ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 275

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

62. Jahrgang
14. August 2019


Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

2019/C 275/01

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Das Europäische Semester und die Kohäsionspolitik: Abstimmung von Strukturreformen auf langfristige Investitionen

1

 

STELLUNGNAHMEN

2019/C 275/02

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Umsetzung der EU-Forststrategie

5


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

14.8.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 275/1


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Das Europäische Semester und die Kohäsionspolitik: Abstimmung von Strukturreformen auf langfristige Investitionen

(2019/C 275/01)

Berichterstatter

:

Rob Jonkman (NL/EKR), Mitglied des Gemeindevorstands von Opsterland

Referenzdokument

:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Investitionsbank — Jahreswachstumsbericht 2019: Für ein starkes Europa in Zeiten globaler Ungewissheit

COM(2018) 770 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Einleitung

1.

Das Europäische Semester ist das wichtigste EU-Instrument für die Koordinierung der (sozio-)ökonomischen und fiskalpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten, wobei diese gehalten sind, ihre Wirtschafts- und Fiskalpolitik auf die gemeinsam in der EU festgelegten länderspezifischen Empfehlungen abzustimmen. Den politischen Rahmen für die Empfehlungen bildet die Strategie Europa 2020. Die Empfehlungen der Europäischen Kommission zielen darauf ab, die Mitgliedstaaten zur Umsetzung von Strukturreformen zu anzuhalten, um die Wirtschaft zu stärken, die Beschäftigung und die soziale Inklusion zu stimulieren und das Investitionsklima zu verbessern.

2.

Auf der Grundlage der Empfehlungen erarbeiten die Mitgliedstaaten eigene nationale Investitionsstrategien, die gemeinsam mit ihren jährlichen nationalen Reformprogrammen die Grundlage für die prioritären Investitionsvorhaben bilden, die mit nationalen und europäischen Fördermitteln unterstützt werden sollen. Auf diese Weise wirkt sich das Europäische Semester das ganze Jahr über auf die Politikgestaltung auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene aus.

3.

Im laufenden Programmplanungszeitraum (2014-2020) hat die EU eine engere Koordinierung zwischen dem Europäischen Semester und den kohäsionspolitischen Programmen in den Mitgliedstaaten und Regionen in Angriff genommen, und eine aktuelle Studie der GD EMPL zeigt, dass die derzeitigen europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) für etwa 60 % der länderspezifischen Empfehlungen relevant sind.

4.

Für den kommenden Programmplanungszeitraum (2021-2027) visiert die Kommission eine verbindlichere Koordinierung zwischen den länderspezifischen Empfehlungen und den kohäsionspolitischen Programmen an, um die Wirksamkeit der durch die Kohäsionspolitik finanzierten Interventionen zu verbessern und nachhaltigere Ergebnisse zu erzielen. Zu diesem Zweck soll die Bewertung des Investitionsbedarfs im Rahmen des Europäischen Semesters 2019 stärker in den Fokus gerückt werden und so eine Orientierungshilfe für die Programmplanungsbeschlüsse 2021-2027 liefern. In den Analysen der Länderberichte 2019 soll der Investitionsbedarf in jedem Land und, falls erforderlich, auch auf sektorspezifischer oder regionaler Ebene geprüft werden. Auf der Grundlage dieser Analyse wird dann in einem neuen Anhang des Länderberichts der Investitionsbedarf ermittelt, der im Zeitraum 2021-2027 für die Kohäsionspolitik relevant ist.

5.

In dem Vorschlag für die Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen (Dachverordnung) schlägt die Kommission in Bezug auf die neuen kohäsionspolitischen Programme vor, dass die länderspezifischen Empfehlungen mindestens zweimal bei der Programmplanung berücksichtigt werden: zu Beginn der Programmplanung sowie bei der Halbzeitbewertung, die 2025 ansteht.

6.

Sowohl bei der Annahme der Partnerschaftsvereinbarung als auch in den Programmen im Rahmen der ESI-Fonds wird die Kommission den länderspezifischen Empfehlungen besondere Bedeutung beimessen.

7.

Bedauerlicherweise hat die Kommission, bevor die Vorschläge für die Verordnungen über die neuen Finanzierungsprogramme der EU ab 2021 und über den neuen, nach den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 beginnenden Politikgestaltungszyklus vorgelegt werden, trotz wiederholter Aufforderung durch den AdR und das Europäische Parlament und trotz der kritischen Bemerkungen des Europäischen Rechnungshofs bis heute keine Nachfolgestrategie vorgeschlagen. Der AdR begrüßt jedoch die Veröffentlichung des Reflexionspapiers der Europäischen Kommission „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“ vom 30. Januar 2019, zu dem er mit Blick auf die ordnungspolitischen Aspekte und die Umsetzung der Umwelt- und Klimaschutzziele gesonderte Stellungnahmen abgeben wird. Wenn es der EU gelingen soll, den Paradigmenwechsel bis 2030 nachhaltig zu gestalten, bedarf es einer umfassenden Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, da sie die Verantwortung für das Erreichen von 65 % der Nachhaltigkeitsziele tragen.

