ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 304

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

64. Jahrgang
29. Juli 2021


Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

EMPFEHLUNGEN

 

Rat

2021/C 304/01

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2021

1

2021/C 304/02

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2021

6

2021/C 304/03

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Tschechiens 2021

10

2021/C 304/04

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2021

14

2021/C 304/05

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Deutschlands 2021

18

2021/C 304/06

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2021

23

2021/C 304/07

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2021

28

2021/C 304/08

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Griechenlands 2021

33

2021/C 304/09

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2021

38

2021/C 304/10

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2021

43

2021/C 304/11

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2021

48

2021/C 304/12

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2021

53

2021/C 304/13

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Zyperns 2021

58

2021/C 304/14

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2021

63

2021/C 304/15

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2021

68

2021/C 304/16

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2021

73

2021/C 304/17

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2021

78

2021/C 304/18

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2021

83

2021/C 304/19

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2021

88

2021/C 304/20

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2021

93

2021/C 304/21

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2021

98

2021/C 304/22

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2021

102

2021/C 304/23

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2021

107

2021/C 304/24

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit dem Ziel, das übermäßige öffentliche Defizit in Rumänien zu beenden

111

2021/C 304/25

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2021

116

2021/C 304/26

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2021

121

2021/C 304/27

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2021

126

2021/C 304/28

Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2021

131


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

EMPFEHLUNGEN

Rat

29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/1


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2021

(2021/C 304/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Belgien, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Belgien ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Belgiens den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützten.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels, beitragen und die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird außerdem auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der fiskalische Gesamtkurs, der die nationalen Haushalte und die Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiter Rechnung getragen.

(8)

Am 30. April 2021 legte Belgien im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Belgiens im Jahr 2020 auf 9,4 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 114,1 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -7,5 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 4,5 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Belgien Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 11,8 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Belgiens erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein realistisches makroökonomisches Szenario zugrunde. Laut Stabilitätsprogramm 2021 soll das reale BIP-Wachstum 2021 bei 4,1 % und 2022 bei 3,5 % liegen. In ihrer Frühjahrsprognose 2021 geht die Kommission davon aus, dass das Wachstum Belgiens leicht über diesen Werten liegen wird und sich — von den umfangreicheren Investitionen beflügelt — im Jahr 2021 auf 4,5 % und im Jahr 2022 auf 3,7 % belaufen wird.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits von 9,4 % des BIP im Jahr 2020 auf 7,7 % des BIP im Jahr 2021, während sich die öffentliche Schuldenquote 2021 ausgehend von 114,1 % des BIP im Jahr 2020 auf 116,3 % des BIP erhöhen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -6,1 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 2,7 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Belgien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Belgien 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 im Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 sind noch keine Zuwendungen in Form von Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt. Dagegen wird in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,2 % des BIP und im Jahr 2022 auf 0,3 % des BIP belaufen werden, wobei die vom belgischen Föderalen Planungsbüro für seine gesamtwirtschaftliche Bewertung der Aufbau- und Resilienzfazilität verwendete Hypothese zugrunde gelegt wurde.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

In seinem Stabilitätsprogramm 2021 projiziert Belgien für 2022 einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits auf 4,5 % des BIP, was in erster Linie auf die Beendigung der in den Jahren 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen sowie auf die infolge der Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage steigenden Staatseinnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll sich 2022 bei 116 % des BIP stabilisieren. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,4 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Nach den im Stabilitätsprogramm 2021 enthaltenen mittelfristigen Haushaltsplanungen soll das gesamtstaatliche Defizit von 4 % des BIP im Jahr 2023 auf 3,7 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Während der Laufzeit des Stabilitätsprogramms 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit nicht wieder unter 3 % des BIP sinken. Das Stabilitätsprogramm 2021 enthält nicht die Informationen, die erforderlich sind, um den finanzpolitischen Kurs für 2023 und 2024 insgesamt einzuschätzen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 2 ¾ % geschätzt (8). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Belgiens daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll allein aufgrund von Bestandsanpassungen von 116,7 % des BIP im Jahr 2023 auf 117,4 % des BIP im Jahr 2024 steigen. Angesichts der hohen Schuldenquote, die den Projektionen zufolge im Laufe der Zeit nur allmählich sinken wird, wird davon ausgegangen, dass in Belgien — wie auch aus der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht — mittelfristig hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das Stabilitätsprogramm 2021 und die von Belgien zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT BELGIEN,

1.   

im Jahr 2022 die Aufbau- und Resilienzfazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen; die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 1).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben wird den Projektionen zufolge neutral sein.

(8)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/6


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2021

(2021/C 304/02)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Dieser Einschätzung schlossen sich die Finanzministerinnen und -minister der Mitgliedstaaten am 23. März 2020 an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Bulgarien, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Bulgarien, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird außerdem auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(4)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, die die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten erleichtern sollen. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden haushaltspolitischen Kurs anstreben, wobei den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung zu tragen ist. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(5)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als ein zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 5. Mai 2021 legte Bulgarien nach Ablauf der in Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 vorgesehenen Frist sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Bulgariens im Jahr 2020 auf 3,4 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 25 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -5,5 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltpolitische Maßnahmen im Umfang von 3,2 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden.

(8)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Bulgariens erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium erfüllt.

(9)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein vorsichtiges makroökonomisches Szenario zugrunde, da keine Finanzierung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt wurde. Das vorgelegte Basisszenario ist daher nicht direkt mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission vergleichbar. Ferner geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2021 auf der Grundlage günstigerer Annahmen für die Auslandsnachfrage von einem kräftigeren Exportwachstum aus.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung einen Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits von 3,4 % des BIP im Jahr 2020 auf 5,6 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote ein Anstieg auf 27,4 % des BIP im Jahr 2021 geplant ist. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge dürfte die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorkrisenniveau (2019) -7,8 % des BIP betragen. Die Ursachen für den projizierten Anstieg des nominalen und primären gesamtstaatlichen Defizits und folglich des Schuldenstands werden im Konvergenzprogramm 2021 nicht ausführlich erläutert, und diese Werte sind trotz des Auslaufens einiger diskretionärer haushaltspolitischer Maßnahmen vorgesehen. Diese Projektionen fallen höher aus als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Nach der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission dürfte das Defizit 2021 auf 3,2 % des BIP zurückgehen und die Schuldenquote 2021 auf 24,5 % des BIP sinken. Der Hauptunterschied besteht in den unterschiedlichen Projektionen für die sonstigen Einnahmen, die dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge im Jahr 2021 um 2,5 Prozentpunkte des BIP sinken und damit deutlich unter dem historischen Niveau liegen werden. Die Ursachen dieses Einnahmenrückgangs werden im Konvergenzprogramm 2021 nicht erläutert.

(11)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Bulgarien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Bulgarien in den Jahren 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 im Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen sind befristet oder werden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(12)

Im Konvergenzprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2020 auf 0,02 %, 2021 auf 0,3 %, 2022 auf 0,8 %, 2023 auf 1,4 %, 2024 auf 1,7 %, 2025 auf 2,6 % und 2026 auf 1,8 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(13)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(14)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(15)

In seinem Konvergenzprogramm 2021 projiziert Bulgarien für 2022 einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits auf 2,7 % des BIP, was in erster Linie auf die Beendigung der in den Jahren 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 28,6 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen fallen höher aus als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -1,4 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,8 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 1 BIP-Prozentpunkt erwartet.

(16)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(17)

Gemäß den im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplänen soll das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2023 auf 3,1 % des BIP ansteigen. Das Konvergenzprogramm 2021 enthält keine Angaben zum Jahr 2024. Ausgehend von dem Konvergenzprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für das Jahr 2023 auf -0,6 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und andere Unionsmittel finanzierten Ausgaben wird sich 2023 voraussichtlich um 0,6 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird für 2023 von einem expansiven Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 5 % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Bulgariens daher einen Schub verleihen könnten.

(18)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2023 auf 29,3 % des BIP ansteigen. Das Konvergenzprogramm 2021 enthält keine Angaben zum Jahr 2024. Mittelfristig bestehen in Bulgarien laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(19)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(20)

Der Rat hat das bulgarische Konvergenzprogramm 2021 und die von Bulgarien zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT BULGARIEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten; das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben unter Kontrolle zu halten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6)

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 8).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/10


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Tschechiens 2021

(2021/C 304/03)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Tschechien, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Tschechien, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels, beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(4)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(5)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 30. April 2021 legte Tschechien im Einklang mit Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Tschechiens im Jahr 2020 auf 6,2 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 38,1 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -6,4 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 4,6 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Tschechien Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 6,2 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 1 ½ % des BIP geschätzt.

(8)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Tschechiens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(9)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 realistisch und für 2022 vorsichtig. Die Projektion der Kommission ist hinsichtlich des realen BIP-Wachstums für 2021 etwas optimistischer als das Konvergenzprogramm 2021 (3,4 % gegenüber 3,1 %) und für 2022 noch optimistischer (4,4 % gegenüber 3,7 %), weil die Kommission für 2021 mit einem höheren Wachstum der privaten Konsumausgaben und für 2022 mit höheren Bruttoanlageinvestitionen rechnet.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung einen Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits von 6,2 % des BIP im Jahr 2020 auf 8,8 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote ein Anstieg auf 44,8 % des BIP im Jahr 2021 geplant ist. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -9,0 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 6,5 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(11)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Tschechien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Tschechien in den Jahren 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen laut vorläufigen Schätzungen noch auf rund 2 % des BIP belaufen, die in erster Linie mit dem Rückgang der Einkommensteuereinnahmen im Umfang von 1,9 % des BIP zusammenhängen.

(12)

Im Konvergenzprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,3 %, im Jahr 2022 auf 0,7 % und im Jahr 2023 auf 0,7 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(13)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(14)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(15)

In seinem Konvergenzprogramm 2021 projiziert Tschechien für 2022 einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits auf 5,9 % des BIP, was in erster Linie auf die Beendigung der in den Jahren 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen sowie die wirtschaftliche Erholung zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 48,2 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf - 0,2 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,5 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Der Beitrag der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte neutral ausfallen.

(16)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(17)

Gemäß den im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplänen soll das gesamtstaatliche Defizit von 5,4 % des BIP im Jahr 2023 auf 5,2 % im Jahr 2024 zurückgehen. Während der Programmlaufzeit soll das gesamtstaatliche Defizit nicht wieder unter den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP sinken. Ausgehend von dem Konvergenzprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem EU-Haushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich +1,2 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,3 BIP-Prozentpunkte sinken. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte ein kontraktiver Beitrag von 0,8 BIP-Prozentpunkten ausgehen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 4 ¼ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Tschechiens daher einen Schub verleihen könnten.

(18)

Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote von 51,5 % des BIP im Jahr 2023 auf 54,6 % des BIP im Jahr 2024 steigen. Mittelfristig bestehen in Tschechien laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(19)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(20)

Der Rat hat das Konvergenzprogramm 2021 Tschechiens und die Maßnahmen des Landes zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 bewertet —

EMPFIEHLT TSCHECHIEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Tschechiens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Tschechiens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 15).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/14


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2021

(2021/C 304/04)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Dänemark, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Dänemark, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(4)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(5)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 29. April 2021 legte Dänemark im Einklang mit Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Dänemarks im Jahr 2020 auf 1,1 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 42,2 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug 5,1 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 2,8 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Dänemark Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 28,4 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(8)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Dänemarks erörtert, da das gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2021 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überschreiten wird. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium erfüllt.

(9)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 vorsichtig und für 2022 realistisch. Im Konvergenzprogramm 2021 wird ein reales BIP-Wachstum von 2,1 % für das Jahr 2021 und von 3,8 % für das Jahr 2022 prognostiziert. Im Vergleich dazu geht die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission von einem realen BIP-Wachstum von 2,9 % im Jahr 2021 und von 3,5 % im Jahr 2022 aus. Die Hauptunterschiede bestehen in den Annahmen über die Entwicklung der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Beschränkungen im Jahr 2021.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von -1,1 % des BIP im Jahr 2020 auf -3,3 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote ein Rückgang auf 40,7 % des BIP im Jahr 2021 geplant ist. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich - 7 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 1,2 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht von einem geringeren Defizit im Jahr 2021 auf Grundlage eines besseren makroökonomischen Szenarios und optimistischerer Einnahmenschätzungen aus der Besteuerung der Altersvorsorge aus.

(11)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Dänemark haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Dänemark 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind befristet oder werden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(12)

Im Konvergenzprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,2 %, im Jahr 2022 auf 0,2 %, im Jahr 2023 auf 0,1 %, im Jahr 2024 auf 0,1 % und im Jahr 2025 auf 0,03 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(13)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(14)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen.

Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(15)

Laut dem dänischen Konvergenzprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 0,9 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 41,3 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf +1,6 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird voraussichtlich unverändert bleiben. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 1,0 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(16)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(17)

Der im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 0,7 % des BIP im Jahr 2023 auf 0,6 % des BIP im Jahr 2024 und im Jahr 2025 auf null zurückgehen. Ausgehend von dem Konvergenzprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,2 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Der Beitrag der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte neutral ausfallen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3 ½ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Dänemarks daher einen Schub verleihen könnten.

(18)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote im Konvergenzprogramm 2021 von 41,6 % des BIP im Jahr 2023 auf 41,3 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Dänemark laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(19)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(20)

Der Rat hat das dänische Konvergenzprogramm 2021 und die Maßnahmen Dänemarks zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 bewertet —

EMPFIEHLT DÄNEMARK,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investititonen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Dänemarks 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 22).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 0,6 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/18


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Deutschlands 2021

(2021/C 304/05)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 (2), vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte sie ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Deutschland, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Deutschland ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Deutschlands den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 27. April 2021 legte Deutschland gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Deutschlands im Jahr 2020 auf 4,2 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 69,8 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -5,9 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von - 3½ % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Deutschland Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 25 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 1 ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Deutschlands erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 realistisch und für 2022 vorsichtig. Im Stabilitätsprogramm 2021 wird ein reales BIP-Wachstum von 3,0 % für das Jahr 2021 und von 2,6 % für das Jahr 2022 prognostiziert, während die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2021 von 3,4 % bzw. 4,1 % ausgeht. Die Differenz ist darauf zurückzuführen, dass die Behörden für 2021 mit einer früheren Erholung des privaten Konsums rechnen, aber von einem weniger kräftigen Exportwachstum ausgehen. Für 2022 stützt sich die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission auf einen verzögerten, aber kräftigen Wiederanstieg des Konsums. Im Stabilitätsprogramm 2021 wird angenommen, dass die Produktion im Laufe des Jahres 2022 wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht, während für Beschäftigung und privaten Konsum erwartet wird, dass die Erholung etwas mehr Zeit erfordert.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 4,2 % des BIP im Jahr 2020 auf 9 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein weiterer Anstieg auf 74½ % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -10,6 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 6¼ % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Die Kommission erwartet in ihrer Frühjahrsprognose 2021, dass sich die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und zur Stützung der Wirtschaft weniger stark auf den Haushalt auswirken, und prognostiziert ein geringeres Defizit als die Bundesregierung in ihrem Stabilitätsprogramm 2021, nämlich 7,5 % des BIP für 2021 bei einer Schuldenquote von 73,1 % des BIP.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Deutschland haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Deutschland 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen. Diese unbefristeten Maßnahmen beinhalten auch Investitionen in Höhe von annähernd 0,1 % des BIP, die dem mittelfristigen Potenzialwachstum und somit der Nachhaltigkeit förderlich sein dürften.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2020 auf 0,03 %, 2021 auf 0,3 %, 2022 auf 0,1 %, 2023 auf 0,1 %, 2024 auf 0,1 %, 2025 auf 0,1 % und 2026 auf 0,04 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem EU-Haushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem deutschen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 3 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 74 % des BIP sinken. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf +0,5 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 1½ % des BIP im Jahr 2023 bis 2024 auf ½ % des BIP zurückgeführt und 2025 mit 0 % des BIP erneut ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem EU-Haushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich +0,9 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird voraussichtlich unverändert bleiben. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,7 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 2¾ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Deutschlands daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 73¼ % des BIP im Jahr 2023 auf 72 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Deutschland laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das deutsche Stabilitätsprogramm 2021 und die von Deutschland zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT DEUTSCHLAND,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6)

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Deutschlands 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Deutschlands 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 27).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/23


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2021

(2021/C 304/06)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 (2) des Rates vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Estland, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Estland, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Estlands den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützten.

