ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 106

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

64. Jahrgang
26. März 2021


Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIEßUNGEN

 

Ausschuss der Regionen

 

142. Plenartagung des AdR – Videokonferenz über Interactio, 3.2.2021-5.2.2021

2021/C 106/01

Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die COVID-19-Impfkampagne

1

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

142. Plenartagung des AdR – Videokonferenz über Interactio, 3.2.2021-5.2.2021

2021/C 106/02

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz

3

2021/C 106/03

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Förderung der Jugendbeschäftigung: eine Brücke ins Arbeitsleben für die nächste Generation — Stärkung der Jugendgarantie

7

2021/C 106/04

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen in Europa

12

2021/C 106/05

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Agrarökologie

19

2021/C 106/06

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine Union der Gleichheit: Strategischer Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma

25

2021/C 106/07

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Ein neuer EFR für Forschung und Innovation

31

2021/C 106/08

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Neustart der Kultur- und Kreativwirtschaft

38


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

Ausschuss der Regionen

 

142. Plenartagung des AdR – Videokonferenz über Interactio, 3.2.2021-5.2.2021

2021/C 106/09

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — 8. Umweltaktionsprogramm

44


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIEßUNGEN

Ausschuss der Regionen

142. Plenartagung des AdR – Videokonferenz über Interactio, 3.2.2021-5.2.2021

26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/1


Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die COVID-19-Impfkampagne

(2021/C 106/01)

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

unterstützt die Impfstrategie der EU als Ausdruck gelebter Solidarität, Einheit und Effizienz und als Vorgehen, das auf den Grundsätzen des gleichberechtigten Zugangs aller Unionsbürgerinnen und -bürger zu Impfstoffen, deren Erschwinglichkeit und Sicherheit basiert; lehnt Impfstoffnationalismus ab, der im Widerspruch zu diesen Grundsätzen steht;

2.

begrüßt den Durchbruch bei der wissenschaftlichen Forschung und der Innovation, der dank der weltweiten Zusammenarbeit in Rekordzeit sichere und wirksame Impfstoffe hervorgebracht hat; ist der Meinung, dass durch Impfungen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, die Pandemie und ihre dramatischen Folgen für das soziale und wirtschaftliche Leben und die psychische Gesundheit in der EU zu bewältigen; gibt indes zu bedenken, dass Impfungen allein nicht ausreichen und die Infektionszahlen rasch zurückgehen müssen, bevor sich neue Varianten in der EU ausbreiten, bei denen die Wirksamkeit der derzeitigen Impfstoffe noch nicht nachgewiesen ist;

3.

fordert, dass die Zulassungsverfahren für die COVID-19-Impfstoffe und die Verhandlungen über den Zugang transparent geführt werden müssen; hofft, dass der jetzige und künftige Erwerb von Impfstoffdosen auf EU-Ebene weiterhin gut koordiniert und kommuniziert wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, bei den Impfstoffen nicht so zu verfahren wie zu Beginn der Pandemie, als sich einige von ihnen wenig solidarisch zeigten, was zu einem Mangel bei Schutzausrüstungen, Masken und Beatmungsgeräten führte;

4.

unterstützt die Impfkampagnen der EU, der Weltgesundheitsorganisation und der Mitgliedstaaten und ruft dazu auf, dass die Impfstoffproduktion und -lieferung gesteigert, die Impfungen rascher durchgeführt und mehr Informationen bereitgestellt werden, damit den Unionsbürgerinnen und -bürgern nach einem einfachen und einheitlichen Verfahren und unabhängig von ihrem Wohnort möglichst bald ein Impftermin angeboten werden kann;

5.

weist mit Besorgnis auf die anhaltende Verbreitung des COVID-19-Virus sowie auf die Schwierigkeiten hin, die Pandemie weltweit und in Europa unter Kontrolle zu bringen und die verschiedenen restriktiven Maßnahmen aufzuheben; ist ferner besorgt über die derzeitige Herstellung und Verteilung von Impfstoffen in der gesamten EU, da einige Impfstoffhersteller die Liefermengen erheblich gedrosselt haben, wodurch die nationalen Behörden gezwungen sind, ihre Impfpläne umzustellen; erachtet es deshalb als unerlässlich, dass die EU-Organe durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Impfstoffhersteller ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen;

6.

verweist auf die Zuständigkeit vieler lokaler und regionaler Gebietskörperschaften im Gesundheitsbereich und unterstreicht ihre Bereitschaft, die Bereitstellung von Impfstoffen insbesondere in logistischer Hinsicht zu unterstützen und sich an Kampagnen und Sensibilisierungsmaßnahmen zu beteiligen, um das Vertrauen und die Akzeptanz bei den Bürgern zu stärken und den Impfprozess zu beschleunigen; fordert die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aktiv in ihre Kampagnen und die rasche Umsetzung ihrer Impfstrategien einzubeziehen;

7.

bringt seine Besorgnis angesichts der Tatsache zum Ausdruck, dass 70 % der Bevölkerung geimpft sein müssen, um die Pandemie zu beenden, aber weniger als die Hälfte der europäischen Bevölkerung bereit ist, sich 2021 impfen zu lassen, fast ein Drittel der Bevölkerung in sieben Mitgliedstaaten eine Impfung vollständig ablehnt und fast zwei Drittel der Europäerinnen und Europäer der Ansicht sind, dass die Impfstoffe zu schnell entwickelt worden sind (1);

8.

hält es für entscheidend, der Öffentlichkeit die Gewissheit zu vermitteln, dass die Impfstoff-Technologie sicher und die rasche Produktion auf den überdurchschnittlich hohen Einsatz finanzieller und personeller Ressourcen für die Impfstoffentwicklung zurückzuführen ist; hält zudem die subnationalen Entscheidungsträger für am besten geeignet, diese Zusicherung zu vermitteln;

9.

warnt vor den Auswirkungen von Falschmeldungen und Desinformation, die die Aussichten auf eine schnelle Massenimpfung beeinträchtigen könnten, und fordert, stärker auf möglichen Impfbetrug zu achten; ist der Ansicht, dass die Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erheblich zur Bekämpfung von Desinformation und Unsicherheit im Zusammenhang mit Impfungen beitragen könnte;

10.

regt an, ein europäisches Dashboard einzurichten, damit die Impfquote und die Verteilung von Impfstoffen in den Regionen überwacht werden können, was die Transparenz und Koordinierung verbessern und die Ermittlung etwaiger Schwachstellen ermöglichen würde; hält es für erforderlich, die Öffentlichkeit umfassend über die Zulassung, die Verfügbarkeit und die Bereitstellung von COVID-19-Impfstoffen zu informieren;

11.

bietet der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten seine Mitarbeit und die seiner Mitglieder bei der Unterstützung von Impfkampagnen durch den Austausch bewährter Verfahren und die Verbreitung von Informationen an;

12.

begrüßt angesichts der medizinischen Notwendigkeit einer Impfbescheinigung die Absicht des Rates, ein standardisiertes und interoperables Formular zum Impfnachweis für medizinische Zwecke auszuarbeiten;

13.

dringt darauf, dass sich die EU führend für den Zugang zu Impfstoffen für alle Länder weltweit stark macht;

14.

fordert, dass die Reaktionen der Europäische Union, der Mitgliedstaaten sowie der Regionen und Kommunen auf den Ausbruch der COVID-19-Pandemie umfassend evaluiert und daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen in medizinischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, administrativer und kompetenzrechtlicher Hinsicht gezogen werden.

Brüssel, den 5. Februar 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Meinungsumfrage der Europäischen Kommission (GD COMM A.3) zur COVID-19-Impfung: „Public Opinion on COVID-19 Vaccination in the EU“, Dezember 2020.


STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

142. Plenartagung des AdR – Videokonferenz über Interactio, 3.2.2021-5.2.2021

26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/3


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz

(2021/C 106/02)

Berichterstatter:

Csaba BORBOLY (RO/EVP), Vorsitzender des Kreisrates Harghita

Referenzdokumente:

Mitteilung über die Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz

COM(2020) 274 final

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz

COM(2020) 275 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Wichtigste Botschaften

1.

plädiert für die Anerkennung und Respektierung der entscheidenden Rolle, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (LRG) sowie die Mitgliedstaaten in den wichtigsten Politikbereichen der EU spielen, aber auch auf dem Gebiet der Kompetenzen, als Eigentümer der entsprechenden Infrastruktur, Empfänger von EU-Mitteln und Begünstigte nationaler und regionaler Fördermittel sowie wichtigstes Zugangstor zu den Gemeinden und Regionen; bedauert zugleich, dass diese Rolle in den aktuellen Mitteilungen der Europäischen Kommission nicht anerkannt wird;

2.

betont, dass Arbeitnehmer in energieintensiven Branchen über die Probleme und Möglichkeiten durch den digitalen und ökologischen Wandel informiert und entsprechend begleitet werden müssen;

3.

nimmt mit Interesse die Lancierung des europäischen Pakts zur Kenntnis, mit dem gemeinsame Maßnahmen für eine größtmögliche Wirkung der Investitionen in eine Verbesserung der bestehenden Kompetenzen (Weiterbildung) und den Erwerb neuer Kompetenzen (Umschulung) gefördert werden. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten mit dem Ziel der Zusammenarbeit und eines klaren Engagements für die Ausbildung aller Menschen im erwerbsfähigen Alter in der gesamten EU darin einbezogen werden;

4.

schlägt vor, dass sich regionale territoriale Strategien und Pakte zum Grünen Deal auf die von der Region benötigten Kompetenzmaßnahmen und Investitionen beziehen sollten. Darüber hinaus müssen der Kompetenzbedarf und die Qualifizierungsmöglichkeiten der Regionen besser erfasst und mit dem Schwerpunkt auf emissionsarmen Technologien und Nachhaltigkeit für die einzelnen betroffenen Bereiche analysiert werden, insbesondere für die Automobilindustrie, das Baugewerbe, Bauleistungen, die Design- und Kreativwirtschaft, die Pharmaindustrie, die IKT und die Lebensmittelbranche;

5.

betont, dass die LRG in den meisten Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Bildung und der Entwicklung kompetenzbezogener Maßnahmen spielen. Die Kommission sollte Schritte unternehmen, um direkte Kontakte zu LRG aufzubauen, die an der beschleunigten Bereitstellung von EU-Mitteln in Form von Pilotprojekten, der Formulierung lokaler und regionaler Strategien und Aktionspläne sowie der Aufstockung der Finanzmittel interessiert sind, sodass Maßnahmen durchgeführt werden können, auch wenn es mittelfristig keine Partnerschaftsvereinbarungen geben wird;

6.

stellt fest, dass während der derzeitigen Pandemie die meisten Bildungssysteme rasch und flexibel auf neue Herausforderungen reagiert und einige Mitgliedstaaten die Digitalisierung der Bildung stark beschleunigt haben. Trotz der echten Erfolge, die in den Regionen zu verzeichnen sind, schlägt der Ausschuss der Regionen vor, sich auf Folgendes zu konzentrieren:

a.

einen gleichberechtigten Zugang zu den neuen Formen der allgemeinen und beruflichen Bildung, mit besonderem Schwerpunkt auf besonders schutzbedürftigen Kindern und Jugendlichen,

b.

Beseitigung von Hindernissen im Bereich der Sprache, die Sprachenrechte ethnischer Minderheiten sowie gehörloser und schwerhöriger Menschen, die sich mit Gebärdensprache verständigen, eingeschlossen,

c.

Gewährleistung, dass sich die neuen Initiativen und Bildungsformen positiv auf den Zugang aller zur allgemeinen und beruflichen Bildung auswirken und damit die digitale Kluft und das Zugänglichkeitsdefizit verringern, sodass alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrem jeweiligen Standort uneingeschränkten Zugang zu kollaborativen Tools haben,

d.

Förderung der digitalen Konnektivität, insbesondere in dünn besiedelten Gebieten, einschließlich Technologien sowie Lehrmaterialien und -instrumente, die den Zugang zur digitalen Bildung ermöglichen;

7.

weist darauf hin, dass zu den Leitinitiativen, die in den Leitlinien der Europäischen Kommission vom 17. September für die Umsetzung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne im Rahmen von „NextGenerationEU“ genannt werden, Umschulung und Weiterbildung sowie die Anpassung der Bildungssysteme zur Förderung der digitalen Kompetenzen und die allgemeine und berufliche Bildung für alle Altersgruppen gehören, was eine neue finanzielle Vorausschau für die Mitgliedstaaten und folglich für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bedingt;

Politische Empfehlungen

8.

stellt fest, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften insbesondere aufgrund der COVID-19-Pandemie vor neuen Herausforderungen stehen. Als Antwort auf diese Probleme entstehen jedoch auch täglich neue Initiativen. Die Digitalisierung der Bildung und lokalen Unternehmen sind hierfür die bekanntesten Beispiele. Die Europäische Kommission sollte prüfen, ob sie eine europäische Plattform mit einer Auswahl bewährter Verfahren einrichten kann, die für die Gemeinden und Regionen zugänglich wäre und die die Entwicklung von Strategien und Aktionsplänen zur Anpassung und Resilienz fördern sowie neue lokale und regionale Initiativen anregen würde. Der Ausschuss der Regionen und seine Mitglieder würden solche Initiativen begrüßen und unterstützen;

9.

betont, dass sowohl die berufliche als auch die technologische Bildung praktische Lösungen brauchen und meist mit Orten und Bildungseinrichtungen verbunden sind — weit mehr als digitale Kompetenzen, Sprachkenntnisse und andere persönliche Kompetenzen (Soft Skills). Wir sollten damit beginnen, in einigen Regionen bewährte Verfahren zu ermitteln, die als Vorbild für neue Initiativen in anderen Regionen dienen können;

10.

fordert die Kommission auf, den in der Mitteilung dargelegten Ansatz zu überarbeiten und der wichtigen Rolle Rechnung zu tragen, die den LRG in den meisten Mitgliedstaaten bei der Unterstützung und Entwicklung kompetenzbezogener Infrastrukturen zukommt, da die Städte und Regionen über Schlüsselkompetenzen in der Bildungs- und Berufsbildungspolitik verfügen und in der Jugend- und Beschäftigungspolitik von zentraler Bedeutung sind;

11.

unterstreicht, dass Krisen wie die COVID-19-Pandemie die Bildungs- und Ausbildungssysteme erschüttern und auf diese oftmals Zeiten mit hohen Arbeitslosenquoten und wirtschaftlicher Unsicherheit folgen. Zugleich benötigen gering qualifizierte Erwachsene zusätzlich zu den durch den ökologischen und dem digitalen Wandel bedingten Veränderungen des Arbeitsmarktes dringend Unterstützung, um in den Arbeitsmarkt einzutreten oder dort zu verbleiben (1). In diesem Zusammenhang sind die vorgeschlagenen Initiativen für Kompetenzen und berufliche Aus- und Weiterbildung dringend erforderlich, um die Umsetzung des ersten Grundsatzes der europäischen Säule sozialer Rechte in Bezug auf das Recht auf hochwertige und inklusive allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen zu gewährleisten;

12.

sieht der bevorstehenden Billigung der Osnabrücker Erklärung durch die für berufliche Bildung zuständigen Ministerinnen und Minister der EU-Mitgliedstaaten zur Modernisierung der europäischen Berufsbildung und Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit innerhalb eines europäischen Bildungsraums (2) sowie zur Stärkung des freiwilligen Charakters der Empfehlung erwartungsvoll entgegen; betont in diesem Zusammenhang, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften umfassend in die Gestaltung und Umsetzung nationaler Strategien für die Erwachsenenbildung einbezogen werden müssen;

13.

betont angesichts der COVID-19-Krise, dass digitale Ausbildungslösungen und Fernunterricht auch für die berufliche Aus- und Weiterbildung sowie erforderlichenfalls die Nachverfolgung ihrer Absolventen verbessert werden müssen, ohne dass damit ein unnötiger Verwaltungsaufwand verbunden ist; weist ferner darauf hin, dass die Attraktivität der beruflichen Aus- und Weiterbildung gesteigert sowie Kohärenz und Synergien zwischen diesem Sektor und dem allgemeinen Bildungssystem sichergestellt werden müssen. Darüber hinaus fordert der AdR eine Überarbeitung des Europäischen Rahmens für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung, um hochwertige, diversifizierte und maßgeschneiderte Lehrlingsausbildungen sicherzustellen; unterstreicht ferner die Bedeutung eines gleichberechtigten Zugangs sowie des Rechts auf Weiterbildung für sämtliche Arbeitnehmer;

14.

stellt fest, dass die Lage in der EU sehr unterschiedlich ist, was eine der größten Herausforderungen bei der Konzipierung und Umsetzung neuer Standards und Verfahren für die allgemeine und berufliche Bildung ist. Diese regionalen Unterschiede entstehen durch das Kompetenzdefizit und das Missverhältnis zwischen Kompetenzangebot und -nachfrage in der EU und dürften sich im Falle schlecht konzipierter und nicht entsprechend finanzierter lokaler und regionaler Maßnahmen noch verstärken. Der Ausschuss der Regionen bekräftigt daher seine Forderung nach einer stärker regionalen Ausrichtung zur Bewertung der Fortschritte bei der Umsetzung der neuen Kompetenzagenda und der Politik der beruflichen Aus- und Weiterbildung;

15.

ist der Ansicht, dass politische Maßnahmen im Einklang mit dem regionalen Kontext stehen müssen; ein Einheitskonzept funktioniert nicht. Lokal- und regionalpolitische Lösungen müssen entsprechend angepasst werden;

16.

weist darauf hin, dass die Frage des Zugangs sozial ausgegrenzter oder benachteiligter Personen zu hochwertiger allgemeiner und beruflicher Bildung angegangen werden muss, damit der gleichberechtigte Zugang in keinem Mitgliedstaat behindert wird;

17.

plädiert für die beschleunigte Verwirklichung eines europäischen Bildungsraums, um eine hochwertige Bildung für alle zu gewährleisten. Die EU sollte die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den Bildungssystemen und den verschiedenen Lehrplänen im Rahmen der Kompetenzordnung und unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips und des Harmonisierungsverbotes auf der Grundlage der Bedürfnisse der Bürger fördern, unterstützen und ergänzen;

18.

betont, dass die Gefahr besteht, dass der ökologische Wandel und die Pandemie sich negativer auf Minderheiten, Frauen, Kinder, Jugendliche, junge Menschen und Menschen aus benachteiligten Gemeinschaften auswirken — insbesondere in entlegenen, dünn besiedelten oder Berggebieten, in denen die Bevölkerung mit größeren Hürden und Schwierigkeiten beim Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung konfrontiert ist; Diese Fragen sollten mit einer faktengestützten Methode angegangen werden, die den spezifischen Bedürfnissen dieser Gruppen in allen Regionen Rechnung trägt; in diesem Sinne wird vorgeschlagen, Menschen mit Behinderungen als eine der Gruppen einzuschließen, die durch die oben beschriebenen Probleme besonders benachteiligte werden;

19.

angesichts der Bedeutung der neuen Kompetenzen in MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sollten diese in allen Regionen auf sämtlichen Bildungsebenen unter Berücksichtigung der ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern zugänglich sein; zugleich sollte im Rahmen der Förderung des zweifachen Wandels den Schülerinnen und Schülern in ISCED 2 und 3 bei der Wahl ihrer Berufslaufbahn die Bedeutung dieser Fächer auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft sowie deren Möglichkeiten für künftige Beschäftigte verdeutlicht werden. Ziel ist es, ihre künftige Aus- und Weiterbildung in diesen Bereichen zu lenken, wobei auch die Sprachenrechte und die Zugänglichkeit dieser neuen Kompetenzen für alle Generationen und Gruppen zu berücksichtigen sind;

20.

weist darauf hin, dass zur Förderung lokaler und regionaler Initiativen öffentliche Hochschulen Vorrang haben und dass öffentliche und private Investitionen mobilisiert werden sollten, um neue Qualifizierungsmöglichkeiten zu fördern, während der Schwerpunkt der einschlägigen lokalen und regionalen Forschung auf der Einführung neuer Kompetenzen in allen europäischen Regionen liegen sollte;

21.

betont, dass die europäische Zusammenarbeit in den Bereichen Kompetenzen und Berufsbildung einen lokalen und regionalen Schwerpunkt umfassen sollte, der auf die Gemeinden und Regionen ausgerichtet ist und den Zugang zu Schulen und Ausbildungseinrichtungen stabilisiert. Solche Plattformen sollten sich nicht ausschließlich auf die Mitgliedstaaten und die bereits beteiligten Interessenträger konzentrieren;

22.

hält es für sehr positiv, dass in der Kompetenzagenda im Rahmen ihrer Maßnahme 7 vorgesehen ist, die sich aus der Sozialwirtschaft ergebenden unternehmerischen Möglichkeiten zu fördern, wie beispielsweise durch die Unterstützung lokaler Gemeinschaften, lokale grüne Deals oder die Aktivierung benachteiligter Gruppen; empfiehlt in diesem Zusammenhang eine stärkere Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Ausarbeitung des von der Europäischen Kommission für 2021 angekündigten Aktionsplans für die Sozialwirtschaft;

23.

ist der Auffassung, dass das EU-Bildungsprogramm Erasmus+ beim Erwerb interkultureller und mehrsprachiger Kompetenzen große Bedeutung zukommt. Aufgrund der Pandemie besteht die Gefahr, dass viele Studierende, Schülerinnen und Schüler und Auszubildende diese Möglichkeit nicht wahrnehmen können. Folglich müssen schnelle, an die neuen Gegebenheiten angepasste Lösungen gefunden werden, damit die Ziele von Erasmus+ auch weiterhin erreicht werden können; gleichzeitig müssen im Sinne einer sozialen Inklusion diejenigen Studierenden, Schülerinnen und Schüler und Auszubildenden unterstützt werden, die bisher nicht im gleichen Maße an den Angeboten von Erasmus+ beteiligt waren;

24.

hält die Pandemie, den Grünen Deal und die Digitalisierung für die wichtigsten Triebkräfte des Wandels in der europäischen Wirtschaft. Veränderungen sind zu begrüßen, wenn es um spezifische, die Umwelt und die Zukunft der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa betreffende Ergebnisse geht. Zum Aufbau von Resilienz müssen Arbeitnehmer mit Blick auf die neue Ära des grünen und digitalen Wachstums neue Kompetenzen im Einklang mit den neu entstehenden und wachsenden Branchen erwerben können, damit ein etwaiges Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage behoben werden kann. Arbeitnehmer müssen durch gezielte und maßgeschneiderte Beratung am Arbeitsplatz unterstützt werden; besonders diejenigen, die nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten suchen, sind für den Erwerb neuer Kompetenzen offen; gleichzeitig sollten Unternehmen bei der Qualifizierungsberatung ihrer Belegschaften unterstützt werden;

25.

betont, dass eine kritische Masse an Finanz- und Fördermitteln für den Wiederaufbau, die Stärkung der Resilienz und neue Kompetenzen im Zusammenhang mit der allgemeinen und beruflichen Bildung, einschließlich der Schulung von Lehrkräften und Ausbildern in allen Regionen sowie in allen Bereichen und auf allen Bildungsebenen erforderlich ist; betont in diesem Zusammenhang, dass die Mittel der EU-Programme über Direktinvestitionen in Bildung und Kompetenzen, insbesondere Erasmus + und ESF +, nicht gekürzt werden dürfen;

26.

hebt hervor, dass im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung, in dem die Digitalisierung rasch voranschreitet, Lehrkräfte, Ausbilder, Studierende und Schüler neue IKT-gestützte und operative Kompetenzen, aber zugleich auch Handlungskompetenzen in Bezug auf Informations-, Digital- und Medienkompetenz brauchen (3). Die Regionen und Städte müssen auf der Grundlage lokaler und regionaler Maßnahmen Belege dafür erstellen, dass Lehrkräfte und Ausbildende über die erforderlichen Kompetenzen verfügen und sich an die neue Situation angepasst haben; im Falle von Engpässen und Diskrepanzen sind maßgeschneiderte und koordinierte Lösungen in den Lehrplänen für die Lehrerausbildung und die Lehrerfortbildung für die Kompetenzentwicklung von Lehrkräften erforderlich;

27.

ist der Auffassung, dass das künftige Programm Horizont Europa die Ergebnisse evidenzbasierter, angewandter Forschung zur Ermittlung neuer Kompetenzen, zu Methoden des Online-Unterrichts, zur Bereitstellung grundlegender Kompetenzen für alle — einschließlich sprachlicher Minderheiten, ethnischer Gruppen und Randgruppen — sowie zur Multi-Level-Governance in kompetenzbezogenen Politikbereichen widerspiegeln muss, wobei die LRG aktiv einzubeziehen sind;

28.

ist der Ansicht, dass lokale und regionale Partnerschaften aus LRG, Expertengruppen, Arbeitgebervertretern sowie Bildungsanbietern das Verständnis für die Frage verbessern können, wie sich möglichst wirksam und rasch ein regional verankerter Kompetenzerwerb bewerkstelligen lässt. Solche Partnerschaften können hier als Motor für den lokalen und regionalen Wandel dienen, indem Wissen, Verständnis und Vertrauen aufgebaut und alle Interessenträger einbezogen werden.

Brüssel, den 5. Februar 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Laut Cedefop hatten im Jahr 2016 in der EU 23 % der 25- bis 64-Jährigen einen niedrigen Bildungsabschluss in der Sekundarstufe I oder darunter (ISCED 2). (https://www.cedefop.europa.eu/en/publications-and-resources/statistics-and-indicators/statistics-and-graphs/33-how-many-adults-have-low-level-education#:~:text=%202016%2C%2023.0%25%20of%20people,followed%20by%20Portugal%20 (53,1 % 25).

(2)  https://www.eu2020.de/eu2020-de/news/article/eu-education-ministers-karliczek-osnabrueck/2384182.

(3)  Technische Anmerkungen der JRC: „Mapping Digital Competence: Towards a Conceptual Understanding“, von Kirsti Ala Mutka (https://www.researchgate.net/publication/340375234_Mapping_Digital_Competence_Towards_a_Conceptual_Understanding).


