch der öffentliche Verkehr, die Kommunikation, Verwaltungs- und Finanzdienstleistungen und die bauliche Umwelt zählen; begrüßt die Initiative „Access City Award“ der Kommission; |
43. |
begrüßt die Ergebnisse des Wettbewerbs „European Access City“; fordert die Mitgliedstaaten auf, ähnliche Wettbewerbe auf nationaler Ebene einzuführen; |
44. |
weist darauf hin, dass die häufigsten Anliegen der Petentinnen und Petenten in Bezug auf die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen die Barrierefreiheit und den Sozialschutz sowie die Arbeitnehmerrechte und das Recht auf unabhängige Lebensführung in der Gemeinschaft betreffen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, alle Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit, einschließlich der Richtlinie (EU) 2019/882 (Rechtsakt zur Barrierefreiheit) vollständig umzusetzen und die Umsetzung kontinuierlich zu überwachen, damit Barrieren für Arbeitnehmer mit Behinderungen tatsächlich und endgültig abgebaut werden und ihre Wiedererrichtung verhindert wird, sowie die Verfügbarkeit barrierefreier Dienstleistungen und die Angemessenheit der Bedingungen, unter denen diese Dienstleistungen erbracht werden, zu verbessern und sicherzustellen; fordert in dieser Hinsicht die Mitgliedstaaten auf, bei der Umsetzung des Rechtsakts zur Barrierefreiheit in ihre nationalen Rechtsvorschriften den Zusammenhängen zwischen der Barrierefreiheit von Diensten und der Barrierefreiheit der baulichen Umwelt Rechnung zu tragen; |
45. |
betont, dass die vollständige Barrierefreiheit aller öffentlichen Bereiche in der Union garantiert werden muss; bedauert, dass die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030 derzeit in vielerlei Hinsicht missachtet wird und dass es insbesondere zu viele öffentliche Gebäude mit architektonischen Barrieren gibt, die eine unerträgliche Form der Diskriminierung darstellen; fordert die Kommission auf, die Barrierefreiheit in alle Politikbereiche einzubeziehen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die geltenden Rechtsvorschriften vollständig umzusetzen; |
46. |
bedauert, dass in einigen Mitgliedstaaten Menschen mit Behinderungen nicht mit wesentlichen Unterstützungs- und Notfalldiensten kommunizieren konnten, nur weil die Notrufnummern unerreichbar waren; fordert die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, die Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation gewissenhaft umzusetzen; |
47. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, für die rasche und wirksame Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen auf allen Ebenen zu sorgen und somit sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen auf alle Informationen zugreifen können, die ihnen in einem barrierefreien Format — auch in den nationalen Gebärdensprachen — zur Verfügung stehen müssen; begrüßt die Initiative der Kommission für einen Aktionsplan zur Barrierefreiheit im Netz für alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU, mit der sichergestellt werden soll, dass die Websites der Union und die auf diesen Websites und Online-Plattformen veröffentlichten Unterlagen mit den Barrierefreiheitsanforderungen der Union, die ausgeweitet werden müssen, im Einklang stehen; fordert alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, spätestens 2022 die Barrierefreiheitsanforderungen der Union zu erfüllen; |
48. |
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die längst überfällige Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in nationales Recht vorzunehmen und im Einklang mit Artikel 7 dieser Richtlinie barrierefreie audiovisuelle Mediendienste für Menschen mit Behinderungen zu erbringen; |
49. |
fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nachdrücklich auf, den Umfang und die Qualität der Barrierefreiheit in all ihren Gebäuden zu verbessern und die vorhandenen Hindernisse auf ihren Websites bzw. in Bezug auf ihre Aussprachen und Unterlagen zu beseitigen, d. h. die erzeugten Informationen barrierefrei zugänglich zu machen, indem beispielsweise Übersetzungen in die Gebärdensprachen der einzelnen Mitgliedstaaten bereitgestellt sowie Dokumente in Braille-Schrift und in bürgernaher Sprache erstellt werden; |
50. |
erachtet es als sehr wichtig, die Belange der Barrierefreiheit rasch bei allen einschlägigen politischen Maßnahmen und Instrumenten zu berücksichtigen, auch in den Bereichen Vergabe öffentlicher Aufträge und Barrierefreiheit von Petitionen an das Parlament; |
51. |
fordert die zuständigen Dienststellen des Parlaments nachdrücklich auf, ihre Bemühungen fortzusetzen und das Projekt der dienststellenübergreifenden Arbeitsgruppe für Gebärdensprache in einem möglichst kurzen Zeitrahmen abzuschließen, um den Anträgen aus der Petition Nr. 1056/2016 nachzukommen, damit Petitionen in den in der Union gebräuchlichen internationalen und nationalen Gebärdensprachen eingereicht werden können und Gebärdende das Grundrecht auf Petition besser ausüben können; |
52. |
hebt hervor, dass Gebärdensprachdolmetschdienste und Übersetzungen in bürgernahe Sprache bereitgestellt werden müssen, damit Ausschusssitzungen, Plenarsitzungen und alle anderen Sitzungen des Europäischen Parlaments für Menschen mit Behinderungen barrierefrei zugänglich sind; |
Bekämpfung der Diskriminierung
53. |
stellt fest, dass es keine gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in den Mitgliedstaaten gibt; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Geiste gegenseitigen Vertrauens besser zusammenzuarbeiten und den in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannten Status anzuerkennen; unterstreicht, dass die Kommission anstrebt, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um den Umfang der gegenseitigen Anerkennung des Behindertenstatus in Bereichen wie der Mobilität der Arbeitskräfte zu erweitern und die Vorteile in Verbindung mit den Bedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen auszuweiten; hebt hervor, dass der Leistungsumfang des EU-Behindertenausweises ausgeweitet werden muss, damit gegenseitig anerkannte Leistungen für den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen ebenfalls einbezogen werden; betont in diesem Zusammenhang, dass bei der Einführung des EU-Behindertenausweises rasches Handeln geboten ist; weist erneut darauf hin, dass ein gemeinsames Verständnis des Begriffs Deinstitutionalisierung, der Umsetzung der Deinstitutionalisierung und des Begriffs eigenständige Lebensführung in der Gemeinschaft erforderlich ist, damit die Strategien der Mitgliedstaaten und die Vergabe von Mitteln aus den EU-Fonds besser mit dem Übereinkommen in Einklang gebracht werden können; |
54. |
stellt fest, dass der EU-Behindertenausweis in vielen Bereichen Anwendung finden könnte, sowohl hinsichtlich des diskriminierungsfreien Zugangs zu zahlreichen Dienstleistungen als auch im Hinblick auf die Sicherheit im Gefahren- und Notfall; weist darauf hin, dass mit dem Ausweis sichergestellt werden könnte, dass Menschen mit Behinderungen von den beteiligten Polizeikräften sofort als solche erkannt werden; |
55. |
bedauert, dass laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Kinder und Erwachsene mit Behinderungen einem höheren Gewaltrisiko als ihre Altersgenossen ohne Behinderungen ausgesetzt sind; hebt insbesondere hervor, dass im Vergleich zu Kindern ohne Behinderungen bei Kindern mit Behinderungen die Wahrscheinlichkeit, dass Gewalttaten an ihnen verübt werden, höher ist, und zwar 3,7-mal höher bei allen Arten von Gewalt, 3,6-mal höher bei körperlicher Gewalt und 2,9-mal höher bei sexueller Gewalt; hebt zudem hervor, dass Kinder mit geistiger Beeinträchtigung oder Intelligenzminderung diesbezüglich offenbar zu den am stärksten gefährdeten Kindern gehören, da bei ihnen ein 4,6-fach höheres Risiko als bei ihren Altersgenossen ohne Behinderungen besteht, dass sexuelle Gewalt an ihnen verübt wird; fordert daher nachdrücklich die Schaffung eines europäischen Rahmens für den Schutz von Menschen mit Behinderungen vor jeglicher Art von Gewalt; |
56. |
betont, dass dringend Unionsrechtsvorschriften erforderlich sind, mit denen die Bürgerinnen und Bürger vor allen Formen der Diskriminierung in der EU geschützt werden, und hält dies für eine vordringliche Angelegenheit, wenn es gilt, die Maßnahmen des Übereinkommens korrekt umzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Querschnittsrichtlinie gegen Diskriminierung, die von der Kommission im Jahr 2008 vorgelegt wurde, zu billigen; fordert die Kommission auf, eine alternative Lösung vorzulegen, um bei der Bekämpfung der Diskriminierung in allen Lebensbereichen in der gesamten EU so schnell wie möglich Fortschritte zu erzielen; |
57. |
verurteilt jegliche medizinische Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen aufs Schärfste; weist darauf hin, dass die einschlägigen Maßnahmen der Mitgliedstaaten mit dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Einklang stehen müssen und durch sie ein gleichberechtigter und diskriminierungsfreier Zugang zu Gesundheitsversorgung und Sozialdiensten sichergestellt sein muss; betont, dass bei der Reaktion auf zukünftige Gesundheitskrisen (von der Vorsorge bis zur Behandlung) sichergestellt sein muss, dass Menschen mit Behinderungen nicht außer Acht gelassen werden; fordert in diesem Zusammenhang die zuständigen Stellen nachdrücklich auf, Menschen mit Behinderungen die gleiche medizinische Behandlung zukommen zu lassen wie allen anderen Menschen, auch medizinische Intensivpflege; bekräftigt, dass die öffentlichen Gesundheitsdienste beim Schutz von Menschen mit Behinderungen stets eine zentrale Funktion übernehmen müssen; |
58. |
bekräftigt seine Forderung an die Kommission, gemeinsam mit dem Gerichtshof der Europäischen Union an Strategien für Kommunikation und Barrierefreiheit zu arbeiten, damit Menschen mit Behinderungen das Rechtssystem der Union in Anspruch nehmen können, ohne Formen der Diskriminierung ausgesetzt zu sein; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Programme zur Befähigung von Menschen mit Behinderungen fortzusetzen, die es ihnen ermöglichen, Fälle von Diskriminierung gegen sie zu erkennen und zu melden; |
59. |
verurteilt jedwede Form der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Maßnahmen einzuführen, mit denen auf die Vorbeugung von Mobbing aufgrund von Behinderung abgezielt wird; fordert die Mitgliedstaaten darüber hinaus auf, in Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern Maßnahmen einzuführen, mit denen Cybermobbing von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz vorgebeugt wird; |
60. |
betont, dass die Inhaftierung von Personen, deren Behinderung mit einer Inhaftnahme unvereinbar ist, verhindert werden muss und dass Alternativen zu Haftstrafen vorgesehen werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Grundprinzipien der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbots, der angemessenen Vorkehrungen und der Barrierefreiheit für Häftlinge mit Behinderungen geachtet werden; |
61. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, Informationen und bewährte Verfahren auszutauschen, insbesondere im Hinblick auf den Übergang von der institutionellen Betreuung zu einer eigenständigen Lebensführung, die Bereitstellung von barrierefreiem und erschwinglichem Wohnraum für Menschen mit Behinderungen und die Eingliederung in die Gemeinschaft; |
62. |
betont, dass angemessene Vorkehrungen, Barrierefreiheit und universelles Design entscheidend sind, um gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen vorzugehen; hebt hervor, dass für einen tatsächlich diskriminierungsfreien Zugang gesorgt werden muss, indem unter anderem die Hindernisse und Barrieren ermittelt und beseitigt werden, durch die Menschen mit Behinderungen der Zugang zu den der Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Gütern, Dienstleistungen und Einrichtungen erschwert wird; betont, dass ein wirksamer, diskriminierungsfreier Zugang für Menschen mit Behinderungen nach Möglichkeit zu denselben Bedingungen wie für Menschen ohne Behinderungen gewährt und der Einsatz von Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderungen mit entsprechendem Bedarf, darunter Mobilitäts- und Zugangshilfen und auch anerkannte Führungshunde und andere Assistenzhunde, gefördert werden sollte (31); weist erneut darauf hin, dass Barrierefreiheitsanforderungen in Absprache mit Menschen mit Behinderungen und den sie vertretenden Organisationen angenommen werden sollten, da deren Fachwissen für die Ermittlung von Zugangsbarrieren von wesentlicher Bedeutung ist; betont, dass angemessene Vorkehrungen, Barrierefreiheit und universelles Design entscheidend sind, um gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen vorzugehen; |
63. |
hebt die maßgebende Rolle der Personen hervor, die sich um Familienangehörige mit Behinderungen kümmern, indem sie sie in vielen Fällen betreuen und unterstützen; betont deshalb, dass die Familienangehörigen und das Pflegepersonal durch politische Maßnahmen und Strategien der Union und der Mitgliedstaaten nachdrücklich unterstützt werden müssen; hält es für unentbehrlich, ihre Rolle als Pflegepersonen unionsweit gegenseitig anzuerkennen; |
64. |
erachtet es als sehr wichtig, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, ihre Grundrechte gleichberechtigt auszuüben; hebt hervor, dass anerkannt werden muss, dass Menschen mit Behinderungen im Einklang mit Artikel 12 des Übereinkommens in allen Lebensbereichen die gleiche Rechts- und Geschäftsfähigkeit wie andere Personen genießen; fordert die Mitgliedstaaten auf, rechtzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit allen Arten von Behinderungen einen wirksamen, fairen und inklusiven Zugang zum Justizsystem und zur Strafverfolgung in allen Instanzen zu ermöglichen; betont, dass Einrichtungen und Dienstleistungen barrierefreien Zugang bieten müssen, damit für den gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Zugang zur Justiz und zum gesamten Rechtsweg gesorgt ist; |
65. |
hebt hervor, dass Finanzhilfen bereitgestellt werden müssen, damit Menschen mit Behinderungen Hilfspersonen fest oder zeitweilig anstellen oder Familienangehörige finanziell unterstützen können, da deren Betreuungsleistungen einen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeuten und da dies zur Unterstützung der Menschen mit Behinderungen und ihrer mithelfenden Familienangehörigen unbedingt notwendig ist; |
66. |
hebt hervor, dass Menschen mit Behinderungen eine gesellschaftliche Randgruppe und vom Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialleben ausgeschlossen sind; bedauert, dass bei Menschen mit Behinderungen, insbesondere solchen mit hohem Unterstützungsbedarf, häufig die Gefahr besteht, dass sie in Einrichtungen untergebracht werden, während die derzeitige finanzielle Unterstützung durch die Mitgliedstaaten nicht ausreicht, insbesondere im Hinblick auf eine gemeinschaftsbasierte, personenzentrierte Unterstützung, mit der die Rechte von Menschen mit Behinderungen geschützt würden (32); |
67. |
betont, dass in Artikel 19 des Übereinkommens das Recht auf eine eigenständige Lebensführung und die Einbeziehung in die Gemeinschaft festgelegt ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, für ein Verfahren zu sorgen, das eine Veränderung der Lebensumstände von Menschen mit Behinderungen weg von der Unterbringung in Einrichtungen und hin zu einem System vorsieht, das gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und in dem Dienstleistungen in der Gemeinschaft nach dem Willen und Wunsch des Einzelnen erbracht werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, spezifische Ziele mit klaren Fristen in ihre Deinstitutionalisierungsstrategien aufzunehmen und die Umsetzung dieser Strategien angemessen zu finanzieren; |
68. |
bedauert, dass Menschen mit Behinderungen und ihre Unterstützungsnetze in der Impfstrategie der Union nicht zu den vorrangigen Gruppen zählten; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dass Menschen mit Behinderungen und ihren Unterstützungsnetzen vorrangiger Zugang zu Impfungen gewährt wird; fordert in diesem Zusammenhang, dass der Erhalt einer Impfung gegen COVID-19 auf der freien und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung der Menschen mit Behinderungen beruhen muss und dass die Autonomie und Rechtsfähigkeit aller Menschen mit Behinderungen, auch von Menschen mit geistiger Behinderung, Menschen mit psychosozialer Behinderung und Menschen mit Autismus, nicht durch Maßnahmen unter Berufung auf das öffentliche Wohl oder das Wohl der betroffenen Person gefährdet werden darf; |
69. |
fordert, dass auf der Ebene der Union und auf nationaler Ebene untersucht wird, warum die Zahl der COVID-19-Infektions- und Todesfälle in Pflegeheimen, Wohneinrichtungen für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen und anderen sozialen Einrichtungen unverhältnismäßig hoch war, damit die Ursachen erkannt, die Verantwortlichen ermittelt und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um solche Fälle in Zukunft zu verhindern; |
70. |
fordert, dass Orte, an denen Impfungen durchgeführt werden, physisch barrierefrei zugänglich sind und dass vor Ort Beratung und Hilfe für die Menschen angeboten wird, die sie benötigen; fordert, soweit erforderlich, Programme für unentgeltliche oder kostengünstige gezielte barrierefreie Verkehrsmittel; |
Beschäftigung und Soziales
71. |
ist besorgt über die hohen Arbeitslosenquoten bei Menschen mit Behinderungen, insbesondere bei Frauen mit Behinderungen, im Vergleich zu anderen Gruppen in der Union; fordert die Mitgliedstaaten auf, einen rechtlichen und politischen Rahmen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und insbesondere von Frauen mit Behinderungen, einschließlich derjenigen mit versteckten Behinderungen, chronischen Krankheiten oder Lernbehinderungen, am Arbeitsmarkt zu schaffen und zu fördern; |
72. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, einen intersektionalen Ansatz zu verfolgen, insbesondere bei ihren Strategien und Maßnahmen zur Schaffung inklusiver Beschäftigung; bedauert, dass Mehrfachdiskriminierung und sich überschneidende Diskriminierung in der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 nicht ausreichend berücksichtigt wird; fordert die Kommission daher auf, bei der Umsetzung der Strategie besonderes Gewicht auf Intersektionalität zu legen und in Bezug auf die Vielfalt am Arbeitsplatz klare, messbare und hochgesteckte Ziele unter Berücksichtigung der Heterogenität von Menschen mit Behinderungen festzulegen, um Mehrfachdiskriminierung und sich überschneidende Diskriminierung zu bekämpfen; erachtet es als sehr wichtig, die Wirksamkeit der Strategie unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und der Organisationen, die sie vertreten, zu überwachen; |
73. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Sozialunternehmen zu fördern und zu unterstützen, die sich auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen konzentrieren, da diese Unternehmen ein Multiplikator sind, um die Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsplätzen zu fördern; |
74. |
legt den Mitgliedstaaten nahe, Menschen mit erheblichen und schweren Behinderungen den frühzeitigen Zugang zu öffentlichen Rentensystemen zu ermöglichen, um das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung im Alter zu bekämpfen; |
75. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, gegen die Unterausstattung und Unterfinanzierung der öffentlichen Arbeitsagenturen vorzugehen, um die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen zu verbessern; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Verbindungen zwischen öffentlichen Arbeitsagenturen und privaten Arbeitsvermittlungsstellen zu stärken; |
76. |
hebt hervor, dass den mit den Anforderungen des Übereinkommens im Einklang stehenden Werkstätten für Menschen mit Behinderungen beim Übergang von Menschen mit Behinderungen in den offenen Arbeitsmarkt eine konstruktive Funktion zukommt; |
77. |
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, auf Rechten basierende, inklusive und menschenwürdige Modelle der individuellen Arbeitsvermittlung und Unterstützung („unterstützte Beschäftigung“) als Mittel für den Übergang von Menschen mit Behinderungen in den offenen Arbeitsmarkt, wo dies möglich ist, zu fördern; |
78. |
fordert die Kommission auf, so schnell wie möglich mit der Überarbeitung der Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf zu beginnen, um sie vollständig mit den Bestimmungen des Übereinkommens in Einklang zu bringen und ein Beteiligungsverfahren umzusetzen, mit dem eine unmittelbare und uneingeschränkte Einbeziehung von Organisationen sichergestellt werden soll, die Menschen mit Behinderungen vertreten; |
79. |
weist darauf hin, dass Beschäftigungsförderungsprogramme, insbesondere im Wege der Mitfinanzierung durch die öffentliche Hand, nicht dazu dienen sollten, die Lohnkosten für Menschen mit Behinderungen zu senken; weist darauf hin, dass die Einstellung von Menschen mit Behinderungen bezüglich der Entlohnung und der Arbeitszeitregelungen auf den Rahmenbedingungen beruhen muss, die für die Beschäftigung anderer Arbeitskräfte gelten, wobei dieser Rahmen an die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen anzupassen ist; ist der Ansicht, dass Menschen mit Behinderungen nicht in den offenen Arbeitsmarkt einbezogen werden können, wenn ein allgemeiner Rahmen für die Regulierung der Beschäftigung und die Förderung von Lohn- und Tarifverhandlungen fehlt; |
80. |
betont, dass finanzielle Unterstützung erforderlich ist, damit Menschen mit Behinderungen besonders qualifizierte Hilfspersonen fest oder zeitweilig anstellen können; |
81. |
fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für eine angemessene Koordinierung der sozialen Sicherheit für Menschen mit Behinderungen zu sorgen, indem sie unter anderem sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen auch dann weiter Unterstützungsleistungen für ihre behinderungsbedingten Zusatzkosten erhalten, wenn sie in den Arbeitsmarkt eintreten oder eine bestimmte Einkommensschwelle überschreiten, damit ihre Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt und dazu beigetragen wird, ihre Würde und Gleichheit zu wahren; ist der Überzeugung, dass dies durch Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und durch Konsultationen mit Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, erfolgen sollte; |
82. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, Informationen und bewährte Verfahren auszutauschen, insbesondere im Hinblick auf den Übergang von der institutionellen Betreuung zu einer eigenständigen Lebensführung, die Bereitstellung von barrierefreiem und erschwinglichem Wohnraum für Menschen mit Behinderungen und die Eingliederung in die Gemeinschaft; |
83. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zur Beseitigung des anhaltenden Beschäftigungsgefälles bei Menschen mit Behinderungen zu verstärken und den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu hochwertigen Dauerarbeitsplätzen zu fördern; begrüßt in diesem Zusammenhang den Vorschlag der Kommission im Aktionsplan der europäischen Säule sozialer Rechte, das Beschäftigungsgefälle bei Menschen mit Behinderungen in das überarbeitete sozialpolitische Scoreboard aufzunehmen; |
84. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vollständig umzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Beschäftigungsaussichten für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln, indem sie ihre Umsetzung der Richtlinie, insbesondere von Artikel 5 über angemessene Vorkehrungen, verbessern und Unionsmittel und Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen investieren; |
85. |
betont, dass die passgenaue Stellenbesetzung, die gezielt ausgerichtete Arbeitsvermittlung, die duale Ausbildung, die berufsbegleitende Einarbeitung und die Unterstützung bei der Ausbildung und Möglichkeiten für die berufliche Entwicklung eine wichtige Funktion dabei haben, Menschen mit Behinderungen zu helfen, eine bezahlte Beschäftigung zu finden und zu sichern; |
86. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass der Arbeitsmarkt und das Arbeitsumfeld für Menschen mit Behinderungen offen, inklusiv und barrierefrei sind, die Arbeitsvermittlungsdienste zu unterstützen und das Bewusstsein für die Praxis der Inklusion am Arbeitsplatz auf dem offenen Arbeitsmarkt zu schärfen, angemessene Anreize und Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen, insbesondere Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen, zu schaffen, die Menschen mit Behinderungen einstellen und ausbilden, und dafür zu sorgen, dass allgemeine Programme zur selbstständigen Erwerbstätigkeit für Menschen mit Behinderungen zugänglich und eine Stütze für sie sind; |
87. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, Anpassungsmaßnahmen am Arbeitsplatz zu fördern und Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz zu ergreifen; fordert die Kommission auf, im künftigen Strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz den Arbeitnehmern mit Behinderungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und ambitionierte Ziele festzulegen; |
88. |
fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Arbeitsplatzquoten für Menschen mit Behinderungen einzuführen, um Inklusion am Arbeitsplatz zu fördern; |
Vergabe öffentlicher Aufträge und Unionsmittel
89. |
weist erneut darauf hin, dass Vergabeverfahren in den Mitgliedstaaten so durchgeführt und abgeschlossen werden müssen, dass die Grundrechte der Begünstigten, einschließlich Menschen mit Behinderungen, vollständig gewahrt bleiben; weist darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Rechtsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge an das Übereinkommen halten müssen, insbesondere in Verbindung mit der Auswahl der Kommunikationsmittel, der technischen Spezifikationen, der Vergabekriterien und der Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags; |
90. |
weist erneut darauf hin, dass eine gute Struktur der öffentlichen Dienste, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, von wesentlicher Bedeutung ist, um die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Unionsmittel zur Verbesserung dieser Dienste und der entsprechenden Infrastruktur zu verwenden, ganz im Sinne der Initiativen „REACT-EU“ und „NextGenerationEU“; |
91. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in den endgültigen Inhalt der Partnerschaftsvereinbarungen über die europäischen Struktur- und Investitionsfonds und in die Programme dieser Fonds die Ziele und Ansätze aufzunehmen, mit denen die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen verbessert werden, wobei die Grundsätze der Barrierefreiheit und des Diskriminierungsverbots zu beachten sind, und in Chancengleichheit und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu investieren, unter anderem um den Übergang vom Leben in einer Einrichtung zum Leben in einer Gemeinschaft zu fördern; fordert die Kommission auf, die Verwendung von Unionsmitteln im Einklang mit dem Übereinkommen streng zu überwachen; betont, dass eine graduelle Angleichung der Definitionen von Barrierefreiheit, Teilhabe und Leben in einer Gemeinschaft erforderlich ist, um den Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken; |
92. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die durch die entsprechenden Unionsmittel für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen gebotenen Möglichkeiten zu nutzen, um die uneingeschränkte Barrierefreiheit des öffentlichen Raums und der Infrastruktur sicherzustellen und zu unterstützen; bedauert, dass die Unionsmittel in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiterhin für den Bau neuer abgesonderter Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen verwendet werden; |
93. |
unterstreicht, dass Mittel in angemessener Höhe für die Vorrichtungen, die Menschen mit Behinderungen benötigen, bereitgestellt werden müssen, damit sie die besten verfügbaren Technologien und Gerätschaften für ihr tägliches Leben, ihre Beschäftigung und ihre gesellschaftliche Teilhabe nutzen können; |
94. |
betont, dass Unionsmittel keinesfalls dafür verwendet werden sollten, Produkte, Dienstleistungen oder Infrastruktur zu finanzieren, die nicht barrierefrei sind bzw. ist; |
95. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Programme und Strategien zur Entwicklung des ländlichen Raums besondere Maßnahmen für im ländlichen Raum lebende Menschen mit Behinderungen enthalten, und diese Menschen mit Behinderungen in die Gestaltung und Umsetzung dieser Programme und Strategien einzubeziehen; |
Digitalisierung
96. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die mit der Digitalisierung und digitalen Lösungen verbundenen Möglichkeiten und Potenziale zu erkunden und den Wert unterstützender und adaptiver Technologien für Menschen mit Behinderungen anzuerkennen, wobei der Schutz personenbezogener Daten und ethische Belange gebührend zu berücksichtigen sind; weist darauf hin, dass das Potenzial der Nutzung digitaler Instrumente und unterstützender Technologien davon abhängt, ob Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben, digitale Kompetenzen zu entwickeln; betont, dass Angehörige schutzbedürftiger Gruppen, etwa Menschen mit Behinderungen durch den Erwerb der notwendigen digitalen Kompetenzen und von Kenntnissen im Bereich KI in die Lage versetzt werden können, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen; |
97. |
weist darauf hin, dass die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, dass die gesamte Bevölkerung in der Lage sein sollte, ohne Diskriminierung oder Ausgrenzung einen Nutzen aus dem digitalen Wandel zu ziehen; betont, dass IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien) für die Mobilität, die Kommunikation und den Zugang zu öffentlichen Diensten besonders wichtig sind; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch die Bereitstellung der entsprechenden Mittel für ihren Zugang zu öffentlichen Online-Diensten konkret zu fördern; |
98. |
fordert die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, in ihrer Infrastruktur und bei ihren Dienstleistungen und digitalen Diensten die strengsten Vorgaben für die Barrierefreiheit zu befolgen und alle erdenklichen Anstrengungen zu unternehmen, um ihre Dokumente im Zusammenhang mit Legislativverfahren in einem nutzungsfreundlichen und barrierefreien Format zu veröffentlichen und sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen ordnungsgemäß und uneingeschränkt Zugang zu ihren Websites und Kontaktformularen haben; legt den Mitgliedstaaten nahe, Programme auszuarbeiten, mit denen Menschen mit Behinderungen durch Sport-, Kunst-, Kultur- und Freizeitaktivitäten in die Gesellschaft integriert und ihre uneingeschränkte Teilhabe am politischen Prozess gefördert werden sollen; |
Forschung
99. |
fordert die Kommission auf, weitere Forschungsarbeiten in Bezug auf den Einfluss und die gesundheitlichen Auswirkungen von neuen Technologien auf Menschen mit Behinderungen durchführen zu lassen, beispielsweise von LED-Lampen auf lichtempfindliche Personen; |
100. |
weist erneut darauf hin, dass vergleichbare und zuverlässige Daten aus der Union erforderlich sind, wenn angemessene und wirksame Strategien ausgearbeitet und Lösungen ermittelt werden sollen, die auf die Bedürfnisse aller Menschen mit Behinderungen in der Union zugeschnitten sind; fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um einen gemeinsamen Rahmen für unionsweite Statistiken über Einzelpersonen und Haushalte zu verstärken, um verlässliche Daten über die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf den verschiedenen Ebenen und an den verschiedenen Arten von Bildung und Beschäftigung sowie am gesellschaftlichen Leben zu erheben; |
101. |
betont, dass in den Bereichen Beschäftigung und Unternehmertum von Menschen mit Behinderungen in Innovation und Forschung investiert werden muss, um ihr finanzielles Überleben und ihre Teilhabe am Wirtschaftsleben und am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen; |
102. |
betont, dass Forschung und Innovation im Bereich barrierefreier Technologien verstärkt werden müssen, um die Inklusivität der Arbeitsmärkte zugunsten von Menschen mit Behinderungen zu stärken; betont, dass IKT für Menschen mit Behinderungen sehr wichtig sind, was Mobilität und Kommunikation sowie den Zugang zu öffentlichen Diensten anbelangt; |
Bildung
103. |
begrüßt, dass die Mitgliedstaaten bereit sind, eine inklusive Bildungspolitik zu betreiben; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Kapazitäten ihrer Bildungssysteme zu erweitern, um allen Lernenden hochwertige barrierefreie Bildung zur Verfügung zu stellen, und zwar durch die Förderung spezifischer Maßnahmen und personalisierter Unterstützung, z. B. barrierefreie und maßgeschneiderte Lehrpläne und Lernmaterialien, barrierefreie IKT und eine angemessene digitale Bildung; fordert die Kommission auf, der Garantie für Kinder einen höheren Stellenwert beizumessen und Auszeichnungen für barrierefreie Schulen in Erwägung zu ziehen, wenn es darum geht, für die Gleichbehandlung von Kindern mit Behinderungen Sorge zu tragen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften im Hinblick auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu investieren; weist erneut darauf hin, dass durch die Umsetzung und Inanspruchnahme der einschlägigen Finanzierungsprogramme der Union zum Übergang zu einer inklusiven Bildung beigetragen werden sollte; betont, dass Menschen mit Behinderungen der Zugang zu Bildung garantiert werden sollte, auch während Krisen wie der COVID-19-Pandemie, und dass die Mitgliedstaaten gegen alle Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung in diesem Bereich vorgehen sollten; betont, dass die Teilnahme junger Menschen mit Behinderungen an der Ausbildung unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse erhöht werden muss, was ihnen einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen würde; stellt fest, dass es für Kinder, die einer sprachlichen Minderheit angehören und besondere pädagogische Bedürfnisse haben, vorteilhaft ist, in der frühen Schulbildung in ihrer Muttersprache zu lernen, wenn es für sie schwierig ist, Sprache zu verwenden und zu kommunizieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, für Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen den Zugang zu Unterricht in Minderheitensprachen sicherzustellen; |
104. |
weist darauf hin, dass inklusive Programme für die Bildung und Berufsbildung zwei der wichtigsten Voraussetzungen für mehr Inklusion auf dem Arbeitsmarkt sind; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die künftige Herangehensweise der Union an Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit barrierefrei und inklusiv ist und an dieser Herangehensweise deutlich wird, wie die Verwirklichung des Rechts auf Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen verbessert werden kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Chancen zu nutzen, die die verbesserte Jugendgarantie für die Beschäftigung, die Bildung, das Praktikum oder die Ausbildung junger Menschen mit Behinderungen bietet, um den gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderungen und die Einführung maßgeschneiderter Maßnahmen sicherzustellen; |
105. |
betont, dass es für Kinder mit Behinderungen, ihre Eltern und ihre Pflegepersonen wichtig ist, frühzeitig, individuell und umfassend unterstützt zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, Kindern mit Behinderungen und besonderen pädagogischen Bedürfnissen besondere Aufmerksamkeit zu schenken; |
106. |
weist darauf hin, dass Maßnahmen im Bereich der frühkindlichen Bildung wichtig sind und Kinder mit Behinderungen von frühester Kindheit an am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und in die Gesellschaft einbezogen werden müssen; weist darauf hin, dass die Finanzierungsmöglichkeiten für Inklusion in der Bildung — soweit es möglich und ratsam ist — aufgestockt werden müssen, sowohl zur Förderung der inklusiven Bildung für Kinder mit oder ohne Behinderungen als auch zur Finanzierung der Forschung im Bereich der Inklusion in der Bildung; hält es für notwendig, den Einsatz von neuen Technologien — unter anderem von IKT, Mobilitätshilfen, Hilfsmitteln und unterstützenden Technologien, die sich für Menschen mit Behinderungen eignen — zu fördern; betont, dass Bildung von zentraler Bedeutung für die individuelle Entwicklung ist und dass ein barrierefreies Lernumfeld Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit bietet, zu allen Aspekten der Gesellschaft vollumfänglich beizutragen; |
107. |
betont, dass Menschen mit Behinderungen durch die Förderung inklusiver Bildung und flexibler Beschäftigungsformen, die ihren Anforderungen entsprechen (wie Telearbeit oder flexibles und autonomes Arbeiten), und durch die uneingeschränkte Einbeziehung der Behindertenverbände in die Ausarbeitung von Inklusionsstrategien vollständig in die Arbeitswelt integriert werden müssen; |
108. |
betont, dass Menschen mit Behinderungen oft über hochentwickelte Kompetenzen und Qualifikationen verfügen, denen wenig Wertschätzung entgegengebracht wird; stellt fest, dass dadurch verhindert wird, dass sie sich verwirklichen können und die Gesellschaft sich den sozialen und wirtschaftlichen Wert ihrer Inklusion erschließt; |
109. |
vertritt mit Nachdruck die Ansicht, dass die Mitgliedstaaten Kinder mit Behinderungen angemessen unterstützen sollten, damit die öffentliche Bildung zum Rückgrat des individualisierten pädagogischen Paradigmas dieser Kinder werden kann; |
110. |
stellt fest, dass Schule und Sport von entscheidender Bedeutung dafür sind, wie Kinder mit Behinderungen, insbesondere Kinder mit Autismus, aufwachsen und sich entwickeln; bedauert, dass ihnen diese grundlegenden Aktivitäten während der Pandemie aufgrund des Fernunterrichts verwehrt waren; verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Beschulung dieser Kinder in den Öffnungsstrategien der Mitgliedstaaten Vorrang eingeräumt wird; |
111. |
schlägt vor, Projekte zur Sensibilisierung für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen auszuarbeiten, bei denen die Kraft kultureller Instrumente, z. B. durch die Förderung von Kulturveranstaltungen, als Teil einer breiteren Bildungsstrategie zur Förderung und zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen konstruktiv genutzt wird; |
112. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, bis 2025 die Leitlinien zu erfüllen, die die Kommission in ihrer Mitteilung über den Europäischen Bildungsraum in Bezug auf die Pflicht der Regierungen vorgelegt hat, Inklusion in der Bildung in allen Bereichen der Aus- und Weiterbildung gemäß den Verpflichtungen des Übereinkommens zu fördern; fordert, dass in der Bildungspolitik auf der Ebene der Union und auf nationaler und regionaler Ebene ein Inklusionssystem umgesetzt wird, das es ermöglicht, Lernende mit Behinderungen in das allgemeine Schulsystem zu integrieren, um Diskriminierung gleich welcher Art zu verhindern; |
Schutz der Rechte von Frauen mit Behinderungen
113. |
begrüßt die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 und die darin enthaltenen Hinweise auf die besonderen Herausforderungen, mit denen Frauen und Mädchen mit Behinderungen konfrontiert sind; fordert, dass die Überschneidungen zwischen Geschlecht und Behinderung in allen Politikbereichen, Programmen und Initiativen der EU sowie in den nationalen Aktionsplänen der Mitgliedstaaten durchgängig berücksichtigt werden; fordert, dass die bestehenden und künftigen Finanzierungsinstrumente der EU optimiert werden, um Barrierefreiheit und das Diskriminierungsverbot zu fördern; |
114. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, für die uneingeschränkte Entwicklung, Förderung und Stärkung der Rolle von Frauen mit Behinderungen zu sorgen und ihre Teilhabe an der öffentlichen Entscheidungsfindung zu fördern; weist darauf hin, dass angemessene Maßnahmen ergriffen werden sollten, damit die Sichtweisen von Frauen mit Behinderungen in vollem Umfang berücksichtigt werden und gemeinsam mit Beratungsgremien für Menschen mit Behinderungen die Beteiligung von Organisationen, die Frauen mit Behinderungen vertreten, gefördert wird; |
115. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich dringend des Problems der geschlechtsspezifischen Gewalt anzunehmen, mit der Frauen und Mädchen mit Behinderungen in unverhältnismäßigem Ausmaß konfrontiert sind, und zwar im Rahmen des Übereinkommens von Istanbul und durch die Aufnahme bestimmter Formen geschlechtsspezifischer Gewalt in die in Artikel 83 Absatz 1 AEUV genannten Kriminalitätsbereiche; fordert die Kommission auf, diesen Passus als Rechtsgrundlage heranzuziehen, um bindende Maßnahmen und eine allumfassende Rahmenrichtlinie der Union vorzuschlagen, mit denen bzw. der allen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt vorgebeugt und gegen sie vorgegangen wird; fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Bedürfnisse von Frauen mit Behinderungen in Initiativen zur Unterstützung der Opfer im Rahmen der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter und der Strategie für die Rechte von Opfern einbezogen werden und dass die Unterstützung der Opfer im Einklang mit dem Grundsatz der Barrierefreiheit gestaltet wird; |
116. |
bedauert die geschlechtsbezogene Diskriminierung, die Frauen und Mädchen mit körperlichen und kognitiven Behinderungen im medizinischen Bereich erfahren; ist der Ansicht, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen uneingeschränkten und gleichberechtigten Zugang zu medizinischen Behandlungen haben müssen, die ihren besonderen Bedürfnissen entsprechen, und zwar über eine behindertengerechte Gesundheitsversorgung und entsprechende allgemeine Dienstleistungen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass medizinisches Fachpersonal im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen mit Behinderungen weitergebildet wird und dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen alle entsprechenden Informationen erhalten, damit sie Entscheidungen in Bezug auf ihre Gesundheit frei treffen können; |
117. |
fordert die universelle Achtung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte und des Zugangs dazu; bedauert die Rückschritte im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen in einigen Ländern, was Frauen und Mädchen mit Behinderungen besonders schadet, da sie beim Zugang zur Gesundheitsversorgung mit zusätzlichen Hindernissen konfrontiert sind; erachtet es als sehr wichtig, dass die Mitgliedstaaten alle Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um gegen Zwangssterilisierungen vorzugehen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, mit öffentlichen Investitionen den uneingeschränkten Zugang von Frauen und Mädchen mit Behinderungen zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten sicherzustellen; bedauert, dass Mädchen mit Behinderungen die Sexualerziehung oft verwehrt wird; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, für eine umfassende und inklusive Sexualerziehung zu sorgen; |
118. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, für ein barrierefreies Bildungssystem zu sorgen, das frei von Stereotypen ist, Maßnahmen für Inklusion in der Bildung enthält, mit denen Frauen und Mädchen mit Behinderungen auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden, wobei der besondere Schwerpunkt auf digitalen Kompetenzen und lebenslangem Lernen liegt, und fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, dafür Sorge zu tragen, dass Mädchen und Frauen mit Behinderungen ihre Fächer wählen können, damit sie in die Lage versetzt werden, einen Beruf entsprechend ihren Wünschen zu wählen, in dem sie sich vollständig verwirklichen können, ohne dass sie durch Barrieren, Vorurteile oder Stereotype darin eingeschränkt werden; stellt fest, dass zwischen Bildung und den anschließenden Beschäftigungschancen ein Zusammenhang besteht; betont, dass ein uneingeschränkter Zugang zu Bildung erforderlich ist, um gegen das geschlechtsbedingte Gefälle bei der Beschäftigung vorzugehen; |
119. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, etwas gegen das Beschäftigungsdefizit zu unternehmen, mit dem Frauen mit Behinderungen konfrontiert sind, indem man insbesondere Geschlechterstereotypen bekämpft, die Teilhabe von Frauen mit Behinderungen an der digitalen Wirtschaft stärkt, ihre Vertretung in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Beschäftigung in MINT-Fächern und entsprechenden Berufen erhöht und Hürden bei der Arbeitssuche wie sexuelle Belästigung beseitigt; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, mit denen sichergestellt wird, dass Frauen mit Behinderungen durch strenge Auflagen im Bereich der Lohntransparenz an Entscheidungsprozessen teilhaben und gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten, dass etwas gegen ihr hohes Risiko, von Armut trotz Erwerbstätigkeit betroffen zu sein, unternommen wird und dass Arbeitsregelungen wie flexible Arbeitszeit und Elternurlaub an ihre besonderen Bedürfnisse angepasst werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Geschäftsmodelle und Initiativen der Sozialwirtschaft zu unterstützen, mit denen die gesellschaftliche und berufliche Eingliederung von Frauen mit Behinderungen gemäß dem Aktionsplan zur Sozialwirtschaft unterstützt wird; |
120. |
stellt fest, dass mehr Daten und Informationen erhoben werden müssen, um die Umstände, mit denen Frauen und Mädchen mit Behinderungen konfrontiert sind, besser verstehen zu können; fordert, dass mit einschlägigen, aussagekräftigen und nach Geschlecht und Behinderung aufgeschlüsselten Daten den Herausforderungen Rechnung getragen wird, die sich für Frauen mit Behinderungen insbesondere auf dem Arbeitsmarkt stellen; |
o
o o
121. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, dem Ausschuss der Regionen und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Vereinten Nationen zu übermitteln. |
(1) ABl. L 23 vom 27.1.2010, S. 35.