(5)

NextGenerationEU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Estland gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Estlands im Jahr 2020 auf 4,9 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 18,2 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -4,7 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 2,7 % (5) zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Estland Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 1,5 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Estlands erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein realistisches makroökonomisches Szenario zugrunde. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird das reale BIP-Wachstum 2021 voraussichtlich bei 2,5 % und 2022 bei 4,8 % liegen. Dies steht mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission im Einklang, die von einem realen BIP-Wachstum von 2,8 % im Jahr 2021 und 5,0 % im Jahr 2022 ausgeht.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 4,9 % des BIP im Jahr 2020 auf 6 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 21,4 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich 6,3 % des BIP betragen, worin die 2020 und 2021 eingeführten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 3,3 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Estland haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Estland 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich in erster Linie um laufende Ausgaben handeln wird. Diese unbefristeten Maßnahmen beinhalten auch Investitionen in Höhe von annähernd ⅓ % des BIP, die dem mittelfristigen Potenzialwachstum und somit der Nachhaltigkeit förderlich sein dürften.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,4 %, im Jahr 2022 auf 0,5 %, im Jahr 2023 auf 0,7 % und im Jahr 2024 auf 0,7 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (6) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem estnischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 3,8 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf die wirtschaftliche Erholung und das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 24,6 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf +1,6 % des BIP geschätzt (7). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,2 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 1,7 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 3,2 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,2 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2024 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionsaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich +1,1 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (9). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,5 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 5 ¾ % geschätzt (10). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Estlands daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 27,4 % des BIP im Jahr 2023 auf 28 % des BIP im Jahr 2024 steigt. Mittelfristig bestehen in Estland laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das estnische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Estland zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT ESTLAND,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Estlands 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 33).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Das Stabilitätsprogramm 2021 enthält keine Schätzung des Gesamtbetrags der diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen.

(6)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(7)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(10)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/28


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2021

(2021/C 304/07)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Irland, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Irland, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Irlands den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

NextGenerationEU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels, beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Irland im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Irlands im Jahr 2020 auf 5,0 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 59,5 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -5,7 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,9 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Irland Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 1,2 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Irlands erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 realistisch und für 2022 vorsichtig. Nach einem Anstieg des realen BIP um 3,4 % im Jahr 2020 wird im Stabilitätsprogramm im Einklang mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission für das Jahr 2021 ein Wachstum von 4,5 % prognostiziert. Für 2022 prognostizieren sowohl das Stabilitätsprogramm 2021 als auch die Kommission ein jährliches Wachstum des realen BIP um 5,0 %.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits von 5,0 % des BIP im Jahr 2020 auf 4,7 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 62,2 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Verschlechterung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich 5,4 % des BIP betragen, worin diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,5 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Irland haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Irland 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2022 auf 0,02 %, 2023 auf 0,07 %, 2024 auf 0,06 % und 2025 auf 0,04 % des BIP belaufen werden. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission beruht auf der Annahme einer vereinfachten und linearen Integration der aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Ausgaben in Höhe von 0,06 % im Jahr 2021 und von 0,04 % im Jahr 2022.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der fiskalische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Notfallmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem fiskalischen Gesamtkurs soll im Rahmen der Analyse auch bewertet werden, ob die nationalen Haushaltspolitiken vorsichtig sind und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die im Einklang mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem irischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 2,8 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 60,2 % des BIP sinken. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,4 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,2 BIP-Prozentpunkt erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 1,2 % des BIP im Jahr 2023 auf 0,7 % des BIP im Jahr 2024 und auf 0,2 % des BIP im Jahr 2025 zurückgehen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 1,6 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird voraussichtlich unverändert bleiben. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 1,4 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3½ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Irlands daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 59,0 % des BIP im Jahr 2023 auf 57,7 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Irland laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das irische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Irland zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT IRLAND,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses zu verfolgen und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des nationalen Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Irlands 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 39).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/33


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Griechenlands 2021

(2021/C 304/08)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Griechenland, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Griechenland ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Griechenlands den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Finanzhilfeprogramms des Europäischen Stabilitätsmechanismus im Jahr 2018 unterliegt Griechenland gemäß der Verordnung (EU) Nr. 472/2013 des Parlaments und des Rates (5) der verstärkten Überwachung. Durch die Aktivierung der verstärkten Überwachung für Griechenland im Einklang mit den Durchführungsbeschlüssen (EU) 2018/1192 (6) und (EU) 2021/271 der Kommission (7) wird die Tatsache anerkannt, dass das Land auf mittlere Sicht weitere Maßnahmen ergreifen muss, um die potenziellen Ursachen makroökonomischer Ungleichgewichte anzugehen, und dass es Strukturreformen umsetzen muss, die eine robuste und nachhaltige wirtschaftliche Erholung unterstützen. Griechenland hat sich in der Sitzung der Euro-Gruppe vom 22. Juni 2018 verpflichtet, alle im Rahmen des Programms verabschiedeten wichtigen Reformen fortzuführen und vollständig abzuschließen. Griechenland hat sich ferner verpflichtet, in den Bereichen haushaltspolitische und strukturelle finanzpolitische Maßnahmen, Sozialfürsorge, Finanzstabilität, Arbeits- und Produktmärkte, Privatisierung, Funktionsweise des Justizwesens, öffentliche Verwaltung und Korruptionsbekämpfung spezifische Maßnahmen durchzuführen. Diese Strukturreformen gewinnen angesichts der Bemühungen Griechenlands, seine Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, noch an Bedeutung. Die erfolgreiche Umsetzung und der Abschluss dieser Reformen dürften das mittel- und langfristige Wachstum Griechenlands erheblich unterstützen. Griechenland unterliegt der vierteljährlichen Berichterstattung über seine Fortschritte bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen im Rahmen der verstärkten Überwachung. Ein positiver Bericht für ein halbes Jahr kann die Freigabe von Schuldenerleichterungsmaßnahmen im Umfang von 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr bewirken. So wurden die ersten vier Tranchen politikabhängiger Schuldenerleichterungsmaßnahmen in Höhe von insgesamt 3 252 Mio. EUR nach entsprechenden Vereinbarungen der Euro-Gruppe vom April 2019, Dezember 2019, Juni 2020 und November 2020 freigegeben. Der zehnte Bericht im Rahmen der verstärkten Überwachung, in dem die Fortschritte Griechenlands bei der Umsetzung seiner Verpflichtungen bewertet werden, wurde am 2. Juni 2021 veröffentlicht.

(9)

Am 29. April 2021 legte Griechenland im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(10)

Gemäß den von Eurostat validierten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Griechenlands im Jahr 2020 auf 9,7 % des BIP, während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 205,6 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug 11,3 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 5,9 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Griechenland Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 2,2 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(11)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Griechenlands erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(12)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 liegt ein vorsichtiges makroökonomisches Szenario zugrunde, demzufolge der Anstieg des realen BIP voraussichtlich um etwa 0,5 Prozentpunkte hinter der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission zurückbleiben wird. Diese Diskrepanz ist auf unterschiedliche Annahmen hinsichtlich der Entwicklung der COVID-19-Pandemie, der Inanspruchnahme von Mitteln aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und des Tempos der Erholung der Tourismusbranche zurückzuführen. Die makroökonomischen Prognosen für 2022 im Rahmen des Stabilitätsprogramms 2021 stehen in engem Zusammenhang mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 9,7 % des BIP im Jahr 2020 auf 9,9 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Rückgang auf 204,8 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -11,6 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 6,4 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Die Projektionen für das gesamtstaatliche Defizit entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Die im Stabilitätsprogramm 2021 enthaltenen Projektionen in Bezug auf die Schuldenquote liegen unter denen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission, der zufolge von einer Schuldenquote von 208,8 % des BIP ausgegangen wird. Der Unterschied ist auf unterschiedliche Annahmen hinsichtlich der Privatisierungserlöse, der Nettovermögensbildung und der Anpassungen durch Umrechnung von Kassen- auf Periodenbuchführung zurückzuführen.

(14)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Griechenland haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Griechenland 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten und für 2022 angekündigten diskretionären Haushaltsmaßnahmen sind befristet oder werden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(15)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,9 %, 2022 auf 1,7 %, 2023 auf 1,6 %, 2024 auf 1,6 %, 2025 auf 1,5 % und 2026 auf 1,5 % des BIP belaufen werden. Außerdem wird in dem Programm von Darlehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in Höhe von 1,4 % des BIP im Jahr 2021, von 1,4 % des BIP im Jahr 2022, von 1,1 % des BIP im Jahr 2023, von 1,1 % des BIP im Jahr 2024, von 1 % des BIP im Jahr 2025 und von 0,5 % des BIP im Jahr 2026 ausgegangen. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt, während sie für die Darlehen auf der Grundlage einer einheitlichen jährlichen Auszahlung nach 2021 von einem niedrigeren Betrag im Jahr 2022 ausgeht.

(16)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (8) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(17)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(18)

Laut dem griechischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 2,9 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf die erwartete wirtschaftliche Erholung und das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 189,5 % des BIP sinken. Die Projektionen für das gesamtstaatliche Defizit entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Die im Stabilitätsprogramm 2021 enthaltenen Projektionen in Bezug auf die Schuldenquote liegen unter denen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Dieser Unterschied erklärt sich durch unterschiedliche Annahmen in Bezug auf den Zahlungsmittelbestand, die Privatisierungserlöse und die Nettovermögensbildung. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -2,4 % des BIP geschätzt (9). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,3 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,9 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (10). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(19)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(20)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit 0,4 % des BIP im Jahr 2023 erreichen und im Jahr 2024 ein Überschuss von 0,6 % des BIP erzielt werden. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der fiskalische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,6 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte vermindern. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (11). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,6 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 1¼ % geschätzt (12). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Griechenlands daher einen Schub verleihen könnten.

(21)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 176,7 % des BIP im Jahr 2023 auf 166,1 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Angesichts der hohen Schuldenquote Griechenlands, die den Projektionen zufolge im Laufe der Zeit nur allmählich sinken wird, wird davon ausgegangen, dass in dem Land — wie auch aus der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht — mittelfristig hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen. Im zehnten Bericht über eine verstärkte Überwachung wird auf weitere Faktoren hingewiesen, die für die Gesamtbewertung der Schuldentragfähigkeit relevant sind, wie die Tatsache, dass Zusammensetzung und Fälligkeitsprofil der Staatsschulden die Schuldenanfälligkeit mindern, während Eventualverbindlichkeiten ein zusätzliches Risiko darstellen.

(22)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(23)

Der Rat hat das griechische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Griechenland zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet –

EMPFIEHLT GRIECHENLAND,

1.   

im Jahr 2022 die Aufbau- und Resilienzfazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen; die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Griechenlands 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Griechenlands 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 46).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 472/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 1).

(6)  Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1192 der Kommission vom 11. Juli 2018 über die Aktivierung einer verstärkten Überwachung für Griechenland (ABl. L 211 vom 22.8.2018, S. 1).

(7)  Durchführungsbeschluss (EU) 2021/271 der Kommission vom 17. Februar 2021 über die Verlängerung der verstärkten Überwachung Griechenlands (ABl. L 61 vom 22.2.2021, S. 3).

(8)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(9)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(10)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen expansiven Beitrag von 0,9 BIP-Prozentpunkten leisten.

(11)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(12)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/38


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2021

(2021/C 304/09)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte sie ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Spanien, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Spanien, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Spaniens den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Spanien gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Spaniens im Jahr 2020 auf 11,0 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 120,0 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug 8,1 % des BIP, einschließlich diskretionärer haushaltspolitischer Maßnahmen im Umfang von 4,0 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren. Außerdem stellte Spanien Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 15 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 8 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Spaniens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein realistisches makroökonomisches Szenario zugrunde. Die Differenz von 0,6 BIP-Prozentpunkten zwischen den Schätzungen der Kommission (5,9 %) und des Stabilitätsprogramms 2021 (6,5 %) für das geschätzte BIP-Wachstum im Jahr 2021 hängt mit den in gewissem Umfang unterschiedlichen Ausgabenprofilen bei den Zuschüssen der Aufbau- und Resilienzfazilität zusammen. Während die Kommission eher einen allmählichen Abfluss der Zuschüsse der Aufbau- und Resilienzfazilität prognostiziert, beruht das makroökonomische Szenario des Stabilitätsprogramms 2021 auf einer deutlich vorgezogenen Nutzung der Mittel, was ein höheres Wirtschaftswachstum zur Folge hat. Die Projektionen für 2022 stimmen im Großen und Ganzen überein und weisen nur geringfügige Abweichungen auf.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits von 11,0 % des BIP im Jahr 2020 auf 8,4 % des BIP im Jahr 2021, während die Schuldenquote 2021 auf 119,5 % des BIP sinken soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich 5,8 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen fallen höher aus als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission, die von einem Defizit in Höhe von 7,6 % des BIP ausgeht. Diese Differenz ist auf die unterschiedlichen Projektionen der Staatsausgaben zurückzuführen. Insbesondere prognostiziert die Kommission niedrigere Staatsausgaben für soziale Transferleistungen und andere Ausgabenposten als nach den Projektionen des Stabilitätsprogramms 2021.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Spanien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Spanien in den Jahren 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen sind befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2020 auf 0,04 %, im Jahr 2021 auf 1,8 %, im Jahr 2022 auf 1,9 %, im Jahr 2023 auf 1,4 % und im Jahr 2024 auf 0,1 % des BIP belaufen werden. Da etwa 95 % der Spanien zugewiesenen Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in den Jahren 2021 bis 2023 verwendet werden, wird die Finanzierung durch die Aufbau- und Resilienzfazilität plangemäß nahezu vollständig innerhalb des Programmzeitraums des Stabilitätsprogramms 2021 verwendet. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge besteht auch die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt Darlehen in Höhe von 6,3 % des BIP aus der Aufbau- und Resilienzfazilität zu beantragen. Damit könnte sich das Volumen von Spaniens Aufbau- und Resilienzplans verdoppeln. Die Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms 2021 erfassen jedoch nicht die direkten Auswirkungen der Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität auf die Ausgaben- und Einnahmenpläne, sondern nur die indirekten Auswirkungen aufgrund des höheren BIP-Wachstums. Die Frühjahrsprognose der Kommission 2021 enthält nicht alle von Spanien in seinen Haushaltsprojektionen bis 2022 eingeplanten Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, weil sie von anderen Annahmen ausgeht, zu welchem Zeitpunkt die Projekte im Rahmen des spanischen Aufbau- und Resilienzplans soweit gediehen sind, dass die Ausgaben tatsächlich eintreten und damit auch ihre Wirkung auf das BIP-Wachstum entfalten.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem spanischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 5,0 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 115,1 % des BIP sinken. Diese Projektionen entsprechen im Großen und Ganzen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,5 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,6 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanungen zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 4,0 % des BIP im Jahr 2023 auf 3,2 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Während der Laufzeit des Stabilitätsprogramms 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit nicht wieder unter 3 % des BIP sinken. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich +0,9 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,9 BIP-Prozentpunkte vermindern. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 2½ % geschätzt. Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Spaniens daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 113,3 % des BIP im Jahr 2023 auf 112,1 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Angesichts der hohen Schuldenquote, die den Projektionen zufolge im Laufe der Zeit nur allmählich sinken wird, wird davon ausgegangen, dass in Spanien — wie auch aus der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht — mittelfristig hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien vornehmlich qualitativer Natur bleiben und außerdem ein differenziertes quantitatives Element mit Blick auf die mittelfristige Lage enthalten. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das spanische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Spanien zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT SPANIEN,

1.   

im Jahr 2022 die Aufbau- und Resilienzfazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen; die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 54).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,5 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/43