26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/7


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Förderung der Jugendbeschäftigung: eine Brücke ins Arbeitsleben für die nächste Generation — Stärkung der Jugendgarantie

(2021/C 106/03)

Berichterstatterin:

Romy KARIER (LU/EVP), Mitglied des Gemeinderats der Gemeinde Clervaux

Referenzdokumente:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Förderung der Jugendbeschäftigung: eine Brücke ins Arbeitsleben für die nächste Generation

COM(2020) 276 final

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates „Eine Brücke ins Arbeitsleben — Stärkung der Jugendgarantie“ und zur Ersetzung der Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 zur Einführung einer Jugendgarantie

COM(2020) 277 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt den Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Stärkung der Jugendgarantie, die auf den Erkenntnissen aufbaut, die seit der Annahme der ursprünglichen Jugendgarantie am 22. April 2013 gewonnen wurden. Die Jugendgarantie wird dadurch erheblich verbessert und erhält z. B. eine neue und stimmigere Struktur, die in vier Phasen gegliedert ist, sowie einen stärkeren Fokus auf Langzeit-NEETs und Inklusivität. Der Vorschlag ist vor allem im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, die junge Menschen unverhältnismäßig hart trifft, von besonderer Bedeutung;

2.

begrüßt den Vorschlag der Kommission, die Altersgruppe der Begünstigten der Jugendgarantie auf junge Menschen im Alter von 25 bis 29 Jahren auszuweiten, umso mehr junge Menschen zu erreichen. Außerdem wird dadurch der Tatsache Rechnung getragen, dass im Rahmen des durch die COVID-19-Pandemie bedingten Wirtschaftsabschwungs die Arbeitslosigkeit unter den 15- bis 29-Jährigen drastisch weiter zunehmen wird und sie Unterstützungsleistung benötigen werden (1); hebt hervor, dass junge Menschen auch weiterhin unterstützt werden sollten, nachdem ihnen ein Angebot gemacht wurde oder die Viermonatsfrist für ein Angebot abgelaufen ist, um sicherzustellen, dass ihre Motivation, Fähigkeiten und Fertigkeiten kontinuierlich gestärkt werden können, insbesondere bei stärker benachteiligten jungen Menschen, die für eine erfolgreiche Eingliederung in den Arbeitsmarkt eventuell längerfristige Unterstützung benötigen;

3.

unterstreicht die wichtige Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in der Beschäftigungs-, Berufsbildungs-, Bildungs- und Jugendpolitik und empfiehlt, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an den Partnerschaften in allen Phasen der Jugendgarantie zu beteiligen. Dies gilt insbesondere für die Phase der Bestandsaufnahme und die Phase der Information, in denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als Brücke zwischen verschiedenen Interessenträgern wie den Sozialpartnern, Bildungseinrichtungen, Jugendorganisationen, öffentlichen Arbeitsverwaltungen und der lokalen und regionalen Wirtschaft fungieren könnten;

4.

begrüßt den Vorschlag der Kommission, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu Katalysatoren für die Lehrlingsausbildung im lokalen Unternehmensumfeld zu machen. Damit wird die entscheidende Rolle anerkannt, die sie bei der Förderung der Wirtschaftsentwicklung durch Partnerschaften spielen. Zudem werden die früher vorgebrachten Standpunkte des Ausschusses der Regionen zu diesem Thema berücksichtigt (2). Die Lehrlingsausbildung sollte als wichtiges Instrument bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gefördert werden, da sie intellektuelle und praktische Fähigkeiten mit Berufserfahrung kombiniert. Daher ist es wichtig, mehr und bessere Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf der Vermittlung digitaler Kompetenzen liegen sollte;

5.

betont, dass den lokalen Gebietskörperschaften eine wichtige Aufgabe zukommt, sowohl in Bezug auf die Verbesserung des Bekanntheitsgrads der Jugendgarantie unter jungen Menschen als auch bei der Öffentlichkeitsarbeit, indem sie beispielsweise dafür sorgen, dass das Programm in den öffentlichen Arbeitsverwaltungen entsprechend wahrgenommen wird, und sie mit allen einschlägigen Interessenträgern, die mit jungen Menschen arbeiten, partnerschaftlich zusammenarbeiten;

6.

unterstreicht die Bedeutung der Jugend-, Sozial-, Gesundheits- und Arbeitsvermittlungsdienste der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als Teil der Frühwarnsysteme und betont, dass sie über Nachverfolgungskapazitäten verfügen, um junge Menschen zu ermitteln, die Gefahr laufen, ein NEET zu werden, womit sie gleichzeitig dazu beitragen, einen vorzeitigen Abbruch von Schule oder Ausbildung, insbesondere in den Regionen mit den höchsten Schulabbrecherquoten in der EU, zu verhindern;

7.

begrüßt, dass die Kommission insbesondere bei Langzeit-NEETs den Schwerpunkt auf Information legt, betont jedoch, dass der Einsatz von Technologien, die von jungen Menschen selbst genutzt werden, sowie messbare Ziele empfohlen werden sollten, was Anreize für die Anbieter der Jugendgarantie schafft, die Wirksamkeit und Effizienz ihrer Informationsstrategien zu erhöhen; ist außerdem der Ansicht, dass die jungen Menschen, die von diesem Programm profitieren, darauf aufmerksam gemacht werden sollten, dass es sich um eine europäische Initiative handelt — was viele der derzeitigen Begünstigten nicht wissen;

8.

unterstützt den Vorschlag, Kompetenzen zu fördern, die auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden, und befürwortet den Schwerpunkt auf digitaler Kompetenz, Managementkompetenzen, Unternehmergeist und Autonomie sowie Kompetenzen, die für den Übergang zu einer grünen Wirtschaft wichtig sind; unterstreicht jedoch, dass auch Sprachkenntnisse als vorrangig gefördert werden müssen, um die Chancen junger Menschen auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt, insbesondere in Regionen, in denen Sprachkenntnisse besonders wichtig sind, wie etwa Grenzregionen und Regionen mit tourismusorientierter Wirtschaft, zu erhöhen; hält es für bedauerlich, dass dies nicht in den neuen Vorschlag aufgenommen wurde;

9.

hält es für wesentlich, klare und genaue verbindliche Kriterien für die Qualität der Angebote der Jugendgarantie in Bezug auf Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung und Lehrlingsausbildung festzulegen. Erreicht werden könnte dies, indem der Grad der Übereinstimmung zwischen der Arbeitsmarktnachfrage und dem Profil des Teilnehmers bewertet wird, indem sichergestellt wird, dass bei dem Angebot die Beschäftigung und die sozialen Rechte junger Menschen geachtet werden und die Qualität der Angebote in die Überwachung und die Datenerhebung im Rahmen der Jugendgarantie aufgenommen wird. So kann das Angebot eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglichen (3);

10.

hebt hervor, dass die Mobilität der Arbeitskräfte zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen angesichts der Bedeutung von Migration für die Arbeitsmarktchancen durch die Stärkung der Jugendgarantie gefördert werden sollte; bedauert daher, dass diese Bestimmung der ursprünglichen Jugendgarantie nicht in den neuen Vorschlag übernommen wurde, obwohl viele Länder ihre Jugendgarantien durch regionale oder internationale Mobilitätsprogramme ergänzt haben; plädiert ferner dafür, die Jugendgarantie mit hochwertigen Praktika und dem Europäischen Solidaritätskorps zu verknüpfen;

11.

teilt die Auffassung, dass die regionalen Besonderheiten des Arbeitsmarkts und die Hindernisse für junge Menschen in ländlichen, abgelegenen, in äußerster Randlage befindlichen und benachteiligten städtischen Gebieten, weniger entwickelten Regionen und sprachlichen Minderheitengemeinschaften in der Phase der Bestandsaufnahme besonders berücksichtigt werden sollten. Im Rahmen der gestärkten Jugendgarantie sollten jedoch auch spezifische Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen werden, um sicherzustellen, dass junge Menschen, die in diesen Regionen leben, denselben Zugang zu den Möglichkeiten und Diensten haben wie Jugendliche in anderen Regionen;

12.

empfiehlt, den sozialen Dialog auf regionaler und lokaler Ebene zu stärken, um bessere Ergebnisse für arbeitslose junge Menschen zu erzielen und damit insbesondere in isolierten und abgelegenen Gebieten ein inklusiveres Wirtschaftswachstum zu fördern und wirksame Strategien für Pläne für einen gerechten Übergang auf lokaler und regionaler Ebene zu entwickeln;

13.

bedauert, dass der im ESF+ für die Jugendgarantie vorgesehene Anteil trotz der schwierigen Umstände der COVID-19-Pandemie, in deren Folge die Jugendarbeitslosigkeit EU-weit bereits stark angestiegen ist, im Programmplanungszeitraum 2021-2027 nicht wesentlich erhöht wurde; fordert daher nachdrücklich, die finanzielle Unterstützung der Mitgliedstaaten und Regionen, die nicht nur eine hohe Jugendarbeitslosigkeit aufweisen, sondern derzeit auch unter erheblichen Haushaltsbeschränkungen leiden, darunter insbesondere die Regionen, die unter Arbeitslosigkeit und Armut leiden, wie weniger entwickelte Regionen, deindustrialisierte Regionen und Regionen in Randlage und in äußerster Randlage, umfassend aufzustocken, um dafür zu sorgen, dass die Jugendgarantie überall in der EU gleich wirksam wird; bedauert den Wegfall der regionalen Ausrichtung der EU-Förderung für die Jugendbeschäftigung über die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen; dringt darauf, dass die nationalen Regierungen den Regionen finanzielle Unterstützung für die Jugendbeschäftigung zur Verfügung stellen, in denen diese am dringendsten benötigt wird; gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass EU-Mittel nationale Mittel für Beschäftigungsmaßnahmen für junge Menschen nicht ersetzen;

14.

ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Phasen der Information und der Bestandsaufnahme der gestärkten Jugendgarantie eine Schlüsselrolle spielen und daher ausreichende Mittel sowohl aus den Haushalten der Mitgliedstaaten als auch aus dem EU-Haushalt benötigen, um eine echte Integration benachteiligter junger Menschen in einen sich rasch wandelnden Arbeitsmarkt zu erreichen. Darüber hinaus ist die feste Zusage der nationalen Regierungen erforderlich, die lokale und regionale Ebene in die Umsetzung der politischen Maßnahmen einzubeziehen. Der Europäische Sozialfonds Plus sollte eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung der Schaffung neuer hochwertiger Arbeitsplätze und bei der Förderung der sozialen Inklusion und der sozialen Innovation spielen. Es sind jedoch auch dringend genügend Mittel der Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen der gestärkten Jugendgarantie und Synergien mit der Kohäsionspolitik im nächsten MFR erforderlich, um größtmögliche Wirkung zu erzielen;

15.

begrüßt die Verknüpfung der gestärkten Jugendgarantie mit der europäischen Säule sozialer Rechte. Die gestärkte Jugendgarantie muss den daran teilnehmenden jungen Menschen einen universellen Zugang zu Sozialschutz garantieren, damit das Armutsrisiko und die Gefahr einer prekären Beschäftigung nicht ansteigen;

16.

ist der Ansicht, dass viele lokale und regionale Gebietskörperschaften nicht alle Kanäle kennen, über die sie Zugang zu EU-Mitteln für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit haben; fordert daher die Europäische Kommission auf, in Partnerschaft mit dem AdR eine Informationsveranstaltung zu organisieren, um hier Abhilfe zu schaffen. Die Ergebnisse dieser Maßnahme könnten auf dem Internetportal des AdR veröffentlicht werden, damit alle Interessenträger darauf zugreifen können;

17.

ist der Ansicht, dass Praktika und Ausbildungsplätze jungen Menschen in erster Linie eine Lernerfahrung bieten sollten, die ihnen dabei helfen kann, sich über ihren künftigen Berufsweg klar zu werden und ihre Kompetenzen zu entwickeln, um den Weg in eine dauerhafte Beschäftigung zu ebnen; hebt hervor, dass Praktika und Ausbildungsplätze im Rahmen von Lehrplänen oder der Berufsbildung klare Lernziele, hochwertige Lerninhalte und eine professionelle Betreuung umfassen sollten; weist darauf hin, dass neben diesen Lernkriterien weitere Regelungen erforderlich sind, um für Praktika und Ausbildungsplätze auf dem offenen Arbeitsmarkt und im Rahmen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik gute Arbeitsbedingungen zu gewährleisten; macht zudem darauf aufmerksam, dass durch die Praxis unbezahlter Praktika und Ausbildungsplätze im Rahmen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik und auf dem offenen Arbeitsmarkt u. U. „klassische“ Arbeitsplätze ersetzt werden können und diese eine Form der Ausbeutung darstellen, die die Rechte junger Menschen verletzt und die Möglichkeiten junger Menschen aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen einschränkt; unterstützt daher das Europäische Parlament in seinen Bemühungen, eine gerechte Vergütung und den Zugang zum Sozialschutz für Praktika und Ausbildungen auf dem offenen Arbeitsmarkt und im Rahmen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik durchzusetzen, um jungen Menschen den Zugang zu guten Chancen zu ermöglichen;

18.

weist darauf hin, dass lokale Jugendgarantie-Anbieter junge Menschen in ihre Programme aufnehmen könnten, die Kurzschulungen durchlaufen oder in Teilzeit arbeiten, aber eine Vollzeitarbeit suchen, da diese jungen Menschen eher arbeitsmarktfern sind und von Unterstützung und einem förmlichen Angebot im Rahmen der Jugendgarantie profitieren würden;

19.

begrüßt, dass die Europäische Kommission unternehmerische Bildung, Weiterbildung, Umschulung und Ausbildung zum Ausbau von unternehmerischen Kenntnissen und Fähigkeiten als Möglichkeit, die Beschäftigungschancen junger Menschen zu erhöhen, als einen Schwerpunkt ansieht; hält es jedoch gleichzeitig für angebracht, in der gestärkten Jugendgarantie auf die Möglichkeiten hinzuweisen, die das soziale Unternehmertum und die Sozialwirtschaft im Allgemeinen zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit bieten;

20.

hält es für erforderlich, im neuen Vorschlag zwischen Langzeit- und Kurzzeit-NEETs zu unterscheiden, da die Bilanz der Jugendgarantie für die erste Gruppe sehr enttäuschend ausfällt. Diese Unterscheidung könnte jedoch bei den empfohlenen Maßnahmen für die vier Phasen der gestärkten Jugendgarantie stärker herausgearbeitet werden, um die Unterstützungsmaßnahmen, die sich speziell an Langzeit-NEETs richten, deutlicher hervorzuheben;

21.

begrüßt, dass die Europäische Kommission einen Schwerpunkt auf Inklusivität legt. Der neue Vorschlag ist inklusiver als das aktuelle System in Bezug auf Behinderungen, den sozialen Hintergrund und die ethnische Zugehörigkeit. Auch wird die geschlechtsspezifische Dimension besonders berücksichtigt, womit der Tatsache Rechnung getragen wird, dass das Geschlechtergefälle bei den NEETs in den letzten Jahren zugenommen hat. Allerdings könnte der Vorschlag bei der Anprangerung anderer Formen der Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, wie der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Rasse oder der sexuellen Ausrichtung bzw. bei der Diskriminierung von Migranten, noch expliziter sein;

22.

begrüßt die Bedeutung, die einer frühzeitigen Intervention zugunsten besserer Aussichten für die am stärksten gefährdeten jungen Menschen beigemessen wird, und meint, dass die neuen Vorschläge genauere Empfehlungen und Prioritäten für Arbeitsvermittlungen und Bildungsdienste enthalten sollten, um nicht offiziell erfasste NEETs besser zu ermitteln sowie zu motivieren und zu ermutigen, ihre Ausbildung, Arbeit oder Berufsbildung, Umschulung und Weiterbildung wiederaufzunehmen; betont, wie wichtig es ist, die junge Bevölkerung auf regionaler und lokaler Ebene zu erfassen, um festzustellen, was die jungen Menschen vor Ort ausmacht und welche Unterstützung sie benötigen;

23.

teilt die Auffassung, dass der Ausgangspunkt eines Angebots im Rahmen der Jugendgarantie die Registrierung bei einer Arbeitsvermittlung sein sollte; für NEETs, die nicht ohne Weiteres erreichbar sind und sich wahrscheinlich nicht bei einer Arbeitsvermittlung registrieren lassen, sollte in dem Vorschlag jedoch die Möglichkeit erwogen werden, andere Anlaufstellen für die Umsetzung der Jugendgarantie im gleichen Zeitraum von vier Monaten festzulegen. Ebenso wichtig ist es, den Verwaltungsaufwand für junge Arbeitsuchende zu verringern und die Zahl der Ansprechpartner auf das absolute Minimum zu beschränken. Zu diesem Zweck sollte in dem Vorschlag empfohlen werden, die Online-Registrierung über spezielle Online-Plattformen im Rahmen der Jugendgarantie zum Standardverfahren zu machen. In der Zwischenzeit müssen die Behörden dafür sorgen, dass diejenigen Gruppen, die nicht über digitale Kanäle erreicht werden können, angemessen unterstützt werden. Ferner sind Bemühungen erforderlich, um junge Menschen, die für eine Förderung im Rahmen der Jugendgarantie infrage kommen, proaktiv zu registrieren; weist darauf hin, dass das Programm auch bei jungen Menschen, die bereits eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, bekannt gemacht werden sollte. Um jungen Menschen die Teilnahme an den Angeboten der Jugendgarantie zu erleichtern, wird in diesem Sinne vorgeschlagen, es Bildungs- und Ausbildungsanbietern zu ermöglichen, der öffentlichen Arbeitsverwaltung benachteiligte junge Menschen mit einem eventuell größeren Unterstützungsbedarf zu melden, damit diese nach der Schule oder Ausbildung eine Beschäftigung finden. Daneben ist ein stärkerer automatischer Informationsaustausch zwischen Bildungsanbietern und den öffentlichen Arbeitsverwaltungen erforderlich, um junge Menschen nach der allgemeinen oder beruflichen Bildung proaktiv an die Jugendgarantie zu verweisen und in diese aufzunehmen;

24.

stimmt den Empfehlungen der Europäischen Kommission in Bezug auf frühzeitige Schul- und Ausbildungsabgänger und gering qualifizierte Jugendliche zu, insbesondere bezüglich der Notwendigkeit, flexible Pfade für die Rückkehr in die allgemeine und berufliche Bildung und Bildungsangebote für Schulabbrecher zu schaffen, die ein Lernumfeld bieten, das ihren speziellen Bedürfnissen entspricht und ihnen eine Qualifizierung ermöglicht; allerdings müssten diesbezüglich die Vorteile der Berufsberatung stärker hervorgehoben werden;

25.

ist der Ansicht, dass die im Rahmen der Jugendgarantie ergriffenen Maßnahmen darauf abzielen sollten, die Fähigkeiten und Kompetenzen zu fördern, mit denen das bestehende Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage auf dem Arbeitsmarkt behoben wird, insbesondere in den mit der Digitalisierung in der EU und dem Grünen Deal zusammenhängenden Bereichen; erkennt außerdem den zusätzlichen Nutzen besserer sozialer Kompetenzen an, wie Kommunikationstechniken und Techniken zur Schulung des Selbstvertrauens;

26.

stimmt den Empfehlungen der Europäischen Kommission in Bezug auf die Senkung der Lohnnebenkosten zu, wie z. B. gezielte und gut konzipierte Lohnzuschüsse und Einstellungsprämien, Steuergutschriften und Beihilfen für Menschen mit Behinderungen, um Arbeitgeber zu ermutigen, neue Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen zu schaffen oder bereits Beschäftigte zu halten. Anreize für Unternehmensgründungen, insbesondere im Bereich der digitalen Technologien, sind angesichts der rasch fortschreitenden Digitalisierung ebenfalls von großer Bedeutung und könnten daher in dem Vorschlag stärker hervorgehoben werden;

27.

empfiehlt, die Möglichkeiten des neuen Programms für sozialen Wandel und soziale Innovation in vollem Umfang zu nutzen, um Beispiele bewährter Verfahren für Jugendgarantie-Systeme auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zusammenzustellen;

28.

empfiehlt, die Bewertung aller im Rahmen der Jugendgarantie-Programme ergriffenen Maßnahmen zu verbessern, damit Strategien und Maßnahmen entwickelt werden können, die sich stärker auf Erkenntnisse dazu stützen, was wo und warum funktioniert, womit eine wirksame und effiziente Ressourcennutzung sichergestellt würde;

29.

ist der Ansicht, dass die Jugendgarantie, sobald die vierte Phase abgeschlossen ist und ein Angebot angenommen wurde, Betreuung und Informationen anbieten sollte, die darauf abzielen, die Weiterqualifizierung und Umschulung der jungen Menschen zu erleichtern, bei denen die Gefahr erneuter Arbeitslosigkeit am größten ist. Dadurch wird auch sichergestellt, dass junge Menschen die Chance erhalten, beruflich aufzusteigen, auch wenn sie zu Beginn ihres Berufslebens gering qualifizierte und untergeordnete Tätigkeiten ausüben;

30.

ist der Ansicht, dass die wirksame Umsetzung der Jugendgarantie zu sicheren und dauerhaften Arbeitsplätzen führen muss. Dies kann auch durch starke Partnerschaften, Solidarität und Koordinierung zwischen den öffentlichen Arbeitsverwaltungen, den wichtigsten Anbietern der Jugendgarantie, und allen anderen Interessenträgern, einschließlich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, erreicht werden;

31.

unterstreicht, dass die gestärkte Jugendgarantie durch die Verlängerung und Ausweitung des Instruments zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE), durch die Aufnahme von Beschäftigungsmaßnahmen für junge Menschen in nationale Aufbau- und Resilienzpläne, insbesondere durch die Schaffung hochwertiger Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen, sowie durch eine ausdrückliche Erwähnung eines besseren Sozialschutzes für junge Arbeitslose oder junge Menschen mit prekären Beschäftigungsverhältnissen im anstehenden Aktionsplan zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte ergänzt werden sollte, um die Jugendbeschäftigung vor dem Hintergrund der Pandemie wirksam zu fördern; rät von Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen ab, bei denen im Rahmen des Wiederaufbaus nach der Krise die Rechte junger Menschen auf eine gerechte Entlohnung und Zugang zum Sozialschutz untergraben werden.

Brüssel, den 5. Februar 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A52012XR2562

(2)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX:52012AR1186 und https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex:52013AR0789

(3)  https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR17_5/SR_YOUTH_GUARANTEE_DE.pdf


26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/12


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen in Europa

(2021/C 106/04)

Berichterstatter:

Pavel BRANDA (EKR/CZ), Stellvertretender Bürgermeister von Rádlo

I.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

Fast ein Drittel der EU-Bürger lebt und arbeitet in den europäischen Grenzregionen. Diese Grenzen haben direkte und indirekte Auswirkungen auf ihr Leben. Menschen, die in einer Grenzregion leben, stoßen oft auf besondere Herausforderungen, etwa bei der Arbeitsplatzsuche, beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und anderen öffentlichen Dienstleistungen, beim täglichen Pendeln und bei Behördenangelegenheiten. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hat sich als das wirksamste Instrument erwiesen, um die durch die Grenzen bedingte Beschränkung und Trennung zu überwinden und den territorialen Zusammenhalt der Grenzregionen zu stärken.

Der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen in Grenzregionen, insbesondere in den von einer erheblichen Entvölkerung betroffenen, ist im Vergleich zu zentral gelegenen oder Hauptstadtregionen oft eingeschränkt, was sich besonders in Regionen mit demografischen Herausforderungen bemerkbar macht, und dabei doch in hohem Maße für die Lebensqualität bestimmend. Die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen wäre nicht nur im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch profitabler, da die entsprechenden Dienstleistungen breiter verfügbar und kosteneffizienter wären.

Die erfolgreiche Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen könnte auch zu einem besseren Verständnis unter Nachbarn und der Schaffung des so dringend nötigen Vertrauens führen. Solche Dienstleistungen würden sich unmittelbar darauf auswirken, wie die Europäische Union wahrgenommen wird, was wiederum zur Stärkung der europäischen Identität beitragen würde.

Die breitere Verfügbarkeit grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen könnte dazu beitragen, negative Auswirkungen der Grenze zu verringern und die Lebensqualität der Bürger in Grenzregionen zu erhöhen. Indem die EU dem bestehenden Bedarf an öffentlichen Dienstleistungen an ihren Binnen- und Außengrenzen angemessen Rechnung trägt, zeigt sie den Millionen Bürgerinnen und Bürgern, die in den Genuss dieser Dienstleistungen kommen, ihren eindeutigen Mehrwert.

Die ausgezeichnete zielgerichtete Analyse des Europäischen Beobachtungsnetzes für Raumordnung (ESPON) (1) gibt einen ersten Überblick zum Thema grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen. Sie steckt den Rahmen ab und enthält verschiedene Empfehlungen. In der komplizierten Lage, in der wir uns befinden und die koordinierte Antworten auf die Herausforderungen verlangt, sollte der AdR nun die politische Initiative in Form dieser Stellungnahme ergreifen, um das Thema grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen voranzubringen, politische Empfehlungen aus der Sicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auszusprechen und die nächsten Schritte zu bestimmen, die die Organe der EU und andere Interessenträger gehen sollten, damit grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen in Zukunft wirksamer und umfassender erbracht werden können.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

ist der Auffassung, dass drei Instrumente/Voraussetzungen für die erfolgreiche, effiziente und breitere Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen erforderlich sind: ein Rechtsrahmen, Strukturen und finanzielle Mittel. Angesichts des europäischen Charakters dieser Dienstleistungen sollte die EU eine aktive und führende Rolle bei der Bereitstellung dieser Instrumente/Voraussetzungen spielen. Nötig ist dabei die Zusammenarbeit nationaler, regionaler und lokaler Behörden im Einklang mit dem Partnerschaftsprinzip, um die durch den grenzüberschreitenden Kontext bedingten Kosten zu vermeiden oder zu senken;

EU-Rechtsrahmen

Mehrwert eines EU-Rechtsrahmens

2.

betont, dass ein EU-Rechtsrahmen nötig ist, der eine effiziente Einrichtung und Verwaltung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen ermöglicht, die dem Bedarf der Bürgerinnen und Bürger in Grenzregionen gerecht werden. Dies würde eindeutig einen EU-Mehrwert bieten, denn die gegenwärtigen Rahmenbedingungen bringen oft einen übermäßigen Verwaltungsaufwand und hohe Kosten mit sich, was viele lokale und regionale Gebietskörperschaften veranlasst, ihre Pläne aufzugeben;

3.

unterstützt in diesem Sinne nachdrücklich den europäischen grenzübergreifenden Mechanismus (ECBM) und bedauert, dass der diesbezügliche Vorschlag derzeit im Rat der Europäischen Union blockiert ist; fordert den portugiesischen Ratsvorsitz deshalb auf, sich für eine möglichst baldige Annahme dieses Vorschlags einzusetzen;

4.

ist der Auffassung, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen gemäß dem Subsidiaritätsprinzip der europäischen Idee entsprechen. Sie können am wirksamsten im Rahmen einer engen Zusammenarbeit mit den nationalen, regionalen und lokalen Behörden (Partnerschaftsprinzip) auf EU-Ebene angegangen werden;

Umsetzung von EU-Vorschriften unter Berücksichtigung grenzübergreifender Fragen

5.

fordert die Europäische Kommission als das für die Überwachung der Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften zuständige Organ sowie vor allem die Mitgliedstaaten und die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen auf, die Umsetzung der Richtlinien mit den jeweiligen Nachbarstaaten und -regionen abzustimmen, damit nicht mangels Koordinierung neue rechtliche Hürden und Asymmetrien in der Verwaltung entstehen; appelliert gleichzeitig an die Mitgliedstaaten und die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen, ihren nationalen bzw. regionalen Rechtsrahmen hinsichtlich seiner Auswirkungen in den Grenzräumen zu prüfen;

6.

weist darauf hin, dass sich mit Folgenabschätzungen die Auswirkungen der EU-Gesetzgebung sehr gut absehen lassen, und fordert die Kommission sowie die Mitgliedstaaten und die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen auf, Methoden für eine wirksame Abschätzung der grenzüberschreitenden Folgen zu erarbeiten;

Grenzüberschreitende Kontaktstellen in den Generaldirektionen der Europäischen Kommission

7.

fordert die Europäische Kommission auf, die Situation von Grenzgebieten bereichsübergreifend in ihrer Politikgestaltung zu berücksichtigen und in allen Generaldirektionen grenzüberschreitende Kontaktstellen zu benennen, die sich mit grenzüberschreitenden Fragen befassen können, vor allem in den Bereichen Umwelt, Rettungsdienste, Risikomanagement, Verkehr, Gesundheitsversorgung, Bildung, Raumordnung, Digitalisierung, Kommunikation, Kultur, Tourismus, Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigung (2). Bei der Erarbeitung neuer sowie der Änderung geltender EU-Rechtsvorschriften sollte die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen in diesen Bereichen berücksichtigt werden, um ihre Umsetzung zu unterstützen;

Nationale grenzüberschreitende Kontaktstellen

8.

fordert die Mitgliedstaaten und die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen auf, feste, ständige, behördenübergreifende nationale grenzüberschreitende Kontaktstellen einzurichten, die Erfahrungen austauschen und die konkreten Herausforderungen für die Gebietskörperschaften an einer Grenze erörtern, die Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften koordinieren und auf die systematische Beseitigung von Grenzhindernissen hinarbeiten (auch in Bezug auf die Einrichtung und Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen). Diese Kontaktstellen könnten identisch mit den Stellen sein, die in der Verordnung über den europäischen grenzübergreifenden Mechanismus vorgeschlagen werden, sofern diese in der jeweiligen Region eingeführt werden, allerdings mit weitergehenden Zuständigkeiten. In den Kontaktstellen sollte ein Verantwortlicher benannt werden, der die Amtssprachen der Grenzgebiete beherrscht. Die Kontaktstellen sollten mit ihrer Arbeit zur Beseitigung der von den lokalen und regionalen Akteuren festgestellten Hindernisse beitragen. Sie könnten die Lage in den Grenzregionen bewerten und gemeinsame Konzepte und Maßnahmen vorschlagen, wie die Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger durch eine optimierte Nutzung der verfügbaren Ressourcen auf beiden Seiten der Grenze verbessert werden könnten, und sie könnten Verfahrensweisen für die Koordinierung mit grenzüberschreitenden Programmen und anderen Initiativen der EU aufstellen. Die EU-Anlaufstelle „Grenze“ sollte koordinieren sowie methodische Unterstützung leisten und den Austausch bewährter Verfahren unter den Grenzregionen in Europa fördern;

9.

fordert die Mitgliedstaaten auf, flexibler auf Wünsche der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu reagieren, die grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen einrichten wollen. Denn Flexibilität, Ad-hoc-Lösungen und rasche Antworten der zuständigen öffentlichen Akteure für die Einrichtung und Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen können kurzfristige Lösungen bieten, die aber einer dauerhaften, nachhaltigen Lösung bedürfen. Auch die Anwendung zwischenstaatlicher Abkommen wie des jüngst geschlossenen Vertrags von Aachen könnte die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen voranbringen;

Anlaufstelle „Grenze“ (GD REGIO)

10.

unterstreicht seine Unterstützung für die Anlaufstelle „Grenze“ der GD REGIO und fordert eine Aufstockung der personellen Ressourcen der Anlaufstelle angesichts ihrer möglichen neuen Aufgabe, d. h. der Koordinierung der nationalen Kontaktstellen und der Kontaktstellen in den verschiedenen Generaldirektionen;

Europäischer grenzübergreifender Mechanismus

11.

ist der Auffassung, dass die EU in Bezug auf die Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften einen koordinierten Ansatz in Grenzfragen unterstützen sollte. Wenn dieser nicht erfolgreich ist und die nationalen Rechtsvorschriften eine Zusammenarbeit nicht zulassen, sollte die EU eine europäische Lösung bzw. einen europäischen Rahmen bereitstellen, den die Erbringer von grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen nutzen können;

12.

betont deshalb nachdrücklich, dass das neue, von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Instrument, der europäische grenzübergreifende Mechanismus (3), als Bottom-up-Rechtsinstrument angenommen werden muss, das sich wahrscheinlich als angemessene Lösung für die Bewältigung rechtlicher und administrativer Hindernisse und für die Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens für die konkrete Umsetzung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen erweisen wird;

13.