(2) ABl. C 340 vom 15.12.2010, S. 11.
(3) ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14.
(4) ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70.
(5) ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1.
(6) ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36.
(7) ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 79.
(8) ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.
(9) ABl. C 137 E vom 27.5.2010, S. 68.
(10) ABl. L 167 vom 12.6.1998, S. 25.
(11) ABl. L 223 vom 22.6.2021, S. 14.
(12) ABl. C 316 vom 6.8.2021, S. 2.
(13) ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 8.
(14) ABl. C 371 vom 15.9.2021, S. 6.
(15) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0161.
(16) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0075.
(17) ABl. C 363 vom 28.10.2020, S. 164.
(18) Einführende Bemerkungen von Kommissionsmitglied Dalli vom 3. März 2021 zu der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030.
(19) Eurostat, „Functional and activity limitations statistics“ (Statistik über funktionelle Einschränkungen und Einschränkungen der Aktivität), Auswertung der Daten im Dezember 2020.
(20) Eurostat: „Archive: Disability statistics — access to education and training“, aufgerufen am 29. Juli 2021.
(21) Anhänge des Vorschlags für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht der Kommission und des Rates vom 17. Dezember 2019 als Begleitunterlage zur Mitteilung der Kommission zur jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020 (COM(2019)0653), S. 89.
(22) Eurostat, „Functional and activity limitations statistics“ (Statistik über funktionelle Einschränkungen und Einschränkungen der Aktivität), aufgerufen am 6. Juli 2021.
(23) Eurostat, „Disability: higher risk of poverty or social exclusion“ (Behinderung: höheres Risiko von Armut und Ausgrenzung), aufgerufen am 6. Juli 2021.
(24) Eurostat — „European Union Statistics on Income and Living Conditions“ (Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingungen), aufgerufen am 2. Juli 2021.
(25) Entschließung des Europäischen Parlaments zur Situation von Frauen mit Behinderungen.
(26) Gleichstellungsindex 2020.
(27) Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020.
(28) ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.
(29) Studie des Parlaments vom 1. Oktober 2018 mit dem Titel „2018 Update of the Study on the protection role of the Committee on Petitions in the context of the implementation of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities“ (Aktualisierte Fassung 2018 der Studie zur Schutzfunktion des Petitionsausschusses im Zusammenhang mit der Durchführung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen).
(30) Präsentation der Kommission vom 10. Januar 2014 mit dem Titel „Economic impact and travel patterns of accessible tourism in Europe: Presentation of the key study findings“ (Wirtschaftliche Auswirkungen und Reiseverhalten des barrierefreien Tourismus in Europa — Präsentation der wichtigsten Studienergebnisse).
(31) Petitionen Nr. 1140/2015, 0857/2016, 0535/2017 und 1140/2015 und 0988/2020.
(32) https://www.edf-feph.org/independent-living-and-de-institutionalisation-policy/
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/151 |
P9_TA(2021)0415
Bankenunion — Jahresbericht 2020
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu dem Thema „Bankenunion — Jahresbericht 2020“ (2020/2122(INI))
(2022/C 132/12)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Juni 2020 zum Thema „Bankenunion — Jahresbericht 2019“ (1), |
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unter Hinweis auf die Rückmeldungen der Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) zu der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Juni 2020 zum Thema „Bankenunion — Jahresbericht 2019“, |
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unter Hinweis auf den EZB-Jahresbericht vom 23. März 2021 zur Aufsichtstätigkeit 2020 (2), |
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unter Hinweis auf den EZB-Jahresbericht vom 19. März 2020 zur Aufsichtstätigkeit 2019 (3), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2019 zum ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern bei Nominierungen für Positionen im Bereich Wirtschaft und Währung auf EU-Ebene (4), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kommission zum digitalen Finanzwesen: neu auftretende Risiken bei Kryptoanlagen — Herausforderungen in Bezug auf Regulierung und Aufsicht im Bereich Finanzdienstleistungen, Finanzinstitute und Finanzmärkte (5), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Oktober 2020 zu der Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion: Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln am Kapitalmarkt, insbesondere durch KMU, und Verbesserung der Beteiligungsmöglichkeiten für Kleinanleger (6), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2021 zur Stärkung der internationalen Rolle des Euro (7), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2021 zu dem Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2020 (8), |
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unter Hinweis auf den Bericht der hochrangigen Task Force des Eurosystems für die digitale Zentralbankwährung vom Oktober 2020 über einen digitalen Euro (9), |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Rates für Finanzstabilität (FSB) vom 9. Oktober 2020 mit dem Titel „The Use of Supervisory and Regulatory Technology by Authorities and Regulated Institutions — Market developments and financial stability implications“ (Der Einsatz von Aufsichts- und Regulierungstechnologie durch Behörden und regulierte Institute — Marktentwicklungen und Auswirkungen auf die Finanzstabilität) (10), |
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unter Hinweis auf das Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Währung an den Präsidenten der Euro-Gruppe vom 22. Juli 2020, |
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unter Hinweis auf die Reaktion des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB)/der Europäischen Bankenaufsicht vom August 2020 auf die öffentliche Konsultation der Kommission zu einer neuen Strategie zur Digitalisierung des Finanzsektors in Europa/FinTech-Aktionsplan (11), |
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unter Hinweis auf den Bericht der fünf Präsidenten vom 22. Juni 2015 mit dem Titel „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“, |
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unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 24. November 2015 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems (COM(2015)0586), |
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unter Hinweis auf die 2010 geschlossene Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission, |
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unter Hinweis auf die Empfehlung der EZB vom 15. Dezember 2020 zu Dividendenausschüttungen während der COVID-19-Pandemie (12), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 16. Dezember 2020 über den Abbau notleidender Kredite nach der COVID-19-Pandemie (COM(2020)0822), |
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unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) vom Oktober 2020 mit dem Titel „EU Non-bank Financial Intermediation Risk Monitor 2020“ (Risikomonitor für Finanzintermediation durch Nichtbanken in der EU 2020) (13), |
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unter Hinweis auf den Bericht der EBA vom Dezember 2020 mit dem Titel „Risk Assessment of the European Banking System“ (Risikobewertung des Europäischen Bankensystems) (14), |
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unter Hinweis auf die von seiner Generaldirektion Interne Politikbereiche im September 2020 veröffentlichte Studie zum Thema „Regulatory Sandboxes and Innovation Hubs for FinTech“ (15) (Regulatorische „Sandkästen“ und Drehscheiben für Innovation im FinTech-Bereich), |
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unter Hinweis auf die von der Euro-Gruppe auf ihrer Sitzung vom 30. November 2020 vereinbarte Erklärung, |
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unter Hinweis auf die vom Euro-Gipfel auf seinen Tagungen vom 30. November und 11. Dezember 2020 vereinbarten Erklärungen, |
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unter Hinweis auf die im Rahmen des Euro-Gipfels im inklusiven Format abgegebene Erklärung vom 11. Dezember 2020 zur Reform des ESM und zur frühzeitigen Einführung der Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds, |
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unter Hinweis auf das von der EBA veröffentlichte vierteljährliche Risiko-Dashboard für das vierte Quartal 2020 (16), |
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unter Hinweis auf den Financial Stability Review (Finanzstabilitätsbericht) der EZB vom November 2020, |
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unter Hinweis auf den von den Dienststellen der Kommission, der EZB und dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss (SRB) gemeinsam erstellten Monitoringbericht vom November 2020 über Indikatoren für die Risikominderung (17), |
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unter Hinweis auf den Bericht des Gemeinsamen Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden vom März 2021 über die Risiken und Schwachstellen im EU-Finanzsystem („Joint Committee Report on Risks and Vulnerabilities in the EU Financial System“) (18), |
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unter Hinweis auf den Jahreswirtschaftsbericht 2020 der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, |
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unter Hinweis auf den Entwurf einer Vereinbarung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zur Schaffung eines Rahmens für die Zusammenarbeit bei der Regulierung von Finanzdienstleistungen, |
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unter Hinweis auf die Briefings vom Januar 2021 mit den Titeln „Review of the bank crisis management and deposit insurance frameworks“ (Überprüfung des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und für die Einlagensicherung) und „Banking Union: Postponed Basel III reforms“ (Bankenunion: Vertagte Basel-III-Reformen) sowie vom Oktober 2020 mit dem Titel „European Parliament’s Banking Union reports in 2015-2019“ (Berichte des Europäischen Parlaments zur Bankenunion im Zeitraum 2015–2019), veröffentlicht vom Referat Unterstützung des wirtschaftspolitischen Handelns seiner Generaldirektion Interne Politikbereiche, |
— |
unter Hinweis auf die Konsultation der Kommission zur Überprüfung des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und für die Einlagensicherung (19), |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des SRB vom Dezember 2020 mit dem Titel „Expectations for Banks“ (Erwartungen an die Banken) (20), |
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unter Hinweis auf das EZB-Dokument Nr. 251 der Occasional Paper Series mit dem Titel „Liquidity in resolution: comparing frameworks for liquidity provision across jurisdictions“ (21), |
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unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht des deutschen Ratsvorsitzes vom 23. November 2020 über die Stärkung der Bankenunion (22), |
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unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht des kroatischen Ratsvorsitzes vom 29. Mai 2020 über die Stärkung der Bankenunion (23), |
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unter Hinweis auf die Rede der SRB-Vorsitzenden Elke König vom Januar 2021 mit dem Titel „The crisis management framework for banks in the EU: what can be done with small and medium-sized banks?“ (Der Rahmen für das Krisenmanagement im Bankensektor in der EU: Wie ist mit kleinen und mittleren Banken umzugehen?) (24), |
— |
unter Hinweis auf den Abschlussbericht des FSB vom 1. April 2021 über die Bewertung der Auswirkungen von „too big to fail“-Reformen (25), |
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unter Hinweis auf den Blogeintrag der Vorsitzenden des SRB Elke König zum Ansatz des SRB für Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der Auswirkungen von COVID-19 (26) sowie auf ihren Besuch im Ausschuss für Wirtschaft und Währung am 27. Oktober 2020 (27), |
— |
unter Hinweis auf den Aufsichtsblogeintrag von Andrea Enria vom 9. Oktober 2020 mit dem Titel „Fostering the cross-border integration of banking groups in the banking union“ (Förderung der grenzüberschreitenden Integration von Bankengruppen in der Bankenunion) (28), |
— |
unter Hinweis auf den Bericht der EBA mit dem Titel „Competent authorities’ approaches to the anti-money laundering and countering the financing of terrorism supervision of banks“ (Aufsichtsansätze der zuständigen Behörden zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung) (29), |
— |
unter Hinweis auf den Aktionsplan der Kommission für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, der am 7. Mai 2020 veröffentlicht wurde, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht der EBA über den künftigen Rahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der EU (30), |
— |
unter Hinweis auf den Blogeintrag von Bruegel vom 7. Dezember 2020 mit dem Titel „Can the gap in the Europe’s internal market for banking services be bridged?“ (Kann die Lücke im europäischen Binnenmarkt für Bankdienstleistungen geschlossen werden?) (31), |
— |
unter Hinweis auf den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Abwicklungsplanung im Rahmen des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus“, der am 14. Januar 2021 veröffentlicht wurde, |
— |
gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0256/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass sich der Bankensektor insgesamt als widerstandsfähig gegenüber der durch COVID-19 ausgelösten Krise erwiesen hat, was auf die seit der weltweiten Finanzkrise vorgenommene regulatorische Überarbeitung zurückzuführen ist, die durch das Einheitliche Europäische Regelwerk und die einheitliche Aufsicht in der Bankenunion gefördert und durch außerordentliche öffentliche Entlastungsmaßnahmen und Kapitalerhaltungsmaßnahmen unterstützt wurde; |
B. |
in der Erwägung, dass die durch COVID-19 ausgelöste Krise gezeigt hat, dass ein starkes Bankensystem zusammen mit integrierten Kapitalmärkten ein wesentlicher Akteur für die Erholung der europäischen Wirtschaft ist; |
C. |
in der Erwägung, dass die Bankenunion mit dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) und dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) eine vollständige Angleichung zwischen der Aufsicht und dem Management von Bankenkrisen sicherstellt; |
D. |
in der Erwägung, dass eine stabilere, wettbewerbsfähigere und stärker konvergierende Wirtschafts- und Währungsunion eine solide Bankenunion mit einem europäischen Einlagenversicherungssystem (EDIS) und eine besser entwickelte und sicherere Kapitalmarktunion erfordert, die auch zur internationalen Wahrnehmung des Euro und seiner verstärkten Rolle auf den globalen Märkten beitragen würden; |
E. |
in der Erwägung, dass die Bankenunion allen Mitgliedstaaten offensteht; in der Erwägung, dass sich Bulgarien und Kroatien dem Europäischen Wechselkursmechanismus (WKM II) angeschlossen haben und der Bankenunion beigetreten sind; |
F. |
in der Erwägung, dass die Vollendung der Bankenunion über ihre beiden bestehenden Säulen hinaus, und insbesondere die Einrichtung eines EDIS nach wie vor von Vorrang ist; in der Erwägung, dass gezielte Reformen im Bereich der Abwicklung und der Einlagensicherung die Robustheit des Bankensektors weiter erhöhen und die Finanzstabilität insgesamt sichern sollten; |
G. |
in der Erwägung, dass sowohl die EZB als auch der Einheitliche Abwicklungsausschuss die rasche Vollendung der Bankenunion fordern, und zwar insbesondere durch die Einrichtung eines europäischen Einlagenversicherungssystems; |
H. |
in der Erwägung, dass die Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds bis 2022 eingeführt wird, das heißt, zwei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen, womit für ein gemeinsames systemweites Sicherheitsnetz für sich in Abwicklung befindliche Banken gesorgt wird; |
I. |
in der Erwägung, dass der EU-Bankensektor vor der durch COVID-19 ausgelösten Krise durch strukturelle Ineffizienzen gekennzeichnet war, die sich in niedriger Rentabilität, geringer Kosteneffizienz, niedrigen Zinssätzen, Überkapazitäten und Unsicherheiten hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen widerspiegelten; in der Erwägung, dass einige Probleme nach wie vor unzureichend behandelt werden; |
J. |
in der Erwägung, dass trotz des allgemeinen Rückgangs der notleidenden Kredite während der letzten Jahre verstärkte Anstrengungen erforderlich sind, um die nach wie vor hohen Anteile notleidender Kredite in einigen Finanzinstituten zu verringern; |
K. |
in der Erwägung, dass die während der durch COVID-19 ausgelösten Krise festgestellten Mängel bei der Überarbeitung des Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI) und der weiteren Integration des Bankensektors berücksichtigt werden sollten; in der Erwägung, dass die Berücksichtigung der Lehren aus der Pandemie den Weg für eine verbesserte Kosteneffizienz und nachhaltigere Geschäftsmodelle ebnen könnte; |
L. |
in der Erwägung, dass die Verknüpfung zwischen Staaten und Banken weiterhin besteht und dass der Regulierungsrahmen der EU für die aufsichtliche Behandlung von Staatsanleihen mit internationalen Standards im Einklang stehen sollte; in der Erwägung, dass der Umfang des Kreditengagements gegenüber Staaten bei einer Reihe von Banken zugenommen hat; in der Erwägung, dass innerhalb des aufsichtsrechtlichen Rahmens eine Reihe von nationalen Optionen und Ermessensspielräumen fortbestehen, die die europäische Dimension der Bankenunion untergraben; |
M. |
in der Erwägung, dass der Klimawandel, die Umweltzerstörung und der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft Faktoren sind, die bei der Bewertung der Nachhaltigkeit der Bilanzen der Banken zu berücksichtigen sind, da sie eine Risikoquelle für Investitionen in allen Regionen und Sektoren darstellen können; in der Erwägung, dass anspruchsvolle Risikomodelle bereits vielen der Risiken Rechnung tragen sollten, die mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen; |
N. |
in der Erwägung, dass die EZB im Rahmen ihres Projekts zur gezielten Überprüfung interner Modelle (Targeted Review of Internal Models, TRIM) festgestellt hat, dass beaufsichtigte Institute vorbehaltlich aufsichtlicher Maßnahmen weiterhin interne Modelle verwenden können; |
O. |
in der Erwägung, dass der Antrieb für den technologischen Wandel zunimmt, was die Effizienz der Banken und ihr Streben nach Innovation erhöht, sie aber gleichzeitig den neuen Risiken und Herausforderungen der digitalen Finanzwelt, der Cybersicherheit, der Reputationsrisiken, des Datenschutzes, der Geldwäscherisiken und des Verbraucherschutzes aussetzt; |
P. |
in der Erwägung, dass der Verbraucher- und Anlegerschutz für die Vertiefung der Kapitalmarktunion von entscheidender Bedeutung ist und dass strenge EU-Verbraucherschutzvorschriften, die eine solide Mindestgrundlage bilden, erforderlich sind; in der Erwägung, dass die einzelstaatlichen Vorschriften über die Umsetzung der entsprechenden Vorschriften über den Verbraucherschutz in der Bankenunion unterschiedlich sind, was zeigt, dass eine Harmonisierung vonnöten ist; in der Erwägung, dass es der Bankenunion immer noch an wirksamen Instrumenten fehlt, um die Probleme zu lösen, mit denen die Verbraucher konfrontiert sind, wie z. B. künstliche Komplexität, unlautere Geschäftspraktiken, Ausschluss schutzbedürftiger Gruppen von der Inanspruchnahme grundlegender Dienstleistungen und geringe Beteiligung der Behörden; |
Q. |
in der Erwägung, dass die weitere Stärkung und Harmonisierung der Aufsicht und Durchsetzung der Geldwäschebekämpfung in der EU, die zum Schutz der Integrität des EU-Finanzsystems erforderlich sind, eine Priorität darstellen; |
R. |
in der Erwägung, dass für die aufsichtsrechtliche Regulierung von Banken solide globale Standards und Grundsätze von Bedeutung sind; in der Erwägung, dass die Standards des Basler Ausschusses zeitnah und unter gebührender Berücksichtigung ihrer Ziele in europäisches Recht umgesetzt werden sollten, wobei, wo erforderlich, den Besonderheiten des europäischen Bankensystems sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend Rechnung getragen werden sollte; |
S. |
in der Erwägung, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zur Verlagerung einiger Bankdienstleistungen in die EU geführt hat; in der Erwägung, dass der SSM durch seine systematische Anleitung im Bereich Notfallvorsorge und die Abstimmung mit bedeutenden Banken über deren Geschäftsmodelle eine entscheidende Steuerungs- und Überwachungsrolle gespielt hat; in der Erwägung, dass die vollständige Bewertung der Wirksamkeit der Vorbereitung des Bankensektors auf die neue Realität erst mittel- und langfristig deutlich werden wird; |
T. |
in der Erwägung, dass sich die EU und das Vereinigte Königreich derzeit dazu verpflichtet sehen, die Regulierungs- und Aufsichtszusammenarbeit im Bereich der Finanzdienstleistungen aufrechtzuerhalten; in der Erwägung, dass dieser kooperative Ansatz die Grundlage für die langfristigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bilden sollte; |
U. |
in der Erwägung, dass der derzeitige Rahmen für das Krisenmanagement keinen kohärenten Ansatz für die Bewältigung von Problemen notleidender Banken in den einzelnen Mitgliedstaaten sicherstellt, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass der SRB und die nationalen Abwicklungsbehörden die Bewertung des öffentlichen Interesses (Public Interest Assessment, PIA) unterschiedlich auslegen, dass im Rahmen der nationalen Insolvenzverfahren ähnliche Instrumente zur Verfügung stehen wie die Abwicklungsinstrumente der Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (BRRD) (32) und der Verordnung über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus (33) und dass die Anreize bei der Wahl einer Lösung zur Bewältigung des Scheiterns einer Bank aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen für den Zugang zu den für die Abwicklung und die Insolvenz verfügbaren Finanzierungsquellen falsch ausgerichtet sind; |
V. |
in der Erwägung, dass der CMDI-Rahmen einen kohärenten und effizienten Ansatz für alle Banken, unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Geschäftsmodell, sicherstellen sowie zur Wahrung der Finanzstabilität beitragen, die Verwendung von Steuergeldern auf ein Mindestmaß beschränken und gleiche Wettbewerbsbedingungen in der gesamten EU sicherstellen sollte, wobei das Subsidiaritätsprinzip gebührend zu berücksichtigen ist; |
W. |
in der Erwägung, dass die Aufsichts- und Abwicklungsvorschriften sowie der Abwicklungsfonds zentralisiert wurden, aber die Einlagensicherungssysteme nach wie vor nationaler Natur sind und sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterscheiden; in der Erwägung, dass die Bestimmungen der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (34) ein Mindestmaß an Schutz für Einleger vorsehen; in der Erwägung, dass jedoch durch die Einrichtung eines EDIS die Einleger in der gesamten Bankenunion das gleiche Schutzniveau genießen sollten; |
Allgemeine Bemerkungen
1. |
begrüßt den Beitritt Bulgariens und Kroatiens zur Bankenunion und die Aufnahme des bulgarischen Lew und des kroatischen Kuna in den WKM II; nimmt die Beschlüsse der EZB zur Kenntnis, eine enge Zusammenarbeit mit der bulgarischen Nationalbank und der kroatischen Nationalbank aufzunehmen; hebt hervor, dass die Nationalbanken von Bulgarien und Kroatien in dem Aufsichtsgremium der EZB und in den Plenarsitzungen des SRB sowie seinen erweiterten Sitzungen gebührend vertreten sind und die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen Mitglieder haben, einschließlich Stimmrecht; |
2. |
betont, dass die Teilnahme am WKM und an der Bankenunion untrennbar mit den entsprechenden EU-Standards und -Rechtsvorschriften verbunden ist; ermutigt Bulgarien und Kroatien, ebenfalls erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität zu machen; weist darauf hin, dass vor dem Beitritt zur gemeinsamen Währung eine umfassende Bewertung des Bankensektors, einschließlich der weniger bedeutenden Institute, durchgeführt werden sollte; |
3. |
begrüßt die Debatten in Dänemark und Schweden über die Möglichkeit, der Bankenunion beizutreten, und betont, dass eine Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden von größter Bedeutung ist, insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Aktivitäten; betont, dass vorhandene und gut funktionierende Geschäftsmodelle in Bezug auf die Finanzstabilität erhalten bleiben müssen; |
4. |
weist darauf hin, dass die Bankenunion mit dem SSM und dem SRM den institutionellen Rahmen für eine stärkere Marktintegration geschaffen hat, dass aber das EDIS, die dritte Säule der Bankenunion, immer noch aussteht; begrüßt die mögliche Überarbeitung des Abwicklungsrahmens und unterstützt die derzeitigen Überlegungen über eine weitere gezielte Harmonisierung des Insolvenzrechts mit dem Ziel, die Effizienz und Kohärenz des Krisenmanagements von Banken in der EU zu erhöhen, sowie über die Vollendung der dritten Säule der Bankenunion durch ein Einlagenversicherungssystem, das darauf abzielt, das Niveau des Einlagenschutzes zu erhöhen und gleichzeitig das moralische Risiko zu minimieren, die Verbindung zwischen Banken und Staaten zu verringern und allen Einlegern in der Bankenunion den gleichen Schutz zu garantieren; |
5. |
nimmt die Erklärung des Euro-Gipfels vom 11. Dezember 2020 zur Kenntnis, mit dem die Euro-Gruppe dazu aufgefordert wurde, „auf einvernehmlicher Basis einen mehrstufigen und an Fristen geknüpften Arbeitsplan für alle noch ausstehenden Komponenten, die zur Vollendung der Bankenunion erforderlich sind, zu erstellen“; bedauert, dass Mitgliedstaaten weiterhin außerhalb des Gemeinschaftsrahmens agieren und somit die Rolle des Parlaments als Mitgesetzgeber untergraben; fordert, weiter über die laufenden Debatten auf Ebene der Euro-Gruppe und der hochrangigen Arbeitsgruppe für das EDIS auf dem Laufenden gehalten zu werden; bekräftigt seine Forderung nach einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Euro-Gruppe, insbesondere durch häufigere wirtschaftspolitische Dialoge mit dem Präsidenten der Euro-Gruppe, damit diese dem Modell und dem Rhythmus der währungspolitischen Dialoge entsprechen; |
6. |
ist der Ansicht, dass die Banken auf die derzeitige Krise mit mehr Resilienz reagieren konnten, da sie mit mehr Eigenkapital ausgestattet waren und einen geringeren Verschuldungsgrad aufwiesen als vor zehn Jahren, was die positiven Auswirkungen der eingerichteten institutionellen Struktur und der Gesetzesreformen nach der Finanzkrise 2008 zeigt; ist dennoch der Auffassung, dass der Bankensektor in Sachen Effizienz bestimmte strukturelle Mängel aufweist, die durch die derzeitige Krise weiter verschärft werden könnten; ist besonders besorgt über das hohe Niveau der notleidenden Altkredite, die viele Institute vor der Pandemie hatten; weist darauf hin, dass der Bestand an notleidenden Krediten seit der Gründung der Bankenunion erheblich zurückgegangen ist und dass sich der Abwärtstrend bei den notleidenden Krediten trotz der COVID-19-Krise im Jahr 2020 fortgesetzt hat; ist der Ansicht, dass die sich verschlechternde Qualität der Vermögenswerte der Banken die sowieso schon verminderte Rentabilität beeinträchtigen und bei Banken, die in den am stärksten betroffenen Wirtschaftszweigen stark engagiert sind, zu Insolvenzfällen führen könnte; |
7. |
stellt fest, dass die Vollendung der Bankenunion und die Vertiefung der Kapitalmarktunion bessere Bedingungen für die Finanzierung der europäischen Wirtschaft schaffen werden, und zwar sowohl für die Haushalte als auch für die Unternehmen, die immer noch weitgehend auf Bankkredite angewiesen sind, um Investitionen tätigen und Arbeitsplätze schaffen zu können, und dass sie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Märkte weiter verbessern und nachhaltige private Investitionen fördern werden; hebt den stabilisierenden Einfluss hervor, den kleine und mittlere Banken in Krisensituationen auf die Wirtschaft der EU haben; erachtet es als notwendig, bei den regulatorischen Entwicklungen zur Vollendung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion einen verhältnismäßigen Ansatz zu verfolgen; |
8. |
stellt fest, dass eine vollwertige Bankenunion zusammen mit einer vollständig integrierten und starken Kapitalmarktunion zur Resilienz der europäischen Wirtschaft beitragen, das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion unterstützen und die internationale Rolle des Euro stärken würde; betont, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen erforderlich sind, damit kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beim Zugang zu Finanzmitteln nicht benachteiligt werden, und dass die Emission von verbrieften Produkten sorgfältig überwacht werden muss; ist der Ansicht, dass die gesamte Last der Erholung von der Krise nicht den Banken aufgebürdet werden sollte, sondern vielmehr eine starke Kapitalmarktunion gefördert werden sollte, die zur Reaktivierung und Resilienz der europäischen Wirtschaft beiträgt; ist der Ansicht, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität Impulse für die Vollendung der Bankenunion geben kann, wenn man die entscheidende Rolle des Bankensektors bei der Gewährung des Zugangs zu Krediten und der Weiterleitung der verfügbaren Mittel an die Realwirtschaft, insbesondere für nachhaltige und sozial verantwortliche Investitionen, bedenkt; betont die Rolle, die private Finanzmittel und Investitionen neben öffentlichen Investitionen bei der Unterstützung des Klimawandels spielen, wie im Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa festgelegt; fordert die Kommission auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Finanzmarktaktivitäten besser mit den Nachhaltigkeitszielen und den Kriterien für Umwelt, Soziales und Governance (ESG-Kriterien) in Einklang zu bringen, was auch einen Legislativvorschlag für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsratings auf der Grundlage solcher Kriterien einschließt; fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen im Bereich der nachhaltigen Finanzwirtschaft fortzusetzen, indem sie die verbleibenden delegierten Rechtsakte im Rahmen der EU-Taxonomieverordnung (35) und der Offenlegungsverordnung (36) erlässt und unter anderem eine solide Methodik zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen anwendet; |
9. |
ist der Auffassung, dass die guten Beziehungen zwischen dem SSM und dem SRB zwar von Anfang an von grundlegender Bedeutung waren, dass aber im derzeitigen Kontext ein verstärkter Ansatz für die Zusammenarbeit zwischen den beiden Säulen besonders wichtig ist, um für angemessene und zeitnahe Maßnahmen zu sorgen; |
10. |
verweist auf den entscheidenden Beitrag von befristeten Maßnahmen zur Bewältigung der Krise, wie öffentlichen Garantiesystemen, Moratorien für Kreditrückzahlungen für Kreditnehmer in finanziellen Schwierigkeiten, Liquiditätsprogrammen der Zentralbanken sowie gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRG), Programmen zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) und dem Pandemie-Notkaufprogramm (PEPP) der EZB; betont, dass diese außerordentlichen befristeten Maßnahmen mit Maßnahmen zur Abmilderung von Verzerrungen auf den Märkten und in der Wirtschaft einhergehen sollten; hebt außerdem die Bedeutung der von den Regulierungsbehörden an Banken gewährten erweiterten Flexibilität hervor, damit sie unter der Säule-2-Empfehlung und mit geringeren Kapitalanforderungen arbeiten können; |
11. |
hebt die außerordentliche Natur einer Pandemie und den vorübergehenden Charakter der Abhilfemaßnahmen, die als erste Eindämmungsmaßnahmen zur Begrenzung des wirtschaftlichen Schadens ergriffen werden, hervor; weist darauf hin, dass wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen weiterhin auf die aktuellen und erwarteten wirtschaftlichen Umstände zugeschnitten sein müssen; fordert einen gut durchdachten, schrittweisen und gezielten Übergang von der Abhilfemaßnahme zur Unterstützung des Aufschwungs, einschließlich Reformen in den Mitgliedstaaten im Rahmen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, da eine verfrühte oder unkoordinierte Einstellung der befristeten Maßnahmen dazu führen könnte, dass die Mängel und Schwachstellen des Bankensektors aus der Zeit vor der Krise wieder auftreten, einschließlich einer Erhöhung des Kreditrisikos der Banken, was sich auf ihre Kapitalposition auswirken und das Wachstum und das Ergebnis des Aufschwungs beeinträchtigen könnte; |
12. |
begrüßt die gezielten Änderungen an der Eigenmittelverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR), die durch die „schnelle Lösung“ der Eigenmittelverordnung eingeführt wurden, um die Kapazität der Banken zur Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen zu unterstützen (37) und so die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abzuschwächen und für eine reibungslose Interaktion des Regulierungsrahmens mit anderen Krisenbewältigungsmaßnahmen zu sorgen; |
13. |
stellt fest, dass der SSM im Dezember 2020 eine Erklärung herausgegeben hat, in der er seine frühere Empfehlung zu Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufen änderte und empfahl, dass Banken, die beabsichtigen, Dividenden zu zahlen oder Aktien zurückzukaufen, rentabel sein und über eine solide Kapitalstruktur verfügen müssen; fordert den SSM auf, eine Schätzung der Ausschüttungen (Dividenden und Aktienrückkäufe) und der variablen Vergütungen vorzulegen, die im ersten und zweiten Quartal 2021 von den in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Bankinstituten vorgenommen wurden, und im Anschluss an diese Schätzung deren Auswirkungen auf die Eigenkapitalposition der Banken zu bewerten; fordert den SSM auf, zu prüfen, ob die Ausschüttungsbeschränkungen über September 2021 hinaus ein nützliches Instrument sein können, solange die grundlegende Ungewissheit über die wirtschaftliche Erholung und die Qualität der Bankvermögenswerte fortbesteht; fordert die Kommission auf, die Einführung eines rechtsverbindlichen Instruments für Dividenden und Aktienrückkäufe als Aufsichtsinstrument in Krisenzeiten zu prüfen; |
14. |
fordert die Kommission sowie die nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) auf, sich auf eine zu erwartende Verschlechterung der Qualität der Vermögenswerte von Banken vorzubereiten; begrüßt den ersten gemeinsamen Risikobewertungsbericht der ESAs vom März 2021, in dem den Banken empfohlen wird, sich vorzubereiten, indem sie ihre Vorsorgemodelle anpassen, um die rechtzeitige Erkennung eines angemessenen Niveaus von Rückstellungen sicherzustellen, indem sie solide Kreditvergabepraktiken anwenden und Risiken angemessen bepreisen, wobei zu berücksichtigen ist, dass öffentliche Unterstützungsmaßnahmen wie Kreditmoratorien und öffentliche Garantieregelungen auslaufen werden, und indem sie eine konservative Politik bei Dividenden und Aktienrückkäufen verfolgen; nimmt die Warnung der ESAs an die Finanzinstitute zur Kenntnis, dass sie weitere Maßnahmen entwickeln sollen, um sich auf ein langfristig niedriges Zinsumfeld einzustellen; |
15. |
nimmt mit Besorgnis die uneinheitliche Anwendung des Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS 9) in Bezug auf die während der COVID-19-Pandemie aufgedeckten Rückstellungen für zu erwartende Verluste durch die Institute zur Kenntnis; fordert den SSM auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die einheitliche Anwendung der Rechnungslegungsstandards in allen Einrichtungen in der Bankenunion sicherzustellen; |
16. |
ist der Auffassung, dass eine integrierte Bankenunion einen gut funktionierenden Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen für Privatkunden voraussetzt; fordert die Kommission auf, die Hindernisse und Barrieren zu bewerten, die sich für Verbraucher bei der Nutzung von Bankprodukten für Privatkunden ergeben, beispielsweise Hypothekarkredite auf grenzüberschreitender Grundlage, und Lösungen vorzuschlagen, damit Verbraucher von Finanzdienstleistungen für Privatkunden auf grenzüberschreitender Grundlage profitieren können; weist darüber hinaus auf die großen Unterschiede bei den Zinssätzen für Hypothekarkredite in der Union hin; |
17. |
begrüßt das beschleunigte Tempo der Digitalisierung im Bankensektor, das es Banken ermöglicht, Kunden aus der Ferne besser zu bedienen und ihnen neue Produkte anzubieten, und das Chancen für zunehmende Kosteneffizienz eröffnet; betont in diesem Zusammenhang, dass die Digitalisierung im Bankensektor unter uneingeschränkter Wahrung der Verbraucherrechte vorangetrieben werden sollte und die finanzielle Eingliederung insbesondere für schutzbedürftige Gruppen mit geringer digitaler oder finanzieller Kompetenz erhalten bleiben sollte; hebt hervor, dass die Digitalisierung erhebliche Investitionen in IT-Systeme, Forschung und Entwicklung und neue Betriebsmodelle erfordert, wodurch kurzfristig eine geringe Rentabilität auftreten könnte; unterstützt nachdrücklich die neue Strategie der Kommission für das digitale Finanzwesen und begrüßt das von der Kommission im Jahr 2020 eingeführte Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors, das die grenzüberschreitende Verbreitung innovativer Technologien erleichtern und gleichzeitig die Resilienz des Finanzsektors sicherstellen soll; sieht der weiteren Entwicklung der Vorschläge für eine Verordnung und eine Richtlinie über die Betriebsstabilität digitaler Systeme im Finanzsektor (DORA) erwartungsvoll entgegen, die sicherstellen sollen, dass die Finanzinstitute angemessene Schutzmaßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen von IKT-bezogenen Vorfällen abzumildern; ist der Ansicht, dass ihre erfolgreiche Umsetzung von erheblichen öffentlichen und privaten Investitionen und der Zusammenarbeit bei der Innovation in Richtung größerer Sicherheit und Resilienzsysteme begünstigt wird; ist der Ansicht, dass die Digitalisierung des europäischen Bankensektors der Union die Möglichkeit bietet, ausländisches Kapital anzuziehen und auf dem globalen Markt zu konkurrieren; weist in diesem Zusammenhang auf die zunehmende Verflechtung zwischen Banken, Kryptoanlagen und digitalem Finanzwesen hin; |
18. |
betont, dass die technische Neutralität bei regulatorischen Konzepten und Überwachungsstrategien gewahrt werden muss; betont, dass die Herausforderungen und Chancen, die sich aus dem Einsatz neuer innovativer Technologien im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht und der Überwachung von Zahlungssystemen ergeben, angegangen werden müssen; |
19. |
begrüßt die Arbeit der EZB in Bezug auf den digitalen Euro, einschließlich ihres Berichts zu diesem Thema und der Ergebnisse ihrer öffentlichen Anhörung; weist darauf hin, dass je nach den genauen Ausgestaltungsmerkmalen eines digitalen Euro die Auswirkungen auf den Bankensektor erheblich sein könnten und Bereiche wie den Zahlungsverkehr, die Fähigkeit der Banken zur Fristentransformation sowie die allgemeine Kreditvergabekapazität und Rentabilität beeinflussen könnten, und fordert die EZB daher auf, eine weitere Analyse der Auswirkungen einer digitalen Währung auf den Bankensektor sowie der potenziellen Auswirkungen auf die Finanzstabilität durchzuführen; begrüßt das Ziel, dass der digitale Euro neben dem Bargeld als sicheres und wettbewerbsfähiges digitales Zahlungsmittel dient, und erkennt die potenziellen Vorteile für die Bürger an; befürwortet die Anstrengungen der EZB, ein hohes Niveau an Datenschutz, Vertraulichkeit von Zahlungsdaten, Cyberresilienz und Sicherheit sicherzustellen; nimmt die Diskussion um eine digitale Währung zur Kenntnis und ist sich des Mehrwerts bewusst, den eine digitale Währung für die Stärkung der internationalen Rolle des Euro bringen könnte; |
20. |
stellt fest, dass die Gruppe der Notenbankpräsidenten und Leiter der Aufsichtsbehörden (GHOS) den Umsetzungszeitplan für die letzten Elemente des Basel-III-Rahmenwerks im März 2020 überarbeitet hat, um die operative Kapazität der Banken und Aufsichtsbehörden als Reaktion auf die unmittelbaren Folgen der COVID-19-Pandemie zu erhöhen; betont, wie wichtig solide globale Standards für die Bankenregulierung und ihre konsequente und rechtzeitige Umsetzung sind; erwartet den anstehenden Vorschlag der Kommission zur Umsetzung der endgültigen Basel-III-Standards; weist darauf hin, dass bei der Umsetzung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt und gegebenenfalls den Besonderheiten und der Vielfalt des EU-Bankensektors Rechnung getragen werden sollte, wobei gleichzeitig sichergestellt werden sollte, dass die Eigenmittelverordnung der EU im Einklang mit dem Basler Übereinkommen steht; betont, dass bei der derzeitigen Überarbeitung der Grundsatz beachtet werden sollte, dass die Eigenkapitalanforderungen insgesamt nicht wesentlich erhöht werden sollen, während gleichzeitig die allgemeine Finanzlage der europäischen Banken gestärkt wird; verweist auf seine Entschließung vom 23. November 2016 zur Fertigstellung von Basel III (38) und fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung von Legislativvorschlägen auf die darin enthaltenen Empfehlungen einzugehen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die Kreditvergabe der Banken an die Realwirtschaft, insbesondere an KMU, zu erhöhen und den Aufschwung sowie den digitalen und ökologischen Wandel in Europa zu finanzieren; betont, dass die EU für die Aufrechterhaltung ihrer wirtschaftspolitischen Souveränität und ihrer strategischen Autonomie stärkere und wettbewerbsfähigere Banken benötigt, damit Unternehmen aller Größenordnungen Bankdienstleistungen für Großkunden angeboten werden können; |
21. |