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2021

(2021/C 304/10)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 (2) des Rates vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte sie ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Frankreich, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Frankreich ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Frankreichs den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen. Einige der Maßnahmen schienen jedoch weder befristet zu sein noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Frankreich im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Frankreichs im Jahr 2020 auf 9,2 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 115,7 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -6,2 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,3 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Frankreich Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 17,4 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 6 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Frankreichs erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 vorsichtig. Während im Stabilitätsprogramm 2021 ein BIP-Wachstum von 5 % für 2021 und von 4 % für 2022 projiziert wird, geht die Kommission in ihrer Prognose davon aus, dass das BIP in diesen Jahren um 5,7 % bzw. 4,2 % wachsen wird. In der Kommissionsprognose wird von einem höheren Wachstum für 2021 ausgegangen, da mit einem stärkeren Beitrag der Inlandsnachfrage und der Nettoexporte zum Wachstum gerechnet wird als im Stabilitätsprogramm 2021. Konkret sieht die Kommission einen weniger dynamischen privaten Verbrauch voraus und erwartet, dass Investitionen und Exporte rascher zunehmen als im makroökonomischen Szenario des Stabilitätsprogramms 2021 projiziert. Dem für 2022 in der Kommissionsprognose höher veranschlagten Wachstum liegt vor allem die Annahme eines stärkeren Wachstumsbeitrags der Nettoexporte zugrunde. Der erwartete Gesamtbeitrag der Inlandsnachfrage zum Wachstum entspricht dagegen weitgehend dem im Stabilitätsprogramm 2021 prognostizierten.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits von 9,2 % des BIP im Jahr 2020 auf 9,0 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 117,8 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -6,2 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 4,0 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Frankreich haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Frankreich 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen und für 2022 angekündigten diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der: Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um eine dauerhafte Senkung der Produktionsabgaben, die Erhöhung der Gehälter von Beamten insbesondere im Gesundheitswesen sowie um Vermögenstransfers handelt. Diese unbefristeten Maßnahmen beinhalten auch Investitionen in Höhe von annähernd 1/10 % des BIP, die dem mittelfristigen Potenzialwachstum und somit der Nachhaltigkeit förderlich sein dürften.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,7 % des BIP und ab dem Jahr 2022 auf 0,9 % des BIP belaufen werden. In den Haushaltsprojektionen der Kommission im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 werden Zuschüsse von schätzungsweise 0,8 % des BIP im Jahr 2021 und 0,4 % des BIP im Jahr 2022 berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem französischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 5,3 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf ein Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 116,3 % des BIP sinken. Während die Schuldenstandsprojektion mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission im Einklang steht, fällt die Defizitprojektion höher aus als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission, was hauptsächlich durch das von der Kommission für 2021 erwartete niedrigere Defizit und das etwas ungünstigere makroökonomische Szenario des Stabilitätsprogramms 2021 begründet ist. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, dürfte der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, den Schätzungen zufolge neutral sein (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,3 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 4,4 % im Jahr 2023 auf 3,9 % im Jahr 2024, 3,5 % im Jahr 2025 und 3,2 % im Jahr 2026 zurückgehen. Im Jahr 2027 soll das gesamtstaatliche Defizit 2,8 % des BIP betragen und 3 % des BIP nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,4 % des BIP geschätzt. Das Programm enthält nicht die Informationen, die erforderlich sind, um den Beitrag der von der Union finanzierten Ausgaben, der national finanzierten Investitionen und der national finanzierten laufenden Primärausgaben zum fiskalischen Gesamtkurs einzuschätzen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 2 ¼ % geschätzt. (8) Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Frankreichs daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll von 117,2 % des BIP im Jahr 2023 auf 118,0 % im Jahr 2024 und auf 118,3 % im Jahr 2025 ansteigen, bevor sie 2026 und 2027 auf 118,2 % bzw. 117,7 % des BIP gesenkt wird. Angesichts der hohen Schuldenquote, die den Projektionen zufolge im Laufe der Zeit nur allmählich sinken wird, wird davon ausgegangen, dass in Frankreich — wie auch aus der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht — mittelfristig hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das französische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Frankreich zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT FRANKREICH,

1.   

im Jahr 2022 die Aufbau- und Resilienzfazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen; die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 62).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht die ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte den Projektionen zufolge neutral bleiben.

(8)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/48


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2021

(2021/C 304/11)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Kroatien, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Kroatien ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(4)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(5)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 29. April 2021 legte Kroatien gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Kroatiens im Jahr 2020 auf 7,4 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 88,7 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -8,1 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,8 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Kroatien Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 4,6 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(8)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Kroatiens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(9)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 realistisch und für 2022 günstig. Insbesondere wird darin ein etwas stärkeres Wachstum prognostiziert als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission: für das Jahr 2021 5,2 % gegenüber 5 % und für das Jahr 2022 6,6 % gegenüber 6,1 %. Dies ist in erster Linie auf die positiveren Projektionen für den Verbrauch und die Investitionen der privaten Haushalte zurückzuführen, während die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission in Bezug auf den Beitrag der Ausfuhren etwas optimistischer ausfällt.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits von 7,4 % des BIP im Jahr 2020 auf 3,8 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Rückgang auf 86,6 % des BIP geplant ist. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -4,6 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht hingegen nicht davon aus, dass das Defizit im Jahr 2021 derart stark zurückgehen wird (4,6 % des BIP). Am größten sind die Unterschiede auf der Einnahmenseite: Im Konvergenzprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass die Erholung der Einnahmen deutlich über der nominalen BIP-Wachstumsrate liegen wird. Unterdessen wird erwartet, dass der Wiederaufbau nach den Erdbeben von 2020 in Zagreb und Petrinja Auswirkungen auf die Ausgaben haben wird, die jedoch eine Ausnahme darstellen würden.

(11)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Kroatien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Kroatien 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 0,3 % des BIP belaufen, wobei es sich in erster Linie um Einkommensteuerermäßigungen handeln wird.

(12)

Im Konvergenzprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,4 %, im Jahr 2022 auf 1,9 %, im Jahr 2023 auf 2,4 %, im Jahr 2024 auf 2,3 %, im Jahr 2025 auf 1,7 % und im Jahr 2026 auf 1 % des BIP belaufen werden. In den Haushaltsprojektionen der Kommission im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 sind diese Zuschüsse für 2021 und 2022 mit einem weitgehend ähnlichen zeitlichen Verlauf berücksichtigt.

(13)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(14)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem EU-Haushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(15)

Laut dem kroatischen Konvergenzprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 2,6 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf ein starkes Einnahmenwachstum und das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 82,5 % des BIP sinken. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht im Jahr 2022 von einem höheren Defizit (3,2 % des BIP) und einer höheren Schuldenquote (82,9 % des BIP) aus, wobei die Differenz hauptsächlich auf den Basiseffekt aus dem Jahr 2021 zurückzuführen ist. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -2,4 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 1,5 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,8 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(16)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(17)

Der im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 1,9 % des BIP im Jahr 2023 auf 1,5 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeführt werden. Ausgehend von dem Konvergenzprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich -0,1 % des BIP geschätzt. Von den durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und andere Unionsmittel finanzierten Ausgaben wird ein kontraktiver Beitrag von 0,6 BIP-Prozentpunkten erwartet. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,6 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3¼ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Kroatiens daher einen Schub verleihen könnten.

(18)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 79,5 % des BIP im Jahr 2023 auf 76,8 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Kroatien laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(19)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(20)

Der Rat hat das kroatische Konvergenzprogramm 2021 und die von Kroatien zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT KROATIEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten; das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben unter Kontrolle zu halten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6)

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 68).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/53


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2021

(2021/C 304/12)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Italien, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Italien, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Italiens den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützten. Einige der Maßnahmen schienen jedoch weder befristet zu sein noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels, beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird außerdem auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Italien im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Italiens im Jahr 2020 auf 9,5 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 155,8 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug 8,0 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Italien Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 24,8 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Liquiditätshilfen im Jahr 2020 entsprach etwa 7 % des BIP.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Italiens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein realistisches makroökonomisches Szenario zugrunde. Nach dem Stabilitätsprogramm 2021 dürfte das reale BIP-Wachstum 2021 bei 4,5 % und 2022 bei 4,8 % liegen. Im Vergleich dazu wird in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission von einem moderateren Rückgang des realen BIP-Wachstums von 4,2 % im Jahr 2021 und 4,4 % im Jahr 2022 ausgegangen, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass auf der Grundlage der aktuelleren Daten, die im nationalen Aufbau- und Resilienzplan aufgeführt sind, mit einer geringeren Inanspruchnahme von Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in den Jahren 2021 und 2022 gerechnet wird.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung einen Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits von 9,5 % des BIP im Jahr 2020 auf 11,8 % des BIP im Jahr 2021, während sich der öffentliche Schuldenstand 2021 auf 159,8 % des BIP erhöhen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich 10,4 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Italien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Italien in den Jahren 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge in ärmeren Regionen, die Ausweitung der Steuergutschriften für Arbeitseinkommen und die Einführung eines Familienbonus handelt. Diese unbefristeten Maßnahmen beinhalten auch Investitionen in Höhe von annähernd ⅓ % des BIP, die dem mittelfristigen Potenzialwachstum und somit der Nachhaltigkeit förderlich sein dürften.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,6 %, 2022 auf 0,9 %, 2023 auf 1,4 %, 2024 auf 0,5 % und 2025 auf 0,2 % des BIP belaufen werden. Ferner wird im Stabilitätsprogramm 2021 davon ausgegangen, dass sich die durch Darlehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2020 auf 0,3 %, 2021 auf 0,8 %, 2022 auf 0,9 %, 2023 auf 0,7 %, 2024 auf 1,3 %, 2025 auf 1,2 % und 2026 auf 1,0 % des BIP belaufen werden. In Übereinstimmung mit den aktuelleren Daten im nationalen Aufbau- und Resilienzplan, der nach dem Stabilitätsprogramm 2021 fertiggestellt wurde, werden diese Zuschüsse in den Haushaltsprojektionen der Kommission im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 nicht in vollem Umfang berücksichtigt. Stattdessen wird in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,3 % und 2022 auf 0,7 % des BIP belaufen werden.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird dann an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

In seinem Stabilitätsprogramm 2021 projiziert Italien für 2022 einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits auf 5,9 % des BIP, was in erster Linie auf die Beendigung der in den Jahren 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen sowie auf die geringere Wirkung automatischer Stabilisatoren zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 156,3 % des BIP sinken. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -2,2 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,4 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Bei den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 1,3 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Den im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanungen zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 4,3 % des BIP im Jahr 2023 auf 3,4 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Während der Programmlaufzeit soll das gesamtstaatliche Defizit daher nicht wieder unter 3 % des BIP sinken. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem EU-Haushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,4 % des BIP geschätzt (8). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,4 BIP-Prozentpunkte vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (9). Der Beitrag der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte neutral ausfallen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 2 % geschätzt (10). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Italiens daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 155 % des BIP im Jahr 2023 auf 152,7 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Angesichts der hohen Schuldenquote, die den Projektionen zufolge im Laufe der Zeit nur allmählich sinken wird, wird davon ausgegangen, dass in Italien — wie auch aus der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht — mittelfristig hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das Stabilitätsprogramm 2021 und die Maßnahmen Italiens zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 bewertet —

EMPFIEHLT ITALIEN,

1.   

im Jahr 2022 die Aufbau- und Resilienzfazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen; die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten; das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben zu begrenzen;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investititonen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Italiens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 74).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die in diesem Erwägungsgrund angegebenen Schätzungen basieren auf den detaillierten Haushaltsprojektionen, die Italien im Rahmen des Stabilitätsprogramms 2021 übermittelt hat. Mit Ausnahme der Gesamtzahlen zum gesamtstaatlichen Defizit und Schuldenstand fand das für Mai 2021 angekündigte Fiskalpaket in den Projektionen Italiens keine Berücksichtigung. Dieses Paket vom 20. Mai 2021 umfasste zusätzliche Soforthilfen für 2021 sowie weitere Mittel für national finanzierte Investitionsvorhaben in den kommenden Jahren.

(9)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(10)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/58


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Zyperns 2021

(2021/C 304/13)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Zypern, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Zypern ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Nach der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 sollten die haushaltspolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten werden sowie zeitnah, befristet und zielgerichtet sein. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Zyperns den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

NextGenerationEU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 29. April 2021 legte Zypern im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Zyperns im Jahr 2020 auf 5,7 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 118,2 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -7,6 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,6 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Zypern Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 1,9 % des BIP bereit. die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Zyperns erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein günstiges makroökonomisches Szenario zugrunde. Der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission zufolge wird das reale BIP-Wachstum Zyperns 2021 voraussichtlich bei 3,1 % und 2022 bei 3,8 % liegen. Nach dem Stabilitätsprogramm 2021 dürfte die Wirtschaft Zyperns 2021 um 3,6 % und 2022 um 3,8 % wachsen. Die im Stabilitätsprogramm 2021 angegebene etwas höhere Wachstumsrate im Jahr 2021 ist auf einen kräftigeren privaten Konsum zurückzuführen.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 rechnet die Regierung mit einem Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits von 5,7 % des BIP im Jahr 2020 auf 4,7 % des BIP im Jahr 2021, während der öffentliche Schuldenstand 2021 auf 111,9 % des BIP zurückgehen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -6,5 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 3,4 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Zypern haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Zypern 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,6 %, im Jahr 2022 auf 0,4 %, im Jahr 2023 auf 0,4 % und im Jahr 2024 auf 0,4 % des BIP belaufen werden. In der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission wird hingegen davon ausgegangen, dass sich die Gesamtauswirkung der im Aufbau- und Resilienzplan enthaltenen Reformen und Investitionen auf den Haushalt im Jahr 2021 auf 0,3 % des BIP und im Jahr 2022 auf 0,5 % des BIP belaufen werden.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 wurden befristete Notfallmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem zyprischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 0,9 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 103,9 % des BIP sinken. Diese Projektionen fallen niedriger aus als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Die Kommission geht von einem Defizit von 2 % des BIP aus, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass höhere Ausgaben und niedrigere Einnahmen erwartet werden, und rechnet mit einer gesamtstaatlichen Schuldenquote von 106,6 % des BIP für 2022. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,3 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,4 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll der gesamtstaatliche Überschuss von 0,1 % des BIP im Jahr 2023 auf 1,6 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der fiskalische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 2,8 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkt erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 2,8 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3½ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Zyperns daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll von 99,5 % des BIP im Jahr 2023 auf 92,9 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Mittelfristig bestehen in Zypern laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das deutsche Stabilitätsprogramm 2021 und die von Zypern zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT ZYPERN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des nationalen Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Zyperns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Zyperns 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 82).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/63


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2021

(2021/C 304/14)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Lettland, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Lettland, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Lettlands den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 15. April 2021 legte Lettland gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Lettlands im Jahr 2020 auf 4,5 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 43,5 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug - 4 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,5 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Lettland Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 1,7 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Lettlands erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung des Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein vorsichtiges makroökonomisches Szenario zugrunde. Die Wachstumsraten des realen BIP dürften im Stabilitätsprogramm 2021 niedriger ausfallen als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission, was vor allem auf das geringere Exportwachstum zurückzuführen ist. Ferner wird im Stabilitätsprogramm 2021 von einem weiteren Beschäftigungsrückgang im Jahr 2021 und einer langsameren Erholung im Jahr 2022 ausgegangen als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 5,4 % des BIP im Jahr 2020 auf 9,3 % des BIP im Jahr 2021, während sich die öffentliche Schuldenquote 2021 auf 48,9 % des BIP erhöhen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -8,7 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 2,9 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen fallen höher aus als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Im Stabilitätsprogramm 2021 wird von einem stärkeren Anstieg der Ausgaben, insbesondere der sonstigen Ausgaben, ausgegangen als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Zudem verläuft die Einnahmenentwicklung in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission aufgrund des dort vorgesehenen optimistischeren makroökonomischen Szenarios günstiger.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Lettland haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Lettland in den Jahren 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung im Zeitraum 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst, insbesondere im Gesundheitswesen, handelt.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,1 %, im Jahr 2022 auf 0,8 % und im Jahr 2023 auf 0,8 % des BIP belaufen werden. Ferner wird im Stabilitätsprogramm 2021 davon ausgegangen, dass sich die aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Ausgaben leicht nach hinten verschieben und in den Jahren 2024 und 2025 höhere Werte erreichen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem lettischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 2,7 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 50,3 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen liegen über denjenigen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission, was in erster Linie auf das dort vorgesehene günstigere makroökonomische Szenario zurückzuführen ist. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, im Jahr 2022 auf -0,8 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,6 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,5 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 1,3 % des BIP im Jahr 2023 auf 0,3 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem EU-Haushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich +1,4 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und andere Unionsmittel finanzierten Ausgaben wird in den Jahren 2023 und 2024 im Durchschnitt voraussichtlich um 0,3 BIP-Prozentpunkte zurückgehen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 1 BIP-Prozentpunkt erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 4 ¾ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Lettlands daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll von 48,8 % des BIP im Jahr 2023 auf 48,5 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Mittelfristig bestehen in Lettland laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das lettische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Lettland zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet –

EMPFIEHLT LETTLAND,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten; das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben unter Kontrolle zu halten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 89).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/68


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2021

(2021/C 304/15)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Litauen, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Litauen ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Nach der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 sollten die haushaltspolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten werden sowie zeitnah, befristet und zielgerichtet sein. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Litauens den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen. Am 21. Dezember 2020 legte Litauen eine aktualisierte Übersicht über die Haushaltsplanung 2021 vor. Darin vertrat die Kommission die Auffassung, dass die aktualisierte Übersicht über die Haushaltsplanung Litauens den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser aktualisierten Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen. Einige der Maßnahmen schienen jedoch weder befristet zu sein noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Litauen im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Litauens im Jahr 2020 auf 7,4 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 47,3 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -8,0 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 7,1 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Litauen Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 2,7 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Litauens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 vorsichtig. Prognosen zufolge soll das reale BIP 2021 um 2,6 % und 2022 um 3,2 % ansteigen. Im makroökonomischen Szenario wurden Investitionen, die aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanziert werden sollen, nicht berücksichtigt. Der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission zufolge soll das reale BIP im Jahr 2021 um 2,9 % und im Jahr 2022 um 3,9 % steigen. Die höheren Prognosen der Kommission für das BIP lassen sich im Wesentlichen mit der Annahme einer stärkeren Erholung der Binnennachfrage einschließlich aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierter Investitionen erklären.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 7,4 % des BIP im Jahr 2020 auf 8,1 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 52,1 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -8,9 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 5,2 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen stehen mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission im Einklang, der zufolge das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2021 8,2 % erreichen wird, während die Schuldenquote 51,9 % des BIP betragen dürfte.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Litauen haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Litauen in den Jahren 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um Lohn- und Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst, Renten und andere Leistungen handelt.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,3 % des BIP, im Jahr 2022 auf 0,8 %, im Jahr 2023 auf 1,0 % und im Jahr 2024 auf 0,9 % belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 wurden befristete Notfallmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem litauischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 6,0 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 54,2 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen stehen mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission im Einklang, der zufolge das gesamtstaatliche Defizit 6,0 % erreichen wird, während die Schuldenquote 54,1 % des BIP betragen dürfte. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -2,0 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,5 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 1,8 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 4,0 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,2 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2024 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich +2,1 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte ein kontraktiver Beitrag von 1,9 BIP-Prozentpunkten ausgehen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 5¼ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Litauens daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2023 und 2024 weiterhin bei 57,9 % des BIP liegen. Es wird davon ausgegangen, dass in Litauen mittelfristig mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien vornehmlich qualitativer Natur sein und außerdem einige differenzierte quantitative Elemente mit Blick auf die mittelfristige Lage enthalten. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das litauische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Litauen zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT LITAUEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten; das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben unter Kontrolle zu halten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Litauens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 95).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte den Projektionen zufolge neutral bleiben.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/73


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2021

(2021/C 304/16)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Luxemburg, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Luxemburg ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Luxemburgs den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Luxemburg gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Luxemburgs im Jahr 2020 auf 4,1 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 24,9 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -6,6 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,6 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Luxemburg Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 5,7 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Luxemburgs erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung des Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 realistisch und für 2022 günstig. Im Stabilitätsprogramm 2021 wird für 2021 von einem Anstieg des realen BIP um 4,0 % ausgegangen, während in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission aufgrund der Erwartung eines stärkeren Wachstumsbeitrags der Binnennachfrage und des Außenbeitrags ein Anstieg um 4,5 % erwartet wird. Für 2022 sieht das Stabilitätsprogramm 2021 aufgrund eines stärkeren Anstiegs des Nettoausfuhrbeitrags ein höheres Wachstum des realen BIP vor als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission (4,0 % gegenüber 3,3 %).

