ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 320

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

61. Jahrgang
10. September 2018


Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

EMPFEHLUNGEN

 

Rat

2018/C 320/01

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2018

1

2018/C 320/02

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2018

7

2018/C 320/03

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik 2018

12

2018/C 320/04

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Dänemarks 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2018

16

2018/C 320/05

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Deutschlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Deutschlands 2018

19

2018/C 320/06

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Estlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2018

24

2018/C 320/07

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Irlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2018

27

2018/C 320/08

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2018

33

2018/C 320/09

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2018

39

2018/C 320/10

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2018

44

2018/C 320/11

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Italiens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2018

48

2018/C 320/12

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Zyperns 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Zyperns 2018

55

2018/C 320/13

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2018

60

2018/C 320/14

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Litauens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2018

64

2018/C 320/15

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2018

68

2018/C 320/16

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2018

72

2018/C 320/17

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Maltas 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2018

76

2018/C 320/18

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2018

80

2018/C 320/19

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2018

84

2018/C 320/20

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Polens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2018

88

2018/C 320/21

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Portugals 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2018

92

2018/C 320/22

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2018

98

2018/C 320/23

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2018

103

2018/C 320/24

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2018

107

2018/C 320/25

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2018

112

2018/C 320/26

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2018

116

2018/C 320/27

Empfehlung des Rates vom 13. Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs 2018

119


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

EMPFEHLUNGEN

Rat

10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/1


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2018

(2018/C 320/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Belgien nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Belgien die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 3 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Belgien wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Belgiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)

Am 27. April 2018 übermittelte Belgien sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Belgien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. In seinem Stabilitätsprogramm 2018 veranschlagt Belgien eine allmähliche Verbesserung des Gesamtsaldos von einem Defizit von 1,0 % des BIP im Jahr 2017 auf einen Überschuss von 0,1 % des BIP im Jahr 2021. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturell ausgeglichener Haushalt — soll bis zum Jahr 2020 erreicht werden. Der neu berechnete strukturelle Haushaltssaldo (6) deutet jedoch noch immer auf ein Defizit von 0,2 % im Jahr 2020 hin. Nach einem Höchststand von fast 107 % des BIP im Jahr 2014 und einem Rückgang auf rund 103 % des BIP im Jahr 2017 wird die gesamtstaatliche Schuldenquote dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge bis 2021 voraussichtlich auf 94,6 % des BIP zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Allerdings wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der ab 2019 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, noch nicht spezifiziert; unter anderem deshalb geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass sich der strukturelle Saldo bei unveränderter Politik im Jahr 2019 verschlechtern wird.

(7)

Am 23. Mai 2018 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, da Belgien 2017 keine ausreichenden Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau erzielt hatte. Nach Bewertung aller einschlägigen Faktoren konnte sie in dem Bericht nicht abschließend feststellen, ob das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (7) erfüllt ist oder nicht, da es derzeit keine hinreichend eindeutigen Nachweise gibt, auf deren Grundlage festgestellt werden könnte, ob in Belgien für das Jahr 2017 und für die Jahre 2016 und 2017 zusammengenommen eine erhebliche Abweichung besteht. Die Kommission wird auf Basis der Ex-post-Daten für 2018, die im Frühjahr 2019 zu übermitteln sind, erneut prüfen, ob die Vorgaben im Hinblick auf die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau erfüllt sind.

(8)

Im Stabilitätsprogramm 2018 wird auf die signifikanten Haushaltsauswirkungen der Sicherheitsmaßnahmen im Jahr 2017 verwiesen, und es werden ausreichend Belege für Umfang und Art der zusätzlichen Haushaltsbelastung geliefert. Der Kommission zufolge lagen die berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben für Sicherheitsmaßnahmen im Jahr 2017 bei 0,02 % des BIP. Die Bestimmungen nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ermöglichen eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben, da die akute terroristische Bedrohung ein außergewöhnliches Ereignis darstellt, das erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Belgiens hat, deren Tragfähigkeit durch die Gewährung einer vorübergehenden Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel nicht gefährdet würde. Um die betreffenden zusätzlichen Kosten zu berücksichtigen, wurde die erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 somit nach unten korrigiert.

(9)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Belgien sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (8) im Jahr 2018 1,6 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass das Ziel, einen haushaltspolitischen Kurs zu erreichen, der sowohl zur Stützung der derzeitigen Erholung als auch zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Belgiens beiträgt, bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2018 und der anschließenden Bewertung der Haushaltsergebnisse 2018 berücksichtigt werden muss. Ausgehend von der Bewertung der Solidität der Erholung in Belgien, die die Kommission — unter gebührender Berücksichtigung der Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit — im Rahmen ihrer Stellungnahme zu Belgiens Übersicht über die Haushaltsplanung 2018 vorgenommen hat, müssen in diesem Zusammenhang keine weiteren Elemente berücksichtigt werden. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass für das Jahr 2018 sowie für die Jahre 2017 und 2018 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel besteht.

(10)

Angesichts des für Belgien geschätzten gesamtstaatlichen Schuldenstands von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von 0,4 % dürfte die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 1,8 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Unter Annahme einer unveränderten Politik besteht für das Jahr 2019 sowie für die Jahre 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Vorgabe. Allem Anschein nach wird Belgien die Schuldenregel in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich nicht einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass ab 2018 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten. Es entspräche dem Vorsichtsprinzip, etwaige unerwartete Mehreinnahmen zum weiteren Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu verwenden.

(11)

Die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bleibt eine Herausforderung. Zwar waren die Rentenreformen von 2015 ein wichtiger Schritt, die Risiken im Zusammenhang mit der Alterung der Bevölkerung anzugehen, aber der Bericht 2018 über die Bevölkerungsalterung deutet darauf hin, dass die alterungsbedingten Ausgaben sowohl für die Renten als auch für die Langzeitpflege langfristig stärker steigen werden als bislang erwartet. Die Rentenausgaben dürften bis zum Jahr 2070 um 2,9 Prozentpunkte des BIP steigen; dies ist im Vergleich zu dem bei der vorhergehenden Aktualisierung prognostizierten Anstieg um 1,3 Prozentpunkte bis zum Jahr 2060 (und dem durchschnittlichen Rückgang um 0,1 Prozentpunkte des BIP in der Union) zu sehen. Die vollständige Umsetzung der von der Regierung geplanten Reformen könnte dazu beitragen, die einschlägigen Risiken anzugehen. Darüber hinaus dürften die Ausgaben für Langzeitpflege von einem bereits über dem Unionsdurchschnitt liegenden Stand von 2,3 % des BIP bis 2070 auf 4,0 % des BIP ansteigen. Durch einen Abbau der Fragmentierung im Bereich der Organisation der Langzeitpflege, die durch die Verteilung der Zuständigkeiten auf verschiedene Verwaltungsebenen bedingt ist, könnte die Effizienz der Ausgaben in diesem Bereich erhöht werden.

(12)

Eine wirksame Haushaltskoordinierung ist in einem Föderalstaat wie Belgien, in dem ein Großteil der Ausgabenbefugnisse auf die subnationale Ebene übertragen wurde, von wesentlicher Bedeutung. Um die interne Koordinierung zu verbessern und die fiskalpolitische Komponente des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion („fiskalpolitischer Pakt“) umzusetzen, schlossen die Föderalregierung und die Regierungen der Regionen und Gemeinschaften 2013 einen Kooperationsvertrag mit dem Ziel, übergeordnete und individuelle mehrjährige haushaltspolitische Pfade festzulegen, die vom Hohen Finanzrat überwacht werden. Es wurde eine Einigung auf die bis 2020 zu erreichenden individuellen Haushaltsziele erzielt, was einen positiven Schritt darstellt. Eine förmliche Einigung auf die jährlichen Haushaltsziele auf allen staatlichen Ebenen steht jedoch noch aus. Fortschritte wurden bei der Schaffung ausreichender Garantien in Bezug auf die Unabhängigkeit des Hohen Finanzrates erzielt.

(13)

Die Ausgabenbegrenzung könnte bei der Haushaltskonsolidierung eine größere Rolle spielen. Die öffentlichen Gesamtausgaben als Prozentsatz des BIP liegen über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets. Obwohl öffentliche Investitionen das Wachstum langfristig ankurbeln können, sind sie in Belgien im europäischen Vergleich niedrig, insbesondere im Verhältnis zu den öffentlichen Gesamtausgaben. Der öffentliche Kapitalstock ist niedrig, und die Qualität der öffentlichen Infrastruktur hat sich verschlechtert. Ausgabenüberprüfungen können zu einer verbesserten Allokation der Ausgaben beitragen und eine wachstumsfreundliche Konsolidierung fördern. Auf regionaler Ebene plant nur Flandern, einen Ausgabenüberprüfungsansatz in sein Haushaltsverfahren aufzunehmen. Ferner ist in Belgien zurzeit keine Ebene des Staates an Regeln hinsichtlich der inländischen Ausgaben gebunden; eine Ausnahme bildet die Obergrenze bei den Ausgaben für die Gesundheitsversorgung. Dies steht im Gegensatz zu der unionsweit zu beobachtenden zunehmenden Einführung solcher Regeln und verhindert eine ausgabenbasierte Haushaltskonsolidierung. Zudem werden die Beiträge zum belgischen Einlagensicherungssystem nicht in ein separates Portfolio mit risikoarmen Vermögenswerten investiert.

(14)

Bei der Verteilung der Vermögenswerte und Schulden auf die belgischen Haushalte zeigen sich — trotz deren insgesamt günstiger Vermögenslage — einige Schwachstellen. Ein längerer Zeitraum, in dem die Wohnimmobilienpreise schneller anstiegen als das verfügbare Einkommen der Haushalte, sowie ein kontinuierlicher Anstieg der Verschuldung der Haushalte haben deren Finanzlage instabiler werden lassen. Im April 2018 wurde eine makroprudenzielle Maßnahme mit Schwerpunkt auf der Widerstandsfähigkeit des Bankensektors durchgeführt, um der Erhöhung der Systemrisiken im Zusammenhang mit dem Wohnimmobiliensektor entgegenzuwirken. Der nationale Rahmen für die makroprudenzielle Entscheidungsfindung könnte künftig verbessert werden, um die makroprudenzielle Behörde besser in die Lage zu versetzen, makroprudenzielle Instrumente rasch zur Verfügung zu stellen. Die Wohnimmobilienpreise scheinen gegenwärtig leicht überbewertet.

(15)

Wie in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet festgestellt, ist die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung von entscheidender Bedeutung, um Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen Unternehmen zu verhindern, eine faire Behandlung der Steuerzahler sicherzustellen und die öffentlichen Haushalte zu schützen. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler sich auch auf andere Mitgliedstaaten auswirken können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene erforderlich. Das frühere System des steuerlichen Abzugs fiktiver Zinsaufwendungen auf das Eigenkapital wurde durch ein inkrementelles System ersetzt. Das neue System, das ebenso wie der in der gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage vorgesehene Freibetrag für Wachstum und Investitionen eine inkrementelle Basis aufweist, wird auf das auf der Grundlage eines Fünfjahresdurchschnitts berechnete zusätzliche Eigenkapital beschränkt sein. Diese Änderung soll einen Beitrag zur Haushaltsneutralität der Reform der Unternehmensbesteuerung leisten und gleichzeitig den potenziellen Missbrauch des Systems zur aggressiven Steuerplanung angehen und die Steueranreize für Fremdfinanzierung verringern. Das Fehlen spezifischer Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung bereitete Anlass zur Sorge, sodass nun eine Reform des Rahmens zur Verhinderung von Missbrauch vorbereitet wird. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Erarbeitung der Reform wird aufmerksam verfolgt werden, um sicherzustellen, dass die neuen Vorschriften alle einschlägigen Formen des Missbrauchs abdecken. Auf der Grundlage des jüngsten Austauschs wird die Kommission ihren konstruktiven Dialog fortsetzen, um gegen aggressive Steuerplanungsstrategien vorzugehen.

(16)

Das Wirtschaftswachstum war in letzter Zeit beschäftigungswirksam. Das Beschäftigungswachstum erwies sich im Jahr 2017 als solide und die Arbeitslosenquote liegt nun fast auf dem Niveau vor der Krise. In Bezug auf die Beschäftigungsquote der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren (68,5 % im Jahr 2017) wird Belgien sein Europa-2020-Ziel von 73,2 % wohl nicht erreichen. Begrenzte Fortschritte wurden im Hinblick auf die Teilhabe benachteiligter Gruppen am Arbeitsmarkt erzielt. Nichterwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit treten bei geringqualifizierten Personen, Menschen mit Migrationshintergrund und älteren Arbeitnehmern besonders häufig auf, was darauf schließen lässt, dass die Integration in den Arbeitsmarkt sowohl durch strukturelle als auch durch gruppenspezifische Faktoren behindert wird. Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, die einen großen Anteil an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ausmachen, erzielen nach wie vor ungünstige Arbeitsmarktergebnisse und stellen somit ein erhebliches unerschlossenes Arbeitsmarktpotenzial dar. 2016 lag die Beschäftigungsquote der nicht in der EU geborenen Menschen bei 49,1 %, d. h. um mehr als 20 Prozentpunkte unter der Quote der im Inland geborenen Personen (bei Frauen war das Gefälle sogar noch stärker). Durch Aktivierungsmaßnahmen könnten Menschen aus benachteiligten Verhältnissen unterstützt werden, es gibt jedoch einige Hinweise darauf, dass die Aktivierungsmaßnahmen nicht bei allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen greifen. Zwar wurden einige Maßnahmen zur Integration von Neuankömmlingen und zur Bekämpfung von Diskriminierung getroffen, aber es besteht nach wie vor ein Mangel an Koordinierung zwischen den verschiedenen Politikbereichen und politischen Ebenen, wenn es gilt, die Herausforderung, Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt zu integrieren, zu bewältigen. Die großen regionalen Unterschiede bei der Entwicklung am Arbeitsmarkt bleiben bestehen.

(17)

Trotz der Bemühungen um eine Verringerung der Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit bleiben die negativen Arbeitsanreize für bestimmte Personengruppen wie etwa Einpersonenhaushalte mit Durchschnittslohn und Zweitverdiener hoch. Ungeachtet der bereits getroffenen Maßnahmen zählte die Steuer- und Abgabenbelastung für einen Einpersonenhaushalt mit Durchschnittslohn auch im Jahr 2016 zu den höchsten in der Union. Auch das Risiko, in die Arbeitslosigkeitsfalle zu geraten, ist für Geringverdiener (67 % des Durchschnittslohns für einen Einpersonenhaushalt) in Belgien mit am höchsten in der Union. Es bestehen weiterhin starke steuerliche Fehlanreize für Zweitverdiener, bei denen es sich überwiegend um Frauen handelt.

(18)

Der Anteil unbesetzter Stellen gehört zu den höchsten in der Union; dies weist auf große Diskrepanzen zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage hin, die unter anderem durch eine geringe Mobilität und — insbesondere in der zweisprachigen Region Brüssel — unzureichende Sprachkenntnisse bedingt sind. Die Teilnahme am lebenslangen Lernen ist gering. Es ist wichtig, dass sowohl der Einzelne als auch die Arbeitgeber im Bereich des lebenslangen Lernens mehr Engagement zeigen, damit die Menschen in der Lage sind, Arbeitsplatzwechsel zu bewältigen.

(19)

In Bezug auf die Chancengleichheit beim Zugang zu einer hochwertigen beruflichen Bildung wurden einige Fortschritte erzielt, da die Flämische und die Französische Gemeinschaft schrittweise Schulreformen durchführen. Wenngleich die durchschnittliche Leistung im internationalen Vergleich gut ausfällt, verbleiben bereits seit langem bestehende große Ungleichheiten im Bildungsbereich. Bei den schulischen Leistungen der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler bestehen erhebliche Diskrepanzen, die vom sozioökonomischen Hintergrund und vom Migrationsstatus abhängen. Die Leistungsunterschiede zwischen der Flämischen und der Französischen Gemeinschaft und die Unterrepräsentation benachteiligter Gruppen bei den Schülerinnen und Schülern, die in den Bereichen Naturwissenschaften, Lesen und Mathematik die besten Leistungen erzielen, geben zu Besorgnis Anlass. Große Leistungsunterschiede zwischen den Schulen gehen mit ungleichen Bildungschancen einher. Der Anteil der Hochschulabsolventen ist hoch. Es sind jedoch Ungleichheiten beim Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Bildung, Qualifikationslücken und regionale Disparitäten zu beobachten. Der Anteil der Absolventen in den Bereichen Naturwissenschaften, Technik und Mathematik zählt zu den niedrigsten in der Union, und die Defizite in diesen Bereichen könnten zu einem erheblichen Hindernis für Wachstum und Innovation werden. Der Mangel an Lehrkräften gibt Anlass zu Besorgnis, wobei Reformen der Lehrerausbildung langsam Erfolge zeigen. Bei der beruflichen Weiterbildung von Lehrern besteht Anpassungsbedarf. Sowohl die Flämische als auch die Französische Gemeinschaft haben umfassende Reformen ihrer Bildungssysteme auf den Weg gebracht. Diese Reformen sollen im nächsten Jahrzehnt und darüber hinaus umgesetzt werden. Ende 2017 beschloss Flandern allerdings, das Inkrafttreten wichtiger Maßnahmen im Rahmen dieser Reformen um ein Jahr aufzuschieben. Die Wirkung der Reformen und Maßnahmen wird sehr stark von ihrer wirksamen Umsetzung und Überwachung abhängen.

(20)

Es wurden nur begrenzte Reformen zur Lockerung des restriktiven Rechtsrahmens für Dienstleistungen eingeleitet. Flandern hat das Niederlassungsgesetz für bestimmte Handwerksberufe aufgehoben. Dennoch bleibt das Maß an Reglementierung bei einigen freiberuflichen Dienstleistungen hoch. Infolgedessen ist der Wettbewerb in den jeweiligen Branchen schwach, und es treten nur wenige neue Unternehmen in den Markt ein. Im Bausektor gibt es horizontale Zulassungsregelungen für den Zugang zum Markt für Bauleistungen, und Baugenehmigungen bleiben trotz der in den vergangenen Jahren getroffenen Maßnahmen komplex. Die Fluktuation liegt in der belgischen Bauindustrie deutlich unter dem Unionsdurchschnitt, was möglicherweise darauf hindeutet, dass der Sektor unter einem unzureichenden Wettbewerb leidet. Dies wirkt sich auch auf die Fertigstellung wichtiger Infrastrukturprojekte aus. Außerdem bestehen erhebliche Beschränkungen im Bereich der Schienen- und Straßenverkehrsdienste. Das geringe Produktivitätswachstum der belgischen Wirtschaft ist weitgehend auf das geringe Produktivitätswachstum im Dienstleistungssektor zurückzuführen. Regulatorische Beschränkungen wirken sich auch auf die Nutzer dieser Dienstleistungen, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe, negativ aus. Tiefgreifendere strukturelle Reformen wichtiger Dienstleistungsbranchen würden dazu beitragen, das Produktivitätswachstum zu steigern, was ganz entscheidend wäre, um das künftige Wachstum und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern.

(21)

Auch bei der Verbesserung der Funktionsweise des Einzelhandels wurden nur begrenzte Fortschritte erzielt. Trotz der jüngsten Reformen beeinträchtigen regulatorische Beschränkungen nach wie vor die Leistungsfähigkeit der Branche und schrecken Investoren ab. Die Preise für zahlreiche Produktkategorien sind nach wie vor höher als in den Nachbarländern. Es muss mehr getan werden, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich zu gestalten, damit die Verbraucher von einer größeren Auswahl von Produkten und niedrigeren Preisen profitieren. Im April 2018 schlug die Kommission bewährte Verfahren vor, die den Mitgliedstaaten als Richtschnur für die Reform des Einzelhandels dienen sollen.

(22)

Die Entwicklung der Unternehmertätigkeit in Belgien bleibt trotz einiger Reformen in den letzten Jahren und jüngst ergriffener Maßnahmen, deren Auswirkungen noch bewertet werden müssen, schwach. Die Unternehmensdynamik ist gering, wobei die Quote der Unternehmensneugründungen weiterhin zu den niedrigsten in Europa zählt und weit unter dem Unionsdurchschnitt liegt, während auch die Schließungsrate niedrig ist. Der Verwaltungsaufwand für Unternehmen bleibt angesichts komplexer Verfahren und einer geringen Vorhersehbarkeit der Regulierung hoch.

(23)

Bei den digitalen öffentlichen Diensten schneidet Belgien durchschnittlich ab. Trotz seiner guten Gesamtposition bei der Entwicklung der digitalen Wirtschaft schneidet das Land bei den digitalen öffentlichen Diensten nur durchschnittlich ab. Angesichts der föderalen Struktur Belgiens ist die Einrichtung kohärenter landesweiter elektronischer Behördendienste mit besonderen Herausforderungen verbunden. Unterschiedliche, nicht notwendigerweise interoperable Systeme führen zu Reibungsverlusten. Ernsthafte Bedenken bestehen nach wie vor hinsichtlich des Justizsystems, insbesondere in Bezug auf Verzögerungen bei den Gerichtsverfahren, in Bezug auf die Digitalisierung und in Bezug auf die Zuverlässigkeit, Vergleichbarkeit und Einheitlichkeit der Gerichtsdaten. Die Einführung von Maßnahmen zur Digitalisierung bestimmter Gerichtsleistungen, wie etwa e-Box oder e-Deposit, an allen Gerichten bleibt hinter dem Zeitplan zurück. Solange dieses einheitliche Codierungssystem nicht von allen Gerichten verwendet wird, werden die Angaben zur Effizienz von Gerichtsverfahren nur begrenzt zuverlässig und vergleichbar sein.

(24)

Trotz der jüngsten Reformen bleibt das belgische Steuersystem komplex. Die Reform der Körperschaftsteuer wird zu niedrigeren Regelsteuersätzen führen und zu einer Vereinfachung des Systems beitragen. Dennoch bleiben viele Ausnahmen und verzerrend wirkende Anreize bestehen, wie die steigende Tendenz beim Gesamtvolumen der Steuererleichterungen zeigt. Die Möglichkeit, die Besteuerung auf eine wachstumsfreundlichere Grundlage zu stellen, könnte weiter genutzt werden. Die Einnahmen aus umweltbezogenen Steuern zählen nach wie vor zu den niedrigsten in der Union. Es besteht in der Tat ein erheblicher Spielraum für eine echte umweltfreundliche Verlagerung der Steuerlast, unter anderem im Bereich der steuerlichen Förderung von Dienstwagen, die zu Luftverschmutzung, Staus und Treibhausgasemissionen beiträgt.

(25)

Bei der Bewältigung der Verkehrsüberlastung wurden begrenzte Fortschritte erzielt. Die Mobilität leidet unter unzureichenden Investitionen der öffentlichen Hand in die Infrastruktur, wettbewerbsverzerrenden Steueranreizen und einem Mangel an Wettbewerb im Bereich der Verkehrsdienstleistungen, was zu massiven Staus führt und das Produktivitätswachstum behindert. Die Überlastung der Straßeninfrastruktur steigt von Jahr zu Jahr, schreckt ausländische Investoren ab und verursacht hohe soziale, wirtschaftliche und ökologische Kosten. Die dringlichste Herausforderung besteht darin, die Straßen- und Schienenverkehrsinfrastruktur, insbesondere in und um Antwerpen und Brüssel, zu vervollständigen und zu modernisieren. Außerdem bestehen substanzielle Einschränkungen im Bereich der Schienen- und Straßenverkehrsdienste. Die Behörden können eine effizientere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur und eine Verkehrsverlagerung vom Individualverkehr auf eine verstärkte gemeinsame Nutzung und auf emissionsarme Alternativen fördern.

(26)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Belgiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Belgien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Belgien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(27)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (9) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Belgien 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 1,8 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; unerwartete Mehreinnahmen nutzt, um den Abbau des gesamtstaatlichen Schuldenstands zu beschleunigen; die geplanten Rentenreformen fortsetzt und den prognostizierten Anstieg der Ausgaben für die Langzeitpflege eindämmt; weiterhin auf die vollständige Umsetzung des Kooperationsabkommens von 2013 zur Koordinierung der Haushaltspolitik auf allen Ebenen des Staates hinwirkt; die Effizienz und Zusammensetzung der öffentlichen Ausgaben auf allen Ebenen des Staates verbessert, um — insbesondere durch Ausgabenüberprüfungen — Spielraum für öffentliche Investitionen zu schaffen;

2.

negative Arbeitsanreize beseitigt und die Wirksamkeit aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, vor allem für Geringqualifizierte, Menschen mit Migrationshintergrund und ältere Arbeitskräfte, stärkt; die Reformen der allgemeinen und beruflichen Bildung fortsetzt, unter anderem durch Förderung der Chancengleichheit und Steigerung des Anteils der Hochschulabsolventen in den Bereichen Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik;

3.

den Regelungs- und Verwaltungsaufwand verringert, um die Unternehmertätigkeit zu fördern und den Wettbewerb im Dienstleistungssektor, insbesondere im Einzelhandel, im Baugewerbe und bei den freiberuflichen Dienstleistungen, zu stärken; die zunehmenden Herausforderungen im Bereich der Mobilität angeht, insbesondere durch Investitionen in neue oder vorhandene Verkehrsinfrastruktur und Stärkung der Anreize, öffentliche Verkehrsmittel und emissionsarme Verkehrsarten zu nutzen.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(7)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(8)  Die gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen werden eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(9)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/7


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2018

(2018/C 320/02)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Bulgarien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht Bulgarien 2018 wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Bulgariens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Bulgarien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Die Schwachstellen im Finanzsektor gehen einher mit hoher Verschuldung und notleidenden Krediten im Unternehmenssektor bei gleichzeitiger unvollständiger Arbeitsmarktanpassung.

(3)

Am 19. April 2018 übermittelte Bulgarien sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet. Das nationale Reformprogramm Bulgariens 2018 enthält sowohl kurz- als auch mittelfristige Zusagen und deckt die im Länderbericht 2018 aufgezeigten Herausforderungen ab. Es nennt insbesondere Maßnahmen zur Stärkung der Aufsicht im Banken- und Nichtbankenbereich, zur Verbesserung des Insolvenzrahmens und zur Eindämmung der während der Stresstests im Jahr 2016 ermittelten verbleibenden Schwachstellen. Es enthält ferner Maßnahmen zur Verbesserung der Steuererhebung und zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft, zur präziseren Ausrichtung von Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, zum Ausbau des Sozialschutzes und zur Behebung verschiedener Mängel in der Gesundheitsversorgung und im Bereich der Bildung. Die wirksame Umsetzung des nationalen Reformprogramms 2018 würde die Korrektur von Ungleichgewichten allgemein unterstützen.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Bulgarien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2018 veranschlagt die Regierung für 2017 einen gesamtstaatlichen Überschuss von 0,9 % des BIP, für 2018 einen ausgeglichenen Haushalt und für 2019, 2020 und 2021 Überschüsse von 0,3 %, 0,5 % bzw. 0,2 % des BIP. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — soll im gesamten Programmzeitraum weiterhin mit Abstand erfüllt werden. Dem Konvergenzprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote von 25,4 % des BIP im Jahr 2017 schrittweise auf 19,4 % im Jahr 2021 zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo positiv bleiben, aber von 0,9 % des BIP im Jahr 2017 auf 0,5 % des BIP im Jahr 2018 zurückgehen und im Jahr 2019 stabil bleiben. Demnach dürfte der strukturelle Saldo das mittelfristige Haushaltsziel in beiden Jahren übertreffen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Bulgarien die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 einhalten dürfte.

(6)

Die Effizienz der Steuerpolitik muss unbedingt erhöht werden. Zwar sind in Bezug auf Steuereinnahmen und Steuerehrlichkeit Verbesserungen zu beobachten, doch sind diese eher das Ergebnis der verbesserten konjunkturellen Lage und weniger von Verbesserungen bei der Steuerverwaltung oder -erhebung. Die öffentlichen Ausgaben in manchen Sektoren sind nicht sehr effizient. Um hier Abhilfe zu schaffen, sind Reformen im Bereich der Verwaltung der öffentlichen Finanzen angezeigt: die wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Bedingungen für solche Reformen sind derzeit besonders günstig. Die Wirtschaftsleistung der staatlichen Unternehmen ist im Vergleich zu jener anderer Länder der Region und zu jener des privaten Sektors gering; sie verursacht zudem Unsicherheit und stellt ein Risiko für die öffentlichen Finanzen dar, da der Finanzierungsbedarf dieser Unternehmen als Eventualverbindlichkeit einzustufen ist. Insgesamt besteht in Bezug auf die Führung und Kontrolle staatseigener Unternehmen, die den internationalen Standards nicht gerecht werden, weiter großer Handlungsbedarf. Auch für das Geschäftsumfeld sind Reformen in diesem Bereich sehr wichtig.

(7)

Der Finanzsektor hat sich weiter erholt, doch es verbleiben noch einige Schwachstellen. Das Volumen an notleidenden Unternehmenskrediten ist zurückgegangen, bleibt aber immer noch erheblich. Da die Unternehmen im Durchschnitt über ausreichende Kapitalpuffer verfügen, gibt es Spielraum für die Bereinigung der Bilanzen. Bei der Verbesserung der Aufsicht über den Finanzsektor wurden beachtliche Fortschritte erzielt, doch wurden einige wichtige Maßnahmen noch nicht vollständig umgesetzt. Um die Bilanzen und die Widerstandsfähigkeit von Banken und Versicherungen weiter auszubauen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die verbleibenden Risikopositionen nahestehender Unternehmen gemindert und die Bewertung von Vermögenswerten verbessert werden.

(8)

Die Unwirksamkeit des Insolvenzrahmens verlangsamt den Schuldenabbau im privaten Sektor und die Sanierung der notleidenden Kredite. Die Verfahren sind langwierig und die Rückgewinnungsquote ist gering. Einige der für einen funktionierenden Rechtsrahmen erforderlichen Elemente fehlen noch, insbesondere Vorschriften zur Schuldenbefreiung und Bestimmungen, die sicherstellen, dass Unternehmern nach einer Insolvenz innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens eine zweite Chance gewährt wird. Da nicht ausreichend Daten erhoben werden und keine geeigneten Überwachungsinstrumente zur Verfügung stehen, kann die Wirksamkeit der älteren und der neuen Verfahren auch in Bezug auf Unternehmensumstrukturierungen nicht bewertet werden.

(9)

Schwarzarbeit ist nach wie vor weitverbreitet, was sich in erheblichem Maße auf die Steuereinnahmen, die Arbeitsbedingungen und die Angemessenheit der Ruhestandseinkommen auswirkt. Bulgarien hat in letzter Zeit eine Reihe von Maßnahmen getroffen, mit denen hier Verbesserungen erreicht werden sollen. Dazu gehören Tages-Arbeitsverträge in der Landwirtschaft, eine engere Zusammenarbeit zwischen den Steuer- und Arbeitsbehörden und die Sensibilisierung der Arbeitnehmer für die negativen Folgen, die ihnen durch Schwarzarbeit entstehen. Wie effizient diese Maßnahmen sein werden, hängt von ihrer wirksamen Umsetzung ab. Eine Beschleunigung des Übergangs zur formellen Wirtschaft ist für ein inklusives Wachstum und die Gewährleistung gerechter Arbeitsbedingungen für alle von entscheidender Bedeutung.

(10)

Die Arbeitsmarktlage hat sich verbessert, es bestehen jedoch nach wie vor Schwachstellen. Die Beschäftigungsquote entspricht wieder dem Vorkrisenwert und die Arbeitslosenquote liegt unter dem Unionsdurchschnitt. Allerdings kommen die positiven Arbeitsmarktentwicklungen nicht der gesamten Erwerbsbevölkerung in gleichem Maße zugute. Der Einstieg bzw. Wiedereinstieg in die Beschäftigung ist für Langzeitarbeitslose, nicht erwerbstätige Jugendliche, Roma und Menschen in ärmeren Regionen und ländlichen Gebieten nach wie vor sehr schwierig. Angesichts der alternden und schrumpfenden Bevölkerung und der im Vergleich zur Union insgesamt unterdurchschnittlichen Erwerbsquote entsteht in Bulgarien ein Mangel an Arbeitskräften und Fachkenntnissen, was die langfristigen Perspektiven der Wirtschaft beeinträchtigt. Es wäre daher angezeigt, die Maßnahmen stärker auf Weiterbildung und die Erlangung von Berufsqualifikationen zu konzentrieren. Erwerbsbeteiligung und Beschäftigungsfähigkeit könnten durch eine Kombination wirksamer Sensibilisierungsmaßnahmen, aktiver Arbeitsmarktpolitik und sozialer Dienste gefördert werden.

(11)

Die für Bulgarien verzeichneten Zahlen in Bezug auf Einkommensungleichverteilung, ungleichen Zugang zu Dienstleistungen (Bildung, Gesundheitswesen und Wohnraum), Armutsrisiko und die Gefahr der sozialen Ausgrenzung gehören nach wie vor zu den höchsten in der Union. Im Jahr 2016 waren zwei Fünftel der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, während das Einkommen der reichsten 20 % der Haushalte fast achtmal höher war als das der ärmsten 20 %. Die Ausgaben für soziale Sicherheit sind gering, auch diejenigen für die Mindesteinkommensregelung, deren Anwendungsbereich und Angemessenheit begrenzt sind, sodass es kaum gelingt, Armut und Ungleichverteilung zu verringern. Einen objektiven Mechanismus zur Anpassung der Höhe der Leistungen gibt es nicht. Trotz der jüngsten Verbesserungen in Bezug auf die Angemessenheit der Sozialleistungen und Mindestrenten vermag das System der sozialen Sicherheit die am stärksten gefährdeten oder benachteiligten Gruppen, wie Roma, Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Menschen in ländlichen Gebieten, nicht ausreichend zu unterstützen. Das Angebot an sozialen Dienstleistungen ist nach wie vor gering und unzureichend in den Arbeitsmarkt und in andere Dienste integriert.

(12)

Das Verfahren zur Festsetzung des Mindestlohns ist nicht ausreichend klar und transparent, und der Anteil der zum Mindestlohn beschäftigten Arbeitnehmer hat sich in den letzten sechs Jahren mehr als verdoppelt. Das Fehlen eines solchen Verfahrens könnte dazu führen, dass zwischen den beiden Zielen, einerseits die Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und andererseits das Arbeitseinkommen zu schützen, kein ausgewogenes Verhältnis erreicht wird. Es führt zudem zu Unsicherheit, was wiederum die Berechenbarkeit der Rahmenbedingungen für Unternehmen beeinträchtigen kann. Die Regierung hat Vorschläge für einen Lohnbildungsmechanismus für Mindestlöhne vorgelegt, die diesen Mangel beheben sollen. Allerdings gibt es in dieser Angelegenheit noch keine Einigung zwischen den Sozialpartnern. In ihrem Haushaltsvoranschlag hat die Regierung eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns bis zum Jahr 2020 vorgesehen. Im Jahr 2018 ratifizierte Bulgarien das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über die Feststellung von Mindestlöhnen. Dies könnte eine gute Grundlage für die Festlegung eines objektiven Verfahrens sein.

(13)

Aufgrund der niedrigen öffentlichen Ausgaben, der ungleichen Verteilung der begrenzten Ressourcen und des geringen Krankenversicherungsschutzes ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung nach wie vor begrenzt und somit eine große Herausforderung. Die niedrige Finanzierung der öffentlichen Hand muss durch hohe private Ausgaben insbesondere in Form von Patienten-Eigenleistungen ausgeglichen werden. Im Vergleich zu der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten ist der Anteil der Menschen ohne Krankenversicherung in Bulgarien hoch. Die regional ungleiche Verteilung von Ärzten und die geringe Zahl von Krankenpflegekräften sind nach wie vor ein Problem. Positiv ist zu vermerken, dass die Zahl der Ärzte, die Bulgarien verlassen, in letzter Zeit gesunken ist. Maßnahmen wie die nationale Gesundheitsstrategie sollten genutzt werden, um die vorgenannten Schwächen zu beseitigen.

(14)

Trotz der jüngsten Maßnahmen zur Modernisierung des Bildungssystems sind die Bildungsergebnisse schwach und sehr vom sozioökonomischen Status abhängig. Kinder aus benachteiligten Familien, insbesondere Roma-Familien, haben nicht die gleichen Chancen wie andere. Die hohe Zahl früher Schul- und Ausbildungsabgänger beeinträchtigt die künftige Beschäftigungsfähigkeit und das Funktionieren des Arbeitsmarkts. Kindergärten, Schulen und Klassen anzubieten, in denen die verschiedenen Bevölkerungsgruppen gemeinsam unterrichtet werden und eine hochwertige, inklusive reguläre Bildung vermittelt bekommen, ist nach wie vor eine Herausforderung. Mit Lehrplanreformen wird versucht, die Bildungsergebnisse und digitalen Kompetenzen zu verbessern. Trotzdem sind die digitalen Kompetenzen in Bulgarien im Unionsvergleich noch immer sehr niedrig und schwanken je nach sozioökonomischer Gruppe. Trotz der in letzter Zeit getroffenen Maßnahmen ist die Arbeitsmarktrelevanz der beruflichen Bildung nach wie vor unzureichend. Die Reform der tertiären Bildung ist angelaufen, doch ist der Fachkräftemangel kaum in den Griff zu bekommen, da die Profile der Absolventen je nach Sektor stark schwanken. Obwohl der Weiterbildungsbedarf groß ist, bleibt die Teilnahme an Erwachsenenbildungsprogrammen sehr gering. Vor dem Hintergrund einer bereits sehr alten Lehrerschaft wurden Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Lehrermangels eingeführt. Die Lehrerausbildung muss trotz der jüngsten Verbesserungen noch weiter ausgebaut werden.

(15)

Viele der in der nationalen Strategie für das öffentliche Auftragswesen enthaltenen Maßnahmen wurden umgesetzt. Die nationalen Behörden sollten aber größere Anstrengungen unternehmen, um ihre wirksame Durchführung zu gewährleisten. Nach Aussage von Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen beginnt sich die Auftragslandschaft zu wandeln. Hinsichtlich Transparenz und Korruption besteht jedoch nach wie vor Handlungsbedarf. Die immer zahlreicheren Fälle freihändiger Auftragsvergabe und die hohe Zahl an Ausschreibungen, für die nur ein einziges Angebot eingeht, könnten die Transparenz und Wirksamkeit des Systems erheblich beeinträchtigen. Eine erste unabhängige Bewertung der neuen Kontrollaufgaben der Agentur für die öffentliche Auftragsvergabe läuft zurzeit. Um eine kontinuierliche Optimierung dieser Kontrollaufgaben sicherzustellen, wären regelmäßige Aktualisierungen erforderlich. Zur Bewältigung der verbleibenden Probleme im Hinblick auf die Verwaltungskapazitäten — u. a. auf kommunaler Ebene — sind weitere Anstrengungen zur Professionalisierung und Standardisierung erforderlich, und es sollte ernsthaft erwogen werden, ob die Einrichtung zentraler Beschaffungsstellen von Vorteil wäre. Auch bei der Auftragsvergabe im Gesundheitswesen könnte eine Bündelung der Nachfrage zu einer besseren Wirksamkeit beitragen und Einsparungen ermöglichen. Die Lösung der Frage, wie die Verzögerungen bei umfangreichen öffentlichen Vorhaben vermieden werden können, erfordert noch weitere Überlegungen.