hebt hervor, dass der Sektor der Finanzintermediation außerhalb des Bankensektors und der „herkömmliche“ Bankensektor stark miteinander verflochten sind, was Bedenken bezüglich systemischer Risiken aufwirft, da es für den ersteren keine angemessene Aufsicht gibt; hebt hervor, dass der jüngste Schock aufgrund der Pandemie gezeigt hat, dass sich Marktvolatilität und Preisverschiebungen durch den Nichtbankensektor verstärken können, insbesondere wenn die Marktliquidität unter Druck gerät; fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob zusätzliche makroprudenzielle Instrumente erforderlich sind, insbesondere die Entwicklung von Ex-ante-Instrumenten für das Liquiditätsmanagement und eine sorgfältige Analyse der bestehenden Maßnahmen für die Verschuldung; |
22. |
nimmt die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Banken und zentralen Gegenparteien (CCP) zur Kenntnis; weist auf die Zweifel hin, die im Zusammenhang mit der Verantwortung von Banken und CCPs für potenzielle Verluste am Ende der Kette und den Auswirkungen dieser Verantwortung auf die aufsichtsrechtlichen Anforderungen der Banken entstehen; betont in diesem Zusammenhang die Risiken einer übermäßigen Abhängigkeit von CCPs aus dem Vereinigten Königreich und begrüßt die von der Kommission im vergangenen Jahr verabschiedeten Maßnahmen zur Festlegung der Kriterien für die Klassifizierung von CCPs aus Drittländern; |
23. |
bedauert, dass es in den Finanzinstituten und Einrichtungen der EU nicht gelungen ist, für ein vollständig ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu sorgen, und bedauert insbesondere die Tatsache, dass Frauen in Führungspositionen im Bereich Banken und Finanzdienstleistungen weiterhin unterrepräsentiert sind; betont, dass ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis im Vorstand und in der Belegschaft sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt; ist der Auffassung, dass die Auswahl der Bewerber der Finanzinstitute und Einrichtungen der EU auf der Grundlage von Verdienst- und Befähigungskriterien erfolgen sollte, damit das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung so effizient wie möglich arbeiten kann; fordert die Regierungen und alle Organe und Einrichtungen auf, der Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Geschlechtern so bald wie möglich Vorrang einzuräumen, indem sie u. a. für alle künftigen Ernennungen, die der Zustimmung des Parlaments bedürfen, auch bei der EZB und den wichtigsten Finanzinstitutionen der EU, eine nach Geschlechtern ausgewogene Kandidatenliste aufstellen und sich bemühen, mindestens eine Kandidatin und einen Kandidaten pro Nominierungsverfahren aufzustellen; weist auf seine Entschließung vom 14. März 2019 (39) hin, die darauf abzielte, eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern auf der künftigen Kandidatenliste für die Ernennungen im Bereich Wirtschaft und Währung der EU sicherzustellen, und bekräftigt seine Zusage, keine Kandidatenlisten zu berücksichtigen, bei denen der Grundsatz der ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern nicht beachtet wurde; |
24. |
fordert die Kommission auf, die Eignungskriterien auf das Ziel hin zu überprüfen, dass eine größere Zahl von Frauen eine Bewerbung einreicht; |
Aufsicht
25. |
nimmt die Rolle der europäischen Bankenaufsicht bei der Sicherstellung einer vorübergehenden Kapital- und Betriebserleichterung für Banken als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie zur Kenntnis, damit diese weiterhin Unternehmen und Haushalte finanziell unterstützen und Verluste auffangen können, wobei die hohe Qualität der Aufsicht gewahrt bleibt; nimmt die Bedenken des SSM im Hinblick auf hohe Kosten, geringe Rentabilität, niedrige Marktbewertungen und unzureichende Investitionen in neue Technologien im Bankensektor zur Kenntnis; fordert Leitlinien für den erwarteten Zeitrahmen und die Vorgehensweise beim Wiederaufbau der Puffer; |
26. |
hebt hervor, wie wichtig es ist, die Transparenz und Voraussagbarkeit der EU-Bankenaufsicht zu verbessern, und begrüßt in dieser Hinsicht die jüngste Praxis der Veröffentlichung von bankspezifischen Anforderungen der Säule 2; vertritt die Auffassung, dass individuelle Anforderungen zu zuverlässigeren SSM-Erwartungen führen und fundiertere Entscheidungen der Investoren erleichtern; |
27. |
geht davon aus, dass die jüngsten Änderungen an der Organisationsstruktur des SSM nicht nur zu einer Vereinfachung des Systems und zur Einbindung technologischer Innovationen führen, sondern auch die risikobasierte Aufsicht und die interne institutionelle Zusammenarbeit erleichtern; |
28. |
hält die SSM-Analyse vom November 2020 über die potenziellen Anfälligkeiten des Bankensektors bei verschiedenen Szenarien für sinnvoll, was die Auswirkungen des Schocks auf die Qualität der Vermögenswerte und das Kapital betrifft; |
29. |
stellt fest, dass eine solide Steuerung des Kreditrisikos eine der Hauptprioritäten des SSM bleiben sollte; teilt die Besorgnis des SSM, dass die Banken ihre Kreditrisikomodelle ändern könnten, und nimmt in diesem Zusammenhang die Erwartungen der Aufsicht des SSM hinsichtlich angemessener operativer Vorbereitungen in Erwartung des Anstiegs der NPL und eines soliden Kreditrisikomanagements zur Kenntnis, wie sie in seinen Schreiben an die Vorstandsvorsitzenden bedeutender Institute und in seiner COVID-19-Kreditrisikostrategie dargelegt sind; befürwortet die verstärkte Überwachung von Märkten mit großer Hebelwirkung durch den SSM; stellt fest, dass nicht alle Banken in der Lage waren, die Erwartungen des SSM an das Kreditrisikomanagement zu erfüllen, was bedeutet, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind; |
30. |
nimmt zur Kenntnis, dass sich das Risiko einer weiteren Anhäufung notleidender Kredite aufgrund der durch COVID-19 ausgelösten Krise erhöht; weist mit Besorgnis auf die Einschätzung der EZB hin, dass notleidende Kredite in einem schwerwiegenden, aber plausiblen Szenario bis Ende 2022 ein Niveau von bis zu 1,4 Bio. EUR erreichen könnten; betont, dass die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Managements der verschlechterten Qualität der Aktiva in den Bilanzen der Banken von entscheidender Bedeutung sein wird, um kurzfristig eine Anhäufung von NPL zu verhindern; legt den Mitgliedstaaten nahe, weitere Anstrengungen zur Bewältigung dieses Problems zu unternehmen; nimmt in diesem Zusammenhang die Mitteilung der Kommission vom 16. Dezember 2020 über den Abbau notleidender Kredite nach der COVID-19-Pandemie (COM(2020)0822) zur Kenntnis, die es den Banken ermöglichen soll, Haushalte und Unternehmen in der EU zu unterstützen; erwartet, dass die Überarbeitung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (40) ein hohes Niveau an Verbraucherschutz sicherstellen wird, insbesondere durch die Festlegung ehrgeizigerer Bestimmungen zum Schutz der Kreditnehmer vor missbräuchlichen Praktiken und durch die Sicherstellung, dass diese Rechte gleichermaßen für bestehende und künftige Kredite gelten; fordert die Überwachung sämtlicher möglicher Klippeneffekte, insbesondere wenn vorübergehende Entlastungsmaßnahmen zurückgenommen werden; fordert die Aufsichtsbehörden auf, die Nebeneffekte weiterhin angemessen zu berücksichtigen, die massive Verkäufe von NPL auf die aufsichtsrechtlichen Bilanzen von Banken haben können, die interne Modelle verwenden; |
31. |
betont, dass sich Banken an die geltenden Aufsichtsregeln und aufsichtsrechtlichen Leitlinien zu notleidenden Krediten halten und die operative Kapazität aufrechterhalten sollten, um einen vorausschauenden Umgang mit notleidenden Schuldnern zu pflegen und ihre Bilanzen zu steuern, damit uneinbringliche Kredite schneller erkannt werden und sich das Risiko einer geringeren Kreditvergabekapazität in Zeiten großer Nachfrage nach Investitionen im Zusammenhang mit der Erholung verringert; hebt die bestehende Flexibilität bei der Umsetzung des EZB-Leitfadens zu notleidenden Krediten hervor, was auch die Möglichkeit umfasst, Banken mit einem besonders hohen Niveau an notleidenden Krediten mehr Zeit zu gewähren, um ihre Strategien zur Reduzierung der notleidenden Kredite vorzulegen; |
32. |
weist erneut darauf hin, dass die Risikominderung im Bankensektor zu einer stabileren, stärkeren und auf das Wirtschaftswachstum ausgerichteten Bankenunion beitragen würde; nimmt in diesem Zusammenhang die politische Einigung zur Kenntnis, die über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Kreditdienstleister und Kreditkäufer erzielt wurde, die die Entwicklung von Sekundärmärkten für NPL in der EU fördern und den Banken helfen soll, die Bestände an NPL in ihren Bilanzen zu verringern; |
33. |
nimmt die Rolle der Banken bei der Unterstützung von Unternehmen und der Realwirtschaft während der Pandemie in einigen Mitgliedstaaten zur Kenntnis; betont, dass die Banken die finanzielle Solidität und Lebensfähigkeit von Unternehmen sorgfältig prüfen, proaktiv mit notleidenden Schuldnern zusammenarbeiten sollten, um deren Risiken zu bewältigen, und lebensfähigen Sektoren und Unternehmen, insbesondere KMU, Finanzierungen und tragfähige Umstrukturierungen oder geeignete Alternativoptionen anbieten sollten, um sicherzustellen, dass Zahlungsausfälle nach Möglichkeit verhindert werden und Unternehmen und Verbraucher nicht von Überschuldung bedroht sind; betont, dass der aufsichtsrechtliche Rahmen konsequent geändert werden sollte, um die Anwendung von Stundungsmaßnahmen für Unternehmen und Haushalte zu ermöglichen und zu fördern, wenn nach Einschätzung der Banken die Aussichten auf eine Erholung weiterhin hoch sind, und fordert die Beseitigung aller regulatorischen Hindernisse für ihre Anwendung; fordert die Banken nachdrücklich auf, als letztes Mittel den strukturierten Marktaustritt nicht tragfähiger Unternehmen in Betracht zu ziehen; ist der Ansicht, dass die Banken angemessene Kreditübertragungen vom Eurosystem an die Realwirtschaft sicherstellen sollten; begrüßt die in der Mitteilung der Kommission vom 24. September 2020 mit dem Titel „Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und die Unternehmen — neuer Aktionsplan“(COM(2020)0590) sowie die im Anhang dargelegten Maßnahmen bezüglich der Verweisung von KMU, deren Kreditantrag abgelehnt wurde, an alternative Geldgeber; |
34. |
fordert die ESA auf, ihre Befugnisse in vollem Umfang zu nutzen, um ein hohes Maß an Verbraucherschutz sicherzustellen, gegebenenfalls einschließlich Produktinterventionsbefugnissen, wenn Finanz- und Kreditprodukte zu Nachteilen für die Verbraucher geführt haben oder voraussichtlich führen werden; |
35. |
betont, wie wichtig der Schutz der Verbraucherrechte ist, vor allem in Bezug auf unfaire und aggressive Geschäftsbedingungen und unlautere Praktiken, Bankgebühren, die Transparenz der Produktkosten, Rentabilität und Risiken; weist darauf hin, dass der Bankenunion weiterhin wirksame Instrumente zur Bewältigung der Probleme fehlen, denen Verbraucher gegenüberstehen, wie unlautere Geschäftspraktiken und künstliche Komplexität; fordert die EBA in diesem Zusammenhang auf, sich stärker auf die Erfüllung ihres Mandats zur ordnungsgemäßen Erfassung, Analyse und Berichterstattung der Verbrauchertrends sowie auf die Überprüfung und Koordinierung von finanzieller Kompetenz und Bildungsinitiativen durch die zuständigen Behörden zu konzentrieren; fordert die Kommission auf, die unfairen Klauseln und unlauteren Praktiken, die im Bankensektor in Verbraucherverträgen eingesetzt werden, zu überprüfen und unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel die wirksame und rasche Umsetzung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (41) durch alle Mitgliedstaaten sicherzustellen; |
36. |
weist darauf hin, dass die erwarteten Kreditverluste zusammen mit dem derzeitigen Niedrigzinsumfeld die Rentabilität der Banken beeinträchtigen könnten; weist darauf hin, dass Banken ihre Geschäftsmodelle neu auf nachhaltigere, kostensparende und technologisch fortschrittliche Strategien ausrichten sowie die Geschäftsfunktionen strategisch steuern und sorgfältig unter uneingeschränkter Wahrung der Rechte der Verbraucher überwachen müssen; betont, dass es wichtig ist, dafür Sorge zu tragen, dass die Rückstellungsentscheidungen der Banken zur Stärkung ihrer Darlehenskapazität nicht unangemessen verschoben werden, insbesondere wenn die Kreditnachfrage anzieht; |
37. |
ist beunruhigt darüber, dass die jüngste Bankenkrise gezeigt hat, dass Kreditinstitute regelmäßig missbräuchlich Anleihen und andere Finanzprodukte an Privatkunden verkauft haben; bedauert, dass die Durchsetzung der Vorschriften aus der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen zum Verbraucherschutz in Bezug auf die Mindestanforderungen an Eigenmittel und förderfähige Verbindlichkeiten (MREL) nur bruchstückhaft erfolgt ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Praxis des irreführenden Vertriebs von Finanzprodukten durch Bankinstitute zu prüfen und auf Grundlage der Feststellungen angemessene Vorschläge auszuarbeiten, auch im Zuge der anstehenden Überarbeitung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen; |
38. |
ist der Ansicht, dass die möglichen Vorteile einer Bankenkonsolidierung sowohl innerhalb der EU als auch grenzüberschreitend im Hinblick auf die Bewältigung der geringen Rentabilität, der Überkapazitäten und der Fragmentierung des Bankensektors weiter dokumentiert werden sollten; nimmt die Entwicklung im Bankensektor in Richtung eines Mitwirkens an einer Konsolidierung zur Kenntnis und weist in diesem Zusammenhang auf die Leitlinien der EZB zum Überwachungskonzept für Konsolidierungen hin, mit dem gut konzipierte und umgesetzte Geschäftskombinationen unterstützt werden; betont die Vorteile des Schutzes der Vielfalt und Pluralität des Finanzsektors für den Aufbau von Vertrauen in das System und die Aufrechterhaltung der Finanzstabilität; fordert die Kommission auf, die Schlussfolgerungen des Rates für Finanzstabilität aus dem Jahr 2021 zur Bewertung der Auswirkungen der „too big to fail“-Reformen auf das Finanzsystem zu berücksichtigen und weiterzuverfolgen; |
39. |
bedauert, dass das Thema Herkunftsland-Aufnahmeland weiterhin eine Herausforderung für die Vollendung der Bankenunion bleibt, und betrachtet die Einführung des EDIS als Teil der Lösung, parallel zu weiteren Maßnahmen zur Risikominderung; ist besorgt darüber, dass Herkunfts- und Aufnahmeländer Maßnahmen zum Schutz von Vermögenswerten ergreifen und zu einer erneuten Abschottung übergehen können, wenn der Umfang der NPL zunimmt und zugleich die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen allmählich auslaufen; betont, dass Banken in der Lage sein müssen, grenzüberschreitend tätig zu werden und gleichzeitig ihr Kapital und ihre Liquidität auf konsolidierter Ebene zu verwalten, wobei für die Herkunftsländer in Bezug auf die Verfügbarkeit von Ressourcen und die Auswirkungen auf die Finanzstabilität glaubwürdige und durchsetzbare Garantien bestehen sollen, damit sie ihre Risiken diversifizieren und einer mangelnden Rentabilität entgegenwirken; ist der Ansicht, dass es in Bereichen, in denen nationale Optionen und Ermessensspielräume gelten, auch im Bereich des Insolvenzrechts, einer schrittweisen Harmonisierung bedarf, damit die Abwicklungsplanung für grenzüberschreitende Bankengruppen innerhalb der Bankenunion erleichtert wird; |
40. |
ist besorgt, dass mit dem zunehmenden Verkauf von Staatsanleihen durch die Mitgliedstaaten auch der Anteil an Staatsschulden in den Bilanzen der Banken wächst, was der Verbindung zwischen Staat und Bank möglicherweise erheblich schaden könnte; ist der Ansicht, dass die Schaffung von „NextGenerationEU“ zwar hochwertige europäische Vermögenswerte mit geringem Risiko hervorbringen wird, was eine Neugewichtung der Staatsanleihen in den Bilanzen der Banken ermöglichen und dazu beitragen wird, den Teufelskreis zwischen Banken und Staaten zu verringern; weist darauf hin, dass NextGenerationEU eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Erholung spielen wird und als Gelegenheit dienen muss, die Investitionen zu erhöhen und die notwendigen Reformen in jedem einzelnen Mitgliedstaat auf der Grundlage der vereinbarten Kriterien durchzuführen und einen weiteren Beitrag zur Stärkung des europäischen Bankensystems zu leisten; |
41. |
vertritt die Auffassung, dass die Lösung des Problems der Herkunfts- und Aufnahmeländer, das Lösen der Verbindung zwischen Staat und Banken und die Unterstützung der Bemühungen um eine Bankenkonsolidierung die Einführung eines paneuropäischen Sicherungsnetzes, die Ausarbeitung und Umsetzung gruppeninterner Vereinbarungen für finanzielle Unterstützung als Teil der Bankenaufbaupläne sowie die schrittweise Harmonisierung in Bereichen, in denen nationale Optionen und Ermessensspielräume gelten, auch im Bereich Insolvenz, erfordern würden, wobei weiterhin Anstrengungen zur Verringerung der Risiken unternommen werden sollen; |
42. |
weist darauf hin, dass der Regulierungsrahmen der EU für die aufsichtliche Behandlung von Staatsanleihen mit internationalen Standards im Einklang stehen sollte; |
43. |
betont die wichtige Rolle solider interner Verwaltungsstrukturen innerhalb der Banken und weist auf ihre im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) des SSM von 2020 ermittelten Schwachstellen hin, bei dem die Frage im Mittelpunkt stand, wie Banken mit krisenbezogenen Risiken für Kapital und Liquidität umgegangen sind, wobei außergewöhnliche Umstände Berücksichtigung fanden, die einzelne Banken betreffen; würdigt den gezielten Ansatz zur Erhebung von Informationen für die Kapital- und Liquiditätsbewertung; betont, dass bei der Bewertung der Anforderungen an die fachliche Qualifikation und die persönliche Zuverlässigkeit der Vorstandsmitglieder von Banken die höchsten Standards und faire Wettbewerbsbedingungen zur Anwendung kommen müssen, da diese in den Mitgliedstaaten aufgrund der sehr vielfältigen Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinie derzeit unterschiedlich ausgelegt werden; fordert daher eine weitere Harmonisierung in diesem Bereich; besteht darauf, dass eine Bewertung der fachlichen Qualifikation und der persönlichen Zuverlässigkeit durch die zuständigen Behörden immer ex-ante und nicht ex-post durchgeführt werden muss; befürwortet den Plan der EZB, ihren aktuellen Leitfaden für die Bewertung der Anforderungen an die fachliche Qualifikation und die persönliche Zuverlässigkeit im Jahr 2021 zu überarbeiten, um ihre aufsichtsrechtlichen Erwartungen hinsichtlich der Qualität der Vorstandsmitglieder darzulegen; erwartet die Vorschläge der EZB für ein Maßnahmenpaket, mit dem die Überwachung der genannten Anforderungen verbessert werden soll; legt in dieser Hinsicht nahe, eine Aufnahme der Anforderungen an die fachliche Qualifikation und die persönliche Zuverlässigkeit in die Eigenmittelverordnung in Betracht zu ziehen; |
44. |
weist darauf hin, dass der am 29. Januar 2021 eingeleitete EU-weite Stresstest darauf abzielt, die Kapitalentwicklung von Banken in einer Phase sich verschlechternder Aktivaqualität im Szenario eines niedrigen Zinsumfelds zu testen; fordert die EBA auf, den Umfang künftiger Stresstests zu erweitern, da die Stichprobe von 51 Banken als zu klein angesehen wird; betont, dass die Durchführung von Stresstests und die Überprüfung der Qualität von Vermögenswerten einer rollierenden Stichprobe von weniger bedeutenden Instituten zu einem angemessenen Zeitpunkt wichtige Maßnahmen zur Vertrauensbildung sind; |
45. |
begrüßt die Bemühungen des SSM, den Banken Leitlinien und Klarheit für die Selbstbewertung und angemessene Meldung von Umwelt- und Klimaschutzrisiken zu bieten; betont, dass durch die Aufsichtsbehörden weiterer Druck auf die Finanzinstitute ausgeübt werden muss, damit diese klima- und umweltbezogene Risiken ordnungsgemäß offenlegen; hält den Stresstest für Klimarisiken des SSM für einen wichtigen Schritt bei der Bewertung der Praktiken der Banken und bei der Ermittlung konkreter Bereiche, in denen Verbesserungen möglich sind; würdigt in diesem Zusammenhang die Empfehlung aus dem EZB-Leitfaden zu klima- und umweltbezogenen Risiken, einen strategischen, umfassenden Ansatz zur Ausräumung der klimabezogenen Risiken zu verbessern; befürwortet die Idee, dass die Banken im Jahr 2021 eine Selbsteinschätzung und Aktionspläne erstellen, denen im Jahr 2022 eine aufsichtliche Überprüfung der Maßnahmen der Banken folgen soll; ist der Ansicht, dass die genannten Selbstbewertungen und Meldungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen und die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Banken nicht beeinträchtigen dürfen; nimmt die Initiative der EBA zur Durchführung eines EU-weiten Pilotprojekts zum Klimarisiko zur Kenntnis und stellt fest, dass die Offenlegung von Übergangsstrategien und Treibhausgasemissionen verbessert werden muss, damit Banken und Aufsichtsbehörden das Klimarisiko genauer bewerten können; weist darauf hin, dass Investitionen in nicht nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten und diesbezügliche Kredite zu gestrandeten Vermögenswerten oder verlorenen Investitionen führen können; |
46. |
nimmt die Rolle der EBA bei der Anleitung, Koordinierung und Überwachung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch den Finanzsektor der EU zur Kenntnis; begrüßt die Bemühungen der EZB über die letzten zwei Jahre, den Informationsaustausch zwischen dem SSM und den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörden zu verbessern, um Aspekte der Bekämpfung von Geldwäsche bei aufsichtsrechtlichen Überwachungsmaßnahmen besser zur berücksichtigen; fordert, dass für diese Verantwortung angemessene Mittel und Ressourcen bereitgestellt werden; begrüßt, dass die EBA die individuelle Umsetzung der Überwachungsbefugnisse zur Bekämpfung von Geldwäsche in den Mitgliedstaaten unterstützt, und fordert weitere Maßnahmen, um eine risikobasierte, verhältnismäßige und wirksame Überwachung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sicherzustellen; weist auf die Unterschiede bei den Ansätzen zur Überwachung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch die nationalen Behörden und bei der Anwendung der EU-Gesetzgebung hin, die zu einer Regulierungsarbitrage führen könnten; befürwortet die teilweise Umwandlung der Bestimmungen der Geldwäscherichtlinie in eine Verordnung; bedauert, dass mehrere Mitgliedstaaten die Geldwäscherichtlinien IV und V noch nicht vollständig umgesetzt haben und dass noch mehr Mitgliedstaaten gravierende Mängel bei der effektiven Umsetzung dieser Richtlinien festgestellt haben; begrüßt es, dass die Kommission mit der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren begonnen hat, und fordert die Kommission auf, Vertragsverletzungsverfahren für die verbleibenden Fälle mangelnder Umsetzung und Durchführung der Geldwäscherichtlinie einzuleiten; nimmt das zweite Mandat der EBA zur Kenntnis, eine Datenbank zur Geldwäschebekämpfung einzurichten, die bis 2021 fertiggestellt sein soll, und die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den europäischen Behörden zu verbessern; betont, dass die Kollegien zur Bekämpfung von Geldwäsche für grenzübergreifend tätige Finanzgruppen, die alle entsprechenden Behörden des gerichtlichen Zuständigkeitsbereichs umfassen, in dem die Gruppe tätig ist, bei der Bewertung, wie die Gruppe bei der Bekämpfung von Geldwäsche abschneidet, eine wichtige Rolle innehaben; |
47. |
begrüßt den am 7. Mai 2020 veröffentlichten Aktionsplan der Kommission für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung; fordert die Kommission auf, ihr Legislativpaket zur Bekämpfung der Geldwäsche zügig zu verabschieden; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag zur Einrichtung einer europäischen Aufsichtsbehörde für die Bekämpfung der Geldwäsche zu unterbreiten; hebt hervor, dass in den Geltungsbereich des Geldwäscherahmenwerks auch Emittenten und Anbieter von Kryptoanlagen einbezogen werden sollten; fordert die Kommission auf, die Einrichtung einer europäischen Zentralmeldestelle für Geldwäsche-Verdachtsanzeigen (FIU) in Erwägung zu ziehen; |
48. |
hebt die wichtige Rolle des Bankensektors im Kampf gegen Steuervermeidung hervor; bekräftigt die Position des Parlaments, dass bei Transaktionen, die Länder aus Anhang I oder Anhang II der Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke umfassen, zunehmende Prüfungen und Anforderungen an die Feststellung der Kundenidentität angebracht sind; |
49. |
begrüßt das Paket der Kommission zur Digitalisierung des Finanzsektors; ist der Ansicht, dass die Vorschläge der Kommission zu Märkten für Kryptowährungen und zur digitalen betrieblichen Resilienz zeitnah, sinnvoll und notwendig sind; betont, dass Verbrauchern und Unternehmen durch die Digitalisierung des Finanzsektors zwar mehr Finanzierungsoptionen zur Verfügung stehen, der Verbraucherschutz und die Finanzstabilität jedoch gewahrt werden sollten; |
50. |
nimmt den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zur Kenntnis; nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die viele bedeutende Banken bei ihren mit dem SSM vereinbarten Betriebsmodellen für die Zeit nach dem Brexit erzielt haben, und unterstützt die Bemühungen des SSM, die Fortschritte bei der Verwirklichung dieser Modelle in den Bereichen Aktiva, Personal und Buchungspraktiken zu überwachen; bekräftigt, dass im Euro-Währungsgebiet Briefkasteninstitute im Zusammenhang mit der Verlagerung von Unternehmen in die EU nicht hinnehmbar sind; ist der Auffassung, dass bestehende Regelungslücken im EU-Rechtsrahmen geschlossen werden sollten, um die Aufsicht zu stärken, und weist darauf hin, dass der SSM seit Inkrafttreten der überarbeiteten Verordnung über Wertpapierfirmen (42) im Juni 2021 die direkte Verantwortung für die Beaufsichtigung systemrelevanter Wertpapierfirmen übernommen hat; |
51. |
betont, wie wichtig es ist, im Regelungsraum gleiche Wettbewerbsbedingungen zu erhalten und einen regulatorischen Wettlauf nach unten zu verhindern; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Vereinbarung zwischen der EZB und den Behörden des Vereinigten Königreichs, die auf der von der EZB ausgehandelten Vorlage beruht und die Aufsicht außerhalb von Versicherungs- und Altersvorsorgesystemen abdeckt, eine solide Grundlage für die aufsichtsrechtliche Zusammenarbeit zwischen dem SSM und der Aufsichtsbehörde (Prudential Regulation Authority) des Vereinigten Königreichs bildet, wobei der Schwerpunkt auf dem Informationsaustausch und der gegenseitigen Behandlung grenzüberschreitend tätiger Bankengruppen liegt und die gemeinsame Verantwortung für die Beaufsichtigung von Zweigniederlassungen angestrebt wird; |
52. |
weist darauf hin, dass die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für das Funktionieren der Bankenaufsicht, insbesondere in Bezug auf kleinere Institute, entscheidend ist; |
Abwicklung
53. |
vertraut darauf, dass die Einführung einer Letztsicherung für den SRF im Jahr 2022, zwei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen, in Form einer verlängerungsfähigen Kreditlinie aus dem ESM, die ein Sicherheitsnetz für Bankenabwicklungen in der Bankenunion bietet, den Rahmen für das Krisenmanagement stärken wird und ein wichtiger Schritt in Richtung der Vollendung der Bankenunion ist; stellt fest, dass die erhebliche Aufstockung des SRF zusammen mit der gemeinsamen Letztsicherung dem SRB Zugang zu kombinierten Mitteln weit über 100 Mrd. EUR verschaffen wird; weist darauf hin, dass die Risiken in den Bankensystemen parallel zur Einrichtung des EDIS weiter reduziert werden müssen; |
54. |
besteht darauf, die Banken allein für ihre Leistung verantwortlich zu machen, anstatt die Steuerzahler die Last eines Krisenmanagementrahmens tragen zu lassen; |
55. |
begrüßt den Umstand, dass der SRB im Jahr 2020 zwar keine Abwicklungsmaßnahmen ergreifen musste, aber bei krisennahen Fällen dennoch akribisch mit dem SSM zusammengearbeitet hat; nimmt die Entlastungsmaßnahmen und die Flexibilität zur Kenntnis, die durch den SRB gewährt werden, um die Zwischenziele für die MREL zu erreichen, ohne die Abwicklungsfähigkeit zu gefährden; betont, dass auf der Website des SRB Informationen zu solchen Maßnahmen weiterhin nur sehr begrenzt verfügbar sind; fordert den SRB nachdrücklich auf, die Transparenz zu erhöhen und insbesondere die von den internen Abwicklungsteams (IRT) bei der Anwendung von COVID-19-bezogenen Abhilfemaßnahmen befolgten Leitlinien zu veröffentlichen; nimmt die vom SRB entwickelte MREL-Politik für 2020 und die spezielle Berichterstattung für MREL im Rahmen der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen zur Kenntnis; würdigt die Fortschritte im Zuge des derzeitigen Abwicklungsplanungszyklus für 2021 und bekräftigt, dass das Umfeld verhältnismäßiger MREL eines der zentralen Elemente für die Verbesserung der Abwicklungsfähigkeit der Banken ist, wobei für eine breiter gefasste Finanzstabilität gesorgt wird; |
56. |
weist darauf hin, dass die bestehenden Überschneidungen zwischen den Anforderungen für den Einsatz von frühzeitigen Interventionsmaßnahmen und den Standardaufsichtsbefugnissen der EZB die Durchführung von frühzeitigen Interventionsmaßnahmen verhindern können; besteht in diesem Zusammenhang darauf, dass diese Überschneidungen beseitigt werden sollten, und vertraut darauf, dass die Rechtsgrundlage für jedes Instrument geklärt wird, um eine angemessene und schrittweise Anwendung der Maßnahmen sicherzustellen; befürwortet in diesem Zusammenhang, unter Berücksichtigung der Empfehlung des Europäischen Rechnungshofs zu quantifizierten Schwellenwerten für die Auslösung von frühzeitigen Interventionsmaßnahmen, den Einsatz unverzüglicher Aufsichtsmaßnahmen, wobei ein Automatismus vermieden werden sollte; |
57. |
ist der Auffassung, dass die Liquidation von Banken, bei denen der SRB oder die nationale Abwicklungsbehörde zu dem Schluss kommt, dass kein öffentliches Interesse an einer Abwicklung besteht, erleichtert werden muss; stellt fest, dass die Strategie der Unternehmensveräußerung ein wichtiges Instrument für den SRB sein kann, um die Verluste bei der Abwicklung zu minimieren; stellt fest, dass ein stärker harmonisierter Rahmen für den Marktaustritt bei Insolvenz erforderlich ist, um Schwebezustände zu vermeiden und eine Angleichung im Hinblick auf den Entzug der Zulassung einer Bank sicherzustellen; räumt ein, dass alternative Maßnahmen im Rahmen von Einlagensicherungssystemen (DGS) zur Finanzierung von Einlagenübertragungen in solchen Fällen insbesondere für kleine und mittelgroße Banken eine wichtige Rolle spielen können, sofern sie den Einlegerschutz nicht beeinträchtigen und das DGS ausreichend finanziert ist, um die Beiträge der Steuerzahler und die Wertvernichtung zu minimieren und die Finanzstabilität sicherzustellen, und dass sie in anderen Fällen auch die Lücke zwischen der Voraussetzung einer Gläubigerbeteiligung von 8 % für den Zugang zum Abwicklungsfonds und der tatsächlichen Verlustabsorptionskapazität der Bank überbrücken können, mit Ausnahme der Einlagen, die übertragen werden sollen; hebt hervor, dass bei solchen Eingriffen eine strenge Kostenoptimierungsprüfung durchgeführt werden sollte; fordert die Kommission daher auf, das Prinzip der Kostenoptimierung und die Bedingungen für den Einsatz von Einlagensicherungsfonds klarer zu formulieren; |
58. |
stellt fest, dass die aktuelle Vielfalt der Insolvenzsysteme eine Quelle der Unsicherheit in Bezug auf das Ergebnis der Liquidationsverfahren ist; ist der Ansicht, dass das Bankeninsolvenzrecht weiter harmonisiert werden muss, damit die Bankenunion effektiv funktionieren kann; ersucht die Kommission, nach eingehender Prüfung und Konsultation der nationalen Behörden und Parlamente Überlegungen zur Förderung der weiteren Harmonisierung bestimmter Aspekte der bestehenden nationalen Insolvenzgesetze sowie der Bedingungen für die Inanspruchnahme externer Finanzmittel anzustellen, um die Angleichung der Anreize und gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen; |
59. |
hält insbesondere einen gezielten Ansatz zur Harmonisierung der Gläubigerrangfolge in Bankinsolvenzverfahren für sinnvoll, um den Umfang der Finanzierung durch Einlagensicherungssysteme bei der Abwicklung und bei anderen Maßnahmen als Auszahlungen zu erhöhen, sofern die Einlagensicherungssysteme ausreichend finanziert sind; |
60. |
hält es für notwendig, dass die Abwicklung für mehr Banken funktioniert, was eine Überprüfung der Bewertung des öffentlichen Interesses erfordert, um die Transparenz und die Vorhersehbarkeit des zu erwartenden Ergebnisses zu erhöhen und so die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten auf eine breitere Gruppe von Banken, insbesondere mittelgroßen Banken, zu ermöglichen und die Klarheit zu schaffen, die erforderlich ist, um eine kohärentere und angemessenere Höhe der MREL sicherzustellen; nimmt die laufenden Arbeiten des SRB in dieser Hinsicht zur Kenntnis; fordert, dass die Unstimmigkeiten zwischen den Bewertungen kritischer Funktionen durch die internen Abwicklungsteams, die im Bericht des Rechnungshofs 2021 über die Abwicklungsplanung im SRM erwähnt werden, behoben werden; betont ferner, dass die Vorschriften für staatliche Beihilfen und die Bankenmitteilung der Kommission aus dem Jahr 2013 kohärent überarbeitet werden müssen, um den Fortschritten bei der Umsetzung und Verbesserung des Rahmens für das Krisenmanagement Rechnung zu tragen und Kohärenz mit den Anforderungen der BRRD zu erreichen, wobei die jüngsten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union gebührend berücksichtigt werden müssen; nimmt darüber hinaus die Empfehlung des Europäischen Rechnungshofs aus dem Jahr 2021 zur Kenntnis, dass der SRB das einheitliche Regelwerk einhalten soll, indem er in jedem Abwicklungsplan die wesentlichen Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit festlegt und ein ordnungsgemäßes Verfahren für deren Beseitigung einhält; |
61. |
unterstützt die Idee, die Rolle von Gruppensanierungs- und -abwicklungsplänen sowie deren praktische Umsetzung im Zusammenhang mit der Überarbeitung des Krisenmanagementrahmens zu prüfen, um einen effizienteren Ansatz zur Bewältigung von Schwierigkeiten in grenzüberschreitenden Bankgeschäften sicherzustellen; nimmt die Vorschläge zur Kenntnis, Bankengruppen die Option anzubieten, dass Tochter- und Muttergesellschaften eine förmliche Vereinbarung schließen, um sich gegenseitig Liquiditätshilfe zu gewähren, und diese Unterstützung an ihre Gruppensanierungspläne zu knüpfen, um die ausgeglichene Anwendung der geltenden Bestimmungen in Bezug auf Herkunfts- und Aufnahmeländer zu erleichtern; ist der Ansicht, dass die zuständigen Behörden bei Bedarf in die Durchsetzung solcher förmlichen Vereinbarungen einbezogen werden sollten; stellt fest, dass diese Gruppensanierungs- und -abwicklungspläne die Justierung der MREL ermöglichen könnten und dass die Beiträge der Banken zu den verschiedenen Sicherheitsnetzen wirklich risikobasiert wären und die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der Inanspruchnahme dieser Sicherheitsnetze im Rahmen der bevorzugten Krisenmanagementstrategie widerspiegeln würden; |
Einlagenversicherung
62. |
betont, dass es wichtig ist, dass Einleger in der gesamten Bankenunion denselben Schutz für ihre Ersparnisse genießen, unabhängig davon, wo sich ihre Bank befindet; weist darauf hin, dass die Einführung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme, die Bankeinlagen bis zu einem Betrag von 100 000 EUR garantiert, zu einem höheren Niveau der Einlagensicherung beitragen soll; nimmt den Versuch der Kommission zur Kenntnis, das Vertrauen der Bürger in den Einlagenschutz durch die Einführung eines EDIS weiter zu stärken; stellt gleichzeitig fest, dass das EDIS einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Verbindung zwischen Staaten und Banken zu verringern; |
63. |
betont, dass der Verhältnismäßigkeit des Risikos der Beiträge zum Einlagensicherungssystem große Bedeutung zukommt; warnt davor, dass das Fehlen eines risikobasierten Ansatzes die Gefahr des moralischen Risikos und des Trittbrettfahrens birgt und zu einer Subventionierung spekulativer Geschäftsmodelle durch konservative führt; hebt hervor, dass Beiträge zu einem künftigen EDIS eine Verhältnismäßigkeit zum Risiko aufweisen müssen; weist darauf hin, dass die idiosynkratischen Risiken in den verschiedenen Instituten innerhalb der Bankenunion immer noch unterschiedlich sind; bekräftigt erneut, dass alle Mitglieder der Bankenunion die Richtlinie über Einlagensicherungssysteme und die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten umsetzen müssen, um eine einheitliche Risikominderung in der gesamten Bankenunion sicherzustellen; |
64. |
nimmt die Überprüfung des CMDI-Rahmens und die Zwischenoption für ein hybrides EDIS als einen ersten Schritt auf dem Weg zur vollständigen Vollendung des EDIS gemäß dem Kommissionsvorschlag von 2015 zur Kenntnis, der auf der Idee eines neuen zentralen Fonds beruht, der neben den auf der Ebene der nationalen Einlagensicherungssysteme verbleibenden Fonds besteht und mit einer angemessenen Stärkung der Rolle des SRB kombiniert ist; macht auf die starken Verflechtungen zwischen dem Krisenmanagement und dem EDIS sowie die Notwendigkeit, diese gemeinsam anzugehen, um die Renationalisierung der Bankenunion zu vermeiden und weiterhin für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen, aufmerksam; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Überarbeitung des CMDI-Rahmens darauf abzielen sollte, die Kohärenz und Konsistenz des Rahmens zu verbessern; |
65. |
fordert die Kommission auf, weitere Schritte zu unternehmen, um die Verhandlungen über das EDIS durch einen auf einem Fahrplan basierenden Arbeitsplan wieder in Gang zu bringen; fordert die Mitgliedstaaten auf, engagiert und entschlossen auf ein Abkommen hinzuarbeiten, das mit den Interessen der Union als Ganzes vereinbar ist; erklärt, dass es sich verpflichtet, auf eine Einigung über das EDIS hinzuarbeiten, während es gleichzeitig seine Arbeit an risikomindernden Maßnahmen fortzusetzen gedenkt; |
66. |
fordert die Kommission auf, die Rolle der institutionellen Schutzsysteme für den Schutz und die Stabilisierung der Mitgliedseinrichtungen gebührend zu berücksichtigen; |
o
o o
67. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln. |
(1) ABl. C 362 vom 8.9.2021, S. 45.
(2) https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/publications/annual-report/pdf/ssm.ar2020~1a59f5757c.en.pdf
(3) https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/publications/annual-report/pdf/ssm.ar2019~4851adc406.en.pdf
(4) ABl. C 23 vom 21.1.2021, S. 105.
(5) ABl. C 395 vom 29.9.2021, S. 72.
(6) ABl. C 395 vom 29.9.2021, S. 89.
(7) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0110.
(8) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0039.
(9) https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/Report_on_a_digital_euro~ 4d7268b458.en.pdf
(10) https://www.fsb.org/wp-content/uploads/P091020.pdf
(11) https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.esbceuropeanbankingsupervisionresponsetoeuropeancommissionpublicconsultationdigitalfinancestrategyeuropefintechactionplan2020~b2e6cd0dc4.en.pdf
(12) https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/en_ecb_2020_62_f_sign ~6a404d7d9c.pdf
(13) https://www.esrb.europa.eu/pub/pdf/reports/nbfi_monitor/esrb.202010_eunon-bankfinancialintermediationriskmonitor2020~89c25e1973.en.pdf
(14) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_ library/Risk%20Analysis%20and%20Data/Risk%20Assessment%20Reports/2020/December%202020/961060/Risk%20Assessment_Report_December_2020.pdf
(15) Studie — „Regulatory Sandboxes and Innovation Hubs for FinTech: Impact on innovation, financial stability and supervisory convergence“, Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität, September 2020.
(16) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/ Risk%20Analysis%20and%20Data/Risk%20dashboard/Q4%202020/972092/EBA%20Dashboard%20-%20Q4%202020.pdf
(17) https://www.consilium.europa.eu/media/46978/joint-risk-reduction-monitoring-report-to-eg_november-2020_for-publication.pdf
(18) https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/jc_2021_27_jc_spring _2021_report_on_risks_and_vulnerabilities.pdf
(19) https://ec.europa.eu/info/consultations/finance-2021-crisis-management-deposit-insurance-review-targeted_en
(20) https://srb.europa.eu/sites/default/files/efb_main_doc_final_web_0.pdf
(21) https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecb.op251~65a080c5b3.en.pdf
(22) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13091-2020-INIT/de/pdf
(23) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-8335-2020-ADD-1/en/pdf
(24) https://srb.europa.eu/en/node/1118
(25) https://www.fsb.org/wp-content/uploads/P010421-1.pdf
(26) https://srb.europa.eu/en/node/967
(27) https://www.europarl.europa.eu/committees/en/product/product-details/20201021CAN58122
(28) https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/blog/2020/html/ssm.blog201009 ~bc7ef4e6f8.en.html
(29) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/News%20and%20Press/Press%20Room/Press%20Releases/2020/EBA%20acts%20to%20improve%20AML/CFT%20supervision%20in%20Europe/Report%20on%20CA%20approaches%20to%20AML%20CFT.pdf
(30) https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/ Publications/Reports/2020/931093/EBA%20Report%20on%20the%20future%20of%20AML%20CFT%20framework%20in%20the%20EU.pdf
(31) https://www.bruegel.org/2020/12/can-the-gap-in-the-europes-internal-market-for-banking-services-be-bridged/
(32) Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).
(33) Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1).
(34) Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 149).
(35) Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (ABl. L 198 vom 22.6.2020, S. 13).
(36) Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (ABl. L 317 vom 9.12.2019, S. 1).
(37) Verordnung (EU) 2020/873 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2020 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und der Verordnung (EU) 2019/876 aufgrund von Anpassungen infolge der COVID-19-Pandemie (ABl. L 204 vom 26.6.2020, S. 4).
(38) ABl. C 224 vom 27.6.2018, S. 45.
(39) ABl. C 23 vom 21.1.2021, S. 105.
(40) Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).
(41) Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95 vom 21.4.1993, S. 29.
(42) Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 1).