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Senkung des gesamtstaatlichen Defizits von 4,1 % des BIP im Jahr 2020 auf 2,0 % des BIP im Jahr 2021, während sich die öffentliche Schuldenquote auf 26,8 % des BIP erhöhen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -4,3 % des BIP betragen, worin diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 0,6 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. In der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission wird für 2021 von einer ähnlichen Schuldenquote ausgegangen, aber vor allem vor dem Hintergrund eines größeren Rückgangs der öffentlichen Ausgaben eine stärkere Verbesserung des Defizits auf 0,3 % des BIP erwartet.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Luxemburg haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Luxemburg 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 sind noch keine Zuwendungen in Form von Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt. In der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission wird hingegen in Ermangelung hinreichend detaillierter Informationen über den nationalen Aufbau- und Resilienzplan von einer vereinfachten und linearen Integration der aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Ausgaben in Höhe von rund 0,03 % des BIP pro Jahr ausgegangen.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem luxemburgischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 1,3 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf höhere Staatseinnahmen und niedrigere Sozialausgaben vor dem Hintergrund des Auslaufens der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 28,0 % des BIP ansteigen. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht von einem geringeren Defizit (0,1 %) und einer geringeren Schuldenquote (26,8 %) aus. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,2 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird voraussichtlich unverändert bleiben. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 0,4 % des BIP im Jahr 2023 bis 2024 auf 0,0 % des BIP zurückgehen und 2025 ein Überschuss von 0,4 % des BIP erreicht werden. Das Stabilitätsprogramm 2021 enthält nicht die Informationen, die erforderlich sind, um den finanzpolitischen Kurs für 2023 und 2024 insgesamt einzuschätzen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 5 % geschätzt (8). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Luxemburgs daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 28,4 % des BIP im Jahr 2023 auf 28,2 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Luxemburg laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das luxemburgische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Luxemburg zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT LUXEMBURG,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses zu verfolgen und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 101).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/78


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2021

(2021/C 304/17)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Ungarn, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Ungarn ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(4)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(5)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als ein zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 30. April 2021 legte Ungarn gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Ungarns im Jahr 2020 auf 8,1 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 80,4 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -5,9 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 6,3 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Ungarn Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise ungefähr 6,8 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr ½ % des BIP geschätzt.

(8)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Ungarns erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(9)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 vorsichtig. Das Konvergenzprogramm 2021 projiziert ein reales BIP-Wachstum von 4,3 % im Jahr 2021 und 5,2 % im Jahr 2022, eine weniger robuste Erholung als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission vorhergesehen, vor allem wegen der langsamer als erwartet erfolgenden Wiederbelebung der Ausfuhren und des privaten Verbrauchs. Die Projektionen des Konvergenzprogramms 2021 für die Wachstumsrate des nominalen BIP und die wichtigsten Steuerbemessungsgrundlagen, einschließlich des Ausgleichs für Arbeitnehmer und den privaten Verbrauch, liegen geringfügig unter den Projektionen in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und sind für 2022 weitgehend ähnlich.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits von 8,1 % des BIP im Jahr 2020 auf 7,5 % des BIP im Jahr 2021, während die Schuldenquote 2021 auf 79,9 % des BIP sinken soll. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -5,1 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 3,0 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht aufgrund eines stärkeren Wirtschaftswachstums und steigender Steuereinnahmen von einer geringeren Defizitquote (6,8 %) und einer geringeren Schuldenquote (78,6 %) im Jahr 2021 aus.

(11)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Ungarn haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Ungarn 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 2 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um Gehaltserhöhungen für Beschäftigte im Gesundheitswesen, eine allmähliche Wiedereinführung der 13. Monatsrente und die Befreiung von der Einkommensteuer für Arbeitnehmer unter 25 Jahren handelt.

(12)

Im Konvergenzprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,9 %, 2022 auf 0,9 %, 2023 auf 1,0 %, 2024 auf 0,6 % und 2025 auf 0,4 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen der Frühjahrsprognose 2021 noch nicht in vollem Umfang berücksichtigt, da zum Stichtag keine ausreichend detaillierten Informationen über den nationalen Aufbau- und Resilienzplan vorlagen. Stattdessen wird in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission davon ausgegangen, dass die zugewiesenen Finanzhilfen über die Lebensdauer der Aufbau- und Resilienzfazilität, d. h. zwischen der zweiten Hälfte des Jahres 2021 und dem Jahr 2026, linear vollständig abgerufen werden. Somit belaufen sich laut Frühjahrsprognose 2021 der Kommission die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,4 % des BIP und im Jahr 2022 auf 0,8 % des BIP.

(13)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(14)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(15)

Laut dem ungarischen Konvergenzprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 5,9 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf die wirtschaftliche Erholung zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll auf 79,3 % des BIP sinken. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht aufgrund eines stärkeren Wirtschaftswachstums und steigender Steuereinnahmen sowie der geringeren Defizitgrundlage von einer geringeren Defizitquote (4,5 %) und einer geringeren Schuldenquote (77,1 %) im Jahr 2021 aus. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf +0,7 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,2 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Bei den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 1,0 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(16)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(17)

Der im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 3,9 % des BIP im Jahr 2023 auf 3,0 % des BIP im Jahr 2024 und auf 2,0 % des BIP im Jahr 2025 zurückgehen. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2024 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Konvergenzprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich +0,3 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,4 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,6 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 6¾ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Ungarns daher einen Schub verleihen könnten.

(18)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 77,5 % des BIP im Jahr 2023 auf 75,7 % des BIP im Jahr 2024 und auf 73,1 % des BIP im Jahr 2025 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Ungarn laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(19)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(20)

Der Rat hat das ungarische Konvergenzprogramm 2021 und die von Ungarn zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT UNGARN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des nationalen Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 107).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/83


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2021

(2021/C 304/18)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Dieser Einschätzung schlossen sich die Finanzministerinnen und -minister der Mitgliedstaaten am 23. März 2020 an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Malta, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Malta ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Malta den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Malta im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Maltas im Jahr 2020 auf 10,1 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 54,3 % des BIP anwuchs. Die jährliche Verschlechterung des Primärsaldos betrug 10,6 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 5,7 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Malta Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 3,9 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf 1 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Maltas erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung des Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 vorsichtig und für 2022 günstig. Laut Stabilitätsprogramm 2021 soll das reale BIP-Wachstum 2021 um 3,8 % ansteigen und sich 2022 auf 6,8 % beschleunigen. Das Wachstum soll demnach 2021 allein von der Inlandsnachfrage getragen werden, während für 2022 auch mit einem positiven Außenbeitrag gerechnet wird. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2021 von einem glatter verlaufenden Wachstumspfad aus und erwartet im Jahr 2021 ein BIP-Wachstum von 4,6 % und im Jahr 2022 von 6,1 %. Der von der Kommission prognostizierte andersartige Wachstumsverlauf erklärt sich großteils durch einen optimistischeren Ausblick für den privaten Konsum und den Staatsverbrauch im Jahr 2021 sowie ein verhalteneres Investitionswachstum im Jahr 2022.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 10,1 % des BIP im Jahr 2020 auf 12,0 % des BIP im Jahr 2021, während sich die öffentliche Schuldenquote 2021 auf 65,0 % des BIP erhöhen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich 12,5 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 5,6 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Malta haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Malta 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,3 %, 2022 auf 0,8 %, 2023 auf 0,6 %, 2024 auf 0,3 % und 2025 auf 0,1 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen der Frühjahrsprognose 2021 noch nicht in vollem Umfang berücksichtigt, da zum Stichtag keine ausreichend detaillierten Informationen über den nationalen Aufbau- und Resilienzplan vorlagen. In der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission wird hingegen von einer vereinfachten und linearen Integration der aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Ausgaben ausgegangen.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Haushaltspolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der fiskalische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Notfallmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem maltesischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 5,6 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll auf 65,8 % des BIP steigen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf 2,1 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,8 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Nach den im Stabilitätsprogramm 2021 enthaltenen mittelfristigen Haushaltsplanungen soll das gesamtstaatliche Defizit von 3,9 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,9 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2024 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 1,3 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,2 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 5½ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Maltas daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 66 % des BIP im Jahr 2023 auf 65,6 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Malta laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das maltesische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Malta zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT MALTA,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des nationalen Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Maltas 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 116).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 1,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,5 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/88


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2021

(2021/C 304/19)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl den Niederlanden, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl den Niederlanden ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen sollten und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung der Niederlande den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen. Einige der Maßnahmen schienen jedoch weder befristet zu sein noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, die die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten erleichtern sollen. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legten die Niederlande gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit der Niederlande im Jahr 2020 auf 4,3 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 54,5 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug 6,0 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,0 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellten die Niederlande Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 5,3 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 2 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage der Niederlande erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen der Regierung für 2021 und 2022 liegt ein realistisches makroökonomisches Szenario zugrunde, und sie stehen im Einklang mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission zeigt für 2021 und 2022 ein stärkeres Wachstum des privaten Verbrauchs (um 0,5 Prozentpunkte im Jahr 2021 und um 0,4 Prozentpunkte im Jahr 2022) und für 2022 auch einen stärkeren Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen (um 0,3 Prozentpunkte). Dem steht laut Frühjahrsprognose 2021 der Kommission ein stärkerer Anstieg der Einfuhren gegenüber, der im Ergebnis zu positiven Nettoeinfuhren führt, während im Stabilitätsprogramm 2021 von negativen Nettoeinfuhren ausgegangen wird.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 4,3 % des BIP im Jahr 2020 auf 5,9 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 58,6 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich 8,2 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 1,9 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. In ihrer Frühjahrsprognose 2021 projiziert die Kommission eine Verschlechterung des gesamtstaatlichen Defizits auf 5,0 % des BIP im Jahr 2021, während die öffentliche Schuldenquote 2021 auf 57,9 % des BIP ansteigen soll. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission basiert auf Ist-Daten, die im Jahr 2020 auf robustere Einnahmen schließen lassen; diese dürften sich 2021 in einer ähnlichen Größenordnung bewegen. Das erwartete geringere Defizit führt zu niedrigeren Schuldenständen.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung haben die Niederlande haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von den Niederlanden 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich ausnahmslos um Vermögenstransfers, vor allem vom nationalen Wachstumsfonds (Nationaal Groeifonds) handelt.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 sind noch keine Zuwendungen in Form von Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2021 in Ermangelung ausreichend detaillierter Informationen über den nationalen Aufbau- und Resilienzplan von einer vereinfachten, linearen Integration der aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Ausgaben aus.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem niederländischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 1,8 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf die wirtschaftliche Erholung und ein Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 56,9 % des BIP sinken. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,4 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Gemäß den im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplänen soll das gesamtstaatliche Defizit von 1,4 % des BIP im Jahr 2023 auf 1,1 % im Jahr 2024 zurückgehen. Im Jahr 2022 soll das gesamtstaatliche Defizit wieder unter die Marke von 3 % des BIP sinken. Das Stabilitätsprogramm 2021 enthält nicht die Informationen, die erforderlich sind, um den finanzpolitischen Kurs für 2023 und 2024 insgesamt einzuschätzen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3 % geschätzt (8). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum der Niederlande daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 56,0 % des BIP im Jahr 2023 auf 55,3 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in den Niederlanden laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das niederländische Stabilitätsprogramm 2021 und die von den Niederlanden zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT DEN NIEDERLANDEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses zu verfolgen und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 122).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen expansiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/93


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2021

(2021/C 304/20)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) aufgestellte allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In dieser Mitteilung legte die Kommission dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des schweren Konjunkturabschwungs, der infolge der COVID-19-Pandemie zu erwarten ist, ihrer Auffassung nach erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten dieser Einschätzung der Kommission an. Durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Sie hat die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Ihre Aktivierung ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, unter der Voraussetzung, dass die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Darin empfahl er Österreich, im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Österreich, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Nach der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 sollten die haushaltspolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten werden sowie zeitnah, befristet und zielgerichtet sein. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Ferner sollten die Mitgliedstaaten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Österreichs den haushaltspolitischen Empfehlungen der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 insgesamt Rechnung trug und die meisten der in der Übersicht über die Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützten.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Am 19. Februar 2021 trat die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) in Kraft, mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels, beitragen und die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird außerdem auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, die die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten erleichtern sollen. Der fiskalische Gesamtkurs, der die nationalen Haushalte und die Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen. Gleichzeitig sollte die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. Die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung tragen. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken ihre Haushalte darauf ausrichten, dass 2022 ein stützender haushaltspolitischer Kurs beibehalten wird, wobei den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung zu tragen ist. Die Mitgliedstaaten mit hohen Schuldenständen sollten eine umsichtige Finanzpolitik verfolgen, dabei aber an den staatlich finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche hochwertige Investitionsvorhaben und Strukturreformen zu finanzieren. Für die Zeit nach 2022 sollte haushaltspolitisch weiter berücksichtigt werden, wie kräftig die Erholung ausfällt, wie sich die wirtschaftliche Unsicherheit entwickelt und wie tragfähig die öffentlichen Finanzen sind. Eine Neuausrichtung der Haushaltspolitik, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem den Standpunkt, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel auf einer Gesamtbewertung der Wirtschaftslage beruhen solle, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als ein zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiter Rechnung getragen.