Standpunkt des AdR zur Verknüpfung des Europäischen Semesters mit der Kohäsionspolitik

8.

Der AdR verweist auf seine früheren Stellungnahmen und Entschließungen aus den Jahren 2017 und 2018 zum Europäischen Semester, zur Rolle, die den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dabei zukommen sollte, zur Verknüpfung mit der Kohäsionspolitik sowie zur Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität, der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance.

9.

Der AdR unterstützt den Einsatz der EU für Reformen in den Mitgliedstaaten zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum, zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und der wirtschaftlichen Konvergenz sowie zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber externen Schocks, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets zu verbessern (1).

10.

Mit Blick auf diese Reformen ruft der Ausschuss dazu auf, einen neuen strategischen Rahmen als Nachfolger der Strategie Europa 2020 aufzustellen. Der Übergang zu dieser neuen Strategie wäre auch ein geeigneter Zeitpunkt, um an den Stellschrauben für die Steuerung des Europäischen Semesters zu drehen, da die Regionen und Gemeinden — mit einigen positiven Ausnahmen — im Allgemeinen nicht oder kaum in die Ausarbeitung der nationalen Reformprogramme (2) einbezogen werden, was der demokratischen Glaubwürdigkeit des Europäischen Semesters und seiner territorialen Legitimität schadet.

11.

Der AdR weist darauf hin, dass bisher noch zu wenig unternommen wurde, um die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Schaffung neuer strategischer Rahmen bzw. die Erstellung der nationalen Reformprogramme einzubeziehen. Abhilfe könnte hier beispielsweise die Nutzung von Fachwissen des Netzes regionaler Stützpunkte (Hubs) schaffen, das 2019-2020 unter Koordinierung des Ausschusses der Regionen aus 20 Regionen Rückmeldungen über die Umsetzung der EU-Politik einholen wird.

12.

Der Ausschuss ist besorgt über das fehlende Bewusstsein für die Verantwortung für das Europäische Semester und den Mangel an Verwaltungskapazitäten auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen, was einer erfolgreichen Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen im Wege steht. Das Fehlen einer genauen Definition von Strukturreformen ist nicht gerade ein Pluspunkt für das Europäische Semester. Im Einklang mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sollten die für eine Unterstützung durch die Union infrage kommenden Strukturreformen auf Politikbereiche beschränkt sein, die für die Umsetzung der in den EU-Verträgen verankerten Ziele von Bedeutung sind und in direktem Zusammenhang mit den Zuständigkeiten der EU stehen (3).

13.

Dem Ausschuss zufolge könnte das Bewusstsein für die Verantwortung für die länderspezifischen Empfehlungen dadurch gestärkt werden, dass die Regionen und Kommunen stärker einbezogen werden, um dem Europäischen Semester eine territoriale Dimension zu geben, sowohl in analytischer Hinsicht (durch die Ergänzung des Jahreswachstumsberichts, der nationalen Reformprogramme und der länderspezifischen Empfehlungen um Analysen der territorialen Entwicklungen und der Auswirkungen der politischen Maßnahmen der EU auf die regionale und lokale Ebene) als auch in operativer Hinsicht (durch eine stärkere und systematischere Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf der Grundlage eines partnerschaftlichen und mehrere Ebenen umfassenden Ansatzes) (4).

14.

Hinsichtlich der Koordinierung zwischen dem Europäischen Semester, den länderspezifischen Empfehlungen und der Kohäsionspolitik vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass die Kohäsionspolitik grundsätzlich eine eigenständige Politik bildet und dass die Ziele dieser Politik (wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt) immer aufrechterhalten werden müssen. Dazu muss die Aufmerksamkeit auf den Grad der Relevanz der länderspezifischen Empfehlungen und der kohäsionspolitischen Programme sowie auf die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen und lokalen Behörden sowohl bezüglich der nationalen Reformprogramme als auch der Kohäsionsprogramme gelenkt werden (5).

Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen des Europäischen Semesters und der Kohäsionspolitik

15.

Der AdR stellt fest, dass es trotz der Verknüpfung des Europäischen Semesters mit den derzeitigen Programmen der Kohäsionspolitik noch immer keinen Mechanismus auf EU-Ebene für die strukturierte Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Aufstellung der nationalen Reformprogramme und der Investitionsstrategien gibt. Für die Ausarbeitung, Durchführung und Bewertung der Programme im Rahmen der ESI-Fonds sowie der Partnerschaftsvereinbarungen gibt es hingegen den Europäischen Verhaltenskodex für Partnerschaften. Dieser Verhaltenskodex macht die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu direkten Partnern der Kommission und der Mitgliedstaaten bei der gemeinsamen Steuerung der Kohäsionspolitik.

16.

Der AdR weist darauf hin, dass sich die im Rahmen des Europäischen Semesters abgegebenen Empfehlungen hauptsächlich auf Politikbereiche beziehen, in denen sich EU und Mitgliedstaaten die Zuständigkeit teilen, und dass die EU nur unterstützend tätig werden kann.