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/167 |
P9_TA(2021)0416
Reform der EU-Politik im Bereich schädliche Steuerpraktiken (einschließlich der Reform der Gruppe „Verhaltenskodex“)
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu der Reform der EU-Politik im Bereich schädliche Steuerpraktiken (einschließlich der Reform der Gruppe „Verhaltenskodex“) (2020/2258(INI))
(2022/C 132/13)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf die Artikel 113, 115 und 116 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), |
— |
unter Hinweis auf die Entschließung des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997 (1) über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, mit dem das Ziel verfolgt wird, den schädlichen Steuerwettbewerb innerhalb der Europäischen Union einzuschränken, |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. April 2009 mit dem Titel „Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich“ (COM(2009)0201), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Juni 2015 mit dem Titel „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union: Fünf Aktionsschwerpunkte“ (COM(2015)0302), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. Januar 2016 über eine externe Strategie für effektive Besteuerung (COM(2016)0024), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. März 2016 zum Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung (2), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. Juli 2016 über weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (COM(2016)0451), in der Erläuterungen zur Erstellung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke enthalten sind, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. November 2016 über die Kriterien und das Verfahren für die Erstellung einer EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke, |
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unter Hinweis auf das Ergebnis der Sitzung des Rates (Wirtschaft und Finanzen) vom 5. Dezember 2017, |
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unter Hinweis auf das Arbeitsprogramm der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ während des portugiesischen Ratsvorsitzes (3) vom 9. Februar 2021, |
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unter Hinweis auf die jüngste Aktualisierung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke durch den Rat am 26. Februar 2021 (4), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie“ (COM(2020)0312), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus“ (COM(2020)0313), |
— |
unter Hinweis auf seinen Standpunkt zu dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) (5) und dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) (6), |
— |
unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Mai 2021 mit dem Titel „Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert“(COM(2021)0251), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2015 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (7), seine Entschließung vom 6. Juli 2016 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (8) und seine Entschließung vom 26. März 2019 zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (9), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2015 mit Empfehlungen an die Kommission zur transparenteren Gestaltung, Koordinierung und Harmonisierung der Politik im Bereich der Körperschaftsteuer in der Union (10), |
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unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 13. Dezember 2017 an den Rat und die Kommission im Anschluss an die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (11), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Januar 2021 zur Überarbeitung der EU-Liste der Steueroasen (12) und auf seine Anfragen an die Kommission und den Rat zur Überarbeitung der EU-Liste der Steueroasen (O-000082/2020 — B9-0002/2021 und O-000081/2020 — B9-0001/2021), |
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unter Hinweis auf die Folgemaßnahmen der Kommission zu den genannten Entschließungen und Empfehlungen des Europäischen Parlaments (13), |
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unter Hinweis auf den Bericht „The Impact of Tax Planning on Forward-Looking Effective Tax Rates“ (Die Auswirkungen der Steuerplanung auf zukunftsorientierte effektive Steuersätze) (14), den das ZEW (Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) für die Kommission erstellt hat, |
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unter Hinweis auf den für die Kommission erstellten Bericht mit dem Titel „Aggressive tax planning indicators“ (Indikatoren aggressiver Steuerplanung) (15), |
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unter Hinweis auf die von der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst des Parlaments am 17. Oktober 2018 veröffentlichte Studie mit dem Titel „An overview of shell companies in the European Union“ (Überblick über Briefkastenfirmen in der Europäischen Union) (16), |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des hochrangigen VN-Ausschusses für internationale finanzielle Rechenschaftspflicht, Transparenz und Integrität für die Verwirklichung der Agenda 2030 (FACTI Panel) vom Februar 2021 mit dem Titel „Financial Integrity for Sustainable Development“ (Finanzielle Integrität für nachhaltige Entwicklung) (17), |
— |
unter Hinweis auf die laufenden Arbeiten des inklusiven Rahmens der G20/OECD gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) zu den steuerlichen Herausforderungen, die sich aus dem digitalen Wandel ergeben, |
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unter Hinweis auf die Folgenabschätzung in der Anfangsphase mit dem Titel „Steuervermeidung — Bekämpfung der Nutzung von Briefkastenfirmen und Vorkehrungen für steuerliche Zwecke“ (18), |
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unter Hinweis auf den Bericht des Internationalen Währungsfonds mit dem Titel „Taxing Multinationals in Europe“ (19), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts („Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung“ oder „ATAD-I-Richtlinie“) (20) und die Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern („ATAD-II-Richtlinie“) (21), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten („Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren“) (22), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 über das gemeinsame Steuersystem für Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten („Mutter-Tochter-Richtlinie“) (23), |
— |
unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG („Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung“ oder „DAC-1-Richtlinie“) (24), die Richtlinie (EU) 2015/2376 des Rates vom 8. Dezember 2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung („DAC-3-Richtlinie“) (25), die Richtlinie (EU) 2016/881 des Rates vom 25. Mai 2016 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung („DAC-4-Richtlinie“) (26) und die Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen („DAC-6-Richtlinie“) (27), |
— |
gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0245/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung seit 1997 das vorrangige Instrument der Union gegen schädliche Steuermaßnahmen ist; in der Erwägung, dass schädliche Steuermaßnahmen im Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung als Maßnahmen (einschließlich Verwaltungspraktiken) umschrieben werden, die den Standort für wirtschaftliche Aktivitäten in der Union spürbar beeinflussen oder beeinflussen können und die zu einem erheblich niedrigeren Steueraufkommen führen, als es normalerweise in dem jeweiligen Mitgliedstaat erreicht wird; |
B. |
in der Erwägung, dass gemäß dem Jahresbericht der Kommission über die Besteuerung 2021 in der EU durch Steuerumgehung jährlich geschätzt 36–37 Mrd. EUR an Körperschaftsteuereinnahmen eingebüßt werden (28); |
C. |
in der Erwägung, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung weltweit und insbesondere in der Union zu einem Rückgang der Sonderregelungen geführt haben; in der Erwägung, dass gemäß Maßnahme 5 des BEPS-Aktionsplans eine Sonderregelung eine Regelung ist, die im Vergleich mit den allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung im entsprechenden Land eine Form der Steuervergünstigung bietet; in der Erwägung, dass eine durch eine Regelung ermöglichte Vergünstigung viele verschiedene Ausprägungen, einschließlich einer Verringerung des Steuersatzes oder der Bemessungsgrundlage oder Sonderkonditionen im Hinblick auf die Zahlung oder Erstattung von Steuern, haben kann (29); in der Erwägung, dass neue Formen schädlicher Steuerpraktiken (harmful tax practices — HTP) entstanden sind, insbesondere durch die Umwandlung von Sonderregelungen in aggressive allgemeine Regelungen; |
D. |
in der Erwägung, dass aggressive Steuerplanung in der Ausnutzung von formalen Details eines Steuersystems oder der Unstimmigkeiten zwischen zwei oder mehr Steuersystemen zur Senkung der Steuerschuld besteht; in der Erwägung, dass Steuermaßnahmen private Initiativen, die nachhaltiges Wachstum ermöglichen, nicht verhindern sollten; in der Erwägung, dass laut empirischen Untersuchungen die Effektivbesteuerung für große multinationale Konzerne geringer ist als für einheimische KMU (30); |
E. |
in der Erwägung, dass im Rahmen des Vorgehens der Union gegen HTP Rechtsvorschriften und nicht zwingende Maßnahmen angenommen wurden und eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit vereinbart wurde; in der Erwägung, dass das Parlament im Bereich der direkten Besteuerung konsultiert wird und die Souveränität der Mitgliedstaaten in diesem Bereich achtet; |
F. |
in der Erwägung, dass in der Union zu Beginn der 1990er Jahre Bedenken hinsichtlich HTP aufkamen und ein Ausschuss unabhängiger Sachverständiger eingerichtet wurde, der einen Bericht mit Empfehlungen zur Unternehmensbesteuerung innerhalb der EU (Ruding-Bericht) erstellte (31); in der Erwägung, dass der Rat der Europäischen Union 1997 einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung erstellt hat; in der Erwägung, dass im Rat eine Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ eingerichtet wurde, um steuerliche Maßnahmen zu bewerten, die in den Anwendungsbereich des Verhaltenskodex fallen könnten; in der Erwägung, dass aus empirischen Untersuchungen (32) hervorgeht, dass die den EU-Mitgliedstaaten insgesamt entgangenen Einnahmen aus Körperschaftsteuer vorwiegend auf andere EU-Mitgliedstaaten und nicht auf Drittländer zurückzuführen sind; in der Erwägung, dass fehlende gesetzgeberische Maßnahmen gegen EU-interne aggressive Steuerpraktiken und schädlichen Steuerwettbewerb die Hauptursache für diese Steuereinbußen sind; |
G. |
in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ darauf abzielt, die Steuermaßnahmen zu bewerten, die in den Anwendungsbereich des Verhaltenskodex fallen könnten, und als Raum für Zusammenarbeit und die Bewertung potenziell schädlicher Regelungen in der EU im Rahmen eines Peer-Reviews dient; in der Erwägung, dass dem Verhaltenskodex unter den Mitgliedstaaten inzwischen eine gewisse Achtung gezollt wird, wodurch sich ein auf Reformen hinwirkender Gruppendruck aufbaut, der spiegeleffektartig Drittländer zur Zusammenarbeit im Rahmen des Verfahrens zur Erstellung der EU-Liste bewegt; |
H. |
in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ sich als effizient erwiesen hat, was die Unterbindung von Sondersteuerregelungen angeht; in der Erwägung, dass der Steuerwettbewerb in Europa allem Anschein nach den Rückgang der Körperschaftsteuersätze beeinflusst hat, der dazu führte, dass der durchschnittliche Körperschaftsteuersatz in Europa unter dem Durchschnittssatz der OECD-Länder liegt (33); in der Erwägung, dass der Verhaltenskodex durch die Aufstellung von Grundsätzen für einen fairen Wettbewerb dazu beigetragen hat, einen aggressiven Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern; in der Erwägung, dass es der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ nicht gelungen ist, ungerechte Steuerregelungen, die manche Mitgliedstaaten großen Unternehmen bieten, etwa schädliche Vorabverständigungen („Steuervorbescheide“) und die damit geschaffenen unlauteren Wettbewerbsvorteile, auszumerzen; in der Erwägung, dass bei den neuesten Peer-Reviews der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ der Schwerpunkt auf Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums gelegt wurde; in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ nach wie vor rein zwischenstaatlicher Natur ist; |
I. |
in der Erwägung, dass beide Säulen des künftigen globalen Abkommens der Vorstellung der Kommission von einem Rahmen für die Unternehmensbesteuerung, die sie in ihrer vor kurzem veröffentlichten Mitteilung mit dem Titel „Business Taxation for the 21st century“ (Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert) dargelegt hat, entsprechen; in der Erwägung, dass die Kommission in dieser Mitteilung einen Vorschlag für eine Richtlinie angekündigt hat, die sich an den OECD-Mustervorschriften orientiert, einschließlich der für die Umsetzung der zweiten Säule, die eine effektive Mindestbesteuerung, erforderlichen Anpassungen; |
J. |
in der Erwägung, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ erfolgreich Gespräche mit Drittstaaten aufgenommen hat, die aufgefordert werden, ihre schädlichen Steuerpraktiken zurückzunehmen, damit sie nicht auf eine EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke („EU-Liste“) gesetzt werden; in der Erwägung, dass die EU-Liste ein Instrument zur Verhinderung schädlicher Steuerpraktiken durch Drittstaaten sein muss, um weltweit einen fairen Steuerwettbewerb zu wahren; in der Erwägung, dass in der derzeitigen EU-Liste lediglich zwölf Drittländer und -gebiete (34) aufgeführt sind und bestimmte berüchtigte Steueroasen leider ausgelassen werden; in der Erwägung, dass die EU-Liste auf der Grundlage der im Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung festgelegten Kriterien erstellt wird; |
K. |
in der Erwägung, dass die Kriterien für die EU-Liste immer noch von jenen abweichen, die für den Peer-Review bezüglich schädlicher Steuerpraktiken in der EU verwendet werden, wenngleich beide Bewertungen von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ durchgeführt werden; in der Erwägung, dass sechs Mitgliedstaaten länderspezifische Empfehlungen zur Stärkung ihrer Steuersysteme gegenüber der Gefahr einer aggressiven Steuerplanung erhalten haben; |
L. |
in der Erwägung, dass die Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus“ verabschiedet hat und eine Reform des Verhaltenskodex und Verbesserungen der EU-Liste plant; |
M. |
in der Erwägung, dass die Wirtschaft in der EU durch die COVID-19-Pandemie in die tiefste Rezession in moderner Zeit geraten ist und dass erst kürzlich Anzeichen einer Erholung zu erkennen sind; in der Erwägung, dass Regierungen überall in der Union als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie schnell steuerliche Maßnahmen eingeführt haben, um Liquidität sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte bereitzustellen (35), was zu geringeren Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten geführt hat; in der Erwägung, dass die Unternehmensbesteuerung ein Instrument zur Unterstützung der Erholung durch einfache, stabile und KMU-freundliche Steuerregelungen, die die wirtschaftliche Erholung nicht durch eine übermäßige Steuerlast behindern, sein sollte; |
Aktuelle EU-Politik zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken in der Union
1. |
stellt fest, dass mehrere Steuerskandale, insbesondere Lux Leaks, die „Panama Papers“, die „Paradise Papers“ und jüngst die OpenLux-Enthüllungen, sowie der Druck der Öffentlichkeit und des Parlaments die politische Agenda der EU bezüglich schädlicher Steuerpraktiken begünstigt haben; betont, dass Steuerhinterziehung und Steuervermeidung dazu führen, dass den Mitgliedstaaten erhebliche Einnahmen in nicht hinnehmbarer Höhe entgehen, die derzeit benötigt werden, um die verheerenden Folgen der Pandemie zu bewältigen; weist erneut auf die konservativen Schätzungen der OECD hin, denen zufolge sich Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung jährlich auf etwa 4 %–10 % der weltweiten Körperschaftssteuereinnahmen bzw. 100 Mrd.–240 Mrd. USD (84–202 Mrd. EUR) belaufen (36); weist darauf hin, dass das Parlament die vermiedene Körperschaftsteuer auf einen Wert zwischen 160 Mrd. und 190 Mrd. EUR schätzt, wenn sowohl Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung als auch andere Steuerregelungen berücksichtigt werden (37); fordert die Kommission auf, regelmäßig eine Bewertung des Umfangs von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung durchzuführen; |
2. |
begrüßt die bedeutenden Maßnahmen auf Unions- und internationaler Ebene, um die Grundsätze der Steuertransparenz zu stärken, schädlichen steuerlichen Wettbewerb zu bekämpfen und sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken eingehalten werden; begrüßt die interinstitutionelle Einigung, die über die Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU (38) im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen (öffentliche länderbezogene Berichterstattung) erzielt wurde; sieht einer raschen Annahme des Standpunktes des Rats in erster Lesung erwartungsvoll entgegen, damit die Richtlinie so bald wie möglich verabschiedet werden und in Kraft treten kann; hebt hervor, dass eine Vielzahl von EU-Instrumenten zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken innerhalb der Union verabschiedet wurde, darunter die ATAD-I- und die ATAD-II-Richtlinie, die Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren, die Mutter-Tochter-Richtlinie, die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und insbesondere die DAC-3-, DAC-4- und DAC-6-Richtlinien (über Steuervorbescheide, länderspezifische Berichterstattung und verbindliche Offenlegungsregelungen für Finanzintermediäre), die verschiedenen Empfehlungen der Kommission an den Rat, der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung und die Empfehlungen des Rates im Rahmen des Europäischen Semesters, die sich mit aggressiver Steuerplanung befassen; |
3. |
weist darauf hin, dass die Rechtsvorschriften der Union Mindeststandards für kooperative Maßnahmen und den Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung vorsehen; befürwortet Diskussionen der Mitgliedstaaten, um die Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Besteuerung zu stärken; betont, dass der Schwerpunkt auf die ordnungsgemäße Umsetzung und Überwachung bestehender Regeln gelegt werden sollte; betont, dass angemessene Steuersätze und einfache, klare Steuergesetze innerhalb der sozialen Marktwirtschaft der EU dazu beitragen, Arbeitsplätze zu schaffen. die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu verbessern und Steuerhinterziehung und Steuervermeidung zu bekämpfen; erkennt an, dass die Mitgliedstaaten nach freiem Ermessen und wie sie es für zweckmäßig erachten entsprechend ihren eigenen Umständen über ihre Steuerpolitik entscheiden können; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten die Vorschriften des Unionsrechts wahren sollten; |
4. |
weist darauf hin, dass der Verhaltenskodex auf der Prämisse beruht, dass der Steuerwettbewerb zwischen Ländern zwar nicht per se problematisch ist, es aber gemeinsame Grundsätze geben muss, um zu regeln, inwieweit die Länder Steuerregelungen und Steuerpolitik dafür einsetzen dürfen, Unternehmen und Gewinne anzuziehen; betont, dass die Kommission anerkennt, dass sich sowohl Art als auch Form des Steuerwettbewerbs in den letzten beiden Jahrzehnten wesentlich verändert haben und der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung mit diesen neuen Herausforderungen, die hart an die Grenzen der Fairness gehen, nicht mitgehalten hat (39); |
5. |
begrüßt die interne und externe Dimension der Arbeiten, die von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ zu schädlichen Steuerpraktiken durchgeführt werden; stellt fest, dass die externe Dimension der schädlichen Steuerpraktiken von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ in erster Linie unter Anwendung des Kriteriums der Steuergerechtigkeit behandelt wird; ist der Ansicht, dass das Verfahren zur Erstellung der EU-Liste reformiert werden muss; empfiehlt, dass dieses Verfahren als EU-Recht formalisiert wird, vor allem im Rahmen eines verbindlichen Instruments; fordert die Kommission auf, zur Bewertung der Kohärenz zwischen den schwachen Kriterien für schädliche Steuerpraktiken, die auf die Mitgliedstaaten angewendet werden, und den strengeren Kriterien, insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Substanz, die auf Drittstaaten bei der Erstellung der einschlägigen Liste angewandt werden, weitere Informationen bereitzustellen; betont, dass das Transparenzkriterium im Einklang mit der Umsetzung der DAC-Richtlinie auch von den Mitgliedstaaten erfüllt werden sollte; merkt an, dass der Einfluss der Union auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und schädlichen Steuerpraktiken weltweit von dem Beispiel abhängt, das sie auf ihrem Gebiet gibt; begrüßt in diesem Zusammenhang die Ankündigung einer Intensivierung des Kampfes gegen den Missbrauch von Briefkastenfirmen und sieht dem Vorschlag zu Substanzvorschriften über Briefkastenfirmen erwartungsvoll entgegen, der in der Mitteilung der Kommission zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert erwähnt wird und darauf abzielt, Möglichkeiten einer aggressiven Steuerplanung, die mit der Nutzung von Unternehmen, die keine oder nur eine minimale substanzielle Präsenz und reale wirtschaftliche Tätigkeit in einem Hoheitsgebiet aufweisen, einzuschränken; |
6. |
weist darauf hin, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung seit 1997 das vorrangige Instrument der Union gegen einen schädlichen Steuerwettbewerb ist; weist darauf hin, dass 1998 innerhalb der OECD ein Forum zu schädlichen Steuerpraktiken eingerichtet wurde, das mit der Überwachung und Überprüfung von Steuerpraktiken beauftragt wurde, wobei ein Schwerpunkt auf den Merkmalen der Sondersteuerregelungen lag; hebt hervor, dass die Bewertungen des Forums zu schädlichen Steuerpraktiken einen entscheidenden Einfluss auf die Einstufung als schädliche Steuerregelung im Rahmen der Erstellung der EU-Liste haben; fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, bei der Bewertung schädlicher Steuerpraktiken ihre Unabhängigkeit vom Forum zu schädlichen Steuerpraktiken zu wahren; |
Empfehlungen für die künftige Arbeit der EU zu schädlichen Steuerpraktiken
7. |
hebt die vorgeschlagene Reform der Säule II des inklusiven Rahmens der OECD und der G20 zu Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung hervor, mit der die verbleibenden Probleme im diesem Bereich bewältigt werden sollen und Regeln festgelegt werden sollen, die den Ländern und Gebieten das Recht geben, dort Steuern einzufordern, wo andere Länder und Gebiete ihr primäres Besteuerungsrecht nicht ausgeübt haben oder die Zahlung von Steuern in anderer Weise einer niedrigen effektiven Besteuerung unterliegt, um schädliche Steuerpraktiken zu bekämpfen und einen effektiven Steuersatz einzuführen (40); sieht in diesem Zusammenhang einem weltweit vereinbarten Konsens erwartungsvoll entgegen, der den Interessen der Union mit Blick auf einfache und faire Steuergrundsätze und -standards entspricht; |
8. |
nimmt die neue Dynamik, die den Verhandlungen im inklusiven Rahmen der G20 und der OECD durch die jüngsten Vorschläge der US-Regierung verliehen wurde, sowie die jüngst erzielte Einigung über den inklusiven Rahmen und das Kommuniqué der Finanzminister, die eine Einigung über die Säule II bis Mitte 2021 ermöglichen könnten, die von über 130 Ländern angenommen werden könnte, zur Kenntnis; teilt das am 13. Juni 2021 zugesagte Engagement der G7 für eine weltweite Mindeststeuer von mindestens 15 % in jedem Land als Grundlage für weitere Verhandlungen, das am 1. Juli 2021 in der Erklärung zu einer Zwei-Säulen-Lösung zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben, bekräftigt wurde; |
9. |
fordert die Kommission auf, eine Folgenabschätzung zum künftigen Ergebnis der internationalen Steuerverhandlungen vorzulegen; weist darauf hin, dass sich die Kommission unabhängig davon, ob eine Einigung auf Ebene des inklusiven Rahmens der OECD erzielt wird, verpflichtet hat, eine Lösung vorzuschlagen, die jener der zweiten Säule in Bezug auf eine effektive Mindestbesteuerung entspricht; |
10. |
fordert, dass eine Begriffsbestimmung des „Mindestniveaus der wirtschaftlichen Substanz“ festgelegt wird, die mit dem globalen Standard der OECD und nachfolgenden Maßnahmen in Verbindung mit Maßnahme 5 des BEPS-Aktionsplans vereinbar ist, vorzugsweise auf der Grundlage eines formelhaften Ansatzes, und die sich schrittweise entsprechend den gemeldeten Einkommenssteigerungen entwickeln würde; schlägt vor, ein solches Kriterium für die Bewertung der potenziellen Schädlichkeit einer Steuerregelung zu nutzen; weist darauf hin, dass die Kommission in ihrer Mitteilung zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert mögliche neue Substanzanforderungen und Indikatoren für realwirtschaftliche Aktivitäten in Erwägung zieht; hebt hervor, dass die Anforderung bezüglich der wirtschaftlichen Substanz bereits in das Kriterium der Steuergerechtigkeit der EU-Liste aufgenommen wurde; ist jedoch der Ansicht, dass dieses Kriterium Interpretationsspielraum lässt und noch zu vage ist, da es berüchtigten Steueroasen ermöglicht, nach geringfügigen Reformen von der Liste gestrichen zu werden; |
11. |
fordert die Kommission auf, Leitlinien dazu auszuarbeiten, wie gerechte und transparente Steueranreize zu gestalten sind, damit sie weniger Risiken einer Verzerrung des Binnenmarktes mit sich bringen, einen fairen Wettbewerb sicherstellen und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern, insbesondere mit Blick auf die Art solcher Anreize (gewinn- oder kostengestützt), die zeitliche Dimension (vorübergehend oder dauerhaft), die geografische Begrenzung (Wirtschaftszonen) und die Intensität (vollständige oder teilweise Befreiung); nimmt eine vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss in Auftrag gegebene Studie zur Verringerung der Körperschaftsteuersätze und deren Auswirkung auf Einnahmen und Wachstum zur Kenntnis (41); |
12. |
begrüßt die Tatsache, dass die Kommission anerkennt, dass ein künftiger weltweiter Mindeststeuerstandard im Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung berücksichtigt werden sollte, und zwar unabhängig davon, ob auf globaler Ebene ein Konsens darüber gefunden wird, damit sichergestellt wird, dass alle Unternehmen einen angemessenen Steuerbetrag zahlen, wenn sie im Binnenmarkt Gewinne erwirtschaften (42); stellt fest, dass die Kommission kürzlich in ihrer Mitteilung zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert die Vorlage von Legislativvorschlägen angekündigt hat, die für die Umsetzung der Säule II auf Unionsebene erforderlich sein werden, einschließlich einer Überarbeitung der ATAD-Richtlinien, um Vorschriften über beherrschte ausländische Unternehmen an die vereinbarte Hinzurechnungsbesteuerung (Income Inclusion Rule) anzupassen, die Neufassung der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren, die Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung und die Einbeziehung der Säule II in die für die Bewertung von Drittländern bei der Erstellung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete verwendeten Kriterien; fordert in diesem Zusammenhang die Kommission auf, bei der Gestaltung der Regeln für die Durchsetzung eines effektiven Mindeststeuersatzes sicherzustellen, dass diese insbesondere für KMU mit keinen übermäßigen Einhaltungskosten verbunden sind; geht davon aus, dass gemäß der Logik des derzeitigen Säule-II-Vorschlags der nationale Effektivsteuersatz eines Großunternehmens insgesamt nicht unter den Mindestsatz fallen sollte; |
13. |
weist darauf hin, dass der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren seit 2012 im Rat blockiert wird, insbesondere aufgrund mangelnder Einigkeit über eine Mindestquellensteuer; fordert den Rat und den Ratsvorsitz auf, die diesbezüglichen Verhandlungen wiederaufzunehmen; |
14. |
betont, dass multinationale Unternehmen auf der Grundlage einer fairen und wirksamen Formel für die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten besteuert werden müssen; bedauert, dass der Rat über die Vorschläge zur GKB und zur GKKB keine Einigung erzielt hat; fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihren Zeitplan für den künftigen Vorschlag eines Rechtsakts zu BEFIT an die internationale Steueragenda anzupassen; ist besorgt darüber, dass es keine klare Strategie gibt, um sicherzustellen, dass der neue Rahmen für die Unternehmensbesteuerung in der Union von den Mitgliedstaaten Unterstützung erhält; |
15. |
hebt hervor, dass die Einnahmenerhebung durch Körperschaftsteuern in Prozent des BIP laut dem Internationalen Währungsfonds (43) trotz des Abwärtstrends der Körperschaftsteuersätze im Laufe der Zeit unter Berücksichtigung des Konjunkturzyklus bemerkenswert konstant geblieben ist; |
16. |
fordert nachdrücklich, dass bei der künftigen Einführung neuer EU-Instrumente zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken vornehmlich auf verbindliche Instrumente zurückgegriffen wird und alle durch den AEUV gebotenen Möglichkeiten zur effizienteren Gestaltung der Entscheidungsfindung ausgelotet werden; weist darauf hin, dass das Verfahren nach Artikel 116 AEUV angewendet werden kann, falls schädliche Steuerpraktiken die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt verzerren, und dass durch diese Bestimmung im Vertrag die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten nicht verändert wird; |
17. |
fordert die Kommission auf, die Wirksamkeit von Lizenzboxen und anderen Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums im Rahmen des neuen Nexus-Ansatzes zu bewerten, der in Aktionspunkt 5 des Aktionsplans zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung mit Blick auf schädliche Steuerpraktiken definiert ist, einschließlich der Auswirkung auf Steuerausfälle; fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, falls aus der Bewertung hervorgeht, dass Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums keine Auswirkung auf reale wirtschaftliche Tätigkeiten haben; stellt fest, dass die US-Regierung vorschlägt, „Foreign Derived Intangible Income (FDII)“ abzuschaffen; |
18. |
hebt hervor, dass die Steuerpolitik der Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters überwacht wird; vertritt die Ansicht, dass das Europäische Semester zu einem Instrument weiterentwickelt werden könnte, mit dem die Zügelung aggressiver Steuerplanung innerhalb der EU mittels der länderspezifischen Empfehlungen unterstützt wird; |
Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung
19. |
begrüßt, dass die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ seit ihrer Einrichtung 480 Regelungen bewertet hat, wobei rund 130 (44) für schädlich befunden wurden (45); erkennt an, dass die Bewertung nationaler Steuerregelungen mittels Peer-Review im Rahmen des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung zu einer Verringerung des schädlichen steuerlichen Wettbewerbs beigetragen hat und dazu geführt hat, dass Sondersteuerregelungen innerhalb der Union in der Folge abgenommen haben; erwartet potenziell ähnliche Auswirkungen auf globaler Ebene durch die Erstellung der EU-Liste; warnt jedoch vor der Entwicklung schädlicher Nichtpräferenzregelungen; ist deshalb der Ansicht, dass die derzeitigen Kriterien des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung zur Definition von HTP teilweise veraltet sind, da ihr Schwerpunkt auf Präferenzregelungen liegt; betont, dass die Wirksamkeit des Verhaltenskodex im Hinblick auf die jüngsten Steuerskandale und aktuellen Herausforderungen wie die Globalisierung und Digitalisierung sowie die zunehmende Bedeutung von immateriellen Vermögenswerten verbessert werden muss; |
20. |
fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, den derzeitigen Rahmen ihres Mandats in vollem Umfang auszuschöpfen; fordert den Rat jedoch auf, den Rahmen des Mandats weiterhin umgehend und sofern angemessen zu reformieren und insbesondere in jedem Mitgliedstaat alle Indikatoren für eine aggressive Steuerplanung, einschließlich der allgemeinen Merkmale eines Steuersystems, zu prüfen, um festzustellen, ob seine Rechtsvorschriften schädliche steuerliche Maßnahmen enthalten; fordert den Rat auf, mit Blick auf die Mitteilung der Kommission vom Juli 2020 mit dem Titel „Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus“, in der eine Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung befürwortet wurde, um eine gerechte Besteuerung innerhalb der Union sicherzustellen, Folgemaßnahmen zu ergreifen; weist darauf hin, dass dies von der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“, insbesondere mit Blick auf Regelungen für einen fiktiven Zinsabzug und Steuerbefreiungen für ausländische Einkünfte, und im Rahmen der Erstellung der EU-Liste bereits zum Teil umgesetzt wird; |
21. |
hebt hervor, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung ein nicht zwingendes Rechtsinstrument darstellt, das dem Zweck dient, einen EU-Steuerrahmen zu wahren, der auf der Grundlage von Peer-Reviews und Gruppendruck gleiche Wettbewerbsbedingungen ermöglicht; bedauert jedoch, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung nicht verbindlich ist; nimmt zur Kenntnis, dass Mitgliedstaaten die Aufhebung einer schädlichen Regelung verzögern oder eine solche sogar beibehalten könnten, ohne irgendwelche Konsequenzen zu befürchten; besteht darauf, dass die Unterlagen in Bezug auf die Entscheidungsfindung des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung der Öffentlichkeit zugänglich sein sollten; |
22. |
fordert, dass die Kriterien, die Handhabung und der Anwendungsbereich des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung überarbeitet werden, wozu ein verbindliches Instrument genutzt werden sollte, das auf den derzeitigen zwischenstaatlichen Vereinbarungen aufbaut und einen effizienteren Entscheidungsfindungsprozess umfasst; vertritt die Auffassung, dass die Überarbeitung des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung im Rahmen eines demokratischen, transparenten und rechenschaftspflichtigen Verfahrens und unter Einbeziehung einer Expertengruppe, die sich aus sachkundigen Fachleuten aus der Zivilgesellschaft, der Kommission und dem Parlament zusammensetzt, durchgeführt werden sollte; fordert, dass das überarbeitete Instrument transparenter und wirksamer angewendet wird und eine angemessene Beteiligung des Parlaments an der Ausarbeitung und Verabschiedung neuer Strategien und Kriterien zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken vorsieht; |
23. |
ist der Ansicht, dass eine Reform der Kriterien des Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung dringend erforderlich ist und als ersten Schritt ein Effektivsteuersatzkriterium in Übereinstimmung mit dem künftigen international vereinbarten effektiven Mindeststeuersatz im Rahmen der Säule II des inklusiven Rahmens sowie solide und progressive Anforderungen an die wirtschaftliche Substanz umfassen und gleichzeitig einen fairen Wettbewerb ermöglichen sollte, was ein ideales mögliches Ergebnis ehrgeiziger Anstrengungen ist und hauptsächlich durch die Union und die USA als ihr wichtigster Partner vorangetrieben wird; |
24. |
ist der Ansicht, dass eine breite Palette potenzieller Risikofaktoren, etwa die Anzahl der Zweckgesellschaften, die Verlagerung immaterieller Vermögenswerte und ein hohes Niveau passiver Einkommen (Lizenzgebühren, Zinsen, Dividenden usw.), die Gewinnverlagerung unter Umständen erleichtern könnte; |
25. |
unterstützt die Absicht der Kommission, die sie in ihrem Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie dargelegt hat, den Geltungsbereich des Verhaltenskodex auszuweiten, um weitere Arten von Regelungen und allgemeine Aspekte des nationalen Körperschaftsteuersystems abzudecken; empfiehlt die Einbeziehung präferenzieller Einkommensteuerregelungen, um spezielle Staatsbürgerschaftsregelungen oder Maßnahmen abzudecken, mit denen mobile wohlhabende Personen und digitale Nomaden angezogen werden sollen, da diese zu erheblichen Verzerrungen im Binnenmarkt führen könnten; |
26. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen Rechtsrahmen für aggressive Steuerplanungsmodelle und niedrige Steuersätze („Framework on Aggressive Tax Arrangements and Low Rates“, FATAL) nach folgendem Muster zu erwägen, das den derzeitigen Verhaltenskodex ersetzt:
Stillhalte- und Rücknahmeverpflichtung Stillhalteverpflichtung
Rücknahmeverpflichtung
Beurteilungsverfahren Erteilung einschlägiger Auskünfte
Beurteilung schädlicher Maßnahmen
Verfahren
Durchsetzung
Geografische Ausweitung
Überwachung und Überprüfung
|
27. |
begrüßt den Meinungsaustausch mit Lyudmila Petkova, Vorsitzende der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“, am 19. April 2021; fordert die Vorsitzende der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, mindestens einmal im Jahr zu einer öffentlichen Anhörung vor dem Parlament zu erscheinen und dem Rat den Fortschrittsbericht vorzulegen; |
28. |
begrüßt die Veröffentlichung der halbjährlichen an den Rat gerichteten Berichte der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“; vertritt die Ansicht, dass ein spezielles Online-Instrument geschaffen werden sollte, damit nicht nur auf Schlussfolgerungen des Rates zurückgegriffen wird, wenn es darum geht, grundsätzliche Informationen über die Steuerpolitik auf der Ebene der EU abzurufen; würdigt die Bemühungen um die Veröffentlichung von Schriften und Arbeiten der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“; fordert, dass die öffentlichen Informationen auf einer benutzerfreundlichen Plattform zur Verfügung gestellt werden; |
29. |
fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, Mitglieder des Europäischen Parlaments einzuladen, den Diskussionen der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ als Beobachter beizuwohnen; fordert die Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ auf, einige ihrer Sitzungen, sofern keine vertraulichen Beratungen erforderlich sind, öffentlich per Live-Stream zu übertragen; |
o
o o
30. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln. |
(1) Anhang I der Schlussfolgerungen der Sitzung des Rates (Wirtschafts- und Finanzen) vom 1. Dezember 1997 zur Steuerpolitik — Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997 über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung (ABl. C 2 vom 6.1.1998, S. 2).
(2) https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2016/03/08/ecofin-conclusions-code-conduct-business-taxation/
(3) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6004-2021-INIT/en/pdf
(4) ABl. C 331 vom 7.10.2020, S. 3 und ABl. C 66 vom 26.2.2021, S. 40.
(5) ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 182.
(6) ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 152.
(7) ABl. C 366 vom 27.10.2017, S. 51.
(8) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 79.
(9) ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 8.
(10) ABl. C 399 vom 24.11.2017, S. 74.
(11) ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 132.
(12) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0022.
(13) Siehe die gemeinsamen Folgemaßnahmen zur Entschließung des Europäischen Parlaments (Ausschuss für Wirtschaft und Währung) mit Empfehlungen an die Kommission zur Schaffung von Transparenz, Koordinierung und Konvergenz in der Körperschaftsteuerpolitik in der Union und zur Entschließung des Europäischen Parlaments (Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAXE)) über Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung, die von der Kommission am 16. März 2016 angenommen wurden; die von der Kommission am 16. November 2016 angenommenen Folgemaßnahmen zur Entschließung des Europäischen Parlaments (Sonderausschuss für Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAX2)) über Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung; die Folgemaßnahmen zur Empfehlung des Europäischen Parlaments (Untersuchungsausschuss zur Prüfung von behaupteten Verstößen gegen das Unionsrecht und Missständen bei der Anwendung desselben im Zusammenhang mit Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (PANA)) vom 12. Dezember 2017 an den Rat und die Kommission im Anschluss an die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, die von der Kommission im April 2018 angenommen wurden; die Folgemaßnahmen vom 27. August 2019 zu der Entschließung des Europäischen Parlaments (Sonderausschuss zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAX3)) zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.
(14) Taxation Papers, Working Paper Nr. 64, 31. August 2016, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2016-11/taxation_paper_64.pdf
(15) Taxation Papers, Working Paper Nr. 71, Institute for Advanced Studies in consortium with CPB and DONDENA, 2017, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2018-03/taxation_papers_71_atp_.pdf
(16) Kiendl Krišto, I. und Thirion, E.: An overview of shell companies in the European Union, Europäisches Parlament, Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst des Parlaments, Referat Ex-post-Bewertung und Referat Europäischer Mehrwert, 17. Oktober 2018, abrufbar unter: https://www.europarl.europa.eu/cmsdata/155724/EPRS_STUD_627129_Shell%20companies%20in%20the%20EU.pdf
(17) https://www.un.org/pga/75/wp-content/uploads/sites/100/2021/02/FACTI_Panel_Report-compressed.pdf
(18) https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12999-Steuervermeidung-Bekampfung-der-Nutzung-von-Briefkastenfirmen-und-Vorkehrungen-fur-steuerliche-Zwecke_de
(19) Crivelli, E., De Mooij, R., De Vrijer, J.E.J., Hebous, S., Klemm, A.: Taxing Multinationals in Europe, 2021 (https://www.imf.org/en/Publications/Departmental-Papers-Policy-Papers/Issues/2021/05/25/Taxing-Multinationals-in-Europe-50129)
(20) ABl. L 193 vom 19.7.2016, S. 1.
(21) ABl. L 144 vom 7.6.2017, S. 1.
(22) ABl. L 157 vom 26.6.2003, S. 49.
(23) ABl. L 345 vom 29.12.2011, S. 8.
(24) ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1.
(25) ABl. L 332 vom 18.12.2015, S. 1.
(26) ABl. L 146 vom 3.6.2016, S. 8.
(27) ABl. L 139 vom 5.6.2018, S. 1.
(28) Annual Report on Taxation 2021 — Review of taxation policies in the EU Member States (https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/db46de2a-b785-11eb-8aca-01aa75ed71a1/language-en).
(29) OECD (2015): Countering Harmful Tax Practices More Effectively, Taking into Account Transparency and Substance, Action 5 — 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing, Paris http://dx.doi.org/10.1787/9789264241190-en
(30) IWF-Bericht mit dem Titel „Taxing Multinationals in Europe“, 2021: https://www.imf.org/en/Publications/Departmental-Papers-Policy-Papers/Issues/2021/05/25/Taxing-Multinationals-in-Europe-50129
(31) Abrufbar unter: https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/publication/0044caf0-58ff-4be6-bc06-be2af6610870
(32) Tørsløv, T., Wier, L. und Zucman, G.: The Missing Profits of Nations, Working Paper, April 2020, abrufbar auf https://missingprofits.world/
(33) IWF, a. a. O., 2021
(34) Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Dominika, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, Amerikanische Jungferninseln, Vanuatu, Seychellen.
(35) Europäische Kommission, Jahresbericht über die Besteuerung 2021.
(36) https://www.oecd.org/tax/beps/
(37) Drover, R., Ferrett, B., Gravino, D., Jones, E. und Merler, S.: Bringing transparency, coordination and convergence to corporate tax policies in the European Union, Europäisches Parlament, Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst, Referat Europäischer Mehrwert, 24. November 2015. Abrufbar unter: https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2015/558773/EPRS_STU(2015)558773_EN.pdf
(38) Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).
(39) COM(2020)0313.
(40) OECD/G20-Projekt „Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung“, Tax Challenges Arising from Digitalisation — Report on Pillar One Blueprint: Inclusive Framework on BEPS, OECD Publishing, Paris, 2020, S. 12. Abrufbar unter: https://www.oecd.org/tax/beps/tax-challenges-arising-from-digitalisation-report-on-pillar-two-blueprint.pdf
(41) Baert, P., Lange. F., Watson, J.: The Role of Taxes on Investment to Increase Jobs in the EU — An Assessment of Recent Policy Developments in the Field of Corporate Taxes, Mai 2019.
(42) COM(2020)0313.
(43) https://www.elibrary.imf.org/view/journals/087/2021/012/article-A001-en.xml
(44) Aussprache vom 19. April 2021 im Unterausschusses für Steuerfragen (FISC) mit Lyudmila Petkova, Vorsitzende der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“.