bekräftigt, dass die von der Europäischen Kommission im Rahmen der „Cross-Border Review“ durchgeführte Analyse der in Grenzgebieten bestehenden Hindernisse und die sich daraus ergebenden B-Solutions-Projekte eindeutig belegen, dass ein solches Rechtsinstrument vor Ort nötig ist. In über einem Drittel der 43 analysierten B-Solutions-Fälle (4) könnte der europäische grenzübergreifende Mechanismus zur Beseitigung der jeweiligen Hindernisse beitragen, vor allem in den Fällen, in denen die vorgeschlagene Lösung eine Änderung des gegenwärtig geltenden rechtlichen oder administrativen Rahmens auf einer Seite der Grenze erfordern würde;

14.

fordert die lokalen und regionalen Interessenträger in diesem Zusammenhang auf, ihre Kapazitäten auszubauen, damit sie in der Lage sind, ihre Aufgabe als Initiatoren von Lösungen im Rahmen des vorgeschlagenen europäischen grenzübergreifenden Mechanismus nachdrücklicher und effizienter wahrzunehmen. Damit der Mechanismus korrekt angewandt werden kann, müssen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Hindernisse ausreichend verstehen und somit in der Lage sein, funktionierende rechtliche bzw. administrative Lösungen eindeutig zu definieren;

15.

verweist darauf, dass die vorgeschlagene ECBM-Verordnung möglicherweise nicht nur für grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen, sondern für die Zukunft der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit generell von entscheidender Bedeutung sein wird, da sie dazu beitragen kann, bestehende Hindernisse zu beseitigen und das volle wirtschaftliche Potenzial der EU-Grenzregionen freizusetzen (5);

16.

fordert den Europäischen Rat auf, die Beratungen über die ECBM-Verordnung wiederaufzunehmen und umgehend seine Position zu dem Vorschlag festzulegen, damit die Verordnung rasch erlassen werden kann;

17.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Erörterung des „Mechanismus zur Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse in einem grenzübergreifenden Kontext“ auf die Tagesordnung der Gipfeltreffen zwischen Grenzstaaten und jedes anderen hochrangigen Forums für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu setzen. Die Prüfung dieses von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Instruments in beschlussfassenden Gremien sollte die Mitgliedstaaten davon überzeugen, wie nützlich es dafür ist, viele der immer noch vorhandenen rechtlichen und administrativen Hindernisse an EU-Grenzen zu beseitigen und somit die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen zu erleichtern;

18.

schlägt der Kommission vor, dass interessierte Mitgliedstaaten, Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen und grenzübergreifende Strukturen auf lokaler und regionaler Ebene die Anwendung der Grundsätze und Verfahren des vorgeschlagenen europäischen grenzübergreifenden Mechanismus an konkreten Projekten testen, um ein besseres Verständnis davon zu gewinnen, wie dieses Instrument in konkreten Fällen angewandt werden und zur Beseitigung existierender rechtlicher und administrativer Hindernisse beitragen könnte. In vielen grenzübergreifenden Gebieten wurde die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bereits in der Vergangenheit getestet und hat positive Ergebnisse bei der Lösung grenzüberschreitender Fragen erbracht;

Grenzübergreifende Strukturen

19.

stellt fest, dass die ESPON-Analyse gezeigt hat, dass die meisten grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen die Schaffung einer neuen grenzübergreifenden Struktur oder eines Gremiums erfordern, allerdings zumeist ohne neue Rechtspersönlichkeit. Sehr häufig wurden bereits existierende Strukturen genutzt oder angepasst. In den Fällen, in denen neue grenzübergreifende Strukturen geschaffen wurden, beruhte dies auf existierenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen, inländischem Recht oder der EVTZ-Verordnung;

20.

unterstreicht die Vorteile dauerhafter grenzübergreifender Strukturen, die über eigenes Personal und einen eigenen Haushalt verfügen und lediglich der Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit dienen, etwa Euroregionen, Arbeitsgemeinschaften oder ähnliche Strukturen für die effiziente Entwicklung von grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen;

21.

betont die Vorteile und das unausgeschöpfte Potenzial der Europäischen Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) (6), die für die Verwaltung von grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen perfekt geeignet wären, vor allem in den Fällen, in denen ein gemeinsamer Haushalt und die Einstellung gemeinsamen Personals erforderlich ist und die Gebietskörperschaften die wichtigsten Erbringer sind. Die Sensibilisierungsmaßnahmen der EVTZ-Plattform des AdR sollten verstärkt werden und insbesondere auf die Nutzung von EVTZ für die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen gerichtet sein;

22.

betont, dass sich die EVTZ zwar als sehr sinnvoll für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erwiesen haben. Allerdings stoßen sie rechtlich an bestimmte Grenzen, die es ihnen nicht erlauben, das Potenzial einer verstärkten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit voll auszuschöpfen. Dies zeigt sich besonders deutlich bei grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen und Infrastrukturprojekten. Dieses europäische Instrument könnte weitaus breiter genutzt werden, wenn der bereits erwähnte Rechtsrahmen verbessert würde;

Finanzinstrumente

23.

fordert eine Bezugnahme auf die Entwicklung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen als förderfähige Aktivität im Rahmen der Kohäsionspolitik, konkret beim Programm Interreg (ohne Kürzung anderer Teile des Programms) sowie in anderen Finanzierungsinstrumenten, die im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und in dem Aufbauinstrument „NextGenerationEU“ für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie vorgesehen sind. Um die Attraktivität der Finanzierungsprogramme zu erhöhen, muss zudem der administrative Aufwand bei der Beantragung sowie Abrechnung dieser Fördermittel verringert werden;

24.

ruft alle Verwaltungsbehörden in Grenzregionen auf, grenzübergreifende Vorhaben, Aktionen und Projekte im Rahmen ihrer allgemeinen regionalen Programme (EFRE und ESF) zu finanzieren, um die Maßnahmen der Interreg-Programme zu ergänzen und zu vertiefen;

25.

betont die Bedeutung, die das Programm Interreg seit 30 Jahren für grenzübergreifende Regionen hat. Interreg hat die Zusammenarbeit gefördert, was die Annäherung und den Dialog zwischen den Verwaltungen und Behörden der einzelnen grenzübergreifenden Regionen ermöglicht hat, es hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weitergebracht und Projekte unterstützt, die sich unmittelbar auf die Einrichtung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen ausgewirkt haben;

26.

verweist auf die ausgezeichneten Erfahrungen mit den B-Solutions-Projekten der Europäischen Kommission, bei denen es darum ging, Hindernisse an den Grenzen zu beseitigen, darunter auch im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen. Diese Projekte haben gezeigt, dass auch mit wenigen finanziellen Mitteln Hervorragendes bewirkt werden kann;

27.

bekräftigt seine tiefe Enttäuschung über den in der nächsten finanziellen Vorausschau vorgeschlagenen Finanzrahmen für das Programm Interreg, der dem Bedarf der europäischen territorialen Zusammenarbeit im Allgemeinen und dem der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Besonderen in keiner Weise gerecht wird, dabei ist letztere eines der Hauptelemente der Kohäsionspolitik und des europäischen Einigungswerks. Aufgrund des geringeren Finanzrahmens für das Programm Interreg werden viele Chancen nicht genutzt werden können, zumal der Haushalt auch im vergangenen Finanzierungszeitraum vollkommen unzureichend war;

28.

empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten einen Teil ihrer zusätzlichen Mittel aus der Initiative REACT-EU gemeinsam für Programme der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bereitstellen, an denen sie beteiligt sind. So könnten ein wirksamer Neustart und eine Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nach der COVID-19-Krise sowie die Unterstützung für den Ausbau grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen oder Gesundheitskorridore ermöglicht werden. Hier sollten auch die Synergien analysiert werden, die beim gemeinsamen Einsatz von Rettungsdiensten erzielt werden können;

29.

unterstützt nachdrücklich das Pilotprogramm „Grenzübergreifende Regionen nach dem COVID-19-Ausbruch: eine Gelegenheit für einen neuen Anlauf zu einer gemeinsamen Krisenreaktion und einer gemeinsamen Entwicklung“, über das auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments im November abgestimmt wurde. Es soll dazu dienen, das Leben der Bürger in Grenzregionen zu verbessern, indem besser integrierte, funktionale länderübergreifende Räume gefördert werden. Mit diesem Pilotprojekt sollen Grenzregionen dabei unterstützt werden, künftige Krisen besser zu bewältigen, und es soll ein neues Modell zur Ausarbeitung öffentlicher Maßnahmen, einschließlich öffentlicher Dienstleistungen, in Grenzregionen gefördert werden, das auf einer gemeinsamen Entwicklung durch ein besseres Regieren auf mehreren Ebenen beruht. Das Pilotprojekt besteht deshalb aus einem kurz- und einem mittelfristigen Konzept, um Akteuren und Entscheidungsträgern konkrete Instrumente und Verfahren bereitzustellen, die unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden können, für die Bürger greifbar sind und auf alle europäischen Grenzen angewandt werden können;

30.

stellt fest, dass die EU mit ihren Programmen zwar die Einrichtung einiger grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen unterstützt hat, dass die langfristige Finanzierung jedoch nicht tragfähig ist. Die Mitgliedstaaten und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten zusätzliche Möglichkeiten der langfristigen, auskömmlichen Finanzierung prüfen, etwa nationale oder regionale Quellen und öffentlich-private Partnerschaften, die auch über Grenzen hinweg unterstützt werden sollten, zumindest innerhalb des EWR;

Online-Dienste

31.

weist darauf hin, dass der Digitalisierungsprozess, in dem wir uns befinden, in Grenzregionen aus einer dreifachen Perspektive zu betrachten ist: der der Produktionsstrukturen, der der Behörden und öffentlichen Einrichtungen, die Dienstleistungen für die Allgemeinheit erbringen, und der der Bürgerinnen und Bürger selbst. In dieser Hinsicht könnten elektronische Dienste ein sehr interessantes Entwicklungsfeld für die grenzüberschreitende Erbringung öffentlicher Dienstleistungen eröffnen. So könnte beispielsweise durch die Nutzung der Schnittstelle für automatisierte Übersetzung eines der ersten Hindernisse für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Allgemeinen und die grenzüberschreitende Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Besonderen, nämlich die Sprachbarriere überwunden werden. Darüber hinaus wäre die Einführung elektronischer Karten, mit denen die Bürgerinnen und Bürger in Grenzregionen Zugang zu grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen erhalten, ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung dieser Regionen. Eine verstärkte Nutzung elektronischer Verfahren wird zu einer notwendigen Harmonisierung der Verwaltungsvorschriften führen und damit eine ganze Reihe weiterer Hindernisse beseitigen. Auch die Entwicklung von Systemen, die auf künstlicher Intelligenz basieren, könnte die europaweite Erbringung von Dienstleistungen weiter fördern;

Rolle des Privatsektors

32.

fordert die Entscheidungsträger auf, kleinen und mittleren lokalen Betreibern besonderes Augenmerk zu schenken. Private Betreiber sind wesentliche Akteure bei der Erbringung bestimmter Dienstleistungen bzw. in bestimmten Ländern. Grenzüberschreitende Joint Ventures kleiner und mittlerer Betreiber, etwa in Form einer Europäischen Gesellschaft (7), könnten besser in der Lage sein, grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen zu erbringen;

Grenzüberschreitende Verbindungen

33.

dringt auf die Förderung grenzüberschreitender Verbindungen. In manchen Grenzregionen stehen die Bürgerinnen und Bürger vor der physischen Schwierigkeit der Grenzüberquerung, sei es, weil es natürliche Begrenzungen (wie Berge oder Flüsse) gibt und bauliche Verbindungen zwischen beiden Seiten (Straßen oder Brücken) fehlen, sei es, weil es keine angemessenen, regelmäßigen öffentlichen Verkehrsdienste gibt. Eine bessere Anbindung würde Begegnungen erleichtern und somit die Integration der Bewohnerinnen und Bewohner von Grenzregionen fördern;

34.

fordert die EU-Organe und die Mitgliedstaaten auf, die Diskussionen über die Schaffung eines Dienstleistungspasses (elektronische Dienstleistungskarte) wiederaufzunehmen, der es KMU erlaubt, grenzüberschreitend Dienstleistungen zu erbringen, ohne mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand vonseiten ausländischer Gesetzgeber konfrontiert zu sein;

Bessere Bekanntmachung und Überwachung von grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen

35.

betont, dass die überwiegende Mehrheit aller erfassten grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen (64 %) (8) an Grenzen zwischen alten EU-Mitgliedstaaten und nur sehr wenige an Grenzen zwischen neuen Mitgliedstaaten erbracht werden;

36.

fordert die Kommission sowie die Mitgliedstaaten auf, gemeinsam mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und dem AdR eine Informationskampagne in den Mitgliedstaaten durchzuführen, um die Vorteile und das Potenzial grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen deutlich zu machen. Diese Interessenträger sollten auch mehr in die Überwachung und Bekanntmachung bestehender grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen investieren, da viele von ihnen der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind (z. B. durch die Erstellung eines Katalogs der grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen);

37.

ist bereit, sich stärker in die Überwachung und Bekanntmachung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen in Europa einzubringen, da er sehr gute Erfahrungen mit der Überwachung und Bekanntmachung der EVTZ durch seine EVTZ-Plattform gemacht hat. Da einige der EVTZ bereits grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen erbringen, sollte die EVTZ-Plattform auch damit beauftragt werden, die Entwicklung der grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen zu überwachen und sie gemeinsam mit den EVTZ als geeignetes Instrument für ihre Umsetzung bekannt zu machen;

38.

fordert die Grenzregionen und konkret die Euroregionen, Arbeitsgemeinschaften, EVTZ und sonstige grenzübergreifende Strukturen auf, ihre Bürgerinnen und Bürger zu der Frage zu konsultieren, welche Dienstleistungen in ihrer Region fehlen oder welche verbessert werden sollten, diesem Bedarf Rechnung zu tragen und möglicherweise neue oder verbesserte grenzüberschreitende Dienstleistungen von allgemeinem Interesse einzurichten;

Grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen an den Land- und Seeaußengrenzen der EU

39.

verweist auf die Erfahrungen mit der EVTZ-Verordnung, bei der sich gezeigt hat, dass eine fruchtbare und besser strukturierte Zusammenarbeit mit Drittstaaten aufgebaut werden kann, wie dies insbesondere mit der Schweiz und der Ukraine geschehen ist;

40.

betont, dass 17 % aller erfassten grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen zwischen EU- und Drittstaaten erbracht werden, was zeigt, dass Bedarf und Potenzial für eine derartige Zusammenarbeit über die Außengrenzen (Land- und Seegrenzen) der EU hinaus besteht. Es liegt im Interesse der Bürger dieser Grenzregionen, dass der Rechtsrahmen, die Strukturen und die Finanzierung die Einrichtung solcher Dienstleistungen mit Drittstaaten ermöglichen;

Erfahrungen mit COVID-19: Grenzschließung oder Zusammenarbeit

41.

verweist erneut auf die Chancen, die die Mitgliedstaaten während der COVID-19-Pandemie vergeben haben, als sie instinktiv und einseitig Grenzen schlossen, anstatt gemeinsame Anstrengungen an den EU-Binnengrenzen zu unternehmen und für die Menschen in den Grenzregionen Gesundheitsversorgung und Notdienste bereitzustellen. Durch Zusammenarbeit sowie den Austausch von Erfahrungen und Ressourcen hätte die Krise besser bewältigt werden können. Dies sollte nun als Lehre dienen, die erneut die Notwendigkeit grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen und eines koordinierten europäischen Ansatzes bei gemeinsamen Problemen deutlich macht. Dabei ist zu betonen, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheit und des Rettungsdienstes auch außerhalb von Krisenzeiten für eine gute Versorgung der Bevölkerung von hoher Bedeutung und besonders voranzutreiben ist;

42.

weist darauf hin, dass die unkoordinierte Schließung der Grenzen ohne Konsultation der Nachbarstaaten und auch der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Grenzregionen äußerst nachteilige Auswirkungen nicht nur auf die bestehende grenzübergreifende Zusammenarbeit, sondern vor allem auf das Leben der Bewohner der Grenzregionen hatte, da es keine vereinbarten Protokolle für Ausnahmeregelungen im Personen- und Warenverkehr gab, was sich u. a. negativ auf die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen auswirkte;

43.

hält es für notwendig, ein grundlegendes Mindestniveau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu definieren, das auch in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten ist, um die Erbringung grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen, vor allem im Zusammenhang mit dem Krisenmanagement, sicherzustellen;

44.

begrüßt die Partnerschaft zwischen dem AdR, der Europäischen Kommission und den wichtigsten Verbänden, die sich mit grenzübergreifenden Fragen befassen (MOT, AGEG und SESCI), die während der COVID-19-Krise entstanden ist. Diese Erfahrung hat zur Schaffung der Europäischen grenzübergreifenden Bürgerallianz geführt;

45.

betont, dass viele Grenzregionen und Grenzstädte trotz der geschlossenen Grenzen Möglichkeiten gefunden haben, um in diesen schwierigen Zeiten zusammenzuarbeiten und Ressourcen zu teilen. Dies bewies erneut, dass grenzüberschreitende Zusammenarbeit für die Menschen in diesen Regionen selbstverständlich und für ihr Zusammenleben ein zukunftsweisender Weg ist;

Empfehlungen für die Zukunft

46.

erklärt sich bereit, Lehren aus den Erfahrungen der Grenzregionen zu ziehen und als Beitrag zur Konferenz zur Zukunft Europas umfassende Empfehlungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vorzulegen;

47.

plant diesbezüglich, der Konferenz konkrete Empfehlungen zu folgenden zwei Punkten zu unterbreiten:

Erstens wird er eine langfristige Vision zur Zukunft der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Europäischen Union vorlegen und sich dabei vor allem auf konkrete Vorschläge beziehen, die er sowie die Grenzregionen bis 2050 umgesetzt sehen möchten. Die grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen werden Teil dieser Vision sein.

Zweitens wird er um die Erarbeitung einer Rechtsvorschrift ersuchen, mit der Mindeststandards für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Falle EU-weiter bzw. lokaler Krisen sichergestellt werden, um ein ausreichendes Niveau öffentlicher Dienstleistungen zu wahren, den Bürgerinnen und Bürgern in Grenzregionen die nötigen Funktionen zu sichern, ein ununterbrochenes Funktionieren des Binnenmarkts zu garantieren und die Dynamik der europäischen Integration aufrechtzuerhalten.

Brüssel, den 5. Februar 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  ESPON: Zielgerichtete Analyse grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen vom 14. Januar 2019.

(2)  In diesen Politikbereichen werden laut ESPON-Analyse die meisten grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistungen erbracht.

(3)  Verordnung COM(2018) 373 final — 2018/0198 (COD).

(4)  https://www.b-solutionsproject.com.

(5)  In der Mitteilung der Europäischen Kommission Stärkung von Wachstum und Zusammenhalt in den EU-Grenzregionen heißt es: „Würden jedoch nur 20 % der derzeit bestehenden Hindernisse abgebaut, so würde das BIP in den Grenzregionen auch schon um 2 % steigen. […] potenziell mehr als 1 Mio. neuer Stellen“ (COM(2017) 534, S. 7).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) (ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 19).

(7)  Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. L 294 vom 10.11.2001, S. 1).

(8)  ESPON: Zielgerichtete Analyse grenzüberschreitender öffentlicher Dienstleistungen vom 14. Januar 2019.


26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/19


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Agrarökologie

(2021/C 106/05)

Berichterstatter:

Guillaume CROS (FR/Die Grünen)

Mitglied eines Exekutivorgans der regionalen Ebene: Regionalrat der Region Occitanie

I.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Hintergrund

1.

stellt fest, dass die COVID-19-Pandemie die Bedeutung und Fragilität der Lebensmittelsysteme in Europa deutlich macht, und weist auf die Notwendigkeit widerstandsfähiger und souveräner Lebensmittelsysteme hin, für die die Rentabilität der ländlichen Gebiete unabdingbar ist;

2.

betont mit Blick auf die Gefahren der globalen Erwärmung, des Verlusts der biologischen Vielfalt und der Bodendegradation, dass die EU aufgrund dieser Pandemie noch dringlicher neue agronomische, soziale und territoriale Ansätze einführen muss, die die natürlichen Ressourcen schützen, die Gesundheit erhalten, die Erneuerung der landwirtschaftlichen Betriebe fördern und territorialen Zusammenhalt schaffen;

3.

weist darauf hin, dass die Senkung der Treibhausgase in der Landwirtschaft heute die einzig gangbare Option ist;

4.

unterstreicht, dass Dauergrünland ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche der EU ausmacht und durch die Speicherung großer Mengen an organischen Stoffen im Boden und die Förderung der biologischen Vielfalt eine entscheidende Rolle spielt;

5.

stellt fest, dass insbesondere für den Kohlenstoff-, den Phosphor- und den Stickstoffkreislauf von einer Logik der extraktiven Landwirtschaft zu einer Kreislauflogik übergegangen sowie ein schonender und sparsamer Umgang mit den Ressourcen angestrebt werden muss;

6.

betont, dass die Homogenität und die Vereinheitlichung von Saatgut der biologischen Vielfalt zuwiderlaufen;

7.

ist der Auffassung, dass wir mit Blick auf die öffentliche Gesundheit, die Erderwärmung und das Tierwohl von unseren Praktiken in der Viehwirtschaft zugunsten von Produktionsverfahren abgehen müssen, die insbesondere durch die Erhaltung der Weideflächen und die Pflege der Waldflächen eine positive ökologische Funktion erfüllen, die Gesundheit der Landwirte und der Bevölkerung nicht gefährden und einen respektvollen Umgang mit den Tieren gewährleisten. Es ist möglich, den Fleischkonsum zu senken und gleichzeitig eine nachhaltige Viehwirtschaft aufzubauen;

8.

ist der Ansicht, dass die Lebensqualität der Viehzüchter und das Wohlergehen der Tiere Hand in Hand gehen und einen anderen Ansatz für die Tierhaltung erfordern, bei dem der Viehzüchter nicht mehr mit Verlust verkauft und seine Tiere respektiert;

9.

stellt fest, dass spezialisierte landwirtschaftliche Betriebe‚ die in großem Umfang Betriebsmittel (Erdöl, Dünger, Pestizide, Antibiotika usw.) zukaufen, wegen ihrer hohen Produktionskosten, ihrer Abhängigkeit von Zulieferern und dem größeren Unternehmensrisiko wirtschaftlich auf unsichereren Beinen stehen;

10.

begrüßt die von der Kommission vorgeschlagenen Strategien „Vom Hof auf den Tisch“ (F2F) und „Biodiversität“, die einen wesentlichen Wandel der Agrarpolitik erfordern;

11.

stellt fest, dass die Niederlassung neuer Landwirte auf kleinen und mittleren Flächen durch die Schwierigkeiten beim Zugang zur Nutzung von Land, sei es in Pacht oder als Eigentum, behindert wird;

Der agrarökologische Ansatz

12.

stellt fest, dass der Vorschlag, den Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden sowie von Antibiotika bis 2030 erheblich zu verringern und den Anteil ökologischer Vorrangflächen zu erhöhen, eine systemische Umgestaltung der landwirtschaftlichen Produktionsverfahren erfordert;

13.

betont, dass die Agrarökologie, bei der die Ökosysteme unter Erhalt ihrer Erneuerungsfähigkeit so weit wie möglich als Produktionsfaktor genutzt werden, dieser Herausforderung gerecht wird;

14.

weist darauf hin, dass die FAO unter dem Begriff „Agrarökologie“ zehn miteinander verknüpfte Elemente subsumiert: Vielfalt, Co-Creation und Wissensaustausch, Synergie, Effizienz, Recycling, Resilienz, menschliche und soziale Werte, Kultur und Ernährungsgewohnheiten, verantwortungsvolle Governance sowie Kreislauf- und Solidarwirtschaft;

15.

betont, dass Abfall als Ressource betrachtet werden muss, wie etwa im Falle von aufbereitetem und mit wesentlichen Nährstoffen angereichertem Wasser, das für die Bewässerung von Defizitgebieten genutzt wird, oder auch von Getreidestroh, das in der Tierhaltung, für ökologisches Bauen oder das Mulchen eingesetzt wird;

16.

unterstreicht, dass die Agrarökologie den CO2-Fußabdruck der Landwirtschaft verringert, die Wiedererlangung der biologischen Vielfalt begünstigt, die Bodenfruchtbarkeit sicher- bzw. wiederherstellt, Luft- und Wasserverschmutzung verhindert, die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit der Betriebe erhöht und eine gesunde und erschwingliche Ernährung gewährleistet;

17.

betont, dass die Agrarökologie keinen Rückschritt darstellt, komplexer ist als die auf Chemie und Erdöl basierende landwirtschaftliche Praxis und als intelligente Landwirtschaft ökologische, wirtschaftliche und soziale Leistungen sowie agrarwissenschaftliche und soziale Ansätze kombiniert, die aus innovativen Experimenten, Fachwissen und öffentlicher Forschung entstanden sind;

18.

hebt hervor, dass die Agrarökologie eine Landwirtschaft mit und in der Natur fördert;

19.

verweist darauf, dass dank der Agrarökologie lebendige Böden entstehen, die die Gesundheit der Pflanzen fördern, viel Kohlenstoff und Wasser speichern und so widerstandsfähiger gegen Trockenheit und hohe Temperaturen sind;

20.

unterstreicht, dass in der Agrarökologie bei der Auswahl von Produktion, Sorten und Rassen und bei der Festlegung der Zeitpläne die agroklimatischen und historischen Bedingungen vor Ort berücksichtigt werden, um die Widerstandsfähigkeit der Betriebe angesichts von Unwägbarkeiten zu optimieren;

21.

weist darauf hin, dass zur Agrarökologie eine Tierhaltung in überschaubarer Größe gehört, die so weit wie möglich im Freien stattfindet und auf Futtermittelautonomie ausgerichtet ist;

22.

merkt an, dass die Agrarökologie folgende Aspekte umfasst:

a.

mehr kleine und mittlere Betriebe, dank derer der Rückgang der Beschäftigung in der Landwirtschaft eingedämmt und die Niederlassung von Junglandwirten wiederbelebt werden kann,

b.

stärkere Vernetzung zwischen landwirtschaftlichen Betrieben zur gegenseitigen Unterstützung,

c.

mehr Verbindungen zur übrigen Bevölkerung durch eine größere Anzahl kurzer Versorgungsketten und mehr Verarbeitung der Produkte vor Ort;

23.

ist der Ansicht, dass die Digitalisierung den Umgang mit bestimmten Produktions- und Vermarktungsverfahren erleichtern kann; weist jedoch darauf hin, dass die weit verbreitete Entwicklung automatisierter und vernetzter landwirtschaftlicher Maschinen die Frage der Datenhoheit aufwirft, die sich der Kontrolle des Landwirts entziehen kann; ist der Auffassung, dass der Landwirt die genaue Kenntnis seines Betriebs nicht auslagern und das Recht auf Reparatur seiner Maschinen behalten sollte;

Politische Strategien zur Unterstützung der agrarökologischen Wende

24.

weist darauf hin, dass bei der Agrarökologie nicht nur die Nahrungsmittelerzeugung, sondern das gesamte Lebensmittelsystem, einschließlich fairer Arbeitsbedingungen, berücksichtigt wird;

25.

hebt hervor, dass die derzeit verhandelte GAP-Reform in ihren Hauptpunkten den Herausforderungen nicht gerecht wird, den Mitgliedstaaten und ihren Regionen aber dennoch einige Instrumente zur Unterstützung der Agrarökologie bietet;

26.

begrüßt den im Oktober 2020 an den Europäischen Rat gerichteten Vermerk der Kommission, in dem vier mögliche Arten von Öko-Regelungen, darunter die der Agroforstwirtschaft und der Agrarökologie, genannt werden;

27.

weist darauf hin, dass kein Gefüge kleiner und mittlerer Betriebe entstehen kann, wenn die Direktzahlungen weiterhin pro Hektar und nicht pro landwirtschaftlicher Arbeitskraft zugewiesen werden;

28.

verweist darauf, dass weitere politische Maßnahmen der EU (Agrarmärkte, Außenhandel, Klima, Saatgut, Wasser, Böden, Forschung usw.) auf diesen neuen Ansatz abgestimmt und mit ihm zusammengeführt werden müssen;

29.

sieht in der Agrarökologie ein Instrument für das Management eines nachhaltigen ländlichen Tourismus;

30.

weist darauf hin, dass die Agrarökologie stärker durch die öffentliche Forschung unterstützt werden muss;

31.

ist der Ansicht, dass die Agrarökologie durch die Förderung eines Gefüges kleiner und mittlerer, an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angepasster Betriebe mit jüngeren Inhabern sowie durch eine Annäherung der städtischen und ländlichen Bevölkerung dank kurzer Versorgungsketten und Gemeinschaftsverpflegung auf Basis lokaler Bioprodukte eine starke Triebkraft für die Neubelebung der Regionen und die Stärkung des Zusammenhalts zwischen ländlichen, stadtnahen und städtischen Gebieten sein wird;

32.