17.

Der Ausschuss betont, dass die strukturierte Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu einem festen Bestandteil des Europäischen Semesters werden sollte. Er bedauert, dass im Jahreswachstumsbericht zwar auf die Einbindung der Sozialpartner und der nationalen Parlamente, nicht aber auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eingegangen wird, was 2018 der Fall war.

18.

Der Ausschuss weist darauf hin, dass dies den Grundsätzen der Subsidiarität (Artikel 5 Absatz 3 EUV und das Protokoll Nr. 2), der Multi-Level-Governance und der Partnerschaft (siehe Artikel 6 „Partnerschaft und Multi-Level-Governance“ des Entwurfs eines Vorschlags für eine Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl- und Migrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für Grenzmanagement und Visa, COM(2018) 375 final) widerspricht, da die länderspezifischen Empfehlungen durch die Kohäsionspolitik unmittelbare Auswirkungen auf die Politikgestaltung auf lokaler und regionaler Ebene haben und damit für diese Ebene in Politikbereichen, in denen sie über rechtliche Befugnisse verfügt, verbindlich sind. Dies steht auch im Widerspruch zu den Grundsätzen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung des Europarates.

19.

Der Ausschuss verweist diesbezüglich auf die Mitteilung der Kommission zur Subsidiarität vom 23. Oktober 2018 (6), in der unter anderem anerkannt wird, dass sich die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von anderen Beteiligten unterscheiden, da sie bei der Umsetzung des Unionsrechts eine entscheidende Rolle spielen, und dass die Standpunkte der nationalen und regionalen Parlamente sowie der lokalen und regionalen Behörden im Gesetzgebungsverfahren in vielen Fällen besser berücksichtigt werden können.

20.

Er verweist ferner auf die vierte Empfehlung der Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger, aber effizienteres Handeln“ der Kommission, in der es heißt: „Die Mitgliedstaaten sollten den Leitlinien der Europäischen Kommission folgen und bei der Ausarbeitung ihrer nationalen Reformprogramme sowie bei der Erarbeitung und Durchführung von Strukturreformen im Rahmen des Europäischen Semesters zur Verbesserung der Eigenverantwortung und Umsetzung dieser Reformen sinnvoll mit lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zusammenarbeiten“ (7).

21.

Der Ausschuss betont daher, dass im Sinne der Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance die umfassende und strukturierte Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in das Europäische Semester die beste Möglichkeit ist, um einen Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip zu vermeiden und eine wirksame politische Koordinierung sicherzustellen. In diesem Zusammenhang befürchtet er, dass bei den Beratungen im Rat über die Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen eine Lockerung der Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance ins Gespräch gebracht werden könnte, da so die wirksame Koordinierung zwischen dem Europäischen Semester und der Kohäsionspolitik beeinträchtigt werden könnte.

Auf dem Weg zu länderspezifischen Empfehlungen und den neuen Programmen der Kohäsionspolitik 2021-2027

22.

Hinsichtlich des Ersuchens des rumänischen EU-Ratsvorsitzes an den Ausschuss, eine Stellungnahme zum Grad der Flexibilität der Regionen bei der Verknüpfung der Kohäsionsprogramme mit den länderspezifischen Empfehlungen sowie zu der Frage zu erarbeiten, wie die Regionen besser in das Europäische Semester eingebunden werden können, weist der AdR auf Folgendes hin:

23.

Der AdR begrüßt die Tatsache, dass im Jahreswachstumsbericht 2019 auch der regionalen Dimension der europäischen Investitionspolitik Aufmerksamkeit gewidmet wird, stellt allerdings fest, dass davon nur in begrenztem Maße die Rede ist.

24.

Der Ausschuss nimmt zur Kenntnis, dass die Länderberichte 2019 zum ersten Mal eine Bewertung der regionalen Unterschiede sowie die „Investitionsleitlinien für die Mittel im Rahmen der Kohäsionspolitik 2021-2027“ (Anhang D) für jeden Mitgliedstaat enthalten, die den Auftakt für den Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten über die Programmplanung der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2021-2027 bilden.

25.

Der Ausschuss begrüßt die im Jahreswachstumsbericht 2019 enthaltene Erklärung, dass Europa eine langfristige Perspektive benötigt. Er betont, dass gemeinsame langfristige Ziele es erleichtern würden, die notwendigen Kompromisse zwischen den Zielen eines nachhaltigen Wachstums, des Zusammenhalts, der sozialen Inklusion, der Resilienz und der makroökonomischen Stabilität zu finden, was es den Mitgliedstaaten ermöglichen würde, einen realisierbaren und gesellschaftlich akzeptablen Mix aus Investitionen und Strukturreformen zu verwirklichen.

26.