(16)

Die im Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation bestehenden strukturellen Probleme sowie die hohe Zersplitterung des Bereichs schmälern dessen Beitrag zu Produktivität und Wachstum. Das Verarbeitende Gewerbe ist noch immer sehr Low-Tech-lastig und die Innovationsleistung sehr schwach. Die öffentlichen und privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind ausgesprochen niedrig. Die schleppend verlaufenden Reformen verzögern den Übergang zu einem stärker innovationsorientierten System. Es gibt zwar viele Universitäten und Forschungseinrichtungen, doch nur wenige unter ihnen können qualitativ hochwertige wissenschaftliche Ergebnisse vorweisen. Die kommerzielle Nutzung von Forschungsergebnissen ist nach wie vor ein wesentlicher Schwachpunkt. In der Forschungsfinanzierung gibt es weder Bewerbungsaufforderungen noch eine internationale Bewertung oder leistungsbasierte Finanzierungen für Forschungseinrichtungen. In der Forschung und Entwicklung ist die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor unzureichend. Die Leitinitiative „Sofia Tech Park“ steht noch immer vor einer Reihe von Problemen, darunter die ineffiziente Führung und Kontrolle, die instabilen Leitungsstrukturen, die unzureichend ausgelastete wissenschaftliche Infrastruktur und das fehlende langfristige finanzielle Engagement seitens der Regierung. Eine strukturelle Umgestaltung in Verbindung mit einer wirksamen Führung und Kontrolle und einer stabilen öffentlichen Mittelausstattung könnten die Auswirkungen der Forschung und der Innovation auf Produktivität und Wachstum maximieren und den Übergang der Wirtschaft zu Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung — gemäß der Strategie für eine intelligente Spezialisierung — unterstützen.

(17)

Das Unternehmensumfeld muss weiter verbessert werden. Mehrere Reformen wurden verabschiedet, doch ihre praktische Umsetzung hat sich verzögert. Die Unternehmen klagen nach wie vor über Korruption, institutionelle Mängel und ein unzureichendes Arbeitskräfteangebot. Mit der Reform der öffentlichen Verwaltung und den elektronischen Behördendiensten geht es nur langsam voran. Im öffentlichen Sektor wären im Hinblick auf die Führung und Kontrolle mehr Transparenz, klarere Regeln und eine langfristige Perspektive förderlich. Entwicklungspotenzial gibt es zudem im Hinblick auf die Rolle des sozialen Dialogs, wobei gegebenenfalls von staatlicher Seite Unterstützung geleistet werden sollte. Die geringe Effizienz und Leistungsfähigkeit des Verkehrssektors steht mit der mangelhaften Infrastruktur in Zusammenhang. Im Hinblick auf die Personenbeförderung fehlt im Schienenverkehr ein wirksamer Wettbewerb. Es wurden keine gezielten und wirksamen Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung eingeführt.

(18)

Im Jahr 2017 setzte Bulgarien seine Reformbemühungen im Justizbereich und seine Anstrengungen zur Behebung von Mängeln bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität fort. Die Neuwahlen zum Obersten Justizrat bestätigten die positive Wirkung der Verfassungs- und Gesetzesänderungen der Jahre 2015 und 2016. Die Strafprozessordnung wurde reformiert, um die Strafverfolgung in Fällen von Korruption auf hoher Ebene zu verbessern; über weitere Reformen wird derzeit beraten. Anfang 2018 wurde ein Gesetz verabschiedet, mit dem eine zentrale Antikorruptionsbehörde zur Stärkung der Prävention und Abschreckung von Korruption auf hoher Ebene geschaffen wurde. Im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens verfolgt die Kommission weiterhin die Justizreform und die Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens in Bulgarien. Daher sind diese Bereiche nicht Gegenstand der länderspezifischen Empfehlungen für Bulgarien, auch wenn sie für die Entwicklung eines positiven Unternehmensumfelds in Bulgarien maßgeblich sind.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Bulgariens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018 und das nationale Reformprogramm 2018 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Bulgarien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Bulgarien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(20)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (5), dass Bulgarien den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(21)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Konvergenzprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 2 und 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Bulgarien 2018 und 2019

1.

die Steuererhebung und die Effizienz der öffentlichen Ausgaben verbessert und unter anderem Maßnahmen zur Verringerung des Umfangs der Schattenwirtschaft konsequenter durchsetzt; den Führungs- und Kontrollrahmen für staatseigene Unternehmen unter Berücksichtigung international bewährter Verfahren verbessert;

2.

in Bezug auf den Finanzsektor Folgemaßnahmen gemäß den Ergebnissen der Überprüfungen ergreift und Aktionspläne für Aufsichtsmaßnahmen umsetzt, um seine Aufsicht und Stabilität zu verbessern; eine angemessene Bewertung von Vermögenswerten und Banksicherheiten gewährleistet, indem es die Prüfungs- und Bewertungsverfahren verbessert; die Reform des Insolvenzrahmens vollendet und die Schaffung eines funktionsfähigen Sekundärmarkts für notleidende Kredite unterstützt;

3.

mittels Weiterbildungs- und intensiverer Aktivierungsmaßnahmen die Beschäftigungsfähigkeit der Mitglieder benachteiligter Bevölkerungsgruppen verbessert; insbesondere für Roma und andere benachteiligte Bevölkerungsgruppen die Vermittlung hochwertiger, inklusiver regulärer Bildung verbessert; im Einklang mit der nationalen Gesundheitsstrategie und dem dazugehörigen Aktionsplan den Zugang zu Gesundheitsleistungen verbessert, indem es unter anderem die Patienten-Eigenleistungen verringert und den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen angeht; ein transparentes System für die regelmäßige Anpassung des Mindesteinkommens einführt und den Anwendungsbereich sowie die Angemessenheit des Mindesteinkommens verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/12


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik 2018

(2018/C 320/03)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie die Tschechische Republik nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für die Tschechische Republik wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte der Tschechischen Republik bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung ihrer nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 30. April 2018 übermittelte die Tschechische Republik ihr nationales Reformprogramm 2018 und ihr Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Die Tschechische Republik befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2018 plant die Regierung für den Zeitraum 2018-2021 in der Gesamtrechnung einen Haushaltsüberschuss. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1,0 % des BIP — wird im gesamten Programmzeitraum weiterhin mit Abstand erreicht. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll dem Konvergenzprogramm 2018 zufolge bis 2021 schrittweise auf 29,9 % des BIP zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Da mit einer Erholung der öffentlichen Investitionen und einem weiteren Anstieg der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst gerechnet wird, scheinen sich die Risiken für die Erreichung der Haushaltsziele weitgehend die Waage zu halten. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo auf etwa 0,9 % des BIP im Jahr 2018 und auf 0,2 % des BIP im Jahr 2019 zurückgehen, womit das mittelfristige Haushaltsziel erneut übertroffen würde. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass die Tschechische Republik die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 einhalten dürfte.

(6)

Für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Tschechischen Republik besteht nach wie vor ein mittleres Risiko. Während die mit der Alterung der Bevölkerung zusammenhängenden Kosten eine Herausforderung für die Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege darstellen, bedürfen die Änderungen des Rentensystems besonderer Aufmerksamkeit. Die jüngsten Prognosen deuten darauf hin, dass die alterungsbedingten Ausgaben stärker steigen werden als im Bericht über die Bevölkerungsalterung 2015 vorgesehen. Die Rentenausgaben sollen von 8,2 % des BIP im Jahr 2016 auf 10,9 % des BIP im Jahr 2070 steigen. Dieser erwartete stärkere Anstieg der Rentenausgaben ist vor allem auf die Deckelung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 65 Jahre zurückzuführen. Denn die Koppelung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung geschieht nicht automatisch, sondern die Regierung soll die Deckelung ab 2019 alle fünf Jahre überprüfen. Da dies im Ermessen der Regierung liegt, tragen die aktuellen Prognosen der Rentenausgaben diesen möglichen Änderungen des Rentenalters nicht Rechnung. Darüber hinaus ist die Indexierung der Renten nun großzügiger: Anstatt der bisherigen 33 % werden nunmehr 50 % des Reallohnwachstums berücksichtigt. Die Auswirkungen dieser Änderungen auf die Ausgaben belaufen sich im Jahr 2070 auf 2 Prozentpunkte des BIP. Auch andere Änderungen, die derzeit im Gespräch sind, etwa die Anhebung des Grundrentenbetrags oder höhere Renten für ältere Rentner, beeinträchtigen die Indikatoren für die Tragfähigkeit. Die öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen dürften den Prognosen zufolge auf lange Sicht um 1,1 Prozentpunkte des BIP steigen und damit über dem für die Union geschätzten durchschnittlichen Anstieg um 0,9 Prozentpunkte liegen. In diesem Zusammenhang gibt es Anzeichen für eine ineffiziente Nutzung der Ressourcen in der ambulanten und stationären Versorgung.

(7)

Das seit Anfang 2017 geltende neue Gesetz über eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik hat den haushaltspolitischen Rahmen der Tschechischen Republik deutlich gestärkt; ferner wurde damit ein unabhängiger Fiskalrat eingesetzt. Der Entwurf eines Gesetzes über unabhängige Prüfungen, mit dem die noch ausstehende Umsetzung der Richtlinie 2011/85/EU des Rates (5) angegangen werden soll, befindet sich derzeit im dienststellenübergreifenden Stellungnahmeverfahren.

(8)

Die Tschechische Nationalbank kann zwar makroprudenzielle Obergrenzen für Hypothekendarlehen mit Empfehlungscharakter festlegen, ihre Sanktionsbefugnisse sind jedoch begrenzt, da sie formal nicht berechtigt ist, diese Obergrenzen durchzusetzen. Auf aggregierter Ebene beachten die tschechischen Banken zwar bestimmte Obergrenzen, aber sie halten sich nicht vollständig an die Leitlinien der Tschechischen Nationalbank von 2016. Rechtsverbindliche Obergrenzen würden wahrscheinlich bewirken, dass sich die tschechischen Banken stärker daran halten, sodass die finanzielle Stabilität gewährleistet würde und die Risiken für die Kreditnehmer verringert würden. Ein Gesetzesvorschlag zur Änderung des tschechischen Zentralbankgesetzes soll 2018 im Parlament erörtert werden.

(9)

Die Tschechische Republik hat nach wie vor Probleme, die Transparenz und Effizienz der öffentlichen Auftragsvergabe zu verbessern und Korruption zu verhindern. Trotz einiger Maßnahmen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für die Vergabe öffentlicher Aufträge stellt der geringe Wettbewerb nach wie vor ein Problem dar, da fast die Hälfte aller öffentlichen Ausschreibungen in Verfahren mit einem einzigen Bieter vergeben wird. Gleichzeitig hat die Verabschiedung des Gesetzes, das die Verwendung elektronischer Verfahren vorschreibt, das Potenzial, die Transparenz und Effizienz zu steigern. Neben den privaten Plattformen, die den tschechischen Markt bedienen, haben die tschechischen Behörden in die staatliche Plattform für die elektronische Auftragsvergabe „National Electronic Tool“ investiert, die immer benutzerfreundlicher und zuverlässiger werden dürfte. Es besteht jedoch noch viel Handlungsspielraum, um administrative Hindernisse abzubauen und das Potenzial der aggregierten und strategischen öffentlichen Auftragsvergabe zu nutzen, um so eine kostenwirksamere Verwendung öffentlicher Mittel zu erzielen. Sowohl die zentralen als auch die lokalen Behörden haben gezielte Initiativen auf den Weg gebracht, um die mit der öffentlichen Auftragsvergabe betrauten Mitarbeiter zu schulen. Dennoch stellen die Einrichtung gemeinsamer Beschaffungsmaßnahmen und der Erwerb von Fachwissen in bestimmten Bereichen immer noch eine große Herausforderung dar. Zudem bereiten Korruption und Bestechung Unternehmen und der Öffentlichkeit anhaltende Sorgen. Zwar wurden im Zuge der Strategie zur Korruptionsbekämpfung mehrere größere Reformen verabschiedet, doch bleiben immer noch einige Bereiche unberücksichtigt.

(10)

Wenngleich die elektronischen Behördendienste im Unionsvergleich nach wie vor unterdurchschnittlich abschneiden, so wurden doch einschlägige Rechtsvorschriften erlassen, die gewährleisten sollen, dass sich die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit dieser Dienste verbessert. 2018 sollen einige groß angelegte Initiativen eingeführt werden. Ihr Erfolg hängt allerdings von der Fähigkeit der Behörden ab, das Bewusstsein der potenziellen Nutzer zu stärken und benutzerfreundliche Lösungen bereitzustellen.

(11)

Die Investitionstätigkeit wird durch bestimmte administrative und regulatorische Hürden gehemmt. Dabei geht es insbesondere um Baugenehmigungen und die Komplexität des Steuerwesens. Es wird jedoch anerkannt, dass die Behörden eine Änderung des Baugesetzes verabschiedet haben, mit der die Baugenehmigungsverfahren dahin gehend vereinfacht werden, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung in den Bebauungsbeschluss bzw. in die gemeinsame Bebauungs- und Baugenehmigung aufgenommen wurde. Es bleibt allerdings unklar, ob dies auch eine Straffung der Verfahren für große Infrastrukturprojekte bewirken könnte, da diverse andere Genehmigungen nicht in dieses gemeinsame Genehmigungsverfahren aufgenommen wurden. Das Parlament berät derzeit über eine Änderung des bestehenden Gesetzes über den Bau von Verkehrsinfrastruktur. Wenngleich Änderungen am Steuersystem zur Verbesserung der Steuererhebung vorgenommen wurden, werden die Steuervorschriften und Steuersätze nunmehr als für unternehmerische Tätigkeiten problematischer betrachtet. Die neue Regierung hat mögliche Änderungen genannt, um die Transparenz zu erhöhen und das Steuersystem zu vereinfachen, zu denen auch die laufenden Arbeiten zur Modernisierung der Einkommensteuervorschriften zählen. Die Befolgungskosten sind leicht gestiegen und liegen nach wie vor über dem Unionsdurchschnitt. Die „Mehrwertsteuer-Kontrollmeldung“ sorgt zwar für zusätzliche Steuereinnahmen, hat aber zu einem größeren Zeitaufwand für die Einhaltung der Steuervorschriften geführt. Obwohl der Zeitaufwand für die Einhaltung der Abgabenordnung im Vergleich zu früher drastisch zurückgegangen ist, befindet sich die Tschechische Republik immer noch am oberen Ende der Skala. Darüber hinaus könnte das Mehrwertsteuersystem durch neue, niedrigere Mehrwertsteuersätze komplexer werden, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.

(12)

Die tschechische Wirtschaft verlagert sich auf stärker wissensbasierte Tätigkeiten, doch beeinträchtigen nach wie vor mehrere Engpässe die Entwicklung eines leistungsfähigen Forschungs- und Innovationssystems. Die Zunahme der Investitionen von Unternehmen in FuE ist hauptsächlich auf ausländische Direktinvestitionen zurückzuführen. Die Ausgaben der inländischen Unternehmen für FuE sind in den letzten beiden Jahren zurückgegangen. Trotz erheblicher öffentlicher Investitionen in FuE bleibt die Qualität der öffentlichen Wissenschaftsgrundlage in der Tschechischen Republik hinter den Erwartungen zurück. Zwar wurden Maßnahmen verabschiedet, um Verbindungen zwischen Hochschulen und Unternehmen aufzubauen und die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Wissenschaftsgrundlage zu verbessern, doch sind die Ergebnisse bislang noch begrenzt, und die vollständige Umsetzung der Reformen steht noch aus. Zudem ist die Steuerung des Forschungs- und Innovationssystems nach wie vor fragmentiert.

(13)

Eine hochwertige inklusive allgemeine und berufliche Bildung ist angesichts zunehmender Engpässe auf dem tschechischen Arbeitsmarkt von höchster Bedeutung. Der Bildungserfolg hängt immer noch stark vom sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler ab. Maßnahmen für inklusive Bildung müssen noch vollständig umgesetzt werden, insbesondere für Roma-Kinder. Der Mangel an qualifizierten Lehrkräften — gepaart mit den demografischen Prognosen — deutet darauf hin, dass es schwieriger werden könnte, Lehrkräfte einzustellen und zu halten. Das Parlament hat das geplante neue Laufbahnsystem für Lehrkräfte, das eine Verknüpfung zwischen beruflicher Weiterentwicklung, Laufbahn und Gehältern hergestellt hätte, nicht angenommen. Im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern mit Hochschulabschluss sind die Lehrergehälter in der Tschechischen Republik nach wie vor niedrig, auch wenn für die kommenden Jahre weitere Gehaltserhöhungen geplant sind. Für talentierte junge Menschen bleibt der Lehrerberuf daher vergleichsweise unattraktiv. Der Erfolg der (im Jahr 2016 mit der Unterstützung des Europäischen Sozialfonds eingeleiteten) Reform zur Schaffung eines inklusiveren Bildungswesens hängt letztlich von der Verfügbarkeit einer ausreichenden und nachhaltigen nationalen Finanzierung, weiteren Ausbildungsprogrammen für Lehrkräfte und Lehrhilfskräfte und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Vorteile der inklusiven Bildung ab.

(14)

Der tschechische Arbeitsmarkt entwickelt sich sehr gut. Die Beschäftigung hat in den vergangenen sechs Jahren stetig zu- und die Arbeitslosigkeit stark abgenommen. Dennoch wird das Potenzial von Frauen, Geringqualifizierten und Menschen mit Behinderungen nach wie vor zu wenig genutzt. Angesichts des Arbeitskräftemangels besteht hier ein klares Potenzial, diese Gruppen stärker am Arbeitsmarkt zu beteiligen. Trotz der jüngsten Maßnahmen, mit denen ein flexiblerer Elternurlaub und mehr Kinderbetreuungseinrichtungen geschaffen wurden, sind das Beschäftigungsgefälle und das geschlechtsspezifische Lohngefälle nach wie vor hoch. Die Beschäftigungsquote von Frauen ist immer noch deutlich niedriger als die von Männern. Große Auswirkungen auf ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt hat nach wie vor die Mutterschaft, was durch die geringe Verfügbarkeit von erschwinglicher Kinderbetreuung, den Anspruch auf einen langen Elternurlaub, die geringe Nutzung flexibler Arbeitszeitregelungen und den Mangel an Langzeitpflegeeinrichtungen bedingt ist. 2016 befanden sich nur 4,7 % der Kinder unter drei Jahren in formeller Kinderbetreuung. Geringqualifizierte stellen zwar nur einen kleinen Teil der Bevölkerung dar, aber ihre Beschäftigungsquote liegt deutlich unter der Quote der Arbeitskräfte mit mittlerem bis hohem Qualifikationsniveau. Auch die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen liegt trotz der historisch niedrigen allgemeinen Arbeitslosigkeit und den Engpässen auf dem Arbeitsmarkt unter dem Unionsdurchschnitt. Das könnte eine Motivation sein, das ungenutzte Potenzial der Menschen mit Behinderungen zu nutzen. Aufgrund begrenzter Kapazitäten erhalten Arbeitsuchende von den öffentlichen Arbeitsvermittlungen derzeit nicht die nötige individuelle, fortlaufende Unterstützung. Ein Ausbau der Kapazitäten der öffentlichen Arbeitsvermittlungen in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Aktivierung würde in Verbindung mit einer wirksamen und zielgerichteten aktiven Arbeitsmarktpolitik und einem personalisierten Leistungsangebot dazu beitragen, die Erwerbsbeteiligung dieser Gruppen zu erhöhen. Initiativen zur Erweiterung der Kompetenzen (einschließlich der digitalen Kompetenzen) könnten den Zugang zum Arbeitsmarkt verbessern.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Tschechischen Republik umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an die Tschechische Republik gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Tschechischen Republik berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(16)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung (6) gelangt, dass die Tschechische Republik den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird —

EMPFIEHLT, dass die Tschechische Republik 2018 und 2019

1.

die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, insbesondere des Rentensystems, verbessert; Mängel bei der Vergabe öffentlicher Aufträge behebt, insbesondere durch die Schaffung eines stärker qualitätsorientierten Wettbewerbs sowie durch die Umsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption;

2.

die Verwaltungslasten bei Investitionen verringert, unter anderem durch die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Infrastrukturarbeiten; die Forschung, Entwicklung und Innovation hemmenden Engpässe beseitigt, indem sie insbesondere die Innovationsfähigkeit der inländischen Unternehmen steigert; zur Schaffung einer hochwertigen inklusiven Bildung die Kapazitäten des Bildungssystems stärkt, unter anderem durch die Förderung des Lehrerberufs; die Beschäftigung von Frauen, Geringqualifizierten und Menschen mit Behinderungen fördert, indem sie unter anderem die Wirksamkeit aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 41).

(6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/16


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Dänemarks 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2018

(2018/C 320/04)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Sie trug der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Dänemark nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für Dänemark wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Dänemarks bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 24. April 2018 übermittelte Dänemark sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Dänemark befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2018 sieht die Regierung vor, im Jahr 2018 ein Gesamtdefizit von 0,7 % des BIP zu erreichen und während des gesamten Programmzeitraums bis 2025 weiterhin das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — einzuhalten. Dem Konvergenzprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote im Jahr 2018 auf 35,6 % sinken und bis 2020 weiter auf 34,2 % zurückgehen, bevor sie bis 2025 wieder auf knapp 40 % steigt. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist für den Programmzeitraum plausibel. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich bei einem Überschuss von 0,3 % bzw. 0,9 % des BIP liegen, womit er das im Konvergenzprogramm 2018 vorgesehene Ziel geringfügig übertreffen und über dem mittelfristigen Haushaltsziel liegen würde. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Dänemark die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 einhalten dürfte.

(6)

In Anbetracht des demografischen Wandels ist eine der Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum in Dänemark, dass das Arbeitskräfteangebot gewährleistet ist und dem sich abzeichnenden Arbeitskräftemangel in bestimmten Wirtschaftszweigen entgegengewirkt wird. Das Fachkräfteangebot könnte wahrscheinlich durch Reformen zur Erhöhung der Beteiligungs- und Abschlussquoten in der beruflichen Bildung sowie durch Maßnahmen zur besseren Förderung digitaler Kompetenzen vergrößert werden. Auch Maßnahmen für eine bessere Eingliederung von Randgruppen und benachteiligten Gruppen in den Arbeitsmarkt könnten dazu beitragen. Zu diesen Gruppen zählen junge Menschen mit niedrigem Bildungsniveau, Menschen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit bzw. Behinderungen sowie Menschen mit Migrationshintergrund. Die jüngsten Maßnahmen zur beruflichen Integration sind zwar nur langsam angelaufen, scheinen jedoch zur Verbesserung der Lage neu angekommener Flüchtlinge beizutragen. Die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund in das Bildungssystem ist nach wie vor eine zentrale Herausforderung, da diese im Vergleich zu anderen Kindern im Durchschnitt geringere Bildungserfolge erzielen.

(7)

Zur Unterstützung des Wirtschaftswachstums, zur Aufrechterhaltung des vergleichsweise hohen sozialen Schutzes in Dänemark und zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes ist ein hoher Produktivitätszuwachs unerlässlich. Während die Produktivität Dänemarks im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten hoch ist, entwickelt sich das Produktivitätswachstum seit geraumer Zeit aufgrund zahlreicher möglicher Ursachen (die vom Ausschuss für Produktivität und der Wettbewerbsbehörde in Dänemark ermittelt worden sind) rückläufig. Insbesondere bei den auf den Inlandsmarkt ausgerichteten Dienstleistungen stagniert die Produktivität; die von der Regierung im Jahr 2017 daraufhin ergriffenen Maßnahmen zur Intensivierung des Wettbewerbs waren begrenzt, und einige Bereiche, etwa der Sektor der Hypothekenbanken, sind keinerlei internationalem Wettbewerb ausgesetzt. Der unzureichende Wettbewerb in mehreren auf den Inlandsmarkt ausgerichteten Dienstleistungsbereichen (z. B. in den Segmenten Einzelhandel, Finanzen, Versorgungsdienste, Verkehr sowie Arzneimittelgroßhandel) belastet weiterhin die Produktivität, die Investitionstätigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

(8)

Nachdem die Preise für Wohnraum mehrere Jahre lang deutlich gestiegen sind, entstehen nun Überbewertungsrisiken, insbesondere in den großen städtischen Gebieten. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) hat Warnungen an acht EU-Länder, darunter Dänemark, herausgegeben, in denen vor dem Hintergrund der steigenden Wohnungspreise in Verbindung mit der hohen Verschuldung der privaten Haushalte auf mittelfristige Anfälligkeiten im Wohnimmobiliensektor verwiesen wurde. Wenngleich die Verschuldung der Privathaushalte im Jahr 2017 weiter zurückgegangen ist, zählt die Schuldenbelastung nach wie vor zu den höchsten in der EU (als prozentualer Anteil am BIP) und übersteigt Kommissionsschätzungen zufolge die durch die wirtschaftlichen Eckdaten gerechtfertigte Höhe sowie ein angemessenes Maß. Auch der Anteil der Hypothekarkredite, bei denen der Darlehensbetrag im Verhältnis zum Einkommen sehr hoch ist, hat seit 2013 stark zugenommen, insbesondere in Kopenhagen und im Umland. Die dänischen Behörden haben mehrere neue makroprudenzielle Maßnahmen erlassen, um die risikobehaftete Darlehensvergabe weiter einzuschränken (wirksam ab 2018 bzw. 2020), und die Immobilienbesteuerung reformiert (wirksam ab 2021), um die regionalen Ungleichgewichte bei den Immobilienpreisen zu verringern. Aufgrund der Kombination aus den im Verhältnis zum Einkommen sehr hohen Krediten, der hohen Verschuldung mit hoher Zinsempfindlichkeit sowie den möglicherweise überbewerteten Wohnimmobilienpreisen steigt jedoch das Risiko einer Preiskorrektur, die die Realwirtschaft und den Bankensektor in Mitleidenschaft ziehen könnte.

(9)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Dänemarks umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Dänemark gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Dänemark berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(10)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (5), dass Dänemark den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird —

EMPFIEHLT, dass Dänemark 2018 und 2019

1.

den Wettbewerb in auf den Inlandsmarkt ausgerichteten Dienstleistungsbranchen steigert, z. B. im Bereich der Versorgungsdienste und im Finanzsektor.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/19


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Deutschlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Deutschlands 2018

(2018/C 320/05)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Deutschland als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Deutschland die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht Deutschland 2018 wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Deutschlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Deutschland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere der anhaltend hohe Leistungsbilanzüberschuss hat grenzüberschreitende Implikationen und spiegelt die im Vergleich zur Sparquote gedämpfte Investitionstätigkeit sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor wider. Der weitgehend gegenüber Drittländern bestehende Leistungsbilanzüberschuss ist seit 2016 leicht zurückgegangen und dürfte wegen der stärkeren Inlandsnachfrage in den kommenden Jahren allmählich weiter sinken, wird innerhalb des Prognosezeitraums allerdings auf historisch hohem Niveau bleiben. Auch wenn das Wachstum zunehmend durch die Inlandsnachfrage getragen wird, bleiben Verbrauch und Investitionen im Verhältnis zum BIP doch gedämpft, obwohl die konjunkturellen und finanziellen Bedingungen günstig sind und Bedarf an Infrastrukturinvestitionen besteht, für die haushaltspolitischer Spielraum vorhanden ist. Auch wenn eine Reihe von Maßnahmen ergriffen wurde, um die öffentlichen Investitionen zu stärken, haben diese Anstrengungen bislang doch noch keinen nachhaltigen Aufwärtstrend bei der öffentlichen Investitionsquote im Verhältnis zum BIP bewirkt. Auch bei der Umsetzung der Empfehlungen in anderen Bereichen wurden nur begrenzte Fortschritte erzielt.

(4)

Am 30. April 2018 übermittelte Deutschland sein nationales Reformprogramm 2018 und am 19. April 2018 sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Deutschland befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. In ihrem Stabilitätsprogramm 2018 plant die Bundesregierung für den Zeitraum 2018 bis 2021 einen Haushaltsüberschuss zwischen 1 und 1,5 % des BIP. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — wird im gesamten Programmzeitraum weiterhin mit Abstand erreicht. Dem Stabilitätsprogramm zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote bis 2021 allmählich auf 53 % absinken. Im Stabilitätsprogramm werden zwar mehrere geplante Maßnahmen des Koalitionsvertrags vom März 2018 genannt und beschrieben, die sich im Zeitraum 2018 bis 2021 auf insgesamt rund 1,5 % des BIP belaufen sollen, doch werden diese noch nicht in die Projektionen des Stabilitätsprogramms eingerechnet, da sie noch nicht verabschiedet sind. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario, das nicht von einer unabhängigen Einrichtung gebilligt wurde, ist plausibel (6). Nach der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission sollte 2018 ein struktureller Überschuss von rund 1,2 % des BIP und 2019 ein struktureller Überschuss von rund 1,0 % des BIP erzielt werden, womit das mittelfristige Haushaltsziel übertroffen würde. Der gesamtstaatliche Schuldenstand soll weiter auf einem festen Abwärtskurs bleiben. Alles in allem ist der Rat der Auffassung, dass Deutschland die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich einhält. Gleichzeitig besteht unter Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels nach wie vor Spielraum, die Haushalts- und Strukturpolitik zu nutzen, um einen anhaltenden Aufwärtstrend bei den öffentlichen und den privaten Investitionen insbesondere in Bildung, Forschung und Innovation herbeizuführen.

(7)

Die realen öffentlichen Investitionen stiegen im Zeitraum 2015 bis 2017 robust an. Dieser Trend spiegelt die staatlichen Bemühungen um eine Stärkung der Investitionen wider. Die öffentlichen Investitionen nehmen zwar zu, doch ist der Anstieg in Relation zum BIP noch bescheiden, und der auf 4 % des BIP geschätzte erhebliche Investitionsstau auf kommunaler Ebene besteht fort. Der öffentliche Kapitalstock sinkt im Verhältnis zum BIP weiter ab, was auf negative Nettoinvestitionen auf kommunaler Ebene (rund 6 Mrd. EUR pro Jahr im Zeitraum 2010 bis 2016) zurückzuführen ist. Um den Investitionsstau auf kommunaler Ebene aufzulösen, müsste die öffentliche Hand in den kommenden zehn Jahren jährlich 0,3 % des BIP mehr investieren. Der prozentuale Anteil der Investitionen am Kapitalstock des öffentlichen Sektors und der prozentuale Anteil der öffentlichen Investitionen an den öffentlichen Ausgaben liegen unter dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets. Eine zur Unterstützung der öffentlichen Investitionen auf kommunaler Ebene eingerichtete Infrastrukturgesellschaft hat 2017 ihre Arbeit aufgenommen, doch sind zusätzlichen Anstrengungen erforderlich, um den Investitionsstau aufzulösen. Zusammen mit der günstigen Haushaltslage weist dies darauf hin, dass Spielraum für eine Erhöhung der Investitionen auf allen Ebenen des Staates, insbesondere auf regionaler und kommunaler Ebene, vorhanden ist.

(8)

Die öffentlichen Bildungsausgaben blieben 2016 bei 4,2 % des BIP und damit unter dem Unionsdurchschnitt von 4,7 % des BIP. Die Ausgaben für Bildung und Forschung blieben 2016 bei 9,0 % des BIP und lagen damit unter dem nationalen Zielwert von 10 % des BIP. Dies entspricht einer geschätzten Investitionslücke von rund 33 Mrd. EUR. Auch wenn die Bildungsausgaben real gestiegen sind, ist der Investitionsrückstand doch nach wie vor beträchtlich. Gleichzeitig werden Herausforderungen wie die wachsenden Studierendenzahlen, der Lehrkräftemangel und der weitere Ausbau der frühkindlichen Bildung und Betreuung eine angemessene öffentliche Finanzierung erfordern. Zusätzliche Ausgaben für Bildung, Forschung und Innovation sind von entscheidender Bedeutung für das deutsche Wachstumspotenzial.

(9)

Die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft kommt langsam voran, und das Land steht vor beträchtlichen Herausforderungen. Beim schnellen Internet (Zugangsnetze der nächsten Generation bis zu 30 Mbit/s) ist eine digitale Kluft zwischen Stadt und Land offensichtlich (nur 54 % der ländlichen Gebiete haben Zugang). Auch beim Ausbau der Breitbandnetze mit sehr hoher Kapazität (> 100 Mbit/s) hinkt Deutschland nach. Flächenmäßig hat nur ein geringer Teil Deutschlands (7,3 %) Zugang zum hoch leistungsfähigen Glasfaser-Internet, gegenüber 26,8 % im Unionsdurchschnitt. Stattdessen setzte der marktbeherrschende etablierte Anbieter als bevorzugte technische Lösung weiterhin auf den Ausbau der vorhandenen Kupferkabelnetze („Vectoring“). Viele Dienstleistungen sind auf Hochgeschwindigkeitsverbindungen angewiesen, und 25,3 % der deutschen Unternehmen empfanden ihre Internetverbindung 2017 als zu langsam für ihre tatsächlichen geschäftlichen Bedürfnisse. Das Fehlen solcher schnellen Verbindungen bremst die Investitionen, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, die häufig in ländlichen und halbländlichen Gebieten angesiedelt sind. Auch bei den digitalen öffentlichen Diensten und bei elektronischen Gesundheitsdiensten liegt die Leistung weit unter dem Unionsdurchschnitt.

(10)

Die Unternehmensinvestitionen in Forschung und Entwicklung wachsen, und Deutschland hat seine im Rahmen von Europa 2020 gesetzte Zielvorgabe für die FuE-Intensität fast erreicht. Allerdings konzentriert sich die Investitionstätigkeit zunehmend auf große Unternehmen sowie auf Medium-/High-Tech-Fertigungssektoren, während der Beitrag kleiner und mittlerer Unternehmen rückläufig ist. Eine Reihe von Maßnahmen wurde auf den Weg gebracht, um die unternehmerische Tätigkeit zu beleben, insbesondere indem private Investitionen in Risikokapital mobilisiert werden. Allerdings ist der deutsche Risikokapitalmarkt nach wie vor nicht so weit entwickelt wie in anderen Ländern an der internationalen Innovationsspitze.

(11)

Trotz gewisser Verbesserungen in den letzten Jahren ist das deutsche Steuersystem nach wie vor ineffizient, insbesondere weil es komplex ist und Entscheidungen, z. B. bei Investitionen, Finanzierungen und Erwerbsbeteiligung, verzerrt. Deutschland setzt bei seinen Steuereinnahmen in relativ hohem Maße auf direkte Steuern, und es ist Potenzial vorhanden, die verzerrend wirkende direkte Besteuerung zu reduzieren oder eine Verlagerung hin zu weniger verzerrend wirkenden Steuern, wie Grund-, Erbschaft- und Verbrauchsteuern, zu vollziehen. Die auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erhobenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge waren 2015 die sechsthöchsten in der Union. Die Kapitalkosten und der durchschnittliche effektive Körperschaftsteuersatz, die in den einzelnen Regionen unterschiedlich sind, gehören unionsweit zu den höchsten (28,2 % als nationaler Gesamtwert gegenüber einem Unionsdurchschnitt von 20,9 %). Durch das Zusammenspiel von Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag ist die Unternehmensbesteuerung komplex, verursacht hohe Steuerverwaltungskosten und verzerrt Höhe und Standort von Investitionen. Außerdem verzerrt die Körperschaftsteuer Finanzierungsentscheidungen insofern, als sie tendenziell die Fremdfinanzierung begünstigt. Dieser verzerrende Effekt ist der siebtgrößte in der Union. Würden die Kapitalkosten für Eigenkapital gesenkt, könnte dies die privaten Investitionen und den vergleichsweise unterentwickelten Risikokapitalmarkt stärken. Darüber hinaus ist die Verlustvortragsregelung nach wie vor relativ streng, denn Verlustvorträge sind auf 60 % des im betreffenden Jahr zu versteuernden Einkommens begrenzt.

(12)

Die Regulierung ist in Deutschland nach wie vor hoch restriktiv, insbesondere was die Unternehmensdienstleistungen, die reglementierten Berufe und die Verwaltungsauflagen für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen betrifft. Wesentliche Beschränkungen bestehen unter anderem für die Rechtsform und die Beteiligung am Gesellschaftskapital. Die Fluktuationsraten liegen bei maßgeblichen Unternehmensdienstleistungen wie Rechtsberatung, Buchhaltung/Steuerberatung, Architektur und Ingenieurwesen unter dem Unionsdurchschnitt, während die Bruttobetriebsraten in diesen Branchen darüber liegen, was auf geringeren Wettbewerbsdruck schließen lässt. Da es sich bei Dienstleistungen um Vorleistungen handelt, führt eine weniger restriktive Regulierung von Dienstleistungen dazu, dass die Produktivität in nachgelagerten dienstleistungsintensiven Branchen steigt.

(13)

Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich überaus kraftvoll entwickelt. Die Arbeitslosigkeit sank im vierten Quartal 2017 auf ein Rekordtief von 3,6 %, und die Beschäftigung erreichte 79,8 %. Die Jugendarbeitslosigkeit (6,8 % im Jahr 2017) gehört zu den niedrigsten in der Union. In Deutschland werden Fachkräfte zunehmend knapp, während das Arbeitsmarktpotenzial bestimmter Gruppen nach wie vor nicht ausgeschöpft wird. Der Anteil der Teilzeitkräfte ist insbesondere bei Frauen sowie bei Menschen mit Migrationshintergrund und Betreuungspflichten einer der höchsten in der Union. Bei Frauen liegt dies vor allem an den Fehlanreizen, die einer Aufstockung der Arbeitszeit entgegenwirken, gepaart mit fehlenden Kinderbetreuungsangeboten und Ganztagsschulen. Besondere Steuerregelungen, insbesondere für Zweitverdiener und Geringverdienende, sowie die Lock-in-Effekte der Minijob-Verdienstgrenze von 450 EUR haben weitere Fehlanreize gegen eine Aufstockung der Arbeitszeit geschaffen. Deutschland weist eine der höchsten Steuer- und Abgabenbelastungen für Geringverdienende auf, die meist Frauen sind. Zum hohen Frauenanteil an der Teilzeitbeschäftigung gesellt sich eines der unionsweit höchsten geschlechtsspezifischen Lohngefälle bei der Teilzeitbeschäftigung (37,5 % gegenüber 23,1 % im Unionsdurchschnitt). Dies trägt zu einem sehr großen Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in Deutschland bei.

(14)

Obwohl die Arbeitslosigkeit auf Rekordwerte gesunken ist und viele Stellen unbesetzt sind, stiegen die Nominallöhne 2017 mit 2,4 % weiterhin nur maßvoll. Dieser vergleichsweise verhaltene Anstieg ist teilweise auf die langsamen Produktivitätszuwächse im Dienstleistungssektor, die geringe Tarifbindung in einigen Sektoren und einen Rückgang der strukturellen Arbeitslosigkeit zurückzuführen. Die Reaktion auf die Inflationsbelebung war begrenzt und das Reallohnwachstum verlangsamte sich von 1,8 % im Jahr 2016 auf 0,7 % im Jahr 2017. Die ab Anfang 2018 erzielten Tarifverträge könnten zu einer gewissen Beschleunigung des Lohnwachstums führen; die Entwicklungen in diesem Bereich sollten beobachtet werden. Der Anteil der Geringverdienenden ist nach wie vor hoch, und in den unteren Lohndezilen besteht Spielraum für eine Erhöhung der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden. Die stärkere Zuwanderung hat einen Anstieg der Löhne in den Niedriglohnsegmenten nicht verhindert. Die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 und dessen Anhebung im Jahr 2017 haben dazu geführt, dass die Löhne im unteren Segment der Lohnverteilung gestiegen sind. Neben Lohnerhöhungen geht es den Sozialpartnern bei der aktuellen Tarifrunde auch um die Flexibilisierung der Arbeitszeit.

(15)

Deutschland verfügt über ein insgesamt solides System der sozialen Sicherung. Allerdings ist die Armutsgefährdung bezogen auf die Gesamtbevölkerung bis 2015 beständig gestiegen, bevor sich der Trend 2016 leicht umkehrte. Die Einkommensungleichheit hat sich seit 2015 ebenfalls verringert, wobei die S80/S20-Quote in bescheidenem Maße zurückging, da sich die Einkommen der ärmeren Haushalte verbesserten. Die jüngste Verbesserung bei der Erwerbsarmut im Jahr 2016 war ebenfalls bescheiden und kam ausschließlich Männern zugute.