(8)

Am 28. April 2021 legte Österreich im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat validierten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Österreichs im Jahr 2020 auf 8,9 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP), während sich der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 83,9 % des BIP erhöhte. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -9,6 % des BIP, wobei diskretionäre budgetpolitische Maßnahmen im Umfang von 6,8 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Österreich Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 3,5 % des BIP bereit; der Umfang der 2020 tatsächlich in Anspruch genommenen staatlichen Garantien wird von der Kommission auf etwa 2 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Österreichs erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht rasch genug zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 als vorsichtig anzusehen. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge soll das reale BIP 2021 um moderate 1,5 % und 2022 wieder um kräftige 4,7 % wachsen. Dagegen erwartet die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2021 für das Jahr 2021 ein reales Wachstum von 3,4 % und für das Jahr 2022 ein reales Wachstum von 4,3 %. Der Unterschied zwischen den beiden Projektionen ist vor allem den unterschiedlichen Prognosestichtagen geschuldet, die zur Folge hatten, dass die Kommission die gegen Ende April 2021 veröffentlichte unerwartet gute BIP-Schnellschätzung für das erste Quartal noch berücksichtigen konnte. Darüber hinaus werden in den Projektionen der Kommission auch die in Teilen des Landes durchgeführten Lockerungen vom April 2021 und die Ankündigung der Regierung berücksichtigt, ab Mitte Mai 2021 weitreichende Lockerungen der Einschränkungen vorzunehmen.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits von 8,9 % des BIP im Jahr 2020 auf 8,4 % des BIP im Jahr 2021, während sich die Schuldenquote 2021 auf 89,6 % des BIP erhöhen soll. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge dürfte die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) -9,2 % des BIP betragen, worin die diskretionären budgetpolitischen Maßnahmen im Umfang von 5,8 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen sind im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2021 der Kommission weniger günstig. Nach der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission dürfte sich das gesamtstaatliche Defizit 2021 auf 7,6 % des BIP verbessern, während die Schuldenquote den Projektionen zufolge 2021 auf 87,2 % des BIP ansteigen wird. Hauptgrund ist, dass die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission ein günstigeres makroökonomisches Szenario zugrunde legt.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Österreich budgetpolitische Maßnahmen verabschiedet, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne künftige Fiskalpfade vorwegzunehmen. Die Maßnahmen sollten die öffentlichen Finanzen also nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Österreich 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung im Zeitraum 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären Maßnahmen scheinen weder befristet zu sein noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um Investitionsprämien, die Einführung einer degressiven Abschreibung und einer Einkommensteuersenkung sowie um Vermögenstransfers handelt. Diese unbefristeten Maßnahmen beinhalten auch Investitionen in Höhe von ungefähr 0,1 % des BIP, die das mittelfristige Potenzialwachstum und somit die Nachhaltigkeit unterstützen dürften.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2020 auf 0,02 %, 2021 auf 0,1 %, 2022 auf 0,3 %, 2023 auf 0,3 % und 2024 auf 0,2 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen der Frühjahrsprognose vollumfänglich berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage betrachtet werden. Erstens sind die Produktionslückenschätzungen mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Haushaltspolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Politikreaktion zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von haushaltspolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 wurden befristete Notfallmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Notfallmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Beschäftigte und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; die Beendigung dieser Maßnahmen durch die zuständigen Behörden hängt davon ab, dass sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der fiskalische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der fiskalische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Notfallmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem fiskalischen Gesamtkurs soll im Rahmen der Analyse auch bewertet werden, ob die nationalen Haushaltspolitiken vorsichtig sind und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die im Einklang mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel steht. Ein Hauptaugenmerk liegt daher auf der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen.

(17)

Laut seinem Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit Österreichs 2022 auf 4,3 % des BIP zurückgehen, was vor allem auf das projizierte kräftige Wirtschaftswachstum von real 4,7 %, die erwartete Erholung am Arbeitsmarkt und den kräftigen privaten Konsum zurückzuführen sein wird. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 88,1 % des BIP sinken. Diese Projektionen sind im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2021 der Kommission weniger günstig. Nach der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission dürfte sich das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 3,0 % des BIP verbessern, während die Schuldenquote den Projektionen zufolge 2022 auf 85,0 % des BIP sinken wird. Dies liegt vor allem daran, dass unterschiedliche makroökonomische Szenarien herangezogen wurden. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und der spezifischen Methodik, die den vorstehend genannten Herausforderungen Rechnung trägt, wird der fiskalische Gesamtkurs — bei dem berücksichtigt wird, wie sich aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanzierte Investitionen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022 auswirken — schätzungsweise neutral sein (0,0 % des BIP) (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (7). Auch der Beitrag der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte neutral ausfallen.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben infolge der COVID-19-Krise Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die auf die Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie auf den ökologischen und den digitalen Wandel ausgerichtet ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Nach den im Stabilitätsprogramm 2021 enthaltenen mittelfristigen Haushaltsplanungen soll das gesamtstaatliche Defizit von 3,0 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,5 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Das gesamtstaatliche Defizit soll die Marke von 3 % des BIP also im Jahr 2023 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der fiskalische Gesamtkurs — bei dem berücksichtigt wird, wie sich aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanzierte Investitionen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage auswirken — im Durchschnitt der Jahre 2023 und 2024 auf 0,6 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte vermindern. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte ein kontraktiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten ausgehen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3 % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der Reformen unberücksichtigt, die im Aufbau- und Resilienzplan enthalten sind und dem Potenzialwachstum Österreichs daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll von 88,1 % des BIP im Jahr 2023 auf 87,6 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Es wird davon ausgegangen, dass in Österreich mittelfristig mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das Stabilitätsprogramm 2021 und die Maßnahmen Österreichs zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 bewertet —

EMPFIEHLT ÖSTERREICH,

1.   

im Jahr 2022 unter Berücksichtigung des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses einen stützenden finanzpolitischen Kurs beizubehalten und die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der budgetpolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die zur Finanzierung der politischen Prioritäten notwendigen Finanzmittel bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, gegebenenfalls auch durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 129).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/98


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2021

(2021/C 304/21)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Polen, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Polen, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird außerdem auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(4)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden haushaltspolitischen Kurs anstreben, wobei den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung zu tragen ist. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(5)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als ein zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 30. April 2021 legte Polen im Einklang mit Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Polens im Jahr 2020 auf 7,0 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 57,5 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -6,4 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 4,3 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Die Veränderung der Schuldenquote war auch auf die Emission von Anleihen durch den polnischen Entwicklungsfonds (4,3 % des BIP) im Rahmen der politischen Maßnahmen zur Bewältigung der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Krise zurückzuführen, von denen ein Teil bereits im gesamtstaatlichen Defizit 2020 enthalten war. Außerdem stellte Polen Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 10,5 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(8)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Polens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung des Berichts wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt.

(9)

Den Haushaltsprojektionen liegt ein insgesamt vorsichtiges makroökonomisches Szenario zugrunde, besonders für 2022. Das Konvergenzprogramm 2021 projiziert ein reales BIP-Wachstum von 3,8 % im Jahr 2021 und 4,3 % im Jahr 2022, eine weniger robuste Erholung als in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission: um 0,2 Prozentpunkte 2021 und um 1,1 Prozentpunkte 2022. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass im zentralen Szenario des Konvergenzprogramms 2021 die Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität auf die polnische Wirtschaft nicht berücksichtigt werden.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits von 7,0 % des BIP im Jahr 2020 auf 6,9 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 60,0 % des BIP geplant ist. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -6,4 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 2,5 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen fallen höher aus als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Der Unterschied ist vor allem auf höhere Ausgaben zurückzuführen, unter anderem für die im Konvergenzprogramm 2021 geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie.

(11)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Polen haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Polen in den Jahren 2020 und 2021 ergriffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind befristet oder werden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(12)

Im Konvergenzprogramm 2021 sind noch keine Zuwendungen in Form von Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt.

(13)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Haushaltspolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(14)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(15)

In seinem Konvergenzprogramm 2021 projiziert Polen für 2022 einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits auf 4,2 % des BIP, was in erster Linie auf die Beendigung der in den Jahren 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 59,2 % des BIP sinken. Diese Projektionen übertreffen die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gehen darauf zurück, dass höhere Ausgaben angenommen werden, unter anderem für Vorleistungen und soziale Transferleistungen, was die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie einschließt. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf +0,1 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(16)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der angestrebten Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(17)

Der im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 3,2 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,5 % des BIP im Jahr 2024 zurückgehen. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2024 nicht mehr übersteigen. Das Konvergenzprogramm 2021 enthält nicht die Informationen, die erforderlich sind, um den finanzpolitischen Kurs für 2023 und 2024 insgesamt einzuschätzen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 5¾ % geschätzt (8). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Polens daher einen Schub verleihen könnten.

(18)

Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll von 58,7 % des BIP im Jahr 2023 auf 57,9 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Es wird davon ausgegangen, dass in Polen — wie auch aus der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht — mittelfristig geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(19)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(20)

Der Rat hat das polnische Konvergenzprogramm 2021 und die von Polen zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT POLEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Polens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 135).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/102


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2021

(2021/C 304/22)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 (2) des Rates vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Portugal, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Portugal ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Portugals den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Portugal gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Portugals im Jahr 2020 auf 5,7 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 133,6 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug — 6 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von rund 3 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Portugal Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise nahezu 4 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 3 ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Portugals erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 realistisch. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird das reale BIP-Wachstum 2021 voraussichtlich bei 4 % und 2022 bei 4,9 % liegen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Kontaktintensive Branchen wurden besonders stark von der COVID-19-Krise getroffen. Die makroökonomischen Aussichten bleiben aufgrund der starken Abhängigkeit Portugals vom ausländischen Tourismus, über dessen Erholung nach wie vor ein hohes Maß an Unsicherheit herrscht, mit Abwärtsrisiken behaftet.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits von 5,7 % des BIP im Jahr 2020 auf 4,5 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote ein Rückgang auf 128 % des BIP im Jahr 2021 geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich — 5 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 3 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Portugal haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Portugal 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um zusätzliche Ausgaben für Gehälter im öffentlichen Dienst handelt. Diese unbefristeten Maßnahmen beinhalten auch Investitionen in Höhe von annähernd 1/10 % des BIP, die dem mittelfristigen Potenzialwachstum und somit der Nachhaltigkeit förderlich sein dürften.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,3 %, 2022 auf 1,3 %, 2023 auf 1,5 %, 2024 auf 1,3 % und 2025 auf 1,1 % des BIP belaufen werden. Ferner wird im Stabilitätsprogramm 2021 davon ausgegangen, dass sich die Darlehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität 2021 auf 0,7 %, 2022 auf 0,2 % und im Zeitraum 2023-2025 jedes Jahr auf 0,1 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem portugiesischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 3,2 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen sowie auf die erwartete wirtschaftliche Erholung zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 123 % des BIP sinken. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -1,1 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,7 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 2,2 % des BIP im Jahr 2023 auf 1,6 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeführt werden. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2023 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,3 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird voraussichtlich unverändert bleiben. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3 % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Portugals daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 120,7 % des BIP im Jahr 2023 auf 117,1 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Angesichts der hohen Schuldenquote, die den Projektionen zufolge im Laufe der Zeit allmählich sinken wird, wird davon ausgegangen, dass in Portugal — wie auch aus der jüngsten Schuldentragfähigkeitsanalyse hervorgeht — mittelfristig hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das portugiesische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Portugal zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT PORTUGAL,

1.   

im Jahr 2022 die Aufbau- und Resilienzfazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen; die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten; das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben zu begrenzen;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des nationalen Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Portugals 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 142).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürften einen expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten leisten.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/107


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2021

(2021/C 304/23)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte sie ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 3. April 2020 erließ der Rat angesichts der Nichteinhaltung des Defizitkriteriums im Jahr 2019 den Beschluss (EU) 2020/509 (3) zum Bestehen eines übermäßigen Defizits in Rumänien. Grundlage hierfür bildeten die aktualisierten Haushaltsziele der Regierung, und die folgende Veröffentlichung des gesamtstaatlichen Defizits von 4,3 % des BIP bestätigte, dass ein Verstoß gegen die Defizitregel vorlag. Die Überschreitung des im Vertrag festgelegten Referenzwerts von 3 % des BIP war den Haushaltsungleichgewichten zuzuschreiben, die infolge der seit 2016 expansiven Haushaltspolitik in einer Phase starken Wirtschaftswachstums stetig angewachsen waren. Am 3. April 2020 gab der Rat außerdem eine Empfehlung (4) mit dem Ziel ab, das übermäßige öffentliche Defizit in Rumänien bis spätestens 2022 zu beenden.

(3)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (5) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Rumänien, eine im Einklang mit der Empfehlung des Rates vom 3. April 2020 stehende Haushaltspolitik zu verfolgen und zugleich alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern.

(4)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (6), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(5)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. In dieser Mitteilung vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 5. Mai 2021 legte Rumänien nach Ablauf der in Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 vorgesehenen Frist sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Rumäniens im Jahr 2020 auf 9,2 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 47,3 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -3,6 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 1,5 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Rumänien Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 4 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 1 ½ % des BIP geschätzt.

(8)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 realistisch. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird das reale BIP-Wachstum 2021 voraussichtlich bei 5,0 % und 2022 bei 4,8 % liegen. Angesichts des außerordentlich dynamischen Konsum- und Investitionswachstums dürfte in beiden Jahren die Inlandsnachfrage die wichtigste Triebfeder hierfür sein. In ihrer Frühjahrsprognose 2021 geht die Kommission davon aus, dass das Wachstum Rumäniens leicht über dem im Konvergenzprogramm 2021 projizierten Wert liegen wird und sich — ebenfalls von der Inlandsnachfrage beflügelt — im Jahr 2021 auf 5,1 % und im Jahr 2022 auf 4,9 % belaufen wird.

(9)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits von 9,2 % des BIP im Jahr 2020 auf 8 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 50,8 % des BIP geplant ist. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich 3,3 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 1,5 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(10)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Rumänien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die von Rumänien 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen sind befristet oder werden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert. Gleichzeitig hatten vor der COVID-19-Pandemie angenommene expansive Maßnahmen anhaltende Auswirkungen auf den Haushalt. Zu diesen Maßnahmen gehörten insbesondere die Erhöhung der Renten und anderer Sozialausgaben sowie Steuersenkungen.

(11)

Im Konvergenzprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,1 % des BIP, 2022 auf 0,6 % des BIP, 2023 auf 1,2 % des BIP, 2024 auf 1,2 % des BIP, 2025 auf 0,9 % des BIP und 2026 auf 0,9 % des BIP belaufen werden. Ferner wird im Konvergenzprogramm 2021 davon ausgegangen, dass sich die Darlehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität 2025 auf 2,3 % des BIP und 2026 auf 2,5 % des BIP belaufen werden. In der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission werden nur die Zuschüsse in die Haushaltsprojektionen einbezogen, da im Konvergenzprogramm 2021 davon ausgegangen wird, dass die Darlehen in den Zeitraum nach dem von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission abgedeckten Zeithorizont fallen.

(12)

Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(13)

Laut dem rumänischen Konvergenzprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 6,2 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 52,9 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen fallen günstiger aus als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,5 % des BIP geschätzt (7). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich voraussichtlich um 0,4 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem expansiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Der Beitrag der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) dürfte neutral ausfallen.

(14)

Der im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 4,4 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,9 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeführt werden. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2024 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Konvergenzprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — auch einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,6 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich voraussichtlich um 0,2 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (9). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,8 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 5 ¾ % geschätzt (10). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Rumäniens daher einen Schub verleihen könnten.

(15)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote auf 53,3 % des BIP im Jahr 2023 ansteigt und auf 52,4 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Angesichts des auf mittlere Sicht äußerst rasch ansteigenden Schuldenstands, der vor allem auf das für 2022 prognostizierte hohe Defizit sowie auf die — im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten — ungünstigen Finanzierungsbedingungen zurückzuführen ist, wird davon ausgegangen, dass in Rumänien laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittelfristig hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bestehen.

(16)

Am 2. Juni 2021 empfahl die Kommission dem Rat, eine Empfehlung zur Korrektur des übermäßigen Defizits Rumäniens bis 2024 abzugeben. Nach dieser Empfehlung sollte Rumänien bezüglich des gesamtstaatlichen Defizits ein Ziel von 8,0 % des BIP im Jahr 2021, 6,2 % des BIP im Jahr 2022, 4,4 % % des BIP im Jahr 2023 und 2,9 % des BIP im Jahr 2024 erreichen, was einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von 3,4 % im Jahr 2021, 1,3 % im Jahr 2022, 0,9 % im Jahr 2023 und 0,0 % im Jahr 2024 entspricht. Dies entspricht einer jährlichen strukturellen Anpassung um 0,7 % des BIP im Jahr 2021, 1,8 % des BIP im Jahr 2022, 1,7 % des BIP im Jahr 2023 und 1,5 % des BIP im Jahr 2024.

(17)

Der Rat hat das rumänische Konvergenzprogramm 2021 und die von Rumänien zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT RUMÄNIEN,

1.   

eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die mit der Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit dem Ziel, das übermäßige öffentliche Defizit in Rumänien zu beenden (11), im Einklang steht.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Beschluss (EU) 2020/509 des Rates vom 3. April 2020 zum Bestehen eines übermäßigen Defizits in Rumänien (ABl. L 110 vom 8.4.2020, S. 58).

(4)  Empfehlung des Rates vom 3. April 2020 mit dem Ziel, das übermäßige öffentliche Defizit in Rumänien zu beenden (ABl. C 116 vom 8.4.2020, S. 1).

(5)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 149).

(6)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(7)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(10)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.

(11)  Siehe Seite XX dieses Amtsblatts.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/111


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit dem Ziel, das übermäßige öffentliche Defizit in Rumänien zu beenden

(2021/C 304/24)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 126 Absatz 7,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union müssen die Mitgliedstaaten übermäßige öffentliche Defizite vermeiden.