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten sollten daher sicherstellen, dass alle Regierungs- und Verwaltungsebenen an der Vorbereitung der Länderberichte und der länderspezifischen Empfehlungen, insbesondere durch die Ermittlung des für ihre Länder und Regionen am besten geeigneten Mix aus Investitionen und Reformen, sowie an der Konzipierung der entsprechenden Maßnahmen unter Berücksichtigung der Länderberichte beteiligt werden.

27.

In diesem Zusammenhang bekräftigt der Ausschuss seinen Standpunkt, dass im Hinblick auf eine bessere Steuerung des Europäischen Semesters ein Verhaltenskodex für die Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften festgelegt werden sollte (8). Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen offiziell als Akteure im Rahmen des Europäischen Semesters anerkannt werden, damit sich die länderspezifischen Empfehlungen im Wege des Dialogs und der horizontalen Koordinierung, wo dies angezeigt ist, ihren Niederschlag in Investitionen in den neuen kohäsionspolitischen Programmen finden.

28.

Der AdR hebt hervor, dass die Programmplanung der neuen kohäsionspolitischen Programme bereits mit der Veröffentlichung der Länderberichte am 27. Februar 2019 (9) begonnen hat, die zu den länderspezifischen Empfehlungen und den nationalen Reformprogrammen führen, und es daher höchste Zeit ist, dafür zu sorgen, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften offiziell am politischen Gestaltungsprozess des Europäischen Semesters beteiligt werden. Zu diesem Zweck könnte der derzeitige Verhaltenskodex für Partnerschaften auf die Politikgestaltung im Rahmen des Europäischen Semesters ausgeweitet werden.

29.

Im Hinblick auf die Stärkung der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Europäischen Semester unterstützt der Ausschuss Initiativen zur Sammlung und zum Austausch guter Beispiele für ihre Einbeziehung in die nationalen Reformprogramme und Investitionsstrategien.

30.

Wenn die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nicht offiziell am politischen Gestaltungsprozess des Europäischen Semesters beteiligt werden, besteht die Gefahr, dass die Programmplanung der neuen kohäsionspolitischen Programme ohne Einbeziehung der Basis von oben nach unten vorgegeben wird, was die Wahlfreiheit auf lokaler und regionaler Ebene in unerwünschter Weise einschränkt und der Flexibilität schadet. Dadurch könnte das Bewusstsein für die Verantwortung für die länderspezifischen Empfehlungen noch weiter abnehmen und die erfolgreiche Umsetzung der neuen kohäsionspolitischen Programme behindert werden. Dies widerspricht dem Ziel der Kommission, die Kohäsionspolitik ergebnisorientierter zu gestalten und den Mehrwert der Politik für die EU und ihre Mitgliedstaaten zu erhöhen.

Brüssel, den 10. April 2019

Der Präsident

des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets und mit Blick auf den Jahreswachstumsbericht 2019 (ABl. C 461 vom 21.12.2018, S. 1).

(2)  Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets und mit Blick auf den Jahreswachstumsbericht 2019 (ABl. C 461 vom 21.12.2018, S. 1).

(3)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Das Reformhilfeprogramm und die Europäische Investitionsstabilisierungsfunktion (ABl. C 86 vom 7.3.2019, S. 335).

(4)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Bessere Steuerung des Europäischen Semesters: ein Verhaltenskodex für die Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften“ (ABl. C 306 vom 15.9.2017, S. 24).

(5)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen (ABl. C 86 vom 7.3.2019, S. 41).

(6)  COM(2018) 703 final.

(7)  Bericht der Taskforce für Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und „Weniger, aber effizientes Handeln“: Aktive Subsidiarität. Eine neue Arbeitsweise (Juli 2018).

(8)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zum Thema „Bessere Steuerung des Europäischen Semesters: ein Verhaltenskodex für die Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften“ (ABl. C 306 vom 15.9.2017, S. 24).

(9)  https://ec.europa.eu/info/publications/2019-european-semester-country-reports_en.


STELLUNGNAHMEN

14.8.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 275/5


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Umsetzung der EU-Forststrategie

(2019/C 275/02)

Hauptberichterstatter

:

Ossi Martikainen (FI/ALDE), Mitglied des Stadtrates von Lapinlahti

Referenzdokument

:

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Fortschritte bei der Umsetzung der EU-Forststrategie „Eine neue EU-Forststrategie: für Wälder und den forstbasierten Sektor“

COM(2018) 811 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

hält den von der Europäischen Kommission am 7. Dezember 2018 veröffentlichten Bericht über die Umsetzung der Forststrategie für begrüßenswert und notwendig. Auf der Grundlage dieses Berichts ist der Ausschuss der Ansicht, dass sich die Forststrategie als nützliches Instrument für die Koordinierung der verschiedenen Politikbereiche erwiesen hat. Die in der Strategie vorgenommene Auswahl von Schwerpunktbereichen war erfolgreich, und bei ihren Zielen konnten in der Regel Fortschritte erzielt werden. Durch eine Fortsetzung des kohärenten Vorgehens in den Mitgliedstaaten, auf regionaler und lokaler Ebene sowie in den Außenbeziehungen lässt sich jedoch noch mehr erreichen;