(16)

Deutschland kann die Arbeitsmarktbindung älterer Arbeitskräfte verbessern, was das Alterseinkommen erhöhen, das Wachstumspotenzial steigern, die Anpassung an einen angespannten Arbeitsmarkt unterstützen und die Notwendigkeit des Altersvorsorgesparens verringern würde. Die Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sind derzeit gering, was zu einem großen Teil einem vergleichsweise hohen Primärüberschuss geschuldet ist. Indes werden die Rentenausgaben in Deutschland dem Bericht über die Bevölkerungsalterung 2018 zufolge bis zum Jahr 2070 im Unions-Vergleich mit am stärksten ansteigen. Das Risiko der Altersarmut (d. h. der Armut im Alter von über 65 Jahren) war 2016 mit 17,6 % höher als im Unionsdurchschnitt (14,7 %). Durch die künftig abnehmende Angemessenheit der gesetzlichen Rente dürfte das Risiko der Altersarmut insbesondere für Geringverdienende, Personen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen und Personen mit Erwerbsunterbrechungen zunehmen. Das Rentengefälle zwischen Frauen und Männern ist eines der höchsten in der Union. Gleichzeitig war die Beschäftigungsquote der 60- bis 64-Jährigen (58,4 % im Jahr 2017) zwar unter den höchsten in der Union, doch lag die Beschäftigungsquote der 65- bis 69-Jährigen nur im mittleren Drittel der Mitgliedstaaten (16,1 %).

(17)

Der sozioökonomische Hintergrund hat nach wie vor beträchtlichen Einfluss auf die Bildungsergebnisse und die Arbeitsmarktintegration. In den Naturwissenschaften trägt er nach der internationalen Schulleistungsstudie (PISA) von 2015 dazu bei, dass zwischen dem untersten und dem obersten Quartil der Gesellschaft ein Leistungsabstand von drei Schuljahren besteht. Nationale Daten bestätigen die erhebliche Korrelation auch bei der Grundschulbildung. Besondere Herausforderungen stellen sich bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Im Vergleich zu im Inland geborenen Schülerinnen und Schülern ist es bei ihnen weitaus wahrscheinlicher, dass sie bei Grundkompetenzen schwach abschneiden und früh von der Schule abgehen oder das Studium abbrechen. Auch wird das Arbeitsmarktpotenzial von Menschen mit Migrationshintergrund nicht voll ausgeschöpft. Im Jahr 2017 war die Beschäftigungsquote von Drittstaatsangehörigen (im Alter von 20-64 Jahren) über 27 Prozentpunkte niedriger als bei deutschen Staatsangehörigen (bei weiblichen Drittstaatsangehörigen sogar 32 Prozentpunkte niedriger). Die Beteiligung von Mitarbeitern an der Erwachsenenbildung gibt Anlass zur Sorge für die künftige Arbeitsmarktleistung der Arbeitskräfte, insbesondere für die 7,5 Millionen gering qualifizierten Erwachsenen, denen es an grundlegenden Lese- und Schreibkompetenzen fehlt.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Deutschlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Deutschland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Deutschland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (7), dass Deutschland den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider —

EMPFIEHLT, dass Deutschland 2018 und 2019

1.

unter Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels die Haushalts- und Strukturpolitik nutzt, um auf allen Ebenen des Staates, insbesondere auf regionaler und kommunaler Ebene, einen anhaltenden Aufwärtstrend bei den öffentlichen und den privaten Investitionen, insbesondere in Bildung, Forschung und Innovation, herbeizuführen; verstärkte Anstrengungen unternimmt, um die Verfügbarkeit von Breitbandinfrastruktur mit sehr hoher Kapazität flächendeckend sicherzustellen; die Effizienz und Investitionsfreundlichkeit des Steuersystems weiter verbessert; bei Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen den Wettbewerb verstärkt;

2.

die Fehlanreize, die einer Aufstockung der Arbeitszeit entgegenwirken, darunter auch die hohe Steuer- und Abgabenbelastung, insbesondere für Gering- und Zweitverdiener verringert; Maßnahmen ergreift, um längere Erwerbsleben zu fördern; die Voraussetzungen schafft, um unter Achtung der Rolle der Sozialpartner ein höheres Lohnwachstum zu fördern; die Bildungsergebnisse und das Kompetenzniveau benachteiligter Gruppen verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Mit der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen erlassenen Verordnung über die Erstellung der gesamtwirtschaftlichen Vorausschätzungen der Bundesregierung (Vorausschätzungsverordnung — EgVV), die ab Juli 2018 gelten wird, wurde die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose zur unabhängigen Einrichtung für die Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Vorausschätzungen erklärt, die den Übersichten über die Haushaltsplanung und den Stabilitätsprogrammen im Sinne des Gesetzes zur Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen der Bundesregierung (Vorausschätzungsgesetz — EgVG) zugrunde liegen.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/24


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Estlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2018

(2018/C 320/06)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Estland nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Estland als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in Empfehlung 1, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Estland wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Estlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Estland keine makroökonomischen Ungleichgewichte bestehen.

(4)

Am 26. April 2018 übermittelte Estland sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Estland befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Regierung sieht in Bezug auf den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo vor, dass nach dem Defizit von 0,3 % des BIP im Jahr 2017 im Jahr 2018 ein Überschuss von 0,2 % des BIP, im Jahr 2019 ein Überschuss von 0,5 % des BIP verzeichnet und anschließend ein ausgeglichener Haushalt erzielt wird. Ihr mittelfristiges Haushaltsziel ist ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge soll der neu berechnete strukturelle Saldo (6) 2018 0,8 % des BIP und 2019 0,4 % des BIP betragen und anschließend weiterhin ein leichtes Defizit aufweisen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll in den Jahren 2018 und 2019 weiter bei unter 9 % des BIP liegen und bis 2022 auf 5,3 % des BIP zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist günstig. Die negativen Risiken für die veranschlagten Einnahmen hängen in erster Linie mit einigen Maßnahmen zusammen, die nicht gut spezifiziert sind, und betreffen alle Jahre des Programmzeitraums.

(7)

Für 2018 wurde Estland empfohlen, das mittelfristige Haushaltsziel einzuhalten. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben (7) von höchstens 6,1 %, was einer zulässigen Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,2 % des BIP entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2018 die Gefahr einer gewissen Abweichung von dieser Vorgabe besteht. Angesichts der für Estland prognostizierten Produktionslücke von 2,7 % des BIP und eines BIP-Wachstums, das den Prognosen zufolge unter der geschätzten Potenzialwachstumsrate liegen wird, soll die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 4,1 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass unter Annahme einer unveränderten Politik im Jahr 2019 sowie in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer gewissen Abweichung von dieser Vorgabe besteht. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Estland bereit sein muss, 2018 und 2019 weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten.

(8)

Eine große Herausforderung für Estland besteht nach wie vor darin, ein angemesseneres System der sozialen Sicherheit zu schaffen, das durch ein besseres Dienstleistungsangebot flankiert wird. Estland gibt weniger für Sozialschutz aus (16 % des BIP) als im Unionsdurchschnitt (rund 28 % des BIP). Trotz Verbesserungen ist die armutsverringernde Wirkung der Sozialtransfers nach wie vor schwach und liegt unter dem Unionsdurchschnitt. Die Armutsgefährdungsquote ist in Estland nach wie vor hoch, vor allem für Menschen mit Behinderungen, Erwerbslosenhaushalte und (insbesondere alleinlebende) ältere Menschen. Trotz der jüngsten Verbesserungen ist die Einkommensungleichheit mit 5,6 % im Jahr 2016 nach wie vor größer als im Unionsdurchschnitt (5,2 % im Jahr 2016). Um kinderreicheren Familien angemessene Familienleistungen zu bieten, werden derzeit einige Maßnahmen ergriffen, die die relative Kinderarmut weiter senken. Das Mindesteinkommen wurde erhöht und durch Anreize zur Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit ergänzt. Ein erster Schritt, gegen die sehr hohe Armutsgefährdungsquote bei alleinlebenden Personen mit niedrigen Renten vorzugehen, war die Zahlung einer Zulage von 115 EUR an diese Bevölkerungsgruppe. Bei der Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen war das Gefälle zwischen Menschen mit und Menschen ohne Behinderungen (20,9 % im Jahr 2016) ebenfalls höher als im Unionsdurchschnitt (10,1 %). Die Finanzierung der Langzeitpflegeleistungen wird den Bedürfnissen der alternden Bevölkerung nicht gerecht. Es bleibt abzuwarten, wie sich die laufende Verwaltungsreform auf die Erbringung hochwertiger Dienstleistungen auswirken wird.

(9)

Das geschlechtsspezifische Lohngefälle ist — wenn auch rückläufig — mit 25,3 % immer noch eines der höchsten in der Union. Die jüngsten Änderungen am Elternurlaubs- und Sozialleistungssystem fördern die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Diese Änderungen dürften Anreize für Frauen schaffen, früher in den Beruf zurückzukehren, und damit zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles in Estland beitragen. Die Änderungen werden in den Jahren 2018 bis 2020 umgesetzt. Der Vorschlag über die zweite Phase der Reform des Elternurlaubs wird derzeit erörtert. Angesichts der äußerst niedrigen Mitgliederquoten ist es in diesem Zusammenhang und darüber hinaus weiterhin wichtig, die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern fortzusetzen und deren Kapazitäten zu stärken. Die auf eine Verbesserung der Lohntransparenz abzielenden Änderungen am Gleichstellungsgesetz müssen noch verabschiedet werden und finden dann auch nur auf öffentliche Einrichtungen Anwendung. Die Entwicklung eines Instruments zur Analyse der geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede ist nicht vor 2019 zu erwarten.

(10)

Der geringe Produktivitätszuwachs in Estland hängt mit dem mäßigen Abschneiden des Landes in den Bereichen Forschung, Technologie und Innovation zusammen. Da weniger als 0,5 % der estnischen Unternehmen im Jahr 2016 Forschungstätigkeiten durchführten, liegt die FuE-Intensität der Unternehmen bei nur 0,7 % des BIP und damit nur halb so hoch wie im Unionsdurchschnitt (1,3 %). Hinzu kommt, dass mehrere Indikatoren zur Innovationsmessung — z. B. der Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen, die neue Produkte und Verfahren entwickeln oder selbst innovativ sind — in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind. Während die Wirtschaft einige Tätigkeiten mit hohem Mehrwert und wissensintensive Tätigkeiten vorweisen kann, sind die FuE-Intensität der Unternehmen, die Verbindungen zwischen Wissenschaft und Unternehmen und die Innovations- und technologischen Kapazitäten der Unternehmen nach wie vor gering. Die öffentlichen Ausgaben für Forschung, Technologie und Innovation liegen traditionell über dem Unionsdurchschnitt. Allerdings bringt die unzureichende Festlegung von Prioritäten in der öffentlichen Forschung Herausforderungen mit sich. Estland hat mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Leistung der estnischen Wirtschaft auf dem Gebiet der Forschung und Innovation anzukurbeln, aber es kommt nun darauf an, deren Wirkung zu maximieren.

(11)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Estlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Estland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Estland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(12)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (8) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Estland 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 4,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; die Angemessenheit seines Systems der sozialen Sicherheit, insbesondere für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, verbessert; Maßnahmen zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles trifft, auch durch eine Erhöhung der Lohntransparenz in der Privatwirtschaft;

2.

Forschung und Innovation fördert, insbesondere durch wirksame Anreize für eine Verbreiterung der Innovationsgrundlage.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(7)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/27


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Irlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2018

(2018/C 320/07)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Irland als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Irland als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in den Empfehlungen 1 und 2, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht Irland 2018 wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Irlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Irland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere stellen der hohe private und öffentliche Schuldenstand und hohe Nettoauslandsverbindlichkeiten Schwachpunkte dar. Dennoch sind die Verbesserungen beträchtlich. Das starke Produktivitätswachstum der vergangenen Jahre steigerte die Wettbewerbsfähigkeit und bewirkte eine positive Leistungsbilanz, was einen rapiden Rückgang der hohen Nettoauslandsverbindlichkeiten mit sich brachte. Das kräftige Wirtschaftswachstum fördert weiterhin den privaten Schuldenabbau. Die Verschuldung des Privatsektors bleibt jedoch hoch, wenngleich der starke Einfluss der Tätigkeit multinationaler Konzerne bei der Bewertung der Unternehmensverschuldung berücksichtigt werden muss, während die private Verschuldung weitgehend mit den Fundamentaldaten in Einklang zu stehen scheint. Der gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte rückläufig bleiben, während das Defizit gegen null geht. Die Wohnimmobilienpreise ziehen rapide an — obwohl sie zuvor vermutlich unterbewertet waren —, was auch den Bilanzen der Haushalte zugutekommt. Die Banken sind solide rekapitalisiert, und allmählich steigt ihre Rentabilität. Der Bestand an notleidenden Krediten ist noch hoch, geht aber weiter zurück. Es wurden politische Maßnahmen ergriffen, um diese Anfälligkeiten zu beseitigen, doch bei manchen Maßnahmen werden sich die erwarteten Auswirkungen erst nach einiger Zeit zeigen.

(4)

Am 18. April 2018 übermittelte Irland sein nationales Reformprogramm 2018 und am 30. April 2018 sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Irland befindet sich zurzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und in der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. In ihrem Stabilitätsprogramm 2018 erwartet die Regierung, dass das Gesamtdefizit im Jahr 2018 leicht auf 0,2 % des BIP zurückgeht, anschließend weiter schrittweise sinkt und im Jahr 2021 ein Überschuss von 0,4 % des BIP verzeichnet werden kann. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — wird voraussichtlich ab 2019 erreicht. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote im Jahr 2018 auf 66 % des BIP sinken und 2021 weiter auf 58,7 % des BIP zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Gleichzeitig wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der ab 2019 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Irland, sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2018 2,4 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Gleichzeitig empfahl der Rat, bei politischen Maßnahmen die Erreichung eines haushaltspolitischen Kurses zu berücksichtigen, der sowohl die laufende Erholung fördert als auch die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Irlands gewährleistet. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass im Jahr 2018 und in den Jahren 2017 und 2018 zusammengenommen das Risiko einer gewissen Abweichung von der empfohlenen Haushaltsanpassung besteht.

(8)

Im Jahr 2019 dürfte Irland sein mittelfristiges Haushaltsziel erreichen. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (6) von höchstens 5,3 % (7), was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,1 % des BIP gleichkommt. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo 2019 bei einem Defizit von 0,4 % des BIP liegen, womit das mittelfristige Haushaltsziel übertroffen würde. Den Prognosen zufolge wird Irland die Übergangsregelung für den Schuldenabbau im Jahr 2018 und die Schuldenregel im Jahr 2019 einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Irland bereit sein muss, im Jahr 2018 weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten, und dass es die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 2019 einhalten dürfte. Angesichts der unterschiedlichen Messung von BIP und Inlandsproduktion in Irland und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Schuldenquote, der gegenwärtigen Konjunkturbedingungen des Landes und der erhöhten externen Risiken wäre die Verwendung unerwarteter Mehreinnahmen zum weiteren Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote eine umsichtige Reaktion.

(9)

Die öffentlichen Finanzen haben sich dank des robusten Produktionswachstums weiter verbessert, dennoch bleiben Risiken schwankender Einnahmen bestehen, und es gibt noch Spielraum, um die Widerstandsfähigkeit der Einnahmen gegen wirtschaftliche Schwankungen und negative Schocks zu erhöhen. Eine Begrenzung des Umfangs und der Zahl der Steuervergünstigungen und eine Erweiterung der Steuerbemessungsgrundlage würden bei wirtschaftlichen Schwankungen die Einnahmenstabilität verbessern. Einige der jüngsten Maßnahmen im Steuerbereich konzentrierten sich jedoch auf Steuersenkungen und -erleichterungen und haben offenbar die Abhängigkeit von hochgradig prozyklischen Einnahmequellen weiter verstärkt. Zudem besteht in Irland noch weiteres Potenzial, die Umweltziele durch das Steuersystem des Landes stärker zu fördern.

(10)

Wie bereits in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2018 erwähnt, ist die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung unerlässlich, um Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen Unternehmen zu verhindern, eine faire Behandlung der Steuerzahler sicherzustellen und die öffentlichen Finanzen zu schützen. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler auch Rückwirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene erforderlich. Der hohe Anteil von Lizenzgebühren und Dividenden am BIP lässt darauf schließen, dass Unternehmen die Steuervorschriften des Landes zu aggressiver Steuerplanung nutzen. Die begrenzte Erhebung von Quellensteuern auf ins Ausland fließende (also von in der Union Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Lizenzgebühr- und Dividendenzahlungen von in Irland ansässigen Unternehmen kann dazu führen, dass diese Zahlungen vollständig durch das Steuerraster fallen, falls sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. Darüber hinaus könnten Unternehmen bestimmte Regelungen in bilateralen Steuerabkommen zwischen Irland und anderen Staaten dazu nutzen, die auf der Insel seit 2015 geltenden neuen Vorschriften zum Steuersitz auszuhebeln; eine weitergehende Untersuchung dieses Problems ist angezeigt. Das Ergebnis der von Irland im Nachgang zu einer unabhängigen Überprüfung des Gesellschaftssteuerrechts durchgeführten Konsultation ist für die Gestaltung der angekündigten Steuerreformen relevant. Die Kommission nimmt die unlängst angekündigten bzw. beschlossenen positiven Schritte (nationale Maßnahmen zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung sowie mögliche Abwehrmaßnahmen gegen eine Reihe unkooperativer Länder) zur Kenntnis. Auf der Grundlage des jüngsten Austauschs wird die Kommission ihren konstruktiven Dialog in Bezug auf die Eindämmung aggressiver Steuerplanungsstrategien von Steuerzahlern fortsetzen.

(11)

Langfristige Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Zusammenhang mit den Alterungskosten bleiben bestehen. Irland hat einige bemerkenswerte Maßnahmen zur Effizienzsteigerung eingeführt wie beispielsweise eine Sparvereinbarung mit der pharmazeutischen Industrie, ein Finanzmanagement-System und maßnahmenbezogene Finanzierung. Es wurden auch einige Maßnahmen ergriffen, um den Zugang zur medizinischen Grundversorgung zu verbessern. Allerdings ist das irische Gesundheitssystem teuer und mit zahlreichen Problemen konfrontiert, die durch die rapide alternde Bevölkerung noch verschärft werden. Darüber hinaus sind die Einrichtungen der medizinische Grundversorgung und des Gesundheitswesens vor Ort derzeit noch nicht in der Lage, den wachsenden Kapazitäts- und Kostendruck in der Krankenhausversorgung zu mindern. Der geplante Schritt hin zu einer allgemeinen Gesundheitsversorgung muss durch eine mehrjährige Haushaltsplanung und eine bessere Ausgabenkontrolle gestützt werden. Zudem müssen auch die Ergebnisse einer umfassenden Ausgabenüberprüfung zur Wirksamkeit und Effizienz des Gesundheitssektors berücksichtigt werden. Es sollte außerdem erwogen werden, die Rolle von Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung als erste Anlaufstelle zu stärken, um die überforderten Krankenhäuser des Landes zu entlasten. Trotz diverser Reformen, um die Rentenausgaben in Schach zu halten, dürfte das Gesamtdefizit des Rentensystems langfristig erheblich steigen. Die zeitnahe Umsetzung des schon vorgelegten Fahrplans zur Rentenreform ist die Grundlage zur Stärkung der finanziellen Tragfähigkeit des irischen Rentensystems.

(12)

Da nach der Wirtschaftskrise über Jahre nur wenig investiert wurde, mangelt es nun an einer angemessenen Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, saubere Energie, Wasserversorgung, Wohnraum und Telekommunikation. Das anhaltend knappe Angebot, gekoppelt mit einer steigenden Nachfrage, befeuert den Anstieg der Immobilienpreise weiter. Obwohl die Preise im Jahr 2016 nicht überbewertet zu sein schienen, besteht Anlass zur Sorge, was die Bezahlbarkeit betrifft. Wenn dieses Problem nicht angegangen wird, könnten die Engpässe beim Wohnraumangebot zur Entstehung von Ungleichgewichten beitragen. Eine bessere Infrastruktur ist in Verbindung mit Raumplanung entscheidend für die Entstehung eines angemessenen Wohnraumangebots, für mehr private Investitionen, Produktionswachstum und eine ausgewogene regionale Wirtschaftsentwicklung. Darüber hinaus sind Investitionen in saubere Energie, eine umweltfreundliche öffentliche Verkehrs- und Wasserinfrastruktur sowie ein intensiveres Engagement im Bereich erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft unerlässlich, damit Irland der Übergang hin zu einer CO2-armen und ökologisch widerstandsfähigen Wirtschaft gelingt. Mit dem nationalen Entwicklungsplan 2018-2027 und dem nationalen Planungsrahmen — beide sind Teil der Strategie „Irland 2040“ — werden wichtige Schritte in die richtige Richtung unternommen, sobald sie in enger Abstimmung mit Interessenträgern beherzigt und umgesetzt werden.

(13)

Mit den gegenwärtigen Klimaschutzbemühungen wird Irland seine inländischen Europa-2020-Klimaziele nicht erreichen. Bislang wurden nur begrenzte Fortschritte bei der Senkung der Kohlendioxid-Emissionen in wirtschaftlichen Schlüsselbereichen erzielt, dies vor allem in der Landwirtschaft, beim Straßentransport und im Wohnsektor. Das macht es für Irland erforderlich, verfügbare Flexibilitätsspielräume zu nutzen, um die Lastenteilungsentscheidung einzuhalten — etwa, indem es Zuweisungen von anderen Mitgliedstaaten aufkauft. Anhand der 2017 veröffentlichten nationalen Prognosen lässt sich ablesen, wie groß der Umfang der erforderlichen zusätzlichen Anstrengungen ist: Mit der bestehenden Politik dürften Emissionen gemäß der Lastenteilungsentscheidung (die den Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2013-2020 verbindliche jährliche Emissionsziele für den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen vorschreibt) bis zum Jahr 2025 weiter steigen, bevor sie sich auf einem Niveau etwas unterhalb der Emissionen des Jahres 2005 stabilisieren. Kürzlich wurde in Irland ein nationaler Klimaschutzplan mit einem Fahrplan hin zu einer CO2-armen Wirtschaft und einem kohärenten Rahmen zum Vorgehen gegen die anhaltenden Probleme im Energiebereich angenommen. Nach jetzigem Stand werden in dem Dokument allerdings nur wenige konkrete neue Maßnahmen zum Klimaschutz vorgestellt. Auch der nationale Planungsrahmen hat eine Klimaschutzkomponente. Darin wird der Tatsache Rechnung getragen, dass eine angemessene Raumplanung für mehr Klimaschutz unerlässlich ist, da die Bevölkerung so weit verstreut ist und Irland nur wenige große städtische Zentren hat, die allesamt mit massiver Verkehrsüberlastung und Problemen mit dem öffentlichen Nahverkehr zu kämpfen haben. Ferner werden der nationale Entwicklungsplan 2018-2027 und seine wirksame Umsetzung eine wichtige Rolle für die Verringerung des CO2-Ausstoßes der Wirtschaft spielen. Tatsächlich wird dieser Plan über das Ausmaß bestimmen, in dem zusätzliche Mittel zur Senkung der CO2-Emissionen im Stromsektor, zum Einsatz erneuerbarer Energiequellen und zu einer Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs und der Energieeffizienz mobilisiert werden.

(14)

In Irland bleibt es eine Herausforderung, inklusives Wachstum zu gewährleisten. Zwar sank die Arbeitslosenquote im Jahr 2017 auf 6,7 %, doch bestimmte Gruppen sind nach wie vor weit entfernt vom Arbeitsmarkt und sozial ausgegrenzt. Das Sozialschutz- und das Steuersystem dämmen Armut und Ungleichheit sehr effektiv ein, und Irland hat Maßnahmen ergriffen, um Erwerbsanreize durch einen allmählichen Wegfall von Sozialleistungen und zusätzlichen Zahlungen zu setzen. Irlands anhaltend hohe Quote von Menschen, die armutsgefährdet oder von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, steht mit dem hohen Anteil an Menschen in Zusammenhang, die in Haushalten mit niedriger Erwerbsintensität leben (fast doppelt so viele wie im Unionsdurchschnitt und damit unionsweiter Höchststand — 18,2 % im Vergleich zu 10,5 % im Jahr 2016). Dies gilt vor allem für Haushalte von Alleinerziehenden. Knapp drei Viertel der nicht arbeitenden Bevölkerung in Irland nehmen nicht an Aktivierungsmaßnahmen teil. Im Jahr 2016 sind sowohl für die Gesamtbevölkerung als auch für Kinder die Quoten der Gefährdung durch Armut oder soziale Ausgrenzung zwar leicht gesunken, liegen aber weiter über dem Unionsdurchschnitt. Daher muss Irland den Aktionsplan für Erwerbslosenhaushalte vollständig umsetzen — auch durch eine verbesserte integrierte Unterstützung von Menschen, die dem Arbeitsmarkt am fernsten stehen. Das Sozialwohnungsangebot muss weiter im Auge behalten werden, damit ehrgeizige Ziele erreicht und der große Bedarf gedeckt werden können.

(15)

Der Zugang zu bezahlbarer, hochwertiger Kinderbetreuung in Vollzeit bleibt eine Herausforderung. Im unionsweiten Vergleich waren nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Jahr 2015 in Irland die Kinderbetreuungskosten im Verhältnis zu den Löhnen für Alleinerziehende am höchsten und für Paare am zweithöchsten. Die teure Kinderbetreuung kann sich als Hürde für die Aufnahme einer bezahlten Beschäftigung erweisen, vor allem in Haushalten mit geringem Einkommen, darunter Haushalte von Alleinerziehenden. Dies wirkt sich negativ auf die Beschäftigungsquote von Frauen auf, die sich 2016 auf 65,4 % belief und damit nah am Unionsdurchschnitt rangierte. Ein Gesetz zum Programm für die bezahlbare Kinderbetreuung für Alleinerziehende steht kurz vor der Verabschiedung durch das Parlament. Verzögerungen bei der Umsetzung zeichnen sich schon jetzt ab. Auch die Qualität der Kinderbetreuung wurde gefördert, dies geschah insbesondere durch Initiativen, um entschlossen die Qualifizierung des Personals zu gewährleisten.

(16)

Die Unterschiede zwischen den Beschäftigungsquoten Gering-, Mittel- und Hochqualifizierter waren im Jahr 2016 in der Union mit am gravierendsten; die Beschäftigungsquote gering qualifizierter Menschen liegt 10 Prozentpunkte unter dem Niveau vor der Wirtschaftskrise. In der Folge und in Zusammenhang mit dem Wandel in der wirtschaftlichen Tätigkeit wird ein Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage in mehreren Bereichen augenfälliger. Das unterstreicht die Notwendigkeit, Strategien und Maßnahmen zur Weiter- und Neuqualifikation voranzubringen. In Irland beteiligen sich insbesondere gering qualifizierte Beschäftigte selten am lebenslangen Lernen, was sie bei einer Veränderung der Arbeitskräftenachfrage angreifbar macht. Insgesamt hat das Land unionsweit mit das niedrigste Niveau bei den digitalen Kompetenzen, was in klarem Kontrast zu dem hohen Anteil an Absolventen in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik steht, die die irischen Hochschulen verlassen. Zugleich ist in Irland die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung so niedrig wie fast nirgends sonst in der Union.

(17)

Das Produktivitätswachstum in Irland wird überwiegend von multinationalen Konzernen getrieben. Die Kluft bei der Produktivität zwischen diesen und originär irischen Firmen — bei denen es sich meist um kleine und mittlere Unternehmen handelt — wird größer. Auf längere Sicht könnten die große internationale Mobilität einiger multinationaler Konzerne und die gegenwärtigen Unsicherheiten die Tragfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der irischen Wirtschaft gefährden. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass sich durch die Aktivitäten multinationaler Konzerne in Irland für einheimische Firmen nur in begrenztem Maße Spill-over-Effekte und Vorteile in Sachen Produktivitätswachstum, Innovation und Exportleistung ergeben. Firmen in irischer Hand, die FuE betreiben, profitieren jedoch sehr wohl von den Spill-over-Effekten der multinationalen Konzerne. Öffentliche Anreize für FuE und eine größere Verfügbarkeit von Fachkräften für irische kleine und mittlere Unternehmen würden die Verbreitung neuer Technologien in diesen Firmen fördern. Zudem — wie auch vom irischen nationalen Rat für Wettbewerbsfähigkeit wiederholt angemerkt — ist es für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit irischer Unternehmen notwendig, den Zuwachs an bestimmten Einsatzfaktoren und insbesondere an Verfahrenskosten einzudämmen. Hürden am Markt für juristische Dienstleistungen bleiben eine Herausforderung, die den Wettbewerb behindert und die Kosten für Dienstleistungsempfänger in die Höhe treibt. Betroffen sind überwiegend kleine Unternehmen, da sie die Verfahrenskosten erhöhen. Derzeit existieren noch keine Durchführungsverordnungen für das neue Gesetz für juristische Dienstleistungen. Die öffentlichen Konsultationen, Vorbedingung für die Umsetzung von Rechtsvorschriften, verzögern sich erheblich.

(18)

Auch wenn der irische Finanzsektor sich auf einem nachhaltigen Erholungskurs befindet, sorgen Altlasten noch immer für Einschränkungen. Obwohl Irland beim Abbau notleidender Kredite weiter Fortschritte machte, gehört ihr Anteil gemessen an den Gesamtbruttokrediten (11,2 % im September 2017) zu den höchsten in der Union. Schuldenüberhang, Markkonzentration und eine erhöhte Unsicherheit in einigen Exportsektoren drücken auf die Kreditnachfrage kleiner und mittlerer Unternehmen, die weiterhin verhalten ist. Es ist unerlässlich, langfristige Zahlungsrückstände abzubauen. Im Jahr 2017 waren rund 60 % aller Hypothekendarlehen mit Zahlungsrückstand seit mehr als zwei Jahren überfällig. Der Abbau langfristiger Zahlungsrückstände könnte auch dazu beitragen, gegen das Problem des Schuldenüberhangs anzugehen, der den Anreiz für Unternehmen — und insbesondere für kleine und mittlere Firmen — senkt, Kredite zu produktiveren Zwecken einzusetzen. Auch wenn die irische Zentralbank in ihrem im vierten Quartal 2017 erschienenen Bericht zu Zahlungsrückständen und Zwangsvollstreckungen bei Hypothekendarlehen auf Wohnimmobilien darauf hinweist, dass rund 87 % der umstrukturierten Darlehen vertragsgemäß bedient werden, unterstreicht die Zentralbank, dass Umstrukturierungen unter einer vorübergehenden Senkung der Raten besonders häufig von erneuten Ausfällen betroffen sind. Die Realisierbarkeit von Zwangsvollstreckungen und Abschreibungen als letzten Mitteln könnte verbessert und durch einen stabilen Verbraucherschutzrahmen ergänzt werden, der die positiven Entwicklungen bei Kreditverkäufen am Sekundärmarkt und die Tragfähigkeit der Lösungen zur Kreditumstrukturierung aufrechterhält.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Irlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Irland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Irland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(20)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (8) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(21)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Irland 2018 und 2019

1.

sein mittelfristiges Haushaltsziel im Jahr 2019 erreicht; unerwartete Mehreinnahmen nutzt, um die Rückführung der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu beschleunigen; den Umfang und die Zahl der Steuervergünstigungen begrenzt und die Steuerbemessungsgrundlage erweitert; auf den erwarteten Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben reagiert, indem es die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitssystems erhöht und die geplanten Rentenreformen umsetzt;

2.

die zügige und effektive Umsetzung des nationalen Entwicklungsplans auch in den Bereichen saubere Energie, Verkehr, Wohnraum, Wasserversorgung und bezahlbare hochwertige Kinderbetreuung gewährleistet; der Weiterqualifizierung der erwachsenen Erwerbsbevölkerung mit Schwerpunkt auf den digitalen Kompetenzen Priorität verleiht;

3.

das Produktivitätswachstum irischer Firmen und insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen fördert, indem Forschung und Innovation mit gezielter Politik, direkteren Finanzierungsformen und intensiverer strategischer Zusammenarbeit mit multinationalen Konzernen aus dem Ausland, öffentlichen Forschungseinrichtungen und Universitäten stimuliert werden; einen schnelleren und dauerhaften Abbau langfristiger Zahlungsrückstände durch die Nutzung von Sekundärmärkten fördert und dabei auf Initiativen für gefährdete Haushalte setzt und uneinbringliche Forderungen erforderlichenfalls abschreibt.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Die gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen werden eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert. Der Ausgabenrichtwert für Irland spiegelt eine Anpassung wider, um die Verzerrung der 10-Jahres-Referenzrate des Potenzialwachstums zu korrigieren, die durch das außergewöhnlich starke Wachstum des realen BIP im Jahr 2015 verursacht wurde. Im Einklang mit dem Ansatz der irischen Behörden bei ihren Berechnungen des Haushaltsplans 2017 hat die Kommission den Durchschnittswert der potenziellen Wachstumsraten in den Jahren 2014 und 2016 zugrunde gelegt.

(7)  2018 spiegelt der Ausgabenrichtwert eine Anpassung wider, um die Verzerrung der 10-Jahres-Referenzrate des Potenzialwachstums zu korrigieren, die durch das außergewöhnlich starke Wachstum des realen BIP im Jahr 2015 verursacht wurde.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/33


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2018

(2018/C 320/08)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Spanien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Spanien die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 3 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht Spanien 2018 wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Spaniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Spanien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit stellt vor allem die hohe öffentliche und private Auslands- und Inlandsverschuldung weiterhin einen Schwachpunkt dar, der auch grenzüberschreitend von Bedeutung ist. Der Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte schreitet dank der seit 2013 verzeichneten Leistungsbilanzüberschüsse, die durch strukturelle Verbesserungen in der Handelsbilanz unterstützt werden, voran. Jedoch sind die Nettoauslandsverbindlichkeiten nach wie vor hoch. Dank günstiger Wachstumsbedingungen kommt auch der Schuldenabbau im Privatsektor voran, doch es sind weitere Anstrengungen erforderlich. Der gesündere Finanzsektor fördert die Wirtschaftstätigkeit. Trotz des kräftigen nominalen BIP-Wachstums sinkt die gesamtstaatliche Schuldenquote nur langsam. Die Arbeitslosenquote geht weiter rapide zurück, verbleibt aber dennoch auf einem sehr hohen Niveau, und die starke Segmentierung des Arbeitsmarkts steht rascheren Arbeitsproduktivitätssteigerungen im Weg. Nach der starken Reformdynamik der Jahre 2012 bis 2015 hat sich die Umsetzung der Empfehlungen inzwischen verlangsamt. Die aktuelle Wirtschaftslage bietet Gelegenheit, die noch ausstehenden notwendigen Reformen anzugehen, um die spanische Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen und das Produktivitätswachstum zu erhöhen.

(4)

Spanien befindet sich derzeit in der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge plant Spanien, sein übermäßiges Defizit bis 2018 zu korrigieren; dies steht im Einklang mit dem an Spanien gerichteten Beschluss (EU) 2017/984 des Rates mit der Maßgabe, die zur Beendigung des übermäßigen Defizits als notwendig erachteten Maßnahmen zu treffen (5). Der gesamtstaatliche Schuldenstand soll sich weiter verbessern und 2021 einen Überschuss von 0,1 % des BIP erreichen. Das Stabilitätsprogramm 2018 umfasst alle Maßnahmen des Entwurfs des Haushaltsgesetzes, das dem Parlament am 3. April 2018 vorgelegt wurde, sowie weitere Maßnahmen, die bis Ende April 2018 angekündigt wurden. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturell ausgeglichener Haushalt — wird während des vom Stabilitätsprogramm 2018 erfassten Zeitraums voraussichtlich nicht erreicht. Im Stabilitätsprogramm 2018 wird ein Rückgang der gesamtstaatlichen Schuldenquote im Jahr 2018 auf 97,0 %, 2019 auf 95,2 % und 2021 auf 89,1 % projiziert. Die makroökonomischen Annahmen des Stabilitätsprogramms 2018 sind plausibel. Insgesamt ist die geplante Erreichung der Ziele für das Gesamtdefizit weiterhin von den robusten Wirtschaftsaussichten sowie davon abhängig, dass die Staatsausgaben nicht stärker wachsen als das nominale BIP. Risiken für die Erreichung der Haushaltsziele ergeben sich im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2018 der Kommission sowohl aus einem stärkeren Einnahmenwachstum als auch aus gedämpfteren Ausgabensteigerungen sowie aus einer möglichen Materialisierung weiterer Eventualverbindlichkeiten.

(5)

In dem Beschluss (EU) 2017/984 ersuchte der Rat Spanien, sein übermäßiges Defizit bis 2018 zu beenden und insbesondere das gesamtstaatliche Defizit auf 4,6 % des BIP im Jahr 2016, 3,1 % des BIP im Jahr 2017 und 2,2 % des BIP im Jahr 2018 zu senken. Diese Rückführung des gesamtstaatlichen Saldos entsprach laut der aktualisierten Frühjahrsprognose 2016 der Kommission einer Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,4 % des BIP im Jahr 2016 und einer Verbesserung um jeweils 0,5 % des BIP in den Jahren 2017 und 2018. Das Gesamtdefizit Spaniens lag 2017 bei 3,1 % des BIP und damit innerhalb der Vorgabe des Beschlusses (EU) 2017/984 des Rates. Laut der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte das Gesamtdefizit 2018 auf 2,6 % des BIP sinken und damit 0,4 % des BIP über den im Stabilitätsprogramm 2018 festgelegten und den vom Rat geforderten Zielwerten für das öffentliche Gesamtdefizit liegen. Gegenüber dem Stabilitätsprogramm 2018 geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2018 von einem geringeren Wachstum der Staatseinnahmen und etwas höheren Ausgaben aus. Der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission zufolge dürfte sich der strukturelle Saldo — auch aufgrund der defizitsteigernden Maßnahmen des dem Parlament am 3. April 2018 vorgelegten Entwurfs des Haushaltsgesetzes für 2018 — um 0,3 % des BIP verschlechtern und sich 2019 nur geringfügig verbessern. Daher werden die Konsolidierungsanstrengungen 2018 und auch kumuliert im Gesamtzeitraum 2016-2018 nicht als gesichert betrachtet. Das Wirtschaftswachstum unterstützt zwar den Defizitabbau, wird jedoch nicht genutzt, um die öffentlichen Finanzen strukturell zu stärken. Infolgedessen kam die Kommission in ihrer Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Spaniens 2018 zu dem Schluss, dass die Planung weitgehend mit den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Einklang steht, zumal die Frühjahrsprognose 2018 der Kommission darauf hindeutet, dass das übermäßige Defizit rechtzeitig korrigiert wird, wenngleich es expansiv ist.

(6)

Sollte eine fristgerechte und dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits erreicht werden, würde Spanien 2019 unter die präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und die Übergangsregelung für den Schuldenabbau fallen. Angesichts des für Spanien geschätzten gesamtstaatlichen Schuldenstands von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von 2,3 % des BIP sollten im Jahr 2019 die nominalen gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (6) um mindestens 0,3 % sinken; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 1,0 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Gleichzeitig gibt es Signale, dass die ruhenden Kapazitäten der Wirtschaft unterschätzt werden. Auch 2019 dürfte Spanien eine der höchsten Arbeitslosenquoten der Union verzeichnen, was den Lohndruck vor allem im privaten Sektor in Grenzen halten dürfte; demgegenüber wird die Inflation bei weit unter 2 % bleiben. Dies deutet auf eine anhaltende Unterauslastung im Arbeitsmarkt hin. Wenngleich die Kommission in ihrer Bewertung der Plausibilität der Produktionslücke zu dem Schluss kommt, dass die Schätzungen auf der Grundlage der gemeinsamen Methodik plausibel sind, sei darauf hingewiesen, dass es für Spanien eine ganze Bandbreite plausibler Schätzungen der Produktionslücke gibt. Infolgedessen erscheint eine jährliche strukturelle Anpassung von 0,65 % des BIP angemessen, was einer Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 0,6 % entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2019 unter Annahme einer unveränderten Politik die Gefahr einer erheblichen Abweichung von der erforderlichen Haushaltsanpassung besteht. Zudem dürfte Spanien die Übergangsregelung für den Schuldenabbau 2019 nicht einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Spanien bereit sein muss, 2018 weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu gewährleisten, und dass ab 2019 die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden sollten, um den Anforderungen des Pakts zu entsprechen. Es entspräche dem Vorsichtsprinzip, etwaige unerwartete Mehreinnahmen für eine weitere Rückführung der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu nutzen.