(45) https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9639-2018-REV-4/en/pdf
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/179 |
P9_TA(2021)0417
Menschenrechtslage in Myanmar, einschließlich der Lage religiöser und ethnischer Gruppen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zur Menschenrechtslage in Myanmar, einschließlich der Lage religiöser und ethnischer Gruppen (2021/2905(RSP))
(2022/C 132/14)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Myanmar und zur Lage der Rohingya, insbesondere die Entschließungen vom 22. November 2012 (1), vom 20. April 2012 (2), vom 20. Mai 2010 (3), vom 25. November 2010 (4), vom 7. Juli 2016 (5), vom 15. Dezember 2016 (6), vom 14. September 2017 (7), vom 14. Juni 2018 (8), vom 13. September 2018 (9), vom 19. September 2019 (10) und vom 11. Februar 2021 (11), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 22. Februar 2021 zu Myanmar, |
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unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 23. März 2021 zur Eskalation der Gewalt in Myanmar und vom 19. April 2021, 30. April 2021, 12. Mai 2021 und 27. Juli 2021 zur Lage in Myanmar, |
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unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Vertreters im Namen der EU vom 30. April 2021 über die Ergebnisse des ASEAN-Gipfeltreffens, |
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unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes vom 3. März 2021 zu anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch das Militär und vom 23. Mai 2021 zu den jüngsten Entwicklungen in Myanmar, |
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unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2021/1000 des Rates vom 21. Juni 2021 zur Änderung des Beschlusses 2013/184/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Myanmar/Birma (12), |
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unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2021/711 des Rates vom 29. April 2021 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Myanmar/Birma (13), |
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unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit, |
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unter Hinweis auf Artikel 34 der Verfassung von Myanmar von 2008, in dem die Religions- und Weltanschauungsfreiheit anerkannt und den Bürgern das „Recht auf ein freies Bekenntnis zu einer Religion und auf freie Religionsausübung“ garantiert wird, |
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unter Hinweis auf den Fünf-Punkte-Konsens des Verbands südostasiatischer Nationen vom 24. April 2021, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 31. August 2021 mit dem Titel „Situation of human rights of Rohingya Muslims and other minorities in Myanmar“ (Lage der Menschenrechte der muslimischen Volksgruppe der Rohingya und anderer Minderheiten in Myanmar), |
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unter Hinweis auf die Resolution 75/287 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Juni 2021 zur Lage in Myanmar, |
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unter Hinweis auf den Bericht der unabhängigen internationalen Ermittlungsmission der Vereinten Nationen für Myanmar vom 22. August 2019 mit dem Titel „Sexual and gender-based violence in Myanmar and the gendered impact of its ethnic conflicts“ (Sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt in Myanmar und die geschlechtsspezifischen Auswirkungen seiner ethnischen Konflikte), |
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unter Hinweis auf die Berichte des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar und des Amtes des Hohen Kommissars für Menschenrechte sowie auf die Berichte im Rahmen des Aufsichtsmechanismus der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), |
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unter Hinweis auf den Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 16. September 2021 zur Menschenrechtslage in Myanmar, |
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unter Hinweis auf die Feststellungen der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 23. September 2021 zu Myanmar, |
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unter Hinweis auf die Erklärung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zu der Lage der Menschenrechte in Myanmar, Thomas H. Andrews, vom 22. September 2021, |
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unter Hinweis auf die Berichte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen über Myanmar und die Lage der Menschenrechte der Muslime vom Volk der Rohingya und anderer Minderheiten, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar vom 1. Juli 2021, |
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unter Hinweis auf den Abschlussbericht und die Empfehlungen der Beratungskommission zum Rakhaing-Staat (Annan-Bericht), |
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unter Hinweis auf die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs vom 23. Januar 2020 über das Ersuchen der Republik Gambia um die Angabe vorläufiger Maßnahmen in der Rechtssache betreffend die Anwendung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Gambia gegen Myanmar), |
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unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, |
— |
unter Hinweis auf die Genfer Konventionen von 1949 und ihre Zusatzprotokolle, |
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unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords, |
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gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung, |
A. |
in der Erwägung, dass die unter dem Namen Tatmadaw bekannten Streitkräfte von Myanmar am 1. Februar 2021 den Präsidenten Win Myint und die Staatsberaterin Aung San Suu Kyi sowie führende Mitglieder der Regierung festgenommen, durch einen Staatsstreich die Macht über die Legislative, Judikative und Exekutive an sich gerissen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt haben, was ein eindeutiger Verstoß gegen die Verfassung des Landes ist; in der Erwägung, dass der Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing im August 2021 bekanntgab, sich selbst zum Ministerpräsidenten zu ernennen und den Ausnahmezustand bis August 2023 zu verlängern; |
B. |
in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in Myanmar in einer formellen Erklärung darauf hingewiesen hat, dass die massiven systematischen Angriffe der Militärjunta auf die Bevölkerung von Myanmar wahrscheinlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen nach dem Völkerrecht darstellen; in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen ausdrücklich erklärt hat, dass die Drahtzieher und Ausführenden des Staatsstreichs und die für die Verstöße Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden sollten; |
C. |
in der Erwägung, dass die Militärjunta im Mai 2021 erste Schritte unternommen hat, um die Partei von Aung San Suu Kyi aufzulösen, die bis zum Staatsstreich im Februar 2021 an der Regierung war; |
D. |
in der Erwägung, dass der Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, sowie die Regierung der Nationalen Einheit gebildet wurden, um die demokratischen Bestrebungen des Volkes von Myanmar zu vertreten; |
E. |
in der Erwägung, dass es als Reaktion auf den Staatsstreich in verschiedenen Städten in Myanmar zu friedlichen Protesten und Demonstrationen gekommen ist; in der Erwägung, dass seit dem 1. Februar 2021 Politiker, Regierungsbeamte, Vertreter der Zivilgesellschaft, religiöse Würdenträger, friedliche Demonstranten und Schriftsteller rechtswidrig festgenommen oder unter Hausarrest gestellt wurden; in der Erwägung, dass dem jüngsten Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zufolge seit dem Staatsstreich mehr als 1 120 Menschen getötet wurden und die Militärbehörden über 8 000 Menschen festgenommen haben, darunter Hunderte von Politikern, engagierten Bürgern und Beamten; in der Erwägung, dass die Gerichte 312 Personen schuldig gesprochen und 26 von ihnen zum Tode verurteilt haben, darunter zwei Kinder; in der Erwägung, dass Berichten zufolge mindestens 120 Menschen in der Haft gestorben sind; in der Erwägung, dass die Junta nach Stand vom Juli 2021 mindestens 75 Kinder getötet hat; |
F. |
in der Erwägung, dass das Militär gleichzeitig immer härter gegen die Medien in Myanmar vorgeht, wobei immer mehr Journalisten willkürlich festgenommen, inhaftiert und angeklagt werden, um die Medien zum Schweigen zu bringen und die Meinungsfreiheit zu beseitigen; in der Erwägung, dass die Junta durch Beschränkungen der Telekommunikation und des Internets zunehmend auf Instrumente der Überwachung und Zensur setzt; |
G. |
in der Erwägung, dass Personen, die wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen für Demokratie in Gewahrsam genommen wurden, häufig gefoltert werden; in der Erwägung, dass zu den Foltermethoden Schläge, Scheinhinrichtungen mit Schusswaffen, Verbrennungen durch Zigaretten sowie Vergewaltigung und Androhung von Vergewaltigung gehören; in der Erwägung, dass Folter durch die Polizei bereits zuvor in Myanmar ein Problem war, dass das Militär jedoch bei seinen Bemühungen, die Opposition zu unterdrücken, die Androhung von Folter nun systematisch anwendet; |
H. |
in der Erwägung, dass die Junta zunehmend auf kollektive Bestrafung zurückgreift, einschließlich der Entführung von Familienangehörigen von Personen, gegen die ein Haftbefehl ausgestellt wurde, derer die Polizei und das Militär aber nicht habhaft werden können; in der Erwägung, dass auch Kinder, darunter Kleinkinder, getötet oder entführt wurden, um ihre Eltern mutmaßlich dazu zu zwingen, sich den Staatsorganen zu stellen; |
I. |
in der Erwägung, dass ethnische Minderheiten Christen (6,3 % der Bevölkerung, vornehmlich Chin, Kachin und Karen), Muslime (2,1 %, vornehmlich Rohingya, Malaien, Bewohner von Jangon und Angehörige anderer Minderheiten) oder Hindus (0,5 %, vornehmlich birmanische Inder) sind; |
J. |
in der Erwägung, dass an religiösen und ethnischen Minderheiten in Myanmar Verletzungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit und anderer Menschenrechte begangen werden; |
K. |
in der Erwägung, dass Kirchen beschossen und geplündert und Priester und Pastoren festgenommen wurden; in der Erwägung, dass die Streitkräfte zudem Lager in Kirchengebäuden eingerichtet haben, wodurch sie noch weniger als Zufluchtsstätten für Menschen in Not dienen können; |
L. |
in der Erwägung, dass es in Myanmar zahlreiche ethnische Gruppen gibt; in der Erwägung, dass interne Konflikte in den letzten Jahrzehnten tragischerweise Tausende von Todesopfern gefordert haben; |
M. |
in der Erwägung, dass im Gesetz über die Staatsbürgerschaft des Landes die Rohingya als „Ausländer“ oder „ausländische Gebietsansässige“ bezeichnet werden und ihnen daher die Staatsbürgerschaft vorenthalten wird, was ihre prekäre Lage weiter verschärft; in der Erwägung, dass die Verfolgung der Minderheit der Rohingya trotz zahlreicher Forderungen der internationalen Gemeinschaft immer noch andauert; |
N. |
in der Erwägung, dass die rund 600 000 Rohingya, die sich weiterhin im Bundesstaat Rakhine aufhalten, unter anhaltenden diskriminierenden Maßnahmen und Praktiken, systematischen Verletzungen ihrer Grundrechte, willkürlichen Festnahmen, der Internierung in überfüllten Lagern und einem stark eingeschränkten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung leiden; in der Erwägung, dass die den Rohingya auferlegten repressiven Bedingungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen; |
O. |
in der Erwägung, dass die Rohingya und andere ethnische Minderheiten, insbesondere Frauen und Mädchen, nach wie vor einem erheblichen Risiko sexueller Gewalt ausgesetzt sind, insbesondere im Zusammenhang mit dem langwierigen Konflikt zwischen dem Militär und der Arakan-Rohingya-Heilsarmee; |
P. |
in der Erwägung, dass sich die humanitäre Krise in Myanmar zuspitzt, da es dort allein in diesem Jahr mehr als 210 000 Binnenvertriebene und drei Millionen Menschen gibt, die humanitäre Hilfe benötigen — eine Zahl, die sich in den letzten acht Monaten verdreifacht hat — und die Hälfte der Bevölkerung, d. h. etwa 20 Millionen Menschen, unterhalb der Armutsgrenze leben; |
Q. |
in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen darauf hingewiesen hat, dass die Gefahr eines großen bewaffneten Konflikts einen kollektiven Ansatz erfordere, damit eine multidimensionale Katastrophe im Herzen Südostasiens und darüber hinaus verhindert wird; |
R. |
in der Erwägung, dass Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge 6,2 Millionen Menschen in ganz Myanmar von Ernährungsunsicherheit und Hunger bedroht sind, im Vergleich zu 2,8 Millionen vor dem Militärputsch; |
S. |
in der Erwägung, dass sich die humanitäre Lage in Myanmar auch durch die COVID-19-Krise weiter verschlechtert hat; in der Erwägung, dass willkürliche Massenverhaftungen von Demonstranten, überfüllte Gefängnisse und die generelle Vernachlässigung der Gesundheit von Gefangenen ebenfalls zu einem Anstieg der Zahl an COVID-19-Infektionen beigetragen haben; |
T. |
in der Erwägung, dass das Militär die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie genutzt hat, um gegen prodemokratische Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten vorzugehen; in der Erwägung, dass das Recht auf Gesundheit untergraben wird; in der Erwägung, dass die Junta Krankenhäuser geschlossen und medizinisches Personal ins Visier genommen hat, was zum Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu einem Zeitpunkt führte, als die COVID-19-Infektionen im ganzen Land sprunghaft angestiegen sind; in der Erwägung, dass die Streitkräfte medizinische Hilfsgüter und Ausrüstung zerstört und Dutzende medizinischer Einrichtungen besetzt haben, weshalb sich die Bevölkerung von Myanmar aus Angst davor, inhaftiert oder beschossen zu werden, von dort fernhält; |
U. |
in der Erwägung, dass sich das Militär und seine Generäle durch den illegalen Verkauf von Holz, Edelsteinen, Erdgas und Erdöl unrechtmäßig bereichern und mit massiven Korruptionsvorwürfen konfrontiert sind; |
V. |
in der Erwägung, dass den Vereinten Nationen zufolge bislang nur 46 % der beantragten Mittel für den Plan der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen in Myanmar aus dem Jahr 2021 bereitgestellt wurden und dass humanitäre Maßnahmen erheblichen unterfinanziert sind; |
1. |
verurteilt aufs Schärfste den Staatsstreich vom 1. Februar 2021, den das Militär unter der Führung von Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing durchgeführt hat; fordert das Militär auf, das Ergebnis der demokratischen Wahlen vom November 2020 uneingeschränkt zu respektieren, die Zivilregierung unverzüglich wiedereinzusetzen, den Ausnahmezustand aufzuheben, Gewalt gegen friedliche Demonstranten einzustellen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit zu achten und allen gewählten Parlamentariern die Ausübung ihres Mandats zu ermöglichen; fordert das Militär von Myanmar auf, alle politischen Gefangenen freizulassen, die Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit aufzuheben und die Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu achten; |
2. |
fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Präsident Win Myint, Staatsberaterin Aung San Suu Kyi und allen anderen, die aufgrund unbegründeter Anschuldigungen verhaftet wurden; hält die Freilassung aller politischen Führungspersonen und Gefangenen für den ersten wesentlichen Schritt auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung der Krise und zur Wiederherstellung der rechtmäßigen Staatsgewalt; |
3. |
bringt seine Unterstützung für das Volk von Myanmar in seinem Kampf für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zum Ausdruck; |
4. |
verurteilt die weit verbreitete gewaltsame Reaktion der Streitkräfte auf jede Art von Protest und die schweren Menschenrechtsverletzungen, die sie gegen das Volk von Myanmar, einschließlich ethnischer und religiöser Minderheiten, begangen hat und weiterhin begeht und die einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen; äußert seine tiefe Besorgnis über die häufigen Angriffe auf Kirchen, Moscheen, Schulen und medizinische Einrichtungen sowie über die Verhaftung von religiösen Würdenträgern; |
5. |
unterstützt den Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, sowie die Regierung der Nationalen Einheit als die einzigen legitimen Vertreter der demokratischen Bestrebungen des Volkes von Myanmar und fordert den Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN) und die internationale Gemeinschaft auf, sie in einen echten und umfassenden politischen Dialog und in Bemühungen um eine friedliche Lösung der Krise auf der Grundlage der Achtung der Rechtsstaatlichkeit einzubeziehen und sie daran zu beteiligen; |
6. |
fordert, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz sofortigen und regelmäßigen Zugang zu den Gefangenen und Gefängnissen erhält, wie dies in den Genfer Konventionen vorgesehen ist; fordert die Militär- und Polizeikräfte auf, den Familien aller Personen, die im Zusammenhang mit den Einsätzen der Sicherheitskräfte in ganz Myanmar vor und nach dem 1. Februar 2021 inhaftiert wurden, vollständige Informationen über ihr Schicksal und ihren Verbleib zu geben; |
7. |
erinnert an den multiethnischen Charakter Myanmars; fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die unveräußerlichen Rechte jeder Ethnie uneingeschränkt zu respektieren; fordert eine sofortige, strenge, unabhängige und transparente Untersuchung der vom Militär im Land begangenen Verbrechen und fordert, dass die Täter vor Gericht gestellt werden; |
8. |
ist entsetzt über die Verbrechen der Streitkräfte an ethnischen und religiösen Gruppen in Myanmar; verurteilt aufs Schärfste die Angriffe des Militärs in den Bundesstaaten Kayin, Kayah, Kachin, Shan und Chin, die zu massiven Vertreibungen, dem Tod von Zivilisten, einschließlich Kinder, der Zerstörung religiöser Gebäude und anderen Verstößen gegen die Menschenrechte und das humanitäre Recht geführt haben; |
9. |
verurteilt die Verfolgung von Christen in dem Land; fordert die Streitkräfte nachdrücklich auf, die Tötung und Verhaftung von Christen einzustellen sowie dem Beschuss und der Plünderung von Kirchen ein Ende zu setzen; unterstreicht die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft ihre tiefe Besorgnis über die gewaltsamen Angriffe auf christliche Gemeinschaften in Myanmar zum Ausdruck gebracht hat; |
10. |
verurteilt erneut die Menschenrechtsverletzungen und die systematischen und weit verbreiteten Angriffe gegen die Rohingya-Bevölkerung; betont, dass die EU das Vorgehen der Militärführung gegenüber Minderheiten im Lande, insbesondere den Rohingya, weiterhin genau beobachten wird; fordert die staatlichen Stellen Myanmars erneut auf, Bedingungen und Garantien für die sichere, freiwillige, würdevolle, dauerhafte und unter der Aufsicht der Vereinten Nationen erfolgende Rückkehr derjenigen Rohingya, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, zu schaffen; |
11. |
verurteilt aufs Schärfste die anhaltende Diskriminierung ethnischer Minderheiten, deren Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist und denen in Myanmar die Grundversorgung vorenthalten wird; |
12. |
verurteilt jegliche Gewaltanwendung der Junta gegen ihre Bürger sowie andere Formen der Drangsalierung, insbesondere gegen Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten der Zivilgesellschaft und Journalisten; fordert die Junta nachdrücklich auf, alle Beschränkungen der Telekommunikation und des Internets, einschließlich der Websites unabhängiger Medien und sozialer Medienplattformen, aufzuheben; |
13. |
fordert die sofortige Beendigung der Gewalt gegen Arbeiter und Gewerkschaften und den Schutz der Rechte von Gewerkschaften und ihren Mitgliedern, einschließlich des Rechts, frei tätig zu sein; |
14. |
fordert den sofortigen Zugang von humanitärer Hilfe zu schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen, einschließlich Frauen, Kinder und ethnischer Minderheiten, und deren Unterstützung sowie die Stärkung von Organisationen der Zivilgesellschaft und von Organisationen, die sich auf ethnische Gemeinschaften stützen, um sicherzustellen, dass die humanitäre Hilfe die Bedürftigen tatsächlich erreicht; fordert die Kommission auf, die humanitäre Hilfe, einschließlich der Unterstützung im Bereich der Gesundheitsfürsorge, über grenzüberschreitende Kanäle, lokale humanitäre Netze, ethnische Dienstleistungserbringer sowie gemeindebasierte und zivilgesellschaftliche Organisationen umzuleiten und zu verstärken; ersucht die Kommission darum zu analysieren, wie Entwicklungsprojekte mit diesen Gruppen am besten durchgeführt werden können, und die Entwicklungshilfe entsprechend auszurichten; |
15. |
stellt mit großer Besorgnis fest, dass sich die humanitäre Krise durch eine dritte Welle von COVID-19 in Myanmar verschärft hat, wobei die Übertragungsraten unter den am stärksten marginalisierten Bevölkerungsgruppen, einschließlich derjenigen in den überfüllten und unhygienischen Gefängnissen des Landes, besonders besorgniserregend sind; fordert die Junta nachdrücklich auf, wieder eine Eindämmungsstrategie und ein System zur Ermittlung von Kontaktpersonen einzuführen und sicherzustellen, dass die Menschen Zugang zu Gesundheitsdiensten und Impfstoffen haben; ersucht die Kommission darum, ihre diesbezügliche Unterstützung zu verstärken und zu gewährleisten, dass diese Unterstützung die Bürger erreicht, unter anderem durch die Bereitstellung von COVID-19-Impfdosen; |
16. |
ist entsetzt über die Angriffe, die Schikanen, die Inhaftierung und die Folterung von Mitarbeitern des Gesundheitswesens, insbesondere während der anhaltenden COVID-19-Krise; fordert die Junta auf, die Sicherheit aller im Gesundheitswesen tätigen Personen zu gewährleisten und alle Schikanen und Angriffe gegen diese Personen unverzüglich einzustellen; betont, dass die Behörden Myanmars dafür verantwortlich sind, den uneingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten; |
17. |
verurteilt die Angriffe der Militärbehörden auf medizinisches Personal und Einrichtungen sowie die Reaktion dieser Behörden auf die COVID-19-Pandemie; betont, dass Gesundheit und der Zugang zu medizinischer Versorgung und Impfungen universelle Menschenrechte sind; |
18. |
fordert die Streitkräfte auf, der Bevölkerung nicht länger das Recht auf Schutz vor COVID-19 und angemessene Behandlung der Krankheit zu verweigern, was in Myanmar zu erheblichen Verlusten an Menschenleben führen könnte; |
19. |
fordert die Regierungen der Nachbarländer nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass ihre Behörden niemanden daran hindern, die Grenze zu überqueren, um Zuflucht zu suchen; fordert die Regierungen dieser Länder auf, dafür zu sorgen, dass Hilfsorganisationen und lokale Organisationen der Zivilgesellschaft Zugang zu den Gebieten mit Binnenflüchtlingen entlang ihrer Grenzen zu Myanmar erhalten; |
20. |
bekräftigt seine Unterstützung für die Zivilgesellschaft und die Mitglieder der Demokratiebewegung in Myanmar und fordert die EU und ihre Organe auf, ihre Bemühungen um Fortschritte im Bereich der Zivilgesellschaft trotz der derzeitigen und möglicherweise andauernden Einschränkungen durch die herrschende Militärregierung fortzusetzen; |
21. |
fordert den ASEAN, seine Mitglieder und insbesondere seinen Sondergesandten für Myanmar auf, seine besondere Rolle in Myanmar aktiver zu nutzen, mit der Sondergesandten der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten und mit allen beteiligten Parteien, insbesondere mit der Regierung der Nationalen Einheit und Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere den Frauen und den ethnischen Gruppen, in Kontakt zu treten, um zumindest die wirksame und sinnvolle Umsetzung des Fünf-Punkte-Konsenses zu fördern, damit in naher Zukunft eine nachhaltige und demokratische Lösung der derzeitigen Krise erreicht werden kann; |
22. |
fordert ferner China und Russland auf, sich aktiv an den internationalen diplomatischen Bemühungen zu beteiligen und ihrer Verantwortung als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gerecht zu werden; erwartet von ihnen, dass sie bei der Prüfung der Lage in Myanmar eine konstruktive Rolle spielen; |
23. |
fordert Myanmar nachdrücklich auf, mit den internationalen Bemühungen um die Gewährleistung der Rechenschaftspflicht zusammenzuarbeiten, unter anderem dadurch, dass dem Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar (IIMM) endlich uneingeschränkter Zugang zum Land gewährt wird; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, dafür zu sorgen, dass der IIMM die erforderliche Unterstützung für die Ausübung seines Mandats erhält; weist darauf hin, dass Myanmar verpflichtet ist, der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Internationalen Gerichtshofs Folge zu leisten; |
24. |
begrüßt die jüngsten Sanktionsrunden, die der Rat gegen Angehörige der Streitkräfte und ihre Unternehmen verhängt hat, und fordert den Rat auf, weiterhin gezielte und strenge Sanktionen zu verhängen, um die Lebensadern der Junta zu kappen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Bevölkerung Myanmars keinen Schaden erleidet; ist der Auffassung, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin zusätzliche Maßnahmen gegen das Militär und seine Führer ergreifen und ihnen Kosten verursachen muss, bis sie ihren Kurs ändern und für eine Rückkehr zur Demokratie sorgen; betont, dass alle EU-Mitgliedstaaten die Sanktionen gegen alle staatlichen Unternehmen in Myanmar, insbesondere in der Holz- und Edelsteinindustrie, verstärken und durchsetzen müssen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die gegen Mitgliedstaaten und assoziierte Länder verhängten nationalen Bußgelder bei Verstößen gegen EU-Sanktionen wirksam sind; betont, dass dies das Einfrieren von Vermögenswerten und das Verbot internationaler Finanztransfers an die beiden staatlichen Banken, die Myanmar Foreign Trade Bank und die Myanmar Investment and Commercial Bank, über die alle Devisen eingezogen werden, sowie die Aufnahme des staatlichen Öl- und Gasunternehmens Myanmar Oil and Gas Enterprise, das für den größten Devisenzufluss der Junta sorgt, in die Sanktionsliste erfordern würde; |
25. |
fordert den Rat auf, weiterhin gezielte Sanktionen gegen die für den Staatsstreich im Februar 2021 Verantwortlichen zu verhängen und weitere mögliche Maßnahmen in Erwägung zu ziehen; fordert den Rat nachdrücklich auf, den Staatsverwaltungsrat als Ganzes und nicht seine einzelnen Mitglieder in die Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegen die restriktiven Maßnahmen gelten, aufzunehmen; |
26. |
fordert die in der EU ansässigen Unternehmen, die in Myanmar tätig oder dort an Lieferketten beteiligt sind, erneut auf, eine verstärkte Sorgfaltsprüfung in Bezug auf die Menschenrechte durchzuführen und sicherzustellen, dass sie keine Verbindungen zu den Sicherheitskräften Myanmars, ihren einzelnen Mitgliedern oder zu Einrichtungen, die sich in ihrem Besitz befinden oder von ihnen kontrolliert werden, haben und dass sie weder direkt noch indirekt zum brutalen Vorgehen der Junta gegen Demokratie und Menschenrechte beitragen; fordert die in der EU ansässigen Unternehmen auf, ihre Schlussfolgerungen offen zu legen und an einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Umweltstandards in ihren Unternehmen in Myanmar zu arbeiten; |
27. |
bekräftigt seine Forderung, weiterhin gezielte Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die für die Gräueltaten gegen die Rohingya verantwortlich sind; |
28. |
fordert die Kommission erneut auf, rasch eine Untersuchung der Handelspräferenzen einzuleiten, von denen Myanmar profitiert, insbesondere in Bezug auf Unternehmen, die sich im Besitz von Mitgliedern des Militärs von Myanmar befinden, und das Parlament über die zu ergreifenden Maßnahmen gebührend zu informieren; erkennt an, dass seit der Wiederaufnahme Myanmars in die „Alles außer Waffen“-Regelung im Jahr 2013 Verbesserungen erzielt wurden, beispielsweise die Schaffung von Arbeitsplätzen im Bekleidungssektor, was vor allem Frauen zugutekam; unterstreicht jedoch die Tatsache, dass der Prozess des verstärkten Engagements, der sich auf die Einhaltung der internationalen Menschenrechtskonventionen und der Arbeitnehmerrechte konzentriert, bereits 2018 eingeführt wurde und dass der Staatsstreich die während des Demokratisierungsprozesses erzielten Fortschritte zunichte gemacht und damit die Voraussetzungen für die Gewährung von Präferenzen im Rahmen der „Alles außer Waffen“-Regelung untergraben hat; |
29. |
fordert die EU-Delegation in Myanmar und die Botschaften der Mitgliedstaaten auf, die Menschenrechts- und Gesundheitssituation in Myanmar sowie die Fälle von politischen Führungspersonen und anderen Personen, die derzeit in Gewahrsam oder Haft gehalten werden, genau zu beobachten; |
30. |
fordert die Mitgliedstaaten und die assoziierten Länder auf, das Embargo für die direkte und indirekte Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe, einschließlich der Durchfuhr, der Verbringung und der Vermittlung, aller Waffen, Munition und sonstiger militärischer, sicherheitsrelevanter und überwachungsrelevanter Ausrüstungen und Systeme sowie für die Bereitstellung von Ausbildung, Wartung und sonstiger militärischer und sicherheitsrelevanter Unterstützung aufrechtzuerhalten; unterstreicht die Notwendigkeit einer weiteren Untersuchung der Situation durch den Internationalen Strafgerichtshof; |
31. |
warnt vor der Gefahr einer noch größeren humanitären Notlage als Folge der Eskalation der Gewalt und der schweren Wirtschaftskrise des Landes, der Armut und der Zahl der Vertriebenen; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, ihren finanziellen Verpflichtungen im Rahmen des Plans der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen in Myanmar von 2021 unbedingt nachzukommen; |
32. |
fordert den HR/VP und die Mitgliedstaaten auf, die Lage in Myanmar energisch anzugehen, und fordert den HR/VP auf, dem Parlament, insbesondere seinem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, regelmäßig Bericht zu erstatten, auch über die Lage der religiösen und ethnischen Gruppen, um einen angemessenen parlamentarischen Dialog über diese wichtige und besorgniserregende Lage zu gewährleisten; |
33. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem rechtmäßigen Präsidenten und der Regierung der Nationalen Einheit von Myanmar, dem Ausschuss, der die beiden Kammern des Parlaments (Pyidaungsu Hluttaw) repräsentiert, der Staatsberaterin von Myanmar, der Tatmadaw, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Regierungen und Parlamenten der Vereinigten Staaten, Bangladeschs, des Vereinigten Königreichs, Japans, Indiens, Australiens, Kanadas, der Mitgliedstaaten des ASEAN, den Regierungen und Parlamenten Russlands und Chinas sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär des ASEAN, der zwischenstaatlichen Menschenrechtskommission des ASEAN, dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechtslage in Myanmar, dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln. |
(1) ABl. C 419 vom 16.12.2015, S. 189.
(2) ABl. C 258 E vom 7.9.2013, S. 79.
(3) ABl. C 161 E vom 31.5.2011, S. 154.
(4) ABl. C 99 E vom 3.4.2012, S. 120.
(5) ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 134.
(6) ABl. C 238 vom 6.7.2018, S. 112.
(7) ABl. C 337 vom 20.9.2018, S. 109.
(8) ABl. C 28 vom 27.1.2020, S. 80.
(9) ABl. C 433 vom 23.12.2019, S. 124.
(10) ABl. C 171 vom 6.5.2021, S. 12.
(11) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0054.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/186 |
P9_TA(2021)0418
Der Fall Paul Rusesabagina in Ruanda
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zu dem Fall Paul Rusesabagina in Ruanda (2021/2906(RSP))
(2022/C 132/15)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Ruanda, insbesondere die Entschließung vom 11. Februar 2021 zu Ruanda: der Fall Paul Rusesabagina (1), |
— |
unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, |
— |
unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Ruanda im Jahr 1975 ratifiziert hat, |
— |
unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker, |
— |
unter Hinweis auf die Grundsätze und Leitlinien für das Recht auf einen fairen Prozess und Rechtsbeistand in Afrika, |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, |
— |
unter Hinweis auf die Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) in der Fassung von 2015, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärung von Kampala zu den Haftbedingungen in Afrika, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht der Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 25. März 2021 über die allgemeine regelmäßige Überprüfung zu Ruanda, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärungen der internationalen Gemeinschaft wie etwa der belgischen Regierung, des Außenministeriums der USA und der Regierung des Vereinigten Königreichs, in denen Unregelmäßigkeiten angeprangert werden und bemängelt wird, dass es in Ruanda keine fairen Verfahren gibt, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärungen des Verbands Europäischer Rechtsanwaltskammern, des Zentrums für Menschenrechte der amerikanischen Anwaltskammer und mehrerer etablierter Menschenrechtsorganisationen, |
— |
unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen, |
— |
unter Hinweis auf die Verfassung von Ruanda, |
— |
unter Hinweis auf die Instrumente der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Kommission der Menschenrechte und der Rechte der Völker, |
— |
unter Hinweis auf das Wiener Übereinkommen von 1963 über konsularische Beziehungen, |
— |
gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung, |
A. |
in der Erwägung, dass der in den USA wohnhafte Menschenrechtsverteidiger und belgische Staatsbürger Paul Rusesabagina am 29. September 2021 von der Strafkammer für internationale und grenzübergreifende Verbrechen am Obersten Gericht Ruandas zu 25 Jahren Haft verurteilt worden ist, nachdem er am 31. August 2020 in Kigali festgenommen worden war; in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina neun Anschuldigungen im Zusammenhang mit Terrorismus zur Last gelegt wurden und er strafrechtlich für Aktivitäten zur Verantwortung gezogen wurde, die der Ruandischen Bewegung für demokratischen Wandel / Nationalen Befreiungsfront (MRCD-FLN) — einer Koalition oppositioneller Parteien und ihres militärischen Flügels — zugeschrieben werden; |
B. |
in der Erwägung, dass die Festnahme von Paul Rusesabagina im August 2020 willkürlich war, unter einem Vorwand vorgenommen wurde und er anschließend unrechtmäßig nach Ruanda verbracht, verschleppt und in Isolationshaft festgehalten wurde; in der Erwägung, dass für seine Festnahme kein Haftbefehl gemäß den Anforderungen des Artikels 37 der ruandischen Strafprozessordnung von 2019 ausgestellt und bis zu seiner Verurteilung keine Anklageschrift vorgelegt wurde, was einen Verstoß gegen Artikel 68 der ruandischen Strafprozessordnung darstellt; in der Erwägung, dass Paul Rusesabagina mehrmals öffentlich erklärte, er könne nicht in sein Heimatland zurückkehren, weil er Repressalien fürchte; |
C. |
in der Erwägung, dass der Justizminister Ruandas, Johnston Busingye, die Mitwirkung seiner Regierung an der Verschleppung und Verbringung von Paul Rusesabagina im August 2020, an der Bezahlung des Flugs für die Verbringung und an Verstößen gegen das Recht von Paul Rusesabagina auf ein faires Verfahren eingestanden hat; in der Erwägung, dass das Gericht am 10. März 2021 urteilte, dass die Verbringung von Paul Rusesabagina rechtmäßig war und er nicht entführt worden war; |
D. |
in der Erwägung, dass während der Urteilsverkündung zusätzliche Beweise, die zuvor weder vom Gericht zur Kenntnis genommen noch während des Verfahrens vorgelegt worden waren, angekündigt wurden, die sich auf den Vorwurf bezogen, Paul Rusesabagina habe Gelder für die bewaffnete Nationale Befreiungsfront FLN beschafft; in der Erwägung, dass einige der angeführten Beweise aus Erklärungen abgeleitet sind, wonach die Aussagen von Paul Rusesabagina unter Zwang und ohne Rechtsbeistand gemacht worden seien; |
E. |
in der Erwägung, dass das Anwaltsteam, das Paul Rusesabagina anfänglich vertrat, nicht von ihm ausgewählt worden war, und in der Erwägung, dass die Anwälte seiner Wahl, zu denen er im April 2021 endlich Kontakt aufnehmen konnte, sich nicht mit ihm treffen durften, was einen Verstoß gegen Artikel 68 der ruandischen Strafprozessordnung darstellt; |
F. |
in der Erwägung, dass der Gesundheitszustand von Paul Rusesabagina während der Haft als sehr besorgniserregend beschrieben wurde, da er Krebsüberlebender ist und an einer Störung des Herz-Kreislauf-Systems leidet; in der Erwägung, dass er seinen Anwälten zufolge zwei Krebsvorsorgeuntersuchungen verpasst hat und ihm die Gefängnisbehörden den Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, die er von seinem belgischen Arzt erhalten hatte, verweigert haben, sodass er psychischem und physischem Leid ausgesetzt war, was einen Verstoß gegen die Artikel 12 und 14 der ruandischen Verfassung über das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie auf Schutz vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung darstellt; |
G. |
in der Erwägung, dass es die staatlichen Stellen Ruandas im September 2020 nach der Festnahme von Paul Rusesabagina versäumten, die belgischen Behörden im Einklang mit dem im Völkerrecht verankerten Grundsatz des konsularischen Beistands über die Festnahme zu unterrichten; in der Erwägung, dass sich der ruandische Justizvollzugsdienst Zugang zu der Kommunikation zwischen Paul Rusesabagina und seinen Anwälten und zu den ausgetauschten Verfahrensunterlagen verschaffte; in der Erwägung, dass die belgische Außenministerin mehrere Verbalnoten an ihren ruandischen Amtskollegen sandte, in denen sie ihn ersuchte, die Rechte von Paul Rusesabagina zu wahren, die ruandische Regierung jedoch jedes einzelne Ersuchen zurückwies; |
H. |
in der Erwägung, dass die staatlichen Stellen Ruandas laut Berichten vom Juli 2021 die Pegasus-Spähsoftware der NSO Group gegen möglicherweise mehr als 3 500 Aktivisten, Journalisten und Politiker eingesetzt haben; in der Erwägung, dass eine forensische Analyse des Telefons von Carine Kanimba, Paul Rusesabaginas Tochter, ergab, dass mit der Spähsoftware auch ihr Telefon abgehört worden war; in der Erwägung, dass die staatlichen Stellen Ruandas dies abgestritten haben; |
I. |
in der Erwägung, dass Ruanda zu den Unterzeichnern des Cotonou-Abkommens gehört, in dem festgelegt ist, dass die Achtung der Menschenrechte ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten ist; in der Erwägung, dass die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte die wichtigsten Schwerpunktbereiche der EU-Programme für Ruanda sind; |
J. |
in der Erwägung, dass am 25./26. Oktober 2021 in Kigali das zweite Ministertreffen zwischen der Afrikanischen Union und der EU stattfinden soll; |
1. |
weist die ruandische Regierung darauf hin, dass sie nach der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker und anderen internationalen und regionalen Menschenrechtsinstrumenten, einschließlich des Cotonou-Abkommens und insbesondere dessen Artikel 8 und 96, verpflichtet ist, die Wahrung der Grundrechte zu garantieren, wozu auch der Zugang zur Justiz und das Recht auf ein faires Verfahren gehören; |
2. |
hebt hervor, dass Ruanda die Unabhängigkeit seiner Justiz garantieren und sie kraft seiner Verfassung und seiner Gesetze achten muss, da sämtliche Regierungsbehörden und anderen Institutionen verpflichtet sind, die Unabhängigkeit der Justiz zu achten und zu wahren; |
3. |
weist darauf hin, dass die Auslieferung eines Verdächtigen an ein anderes Land ausschließlich im Wege eines von unabhängiger Seite beaufsichtigten Auslieferungsverfahrens stattfinden sollte, damit die Rechtmäßigkeit des Auslieferungsersuchens sichergestellt und dafür gesorgt ist, dass das Recht des Verdächtigen auf ein faires Verfahren in dem ersuchenden Land uneingeschränkt gewährleistet wird; |
4. |
verurteilt daher aufs Schärfste die unrechtmäßige Festnahme, Inhaftnahme und Verurteilung von Paul Rusesabagina, womit gegen internationales und ruandisches Recht verstoßen wurde; hält den Fall von Paul Rusesabagina für beispielhaft für die Menschenrechtsverletzungen in Ruanda und stellt die Fairness des Urteils infrage, bei dem es Berichten zufolge an Garantien für ein faires Verfahren im Einklang mit internationalen bewährten Verfahren für die Vertretung, dem Anspruch auf rechtliches Gehör und der Unschuldsvermutung mangelte; |
5. |
fordert die umgehende Freilassung von Paul Rusesabagina aus humanitären Gründen und seine Repatriierung unabhängig davon, ob er schuldig oder unschuldig ist; fordert die EU-Delegation in Ruanda und die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten auf, diese Forderung bei ihrem Austausch mit den staatlichen Stellen Ruandas entschlossen zu vertreten; |
6. |
fordert die Regierung Ruandas auf, die körperliche Unversehrtheit und das psychische Wohlergehen von Paul Rusesabagina unter allen Umständen sicherzustellen und ihm zu ermöglichen, seine üblichen Medikamente einzunehmen; beharrt darauf, dass die staatlichen Stellen Ruandas das Recht der belgischen Regierung achten müssen, Paul Rusesabagina konsularischen Beistand zu leisten, damit für seine Gesundheit und einen ordnungsgemäßen Zugang zu Rechtsbeistand gesorgt ist; |
7. |
bedauert die Menschenrechtslage in Ruanda generell und insbesondere die gezielte Verfolgung von Menschen, die abweichende Meinungen vertreten; verurteilt politisch motivierte Gerichtsverfahren und die Verfolgung politischer Gegner; fordert die staatlichen Stellen Ruandas eindringlich auf, die Gewaltenteilung und insbesondere die Unabhängigkeit der Justiz sicherzustellen; |
8. |
fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst, die Kommission und den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, den Menschenrechtsdialog mit Ruanda auf höchster Ebene im Rahmen von Artikel 8 des Cotonou-Abkommens zu stärken, damit sichergestellt ist, dass sich das Land an seine bilateralen und internationalen Verpflichtungen hält; hebt hervor, dass den Menschenrechten, der Rechtsstaatlichkeit sowie einer transparenten und bürgernahen Regierungsführung im Rahmen der internationalen Entwicklungsarbeit in Ruanda ein viel höherer Stellenwert eingeräumt werden sollte; |
9. |
fordert die Kommission auf, die Unterstützung der EU für die ruandische Regierung und für die staatlichen Institutionen des Landes kritisch zu hinterfragen, damit sichergestellt ist, dass mit dieser Unterstützung die Menschenrechte uneingeschränkt gefördert werden und dass sie sich nicht abträglich auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, den politischen Pluralismus, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft auswirkt; |
10. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, dem Präsidenten der Republik Ruanda, dem Präsidenten des ruandischen Parlaments sowie der Afrikanischen Union und ihren Institutionen zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0055.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/189 |
P9_TA(2021)0419
Das Abtreibungsgesetz im US-Bundesstaat Texas
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zum Abtreibungsgesetz im US-Bundesstaat Texas (2021/2910(RSP))
(2022/C 132/16)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. November 2020 mit dem Titel „EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP III) — Eine ambitionierte Agenda für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln der EU“ (JOIN(2020)0017), |
— |
unter Hinweis auf die Leitlinie der WHO mit dem Titel „Safe abortion: technical and policy guidance for health systems“ (sichere Abtreibung: technische und politische Leitlinien für Gesundheitssysteme), |
— |
unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, |
— |
unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966, |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von 1979, |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Übereinkommen von Istanbul“), |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989, |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984, |
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unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen von 2006, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärung des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 14. September 2021 mit dem Titel „UN experts denounce further attacks against right to safe abortion and Supreme Court complicity“ (Sachverständige der Vereinten Nationen verurteilen weitere Angriffe auf das Recht auf sicheren Schwangerschaftsabbruch und die Mittäterschaft des Obersten Gerichtshofs), |
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gestützt auf die Artikel 2 und 3 des Vertrags über die Europäische Union, |