hält es für wesentlich, die Stellung der Landwirte in der Lebensmittelwertschöpfungskette — insbesondere durch Erzeugergemeinschaften und lokale Zusammenschlüsse kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe, die Größenvorteile erzielen können — zu stärken, damit sie eine gerechtere Vergütung für ihre Arbeit erhalten, was zur Dynamik der lokalen Wirtschaft beiträgt;

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

Reform der GAP

33.

schlägt vor, beispielsweise folgende agrarökologische Verfahren im Rahmen der künftigen GAP stärker zu fördern:

a)

Diversifizierung der Kulturen, was die Betriebe weniger anfällig gegenüber natürlichen oder branchenspezifischen Unwägbarkeiten macht;

b)

lange Fruchtfolgen und Kombination von Pflanzen, die agronomische Vorteile bündeln;

c)

Bäume, Hecken, Teiche, steinige Lebensräume um/in den Parzellen;

d)

Anbau von Leguminosen, die Stickstoff auf natürliche Weise im Boden binden;

e)

Mischung von Arten und Sorten auf der gleichen Parzelle;

f)

gute und ständige Bodenbedeckung, die Erosion verhindert;

g)

Wiederverwendung von lokalem bäuerlichem Saatgut und besser an die Region und das Klima angepassten lokalen Tierrassen durch die Landwirte;

h)

Mischkultur-Viehhaltung;

i)

Ersetzung des Konzepts des chemischen Schutzes von Kulturpflanzen durch integrierten Pflanzenschutz;

34.

fordert, in Anbetracht der in seiner Stellungnahme zur GAP unterbreiteten Vorschläge, die quantifizierten Ziele der F2F-Strategie in die Öko-Regelungen der nächsten GAP aufzunehmen: Verringerung der Nährstoffverluste um mindestens 50 %, des Einsatzes von Düngemitteln um mindestens 20 %, des Einsatzes von und des Risikos durch chemische Pestizide um 50 % sowie der Nutzung antimikrobieller Wirkstoffe um 50 %. Zudem müssen 10 % der Böden ökologische Vorrangflächen sein und 25 % für den ökologischen/biologischen Landbau verwendet werden;

35.

ersucht das Europäische Parlament und den Europäischen Rat, im Rahmen des Trilogs über die künftige Gemeinsame Agrarpolitik die Ziele des Grünen Deals umzusetzen; schlägt vor, dass mindestens 30 % der Haushaltsmittel der ersten Säule auf europäischer Ebene den Öko-Regelungen jedes nationalen Strategieplans zugewiesen werden;

36.

stellt fest, dass nicht alle landwirtschaftlichen Betriebe über die gleichen Bedingungen in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeit verfügen. Strengere Umweltmaßnahmen sollten im Rahmen der nationalen Öko-Regelungen mit angemessener und auf die Umweltbedingungen des einzelnen Landwirtschaftsbetriebs zugeschnittener Finanzierung und Weiterbildung verknüpft werden;

37.

empfiehlt, wie in seinen Stellungnahmen zur GAP und zum Pastoralismus dargelegt, die Konditionalität auf die Achtung der Rechte der landwirtschaftlichen Lohnarbeitskräfte (Einführung des Konzepts der sozialen Konditionalität) sowie auf eine Obergrenze für die Tierbesatzdichte im landwirtschaftlichen Betrieb auszuweiten und sie in Bezug auf die Tierschutzbestimmungen zu verschärfen;

38.

schlägt vor, schrittweise von einer Basisprämie je Hektar zu einer an die Zahl der im Betrieb tätigen Personen gekoppelten Basisprämie überzugehen und die Direktzahlungen vorrangig kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben sowie für agrarökologische Verfahren zuzuweisen;

39.

regt an, die Obergrenze für Direktzahlungen pro Betrieb erheblich zu senken;

40.

empfiehlt den Mitgliedstaaten, zur Förderung der agrarökologischen Wende im Rahmen der Öko-Regelungen der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik ein Bonus-Malus-System einzurichten: Beispielsweise könnte ein Bonus für eine stärkere Anbaudiversifizierung gewährt werden, der durch einen Malus auf chemische Düngemittel und Pestizide sowie Antibiotika finanziert wird oder ein Bonus für Weidehaltung, der durch einen zur Anzahl der gehaltenen Wiederkäuer proportionalen Malus auf Treibhausgase finanziert wird;

41.

empfiehlt, dass das in Artikel 40 beschriebene Bonus-Malus-System von den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer Umweltprioritäten umgesetzt wird;

42.

empfiehlt, bei den Maßnahmen im Rahmen der zweiten Säule der GAP folgenden Elementen Vorrang einzuräumen:

a.

agrarökologischen Produktionsverfahren, einschließlich der Agroforstwirtschaft, und den gemeinschaftlichen Ansätzen dieser Verfahren (Zusammenarbeit),

b.

dem System der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen,

c.

kurzen Versorgungsketten,

d.

der Verpflegung mit lokalen Bioprodukten,

e.

der Ausbildung und Beratung in Agrarökologie, Agroforstwirtschaft und „Agro-Silvo-Pastoralismus“ (Ackerbau in Verbindung mit Waldweide- und Naturweidewirtschaft);

43.

fordert, Artikel 65 (zweite Säule) der Verordnung in Bezug auf die nationalen Strategiepläne dahingehend zu ändern, dass es nicht mehr um eine Flächenlogik, sondern um die Logik eines agrarökologischen Vertrags geht;

44.

verweist auf den Vorschlag in seiner Stellungnahme zur GAP, die Investitionsförderung von einer Umweltbetriebsprüfung abhängig zu machen und dafür höchstens 10 % der Mittel der zweiten Säule bereitzustellen;

45.

regt an, dass die Kommission einen Leitfaden zur methodischen Unterstützung der Verwaltungsbehörden und der regionalen Akteure erstellt, um die Berücksichtigung des agrarökologischen Projekts bei der Umsetzung der verschiedenen freiwilligen GAP-Maßnahmen zu fördern;

Landwirtschaftliche Praxis

46.

schlägt vor, Wiederkäuer, außer während der Überwinterung, möglichst auf Dauerweideland zu halten;

47.

fordert, die industrielle bodenunabhängige Haltung monogastrischer Tierarten (Schweine, Geflügel), die erhebliche negative Externalitäten im Gesundheits- und Umweltbereich verursacht, schrittweise in eine vollständige oder teilweise Haltung im Außenbereich mit einer Obergrenze für die Anzahl von Tieren pro Gebäude und pro Hektar Futterfläche des jeweiligen Betriebs überzuführen;

48.

fordert im Einklang mit einer kürzlich eingereichten Bürgerinitiative und seiner Stellungnahme zur GAP die Einstellung der Käfighaltung;

49.

schlägt vor, im Interesse des Tierwohls die Hofschlachtung und kleine Schlachthäuser in Hofnähe zu fördern;

50.

fordert, die Ausnahmeregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (1), die es Erzeugern von Geflügel und Kaninchen ermöglicht, ihre Erzeugung für die lokale Vermarktung im Betrieb zu schlachten und zu verarbeiten, über den 31. Dezember 2020 hinaus zu verlängern;

51.

regt an, den Vorschlag des deutschen Ratsvorsitzes zur Einführung eines europäischen Tierwohlkennzeichens auszubauen;

52.

empfiehlt zudem eine klare und verbindliche Kennzeichnung der Haltungsform (nach dem Vorbild der Kennzeichnung von Eiern in der EU), die den gesamten Lebenszyklus des Tieres, einschließlich seines Transports, abdeckt, damit die Erzeuger Anerkennung für ihre verbesserten Verfahren erhalten und die Verbraucher jene Produkte auswählen können, die ihren Ansprüchen genügen;

Weitere politische Maßnahmen

53.

empfiehlt, mit dem neuen Gesetz über nachhaltige Lebensmittelsysteme, das in der „F2F“-Strategie angekündigt wurde, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der die EU verpflichtet, eine echte agrarökologische Wende mit dem Ziel einzuleiten, die Nachfrage nach Lebensmitteln durch ein günstiges Umfeld für die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten neu auszurichten, die zunehmende Fettleibigkeit einzudämmen, den Fleischkonsum zu verringern, die Versorgungsketten zu verkürzen, den Konsum saisonaler Erzeugnisse zu erhöhen und die Lebensmittelverschwendung drastisch zu verringern;

54.

appelliert an die Kommission, durch folgende Maßnahmen die Entwicklung kurzer Versorgungsketten zu fördern:

a.

Anpassung der Hygienevorschriften und Normen an die Verarbeitung der Erzeugnisse im landwirtschaftlichen Betrieb und ganz allgemein des Lebensmittelrechts und der Kennzeichnungsvorschriften an Kleinerzeuger;

b.

vorrangige Förderung lokaler und kollektiver Projekte im Zusammenhang mit Einrichtungen, die für die Verarbeitung vor Ort benötigt werden (kleine oder mobile Schlachthäuser, Gemüseverarbeitungsbetriebe, öffentliche Kantinen, lokale Marktinfrastrukturen wie Markthallen oder Hofläden usw.), und — in weiterer Folge — zur Bildung kleiner lokaler Genossenschaftsverbände in den Bereichen Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung;

55.

schlägt vor, dass die EU die vom Europäischen Parlament 2017 in seinem Initiativbericht über die Konzentration von Agrarland in der EU (2) unterbreiteten Empfehlungen umsetzt, insbesondere die Einrichtung einer „Europäischen Beobachtungsstelle für Agrarland“; schlägt vor, dass die EU — in Form einer EU-Richtlinie nach dem Vorbild der Wasserrichtlinie — die 2012 von der FAO angenommenen „Freiwilligen Leitlinien zu Landnutzungsrechten“ (3) umsetzt, um den Zugang zu Land sicherer zu machen und damit die Niederlassung von Junglandwirten zu fördern;

56.

fordert die Europäische Kommission auf, eine neue europäische Richtlinie zu landwirtschaftlich genutzten Böden vorzulegen, um den Rückgang ihres Gehalts an organischen Stoffen einzudämmen, der Bodenerosion entgegenzuwirken und dem Bodenleben in der landwirtschaftlichen Praxis Vorrang einzuräumen;

57.

empfiehlt, die Wasserrichtlinien durch den Ausschluss von Ausnahmen (Nitratrichtlinie) zu verschärfen;

58.

empfiehlt, bei der Behandlung von Tierhaltungsabfällen verstärkt auf die Kreislaufwirtschaft zu setzen, um sie agronomisch (Kompost und organische Düngemittel) zu nutzen;

59.

fordert im Einklang mit seiner Stellungnahme zu den genetischen Ressourcen in der Landwirtschaft, dass neue EU-Rechtsvorschriften über Saatgut die Verwendung und Vermarktung von bäuerlichem Saatgut ermöglichen, indem insbesondere die in der neuen Verordnung über den ökologischen/biologischen Landbau vorgeschlagenen Änderungen für die Aufnahme in den Katalog für ökologisches/biologisches Saatgut übernommen werden;

60.

fordert, zur Förderung der biologischen Vielfalt genetisch verändertes bzw. durch Mutagenese gewonnenes Saatgut in den EU-Rechtsvorschriften auszuschließen;

61.

fordert, dass der gesellschaftliche Mehrwert und die positiven externen Effekte der Agrarökologie für die Erzeuger wirtschaftlich zum Tragen kommen, damit sie zu Akteuren dieser Wende werden;

62.

empfiehlt zur Gewährleistung des Rechts der gesamten Bevölkerung auf eine agrarökologische Ernährung u. a. folgende Maßnahmen:

a.

eine Mehrwertsteuersenkung für lokale und saisonale Bioprodukte,

b.

„lokale“ Essensgutscheine für eben diese Produkte,

c.

einen signifikanten Anteil an lokalen und saisonalen Bioprodukten bei der Gemeinschaftsverpflegung;

63.

schlägt vor, agrarökologische Verfahren in die Produktspezifikationen von geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben aufzunehmen;

64.

fordert die EU auf, sowohl die Einfuhr von Agrarerzeugnissen einzustellen, die nicht den sozialen und ökologischen Produktionsstandards Europas einschließlich der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ entsprechen und in unlauterem Wettbewerb zu europäischen Produkten stehen, als auch die Ausfuhr von Überschüssen zu unterhalb der europäischen Produktionskosten liegenden Preisen, die die Erzeuger in Drittstaaten häufig in den Ruin treiben;

65.

empfiehlt wie schon in seiner Stellungnahme zur GAP, neue, gerechtere und solidarischere multilaterale und bilaterale Agrarhandelsbestimmungen festzulegen, die den agrarökologischen Ansatz einbeziehen;

66.

fordert, dass die unabhängige öffentliche Forschung zur Agrarökologie und Agroforstwirtschaft sowie die partizipative Forschung zwischen Forschern und Landwirten auf europäischer Ebene stärker unterstützt werden, auch im Bereich der Sozialwissenschaften, in denen die soziotechnische Dynamik des Wandels untersucht wird; begrüßt die Initiative der Kommission, ein Netz für agrarökologische Experimente zu fördern und zu koordinieren;

Lokale und regionale Ebene

67.

empfiehlt, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Agrarökologie äußerst aktiv zu unterstützen. Das gilt insbesondere für die technische Ausbildung neuer Marktteilnehmer, die Niederlassungsbeihilfen für Junglandwirte, die unabhängige Beratung für Landwirte, die Förderung kurzer Versorgungsketten und der handwerklichen Verarbeitung von Agrarerzeugnissen, die Vorschriften für landwirtschaftliche Flächen und Städtebau, die Ausweisung geschützter Agrargebiete, die Einrichtung agrarökologischer Demonstrationsbetriebe sowie die Instrumente für die Überwachung der Umsetzung der agrarökologischen Wende;

68.

schlägt im Rahmen der Instrumente der Europäischen Innovationspartnerschaft für Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft „langfristige Verträge für die agrarökologische Innovation“ zwischen Gruppen von Landwirten und lokalen oder regionalen Behörden vor;

69.

fordert die EU auf, wie beim Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie ein Netz von Gemeinden zu koordinieren und zu moderieren, die sich verpflichtet haben, Maßnahmen für widerstandsfähige und nachhaltige Agrar- und Lebensmittelsysteme zu ergreifen.

Brüssel, den 5. Februar 2021.

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 55).

(2)  Europäisches Parlament (2017), https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2017-0197_DE.html.

(3)  http://www.fao.org/3/a-i2801f.pdf.


26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/25


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine Union der Gleichheit: Strategischer Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma

(2021/C 106/06)

Hauptberichterstatter:

Jácint HORVÁTH (HU/SPE), Mitglied des Rates von Nagykanizsa, Stadt mit Komitatsrecht

Referenzdokumente:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat — Eine Union der Gleichheit: Strategischer Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma

COM(2020) 620 final

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma

COM(2020) 621 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen — Roma als ethnische Minderheit in Europa

1.

begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission, die erneut unter Beweis stellt, dass sowohl sie selbst als auch der Europäische Rat für die Integration der Roma-Gemeinschaften (1) und die Beseitigung der Diskriminierung und Ausgrenzung der Roma eintreten; begrüßt ebenso die jüngste einschlägige Empfehlung des Rates und betont, wie wichtig die Aufklärung auf lokaler und regionaler Ebene und die Festlegung konkreter Ziele sind; fordert die Kommission und den Rat daher nachdrücklich auf, für eine angemessene Überwachung der erzielten Ergebnisse zu sorgen;

2.

betont, dass die Roma die größte ethnische Minderheit Europas sind. Viele Roma werden nach wie vor ihrer Grundrechte beraubt, leben in Armut und sind extremer Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt. Die bisherigen Versäumnisse der nationalen Regierungen und der EU — sie haben keine erfolgreichen Integrations- und Eingliederungsmaßnahmen umgesetzt, um die Roma vollständig zur Wahrnehmung ihrer mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte und Pflichten zu befähigen — sind umso schockierender als es sich hierbei um ein europäisches Problem handelt und diese Menschen europäische Bürgerinnen und Bürger sind;

3.

weist darauf hin, dass sich eine Union der Gleichheit, eines der Hauptziele der Europäischen Kommission (2), in Europa nicht ohne eine aktive Einbeziehung der schätzungsweise zehn bis zwölf Millionen Roma verwirklichen lässt;

4.

bestätigt, dass die Fortschritte bei der Integration der Roma in den letzten zehn Jahren begrenzt waren. Bei einigen der in der Mitteilung genannten sektoralen Prioritäten wurden zwar gewisse Fortschritte erzielt, doch wurden die gesetzten Ziele im Großen und Ganzen nicht erreicht. Daher gilt es künftig, die Zuweisung der hierfür bereitgestellten Ressourcen zu reformieren und diese gegebenenfalls aufzustocken, die Entwicklung eines integrierten Ansatzes fortzuführen und innovative Lösungen zu fördern. Insbesondere ist zu betonen, dass erfolgreiche Programme fachlich und finanziell weiterhin unterstützt werden müssen, um langfristig Ergebnisse erzielen zu können;

5.

weist ferner darauf hin, dass die Verpflichtungen zur Förderung der Gleichstellung, der Inklusion und der Teilhabe der Roma auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene erneuert und gestärkt werden müssen;

6.

fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Anstrengungen angesichts der bislang ungelösten Probleme in den Bereichen Bildung, Arbeitsmarkt, Wohnraum und Gesundheit, die durch Diskriminierung und die soziale Situation verursacht werden, zu verstärken, u. a. durch die Übertragung größerer Verantwortung auf die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften;

7.

stimmt zu, dass die Roma-Gemeinschaften den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in extremer Weise ausgesetzt sind. Für sie führen die Pandemie und ihre sozioökonomischen und gesundheitlichen Auswirkungen dazu, dass sich die bestehenden Ungleichheiten weiter verschärfen und sich die Kluft weiter vertieft. Darüber hinaus machen die Folgen der Pandemie einige der bisher erzielten Ergebnisse zunichte. Daher müssen die den Roma im Rahmen des Wiederaufbaus zugewiesenen Mittel aufgestockt werden;

8.

stellt fest, dass die Förderung der Gleichstellung und Integration der Roma nicht nur im Hinblick auf die Grundrechte wichtig ist, sondern eindeutig auch eine wirtschaftliche Bedeutung hat. Eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie wird auch für die Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten maßgeblich sein, in denen die Roma einen hohen Bevölkerungsanteil (über 1 %) haben;

9.

begrüßt insbesondere den vom Europäischen Parlament 2020 verabschiedeten Bericht über die Umsetzung der nationalen Strategien zur Integration der Roma: Bekämpfung der negativen Einstellung gegenüber Menschen mit Roma-Hintergrund in Europa (3), der wirklich konkrete Ziele und Maßnahmen enthält; empfiehlt ferner, bei der Ausarbeitung der nationalen strategischen Rahmen für die Roma dessen zukunftsorientierte Schlussfolgerungen zu berücksichtigen;

10.

unterstützt die Erklärung der Bürgermeister und der lokalen und regionalen Mandatsträger der Mitgliedstaaten des Europarates gegen Antiziganismus (4); ersucht außerdem die EU-Institutionen um eine engere Zusammenarbeit mit dem Europarat zur Verbesserung des Status der Roma, einschließlich der Unterstützung der Europäischen Allianz der Städte und Regionen für die Integration der Roma und der sehr erfolgreichen Kampagne „Dosta!“;

11.

begrüßt und schätzt es außerordentlich, dass die Ministerpräsidenten der Länder des Westbalkans mit einem hohen Bevölkerungsanteil von Roma im Juli 2019 eine Erklärung zur Integration der Roma im Rahmen der EU-Erweiterung (5) verabschiedet haben, in der sie sich verpflichten, bis zu ihrem Beitritt die Lage der Roma konkret zu verbessern;

Nationale strategische Rahmen für die Roma, horizontale Ziele

12.

begrüßt, dass den Erkenntnissen aus der Evaluierung des vorherigen Rahmens, den jährlichen Bewertungen der Umsetzung der nationalen Strategien und der Analyse der Gründe für die begrenzte Wirksamkeit der bisherigen Maßnahmen in der Mitteilung Rechnung getragen wird, und dass sie sich auf umfangreiche Konsultationen stützt;

13.

betont jedoch, dass in der Mitteilung nicht auf die negativen und positiven Erfahrungen mit der Umsetzung früherer nationaler Roma-Strategien eingegangen wird. Es werden keinerlei Schlussfolgerungen gezogen, nirgends bewährte Verfahren genannt und keine wirksamen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten erwähnt, die sich anderswo einführen oder übernehmen ließen;

14.

unterstreicht, dass einer der Schlüssel zu Fortschritten darin bestünde, nationale strategische Rahmen für die Roma verbindlich vorzuschreiben; bedauert, dass einige Mitgliedstaaten im vorherigen Zyklus keinen strategischen Rahmen ausgearbeitet haben, da dies fakultativ war;

15.

bekräftigt seine Unterstützung der Bemühungen der Europäischen Kommission, die mit der Veröffentlichung von Leitlinien für die Integrationsstrategien den EU-Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern dabei helfen möchte, wirksame nationale Roma-Strategien auszuarbeiten; merkt jedoch an, dass im Zuge der Ausarbeitung der aktuellen Strategie die thematischen Schwerpunkte hätten konsequent überdacht werden können, wenn aus den zahlreichen im vorigen Zyklus mit der EU-Roma-Strategie gemachten negativen Erfahrungen Lehren gezogen worden wären;

16.

stellt mit Besorgnis fest, dass Umfragen der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zufolge Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt nicht nur bei der Arbeitssuche ein Problem darstellt, sondern auch am Arbeitsplatz, wo sich 22 % der Befragten aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder ihres Migrationshintergrunds diskriminiert fühlen. Beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (öffentliche Verwaltung, öffentliche Verkehrsmittel, Geschäfte, Restaurants usw.) werden die Roma (28 %) am stärksten diskriminiert;

17.

weist zugleich darauf hin, dass der eventuelle Mangel an zivilgesellschaftlichen Organisationen und Fachleuten, der in einigen Mitgliedstaaten in erster Linie durch die Beschränkung der Tätigkeiten von NRO Fortschritte stark behindert, in der Mitteilung nicht berücksichtigt wird. Dies wirkt sich letztlich auf die Aufholchancen der Roma aus;

18.

betont, dass die nationalen strategischen Rahmen für die Roma einen Beitrag zur Umsetzung des EU-Aktionsplans gegen Rassismus und der europäischen Säule sozialer Rechte sowie zur Verwirklichung der UN-Agenda 2030 und der Ziele für nachhaltige Entwicklung leisten müssen. In den nationalen strategischen Rahmen für die Roma sollte dargelegt werden, welche Schnittstellen sie mit diesen Dokumenten aufweisen sowie ob und inwieweit sie zu deren Zielen beitragen;

19.

weist darauf hin, dass die Kommission in ihrer Mitteilung und ihrem Vorschlag für eine Empfehlung des Rates wirklich ehrgeizige, aber auch notwendige, vielfältige und ausgewogene — sowohl horizontale als auch sektorale — Ziele festgelegt hat. Damit diese Ziele bis 2030 auch tatsächlich erreicht werden können, gilt es, ein möglichst breites Spektrum lokaler und nationaler Organisationen der Roma-Zivilgesellschaft in die Planung, Umsetzung, Kontrolle und Überwachung der nationalen strategischen Rahmen für die Roma einzubeziehen, die entsprechenden Vorschläge zu berücksichtigen und eine regelmäßige Überprüfung zu ermöglichen;

20.

weist darauf hin, dass in der Mitteilung nicht der Fall vorgesehen ist, dass die in den strategischen Rahmen vorgesehenen Maßnahmen nicht durchgeführt werden; ist angesichts der Erfahrungen des vorherigen Zyklus ernsthaft darüber besorgt, dass einige Mitgliedstaaten die nationalen strategischen Rahmen nicht umsetzen könnten; fordert die Kommission daher nachdrücklich auf, die Fortschritte auf der Ebene der Mitgliedstaaten genau zu überwachen, die Anwendung des einschlägigen EU-Rechts durchzusetzen und rasch zu prüfen, ob weitere Rechtsvorschriften erforderlich sind; bei fehlenden Sanktionen besteht nämlich die Gefahr, dass sich der Integrations- und Eingliederungsprozess der Roma noch weiter verzögert; appelliert an die Kommission, die Einrichtung eines europäischen Beratungsgremiums zu erwägen, dem u. a. Experten für Roma-Politik angehören und in das auch Vertreter lokaler und regionaler Gebietskörperschaften eingebunden werden, die über konkrete Erfahrungen mit Roma-Fragen vor Ort verfügen; betont zudem, dass die Repräsentativität der Roma bei der Gestaltung und Umsetzung der nationalen strategischen Rahmen für die Roma verbessert werden muss;

21.

befürwortet eine fortgesetzte Zusammenarbeit mit der FRA bei der regelmäßigen Überprüfung der nationalen strategischen Rahmen für die Roma. Die Verfügbarkeit geeigneter Daten ist sowohl für die Beurteilung der Situation als auch die Messung der Fortschritte von größter Bedeutung. Dieser Frage sollte verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden, denn es ist schon häufig vorgekommen, dass für den Aufholprozess der Roma vorgesehene Mittel für andere Zielgruppen verwendet wurden;

22.

betont, dass die in den nationalen strategischen Rahmen für die Roma festgelegten Ziele und Maßnahmen den territorialen Besonderheiten in den Mitgliedstaaten sowie den spezifischen Maßnahmen erfordernden benachteiligten Mikroregionen Rechnung tragen sollten;

23.

pflichtet der Ansicht bei, dass es unterschiedliche Herausforderungen bei der Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma gibt, die von der Größe der Roma-Bevölkerung und ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sowie vom allgemeineren wirtschaftlichen Kontext und dem historischen Erbe der Ausgrenzung und Diskriminierung abhängen. Sie unterscheiden sich auch je nachdem, wo und wie die Roma leben (in ländlichen, städtischen oder segregierten Gebieten oder als fahrendes Volk), und je nach spezifischen Aspekten wie transnationaler Mobilität, Migration oder Fragen der zivilstandsrechtlichen Dokumentation;

24.

unterstreicht jedoch, dass der nationale strategische Rahmen die lokalen und regionalen Unterschiede widerspiegeln, Regionen mit spezifischen Problemen erfassen und zur Umsetzung maßgeschneiderter Lösungen beitragen sollte;

25.

begrüßt, dass die Kommission die Mitgliedstaaten mit einer großen Roma-Bevölkerung auffordert, in ihre nationalen strategischen Rahmen für die Roma ehrgeizigere Verpflichtungen aufzunehmen, durch die die Gleichstellung und Inklusion der Roma auf regionaler und lokaler Ebene allgemein durchgesetzt werden sollte;

26.

unterstützt die von der Europäischen Kommission an die Mitgliedstaaten gerichtete Forderung einer zweijährlichen Berichterstattung über die Umsetzung ihrer nationalen strategischen Rahmen für die Roma, die durch Daten der Zivilgesellschaft und der FRA ergänzt wird; fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, nach einer möglichst breiten Beteiligung der sich mit Roma-Fragen befassenden Organisationen der Zivilgesellschaft und lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu streben;

Bemerkungen zu den sektoralen Zielen

27.

bekräftigt, dass die vier von der Europäischen Kommission bei der Festlegung ihrer Gruppenziele berücksichtigten, besonders wichtigen Themenkomplexe — Bildung, Beschäftigung, Gesundheit und Wohnraum — für den Aufholprozess der Roma zusammen mit den Sozialleistungen, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene, eine Schlüsselrolle spielen;

28.

verweist darauf, dass der Zweiten Erhebung der Europäischen Union zu Minderheiten und Diskriminierung (EU-MIDIS II) (6) zufolge Roma-Kinder bei allen Bildungsindikatoren hinter ihren Altersgenossen zurückbleiben. Nur rund die Hälfte (53 %) der Roma-Kinder zwischen vier Jahren und dem Beginn des schulpflichtigen Alters nimmt an der frühkindlichen Erziehung teil. Durchschnittlich 18 % der Roma zwischen sechs und 24 Jahren besuchen ein niedrigeres Unterrichtsniveau, als es ihrem Alter entspräche. Der Anteil der Schulabbrecher ist bei den Roma im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung unverhältnismäßig hoch; verurteilt die trotz des rechtlichen Verbots und der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiterhin in einigen Mitgliedstaaten praktizierte schulische Segregation;

29.

begrüßt die vom Europarat im Juli 2020 verabschiedete Empfehlung (7), in der die Aufnahme der Geschichte der Roma und/oder der fahrenden Völker in die Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien gefordert wird. Dies ist besonders relevant für Mitgliedstaaten mit einer bedeutenden Roma-Bevölkerung;

30.

empfiehlt, dass die Rahmenziele auch die Darstellung der Geschichte und Kultur der Roma in den Schulbüchern der Primar- und Sekundarstufe sowie einschlägige Indikatoren dafür umfassen. Es muss gewährleistet sein, dass insbesondere in Ländern mit einem Roma-Bevölkerungsanteil von über 1 % die Schülerinnen und Schüler in jedem Schuljahr positive Geschichts-, Literatur- und Kunstkenntnisse über die Roma erwerben. Die Prävention von Roma-feindlichem Rassismus durch Schulbildung sollte — unabhängig vom Bevölkerungsanteil der Roma — eine Priorität in allen Mitgliedstaaten sein;