(7)

Darüber hinaus hatte der Rat Spanien in dem Beschluss (EU) 2017/984 aufgefordert, Maßnahmen zur Verbesserung des haushaltspolitischen Rahmens zu ergreifen, die auf eine weitere Automatisierung der Mechanismen zur Vermeidung und Korrektur von Abweichungen von den Haushaltszielen und eine Erhöhung des Beitrags der Ausgabenregelungen des Stabilitätsgesetzes zur Haushaltskonsolidierung abzielen. Das Stabilitätsprogramm 2018 enthält jedoch keine Pläne, um die nationale Ausgabenregelung zu stärken. Auch enthält es keine Maßnahmen, um mit dem Gesetz die Automatisierung der korrektiven und präventiven Mechanismen auszuweiten. Der Rat hat Spanien darüber hinaus ersucht, Maßnahmen zur Verbesserung seines Rahmens für das öffentliche Auftragswesen zu ergreifen. Diesbezüglich hat Spanien mit der Annahme eines neuen Gesetzes über Verträge im öffentlichen Sektor im November 2017 Fortschritte erzielt. Das neue Gesetz kann die Effizienz und Transparenz des öffentlichen Auftragswesens allerdings nur dann verbessern, wenn es rasch und mit großem Ehrgeiz umgesetzt wird, indem eine neue Steuerungsstruktur eingerichtet wird und die Kontrollmechanismen der Vergabeverfahren auf allen staatlichen Ebenen gestärkt werden. Insbesondere sollten in der künftigen nationalen Strategie für das öffentliche Auftragswesen die Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen, die die neuen Strukturen durchführen sollen, spezifiziert werden. Im Juni 2017 beauftragte die Regierung die unabhängige Fiskalbehörde mit der Durchführung einer Ausgabenüberprüfung für ausgewählte Subventionen der öffentlichen Hand. Die Kommission verfolgt die Durchführung dieser Überprüfung, die bis Anfang 2019 abgeschlossen sein soll.

(8)

Am 27. April 2018 übermittelte Spanien sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(10)

Spaniens Beschäftigungsquote ist weiter in stabilem Tempo gestiegen, was auch den Auswirkungen früherer Arbeitsmarktreformen und der Lohnzurückhaltung geschuldet ist. Die Arbeitslosenquote geht weiter zurück, liegt aber immer noch deutlich über dem Vorkrisenniveau und zählt zu den höchsten in der Union. Damit einher geht ein beträchtliches ungenutztes Kompetenzpotenzial, insbesondere unter jungen Arbeitslosen. Der Anteil der Arbeitslosen, die seit mehr als einem Jahr ohne Beschäftigung sind, ist rückläufig, umfasst aber immer noch 44,5 % aller Arbeitslosen. Spanien hat eine Reihe politischer Initiativen verabschiedet, um die individuelle Unterstützung für Langzeitarbeitslose auszuweiten und jungen Menschen zu helfen, in den Arbeitsmarkt einzutreten und ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern; dazu wurde insbesondere die Zahl der unter die Jugendgarantie fallenden Personen erhöht. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen hängt auch von den nur langsam steigenden Kapazitäten der regionalen öffentlichen Arbeitsvermittlungen und Sozialämter zur individuellen Unterstützung Arbeitssuchender ab. Zudem besteht noch Spielraum für eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern, insbesondere durch Erhöhung des Anteils der über die Arbeitsvermittlungen besetzten Stellen und einen besseren Abgleich der Profile der Arbeitssuchenden mit dem Bedarf der Arbeitgeber. Gleichzeitig sollten die Anstrengungen für eine bessere Koordinierung der Arbeitsvermittlungen und Sozialämter, bei denen 2017 einige Fortschritte verzeichnet wurden, fortgesetzt werden.

(11)

Der Anteil der Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen zählt zu den höchsten in der Union, wobei vor allem junge und gering qualifizierte Arbeitskräfte betroffen sind. Befristete Arbeitsverträge werden oftmals nur für kurze Zeiträume abgeschlossen und führen nur selten zu einem unbefristeten Vertrag. Ihre weite Verbreitung auch in Wirtschaftszweigen, in denen weniger saisonale oder konjunkturabhängige Tätigkeiten anfallen, könnte ein schnelleres Produktivitätswachstum behindern und ist oft verbunden mit geringeren Ansprüchen auf Sozialleistungen und einer höheren Armutsgefährdung. Zwar ist der prozentuale Anteil unbefristeter Arbeitsverträge am Netto-Beschäftigungswachstum in den letzten beiden Jahren gestiegen, doch sind weitere Maßnahmen erforderlich, um Anreize für den Übergang von befristeten zu unbefristeten Verträgen zu schaffen. Das System für Einstellungsanreize ist nach wie vor lückenhaft und trägt nicht wirksam dazu bei, unbefristete Arbeitsverhältnisse zu fördern. Spanien hat einen Plan zur Eindämmung befristeter Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Sektor verabschiedet, seine Umsetzung hat jedoch gerade erst begonnen und muss beschleunigt werden, um das für 2019 gesteckte Ziel von 8 % zu erreichen. Dank der gesteigerten Kapazitäten und Effektivität der Arbeitsaufsicht bei der Bekämpfung des Missbrauchs befristeter Verträge werden immer mehr befristete in unbefristete Verträge umgewandelt; dies scheint jedoch die Arbeitgeber nicht davon abzuhalten, befristete Verträge weiter übermäßig zu nutzen. Die Anfang 2017 begonnenen trilateralen Rundtischgespräche über die Qualität der Beschäftigung haben bislang zu keinen konkreten Vorschlägen geführt. In jüngster Zeit sind die Sozialpartner stärker in die Politikgestaltung einbezogen worden, doch es gibt noch Raum für weitere Verbesserungen.

(12)

Das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen tragen dazu bei, die Einkommensungleichheit und den Anteil der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen zu senken; letzterer liegt jedoch nach wie vor über dem Unionsdurchschnitt. Armut trotz Erwerbstätigkeit stellt insbesondere in Haushalten mit Personen in befristeten und Teilzeitarbeitsverhältnissen ein Problem dar. Die Kinderarmutsquote ist zwar zurückgegangen, bleibt aber dennoch sehr hoch. Die Wirkung von Sozialtransfers außer Renten auf die Verringerung der Armut liegt unter dem Unionsdurchschnitt und geht weiter zurück. Die Mindesteinkommensregelungen sind gekennzeichnet von regional sehr unterschiedlichen Zugangsbedingungen und von Fragmentierung aufgrund mehrerer nationaler Regelungen, die auf unterschiedliche Gruppen von Arbeitssuchenden abzielen und von verschiedenen Behörden verwaltet werden. Infolgedessen erhalten zahlreiche bedürftige Personen keine Unterstützung. Bislang wurde im Anschluss an die jüngste Bewertung der Wirksamkeit der nationalen und regionalen Mindesteinkommensregelungen noch kein Aktionsplan vereinbart. Die Einführung einer universellen Sozialkarte sollte die Transparenz der Sozialleistungen erhöhen und die Teilnahme an entsprechenden Aktivierungsmaßnahmen erleichtern, auch wenn sie nicht direkt auf die Schwachstellen der bestehenden Regelungen zugeschnitten ist. Auch die Wirksamkeit der Familienleistungen ist gering, und ihr Abdeckungsgrad ist uneinheitlich. Das spanische Rentensystem trägt wesentlich zur Erhaltung der Lebensqualität älterer Menschen bei, die infolgedessen weit weniger armutsgefährdet sind als jüngere Generationen. Gemessen an den Löhnen zählen die Renten derzeit zu den höchsten in der Union. Die Prognosen der in Kürze erscheinenden Berichte über die Bevölkerungsalterung 2018 und zur Angemessenheit der Renten- und Pensionshöhe 2018 (8) deuten darauf hin, dass die Reformen von 2011 und 2013 dazu beigetragen haben, die Tragfähigkeit und relative Angemessenheit der Renten langfristig zu sichern. Allerdings wird das Bekenntnis zu diesen Reformen durch die Pensionserhöhungen und den Aufschub hinsichtlich des Faktors der Tragfähigkeit, der im Zuge der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs 2018 vorgeschlagen wurde, infrage gestellt. Gleichzeitig wird die größte Herausforderung für die Angemessenheit der Einkommen künftiger Rentner, die eher in der hohen Arbeitslosigkeit und Segmentierung auf dem Arbeitsmarkt liegt, nicht angegangen.

(13)

Die Produktivität spanischer Unternehmen ließe sich steigern, wenn Schwächen im Zusammenhang mit ihrer Innovationsfähigkeit behoben würden. Die Innovationsleistung und das Produktivitätswachstum werden durch anhaltend niedrige Investitionen in Forschung und Entwicklung gehemmt, weshalb es sehr unwahrscheinlich ist, dass das im Rahmen der Strategie Europa 2020 festgelegte FuE-Ausgabenziel von 2 % erreicht wird. Dieser Trend wird noch verstärkt durch die geringe und rückläufige Ausführungsrate der öffentlichen Mittel für Forschung und Entwicklung. Während die Steuerung der nationalen Forschungs- und Innovationspolitik auch durch die neue staatliche Forschungsagentur gestrafft wird, ist die Koordinierung zwischen der nationalen und der regionalen Ebene bei der Planung, Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen nach wie vor nur schwach ausgeprägt. Die Entwicklung einer Evaluierungskultur, um die Wirksamkeit von Förderprogrammen und -maßnahmen systematisch zu bewerten, würde den Austausch über politische Strategien fördern und Synergien auf allen staatlichen Ebenen schaffen.

(14)

Die geringe Innovationsfähigkeit spanischer Unternehmen geht auch auf das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zurück, das sich negativ auf das langfristige Potenzial für Produktivitätssteigerungen auswirkt. Unter- und Überqualifizierung am Arbeitsplatz sind in Spanien weitverbreitet. Der Anteil der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger hat sich in den vergangenen zehn Jahren zwar merklich verbessert, liegt aber immer noch deutlich über dem Unionsdurchschnitt. Der Anteil variiert ebenso wie die Bildungsergebnisse in den verschiedenen Regionen stark und könnte die Chancengleichheit beeinträchtigen. Gezielte Programme zur Beseitigung dieser Ungleichheiten haben bisher nur begrenzte Wirkung gezeigt. Der Nationale Soziale und Politische Pakt für Bildung, der eine grundlegende Reform des Systems der allgemeinen und beruflichen Bildung einleiten soll, befindet sich noch in der Verhandlungsphase. In der Zwischenzeit soll die berufliche Weiterentwicklung der Lehrer gefördert werden, indem die Zahl der befristeten Arbeitsverträge gesenkt wird und mehr Mittel für ihre Ausbildung bereitgestellt werden. Gleichzeitig stehen insbesondere Hochschulabsolventen bei der Suche nach angemessenen und stabilen Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt vor Herausforderungen. Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen könnte jungen Hochschulabsolventen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern und Unternehmen mit den notwendigen Kompetenzen zur Steigerung ihrer Innovationsfähigkeit versorgen. In diesem Kontext erkennt der Vorschlag für eine neue nationale digitale Strategie die Notwendigkeit an, die digitalen Kompetenzen zu verbessern. Herausforderungen bestehen im Hinblick auf die geringe Zahl von Fachkräften im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie auf die Stärkung der Rolle des Bildungswesens bei der Förderung der digitalen Kompetenzen. Der Ausbau der digitalen Kompetenzen von Arbeitnehmern würde es spanischen Unternehmen ermöglichen, in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben.

(15)

Im Unternehmensumfeld sind auch regulatorische Unterschiede für das gebremste Produktivitätswachstum verantwortlich. Gegenwärtig tragen die regulatorischen Unterschiede und Einschränkungen im Unternehmensumfeld zu den hohen Aufschlägen, der eingeschränkten geografischen Mobilität von Unternehmen und Arbeitnehmern und dem gedämpften Produktivitätswachstum bei. Das Gesetz über die Einheit des Marktes, mit dem dieses Problem angegangen werden sollte, ist nur teilweise umgesetzt worden. Die Überwachung der Umsetzung dieses Gesetzes auf lokaler und regionaler Ebene muss verbessert und die Rolle der sektoralen Konferenzen ausgebaut werden. Mit dem Gesetz wurde der Grundsatz eingeführt, dass Unternehmen, die bestimmte Anforderungen in einem Teil des Landes einhalten, im gesamten Hoheitsgebiet tätig sein dürfen. Das Verfassungsgericht hat jedoch 2017 in mehreren Urteilen entschieden, dass dieser Grundsatz nichtig ist, wenn es keine gemeinsamen oder vergleichbaren Mindeststandards für den Zugang zu oder die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit gibt. Angesichts dieser Urteile könnte die Schaffung kohärenter gemeinsamer oder gleichwertiger Standards im gesamten Hoheitsgebiet dazu beitragen, die Ziele dieses Gesetzes zu verwirklichen. Darüber hinaus sollte die Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen in allen Phasen der Umsetzung verbessert werden, um die negativen Folgen der Fragmentierung für Unternehmen anzugehen. Zudem sollten die Arbeiten des Ausschusses für bessere Rechtsetzung, der eingerichtet wurde, um die Angleichung der Rechtsvorschriften im Dienstleistungsbereich an den einschlägigen Besitzstand der Union zu gewährleisten, beschleunigt werden. Im Rahmen des im Januar 2017 angenommenen Dienstleistungspakets wurden auch Beschränkungen in Bezug auf einige reglementierte Berufe wie Bauingenieure und Architekten genannt, jedoch wurden bislang keine konkreten Maßnahmen zu ihrer Beseitigung ergriffen.

(16)

Verbesserungen an der Qualität der Institutionen könnten das Vertrauen in die spanische Wirtschaft generell erhöhen und die Wirkung der verabschiedeten Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung noch verstärken. Fortschritte wurden in Bezug auf die Transparenz der Parteienfinanzierung und die Offenlegung von Vermögenswerten und Interessenkonflikten erzielt. Das Unternehmensumfeld hat zudem von den Fortschritten bei der Bekämpfung der Korruption profitiert, auch wenn in diesem Bereich nach wie vor Bedenken bestehen. Die Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz durch Bürger und Unternehmen hat sich ebenfalls verbessert. Weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Justizsystems werden unternommen und sollten fortgesetzt werden. Obwohl in diesem weit gefassten Bereich einige Fortschritte erzielt wurden, bleibt es eine Herausforderung, das Vertrauen in die Institutionen auf allen staatlichen Ebenen zu fördern.

(17)

Weitere Verbesserungen an der Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Energie und Wasser würden den territorialen Zusammenhalt, eine bessere Integration in den Binnenmarkt und das Produktivitätswachstum fördern. Bei grenzübergreifenden Verkehrs- und Energienetzen und der Wasserinfrastruktur bestehen Investitionslücken. Die Schieneninfrastruktur für den Personen- und den Güterverkehr könnte besser genutzt werden. Die unterschiedlichen Spurweiten in Spanien, Portugal und Frankreich sind eine große Hürde für eine bessere Anbindung an das Eisenbahnnetz, auch wenn kürzlich neue Abschnitte mit international üblichen Standardspurweiten fertiggestellt wurden. Mängel bestehen auch bei der Güterverkehr-Schienenverbindung zwischen den wichtigsten Häfen der Atlantik- und der Mittelmeerküste und Industriegebieten im Binnenland. Eine unzureichende Anbindung verhindert auch eine engere Integration in die Strom- und Gasmärkte der Union. Weitere Investitionen in die Infrastruktur sind auch im Bereich der Wasserbewirtschaftung erforderlich, etwa im Hinblick auf die Abwasserbehandlung, die Beseitigung von Leckagen in den Leitungen und die Verbesserung der Wasserversorgung. Dies würde Spanien ökologische, wirtschaftliche und soziale Vorteile bringen.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Spaniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Spanien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Spanien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (9) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Spanien 2018 und 2019

1.

die Einhaltung des Beschlusses (EU) 2017/984 des Rates im Zusammenhang mit dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit gewährleistet, einschließlich durch Maßnahmen zur Umsetzung des haushaltspolitischen Rahmens und des Rahmens für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf allen staatlichen Ebenen; in weiterer Folge dafür sorgt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 0,6 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,65 % des BIP entspricht; unerwartete Mehreinnahmen dazu nutzt, den Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu beschleunigen;

2.

sicherstellt, dass Arbeitsvermittlungsstellen und soziale Dienste in der Lage sind, Arbeitsuchende wirksam zu unterstützen, einschließlich durch eine bessere Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern; den Übergang zu unbefristeten Verträgen fördert; die Unterstützung für Familien verbessert und die Wirksamkeit der Mindestsicherungsregelungen steigert, indem Abdeckungslücken beseitigt werden, das System der nationalen Regelungen vereinfacht wird und die Unterschiede bei den Zugangsbedingungen zu regionalen Regelungen verringert werden; die Zahl der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger und die regionalen Unterschiede bei den Bildungsergebnissen insbesondere durch eine bessere Unterstützung von Schülern und Lehrern reduziert;

3.

die öffentlichen Investitionen in Forschung und Innovation erhöht und die Fördermaßnahmen in diesem Bereich systematisch evaluiert, um deren Wirksamkeit zu gewährleisten; die Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen ausweitet, um das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage einzudämmen; die Umsetzung des Gesetzes über die Einheit des Marktes voranbringt, indem gewährleistet wird, dass die Regeln über den Zugang zu und die Ausübung von Wirtschaftstätigkeiten besonders im Dienstleistungsbereich auf allen staatlichen Ebenen mit den Grundsätzen des Gesetzes im Einklang stehen, und indem die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen verbessert wird.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  ABl. L 148 vom 10.6.2017, S. 38.

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(8)  Europäische Kommission, Bericht zur Angemessenheit der Renten- und Pensionshöhe (2018): gegenwärtige und künftige Angemessenheit der Altersversorgung in der EU, Band I und II, Gemeinsamer Bericht des Ausschusses für Sozialschutz und der Europäischen Kommission (GD EMPL), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg, 2018.

(9)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/39


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2018

(2018/C 320/09)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Frankreich als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Frankreich als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in den Empfehlungen 1 und 2, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Frankreich wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Frankreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Frankreich makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Schwachstellen sind insbesondere auf den hohen öffentlichen Schuldenstand und eine geringe Dynamik der Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund eines langsamen Produktivitätszuwachses zurückzuführen. Der Gefahr von nachteiligen Auswirkungen auf die französische Wirtschaft und — in Anbetracht von deren Größe — von negativen Ansteckungseffekten auf die Wirtschafts- und Währungsunion kommt besondere Bedeutung zu.

(4)

Am 25. April 2018 übermittelte Frankreich sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Infolge der fristgerechten und dauerhaften Korrektur des übermäßigen Defizits und des Beschlusses (EU) 2018 /924 des Rates (6), das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einzustellen, befindet sich Frankreich in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. In ihrem Stabilitätsprogramm 2018 erwartet die Regierung eine allmähliche Verbesserung des gesamtstaatlichen Saldos von – 2,6 % des BIP im Jahr 2017 auf + 0,3 % des BIP im Jahr 2022. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,4 % des BIP — dürfte während des vom Stabilitätsprogramm 2018 erfassten Zeitraums nicht erreicht werden. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote voraussichtlich von 97,0 % des BIP im Jahr 2017 auf 89,2 % im Jahr 2022 zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Allerdings wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der ab 2019 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Frankreich, sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben (7) 1,2 % im Jahr 2018 nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass das Ziel, einen haushaltspolitischen Kurs zu erreichen, der sowohl zur Stützung der derzeitigen Erholung als auch zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beiträgt, bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2018 und der anschließenden Bewertung der Haushaltsergebnisse 2018 berücksichtigt werden muss. Ausgehend von der Bewertung der Solidität der Erholung in Frankreich, die die Kommission — unter gebührender Berücksichtigung der Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit — im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Frankreichs 2018 vorgenommen hat, müssen in diesem Zusammenhang keine weiteren Elemente berücksichtigt werden. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass im Jahr 2018 die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel besteht.

(8)

Angesichts des gesamtstaatlichen Schuldenstands Frankreichs von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von 0,6 % dürfte die nominale Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 1,4 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Gemäß der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission besteht — unter Annahme einer unveränderten Politik — im Jahr 2019 sowie in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Vorgabe. Allem Anschein nach wird Frankreich die Übergangsregelung für den Schuldenabbau in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich nicht einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass ab 2018 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten. Es entspräche dem Vorsichtsprinzip, unerwartete Mehreinnahmen zum weiteren Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu verwenden.

(9)

Die öffentlichen Ausgaben in Frankreich sind die höchsten in der Union. Die Ausgabenquote wird im Jahr 2018 voraussichtlich einen Wert von 56,0 % des BIP erreichen und damit um 10,6 Prozentpunkte über dem Unionsdurchschnitt liegen. In den letzten Jahren wurde die Konsolidierungsstrategie hauptsächlich von den rückläufigen Zinsen und den Kürzungen bei den öffentlichen Investitionen getragen; es ist jedoch unwahrscheinlich, dass das Niedrigzinsumfeld mittelfristig fortbestehen wird, und die Einschränkungen der produktiven Investitionen könnten das künftige wirtschaftliche Potenzial beeinträchtigen. Bei den seit 2014 durchgeführten Ausgabenüberprüfungen wurden keine wesentlichen Einsparungen festgestellt, und die Effizienzgewinne waren in Ermangelung geeigneter Folgemaßnahmen und des geringen Maßes an politischer Eigenverantwortung begrenzt. Die jüngste Ausgabenüberprüfungsstrategie wurde eingestellt und wird durch die öffentliche Aktion 2022 (Action Publique 2022) abgelöst, deren Grundsätze im Mandat der Regierung vom Oktober 2017 festgelegt sind. Der Ausschuss für die öffentliche Aktion 2022 (Comité Action Publique 2022) soll bis Sommer 2018 einen Bericht erstellen und prüfen, welche Maßnahmen erforderlich sind. Es sind jedoch noch keine genau spezifizierten Maßnahmen vorgeschlagen worden, und neue Einsparungen in diesem Rahmen werden erst ab 2020 erzielt. Die rasche Umsetzung von Sparmaßnahmen würde den Anstrengungen, die derzeit erforderliche Haushaltskonsolidierung kurz- bis mittelfristig anzugehen, zugutekommen.

(10)

Zurzeit gibt es in Frankreich 37 verschiedene Rentensysteme. Sie gelten für unterschiedliche Gruppen von Arbeitnehmern und unterliegen unterschiedlichen Regeln. Eine schrittweise Vereinheitlichung der Regeln würde die Transparenz des Systems steigern, für mehr Generationengerechtigkeit sorgen und die Mobilität der Arbeitskräfte erleichtern. Auch die Harmonisierung der Berechnungsvorschriften würde eine bessere Kontrolle der öffentlichen Ausgaben begünstigen. Auch wenn die bereits verabschiedeten Rentenreformen den Anteil der Rentenausgaben langfristig senken dürften, so würde ein einfacheres und effizienteres Rentensystem weitere Einsparungen ermöglichen und die Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen mittelfristig mindern. Einer jüngsten Studie von La Fondation pour la recherche sur les administrations et les politiques publiques (iFRAP) zufolge könnte die Angleichung der verschiedenen Rentensysteme im öffentlichen und privaten Sektor bis 2022 Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben von über 5 Mrd. EUR ermöglichen.

(11)

Die Arbeitslosenquote sank von 10,4 % im Jahr 2015 auf 9,4 % im Jahr 2017 und dürfte in den kommenden Jahren weiter zurückgehen; die Beschäftigungsquote stieg im Jahr 2017 auf 70,6 %. Für junge Menschen, Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund (sowohl der ersten als auch der zweiten Generation) sind die Arbeitsmarktbedingungen jedoch nach wie vor schwieriger als für andere. Im Jahr 2017 waren nur 55,6 % der außerhalb der EU geborenen Menschen (im Alter von 20-64 Jahren) erwerbstätig; dieser Wert liegt um 17,0 Prozentpunkte unter dem der in Frankreich Geborenen. Die Einwohner der am stärksten benachteiligten Gegenden (Quartiers de la politique de la ville), darunter Menschen mit Migrationshintergrund, haben weiterhin Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Trotz politischer Maßnahmen sind die Auswirkungen des sozioökonomischen Hintergrunds und des Migrationshintergrunds auf die schulische Leistung vergleichsweise stark ausgeprägt und behindern die Integration in den Arbeitsmarkt. Es gibt auch Anzeichen für diskriminierende Praktiken auf dem Arbeitsmarkt. Wirksame aktive beschäftigungspolitische Maßnahmen, einschließlich Sprachkursen, intensiver Beratung und Hilfe bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern, sowie ein entschlosseneres Vorgehen gegen diskriminierende Praktiken sind wesentliche Voraussetzungen, um die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu fördern.

(12)

Das Gesetz von 2016 über Arbeit, die Modernisierung des sozialen Dialogs und die Sicherung der beruflichen Laufbahnen zielt darauf ab, die Unternehmen besser in die Lage zu versetzen, sich an die Wirtschaftszyklen anzupassen und den Anteil der Beschäftigten mit befristeten Arbeitsverträgen zu senken. Wenngleich mehr Menschen mit unbefristeten Verträgen eingestellt werden, stellt die Segmentierung des Arbeitsmarktes nach wie vor eine Herausforderung dar, und der Übergang zu mehr unbefristeten Beschäftigungsformen sollte gefördert werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Umsetzung des laufenden ehrgeizigen Reformprogramms abzuschließen, das die kürzlich verabschiedete Reform des Arbeitsrechts, die geplante Überarbeitung des Systems der Arbeitslosenunterstützung und die Reform des Systems der beruflichen Bildung, einschließlich Lehrlingsausbildung, beinhaltet.

(13)

Die schrittweise Umsetzung von Maßnahmen zur Verringerung der Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit hat seit 2013 zu einer Verbesserung der Kostenwettbewerbsfähigkeit Frankreichs geführt; die in der Vergangenheit entstandenen Verluste sind jedoch noch nicht in vollem Umfang wieder wettgemacht worden. Bezogen auf den Durchschnittslohn zählte der Anteil der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber an den Gesamtarbeitskosten in Frankreich im Jahr 2016 nach wie vor zu den höchsten in der Union. Die bestehenden politischen Maßnahmen zur Verringerung der Arbeitskosten sollen ab 2019 weiter konsolidiert und gestärkt werden; geplant sind die bereits angekündigte Ablösung der Steuergutschriften für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung (CICE) durch eine allgemeine Senkung der Sozialabgaben für Arbeitgeber und die Einführung weiterer Ermäßigungen für niedrige Löhne, um die Beschäftigung Geringqualifizierter zu fördern.

(14)

Seit 2013 wird der französische Mindestlohn durch Indexierungsregeln bestimmt, ohne dass Ad-hoc-Erhöhungen vorgenommen wurden. Deshalb ist er in einem Kontext niedriger Inflation und eines gedämpften Lohnwachstums langsamer gestiegen als die Referenzlöhne (1,23 % im Jahr 2017, gegenüber 1,31 % beim Durchschnittslohn). Während der Mindestlohn im Verhältnis zum Durchschnittslohn im internationalen Vergleich hoch ist, wurden die Arbeitskosten auf der Ebene des Mindestlohns durch Ermäßigungen bei den Sozialabgaben deutlich verringert. Diese Ermäßigungen werden noch erhöht und im Jahr 2019 dauerhaft eingeführt. Wenngleich die Indexierung des Mindestlohns wichtig ist, um die Kaufkraft der Arbeitnehmer zu wahren, könnte der derzeitige (in der Union einmalige) Mechanismus die Möglichkeit einschränken, den Lohn an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen, was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken könnte. Eine Gruppe unabhängiger Sachverständiger nimmt jährlich eine Bewertung des Mindestlohns vor und gibt unverbindliche Stellungnahmen zu seiner Entwicklung ab. Im Jahr 2017 empfahl die Gruppe eine Überarbeitung der Indexierungsregeln, zum Beispiel durch ausschließliche Bindung an die Inflation.

(15)

Das derzeitige System der beruflichen Erstausbildung fördert die Integration in den Arbeitsmarkt nicht in ausreichendem Maße, insbesondere weil ein signifikanter Anteil der Schüler in Zweige mit eingeschränkten Beschäftigungsaussichten gelenkt wird. Darüber hinaus erzielen die französischen Auszubildenden erheblich schlechtere Bildungsergebnisse als der Unionsdurchschnitt, während die Schüler der allgemeinbildenden Schulen erheblich besser abschneiden. Vor diesem Hintergrund sind Maßnahmen zur Förderung der Lehrlingsausbildung, die bessere Beschäftigungsaussichten gewährleisten, und Maßnahmen zur Verbesserung der schulischen Ergebnisse von grundlegender Bedeutung, um Jugendbeschäftigung und Chancengleichheit zu fördern. Gleichzeitig ist es wichtig, den Zugang Geringqualifizierter und Arbeitsuchender zu Weiterbildungsmaßnahmen zu verbessern und den Erwerb höherer Qualifikationen, unterstützt durch geeignete Bildungsberatung, zu fördern. Um diesen Herausforderungen und insbesondere der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Steuerung des Systems zu verbessern, die Arbeitsmarktrelevanz, die Qualität und den Zugang zur Weiterbildung sicherzustellen und Arbeitsmarktübergänge zu gewährleisten, hat die Regierung am 27. April 2018 den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Systems der Lehrlingsausbildung und der beruflichen Weiterbildung vorgelegt. Ferner bestätigt das Nationale Reformprogramm 2018 die Absicht, einen mit 14 Mrd. EUR dotierten Investitionsplan zur Kompetenzförderung umzusetzen und ebnet den Weg für eine ergänzende Reform der schulischen beruflichen Erstausbildung.

(16)

Insgesamt liefert das Sozialschutzsystem gute Ergebnisse. Die Einkommensunterschiede nach Transferleistungen liegen unter dem Unionsdurchschnitt, und trotz des jüngsten Anstiegs ist die Zahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, weiterhin vergleichsweise niedrig. Bestimmte Gruppen, insbesondere Alleinerziehende, nicht in der Union geborene Menschen und Menschen in benachteiligten städtischen Gegenden sind jedoch einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt. Der Zugang der in Armut lebenden Menschen zu angemessenem Wohnraum ist nach wie vor problematisch. Trotz jüngster Verbesserungen besteht in einigen Gegenden weiterhin ein Mangel an Sozialwohnungen.

(17)

Ungeachtet der laufenden Reformen, die auf eine Verringerung der steuerlichen Belastung der Unternehmen und die Förderung produktiver Investitionen abzielen, ist das französische Steuersystem nach wie vor durch ein hohes Maß an Komplexität gekennzeichnet, in dem Steueraufwendungen, ineffiziente Steuern und Produktionssteuern einem gut funktionierenden Unternehmensumfeld entgegenstehen. Die hohe Zahl der Steueraufwendungen (Steuergutschriften, Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen) stellt für Unternehmen, insbesondere KMU, eine zusätzliche Belastung dar, da sie mit erhöhten Befolgungskosten und verstärkter Unsicherheit verbunden ist. Für die Steuerverwaltung ist sie zudem mit zusätzlichen Kosten für die Kontrolle verbunden. Die Steueraufwendungen werden im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2018 weiter an Quantität und Volumen zunehmen und dürften 99,8 Mrd. EUR im Jahr 2018 (4,2 % des BIP) erreichen, im Vergleich zu 93 Mrd. EUR im Jahr 2017. Darüber hinaus wurden rund 192 Steuern ermittelt, mit denen nur geringe Einnahmen (weniger als 150 Mio. EUR pro Jahr) erzielt werden; allerdings wurde nur eine sehr begrenzte Zahl von ihnen seit 2014 abgeschafft (8). Schließlich hat Frankreich im Unionsvergleich sehr hohe Produktionssteuern (9) (3,1 % des BIP im Jahr 2016), bei denen es sich hauptsächlich um Steuern auf Kapital und Arbeit handelt, die die Unternehmen aufgrund ihrer Produktionstätigkeit, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Leistung, zu entrichten haben.

(18)

Im Jahr 2016 entfielen auf marktbestimmte Dienstleistungen mehr als 50 % der Wertschöpfung, 40 % der Beschäftigung und 20 % des Wertschöpfungsexports der verarbeitenden Industrie. Obwohl sich der Wettbewerb bei den marktbestimmten Dienstleistungen auf die gesamte Wirtschaft auswirkt, wird er nach wie vor durch Regulierungsauflagen und Verwaltungsaufwand behindert, was auch den Wachstumsmöglichkeiten der Unternehmen abträglich ist. Reformen im Dienstleistungsbereich könnten, sofern sie ausreichend ehrgeizig sind und vollständig umgesetzt werden, signifikante positive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. In Bezug auf die Priorisierung der Reformanstrengungen ist es wichtig, der wirtschaftlichen Relevanz und der Leistung der einzelnen Teilbereiche der Dienstleistungsbranche Rechnung zu tragen. Werden die vorrangigen Reformen, die in der Dienstleistungsbranche durchzuführen sind, anhand eines indikatorbasierten Ansatzes ermittelt, so ergibt sich eine Reihe von unternehmensorientierten Dienstleistungen (in Architektur- und Ingenieurwesen, Rechtsberatung und Buchhaltung, Verwaltung und Unterstützung) sowie von Dienstleistungen in den Bereichen Einzelhandel, Beherbergungs- und Gaststättenwesen sowie Gesundheit. Im spezifischen Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen hat das Gesetz zur Förderung von Wachstum, Wirtschaftstätigkeit und wirtschaftlicher Chancengleichheit (das „Macron-Gesetz“) vom 6. August 2015 die Beschränkungen in einer begrenzten Zahl freier Berufe, bei denen es sich größtenteils um Rechtsberufe handelt, gelockert. Es besteht nach wie vor Spielraum für weitere Reformen bei den freiberuflichen Dienstleistungen. Weitere Reformen könnten bestimmte Beschränkungen im Bereich des Zugangs zu und der Ausübung von Berufen angehen (z. B. den Umstand, dass bestimmte Tätigkeiten bestimmten Berufsgruppen vorbehalten sind, Beschränkungen in Bezug auf Stimmrechte und Beteiligungsverhältnisse, multidisziplinäre Beschränkungen und Numerus-Clausus-Beschränkungen), die als exzessiv angesehen werden. Reformen zur Beseitigung der wichtigsten Hindernisse für das Unternehmenswachstum könnten auf die Beseitigung von Schwelleneffekten im Zusammenhang mit größenspezifischen Kriterien in Rechtsvorschriften und die Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen abzielen. Schließlich könnte Frankreich in größerem Maße von der digitalen Wirtschaft profitieren, wenn seine Versorgung mit schnellen Breitbanddiensten verbessert würde.

(19)

Dem Europäischen Innovationsanzeiger zufolge bleibt Frankreichs Innovationsleistung trotz des vergleichsweise hohen Maßes an öffentlicher Unterstützung hinter der Innovationsspitze der Union zurück. Die Innovationsleistung würde insbesondere durch effizientere öffentliche Unterstützungssysteme, einschließlich einer Steuergutschrift für Forschung und Entwicklung (Crédit d'Impôt Recherche), gefördert werden. Dabei sollten die Ergebnisse laufender Evaluierungen in Maßnahmen zur Verbesserung der Ausgestaltung der öffentlichen Unterstützung für die Innovation einfließen. Der Wissenstransfer zwischen öffentlicher Forschung und Wirtschaft stellt nach wie vor eine Herausforderung dar, was die kommerzielle Nutzung der Forschungsergebnisse einschränkt. Im Vergleich zu anderen Ländern der Union ist Frankreichs Bilanz im Bereich öffentlich-privater Kopublikationen und unternehmensfinanzierter FuE des öffentlichen Sektors gering. In gewissem Umfang besteht die Möglichkeit, Transfermechanismen zwischen Wissenschaft und Industrie durch eine Erleichterung der Zusammenarbeit in der Forschung und durch Förderung der Mobilität von Forschern zu stärken.

(20)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Frankreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Frankreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Frankreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(21)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (10) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(22)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Frankreich 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 1,4 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; unerwartete Mehreinnahmen nutzt, um den Abbau des gesamtstaatlichen Schuldenstands zu beschleunigen; im Jahr 2018 Einsparungen bei den Ausgaben erzielt und die im Rahmen der öffentlichen Aktion 2022 erforderlichen Ziele und neuen Maßnahmen vollständig spezifiziert, damit sie sich im Haushalt 2019 in konkreten Einsparungen bei den Ausgaben und Effizienzgewinnen niederschlagen; die Regeln der verschiedenen Rentensysteme schrittweise vereinheitlicht, um deren Gerechtigkeit und Tragfähigkeit zu verbessern;

2.

die Reformen des Systems der beruflichen Bildung fortführt, um dessen Arbeitsmarktrelevanz zu stärken und den Zugang zur Weiterbildung, insbesondere für gering qualifizierte Arbeitnehmer und Arbeitsuchende, zu verbessern; die Chancengleichheit und den Zugang zum Arbeitsmarkt fördert, einschließlich für Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen, die in benachteiligten Gegenden leben; sicherstellt, dass die Entwicklungen des Mindestlohns mit den Zielen der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Wettbewerbsfähigkeit vereinbar sind;

3.

das Steuersystem durch Einschränkung der Steueraufwendungen, Abschaffung ineffizienter Steuern und Senkung der Steuern, die auf die Produktion von Unternehmen erhoben werden, vereinfacht; den Regelungs- und Verwaltungsaufwand verringert, um den Wettbewerb im Dienstleistungssektor zu stärken und das Wachstum der Unternehmen zu fördern; die Anstrengungen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Innovationssystems intensiviert, insbesondere durch Verbesserung der Wirksamkeit staatlicher Förderregelungen und Ausbau des Wissenstransfers zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen und Unternehmen.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Beschluss (EU) 2018/924 des Rates vom 22. Juni 2018 zur Aufhebung der Entscheidung 2009/414/EG über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Frankreich (ABl. L 164 vom 29.6.2018, S. 44).

(7)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(8)  Inspection Générale des Finances (2014), Les taxes à faible rendement.

(9)  Unter dem Begriff „Produktionssteuern“ sind „sonstige Produktionsabgaben“ nach Eurostat (Kategorie D29) zu verstehen.

(10)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/44


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2018

(2018/C 320/10)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Kroatien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für Kroatien wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Kroatiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der Vorjahresempfehlungen und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Kroatien trotz Verbesserungen nach wie vor übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Anfälligkeiten ergeben sich aus der weiterhin hohen öffentlichen Verschuldung, privaten Verschuldung und Auslandsverschuldung, die zu einem Großteil auf Fremdwährungen lauten. Der Bestand an notleidenden Krediten ist nach wie vor hoch, insbesondere bei nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften. Das Wachstumspotenzial Kroatiens reicht nach wie vor nicht aus, um eine dauerhafte Anpassung zu ermöglichen, und bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen die chronisch niedrige Auslastung des Faktors Arbeit und den geringen Produktivitätszuwachs wurden insgesamt nur geringe Fortschritte erzielt. Die Wettbewerbsfähigkeit und Investitionstätigkeit werden durch das restriktive Unternehmensumfeld gehemmt, und die Fragmentierung der öffentlichen Verwaltung wirkt sich negativ auf die Effizienz der öffentlichen Dienstleistungen aus.