2.

verweist auf seine in vielerlei Hinsicht mit den Einschätzungen der Kommission übereinstimmende Stellungnahme zur EU-Forststrategie (1) und ermutigt die Kommission, die Kohärenz der mit der Forstwirtschaft zusammenhängenden Politikbereiche und Maßnahmen weiter zu verbessern, damit die Wertschöpfungskette, die Biodiversität und die vielfältigen Funktionen der Forstwirtschaft besser berücksichtigt werden können. Die Einbeziehung des Ständigen Forstausschusses in die Gestaltung der Forstpolitik und der damit indirekt zusammenhängenden Politikbereiche ist von großer Bedeutung;

3.

fordert die Kommission auf zu prüfen, ob angesichts der wachsenden politischen Bedeutung der Wälder sowohl für die Nachhaltigkeitspolitik auf globaler Ebene als auch in den Mitgliedstaaten und ihren Regionen die derzeitigen Formen der Verwaltung und Behandlung forstrelevanter Fragen und die dafür bereitgestellten Ressourcen in der EU ausreichend und zeitgemäß sind, und dringt darauf zu untersuchen, inwieweit diese Ressourcen eine tatsächliche Wirkung auf die Wertschöpfungskette haben;

4.

ist der Ansicht, dass die Kommission angesichts der offenkundigen ökologischen Funktion des Forstsektors eine neue aktualisierte Forststrategie für die Zeit nach 2020 mit einer stärkeren Steuerungswirkung vorlegen sollte. In dieser Strategie sollte der Nutzwald als eigenständige Kategorie betrachtet und die Aufforstung von Desertifikation bedrohter Gebiete als strategische Notwendigkeit angesehen werden, was auch eine Neuveranschlagung der Mittelzuweisung und Neubewertung der Auswirkungen erfordern könnte;

5.

fordert die Kommission auf, bei der Aufstellung dieser Strategie für eine angemessene Einbeziehung der Mitgliedstaaten und Regionen sowie der Vertreter, Forschungseinrichtungen und Organisationen des Forstsektors zu sorgen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen und die erwartete Einbeziehung sicherzustellen;

6.

bringt die folgenden Standpunkte zu den im Bericht der Kommission genannten Schwerpunkten für die Bewertung der Umsetzung der Forststrategie vor, die den Aufgabenbereich des AdR betreffen:

7.   Finanzierung und Verwaltung

7.1.

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen bei der Planung und Umsetzung EU-geführter oder EU-finanzierter forstwirtschaftlicher Maßnahmen eng eingebunden werden. Den Waldeigentümern und den für die Waldbewirtschaftung und Forstverwaltung zuständigen Akteuren einschließlich der Gemeinden und Regionen kommt eine Schlüsselrolle zu: sie können die nachhaltige Forstnutzung stärken und ihr klares Engagement für die Bevölkerung und Wirtschaft auf dem Lande bekräftigen.

7.2.

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können die Kohärenz und Wirksamkeit der Maßnahmen im Forstsektor stärken und dabei eine zentrale Vermittlerrolle einnehmen, wenn der private Waldbesitz wie in vielen Mitgliedstaaten infolge des gesellschaftlichen Wandels stark fragmentiert ist oder die Bewirtschaftung privater Wälder aufgegeben wurde. Als mögliche Maßnahmen könnten die Gebietskörperschaften erwägen, gemeinsame Formen wie forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse und Vereinigungen zu fördern und die Rolle des proaktiven Fortwirts herauszustellen. Daher sollten sie die Zusammenarbeit im Forstsektor unterstützen. Die öffentliche Unterstützung sollte Durchführbarkeitsstudien, regionale Veranstaltungen und Werbemaßnahmen abdecken, um die vielfältigen Ökosystemgüter und -dienstleistungen des Sektors aufzuwerten.

7.3.

Der Forstsektor benötigt eine ausreichende Finanzierung im Rahmen der GAP, insbesondere durch Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums, die von vielen lokalen und regionalen Akteuren in Anspruch genommen werden, um die Forstwirtschaft und die nachhaltige Nutzung der Wälder in ihren Regionen zu stärken. Mit zunehmender Flexibilisierung der GAP auf nationaler Ebene kann die Forstwirtschaft in vielen Regionen bei den Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums eine noch größere Rolle spielen oder ggf. auch an Bedeutung verlieren. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Beschäftigung, der regionalen Wirtschaft und der nachhaltigen Entwicklung in den ländlichen Gebieten von großer Bedeutung. Jetzt ist daher der richtige Zeitpunkt, im Rahmen der innerhalb der GAP für die ländliche Entwicklung bereitgestellten Mittel eine angemessene Finanzierung der forstwirtschaftlichen Maßnahmen sicherzustellen. Es bedarf eines Beitrags der regionalen und lokalen Behörden sowie der Zusammenarbeit auf verschiedenen Verwaltungsebenen, damit die nationalen Programme der GAP auf der Ebene des Klima- und Umweltschutzes Wirkung zeigen. Auch sollten die in diesem Sektor vorhandenen Finanzierungsmöglichkeiten auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen bekannt gemacht werden, damit sie umfassend und gezielt genutzt werden können.