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unter Hinweis auf die 2015 vereinbarten Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und insbesondere die Ziele 3 und 5 zur Förderung der Gesundheit bzw. zur Gleichstellung der Geschlechter, |
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unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), |
— |
unter Hinweis auf die Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD), die 1994 in Kairo stattfand, ihr Aktionsprogramm und die Ergebnisse ihrer Überprüfungskonferenzen, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärung des Gipfeltreffens von Nairobi zum 25. Jahrestag der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD25) vom 1. November 2019 zum Thema „Die Erfüllung des Versprechens beschleunigen“ und auf die auf dem Gipfel angekündigten nationalen Zusagen, Zusagen von Partnerstaaten und gemeinschaftlichen Aktionen, |
— |
unter Hinweis insbesondere auf seine Entschließung vom 24. Juni 2021 zur Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen (1), in der der Zugang zur reproduktiven Gesundheitsfürsorge als Grundpfeiler der Menschenrechte von Frauen und deren Verweigerung zu einer Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen erklärt wurde, |
— |
unter Hinweis auf die Aktionsplattform von Peking und die Ergebnisse der nachfolgenden Überprüfungskonferenzen, |
— |
unter Hinweis auf die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, |
— |
unter Hinweis auf das Urteil Roe/Wade von 1973, das in den Urteilen Planned Parenthood/Casey und Whole Woman Health/Hellerstedt bekräftigt wurde und womit in den USA das verfassungsmäßige Recht für Schwangere eingeführt wird, vor dem Zeitpunkt, zu dem der Fötus allein lebensfähig ist, zu entscheiden, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen wollen; |
— |
unter Hinweis auf das Gesetz Nr. 8 des texanischen Senats (SB8) aus dem Jahr 2021 mit dem Titel „Relating to abortion, including abortions after detection of an unborn child’s heartbeat; authorizing a private civil right of action“ (Abtreibung, einschließlich Abtreibungen nach Feststellung des Herzschlags des ungeborenen Kindes, Gewährung eines privaten zivilrechtlichen Klagerechts), |
— |
unter Hinweis auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten vom 1. September 2021, mit dem die Blockierung des texanischen Gesetzes SB8 abgelehnt wurde, |
— |
gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung, |
A. |
in der Erwägung, dass der Bundesstaat Texas am 1. September 2021 das Gesetz SB8 erlassen hat, wonach Frauen keinen Zugang zu Abtreibungsleistungen erhalten dürfen, sobald der Herzschlag des Fötus feststellbar ist, also schon sechs Wochen nach dem letzten Menstruationszyklus, wobei zwei separate Ultraschallscans erforderlich sind, bevor der Eingriff durchgeführt werden darf; in der Erwägung, dass selbst dann, wenn die Schwangerschaft auf Vergewaltigung oder Inzest zurückzuführen ist oder wenn gesundheitliche Probleme des Fötus bestehen, die ein dauerhaftes Überleben nach der Geburt unmöglich machen, keine Ausnahme gilt; in der Erwägung, dass mit dem Gesetz SB8 ein nahezu vollständiges Abtreibungsverbot verhängt wird; |
B. |
in der Erwägung, dass sowohl die USA als auch die EU den Grundsatz achten müssen, wonach die Menschenrechte unveräußerlich sind und allen Menschen zustehen; |
C. |
in der Erwägung, dass der grundlegende Charakter der transatlantischen Partnerschaft auf unseren gemeinsamen Werten, einschließlich der Achtung der Menschenrechte, fußt; |
D. |
in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter, die Stärkung der Rolle aller Frauen und Mädchen, die Gewährleistung eines gesunden Lebens, die Beseitigung der Armut überall und die Förderung des Wohlergehens für alle Menschen aller Altersgruppen grundlegende Ziele sind, die in den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) Nr. 1, 3 und 5 festgelegt sind; in der Erwägung, dass sich alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen dazu verpflichtet haben, die Ziele zu achten und zu fördern, die in den SDG festgelegt sind, einschließlich der Ziele 3.7 und 5.6 im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte; |
E. |
in der Erwägung, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte auf den grundlegenden Menschenrechten beruhen und durch internationale und europäische Menschenrechtsnormen, wie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und die Europäische Menschenrechtskonvention geschützt sind und ein wesentliches Element einer umfassenden Gesundheitsversorgung darstellen; |
F. |
in der Erwägung, dass der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau und der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen im August 2018 eine gemeinsame Erklärung abgegeben haben, in der sie betonen, dass der Zugang zu Abtreibungen unter sicheren und legalen Bedingungen sowie zu den damit verbundenen Diensten und Informationen ein wesentlicher Aspekt der reproduktiven Gesundheit von Frauen ist, und in der sie die Länder nachdrücklich auffordern, Beschränkungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen und Mädchen ein Ende zu setzen, da durch diese Beschränkungen ihre Gesundheit und ihr Leben gefährdet werden; in der Erwägung, dass der Zugang zu Abtreibung ein Menschenrecht ist, wohingegen die Verzögerung oder Verweigerung einer Abtreibung eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt ist und Folter und/oder grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichkommen kann; in der Erwägung, dass sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte Ziele im Rahmen des SDG 3 und des SDG 5 der Vereinten Nationen sind, und in der Erwägung, dass die Beseitigung geschlechtsbezogener Gewalt und aller schädlichen Praktiken gegen Frauen ein Ziel im Rahmen des SDG 5 ist; |
G. |
in der Erwägung, dass der Zugang zu umfassender Sexualerziehung und sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte, einschließlich Familienplanung, Verhütungsmethoden und sicherer und legaler Abtreibung, sowie die Autonomie und Fähigkeit jeder Person, freie und unabhängige Entscheidungen über ihren Körper und ihr Leben zu treffen, eine Voraussetzung für ihre Unabhängigkeit sind und daher für die Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens, einschließlich der Teilhabe am Arbeitsmarkt und in der Politik, sowie für die Beseitigung geschlechtsbezogener Gewalt von wesentlicher Bedeutung sind; in der Erwägung, dass der Grundsatz gilt, dass es ihr Körper und somit ihre Entscheidung ist; |
H. |
in der Erwägung, dass die Einbeziehung von Männern und Jungen in die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte sowohl ein Ziel an sich ist als auch eine Voraussetzung dafür, dass eine nachhaltige Gleichstellung erreicht werden kann; |
I. |
in der Erwägung, dass die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte ein wesentliches Element der Menschenwürde darstellt sowie untrennbar mit der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt verbunden ist; in der Erwägung, dass es von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter ist, dass Frauen und Mädchen an der Ausarbeitung von Gesetzen und politischen Maßnahmen, die sie und ihre Menschenrechte betreffen, einschließlich in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte sowie Schwangerschaftsabbrüche, beteiligt werden, und dass dafür gesorgt ist, dass sie Zugang zu Gerichten und Rechtsbehelfen haben, wenn ihre Rechte verletzt werden; |
J. |
in der Erwägung, dass dem Recht auf Achtung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit des Menschen in der Charta eine zentrale Bedeutung zukommt; |
K. |
in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof in der wegweisenden Rechtssache Roe/Wade die Abtreibung in den USA legalisiert hat, womit Schwangeren gemäß der US-Verfassung das Recht zugesprochen wurde, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Fötus allein lebensfähig ist, darüber zu entscheiden, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen wollen; in der Erwägung, dass dies in den Urteilen Planned Parenthood/Casey und Whole Woman Health/Hellerstedt zusätzlich bekräftigt wurde; |
L. |
in der Erwägung, dass 12 weitere US-Bundesstaaten ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen bereits in frühen Stadien der Schwangerschaft erlassen haben, das Inkrafttreten aller Verbote jedoch verhindert wurde, da sie von den Bundesgerichten für verfassungswidrig erklärt wurden; |
M. |
in der Erwägung, dass das Gesetz SB8 Abtreibungen etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet; in der Erwägung, dass sich vor dem Erlass des Gesetzes etwa 85 bis 90 % der Frauen, die in Texas eine Abtreibung vornehmen ließen, mindestens in der sechsten Schwangerschaftswoche befanden, sodass das Gesetz zur faktischen Beendigung von Abtreibungsdiensten in dem Bundesstaat führen wird; |
N. |
in der Erwägung, dass das SB8 darauf ausgelegt ist, Regierungsbeamte von der Aufgabe zu befreien, das Recht durchzusetzen, und dass es stattdessen Privatpersonen finanzielle Anreize dafür bietet, zivilrechtlich gegen Personen vorzugehen, die Abtreibungen durchführen oder jemanden dabei unterstützen, einen solchen Dienst in dem Bundesstaat in Anspruch zu nehmen, was höchstwahrscheinlich zu der legalen Belästigung von Gesundheitsdienstleistern, Frauen, die Abtreibungen benötigen, und allen, die sie dabei unterstützen, einschließlich ihrer Angehörigen, führen wird; in der Erwägung, dass das SB8 in jedem Fall eine abschreckende Wirkung auf Gesundheitsdienstleister haben wird; |
O. |
in der Erwägung, dass der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau festgestellt hat, dass die Kriminalisierung von Abtreibung keine abschreckende Wirkung hat; in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe zur Diskriminierung von Frauen und Mädchen festgestellt hat, dass bei der gesetzlichen Beschränkung von Abtreibungen der sichere Schwangerschaftsabbruch zu einem Privileg sozioökonomisch begünstigter Frauen wird, während Frauen mit begrenzten Ressourcen gezwungen sind, unsichere und geheime Möglichkeiten der Abtreibung in Anspruch zu nehmen, wodurch ihr Leben und ihre Gesundheit gefährdet werden; in der Erwägung, dass — wie es bereits bei anderen Abtreibungsbeschränkungen der Fall war — Menschen, die bereits Opfer von Diskriminierung oder Hindernissen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung sind, unverhältnismäßig stark von dem Gesetz betroffen sein werden, darunter aufgrund von Rassismus benachteiligte Menschen, ethnische Minderheiten, Frauen ohne Ausweispapiere und Menschen mit niedrigem Einkommen oder Menschen in ländlichen Gebieten, die nicht über die Möglichkeit verfügen, längere Fahrten auf sich zu nehmen, um diese Dienste in Anspruch zu nehmen; |
P. |
in der Erwägung, dass es zu einer erhöhten Muttersterblichkeit führt, Abtreibungen zu verbieten und Frauen dadurch zu zwingen, unsichere Abtreibungen in Anspruch zu nehmen, und dass diese Todesfälle absolut vermeidbar sind; |
Q. |
in der Erwägung, dass Texas in den letzten zehn Jahren bereits 26 Einschränkungen des Abtreibungsrechts erlassen hat, darunter das diesjährige Verbot der Abtreibung nach sechs Wochen und ein Abtreibungsverbot, das in Kraft treten würde, falls das Urteil in der Rechtssache Roe/Wade aufgehoben wird; in der Erwägung, dass die Zahl der Abtreibungskliniken in diesem Zeitraum von 46 im Jahr 2011 auf nur 21 Kliniken im Jahr 2017 gesunken ist; in der Erwägung, dass dies bedeutet, dass Frauen keinen Zugang zu der von ihnen benötigten Versorgung haben; |
R. |
in der Erwägung, dass es in Texas und anderen Regionen der Vereinigten Staaten bereits schwierig war, Zugang zu Abtreibungen zu erhalten, und dass diejenigen, die mit Hindernissen beim Zugang zu medizinischer Versorgung konfrontiert sind, darunter marginalisierte und schutzbedürftige Gruppen, vor allem Menschen mit niedrigerem Einkommen, diejenigen sind, die die Auswirkungen eines Verbots wie des Gesetzes SB8 am stärksten spüren; |
S. |
in der Erwägung, dass Patienten, da Abtreibungen in Texas praktisch verboten sind, sich an Krankenhäuser für reproduktive Gesundheit in Nachbarstaaten wenden, wodurch die fragile Infrastruktur für Abtreibungen in der Region überfordert wird; in der Erwägung, dass im Bundesstaat Texas jährlich mehr als 56 000 Abtreibungen durchgeführt werden; in der Erwägung, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass die benachbarten Staaten in der Lage wären, ab der Einführung des SB8 alle Patienten aufzunehmen, die normalerweise Abtreibungen durchführen lassen würden; |
T. |
in der Erwägung, dass bei jungen Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt weltweit die häufigste Todesursache sind; in der Erwägung, dass der Ausschuss für die Rechte des Kindes Länder dringend auffordert, Abtreibungen zu entkriminalisieren und dafür zu sorgen, dass Mädchen Zugang zu sicheren Abtreibungsdiensten haben; in der Erwägung, dass Schwangerschaften im Teenageralter den Kreislauf der Armut verschärfen; in der Erwägung, dass Texas der Bundesstaat mit der siebthöchsten Geburtenrate unter Teenagern in den USA und der Staat mit der höchsten Rate an mehrfachen Geburten unter Teenagern ist; In der Erwägung, dass die Schwangerschaftsrate unter hispano- und afroamerikanischen Teenagern sowie Mädchen mit niedrigem Bildungsabschluss und Mädchen, die in ländlichen Gebieten, in Pflegeeinrichtungen und in Armut leben, besonders hoch ist; in der Erwägung, dass Mütter im Teenageralter mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit ihre Schulbildung abbrechen und arbeitslos werden; in der Erwägung, dass 65 % der Kinder von jungen Eltern in Texas in Armut leben und dass sie mit größerer Wahrscheinlichkeit einen schlechten Gesundheitszustand und ein geringes Bildungsniveau aufweisen; |
U. |
in der Erwägung, dass SB8 eine der strengsten Abtreibungsmaßnahmen in den USA ist und dadurch Abtreibungen in dem Bundestaat verboten werden, nachdem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, wobei Ausnahmen nur bei medizinischen Notfällen vorgesehen sind, nicht jedoch bei Vergewaltigung, Inzest oder gesundheitlichen Problemen des Fötus, die ein dauerhaftes Überleben nach der Geburt unmöglich machen; in der Erwägung, dass es sich dabei um eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt handelt, die Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen kann; |
V. |
in der Erwägung, dass das Center for Reproductive Rights und seine Partner am 30. August 2021 beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten einen Eilantrag gestellt haben, um das Inkrafttreten des Gesetzes in Texas zu blockieren; |
W. |
in der Erwägung, dass die Gesetzesvorlage von mehr als 300 texanischen Anwälten abgelehnt wurde, die erklärt haben, dass sie seit langem bestehende Regeln und Grundsätze des Rechtssystems untergräbt; in der Erwägung, dass mehr als 200 Ärzte in Texas ihre tiefe Besorgnis über ihre Fähigkeit zur Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zum Ausdruck gebracht haben und davor gewarnt haben, dass die Gesetzesvorlage eine „abschreckende Wirkung“ hervorrufen würde, die Ärzte in mehr als 30 Fachgebieten, darunter Primärversorgung, Notfallmedizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe und innere Medizin, daran hindern würde, Patienten Informationen über alle Schwangerschaftsoptionen zur Verfügung zu stellen, weil sie schikanöse Gerichtsverfahren zu befürchten hätten; |
X. |
in der Erwägung, dass Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen die Annahme des SB8 als alarmierend eingestuft haben und den Schaden, den dieses Verbot für schwangere Frauen in Texas und insbesondere Frauen aus marginalisierten Gemeinschaften, Frauen mit niedrigem Einkommen, Frauen in ländlichen Gebieten und Frauen aus rassischen und ethnischen Minderheiten sowie Migrantinnen, die unverhältnismäßig stark von diesem Verbot betroffen sein werden, verursachen wird, angeprangert haben und die Regierung der Vereinigten Staaten aufgefordert haben, Rückschritte beim Zugang zu Abtreibungen zu verhindern und stattdessen positive Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen zu gewährleisten; |
Y. |
in der Erwägung, dass sich der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten mit fünf gegen vier Stimmen gegen eine Blockade des texanischen Gesetzes entschieden hat und festgestellt hat, dass die Anfechter auf die „komplexen und neuartigen verfahrenstechnischen Fragen“ nicht ausreichend eingegangen sind; |
Z. |
in der Erwägung, dass das Justizministerium der Vereinigten Staaten am 9. September 2021 Klage gegen Texas erhoben hat, in der es geltend gemacht hat, dass das Verbot gegen das verfassungsmäßige Recht einer Person auf Abtreibung vor Lebensfähigkeit verstoße, und in der Erwägung, dass der Federal District Court für den 1. Oktober 2021 eine Verhandlung über eine einstweilige Verfügung anberaumt hat; |
AA. |
in der Erwägung, dass Präsident Biden erklärt hat, dass es sich bei dem Gesetz um einen „beispiellosen Angriff auf die verfassungsmäßigen Rechte von Frauen“ handelt, wobei er eine „regierungsweite Anstrengung“ zugesagt hat, um das Gesetz aufzuheben, und gefordert hat, dass „Frauen in Texas Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen haben“, und in seiner Erklärung bekräftigt hat, dass die Regierung Biden-Harris stets dafür kämpfen wird, den Zugang zu Gesundheitsversorgung zu schützen und das Recht einer Frau, Entscheidungen über ihren Körper zu treffen und über ihre Zukunft zu bestimmen, zu verteidigen; |
AB. |
in der Erwägung, dass im Bericht des Guttmacher-Instituts vom September 2019 mit dem Titel „Abortion Incidence and Service Availability in the United States, 2017“ (Häufigkeit von Abtreibungen und Verfügbarkeit von Abtreibungsdiensten in den Vereinigten Staaten, 2017) auf einen besorgniserregenden Aufwärtstrend bei potenziell gefährlichen nichtmedizinischen Versuchen, selbst eine Abtreibung herbeizuführen, in US-Bundesstaaten mit beschränktem Zugang zur reproduktiven Gesundheitsversorgung hingewiesen wird; |
1. |
schließt sich der entschiedenen Verurteilung der Annahme von SB8 durch die texanische Legislative, die de facto einem vollständigen Verbot von Abtreibungen gleichkommt, wobei keine Ausnahmen für Vergewaltigung, Inzest oder gesundheitliche Probleme des Fötus, die ein dauerhaftes Überleben nach der Geburt unmöglich machen, vorgesehen sind, als starker Angriff auf die Freiheit und die sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte von Frauen, die grundlegende Menschenrechte darstellen, und als Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte von Frauen in den USA an; ist zutiefst besorgt darüber, wie sehr dieses Verbot zu dem Trauma beitragen wird, das Opfer von Vergewaltigung und Inzest durchmachen; |
2. |
fordert die Regierung des Bundesstaates Texas auf, SB8 rasch aufzuheben, für sichere, legale, kostenlose und hochwertige Abtreibungsdienste im Staat zu sorgen und diese Dienste für alle Frauen und Mädchen leicht zugänglich zu machen; |
3. |
bekundet seine entschiedene Solidarität mit und Unterstützung für die Frauen in Texas und diejenigen, die an der Bereitstellung von und dem Einsatz für die Gesundheitsversorgung im Zusammenhang mit Abtreibungen unter solchen schwierigen Umständen beteiligt sind; |
4. |
begrüßt die Bemühungen von Präsident Joe Biden, den Rat und das Büro des Beraters des Weißen Hauses anzuweisen, eine umfassende Regierungsanstrengung einzuleiten, um auf die Entscheidung zu reagieren, damit Frauen in Texas Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen haben, wie sie von Roe gegen Wade geschützt werden; begrüßt es, dass die Regierung von Präsident Joe Biden am Freitag, dem 1. Oktober 2021, einen Richter nachdrücklich aufgefordert hat, das von Texas verhängte Abtreibungsverbot zu blockieren; |
5. |
bekundet seine uneingeschränkte Unterstützung für und Solidarität mit medizinischen Fachkräften und denjenigen, die rechtliche Schritte gegen SB8 unternehmen, in der Hoffnung, dass ihre Arbeit dazu führen wird, dass das Recht der Frauen in Texas auf reproduktive Gesundheitsversorgung wiederhergestellt wird; erkennt die Rolle von nichtstaatlichen Organisationen als Dienstleister und auch als Verfechter der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in den USA an und bestärkt sie darin, ihre Arbeit als Verfechter dieser Grundrechte fortzusetzen; bekräftigt, dass diese nichtstaatlichen Organisationen für ihre Tätigkeit angemessene Finanzmittel benötigen; |
6. |
hebt hervor, dass die Sachverständigen der Vereinten Nationen am 14. September 2021 betont haben, dass „die Menschenrechte von Frauen Grundrechte sind, die kulturellen, religiösen oder politischen Erwägungen nicht untergeordnet werden können“, und dass „der Einfluss ideologisch und religiös motivierter Einmischung in Angelegenheiten der öffentlichen Gesundheit für die Gesundheit und das Wohlergehen von Frauen und Mädchen besonders schädlich ist“; |
7. |
bedauert zutiefst, dass der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten es in einer sehr knappen Mehrheitsentscheidung (vier zu fünf) abgelehnt hat, die Einführung des beispiellosen SB8 zu blockieren; weist darauf hin, dass dieser Beschluss nicht bedeutet, dass das Gesetz als verfassungsmäßig angesehen wird; |
8. |
fordert Präsident Joe Biden auf, seine Bemühungen fortzusetzen, um den Zugang zu sicheren und legalen Abtreibungen sicherzustellen; fordert, dass weitere Anstrengungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass Abtreibung und Empfängnisverhütung in die Bereitstellung umfassender Informationen und Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte integriert werden und dass sie allgemein zugänglich sind, und um den fortgesetzten Zugang in Krisensituationen wie der COVID-19-Pandemie sicherzustellen; |
9. |
fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, Abtreibung vollständig zu entkriminalisieren, was nicht nur erfordert, dass der Bestrafung von schwangeren Frauen und Mädchen, von Gesundheitsdienstleistern und von anderen Personen für den Zugang zu und die Unterstützung oder Bereitstellung von Abtreibungsdiensten ein Ende gesetzt wird, sondern auch, dass Abtreibungen aus Strafgesetzen gestrichen und alle anderen auf Strafe ausgerichteten Gesetze, Strategien und Praktiken abgeschafft werden; |
10. |
fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, einen föderalen Rechtsschutz für den universellen Zugang zu Abtreibungen einzuführen; betont, dass die Gesundheit ein Menschenrecht ist und dass der Staat verpflichtet ist, allen zugängliche Gesundheitsversorgung bereitzustellen; |
11. |
fordert den Kongress der Vereinigten Staaten auf, mit dem Gesetz zum Schutz der Gesundheit von Frauen (Women’s Health Protection Act, WHPA), das kürzlich in einer historischen Abstimmung vom Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten verabschiedet wurde und mit dem verhindert wird, dass auf staatlicher Ebene Abtreibungsverbote und -beschränkungen verhängt werden, föderalen Rechtsschutz für den Zugang zu Abtreibungen zu gewähren; |
12. |
betont, dass äußerst restriktive Gesetze zum Verbot von Abtreibungen nicht den Bedarf an Abtreibungen verringern, sondern zur Folge haben, dass Frauen heimlich abtreiben, für Abtreibungen verreisen oder ihre Schwangerschaft gegen ihren Willen zu Ende führen, was eine Verletzung der Menschenrechte und eine Form geschlechtsbezogener Gewalt darstellt, die die Rechte von Frauen und Mädchen auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit, Gleichstellung, Nichtdiskriminierung und Gesundheit beeinträchtigt; |
13. |
betont, dass die Zahl ungewollter Schwangerschaften nur durch Bildung, Informationen und einen allgemeinen Zugang zu Verhütung, die Beseitigung sexueller Gewalt und eine gemeinsame Verantwortung für die Verhütung verringert werden kann; betont, dass einem allgemeinen Zugang zu altersgerechter und nachweisgestützter umfassender Sexualerziehung, zu einer Reihe hochwertiger und allgemein zugänglicher moderner Verhütungsmethoden und Verhütungsmittel, zu Familienplanungsberatung und zu Informationen über Verhütung sowie der Sicherstellung von sicheren und legalen Versorgungsleistungen bei Abtreibungen Vorrang eingeräumt werden sollte; |
14. |
ist zutiefst besorgt über die unverhältnismäßigen Auswirkungen dieses Gesetzes auf Personen, die sich in einer schwierigen sozioökonomischen Lage befinden, in ländlichen Gebieten leben oder aufgrund von Rassismus benachteiligt werden, LGBTIQ+-Personen und Personen, die zahlreichen und sich überschneidenden Formen der Diskriminierung ausgesetzt sind, insbesondere schutzbedürftige Gruppen von Frauen, die es sich aufgrund finanzieller oder logistischer Hürden nicht leisten können, in Krankenhäuser für reproduktive Gesundheit in Nachbarstaaten zu reisen, wodurch ein größeres Risiko besteht, dass sie sich unsicheren und lebensbedrohlichen Verfahren unterziehen oder gezwungen sind, ihre Schwangerschaft gegen ihren Willen zu Ende zu führen; |
15. |
stellt nachdrücklich den moralischen Kontext infrage und ist ferner besorgt über die Ausgestaltung dieses Gesetzes, das jedem Privatbürger die Möglichkeit und finanzielle Anreize bietet, Personen, die Frauen möglicherweise zu einer Abtreibung verholfen haben, etwa Anbieter von Abtreibungsdiensten oder Befürworter von Versorgungsleistungen bei Abtreibungen, zu verklagen, womit Abtreibungsgegnern Tür und Tor geöffnet wird für Belästigung und schikanöse Verfahren und die Grundlage für Hexenjagden im 21. Jahrhundert geschaffen wird; |
16. |
fordert die Regierung der Vereinigten Staaten auf, jedem auf Belohnungen beruhenden System der staatlichen oder individuellen Durchsetzung von Abtreibungsverboten, mit denen ein Klima der Angst und Einschüchterung geschaffen wird, ein Ende zu setzen; |
17. |
ist zutiefst besorgt über die Auswirkungen des Gesetzes von Texas auf andere US-Bundesstaaten, die angeregt durch die Untätigkeit des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten versuchen werden, im ganzen Land Abtreibungsverbote zu verhängen, wie es bereits in Florida zu beobachten ist; |
18. |
stellt fest, dass dieses Gesetz, das eine der 26 Abtreibungsbeschränkungen ist, die in den letzten zehn Jahren bereits in Texas erlassen wurden, einen weiteren Versuch darstellt, die Rechte von Frauen und ihre reproduktive Freiheit sowie ihr Recht auf Gesundheitsversorgung zu untergraben, und dass weder die verfassungsmäßigen Rechte von Frauen noch der Wille der Bevölkerung berücksichtigt werden; |
19. |
ist besorgt darüber, dass dieses Gesetz nicht nur dazu führt, dass Abtreibungen faktisch verboten werden, sondern auch auf eklatante Weise und unter vollständiger Missachtung der internationalen Menschenrechtsnormen, einschließlich des Grundsatzes des Rückschrittsverbots, die Menschenrechte von Frauen verletzt und dass es den Zugang zu Gesundheitsversorgung einschränkt, indem die Zahl der Versorgungseinrichtungen, in denen Frauen behandelt werden, verringert wird, was zu einem Gefälle bei der Versorgung von Frauen führt und deren Leben zusätzlich gefährdet; |
20. |
verurteilt aufs Schärfste die Rückschritte bei den Frauenrechten und der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten in den Vereinigten Staaten und weltweit und fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), die Kommission und alle EU-Mitgliedstaaten auf, alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um ihre Gegenmaßnahmen zu verstärken; weist darauf hin, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte grundlegende Menschenrechte sind, die gestärkt werden sollten und in keiner Weise geschwächt oder entzogen werden dürfen; |
21. |
hebt hervor, dass im Einklang mit der Aktionsplattform von Peking und dem Aktionsprogramm der ICPD das Recht aller Menschen auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung geschützt werden muss und dass der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, mit denen dieses Recht zur Geltung gebracht wird, sichergestellt werden muss; fordert ein umfassendes Konzept für das grundlegende Paket für sexuelle und reproduktive Gesundheit, einschließlich Maßnahmen zur Prävention und Vermeidung unsicherer Abtreibungen, sowie die Bereitstellung von Betreuung nach einer Abtreibung, die in die nationalen Strategien, die Politik und die Programme der universellen Gesundheitsversorgung aufgenommen werden müssen; |
22. |
ist besorgt über die bevorstehende Prüfung der Rechtssache Roe/Wade durch den Obersten Gerichtshof und darüber, dass dieses bahnbrechende Urteil, mit dem die Rechte der Frauen sichergestellt werden, in naher Zukunft aufgehoben werden könnte; befürchtet, dass dies schwerwiegende und weitreichende Auswirkungen auf den Zugang zu Gesundheitsversorgung und die Entscheidungsfreiheit von Frauen in anderen Bundesstaaten hätte, da weitere elf Bundesstaaten über sogenannte Auslösegesetze zum Verbot des derzeit geltenden Rechts auf Abtreibung verfügen, die automatisch in Kraft treten, wenn das Urteil in der Rechtssache Roe/Wade aufgehoben wird; |
23. |
begrüßt, dass die Regierung unter Joe Biden die gegen Abtreibungen gerichtete „Global Gag Rule“ aufgehoben hat und beabsichtigt, die Mittel der Vereinigten Staaten für den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), die Agentur der Vereinten Nationen für sexuelle und reproduktive Gesundheit, wieder einzusetzen; fordert nachdrücklich, dass die Wiedereinsetzung der Mittel unverzüglich in Kraft tritt; |
24. |
weist darauf hin, dass eine der fünf Säulen des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III) des EAD darin besteht, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu fördern; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass Menschenrechtsklauseln, einschließlich des Rechts auf kostenlose und sichere Abtreibungen, geachtet und in allen internationalen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten gefördert werden; |
25. |
fordert die Delegation der EU in den Vereinigten Staaten auf, die Lage in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in Texas und anderen Bundesstaaten zu überwachen und der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Vereinigten Staaten und bei der Umsetzung des GAP III vor Ort Vorrang einzuräumen; |
26. |
fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, Organisationen der Zivilgesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Staaten, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in dem Land schützen und fördern, als Ausdruck ihres universellen Einsatzes für diese Rechte jede mögliche Unterstützung, einschließlich finanzieller Unterstützung, anzubieten; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, allen medizinischen Fachkräften, die aufgrund ihrer rechtmäßigen Arbeit möglicherweise von rechtlichen oder sonstigen Formen der Belästigung bedroht sind, Zuflucht zu bieten; weist darauf hin, dass ein vollständiges Verbot von Abtreibungen oder die Verweigerung von Versorgungsleistungen bei Abtreibungen eine Form geschlechtsbezogener Gewalt darstellen; |
27. |
fordert den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, diese Verletzung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen in seinem Austausch mit Beamten der Vereinigten Staaten anzuprangern; |
28. |
fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, diese Verletzung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen und ihres Rechts auf Gesundheitsversorgung in seinem Austausch mit Beamten der Vereinigten Staaten zu verurteilen und anzuprangern; |
29. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und seiner Regierung, dem Kongress der Vereinigten Staaten sowie dem Gouverneur und der Legislative des Bundesstaats Texas zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0314.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/196 |
P9_TA(2021)0420
Die Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zur Lage in Belarus ein Jahr nach dem Beginn der Proteste und ihrer gewaltsamen Niederschlagung (2021/2881(RSP))
(2022/C 132/17)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Belarus, |
— |
unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24. Mai 2021 und 25. Juni 2021 zu Belarus, |
— |
unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 21. Juni 2021 zu Belarus, |
— |
unter Hinweis auf die Rede von Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union 2021, |
— |
unter Hinweis auf die Erklärungen des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) Josep Borrell vom 26. März 2021 zu der Unterstützung der EU für die Internationale Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und vom 15. Juli 2021 zum harten Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft in Belarus sowie auf seine Erklärungen im Namen der EU vom 30. Juli 2021 zur Instrumentalisierung von Migranten und Flüchtlingen durch das Regime und vom 8. August 2021 zu der gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 in Belarus, |
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unter Hinweis auf die Erklärungen des Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 6. Juli 2021 zur Verurteilung von Wiktar Babaryka und zu anderen politischen Prozessen, vom 7. Juli 2021 zur Einschränkung der diplomatischen Präsenz Litauens, vom 30. August 2021 zu den Repressionen gegen Journalisten und Medien und vom 6. September 2021 zur Verurteilung von Maryja Kalesnikawa und Maksim Snak, |
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unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist, |
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unter Hinweis auf die Charta von Paris für ein neues Europa der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), |
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unter Hinweis auf den am 5. Juli 2021 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen abgegebenen Bericht der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Lage der Menschenrechte in Belarus, Anaïs Marin, |
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unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen vom 13. Juli 2021 über die Lage der Menschenrechte in Belarus, |
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unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 16. September 2021 an den Rat, die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Ausrichtung der politischen Beziehungen zwischen der EU und Russland (1), |
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unter Hinweis auf die Verleihung des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments für geistige Freiheit im Jahre 2020 an die demokratische Opposition in Belarus, |
— |
gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung, |
A. |
in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane mehr als ein Jahr nach der sogenannten Wahl vom 9. August 2020 die Unterdrückung des eigenen Volks fortsetzen, wobei viele Bürger schikaniert, festgenommen, gefoltert und verurteilt wurden, weil sie ihre Ablehnung gegenüber dem Regime oder den in Belarus weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck gebracht haben; in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht anerkannt haben; |
B. |
in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge fast 40 000 Belarussen zu unterschiedlichen Zeitpunkten wegen Protesten gegen das Regime festgenommen wurden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger Hunderte von Fällen von Folter und Misshandlung dokumentiert haben und dass mehrere Menschen immer noch vermisst werden und weitere Personen inzwischen tot aufgefunden wurden; in der Erwägung, dass unmenschliche Behandlung, Folter und vorsätzliche Verweigerung medizinischer Versorgung in belarussischen Haftanstalten und Gefängnissen nach wie vor an der Tagesordnung sind und dort mehrere Demonstranten zu Tode kamen; in der Erwägung, dass mehrere Fälle von Selbstmordversuchen vor Gericht und in Gefängnissen dokumentiert wurden; in der Erwägung, dass die gesamte Justiz des Landes offenbar zu einem Handlanger des Regimes geworden ist und zur Sicherung seines Überlebens eingesetzt wird; in der Erwägung, dass es in Belarus mehr als 720 politische Gefangene gibt und über 4 600 Strafverfahren gegen belarussische Bürger anhängig sind, wohingegen kein einziges Verfahren gegen die Personen eingeleitet wurde, die für Gewalt und Unterdrückung verantwortlich sind oder daran eine Mitschuld tragen; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger, Oppositionspolitiker, die Zivilgesellschaft, unabhängige Journalisten und weitere Aktivisten systematisch mit gewaltsamer Unterdrückung konfrontiert sind; in der Erwägung, dass sich Tausende von Belarussen gezwungen sahen oder anderweitig genötigt wurden, ihr Heimatland zu verlassen und Zuflucht im Ausland zu suchen; |
C. |
in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten, insbesondere Polen und Litauen, Tausenden von Asylsuchenden, die vor der Verfolgung durch Lukaschenka wegen ihrer demokratischen Bestrebungen geflohen sind, Unterkünfte, medizinische Behandlungen und Stipendien zur Verfügung gestellt haben; |
D. |
in der Erwägung, dass das belarussische Regime eine Unterdrückungskampagne gegen die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger führt, mit der alle verbliebenen unabhängigen Stimmen in Belarus zum Schweigen gebracht werden sollen; in der Erwägung, dass fast 250 Organisationen der Zivilgesellschaft aufgelöst wurden oder das Verfahren zu deren Auflösung noch im Gange ist, etwa das Menschenrechtszentrum Wjasna, gegen das in bislang ungekanntem Ausmaß brutal vorgegangen wird, indem die Führung, die Angestellten und Freiwillige festgenommen und vor Gericht gestellt werden, darunter Ales Bjaljazki, der Vorsitzende von Wjasna, Waljanzin Stefanowitsch, Mitglied des Vorstands von Wjasna und Vizepräsident des Internationalen Menschenrechtsverbands, Marfa Rabkowa, Koordinatorin des Freiwilligennetzes von Wjasna, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und weitere Angestellte und Freiwillige von Wjasna; |
E. |
in der Erwägung, dass die belarussischen Gerichte über 120 ungerechte und willkürliche Urteile in politisch motivierten Gerichtsverfahren gesprochen haben, die häufig hinter verschlossenen Türen abgehalten wurden und nicht ordnungsgemäß abliefen; in der Erwägung, dass der belarussische Oppositionspolitiker Wiktar Babaryka zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilt wurde und die führenden belarussischen Oppositionellen und politischen Gefangenen Maryja Kalesnikawa, Preisträgerin des Sacharow-Preises für geistige Freiheit und Trägerin des Internationalen Preises für Frauen mit Mut (International Women of Courage Award), und Maksim Snak, ein bekannter Anwalt, wegen mutmaßlicher Orchestrierung eines Staatsstreichs zu 11 bzw. 10 Jahren Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass fast 500 Journalisten festgenommen wurden und die belarussischen Staatsorgane ihr hartes Vorgehen und ihre Schikanen gegen unabhängige belarussische Journalisten fortsetzen und vorsätzlich versuchen, objektive Berichterstattung zu behindern; in der Erwägung, dass das belarussische Regime am 27. August 2021 die Auflösung des belarussischen Journalistenverbands, der größten unabhängigen Journalistenorganisation des Landes, die 2004 mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit ausgezeichnet wurde, angeordnet hat; in der Erwägung, dass zwei Journalistinnen von Belsat, Kazjaryna Andrejewa und Darja Tschulzowa, nach wie vor ihre Haftstrafen in einer Strafkolonie in Belarus verbüßen; |
F. |
in der Erwägung, dass sich der Druck auf die belarussischen Gewerkschaften in den vergangenen Wochen dramatisch erhöht hat, wobei die Anführer und Mitglieder der Unabhängigen Gewerkschaft von Belarus (BITU) und des belarussischen Kongresses der demokratischen Gewerkschaften (BKDP) festgenommen, mit Geldstrafen belegt und vom KDB/KGB ausspioniert wurden; in der Erwägung, dass Belarus im Global Rights Index des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) im Jahr 2021 als eines der Länder ausgewiesen ist, in denen Arbeitnehmer besonders schlecht behandelt werden; |
G. |
in der Erwägung, dass Aljaksandr Lukaschenka nach wie vor eine Kampagne gegen die polnische Minderheit führt, wobei Andżelika Borys und Andrzej Poczobut, zwei führende Persönlichkeiten der polnischen Gemeinschaft, inhaftiert wurden, gegen polnischsprachige Schulen vorgegangen wird und eine Propagandakampagne auf der Grundlage falscher historischer Narrative läuft; |
H. |
in der Erwägung, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass die belarussischen Staatsorgane die tausenden seit August 2020 bekannt gewordenen Berichte über Polizeibrutalität oder die Tötung von Demonstranten untersuchen; in der Erwägung, dass die weitverbreitete Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen die verzweifelte Lage der belarussischen Bevölkerung weiter verfestigt; in der Erwägung, dass der belarussischen Bevölkerung ihr Recht auf ein faires Verfahren vorenthalten wird, da das Rechtsstaatsprinzip in dem Land nicht gilt; in der Erwägung, dass Belarus das einzige Land in Europa ist, das nach wie vor die Todesstrafe vollstreckt; |
I. |
in der Erwägung, dass am 23. Mai 2021 der Ryanair-Flug FR4978, ein internationaler Passagierflug zwischen zwei Hauptstädten von Mitgliedstaaten der EU (Athen und Vilnius), auf Anweisung von Aljaksandr Lukaschenka unter dem erfundenen Vorwand einer Bombendrohung und unter Verstoß gegen internationale Übereinkommen gewaltsam nach Minsk umgeleitet wurde, wodurch die Sicherheit der über 170 Fluggäste und Besatzungsmitglieder an Bord der Maschine gefährdet wurde; in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane in Minsk den Fluggast Raman Pratassewitsch, einen belarussischen Journalisten und Aktivisten, und seine Begleiterin Sofja Sapega festnahmen; |
J. |
in der Erwägung, dass Lukaschenka als Vergeltungsmaßnahme gegen die Sanktionen, die die EU wegen der erzwungenen Umleitung des Ryanair-Flugs FR4978 verhängt hatte, öffentlich damit drohte, die EU und insbesondere die an Belarus grenzenden Länder Litauen und Polen mit Migranten und Drogen zu überfluten; in der Erwägung, dass diese Drohung unter Instrumentalisierung von Migranten zu politischen Zwecken in die Tat umgesetzt wurde; in der Erwägung, dass das Regime von Lukaschenka ein System geschaffen hat, in dessen Rahmen Migranten aus dem Irak, der Türkei und anderen Ländern nach Minsk gebracht werden und belarussische Grenzschutzbeamte dann Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt der Migranten in die Europäische Union leisten; in der Erwägung, dass etwa 4 000 illegale Migranten nach Litauen, über 1 400 nach Polen und rund 400 nach Lettland gelangten; in der Erwägung, dass Litauen, Lettland und Polen an ihrer jeweiligen Grenze zu Belarus den Notstand ausgerufen haben; in der Erwägung, dass die Zahl der irregulär in die EU einreisenden Personen nach wie vor hoch ist und die Versuche, illegal einzureisen, fortgesetzt werden; in der Erwägung, dass das belarussische Regime Migranten gewaltsam auf das Gebiet der EU drängt, Propaganda und Desinformation betreibt und dabei die EU-Mitgliedstaaten beschuldigt, der illegalen Migration nach Belarus Vorschub zu leisten; in der Erwägung, dass Lukaschenka angedeutet hat, Belarus werde seiner Verpflichtung zur Aufnahme zurückkehrender Migranten nicht mehr nachkommen, und dem belarussischen Parlament einen Gesetzentwurf über die entsprechende Aussetzung dieser Verpflichtung vorgelegt hat; in der Erwägung, dass mindestens fünf Migranten an Unterkühlung und Erschöpfung gestorben sind und mehrere Migranten seit Wochen an der EU-Außengrenze zu Belarus gestrandet sind; in der Erwägung, dass Polen den Zugang von Organisationen der Zivilgesellschaft und Medien in das Grenzgebiet, in dem der Notstand ausgerufen wurde, eingeschränkt hat; in der Erwägung, dass die Lage an der Grenze der EU zu Belarus nach wie vor angespannt ist und dass viele unterschiedliche Provokationen vonseiten belarussischer Offiziere und Soldaten zu verzeichnen sind; |
K. |
in der Erwägung, dass die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union am 15. September 2021 die Instrumentalisierung von Migranten als hybriden Angriff von Belarus mit dem Ziel der Destabilisierung der EU bezeichnete; |
L. |
in der Erwägung, dass Wital Schyschou, einer der Gründer des Belarussischen Hauses in der Ukraine — einer Gruppe, die Menschen unterstützt, die Belarus verlassen haben –, am 3. August 2021 in einem Park in Kiew erhängt aufgefunden wurde; |
M. |
in der Erwägung, dass die belarussische Generalstaatsanwaltschaft am 17. September 2021 die Ermittlungen zum Tod von Raman Bandarenka ausgesetzt hat; |
N. |
in der Erwägung, dass nach dem tödlichen Schusswechsel in Minsk, bei dem unlängst Andrej Selzer und ein Agent des KDB/KGB ums Leben kamen, über hundert Personen, die sich in den sozialen Medien über das Geschehen äußerten, vom Regime festgenommen und dazu gezwungen wurden, Geständnisse abzulegen; |
O. |
in der Erwägung, dass die belarussische Leichtathletin Kryszina Zimanouskaja, nachdem sie ihre Trainer kritisiert hatte, gezwungen wurde, die Olympischen Spiele von Tokio vorzeitig zu verlassen, am Flughafen Tokio aus Angst um ihre Sicherheit um Schutz der Polizei ersuchte und ein von Polen ausgestelltes humanitäres Visum akzeptierte; in der Erwägung, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) die belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch von den Olympischen Spielen in Tokio ausgeschlossen und eine Untersuchung eingeleitet hat; |