(3)

Am 26. April 2018 übermittelte Kroatien sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Kroatien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. Nach einem gesamtstaatlichen Überschuss von 0,8 % des BIP im Jahr 2017 soll der Gesamtsaldo dem Konvergenzprogramm 2018 zufolge im Jahr 2018 ein Defizit von 0,5 % des BIP aufweisen und sich anschließend wieder schrittweise verbessern, um im Jahr 2021 einen Überschuss von 0,5 % des BIP zu erreichen. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1,75 % des BIP — dürfte im gesamten Programmzeitraum weiterhin übertroffen werden. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird dem Konvergenzprogramm 2018 zufolge voraussichtlich von 78,0 % des BIP im Jahr 2017 auf 75,1 % des BIP im Jahr 2018 zurückgehen und bis 2021 weiter auf 65,9 % des BIP schrumpfen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Die geplanten Haushaltsziele scheinen jedoch vorsichtig. In ihrer Frühjahrsprognose 2018 rechnet die Kommission mit einem gesamtstaatlichen Saldo von 0,7 % des BIP im Jahr 2018 und 0,8 % des BIP im Jahr 2019.

(6)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Kroatien, das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2018 einzuhalten. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo bei – 0,3 % des BIP im Jahr 2018 und bei – 0,6 % des BIP im Jahr 2019 liegen, womit das mittelfristige Haushaltsziel erneut übertroffen würde. Kroatien wird die Schuldenregel in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Kroatien die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 einhalten dürfte.

(7)

Die geplante Verabschiedung wichtiger Gesetze zur Verbesserung des haushaltspolitischen Rahmens Kroatiens ist seit Langem überfällig. Aufgrund konzeptioneller Unzulänglichkeiten ist die numerische Haushaltsregel für die haushaltspolitische Planung unwirksam, und dem Ausschuss für Haushaltspolitik als unabhängige Einrichtung kommt nach wie vor nur eine schwache Rolle zu. Angesichts des weiterhin hohen öffentlichen Schuldenstands Kroatiens und der damit zusammenhängenden Währungsrisiken kommt einem soliden Schuldenmanagement nach wie vor große Bedeutung zu. Im Jahr 2017 wurde die Schuldenmanagementfunktion gestärkt und eine Strategie für das Schuldenmanagement erstellt, die regelmäßig aktualisiert werden muss. Die Einführung einer bereits gesetzlich verankerten Immobiliensteuer wurde aufgeschoben, ohne dass Angaben dazu gemacht wurden, ob und wann sie umgesetzt wird. Deshalb ist der Anteil der Einnahmen Kroatiens aus periodischen Immobiliensteuern nach wie vor gering. Die Erhebung einer periodischen Immobiliensteuer würde Handlungsspielraum für die Schaffung einer allgemein wachstumsfreundlicheren Einnahmenerhebung eröffnen und wäre gleichzeitig eine stabile und vorhersehbare Einnahmequelle für die lokalen Gebietskörperschaften.

(8)

Der kroatische Arbeitsmarkt hat sich im Jahr 2017 weiter erholt. Dennoch liegen die Beschäftigungs- und die Erwerbsquote nach wie vor deutlich unter dem Unionsdurchschnitt, was das Wachstumspotenzial bremst. Das gesetzliche Renteneintrittsalter beträgt derzeit für Frauen 62 Jahre und für Männer 65 Jahre. Die Altersgrenzen werden nur langsam aneinander angepasst und erhöht: Das Renteneintrittsalter von 67 Jahren für beide Geschlechter soll erst im Jahr 2038 erreicht werden. Zudem können ältere Arbeitnehmer zahlreiche Vorruhestandsregelungen in Anspruch nehmen, und das Rentensystem bietet eine Reihe von Sonderrentenregelungen, die günstigere Bedingungen für den Eintritt in den Ruhestand bieten. Die geringe Erwerbsbeteiligung von Frauen ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sie Betreuungspflichten wahrnehmen. Die entsprechend niedrige durchschnittliche Lebensarbeitszeit führt dazu, dass die derzeitigen und künftigen Renten wenig angemessen sind, und bringt Risiken der Altersarmut mit sich. Die angekündigten Maßnahmen zur Förderung eines längeren Erwerbslebens wurden bislang noch nicht umgesetzt.

(9)

Trotz der vorhandenen Struktur des sozialen Dialogs in Kroatien ist die Zusammenarbeit zwischen den Behörden und den Interessenträgern bei der Ausarbeitung politischer Maßnahmen begrenzt und hat sich bis jetzt hauptsächlich auf schriftliche Rückmeldungen zu den vorgeschlagenen Maßnahmen der Regierung beschränkt. Zudem schränkt die Zerklüftung der Gewerkschaftslandschaft die Gewerkschaften in ihrer Fähigkeit ein, sich am sozialen Dialog zu beteiligen.

(10)

Der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Anteil der Bevölkerung ist trotz Verbesserungen in jüngster Zeit nach wie vor hoch, wobei deutliche territoriale Ungleichheiten zwischen den Gespanschaften bestehen. Besonders stark betroffen sind ältere Menschen, Geringqualifizierte und Menschen mit Behinderungen. Das System der sozialen Sicherung weist Effizienz- und Gerechtigkeitsmängel auf. Die Sozialleistungen haben nur eine begrenzte armutsverringernde Wirkung. Die mangelnde Koordinierung zwischen den einzelnen Einrichtungen und die niedrigere Steuerkraft der ärmeren lokalen Gebietskörperschaften ziehen eine ungleiche Verteilung der Sozialleistungen nach sich.

(11)

Bei den Investitionen in die Bildung, der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung, den Grundkompetenzen, den tertiären Bildungsabschlüssen und der Relevanz der beruflichen Aus- und Weiterbildung für den Arbeitsmarkt liegt Kroatien unter dem Unionsdurchschnitt. Kroatien hat mehrere einschlägige Reformen eingeleitet, die in der Strategie für Bildung, Wissenschaft und Technologie dargelegt sind. Wenn die Reform der Lehrpläne vollständig und im Einklang mit den anderen Maßnahmen der Strategie umgesetzt wird, dürfte sie sich positiv auf die Qualität der Bildung in Kroatien auswirken. Die Programme der beruflichen Aus- und Weiterbildung scheinen angesichts der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der registrierten Arbeitslosen berufliche Aus- und Weiterbildungen absolviert hat, nur begrenzt arbeitsmarktrelevant zu sein. Um den Qualifikationsbedarf besser zu ermitteln, ist eine bessere Koordinierung zwischen Behörden und Arbeitgebern nötig. Das Erwachsenenbildungssystem, das die Eingliederung in den Arbeitsmarkt unterstützen soll, ist gekennzeichnet durch eine große Zahl von Anbietern, die ungleichmäßig im ganzen Land verteilt sind, und Lernprogramme, die nicht ordnungsgemäß bewertet werden. Die Teilnahme an Erwachsenenbildungs- und Bildungsprogrammen, die im Rahmen aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen angeboten werden, befindet sich auf einem kritisch niedrigen Niveau.

(12)

Die territoriale Zersplitterung der öffentlichen Verwaltung Kroatiens und die weite Verteilung der Zuständigkeiten auf die einzelnen Ebenen des Staates wirken sich negativ auf die Effizienz der öffentlichen Dienstleistungen und die öffentlichen Ausgaben aus. Viele kleine lokale Gebietskörperschaften verfügen nicht über die nötigen finanziellen und administrativen Kapazitäten, um dezentralisierte Aufgaben wahrnehmen zu können. Die Effizienz der öffentlichen Verwaltung in Kroatien liegt den einschlägigen Indikatoren zufolge unter dem Unionsdurchschnitt, was die Ausarbeitung und Umsetzung öffentlicher Maßnahmen behindert und einer effizienteren Nutzung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds im Wege steht. Der geplante Abbau lokaler Stellen der zentralen Verwaltung und die Rationalisierung des Systems der staatlichen Einrichtungen wurden weiter verschoben. Die mangelnde Kohärenz bei den Lohnbildungssystemen in der öffentlichen Verwaltung und den öffentlichen Diensten behindern die Gleichbehandlung sowie die Kontrolle der Regierung über die Lohn- und Gehaltskosten im öffentlichen Sektor. Die Gesetzesvorhaben zur Vereinheitlichung der Löhne und Gehälter wurden weiter verschoben, und zwar auf Mitte 2018. Die Behörden haben erste Schritte unternommen, um einige Funktionen in den Krankenhäusern zu vernetzen und so die Effizienz der Leistungen und den Zugang zu medizinischer Versorgung zu verbessern. Doch das ineffiziente Modell zur Finanzierung des Gesundheitssystems führt dazu, dass sich vor allem bei der stationären Versorgung Schulden anhäufen.

(13)

Staatseigene Unternehmen sind nach wie vor stark in der Wirtschaft Kroatiens vertreten. Die Maßnahmen zugunsten einer verbesserten Führung und Kontrolle dieser Unternehmen kommen nur langsam voran, und die Produktivität und Rentabilität der Unternehmen ist nach wie vor gering. Es wurden neue Gesetze, die die Verwaltung und Veräußerung von Staatsvermögen regeln, verabschiedet.

(14)

Im November 2017 wurde die unabhängige Überprüfung der Aktiva-Qualität der kroatischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung abgeschlossen. Angesichts der Bedeutung dieser Bank für die Durchführung der Finanzierungsinstrumente der Union und die Investitionsoffensive für Europa sowie ihres zunehmenden Engagements im Bereich der direkten Kreditvergabe sollten die Ergebnisse der Überprüfung dazu genutzt werden, den Aufsichts- und Regulierungsrahmen der Bank sowie ihre Leitung zu stärken.

(15)

Verwaltungslasten und steuerähnliche Abgaben wirken sich nach wie vor negativ auf das Unternehmensumfeld aus. Der Bürokratieabbau kam zwar stetig, aber nur langsam voran. Kürzungen bei den steuerähnlichen Abgaben fanden bislang nur in begrenztem Umfang statt; da weder das Register regelmäßig aktualisiert wird, noch Folgenabschätzungen zu den geplanten Kürzungen durchgeführt wurden, ist die Transparenz gering.

(16)

Um die Ziele der Strategie zur Korruptionsbekämpfung 2015-2020 zu erreichen, muss der Aktionsplan zur Korruptionsbekämpfung 2017-2018 vollständig umgesetzt werden. Bei mehreren Kernelementen besteht noch Verbesserungsbedarf, insbesondere bei der Offenlegung von Vermögenswerten und Interessenkonflikten, der Sensibilisierung für bestehende Kanäle für die Meldung von Missständen und der wirksamen Kontrolle der mit der Vergabe öffentlicher Aufträge verbundenen Risiken, die aufgrund des großen Anteils der internen Auftragsvergabe durch staatseigene Unternehmen nach wie vor anfällig für Korruption ist.

(17)

Die restriktive Regulierung der Waren- und Dienstleistungsmärkte, insbesondere die Vielzahl der überaus stark reglementierten Berufe, wirkt wettbewerbshemmend. Vor dem Hintergrund des starken Widerstands vonseiten der Interessengruppen kommt der Regulierungsabbau nur langsam voran.

(18)

Langwierige Gerichtsverfahren und ein erheblicher Rückstand beeinträchtigen nach wie vor die Qualität und Effizienz des Justizwesens und folglich auch das Unternehmensumfeld. Die festzustellende Verringerung des Rückstands ist weniger auf eine schnellere Bearbeitung der Fälle als auf die geringere Zahl neuer Fälle zurückzuführen. Trotz Verbesserungen werden elektronische Kommunikationsmittel bei Gerichts- und Insolvenzverfahren nach wie vor zu wenig genutzt.

(19)

Die Strategie Kroatiens für eine intelligente Spezialisierung sieht einige gezielte Anstrengungen zur Reform des nationalen Wissenschafts- und Innovationssystems vor. Die politischen Bereiche, die für die Förderung von Wissenschaft und Innovation zuständig sind, scheinen nicht aufeinander abgestimmt zu sein, was die Umsetzung der Strategie erschwert. Auch die großen kroatischen Universitäten haben stark fragmentierte Leitungsstrukturen und unterliegen starren Verwaltungsvorschriften. Die Zusammenarbeit zwischen den Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft ist nur schwach ausgeprägt. In Ermangelung einer systematischen Überwachung und Bewertung der Auswirkungen der bestehenden Forschungs- und Innovationsmaßnahmen können keine angemessenen Prioritäten gesetzt werden. Für das tertiäre Bildungssystem könnten Anreize zur Steigerung der Qualität und Arbeitsmarktrelevanz sinnvoll sein.

(20)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Kroatiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Kroatien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Kroatien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(21)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (5), dass Kroatien den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(22)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Konvergenzprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider —

EMPFIEHLT, dass Kroatien 2018 und 2019

1.

den haushaltspolitischen Rahmen stärkt, unter anderem durch Stärkung des Mandats und der Unabhängigkeit des Ausschusses für Haushaltspolitik; eine periodische Immobiliensteuer einführt;

2.

der Inanspruchnahme von Vorruhestandsregelungen entgegenwirkt, den Übergang zu einem höheren gesetzlichen Renteneintrittsalter beschleunigt und die Rentenbestimmungen für bestimmte Kategorien an die Vorschriften des allgemeinen Systems anpasst; die Reform des Systems der allgemeinen und beruflichen Bildung voranbringt, um dessen Qualität und Arbeitsmarktrelevanz sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene zu verbessern; die Sozialleistungen konsolidiert und ihre armutsverringernde Wirkung verbessert;

3.

die territoriale Zersplitterung der öffentlichen Verwaltung abbaut, die Aufgabenverteilung strafft und die Kapazitäten zur Ausarbeitung und Umsetzung öffentlicher Maßnahmen stärkt; in Abstimmung mit den Sozialpartnern einheitliche Lohnbildungssysteme in der öffentlichen Verwaltung und den öffentlichen Diensten einführt;

4.

die Unternehmensführung und -kontrolle in staatseigenen Unternehmen verbessert und die Veräußerung staatseigener Unternehmen und nichtproduktiver Vermögenswerte intensiviert; die Belastung, die Unternehmen durch steuerähnliche Abgaben und aufwendige Verwaltungs- und Rechtsvorschriften entsteht, in signifikanter Weise verringert; bei unternehmensorientierten Dienstleistungen und reglementierten Berufen den Wettbewerb steigert; die Dauer von Gerichtsverfahren verkürzt und die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel in Gerichten verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 41.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/48


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Italiens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2018

(2018/C 320/11)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Italien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Italien die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 4 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Italien wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Italiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Italien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere gehen vor dem Hintergrund des großen, wenn auch rückläufigen Bestands notleidender Kredite und der hohen, aber ebenfalls rückläufigen Arbeitslosigkeit von dem erheblichen gesamtstaatlichen Schuldenstand und der anhaltend schwachen Produktivitätsentwicklung Risiken von grenzübergreifender Bedeutung aus. Es besteht besonderer Handlungsbedarf, um das Risiko nachteiliger Auswirkungen auf die italienische Wirtschaft und — in Anbetracht ihrer Größe und grenzübergreifenden Bedeutung — auf die Wirtschafts- und Währungsunion zu senken.

(4)

Am 16. Mai 2018 übermittelte Italien sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Italien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. Das von der scheidenden Regierung vorgelegte Stabilitätsprogramm 2018 beruht auf einem Trendszenario unter der Annahme einer unveränderten Gesetzeslage. Die italienischen Behörden gehen davon aus, dass sich das Gesamtdefizit von 2,3 % des BIP im Jahr 2017 auf 1,6 % im Jahr 2018 und 0,8 % im Jahr 2019 verbessert; 2020 soll ein weitgehend ausgeglichener Haushalt erreicht werden. Das mittelfristige Haushaltsziel, d. h. ein strukturell ausgeglichener Haushalt, soll 2020 erreicht und 2021 aufrechterhalten werden; der neu berechnete strukturelle Saldo (6) deutet jedoch in beiden Jahren auf ein geringfügiges strukturelles Defizit von 0,2 % des BIP hin. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird sich — auch aufgrund veranschlagter Einnahmen aus Privatisierungen in Höhe von 0,3 % pro Jahr im Zeitraum 2018-2020 — die gesamtstaatliche Schuldenquote, nachdem sie im Jahr 2017 leicht zurückgegangen war (von 132 % des BIP im Jahr 2016 auf 131,8 %), 2018 um einen BIP-Prozentpunkt auf 130,8 % verringern und 2021 122,0 % erreichen. In den vergangenen Jahren wurden die Privatisierungsziele jedoch nicht vollständig erreicht. Die Frühjahrsprognose 2018 der Kommission für 2019 geht unter Annahme einer unveränderten Politik von einem geringeren realen BIP-Wachstum und einem höheren Defizit aus als das Stabilitätsprogramm 2018. Grund hierfür ist, dass in der Prognose der Kommission die Mehrwertsteuererhöhung (0,7 % des BIP), die als „Sicherheitsmaßnahme“ verabschiedet wurde, um die Haushaltsziele 2019 zu erreichen, nicht berücksichtigt wird.

(7)

Am 23. Mai 2018 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, da Italien allem Anschein nach in den Jahren 2016 und 2017 die Schuldenregel nicht eingehalten hat. In dem Bericht kam sie nach Bewertung aller einschlägigen Faktoren zu dem Schluss, dass das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (7) als derzeit erfüllt betrachtet werden sollte und daher die Einleitung eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit nicht angezeigt ist, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass Italien die präventive Komponente im Jahr 2017 nachträglich eingehalten hat. Die Kommission wird die Einhaltung auf der Grundlage der im Frühjahr 2019 zu übermittelnden Ex-post-Daten für 2018 erneut bewerten.

(8)

Im Stabilitätsprogramm 2018 wird auf die erheblichen Auswirkungen des außergewöhnlichen Flüchtlingszustroms und des Erdbebenschutzes auf den Haushalt verwiesen, und es werden ausreichend Belege für Umfang und Art der zusätzlichen Ausgaben angeführt. Der Kommission zufolge lagen die berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben im Jahr 2017 für den außergewöhnlichen Zustrom von Flüchtlingen bei 0,16 % des BIP und für den Erdbebenschutz bei 0,19 % des BIP. Die Bestimmungen nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ermöglichen eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben, da der Flüchtlingszustrom und die Erdbebengefahr außergewöhnliche Ereignisse darstellen, die erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Italiens haben, deren Tragfähigkeit aber durch die Gewährung einer vorübergehenden Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel nicht gefährdet würde. Um die betreffenden zusätzlichen Kosten zu berücksichtigen, wurde die erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 somit nach unten korrigiert.

(9)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Italien sicherzustellen, dass die gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (8) im Jahr 2018 um mindestens 0,2 % (nominal) zurückgehen, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass das Ziel, einen haushaltspolitischen Kurs zu erreichen, der sowohl zur Stützung der derzeitigen Erholung als auch zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beiträgt, bei der Bewertung der Übersicht über die Haushaltsplanung 2018 und der anschließenden Bewertung der Haushaltsergebnisse 2018 berücksichtigt werden muss. Ausgehend von der Bewertung der Erholung in Italien, die die Kommission — unter gebührender Berücksichtigung der Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit — im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Italiens 2018 vorgenommen hat, ist für 2018 eine strukturelle Anstrengung im Umfang von mindestens 0,3 % des BIP ohne jeglichen zusätzlichen Abweichungsspielraum erforderlich. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 0,5 %. Berücksichtigt man dies in der Gesamtbewertung auf der Grundlage der Frühjahrsprognose der Kommission 2018, besteht im Jahr 2018 die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel hin.

(10)

Angesichts des geschätzten gesamtstaatlichen Schuldenstands Italiens von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von 0,5 % des BIP sollte die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 0,1 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts vereinbarten gemeinsamen Anforderungsmatrix. Unter Annahme einer unveränderten Politik besteht im Jahr 2019 sowie in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung. Italien wird die Schuldenregel in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich nicht einhalten. Bei einem Stand von rund 130 % des BIP macht es die hohe öffentliche Schuldenquote Italiens erforderlich, umfangreiche Mittel zur Deckung des Schuldendienstes einzusetzen, die daher in stärker wachstumsfördernden Bereichen wie Bildung, Innovation und Infrastruktur fehlen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass ab 2018 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten. Es wäre umsichtig, unerwartete Mehreinnahmen zum weiteren Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu verwenden.

(11)

Die Rentenausgaben Italiens gehören mit rund 15 % des BIP jetzt zu den höchsten in der Union. Die sich aus der Bevölkerungsalterung ergebenden impliziten Verbindlichkeiten wurden durch frühere Rentenreformen begrenzt, und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Italiens wurde auch durch die schrittweise Anpassung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung verbessert. Bestimmungen in den Haushaltsplänen sowohl für 2017 als auch für 2018 haben diese Reformen jedoch teilweise umgekehrt. Der Anteil der Bevölkerung im Alter von über 65 Jahren liegt in Italien über dem Unionsdurchschnitt. Dieser Anteil dürfte in Zukunft noch zunehmen, wodurch sich der Altersabhängigkeitsquotient in Italien weiter verschlechtern wird. Demnach dürften die Rentenausgaben mittelfristig steigen. Der hohe Anteil der Rentenausgaben an den öffentlichen Ausgaben begrenzt andere soziale Ausgaben, z. B. für Armutsbekämpfung, und wachstumsfördernde Ausgaben, z. B. im Bildungsbereich, dessen Anteil an den Ausgaben seit Anfang der 2000er-Jahre rückläufig ist. Durch Eingriffe bei den hohen Rentenansprüchen, die nicht durch entsprechende Beiträge gedeckt sind, könnten — bei gleichzeitiger Achtung der Grundsätze der Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit — beträchtliche Einsparungen erzielt werden.

(12)

Das Steuersystem Italiens belastet Kapital und Arbeit stark, was sich negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Trotz der jüngsten Ausweitung von Steueranreizen zählt die steuerliche Belastung der Produktionsfaktoren nach wie vor zu den höchsten in der Union und hemmt Investitionen und Beschäftigung. Dabei bestehen Möglichkeiten für eine haushaltsneutrale Verlagerung auf weniger wachstumsschädliche Steuerquellen wie z. B. Immobilien und Verbrauch. Die periodische Immobiliensteuer auf den Erstwohnsitz wurde im Jahr 2015 auch für reichere Haushalte abgeschafft. Auch sind die Katasterwerte größtenteils veraltet und steht eine Reform zur Anpassung an die aktuellen Marktwerte noch aus. Zahl und Umfang der Steuervergünstigungen sind — insbesondere bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen — besonders hoch, und ihre Straffung wurde weiter aufgeschoben, obgleich sie nach italienischem Recht vorgeschrieben ist. Ferner besteht Spielraum, um die Belastung für Unternehmen und Haushalte, die ihren steuerlichen Verpflichtungen nachkommen, zu verringern, indem die Steuergesetzgebung vereinfacht und insgesamt für größere Steuerehrlichkeit gesorgt wird. Die Ausweitung der obligatorischen elektronischen Rechnungsstellung auf alle Transaktionen im Privatsektor ab 2019 ist ein begrüßenswerter Schritt in diese Richtung. Allerdings sind die Obergrenzen für Barzahlungen angehoben worden, sodass elektronische Zahlungsmittel in der Praxis unter Umständen weniger genutzt werden, wo doch ihre obligatorische Verwendung die Steuerehrlichkeit fördern kann. Nach Schätzungen des italienischen Statistikamts machte die Schattenwirtschaft im Jahr 2015 12,6 % des BIP aus, doch sind keine strategischen Maßnahmen vorgesehen, um dieser Herausforderung zu begegnen. Etwa 15,9 % der Gesamtbeschäftigung wird ganz oder teilweise nicht gemeldet, wobei in bestimmten Branchen Spitzenwerte von fast 50 % zu verzeichnen sind.

(13)

Die Investitionstätigkeit ist während der Krise stark zurückgegangen und hat das Niveau von 2007 noch nicht wieder erreicht. Trotz einer Zunahme im Jahr 2017 ist das Investitionsniveau im Vergleich zu anderen Ländern der Union weiterhin niedrig. Besonders die privaten Investitionen waren gering und wurden durch strukturelle Faktoren gebremst. Zu diesen Faktoren zählen weniger günstige Rahmenbedingungen für Unternehmen, finanzielle Engpässe im Zusammenhang mit gering entwickelten Kapitalmärkten, geringe Kreditvergabe durch die Banken und ein Mangel an hoch qualifizierten Arbeitskräften, der unter anderem auf Abwanderung und begrenztes lebenslanges Lernen zurückzuführen ist. Immaterielle Vermögenswerte (z. B. Forschung und Entwicklung, Innovation und Fortbildung von Arbeitnehmern) sind von entscheidender Bedeutung für Produktivität und Wirtschaftswachstum und gehören mit zu den Ursachen für Produktivitätsunterschiede zwischen Ländern. Die Investitionen in derartige Vermögenswerte liegen in Italien jedoch nach wie vor unter dem Unionsdurchschnitt. Gründe hierfür sind die große Zahl von Kleinstunternehmen, die mangelnde Spezialisierung Italiens in wissensintensiven Branchen sowie die begrenzte Digitalisierung und unzureichende digitale Kompetenzen. Gleichzeitig sind die öffentlichen Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung gekürzt worden. Kleine und mittlere Unternehmen sind für die Finanzierung weiterhin stark auf den Bankensektor angewiesen, und die Kreditvergabe ist trotz historisch niedriger Finanzierungskosten nach wie vor verhalten. Darüber hinaus gibt es große regionale Unterschiede bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung, der Nutzung jüngster politischer Anreize für innovative Unternehmen und der Qualität der Bildung. Auf der Grundlage der derzeitigen Bewertung der Ergebnisse der verschiedenen industriepolitischen Maßnahmen im Rahmen von „Finanza per la crescita“ und „Industria/Impresa 4.0“ erscheint es angebracht, einen langfristigen politischen Rahmen zu schaffen, um Investitionen zu unterstützen, die die innovationsfördernden Faktoren — z. B. Kreditverfügbarkeit, starke Forschungsgrundlage, hohes Bildungsniveau und passende Qualifikationen — stärken können. Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, sich mit den regionalen Unterschieden in Industrie und Bildungswesen zu befassen.

(14)

Die Effizienz des italienischen Justizsystems hat sich in den letzten Jahren nur leicht verbessert, und so gibt die Länge der Gerichtsverfahren nach wie vor Anlass zu Bedenken, vor allem in höheren Instanzen. Zum Beispiel gehörte 2016 die Zeitspanne bis zur Entscheidung in zivil- und handelsrechtlichen Verfahren in allen Instanzen nach wie vor zu den längsten in der Union. Der Verfahrensrückstau beim Kassationsgerichtshof (Corte suprema di Cassazione) hat weiter zugenommen und zählt im Verhältnis zur Einwohnerzahl nach wie vor zu den größten in der Union. Ein wichtiges Ermächtigungsgesetz zur Straffung der zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften und zur Verstärkung der Abschreckung gegen missbräuchliche Prozessführung ist seit zwei Jahren beim italienischen Parlament anhängig. Ferner hat sich das vereinfachte Verfahren (rito sommario), das zu den Maßnahmen gehört, die eingeführt wurden, um die Prozessführung zu begrenzen und die Verfahrensdisziplin zu verbessern, nicht zum Standardverfahren in Appellationsgerichten entwickelt, und die Nutzung der Unzulässigkeitsprüfung für Berufungen in zweiter Instanz ist weiterhin uneinheitlich und begrenzt und führt somit nicht zu dem erwarteten Rückgang der Zahl neuer Fälle. Vielmehr ist 2016 die Zahl der anhängig gewordenen Zivilsachen sowohl in erster als auch in zweiter Instanz durch die stetig zunehmenden Berufungsquoten angestiegen. 2016 wurde ein wachsender Anteil der beim Kassationsgerichtshof eingereichten Berufungen für unzulässig erklärt, was eine neue Aufwärtstendenz bestätigt. Die Fähigkeit des Kassationsgerichtshofs, eingehende Fälle zu bearbeiten, wurde auch aufgrund einer deutlichen Zunahme der neuen Fälle aus anderen Bereichen als dem Strafrecht, vor allem aus dem Steuerrecht, beeinträchtigt (was seine Rolle untergraben könnte). Durch die angemessene Durchsetzung der Verfahrensvorschriften auch gegen missbräuchliche Prozessführung könnte die Rechtspflege zuverlässiger und effizienter werden.

(15)

Korruption stellt in Italien in Bezug auf die Rahmenbedingungen für Unternehmen und das öffentliche Auftragswesen nach wie vor eine große Herausforderung dar. Italien hat den Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung verbessert, indem die Verjährungsfristen überarbeitet, der Schutz für Hinweisgeber auf Arbeitnehmer im Privatsektor ausgedehnt und der Straftatbestand der Korruption unter privaten Parteien besser an die internationalen Standards angepasst wurden. Zwar wird durch die verabschiedete Reform der Verjährungsfristen die Verjährung nach einer erstinstanzlichen Verurteilung nicht ausgesetzt, wie es die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats empfohlen hat, doch könnte sich der Spielraum für missbräuchliche strafrechtliche Prozessführung, die von Rechtsanwälten in höheren Instanzen als Verzögerungstaktik eingesetzt wird, verringern. Die seit Langem bestehenden Bedenken, dass Korruptionsfälle nach der erstinstanzlichen Verurteilung verjähren, könnten so gemildert werden. Die Repression von Korruption könnte durch eine effizientere Strafjustiz verbessert werden. 2014 lag die Zahl der neuen und bereits anhängigen Strafverfahren auf zweit- und drittinstanzlicher Ebene unter anderem aufgrund einer der höchsten Berufungsquoten beim Kassationsgerichtshof von allen Unionsländern in Italien am höchsten. Dies führte dazu, dass die Strafverfahrensdauer zu den längsten gehörte. Anreize für die Verfahrensbeschleunigung und Abschreckungsmaßnahmen gegen missbräuchliche Prozessführung könnten die Strafjustiz und die Korruptionsbekämpfung wirksamer machen. Die nationale Antikorruptionsbehörde spielt bei der Umsetzung des neuen Korruptionsbekämpfungsrahmens eine Schlüsselrolle.

(16)

Verbesserungen der öffentlichen Verwaltung in Italien hätten positive Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen für Unternehmen und die Investitionstätigkeit sowie die Fähigkeit von Unternehmen, Innovationschancen zu nutzen. Die großen regionalen Diskrepanzen bei der Reaktionsgeschwindigkeit der Behörden gegenüber Unternehmen legen nahe, dass Unternehmer bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit in bestimmten Gebieten größeren Hindernissen gegenüberstehen als anderswo. 2015 wurde ein umfassendes Ermächtigungsgesetz zur Reform der öffentlichen Verwaltung verabschiedet, das zu Effizienzsteigerungen zum Vorteil der Wirtschaft führen könnte. Nachdem die Umsetzung der Reformen Ende 2017 abgeschlossen wurde, ist nun ihre Durchsetzung erforderlich, insbesondere in den Regionen, die bisher am schlechtesten abgeschnitten haben. Was staatseigene Unternehmen angeht, soll die Reform eine bessere Abstimmung zwischen den Vorschriften für staatseigene Unternehmen und denjenigen für Privatunternehmen gewährleisten. Als Ziele werden angegeben: Rationalisierung der staatseigenen Unternehmen durch Zusammenschlüsse, Konsolidierung nicht rentabler staatseigener Unternehmen und Privatisierungen; Steigerung der Effizienz der verbleibenden Unternehmen; Vermeidung der Entstehung weiterer staatseigener Unternehmen in nicht wesentlichen Bereichen. Die Durchsetzung des neuen Rahmens ist von entscheidender Bedeutung, damit diese Ziele erreicht werden können. Darüber hinaus sind die lokalen öffentlichen Dienstleistungen vom Wettbewerb (auf dem und um den Markt) abgeschirmt, was Effizienz und Leistungsqualität beeinträchtigt und zu Unzufriedenheit bei den Verbrauchern führt. Die Reform der öffentlichen Verwaltung von 2015 sah auch einen neuen Rahmen zur Reform der Verwaltung lokaler öffentlicher Dienstleistungen vor. Im November 2016 erklärte das Verfassungsgericht das zum Erlass einiger Gesetzesdekrete angewandte Verfahren jedoch für verfassungswidrig, wovon auch das Dekret für lokale öffentliche Dienstleistungen betroffen war. Nach Ablauf der Frist für das Dekret im November 2016 ist nun ein neuer Gesetzesvorschlag erforderlich.

(17)

Bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen würden das Unternehmertum fördern und bessere wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen dazu führen, dass Ressourcen effizienter zugewiesen und Produktivitätsgewinne erzielt werden. Das jährliche Wettbewerbsgesetz 2015 wurde im August 2017 angenommen und muss nun ordnungsgemäß umgesetzt werden. Allerdings bestehen in bestimmten Sektoren, so etwa bei den freien Berufen, dem öffentlichen Nahverkehr, dem Schienenverkehr und im Einzelhandel, noch immer erhebliche Hindernisse für den Wettbewerb. Durch mehr wettbewerbliche Verfahren für die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und Konzessionen für den Zugang zu öffentlichen Gütern würde die Qualität der Dienstleistungen steigen. Im öffentlichen Beschaffungswesen wird es vom zeitnahen Abschluss der jüngsten Reform, der einheitlichen Anwendung der geplanten elektronischen Auftragsvergabe und -aggregation sowie der Aufnahme der Tätigkeit durch die zentrale Aggregationsstelle für Politikkoordinierung (Cabina di regia per gli appalti pubblici) abhängen, was durch die Reform erreicht werden kann.

(18)

Das Vertrauen der Märkte in die italienischen Banken ist durch die 2017 in Bezug auf mehrere schwächere Banken ergriffenen Maßnahmen gestiegen. Dank besserer wirtschaftlicher Bedingungen und des aufsichtsrechtlichen Drucks sind Fortschritte beim Abbau notleidender Kredite erzielt worden, doch ist der Bestand noch immer hoch. Die Rentabilität der Banken und ihre Fähigkeit zu interner Kapitalbeschaffung werden dadurch eingeschränkt. Um Finanzstabilität und Kreditvergabe an die Realwirtschaft zu fördern, muss der Abbau notleidender Kredite in gleichem Tempo fortgeführt werden, unter anderem durch Vertiefung des Sekundärmarkts für notleidende Kredite. Ferner sollten weitere Maßnahmen zur Umstrukturierung und Konsolidierung von Bilanzen, auch bei kleinen und mittleren Banken, unterstützt werden. So wäre die strukturell geringe Rentabilität der Banken durch umfassende Kostensenkungen und eine Optimierung des Geschäftsmodells anzugehen.

(19)

Verschiedene Reformen der Unternehmensführung laufen zurzeit, doch würde vor allem die vollständige Umsetzung der Reformen der großen Genossenschaftsbanken und der kleineren Banken auf Gegenseitigkeit den Gesamtzustand des Bankensektors stützen. Die geltenden Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsvorschriften erlauben noch immer keine hinreichend schnelle Lösung und Umstrukturierung bei notleidenden Krediten. Die unverzügliche Annahme und Umsetzung der erforderlichen Legislativmaßnahmen für die Reform des Insolvenzrechts könnte dazu beitragen, strukturelle Schwächen anzugehen. 2016 ergriffene Maßnahmen zur Beschleunigung der Sicherheitenverwertung durch Banken werden bisher nicht genutzt. Der Rahmen für die außergerichtliche Sicherheitenverwertung gilt noch immer nicht in vollem Umfang für Haushalte und erst seit Kurzem für Unternehmen.

(20)

Der Zugang zu Finanzmitteln bleibt trotz der Fortschritte, die in den vergangenen Jahren durch verschiedene politische Maßnahmen erzielt wurden, ein wichtiges Hindernis für Investitionen und Wachstumsfinanzierung, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Die Unternehmensfinanzierung erfolgt weiterhin in erster Linie über Banken, während der Kapitalmarkt im Vergleich zu anderen Unionsländern unterentwickelt ist. Der Anteil der Eigenkapitalfinanzierung bei kleinen und mittleren Unternehmen ist im Unionsvergleich besonders niedrig. Die Einführung des „Eigenkapitalzinsabzugs“ war eine wichtige Reform, doch die anschließende Senkung des Referenzzinssatzes schwächte ihre positiven Auswirkungen ab. Die Förderung des Zugangs von Unternehmen zu den Finanzmärkten wäre für die Diversifizierung der Finanzierungsquellen von Unternehmen zur Steigerung von Investitionen und Wachstum sehr wichtig.

(21)

Die Arbeitsmarkteinrichtungen sind in den vergangenen Jahren grundlegend reformiert worden. Die Arbeitsmarktbedingungen verbessern sich weiter, und die Beschäftigtenzahl hat 2017 mit einem Anstieg um 1,2 % auf über 23 Millionen Menschen wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Die Beschäftigungsquote (20-64-Jährige) ist im letzten Jahr auf über 62 % gestiegen, was allerdings vor allem auf befristete Beschäftigungsverhältnisse zurückgeht. Die Quote liegt jedoch nach wie vor erheblich unter dem Unionsdurchschnitt. Die Arbeitslosenquote ist 2017 auf 11,2 % gesunken, doch liegt die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden noch deutlich niedriger als vor der Rezession. Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit sind zwar leicht zurückgegangen, bleiben aber hoch und gefährden den sozialen Zusammenhalt und das Wachstum. Mit 20,1 % im Jahr 2017 gehörte der Anteil junger Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, nach wie vor zu den höchsten in der Union, wobei sich große regionale Unterschiede halten.

(22)

Tarifverhandlungen auf Unternehmens- oder Gebietsebene finden weiterhin nur begrenzt statt, was auch daran liegt, dass es in Italien sehr viele kleine Unternehmen gibt. Möglicherweise verhindert dies eine rasche Anpassung der Löhne an die örtlichen Wirtschaftsbedingungen. Ende Februar 2018 unterzeichneten Confindustria und die drei großen italienischen Gewerkschaften (Cgil, Cisl und Uil) einen Rahmentarifvertrag, in dem — durch die Verbesserung der Rechtssicherheit mittels klarerer Vorschriften für die Vertretung der Sozialpartner bei Verhandlungen — die Bedeutung dezentraler Tarifverhandlungen gestärkt wurde. Die durch dezentrale Tarifverträge festgelegten Steuervergünstigungen für leistungsabhängige Lohnzuzahlungen wurden 2017 gestärkt, doch ist ihre Wirksamkeit nur schwer zu beurteilen. Wenngleich die Zahl der Tarifverträge insgesamt zunimmt, so wurde doch nur ein geringer Teil auch von den wichtigsten Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden unterzeichnet.

(23)

Die im „Jobs Act“ vorgesehene Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist 2017 kaum vorangekommen. Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen sind angesichts der größeren Flexibilität auf dem italienischen Arbeitsmarkt und des wachsenden Anteils befristeter Beschäftigungsverhältnisse von besonderer Bedeutung. Bislang wurden keine allgemein verbindlichen Dienstleistungsstandards eingeführt, und den Arbeitsverwaltungen fehlt es an Personal und angemessener Überwachung, wenngleich im neuen Haushaltsgesetz für 2018 zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen für die öffentlichen Arbeitsverwaltungen in den Regionen vorgesehen sind. Mehr Mitarbeiter — insbesondere solche, die für Leistungen der Arbeitsvermittlung und der sozialen Sicherheit ausreichend qualifiziert sind — wären auch für die ordnungsgemäße Umsetzung der 2018 eingeführten Armutsbekämpfungsregelung und für die Jugendgarantie, durch die bedürftige junge Menschen zeitnah einen angemessenen Arbeitsplatz oder eine angemessene Ausbildung erhalten sollen, von entscheidender Bedeutung.

(24)

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen steigt zwar, gehört jedoch noch immer zu den niedrigsten in der Union. Die Auswirkungen der jüngsten Maßnahmen, die sich auf bedürfnisunabhängige Geldleistungen bei der Geburt eines Kindes konzentrieren, wurden von den italienischen Behörden nicht bewertet. Es gibt Hinweise darauf, dass diese Geldtransferleistungen nicht geeignet sind, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu fördern. Auch dürfte die Geburtenrate, die seit 20 Jahren auf einem sehr niedrigen Stand verharrt, durch diese Leistungen nicht steigen. Eine umfassende Strategie für die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben gibt es bisher nicht. Das äußert sich darin, dass eine Elternurlaubsregelung, die für beide Geschlechter gelten würde, flexible Arbeitsregelungen sowie angemessene, bezahlbare und hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen und -leistungen fehlen.