7.4.

Der AdR weist darauf hin, dass das Forstwegenetz in vielen EU-Mitgliedstaaten schlecht ist und dass daher Finanzmittel für eine europäische Studie zur Bewertung des Forstwegenetzes bereitgestellt werden müssen.

7.5.

Über die bereits seit längerem bestehenden Förderinstrumente mit GAP-Schwerpunkt hinaus gibt es auch ein großes Potenzial für die Forstwirtschaft, Finanzmittel im Rahmen der Forschungs- und Innovationsprogramme der EU zu nutzen. Neben GAP-Mitteln muss der Forstsektor auch konkrete Mittel im Rahmen der Programme Horizont, Life+, Erasmus+ und der Struktur- und Solidaritätsfonds nutzen können.

8.   Lokale und regionale Wirtschaft, grüne Wirtschaft, Beschäftigung

8.1.

Der Wald spielt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Bioökonomie und Biodiversität in Europa und seinen Regionen und beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen grünen Wirtschaft. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können u. a. in den Bereichen Pläne für die nachhaltige regionale Entwicklung, Bioökonomie-Strategien, Bildung, ökologisch nachhaltiges Bauen, Kohlenstoffbindung in langlebigen Holzprodukten, Verbreitung erneuerbarer Energieträger und Förderung von KMU im Forstsektor einen Beitrag leisten. In geeigneten Bereichen sollten regionale Kooperationsgruppen für Forstwirtschaft eingerichtet werden, in denen nicht nur die Unternehmen der Branche, Waldbesitzer sowie regionale und kommunale Behörden vertreten sind, sondern auch die Gemeinden, die Regionalverwaltung, die Bildungseinrichtungen, Hochschulen und NRO der Region sowie private Unternehmen aus Branchen, in denen forstbasierte Rohstoffe oder Erzeugnisse genutzt werden.

8.2.

Zahlreiche ländliche Regionen in Europa leiden unter Bevölkerungsschwund und dem Verlust von Arbeitsplätzen. Eine Umstellung auf forstbasierte Produkte, beispielsweise in der Bauwirtschaft und bei der Energieerzeugung, würde auch in dünn besiedelten Gebieten Arbeitsplätze und Steuereinnahmen bringen. Das gleiche gilt für eine „grüne“ Wirtschaft im weitesten Sinne, in der der Wald auch als wichtige Ressource für den Tourismus, die Biodiversität, die Erholung und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger angesehen wird. Der Forstsektor ist mit seinen über 3,5 Mio. Beschäftigten der drittgrößte Arbeitgeber in der EU und hat somit einen erheblichen Einfluss auf die soziale und regionale Konvergenz in Europa. Die Forststrategie muss auch die Entwicklung aller Ökosystemprodukte und -dienstleistungen, die der Wald bietet, ermöglichen, um die Forstwirtschaft neu zu beleben und zu fördern.

8.3.

Der absehbare Anstieg der Nachfrage nach Holz und Biomasse muss mit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung einhergehen, die in öffentlichen Forsten durch die Forstverwaltung und in privaten Wäldern durch private Zertifizierungssysteme zertifiziert werden kann.

8.4.

Die verschiedenen Verwaltungsebenen sollten zusammenarbeiten: Gute Praktiken und Ergebnisse auf regionaler Ebene sollten auch einen Einfluss haben auf die Bereitstellung von EU- und nationalen Finanzmitteln für forstwirtschaftliche Innovationen und Technologien sowie zur Verknüpfung der verschiedenen Waldnutzungsformen. Dabei könnten auch Finanzierungsinstrumente für die Entwicklung des Forstsektors geschaffen werden, die für die Regionen praktikabel und besser zugänglich sind. Es bedarf neuartiger und zielgerichteter Maßnahmen im Forstsektor, um das angestrebte Ziel eines kohlenstoffneutralen Europas bis 2050 zu erreichen. Die Aufgaben und Zuständigkeiten der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten unterscheiden sich voneinander. Es sollte jedoch überall ein ganzheitlicher und kohärenter strategischer Ansatz verfolgt werden, in dem die gemeinsamen Ziele und Bedürfnisse der verschiedenen Ebenen u. a. in Bezug auf Infrastruktur, Informationssysteme und Informationsaustausch sowie die Aufgaben der Behörden wie Genehmigungserteilung und Aufsicht zusammenfließen. Alle Mitgliedstaaten und Wirtschaftsbereiche sollten dazu beitragen, die CO2-Emissionsreduktionsziele zu erreichen, wobei Fairness- und Solidaritätsaspekte in ausgewogener Weise zu berücksichtigen sind.

8.5.

Der AdR sieht in einer besseren Information über die Bedeutung der nachhaltigen Bewirtschaftung von Waldflächen sowie in der Ausweitung, Durchführung und Koordinierung von Informationskampagnen über die Multifunktionalität der Wälder und die vielfältigen Vorteile einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt ein Erfordernis, an dem alle institutionellen Ebenen in der EU mitwirken sollten.