(2)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) beruht auf dem Ziel einer gesunden öffentlichen Finanzlage als Mittel zur Verbesserung der Voraussetzungen für Preisstabilität und ein kräftiges tragfähiges Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist.

(3)

Auf Empfehlung der Kommission stellte der Rat mit dem Beschluss (EU) 2020/509 (1) am 3. April 2020 im Einklang mit Artikel 126 Absatz 6 des Vertrags fest, dass in Rumänien ein übermäßiges Defizit bestand, und gab im Einklang mit Artikel 126 Absatz 7 des Vertrags und Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) eine Empfehlung zur Korrektur des übermäßigen Defizits bis spätestens 2022 (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 3. April 2020“) ab.

(4)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des SWP an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates (4) sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 enthaltene Klausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In jener Mitteilung legte die Kommission dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des SWP angesichts des durch die COVID-19-Pandemie verursachten schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzministerinnen und -minister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an.

(5)

Am 15. September 2020 legte Rumänien einen Bericht über die zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 3. April 2020 getroffenen Maßnahmen vor. In diesem Bericht wurde auf eine erhebliche Verschlechterung der öffentlichen Finanzen Rumäniens im Jahr 2020 hingewiesen, die hauptsächlich auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist.

(6)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung zur Haushaltslage in Rumänien an. Angesichts der weiter bestehenden außergewöhnlichen Unsicherheit infolge der COVID-19-Pandemie und ihrer außerordentlichen gesamtwirtschaftlichen und haushaltspolitischen Auswirkungen war die Kommission der Auffassung, dass zum damaligen Zeitpunkt keine Entscheidung über weitere Schritte im Rahmen des eingeleiteten rumänischen Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit getroffen werden konnte. Insbesondere konnte die Kommission angesichts dieser außergewöhnlichen Unsicherheit, auch hinsichtlich der Festlegung eines glaubwürdigen finanzpolitischen Kurses, zum damaligen Zeitpunkt keine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates nach Artikel 126 Absatz 7 des Vertrags vorlegen. Die Kommission erklärte, sie werde die Haushaltslage Rumäniens im Frühjahr 2021 auf der Grundlage der Ist-Daten für 2020, des Haushaltsplans 2021 und der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission neu bewerten und gegebenenfalls neue Schritte im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit vorschlagen, wobei die fortgesetzte Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel des SWP im Jahr 2021 berücksichtigt werde.

(7)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, die die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten erleichtern sollen. In jener Mitteilung legte die Kommission ihre Auffassung dar, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel des SWP eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage umfassen solle, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Am 2. Juni 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Wirtschaftspolitische Koordinierung im Jahr 2021: Überwindung von COVID-19, Unterstützung der Erholung und Modernisierung unserer Wirtschaft“ an. Dieser Mitteilung zufolge wird die allgemeine Ausweichklausel des SWP im Jahr 2022 weiter angewandt und im Jahr 2023 voraussichtlich deaktiviert.

(8)

Nach einer Aktualisierung des Debt-Sustainability Monitors 2020 der Kommission, die der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission Rechnung trägt, sind die Risiken für die mittel- und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rumäniens nach wie vor hoch. Diese Risiken müssen durch eine angemessene, durch strukturelle Maßnahmen flankierte mittelfristige Finanzplanung angegangen werden.

(9)

Angesichts des starken Rückgangs der Wirtschaftstätigkeit im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und der damit einhergehenden Notwendigkeit, die Erholung in den Jahren 2021 und 2022 durch haushaltspolitische Maßnahmen zu stützen, ist die Empfehlung des Rates vom 3. April 2020 keine geeignete Grundlage mehr für Leitlinien für Rumäniens Haushaltspolitik.

(10)

Nach Artikel 3 Absatz 5 letzter Satz der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 kann der Rat auf Empfehlung der Kommission bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt beschließen, eine geänderte Empfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 des Vertrags auszusprechen, vorausgesetzt, dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(11)

Im Einklang mit Artikel 126 Absatz 7 des Vertrags und Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 hat der Rat eine Empfehlung an den betreffenden Mitgliedstaat zu richten, in der eine Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits gesetzt wird. In jener Empfehlung ist dem betreffenden Mitgliedstaat eine Frist von höchstens sechs Monaten für die Ergreifung wirksamer Maßnahmen zur Korrektur des übermäßigen Defizits zu setzen, die auf drei Monate verkürzt werden kann, wenn der Ernst der Lage es erfordert. In einer Empfehlung zur Korrektur eines übermäßigen Defizits ersucht der Rat ferner um Erfüllung jährlicher Haushaltsziele, die auf der Grundlage der jener Empfehlung untermauernden Prognose mit einer als Richtwert dienenden jährlichen Mindestverbesserung des strukturellen Saldos, d. h. des konjunkturbereinigten Saldos ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen, um mindestens 0,5 % des BIP vereinbar sind.

(12)

Das reale BIP Rumäniens schrumpfte 2020 um 3,9 %. Laut Frühjahrsprognose 2021 der Kommission wird das reale BIP-Wachstum wieder anziehen und im Jahr 2021 bei 5,1 % und im Jahr 2022 bei 4,9 % liegen. Es steht zu erwarten, dass der private Verbrauch sich erholt, da die Impfkampagne voranschreitet, die Maßnahmen zur Abstandswahrung schrittweise aufgehoben werden und außerdem das Lohnwachstum robust bleiben dürfte. Die schrittweise Einführung von Projekten im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans gemäß der Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) soll dem Investitionswachstum neuen Schwung verleihen. Der Beitrag der Nettoausfuhren, d. h. der Ausfuhren abzüglich der Importe, dürfte im Prognosezeitraum negativ bleiben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Einfuhren angesichts der Erholung beim privaten Verbrauch und des Investitionswachstums steigen dürften. Die Ausfuhren dürften von einer Erholung der Auslandsnachfrage getragen werden, sich jedoch weniger dynamisch als die Einfuhren entwickeln. Die Wachstumsprognose ist mit ausgewogenen Risiken behaftet. Auf der einen Seite kann eine glaubwürdige mittelfristige Haushaltsstrategie dazu beitragen, Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auszuräumen, insbesondere wenn sie mit ehrgeizigen Reformen (einschließlich der im Aufbau- und Resilienzplan enthaltenen Reformen) einhergeht. Dies würde dabei helfen, die makroökonomischen Ungleichgewichte Rumäniens anzugehen, die Risiken für die Finanzstabilität zu mindern und zu nachhaltigem Wachstum beizutragen, unter anderem durch die Verbesserung des Investitionsklimas. Auf der anderen Seite könnten Unsicherheit hinsichtlich der Politikgestaltung und Verzögerungen oder Ineffizienzen bei der Umsetzung des Aufbau- und Resilienzplans einen Vertrauensverlust nach sich ziehen.

(13)

Am 2. März 2021 verabschiedete das rumänische Parlament den Haushalt und die mittelfristige Haushaltsstrategie für das Land für 2021. Diese Haushaltsstrategie sowie Informationen zum Profil von nicht rückzahlbaren Finanzhilfen und Darlehen aus der mit der Verordnung (EU) 2021/241 eingerichteten Aufbau- und Resilienzfazilität (im Folgenden „Fazilität“) wurden im Konvergenzprogramm Rumäniens für 2021 (im Folgenden „Konvergenzprogramm“) berücksichtigt, das der Kommission am 5. Mai 2021 vorgelegt wurde. Ausgehend von einem gesamtstaatlichen Defizit von 9,2 % des BIP im Jahr 2020 wird dem Konvergenzprogramm zufolge bis 2024 ein gesamtstaatliches Defizit von unter 3 % des BIP angestrebt, das schrittweise erreicht werden und im Jahr 2021 bei 8,0 % des BIP, im Jahr 2022 bei 6,2 % des BIP, im Jahr 2023 bei 4,4 % des BIP und im Jahr 2024 bei 2,9 % des BIP liegen soll. Die im Konvergenzprogramm dargelegte Haushaltsanpassung erfolgt im Wesentlichen über die Ausgaben. Eine Ausgabenkontrolle (Verringerung des Ausgabenanteils am BIP) wird insbesondere mit Blick auf die Gehälter im öffentlichen Sektor (Rückgang um 1,4 Prozentpunkte im Zeitraum von 2022 bis 2024) und die sozialen Transferleistungen (Rückgang um 0,9 Prozentpunkte im Zeitraum von 2022 bis 2024) angestrebt.

(14)

Die bis 2024 erweiterte Frühjahrsprognose 2021 der Kommission projiziert ein gesamtstaatliches Defizit von 8,0 % des BIP im Jahr 2021, 7,1 % des BIP im Jahr 2022 und 6,8 % des BIP in den Jahren 2023 und 2024. In dieser Prognose werden Ausgaben berücksichtigt, die durch nicht rückzahlbare Finanzhilfen und Darlehen aus der Fazilität finanziert werden, wie im Konvergenzprogramm und in den zusätzlichen von Rumänien bereitgestellten Informationen dargelegt. Der von der Kommission projizierte Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits ist hauptsächlich auf das allmähliche Auslaufen der als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie ergriffenen Sofortmaßnahmen, auf höhere Einnahmen infolge der projizierten wirtschaftlichen Erholung und auf die zusätzlichen positiven Auswirkungen der Investitionen und Reformen zurückzuführen, die aus der Fazilität finanziert werden dürften. Darüber hinaus hat die rumänische Regierung beschlossen, die Gehälter im öffentlichen Sektor in den Jahren 2021 und 2022 einzufrieren, die Rentenerhöhungen des Jahres 2021 aufzuschieben und im Jahr 2022 die Renten moderat anzuheben, Maßnahmen wodurch sich die Aussichten gegenüber denen der Herbstprognose 2020 der Kommission verbessert haben. Diese Maßnahmen wurden bereits getroffen. Darüber hinaus beabsichtigt die Regierung, ein neues Rentengesetz zu verabschieden, das die Rentenausgaben als Anteil am BIP weitgehend stabil halten würde. Die im Vergleich zum Konvergenzprogramm in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission höhere Defiziterwartung ist darauf zurückzuführen, dass die geplante Konsolidierung nicht vollständig durch verabschiedete oder bereits glaubhaft angekündigte Maßnahmen gestützt wird und daher in jener Prognose nicht berücksichtigt werden konnte. Den Projektionen der Kommission zufolge dürfte sich das strukturelle Defizit 2021 um 0,7 BIP-Prozentpunkte und 2022 um 0,5 % BIP-Prozentpunkte verbessern und sich 2023 um 0,1 BIP-Prozentpunkte und 2024 um 0,4 BIP-Prozentpunkte ausweiten.

(15)

Der gesamtstaatliche Schuldenstand belief sich Ende 2018 auf 34,7 % des BIP, Ende 2019 auf 35,3 % des BIP und Ende 2020 auf 47,3 % des BIP. Der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission zufolge dürfte er bis Ende 2021 auf 49,7 % des BIP, Ende 2022 auf 52,7 % des BIP und Ende 2024 auf 59,5 % des BIP klettern und sich somit zum ersten Mal dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 60 % des BIP nähern, wenn zusätzlich zu den bereits umgesetzten oder glaubhaft angekündigten Korrekturmaßnahmen keine weiteren Korrekturmaßnahmen ergriffen werden.

(16)

Aus der Analyse der mittel- bis langfristigen Schuldentragfähigkeit, die nach der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission aktualisiert wurde, geht hervor, dass die Risiken für die Tragfähigkeit mittelfristig hoch sind. Nach einer Basisprojektion über 10 Jahre würde sich die gesamtstaatliche Schuldenquote über den Projektionszeitraum hinweg weiter erhöhen und knapp 90 % des BIP erreichen. Risiken für die Schuldentragfähigkeit ergeben sich aus hohen Haushaltsdefiziten, den Kosten der Bevölkerungsalterung und der Anfälligkeit des Schuldenpfads für makrofiskalische Schocks. In erster Linie lassen sich die Risiken für die Schuldentragfähigkeit auf die im Sommer 2019 verabschiedeten Rentenerhöhungen zurückführen, die vorerst auf Ende 2022 verschoben wurden. Die Schuldenstruktur weist eine anteilsmäßig hohe Auslandsverschuldung und einen signifikanten Anteil der von Gebietsfremden gehaltenen Schulden auf, wodurch sich die Risiken für die Schuldentragfähigkeit weiter erhöhen, wenngleich das Eingreifen der rumänischen Nationalbank am Sekundärmarkt dazu beigetragen hat, die Fremdfinanzierungskosten für den Staat im Jahr 2020 auf einem günstigen Niveau zu halten. Darüber hinaus bestehen Risiken im Zusammenhang mit Eventualverbindlichkeiten aufgrund staatlicher Garantien (in Höhe von 1,4 % des BIP), die Unternehmen und Selbstständigen während der COVID-19-Krise gewährt wurden. Der Bruttofinanzierungsbedarf wird voraussichtlich steigen. Umgekehrt dürften Reformen und Investitionen im Rahmen von NextGenerationEU bei wirksamer Umsetzung in den kommenden Jahren positive Auswirkungen auf das BIP-Wachstum zeitigen und somit zur Schuldentragfähigkeit beitragen.

(17)

Nach Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 muss die Korrektur des übermäßigen Defizits, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, in dem Jahr erreicht werden, das auf die Feststellung eines übermäßigen Defizits folgt. Der Anpassungspfad sollte gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 unter Berücksichtigung der Wirtschafts- und Haushaltslage des betreffenden Mitgliedstaats festgelegt werden.

(18)

In der derzeitigen Situation liegen in Rumänien die erwähnten besonderen Umstände vor. Würde Rumänien im Einklang mit den Bestimmungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 ein weiteres Jahr zugestanden, so wäre eine sehr drastische Haushaltsanpassung erforderlich, die signifikante Einbußen bei der Wirtschaftsleistung nach sich zöge und folglich die wirtschaftliche Erholung nach der COVID-19-Pandemie gefährden könnte. Ein Anpassungspfad mit einer Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2024 erfordert zwar erhebliche jährliche Anpassungen, würde aber bedeuten, dass die Anstrengungen eher schrittweise unternommen werden und für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Haushaltskonsolidierung und Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung gesorgt wird. Der neue Anpassungspfad trägt auch der veränderten Haushaltslage Rechnung, einschließlich der Haushaltsentwicklungen im Jahr 2020 und der neuen Haushaltsstrategie der rumänischen Regierung. Reformen, einschließlich solcher zur Verbesserung der Verwaltung der öffentlichen Finanzen, wären von entscheidender Bedeutung für eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits. In Anbetracht dieser Erwägungen und im Einklang mit den haushaltspolitischen Leitlinien, die in der Mitteilung der Kommission vom 3. März 2021 dargelegt sind, ist es gerechtfertigt, eine Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2024 festzusetzen.

(19)

Ein glaubwürdiger und tragfähiger Anpassungspfad mit dieser Frist würde voraussetzen, dass Rumänien bezüglich des gesamtstaatlichen Defizits ein Ziel von 8,0 % des BIP im Jahr 2021, 6,2 % % des BIP im Jahr 2022, 4,4 % des BIP im Jahr 2023 und 2,9 % % des BIP im Jahr 2024 erreicht, was im Einklang mit den eigenen Zielen der Regierung steht. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission entspricht dies einem Nominalwachstum der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben von 3,4 % im Jahr 2021, 1,3 % im Jahr 2022, 0,9 % im Jahr 2023 und 0,0 % im Jahr 2024 (6). Diese Wachstumsraten der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben werden als Hauptindikator für die Bewertung der Konsolidierungsanstrengungen herangezogen werden, wenn eine sorgfältige Analyse erforderlich wird. Die entsprechende jährliche Anpassung im strukturellen Saldo beträgt 0,7 % des BIP im Jahr 2021, 1,8 % des BIP im Jahr 2022, 1,7 % des BIP im Jahr 2023 und 1,5 % des BIP im Jahr 2024.

(20)

Damit die potenziellen Auswirkungen der allgemeinen Finanzpolitik auf die Wirtschaftsleistung in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden können, sollten zur Bewertung des fiskalischen Kurses die umfangreichen Zahlungen aus dem Haushalt der Union (aus der Fazilität sowie andere Mittel der Union) bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben berücksichtigt werden (7). Auf dieser Grundlage dürften die Mittel der Union in den kommenden Jahren signifikante positive Auswirkungen auf die rumänische Wirtschaft haben. Insbesondere bietet sich Rumänien durch Investitionen und Reformen, die aus der Fazilität unterstützt werden, die Möglichkeit, mittelfristig seine zugrunde liegende Haushaltposition zu verbessern und gleichzeitig das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern.

(21)

Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen sollten eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen öffentlichen Defizits sicherstellen und gleichzeitig auf die Verbesserung der Qualität der öffentlichen Finanzen und die Erhöhung des Wachstumspotenzials der Wirtschaft gerichtet sein. Reformen fiskalischer und allgemeiner wirtschaftlicher Art, einschließlich Reformen des Rentensystems, der Steuerverwaltung, der Gehälter im öffentlichen Sektor und der Governance staatseigener Unternehmen, sollten die Konsolidierungsanstrengungen unterstützen und für deren Nachhaltigkeit sorgen.