(25)

Wirksame Maßnahmen zur Steigerung von Investitionen in Humankapital und Qualifikationsniveau würden zu höherer Beschäftigungsfähigkeit und besserer Deckung des künftigen Arbeitskräftebedarfs beitragen. Die Qualität des Schulunterrichts in Italien wird besser, ist jedoch weiterhin von großen regionalen Unterschieden geprägt. Der Anteil der Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen, liegt mit 30,1 % nach wie vor über dem Unionsdurchschnitt von 19,4 %, wobei insbesondere im Ausland geborene Schüler betroffen sind. Die Umsetzung der Reform ist im Großen und Ganzen auf gutem Wege, und die berufliche Aus- und Weiterbildung verbessert sich. Die mit weniger als 0,4 % des BIP stark unterfinanzierte Tertiärbildung ist durch hohe Abbruchquoten und zu lange Studienzeiten gekennzeichnet. Infolgedessen gehört die Abschlussquote zu den niedrigsten in der Union (26,9 % der Bevölkerung im Alter von 30 bis 34 Jahren). Die Teilnahmequote an Programmen der Erwachsenenbildung steigt, gehört jedoch ebenfalls nach wie vor zu den niedrigsten in der Union, insbesondere in Bezug auf gering qualifizierte Erwachsene. Weiterbildung und Umschulung sollten gefördert und die Arbeitgeber ermutigt werden, mehr Bildungsmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter anzubieten. Die Umsetzung der im Oktober 2017 eingeführten umfassenden nationalen „Kompetenzstrategie“ wird von entscheidender Bedeutung sein.

(26)

Entgegen der Tendenz in der Union ist in Italien die Zahl der Menschen, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, weiter gestiegen und lag 2016 mit 30 % weit über dem Unionsdurchschnitt. Besonders betroffen sind Kinder, Arbeitnehmer mit befristetem Beschäftigungsverhältnis und Migranten. Die Einkommensungleichheit ist hoch und nimmt weiter zu. 2016 überstieg das Einkommen der reichsten 20 % der Haushalte das Einkommen der ärmsten 20 % um das 6,3-Fache. Bei Menschen im erwerbsfähigen Alter ist dieser Unterschied sogar noch stärker ausgeprägt, da die Umverteilungswirkung der Renten nicht zum Tragen kommt. Die Einführung einer neuen unbefristeten Regelung zur Bekämpfung der Armut (Reddito di Inclusione) stellt einen wichtigen sozialpolitischen Fortschritt dar. Konzipiert als universeller Transfer für Menschen, die bestimmte Armutskriterien erfüllen, soll die Regelung den derzeit geringen Beitrag von Sozialleistungen zur Armutsbekämpfung erhöhen. Die Regelung stützt sich auf solide Steuerungsmechanismen und soll systematisch einer Bewertung unterzogen werden. Wichtig ist, dass in ihrem Rahmen auch ein erheblicher Ausbau der personell unterbesetzten Sozialdienste beabsichtigt ist. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Sozialdiensten und öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen sowie eine ausreichende Mittelausstattung werden für die reibungslose Umsetzung der Reform ausschlaggebend sein. Als erster Schritt zur Rationalisierung der Sozialausgaben wird die bisherige Regelung für die Arbeitslosenunterstützung („ASDI“) in der neuen Regelung aufgehen. Das Gesundheitswesen in Italien bietet eine universelle Versorgung, und der Gesundheitszustand der Bevölkerung ist insgesamt gut; dennoch besteht nach eigenen Angaben Italiens ein hoher Bedarf an zusätzlichen ärztlichen Versorgungsleistungen und halten sich die regionalen Unterschiede bei Organisation und Qualität der Versorgungserbringung. Italien hat einige Anstrengungen unternommen, um den Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung zu gewährleisten, so unter anderem durch Überarbeitung und Ausweitung der gesetzlichen Mindestversorgungsleistungen.

(27)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Italiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Italien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Italien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(28)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (9) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(29)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider —

EMPFIEHLT, dass Italien 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 0,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; Mehreinnahmen dazu nutzt, den Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote voranzutreiben; den Faktor Arbeit steuerlich entlastet, so unter anderem durch Abbau der Steuervergünstigungen und Anpassung der veralteten Katasterwerte; die Bemühungen zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft verstärkt, auch durch Ausweitung der obligatorischen Nutzung des elektronischen Zahlungsverkehrs mittels niedrigerer Obergrenzen für Barzahlungen; den Anteil der Rentenausgaben an den öffentlichen Ausgaben verringert, um Raum für andere Sozialausgaben zu schaffen;

2.

die Dauer zivilrechtlicher Gerichtsverfahren in allen Instanzen durch die Durchsetzung und Straffung von Verfahrensvorschriften — einschließlich derer, die derzeit vom Gesetzgeber geprüft werden — verkürzt; wirksamere Prävention und Repression von Korruption erreicht, indem die Dauer strafrechtlicher Gerichtsverfahren verkürzt und der neue Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung umgesetzt wird; die Durchsetzung des neuen Rechtsrahmens für staatseigene Unternehmen gewährleistet und Effizienz und Qualität der lokalen öffentlichen Dienstleistungen verbessert; Einschränkungen des Wettbewerbs behebt, auch im Dienstleistungsbereich und durch ein neues jährliches Wettbewerbsgesetz;

3.

den Abbau des hohen Bestands notleidender Kredite im gleichen Tempo fortsetzt, eine weitere Umstrukturierung und Konsolidierung der Bankbilanzen auch bei kleinen und mittleren Banken fördert und die Reform des Insolvenzrechts zügig umsetzt; den Zugang von Unternehmen zu den Finanzmärkten erleichtert;

4.

die Umsetzung der Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik beschleunigt, um gleichberechtigten Zugang zu wirksamer Unterstützung bei der Arbeitssuche und zu Aus- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen zu gewährleisten; die Erwerbsbeteiligung von Frauen über eine umfassende Strategie fördert, mit der Familienleistungen rationalisiert und Kinderbetreuungseinrichtungen ausgeweitet werden; Forschung, Innovation, digitale Kompetenzen und Infrastrukturen durch gezieltere Investitionen fördert und die Teilnahme an berufsbildenden Tertiärbildungsangeboten steigert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(7)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(8)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(9)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/55


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Zyperns 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Zyperns 2018

(2018/C 320/12)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Zypern als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Zypern die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1, 3 und 5 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht Zypern 2018 wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Zyperns bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Zypern übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Besonders wichtig ist, dass das Land etwas gegen die erheblichen Ungleichgewichte bei wichtigen Bestandsgrößen unternimmt, und zwar gegen den Überhang bei den privaten, den öffentlichen und den Auslandsschulden sowie gegen den hohen Stand an notleidenden Krediten.

(4)

Am 19. April 2018 übermittelte Zypern sein Nationales Reformprogramm 2018 und am 30. April 2018 sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Zypern befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. In seinem Stabilitätsprogramm 2018 veranschlagt Zypern einen Haushaltsüberschuss in Höhe von nominal 1,7 % des BIP für das Jahr 2018 und von knapp unter 2,0 % des BIP für den Programmzeitraum. Das mittelfristige Haushaltsziel, d. h. ein strukturell ausgeglichener Haushalt, soll im Zeitraum 2018-2021 erreicht werden. Nach einem Rückgang auf etwa 97,5 % des BIP im Jahr 2017 soll die gesamtstaatliche Schuldenquote dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge im Jahr 2018 auf 105,6 % anwachsen und danach bis 2021 kontinuierlich auf 88 % sinken. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Die dem Stabilitätsprogramm zugrunde liegenden makroökonomischen Annahmen sind mit Abwärtsrisiken verbunden, die insbesondere dem großen Bestand notleidender Kredite im Finanzsektor zuzuschreiben sind.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Zypern, an dem mittelfristigen Haushaltsziel im Jahr 2018 festzuhalten. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben (6) von höchstens 1,9 % im Jahr 2018, was eine Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,4 % des BIP zulässt. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo bei einem Überschuss von 0,8 % des BIP im Jahr 2018 und 0,5 % des BIP im Jahr 2019 liegen und damit das mittelfristige Haushaltsziel übertreffen. Den Prognosen zufolge wird Zypern die Übergangsregelung für den Schuldenabbau im Jahr 2018 und die Schuldenregel im Jahr 2019 einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Zypern die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 einhalten dürfte. Gleichzeitig sollten die Ausgabenentwicklungen kurz- und mittelfristig sehr aufmerksam beobachtet werden, insbesondere in Anbetracht möglicher künftiger Risiken für die Solidität der Einnahmen.

(8)

Trotz jüngster Anstrengungen zur Bereitstellung elektronischer Behördendienste, zur Verbesserung der Rechtsvorschriften und zur Erhöhung der Beschäftigtenmobilität ist die öffentliche Verwaltung nach wie vor nicht ausreichend effizient, was sich negativ auf das Geschäftsumfeld auswirkt. Wichtige Legislativvorschläge, mit denen dieses Problem behoben werden soll, sind noch nicht verabschiedet. Sie umfassen Gesetzesentwürfe für eine Reform der zentralstaatlichen und kommunalen Verwaltungen. Die Mängel des Steuerungsrahmens für staatseigene Einrichtungen könnten dazu führen, dass dem Staat Eventualverbindlichkeiten entstehen, die seine Investitionskapazität bei wichtigen Versorgungsleistungen wie Telekommunikationsdienstleistungen und Energieversorgung einschränken. Die restriktive Gehälterpolitik im öffentlichen Sektor war ein wesentliches Element der Haushaltskonsolidierung in Zypern. Allerdings endet der geltende Tarifvertrag, der die Gehälter im öffentlichen Sektor begrenzt, im Jahr 2018, und eine dauerhaftere Lösung steht noch aus.

(9)

Im Dezember 2017 wurden eine nationale Strategie zur Korruptionsbekämpfung und ein einschlägiger Aktionsplan angenommen. Während die bestehende Stelle für Korruptionsbekämpfung nach wie vor nicht über ausreichende Mittel verfügt, erwägt die Regierung die Einrichtung einer neuen unabhängigen Agentur. Verschiedene Legislativvorschläge wie Gesetzentwürfe zum Schutz von Hinweisgebern, zur Offenlegung von Lobbyarbeit und zu Erklärungen über Vermögensverhältnisse werden derzeit im Parlament geprüft; eine Annahme dieser Entwürfe würde die nationalen Regelungen zur Korruptionsbekämpfung stärken.

(10)

Wie bereits in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2018 erwähnt, ist die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung unerlässlich, um Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen Unternehmen zu verhindern, eine faire Behandlung der Steuerzahler sicherzustellen und die öffentlichen Finanzen zu schützen. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler auch Rückwirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene erforderlich. Der große Umfang der über Zypern geleisteten Dividenden- und Zinszahlungen (als Anteil des BIP) lässt darauf schließen, dass Unternehmen die Steuervorschriften des Landes für eine aggressive Steuerplanung nutzen. Da auf ins Ausland fließende (also von in der Union Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Dividenden-, Zins- und in vielen Fällen auch Lizenzgebührzahlungen von in Zypern ansässigen Unternehmen keine Quellensteuern erhoben werden, fallen diese Zahlungen möglicherweise vollständig durch das Steuerraster, sofern sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. In Verbindung mit den Vorschriften zum Unternehmenssitz in Bezug auf die Körperschaftsteuer leistet das Fehlen dieser Steuern einer aggressiven Steuerplanung möglicherweise Vorschub. Wenngleich das System für den steuerlichen Abzug fiktiver Zinsaufwendungen dazu beiträgt, die Steueranreize für Fremdfinanzierungen zu verringern, kann es — wenn keine wirksamen Vorschriften gegen Missbrauch existieren — auch zur Steuervermeidung genutzt werden. Die Kommission nimmt die unlängst angekündigten bzw. beschlossenen positiven Schritte (angekündigte Überarbeitung der Vorschriften zum Unternehmenssitz in Bezug auf die Körperschaftsteuer, geplante Änderungen an den Bestimmungen zur Verrechnungspreisgestaltung) zur Kenntnis. Auf der Grundlage des jüngsten Austauschs wird die Kommission ihren konstruktiven Dialog in Bezug auf die Eindämmung aggressiver Steuerplanungsstrategien von Steuerzahlern fortsetzen.

(11)

Ineffizienzen im Justizsystem behindern nach wie vor die Vertragsdurchsetzung und die rasche Bearbeitung von zivil- und handelsrechtlichen Verfahren. Die schwerfälligen Zivilverfahren und die unzureichende Vollstreckung von Gerichtsurteilen schmälern die Anreize für Banken, die Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsvorschriften zur Verringerung ihres Bestands an notleidenden Krediten zu nutzen. Die wichtigsten Probleme im Justizsystem wie die geringe Digitalisierung der Gerichte und der Mangel an ständiger Fortbildung für Richter wurden bereits mit einer Reihe von Reformen angegangen.

(12)

Die neuen Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsvorschriften werden nur begrenzt angewandt, was die Bemühungen zum Abbau notleidender Kredite untergräbt. Eine Arbeitsgruppe der beteiligten Akteure wurde damit beauftragt, die Umsetzung und Wirksamkeit der Vorschriften zu überprüfen. Verschiedene administrative Maßnahmen wurden ergriffen, um den Rückstau bei der Ausstellung von Eigentumsurkunden abzubauen. Dieser Rückstau ist allerdings nach wie vor groß, und eine strukturelle Lösung für die Unzulänglichkeiten des Systems der Eigentumsübertragung (Ausstellung von Eigentumsurkunden und Übertragung von Eigentumsrechten) fehlt noch immer.

(13)

Der hohe Anteil notleidender Kredite ist der größte Schwachpunkt des Bankensektors und beeinträchtigt die Kreditvergabe. Die Banken sehen sich bei der Durchsetzung ihrer Forderungen gegenüber zahlungsunfähigen Darlehensnehmern noch immer mit Hindernissen konfrontiert, und die geringe Rückzahlungsdisziplin stellt nach wie vor ein Problem dar. Im Jahr 2017 sind die notleidenden Kredite infolge der Umschuldung im Wege von Niederschlagungen und Umwandlungen von Schulden in Beteiligungen zurückgegangen, wenn auch je nach Bank in unterschiedlichem Maße. Unsicherheit besteht aber nach wie vor hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Abbaupläne der Banken, da weiterhin in großem Umfang wiederholt ausfallende Darlehen und wiederholte Umschuldungen zu beobachten sind und die direkten Risikopositionen der Banken gegenüber dem Immobilienmarkt zunehmen. Diese Faktoren deuten darauf hin, dass rasch eine umfassendere Strategie umgesetzt werden muss, die eine schnellere Bereinigung der Bankbilanzen ermöglicht, die sozialen Konsequenzen für gefährdete Gruppen berücksichtigt und sorgfältig konzipierte Anreize für eine bessere Rückzahlungsdisziplin enthält. Eine solche Strategie muss Gesetzesänderungen umfassen, um eine wirksame Durchsetzung von Forderungen zu ermöglichen und die Veräußerung von Darlehen zu erleichtern, darunter Schutzbestimmungen für Kreditnehmer und Vorschriften zur Einführung von Online-Auktionen. Außerdem sind der Steuerungsrahmen und die Verwaltungskapazitäten der Aufsichtsstellen für Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds nach wie vor unzulänglich. Im Laufe des Jahres 2018 will die Regierung diesbezüglich Legislativvorschläge vorlegen.

(14)

Die Umsetzung des Aktionsplans für Wachstum hat dazu geführt, dass in den Bereichen strategische Investitionen, unternehmerische Initiative und bessere Rechtsetzung einige Fortschritte erzielt wurden. Allerdings sind einige wichtige Reformen ins Stocken geraten, insbesondere in Bezug auf die Genehmigung von Investitionsvorhaben. Der Zugang zu Finanzmitteln hat sich verbessert, was auf leicht verbesserte Besicherungsanforderungen zurückzuführen ist, bleibt aber insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ein neuralgischer Punkt. Finanzielle Unterstützung wird hauptsächlich in Form von Finanzhilfen gewährt. Andere Finanzierungsquellen wie Risikokapital, Beteiligungskapital und Crowdfunding spielen für zyprische Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Privatisierungsvorhaben, durch die produktivitätssteigernde ausländische Investitionen ins Land geholt werden sollen, wurden in vielen Fällen eingestellt, und nur wenige Projekte machen gewisse Fortschritte (z. B. der Hafen von Larnaka).

(15)

Die Beschäftigungsquote steigt und die Arbeitslosigkeit ist stark rückläufig, bleibt aber unter jungen Menschen und Langzeitarbeitslosen nach wie vor hoch. Die Anstrengungen zum Ausbau der Kapazitäten der öffentlichen Arbeitsvermittlung werden fortgesetzt. Schwachstellen sind nach wie vor die Dienstleistungen für Arbeitgeber, die Kategorisierung der Arbeitsuchenden, die persönliche Beratung und die Aktivierungsmaßnahmen, auch für Mindesteinkommensempfänger. Der Anteil junger Menschen (im Alter von 15 bis 24 Jahren), die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, gehört weiterhin zu den höchsten in der Union. Sensibilisierungsmaßnahmen und eine zeitnahe, auf die individuelle Situation abgestimmte Unterstützung für junge Menschen gibt es nur wenige, wie die geringe Zahl der an den entsprechenden Aktivierungsprogrammen teilnehmenden jungen Menschen zeigt.

(16)

Bei der Modernisierung des Bildungssektors wurden Fortschritte erzielt, doch bleibt noch viel zu tun. Zu den jüngsten positiven Entwicklungen zählen eine gründliche Überarbeitung der Lehrpläne und die Umsetzung eines neuen Einstellungssystems für Lehrkräfte. Die Bildungsausgaben in Zypern liegen über dem Unionsdurchschnitt und verdeutlichen das ausgeprägte Engagement des Landes für die allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen. Allerdings sind die Bildungsergebnisse noch immer schwach. Die Quote der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger liegt zwar noch deutlich unter dem Unionsdurchschnitt, hat aber erheblich zugenommen. Die Teilnahme an Programmen der beruflichen Bildung ist niedrig, die Reform der Bewertung von Lehrkräften ist noch nicht umgesetzt und ein hoher Anteil der Hochschulabsolventen arbeitet noch immer in Berufen, für die ein Hochschulabschluss nicht unbedingt erforderlich ist.

(17)

Durch den Erlass von Rechtsvorschriften zur Einführung des neuen nationalen Gesundheitssystems hat Zypern in der Gesundheitsversorgung substanzielle Fortschritte erzielt. Das neue System zielt ab auf einen verbesserten Zugang, die Einführung einer allgemeinen Grundversorgung, die Senkung der hohen von den Patienten verlangten Eigenleistungen und die Steigerung der Effizienz der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Es soll im Jahr 2020 voll funktionsfähig sein. Zuvor gilt es aber größere Herausforderungen in Bezug auf die Umsetzung und den Investitionsbedarf zu meistern. Im Hinblick auf Vorkehrungen zur Verhinderung von Kostenüberschreitungen, auf die Modernisierung und verbesserte Effizienz der Gesundheitsdienstleister, einschließlich hinsichtlich der medizinischen Grundversorgung, auf die Einführung elektronischer Gesundheitsdienste und auf die Einrichtung einer nationalen Arzneimittelagentur sollten die Bemühungen fortgesetzt werden. Die Langzeitpflegeleistungen sind schwach und müssen angesichts der alternden Bevölkerung ausgebaut werden.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Zyperns umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Zypern gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Zypern berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (7), dass Zypern den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider —

EMPFIEHLT, dass Zypern 2018 und 2019

1.

wichtige legislative Reformen zur Verbesserung der Effizienz des öffentlichen Sektors verabschiedet, insbesondere mit Blick auf das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung, die Leitung staatseigener Einrichtungen sowie die kommunalen Behörden;

2.

die Bemühungen zur Steigerung der Effizienz des Justizsystems intensiviert, indem es die Zivilverfahren überprüft, die Spezialisierung der Gerichte erhöht und ein voll funktionsfähiges e-Justizsystem einrichtet; Maßnahmen ergreift, um die vollständige Anwendbarkeit der Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsvorschriften sicherzustellen, und schnelle und zuverlässige Systeme für die Ausstellung von Eigentumsurkunden und die Übertragung von Eigentumsrechten an Immobilien vorsieht;

3.

den Abbau der notleidenden Kredite beschleunigt, indem es eine umfassende Strategie umsetzt, die Gesetzesänderungen umfasst, um eine wirksame Durchsetzung von Forderungen zu ermöglichen und die Veräußerung von Darlehen zu erleichtern; die Aufsichtsvorschriften für Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds vereinheitlicht und stärkt;

4.

die wichtigsten Elemente des Aktionsplans für Wachstum vorrangig umsetzt und insbesondere Investitionen in strategische Vorhaben zügig vornimmt und zusätzliche Maßnahmen ergreift, um den Zugang zu Finanzmitteln für kleine und mittlere Unternehmen zu verbessern; die Leistungsfähigkeit der staatseigenen Unternehmen verbessert, indem es unter anderem mit der Umsetzung von Privatisierungsprojekten fortfährt;

5.

die Reformen zum Ausbau der Kapazitäten und der Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung zum Abschluss bringt und die Sensibilisierungs- und Aktivierungsmaßnahmen für junge Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, intensiviert; die Reform des Systems der allgemeinen und beruflichen Bildung zum Abschluss bringt und insbesondere die Lehrkräfte-Bewertung umsetzt und die Kapazitäten der Berufsbildungsprogramme erhöht; Maßnahmen ergreift, um zu gewährleisten, dass das nationale Gesundheitssystem wie vorgesehen 2020 voll funktionsfähig ist.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/60


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2018

(2018/C 320/13)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Sie trug der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Lettland nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Lettland als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in den Empfehlungen 1 und 2, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Lettland wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Lettlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)

Am 11. April 2018 übermittelte Lettland sein nationales Reformprogramm 2018 und am 16. April 2018 sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Lettland befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Stabilitätsprogramm 2018 veranschlagt die lettische Regierung eine Verschlechterung des Gesamtsaldos von einem Defizit von 0,5 % des BIP im Jahr 2017 auf 0,9 % des BIP in den Jahren 2018 und 2019 und anschließend eine Verbesserung auf 0,4 % des BIP in den Jahren 2020 und 2021. Diese Entwicklung dürfte mit dem mittelfristigen Haushaltsziel eines strukturellen Defizits von 1 % des BIP und mit den Abweichungen vereinbar sein, die Lettland im Rahmen der Reform des Altersvorsorgesystems und der Strukturreformklausel für die Reform des Gesundheitssektors zugestanden wurden. Nach der Neuberechnung (6) dürfte das strukturelle Defizit von – 1,2 % des BIP im Jahr 2017 auf – 1,7 % des BIP im Jahr 2018 steigen und im Jahr 2019 auf – 1,5 % des BIP zurückgehen. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote von 40,1 % des BIP im Jahr 2017 bis 2021 auf 36 % des BIP zurückgehen. Verglichen mit der Prognose der Kommission scheinen die BIP-Wachstumsprojektionen des Stabilitätsprogramms 2018 für 2018 ausgesprochen günstig und für 2019 plausibel. Der Haushalt ist mit Abwärtsrisiken behaftet, die auf die günstigen Annahmen bezüglich der Ergebnisse von Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerdisziplin zurückzuführen sind.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat, dass Lettland das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2018 unter Berücksichtigung der für die Umsetzung der Reform des Altersvorsorgesystems und der Strukturreformen zugestandenen vorübergehenden Abweichung erreichen sollte. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben (7) von höchstens 6,0 % im Jahr 2018, was eine Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,3 % des BIP zulässt. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2018 die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel besteht. Infolge des die Erwartungen übertreffenden Ergebnisses für 2017 könnte diese Gefahr für 2018 allerdings geringer sein. Gleichzeitig ergibt sich nach dem Plausibilitätsinstrument auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission nach der gemeinsamen Methodik eine große Unsicherheit hinsichtlich der Produktionslückenschätzungen für Lettland. Falls sich diese Faktoren bestätigen, werden sie im Frühjahr 2019 bei der nachträglichen Bewertung für das Jahr 2018 berücksichtigt.

(8)

Im Jahr 2019 dürfte Lettland sein mittelfristiges Haushaltsziel erreichen; hierbei ist die für 2017-2019 für die Strukturreform im Gesundheitssektor zugestandene vorübergehende Abweichung berücksichtigt. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 4,3 % im Jahr 2019, was eine Verbesserung des strukturellen Saldos in Höhe von 0,4 % des BIP erfordert. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass im Jahr 2019 sowie in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Vorgabe besteht. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass ab 2018 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten.

(9)

In Lettland besteht eine hohe Einkommensungleichheit. Im Jahr 2017 betrug das Verhältnis der Einkommen der wohlhabendsten 20 % zu den ärmsten 20 % der Haushalte 6,3. Dieser Wert gehört zu den höchsten in der Union und ist darauf zurückzuführen, dass das lettische Steuer- und Sozialleistungssystem eine geringere Umverteilung erbringt. Lettland hat sein Steuersystem revidiert und die Progressivität der Einkommensteuer erhöht; die Steuer- und Abgabenbelastung der Geringverdiener ist aber nach wie vor hoch und steht der regulären Beschäftigung im Weg. In Bezug auf die Verlagerung der Steuer auf andere, weniger wachstumsschädliche Steuerquellen und das strategische Ziel, den Anteil der Steuereinnahmen am BIP zu erhöhen, hat die Steuerreform kaum Fortschritte erbracht. Aufgrund des geringen Anteils der Steuereinnahmen am BIP stehen für die nachhaltige Bereitstellung öffentlicher Leistungen und die soziale Inklusion nur begrenzte Mittel zur Verfügung. Im Vergleich zu anderen Ländern der Union wird das Einnahmenaufkommen, das sich durch Kapitalertrag- und Immobiliensteuern erzielen ließe, unzureichend genutzt. Trotz einiger Fortschritte bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung stellt die Steuerdisziplin nach wie vor eine große Herausforderung dar.

(10)

Die Mängel im Netz der sozialen Sicherheit lassen sich an dem hohen Anteil der Menschen ablesen, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, und zeigen, welche Herausforderungen das Land in Bezug auf Mindesteinkommen, Altersvorsorge und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen noch zu bewältigen hat. Bei älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen hat die Armutsquote in den letzten Jahren zugenommen und zählt zu den höchsten in der Union. Die im Jahr 2014 angekündigte Reform des Mindesteinkommens wurde nicht umgesetzt, was die ärmsten Haushalte belastet. Die Sozialhilfeleistungen wurden nur geringfügig erhöht und erreichen noch kein angemessenes Niveau. Die Mindestrenten wurden seit 2006 nicht mehr angehoben. Der Anteil der Menschen, die mit schwerer wohnungsbezogener Entbehrung leben müssen, ist einer der höchsten in der Union, und das Angebot an sozialem Wohnraum ist knapp.

(11)

Vor dem Hintergrund ungünstiger demografischer Entwicklungen und Auswanderung spannt sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt an. Während das sinkende Arbeitskräfteangebot das Beschäftigungswachstum erschwert, sind zudem die Beschäftigungsmöglichkeiten von Region zu Region und je nach Kompetenzniveau sehr unterschiedlich. Im Bereich der beruflichen Bildung ist die Reform der Ausbildungspläne zur Anpassung an aktuelle Qualifikationsanforderungen vorangekommen. Allerdings sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Reform vollständig umzusetzen und die Inanspruchnahme des beruflichen Aus- und Weiterbildungsangebots zu erhöhen. Das neue Programm „Lernen am Arbeitsplatz“, für das Sozialpartner und Unternehmen gewonnen werden konnten, ist angelaufen. Doch haben sich bislang nur wenige Auszubildende dafür angemeldet. Die Teilnahme an Lernangeboten der Erwachsenenbildung ist nur leicht gestiegen, und die Beteiligung von Arbeitslosen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist geringer als in den meisten anderen Mitgliedstaaten. Vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosenquote unter Geringqualifizierten ist dies problematisch. Allgemein wäre es wichtig, die Kapazitäten der Sozialpartner auszubauen, um deren Einbindung zu fördern.

(12)

Das Gesundheitssystem wurde reformiert. Die Aufstockung der Mittel für die Gesundheitsversorgung dürfte hinsichtlich der langen Wartezeiten und einiger durch die Jahresleistungsbegrenzung bedingter Zugangsengpässe Abhilfe schaffen. Die öffentliche Finanzierung der Gesundheitsversorgung liegt allerdings nach wie vor weit unter dem Unionsdurchschnitt, und die Durchführung effizienzsteigernder Maßnahmen (darunter wirksame Vorbeugemaßnahmen, die Rationalisierung des Krankenhaussektors, der Ausbau der medizinischen Grundversorgung und ein gezieltes Qualitätsmanagement) steht noch aus. Die Ergebnisse im Gesundheitsbereich sind relativ schlecht, und ein rascher Zugang zu bezahlbarer Gesundheitsversorgung für alle ist nach wie vor nicht gewährleistet. Die hohen von den Patienten verlangten Eigenleistungen, und die Zweiteilung der Gesundheitsleistungen („Vollversorgung“ und „Mindestversorgung“) könnte den Zugang einiger Gruppen beeinträchtigen und zu negativen Ergebnissen im Gesundheitsbereich führen.

(13)

Die unzureichenden Rechtsvorschriften und die geringe Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Verwaltung beeinträchtigen das lettische Geschäftsumfeld. Im Jahr 2017 verabschiedete die Regierung einen ehrgeizigen Reformplan zur Verschlankung und Professionalisierung des öffentlichen Dienstes, der darauf abzielt, durch Personalkürzungen und Zentralisierung von Unterstützungsfunktionen Effizienzsteigerungen zu erreichen und gleichzeitig die leistungsbezogene Vergütung zu stärken und die Transparenz zu erhöhen. Dieser Plan betrifft allerdings nur die zentrale Verwaltung, obwohl auch in den Kommunalverwaltungen erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden könnten. Staatseigene Unternehmen machen einen beträchtlichen Anteil der Wirtschaft aus und werden auf Regierungsebene gesteuert. Sie unterliegen einem zentralen Führungs- und Kontrollrahmen, der aber für Häfen und Unternehmen, die sich im Eigentum der Städte und Gemeinden befinden, nicht gilt.

(14)

Lettlands Geschäftsumfeld wird noch immer durch Korruption beeinträchtigt, und die Verfahren zur Vermeidung von Interessenkonflikten sind nach wie vor starr und formalistisch. Dass noch keine Rechtsvorschriften für den Schutz von Hinweisgebern erlassen wurden, wirkt sich nachteilig auf die Rechenschaftspflicht und die Effizienz der öffentlichen Verwaltung aus. Die Vorschriften für Insolvenzverfahren wurden in den letzten Jahren deutlich gestärkt, sodass sie nun weniger anfällig für Missbrauch sind. Der Rat für das Justizwesen ist allerdings der Auffassung, dass Vorwürfen in Bezug auf Rechtsverletzungen, die in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren möglicherweise begangen wurden, nachgegangen werden sollte, und spricht sich dafür aus, bestimmte Fälle zu überprüfen. Er empfahl, die Bewertung der richterlichen Qualifikationen zu verbessern und die zur Verfügung stehenden Disziplinarmaßnahmen zu überprüfen.

(15)

Bei lettischen Banken mit gebietsfremden Kunden besteht ein hohes Risiko für eine Verwicklung in Geldwäsche-Tätigkeiten. Das gefährdet die Integrität des lettischen Finanzsektors, kann seinen Ruf schädigen und sich negativ auf Investitionen und Wirtschaftswachstum auswirken. Die Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche wurden vor Kurzem ausgebaut, doch um eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen, müssen die Anstrengungen fortgeführt werden. Lettland hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das die Anfälligkeit des lettischen Finanzsektors gegenüber Geldwäscherisiken erheblich reduzieren soll. Wichtige Bestimmungen dieses Gesetzes betreffen die Verbesserung des Austauschs von Informationen zwischen Finanzinstituten und Strafverfolgungsbehörden und die Begrenzung von Transaktionen mit Strohfirmen. Die Auswirkungen dieses Gesetzes und seine Wirksamkeit werden überwacht werden müssen.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Lettlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Lettland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Lettland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(17)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (8) spiegelt sich insbesondere in Empfehlung 1 wider.

EMPFIEHLT, dass Lettland 2018 und 2019

1.

das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2019 unter Berücksichtigung der für die Umsetzung der Strukturreformen zugestandenen vorübergehenden Abweichung erreicht; die Steuerbelastung für Geringverdiener reduziert, indem es die Steuer auf andere Quellen, insbesondere auf Kapitalertragsteuern und Immobiliensteuern, verlagert und indem es die Steuerdisziplin verbessert;

2.

die Angemessenheit seines Mindesteinkommens, seiner Mindestaltersvorsorge und seiner Einkommensunterstützung für Menschen mit Behinderungen verbessert; die Arbeitsmarktrelevanz der beruflichen Bildung erhöht und die Weiterqualifizierung gering qualifizierter Arbeitnehmer und Arbeitsuchender fördert; die Zugänglichkeit, Qualität und Kosteneffizienz des Gesundheitswesens steigert;

3.

die Effizienz im öffentlichen Sektor insbesondere im Hinblick auf die kommunale Ebene und die staatseigenen Unternehmen steigert; die Rechenschaftspflicht der öffentlichen Verwaltung stärkt, indem es Hinweisgeber schützt, Interessenkonflikte ausschließt und die Ergebnisse der laufenden Bewertung früherer Insolvenzverfahren weiterverfolgt.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(7)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/64


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Litauens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2018

(2018/C 320/14)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Litauen nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Litauen als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in Empfehlung 1, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Litauen wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Litauens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)

Am 26. April 2018 übermittelte Litauen sein nationales Reformprogramm 2018 und am 30. April 2018 sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Litauen befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Stabilitätsprogramm 2018 sieht Litauen vor, dass der Gesamtüberschuss in den Jahren 2018 bis 2020 beständig 0,6 % des BIP betragen und im Jahr 2021 auf 0,3 % zurückgehen wird. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — dürfte während des gesamten Programmzeitraums erfüllt werden. In den Jahren 2016 und 2017 wurde Litauen ferner eine vorübergehende Abweichung für die Umsetzung der Reform des Altersvorsorgesystems und für Strukturreformen gewährt. Diese Zugeständnisse gelten für einen Zeitraum von drei Jahren. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote voraussichtlich von 39,7 % des BIP im Jahr 2017 auf 35,3 % im Jahr 2021 zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Gleichzeitig wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung des ab 2019 anvisierten Überschussziels erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Litauen für 2017, das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2018 unter Berücksichtigung der für die Umsetzung der Reform des Altersvorsorgesystems und der Strukturreformen zugestandenen vorübergehenden Abweichung beizubehalten. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben (6) von höchstens 6,4 % im Jahr 2018, was eine Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,6 % des BIP zulässt. Der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission zufolge wird das strukturelle Defizit Litauens 2018 0,7 % des BIP und 2019 0,6 % des BIP betragen. Demnach dürfte der strukturelle Saldo das mittelfristige Haushaltsziel in beiden Jahren übertreffen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Litauen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 erfüllen dürfte.

(8)

Die Einnahmen aus Umwelt- und periodischen Immobiliensteuern liegen noch unter dem Unionsdurchschnitt. Litauen hat sein Vermögensteuersystem reformiert und dabei eine Steuerprogression eingeführt, und es hat die Verbrauchsteuerbefreiungen für zu Heizzwecken verwendete Kohle und Koks abgeschafft. Es bestehen aber noch weitere Möglichkeiten, die Steuerbemessungsgrundlage auf weniger wachstumsschädliche Quellen auszuweiten. Auch wenn Litauen in den letzten Jahren die Steuererhebung verbessert hat, gehört die Mehrwertsteuerlücke nach wie vor zu den größten in der Union. Litauen ist dabei, weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Verbesserung der Steuerehrlichkeit zu ergreifen, und in Bezug auf die kürzlich durchgeführten Maßnahmen sind erste positive Ergebnisse zu verzeichnen. Eine erhöhte Steuerehrlichkeit würde Mehreinnahmen erbringen und die Fairness des Steuersystems verbessern.

(9)

Mit der Einführung einer neuen Rentenindexierungsformel im Jahr 2018, die die Renten an das Lohnwachstum koppelt, dürfte der Anteil der Rentenausgaben am BIP den Projektionen zufolge bis 2040 unverändert bleiben. Dadurch könnte die Tragfähigkeit des litauischen Altersvorsorgesystems sichergestellt werden. Dies ist allerdings in erster Linie auf die sinkende Rentenquote zurückzuführen, da die Gesamtlohnkosten wegen der rasch abnehmenden Erwerbsbevölkerung voraussichtlich langsamer steigen werden als die Löhne. Das wirft das Problem der Angemessenheit der gesetzlichen Rente auf, die bereits heute zu den niedrigsten in der Union gehört. Unklar ist auch, wie diese Reform in der Praxis funktionieren wird, denn wenn die Ersatzquote sinkt, ist die Regierung rechtlich verpflichtet, Maßnahmen vorzuschlagen. Wenn die Ersatzquote unverändert bleibt, wird der Anteil der Rentenausgaben am BIP bis Ende der 2040er-Jahre um beinahe 45 % anwachsen und die öffentlichen Finanzen erheblich belasten. Daher ist es wichtig, rechtliche Unsicherheiten im Hinblick auf die Rentenvorschriften zu klären und die langfristige Tragfähigkeit des Altersvorsorgesystems sicherzustellen, gleichzeitig aber auch seine Angemessenheit zu verbessern.

(10)

Vor dem Hintergrund des soliden Wirtschaftswachstums — und auch infolge ungünstiger demografischer Entwicklungen und Auswanderung — spannt sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt rapide an, sodass in einigen Bereichen bereits ein Fachkräftemangel zu beobachten ist. In solchen Situationen ist ein System der allgemeinen und beruflichen Bildung erforderlich, das alle Personen mit den erforderlichen Qualifikationen ausstatten kann. Die im vergangenen Jahr eingeleiteten Reformen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber es ist wichtig, dass Litauen diese Reformen jetzt umsetzt, um die Ergebnisse seines Bildungssystems zu verbessern. Die litauischen Regeln für die Finanzierung und Zulassung von Einrichtungen der Tertiärbildung ermöglichen es immer mehr Menschen, einen Tertiärabschluss zu erwerben, haben aber leider auch dazu beigetragen, dass Schwachstellen hinsichtlich der Qualität, Zersplitterung und Arbeitsmarktrelevanz des Bildungsangebots entstanden sind. Mit der laufenden Konsolidierung der Universitäten dürften die derzeitigen Schwachstellen abgebaut werden können, sofern auch Änderungen an den Zulassungs- und Finanzierungsregeln vorgenommen werden. Zudem schmälert der anhaltende demografische Druck die Effizienz des Bildungssystems und erhöht die Notwendigkeit eines gleichberechtigten Zugangs zu hochwertiger und inklusiver Bildung. Da die litauischen Schüler bei den Grundfertigkeiten unterdurchschnittlich abschneiden, sind zusätzlich zu anderen qualitätsorientierten Reformen auch Reformen bei der Grundausbildung, den Laufbahnen und den Arbeitsbedingungen von Lehrkräften erforderlich.

(11)

Die niedrige Teilnahme an Erwachsenenbildungsprogrammen in Litauen lässt darauf schließen, dass die Erwachsenenbildung nach wie vor unzureichend entwickelt ist und die Wirtschaft nicht von einer Weiterqualifizierung der Arbeitnehmer, von Innovation und einer besseren Integration benachteiligter Gruppen in den Arbeitsmarkt (beispielsweise älterer, arbeitsloser oder nicht erwerbstätiger Erwachsener) profitieren kann. Es wurde zwar in die Infrastruktur investiert, doch sind die Lehrpläne der Programme der beruflichen Bildung häufig veraltet und könnten besser auf den Bedarf der lokalen und regionalen Arbeitsmärkte abgestimmt werden. Das Konzept des Lernens am Arbeitsplatz befindet sich noch in der Anfangsphase und könnte ausgeweitet werden. Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik umfassen nun ein größeres Bildungsangebot, das aber noch weiter ausgebaut werden könnte. Die jüngsten Reformen und Maßnahmen in diesem Bereich haben bisher nicht zu nennenswerten Ergebnissen geführt. Allgemein wäre es wichtig, die Kapazitäten der Sozialpartner auszubauen, um ihre Einbindung zu fördern.