9.   Biodiversität, Klimawandel, gesunde Wälder

9.1.

Der AdR weist darauf hin, wie wichtig es ist, die sachgemäße Bewirtschaftung der Wälder zu fördern und die Agrar- und Forstpolitik mit Strategien zur Bewältigung hydrogeologischer und klimatischer Risiken zu verknüpfen.

9.2.

Der AdR nimmt die Feststellung der Kommission zur Kenntnis, dass ungeachtet der großen Anstrengungen zur Erhaltung der verschiedenen Waldformen und natürlichen Lebensräume u. a. im Rahmen des Natura-2000-Netzes und der Vogelschutz- und Habitat-Richtlinie die Fortschritte im Bereich Biodiversität nicht den Erwartungen entsprechen. Die Kommission sollte eingehender bewerten, wo etwas erreicht wurde, welche Instrumente für eine positive Entwicklung notwendig wären und ob die Maßnahmen im Hinblick auf den Bestand bzw. die Einzigartigkeit der in der EU existierenden Waldlebensräume ausgewogen waren. Dabei sollte sie denjenigen Regionen besondere Aufmerksamkeit widmen, die wie die Gebiete in äußerster Randlage einen besonders großen Artenreichtum aufweisen. Es sollten wissenschaftliche Untersuchungen finanziert werden, um den Zustand der Wälder und ihre Ökosystemleistungen, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, umfassend zu bewerten. Ziel dabei ist es, durch die Entwicklung der bestehenden ökologischen Netze das ökologisch wertvolle natürliche Erbe zu erhalten und zu konsolidieren.

9.3.

Den Wäldern kommt durch Kohlenstoffbindung sowie die Speicherung und Substitution von CO2-Emissionen eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels zu. Diese Folgen müssen als Querschnittsthema in den Grundsätzen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung berücksichtigt werden, wobei das Potenzial der Wälder in seiner Gesamtheit ausgelotet werden muss: Wie können fossile Bau- und Brennstoffe und deren Nebenprodukte ersetzt werden? Wie wirkt sich die Waldbewirtschaftung auf die Kohlenstoffbindung aus? Und folglich: Welche Anreize oder welchen Ausgleich sollen Forstbesitzer erhalten, die eine nachhaltige Waldbewirtschaftung betreiben? Wie bedroht der Klimawandel die Wälder? Wie kann das Anbaupotenzial standortheimischer Baumarten gesichert werden, und in welchem Umfang können nicht heimische Baumarten ausgleichend eingesetzt werden? Usw.

9.4.

Der AdR fordert die Europäische Kommission auf, die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften umfassend an der Umsetzung der Lastenteilungsverordnung (ESR) (2) und der LULUCF-Verordnung (3), an der Festlegung der Zielvorgaben für die Emissionssenkung bis 2030 und an der Entwicklung konkreter Initiativen zur Verwirklichung dieser Ziele zu beteiligen.

9.5.

Der Klimawandel und die einseitige Bewirtschaftung der Wälder können dazu führen, dass große Waldflächen Bränden, Stürmen, Krankheiten und Schädlingsbefall mit entsprechenden Schäden ausgesetzt sind. Im Hinblick auf diese Situationen sollte bei Verwaltungsvorschriften stets abgewogen werden, welche alternativen Risiken durch Untätigkeit entstehen können. Man sollte sich auf derartige Situationen vorbereiten und zu diesem Zweck die Rechtsvorschriften zur Unterstützung der forstwirtschaftlichen Planung und zur Vermeidung solcher Schäden aktualisieren sowie Finanzmittel bereitstellen — für die Schadensbegrenzung, die Durchführung von Maßnahmen in den betroffenen Gebieten, Erneuerungs- und Aufforstungsmaßnahmen sowie Ausgleichsmaßnahmen für die großen wirtschaftlichen Schäden in den betroffenen Gebieten. In diesem Zusammenhang müssen auf regionaler Ebene die nötigen Finanzmittel bereitgestellt werden, um eine Gefahrenkarte zu erarbeiten, die die potenziellen Risiken enthält. Die aktive Waldbewirtschaftung kann bei der Verbesserung des Gesundheitszustands der Wälder ein nützliches Mittel der Prävention und Früherkennung sein.

9.6.

Das Naturkapital und die Ökosystemleistungen, die die Wälder der Gesellschaft bieten, sollten den Menschen zu Bewusstsein gebracht werden, und wo immer dies möglich ist, sollten die Beziehungen der lokalen Gemeinschaften zum Wald gestärkt werden, ganz gleich, ob sie nun selbst die Eigentümer des Waldes sind oder nicht.

9.7.