31.

stellt fest, dass die aufgrund der COVID-19-Pandemie eingeführten digitalen Unterrichtsmodelle dazu beitragen, dass Roma-Kinder im schulpflichtigen Alter den Anschluss verlieren, da ein Großteil von ihnen weder über die erforderlichen IT-Geräte noch einen ausreichenden Breitband-Internetzugang verfügt, noch Unterrichtsstoff selbständig ohne angemessene Unterstützung durch die Eltern bearbeiten kann;

32.

betont daher, wie wichtig Konvergenzprogramme im Bildungsbereich sein werden, sobald die aufgrund der COVID-19-Pandemie für den Unterricht eingeführten restriktiven Maßnahmen aufgehoben sind;

33.

stellt fest, dass laut der Zweiten Erhebung der Europäischen Union zu Minderheiten und Diskriminierung (EU-MIDIS II) (8) nur ein Viertel der über 16-jährigen Roma „angestellt“ oder „selbstständig“ ist. Bei Roma-Frauen sind die Beschäftigungsquoten deutlich niedriger als bei Männern (16 % gegenüber 34 %). Insgesamt zeigt die Erhebung, dass der Anteil der Roma im Alter von 20 bis 64 Jahren mit bezahlter Beschäftigung bei 43 % und damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegt (70 % im Jahr 2015);

34.

unterstreicht, dass der oben genannten Erhebung der FRA zufolge die Diskriminierung im Gesundheitswesen bei Roma am höchsten ist (8 %), während ihre Lebenserwartung unter derjenigen der Gesamtbevölkerung liegt;

35.

unterstützt die Forderung des Europäischen Parlaments an die Mitgliedstaaten, wirksame und rechtzeitige Abhilfemaßnahmen für alle Überlebenden von Zwangssterilisationen, auch durch effektive Entschädigungsregelungen, zu gewährleisten;

36.

betont, dass ein Großteil der Roma in Haushalten lebt, die keinen Zugang zu den notwendigen Versorgungsleistungen und grundlegenden Diensten haben. Infolgedessen laufen sie große Gefahr, unter schlechten Wohnbedingungen leben zu müssen;

37.

teilt die Forderung der Mitgliedstaaten, den Zugang zu angemessenem, segregationsfreiem Wohnraum für Roma sicherzustellen und in jeden nationalen strategischen Rahmen für die Roma das Ziel aufzunehmen, Zwangsräumungen ohne Ersatzwohnung zu verhindern — entsprechend der Empfehlung des Rates und Anhang 1 der Mitteilung; fordert, dass dieses Ziel möglichst bis zur Hälfte des Zeitraums, in dem der Rahmen umzusetzen ist, erreicht wird, da sehr viele Roma in der Europäischen Union durch Zwangsräumungen ihre Wohnung verloren haben und unter unwürdigen Bedingungen leben;

Bemerkungen zum institutionellen Rahmen

38.

betont, dass ohne eine umfassende Reform des Mittelzuweisungssystems und ohne Ausbau der institutionellen sowie der Absorptionskapazitäten keine wesentliche Änderung der Mittelnutzung zu erwarten ist. Darüber hinaus müssen die Verfahren rationalisiert und vereinfacht und der Ansatz der zwischengeschalteten Stellen geändert werden, damit die Konvergenzprogramme wirksam sind. Die Politik für den Aufholprozess muss vereinfacht, verständlicher, transparenter und bürgernäher werden;

39.

stellt fest, dass besonders von Ausgrenzung betroffene Roma, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen, um in anderen Mitgliedstaaten zu leben und/oder zu arbeiten, dort häufig Diskriminierung und Ausbeutung ausgesetzt sind; betont die Bedeutung transnationaler Zusammenarbeit auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, um grenzüberschreitend organisierte Ausbeutung zu verhindern;

40.

plädiert dafür, bei der Förderung von Integrationsprogrammen anstelle von Ausschreibungsprogrammen, durch die ungleiche Wettbewerbsbedingungen entstehen, andere Fördermethoden (vorrangiges Vorhaben, ausgehandelte Verfahren, globale Subventionen, normative Unterstützung) zu bevorzugen;

41.

schlägt vor, als gemeinsamen Nenner nicht mehr den Begriff „Roma“ zu verwenden, da dieser der Vielfalt innerhalb der Bevölkerung mit Roma-Hintergrund nicht gerecht wird, und stattdessen den Ausdruck „Menschen mit Roma-Hintergrund“ zu übernehmen;

42.

empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten neben den angemessenen beruflichen Garantien eine kontinuierliche und uneingeschränkte Finanzierung der bereits erfolgreichen Initiativen für die soziale Konvergenz und der einschlägigen Vorhaben sicherstellen. Mehrere, in der Vergangenheit bereits erfolgreiche Projekte kamen erst dann für eine erneute Finanzierung infrage, nachdem es gelungen war, sie als neuartige Innovationen und Entwicklungen darzustellen. Auch für wirksame Projekte zivilgesellschaftlicher Organisationen ohne Eigenkapital, Vermögen und Finanzreserven ist die Gewährleistung einer kontinuierlichen Finanzierung von entscheidender Bedeutung;

43.

hält es für besonders wichtig, dass Roma-Organisationen, die sich für die Integration einsetzen, die Möglichkeit haben, ihre Kapazitäten schrittweise, nach dem Grundsatz der gestaffelten Weiterentwicklung, zu erhöhen. Darüber hinaus sollten auch Startup-Projekte mit geringem Finanzbedarf durchgeführt werden können, damit auch die am stärksten benachteiligten Ortschaften bewusst auf die Integration der Roma hinarbeiten können. Es gilt, diesen Prozess durch ein Projektvorbereitungsprogramm und seine Umsetzung mithilfe von Mentoren anzustoßen und zu unterstützen;

44.

betont, dass die Finanzierung der nationalen strategischen Rahmen auch einen integrierten Ansatz für die verschiedenen Entwicklungsgelder erfordert. Besonderes Augenmerk sollte auf die Notwendigkeit einer wirksameren Koordinierung der Vorhaben zur Entwicklung der Infrastruktur und der Humankapazitäten gelegt werden, damit die EFRE- und ESF-Mittel im Rahmen von Programmen zur integrierten Entwicklung für komplexe Projekte zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts auch kombiniert eingesetzt werden können. Die Koordinierung dieser Ressourcen erfordert die Entwicklung geeigneter Umsetzungsinstrumente, die den strategischen Ansatz unterstützen; betont, dass die Finanzierung der nationalen Strategierahmen auch einen integrierten Ansatz für die verschiedenen Entwicklungsfonds erfordert;

45.

begrüßt insbesondere die Verpflichtung der Europäischen Kommission im EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025, als EU-Organ mit gutem Beispiel voranzugehen, indem sie Schritte unternimmt, um die Repräsentativität ihrer Bediensteten durch gezielte Maßnahmen bei Einstellungs- und Auswahlverfahren deutlich zu verbessern. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen wird die Europäische Kommission gewährleisten, dass sie auch für Roma gelten, und sie fordert die anderen EU-Organe auf, Initiativen zur Förderung der Vielfalt und Integration am Arbeitsplatz zu ergreifen. Der Ausschuss der Regionen unterstützt diese Bemühungen und übernimmt sie für seine eigene Institution;

Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

46.

fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Ausarbeitung der nationalen strategischen Rahmen für die Roma einzubeziehen. Die Gemeinden und Regionen sind die Einrichtungen, die den Roma am nächsten stehen, sie werden als erste mit Problemen konfrontiert und verfügen über reale Instrumente und Ressourcen zur Verbesserung der Lage;

47.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Verwaltungsebene sind, die besondere Verantwortung für die Roma-Integration trägt und ihre Einbeziehung in einen nicht paternalistischen Bottom-up-Ansatz unterstützen sollte;

48.

fordert, dass in allen Mitgliedstaaten lokale und/oder regionale Austauschforen eingerichtet und betrieben werden, die die Umsetzung der nationalen strategischen Rahmen überwachen, um den Dialog zu stärken und ein gewisses Maß an Zusammenarbeit sicherzustellen. Nur bewährte Arbeitsbeziehungen zwischen sämtlichen Beteiligten können zu einer wirksamen Integration führen, und die Stärkung des dezentralen Ansatzes ermöglicht eine effektivere Umsetzung der Programme;

49.

empfiehlt, dass die lokalen Behörden von Ortschaften mit Roma-Bevölkerung Programme zur Entwicklung der örtlichen Gemeinschaften unterstützen, durch die betroffene Roma-Gruppen und kleine Roma-Gemeinschaften Zugang zu den besonders wichtigen und für die Organisation des täglichen Lebens erforderlichen praktischen Grundkenntnissen erhalten;

50.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nachdrücklich auf, zu gewährleisten, dass in den von ihnen betriebenen Medien auf Darstellungen, die Vorurteile über Roma verbreiten, hingewiesen wird;

51.

macht die Gemeinden und Regionen darauf aufmerksam, dass die Verbreitung von Kenntnissen über die Geschichte und Kultur der Roma und die Förderung des interkulturellen Lernens effektiv zu weniger Rassismus beitragen können.

Brüssel, den 5. Februar 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Wie in der Mitteilung der Europäischen Kommission umfasst auch in der Stellungnahme der Oberbegriff „Roma“ ein breites Spektrum verschiedener Menschen mit Romani-Hintergrund, darunter Roma, Sinti, Kalé, Romanichal und Boyash/Rudari. Er umfasst auch Gruppen wie Aschkali, Ägypter, Jenische, Dom, Lom, Rom und Abdal sowie Reisende, einschließlich „ethnic Travellers“ oder Personen, die unter dem Verwaltungsbegriff „gens du voyage“ geführt werden, sowie Menschen, die sich als „Gypsies“, „Tsiganes“ oder „Tziganes“ bezeichnen, — ohne dass damit den Gruppen ihre besonderen Merkmale abgesprochen werden sollen.

(2)  Eine Union der Gleichheit: EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025 (COM(2020) 565 final).

(3)  https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2020-0147_DE.html.

(4)  http://a.cs.coe.int/team81/congress_form/Inscriptions/Declaration_Against_anti_gypsyism.aspx.

(5)  https://www.romaeducationfund.org/wp-content/uploads/2019/07/Western-Balkans-Declaration-on-Roma-Integration-and-EU-enlargement.pdf.

(6)  https://fra.europa.eu/en/project/2015/second-european-union-minorities-and-discrimination-survey.

(7)  https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016809ee52f.

(8)  https://fra.europa.eu/en/project/2015/second-european-union-minorities-and-discrimination-survey.


26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/31


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Ein neuer EFR für Forschung und Innovation

(2021/C 106/07)

Berichterstatter:

Christophe CLERGEAU (FR/SPE), Mitglied des Regionalrates der Region Pays-de-la-Loire

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Ein neuer EFR für Forschung und Innovation

COM(2020) 628 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

verweist auf die Schlussfolgerungen seiner Stellungnahme „Horizont Europa: neuntes Rahmenprogramm für Forschung und Innovation“, in der er

eine konkrete Berücksichtigung der in sämtlichen Mitgliedstaaten und Regionen der EU angesiedelten Spitzenforschung fordert, um das Niveau der wissenschaftlichen Fachkompetenz ganz Europas und nicht nur der großen Regionen und Metropolen zu verbessern;

bedauert, dass nach wie vor nicht anerkannt wird, dass die wissenschaftliche Fachkompetenz auf Gebietsebene verankert ist und die regionalen Innovationsökosysteme und -hubs zur Dynamik der Union beitragen;

nachdrücklich fordert, die Gebietskörperschaften umfassend in die strategische Planung der Durchführung einzubeziehen und dabei auch den Strategien für eine intelligente Spezialisierung Rechnung zu tragen;

die Auffassung vertritt, dass bei der Bewertung der Auswirkungen des Programms und der Projekte auch den territorialen Folgen als wesentlichen Bestandteilen einer solchen Folgenabschätzung Rechnung getragen werden muss;

2.

begrüßt diese Mitteilung als Möglichkeit, eine kohärente Strategie für die Mobilisierung aller Interessenträger für verstärkte Anstrengungen der EU im Bereich Forschung und Innovation vorzuschlagen; stellt jedoch fest, dass die Mitteilung nicht ausgewogen ist, da der Europäische Forschungsraum (EFR) zu stark als Weiterführung von Horizont Europa verortet wird, was zu Lasten anderer Elemente geht;

3.

unterstützt die ehrgeizigen in der Mitteilung vorgesehenen Initiativen, die dazu beitragen, Europa für die Bewältigung der anstehenden globalen Herausforderungen zu rüsten, und die die Forschungslandschaft verändern und eine Stärkung Europas durch die Entwicklung von Kenntnissen ermöglichen können. Forschung und Innovation (FuI) kommt eine entscheidende Bedeutung für die Begleitung des ökologischen, digitalen, sozialen und wirtschaftlichen Wandels zu, dem sich Europa stellen muss. Diese Maßnahmen sollen Europa zudem helfen, die COVID-19-Krise zu bewältigen, wie der laufende Aktionsplan ERAvsCorona deutlich macht;

4.

begrüßt den neuen Schwerpunkt, den die Kommission auf die Einbindung der Bürger bei Fragen von Forschung und Innovation legt; fordert, dass sich diese Einbindung unter Wahrung der Wissenschaftsfreiheit auf alle Phasen der Festlegung, Umsetzung und Nachverfolgung der Maßnahmen erstreckt und nicht auf die „Aufklärung“ oder „Information“ der Bürger beschränkt, die vielmehr aktiv Anteil nehmen wollen; ist der Auffassung, dass die Einbindung zunächst auf lokaler Ebene erfolgen sollte und dass die Städte und Regionen wichtige Akteure sind, um sie zu ermöglichen und auszubauen, da sie entscheidend dazu beitragen, dass Forschung und Innovation mit den Werten, Bedürfnissen und Erwartungen der Gesellschaft vereinbar sind. So erleichtern die gemeinsame Konzeption und Verantwortung für das Verfahren und die Ergebnisse von Forschung und Innovation durch regionale und lokale Akteure die Nutzung und Akzeptanz der Forschung und Innovation durch die Gesellschaft. Die Städte und Regionen stellen zudem erhebliche Ressourcen bereit, damit die Agenda einer im weitesten Sinne offenen Wissenschaft umgesetzt werden kann, was wesentlich für die Entwicklung eines leistungsfähigen europäischen Forschungsraums ist;

5.

begrüßt die Bereitschaft der Kommission, einen Anteil von 3 % des BIP für FuE-Ausgaben zu erreichen und 1,25 % für öffentliche FuE-Maßnahmen bis 2030 als Ziel auszugeben (gegenwärtig liegt dieser Anteil bei 0,81 %), fragt sich jedoch, wie diese Ziele umgesetzt werden können, da das Aufbauinstrument keine größeren Anstrengungen für FuI vorsieht und beispielsweise von dem Kommissionsvorschlag für ein Programm EU4Health abgerückt wird;

6.

bedauert, dass es trotz eines gemeinsamen Ressorts für Forschung, Innovation, Bildung und Jugend in der Kommission nicht möglich war, ein neues Konzept für einen europäischen Bildungs- und Forschungsraum vorzuschlagen; verweist darauf, dass ein übergreifender Ansatz in diesen Fragen nötig ist, die eng mit der Regionalpolitik verknüpft sind; hofft, dass die Mitteilung über den globalen Ansatz für Forschung, Innovation, Bildung und Jugend, die die Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für 2021 angekündigt hat, in diese Richtung gehen wird;

7.

betont, dass die Mitteilung lediglich ein erster Schritt ist, der zu neuen konkreten Maßnahmen und zur Annahme eines Pakts für Forschung und Innovation führen muss; fordert, in die Vorbereitung dieser neuen Etappen eingebunden zu werden; ist der Auffassung, dass dieser Pakt Gelegenheit sein muss, die Freiheit der Wissenschaft und der Hochschulen, die Meinungsfreiheit von Lehrkräften, Forschern, Studierenden, Intellektuellen sowie ihre Freizügigkeit in der EU, aber auch zwischen der Union und allen Partnerländern zu verteidigen; ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass die Politik der internationalen Zusammenarbeit im Rahmen des EFR denselben Prinzipien gehorchen sollte, und ist besorgt über die zunehmende Beschneidung der akademischen Freiheit in vielen Ländern überall in der Welt;

8.

weist darauf hin, dass eine ordnungsgemäße Überwachung und Begleitung der Maßnahmen im Bereich Innovation und Forschung für eine wirksame Umsetzung der Politik von wesentlicher Bedeutung ist; verweist in diesem Zusammenhang auf seine Stellungnahme „Der Regionale Innovationsanzeiger und seine Auswirkungen auf die regionalen ortsbezogenen Maßnahmen“, in der festgestellt wird, dass der RIS ein grundlegendes Instrument ist, um die Entwicklung der Ergebnisse der regionalen Innovationspolitik zu vergleichen, und dass sein Einfluss auf die regionale Entscheidungsfindung und sein Potenzial zur Optimierung regionaler Innovationsökosysteme und der intelligenten Spezialisierung gestärkt werden sollten;

9.

begrüßt die Neuerungen der Mitteilung und die darin enthaltenen Vorschläge für eine strategischere Vision der Partnerschaft zwischen Kommission und Mitgliedstaaten (unter Beteiligung der Regionen, die häufig Zuständigkeiten für die Förderung dieser Maßnahmen haben), einen umfassenderen Ansatz in Forschungs- und Innovationsfragen und eine bessere Berücksichtigung der Ziele, auf die diese Maßnahmen abstellen müssen, sowie ihrer Auswirkungen auf unsere Gesellschaften; begrüßt auch die Tatsache, dass in der Mitteilung eine breiter angelegte Mehr-Ebenen-Governance angedacht wird, dass mit den EFR-Hubs ein Konzept vorgeschlagen wird, um der Rolle der regionalen Ökosysteme und Innovations-Hubs besser gerecht zu werden, dass die Koordinierung mit Aspekten der Hochschulbildung sowie der digitalen Bildung und Kompetenzen gestärkt wurde und dass ein inklusiverer Europäischer Forschungsraum angestrebt wird, der den Zugang zu exzellenter Wissenschaft und die Verbreitung der Ergebnisse erleichtert;

10.

unterstreicht, wie wichtig die Entwicklung einer Sharing Economy und Kreislaufwirtschaft für Wissen ist. Es sollten Konzepte und Verfahren für die Verbreitung der Ergebnisse (Ideen, Erkenntnisse, Methoden, Prototypen, Erfindungen und weitere entsprechende Ergebnisse) von Forschungs- und Innovationsprogrammen und -projekten finanziert werden, damit sie in ganz Europa erneut entdeckt, abgerufen und für die aktive Nutzung angewandt werden können;

11.

unterstützt den Vorschlag, inklusive Gleichstellungspläne auszuarbeiten, um die von der EU propagierte Gleichstellung der Geschlechter im Bereich FuI zu fördern; fordert, die Städte und Regionen dabei einzubinden; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zu den Maßnahmen des neuen EFR die Maßnahme 12 „Geschlechtergleichstellung zur Stärkung des europäischen FuI-Potenzials“ gehört, und betont, dass das geschlechtsspezifische Gefälle im Zusammenhang mit digitalem Wandel und Innovation abgebaut werden muss, indem der Anteil von Frauen in Studiengängen und Berufen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Künste und Technik (MINKT) und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) gefördert wird;

12.

würdigt insbesondere, dass der Europäische Ausschuss der Regionen ausdrücklich als wichtiger Akteur des Europäischen Forschungsraums genannt wird, und zwar im Zusammenhang mit der Plattform für den Wissensaustausch und der Initiative „Wissenschaft trifft Regionen“;

13.

spricht sich jedoch gegen ein Governance-Konzept aus, das nach wie vor auf das bilaterale Verhältnis zwischen Kommission und Mitgliedstaaten ausgerichtet ist und das Städte und Regionen meist zu Objekten und nicht zu Akteuren des öffentlichen Handelns macht und es den Mitgliedstaaten überlässt, die lokalen und regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen; fordert deshalb erneut, dass die Städte und Regionen gemäß dem Grundsatz der aktiven Subsidiarität (1) umfassend und uneingeschränkt als Interessenträger in die Konzeption, Umsetzung, Weiterverfolgung und Bewertung der Forschungs- und Innovationsmaßnahmen der EU eingebunden werden;

Ein neuer Ansatz für den Europäischen Forschungsraum

14.

betont die Bedeutung der Positionen, die der Ausschuss für den Europäischen Raum für Forschung und Innovation (ERAC) (2) (17.12.2019) sowie das ERRIN (3) erarbeitet haben, und unterstützt einen neuen Ansatz für den EFR, der

auf der Grundlage des Konzepts von Horizont Europa, das auf der wissenschaftlichen Exzellenz beruht, übergeht zu einem Ansatz, der die Exzellenz der Forschung und des Wissens miteinander verknüpft, um insbesondere eine Führungsrolle Europas beim nachhaltigen Wachstum und bei der Umstellung auf neue Modelle zu erreichen;

von Forschungsstrategien in Richtung Wissensstrategien steuert und für Forschung, Innovation, Bildung und Kompetenzen ein integriertes Gesamtkonzept vorschlägt, bei dem ein breites Spektrum an Interessenträgern einbezogen wird (Hochschulen, Unternehmen, verschiedene Ebenen des öffentlichen Sektors, Bürger und Zivilgesellschaft);

vom EU-Rahmenprogramm und eigenständigen nationalen Forschungsstrategien zu einem echten Mehrebenen-Lenkungsrahmen und einer umfassenden Anerkennung der territorialen Verankerung von FuI in den Städten und Regionen übergeht;

15.

fordert, den Schwerpunkt stärker auf das Verhältnis zwischen Forschung und Wirtschaft zu legen und dabei die Schlüsselrolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Entwicklung eines förderlichen unternehmerischen Umfelds und der Erleichterung von Verbindungen für den Wissenstransfer anzuerkennen: Sponsoring von Grundlagenforschung durch Unternehmen, Förderung des wissenschaftlichen Unternehmertums unter Einhaltung von Transparenzanforderungen und privater Investitionen sowie Unterstützung für Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Innovationsfähigkeit;

16.

fordert, dass im Rahmen der Schaffung einer EFR-Talentplattform besser erläutert wird, wie die Kommission gedenkt: erstens die Kontinuität der Initiative EURAXESS und der HR-Strategie für Forscher (HRS4R) sicherzustellen, die bisher entwickelt wurden, um die Mobilität der Forscher und die Entwicklung ihrer beruflichen Laufbahn zu erleichtern und so zur Errichtung eines Binnenmarkts des Wissens, der Forschung und der Innovation beizutragen, und zweitens die Anerkennung für das Forschungspersonal dieser Initiativen sowie Unterstützungsmechanismen für Regionen zu fördern, die sich für die Gewinnung und Bindung von Talenten, die HRS4R-Strategie und die Unterstützung der Bedürfnisse von Forschungseinrichtungen und -personal einsetzen;

17.

betont, dass für die Arbeit eine gute Verknüpfung der lokalen/regionalen Ebene nötig ist und dass Instrumente bereitgestellt werden müssen, die es den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ermöglichen, eine Führungsrolle zu übernehmen, etwa Fazilitäten für Politikunterstützung, Synergien zwischen der Regionalpolitik und Horizont Europa und Exzellenzsiegel. Entscheidend ist es, den Zugang zu Informationen und Daten zur Stärkung von Synergien und zur gegenseitigen Ergänzung der EU-Fonds zu erleichtern und eine bessere Koordinierung der Arbeit der verschiedenen Förderstellen zu ermöglichen;

18.

wünscht eine Präzisierung des Begriffs Exzellenz, um eindeutig zu unterscheiden zwischen Exzellenz der Wissenschaft, Exzellenz der Wirkung, die eng mit der Verknüpfung von Wissenschaft und Innovationsökosystemen, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene, verbunden ist, und Exzellenz der Ökosysteme an sich in Form ihrer konkreten Gebiete der wissenschaftlichen Exzellenz sowie ihrer strategischen Kapazität und Koordinierung (4);

19.

schlägt vor, als ergänzendes Ziel des EFR auch anzustreben, dass es in allen Städten und Regionen der Union hochwertige Wissenschaft gibt, die genutzt werden kann, um Innovation zu fördern und die Gesellschaft und die Unternehmen bei der Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitszielen und der gegenwärtigen Krisen zu unterstützen, und bekräftigt zugleich voll und ganz die Bedeutung der Maßnahmen zur Förderung der wissenschaftlichen Exzellenz insbesondere im Rahmen von Horizont Europa;

20.

begrüßt die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Erleichterung von Investitionen und Reformen auf im Hinblick auf die Prioritäten der EU, insbesondere den ökologischen und digitalen Wandel, dem nach der COVID-19-Krise eine wesentliche Rolle zukommt;

21.

fordert, im EFR künftig Verbindungen zwischen den Strategien für intelligente Spezialisierung sowie den Prioritäten des EFR und ihrer globalen Umsetzung herzustellen und zu nutzen; fordert auch, dass der EFR zu einem ausgewogeneren Verhältnis zwischen der erforderlichen Exzellenz der Wissenschaft einerseits und der dringend notwendigen Beseitigung der Kluft bei Forschungs- und Innovationsleistungen zwischen den Staaten, Regionen und Städten in der EU andererseits beiträgt;

EFR, intelligente Spezialisierung und Regionalpolitik

22.

ist der Auffassung, dass ein neuer EFR Gelegenheit sein sollte, die Rolle der intelligenten Spezialisierung und ihrer kollektiven und unternehmerischen Aspekte umfassend als eine Grundlage der gegenwärtigen und künftigen europäischen Forschungs- und Innovationsleistungsfähigkeit anzuerkennen; betont, dass intelligente Spezialisierungen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, Forschungseinrichtungen, den Privatsektor und die Zivilgesellschaft zusammenbringen und die Regionen dabei unterstützen, Wettbewerbsvorteile zu erlangen, private Investitionen anzuregen und Arbeitsplätze zu schaffen; betont die Schlüsselrolle der Regionen bei der europäischen Strategie für intelligente Spezialisierung und vertritt die Auffassung, dass der spezifische Ansatz der regionalen Strategien für intelligente Spezialisierung sowie gegebenenfalls auch nationaler Strategien gewahrt werden muss; schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass Regionen, Mitgliedstaaten und die Europäische Union gemeinsam eine dynamische Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Exzellenz in allen Gebieten sowie der intelligenten Spezialisierung vornehmen; schlägt vor, auch die notwendige Entwicklung der S3 hin zu Strategien für eine nachhaltige intelligente Spezialisierung (S4) sowie hin zu einer besseren Praxis der Vierfach-Helix zu berücksichtigen, bei der die Gesellschaft als Akteur der Strategie auftritt;

23.

betont, dass auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme ein Beitrag zur Vernetzung regionaler Projekte der intelligenten Spezialisierung im Zusammenhang mit wissenschaftlicher Exzellenz geleistet und die transregionale Zusammenarbeit erleichtert werden muss, und zwar über Interreg und insbesondere seinen Bestandteil „interregionale Innovationsinvestitionen“ sowie im Rahmen von Horizont Europa, über konkrete Gemeinschaftsprojekte durch das gesamte Programm und insbesondere im Rahmen des zweiten Pfeilers, vor allem der „Missionen“ und der „europäischen Innovationspartnerschaften“ sowie des übergreifenden Programms zur Erweiterung und Stärkung des EFR; betont, dass die Städte und Regionen in die Governance der „Missionen“ und „Partnerschaften“ einbezogen werden müssen;

24.

bestärkt die Kommission in ihrer Bereitschaft, die Ausarbeitung gemeinsamer Technologie-Fahrpläne mit der Industrie anzuleiten, in die FuI-Investitionsagenden einbezogen werden, ist jedoch erstaunt, dass diese im Rahmen der mit Horizont 2020 geplanten Partnerschaften nur mit den Mitgliedstaaten und der Industrie verknüpft werden; verweist darauf, dass hierbei auch die Strategien der intelligenten Spezialisierung der Regionen sowie die Rolle der regionalen Ökosysteme und Innovationshubs berücksichtigt werden müssen, die auch die gewerbliche Wertschöpfungskette prägen;

25.

bekräftigt, dass sich die Städte und Regionen als Partner bei der Entwicklung und Vernetzung von Infrastrukturen für Forschung und Technologie sowie das Programm ESFRI anbieten; verweist auf ihre wichtige Rolle bei der Schaffung, Förderung und Nutzung dieser Infrastrukturen (5); bekräftigt im Übrigen, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften entscheidende Akteure für die Schaffung regionaler Ökosysteme und effizienter Innovations-Hubs sind (6);

26.

schlägt vor, auf Partnerschaftsvereinbarungen zwischen den Regionen, den Mitgliedstaaten und der EU hinzuarbeiten, um alle Interessenträger im Hinblick auf die Ziele in den Bereichen gemeinsame Forschung, Innovation und Hochschulbildung sowie digitale Bildung und Kompetenzen sowie auf Begleitpläne für Bereiche der intelligenten Spezialisierung zu mobilisieren, die alle Politikbereiche der EU ausschöpfen und nicht auf die Vorschriften für die Inanspruchnahme des EFRE beschränkt sind. Dies könnte Gegenstand eines Pilotprojekts sein;