P. |
in der Erwägung, dass Russland und Belarus im September 2021 in einer bereits angespannten Gesamtlage das gemeinsame Großmanöver „Sapad-2021“ mit 200 000 Militärangehörigen durchführten und damit den Druck auf die Außengrenze der EU weiter erhöhten; in der Erwägung, dass Russland und Belarus ein gemeinsames Ausbildungszentrum für die Luftwaffe und Luftabwehr in Hrodna eingerichtet haben, einer Stadt, die weniger als 15 km von der Grenze zu Polen entfernt ist; in der Erwägung, dass sich Lukaschenka und Wladimir Putin am 9. September 2021 in Moskau getroffen und die Verabschiedung von 28 weiteren Integrationsprogrammen auf wirtschafts- und steuerpolitischer Ebene und die Schaffung eines „gemeinsamen Verteidigungsraums“ angekündigt haben, was einen weiteren Schritt hin zur Zusammenlegung der belarussischen und russischen Streitkräfte und zur möglichen dauerhaften Stationierung russischer Streitkräfte in Belarus darstellt; in der Erwägung, dass Lukaschenka Pläne verkündete, bis 2025 Waffen im Wert von 1 Mrd. USD von Russland zu erwerben, darunter Raketensysteme vom Typ S-400; in der Erwägung, dass Lukaschenka und Putin am 9. September 2021 zudem übereingekommen sind, einen einheitlichen Öl- und Gasmarkt zu schaffen und die wirtschaftliche Integration zu vertiefen, wodurch sich die Gefahr erhöht, dass Lukaschenka im Gegenzug für mehr Unterstützung aus Russland die Souveränität von Belarus mehr und mehr preisgibt; |
Q. |
in der Erwägung, dass das belarussische Regime am 28. Juni 2021 seine Teilnahme an der Initiative der Östlichen Partnerschaft ausgesetzt hat; |
R. |
in der Erwägung, dass das Lukaschenka-Regime im vergangenen Jahr mehrere Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter der EU und ihrer Mitgliedstaaten des Landes verwiesen hat, wodurch noch mehr diplomatische Kommunikationskanäle geschlossen wurden; |
S. |
in der Erwägung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) beschlossen hat, Belarus im Rahmen einer Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) im Gegenwert von 650 Mrd. USD an alle IWF-Mitglieder Zugang zu neuen Sonderziehungsrechten im Gegenwert von fast 1 Mrd. USD zu gewähren; |
T. |
in der Erwägung, dass Belarus den kommerziellen Betrieb seines Kernkraftwerks (KKW) in Astrawez aufgenommen hat, ohne dabei auf alle Sicherheitsempfehlungen einzugehen, die in dem Stresstestbericht der EU aus dem Jahr 2018 aufgeführt sind; in der Erwägung, dass die belarussische Seite nicht transparent handelt und keine vertrauenswürdigen Informationen über die Ereignisse am Standort des KKW bereitstellt, woran sich erneut zeigt, dass es nicht sicher ist und eine ernsthafte Bedrohung für die nukleare Sicherheit darstellt; |
U. |
in der Erwägung, dass der Rat am 21. Juni 2021 das vierte Paket restriktiver Maßnahmen gegen belarussische Privatpersonen und Unternehmen angenommen hat, nachdem der Ryanair-Flug FR4978 rechtswidrig in Minsk zur Landung gezwungen worden war; in der Erwägung, dass der Rat am 4. Juni 2021 beschlossen hat, belarussischen Luftfahrtunternehmen aller Art die Benutzung des Luftraums der EU und den Zugang zu Flughäfen in der EU zu untersagen; in der Erwägung, dass die Europäische Union bislang Sanktionen gegen 166 Personen, darunter Aljaksandr Lukaschenka, und 15 Organisationen sowie gezielte Wirtschaftssanktionen gegen mehrere Zweige der belarussischen Wirtschaft verhängt hat; in der Erwägung, dass die belarussische Wirtschaft im Jahr 2020 einen Rückgang des realen BIP um 0,9 % verzeichnete und dass für 2021 ein weiterer Rückgang des BIP um 2,7 % prognostiziert wird; in der Erwägung, dass China nach wie vor mit Belarus zusammenarbeitet und in Belarus investiert, insbesondere im chinesisch-belarussischen Industriepark „Großer Stein“ (Kitajska-belaruski industryjalny park „Wjaliki kamen“); |
1. |
zeigt sich weiterhin entschlossen solidarisch mit dem belarussischen Volk und den friedlichen Demonstranten, die sich nach wie vor für ein freies und demokratisches Belarus einsetzen; weist erneut darauf hin, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten das Ergebnis der Präsidentschaftswahl von 2020 wegen massiver Wahlfälschungen nicht anerkannt haben und Aljaksandr Lukaschenka nicht als Präsidenten von Belarus anerkennen; |
2. |
verurteilt unverändert, dass die friedliche Bevölkerung von Belarus unterdrückt, gefoltert und misshandelt wird, die Medien ausgeschaltet und das Internet gesperrt werden sowie Journalisten, Blogger und andere Personen, die sich unabhängig äußern, in Belarus verprügelt, festgenommen und eingeschüchtert werden; fordert nach wie vor, dass alle politischen Gefangenen und willkürlich festgenommenen Personen umgehend und bedingungslos freigelassen und sämtliche Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden, und fordert das sofortige Ende der Gewalt und Unterdrückung; |
3. |
besteht darauf, dass die Grundfreiheiten und die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und eine funktionierende unabhängige Justiz in Belarus gewahrt werden und dass jegliche Repression, Verfolgung, Misshandlung, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt, Verschleppung und Folter eingestellt und die Todesstrafe umgehend und endgültig abgeschafft wird; fordert, dass Frauen und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, darunter Menschen mit Behinderungen und LGBTQI-Personen, nicht länger diskriminiert werden; |
4. |
missbilligt die politisch motivierten Gerichtsverfahren gegen die führenden Oppositionellen Maryja Kalesnikawa und Maksim Snak und andere politische Gefangene und Häftlinge und prangert die harten und ungerechten Gerichtsurteile an, die unlängst gegen sie verhängt wurden; bedauert, dass die Gerichtsverhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfanden und nicht ordnungsgemäß abliefen und dass Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten an der Teilnahme an den Verhandlungen gehindert wurden; |
5. |
verurteilt unverändert die Repressalien der Staatsorgane gegen das Menschenrechtszentrum Wjasna und fordert, dass Ales Bjaljazki, Waljanzin Stefanowitsch, Marfa Rabkowa, Andrej Tschepjuk, Leanid Sudalenka, Tazzjana Lassiza, Maryja Tarassenka, Uladsimir Labkowitsch und andere Angestellte und Freiwillige von Wjasna umgehend und bedingungslos freigelassen und alle Anklagepunkte gegen sie fallengelassen werden; |
6. |
verurteilt die Repressionen und feindseligen Handlungen der Staatsorgane gegen Vertreter der polnischen Minderheit und polnischsprachige Schulen in Belarus; fordert in diesem Zusammenhang, dass Andżelika Borys, der Journalist Andrzej Poczobut und andere politische Gefangene umgehend und bedingungslos freigelassen werden; |
7. |
verurteilt das Verhalten der belarussischen Trainer Artur Schymak und Jury Majsewitsch bei den Olympischen Spielen in Tokio; weist erneut darauf hin, dass belarussische Sportler wegen ihrer Beteiligung an friedlichen Protesten strafrechtlich verfolgt werden und dass mutmaßlich Verbindungen zwischen dem belarussischen Eishockeyverband und der Ermordung von Raman Bandarenka bestehen; fordert das IOC und andere internationale Sportverbände und -föderationen auf, ihre Ethik- und Verhaltenskodizes einzuhalten, wenn sie mit Vertretern von Belarus in Kontakt treten; |
8. |
bekräftigt seine Forderung an den EAD, die Kommission und die nationalen diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten der EU in Belarus, die Lage der einzelnen politischen Gefangenen in Belarus genau zu beobachten, dem Europäischen Parlament über ihre Beobachtungstätigkeit Bericht zu erstatten, den politischen Gefangenen Unterstützung anzubieten und sich für ihre Freilassung einzusetzen; |
9. |
fordert, dass die demokratische Opposition von Belarus uneingeschränkt dabei unterstützt wird, eine freie und faire Wahl zu organisieren, die unter internationaler Aufsicht durch das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE steht und von unabhängigen und freien Medien und einer starken Zivilgesellschaft begleitet wird; |
10. |
betrachtet die Entführung des Ryanair-Fluges FR4978 und dessen erzwungene Landung in Minsk als Akt des Staatsterrorismus und fordert die EU daher auf, im Interesse der Terrorismusbekämpfung restriktive Maßnahmen gegen die hierfür verantwortlichen Personen und Organisationen in Belarus und Russland zu verhängen; |
11. |
fordert den Europäischen Rat nachdrücklich auf, sich auf seiner nächsten Tagung am 21./22. Oktober 2021 auf einen umfassenden und strategischen Ansatz für Sanktionen gegen das belarussische Regime zu einigen, in dem eine Umstellung von einem durch einzelne Schritte geprägten Ansatz auf einen entschlosseneren Ansatz vollzogen werden sollte, der sich auf den systemischen Charakter der Unterdrückung und der schweren Menschenrechtsverletzungen stützt; |
12. |
begrüßt den Beschluss des Rates, das vierte Paket restriktiver Maßnahmen anzunehmen, und fordert den Rat nachdrücklich auf, das fünfte Sanktionspaket mit größter Dringlichkeit zu behandeln und sich dabei auf Personen und Organisationen zu konzentrieren, die am harten Vorgehen und der Unterdrückung in Belarus bzw. am Menschenhandel beteiligt sind, und gegen die Umgehung der bereits geltenden Sanktionen vorzugehen; |
13. |
bedauert, dass sich die verhängten Wirtschaftssanktionen nur teilweise auf das Lukaschenka-Regime ausgewirkt und wichtige Wirtschaftszweige wie die Kaliindustrie und Erdölerzeugnisse nicht wesentlich beeinträchtigt haben; fordert den Rat auf, die gezielten Wirtschaftssanktionen der EU weiter zu verschärfen und dabei den Schwerpunkt auf wichtige belarussische Wirtschaftszweige und staatliche und private Unternehmen zu legen, die das Lukaschenka-Regime unterstützen und finanzieren, weitere Wirtschaftszweige wie Stahl, Holz und Chemie sowie alle verbleibenden staatlichen Banken und wichtigen Unternehmen wie Belaruskali und Beltelecom in das Paket der Wirtschaftssanktionen aufzunehmen und die Einfuhr von Erzeugnissen zu verbieten, die häufig von Häftlingen in Strafkolonien hergestellt werden; begrüßt die zusätzlichen Sanktionen, die die USA, das Vereinigte Königreich und Kanada anlässlich des ersten Jahrestags der gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus verhängt haben; fordert deshalb die EU auf, ihre Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Demokratien abzustimmen; |
14. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, sämtliche Bediensteten des Komitees für Staatssicherheit der Republik Belarus (KDB bzw. KGB) auf dem Boden der Europäischen Union zu unerwünschten Personen zu erklären; bekräftigt, dass die EU den Finanzströmen aus Belarus besondere Aufmerksamkeit widmen sollte, und fordert die Organe der EU auf, dem Parlament über die Vermögenswerte Bericht zu erstatten, die dem inneren Zirkel um Lukaschenka gehören oder mit den korrupten Oligarchen des Lukaschenka-Regimes in Verbindung gebracht werden können; bekräftigt seine Forderung an die EU, diese Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Ländern abzustimmen; |
15. |
missbilligt die Ausweisung von Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten aus Belarus, insbesondere des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus sowie der Botschafter und von Diplomaten Litauens, Lettlands und Polens; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Botschafter zu Konsultationen aus Minsk zurückzurufen und damit ein politisches Signal an das Lukaschenka-Regime zu senden und belarussischen Diplomaten die Akkreditierung in der EU zu verweigern; unterstreicht, dass Mitglieder des belarussischen Parlaments und belarussische Amtsträger nicht zu internationalen oder bilateralen Veranstaltungen eingeladen werden sollten; fordert den EAD nachdrücklich auf, seine Arbeitsmethoden zu überprüfen und für eine aktive Rolle des Leiters der Delegation der Europäischen Union in Belarus, der derzeit nach Brüssel zurückgerufen wurde, zu sorgen und zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um für ein sicheres Arbeitsumfeld für Diplomaten der EU und das Personal der EU-Delegation in Minsk und insbesondere den Schutz vor Propagandaangriffen des Lukaschenka-Regimes zu sorgen; |
16. |
verurteilt auf das Schärfste, dass das Lukaschenka-Regime Menschen instrumentalisiert, um unter Verstoß gegen internationale Normen und die bilateralen Verträge, die Belarus mit seinen Nachbarstaaten in der EU geschlossen hat, politische Ziele zu verfolgen; betont, dass die vom belarussischen Staat organisierte Beihilfe zu illegalen Grenzübertritten an der Außengrenze der EU in Verbindung mit einer Desinformationskampagne eine Form der hybriden Kriegsführung ist, mit der die EU eingeschüchtert und destabilisiert werden soll; bekundet seine nachdrückliche Solidarität mit Litauen, Polen und Lettland sowie mit anderen EU-Mitgliedstaaten, gegen die sich das Vorgehen des belarussischen Regimes richtet; bekräftigt, dass die am stärksten betroffenen Länder die Außengrenze der EU unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des Völkerrechts, insbesondere der Genfer Konvention, sowie des EU-Asylrechts, einschließlich der Grundrechtecharta, wirksam schützen müssen; |
17. |
begrüßt, dass die Mitgliedstaaten, Norwegen und Einrichtungen und sonstige Stellen der EU, insbesondere Europol, Frontex und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, den Mitgliedstaaten Unterstützung leisten, die von der durch das belarussische Regime verursachten Migrationskrise betroffen sind, und fordert sie auf, ihre Unterstützung fortzusetzen, unter anderem durch Bereitstellung weiterer Soforthilfe der EU, und fordert die Mitgliedstaaten, die diese Soforthilfe noch nicht in Anspruch genommen haben, auf, diesen Schritt nachzuholen; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union auf, sich dringend mit der multidimensionalen Krise an der Grenze zu Belarus zu befassen, den Migranten, die im Grenzgebiet zu Belarus festsitzen, zu helfen und ihnen die erforderliche Unterstützung zukommen zu lassen; ist besorgt über den Mangel an Transparenz hinsichtlich der Lage im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus und fordert die staatlichen Stellen Polens nachdrücklich auf, in transparenter Art und Weise sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften, Strategien und Verfahren, die an der Grenze zwischen Polen und Belarus zur Anwendung kommen, mit dem Unionsrecht im Einklang stehen, Organisationen der Zivilgesellschaft und den Medien Zugang zum Grenzgebiet zu gewähren und mit Frontex zusammenzuarbeiten, um die herrschende Krise gemeinsam zu lösen; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und internationale Organisationen auf, ihre Bemühungen um die Zerschlagung der Strukturen dieses staatlich gesteuerten Menschenhandels zu intensivieren, wozu auch gehört, diplomatischen Druck auf die Herkunftsländer der Migranten auszuüben und Sanktionen gegen die am Menschenhandel beteiligten belarussischen Amtsträger, Personen und Organisationen sowie internationale kriminelle Netzwerke, die auf dem Gebiet der EU tätig sind und für die Beförderung der Migranten an ihren Zielort verantwortlich sind, zu verhängen; hebt hervor, dass Belarus kürzlich seine Visaregelungen mit Pakistan, Jordanien, Ägypten und Südafrika ausgesetzt hat, die jeweils die visumfreie Einreise aus diesen Ländern nach Belarus ermöglichten; |
18. |
fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, in dieser Lage einen gemeinsamen Ansatz zu beschließen, der auf den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des Völkerrechts, den Grundsätzen der Solidarität, Transparenz und Rechenschaftspflicht und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beruht; fordert die Kommission auf, dringend gezielte Legislativvorschläge vorzulegen, mit denen den Mitgliedstaaten die erforderlichen Absicherungen geboten werden, um rasch und wirksam auf zum Zwecke der Instrumentalisierung der Migration betriebene Kampagnen von Drittländern reagieren zu können, indem insbesondere ein starker und wirksamer Schutz der Außengrenze der EU sichergestellt wird, konkrete Maßnahmen zur Verhinderung irregulärer Grenzübertritte ergriffen werden und Möglichkeiten vorgesehen werden, wie dem Missbrauch des Asylsystems durch feindselige Drittländer oder kriminelle Netzwerke Einhalt geboten werden kann; |
19. |
ist besorgt darüber, dass Menschen an der Grenze zwischen Belarus und der EU gestorben sind, und bekundet den Familien und Angehörigen der Toten sein Beileid; fordert die staatlichen Stellen Polens, Lettlands, Litauens und der anderen betroffenen Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass das Asyl- und Rückführungsrecht der EU und die internationalen Menschenrechtsnormen auch während des Notstands uneingeschränkt geachtet werden, wozu auch der Zugang zu Asyl und der möglichst uneingeschränkte Zugang von Medien, Organisationen der Zivilgesellschaft und legalen Hilfsdiensten zum Grenzgebiet gehören, und die Leitlinien des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Gremien des Europarats zu berücksichtigen; fordert die Kommission als Hüterin der Verträge auf, für die Einhaltung des geltenden Unionsrechts Sorge zu tragen; |
20. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusammenarbeit beim Grenzmanagement, bei der Bekämpfung des Menschenhandels, des Zigarettenschmuggels und anderer vom belarussischen Regime verursachter oder verschärfter sicherheitspolitischer Probleme zu verbessern; unterstützt den Vorschlag der Kommission, bestimmte Artikel des Visaerleichterungsabkommens der EU mit der Republik Belarus auszusetzen, mit dem auf bestimmte Kategorien von Amtsträgern des Lukaschenka-Regimes abgezielt wird, aber keine Auswirkungen auf die einfachen Bürger von Belarus einhergehen; fordert, dass die Liste der betroffenen Personen erweitert wird und bereits in Erwägung gezogen wird, Personengruppen aufzunehmen, gegen die im Rahmen künftiger Sanktionspakete individuelle restriktive Maßnahmen verhängt werden könnten; |
21. |
bedauert, dass der IWF Belarus vorbehaltslos Sonderziehungsrechte im Gegenwert von 910 Mio. USD zugeteilt hat, was nicht der Bevölkerung des Landes zugutekommen, sondern eher den Interessen des illegitimen Staatschefs dienlich sein dürfte; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich mit internationalen Partnern in multilateralen Organisationen wie dem IWF abzustimmen, um die Auszahlung von Mitteln an das Lukaschenka-Regime einzuschränken und jegliche Zusammenarbeit mit ihm einzustellen; nimmt zur Kenntnis, dass undemokratische Länder, insbesondere Russland und China, weiter in Belarus investieren; |
22. |
bekräftigt, dass es dringend erforderlich ist, Russlands Unterstützung für das brutale Vorgehen Lukaschenkas gegen die Bevölkerung von Belarus sowie die Verstrickung Russlands in die hybriden Maßnahmen des Lukaschenka-Regimes gegen die EU offenzulegen, zu denen auch der Einsatz von Migranten zu politischen Zwecken zählt, und den Kreml für diese Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen; |
23. |
nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass das Szenario des Militärmanövers „Sapad-2021“ von Aggression geprägt ist und nur geringe Möglichkeiten zu dessen Beobachtung bestehen; bekräftigt, dass in diesem Manöver und anderen ähnlichen Großmanövern die offensive Haltung Russlands und seine Entschlossenheit, seine Fähigkeiten zu feindseligen Zwecken einzusetzen, deutlich zum Ausdruck kommen; bekräftigt seine Forderung nach strategischer Autonomie der EU und einer echten europäischen Verteidigungsunion als Teil einer gestärkten NATO; |
24. |
verurteilt die ständigen Absprachen zwischen Lukaschenka und Wladimir Putin, in denen Fahrpläne für eine tiefere Integration zwischen Belarus und Russland einschließlich der zunehmenden Militarisierung von Belarus erstellt werden, und betrachtet dies als Verletzung der Souveränität von Belarus, da dem belarussischen Volk das Recht genommen wird, selbst über die Zukunft des Landes zu bestimmen; betont, dass die Herrschaft Lukaschenkas unrechtmäßig ist, und lehnt sämtliche Vereinbarungen ab, die Lukaschenka im Namen des belarussischen Staates, insbesondere nach Ablauf seiner Amtszeit als Präsident am 5. November 2020, getroffen hat; bekräftigt, dass die EU klarstellen muss, dass sie sich gezwungen sieht, zusätzliche Eindämmungs- und Abschreckungsmaßnahmen gegenüber Russland zu ergreifen, wenn das Land seine derzeitige Strategie gegenüber Belarus fortsetzt; fordert, dass die Organe der EU dem Parlament regelmäßig Bericht über die Einmischung des Kremls in Belarus erstatten, auch über dessen Ausnutzung der Lage im Hinblick auf eine vertiefte politische, militärische und wirtschaftliche Kontrolle von Belarus; |
25. |
bringt seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass es der EU bisher nicht gelungen ist, eine umfassende Strategie gegenüber dem belarussischen Regime zu entwickeln, und fordert den Rat, die Kommission und den HR/VP nachdrücklich auf, eine schlüssige und umfassende Strategie für Belarus auszuarbeiten, die auf der derzeitigen Soforthilfe für die Opfer von Repressionen, der strategischen und langfristigen politischen, technischen und finanziellen Unterstützung der belarussischen Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, unabhängigen Medien, Gewerkschaften und demokratischen Kräfte im Land und im Ausland, auf der Zusammenarbeit mit Nachbarländern in dringenden humanitären Fragen, einer engen Abstimmung mit internationalen Partnern und einschlägigen multilateralen Organisationen (wie den Vereinten Nationen und der OSZE) und internationalen Gebern sowie gemeinsamen internationalen Maßnahmen gegen die Straflosigkeit beruht; fordert den EAD auf, bei der Koordinierung einer solchen schlüssigen Politik mit den Mitgliedstaaten und anderen Organen der EU eine Führungsrolle zu übernehmen; |
26. |
fordert die Kommission, den Rat, den HR/VP und die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, die Lage in Belarus in allen einschlägigen europäischen und internationalen Organisationen, insbesondere der OSZE, den Vereinten Nationen und ihren Fachgremien, auch weiterhin zur Sprache zu bringen, um die internationalen Maßnahmen bezüglich der Lage in Belarus auszuweiten und den Widerstand Russlands und anderer Länder gegen solche Maßnahmen zu überwinden; |
27. |
unterstützt das belarussische Volk weiterhin bei seinen legitimen Forderungen und seinem Streben nach freien und fairen Wahlen, den Grundfreiheiten und Menschenrechten, demokratischer Vertretung und politischer Teilhabe in einem freien und souveränen Belarus; |
28. |
lobt die systematische und konsequente Arbeit der belarussischen demokratischen Kräfte in Belarus und im Exil, insbesondere der Anführerin der demokratischen Opposition, Swjatlana Zichanouskaja, des Koordinierungsrats und des Krisenmanagementteams des Volkes (Narodnaje antykrysisnaje upraulenne, NAU); bekräftigt, dass die Kontakte und die Zusammenarbeit mit diesen Kräften unbedingt aufrechterhalten und ausgebaut werden müssen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Entscheidung Litauens, der demokratischen Vertretung von Belarus in Vilnius eine offizielle Akkreditierung zu erteilen, und fordert die übrigen Mitgliedstaaten auf, diesem Beispiel zu folgen; fordert die EU auf, die Einrichtung eines Vertretungsbüros eines demokratischen Belarus in Brüssel mit Guten Diensten zu unterstützen; |
29. |
fordert die EU auf, auf operativer Ebene mit den Vertretern der demokratischen Kräfte von Belarus zusammenzuarbeiten, um die Arbeit an der Annahme eines Fahrplans abzuschließen, mit dem darauf abgezielt wird, einen umfassenden Plan zur wirtschaftlichen Unterstützung eines künftigen demokratischen Belarus mit Mitteln in Höhe von 3 Mrd. EUR umzusetzen, die den demokratischen Kräften von Belarus in Bereichen wie dem Aufbau von Kapazitäten für die Interessenvertretung, von Reformkapazitäten, von Kapazitäten für die Verwaltung von Investitionen und von Kapazitäten für staatliches Handeln zugutekommen; fordert die EU auf, mit den notwendigen Vorbereitungen für den Dialog mit den demokratischen Kräften von Belarus zu beginnen und dem Parlament regelmäßig über die erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten, auch über die Annahme einer Strategie der EU für ihre künftigen Beziehungen zu einem demokratischen Belarus und über ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Vorbereitung der demokratischen Kräfte von Belarus auf die Umsetzung dieses Plans; |
30. |
bekräftigt seine Forderung, die Vertreter des demokratischen Belarus offiziell zu dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft einzuladen und sie in hochrangige bilaterale und vorbereitende Sitzungen auf der Ebene der Union und nationaler Ebene sowie in parlamentarische Sitzungen und interparlamentarische Treffen mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten einzubinden; hält es nach wie vor für wichtig, offizielle Gruppen für Belarus in allen nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten, der Länder der östlichen Nachbarschaft und der G7-Länder einzurichten; fordert eine stärkere Einbeziehung und Präsenz von Vertretern der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition von Belarus in den multilateralen Gremien der Östlichen Partnerschaft, insbesondere im Forum der Zivilgesellschaft der Östlichen Partnerschaft und in der Parlamentarischen Versammlung EURO-NEST; |
31. |
weist erneut auf seine vorherige Initiative für eine hochrangige Mission unter Mitwirkung ehemaliger hochrangiger Beamter der Union hin, mit der alle denkbaren Wege erkundet werden sollen, wie der Gewalt Einhalt geboten und die Freilassung der politischen Gefangenen erwirkt werden kann, und mit der dazu beigetragen werden könnte, ein Umfeld zu schaffen, das einem alle Seiten einbeziehenden innerstaatlichen politischen Dialog in Belarus förderlich ist; fordert die Kommission und den HR/VP erneut auf, gemeinsam mit internationalen Partnern eine hochrangige internationale Konferenz zu dem Thema „Zukunft eines demokratischen Belarus“ zu organisieren, auf der die Beilegung der Krise in Belarus erörtert und ein Finanzpaket in Höhe von mehreren Milliarden Euro geschnürt wird, um künftige Reformbemühungen und die Umstrukturierung der belarussischen Wirtschaft zu unterstützen; fordert die Kommission auf, das Parlament über die dabei erzielten Fortschritte zu unterrichten; |
32. |
betont, dass die Verbrechen des Lukaschenka-Regimes gegen das belarussische Volk und die Morde an Raman Bandarenka und weiteren Bürgern von Belarus umfassend untersucht werden müssen; harrt der Ergebnisse der Ermittlungen der ukrainischen Behörden zum Tod von Wital Schyschou; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit aktiv anzuwenden und Gerichtsverfahren gegen jene belarussischen Amtsträger vorzubereiten, die für Gewalt und Unterdrückung verantwortlich sind oder eine Mitschuld daran tragen, auch gegen Aljaksandr Lukaschenka; |
33. |
bekennt sich zu seiner Aufgabe, das tatsächliche Funktionieren der Plattform des Europäischen Parlaments für die Bekämpfung der Straflosigkeit in Belarus sicherzustellen und eine rasche internationale Reaktion auf die Entwicklungen in Belarus zu koordinieren; fordert die Plattform auf, auf ihrer anstehenden Tagung zu erörtern, wie die EU künftig zu einer Prozessstrategie beitragen und gemeinsam mit Partnern an internationalen Gerichtsverfahren einschließlich der universellen Gerichtsbarkeit mitwirken kann, um Aljaksandr Lukaschenka und die Mitglieder seines Regimes persönlich wegen der in massivem Ausmaß gegen das belarussische Volk begangenen Verbrechen zu verurteilen; fordert insbesondere, dass die Plattform prüft, den Fall Belarus vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen, und zwar auf der Grundlage der vom Lukaschenka-Regime begangenen Verstöße gegen das Abkommen von Chicago, das Übereinkommen von Montreal und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter; |
34. |
fordert alle in Belarus tätigen Unternehmen aus der EU erneut auf, im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte besondere Sorgfalt walten zu lassen und ihrer Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte nachzukommen; fordert diese Unternehmen auf, von neuen Investitionen abzusehen und bei den belarussischen Staatsorganen öffentlich gegen die anhaltende Unterdrückung von Arbeitnehmern und der Bürger im Allgemeinen zu protestieren; |
35. |
fordert die Kommission, den EAD und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die direkte Unterstützung für die belarussische Opposition, die Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger und unabhängige Medienorganisationen in Belarus und außerhalb des Landes zu verstärken; hält es für wichtig, die Beziehungen zu diesen Personen und Organisationen ungeachtet dessen aufrechtzuerhalten, dass das belarussische Regime angekündigt hat, sich aus der Östlichen Partnerschaft zurückzuziehen; sagt zu, seine eigenen Maßnahmen zur Demokratieförderung zu intensivieren; bekräftigt seine Forderung nach einem gezielten Hilfsprogramm der EU, um die Zivilgesellschaft, unabhängige Medien, Wissenschaftler und die belarussische Opposition im Exil sowie diejenigen zu unterstützen, die politische Repression und polizeiliche Gewalt erfahren haben und vor dem Unterdrückerregime fliehen; |
36. |
fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den EAD auf, mit internationalen Partnern wie dem Moskauer Mechanismus der OSZE und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten sowie Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft vor Ort uneingeschränkt zu unterstützen, damit Menschenrechtsverletzungen überwacht und dokumentiert werden können und über diese Verbrechen berichtet wird, die Täter anschließend zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfährt; begrüßt und unterstützt die Einrichtung der Internationalen Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, die Tätigkeit der Plattform und die Arbeit des UNHCR und anderer internationaler Initiativen, mit denen die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen, zu unterstützen; befürwortet weitere Gespräche über ein mögliches internationales Gericht für Menschenrechtsverletzungen in Belarus, das in Den Haag eingerichtet werden soll; |
37. |
unterstreicht die herausragende Bedeutung, die der Einrichtung von Volksbotschaften von Belarus weltweit zukommt, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, weitere Unterstützung für den Schutz der Rechte und Interessen belarussischer Bürger im Ausland und für die Interessen eines demokratischen Belarus bereitzustellen, indem beispielsweise Möglichkeiten zur Finanzierung der Volksbotschaften von Belarus geprüft werden; |
38. |
fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, die Verfahren zur Beantragung von Visa und eines Aufenthaltsstatus für Personen, die aus politischen Gründen aus Belarus fliehen oder infolge der Gewalt, die ihnen angetan wurde, medizinisch behandelt werden müssen, weiter zu vereinfachen und ihnen und ihren Familien die erforderliche Unterstützung und Hilfe angedeihen zu lassen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, belarussischen Studenten und Wissenschaftlern, die ihrer Universitäten verwiesen und aufgrund ihrer prodemokratischen Haltung inhaftiert wurden, Stipendien anzubieten; |
39. |
erachtet es als sehr wichtig, die von dem belarussischen Kernkraftwerk in Astrawez ausgehenden Gefahren für die nukleare Sicherheit anzugehen; besteht darauf, dass Belarus sich für die nukleare Sicherheit seines Kernkraftwerks unter Wahrung vollständiger Transparenz einsetzt und sich zur vollständigen Umsetzung der Empfehlungen verpflichtet, die in der von der Gruppe der europäischen Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit durchgeführten Peer-Review der Anlage formuliert wurden; unterstützt bis zu deren Umsetzung das Verbot der Einfuhr von Energie aus dem belarussischen Kernkraftwerk in den Binnenmarkt und spricht sich dafür aus, diesem Standpunkt im CO2-Grenzausgleichssystem der EU Rechnung zu tragen; |
40. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, den Staatsorganen der Republik Belarus und der Russischen Föderation und den Vertretern der demokratischen Opposition von Belarus zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0383.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/205 |
P9_TA(2021)0421
Humanitäre Lage in Tigray
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2021 zur humanitären Lage in Tigray (2021/2902(RSP))
(2022/C 132/18)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Lage in Äthiopien (1), |
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unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP), Josep Borrell, und des für Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission, Janez Lenarčič, vom 25. Juni 2021 zur Tötung von drei humanitären Helfern in Tigray, |
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unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des HR/VP und des für Krisenmanagement zuständigen Mitglieds der Kommission Janez Lenarčič vom 24. Juni 2021 zu dem Luftangriff in der Region Tigray, |
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unter Hinweis auf die Erklärung des HR/VP im Namen der Europäischen Union vom 4. Oktober 2021 zur Entscheidung, sieben Bedienstete der Vereinten Nationen auszuweisen, |
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unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der EU und der Vereinigten Staaten von Amerika vom 10. Juni 2021 im Anschluss an das Rundtischgespräch zu der humanitären Notlage in Tigray, |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) der EU vom 12. Juli 2021 zu Äthiopien, |
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unter Hinweis auf die Resolution 47/13 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 13. Juli 2021 zur Menschenrechtssituation in der Region Tigray in Äthiopien, |
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unter Hinweis auf die Resolution 2417 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 24. Mai 2018, in der das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung verurteilt wird und die rechtswidrige Verweigerung des Zugangs der Zivilbevölkerung zu humanitärer Hilfe verurteilt wird, |
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unter Hinweis auf die Anmerkungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres vom 26. August 2021 für die Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Äthiopien, |
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unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Michelle Bachelet vom 13. September 2021, |
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unter Hinweis auf die Erklärung von Joe Biden, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, vom 17. September 2021 zu der Executive Order zur Krise in Äthiopien, |
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unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen António Guterres vom 30. September 2021 infolge der Ausweisung von sieben Bediensteten der Vereinten Nationen aus Äthiopien, |
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unter Hinweis auf die Verfassung der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, die am 8. Dezember 1994 angenommen wurde, und insbesondere auf deren Bestimmungen in Kapitel III über Grundrechte und Grundfreiheiten, Menschenrechte und demokratische Rechte, |
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unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, |
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unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker, |
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unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte, |
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unter Hinweis auf das Genfer Abkommen von 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten sowie die dazugehörigen Zusatzprotokolle von 1977 und 2005, |
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unter Hinweis auf die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 und das dazugehörige Protokoll von 1967, |
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unter Hinweis auf die Resolution 2286 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 3. Mai 2016 zum Schutz der Verwundeten und Kranken, des Sanitätspersonals und des humanitären Personals in bewaffneten Konflikten, |
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unter Hinweis auf die Resolution 47/13 des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 13. Juli 2021 zur Menschenrechtssituation in der Region Tigray in Äthiopien, |
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unter Hinweis auf die Entschließung der Afrikanischen Kommission für die Menschenrechte und Rechte der Völker vom 12. Mai 2021 zur Erkundungsmission in der Region Tigray in der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, |
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unter Hinweis auf die zweite Überarbeitung des Cotonou-Abkommens, |
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unter Hinweis auf die Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten (AKP-Staaten) und der EU vom 11. März 2021 zu Demokratie und der Achtung der Verfassungen in den EU-Mitgliedstaaten und den AKP-Staaten, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht von Amnesty International vom 10. August 2021 mit dem Titel „‚‚I don’t know if they realized I was a person‘: Rape and other sexual violence in the conflict in Tigray, Ethiopia“ („Ich weiß nicht, ob ihnen klar war, dass ich ein Mensch bin“: Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt im Konflikt in Tigray (Äthiopien)), |
— |
gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung, |
A. |
in der Erwägung, dass die einseitige Waffenruhe, die die äthiopische Regierung am 28. Juni 2021 ausgerufen hat, nicht zu einem Ende der Kämpfe geführt hat und die am Konflikt beteiligten Parteien weiterhin neue Offensiven starten; in der Erwägung, dass der Konflikt nun auf die Nachbarregionen Afar und Amhara übergreift und die Gefahr besteht, dass sich die Auswirkungen auf das gesamte Horn von Afrika ausbreiten; in der Erwägung, dass der seit elf Monaten andauernde Konflikt zu einer vom Menschen verursachten Krise geführt hat und dass dieses weitreichende menschliche Leid vollständig vermeidbar ist; |
B. |
in der Erwägung, dass bereits vor Beginn der Kämpfe 15,2 Millionen Menschen in Äthiopien auf humanitäre Hilfe angewiesen waren, davon zwei Millionen Menschen in der Region Tigray; in der Erwägung, dass fast eine Million Menschen unter Bedingungen lebt, die mit einer Hungersnot vergleichbar sind, und dass von sechs Millionen Menschen in Tigray 5,2 Millionen Menschen als direkte Folge der Gewalt unter akuter Ernährungsunsicherheit leiden; in der Erwägung, dass 91 % der Bevölkerung dringend humanitäre Hilfe benötigen und 100 000 Kinder in den nächsten zwölf Monaten einer lebensbedrohlichen schweren akuten Unterernährung ausgesetzt sein werden; in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen bereits im Juni 2021 warnend darauf hingewiesen haben, dass 5,5 Millionen Menschen in Tigray und in den Nachbarregionen Amhara und Afar Nahrungsmittelhilfe benötigten und 350 000 Menschen der Hungertod drohe; in der Erwägung, dass in der Region Tigray 100 000 Binnenvertriebene und 96 000 Flüchtlinge aus Eritrea leben; in der Erwägung, dass es in der Region mehrere große Flüchtlingslager gibt, wobei nach Angaben nichtstaatlicher Organisationen 44 % der dortigen Bewohner Kinder sind; in der Erwägung, dass im Juli 2021 rund 1,9 Millionen Menschen in Tigray durch den Konflikt vertrieben worden waren; |
C. |
in der Erwägung, dass es mehrere und ernste Berichte über von allen Konfliktparteien begangene mutmaßliche schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Recht und das Flüchtlingsrecht gibt; in der Erwägung, dass diese Berichte unter anderem Angriffe auf Zivilpersonen, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter, Fälle des Verschwindenlassens, Massenverhaftungen, systematische Plünderungen sowie die systematische und vorsätzliche Zerstörung der Grundversorgung und von Wasserversorgungssystemen, Feldfrüchten und Existenzgrundlagen betreffen; |
D. |
in der Erwägung, dass die Streitkräfte Äthiopiens, Eritreas und der Region Amhara weiterhin in großem Umfang Frauen und Mädchen vergewaltigen oder andere Formen der sexuellen Gewalt gegen sie verüben und zudem Morddrohungen und Beleidigungen auf der Grundlage der ethnischen Zugehörigkeit aussprechen und Menschen unter Bedingungen der sexuellen Sklaverei festhalten, obwohl sich die äthiopische Regierung zur Rechenschaftspflicht in Fällen sexueller Gewalt bekannt hat (2); in der Erwägung, dass Regierungstruppen und Beamte humanitäre Organisationen und nationale Erbringer von Gesundheitsleistungen, die Überlebende sexueller Gewalt unterstützen, schikaniert und bedroht haben; |
E. |
in der Erwägung, dass es seit Beginn des Konflikts in Tigray mehrere Berichte über außergerichtliche Hinrichtungen gab, darunter über mutmaßliche Massaker in Mai-Kadra in der Nacht vom 9. November 2020, in Aksum am 28. November 2020 und in Mahbere Dego im Januar 2021; in der Erwägung, dass sudanesische Behörden im August 2021 berichteten, dass im Fluss Tekeze, der an den Westen Tigrays und die Republik Sudan angrenzt, Leichen von etwa 50 Menschen gefunden wurden; in der Erwägung, dass Hinweise auf mehr als 250 mutmaßliche Massaker in Tigray seit dem Beginn des Bürgerkriegs im November 2020 gefunden wurden; in der Erwägung, dass die Volksbefreiungsfront von Tigray Berichten zufolge im August 2021 auch außergerichtliche Hinrichtungen in Tigrays Nachbarregionen — etwa in Chenna und Kobo — vorgenommen hat; |
F. |
in der Erwägung, dass glaubwürdigen Quellen zufolge sowohl die Volksbefreiungsfront von Tigray als auch die äthiopischen Streitkräfte in Tigray Menschenrechtsverletzungen begangen haben; in der Erwägung, dass die eritreischen Streitkräfte in die Region Tigray und andere Teile Äthiopiens eingedrungen sind und dort ebenfalls schwere Menschenrechtsverletzungen verübt haben; in der Erwägung, dass sich die meisten Vorwürfe auf Verletzungen beziehen, die von den äthiopischen Streitkräften und den eritreischen Streitkräften begangen wurden; |
G. |
in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Michelle Bachelet am 13. September 2021 erklärte, dass „von allen Parteien“ Verletzungen begangen wurden; in der Erwägung, dass die EU die Arbeit der Hohen Kommissarin Michelle Bachelet stets unterstützt hat; |
H. |
in der Erwägung, dass der Abschlussbericht zur gemeinsamen Untersuchung des Menschenrechtsbüros der Vereinten Nationen und der äthiopischen Menschenrechtskommission zu von allen am Konflikt in Tigray beteiligten Parteien begangenen mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das humanitäre Recht und das Flüchtlingsrecht am 1. November 2021 veröffentlicht wird; |
I. |
in der Erwägung, dass es nicht nur zu Plünderungen und zur Zerstörung von Feldfrüchten kam, sondern im Südwesten von Mek’ele in Tigray auch Wüstenheuschreckenschwärme zu beobachten waren; in der Erwägung, dass COVID-19-Präventionsmaßnahmen und -Impfungen durch den anhaltenden Konflikt und die humanitäre Lage in vielen Gegenden unmöglich gemacht wurden; |
J. |
in der Erwägung, dass im vergangenen Monat nur 10 % der humanitären Hilfsgüter für die umkämpfte Region Tigray in das Gebiet transportiert werden durften; in der Erwägung, dass täglich 100 Lastkraftwagen benötigt werden, um Tigray genügend humanitäre Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen; in der Erwägung, dass seit dem 12. Juli 2021 aufgrund der geschlossenen Grenzen, des durch die Streitkräfte kontrollierten Zugangs, der Zerstörung von Infrastruktur wie Brücken, der Unsicherheit für die Fahrer, eines schwerwiegenden Mangels an Kraftstoff und Bargeld für die Rückkehr zu den Versorgungsstellen und längerer Verzögerungen bei der Durchsuchung und Abfertigung humanitärer Hilfsgüter nur 525 Lastkraftwagen nach Tigray gelangt sind; |
K. |
in der Erwägung, dass gezielte Angriffe auf humanitäre Helfer als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gelten; in der Erwägung, dass am 25. Juni 2021 eine Mitarbeiterin und zwei Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen getötet wurden, während sie Hilfe für die Bedürftigsten geleistet haben; in der Erwägung, dass seit November 2020 in der Region 23 humanitäre Helfer getötet wurden; in der Erwägung, dass äthiopische Regierungstruppen am 22. Juni 2021 Rettungskräfte daran gehindert haben, nach einem Luftangriff auf einen Markt in Togoga den Betroffenen zu Hilfe zu eilen; in der Erwägung, dass eritreische Regierungstruppen Berichten des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) zufolge am 17. Juni 2021 in Asgede Woreda ein Impfteam gestoppt und angegriffen haben; in der Erwägung, dass es Berichten zufolge in Tigray immer wieder zu Plünderungen von Gesundheitseinrichtungen kommt; in der Erwägung, dass Regierungstruppen und Beamte humanitäre Organisationen und nationale Erbringer von Gesundheitsleistungen, die Opfer von sexueller Gewalt unterstützen, schikaniert und bedroht haben; |