Der AdR unterstreicht die vorrangige Bedeutung von Bottom-up-Maßnahmen im Bereich des Katastrophenrisikomanagements und weist darauf hin, dass diese Maßnahmen durch EU-Instrumente ergänzt werden müssen, wenn ein Mitgliedstaat nicht in der Lage ist, die Folgen einer Katastrophe aus eigener Kraft zu bewältigen. Die Liste der EU-Instrumente, die in Fällen von Stürmen und Waldbränden besonders hilfreich sind, umfasst das Katastrophenschutzverfahren der Union, den Solidaritätsfonds der EU sowie Pilotprojekte, die von der Europäischen Kommission finanziert werden und mit denen administrative und rechtliche Hindernisse für das Katastrophenrisikomanagement in Grenzgebieten beseitigt werden sollen.

9.8.

Im Einklang mit der Forderung des Europäischen Parlaments und wichtiger Interessenträger ist dringend ein EU-Aktionsplan gegen Entwaldung und Waldschädigung erforderlich, um die Umweltauswirkungen des Verbrauchs von Produkten und Rohstoffen in der EU, die zu Entwaldung und Waldschädigung in Drittstaaten beitragen könnten, eingehender zu bewerten. Daher fordert der AdR die neue Europäische Kommission auf, diese Forderung in ihre politischen Prioritäten aufzunehmen.

10.   Transnationale und interregionale Zusammenarbeit im Forstsektor

10.1.

Es ist wichtig, dass die EU in ihrer Nachbarschaft, ihren auswärtigen Wirtschaftsbeziehungen und ihrer Entwicklungspolitik ihre Bemühungen um die europa- und weltweite Zusammenarbeit und die Schaffung einer Vertragsgrundlage im Bereich der Forstwirtschaft und des Handels mit forstwirtschaftlichen Erzeugnissen fortsetzt und die Prinzipien einer nachhaltigen Forstwirtschaft weiter konsolidiert. Forest Europe, Waldzertifizierungen, die UN-Forststrategie 2030 und die globalen Waldziele bieten beispielsweise Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen.

10.2.

Viele große Waldgebiete der EU liegen an den Außengrenzen der Union, wobei die Arten des Waldes und seiner Bewirtschaftung sowie die Bedrohungen oft über diese Grenzen hinausreichen. Daher kommt es darauf an, dass die an der Grenze liegenden regionalen und lokalen Gebietskörperschaften stärker als bisher die EU-Programme der auswärtigen Zusammenarbeit im Bereich des Forstsektors nutzen können.

10.3.

Die Vertretung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sollte eng in die Konzipierung, Umsetzung und Überwachung der internationalen Verpflichtungen der EU im Forstsektor eingebunden werden, wobei in der Praxis dauerhafte Verfahren für diesen Zweck festgelegt werden sollten.

10.4.

Es wäre von entscheidender Bedeutung, die nationale und regionale Zusammenarbeit in der EU zu fördern, um den Austausch von Fertigkeiten zu erleichtern und die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen zu stärken. Gestärkte Netze würden auch zu einer erhöhten Bereitschaft führen, bei der Bewältigung von Naturkatastrophen wie Waldbränden, Stürmen, Dürren und Überschwemmungen Unterstützung zu leisten.

11.   Bildung und Information

11.1.

Es ist nötig, eine gesellschaftliche Nachfrage zu fördern, durch die die wichtige Funktion der Wälder bei der Bewältigung klima- und wirtschaftspolitischer Herausforderungen anerkannt und gestützt wird.

11.2.

Dazu bedarf es einer umfassenden Informations- und Bildungskampagne über die Bedeutung der Forstwirtschaft für den Klimaschutz und die Umstellung auf eine Bioökonomie, die auf natürlichen Ressourcen aufbaut. Diese Kampagnen sollten auf nationaler und internationaler Ebene, aber wegen der Bürgernähe auch auf lokaler und regionaler Ebene geführt werden.

11.3.

Die Informations- und Bildungsmaßnahmen sollten insbesondere darauf ausgerichtet sein, zwei in den Köpfen bestehende Grenzen zu durchbrechen, nämlich zum einen das negative Bild der Verwendung von Holz in die Einsicht zu verwandeln, dass die Waldwirtschaft ein nachhaltiges, auf forstwissenschaftlichen Erkenntnissen basierendes Bewirtschaftungssystem ist, und zum anderen den Gegensatz „Erhaltung versus Bewirtschaftung“ mithilfe des Konzepts der nachhaltigen Waldbewirtschaftung, das beide miteinander in Einklang bringt, zu überwinden.

11.4.

In den Teams, die die Informations- und Bildungsmaßnahmen durchführen, sollten Forstexperten mitwirken, die sich sowohl mit der Forstwirtschaft als auch mit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung auskennen.

Brüssel, den 11. April 2019

Der Präsident

des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Halbzeitüberprüfung der EU-Forststrategie (ABl. C 361 vom 5.10.2018, S. 5).

(2)  Verordnung (EU) 2018/842 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 als Beitrag zu Klimaschutzmaßnahmen zwecks Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 (ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 26).

(3)  Verordnung (EU) 2018/841 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 und des Beschlusses Nr. 529/2013/EU (ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 1).