27.

weist darauf hin, dass die Nutzung des EFRE für Forschung und Innovation im Laufe der Programmplanungszeiträume erheblich zugenommen hat und sich für den Zeitraum 2014–2020 auf mehr als 100 Mrd. EUR belief und dass die Ausgaben der Städte und Regionen aus ihren eigenen Haushaltsmitteln im selben Zeitraum insgesamt fast das Doppelte des Haushalts des Europäischen Forschungsrahmenprogramms betrugen. Dies unterstreicht, wie wichtig die Koordinierung zwischen europäischen, nationalen, lokalen und regionalen Strategien sowie Fragen der Synergien zwischen den Interventionsinstrumenten sind;

28.

ist besorgt angesichts der geringen Fortschritte im Bereich der Synergien, insbesondere wegen der langsamen Entwicklung der Rahmenregelungen für staatliche Beihilfen; verweist auf seine Auffassung, dass „sämtliche Mittel, die im Zusammenhang mit Horizont Europa für die Kofinanzierung einer Maßnahme oder eines Aktionsprogramms aufgebracht werden, den für das Programm geltenden Rechtsvorschriften und insbesondere jenen für staatlichen Beihilfen unterliegen müssen“ (7); und bekräftigt, dass er Synergien als frei vereinbarte Kooperationsprojekte betrachtet, die fünf Grundsätzen genügen: Kohärenz, Vereinbarkeit, Kompatibilität, Mitgestaltung und Anerkennung der Rolle kollektiver Initiativen auf lokaler Ebene (8); bekräftigt, dass eine wirksame Mitgestaltung sowie mögliche Mittelübertragungen durch die Verwaltungsbehörde sichergestellt werden müssen;

29.

ist vor diesem Hintergrund der Auffassung, dass die Städte und Regionen umfassend in das „ERA Forum for Transition“ einbezogen werden müssen, nicht nur wegen der Grundfragen der Zusammenarbeit und Koordinierung, die bewältigt werden müssen, sondern auch wegen der Rolle der lokalen Akteure bei der Umsetzung der Transformationsagenda im Zusammenhang mit den Krisen und Veränderungen;

Beitrag der regionalen Ökosysteme und Innovations-Hubs zur Dynamik des Europäischen Forschungsraums

30.

empfiehlt, bei der Ausarbeitung der Kriterien für die Erfüllung der grundlegenden Voraussetzung der Strategien für eine intelligente Spezialisierung, wie sie in der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen über die Strukturfonds festgelegt sind, bewährte Verfahren auf lokaler bzw. regionaler Ebene zu entwickeln und zu befolgen. Bei der Ausarbeitung der regionalen EFRE-Programme muss bekanntlich eine gute Steuerung der nationalen, regionalen bzw. lokalen Strategie für intelligente Spezialisierung entwickelt werden, bei der die einzelnen regionalen bzw. lokalen Behörden die Fortschritte bei der Umsetzung ihrer S3-Strategien (u. a. Maßnahmen für die internationale Zusammenarbeit) nachweisen müssen. Dies ist eine hervorragende Gelegenheit für die Entwicklung und Verbreitung bewährter Verfahren, beispielsweise über Initiativen wie „Wissenschaft trifft Regionen“ oder die Plattform für den Wissensaustausch;

31.

befürwortet entschieden das Konzept der EFR-Hubs, da es sich um eine Möglichkeit handelt, dem Begriff der regionalen Ökosysteme und Innovations-Hubs institutionelle Anerkennung und konkrete Form zu geben, wofür der AdR seit mehreren Jahren eintritt, und einen gebietsbezogenen Ansatz bei Wissenschaft und Innovation umfassend anzuerkennen; fordert die rasche Umsetzung dieses Vorschlags und regt an, die Plattform für den Wissensaustausch (KEP) zu nutzen, um die entsprechenden Anforderungsspezifikationen zu konkretisieren und die Entwicklung von Pilotvorhaben zu fördern; begrüßt im Übrigen die Absicht der Kommission, diese Initiative gemeinsam mit dem AdR auf eine strategische Ebene zu heben und dabei Synergien zwischen FuI-Instrumenten und der Aus- und Weiterbildung, Fortbildung und Umschulung mit einer angemessenen Mobilisierung von Mitteln der Kohäsionspolitik zu fördern; fordert, diese Initiative nicht auf den Zugang zu Exzellenz zu beschränken;

32.

verweist auf einige Fallstricke, die vermieden werden müssen: bei den Überlegungen müssen die Erfahrungen der digitalen Drehscheiben bzw. des EIT berücksichtigt werden, doch dürfen sich die EFR-Hubs weder darauf beschränken noch lediglich einen „vernetzten Wissensraum“ bereitstellen, der auf den Austausch bewährter Verfahren und die Zirkulation von Wissen konzentriert ist, denn einen „Hub für Hubs“ braucht Europa nicht; ist der Auffassung, dass die EFR-Hubs nicht nur ein Instrument zur Schließung der Innovationslücke sein und auch nicht erneut dazu dienen dürfen, die Hochschulen von internationalem Rang herauszuheben, die bereits von den Mitgliedstaaten und dem Rahmenprogramm erheblich unterstützt werden;

33.

schlägt vielmehr vor, im Rahmen der EFR-Hubs Gruppen von Akteuren, regionale (oder interregionale) Ökosysteme sowie Innovations-Hubs anzuerkennen, die die folgenden Kriterien erfüllen:

Vorhandensein einer Wissensstrategie mit einem integrierten Gesamtansatz für Hochschulbildung, digitale Bildung, lebenslanges Lernen, einschließlich Weiterbildung und Umschulung, sowie Forschung und Innovation;

Einbeziehung aller Interessenträger nach dem Vierfach-Helix-Modell, bei dem Wert auf die Einbindung der Bürger und der demokratisch legitimierten lokalen öffentlichen Akteure gelegt wird;

Fähigkeit zur gemeinsamen Koordinierung, Festlegung einer Strategie und gemeinsamen Festlegung von Prioritäten und Zuweisung von Ressourcen;

Erzielung von wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wirkung vor Ort auf allen Gebieten: Bildung, Innovation, Schaffung von Arbeitsplätzen und Gründung von Unternehmen, erbrachte Dienstleistungen für Unternehmen und für den öffentlichen Dienst sowie die Solidarwirtschaft, Beitrag zum Wandel auf verschiedenen Gebieten, soziale und kulturelle Innovation, sozialer Zusammenhalt, aktive Bürgerschaft und kulturelle Kreativität (vor allem unter Nutzung des Innovationsanzeigers) (9);

Teilnahme an Projekten der intelligenten Spezialisierung der EFR-Hubs in Bereichen mit wissenschaftlichen Spitzenleistungen auf europäischer und internationaler Ebene oder auf einem Weg, der es ermöglicht, dieses Niveau rasch und verlässlich zu erreichen;

Mitarbeit in interregionalen oder europäischen thematischen Netzen und Partnerschaften für intelligente Spezialisierung;

bisherige Beteiligung an den europäischen Programmen für Forschung, Ausbildung und Mobilität für Wissenschaftler und Studenten innerhalb Europas;

34.

ist der Auffassung, dass diese EFR-Hubs von der EU im Rahmen einer auf drei Säulen beruhenden Partnerschaft direkt, auch finanziell, unterstützt werden sollten:

Anerkennung dieser EFR-Hubs durch die EU als wichtige Ansatzpunkte für die Verwirklichung der Ziele der Europäischen Union und die Umsetzung damit zusammenhängender Strategien; dies bedeutet, dass die EFR-Hubs sowohl beim „ERA Forum for Transition“ als auch bei der strategischen Planung von Horizont Europa berücksichtigt werden müssen;

Unterstützung durch die EU bei der Stärkung der Kernfunktionen (Strategie, Koordinierung, Europäisierung, Internationalisierung, Bildung, Anziehen von Talenten, Innovation und Transfer) und Erleichterung des Zugangs zu den verschiedenen europäischen Programmen, etwa Horizont Europa;

Verpflichtung der Akteure der EFR-Hubs, ihre strategische Kapazität und die Qualität der intelligenten Spezialisierung zu verbessern, ihre Beteiligung an den Netzen und Programmen der Gemeinschaft zu verstärken und die Zusammenarbeit im Rahmen des europäischen Netzes der EFR-Hubs auszubauen;

35.

spricht sich dafür aus, dass mindestens 50 bis 100 Standorte in Europa als EFR-Hubs anerkannt werden und dass dieses Netz insbesondere aufstrebenden Ökosystemen der EU-13 und der am stärksten benachteiligten Regionen umfassend offensteht;

36.

betont die entscheidende Bedeutung der Städte und Regionen als Initiatoren und Gestalter umfassender Kooperationsprojekte für gesellschaftliche Innovationen zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen. Die FuI-Hubs sollten als Instrumente zur Entwicklung der erforderlichen Kompetenzen und Verfahren für die Beschleunigung dieser Fortschritte wirken;

37.

betont, dass das Netz der EFR-Hubs zu einem ausgezeichneten Rahmen für die Entwicklung gemeinsamer Forschungs- und Innovationsprojekte werden könnte, die mehrere regionale Ökosysteme und Innovations-Hubs in einem Bottom-up-Ansatz bündeln. Diese Zusammenschlüsse könnten das Rechtsinstrument der Maßnahmen der Kofinanzierung im Rahmen von Horizont Europa nutzen, das auch im zweiten Pfeiler zur Verfügung steht und das gut geeignet ist, um Synergien zwischen dem Rahmenprogramm, der Regionalpolitik und den Haushalten der Städte und Regionen auszuschöpfen;

COVID-19-Krise, Innovationsgefälle, Verbreitung von Exzellenz: Zusammenhalt als Kernstück des EFR

38.

weist eindringlich auf die Auswirkungen der derzeitigen Krisen auf die schwächsten und am stärksten betroffenen Gebiete hin und erinnert daran, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008 in einigen Regionen, insbesondere in den südlichen Ländern, zu einem Einbruch der Investitionen in Forschung und Innovation geführt hat; fordert daher, dass im Rahmen des Aufbauinstruments „NextGenerationEU“ und des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens Hochschulbildung, digitale Bildung, lebenslanges Lernen, einschließlich Weiterbildung und Umschulung sowie Forschung und Innovation im Dienste der Ziele des EFR stärker gefördert werden und dass in diesem Rahmen auch das Programm REACT EU und der Fonds für einen gerechten Übergang im Einklang mit den von den Regionen angenommenen operationellen Programmen und ihren Strategien für intelligente Spezialisierung herangezogen werden; hält dies für unabdingbar, da die Regionen mehr Aufbauunterstützung benötigen, bevor sie Resilienz erlangen können;

39.

fordert die Kommission auf, zu erläutern, wie die Mitgliedstaaten, deren FuI-Investitionen unter dem europäischen Durchschnitt liegen, unter den gegenwärtigen Bedingungen und ohne verstärkte Unterstützung das Ziel einer Erhöhung dieser Investitionen um 50 % innerhalb der nächsten 5 Jahre, das der Ausschuss durchaus unterstützt, erreichen könnten;

40.

stellt fest, dass der EFR fragmentiert ist: die EU-Mittel reichen zur Finanzierung der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen regionalen Innovationsökosystemen nicht aus, und die Forschungsergebnisse werden nur selten der Öffentlichkeit und den übrigen Regionen zur Verfügung gestellt, selbst wenn es sich um Regionen desselben Mitgliedstaats handelt; bedauert zugleich, dass die grenzübergreifenden FuI-Programme in der Regel nur wenigen und recht geschlossenen Netzen führender Hochschulen, Forschungszentren, Großunternehmen und Hauptstadtregionen zugutekommen, die häufig schon an früheren Rahmenprogrammen teilgenommen haben oder in Brüssel stark vertreten sind;

41.

teilt die Auffassung, dass die Umsetzung des EFR nunmehr langsamer voranschreitet und dass es, wie im EFR-Fortschrittsbericht 2018 dargelegt, nach wie vor große Unterschiede zwischen den Ländern und Regionen gibt. Die Konvergenz der europäischen, nationalen und regionalen Forschungs- und Innovationssysteme ist unzureichend, was zu einer schädlichen Ballung der Zentren von FuI-Exzellenz in Europa führt, bei der ganze Regionen außen vor bleiben. Darüber hinaus führt dies zu unausgewogenen Rahmenbedingungen für die Mobilität und die Zirkulation von Wissen, was im Widerspruch zu den politischen Zielen des EFR steht;

42.

ist der Auffassung, dass diese Feststellungen weithin geteilt und regelmäßig bekräftigt werden, jedoch keine politischen Lehren daraus gezogen werden und dass die derzeitigen Haushaltsansätze, wenn sie beibehalten werden, diese Unzulänglichkeiten nicht ausgleichen können; hält die Äußerungen über den Abbau des Innovationsgefälles deshalb für fromme Wünsche und die Instrumente zur Verbreitung von Exzellenz und zur Ausweitung der Teilnahme für unzureichend und zur Verwirklichung der angestrebten politischen Ziele nicht geeignet.

Brüssel, den 5. Februar 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  COM(2018) 703 final.

(2)  Stellungnahme des ERAC zur Zukunft des Europäischen Forschungsraums (https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-1201-2020-INIT/en/pdf, liegt nur auf Englisch vor).

(3)  Empfehlungen des ERRIN zur Zukunft des Europäischen Forschungsraums (https://errin.eu/system/files/2020-06/200608%20ERRIN_recommendations_for_the_future_of_the_European_Research_Area_approved.pdf, liegt nur auf Englisch vor).

(4)  Die European University Association vertritt die Auffassung, dass sich Exzellenz nicht auf häufig zitierte Publikationen beschränkt, sondern auf den zahlreichen und vielfältigen Beiträgen der Forschungsgemeinschaft beruhen muss, insbesondere auf offener Wissenschaft, Bürgerbeteiligung und gesellschaftlicher Wirkung.

(5)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Forschungsinfrastrukturen: die Zukunft des Europäischen Forschungsraums (EFR) aus regionaler und grenzüberschreitender Sicht (ABl. C 39 vom 5.2.2020, S. 68).

(6)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Eine erneuerte Europäische Agenda für Forschung und Innovation — Europas Chance, seine Zukunft zu gestalten“ (ABl. C 168 vom 16.5.2019, S. 4).

(7)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — „Horizont Europa“: 9. Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (ABl. C 461 vom 21.12.2018, S. 79).

(8)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die lokale und regionale Dimension von Horizont 2020 und das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (ABl. C 342 vom 12.10.2017, S. 1).

(9)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Der Regionale Innovationsanzeiger und seine Bedeutung für eine regionale ortsbezogene Politik (ABl. C 440 vom 18.12.2020, S. 87).


26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/38


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Neustart der Kultur- und Kreativwirtschaft

(2021/C 106/08)

Berichterstatter:

Giuseppe VARACALLI (IT/Renew Europe), Mitglied des Gemeinderates von Gerace (Reggio Calabria)

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

ist der Auffassung, dass die COVID-19-Pandemie eindringlich vor Augen geführt hat, dass die Kultur zum einen nach allgemeiner Vorstellung ein entscheidender Faktor für Europas soziale, wirtschaftliche und nachhaltige Entwicklung sein kann. Zum anderen wurde aber auch die Realität der Kultur- und Kreativwirtschaft deutlich. Im Bewusstsein, dass die Bezeichnung Kultur- und Kreativwirtschaft unbestimmt ist, die Übergänge von öffentlich finanzierter bzw. subventionierter Kunst und Kultur zu eigenwirtschaftlich tätigen Kulturschaffenden und Kreativen ebenso fließend sind wie die allgemeine Abgrenzung der Branche, wird hier die Aufmerksamkeit vor allem auf die grundsätzlich nicht oder kaum durch die öffentliche Hand unterstützten Akteure gerichtet. Diese Gruppe besteht in fast allen Ländern größtenteils aus Kleinunternehmen, selbstständigen Künstlern und anderen kreativ tätigen Freiberuflern, ist durch Risikoanfälligkeit und häufig durch Prekarität gekennzeichnet und von der COVID-19-Krise besonders stark betroffen, wie der AdR in seiner Entschließung zu den Prioritäten für 2020-2025 hervorgehoben hat;

2.

weist darauf hin, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft gemeinhin davon lebt, dass Menschen zusammenkommen und gemeinsam Kultur genießen. Deshalb ist sie von Lockdown-Maßnahmen betroffen, die für bestimmte Teilbereiche der Branche und mit ihr zusammenhängende Tätigkeiten weiter gelten und die zu schweren wirtschaftlichen Einbußen und Arbeitsplatzverlusten geführt haben. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist aber auch ein Faktor für Fortschritt, Forschung und Wachstum sowie das materielle und immaterielle Kulturerbe der EU; weist auch darauf hin, dass die in der darstellenden Kunst Beschäftigten zu den Gruppen gehören, die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffen sind: Sie und ihre Familien laufen Gefahr, ihr Einkommen und ihre Existenzgrundlage zu verlieren; fordert die EU-Institutionen und die nationalen Regierungen dazu auf, die Beschäftigten in dieser Branche zu unterstützen, wobei sicherzustellen ist, dass die Mittel des Programms Kreatives Europa alle Formen der Kultur- und Kreativbranche und all diejenigen erreichen, die an ihrem Schaffen beteiligt sind, und zwar unabhängig von ihrer Beschäftigungsform. Diese Unterstützung könnte in Absprache mit den Mitgliedstaaten in Form eines existenzsichernden Mindesteinkommens erfolgen;

3.

betont, dass gemäß Artikel 6 und Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU die Zuständigkeit der Union für Kultur auf die Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten beschränkt ist. Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip unterstützt der AdR Initiativen der EU in diesem Zuständigkeitsbereich, mit denen die wichtige länderübergreifende und europäische Dimension dieser Branche hervorgehoben wird. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften besitzen wichtige Kompetenzen, wenn es darum geht, den kulturellen und interkulturellen Dialog zu fördern. Sie sollen auch mitten in der COVID-19-Krise die multidimensionalen lokalen und regionalen Netze im Kulturbereich, die alle wichtigen Akteure einbeziehen, stärker koordinieren. Diese Stellungnahme wurde im Einklang mit dem EU-Jahresbarometer zur Lage der Gemeinden und Regionen erarbeitet;

4.

betont die Bedeutung einer freien und unabhängigen Kunst und Kultur, hebt den Eigenwert kulturellen und künstlerischen Schaffens hervor und fordert zugleich nachdrücklich die Förderung dieser Bereiche als wesentliche Faktoren für die Stärkung der europäischen Identität und die Stärkung ihrer gesellschaftlichen Funktion; fordert, dass Kultur und Kunst in der Debatte über die Zukunft der EU eine wichtigere Rolle spielen, damit die Kultur- und Kreativwirtschaft im nächsten Programmplanungszeitraum als Priorität auf nationaler Ebene behandelt wird und dabei Synergien mit anderen Politikbereichen und Strukturfondsmitteln genutzt werden;

5.

schlägt einen ständigen Dialog mit den Organisationen der Kultur- und Kreativwirtschaft vor, damit leicht nutzbare Unterstützungsmechanismen entwickelt und so Mittel zur Förderung von Innovation und Bildung in einem dynamischen territorialen Ökosystem bereitgestellt werden können. Dazu müssen ad hoc Mittel bereitgestellt werden für: die Schaffung von Netzen, die Regelung der Mobilität von kulturellen Akteuren und die Unterstützung spezifischer Kanäle und von Online-Plattformen für Künstlerprofile, Vereine, kulturelle Akteure usw. und zur Förderung ihrer Internationalisierung (so wie im Falle des Europasses) und für die Veröffentlichung sämtlicher Ausschreibungen, Maßnahmen und gezielten und spezifischen Aktionen, damit die Künstler und Akteure der Branche einfach darauf zugreifen und davon Gebrauch machen können. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass in der Kultur- und Kreativwirtschaft viele selbstständig tätig sind und mit Prekarität zu kämpfen haben und dass hier kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit oder ohne Erwerbszweck vorherrschen;

6.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften noch besser über die für die Kultur- und Kreativwirtschaft in der EU ergriffenen Maßnahmen und Initiativen informiert werden müssen. Derzeit sind eine stärkere Begleitung der Kultur- und Kreativwirtschaft auf lokaler und regionaler Ebene und die Anerkennung der regionalen und lokalen Befugnisse in der Kulturpolitik für die ausgewogene Verteilung der der Branche zugewiesenen Mittel erforderlich, da die Einrichtungen der Gebietsebene die grundlegenden Strukturen vor Ort besser kennen. Ausgangspunkt könnte die bereits bestehende Plattform https://creativesunite.eu sein, ebenso wie das volle Ausschöpfen des Potenzials der nationalen Kontaktstellen für Kreatives Europa;

7.

bekräftigt, wie wichtig die Ausschöpfung und Stimulierung digitaler Möglichkeiten für die interaktive Kulturförderung und die Verbesserung des Zugangs aller Bevölkerungsgruppen, vor allem der Jugendlichen, zur Kultur ist. Denn junge Menschen sind die künftigen Hüter und Förderer des kulturellen Erbes (1). Er betont ferner, dass mehr EU-Mittel für die Kofinanzierung dieser Digitalisierungsaktivitäten bereitgestellt werden müssen. Dies gilt für die Kultur ganz allgemein, mehr noch aber angesichts der derzeitigen Pandemie, in der die geografisch, wirtschaftlich und generationell bedingte digitale Kluft offensichtlich geworden ist;

8.

bekräftigt, dass „die Kultur im Zentrum der internationalen Beziehungen der Europäischen Union stehen muss“ und dass „alternative Formen und Konzepte [der internationalen Diplomatie] entstanden sind, darunter auch die Kulturdiplomatie“ (2); ist außerdem der Ansicht, dass sich die europäische Kulturdiplomatie auf die Werbung für Europa und seine Mitgliedstaaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften u. a. im Rahmen des Bildungs- und Kulturaustausches konzentrieren und dabei an die Öffentlichkeit und an Drittländer richten sollte, um ein positives, identitätsstiftendes Bild von Europa und seinen Mitgliedstaaten und Regionen zu fördern, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Dialog stärkt. Um die führende Rolle von Europas vielfältigen kulturellen Ausdrucksformen auch in der Zeit nach COVID-19 zu bewahren, ist es aber notwendig, dass wir einen Paradigmenwechsel vollziehen und uns stärker dessen bewusst werden, was wir besitzen und fördern sollten, auch durch alternative und virtuelle Formen, und vor allem was uns als kreatives Potenzial und Möglichkeit zur Interaktion mit anderen Sektoren (gegenseitige Bereicherung) in allen Kultur- und Kunstbereichen zur Verfügung steht. Die COVID-19-Pandemie hat verdeutlicht, dass die Kulturdiplomatie der EU gestärkt und entwickelt werden muss, damit wir in der Lage sind, mit einem größeren Angebot an kulturellen Produkten und Innovationen im globalen Wettbewerb mit den neuen aufstrebenden Mächten auf allen Ebenen — auch in der Kultur — zu bestehen. So wird in der aufgrund von COVID-19 entstandenen wirtschaftlichen Lage deutlich, wie wichtig die Vernetzung und Förderung von Aufführungen in den Bereichen darstellende Künste, Zirkus und Ausstellungen ist, um Projekte über das lokale und regionale Grenzen hinweg auszutauschen. Daher ist es notwendig, für die einzelnen künstlerischen Teilsektoren Pläne für Tourneen und Aufführungszyklen im Jahr 2022 zu entwerfen;

9.

unterstreicht gleichzeitig, dass der traditionelle Zugang zum ursprünglichen Erbe auch weiterhin gefördert werden muss, um das gemeinsame künstlerische, historische und jüdisch-christliche Erbe Europas bekannt zu machen und zu erhalten;

10.

ist der Ansicht, dass Ausschreibungen der EU auch dazu dienen sollten, stärker Projekte zu unterstützen, die die gesellschaftliche Rolle der Kultur und von Werken, Experimenten und Innovationen im Bereich der zeitgenössischen bildenden Kunst fördern und die auf die Wiederbelebung von Randgebieten, ländlichen Gebieten oder Problembezirken in den Städten abzielen oder für Schulen, Krankenhäuser, Aufnahmezentren und Gefängnisse bestimmt sind. Dazu sollten Künstler und Kulturschaffende für große europäische Kulturprojekte ausgezeichnet werden, die einerseits zeitgenössische Kunst und Innovation darstellen und andererseits Ergebnisse hervorbringen, die die Adressaten und die Öffentlichkeit auf originelle, innovative und sensible Weise ansprechen. Damit kann ein Beitrag zur Entwicklung neuer Modelle für Lebensqualität geleistet werden;

11.

fordert Gespräche mit einzelnen Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Schaffung von Instrumenten, mit denen die vielfältigen Berufsgruppen in der komplexen Kultur- und Kreativwirtschaft, die nicht alle Arbeitnehmerschutz genießen, erfasst werden können; fordert, ein einheitliches Sozialsystem zu erwägen, das den Zugang zu Unterstützungsleistungen und Subventionen im Falle besonderer Ereignisse ermöglicht. Das bestehende System sollte angepasst und flexibler und moderner gestaltet werden. Es ist notwendig, geeignete neue Regelungsrahmen für die neuen Konzeptions-, Produktions- und Vertriebsmethoden der Branche zu entwickeln und sich auf den Bereich der Kreativität zu konzentrieren, um das Berufskünstlertum der der Akteure anzuerkennen. In diesem Zusammenhang ist zu unterstreichen, dass auch Absolventen der Schauspielkunst und anderer künstlerischer Fächer, die nicht in der öffentlichen Verwaltung vertreten sind, in deren Personalbestand aufgenommen werden sollten, um aus der Sicht der Schauspieler, der audiovisuellen Künste, des Theaters — d. h. im Grunde aus der Perspektive der Kulturschaffenden — zur Entwicklung horizontaler Programme beizutragen;

12.

betont die dringende Notwendigkeit, während der Pandemie und der gesamten Dauer der Erholung von ihren Folgen einen klaren Rechtsrahmen mit spezifischen Bestimmungen für die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz für alle Kulturschaffenden und Künstler zu gewährleisten und den prekären Arbeitsbedingungen in der Kultur- und Kreativwirtschaft voll und ganz Rechnung zu tragen;

Bezug zu den politischen Prioritäten

13.

ist besorgt über die Zukunft der Kultur- und Kreativwirtschaft — trotz der horizontalen und sektoralen Maßnahmen, die seit Beginn der COVID-19-Pandemie ergriffen wurden;

14.

begrüßt die im Dezember 2020 zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament erzielte Einigung über das Programm Kreatives Europa und insbesondere die Bereitstellung von 2,2 Mrd. EUR als Unterstützung für Künstlerinnen und Künstler. Mit dieser Vereinbarung wird die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft anerkannt und die Förderung für diese Branche erheblich ausgeweitet, die während der Erholungsphase auf starke Unterstützung angewiesen sein wird;

15.

ist der Ansicht, dass der Schwerpunkt auf nachhaltige kulturelle Aktivitäten gelegt werden sollte, indem Investitionen in Künstler und andere Kulturschaffende jeden Alters, die Werte wie zum Beispiel Demokratie, Weltoffenheit, soziale Integration, Inklusion, Umweltbewusstsein zum Ausdruck bringen, sowie in den öffentlichen Kunstgenuss gefördert werden. Dabei sollte der Start bzw. Neustart der Branche durch EU-Programme und ein leichterer Zugang zu vielfältigen nachhaltigen Instrumenten der finanziellen Unterstützung (u. a. öffentliche Subventionen, Risikokapitalbeteiligung und Kredite mit günstigen langfristigen Rückzahlungsbedingungen) unterstützt werden;

16.

begrüßt die Entscheidung, die Teilnahme kleiner Kulturprojekte am Programm Kreatives Europa zu erleichtern, indem die bürokratischen Verfahren — zumeist in der Antragsphase — erheblich vereinfacht werden; empfiehlt darüber hinaus, Investitionen in die Kultur aus verschiedenen EU-Fonds zu bündeln, die einschlägigen Verfahren zu vereinfachen und gegebenenfalls die mögliche Kofinanzierung auf bis zu 80 % für Projekte kleinerer Akteure anzuheben und die Möglichkeit der Beteiligung von Stiftungen, Banken und Institutionen für den restlichen Anteil zu eröffnen; schließt sich der Forderung des Europäischen Parlaments an, „dass die Kultur- und Kreativwirtschaft und ihre Sparten in erheblichem Umfang und in erster Linie auf der Grundlage von Zuschüssen unterstützt werden, damit die Lebensgrundlage lokaler Gemeinschaften gesichert wird“ und teilt die Ansicht, dass es notwendig ist, „in Abhängigkeit von den konkreten Bedürfnissen mindestens 2 % der Mittel der Aufbau- und Resilienzfazilität für die Erholung für die Kultur- und Kreativwirtschaft und ihre Sparten vorzusehen“ (3); fordert die Einbeziehung der Kultur- und Kreativwirtschaft in REACT-EU, wobei der Kulturbereich in die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von REACT-EU und das Europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken (SURE) integriert werden muss, damit die Kosten für diesen Bereich nicht zulasten der durch COVID-19 bereits stark beanspruchten Haushalte der Städte und Regionen gehen; fordert dazu auf, dass die Finanzierung nach dem Kaskadensystem (cascade funding) zu nutzen — einem von der Europäische Kommission geschaffenen Verfahren der „finanziellen Unterstützung für Dritte“;