(12)

Bei der Gesundheitsversorgung gibt es nach wie vor Unzulänglichkeiten, die sich negativ auf Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und Lebensqualität auswirken. Gesundheitsdienstleistungen werden nach wie vor in zu großem Umfang stationär erbracht, sodass die medizinische Grundversorgung noch stärker ausgebaut werden sollte. Eine weitere Rationalisierung der Ressourcen in Verbindung mit Maßnahmen zur Verbesserung der Krankenhausbehandlungen und der medizinischen Grundversorgung sind der Schlüssel für ein effizienteres Gesundheitswesen. Durch Krankheitsprävention und gesundheitsfördernde Maßnahmen sollten riskante Verhaltensweisen drastischer und schneller eingedämmt werden. Doch bleibt der Umfang dieser Maßnahmen weiterhin gering; zudem ist die sektorübergreifende Zusammenarbeit unzureichend entwickelt und auf kommunaler Ebene besteht keine ausreichende Rechenschaftspflicht für die Ergebnisse. Die hohen Patienten-Eigenleistungen, die staatliche Unterfinanzierung und die ineffiziente Ressourcenallokation beeinträchtigen die Effizienz des Gesundheitswesens.

(13)

Der hohe Anteil an von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen und die große Einkommensungleichheit bleiben wesentliche Schwachstellen Litauens, die seine Wachstumsaussichten beeinträchtigen. Sie gefährden außerdem den sozialen Zusammenhalt und könnten Auswanderung Vorschub leisten. Trotz des anhaltenden Wirtschaftswachstums sind ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Kinder, Alleinerziehende und Arbeitslose am stärksten von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Litauens Steuer- und Sozialleistungssystem zählt hinsichtlich seiner Korrekturleistung zu den schwächsten in der Union. Einige wichtige erste Schritte wurden unternommen, um Armut und Ungleichverteilung zu begegnen, doch das Land hat noch einen weiten Weg vor sich, wenn es sich den Durchschnittswerten in der Union annähern will. Angesichts der relativ hohen Steuer- und Abgabenbelastung der niedrigen Einkommen ist der Arbeitsanreiz unter Umständen begrenzt und die Gefahr von Armut und Ungleichverteilung groß. Armut und Ungleichverteilung könnten verringert werden, indem insbesondere für Geringverdienende und Menschen aus gefährdeten Gruppen Anreize für die Erwerbsbeteiligung geschaffen würden und wenn die Korrekturleistung des Steuer- und Sozialleistungssystems durch eine verbesserte Steuererhebung gesteigert würde. Solche Maßnahmen könnten auch die soziale Gerechtigkeit erhöhen.

(14)

Nach einem gedämpften Produktivitätswachstum seit 2012 nahm die Produktivität im Jahr 2017 wieder stärker zu, sodass der Druck auf die Kostenwettbewerbsfähigkeit abnahm. Diese Verbesserung wird jedoch hauptsächlich vom privaten Sektor getragen. Bei der Verbesserung der Effizienz der öffentlichen Investitionen wurden nur begrenzte Fortschritte erzielt. So bleiben insbesondere die Effizienz der öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Unternehmen auf niedrigem Niveau. Darüber hinaus waren die öffentlichen FuE-Investitionen im Jahr 2016 stark rückläufig. Die bruchstückhafte Koordinierung und Steuerung der Forschungs- und Innovationspolitik führt zu Reibungsverlusten und hindert die Unternehmen daran, die vielfältigen Förderregelungen umfassend in Anspruch zu nehmen. Weitere Fortschritte bei der laufenden Reform der Organisation und Finanzierung der öffentlichen Forschung sollten eine bessere Ressourcennutzung ermöglichen.

(15)

Litauen hat Fortschritte bei der Stärkung seines Korruptionspräventionsrahmens erzielt, indem es Rechtsvorschriften über Lobbyarbeit und zum Schutz von Hinweisgebern für Beschäftigte des öffentlichen und des privaten Sektors verabschiedet hat. Die Umsetzung dieser Vorschriften bleibt jedoch eine Herausforderung. Im Gesundheitswesen ist Korruption nach wie vor ein Problem, trotz der lobenswerten Ergebnisse des von der Regierung aufgelegten Programms „saubere Hände“.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Litauens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Litauen gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Litauen berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(17)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (7), dass Litauen den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird —

EMPFIEHLT, dass Litauen 2018 und 2019

1.

die Steuerdisziplin verbessert und die Steuerbemessungsgrundlage auf weniger wachstumsschädliche Quellen ausdehnt; die langfristige Tragfähigkeit des Altersvorsorgesystems sicherstellt und die Angemessenheit der Renten verbessert;

2.

die Qualität, Effizienz und Arbeitsmarktrelevanz der allgemeinen und beruflichen Bildung erhöht, einschließlich der Erwachsenenbildung; die Leistung des Gesundheitswesens verbessert, indem es die Verlagerung von der stationären zur ambulanten Versorgung unterstützt, Krankheitspräventionsmaßnahmen auch auf kommunaler Ebene intensiviert und die Qualität und Bezahlbarkeit der Gesundheitsleistungen erhöht; die Konzeption des Steuer- und Sozialleistungssystems verbessert, um Armut und Ungleichverteilung zu verringern;

3.

das Produktivitätswachstum ankurbelt, indem es die Effizienz der öffentlichen Investitionen verbessert, eine effiziente Koordinierung der Forschungs- und Innovationspolitik auf Regierungsebene sicherstellt und die Lücken und Ineffizienzen der staatlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Unternehmen angeht.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/68


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2018

(2018/C 320/15)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Luxemburg nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Luxemburg die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Luxemburg wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden Luxemburg bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Vorjahresempfehlungen und bei der Verwirklichung der nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 einige Fortschritte attestiert.

(4)

Am 30. April 2018 übermittelte Luxemburg sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Luxemburg befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Stabilitätsprogramm 2018 geht die Regierung von einem Rückgang des Gesamtüberschusses von 1,5 % des BIP im Jahr 2017 auf 1,1 % des BIP im Jahr 2018 aus, gefolgt von einer nahezu kontinuierlichen Erhöhung, die im Jahr 2022 einen Überschuss von 2,4 % des BIP erreichen soll. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — wird im gesamten Programmzeitraum weiterhin mit Abstand erfüllt. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge weit unter dem im Vertrag festgesetzten Referenzwert von 60 % des BIP verbleiben. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist bis 2020 günstig und anschließend plausibel. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo voraussichtlich einen Überschuss von 0,8 % des BIP im Jahr 2018 und von 0,3 % des BIP im Jahr 2019 aufweisen, womit er zwar insbesondere für das Jahr 2019 geringer ausfallen würde als im Stabilitätsprogramm 2018 vorgesehen, aber immer noch über dem mittelfristigen Haushaltsziel liegen würde. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Luxemburg die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 einhalten dürfte.

(7)

Die Wirtschaft Luxemburgs wächst weiter kräftig und hat sich seit der weltweiten Rezession 2009 besser entwickelt als der Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets. Die treibende Kraft des Wirtschaftswachstums ist nach wie vor der Finanzsektor, der weiterhin solide und rentabel ist. Dies schlägt sich in starken Überschüssen sowohl in der Dienstleistungsbilanz als auch in der allgemeinen Leistungsbilanz nieder. Der relative Beitrag des Außenhandelssektors zum realen BIP-Wachstum lag trotz wiederholter negativer Handelsbilanzsalden im Zeitraum 2013-2016 durchschnittlich bei 61 %. Luxemburg ist gegenüber dem Rest der Welt ein Nettogläubiger. Ende 2016 beliefen sich die Bruttoauslandsforderungen und -verbindlichkeiten auf 10,5 Billionen EUR. Die nationalen Behörden haben die Umsetzung makroprudenzieller und aufsichtsrechtlicher Maßnahmen fortgesetzt, und die betroffenen Finanzintermediäre passen sich derzeit an den sich ändernden auf nationaler und auf Unionsebene bestehenden politischen Rahmen an.

(8)

Wie bereits in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet erwähnt, ist die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung unerlässlich, um Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen Unternehmen entgegenzuwirken, eine faire Behandlung der Steuerzahler sicherzustellen und die öffentlichen Finanzen zu schützen. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler auch Rückwirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene erforderlich. Trotz der Größe des Finanzsektors lässt der hohe Anteil von Dividenden-, Zins- und Lizenzgebührzahlungen am BIP darauf schließen, dass Unternehmen die Steuervorschriften des Landes nutzen, um aggressive Steuerplanung zu betreiben. Ein Großteil der ausländischen Direktinvestitionen wird von „Zweckgesellschaften“ gehalten. Da auf ins Ausland fließende (also von in der Union Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Zins- und Lizenzgebührzahlungen keine Quellensteuern erhoben werden und Dividendenzahlungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Quellensteuer befreit sind, fallen diese Zahlungen möglicherweise vollständig durch das Steuerraster, sofern sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. Die Kommission nimmt die diesbezüglich von Luxemburg ergriffenen positiven Maßnahmen (beispielsweise die Annahme einer Patentbox-Regelung, die im Einklang mit den internationalen Vorschriften steht) zur Kenntnis. Auf der Grundlage des jüngsten Austauschs mit den luxemburgischen Behörden wird die Kommission ihren konstruktiven Dialog in Bezug auf die Eindämmung aggressiver Steuerplanungsstrategien von Steuerzahlern fortsetzen.

(9)

Durch die Entwicklung ausgewählter Wirtschaftszweige, unter anderem der Branche der Informations- und Kommunikationstechnologien und des Raumfahrtsektors, haben die luxemburgischen Behörden über mehrere Jahrzehnte hinweg aktiv versucht, die Wirtschaft zu diversifizieren. Aufgrund der hohen Arbeitskosten in Luxemburg steckt das Potenzial zur Erschließung alternativer Wachstumsquellen in Tätigkeitsfeldern mit einer höheren Wertschöpfung. Eine erfolgreiche Diversifizierung der luxemburgischen Wirtschaft hängt daher weitgehend von den Sektoren ab, die weniger empfindlich auf das Niveau der Arbeitskosten reagieren. Hierbei handelt es sich zumeist um die technologie- und wissensintensiven Bereiche Forschung und Innovation. Diese Strategie wurde in jüngster Zeit intensiviert. Um diese vorrangigen Wirtschaftszweige auszubauen, werden derzeit neben anderen Maßnahmen große öffentliche Investitionsvorhaben, darunter auch FuE- und Marktbestimmungen, umgesetzt. Im Zeitraum 2000-2016 hat Luxemburg seine öffentlichen FuE-Ausgaben auf 0,60 % des BIP erhöht und damit verfünffacht. Dank dieser Investitionen konnte Luxemburg rasch ein gut funktionierendes öffentliches Forschungssystem aufbauen. Während die öffentlichen Investitionen in FuE über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets liegen, sind die privaten Investitionen in FuE und die Innovationsleistung laut dem Europäischen Innovationsanzeiger allerdings weiter zurückgegangen. Zum Teil lässt sich die im internationalen Vergleich geringere FuE-Intensität der Unternehmen durch die Struktur der luxemburgischen Wirtschaft erklären, da die Sektoren, die den Löwenanteil des luxemburgischen BIP ausmachen, nämlich Dienstleistungen und vor allem der Finanzsektor, traditionell weniger in FuE investieren. Allerdings ist dieser Trend in Luxemburg stärker ausgeprägt als im Unionsdurchschnitt: Die FuE-Intensität der Unternehmen ist von 1,5 % des BIP im Jahr 2000 auf 0,64 % des BIP im Jahr 2016 gesunken. Der bei den privaten Investitionen verzeichnete Abwärtstrend deutet darauf hin, dass es in diesem Bereich noch Hindernisse gibt. Auch deutet er auf eine fehlende Hebelwirkung der öffentlichen FuE-Anstrengungen auf die Unternehmensinvestitionen hin. Der Aufbau öffentlicher Forschungskapazitäten muss deshalb besser in ein umfassendes Konzept für das Innovationsökosystem integriert werden. Im Jahr 2017 wurde ein neues Gesetz zur Erneuerung der Beihilferegelungen für Forschung, Entwicklung und Innovation verabschiedet und damit das Spektrum der verfügbaren staatlichen Beihilfen erweitert.

(10)

Luxemburg wird sein 2020-Ziel zur Verringerung der Treibhausgasemissionen voraussichtlich verfehlen. Die Luftverschmutzung und die Verkehrsüberlastung in den Hauptverkehrszeiten, die die Stickstoffdioxidkonzentrationen und die Treibhausgasemissionen noch verschärfen, stellen das Land vor große Probleme. Im Jahr 2015 war mehr als die Hälfte der Treibhausgasemissionen verkehrsbedingt. Zu den wichtigsten Faktoren, die die starke Nutzung des Autos und die hohe Zahl der Grenzgänger erklären, zählen die geringe Kraftstoffbesteuerung, die hohe Zahl von Dienstwagen und die hohen Wohnimmobilienpreise. Die Steuersätze für Kraftstoffe gehören zu den niedrigsten in der Union und schaffen einen Anreiz für einen erhöhten Kraftstoffverbrauch und den grenzüberschreitenden Absatz von Kraftstoff. Jüngst ergriffene Maßnahmen waren jedoch der Entwicklung einer nachhaltigeren Mobilität förderlich, insbesondere die Steuerreform von 2016, aber auch erhebliche Investitionen in den öffentlichen Verkehr. Die dringlichste Herausforderung besteht vor allem darin, die Schieneninfrastruktur zu vervollständigen und zu modernisieren.

(11)

Luxemburg ist nach wie vor entschlossen, regulierungsbedingte Hürden bei den unternehmensorientierten Dienstleistungen abzubauen. Die jüngsten Maßnahmen stellten insbesondere auf Architekten und Ingenieure ab, und es wurden weitere Reformen angekündigt, die die Beschränkungen für diese beiden Berufe weiter verringern sollen. Darüber hinaus wurden mit dem sogenannten „Omnibus-Gesetz“, das im März 2017 verabschiedet wurde, Maßnahmen zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren (durch ein horizontales Screening der Verwaltungsverfahren) ergriffen. Bei den unternehmensorientierten Dienstleistungen gibt es aber nach wie vor regulierungsbedingte Hürden. Eine mögliche Beschränkung könnte darin begründet sein, dass es kein spezifisches Verfahren zur Bewertung der Gleichwertigkeit der Anforderungen an die Berufsversicherung gibt, das einen gleichwertigen Versicherungsschutz durch Dienstleistungserbringer aus anderen Mitgliedstaaten zulässt. Von den im Vergleich zum Unionsdurchschnitt sehr restriktiven Vorschriften ist der Beruf des Rechtsanwalts besonders betroffen. Das breite Feld der Tätigkeiten, die dieser Berufsgruppe vorbehalten sind, hat Auswirkungen auf die Erbringung von Rechtsberatungsleistungen durch Rechtsanwälte oder andere Dienstleister, insbesondere für Online-Dienste. Weitere Beschränkungen sind die Vorgaben hinsichtlich der Rechtsform und der Beteiligung am Gesellschaftskapital, die Unvereinbarkeitsregelungen sowie multidisziplinäre Beschränkungen.

(12)

Aufgrund des prognostizierten Anstiegs der alterungsbedingten Kosten bestehen nach wie vor Bedenken hinsichtlich der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Für Luxemburg wird ein hoher Anstieg des Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung prognostiziert, die im Jahr 2070 Rentenansprüche haben werden, und nach den Prognosen der Generalinspektion der sozialen Sicherheit aus dem Jahr 2016 wird der operative Saldo des Rentensystems ab dem Jahr 2023 ein Defizit aufweisen. Allerdings wurden in der Vergangenheit und werden auch gegenwärtig Überschüsse im Rentensystem thesauriert, und die kumulierten Rücklagen dürften die Tragfähigkeit des Systems für weitere 20 Jahre gewährleisten. Dem Bericht über die Bevölkerungsalterung 2018 zufolge werden die alterungsbedingten Kosten im Zeitraum 2016 bis 2070 voraussichtlich um 13 Prozentpunkte des BIP ansteigen — bedingt insbesondere durch die Renten (8,9 Prozentpunkte des BIP) — und damit die Schwellenwerte für die Tragfähigkeit überschreiten. Gemessen am BIP zählen die Ausgaben für Langzeitpflege zu den höchsten in der EU. Trotz der Reform von 2017 sollen diese Ausgaben bis 2070 noch um weitere 3 Prozentpunkte steigen.

(13)

Die Beschäftigungsquote älterer Menschen ist nach wie vor besonders niedrig, sodass es weitere Maßnahmen braucht, um die Beschäftigungsfähigkeit dieser Bevölkerungsgruppe und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Dies ist auch wichtig, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten. Frühpensionierungsregelungen, die Anreize für Arbeitnehmer schaffen, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, sind nach wie vor weitverbreitet: 59,2 % der neu gewährten Pensionen sind vorzeitige Alterspensionen. Im Dezember 2017 wurde ein Gesetz verabschiedet, das eine bestehende Frühpensionierungsregelung abschafft, doch seine Auswirkungen auf das durchschnittliche tatsächliche Pensionsalter und auf die Ausgaben sind unter dem Strich ungewiss, da mit dem Gesetz gleichzeitig die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme anderer Frühpensionierungsregelungen gelockert wurden. Dieses bescheidene Arbeitsmarktergebnis kann teilweise auch auf die finanziellen Anreize, nicht erwerbstätig zu sein, zurückgeführt werden, die für diese Gruppe vergleichsweise hoch sind. Für die Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer bedarf es einer umfassenden Strategie, die auch Maßnahmen umfasst, die dazu beitragen, dass Arbeitnehmer länger im aktiven Dienst bleiben. Der sogenannte „Alterspakt“, der dem Parlament im April 2014 vorgelegt wurde, ist noch nicht verabschiedet. Mit diesem Gesetzentwurf sollen Anreize für Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten geschaffen werden, im Rahmen von Altersmanagementmaßnahmen ältere Arbeitnehmer einzustellen und weiter zu beschäftigen. Im Bildungsbereich muss Luxemburg gegen die erheblichen Auswirkungen des sozioökonomischen Hintergrunds der Schüler auf deren Bildungserfolg vorgehen. Dies ist auch wichtig, um dem starken Bedarf an hohen Spezialisierungsgraden gerecht zu werden.

(14)

Die Immobilienpreise sind weiter gestiegen. Dies könnte die Fähigkeit des Landes, qualifizierte Arbeitskräfte, die zu einem Großteil aus dem Ausland kommen, zu gewinnen und zu halten, beeinträchtigen. Der große Preisdruck auf Wohnimmobilien entsteht durch eine starke Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage. Auf der Angebotsseite scheint ein Hindernis für die Schaffung neuen Wohnraums darin zu bestehen, dass nicht ausreichend Bauland zur Verfügung steht und private Eigentümer kaum Anreize haben, ihre Grundstücke oder Immobilien zu verkaufen. Um die Investitionen in den Wohnungsbau zu fördern, sind weitere Anstrengungen erforderlich, indem mehr Anreize für den Verkauf von Immobilien geschaffen, die Verwaltungsverfahren zur Erteilung von Baugenehmigungen verbessert und bezahlbare Sozialwohnungen bereitgestellt werden. Angesichts des anhaltenden Trends steigender Preise werden die jüngst verabschiedete Reform des Steuersatzes auf Veräußerungsgewinne beim Verkauf von Immobilien und die Aktualisierung des Programms für den sozialen Wohnungsbau das Wohnraumangebot wohl nicht erhöhen. Auf der Nachfrageseite treibt der hohe Bevölkerungs- und Beschäftigungszuwachs die Preise in die Höhe. Die Lage auf dem Immobilienmarkt verschärft auch das Problem der Verkehrsüberlastung und der Verschmutzung. Zudem wirkt sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise auf die Verschuldung der privaten Haushalte aus und ruft Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der Verschuldung der privaten Haushalte hervor. Die Verschuldung der privaten Haushalte hat in den vergangenen zehn Jahren stark zugenommen und lag 2016 bei schätzungsweise 165 % des verfügbaren Einkommens — ein Zeichen für die Teuerung auf dem Immobilienmarkt, da etwa 80 % der Verschuldung der privaten Haushalte aus Hypothekendarlehen rühren. Luxemburg hat jedoch bereits einschlägige makroprudenzielle Maßnahmen ergriffen, um potenzielle Risiken für die Finanzstabilität deutlich zu verringern. Infolge der Vorschläge des nationalen Ausschusses für Systemrisiken hat die Regierung vor Kurzem zudem einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines Rahmens für kreditnehmerbasierte Maßnahmen vorgelegt, der verhindern soll, dass die Anfälligkeit der Haushalte zunimmt. Der Gesetzentwurf muss allerdings noch vom Parlament gebilligt werden.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Luxemburgs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Luxemburg gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Luxemburg berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(16)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (6), dass Luxemburg den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird —

EMPFIEHLT, dass Luxemburg 2018 und 2019

1.

die Beschäftigungsquote älterer Menschen erhöht, indem es einerseits ihre Beschäftigungschancen und Beschäftigungsfähigkeit verbessert und andererseits die Frühpensionierung weiter begrenzt, auch, um die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems zu verbessern;

2.

weiter regulierungsbedingte Hürden bei unternehmensorientierten Dienstleistungen abbaut.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/72


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2018

(2018/C 320/16)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Ungarn nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für Ungarn wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Ungarns bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (2), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 30. April 2018 übermittelte Ungarn sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Ungarn befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. In seinem Konvergenzprogramm 2018 geht Ungarn von einer Verschlechterung des gesamtstaatlichen Defizits von 2,0 % im Jahr 2017 auf 2,4 % im Jahr 2018 sowie einer anschließenden allmählichen Verbesserung auf 0,5 % des BIP bis 2022 aus. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1,5 % des BIP — soll im Jahr 2020 erreicht werden. Der neu berechnete strukturelle Saldo (4) legt jedoch nahe, dass das mittelfristige Haushaltsziel 2022 erreicht wird. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll gemäß dem Konvergenzprogramm bis Ende 2022 schrittweise auf etwas unter 60 % des BIP zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist günstig, was ausgeprägte Risiken für die Umsetzung der Defizitziele mit sich bringt.

(6)

Im Konvergenzprogramm 2018 wird auf die signifikanten Haushaltsauswirkungen der Sicherheitsmaßnahmen im Jahr 2017 verwiesen, und es werden ausreichend Belege für Umfang und Art der zusätzlichen Haushaltsbelastung angeführt. Der Kommission zufolge lagen die berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben für Sicherheitsmaßnahmen im Jahr 2017 bei 0,17 % des BIP. Die Bestimmungen nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ermöglichen eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben, da eine akute terroristische Bedrohung ein außergewöhnliches Ereignis darstellt, das erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Ungarns hat, deren Tragfähigkeit aber durch die Gewährung einer vorübergehenden Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel nicht gefährdet würde. Um die betreffenden zusätzlichen Kosten zu berücksichtigen, wurde die erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 somit nach unten korrigiert.

(7)

Am 12. Juli 2016 empfahl der Rat Ungarn, 2017 eine jährliche Haushaltskorrektur von 0,6 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen, es sei denn, dieses Ziel könne mit geringeren Anstrengungen eingehalten werden. Auf der Grundlage der Haushaltsdaten für 2017 wurde in Ungarn eine erhebliche Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel festgestellt. Gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV und Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 richtete die Kommission am 23. Mai 2018 eine Verwarnung an Ungarn, dass im Jahr 2017 eine erhebliche Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel festgestellt wurde. Am 22. Juni 2018 nahm der Rat eine daran anknüpfende Empfehlung (5) an, in der die Notwendigkeit bekräftigt wurde, dass Ungarn die erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, um sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (6) im Jahr 2018 2,8 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 1 % des BIP entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass die Gefahr einer Abweichung von der empfohlenen Anpassung besteht.

(8)

Angesichts des für Ungarn geschätzten gesamtstaatlichen Schuldenstands von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von 2,3 % dürfte die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 3,9 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,75 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2019 die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung besteht. Angesichts der sich stark verschlechternden haushaltspolitischen Aussichten und im Einklang mit der am 22. Juni 2018 an Ungarn gerichteten Empfehlung im Hinblick auf die Behebung der festgestellten erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel ist der Rat insgesamt der Auffassung, dass ab 2018 signifikante zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein werden, um den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu entsprechen.

(9)

Die Beschäftigungsquote hat sich insgesamt wesentlich verbessert, und die günstigen wirtschaftlichen Entwicklungen bieten die Gelegenheit, insbesondere Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Das geschlechtsspezifische Beschäftigungsgefälle ist beträchtlich, insbesondere in der Gruppe der 25- bis 39-Jährigen, was zum Teil mit dem geringen Angebot an hochwertigen Kinderbetreuungsleistungen zusammenhängt. Die Betreuungsquote bei Kindern unter drei Jahren liegt deutlich unter dem Barcelona-Ziel und dem Unionsdurchschnitt. Obwohl das Programm für gemeinnützige Arbeiten nach wie vor das wichtigste Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist, hat sich die Anzahl der Teilnehmer beträchtlich verringert, was positiv zu bewerten ist. Allerdings ist das Programm nach wie vor nicht zielgerichtet genug und in Anbetracht der Arbeitsmarktlage bei der Wiedereingliederung der Teilnehmer in den offenen Arbeitsmarkt weiterhin nur begrenzt wirksam. Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die stärker auf Weiterbildung und Umschulung abstellen, sind unzureichend entwickelt.

(10)

Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen ist 2016 auf 26,3 % zurückgegangen, liegt aber nach wie vor über dem Unionsdurchschnitt. Kinder sind der Gefahr der Armut im Allgemeinen stärker ausgesetzt als andere Altersgruppen. Die Mindesteinkommensleistungen gehören zu den niedrigsten in der EU und liegen bei Einpersonenhaushalten unter 50 % der Armutsgrenze. Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit erreichen bei Weitem kein angemessenes Niveau: Ihr auf maximal drei Monate begrenzter Gewährungszeitraum ist der kürzeste in der EU und deckt nur in etwa ein Viertel der durchschnittlichen Dauer der Arbeitssuche ab. Zudem gehören die ausgezahlten Beträge EU-weit zu den niedrigsten.

(11)

Die Verfahren und Strukturen des sozialen Dialogs sind in Ungarn nach wie vor unzureichend entwickelt und ermöglichen keine nennenswerte Teilhabe der Sozialpartner bei der Ausarbeitung und Umsetzung arbeitspolitischer Maßnahmen. Die mangelhafte Einbeziehung der Interessenträger und die eingeschränkte Transparenz haben zur Folge, dass sich die Politikgestaltung nicht ausreichend auf Fakten stützt und daher nicht ausreichend zuverlässig ist, was Unsicherheit bei den Investoren erzeugt und die Konvergenz bremst.

(12)

Obwohl bereits Maßnahmen umgesetzt wurden, um das Steuersystem zu verbessern, gibt es noch einige Probleme. Die Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit ist zwar rückläufig, aber im EU-Vergleich nach wie vor hoch, insbesondere für bestimmte einkommensschwache Gruppen. Die Komplexität des Steuersystems insgesamt und die noch immer existierenden verzerrend wirkenden branchenspezifischen Steuern bleiben eine Schwachstelle. Maßnahmen zur Bekämpfung aggressiver Steuerstrategien sind von entscheidender Bedeutung, um Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen Unternehmen zu verhindern, eine faire Behandlung der Steuerzahler sicherzustellen und die öffentlichen Finanzen zu schützen. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler auch Rückwirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene erforderlich. Ungarn weist relativ hohe Kapitalzu- und -abflüsse auf, die auf von der Realwirtschaft abgekoppelte Zweckgesellschaften zurückzuführen sind. Da auf ins Ausland fließende (also von EU-Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Dividenden-, Zins- und Lizenzgebührzahlungen von in Ungarn ansässigen Unternehmen keine Quellensteuern erhoben werden, fallen diese Zahlungen möglicherweise vollständig durch das Steuerraster, sofern sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass Ungarn anerkennt, dass ins Ausland fließende Zahlungen zu Zwecken aggressiver Steuerplanung missbraucht werden können. Auf der Grundlage des jüngsten Austauschs wird die Kommission ihren konstruktiven Dialog fortsetzen, um gegen aggressive Steuerplanungsstrategien vorzugehen.

(13)

Regulatorische Schranken im Dienstleistungsbereich und insbesondere im Einzelhandel wirken sich auf die Leistungsfähigkeit des Sektors aus und hemmen eine effiziente Ressourcenallokation, Produktivität und Innovation. Die Tendenz, sich für bestimmte Dienstleistungen systematisch an staatseigene Unternehmen zu wenden, die speziell für diesen Zweck geschaffen wurden, untergräbt den freien Wettbewerb. Der unberechenbare Rechtsrahmen ist ein weiteres Problem, und zwar in erster Linie im Einzelhandel, wo sich die Bestimmungen in den letzten Jahren sehr häufig geändert haben. Da die vorgeschlagenen Bestimmungen häufig auf den Umsatz oder die Verkaufsflächen abstellen, betreffen sie vor allem ausländische Einzelhandelsketten. Dies erhöht die Unsicherheit unter den Unternehmern und kann Investoren abschrecken. Ein stabiles und wettbewerbsfreundliches rechtliches Umfeld ist erforderlich. In Bezug auf reglementierte Berufe sind die ungarischen Bestimmungen nach wie vor sehr restriktiv, insbesondere bei wichtigen Berufsgruppen wie Buchhaltungs- und Rechtsberufen.

(14)

Die Prävention und Verfolgung von Korruption sind nach wie vor unzureichend. Mehrere Indikatoren legen nahe, dass Ungarns Korruptionsanfälligkeit in den letzten Jahren zugenommen hat, und die Korruptionsrisiken könnten sich negativ auf das Wachstumspotenzial des Landes auswirken. Für die Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche ist eine funktionierende Staatsanwaltschaft von entscheidender Bedeutung. Doch auch wenn Maßnahmen zur Bekämpfung der Kleinkorruption mit einigem Erfolg angewandt wurden, scheint es an der nötigen Überzeugung zu mangeln, um in Fällen von Korruption auf hoher Ebene Ermittlungen aufzunehmen. Mangelnde Transparenz und ein eingeschränkter Zugang zu Informationen stehen Maßnahmen zur Korruptionsprävention zusätzlich im Weg. Zwar wurden im Hinblick auf das öffentliche Auftragswesen bereits wichtige Schritte unternommen, doch sind Transparenz und Wettbewerb bei Ausschreibungen noch verbesserungsfähig. Dies könnte unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Daten des Systems für die elektronische Auftragsvergabe der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

(15)

Die Bildungsergebnisse liegen bei den Grundfertigkeiten deutlich unter dem Unionsdurchschnitt, insbesondere bei Kindern aus benachteiligten sozioökonomischen Verhältnissen. Die Entscheidung über den Schultyp fällt für die Schüler bereits sehr früh, sodass ein großes Gefälle zwischen den einzelnen Bildungsergebnissen und Karrierewegen zu verzeichnen ist. Benachteiligte Kinder, einschließlich Roma, besuchen tendenziell berufsbildende Schulen, die ein niedrigeres Niveau bei den Grundfertigkeiten und höhere Abbrecherquoten aufweisen; Personen, die solche Schulen besucht haben, werden im Durchschnitt schlechter bezahlt. Der Anteil der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger ist auf durchschnittlich 12,4 % angewachsen und unter Roma-Kindern besonders hoch. Im Hinblick auf das Ziel einer hochwertigen und inklusiven Bildung sind diese Probleme besonders akut. Die rückläufige Zahl der Studienplatzbewerber und die hohen Abbrecherquoten im Hochschulbereich wird die Tertiärabschlussquote weiter senken, während die Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskräften zunimmt.

(16)

Trotz anhaltender Bemühungen um eine Verbesserung des Gesundheitswesens haben sich die Ergebnisse im Gesundheitsbereich nicht verbessert und beeinträchtigen in Kombination mit der ungesunden Lebensweise großer Teile der Bevölkerung das Humankapital. Das ungarische Gesundheitswesen leidet unter staatlicher Unterfinanzierung und ineffizienter Ressourcenallokation, was seine Wirksamkeit beeinträchtigt. Da Patienten außerdem in erheblichem Maße Zuzahlungen leisten, ergeben sich Ungleichheiten im Hinblick auf einen zeitnahen Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen Präventiv- und Heilbehandlungen. Auch der Personalmangel im Gesundheitswesen wirkt sich negativ auf den Zugang zur Gesundheitsversorgung aus, obgleich dieses Problem infolge der jüngsten Lohnerhöhungen weniger akut ist. Die laufenden Reformen konzentrieren sich auf die Eindämmung der übermäßigen Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen, deren Hauptursache darin besteht, dass die Erbringer medizinischer Grundversorgung nicht hinreichend ausgestattet sind, um ihre Aufgabe als Erstanlaufstelle wirksam erfüllen zu können. Eine weitere Rationalisierung der Ressourcennutzung im Krankenhausbereich und gezielte Investitionen zur Verbesserung der Leistungen der medizinischen Grundversorgung würden einen Abbau der Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitsleistungen, Effizienzgewinne und bessere Gesundheitsergebnisse ermöglichen.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Ungarns umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018 und das nationale Reformprogramm 2018 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Ungarn gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Ungarn berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (7) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Ungarn 2018 und 2019

1.

im Jahr 2018 die Befolgung der Empfehlung des Rates vom 22. Juni 2018 im Hinblick auf die Behebung der erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel gewährleistet; 2019 sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 3,9 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,75 % des BIP entspricht;

2.

das Steuersystem weiter vereinfacht und insbesondere branchenspezifische Steuern abbaut; die Qualität und Transparenz des Entscheidungsprozesses verbessert, indem es einen wirksamen sozialen Dialog einrichtet, die Interessenträger einbezieht und regelmäßig geeignete Folgenabschätzungen vornimmt; den Rahmen für die Korruptionsbekämpfung ausbaut, die Strafverfolgung stärkt sowie Transparenz und Wettbewerb im öffentlichen Auftragswesen verbessert, indem unter anderem das System zur elektronischen Auftragsvergabe weiterentwickelt wird; den Wettbewerb, die Regulierungssicherheit und die Transparenz im Dienstleistungssektor und insbesondere im Einzelhandel erhöht;

3.

ungenutztes Arbeitskräftepotenzial erschließt, indem es die Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik verbessert; die Bildungsergebnisse verbessert und den Zugang benachteiligter Gruppen, insbesondere der Roma, zu hochwertiger, inklusiver regulärer Bildung erhöht; die Angemessenheit und Reichweite der Sozialhilfe und der Leistungen bei Arbeitslosigkeit verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(4)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(5)  Empfehlung des Rates vom 22. Juni 2018 im Hinblick auf die Behebung der festgestellten erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel in Ungarn (ABl. C 223 vom 27.6.2018, S. 1).

(6)  Die gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/76


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Maltas 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2018

(2018/C 320/17)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Malta nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (2) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Malta als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in Empfehlung 1, ihren Niederschlag findet, sicherstellen. Der Länderbericht 2018 für Malta wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Maltas bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 13. April 2018 übermittelte Malta sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Malta befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Stabilitätsprogramm 2018 sieht die Regierung für den Zeitraum 2018 bis 2021 die Beibehaltung eines in der Gesamtrechnung überschüssigen Haushalts vor. Das mittelfristige Haushaltsziel — eine ausgeglichene BIP-Haushaltsposition — soll im gesamten Programmzeitraum weiterhin mit positiver Marge erfüllt werden. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote den im Vertrag festgesetzten Referenzwert von 60 % des BIP weiterhin unterschreiten, um allmählich von 50,8 % des BIP im Jahr 2017 auf rund 36 % im Jahr 2021 zurückzugehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel für 2018-2019 und günstig für 2020-2021. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo bei einem Überschuss von rund 0,6 % des BIP im Jahr 2018 und einem Überschuss von 1,1 % des BIP im Jahr 2019 liegen, womit das mittelfristige Haushaltsziel übertroffen wird. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Malta die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts 2018 und 2019 einhalten dürfte. Gleichzeitig sollten die Ausgabenentwicklungen kurz- und mittelfristig sehr aufmerksam beobachtet werden, insbesondere in Anbetracht möglicher künftiger Risiken für die Solidität der Einnahmen.

(6)

Wie in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2018 ausgeführt, ist die Bekämpfung aggressiver Steuerplanungsstrategien von wesentlicher Bedeutung, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen entgegenzuwirken, eine gerechte Behandlung der Steuerzahler zu gewährleisten und die Staatseinnahmen zu sichern. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler sich auch auf andere Mitgliedstaaten auswirken können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene erforderlich. Da auf ins Ausland (d. h. von in der Union Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige) fließende Dividenden-, Zins- und Lizenzgebührzahlungen von in Malta ansässigen Unternehmen keine Quellensteuern erhoben werden, fallen diese Zahlungen möglicherweise vollständig durch das Steuerraster, sofern sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. Wenngleich Maltas neues System für den steuerlichen Abzug fiktiver Zinsaufwendungen dazu beitragen wird, die Steueranreize für Fremdfinanzierungen zu verringern, könnten angesichts der unzureichenden Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung in Kombination mit einer relativ hohen Rendite und einem auf Aktien basierenden System Möglichkeiten zur Steuervermeidung entstehen. In Verbindung mit den maltesischen Steuervorschriften, nach denen in Malta niedergelassene Unternehmen, die dort aber nicht steuerlich veranlagt sind, nach dem Quellenprinzip und auf Remittance-Basis besteuert werden, könnten einige Bestimmungen in bilateralen Steuerabkommen zwischen Malta und anderen Mitgliedstaaten von Unternehmen zur Steuervermeidung genutzt werden. Die Kommission nimmt Maltas Engagement bei der Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung von Steuerzahlern zur Kenntnis. Auf der Grundlage des jüngsten Austauschs wird die Kommission ihren konstruktiven Dialog in Bezug auf die Eindämmung aggressiver Steuerplanungsstrategien von Steuerzahlern fortsetzen.

(7)

Die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Maltas stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Zurückzuführen ist dies vollständig auf die Haushaltsauswirkungen der mit der Bevölkerungsalterung verbundenen Kosten, etwa für Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege und Renten. Im Rentensystem gilt es, die doppelte Herausforderung zu meistern, sowohl die Tragfähigkeit des Systems als auch angemessene Renteneinkommen zu gewährleisten. Die Aussichten für die langfristige Tragfähigkeit der Rentenausgaben haben sich aufgehellt, in erster Linie dank einer positiveren Bewertung des langfristigen Wachstumspotenzials Maltas. Die im Haushaltsplan 2016 eingeführten Maßnahmen hatten allerdings nur begrenzte Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems, die daher nach wie vor eine signifikante Herausforderung darstellt. Obwohl Maßnahmen zur Verbesserung der Angemessenheit der Renten eingeführt worden sind, bleibt zudem das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Renten nach wie vor hoch. Die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems hat sich verbessert, und die Wartezeiten werden verringert. Es bestehen jedoch nach wie vor Herausforderungen im Zusammenhang mit der Verlagerung von Ressourcen und Tätigkeiten von den Krankenhäusern auf die medizinische Grundversorgung. Der institutionelle Rahmen für die Bereitstellung von Primärversorgungsleistungen übt sowohl auf die Krankenhaus- als auch auf die Notfallversorgung Druck aus. Die Versorgung in den Krankenhäusern und die medizinische Grundversorgung sind nicht gut koordiniert, und die Notfallversorgung wird nicht effizient genutzt. Der Zugang zu innovativen Arzneimitteln bleibt eine Herausforderung, auch aus haushaltstechnischer Sicht. Es wurden Initiativen auf den Weg gebracht, um die wachsende Nachfrage in der Langzeitpflege aufzufangen, etwa durch Anreize für eine wohnortnahe und häusliche Pflege.