L. |
in der Erwägung, dass mehr als zwei Millionen Menschen aus ihrem Zuhause vertrieben wurden; in der Erwägung, dass Berichten zufolge fast 76 500 Menschen in Afar und schätzungsweise 200 000 Menschen in Amhara vertrieben wurden, nachdem die Streitkräfte von Tigray in diese Regionen eingezogen sind; in der Erwägung, dass Berichten zufolge 55 000 äthiopische Flüchtlinge und Asylsuchende Zuflucht im Sudan suchen; |
M. |
in der Erwägung, dass einige Flüchtlingslager in Tigray zerstört wurden; in der Erwägung, dass eritreische Flüchtlinge in Tigray entführt und zwangsrückgeführt werden; in der Erwägung, dass es in den Flüchtlingslagern in Tigray keine medizinische Versorgung gibt und sauberes Trinkwasser knapp wird; |
N. |
in der Erwägung, dass Berichten zufolge von den Kriegsparteien, auch den Streitkräften von Tigray, Kinder für den Konflikt rekrutiert werden; in der Erwägung, dass der Einsatz von Kindersoldaten ein Kriegsverbrechen darstellt; |
O. |
in der Erwägung, dass die äthiopischen Staatsorgane willkürlich ethnische Tigrayer in der äthiopischen Hauptstadt festnehmen und gewaltsam verschwinden lassen und andere missbräuchliche Handlungen, wie etwa die Schließung von Unternehmen im Besitz von Tigrayern, gegen sie begehen; in der Erwägung, dass in ganz Äthiopien Aufstachelung zu Hass und Diskriminierung und eine zunehmend hetzerische Rhetorik gegen Tigray — auch vonseiten hochrangiger Regierungsbeamter — zu beobachten sind; |
P. |
in der Erwägung, dass das äthiopische Außenministerium am 30. September 2021 sieben Bedienstete der Vereinten Nationen (von UNICEF, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) und UNOCHA) zu unerwünschten Personen (Persona non grata) in Äthiopien erklärt hat; |
Q. |
in der Erwägung, dass es in Tigray und den angrenzenden Regionen zeitweilig zu Einschränkungen und Abschaltungen des Internets und von Telekommunikationsverbindungen gekommen ist; in der Erwägung, dass Journalisten angegriffen wurden und mehreren Medienunternehmen die Lizenzen entzogen wurden, was die Überwachung der Lage vor Ort erschwert; in der Erwägung, dass die Grundversorgung, darunter Stromversorgung und Bankdienstleistungen, weiterhin eingeschränkt ist; |
R. |
in der Erwägung, dass die derzeitige instabile Lage in Äthiopien das Ergebnis einer langen Geschichte ethnischer Spaltungen und ethnischer Spannungen ist; |
S. |
in der Erwägung, dass die Einheit Äthiopiens als multiethnischer Staat von großer Bedeutung für die Stabilität der Region und des afrikanischen Kontinents insgesamt ist; |
T. |
in der Erwägung, dass Äthiopien mit einer Bevölkerung von mehr als 110 Millionen Menschen und seiner strategischen Lage am Horn von Afrika ein wichtiges Land auf dem afrikanischen Kontinent und ein potenzieller Partner von strategischer Bedeutung für die EU und ihre Mitgliedstaaten ist; |
U. |
in der Erwägung, dass sich die EU als weltweit führender Geber humanitärer Hilfe durch die Bereitstellung von Mitteln für humanitäre Zwecke weiterhin solidarisch mit Menschen in Not zeigt; in der Erwägung, dass sich die EU seit Beginn des Konflikts in Äthiopien konsequent für einen uneingeschränkten und ungehinderten Zugang für humanitäre Organisationen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht einsetzt; |
V. |
in der Erwägung, dass die kürzlich angenommene Mitteilung über humanitäre Maßnahmen der EU eine Stärkung jener Prozesse vorsieht, bei denen die Förderung und Anwendung des humanitären Völkerrechts konsequent in den Mittelpunkt des auswärtigen Handelns der EU gestellt werden; |
W. |
in der Erwägung, dass im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt (NDICI/Europa in der Welt) die menschliche Entwicklung sowie die Staatsführung und Friedenskonsolidierung als vorrangige Handlungsbereiche in Äthiopien ermittelt wurden, sodass 65 % des Mehrjahresrichtprogramms diesen Bereichen gewidmet sind; |
X. |
in der Erwägung, dass die Kommission im Rahmen der bereits mobilisierten und vergebenen gesamten humanitären Mittel für die Unterstützung von Bedürftigen in Äthiopien im Jahr 2021 (in Höhe von 53,7 Mio. EUR) humanitäre Maßnahmen im Gegenwert von 5 Mio. EUR in Amhara und Afar durchführt, um den jüngsten Entwicklungen der Krise zu begegnen; in der Erwägung, dass 118 Mio. EUR für Hilfe für Flüchtlinge aus Tigray und Äthiopien im Sudan bereitgestellt wurden; in der Erwägung, dass die EU die Auszahlung von Budgethilfe an Äthiopien aufgrund des anhaltenden Konflikts aufgeschoben hat; |
Y. |
in der Erwägung, dass die EU im September 2021 versucht hat, über die Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe (GD ECHO) der Kommission eine humanitäre Luftbrücke zu organisieren, um dringend benötigte humanitäre Güter in die Region Tigray zu liefern, dabei jedoch von der äthiopischen Regierung in erheblichem Maße behindert wurde; in der Erwägung, dass infolgedessen nur ein einziger humanitärer Luftbrückenflug der EU durchgeführt wurde, bei dem nur ein kleiner Teil der humanitären Fracht geliefert wurde; |
Z. |
in der Erwägung, dass die EU am 21. Juni 2021 Annette Weber zur neuen EU-Sonderbeauftragten für das Horn von Afrika ernannt hat; in der Erwägung, dass der finnische Außenminister Pekka Haavisto die Region im Auftrag des HR/VP Anfang des Jahres zweimal besucht hat, um die anhaltende Krise in Äthiopien und ihre regionalen Auswirkungen zu erörtern; |
AA. |
in der Erwägung, dass die Afrikanische Union am 26. August 2021 den ehemaligen nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo zum Vermittler in dem Konflikt ernannt hat; |
AB. |
in der Erwägung, dass die damals neu eingesetzte Regierung Äthiopiens im Dezember 2018 die Äthiopische Kommission für Aussöhnung und das Ministerium für Frieden einsetzte; in der Erwägung, dass beide Institutionen ihrem ursprünglichen Mandat, den Frieden zu fördern und bewaffnete Konflikte in Äthiopien zu verhüten und zu lösen, in dem schwierigen Umfeld, in dem sie geschaffen wurden, bisher nicht gerecht geworden sind; |
AC. |
in der Erwägung, dass sich die Äthiopische Wohlstandspartei unter der Führung von Abiy Ahmed während des anhaltenden Konflikts zum Sieger einer Parlamentswahl erklärt hat, die boykottiert wurde und deren Ergebnis von einigen Oppositionsparteien angeprangert wurde; in der Erwägung, dass es in Tigray keinen Wahlprozess gegeben hat; in der Erwägung, dass die EU keine Wahlbeobachtungsmission entsandt hat; |
AD. |
in der Erwägung, dass Äthiopien das Cotonou-Abkommen unterzeichnet hat, in dessen Artikel 96 festgelegt ist, dass die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit zwischen den AKP-Staaten und der EU ist; |
1. |
fordert die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten durch alle Parteien, was eine notwendige Voraussetzung für die dringend benötigte Verbesserung der humanitären Lage in Tigray und anderen Regionen, insbesondere in Afar und Amhara, ist; fordert eine sofortige Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung und die Einrichtung eines Mechanismus zur Überwachung der Waffenruhe; |
2. |
fordert alle betroffenen nationalen, regionalen und lokalen Akteure auf, den sofortigen und ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer und Hilfsgüter zu den betroffenen Bevölkerungsgruppen in Tigray zu gewähren, die De-facto-Blockade der humanitären Hilfe und der kritischen Versorgungsgüter, einschließlich Nahrungsmitteln, Arzneimitteln und Kraftstoff, zu beenden und die Hilfe für bedürftige Bevölkerungsgruppen in den Regionen Amhara und Afar zu erleichtern; |
3. |
verurteilt das gezielte Vorgehen aller Kriegsparteien gegen Zivilpersonen, die gemeldete Rekrutierung von Kindern durch Kriegsparteien, einschließlich der Streitkräfte von Tigray, und den fortgesetzten Einsatz von Vergewaltigung und sexueller Gewalt aufs Schärfste; weist darauf hin, dass vorsätzliche Angriffe auf Zivilpersonen und die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten Kriegsverbrechen darstellen; |
4. |
verurteilt die Tötung von Zivilpersonen, Flüchtlingen sowie humanitären und medizinischen Helfern; fordert die Kräfte auf allen Seiten auf, die internationalen Menschenrechte, das humanitäre Völkerrecht und das Flüchtlingsrecht zu achten und den Schutz der Menschen in den betroffenen Gebieten sicherzustellen; fordert, dass für Verbrechen, die während des anhaltenden Konflikts begangen wurden, Rechenschaft abgelegt wird und dass die Verantwortlichen gefunden und vor Gericht gestellt werden; fordert, dass gegen die Personen, die verdächtigt werden, Vergewaltigungen oder sexuelle Sklaverei begangen zu haben, wegen derartiger Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Folter und Verfolgung ermittelt wird; |
5. |
fordert die Volksbefreiungsfront von Tigray nachdrücklich auf, ihre Offensive unverzüglich zu beenden und ihre Truppen aus den Regionen Amhara und Afar zurückzuziehen; fordert die Regionalregierung von Amhara auf, ihre Truppen aus Westtigray zurückzuziehen, und fordert die Regierung Eritreas auf, ihre Streitkräfte unverzüglich und dauerhaft aus Äthiopien abzuziehen; fordert die Nachbarländer auf, keine politischen und militärischen Interventionen, die den Konflikt weiter anheizen könnten, zu unternehmen; |
6. |
fordert eine unabhängige und unparteiische Untersuchungskommission, die die Angriffe auf bestimmte ethnische und religiöse Gruppen untersucht, die darauf abzielen, Gewalt zwischen den Gemeinschaften zu schüren und den Frieden und die Sicherheit der äthiopischen Bevölkerung zu gefährden; fordert die äthiopischen staatlichen Stellen auf, dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; |
7. |
erinnert daran, dass die äthiopische Regierung für die Sicherheit der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen auf ihrem Hoheitsgebiet verantwortlich ist; fordert die äthiopischen Staatsorgane auf, den Tausenden von eritreischen Flüchtlingen und Asylsuchenden, die aus den Lagern in Tigray vertrieben wurden, sofortigen und angemessenen Schutz und Hilfe zu gewähren und das Schicksal und den Verbleib der Tausenden nicht erfassten eritreischen Flüchtlinge zu klären; bedauert, dass sich hochrangige Beamte einer hasserfüllten und hetzerischen Sprache bedienen, und fordert alle beteiligten Akteure nachdrücklich auf, ihre Worte sorgfältig zu wählen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden und zusätzliches menschliches Leid zu verhindern; fordert, dass die internationalen und regionalen Grenzen geöffnet bleiben, damit Zivilpersonen sicher und frei reisen können; weist darauf hin, dass Äthiopien ein wichtiges Herkunfts-, Transit- und Bestimmungsland von Migranten ist; besteht darauf, dass die Bundesregierung Äthiopiens und die regionalen Behörden die Bevölkerung schützen und ihre Grundrechte garantieren; |
8. |
fordert die äthiopischen Staatsorgane auf, unverzüglich für alle Fälle des Verschwindenlassens von Zivilpersonen Rechenschaft abzulegen, diejenigen freizulassen, die ohne glaubhafte Beweise für ein Verbrechen inhaftiert sind, und jegliche diskriminierende Behandlung einzustellen; bedauert, dass sich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Hetze bedienen, die Gewalt, Einschüchterung und Diskriminierung gegen Gemeinschaften von Tigray oder andere Gemeinschaften auslösen kann und so Misstrauen verursacht sowie ethnische Konflikte anheizt, und fordert die nationalen, lokalen und regionalen Behörden nachdrücklich auf, einen inklusiveren Dialog zu führen und nicht zur Gewalt anzustiften; |
9. |
fordert die staatlichen Stellen auf, eine gerichtsähnliche opferorientierte justizielle Instanz einzusetzen und ihr die Aufgabe zu übertragen, den während des Konflikts begangenen Menschenrechtsverletzungen nachzugehen und auch die Umstände, Faktoren und entsprechenden Hintergründe zu untersuchen, sodass den Opfern die Möglichkeit eingeräumt wird, Zeugenaussagen zu machen, und die Fakten aus der Vergangenheit unparteiisch zusammengetragen werden können, und fordert diese Instanz auf, eine Wiedergutmachungspolitik zu konzipieren und Empfehlungen für Maßnahmen abzugeben, mit denen Menschenrechtsverletzungen künftig verhindert werden können; |
10. |
verurteilt aufs Schärfste alle Angriffe auf humanitäre Helfer und kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen sowie die weit verbreiteten Plünderungen und die Zerstörung humanitärer Hilfsgüter; verurteilt aufs Schärfste die Blockierung des Zugangs für Rettungskräfte, die versuchten, den Verletzten nach den Bombardierungen medizinische Hilfe zu leisten; |
11. |
bedauert, dass das äthiopische Außenministerium sieben Menschenrechtsverteidiger und humanitäre Helfer der Vereinten Nationen — von Unicef, dem OHCHR, dem OCHA und dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in Äthiopien — zu unerwünschten Personen (Persona non grata) erklärt hat; bringt seine Sorge hinsichtlich der Sicherheit und des Wohlergehens unabhängiger humanitärer Helfer und Menschenrechtsverteidiger in der Region und hinsichtlich der Neutralität bei der Verteilung humanitärer Hilfe in Tigray zum Ausdruck; begrüßt die unmissverständliche Erklärung der EU und ihrer 27 Mitgliedstaaten vom 30. September 2021, in der sie die Ausweisung dieser Personen entschieden verurteilt und die Regierung aufgefordert haben, ihre Entscheidung rückgängig zu machen; |
12. |
fordert die Regierung Äthiopiens auf, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterzeichnen und zu ratifizieren; fordert die Konfliktparteien auf, für unabhängige Menschenrechtsbeobachter und -ermittler, einschließlich der Ermittler der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union, einen ungehinderten Zugang sicherzustellen; |
13. |
hebt die wichtige Arbeit der Journalisten in der Region hervor und fordert alle Akteure auf, den freien Zugang zur Presse sicherzustellen und den Journalisten zu ermöglichen, ihre Arbeit in Sicherheit zu verrichten; |
14. |
fordert, dass grundlegende öffentliche Dienstleistungen wie Stromversorgung und Bankdienstleistungen vollständig wiederhergestellt und die Beschränkungen für Telekommunikation und Internetzugang in Tigray aufgehoben werden; betont, dass es wichtig ist, für die Kinder in Tigray und darüber hinaus den Zugang zu Bildung und Schulen sicherzustellen; |
15. |
weist auf die Bedeutung Äthiopiens für die Stabilität des Horns von Afrika und des afrikanischen Kontinents insgesamt hin; weist darauf hin, dass die EU und weitere internationale Gesprächspartner angeboten haben, als Vermittler zwischen den Konfliktparteien in Äthiopien zu fungieren, diese Angebote jedoch von Äthiopien nicht angenommen worden sind; fordert alle Konfliktparteien auf, sich ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zu setzen; fordert im Hinblick auf eine Lösung der Krise einen inklusiven nationalen politischen Dialog unter der Führung Äthiopiens, an dem Vertreter aus allen betroffenen Gebieten (Tigray, Amhara, Benishangul-Gumuz, Afar, Oromia, Sidama, Somali, der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker (SNNPR) sowie Gambella) beteiligt sind; |
16. |
weist darauf hin, dass der Konflikt nur mit friedlichen Mitteln und einem inklusiven Dialog zwischen allen Konfliktparteien, einem wirksamen Waffenstillstand und dem Schutz der Menschenrechte gelöst werden kann; |
17. |
bekräftigt die Bereitschaft der EU, in enger Abstimmung mit anderen Akteuren einen Dialog zu unterstützen, zu führen und zu organisieren, um den Raum für Dialog offen zu halten und zu versuchen, eine Grundlage für Gespräche zwischen den beiden wichtigsten Konfliktparteien zu schaffen; |
18. |
bringt seine Unterstützung für regionale Vermittlungsbemühungen wie jene des Vermittlers der Afrikanischen Union, Präsident Obasanjo, zum Ausdruck; begrüßt zudem die unlängst erfolgte Ernennung einer neuen EU-Sonderbeauftragten für das Horn von Afrika; |
19. |
bedauert, dass sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bislang nicht mit der Lage in Tigray befasst hat; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, darauf zu bestehen, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen regelmäßige öffentliche Treffen zu Tigray abhält und entschlossene Maßnahmen ergreift, um den ungehinderten Zugang humanitärer Organisationen sicherzustellen, für den Schutz der Zivilbevölkerung zu sorgen, schwere Verstöße gegen das Völkerrecht zu beenden und dafür zu sorgen, dass die für Gräueltaten Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; fordert den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, die Entsendung von Friedenstruppen der Vereinten Nationen in die Region in Erwägung zu ziehen; |
20. |
fordert die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, den HR/VP zu ermutigen, vor Jahresende im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ein Briefing zu Tigray zwischen den Tagungen abzuhalten, um die Ergebnisse des Berichts der gemeinsamen Untersuchung des OHCHR und der äthiopischen Menschenrechtskommission vorzustellen; betont, dass die gemeinsame Untersuchung dazu beitragen sollte, die Grundlage für einen robusten internationalen Untersuchungsmechanismus zu schaffen, der dringend vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eingerichtet werden muss; |
21. |
fordert den Rat (Auswärtige Angelegenheiten) der EU auf, rasch, entschlossen und geeint die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um angesichts des Ernstes und der Dringlichkeit der Lage vor Ort in Tigray wirksam zu reagieren; |
22. |
begrüßt und unterstützt den Beschluss der Kommission vom Dezember 2020, die Auszahlung von Budgethilfe an die äthiopische Regierung aufzuschieben; begrüßt die diplomatischen Bemühungen und die wiederholten Erklärungen des HR/VP und der Kommission, in denen sie nachdrücklich auf die Rechenschaftspflicht und einen ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe drängen und Missbräuche durch alle Parteien verurteilen; bekräftigt mit Nachdruck die Unterstützung der EU für die wichtige Arbeit, die von Michelle Bachelet als Hoher Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte geleistet wird; |
23. |
fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Annahme von Maßnahmen — beispielsweise im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte — in Erwägung zu ziehen, um die Menschenrechte zu schützen und sicherzustellen, dass diejenigen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden; |
24. |
betont, dass die EU auf der Seite der Bevölkerung Äthiopiens steht; betont seine Bereitschaft, eine friedliche Lösung für den Konflikt zu finden; schlägt jedoch vor, dass die Kommission gegen Mitglieder der Regierung Äthiopiens, der Regierung Eritreas und der Volksbefreiungsfront von Tigray sowie gegen weitere Personen, die für Handlungen verantwortlich sind, die den Konflikt verlängern und die humanitäre Lage von Millionen von Äthiopiern verschlimmern, Sanktionen verhängt, falls sich die humanitäre Lage bis Ende Oktober 2021, insbesondere nach der Bildung einer neuen äthiopischen Regierung, nicht deutlich verbessert hat; |
25. |
fordert die Mitgliedstaaten auf, die Ausfuhr von Waffen und Überwachungstechnologien nach Äthiopien, die eingesetzt werden, um Angriffe auf Zivilpersonen zu verüben und Menschenrechtsverletzungen zu begehen, einzustellen; |
26. |
begrüßt die Executive Order der Vereinigten Staaten vom 17. September 2021 zur Krise in Äthiopien, die sich gegen diejenigen richtet, die für die Verlängerung des Konflikts in Äthiopien, die Behinderung des Zugangs für humanitäre Organisationen, die Verhinderung eines Waffenstillstands und die Verübung von Menschenrechtsverletzungen verantwortlich oder daran beteiligt sind; bedauert jedoch, dass die Vereinigten Staaten weiterhin Budgethilfe geleistet haben und ihre Maßnahmen daher weniger wirksam und entschlossen waren als jene der EU; |
27. |
begrüßt nachdrücklich die lebensrettende Unterstützung, die die Kommission in der Region leistet, und unterstützt, dass diese weiter ausgeweitet wird; fordert die Mobilisierung zusätzlicher Mittel in Höhe von mindestens 30 Mio. EUR aus der Solidaritäts- und Soforthilfereserve der EU, damit der dringlichste Bedarf der von dem Konflikt betroffenen Menschen in Tigray und in den übrigen Regionen, die unmittelbar von der Ausbreitung des Konflikts in Nordäthiopien betroffen sind, gedeckt werden kann, und dass dabei besonderes Augenmerk auf die Grenzregionen Afar und Amhara gelegt wird; |
28. |
fordert die EU und die Staats- und Regierungschefs ihrer Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Afrikanischen Union und der EU sowie dem bevorstehenden Treffen der Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union und der EU der Lage der Menschenrechte und der humanitären Lage in Tigray und Nordäthiopien Priorität einzuräumen, konkrete Maßnahmen zu ermitteln und eine bessere Koordinierung von Strategien und Kommunikation zu fördern; |
29. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Bundesregierung und dem Bundeshaus Äthiopiens, den Behörden der Region Tigray, der Regierung der Republik Sudan, der Regierung des Staates Eritrea, den Regierungen der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung, der Afrikanischen Union und ihren Mitgliedstaaten, dem Panafrikanischen Parlament und der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0330.
(2) Erklärung vom 12. August 2021 zum jüngsten Bericht von Amnesty International über mutmaßliche Vergewaltigungen und mutmaßliche andere Formen sexueller Gewalt im Regionalstaat Tigray in der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien.
III Vorbereitende Rechtsakte
Europäisches Parlament
Dienstag, 5. Oktober 2021
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/212 |
P9_TA(2021)0397
Umwelt: die Århus-Verordnung ***I
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (COM(2020)0642 — C9-0321/2020 — 2020/0289(COD))
(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)
(2022/C 132/19)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2020)0642), |
— |
gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 192 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C9-0321/2020), |
— |
gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, |
— |
unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 27. Januar 2021 (1), |
— |
nach Anhörung des Ausschusses der Regionen, |
— |
unter Hinweis auf die vorläufige Einigung, die gemäß Artikel 74 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung von dem zuständigen Ausschuss angenommen wurde, und die vom Vertreter des Rates mit Schreiben vom 23. Juli 2021 gemachte Zusage, den Standpunkt des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 294 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu billigen, |
— |
gestützt auf Artikel 59 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf die Stellungnahme des Rechtsausschusses, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (A9-0152/2021), |
1. |
legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest (2); |
2. |
nimmt die dieser Entschließung beigefügte Erklärung der Kommission zur Kenntnis; |
3. |
fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie ihren Vorschlag ersetzt, entscheidend ändert oder beabsichtigt, ihn entscheidend zu ändern; |
4. |
beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln. |
(1) ABl. C 123 vom 9.4.2021, S. 66.
(2) Dieser Standpunkt ersetzt die am 20. Mai 2021 angenommenen Abänderungen (Angenommene Texte P9_TA(2021)0254).
P9_TC1-COD(2020)0289
Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 5. Oktober 2021 im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EU) 2021/… des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft
(Da Parlament und Rat eine Einigung erzielt haben, entspricht der Standpunkt des Parlaments dem endgültigen Rechtsakt, Verordnung (EU) 2021/1767.)
ANLAGE ZUR LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG
Stellungnahme der Kommission
Die Kommission engagiert sich weiterhin dafür, dass die EU ihre internationalen Verpflichtungen in das Übereinkommen von Aarhus betreffenden Angelegenheiten erfüllt, und in diesem Zusammenhang nimmt sie die vom Ausschuss zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus in der Sache ACCC/C/2015/128 (1) am 17. März 2021 geäußerten Bedenken und Feststellungen zur Kenntnis. In den Feststellungen wird die EU aufgefordert, „die erforderlichen Gesetzgebungs-, Regelungs- und sonstigen Maßnahmen einzuleiten, damit die Aarhus-Verordnung geändert wird oder neue EU-Rechtsvorschriften erlassen werden, damit Mitglieder der Öffentlichkeit eindeutig Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren gemäß Artikel 9 Absätze 3 und 4 des Übereinkommens erhalten, um gegen Beschlüsse über Beihilfemaßnahmen vorgehen zu können, die die Europäische Kommission nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV erlassen hat, und die gegen das EU-Umweltrecht verstoßen“.
Die Kommission ist dabei, die Auswirkungen der Feststellungen zu analysieren und die verfügbaren Optionen zu prüfen. Die Kommission wird diese Prüfung bis Ende 2022 fertigstellen und veröffentlichen. Die Kommission wird gegebenenfalls bis Ende 2023 in Anbetracht der Verpflichtungen der EU gemäß dem Übereinkommen von Aarhus und unter Berücksichtigung der EU-Rechtsvorschriften über staatliche Beihilfen Maßnahmen vorschlagen, um diese Problematik anzugehen.
(1) Siehe https://unece.org/env/pp/cc/accc.c.2015.128_european-union, Rn. 131.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/215 |
P9_TA(2021)0398
Einsetzung einer Delegation in der Parlamentarischen Partnerschaftsversammlung EU-Vereinigtes Königreich und die Festlegung ihrer zahlenmäßigen Zusammensetzung
Beschluss des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2021 über die Einsetzung einer Delegation in der Parlamentarischen Partnerschaftsversammlung EU-Vereinigtes Königreich und die Festlegung ihrer zahlenmäßigen Zusammensetzung (2021/2917(RSO))
(2022/C 132/20)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf den Vorschlag der Konferenz der Präsidenten, |
— |
unter Hinweis auf das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits (1) („Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich“), insbesondere auf Artikel 11, |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2021 zu dem Ergebnis der Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (2), insbesondere auf die Ziffern 8 und 9, |
— |
unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 17. April 2019 über die Zahl der interparlamentarischen Delegationen, der Delegationen in den Gemischten Parlamentarischen Ausschüssen und der Delegationen in Ausschüssen für parlamentarische Kooperation und in multilateralen parlamentarischen Versammlungen (3), |
— |
unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 17. Juli 2019 über die zahlenmäßige Zusammensetzung der interparlamentarischen Delegationen (4), |
— |
gestützt auf Artikel 223 seiner Geschäftsordnung, |
1. |
stellt fest, dass in Artikel 11 des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich die Einsetzung einer Parlamentarischen Partnerschaftsversammlung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich vorgesehen ist, die sich aus Mitgliedern des Europäischen Parlaments und Mitgliedern des Parlaments des Vereinigten Königreichs zusammensetzt und die
|
2. |
beschließt, eine 35 Mitglieder umfassende Delegation in der Parlamentarischen Partnerschaftsversammlung EU-Vereinigtes Königreich einzusetzen; |
3. |
beschließt unter Bezugnahme auf den Beschluss der Konferenz der Präsidenten vom 11. Juli 2019 über die Zusammensetzung der Vorstände der Delegationen, dass den Vorständen der Delegationen zwei stellvertretende Vorsitzende angehören; |
4. |
beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Rat und der Kommission sowie dem Parlament des Vereinigten Königreichs zur Information zu übermitteln. |
(1) ABl. L 149 vom 30.4.2021, S. 10.
(2) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0141.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/216 |
P9_TA(2021)0399
Partnerschaftliches Abkommen über nachhaltige Fischerei zwischen der EU, Grönland und Dänemark ***
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2021 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — eines partnerschaftlichen Abkommens über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union einerseits und der Regierung Grönlands und der Regierung Dänemarks andererseits sowie des dazugehörigen Durchführungsprotokolls (06566/2021 — C9-0154/2021 — 2021/0037(NLE))
(Zustimmung)
(2022/C 132/21)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (06566/2021), |
— |
unter Hinweis auf das partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union einerseits und der Regierung Grönlands und der Regierung Dänemarks andererseits sowie auf das dazugehörige Durchführungsprotokoll (06380/2021), |
— |
unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel 218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C9-0073/2020), |
— |
unter Hinweis auf seine nichtlegislative Entschließung vom 5. Oktober 2021 (1) zu dem Entwurf eines Beschlusses, |
— |
gestützt auf Artikel 105 Absätze 1 und 4 und Artikel 114 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf die Stellungnahme des Haushaltsausschusses, |
— |
unter Hinweis auf die Empfehlung des Fischereiausschusses (A9-0233/2021), |
1. |
gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens und des Protokolls; |
2. |
beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, Grönlands und Dänemarks zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0400.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/217 |
P9_TA(2021)0400
Partnerschaftliches Abkommen über nachhaltige Fischerei zwischen der EU, Grönland und Dänemark (Entschließung)
Nichtlegislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2021 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — eines partnerschaftlichen Abkommens über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union einerseits und der Regierung Grönlands und der Regierung Dänemarks andererseits sowie des dazugehörigen Durchführungsprotokolls (06566/2021 — C9-0154/2021 — 2021/0037M(NLE))
(2022/C 132/22)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (06566/2021), |
— |
unter Hinweis auf das partnerschaftliche Abkommen über nachhaltige Fischerei zwischen der Europäischen Union einerseits und der Regierung Grönlands und der Regierung Dänemarks andererseits sowie auf das dazugehörige Durchführungsprotokoll (06380/2021), |
— |
unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C9-0073/2020), |
— |
unter Hinweis auf Titel II der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) (1), |
— |
unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/2403 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die nachhaltige Bewirtschaftung von Außenflotten (2), |
— |
unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 5. Oktober 2021 (3) zu dem Entwurf eines Beschlusses, |
— |
unter Hinweis auf Artikel 62 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC), |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen der Organisation für die Fischerei im Nordwestatlantik (NAFO), |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR), |
— |
unter Hinweis auf das Übereinkommen zur Verhinderung der unregulierten Hochseefischerei im zentralen Nordpolarmeer, |
— |
unter Hinweis auf das Protokoll (Nr. 34) über die Sonderregelung für Grönland, |
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unter Hinweis auf die Erklärung von Ottawa zur Einrichtung des Arktischen Rates, |
— |
unter Hinweis auf seinen Standpunkt vom 31. Januar 2019 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Assoziierung der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Union unter Einschluss der Beziehungen zwischen der Europäischen Union einerseits und Grönland und dem Königreich Dänemark andererseits („Übersee-Assoziationsbeschluss“) (4), |
— |
unter Hinweis auf den Bericht vom 9. August 2019 mit dem Titel „Ex ante and ex post evaluation study of the Fisheries Partnership Agreement between the European Union and Greenland“ (Studie über die Ex-ante- und Ex-post-Bewertung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Europäischen Union und Grönland), |
— |
gestützt auf Artikel 105 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Fischereiausschusses (A9-0235/2021), |
A. |
in Erwägung der Nachhaltigkeitsziele des europäischen Grünen Deals, der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und der EU-Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ sowie der internationalen Verpflichtungen, darunter zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals — SDG), insbesondere SDG 14 zum Schutz der Meeresressourcen und der Meeresumwelt; |
B. |
in Erwägung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Meeresökosysteme und -ressourcen; |
C. |
in der Erwägung, dass gemäß Artikel 62 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen ein Küstenstaat durch Abkommen oder Vereinbarungen anderen Staaten die Nutzung der überschüssigen zulässigen Fangmengen („Überschüsse“) gestatten sollte; |
D. |
in der Erwägung, dass nach dem Übereinkommen zur Verhinderung der unregulierten Hochseefischerei im zentralen Nordpolarmeer die gewerbliche Fischerei in dem Gebiet 16 Jahre lang verboten ist; |
E. |
in der Erwägung, dass die EU und Grönland über Dänemark Mitglieder der regionalen Fischereiorganisationen (RFO) NEAFC und NAFO sind; |
F. |
in der Erwägung, dass die Europäische Union enge Beziehungen zu Grönland unterhält; in der Erwägung, dass Grönland eines der mit der Union assoziierten überseeischen Länder und Gebiete ist und dass es seit 1984 partnerschaftliche Fischereiabkommen zwischen der Union und Grönland gibt; |
G. |
in der Erwägung, dass gemäß dem Protokoll (Nr. 34) über die Sonderregelung für Grönland die Präferenzzölle auf dem europäischen Markt für Fischereierzeugnisse mit Ursprung in Grönland an den Zugang europäischer Schiffe zu grönländischen Fischereizonen geknüpft sind; |
H. |
in der Erwägung, dass der besondere Charakter dieses partnerschaftlichen Abkommens über nachhaltige Fischerei bedeutet, dass die Fangmöglichkeiten jährlich ausgehandelt werden und Quotenübertragungen mit Norwegen und den Färöern möglich sind; |
I. |
in der Erwägung, dass die Ex-post-Bewertung zum Vorgängerprotokoll und die Ex-ante-Bewertung die Aushandlung eines neuen Abkommens und eines neuen Durchführungsprotokolls, die besser auf die Fangmöglichkeiten und die wissenschaftlichen Erkenntnisse abgestimmt sind, mehr Flexibilität für die Fänge bieten und eine niedrigere Beifangquote aufweisen, sowie eines Geltungszeitraums von sechs Jahren für das Protokoll nach sich zogen; |
J. |
in der Erwägung, dass ein partnerschaftliches Abkommen über nachhaltige Fischerei mit Grönland für die europäischen Schiffe, die in grönländischen Gewässern Fischfang betreiben, und für die Flotten der Mitgliedstaaten, die unmittelbar oder mittelbar Nutzen aus dem Abkommen und den darin vorgesehenen Quotenübertragungen ziehen, wichtig ist; |
K. |
in der Erwägung, dass es zwölf europäischen Schiffen nach dem neuen Abkommen und dem neuen Protokoll erlaubt ist, die Fangmöglichkeiten in grönländischen Gewässern für acht Arten (Kabeljau, pelagischer Rotbarsch, Tiefenrotbarsch, Schwarzer Heilbutt, Tiefseegarnele, Grenadierfisch, Lodde und Makrele) für einen Zeitraum von vier Jahren, der um zwei Jahre verlängert werden kann, gegen eine jährliche finanzielle Gegenleistung der EU in Höhe von 16 521 754 EUR zu nutzen, von der 2 931 000 EUR für die Unterstützung und Entwicklung des grönländischen Fischereisektors vorgesehen sind; |
Vorherige Abkommen und Protokolle
1. |
nimmt den sozioökonomischen Nutzen in Form von direkter und indirekter Beschäftigung und der Bruttowertschöpfung zur Kenntnis, der im Rahmen des vorherigen Abkommens durch die Tätigkeiten der europäischen Flotte in grönländischen Gewässern sowohl für den europäischen als auch für den grönländischen Fischereisektor entstand; |
2. |
ist besorgt darüber, dass die von Grönland im vorherigen Protokoll für mehrere Bestände festgesetzten zulässigen Gesamtfangmengen über den wissenschaftlichen Empfehlungen lagen; weist darauf hin, dass der Anteil der EU an diesen Fangmöglichkeiten relativ gering ist; |
3. |
begrüßt die Tatsache, dass der an den Fischereisektor Grönlands ausgezahlte Finanzbeitrag von den Behörden des Landes für Verwaltung, Kontrolle und wissenschaftliche Forschung verwendet wird; |
4. |
ist jedoch besorgt über den Mangel an wissenschaftlichen Daten, die erforderlich sind, um genaue Schätzungen des Bestands anzustellen; |
Neues Abkommen und neues Protokoll
5. |
verweist auf die Komplexität der Verhandlungen und ihrer Begleitumstände, die durch die parallele Aushandlung des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich und die daraus resultierende Unsicherheit sowie durch innenpolitische Schwierigkeiten Grönlands geprägt waren; erinnert daran, dass die Ausgangsposition Grönlands bei diesen Verhandlungen war, dass die Quoten für europäische Schiffe um 30 % reduziert werden sollten; weist darauf hin, dass dieser Vorschlag für eine Verringerung der Fangmöglichkeiten auf den Wunsch Grünlands zurückging, seine Fischereiwirtschaft weiter auszubauen; |
6. |
nimmt die durchschnittliche Reduzierung der Quoten um 5 % im Vergleich zum vorherigen Protokoll zur Kenntnis; |
7. |
bedauert, dass die Reeder aus der EU fast vier Monate lang bis zur vorläufigen Anwendung des Abkommens verloren haben, das aufgrund der Wahlen in Grönland und der Notwendigkeit, eine Regierung zu bilden, erst am 22. April 2021 unterzeichnet wurde; |
8. |
stellt fest, dass die Fangmöglichkeiten für Makrele von der Beteiligung der Küstenstaaten als Unterzeichnerstaaten der Vereinbarung der Küstenstaaten über die gemeinsame Bewirtschaftung von Makrelen abhängen und dass die Fangmöglichkeiten für Rotbarsch im Einklang mit der Bewirtschaftungsvereinbarung und den auf NEAFC-Ebene getroffenen Entscheidungen stehen müssen; |
9. |
stellt fest, dass im Protokoll 600 Tonnen Beifänge angegeben sind, was eine deutliche Reduzierung im Vergleich zum vorherigen Protokoll darstellt; hebt hervor, dass alle Fänge, einschließlich Beifänge und Rückwürfe, gemäß den geltenden grönländischen Rechtsvorschriften nach Arten erfasst und gemeldet werden müssen; |
10. |
begrüßt die Nachhaltigkeitsziele des Abkommens und die Zusammenarbeit der Vertragsparteien bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei; |
11. |
ist besorgt über die Laufzeit von 4+2 Jahren und die Ungewissheit über die Erneuerung des Protokolls nach den ersten vier Jahren, was einen Mangel an Berechenbarkeit für europäische Schiffe bedeuten kann; |
12. |
stellt fest, dass die finanzielle Gegenleistung der EU höher ist als im vorherigen Protokoll, dass der Anteil für die sektorale Unterstützung gleich bleibt und dass die Referenzpreise für die Fanggenehmigungen der Reeder höher sind; |
Grönland als strategischer Akteur im Nordatlantik und in der Arktis
13. |
stellt fest, dass die Beziehungen zwischen den Ländern im Nordatlantik durch den Brexit destabilisiert wurden; |
14. |
stellt fest, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und dessen Folgen für die Fischerei in der Nordsee und im Nordostatlantik nicht dafür missbraucht werden sollten, die Aufteilung der Quoten in den Abkommen mit den nördlichen Ländern zu verfälschen, sondern dass — stets auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und Gutachten — die historisch gewachsene Aufteilung der Fangmöglichkeiten geachtet werden sollte; |
15. |
weist erneut auf die geostrategische Lage Grönlands in der Arktis hin; betont, dass die Beziehungen zu Grönland als Teil einer EU-Arktis-Strategie und zur Verhinderung der unregulierten Hochseefischerei im zentralen Nordpolarmeer von Bedeutung sind; |
Empfehlungen und Forderungen an die Kommission
16. |
empfiehlt der Kommission und fordert sie auf,
|
o
o o
17. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, Grönlands und Dänemarks zu übermitteln. |
(1) ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22.
(2) ABl. L 347 vom 28.12.2017, S. 81.
(3) Angenommene Texte, P9_TA(2021)0399.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/221 |
P9_TA(2021)0401
Verlängerung der Amtszeit von Julia Laffranque als Mitglied des durch Artikel 255 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eingerichteten Ausschusses
Beschluss des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2021 mit dem vorgeschlagen wird, Julia Laffranque für den gemäß Artikel 255 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eingerichteten Ausschuss zu benennen (2021/2171(INS))
(2022/C 132/23)
Das Europäische Parlament,
— |
gestützt auf Artikel 255 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, |
— |
gestützt auf Artikel 128 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Vorschlag des Rechtsausschusses (B9-0478/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass Julia Laffranque die Bedingungen von Artikel 255 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt; |
1. |
schlägt vor, Julia Laffranque als Mitglied des Ausschusses zu benennen; |
2. |
beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Präsidenten des Gerichtshofs zu übermitteln. |
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/222 |
P9_TA(2021)0402
Ernennung des Vorsitzes der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA)
Beschluss des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2021 über den Vorschlag zur Ernennung des Vorsitzes der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) (N9-0058/2021 — C9-0369/2021 — 2021/0902(NLE))
(Zustimmung)
(2022/C 132/24)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf die Auswahlliste der qualifizierten Bewerber und Bewerberinnen für das Amt des Vorsitzes der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, die am 26. November 2020 vom Rat der Aufseher der Behörde erstellt wurde, |
— |
unter Hinweis auf das Schreiben des Rates vom 29. September 2021, in dem er Verena Ross als Vorsitzende der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde vorschlägt (C9-0369/2021), |
— |
gestützt auf Artikel 48 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (1), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2019 zum ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern bei Nominierungen für Positionen im Bereich Wirtschaft und Währung auf EU-Ebene (2), |
— |
unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2020 zu dem Thema „Organe und Einrichtungen der Wirtschafts- und Währungsunion: Interessenkonflikte nach dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst verhindern“ (3), |
— |
gestützt auf Artikel 131 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9-0272/2021), |
A. |
in der Erwägung, dass die Amtszeit des Vorsitzenden der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde am 31. März 2021 geendet hat; |
B. |
in der Erwägung, dass der Rat am 29. September 2021 vorgeschlagen hat, Verena Ross im Einklang mit Artikel 48 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 für eine Amtszeit von fünf Jahren als Vorsitzende der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zu ernennen; |
C. |
in der Erwägung, dass der Ausschuss für Wirtschaft und Währung am 30. September 2021 eine Anhörung von Verena Ross durchgeführt hat, bei der sie zunächst eine Erklärung abgab und anschließend die Fragen der Ausschussmitglieder beantwortete; |
1. |
gibt seine Zustimmung zur Ernennung von Verena Ross als Vorsitzende der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde; |
2. |
beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Rat, der Kommission, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln. |
(1) ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84.
(2) ABl. C 23 vom 21.1.2021, S. 105.
(3) Angenommene Texte, P9_TA(2020)0017.
24.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 132/223 |
P9_TA(2021)0403
Zeitweilige Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren auf die Kanarischen Inseln *
Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Oktober 2021 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren auf die Kanarischen Inseln (COM(2021)0392 — C9-0351/2021 — 2021/0209(CNS))
(Besonderes Gesetzgebungsverfahren — Anhörung)
(2022/C 132/25)
Das Europäische Parlament,
— |
unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an den Rat (COM(2021)0392), |
— |
gestützt auf Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gemäß dem es vom Rat angehört wurde (C9-0351/2021), |
— |
gestützt auf Artikel 82 seiner Geschäftsordnung, |
— |
unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für regionale Entwicklung (A9-0267/2021), |
1. |
billigt den Vorschlag der Kommission; |
2. |
fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen; |
3. |
fordert den Rat auf, es erneut anzuhören, falls er beabsichtigt, den vom Parlament gebilligten Text entscheidend zu ändern; |
4. |
beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln. |