17.

teilt die Auffassung, dass es der Einrichtung eines einheitlichen EU-Portals bedarf, in dem Informationen aus allen EU-Programmen zur Finanzierung des Kulturerbes zusammengeführt werden (4);

18.

begrüßt das wachsende Interesse und die Anstrengungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ganz Europa bei der Förderung gemeinsamer Visionen und Maßnahmen in den Mitgliedstaaten; wünscht sich vergleichbare Initiativen in anderen Ländern nach dem Vorbild der Charta von Agrigent (5), einer von hunderten Bürgermeistern und von Präsidenten italienischer Regionen unterzeichneten und den großen Verbänden sowie dem Europäischen Ausschuss der Regionen (6) unterstützten Initiative;

19.

hofft, dass im Bereich des Kulturerbes trotz der COVID-19-bedingten Beschränkungen immer Engagement, Nachhaltigkeit, Schutz und Innovation — die vier tragenden Säulen der europäischen Initiativen des Europäischen Jahres des Kulturerbes — möglich sein werden und dass angesichts der COVID-19-Krise eine strukturelle Aufstockung der Mittel für das Programm Kreatives Europa erfolgt und eine unmittelbare Mittelverwaltung durch die Regionen vorgesehen wird;

20.

ist der Auffassung, dass die Fachkräfte des Kulturerbes am besten in der Lage sind, der gesamten Gesellschaft die wesentlichen Vorteile des Kulturerbes für Wirtschaft, Kultur, Umwelt und Gesellschaft nahezubringen;

21.

spricht sich dafür aus, dass Kulturschaffende, Künstler, Fachkräfte und sonstige Akteure der Kulturbranche und des Kulturerbes eine gewichtigere Rolle spielen und nicht nur als „Mittel“ zur Ankurbelung der Wirtschaft und der Wettbewerbsfähigkeit betrachtet werden sollten. In der Tat wurde durch die COVID-19-Krise zusätzlich verdeutlicht, dass Kultur im Bildungssystem fachübergreifend in den Lehrplänen berücksichtigt werden muss. In diesem Zusammenhang ist die Einbeziehung der darstellenden Künste in den Unterricht von zentraler Bedeutung;

22.

ist besonders besorgt über den zunehmenden Mangel an qualifizierten Handwerkern, Restauratoren und Experten für das Kulturerbe; fordert die EU-Institutionen auf, die Bewahrung wertvoller Verfahren und Kenntnisse in künftige Initiativen zur Erhaltung des Kulturerbes einzubeziehen;

Spezifische lokale bzw. regionale Dimension

23.

ersucht die Mitgliedstaaten unter Wahrung von Komplementarität und Subsidiarität — dem Leitprinzip der EU im Bereich der Kulturbeziehungen — um ein stärkeres Engagement in Form von Unterstützungs- und Koordinierungsmaßnahmen mit dem Ziel, einen europäischen Strategieansatz für den Neustart der Kultur- und Kreativwirtschaft festzulegen;

24.

stellt fest, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Schlüsselrolle bei der Förderung, Anregung und Unterstützung kultureller Aktivitäten in den Bereichen Musik, bildende Kunst, Folklore, darstellende Kunst, audiovisuelle Kunst, Publikationen, Kulturerbe usw. spielen, und zwar durch die Vergabe von Zuschüssen, die dazu beitragen, die Situation für die Empfänger in den Monaten zu verbessern, in denen es aufgrund der COVID-19-Gesundheitsmaßnahmen zur Schließung und zum Kapazitätsabbau in öffentlichen Räumen kommt, aber auch durch andere Unterstützungsmaßnahmen wie z. B. die kostenfreie Bereitstellung von Räumen für kulturelle Aktivitäten oder die erleichterte Nutzung öffentlicher Flächen;

25.

weist darauf hin, dass es bei Kultur und Kreativität nicht immer nur um materielle Güter geht. Mitunter wird hier eine immaterielle Ebene erreicht, auf der die Künstler dann selbst zu Kunstwerken werden, so wie im Falle von Sängern und Tänzern, Jongleuren oder Trapezkünstlern, Musikern und Mimen, Schauspielern und Akrobaten. Sie alle geben Traditionen, Sitten und Gebräuche weiter, erzeugen Emotionen, schenken Freude, werben für ihre Stadt oder Region und ziehen Touristen an; es gelingt ihnen zwar, psychologische Hürden aller Art zu überwinden, sie scheitern aber mitunter an den durch die Pandemie verstärkten strukturellen Hürden. Die Erfahrung der Fachkräfte des Kulturerbes ist ein einzigartiges öffentliches Gut und für Qualität, Wert und Nachhaltigkeit beim Schutz und der Erhaltung des Kulturerbes grundlegend. Dies erfordert strategische Maßnahmen seitens der Behörden zum Schutz der verschiedenen kulturellen Ökosysteme;

26.

unterstreicht und hofft, dass die EU Maßnahmen ergreift, um eine angemessene Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu erreichen sowie die von der COVID-19-Pandemie lahmgelegten vielfältigen Teilbereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft zu unterstützen, zu fördern und neu zu beleben. Alle Teilbereiche weisen Eigenheiten auf, benötigen andere Spielräume und müssen unterschiedlich behandelt werden; sie alle aber schaffen Chancen für den Tourismus in den Städten und Regionen und für deren soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung. Zu den zahlreichen Beispielen gehören: das Kulturerbe, d. h. das materielle Erbe mit der äußerst komplexen Verwaltung von Denkmälern und archäologischen Stätten, einschließlich der unter Wasser gelegenen Stätten, und von Museen, Archiven und Bibliotheken, und das immaterielle Erbe wie regionale und lokale Feste, Gastronomie und Kunsthandwerk, Bildungsaktivitäten für die Öffentlichkeit, von Vorträgen bis zu den Kulturhauptstädten Europas, die darstellende Kunst und kulturelle Darbietungen, Musik und Tanz, von Oper und Zirkus bis zu Straßenkünstlern, Kreativwirtschaft, einschließlich Kino, Verlagswesen, Design, Werbung, Radio und Fernsehen, Grafik, Bildhauerei, Malerei, Architektur sowie die Kultureinrichtungen und Stiftungen;

27.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, die EU-Mittel und die verschiedenen Programme und Maßnahmen zu nutzen, um einzelne Künstler — insbesondere diejenigen, die weniger bekannt, aber bereits in der Branche aktiv sind — zu fördern, indem sie (jetzt auch virtuelle) Veranstaltungs- und Austauschmöglichkeiten entwickeln, die das große unentdeckte Kreativpotenzial in den Städten und Regionen zutage fördern können. Auf diese Weise können sie wie so oft in der Vergangenheit zu Botschaftern und Trägern der Kultur werden. Indem sie sich zusammenschließen, können sie ein gemeinsames europäisches Gepräge schaffen, aber auch die Eigenheit und Eigenständigkeit eines jeden Staates und einer jeden Region beibehalten; fordert, eine enge Zusammenarbeit mit den nationalen Kontaktstellen des Programms Kreatives Europa zu fördern, um die Kenntnisse und Informationen über die Gebiete zu verbessern, und spricht sich dafür aus, im Rahmen dieses Programms auch die Zusammenarbeit zwischen den Regionen zu fördern;

28.

unterstützt nachdrücklich die Entscheidung des Rates und des Europäischen Parlaments, die grenzübergreifende Zusammenarbeit als Priorität für den kulturellen Bereich zu behandeln und die transnationale Zusammenarbeit ebenso wie die grenzüberschreitende Dimension der Schaffung, Verbreitung und Zurschaustellung europäischer Werke sowie die Mobilität von Akteuren aus dem Kultur- und Kreativbereich zu stärken; ist bereit, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament einen Beitrag zur Ausarbeitung eines „Europäischen Künstlerstatuts“ zu leisten, und fordert, in diesem Zusammenhang besonderes Augenmerk auf die Mobilität von Künstlern in den entlegensten europäischen Regionen zu legen; stimmt mit dem Europäischen Parlament darin überein, „dass die Beschäftigung im Bereich des Kulturerbes geschützt werden muss und dass Restauratoren und Sachverständige im Bereich des Kulturerbes unterstützt und mit den für den Schutz der europäischen Kulturerbestätten nötigen Mitteln ausgestattet werden müssen“ (7); betont zudem, dass die im Bereich des Kulturerbes tätigen Fachkräfte nicht vergessen werden dürfen, die in einem bereichsübergreifenden und interdisziplinären Umfeld arbeiten und traditionelle, kreative und innovative Ansätze zusammenführen, um Europas einmaliges Kulturerbe für künftige Generationen zu bewahren; plädiert daher dafür, hier eine größere Mobilität zu fördern, damit die im Bereich des Kulturerbes tätigen Fachkräfte ihre formalen und nicht formalen Kenntnisse und Fertigkeiten voll ausschöpfen und zum Tragen bringen können;

29.

betont, was für Kulturschaffende bereits stets klar war: Städte und Regionen, die ihre eigene Geschichte aufwerten, ein eigenes Narrativ kreieren, sich erneuern und neu erfinden und dabei Räume für kleine, kreative und nachhaltige Start-ups schaffen können, ziehen nicht nur Touristen und entsprechende Gewerbe an, sondern sind auch positiv für die ansässigen Unternehmen, für den lokalen Immobilienmarkt sowie für das Gleichgewicht zwischen Generationen und Kulturen in zunehmend strukturell multiethnischen und multireligiösen Gesellschaften;

30.

fordert dazu auf, die Gebietskörperschaften bei ihren Bemühungen um einen Neustart der Branche zu unterstützen und dabei für Experimente offen zu sein — mit neuen Projekten und Konzepten, die gerade jetzt in einer Zeit entstehen, in der ein Paradigmenwechsel für die Wiederbelebung der Kultur- und Kreativwirtschaft erforderlich ist. Im Zuge der Umgestaltung von Städten und Regionen sollten einfache Projekte durchgeführt werden, die leicht verständliche und für alle zugängliche Einblicke ermöglichen. Dies gilt auch für Randgebiete und weniger entwickelte Regionen sowie Gebiete in äußerster Randlage und kann erfolgen durch die schon vorhandene oder geplante Kulturinfrastruktur und deren Integration und Engagement auf Gebietsebene und durch die Umsetzung der Pläne zum Schutz und zur Erhaltung des historischen Kulturerbes dieser Gebiete;

31.

hält es für notwendig, kreative Lösungen für die Wiederbelebung, Umgestaltung, Neuausrichtung und Verwaltung der Gebietskörperschaften selbst zu entwickeln. Diese Lösungen können von situationsabhängigen virtuellen und immateriellen Maßnahmen bis hin zu materiellen Eingriffen vor Ort reichen. Es kann z. B. auf visuelle, darstellende und Beziehungskunst, angewandte Kunst, Kommunikation, digitale Produktion und virtuelle Realität zurückgegriffen werden, wobei die Menschen durch Aktivitäten zur Förderung des sozialen Zusammenhalts und der Entwicklung von Beziehungsnetzen einbezogen werden können, die sich durch leichte Nutzbarkeit und Nachhaltigkeit auszeichnen. Als Beispiel kann hier der Kunstweg „Fiumara d’Arte“ in Italien genannt werden: Es handelt sich dabei um eine Route durch mehrere Provinzen mit Werken weltberühmter Künstler; zu besonderen Anlässen ermöglichen es diese Werke jungen talentierten Künstlern, Bekanntheit zu erlangen. Dies fördert die lokale Kultur, indem ihre Identität und ihre Besonderheit gestärkt und ein einzigartiger, ortsbezogener und nicht übertragbarer Wert geschaffen werden. Hier spielen kulturelle Faktoren auch auf europäischer Ebene eine wichtige Rolle;

32.

erinnert an seine Standpunkte zur Initiative „Kulturhauptstädte Europas“, die dazu beigetragen hat, den Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten der europäischen Kulturen hervorzuheben. Diese und andere Initiativen sollten fortgesetzt und, wie das „Europäische Kulturerbe-Siegel“, gegebenenfalls noch besser genutzt werden. Es ist wichtig, kulturelles und kreatives Wissen insbesondere bei jungen Menschen zu fördern, ohne die Bereiche Tourismus und Schulfahrten zu vernachlässigen, die ebenso stark wie die Kultur- und Kreativwirtschaft leiden und durch virtuelle Formen nicht ersetzt werden können;

33.

unterstreicht die Bedeutung der Freiwilligentätigkeit für den Schutz des kulturellen Erbes und begrüßt daher die gezielte Nennung des Kulturerbes im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps;

Allgemeine Bemerkungen

34.

hält es für notwendig, die Verbreitung von Kunst und Kultur in ganz Europa zu unterstützen sowie Künstler, Kuratoren, Kritiker und weitere Kulturschaffende, auch anderer Disziplinen, international zu promoten, u. a. durch Ausschreibungen, in denen die gesellschaftliche Rolle von Kunst und Kultur herausgestellt wird, und unter Beteiligung von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, Kultureinrichtungen im engeren Sinne, Schulen, Krankenhäusern, Aufnahmezentren und Gefängnissen, die maßgeblich für Projekte zur Wiederbelebung von Vierteln und Gebäuden in städtischen Randgebieten und benachteiligten Gebieten sind. Die Projekte sollten die Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen aus unterschiedlichen europäischen Ländern und eine Förderphase in mehreren EU-Mitgliedstaaten vorsehen. Es sollten Werke geschaffen werden, die die Öffentlichkeit auf originelle, innovative und sensible Weise einbinden, zur Entwicklung neuer Modelle für Lebensqualität beitragen und geeignete Veränderungen für eine echte Demokratisierung der Kultur und eine breitere Bürgerbeteiligung bewirken können. Zugleich gilt es, neue Formen der Innovation im Kulturmanagement zu fördern und dazu Gründerzentren für Kulturprojekte und -initiativen zu entwickeln;

35.

hält es für notwendig, neue Werke zu schaffen und vor allem mithilfe von Kunst und Kultur stärker integrierte, strukturierte und effizientere soziale Ziele zu unterstützen, auch im Hinblick auf durch die Krise auf dem Markt, die sowohl durch die COVID-19-Pandemie verursacht wurde als auch systemisch ist. Nach dem Vorbild des von der italienischen Regierung eingeführten „Kunstbonus“ (Art Bonus), der zu bewährten Methoden des Kunstsponsorings geführt hat, könnten Ausschreibungen und Wettbewerbe auf den Weg gebracht werden, um Auftragswerke zeitgenössischer europäischer Künstler und Kulturschaffender für Privatleute und Unternehmen zu fördern, die sich dazu verpflichten, die Werke für einen festgelegten Zeitraum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen;

36.

betont in Bezug auf „kulturelle Cluster“ und „Kreativbezirke“, dass die Städte und Regionen aufgrund der COVID-19-Krise an den Knotenpunkten von Wissensnetzen positioniert werden müssen, damit sie umfassend in den Genuss der Freizügigkeit von Ideen, Kapital und Menschen in einer weltweit vernetzten Wirtschaft kommen. Die Unterstützung durch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ist für die Entwicklung solcher Cluster ausschlaggebend. Sie müssen jedoch auch in welt- und europaweit integrierte und skalierbare Wissensnetze eingebunden werden, um effektiver zu werden. Die EU-Institutionen sollten deshalb die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie lokale Akteure bei der Verwirklichung solcher Projekte finanziell unterstützen;

37.

fordert dazu auf, die Kultur- und Kreativwirtschaft als Primärsektor zu behandeln, damit sie im Falle neuer außergewöhnlicher Ereignisse wie der COVID-19-Pandemie nicht von Lockdown-Maßnahmen betroffen ist. Deshalb sollten vorausschauend gemeinsame Leitlinien erarbeitet werden, um die Fortsetzung des Betriebs in dieser Branche (wenngleich bei eingeschränkten Möglichkeiten des Kulturgenusses) zu ermöglichen;

38.

begrüßt die von Präsidentin von der Leyen angekündigte neue Initiative „Europäisches Bauhaus“, die in die Strategie der „Renovierungswelle“ eingebettet ist; hält es für notwendig, eine neue europäische Ästhetik auf der Grundlage eines gesellschaftlichen Bedürfnisses nach Schönheit, der Wechselwirkungen zwischen realen Gegebenheiten, Umgestaltungsprozessen und Umweltaspekten sowie der Entwicklung und Anwendung ökologisch nachhaltiger Materialien — etwa nach dem Vorbild der Mailänder „Superstudio Group“ — zu fördern.

39.

bekräftigt in dieser Hinsicht seine frühere Forderung nach einer „Aufstockung der Investitionen in die Kultur und in die Pläne für die partizipative und nachhaltige Nutzung und Verwaltung von Kulturgütern [die erhalten werden und Verbreitung finden müssen], darunter von vernachlässigten oder aufgegebenen Kulturgütern, in der neuen Städteagenda 2030. Gleichzeitig müssen die innovativen Initiativen der Gemeinden und die Kooperationen der territorialen Akteure genutzt werden“ (8);

Brüssel, den 5. Februar 2021

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kultur in einer Union, die mehr will: Die Rolle der Regionen und Städte (ABl. C 141 vom 29.4.2020, S. 39).

(2)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Künftige Strategie der EU für internationale Kulturbeziehungen (ABl. C 207 vom 30.6.2017, S. 95).

(3)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. September 2020 zur Erholung der Kultur in Europa (2020/2708(RSP)).

(4)  Entwurf eines Berichts des EP-Ausschusses CULT, 2019/2194(INI).

(5)  Die am 30. Oktober 2019 im Rom unterzeichnete Charta von Agrigent hat die Förderung wirksamer Maßnahmen für eine bessere Nutzung des Kulturerbes der Gemeinschaft zum Ziel (http://www.anci.it/wp-content/uploads/Carta-di-Agrigento-per-una-nuova-Agenda-europea-della-Cultura.pdf).

(6)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kultur in einer Union, die mehr will: Die Rolle der Regionen und Städte, Ziffer 20 (ABl. C 141 vom 29.4.2020, S. 39).

(7)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. September 2020 zur Erholung der Kultur in Europa (2020/2708(RSP)).

(8)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Kultur in einer Union, die mehr will: Die Rolle der Regionen und Städte (ABl. C 141 vom 29.4.2020, S. 39).


III Vorbereitende Rechtsakte

Ausschuss der Regionen

142. Plenartagung des AdR – Videokonferenz über Interactio, 3.2.2021-5.2.2021

26.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 106/44


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — 8. Umweltaktionsprogramm

(2021/C 106/09)

Hauptberichterstatter:

Dimitrios KARNAVOS (EL/EVP), Bürgermeister von Kallithea

Referenzdokument:

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2030, Brüssel, 14. Oktober 2020

COM(2020) 652 final — 2020/0300 (COD)

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Änderung 1

Erwägungsgrund 9

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Das 8. UAP sollte den Übergang zu einer regenerativen Wirtschaft beschleunigen, die dem Planeten mehr zurückgibt, als sie ihm nimmt. Ein regeneratives Wachstumsmodell erkennt an, dass das Wohlergehen und der Wohlstand unserer Gesellschaften von einem stabilen Klima, einer gesunden Umwelt und florierenden Ökosystemen abhängen, die unseren Volkswirtschaften einen sicheren Handlungsspielraum bieten. Da die Weltbevölkerung und die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen weiter wachsen, sollten sich die Wirtschaftstätigkeiten in einer Weise entwickeln, die nicht nur keine Schäden verursacht, sondern den Klimawandel und die Umweltzerstörung umkehrt, die Umweltverschmutzung minimiert und das Naturkapital erhält und bereichert und somit für eine Fülle erneuerbarer und nicht erneuerbarer Ressourcen sorgt. Durch kontinuierliche Innovation, Anpassung an neue Herausforderungen und gemeinsame Gestaltung stärkt die regenerative Wirtschaft die Resilienz und wahrt das Wohlergehen gegenwärtiger und künftiger Generationen.

Das 8. UAP sollte den Übergang zu einer Wirtschaft beschleunigen, die dem Planeten mehr zurückgibt, als sie ihm nimmt. Ein nachhaltiges Wachstumsmodell erkennt an, dass das Wohlergehen und der Wohlstand unserer Gesellschaften von einem stabilen Klima, einer gesunden Umwelt und florierenden Ökosystemen abhängen, die unseren Volkswirtschaften einen sicheren Handlungsspielraum bieten. Da die Weltbevölkerung und die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen weiter wachsen, sollten sich die Wirtschaftstätigkeiten in einer nachhaltigen Weise entwickeln, die nicht nur keine Schäden verursacht, sondern den Klimawandel und die Umweltzerstörung mit Eindämmungs- bzw. Kompensationsmaßnahmen sowie Leistungen für die lokale Umwelt und die lokalen Gemeinschaften umkehrt, die Umweltauswirkungen kontinuierlich verfolgt, die Umweltverschmutzung minimiert und das Naturkapital erhält und bereichert und somit für eine Fülle erneuerbarer und nicht erneuerbarer Ressourcen sorgt. Durch kontinuierliche Innovation, Anpassung an neue Herausforderungen und gemeinsame Gestaltung stärkt die nachhaltige Wirtschaft die Resilienz und wahrt das Wohlergehen gegenwärtiger und künftiger Generationen.

Begründung

1.

Wirtschaftstätigkeiten sollten nachhaltig sein und auch künftig auf eine Weise ausgebaut werden, die den Schutz der Umwelt und die nachhaltige Entwicklung der lokalen Umwelt und der lokalen Gemeinschaften sicherstellt. Hierbei sollte auf spezielle Maßnahmen und einen Überwachungsmechanismus und Instrumente wie Umwelt- und Sozialmanagementpläne u. a. zurückgegriffen werden. 2. Das Konzept der „regenerativen Wirtschaft“ suggeriert, dass sich Natur und unsere Umwelt problemlos regenerieren lassen. Dies ist ein gefährlicher Trugschluss. Alternativ wird die Formulierung „nachhaltiges Wachstumsmodell“ vorgeschlagen.

Änderung 2

Artikel 2 Absatz 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Das langfristige prioritäre Ziel des 8. UAP für 2050 besteht darin, dass die Bürger innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen des Planeten gut in einer regenerativen Wirtschaft leben, in der nichts verschwendet wird, keine Nettoemissionen von Treibhausgasen erzeugt werden und Wirtschaftswachstum von Ressourcennutzung und Umweltzerstörung abgekoppelt ist. Eine gesunde Umwelt bildet die Grundlage für das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger, die biologische Vielfalt gedeiht und das Naturkapital wird auf eine Weise geschützt, wiederhergestellt und wertgeschätzt, die die Resilienz gegenüber dem Klimawandel und anderen Umweltrisiken erhöht. Die Union gibt die Marschrichtung vor, um den Wohlstand gegenwärtiger und künftiger Generationen weltweit sicherzustellen.

Das langfristige prioritäre Ziel des 8. UAP für 2050 besteht darin, dass die Bürger und ihre lokalen Gemeinschaften innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen des Planeten gut in einer nachhaltigen Wirtschaft leben, in der nichts verschwendet wird, keine Nettoemissionen von Treibhausgasen erzeugt werden und Wirtschaftswachstum von Ressourcennutzung und Umweltzerstörung abgekoppelt ist. Eine gesunde Umwelt bildet die Grundlage für das Wohlergehen und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, sie führt zur Stärkung der Ökosystemleistungen, die biologische Vielfalt gedeiht und das Naturkapital wird auf eine Weise geschützt, wiederhergestellt und wertgeschätzt, die die Resilienz gegenüber dem Klimawandel und anderen Umweltrisiken erhöht. Das 8. UAP zielt darauf ab, Umweltpolitik und Gesundheit stärker miteinander zu verknüpfen. Grundlage aller EU-Maßnahmen zur Förderung der menschlichen Gesundheit, eines gesunden Planeten, einer gesunden Wirtschaft und einer gesunden Gesellschaft mit Chancen für alle muss ein Konzept für ein gesundes Leben sein. Die Union gibt die Marschrichtung vor, um den Wohlstand gegenwärtiger und künftiger Generationen weltweit sicherzustellen.

Begründung

1.

Viele umweltpolitische Maßnahmen betreffen nicht nur einzelne Bürger, sondern auch lokale Gemeinschaften. 2. Angesichts der durch die COVID-19-Pandemie entstandenen Situation sollte der Gesundheitsaspekt stärker hervorgehoben werden. Auch der Zusammenhang von Gesundheit und Umwelt sollte angesichts seiner fundamentalen Bedeutung unterstrichen werden. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können die Auswirkungen der Umweltpolitik auf die Gesundheit und das Wohlergehen in ihren eigenen Städten und Regionen erkennen. 3. Auch das Konzept der Ökosystemleistungen ist mit der gesunden Umwelt verknüpft.

Änderung 3

Artikel 2 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Mit dem 8. UAP werden die sechs folgenden prioritären thematischen Ziele verfolgt:

Mit dem 8. UAP werden die sechs folgenden prioritären thematischen Ziele verfolgt:

a)

unumkehrbare , schrittweise Senkung der Treibhausgasemissionen und Steigerung des Abbaus von Treibhausgasen durch natürliche oder andere Senken in der Union , um die in der Verordnung (EU) …/… festgelegte Zielvorgabe für die Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 sowie Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen;

a)

anhaltende , schrittweise Senkung der Treibhausgasemissionen und Steigerung des Abbaus von Treibhausgasen durch natürliche oder andere Senken bzw. grüne Investitionen, die zur Reduzierung der CO2-Emissionen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene beitragen , um die in der Verordnung (EU) …/… festgelegte Zielvorgabe für die Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 sowie Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen;

b)

kontinuierliche Fortschritte bei der Verbesserung der Anpassungsfähigkeit, der Stärkung der Widerstandsfähigkeit und der Verringerung der Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen;

b)

ständig erforderliche Fortschritte, insbesondere in gefährdeten Regionen und lokalen Gebieten, bei der Verbesserung der Anpassungsfähigkeit, der Stärkung der Widerstandsfähigkeit und der Verringerung der Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen;

c)

Fortschritte hin zu einem regenerativen Wachstumsmodell, das dem Planeten mehr zurückgibt, als es ihm nimmt, Entkopplung des Wirtschaftswachstums von Ressourcennutzung und Umweltzerstörung und Beschleunigung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft;

c)

Fortschritte hin zu einem nachhaltigen Wachstumsmodell, das dem Planeten mehr zurückgibt, als es ihm nimmt, Entkopplung des Wirtschaftswachstums von Ressourcennutzung und Umweltzerstörung und Beschleunigung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft;

d)

Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt, einschließlich Luft, Wasser und Boden, sowie Schutz der Gesundheit und des Wohlergehens der Bürgerinnen und Bürger vor umweltbedingten Risiken und Auswirkungen;

d)

Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt, einschließlich Luft, Wasser und Boden, sowie Schutz der Gesundheit und des Wohlergehens der Bürgerinnen und Bürger vor umweltbedingten Risiken und Auswirkungen;

e)

Schutz, Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und Verbesserung des Naturkapitals, insbesondere in Bezug auf Luft, Wasser, Boden und Wälder, Süßwasser, Feuchtgebiete und Meeresökosysteme;

e)

Schutz, Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten und Verbesserung des Naturkapitals, insbesondere in Bezug auf Luft, Wasser, Boden und Wälder, Süßwasser, Feuchtgebiete und Meeresökosysteme;

f)

Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit und Verringerung der wichtigsten Umwelt- und Klimabelastungen im Zusammenhang mit Produktion und Verbrauch, insbesondere in den Bereichen Energie, industrielle Entwicklung, Gebäude und Infrastruktur, Mobilität und Lebensmittel.

f)

Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit und Verringerung der wichtigsten Umwelt- und Klimabelastungen im Zusammenhang mit Produktion und Verbrauch durch Einsatz von Instrumenten wie Umweltverträglichkeitsprüfungen und angemessenen Bewertungen sowie Entwicklung von Verfahren und Instrumenten zur kontinuierlichen bereichsübergreifenden Verfolgung der Auswirkungen und zur ständigen Verbesserung der Umweltleistung , insbesondere in den Bereichen Energie, industrielle Entwicklung, Gebäude und Infrastruktur, Mobilität und Lebensmittel.

Begründung

1.

Die Verringerung der Emissionen in die Luft kann nicht nur durch natürliche und andere Senken erreicht werden, sondern auch durch umweltfreundliche und nachhaltige Investitionen. 2. Die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit und die Stärkung der Resilienz gegenüber dem Klimawandel betrifft stärker gefährdete Gebiete wie Küstengebiete usw. Deshalb ließe sich die Auffassung vertreten, dass es sich dabei hauptsächlich um ein regionales und lokales Thema handelt. 3. Die meisten der unter Buchstabe f genannten Gebiete (z. B. Energie, Industrie, Infrastruktur usw.) erfordern die Einhaltung des Umweltgenehmigungsverfahrens. Dieses Verfahren kann bis zu einem gewissen Grad deren nachhaltigen Bau und Betrieb gewährleisten. Daher ist unbedingt ein Verfahren für die ständige Überwachung und kontinuierliche Verbesserung ihrer Umweltleistung erforderlich.