(22)

Seit 2016 ist Rumänien systematisch und wiederholt von seinen im nationalen haushaltspolitischen Rahmen verankerten nationalen Haushaltsregeln und dem Zeitplan für die Verabschiedung der mittelfristigen Haushaltsstrategie abgewichen. Durch die vollständige Anwendung des nationalen haushaltspolitischen Rahmens würde die Haushaltsanpassung Rumäniens künftig unterstützt —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

1.   

Rumänien sollte das übermäßige Defizit spätestens bis 2024 beenden.

2.   

Rumänien sollte bezüglich des gesamtstaatlichen Defizits ein Ziel von 8,0 % des BIP im Jahr 2021, 6,2 % % des BIP im Jahr 2022, 4,4 % des BIP im Jahr 2023 und 2,9 % des BIP im Jahr 2024 erreichen, was einem Nominalwachstum der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben von 3,4 % im Jahr 2021, 1,3 % im Jahr 2022, 0,9 % im Jahr 2023 und 0,0 % im Jahr 2024 entspricht. Dies entspricht einer jährlichen Anpassung des strukturellen Saldos von 0,7 % des BIP im Jahr 2021, 1,8 % des BIP im Jahr 2022, 1,7 % des BIP im Jahr 2023 und 1,5 % des BIP im Jahr 2024.

3.   

Rumänien sollte die bereits für 2021 verabschiedeten Maßnahmen vollständig umsetzen. Das Land sollte die zur Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2024 erforderlichen zusätzlichen Maßnahmen spezifizieren und umsetzen. Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen sollten für eine nachhaltige Korrektur sorgen und zugleich wachstumsfreundlich sein. Etwaige unerwartete Mehreinnahmen sollten genutzt werden, um das gesamtstaatliche Defizit zu verringern.

4.   

Der Rat setzt Rumänien eine Frist bis zum 15. Oktober 2021, innerhalb der das Land wirksame Maßnahmen ergreifen und gemäß Artikel 3 Absatz 4a der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die zur Erreichung der Ziele vorgesehene Konsolidierungsstrategie Bericht erstatten soll. Danach sollte Rumänien mindestens alle sechs Monate über die bei der Umsetzung dieser Empfehlung erzielten Fortschritte berichten, bis das übermäßige Defizit korrigiert ist. Ferner sollte Rumänien die vollständige und wirksame Anwendung seines nationalen haushaltspolitischen Rahmens sicherstellen. Um den Erfolg der mittelfristigen Haushaltsstrategie zu gewährleisten, wird es außerdem wichtig sein, die Haushaltskonsolidierung durch umfassende Reformen zu unterstützen.

Diese Empfehlung ist an Rumänien gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  Beschluss (EU) 2020/509 des Rates vom 3. April 2020 zum Bestehen eines übermäßigen Defizits in Rumänien (ABl. L 110 vom 8.4.2020, S. 58).

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 3. April 2020 mit dem Ziel, das übermäßige öffentliche Defizit in Rumänien zu beenden (ABl. C 116 vom 8.4.2020, S. 1).

(4)  Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nicht-diskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. National finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen werden eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Der fiskalische Kurs insgesamt wird gemessen, indem die Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen, jedoch einschließlich Änderungen der durch die Fazilität und andere nicht rückzahlbare Finanzhilfen der Union finanzierten Ausgaben) mit der Potenzialwachstumsrate (10-Jahres-Durchschnitt) verglichen wird. Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die in der Lage sind, dem wirtschaftlichen Potenzialwachstum Rumäniens einen Schub zu verleihen. Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristigen Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/116


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2021

(2021/C 304/25)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte sie ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Slowenien, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Slowenien ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Sloweniens den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 30. April 2021 legte Slowenien gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Sloweniens im Jahr 2020 auf 8,4 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 80,8 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -8,9 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 5,2 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Slowenien Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 5,5 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf weniger als ½ % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Sloweniens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 und 2022 vorsichtig. Nach dem Stabilitätsprogramm 2021 dürfte das reale BIP-Wachstum 2021 bei 4,6 % und 2022 bei 4,4 % liegen. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht von einem realen BIP-Wachstum von 4,9 % im Jahr 2021 und von 5,1 % im Jahr 2022 aus. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2021 ferner davon aus, dass sich der private Verbrauch aufgrund des krisenbedingten Nachfragestaus und eines höheren prognostizierten Beschäftigungs- und Lohnwachstums etwas schneller erholen wird als im Stabilitätsprogramm 2021 vorgesehen. Außerdem geht sie in ihrer Frühjahrsprognose 2021 von einer höheren Investitionsdynamik im Jahr 2022 und stärkeren Exporten in den Jahren 2021 und 2022 aus.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 8,4 % des BIP im Jahr 2020 auf 8,6 % des BIP im Jahr 2021 und bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ist ein Rückgang auf 80,4 % des BIP geplant. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -9,2 % des BIP im Jahr 2021 betragen, worin die diskretionären haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 2,6 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen stehen mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission im Einklang, der zufolge das gesamtstaatliche Defizit 8,5 % des BIP und die Schuldenquote 79,0 % des BIP betragen dürfte. Obwohl beide Projektionen von einem erheblichen Anstieg der Primärausgaben ausgehen, der nicht durch krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen verursacht wird, gibt es Unterschiede in ihrer Zusammensetzung. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2021 aufgrund einer geringeren Ausschöpfung von Unionsmitteln im Jahr 2021 und einer langsameren Einführung von auf nationaler Ebene finanzierten Investitionsprojekten von geringeren öffentlichen Investitionen aus. Auch in einigen Ausgabenkategorien ist ein höheres nominales Wachstum zu erwarten. Die in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission projizierte Schuldenquote ist aufgrund der günstigeren nominalen BIP-Dynamik niedriger.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Slowenien haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Slowenien 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen sind größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,6 %, im Jahr 2022 auf 1,2 % und im Jahr 2023 auf 0,7 % des BIP belaufen werden. Es werden weitere Ausgaben in Höhe von 0,2 % des BIP im Jahr 2024 und rund 0,3 % in den Jahren 2025 und 2026 projiziert. Ferner wird im Stabilitätsprogramm 2021 davon ausgegangen, dass sich die Darlehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität im Jahr 2022 auf 0,1 % des BIP belaufen werden und 2025 bis zu 0,4 % des BIP erreichen werden. In der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission werden diese Zuschüsse nicht vollständig in die Haushaltsprojektionen einbezogen, da die betreffenden Informationen zum Stichtag dieser Prognose noch nicht vorlagen. Stattdessen setzt die Kommission auf der Grundlage der Informationen in dem von der Regierung am 28. April 2021 verabschiedeten Aufbau- und Resilienzplan in ihrer Frühjahrsprognose 2021 über Zuschüsse finanzierte Ausgaben in Höhe von 0,2 % des BIP im Jahr 2021 und 0,6 % des BIP im Jahr 2022 an.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem slowenischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 5,7 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf die wirtschaftliche Erholung und das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 79,6 % des BIP sinken. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht von einem geringeren Defizit (4,7 % des BIP) und einer geringeren Schuldenquote (76,7 % des BIP) aus. In beiden Projektionen ist der Trend bei den Primärausgaben (ohne krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen) nach wie vor hoch. Die Differenz zwischen den Defizitprojektionen ist weitgehend auf ein günstigeres makroökonomisches Szenario in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und damit auf einen geringeren Anteil der Gesamtausgaben am BIP zurückzuführen. In keiner der beiden Projektionen sind die Auswirkungen einer Reihe von Maßnahmen, einschließlich eines umfassenden Steuerreformpakets, das kürzlich von der Regierung verabschiedet wurde, berücksichtigt worden. Den Angaben des Stabilitätsprogramms 2021 zufolge können diese Maßnahmen, falls sie vom Parlament angenommen werden, im Jahr 2022 zu einer Verstärkung des Defizits um mindestens 0,7 % des BIP führen. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,1 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,3 BIP-Prozentpunkt erhöhen. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben. (7) Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 3,8 % des BIP im Jahr 2023 auf 2,8 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeführt werden. Das gesamtstaatliche Defizit soll den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also im Jahr 2024 nicht mehr übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 1,5 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,6 BIP-Prozentpunkt vermindern. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,6 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 4 ¼ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Sloweniens daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 79,0 % des BIP im Jahr 2023 auf 78,0 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Slowenien laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das slowenische Stabilitätsprogramm 2021 und die von Slowenien zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT SLOWENIEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 157).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben wird den Projektionen zufolge ebenfalls neutral sein.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/121


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2021

(2021/C 304/26)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 (2) des Rates vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl der Slowakei, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl der Slowakei ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

In der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 wird darauf hingewiesen, dass die finanzpolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sowie rasch, befristet und zielgerichtet sein sollten. Wenn es die Pandemie- und die Wirtschaftslage zulassen, sollten die Sofortmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission ihre Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung der Slowakei den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen. Einige der Maßnahmen schienen jedoch nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 12. Mai 2021 legte die Slowakei nach Ablauf der in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 vorgesehenen Frist ihr Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit der Slowakei im Jahr 2020 auf 6,2 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 60,6 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -4,8 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,6 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte die Slowakei Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 2,1 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 1 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage der Slowakei erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag. Dem Bericht zufolge wurde das Defizitkriterium nicht, das Schuldenstandskriterium aber erfüllt.

(11)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist angesichts der gegenwärtigen Unsicherheit für 2021 und 2022 realistisch. Im Stabilitätsprogramm 2021 wird ein reales BIP-Wachstum von 3,3 % für das Jahr 2021 und von 6,3 % für das Jahr 2022 prognostiziert. Im Vergleich dazu geht die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission von einer frühzeitigeren Erholung mit einem realen BIP-Wachstum von 4,8 % im Jahr 2021 und von 5,2 % im Jahr 2022 aus.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 plant die Regierung eine Ausweitung des gesamtstaatlichen Defizits von 6,2 % des BIP im Jahr 2020 auf 9,9 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 64,1 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -4,0 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 2,3 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Das geplante Defizit und die Schuldenquoten liegen über den in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission projizierten Werten. Die Kommission geht für 2021 von einem gesamtstaatlichen Defizit von 6,5 % und einer Schuldenquote von 59,5 % aus. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission enthält keine Aussagen zu pandemiebedingten Ausgaben in Höhe von 2,4 BIP-Prozentpunkten und zu höheren Ausgaben der staatlichen Unternehmen und der Sozialversicherungsanstalt, die in den gesamtstaatlichen Schuldenstand einfließen, da zum Prognosestichtag keine diesbezüglichen Informationen vorlagen. Die Kommission geht davon aus, dass die Einnahmen um 0,2 BIP-Prozentpunkte steigen und die Ausgaben 3,4 Prozentpunkte unter dem im Stabilitätsprogramm 2021 angegebenen Wert liegen werden. Die größten Unterschiede bei den Ausgaben sind auf einen Rückgang der Vorleistungen, geringere Sozialausgaben und niedrigere Subventionen zurückzuführen, von denen in der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission ausgegangen wurde. Die niedrigere Schuldenprognose der Kommission ist in erster Linie auf einen niedrigeren Primärsaldo (um 3,6 Prozentpunkte) zurückzuführen.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat die Slowakei haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität ihres Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von der Slowakei 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen jedoch nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich bei diesen Maßnahmen vor allem um die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes, Änderungen der Regelungen für grüne Energie, höhere Dienstbezüge für Militärbeamte, eine Senkung der Kraftfahrzeugsteuer, die Aufhebung der Bankenabgabe, Zuschüsse für Gesundheitseinrichtungen und Kinderfreibeträge handelt. Diese unbefristeten Maßnahmen wurden nur teilweise durch das Einfrieren der Mindestrente und die Deckelung der Verwaltungskosten der Ministerien ausgeglichen.

(14)

In den zentralen Kennzahlen des Stabilitätsprogramms 2021 sind keine Zuwendungen in Form von Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt. Dennoch wird im zugrunde liegenden makroökonomischen Szenario davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen 2021 auf 0,2 %, 2022 auf 1,1 % und in den Jahren 2023 und 2024 jeweils auf 1,3 % des BIP belaufen werden. Diese Zuschüsse hat die Kommission in ihren Haushaltsprojektionen im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

Laut dem slowakischen Stabilitätsprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 5,1 % des BIP zurückgehen, was in erster Linie auf das Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 65,5 % des BIP ansteigen. Diese Projektionen fallen höher aus als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission. In ihrer Prognose geht die Kommission von kleineren COVID-19-Maßnahmen und einer im Vergleich zum Stabilitätsprogramm 2021 schnelleren Inanspruchnahme der Unionsmittel im Jahr 2022 aus. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf +0,9 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,8 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,7 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 1,1 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 4,1 % des BIP im Jahr 2023 auf 3,8 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeführt werden. Während der Laufzeit des Stabilitätsprogramms 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP also übersteigen. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,2 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,3 BIP-Prozentpunkte vermindern. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 1,3 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 4 ½ % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum der Slowakei daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 64,6 % des BIP im Jahr 2023 auf 65,8 % des BIP im Jahr 2024 steigt. Mittelfristig bestehen in der Slowakei laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse mittlere Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das slowakische Stabilitätsprogramm 2021 und die von der Slowakei zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT DER SLOWAKEI,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 164).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(8)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben werden den Projektionen zufolge einen expansiven Beitrag von 1,6 BIP-Prozentpunkten leisten.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/126


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2021

(2021/C 304/27)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte die Kommission ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Finnland, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Finnland ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Nach der Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 sollten die haushaltspolitischen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets während des gesamten Jahres 2021 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen und die politischen Maßnahmen auf die länderspezifischen Gegebenheiten zugeschnitten werden sowie zeitnah, befristet und zielgerichtet sein. Sobald die epidemiologischen und wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, sollten die Notfallmaßnahmen schrittweise beendet und gleichzeitig die Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft und auf den Arbeitsmarkt bekämpft werden. Die Mitgliedstaaten sollten eine Haushaltspolitik verfolgen, die auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage und die Gewährleistung der Schuldentragfähigkeit ausgerichtet ist und gleichzeitig die Investitionen erhöht. Die Mitgliedstaaten sollten Reformen verfolgen, durch die der Leistungsumfang, die Angemessenheit und die Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle verbessert werden.

(4)

Am 18. November 2020 nahm die Kommission Stellungnahmen zu den Übersichten über die Haushaltsplanung 2021 der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets an, die auf einer qualitativen Bewertung der haushaltspolitischen Maßnahmen beruhten. Darin vertrat sie die Auffassung, dass die Übersicht über die Haushaltsplanung Finnlands den haushaltspolitischen Empfehlungen in der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 weitgehend Rechnung trage und dass die meisten der in dieser Übersicht zu der Haushaltsplanung enthaltenen Maßnahmen die Wirtschaftstätigkeit vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit unterstützen.

(5)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(6)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, die die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten erleichtern sollen. Der fiskalische Gesamtkurs, der die nationalen Haushalte und die Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 weiterhin einen stützenden Charakter aufweisen. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(7)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(8)

Am 13. Mai 2021 legte Finnland nach Ablauf der in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 vorgesehenen Frist sein Stabilitätsprogramm 2021 vor.

(9)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Finnlands im Jahr 2020 auf 5,4 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 69,2 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -4,6 % des BIP, wobei diskretionäre haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 3,0 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung automatischer Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Finnland Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 20,1 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 1 % des BIP geschätzt.

(10)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Finnlands erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während der gesamtstaatliche Schuldenstand über dem vertraglichen Referenzwert von 60 % des BIP lag und nicht in zufriedenstellendem Maß zurückging. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizit- noch das Schuldenstandskriterium erfüllt.

(11)

Den Haushaltsprojektionen für 2021 und 2022 liegt ein plausibles makroökonomisches Szenario zugrunde. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird das reale BIP-Wachstum 2021 voraussichtlich bei 2,6 % und 2022 bei 2,5 % liegen. Dies steht mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission im Einklang, die jedoch von einem etwas höheren Konsum und einem Anstieg des BIP-Wachstums im Jahr 2022 ausgeht.

(12)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2021 rechnet die Regierung mit einem Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits von 5,4 % des BIP im Jahr 2020 auf 4,7 % des BIP im Jahr 2021, während bei der öffentlichen Schuldenquote für 2021 ein Anstieg auf 71,6 % des BIP geplant ist. Dem Stabilitätsprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -4,1 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitische Maßnahmen im Umfang von 1,5 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen entsprechen der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission.

(13)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Finnland haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Finnland 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen sind befristet oder werden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert.