Änderung 4

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

1.   Um die prioritären Ziele des 8. UAP zu verwirklichen, ist Folgendes erforderlich:

1.   Um die prioritären Ziele des 8. UAP zu verwirklichen, ist Folgendes erforderlich:

a)

a)

b)

Stärkung des integrierten Ansatzes für die Politikentwicklung und -umsetzung, insbesondere durch

b)

Stärkung des integrierten Ansatzes für die Politikentwicklung und -umsetzung, insbesondere durch

 

durchgängige Einbeziehung der in Artikel 2 festgelegten prioritären Ziele in allen einschlägigen Strategien, legislativen und nichtlegislativen Initiativen, Programmen, Investitionen und Projekten auf Unionsebene sowie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, damit sie und ihre Umsetzung keine Schäden im Hinblick auf die in Artikel 2 festgelegten prioritären Ziele verursachen;

 

durchgängige Einbeziehung der in Artikel 2 festgelegten prioritären Ziele in allen einschlägigen Strategien, legislativen und nichtlegislativen Initiativen, Programmen, Investitionen und Projekten auf Unionsebene sowie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, damit sie und ihre Umsetzung keine Schäden im Hinblick auf die in Artikel 2 festgelegten prioritären Ziele verursachen;

 

 

Entwicklung von Verfahren und Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung der lokalen und regionalen Behörden bei der Umsetzung ihrer Ziele;

 

 

Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Ausschuss der Regionen im Rahmen der Technischen Plattform für die Zusammenarbeit im Umweltbereich und Prüfung der Frage, wie Dialog und Informationsaustausch verbessert werden können;

 

Maximierung des Nutzens der Umsetzung der Richtlinien 2014/52/EU und 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;

 

Maximierung des Nutzens der Umsetzung der Richtlinien 2014/52/EU und 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;

 

besonderes Augenmerk auf Synergien und mögliche Kompromisse zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zielen, um sicherzustellen, dass der Bedarf der Bürger an Nahrung, Wohnraum und Mobilität nachhaltig gedeckt und niemand zurückgelassen wird;

 

besonderes Augenmerk auf Synergien und mögliche Kompromisse zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zielen, um sicherzustellen, dass der Bedarf der Bürger an Nahrung, Wohnraum und Mobilität nachhaltig gedeckt und niemand zurückgelassen wird;

 

 

Sicherstellung, dass die Umsetzung des langfristigen prioritären Ziels für 2050 gemäß Artikel 2 Absatz 1 nicht mit Belastungen in Form von Steuererhöhungen, höheren Energiepreisen und/oder höherem Verwaltungsaufwand für die europäischen Verbraucher und Unternehmen einhergeht;

 

regelmäßige Bewertung bestehender politischer Maßnahmen und Vorbereitung von Folgenabschätzungen für neue Initiativen, die auf umfassenden Konsultationen beruhen, die nach verantwortlichen, inklusiven, fundierten und leicht umzusetzenden Verfahren durchgeführt werden und bei denen den voraussichtlichen Auswirkungen auf Umwelt und Klima gebührend Rechnung getragen wird;

 

regelmäßige Bewertung bestehender politischer Maßnahmen und Vorbereitung von Folgenabschätzungen für neue Initiativen, die auf umfassenden Konsultationen beruhen, die nach verantwortlichen, inklusiven, fundierten und leicht umzusetzenden Verfahren durchgeführt werden und bei denen den voraussichtlichen Auswirkungen auf Umwelt und Klima gebührend Rechnung getragen wird;

 

 

Förderung von Kommunikationsmaßnahmen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene, mit denen insbesondere junge Menschen für die Bedeutung und den Nutzen einer ordnungsgemäßen Umsetzung der Umweltpolitik sowie für ihren Mehrwert für die Bürger, die Unternehmen und den Planeten sensibilisiert werden sollen, um die Eigenverantwortung und die Beteiligung aller einschlägigen Interessenträger an der Umsetzung zu stärken;

Begründung

1.

Die Technische Plattform für die Zusammenarbeit im Umweltbereich wurde 2012 eingerichtet und anschließend in das 7. UAP aufgenommen. Wie auf ihrer Website angegeben, wird die Plattform durch ihre Aufnahme in das 7. UAP auf eine solide und langfristige Grundlage gestellt. Angesichts der positiven Erfahrungen mit der Zusammenarbeit wäre die Aufnahme in das 8. UAP ein logischer Schritt, der eine fortgesetzte Unterstützung für dieses Gremium sicherstellen würde. 2. Die Kommunikation muss weiter verbessert werden, und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können hierbei eine wichtige Rolle spielen.

Änderung 5

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Mobilisierung nachhaltiger Investitionen aus öffentlichen und privaten Quellen, einschließlich der im Rahmen des Unionshaushalts verfügbaren Mittel und Instrumente, über die Europäische Investitionsbank und auf nationaler Ebene;

Mobilisierung nachhaltiger Investitionen aus öffentlichen und privaten Quellen, einschließlich der im Rahmen des Unionshaushalts verfügbaren Mittel und Instrumente, über die Europäische Investitionsbank und auf nationaler Ebene unter Gewährleistung geeigneter Synergien, wobei sicherzustellen ist, dass ausreichende Investitionen auf den Ebenen bereitgestellt werden können, wo sie am nötigsten gebraucht und am effizientesten eingesetzt werden können, und dass die lokalen und regionalen Gemeinschaften über angemessene Ressourcen für die Umsetzung vor Ort verfügen ;

Begründung

In vielen Fällen werden umweltpolitische Maßnahmen unter enger Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften umgesetzt. Es muss sichergestellt werden, dass der lokalen und regionalen Ebene angemessene Ressourcen zur Verfügung stehen. Auch wenn die nationale Ebene für die Umsetzung der Maßnahmen zuständig ist, werden deren direkte und indirekte Auswirkungen vor Ort häufig lokal und regional bewältigt.

Änderung 6

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

schrittweise Abschaffung von umweltschädlich wirkenden Subventionen auf Unionsebene und nationaler Ebene, optimale Nutzung marktbasierter Instrumente und von Instrumenten für die umweltgerechte Haushaltsplanung , einschließlich solcher, die für die Gewährleistung eines sozial gerechten Übergangs erforderlich sind, und Unterstützung von Unternehmen und anderen Interessenträgern bei der Entwicklung standardisierter Verfahren für die Naturkapitalbilanzierung;

schrittweise Abschaffung von umweltschädlich wirkenden Subventionen auf Unionsebene und nationaler Ebene, optimale Nutzung marktbasierter Instrumente und von Instrumenten für die umweltgerechte Haushaltsplanung und Unterstützung von Unternehmen und anderen Interessenträgern bei der Entwicklung standardisierter Verfahren für die Naturkapitalbilanzierung bei gleichzeitiger Sicherstellung eines sozial gerechten Übergangs für alle Regionen, Städte und Gemeinden ;

Begründung

Ein sozial gerechter Übergang sollte mit allen Instrumenten, nicht nur bei der umweltgerechten Haushaltsplanung, und für alle Regionen, Städte und Gemeinden in der EU sichergestellt werden.

Änderung 7

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe f

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Gewährleistung, dass umweltpolitische Strategien und Maßnahmen auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, und Stärkung der Wissensbasis im Umweltbereich und ihrer Akzeptanz, unter anderem durch Forschung, Innovation, Förderung grüner Kompetenzen, und weiterer Aufbau von Umweltkonten und Ökosystemrechnungslegung;

Gewährleistung, dass umweltpolitische Strategien und Maßnahmen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, und Stärkung der Wissensbasis im Umweltbereich und ihrer Akzeptanz, unter anderem durch Forschung, Innovation, Förderung grüner Kompetenzen, und weiterer Aufbau von Umweltkonten und Ökosystemrechnungslegung sowie Förderung einer kontinuierlichen Verbesserung der wissenschaftlichen Kenntnisse auf der Grundlage vergleichbarer Indikatoren, auch solchen für die regionale Ebene, mit Blick auf eine fundierte Entscheidungsfindung ;

Begründung

Mit dem Änderungsantrag soll hervorgehoben werden, dass alle Ebenen eine maßgebliche Rolle spielen, und die Fähigkeit zur Bewertung der Fortschritte, die auf allen Ebenen bei der Verwirklichung der allgemeinen Ziele des 8. UAP erzielt wurden, verbessert werden, indem Indikatoren für die regionale Ebene vorgesehen werden.

Änderung 8

Artikel 3 Absatz 1 — Neuer Buchstabe h nach Buchstabe g

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

h)

Sicherstellung einer umfassenden Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in allen Bereichen der Umweltpolitik durch einen kooperativen und Multi-Level-Governance-Ansatz sowie Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften;

Begründung

Die Änderung soll zu einer besseren Konzipierung und Umsetzung von Maßnahmen beitragen.

Änderung 9

Artikel 3 Absatz 1 — Neuer Buchstabe j nach Buchstabe i

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

j)

Werbung für die Vorteile des 8. UAP auf lokaler und regionaler Ebene als wesentlicher Bestandteil einer wirksamen und effizienten Umsetzung der EU-Umweltpolitik im Einklang mit der Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik;

Begründung

Es ist wichtig, die Vorteile des 8. UAP zu kommunizieren und dafür zu werben, um die Umsetzung der Umweltpolitik zu verbessern.

Änderung 10

Artikel 3 Absatz 2

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Um die prioritären Ziele des 8. UAP erreichen zu können, muss breite Unterstützung mobilisiert werden, indem Bürgerinnen und Bürger, Sozialpartner und andere Interessenträger einbezogen werden und die Zusammenarbeit der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in städtischen und ländlichen Gebieten bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien, Maßnahmen oder Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit dem 8. UAP gefördert wird.

Um die prioritären Ziele des 8. UAP erreichen zu können, muss breite Unterstützung mobilisiert werden, indem Bürgerinnen und Bürger, Sozialpartner und andere Interessenträger einbezogen werden und die Zusammenarbeit der nationalen, regionalen und lokalen Behörden bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien, Maßnahmen oder Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit dem 8. UAP gefördert wird. Die EU wird einen ganzheitlichen orts- und gebietsbezogenen Ansatz fördern, der den spezifischen Herausforderungen und Stärken aller Arten von Gemeinschaften, wie Städten und dem ländlichen Raum, aber auch Küsten-, Berg- und Inselregionen sowie Inselgruppen und Gebieten in äußerster Randlage, Rechnung trägt. Dieser Ansatz wird auch die Wechselwirkungen zwischen den Gemeinschaften und ihren umliegenden Gebieten, insbesondere dem Hinterland städtischer Gebiete, umfassen.

Begründung

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der EU sind ganz unterschiedlich und weisen jeweils eigene Herausforderungen und Stärken auf. Umweltmaßnahmen haben häufig eine ausgeprägte territoriale Komponente, die an die konkrete Situation vor Ort angepasst werden muss. Schwerpunkt des 7. UAP ist vor allem die städtische Dimension. In dem Vorschlag für das 8. UAP werden nur städtische und ländliche Gebiete genannt. Für eine wirksame Umsetzung der EU-Umweltpolitik muss die große Vielfalt der Gebietskörperschaften der EU in den Mittelpunkt gestellt werden.

Änderung 11

Artikel 4

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

1.   Die Kommission bewertet mit Unterstützung der Europäischen Umweltagentur und der Europäischen Chemikalienagentur regelmäßig die Fortschritte der Union und der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der in Artikel 2 festgelegten prioritären Ziele und erstattet darüber Bericht, wobei sie die in Artikel 3 festgelegten Voraussetzungen berücksichtigt.

1.   Die Kommission bewertet mit Unterstützung der Europäischen Umweltagentur und der Europäischen Chemikalienagentur regelmäßig die Fortschritte der Union und der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der in Artikel 2 festgelegten prioritären Ziele und erstattet darüber Bericht, wobei sie die in Artikel 3 festgelegten Voraussetzungen berücksichtigt.

2.   Die Bewertung nach Absatz 1 spiegelt die jüngsten Entwicklungen in Bezug auf die Verfügbarkeit und Relevanz von Daten und Indikatoren wider und baut dabei auf den in den Mitgliedstaaten und auf Unionsebene verfügbaren Daten auf, insbesondere auf Daten der Europäischen Umweltagentur und des Europäischen Statistischen Systems. Diese Bewertung lässt bestehende Überwachungs-, Berichterstattungs- und Governance-Rahmen und-Tätigkeiten, die die Umwelt- und Klimapolitik betreffen, unberührt.

2.   Die Bewertung nach Absatz 1 spiegelt die jüngsten Entwicklungen in Bezug auf die Verfügbarkeit und Relevanz von Daten und Indikatoren wider und baut dabei auf den in den Mitgliedstaaten und auf Unionsebene verfügbaren Daten auf, insbesondere auf Daten der Europäischen Umweltagentur und des Europäischen Statistischen Systems. Diese Bewertung lässt bestehende Überwachungs-, Berichterstattungs- und Governance-Rahmen und-Tätigkeiten, die die Umwelt- und Klimapolitik betreffen, unberührt.

3.   Die Europäische Umweltagentur und die Europäische Chemikalienagentur unterstützen die Kommission bei der Verbesserung der Verfügbarkeit und Relevanz von Daten und Wissen, insbesondere indem sie

3.   Die Europäische Umweltagentur und die Europäische Chemikalienagentur unterstützen die Kommission bei der Verbesserung der Verfügbarkeit und Relevanz von Daten und Wissen, insbesondere indem sie

a)

Nachweise und Daten mit modernen digitalen Instrumenten sammeln, verarbeiten und melden;

a)

Nachweise und Daten mit modernen digitalen Instrumenten sammeln, verarbeiten und melden;

b)

darauf hinarbeiten, dass die einschlägigen Überwachungsdatenlücken geschlossen werden;

b)

darauf hinarbeiten, dass die einschlägigen Überwachungsdatenlücken geschlossen werden;

c)

politikrelevante und systemische Analysen durchführen und zur Umsetzung politischer Ziele auf Unionsebene und nationaler Ebene beitragen;

c)

politikrelevante und systemische Analysen durchführen und zur Umsetzung politischer Ziele auf Unionsebene, nationaler , regionaler und lokaler Ebene beitragen;

d)

Daten über ökologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen integrieren und sonstige verfügbare Daten, z. B. von Copernicus, vollständig nutzen;

d)

Daten über ökologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen integrieren und sonstige verfügbare Daten, z. B. von Copernicus, vollständig nutzen;

e)

den Zugang zu Daten durch Unionsprogramme weiter verbessern;

e)

den Zugang zu Daten durch Unionsprogramme weiter verbessern;

f)

für Transparenz und Rechenschaftspflicht sorgen;

f)

die Verfügbarkeit und Interoperabilität von Daten auf lokaler und regionaler Ebene verbessern;

g)

die Zivilgesellschaft, Behörden, Bürgerinnen und Bürger, Sozialpartner und den Privatsektor bei der Bestimmung von Klima- und Umweltrisiken unterstützen, Maßnahmen zur Prävention und Minderung von Risiken und zur Anpassung daran ergreifen sowie ihr Engagement bei der Schließung von Wissenslücken fördern.

g)

für Transparenz und Rechenschaftspflicht sorgen;

 

h)

die Zivilgesellschaft, Behörden auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene , Bürgerinnen und Bürger, Sozialpartner und den Privatsektor bei der Bestimmung von Klima- und Umweltrisiken unterstützen, Maßnahmen zur Prävention und Minderung von Risiken und zur Anpassung daran ergreifen sowie ihr Engagement bei der Schließung von Wissenslücken fördern.

i)

im Einklang mit dem Nachhaltigkeitsziel 11 „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ positive ökologische Verbindungen zwischen städtischen, stadtnahen und ländlichen Gebieten unterstützen.

4.   Die Kommission prüft regelmäßig den Daten- und Wissensbedarf auf Unionsebene und auf nationaler Ebene, einschließlich der Fähigkeit der Europäischen Umweltagentur und der Europäischen Chemikalienagentur, die in Absatz 3 genannten Aufgaben zu erfüllen.

4.   Die Kommission prüft regelmäßig den Daten- und Wissensbedarf auf Unionsebene und auf nationaler Ebene sowie gegebenenfalls auf regionaler und lokaler Ebene , einschließlich der Fähigkeit der Europäischen Umweltagentur und der Europäischen Chemikalienagentur, die in Absatz 3 genannten Aufgaben zu erfüllen.

Begründung

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Umweltpolitik vor Ort. Bei der Schaffung des neuen Überwachungsrahmens sollten diese Ebenen berücksichtigt und Daten bereitgestellt werden, um die Umsetzung in den Städten und Regionen zu unterstützen.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt das 8. UAP, das einen strategischen Ansatz für die Umwelt- und Klimapolitik bis 2030 vorsieht und eine langfristige Vision „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ für 2050 enthält, wobei der Schwerpunkt auf einer besseren Umsetzung und Überwachung liegt;

2.

fordert, dass das 8. UAP als wichtige Ergänzung des europäischen Grünen Deals wirkt und durch seine langfristige Ausrichtung und seine umweltpolitischen Prioritäten den grünen Aufschwung der EU unterstützt;

3.

fordert, dass von der Tatsache, dass das 8. UAP im Gegensatz zu Vorgänger-UAPs keine Maßnahmen enthält, keine Präzedenz für künftige UAPs ausgehen soll; betont, dass der Grüne Deal nur bis 2024 Maßnahmen mit Bezug zu den prioritären Zielen des bis 2030 gültigen 8. UAP vorsieht; fordert diesbezüglich eine Klarstellung im 8. UAP, wie im Kontext seiner Halbzeitüberprüfung neue Maßnahmen zur Erreichung seiner prioritären Ziele festgelegt werden sollen;

4.

begrüßt die Tatsache, dass eine wirksamere und effizientere Umsetzung im 8. UAP als wesentliche Priorität festgelegt wurde; fordert deshalb angemessene Instrumente und Ressourcen sowie innovative Konzepte, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Lage versetzen, maßgeschneiderte Lösungen zur besseren Umsetzung der Umweltpolitik vor Ort bereitzustellen;

5.

betont, dass sich Umsetzungsprobleme nicht allein durch mehr Rechtsvorschriften lösen lassen. Um die Vorgaben und Standards einzuhalten, sind auch Unterstützungsinstrumente, neue Konzepte und Innovation erforderlich.

6.

betont den positiven Beitrag der Technischen Plattform für die Zusammenarbeit im Umweltbereich zwischen Europäischer Kommission und Europäischem Ausschuss der Regionen; unterstreicht, dass sie mit ihrer Aufnahme in das 7. UAP auf eine solide langfristige Grundlage gestellt wurde; fordert, dass die von der Fachkommission ENVE und der GD Umwelt geschaffene Technische Plattform für die Zusammenarbeit im Umweltbereich mit dem 8. UAP weiter gestärkt wird, um den Dialog zu fördern und Informationen über Herausforderungen auf lokaler und regionaler Ebene sowie Lösungen bei der Umsetzung des EU-Umweltrechts zu erfassen;

7.

fordert die Stärkung der Wissensbasis im Umweltbereich, die Nutzung des Potenzials der Digital- und Datentechnik sowie die Nutzung naturbasierter Lösungen und sozialer Innovation im Interesse einer besseren Umsetzung;

8.

betont, dass die traditionelle, auf bestimmte Bereiche ausgerichtete Umweltpolitik weitgehend wirkungslos ist, weshalb das 8. UAP zur Stärkung der Umweltpolitik dazu dienen sollte, ein integriertes Konzept zu schaffen, der Vielschichtigkeit der Umweltherausforderungen Rechnung zu tragen und Synergien zu entwickeln und Ungleichgewichte zu vermeiden zwischen:

a)

den Zielen, Zeitplänen, Verfahren und Instrumenten für die Umsetzung verschiedener umwelt-, energie- und klimapolitischer Maßnahmen,

b)

den Zielen und Zeitplänen in Bezug auf die Grenzwerte der EU-Umweltvorschriften und denen ursachenbezogener Maßnahmen;

9.

weist auf das Missverhältnis zwischen der Annahme des 8. Umweltaktionsprogramms und dem mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 hin und bekräftigt, dass das Verfahren für die Annahme künftiger UAP auf den Zeitrahmen für den MFR abgestimmt werden sollte;

10.

stellt fest, dass eine wirksame Erhebung, Verarbeitung und Auswertung von Umweltdaten unerlässlich ist, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Dabei werden aber immer noch sehr unterschiedliche und häufig simple Verfahren mit einem zu hohen Einsatz an menschlicher Arbeitskraft genutzt, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene. Der AdR unterstreicht deshalb die Notwendigkeit von EU-weiten Entwicklungsbemühungen und Investitionen, um die erforderliche Datenverarbeitung einheitlich durchzuführen. Der Schwerpunkt sollte dabei auf der Kompatibilität und Nutzung automatisierter Datenströme und offener Schnittstellen liegen;

11.

ist der Auffassung, dass der Grundsatz der Schadensvermeidung ein Ansatz für ein gesundes Leben ist und zugleich als Leitfaden für die Aufbau- und Resilienzpläne dienen sollte, um bei den Maßnahmen für Verzahnung und Kohärenz zu sorgen;

12.

fordert die vollständige Einbeziehung umwelt- und klimapolitischer Maßnahmen sowie von Konzepten für die Kreislaufwirtschaft in die Haushalts-, Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU und verweist darauf, dass die Unterschiede zwischen den Regionen und die besonderen Probleme der einzelnen Regionen bei den Bemühungen um den grünen Aufschwung berücksichtigt werden sollten und dass keine Region und kein Ort zurückgelassen werden darf;

13.

bekräftigt seine Forderung nach einem ganzheitlichen orts- oder gebietsbezogenen Ansatz, der der beste Weg für die Verwirklichung eines gesunden Lebens für alle unter Berücksichtigung der spezifischen Merkmale des betreffenden Orts oder Gebiets, auch dessen biokultureller Vielfalt, ist;

14.

begrüßt das Engagement für eine Strategie zur Erholung von der Krise auf der Grundlage des europäischen Grünen Deals und bekräftigt seine Position, dass die Herausforderungen im Zusammenhang mit Umwelt, Klima und Wandel erhebliche grüne und blaue Investitionen und Innovationen auf allen Regierungs-und Verwaltungsebenen erforderlich machen;

15.

fordert ehrgeizige Investitionen in wichtige grüne Branchen (z. B. erneuerbare Energieträger, Kreislaufwirtschaft, Verlagerung auf ökologische Verkehrsträger), die erforderlich sind, um Resilienz zu entwickeln sowie Wachstum und Arbeitsplätze in einer gerechten, inklusiven, solidarischen und nachhaltigen Gesellschaft zu schaffen; betont den vielfältigen Nutzen, der daraus für die Wirtschaft, die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen entsteht. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können einen wichtigen Beitrag zur Erholung leisten und sollten gegebenenfalls in die Planung und Durchführung entsprechender Investitionen einbezogen werden;

16.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Regierungen entscheidend dazu beitragen können, Bürger, Unternehmen, Forschungszentren, die Wissenschaft sowie lokale Interessenträger in die Planung und Umsetzung von Umweltmaßnahmen einzubinden;

17.

fordert einen funktionierenden Rahmen für das Regieren auf mehreren Ebenen und bestärkt alle Verwaltungs- und Regierungsebenen darin, zur Umsetzung des 8. UAP eine verwaltungsübergreifende, interregionale, interkommunale und grenzübergreifende Zusammenarbeit zu fördern;

18.

weist darauf hin, dass mehr Forschung, Daten und Wissen nötig sind, um konkrete Umweltprobleme angehen und unter Berücksichtigung der Landflucht, der Alterung der Bevölkerung und regionaler Unterschiede Chancen in verschiedenartigen lokalen und regionalen Gemeinschaften ergreifen zu können, und betont, dass diese Daten und dieses Wissen öffentlich verfügbar und leicht zugänglich sein müssen;

19.

weist darauf hin, dass mehr lokale Daten benötigt werden, auch solche, die direkt von Bürgern und privaten Einrichtungen stammen, die sich mit der Entwicklung grüner Projekte (z. B. Boden, Wasser, Vogelbeobachtung, Habitate) beschäftigen, und fordert, dass die Europäische Kommission und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Erfassung lokaler Daten, die für eine bessere Umsetzung des UAP erforderlich sind, zusammenarbeiten;

20.

unterstützt die Schaffung eines neuen Überwachungsrahmens unter gebührender Berücksichtigung der geltenden Rahmen wie etwa der Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik; plädiert für die Einbindung des AdR und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Konsultationen zur Festlegung der Schlüsselindikatoren, damit die lokale und regionale Dimension angemessen berücksichtigt wird;

21.

fordert kontinuierliche Bemühungen zur Stärkung der Umweltüberwachung (z. B. biologische Vielfalt, Null-Schadstoff-Ziel, schadstofffreie Umwelt, überarbeitetes Konzept der Kreislaufwirtschaft), ihre Verknüpfung mit übergreifenden Überwachungsinstrumenten (z. B. Nachhaltigkeitsziele, Resilienz-Dashboards) und die Festlegung von Leitindikatoren (z. B. Kreislaufwirtschaft, Klima und Energie, schadstofffreie Umwelt, biologische Vielfalt, Null-Schadstoff-Ziel, Belastungen, EIR — Umsetzungsindikatoren) auf der Grundlage allgemeiner Prinzipien wie Qualitätssicherung, Ausgewogenheit, Anwendbarkeit, Schwerpunktsetzung, Flexibilität, Fristen und Periodizität;

22.

fordert, dass der neue Überwachungsrahmen soweit wie möglich auf bestehenden Überwachungsinstrumenten und -indikatoren im Bereich der Umweltpolitik und des Governance-Systems für die Energieunion und den Klimaschutz aufbaut und fachspezifische Berichtsanforderungen bündelt, sodass grundsätzlich Doppelarbeit vermieden und der Verwaltungsaufwand begrenzt werden kann;

23.

weist darauf hin, dass die Umsetzung des 8. UAP durch Initiativen wie die Vereinbarung für Grüne Städte oder das Europäische Jahr für grünere Städte 2022 sowie die Städteagenda beschleunigt werden kann ebenso wie durch freiwillige Projekte wie den Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie und die Beobachtungsstelle für urbane Mobilität, die deshalb stärker unterstützt werden sollten;

24.

plädiert für weitere Anstrengungen zur Umweltbildung und für Jugendprojekte, die der Sensibilisierung für Umweltfragen dienen;

25.

stellt fest, dass viele Umweltmaßnahmen nur durch ein umfassendes tägliches Engagement der Bürgerinnen und Bürger vollständig umgesetzt werden können;

26.

räumt ein, dass der Wechselbeziehung zwischen Akteuren städtischer Gebieten und des ländlichen Raums mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte sowie der Tatsache, dass bestimmte Arten von Gebieten wie Berg-, Insel- und Küstengebiete, Gebiete in äußerster Randlage usw. erhebliches Potenzial für grüne Investitionen bieten (z. B. Projekte im Zusammenhang mit erneuerbaren Energieträgern);

27.

weist auf die Verpflichtungen hin, die die schwächeren Regionen, einschließlich der Kohle- und CO2-intensiven Regionen, sowie die Regionen in äußerster Randlage mit dem Ziel einer Dekarbonisierung bis 2040 eingegangenen sind; fordert daher, die Bemühungen dieser Regionen um eine beschleunigte Umsetzung ihrer Strategien für den globalen Wandel zu unterstützen, damit sie als Versuchslabore und Testumgebungen für die Schwierigkeiten dienen können, die angegangen werden müssen, um die Ziele in diesem Bereich zu erreichen;

28.

teilt die in Erwägungsgrund 19 des UAP-Vorschlags formulierte Auffassung, dass die Ziele des Programms von den Mitgliedstaaten allein nicht ausreichend verwirklicht werden können. In seiner derzeitigen Fassung dürfte der Vorschlag keinerlei Fragen im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip aufwerfen. Auch in Bezug auf die Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürften keine Probleme auftreten;

29.

unterstützt eine Stärkung des EU-Systems für den Zugang zu Gerichten und begrüßt die vorgeschlagenen Änderungen am Übereinkommen von Aarhus (1); betont, dass das EU-System für den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten gestärkt werden muss; fordert die Kommission auf, mit dem AdR und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Dialog zu treten, um sicherzustellen, dass die Menschen vor Ort Zugang zu angemessenen Wegen für den Zugang zu Gerichten haben und umfassend zur Verbesserung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik beitragen können.

30.

schlägt vor, die Möglichkeit der Schaffung eines Netzes von Botschaftern im Rahmen der Technischen Plattform für die Zusammenarbeit im Umweltbereich zu prüfen, um die Umsetzung der Umweltvorschriften auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen zu fördern, und dies auf eine Art und Weise, die mit den aktuellen Anstrengungen wie dem Peer-to-Peer-Instrument für Informationsaustausch und technische Unterstützung (TAIEX), der Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik (EIR), der Vereinbarung für Grüne Städte und dem biogeografischen Prozess für Natura 2000 vereinbar ist und diese ergänzt.

Brüssel, den 5. Februar 2021.

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Apostolos TZITZIKOSTAS


(1)  Texte und weitere Informationen in der folgenden Pressemitteilung: https://ec.europa.eu/environment/news/commission-proposes-improve-public-scrutiny-eu-acts-related-environment-2020-10-14_en.