(14)

Im Stabilitätsprogramm 2021 wird davon ausgegangen, dass sich die durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Investitionen und Reformen im Jahr 2021 auf 0,1 % des BIP, im Jahr 2022 auf 0,2 % des BIP, im Jahr 2023 auf 0,2 % des BIP, im Jahr 2024 auf 0,2 % des BIP und im Jahr 2025 auf 0,1 % des BIP belaufen werden. In ihrer Frühjahrsprognose 2021 berücksichtigt die Kommission diese Zuschüsse in ihren Haushaltsprojektionen, wobei sie jedoch davon ausgegangen ist, dass die aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Maßnahmen in den Jahren 2021 und 2022 stärker vorgezogen würden.

(15)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Haushaltspolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (5) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(16)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(17)

In seinem Stabilitätsprogramm 2021 projiziert Finnland für 2022 einen Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits auf 2,9 % des BIP, was in erster Linie auf die Beendigung der in den Jahren 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 72,4 % des BIP ansteigen. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht von einem geringeren Defizit (2,1 % des BIP) und einer geringeren Schuldenquote (70,1 % des BIP) aus, vor allem aufgrund der Einbeziehung der von der Regierung am 29. April im Stabilitätsprogramm 2021 beschlossenen Maßnahmen sowie einer stärkeren Wirtschaftserholung im Jahr 2022 laut Prognose der Kommission. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf 0,5 % des BIP geschätzt (6). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte steigen. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (7). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(19)

Der im Stabilitätsprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit von 2,1 % des BIP im Jahr 2023 auf 1,7 % des BIP im Jahr 2024 sinken. Ausgehend von dem Stabilitätsprogramm 2021 wird der fiskalische Gesamtkurs — einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage — für die Jahre 2023 und 2024 auf durchschnittlich 0,7 % des BIP geschätzt. Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird voraussichtlich unverändert bleiben. Bei national finanzierten Investitionen wird von einem kontraktiven Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten ausgegangen (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein kontraktiver Beitrag von 0,5 BIP-Prozentpunkten erwartet. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 3 % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Finnlands daher einen Schub verleihen könnten.

(20)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 73,9 % des BIP im Jahr 2023 auf 74,7 % des BIP im Jahr 2024 steigt. Mittelfristig bestehen in Finnland laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(22)

Der Rat hat das Stabilitätsprogramm Finnlands 2021 und die Maßnahmen des Landes zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 bewertet —

EMPFIEHLT FINNLAND,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 171).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(6)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(7)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.


29.7.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 304/131


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 18. Juni 2021

mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2021

(2021/C 304/28)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 20. März 2020 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts an. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (2) vorgesehene allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In der Mitteilung legte sie ihre Ansicht dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des durch die COVID-19-Pandemie zu erwartenden schweren Konjunkturabschwungs aus ihrer Sicht erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten der Einschätzung der Kommission an. Durch die allgemeine Ausweichklausel wurde den Mitgliedstaaten mehr Haushaltsflexibilität bei der Bewältigung der COVID-19-Krise eingeräumt. Durch sie wurde die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs erleichtert. Die Aktivierung der Klausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedes Mitgliedstaats, sofern die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Am 17. September 2020 kündigte die Kommission in ihrer Mitteilung zur Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 an, dass die allgemeine Ausweichklausel im Jahr 2021 weiterhin Anwendung finden würde.

(2)

Am 20. Juli 2020 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020“) an. Er empfahl Schweden, gemäß der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern. Er empfahl Schweden ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen.

(3)

Next Generation EU, einschließlich der Aufbau- und Resilienzfazilität, wird eine nachhaltige, inklusive und faire Erholung gewährleisten. Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), mit der die Aufbau- und Resilienzfazilität eingerichtet wurde, ist am 19. Februar 2021 in Kraft getreten. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität wird zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen, insbesondere zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels beitragen sowie die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken. Sie wird auf kurze Sicht die Erholung der öffentlichen Finanzen erleichtern und mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

(4)

Am 3. März 2021 nahm die Kommission eine Mitteilung mit weiteren politischen Leitlinien an, um die haushaltspolitische Koordinierung und die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Der finanzpolitische Gesamtkurs, der sich aus den nationalen Haushalten und der Aufbau- und Resilienzfazilität ergibt, sollte in den Jahren 2021 und 2022 stützend bleiben. Gleichzeitig sollten die finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten angesichts der für die zweite Jahreshälfte 2021 erwarteten allmählichen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2022 differenzierter gestaltet werden. In den finanzpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollte dem Stand der Erholung, der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie der Notwendigkeit, wirtschaftliche, soziale und territoriale Unterschiede zu verringern, Rechnung getragen werden. Da in der Union eine nachhaltige Erholung gefördert werden muss, sollten Mitgliedstaaten mit geringen Tragfähigkeitsrisiken 2022 weiterhin einen stützenden finanzpolitischen Kurs anstreben und dabei gleichzeitig den Auswirkungen der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung tragen. Mitgliedstaaten mit hohem Schuldenstand sollten eine vorsichtige Finanzpolitik verfolgen, gleichzeitig aber an national finanzierten Investitionen festhalten und Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen, um zusätzliche Investitionsvorhaben hoher Qualität und Strukturreformen zu finanzieren. Auch nach 2022 sollte die Haushaltspolitik weiter der Stärke der wirtschaftlichen Erholung, dem Maß an wirtschaftlicher Unsicherheit und der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung tragen. Eine Refokussierung der finanzpolitischen Maßnahmen, mit der — unter anderem durch die Rücknahme von Unterstützungsmaßnahmen zu gegebener Zeit — eine vorsichtige mittelfristige Haushaltsposition erreicht werden soll, wird dazu beitragen, mittelfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

(5)

In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Auf der Grundlage ihrer Frühjahrsprognose 2021 gelangte die Kommission am 2. Juni 2021 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel im Jahr 2022 und ihre Außerkraftsetzung im Jahr 2023 erfüllt seien. Der spezifischen Lage der einzelnen Länder wird auch nach Außerkraftsetzung der Klausel weiterhin Rechnung getragen werden.

(6)

Am 30. April 2021 legte Schweden gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Konvergenzprogramm 2021 vor.

(7)

Gemäß den von Eurostat bestätigten Daten belief sich das gesamtstaatliche Defizit Schwedens im Jahr 2020 auf 3,1 % des Bruttoinlandprodukts (BIP), während der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 39,9 % des BIP anwuchs. Die jährliche Veränderung des Primärsaldos betrug -3,8 % des BIP, wobei diskretionäre budgetpolitische Maßnahmen im Umfang von 3,3 % zur Stützung der Wirtschaft sowie die Wirkung der automatischen Stabilisatoren berücksichtigt wurden. Außerdem stellte Schweden Liquiditätshilfen für Unternehmen und Haushalte (etwa in Form von Garantien und Steuerstundungen, die keine unmittelbaren und sofortigen Auswirkungen auf den Haushalt haben) im Umfang von schätzungsweise 11,5 % des BIP bereit; die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Garantien im Jahr 2020 wird von der Kommission auf ungefähr 1 % des BIP geschätzt.

(8)

Am 2. Juni 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In dem Bericht wird die Haushaltslage Schwedens erörtert, da das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2020 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Laut Schlussfolgerung dieses Berichts wurde das Defizitkriterium erfüllt.

(9)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2021 vorsichtig und für 2022 realistisch. Die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission geht — auf der Grundlage aktuellerer Daten — für 2021 von einem realen BIP-Wachstum aus, das höher als das im Basisszenario des Konvergenzprogramms 2021angenommene ist.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2021 plant die Regierung einen Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits von 3,1 % des BIP im Jahr 2020 auf 4,5 % des BIP im Jahr 2021, während die öffentliche Schuldenquote 2021 unverändert bei 39,9 % des BIP bleiben soll. Dem Konvergenzprogramm 2021 zufolge wird die Veränderung des Primärsaldos im Jahr 2021 gegenüber dem Vorkrisenniveau (2019) voraussichtlich -5,2 % des BIP betragen, worin die diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen im Umfang von 5,0 % des BIP zur Stützung der Wirtschaft und die Wirkung der automatischen Stabilisatoren zum Ausdruck kommen. Diese Projektionen für das gesamtstaatliche Defizit sind höher als die Frühjahrsprognose 2021 der Kommission, in der diese eine raschere Konjunkturerholung und daher geringere Ausgaben für Krisenstützungsmaßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Deckung vorübergehender Arbeitslosigkeit und Umsatzeinbußen von Unternehmen, die stark von der Krise betroffen sind, prognostiziert.

(11)

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Konjunkturabschwung hat Schweden haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu stärken, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und besonders betroffene Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Durch diese kraftvolle politische Reaktion konnte der BIP-Rückgang abgefedert werden, was wiederum dafür sorgte, dass sich der Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands in Grenzen hielt. Die Erholung sollte durch haushaltspolitische Maßnahmen maximal unterstützt werden, ohne den künftigen finanzpolitischen Kurs vorwegzunehmen. Daher sollten die Maßnahmen die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft belasten. Bei der Einführung dauerhafter Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten deren angemessene Finanzierung sicherstellen, um mittelfristig Haushaltsneutralität zu gewährleisten. Die von Schweden 2020 und 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Einige der von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären Maßnahmen scheinen nicht befristet zu sein oder durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert zu werden. Im Jahr 2023, das nicht mehr in den Zeitraum der Kommissionsprognose fällt, dürften sich die kumulativen Auswirkungen dieser unbefristeten Maßnahmen nach vorläufigen Schätzungen noch auf rund 1 % des BIP belaufen, wobei es sich vor allem um einige ausgabenseitige Maßnahmen und Einkommensteuerermäßigungen handelt.

(12)

Im Konvergenzprogramm 2021 sind keine Ausgaben im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität enthalten. In den Haushaltsprojektionen der Kommission im Rahmen ihrer Frühjahrsprognose 2021 werden die Einnahmen aus Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in Höhe von 1/11 der für 2021 und 2/11 der für 2022 insgesamt verfügbaren Finanzhilfen berücksichtigt und es wird von einer vereinfachten und linearen Integration der aus der Aufbau- und Resilienzfazilität finanzierten Ausgaben ausgegangen (5).

(13)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Indikatoren für die Haushaltsanpassung müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände betrachtet werden. Erstens sind die Einschätzungen der Produktionslücken mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Zweitens bedarf es einer Finanzpolitik, die rasche Anpassungen an die Entwicklung der COVID-19-Pandemie ermöglicht und von Sofortmaßnahmen zu gezielteren Maßnahmen übergeht, sobald die Gesundheitsrisiken nachlassen. Drittens ist die gegenwärtige Lage durch eine signifikante Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft gekennzeichnet. Angesichts umfangreicher Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jener aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) wird der Impuls, der von finanzpolitischen Maßnahmen auf die Wirtschaft ausgeht, durch die festgelegten Indikatoren nicht in vollem Umfang erfasst. Vor diesem Hintergrund scheint der strukturelle Saldo unter den derzeitigen Umständen kein angemessener Indikator zu sein. Der Ausgabenrichtwert muss ebenfalls angepasst (6) und um zusätzliche Informationen ergänzt werden, damit der haushaltspolitische Kurs umfassend beurteilt werden kann.

(14)

Ähnlich wie bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung für 2021 wurden befristete Sofortmaßnahmen bei der Berechnung der Gesamtausgaben unberücksichtigt gelassen. Im Rahmen solcher krisenbedingten befristeten Sofortmaßnahmen werden die Gesundheitssysteme unterstützt und Arbeitnehmer und Unternehmen für Einkommenseinbußen infolge von Ausgangsbeschränkungen und Störungen der Lieferkette entschädigt; diese Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden beendet, wenn sich die Lage im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftslage wieder normalisieren. Bei der Berechnung der entsprechenden Gesamtausgaben sollten die umfangreichen Transfers aus dem Unionshaushalt (wie jene aus der Aufbau- und Resilienzfazilität) berücksichtigt werden, damit der finanzpolitische Gesamtkurs in der gegenwärtigen Situation beurteilt werden kann. Der finanzpolitische Gesamtkurs wird daher an der Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen), einschließlich der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, gemessen. Neben dem finanzpolitischen Gesamtkurs zielt die Analyse auch darauf ab, zu bewerten, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel in Einklang steht. Der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben und Investitionen wird daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

(15)

Laut dem schwedischen Konvergenzprogramm 2021 soll das gesamtstaatliche Defizit 2022 auf 1,0 % des BIP zurückgehen, was im Einklang mit der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission steht und in erster Linie auf die wirtschaftliche Erholung in Verbindung mit dem Auslaufen der 2020 und 2021 eingeführten befristeten Stützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll 2022 auf 37,0 % des BIP zurückgehen und damit etwas unter der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission liegen, was zum Teil auf Bewertungseffekte zurückzuführen ist. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2021 der Kommission und gestützt auf die besondere Methode, die die vorgenannten Herausforderungen berücksichtigt, wird der finanzpolitische Gesamtkurs, einschließlich der Auswirkungen von Investitionen, die aus dem nationalen und dem Unionshaushalt, insbesondere aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, finanziert werden, auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Jahr 2022, auf -0,2 % des BIP geschätzt (7). Der positive Beitrag der mit Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsmitteln finanzierten Ausgaben wird sich den Projektionen zufolge um 0,1 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Der Beitrag der national finanzierten Investitionen dürfte neutral bleiben (8). Von den national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird ein expansiver Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(16)

Der Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten kommt besondere Bedeutung zu. Haushaltspolitische Strukturreformen, die auf eine bessere Zusammensetzung der nationalen Haushalte abzielen, können das Potenzialwachstum fördern, den dringend benötigten haushaltspolitischen Spielraum schaffen und dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und im Gesundheitsbereich. Auf der Einnahmenseite haben Reformen, mit denen effizientere und gerechtere Systeme für öffentliche Einnahmen angestrebt werden, durch die COVID-19-Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Auf der Ausgabenseite ist es umso wichtiger geworden, den Umfang und die Qualität nachhaltiger und wachstumsfördernder Investitionen in einer Weise zu erhöhen, die mit der Stärkung des Wachstumspotenzials und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz sowie dem ökologischen und dem digitalen Wandel vereinbar ist. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne werden es ermöglichen, die Zusammensetzung der nationalen Haushalte zu verbessern.

(17)

Der im Konvergenzprogramm 2021 dargelegten mittelfristigen Haushaltsplanung zufolge soll der gesamtstaatliche Überschuss von 0,5 % des BIP im Jahr 2023 auf 1,0 % des BIP im Jahr 2024 steigen. Das Konvergenzprogramm 2021 enthält nicht die Informationen, die erforderlich sind, um den finanzpolitischen Kurs für 2023 und 2024 insgesamt einzuschätzen. Der 10-Jahres-Durchschnitt des nominalen Potenzialwachstums wird aktuell auf 4 % geschätzt (9). Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Schwedens daher einen Schub verleihen könnten.

(18)

Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote von 33,7 % des BIP im Jahr 2023 auf 31,4 % des BIP im Jahr 2024 zurückgeht. Mittelfristig bestehen in Schweden laut jüngster Schuldentragfähigkeitsanalyse geringe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(19)

In Anbetracht der nach wie vor außerordentlich hohen Unsicherheit sollten die haushaltspolitischen Leitlinien weiterhin vornehmlich qualitativer Natur sein. Detailliertere quantitative Leitlinien für die Folgejahre sollten 2022 bereitgestellt werden, sofern der Grad an Unsicherheit bis dahin hinreichend zurückgegangen ist.

(20)

Der Rat hat das schwedische Konvergenzprogramm 2021 und die von Schweden zur Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 getroffenen Maßnahmen bewertet —

EMPFIEHLT SCHWEDEN,

1.   

2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten;

2.   

wenn die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Finanzpolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern;

3.   

besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen — sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite des Haushalts — sowie auf die Qualität der haushaltspolitischen Maßnahmen zu richten, um eine nachhaltige und inklusive Erholung zu gewährleisten; nachhaltigen und wachstumsfördernden Investitionen, insbesondere Investitionen zur Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels, Vorrang einzuräumen; finanzpolitischen Strukturreformen Vorrang einzuräumen, die dazu beitragen werden, die Finanzmittel für politische Prioritäten bereitzustellen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken, unter anderem gegebenenfalls durch die Verbesserung des Leistungsumfangs, der Angemessenheit und der Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme für alle.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. LEÃO


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(3)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Schwedens mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 177).

(4)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(5)  Siehe Kasten 1.2.3 der Frühjahrsprognose 2021 der Europäischen Kommission.

(6)  Insbesondere die im Ausgabenrichtwert angelegte vierjährige Glättung der Investitionsausgaben macht eine ordnungsgemäße Bewertung der fiskalischen Unterstützung der Erholung durch national finanzierte Investitionen unmöglich.

(7)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben das mittelfristige Wirtschaftswachstum übersteigt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(8)  Der Beitrag der sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben dürfte neutral bleiben.

(9)  Schätzung der Kommission nach der gemeinsam vereinbarten Methode.