(8)

Bei der Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wurden einige Fortschritte erzielt. Allerdings scheint die maltesische Finanzdienstleistungsbehörde immer noch unterbesetzt zu sein, und es bestehen weiterhin Zweifel, ob sie fähig ist, ein großes grenzüberschreitendes Finanzsystem zu beaufsichtigen, insbesondere den Nichtbankensektor. Wenngleich der Dienstleistungssektor (insbesondere die Onlinespielbranche) wesentlich zum anhaltenden Wirtschaftswachstum des Landes beigetragen hat, könnte durch diese Entwicklung die Integrität des Finanzsystems in Mitleidenschaft gezogen werden, sodass strenge Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche erforderlich sind. Malta hat kürzlich die Vierte Geldwäscherichtlinie umgesetzt; die Bewertung, wie wirksam die Umsetzung erfolgt ist, steht allerdings noch aus. Darüber hinaus haben die maltesischen Behörden jüngst im Anschluss an die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht eine integrierte Strategie für die Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgelegt. Unter anderem wurde ein nationaler Koordinierungsausschuss zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eingerichtet, dem Vertreter der Regierung und anderer einschlägiger nationaler Behörden angehören. Allerdings bestehen nach wie vor Herausforderungen im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Umsetzung und wirksamen Durchsetzung des kürzlich erlassenen Rechtsrahmens.

(9)

Vor dem Hintergrund eines starken Wirtschaftswachstums und der Reformen zur Unterstützung der Beschäftigung von Frauen und einer Höherqualifizierung von Arbeitskräften hat sich die Lage auf dem maltesischen Arbeitsmarkt weiter verbessert. Dennoch bleiben das hohe geschlechtsspezifische Beschäftigungsgefälle sowie die geringe Erwerbsbeteiligung von Frauen über 30 und von Menschen mit Behinderungen eine Herausforderung. Die Regelung für Vaterschaftsurlaub und Elternzeit ist nach wie vor relativ schwach ausgestaltet, ist aber für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei den Betreuungs- und Pflegepflichten und für eine stärkere Förderung der Erwerbsbeteiligung von Frauen ein wichtiger Faktor. Der Arbeitskräftemangel steigt, und das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage bleibt bestehen. Ein erheblicher Anteil der maltesischen Erwerbsbevölkerung ist nach wie vor gering qualifiziert, während die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften steigt, um den Mangel an Arbeitskräften und Kompetenzen abzufedern. Die politischen Initiativen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Kompetenzen und soziale Inklusion dürften fortgesetzt werden, müssen sich aber stärker auf eine ergebnisorientierte Überwachung und Bewertung stützen.

(10)

Mit 18,6 % ist der Anteil der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger im Jahr 2017 weiterhin der höchste in der Union, und im Vergleich zum Vorjahr wurden nur geringe Verbesserungen festgestellt. Darüber hinaus ist Maltas Quote der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger mit Behinderungen mit 50 % die höchste in der Union und doppelt so hoch wie im Unionsdurchschnitt. Zudem sind die Lernergebnisse in hohem Maße vom sozioökonomischen Hintergrund, der Art der Schule und von einem Behindertenstatus abhängig. Die Leistungslücke in den Naturwissenschaften zwischen Schülerinnen und Schülern der am schlechtesten und der am besten abschneidenden Schulen gehört zu den größten in der Union und entspricht dem 1,5-Fachen des OECD-Durchschnitts. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit schwachen Leistungen in Mathematik, den Naturwissenschaften und im Lesen ist der vierthöchste in der Union. Ein umfassender Ansatz ist erforderlich, der die Bildungsqualität verbessern und die Ungleichgewichte bei den Bildungsergebnissen im Hinblick auf bestimmte soziale Gruppen und Schularten verringern soll.

(11)

Durch das robuste Wirtschaftswachstum hat sich der Druck auf die Infrastruktur und die natürlichen Ressourcen erhöht. Vor allem der Straßenverkehrssektor steht mit Blick auf die Infrastruktur und die langfristige Tragfähigkeit vor wesentlichen Herausforderungen. Die unzureichende Verkehrsinfrastruktur und zunehmenden Staukosten stehen Investitionen im Wege. Infolge der wachsenden Zahl der Fahrzeuge und des Verkehrsaufkommens steigen die Treibhausgasemissionen und verschlechtert sich die Luftqualität. Dadurch können auch negative Auswirkungen auf den Tourismus entstehen, der eine wichtige Säule der Wirtschaft Maltas ist. Somit müssen die Bewältigung der Infrastrukturengpässe und die Umsetzung der notwendigen umweltfreundlichen Verkehrslösungen miteinander einhergehen. Im Jahr 2016 hat die Regierung einen nationalen Verkehrsplan bis 2050 sowie einen „Operational Transport Master Plan“ bis 2025 verabschiedet. Sie kündigte außerdem ein mit 700 Mio. EUR ausgestattetes Projekt zum Ausbau des Straßennetzes an. Zusammengenommen dürften diese Maßnahmen die wirtschaftlichen Kosten von Staus um weniger als 20 % senken. Die Belebung der Wirtschaftstätigkeit könnte die bestehenden Infrastrukturengpässe weiter verschärfen und eine noch größere Belastung der natürlichen Ressourcen nach sich ziehen. Darüber hinaus lässt der Plan klare Zielvorgaben für die Verringerung der Treibhausgasemissionen aus dem Verkehrssektor vermissen und sieht kein wirksames Überwachungssystem für die Durchführung der festgelegten Maßnahmen vor (abgesehen von einem fünfjährigen Überprüfungszyklus). Es ist daher wichtig, Ziele abzustecken und Maßnahmen umzusetzen, damit die Verkehrsüberlastung und Treibhausgasemissionen durch den Verkehr bis 2025 gesenkt werden und eine regelmäßige Überwachung der Fortschritte möglich ist.

(12)

In Anbetracht der durch die Größe des Landes und seine Insellage bedingten Herausforderungen ist der Übergang zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft besonders wichtig. Intelligente Investitionen können dazu beitragen, den Druck auf die gefährdeten natürlichen Ressourcen der Insel zu verringern. Wenn nicht reagiert wird, könnten etwa Probleme bei der Beseitigung von Bau- und Abbruchabfällen die Umweltqualität und die Attraktivität des Landes als Reiseziel schmälern. Bei den Öko-Innovationen gehört Malta zwar nach wie vor zu den Schlusslichtern in der Union (Index für Öko-Innovationen im Jahr 2016: Platz 26 in der Union, 2013: Platz 18), hat jedoch das Potenzial, Investitionen zu mobilisieren, um innovative Lösungen zur Verbesserung der Ressourcen- und Energieeffizienz im Baugewerbe und der Abfall- und Wasserbewirtschaftung zu erarbeiten oder anzunehmen. Erforderlich sind insbesondere Verbesserungen bei der Abfallbewirtschaftung und Investitionen in Recyclinganlagen für Bau- und Abbruchabfälle sowie die Durchführung von Kontrollen, um zu verhindern, dass Bau- und Abbruchabfälle auf illegalen Deponien oder im Meer entsorgt werden.

(13)

Das Justizsystem steht weiterhin vor Herausforderungen im Hinblick auf seine Effizienz, und um ein qualitativ hochwertiges Unternehmensumfeld zu gewährleisten, muss der rechtliche und institutionelle Rahmen für die Korruptionsbekämpfung gestärkt werden. Steuerungsbedingte Schwachstellen im Rahmen für die Korruptionsbekämpfung könnten das Unternehmensumfeld beeinträchtigen und sich negativ auf Investitionstätigkeiten auswirken. Die Wirksamkeit der Bemühungen Maltas bei der Korruptionsbekämpfung muss weiter verbessert werden, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Strafverfolgung von Korruption. Damit das Ansehen Maltas und seine internationale Attraktivität als Investitionsstandort gewahrt werden, ist es unabdingbar, den Steuerungsrahmen zu verbessern.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Maltas umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Malta gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Malta berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (5), dass Malta den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird —

EMPFIEHLT, dass Malta 2018 und 2019

1.

den allgemeinen Steuerungsrahmen stärkt, indem die nationale Aufsicht über in Malta zugelassene international ausgerichtete Finanzunternehmen verbessert, der Rahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche wirksam durchgesetzt und die Bekämpfung von Korruption weiter intensiviert werden;

2.

die Tragfähigkeit des Gesundheits- und des Rentensystems gewährleistet, auch durch die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters und die Einschränkung der Frühverrentung.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/80


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2018

(2018/C 320/18)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie die Niederlande als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollten die Niederlande die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für die Niederlande wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden den Niederlanden bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der Vorjahresempfehlungen und bei der Verwirklichung der nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 einige Fortschritte attestiert. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Auf der Grundlage ihrer Analyse gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass in den Niederlanden makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere weisen die Niederlande unter den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Dreijahresschnitt gemessen am BIP den höchsten Leistungsbilanzüberschuss auf. Der Überschuss lässt auf eine suboptimale Ressourcenverteilung schließen, die noch Raum für mehr Wachstum und Wohlstand lässt. Der private Schuldenstand — insbesondere die Hypothekenbelastung der Haushalte und der Schuldenstand multinationaler Unternehmen — ist hoch. Die langen Bilanzen der Haushalte erhöhen die Anfälligkeit für finanzielle Schocks.

(4)

Am 30. April 2018 übermittelten die Niederlande ihr nationales Reformprogramm 2018 und am 26. April 2018 ihr Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Die Niederlande befinden sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Stabilitätsprogramm 2018 plant die Regierung eine Verringerung des gesamtstaatlichen Überschusses von 1,1 % des BIP im Jahr 2017 auf 0,3 % des BIP im Jahr 2021. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — wird im gesamten Programmzeitraum weiterhin erfüllt. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote auf 44,0 % des BIP im Jahr 2021 sinken. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission wird der strukturelle Saldo voraussichtlich von einem Überschuss von 0,5 % des BIP im Jahr 2017 auf ein Defizit von 0,1 % des BIP im Jahr 2018 und 0,3 % des BIP im Jahr 2019 zurückgehen und damit das mittelfristige Haushaltsziel übertreffen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand soll weiter auf einem soliden Abwärtskurs und unter dem im Vertrag festgelegten Referenzwert bleiben. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass die Niederlande die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2018 und 2019 einhalten dürfte. Gleichzeitig besteht unter Einhaltung des mittelfristigen Ziels nach wie vor Spielraum, die Haushalts- und Strukturpolitik zu nutzen, um die öffentlichen und privaten Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovation zu steigern.

(7)

Die Niederlande haben eine effiziente Forschungs- und Entwicklungsbranche, und das leistungsfähige Bildungssystem und die gute wissenschaftliche Aufstellung bieten eine solide Grundlage für die Förderung der Innovations- und Wachstumskapazität durch Maßnahmen in den Bereichen Bildung sowie Forschung und Entwicklung. Es wurden erhebliche zusätzliche Investitionen angekündigt, die dazu beitragen könnten, die Intensität der öffentlichen und privaten Forschung und Entwicklung zu stabilisieren. Ob die Niederlande ihre Europa-2020-Ziele, insbesondere im Bereich der Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in erneuerbare Energien, erreichen werden, ist noch ungewiss.

(8)

Einer der wichtigsten Faktoren bei der Bekämpfung der hohen Verschuldung der privaten Haushalte ist der Wohnungsmarkt, auf dem über Jahrzehnte hinweg starre Strukturen und Fehlanreize entstanden sind, die die Muster der Wohnungsfinanzierung und des Sparverhaltens in diesem Sektor geprägt haben. Seit 2012 wurde eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt, mit denen diesen Problemen zum Teil begegnet wird. Im Jahr 2017 hat die Regierung ihre Absicht bekanntgegeben, die Verringerung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen ab 2020 zu beschleunigen. Das Fehlen eines gut funktionierenden mittleren Segments auf dem Mietwohnungsmarkt veranlasst die Haushalte allerdings dazu, eher zu kaufen als zu mieten, was zu einer hohen Verschuldungsquote und finanzieller Anfälligkeit in jungen Jahren führt. Der Sozialwohnungssektor zählt zu den größten in der Union, doch die Wohnungen werden nicht immer von tatsächlich Bedürftigen bewohnt. Haushalte mit hohem Einkommen bleiben in Sozialwohnungen, da die Gesellschaften des sozialen Wohnungsbaus die Mieten nicht so rasch erhöhen, wie es ihnen aufgrund der Vorschriften möglich wäre. Die Regierung hat zwar ihre Absicht angekündigt, das Angebot erschwinglicher Wohnungen auf dem privaten Mietmarkt zu fördern, aber sie hat noch keine konkreten einschlägigen Pläne vorgelegt.

(9)

Wie bereits in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet erwähnt, ist die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung unerlässlich, um Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen Unternehmen entgegenzuwirken, eine faire Behandlung der Steuerzahler sicherzustellen und die öffentlichen Finanzen zu schützen. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler auch Rückwirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf einzelstaatlicher Ebene erforderlich. Das große Volumen der über die Niederlande geleisteten Dividenden-, Lizenzgebühr- und Zinszahlungen lässt darauf schließen, dass Unternehmen die Steuervorschriften des Landes nutzen, um aggressive Steuerplanung zu betreiben. Ein Großteil der ausländischen Direktinvestitionen wird von „Zweckgesellschaften“ gehalten. Da auf ins Ausland fließende (also von in der Union Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Lizenzgebühr- und Zinszahlungen keine Quellensteuern erhoben werden, fallen diese Zahlungen möglicherweise vollständig durch das Steuerraster, sofern sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. Auch das Fehlen bestimmter Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch kann, insbesondere bei Hybridgesellschaften, eine aggressive Steuerplanung unter Umständen erleichtern. Die Kommission erkennt an, dass das Engagement der Niederlande, aggressive Steuerplanung zu bekämpfen, das in der Reformagenda im Steuerbereich, die Quellensteuern auf Lizenzgebühren-, Zins- und Dividendenzahlungen im Falle von Missbrauch oder auf Zahlungen in Niedrigsteuergebiete behandelt, zum Ausdruck kommt, einen positiven Schritt zur Verringerung der aggressiven Steuerplanung darstellt, der rasch umgesetzt und aufmerksam verfolgt werden sollte. Auf der Grundlage des jüngsten Austauschs mit den niederländischen Behörden wird die Kommission ihren konstruktiven Dialog in Bezug auf die Eindämmung aggressiver Steuerplanungsstrategien von Steuerzahlern fortsetzen.

(10)

Trotz niedriger Arbeitslosigkeit und vieler offener Stellen fiel der Anstieg der Nominallöhne im Jahr 2017 mit 1,5 % moderat aus. Dieser Wert liegt unter dem Stand, der auf der Grundlage von Inflation, Produktivität und Arbeitslosigkeit hätte erwartet werden können. Das moderate Lohnwachstum lässt sich teilweise durch den langsamen Anstieg der Produktivität, die nach wie vor vorhandene Schwäche des Arbeitsmarkts und die zunehmende Segmentierung des Arbeitsmarkts erklären. Im Jahr 2017 hat die Regierung mehrere haushaltspolitische Maßnahmen verabschiedet, mit denen die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit verringert und das verfügbare Nettohaushaltseinkommen der Erwerbstätigen erhöht werden soll. Eine weitere Steigerung des verfügbaren Nettohaushaltseinkommens durch die Schaffung der Voraussetzungen für die Förderung des Lohnwachstums und die Reformierung der zweiten Säule des Rentensystems mit dem Ziel, es transparenter, generationengerechter und widerstandsfähiger gegenüber Schocks zu gestalten, würde die Binnennachfrage stützen und zum Abbau der Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet beitragen.

(11)

Der jüngste Beschäftigungsanstieg ist zu einem Großteil auf die zunehmende Zahl von Beschäftigten mit befristeten Arbeitsverträgen und von Selbstständigen zurückzuführen. Der hohe und weiter steigende Anteil der befristeten Arbeitsverträge sowie die rasche Zunahme der Zahl der Selbstständigen ohne Angestellte sind vor dem Hintergrund großer Unterschiede bei den anwendbaren arbeitsrechtlichen Bestimmungen, dem Arbeitsschutz sowie Unterschieden bei den steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu sehen. Obwohl einige Maßnahmen ergriffen und weitere kürzlich angekündigt wurden, schaffen einige dieser Faktoren weiterhin finanzielle Anreize für Angestellte, sich selbstständig zu machen, oder begünstigen ihre Einstellung mit befristeten Verträgen. Zudem wurde die Durchsetzung von Maßnahmen gegen Scheinselbstständigkeit bis zum Jahr 2020 ausgesetzt. Selbstständige sind mit Blick auf Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit und Alter vergleichsweise häufig unterversichert. Langfristig könnte dies die Tragfähigkeit des Sozialversicherungssystems beeinträchtigen.

(12)

Obwohl der Arbeitsmarkt insgesamt gut funktioniert, ist noch ungenutztes Arbeitskräftepotenzial vorhanden. Insbesondere die hohe Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen und die Beschäftigungssituation von Menschen mit Migrationshintergrund stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar. Die Beschäftigungsquote von nicht in der EU geborenen Migranten liegt um 20,6 Prozentpunkte unter jener der in den Niederlanden Geborenen; bei nicht in der EU geborenen Frauen ist das Gefälle noch höher.

(13)

Der Anstieg der Sparquote der Haushalte in den vergangenen Jahren war teilweise auf höhere Einlagen in die zweite Säule des Rentensystems (obligatorische private Zusatzversicherungen) zurückzuführen, woran die regulatorischen Rahmenbedingungen ihren Anteil hatten. Eine angemessene generationeninterne und -übergreifende Kosten- und Risikoaufteilung, die über die beschlossenen Bestimmungen zu Indexierung und Finanzpuffern (Rahmenvorschriften für die Bewertung der Finanzlage) hinausgeht, würde den privaten Haushalten eine wachstumsfreundlichere Allokation ihrer Finanzmittel erleichtern. Die Regierung hat ihre Absicht bekräftigt, die zweite Säule des Rentensystems umfassend zu reformieren, um die Absicherung zu verbessern und ein transparenteres, flexibleres und versicherungsmathematisch gerechteres System zu schaffen. Der Bericht über die Bevölkerungsalterung 2018 deutet auf ein mittleres Risiko für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen hin, da die Ausgaben für die Langzeitpflege den Prognosen zufolge bis zum Jahr 2070 von 3,5 % auf 6,0 % des BIP steigen werden.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Niederlande umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an die Niederlande gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in den Niederlanden berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union bewertet.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (6), dass die Niederlande den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten werden.

(16)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider —

EMPFIEHLT, dass die Niederlande 2018 und 2019

1.

unter Einhaltung des mittelfristigen Ziels die Haushalts- und Strukturpolitik nutzen, um die öffentlichen und privaten Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovation zu steigern; Maßnahmen ergreifen, um die Verschuldungsanreize für private Haushalte und die verbleibenden Verzerrungen auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere durch Förderung der Entwicklung des privaten Mietsektors, abzubauen;

2.

die Anreize für den Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge und für Selbstständige ohne Angestellte verringern, einen angemessenen Sozialschutz für Selbstständige fördern und die Scheinselbstständigkeit angehen; die Voraussetzungen schaffen, um unter Achtung der Rolle der Sozialpartner ein höheres Lohnwachstum zu fördern; gewährleisten, dass die zweite Säule des Rentensystems transparenter, generationengerechter und widerstandsfähiger gegenüber Schocks wird.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/84


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2018

(2018/C 320/19)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Österreich nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (2) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Österreich die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht Österreich 2018 wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Österreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)

Am 25. April 2018 übermittelte Österreich sein nationales Reformprogramm 2018 und am 21. März 2018 sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Österreich befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. In ihrem Stabilitätsprogramm 2018 erwartet die Regierung, dass sich der Gesamtsaldo von einem Defizit von 0,7 % des BIP im Jahr 2017 auf einen Überschuss von 0,4 % des BIP im Jahr 2022 verbessert. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP ab 2017 — dürfte 2019 erreicht werden. Dem Stabilitätsprogramm zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote schrittweise von 78,1 % des BIP im Jahr 2017 auf 62,2 % des BIP im Jahr 2022 zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist für 2018 günstig und anschließend plausibel. Die größten Risiken für die mittelfristige Haushaltsplanung ergeben sich aus den ab 2020 geplanten diskretionären politischen Maßnahmen wie der angekündigten Einkommensteuerreform, deren Nettoauswirkung auf das Budget noch nicht endgültig feststeht.

(7)

Im Stabilitätsprogramm wird auf die signifikanten Budgetauswirkungen des außergewöhnlichen Flüchtlingszustroms und von Sicherheitsmaßnahmen verwiesen, und es werden ausreichend Belege für Umfang und Art der zusätzlichen Budgetausgaben geliefert. Der Kommission zufolge lagen die berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben für den außergewöhnlichen Flüchtlingszustrom im Jahr 2017 bei 0,03 % des BIP, während für Sicherheitsmaßnahmen keine zusätzlichen Kosten entstanden sind. Die Bestimmungen nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 tragen diesen zusätzlichen Ausgaben Rechnung, da der Flüchtlingszustrom und die Ernsthaftigkeit der terroristischen Bedrohung außergewöhnliche Ereignisse darstellen, die erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Österreichs haben, deren Tragfähigkeit durch die Gewährung einer vorübergehenden Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel nicht gefährdet würde. Um die zusätzlichen Kosten für Flüchtlinge zu berücksichtigen, wurde die erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 somit nach unten korrigiert.

(8)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Österreich sicherzustellen, dass die Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel 2018 nicht über die aufgrund der Budgetauswirkungen des außergewöhnlichen Flüchtlingszustroms zugestandene Abweichung hinausgeht. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 3,3 % im Jahr 2018, was eine erlaubte Verschlechterung des strukturellen Saldos in Höhe von 0,2 % des BIP bedeutet. Unter Berücksichtigung der zugestandenen Abweichungen deutet die Frühjahrsprognose 2018 der Kommission auf die Gefahr einer gewissen Abweichung von dieser Anforderung im Jahr 2018 und im Gesamtzeitraum 2017 und 2018 hin.

(9)

2019 sollte Österreich sein mittelfristiges Haushaltsziel unter Berücksichtigung der aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse zugestandenen vorübergehenden Abweichung erreichen. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 2,9 %, was eine Verbesserung des strukturellen Saldos in Höhe von 0,3 % des BIP bedeutet. Gemäß der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission besteht unter Annahme einer unveränderten Politik im Jahr 2019 für Österreich — aufgrund der Abweichung im Gesamtzeitraum 2018 und 2019 — die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung. Gleichzeitig wird sich Österreich den Prognosen zufolge seinem mittelfristigen Ziel 2019 bis auf 0,1 % des BIP nähern. Zudem wird Österreich die Schuldenregel in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Österreich bereit sein muss, 2018 weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu gewährleisten, und dass 2019 die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden sollten, um den Anforderungen des Pakts zu entsprechen.

(10)

Laut dem Bericht über die Bevölkerungsalterung 2018 deutet der projizierte Anstieg der Ausgaben für Pensionen, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege mittel- bis langfristig auf ein mittleres Risiko für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen hin. Die öffentlichen Pensionsausgaben Österreichs liegen über dem Unionsdurchschnitt (13,8 % gegenüber 11,2 % des BIP im Jahr 2016) und werden bis 2070 voraussichtlich weiter steigen (0,5 % gegenüber – 0,2 % des BIP). Die jüngsten Reformen haben erfolgreich Anreize für einen späteren Pensionsantritt geschaffen. Ohne Anhebung des gesetzliches Pensionsantrittsalters werden die infolge des nun längeren Erwerbslebens erworbenen zusätzlichen Ansprüche jedoch nicht dazu beitragen, dass sich die langfristige Tragfähigkeit des Systems verbessert. Das gesetzliche Pensionsantrittsalter der Frauen von 60 Jahren zählt zu den niedrigsten in der Union. Erst ab 2024 wird das gesetzliche Pensionsantrittsalter der Frauen schrittweise angepasst, sodass eine Harmonisierung mit dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter der Männer erst ab 2033 erreicht wird. Insgesamt ließe sich angesichts der alternden Bevölkerung mit der Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters und der Einschränkung der Frühpensionierung ein Beitrag zur Tragfähigkeit des Pensionssystems leisten.

(11)

Die öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen liegen über dem Unionsdurchschnitt (7 % gegenüber 6,8 % des BIP im Jahr 2016) und dürften im Vergleich auch stärker ansteigen als der Unionsdurchschnitt (1,3 % gegenüber 0,9 % des BIP), womit sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben bis 2070 auf 8,3 % des BIP erhöhen würden. Die Ausgaben für Langzeitpflege werden sich bis 2070 voraussichtlich von 1,9 % auf 3,8 % des BIP verdoppeln. Mit der Einführung von Ausgabenobergrenzen durch das Finanzausgleichsgesetz 2017 und der Reform zur Stärkung der medizinischen Primärversorgung, mit der die Abhängigkeit vom Spitalssektor verringert wird, werden die Probleme im Hinblick auf die Tragfähigkeit angegangen. Die nach wie vor hohe Zahl von Krankenkassen lässt darauf schließen, dass bei den Steuerungs- und Verwaltungskosten weitere Einsparungen möglich sind. Zudem könnte ein wirksameres öffentliches Auftragswesen (z. B. über unionsweite Ausschreibungen, nicht nur preisbezogene Zuschlagskriterien und überregionale Sammelbeschaffungen) zu mehr Qualität und Kosteneffizienz beitragen. Im Bereich der Langzeitpflege dürften die jüngsten politischen Maßnahmen, darunter die Abschaffung des Pflegeregresses, also des Rückgriffs auf das Privatvermögen zur Finanzierung stationärer Langzeitpflege, die Ausgaben eher steigern als eindämmen.

(12)

Das Finanzausgleichsgesetz 2017 hat zur Straffung der Finanzbeziehungen zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen beigetragen, indem eine aufgabenorientierte Finanzierung eingeführt, die Verteilung zwischenstaatlicher Transfers vereinfacht und den Ländern eine eigene Einnahmequelle übertragen wurde. Trotz dieser Reformbemühungen ist der finanzpolitische Rahmen jedoch nach wie vor undurchsichtig, und die weiterhin deutliche Diskrepanz zwischen den Ausgaben- und den Einnahmenbefugnissen schafft nur schwache Anreize zur Effizienzsteigerung auf subnationaler Ebene.

(13)

Die Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit ist trotz der Steuerreform von 2016 unverändert hoch und dürfte ohne eine Inflationsindexierung der Steuerklassen im Laufe der Zeit schrittweise weiter steigen. Bezieher höherer Einkommen haben im Vergleich zu Geringverdienern relativ stark von der Reform profitiert, und die steuerliche Belastung von Geringverdienern ist nach wie vor hoch. Zudem ist die Steuerreform Männern stärker zugutegekommen als Frauen. Als weniger wachstumsschädlich geltende Einnahmequellen, wie periodische Immobiliensteuern, scheinen nicht ausgeschöpft zu werden, was vor allem an einer größtenteils veralteten Steuerbemessungsgrundlage liegt. Die Einnahmen aus periodischen Immobiliensteuern fallen in Österreich gering aus: 2016 beliefen sie sich auf 0,2 % des BIP gegenüber dem Unionsdurchschnitt von 1,6 % des BIP. Eine Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zu weniger wachstumsschädlichen Einnahmequellen könnte dabei helfen, dieses Problem anzugehen.

(14)

Der Arbeitsmarkt funktioniert gut, doch bei gewissen Gruppen (wie Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund) bestehen weiterhin Herausforderungen. Obwohl die Beschäftigungsquote der Frauen auf dem Arbeitsmarkt insgesamt hoch ist, erzielen sie bei der Vollzeitbeschäftigung immer noch schwache Arbeitsmarktergebnisse. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen (im Alter von 20-64 Jahren) ist mit 47,9 % im Jahr 2017 nach wie vor einer der höchsten in der Union (Unionsdurchschnitt: 31,1 %). Mit verantwortlich dafür sind auch die Probleme beim Zugang zu formaler Kinderbetreuung, insbesondere außerhalb der Städte. Der hohe Anteil von Frauen in Teilzeitbeschäftigung, der vor allem darauf zurückgeht, dass Frauen wichtige unbezahlte Aufgaben wie die Betreuung von Kindern und Angehörigen übernehmen, sowie niedrigere Stundenlöhne tragen zu einem anhaltend hohen Lohngefälle zwischen Frauen und Männern bei. Dieses Lohngefälle wirkt sich direkt auf die gesammelten Pensionsansprüche der Frauen aus und führt zu einer großen Pensionslücke.

(15)

Die Lernergebnisse benachteiligter Schülerinnen und Schüler haben sich nicht verbessert. Der Leistungsabstand zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund bleibt groß. Tests auf nationaler Ebene im Jahr 2016 haben bestätigt, dass ungefähr ein Viertel der Schülerinnen und Schüler der achten Klasse im Fach Deutsch die Bildungsstandards nicht oder nur teilweise erreichen. Jüngste internationale Tests zeigen auch eine immer größer werdende Lücke bei den Lesekompetenzen der Schülerinnen und Schüler aus sozioökonomisch schwächeren Verhältnissen oder mit Migrationshintergrund. Der Vergleich der Ergebnisse der internationalen Schulleistungsstudie (PISA) der Jahre 2012 und 2015 zeigt, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit schlechten Leistungen in allen drei untersuchten Kernbereichen, d. h. Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften, gestiegen ist. In Österreich geborene Schülerinnen und Schüler erzielen im Vergleich zu Migranten der ersten Generation bessere Leistungen, wobei ein Unterschied von beinahe drei Schuljahren besteht.

(16)

Während die Produktivität in Österreich hoch ist, wurde in den letzten Jahren trotz erheblicher Anstrengungen, darunter Investitionen in FuE und verbesserte Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen, nur ein schwaches Produktivitätswachstum erzielt. Die verbleibenden Hebel zur Förderung des Produktivitätswachstums finden sich in den Bereichen Digitalisierung von Unternehmen, Unternehmenswachstum und Wettbewerb im Dienstleistungssektor. In Österreich bestehen erhebliche Zugangsbeschränkungen und restriktive Vorschriften für die Erbringung von unternehmensorientierten Dienstleistungen und die Ausübung reglementierter Berufe. Hierzu zählen u. a. spezifische Anforderungen an die Beteiligungsverhältnisse, zahlreiche vorbehaltene Tätigkeiten und Beschränkungen für interdisziplinäre Unternehmen. Die anhaltenden Bemühungen um eine Verringerung der Verwaltungslasten und die geplante Evaluierung der österreichischen Gewerbeordnung sind wichtige Instrumente, um dieses Problem anzugehen.

(17)

Ein stärkerer Wettbewerb im Dienstleistungsbereich würde helfen, die Herausforderungen Österreichs im Zusammenhang mit der Verbreitung von digitalen Technologien und Geschäftsmodellen, insbesondere unter Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen, zu bewältigen. Die Digitalisierung solcher Unternehmen ist in Österreich besonders wichtig, da sie das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft darstellen. Initiativen wie „KMU Digital“ und „AT:net“ sowie die Umsetzung der Digital Roadmap Austria sind hierbei von entscheidender Bedeutung. Ein weiteres Problem betrifft die Expansion von Unternehmen, insbesondere hochinnovativer Unternehmen. Bei Finanzierungsmöglichkeiten in späteren Phasen bestehen Engpässe, etwa in Bezug auf Risikokapital und den Zugang zu öffentlichen Kapitalmärkten für expandierende Unternehmen. Wachstumsstarke Unternehmen sind von zentraler Bedeutung, um neue Technologien und Geschäftsmodelle, auch solche in digitaler Form, zu verbreiten und somit das Produktivitätswachstum zu steigern.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Österreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Österreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Österreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (5) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Österreich 2018 und 2019

1.

das mittelfristige Haushaltsziel 2019 unter Berücksichtigung der aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse zugestandenen vorübergehenden Abweichung erreicht; die Tragfähigkeit des Gesundheits- und Langzeitpflegesystems sowie des Pensionssystems auch durch die Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters und die Einschränkung der Frühpensionierung gewährleistet; die öffentlichen Dienstleistungen effizienter macht, unter anderem durch eine Angleichung der Finanzierungs- und Ausgabenverantwortlichkeiten;

2.

die Steuer- und Abgabenbelastung besonders für Geringverdiener durch eine Verlagerung der Steuerlast auf weniger wachstumsschädliche Quellen verringert; die Arbeitsmarktergebnisse der Frauen verbessert; die Grundkompetenzen benachteiligter junger Menschen und von Menschen mit Migrationshintergrund verbessert; und das Produktivitätswachstum durch die Förderung der Unternehmensdigitalisierung und des Firmenwachstums sowie durch den Abbau regulatorischer Hindernisse im Dienstleistungssektor unterstützt.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/88


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Polens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2018

(2018/C 320/20)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Polen nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für Polen wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Polens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 26. April 2018 übermittelte Polen sein Nationales Reformprogramm 2018 und sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Polen befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Im Konvergenzprogramm 2018 rechnet die Regierung mit einer allmählichen Verbesserung des Gesamtsaldos von einem Defizit von 1,7 % des BIP im Jahr 2017 auf 0,7 % des BIP im Jahr 2021. Das mittelfristige Haushaltsziel eines strukturellen Defizits von 1,0 % des BIP dürfte bis 2021, d. h. innerhalb des Programmzeitraums, nicht erreicht werden. Der neu berechnete strukturelle Saldo (5) deutet für 2021 auf ein Defizit von 1,3 % des BIP hin. Dem Konvergenzprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote voraussichtlich von 50,6 % des BIP im Jahr 2017 auf 50,4 % des BIP im Jahr 2018 und bis 2021 auf 46,0 % des BIP zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist für 2018 vorsichtig und anschließend plausibel.

(6)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Polen sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (6) im Jahr 2018 3,7 % nicht übersteigt, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,5 % des BIP entspricht. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass das Ziel, einen haushaltspolitischen Kurs zu erreichen, der sowohl zur Stützung der derzeitigen Erholung als auch zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beiträgt, bei der Bewertung der Übersicht über die Haushaltsplanung 2018 und der anschließenden Bewertung der Haushaltsergebnisse 2018 berücksichtigt werden muss. Die Kommission hat die Solidität der wirtschaftlichen Bedingungen in Polen einer qualitativen Bewertung unterzogen und dabei den Herausforderungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit gebührend Rechnung getragen. Auf dieser Grundlage wird der Schluss gezogen, dass keine weiteren Elemente berücksichtigt werden müssen. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2018 die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser empfohlenen Korrektur besteht.

(7)

Angesichts der für Polen prognostizierten Produktionslücke von 1,5 % des BIP darf im Jahr 2019 die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 4,2 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2019 die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung besteht. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass die erforderlichen Maßnahmen ab 2018 ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten.

(8)

Mittel- und langfristig wird für Polen in mehreren Bereichen Ausgabendruck bestehen, vor allem im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung. Infolgedessen sind neue Verfahren für die Bewertung der Wirksamkeit und Effizienz der öffentlichen Ausgaben und für eine erleichterte Umverteilung von Mitteln erforderlich. Zu diesem Zweck hat die Regierung begonnen, das Haushaltsverfahren insbesondere dahingehend zu reformieren, dass der mittelfristige Haushaltsrahmen gestärkt und Ausgabenüberprüfungen in das Haushaltsverfahren einbezogen werden. Polen ist der einzige Mitgliedstaat ohne eigenständigen unabhängigen Haushaltsrat, und es sind keine Pläne für die Einrichtung eines solchen Rates bekannt; es besitzt allerdings unabhängige Instanzen, die einige der Funktionen ausüben, die normalerweise Haushaltsräte übernehmen. Aus dem Länderbericht 2018 geht hervor, dass Polen keine Fortschritte bei der Einschränkung der weitreichenden Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze erzielt hat. Das polnische Finanzministerium arbeitet jedoch daran, die Verfahren zu vereinfachen, nach denen Waren und Dienstleistungen den jeweils geltenden Sätzen zugeordnet werden.

(9)

Der polnische Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, und die Beschäftigungsquote steigt weiter. Allerdings verharrt die Beteiligung einiger Gruppen der Erwerbsbevölkerung, insbesondere von Frauen, gering qualifizierten und älteren Menschen, im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten auf einem niedrigen Niveau. Einige politische Maßnahmen der letzten Zeit haben die Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verringert, insbesondere für Frauen und ältere Menschen. Das polnische Sozialversicherungssystem bietet unzureichende Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Das Kindergeld hat zwar dazu beigetragen, Armut und Ungleichheit zu verringern, hatte gleichzeitig jedoch bereits negative Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung von Eltern, vor allem von Frauen, da die Höhe des Kindergelds und die begrenzte Bedürftigkeitsprüfung Arbeitsanreize neutralisieren, die durch andere Sozialleistungen geschaffen werden. Darüber hinaus gehört die Zahl der Kinder unter drei Jahren, die in regulären Kinderbetreuungseinrichtungen angemeldet sind, zu den niedrigsten in der Union, was die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt weiter hemmt. Menschen, die langfristig Angehörige pflegen, erhalten kaum Unterstützung, was es ihnen unmöglich macht, in den Arbeitsmarkt einzutreten. Die Senkung des gesetzlichen Renteneintrittsalters hat einige ältere Arbeitskräfte dazu bewegt, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Die Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern trägt dazu bei, die erhöhte Nachfrage nach Arbeitskräften zu decken.

(10)

Ergänzend könnten die Beteiligung am Arbeitsmarkt und die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft dadurch gefördert werden, dass Schülerinnen und Schüler sowie Erwachsene mit angemessenen Fähigkeiten und Kompetenzen ausgestattet werden, die die Beschäftigung in einem sich rasch verändernden Arbeitsmarkt erleichtern. Die Beteiligungsrate von Erwachsenen an Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen liegt weit unter dem Unionsdurchschnitt. In Kombination mit gewissen Schwächen bei den digitalen Kompetenzen sowie bei den Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten, insbesondere unter Erwachsenen ohne tertiären Bildungsabschluss, schmälert dies deren Beschäftigungsfähigkeit. In welchem Umfang sich die kürzlich eingeführten sowie die noch in Planung befindlichen politischen Maßnahmen, z. B. Änderungen an der Organisation der allgemeinen Bildung, Ausbildung und Hochschulbildung, auf das Qualifikationsniveau auswirken werden, ist noch unklar.

(11)

Polen hat weitere Maßnahmen gegen die Segmentierung des Arbeitsmarktes ergriffen, durch die die Möglichkeiten des Missbrauchs befristeter Beschäftigungsverhältnisse eingeschränkt und die Sozialabgaben bei bestimmten atypischen Arbeitsverträgen erhöht wurden, und bei einigen dieser Vertragsarten einen Mindeststundenlohn eingeführt. Obwohl die Anzahl und der Anteil der unbefristeten Verträge seit Ende 2016 gestiegen sind, zählt der Anteil der befristeten Arbeitsverträge immer noch zu den höchsten in der Union. Einige weitere für die Dualität des Arbeitsmarktes relevante Gesetzesänderungen könnten in das neu gefasste Arbeitsgesetzbuch Eingang finden. Die soziale Absicherung für Selbstständige und bestimmte Beschäftigte mit atypischen Verträgen stellt ein potenzielles Problem dar, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der künftigen Renten. Seit 2015 wurden mehrere Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Absicherung von Selbständigen und Beschäftigten mit atypischen Verträgen auf den Weg gebracht.

(12)

Infolge früherer Reformen, etwa zur Aufhebung von Vorruhestandsregelungen und zur schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters, ist das Durchschnittsalter für den Renteneintritt in den vergangenen Jahren gestiegen. Um das mittelfristige wirtschaftliche Wachstum, ein angemessenes Rentenniveau und die Tragfähigkeit des Rentensystems zu gewährleisten, ist eine weitere Erhöhung des tatsächlichen Renteneintrittsalters unabdingbar. Die jüngste Senkung des gesetzlichen Renteneintrittsalters für Frauen auf 60 Jahre und für Männer auf 65 Jahre ist jedoch ein Schritt in die entgegengesetzte Richtung. Die Festlegung des Pensionseintrittsalters für Richterinnen und Richter der ordentlichen Gerichte auf 65 Jahre steht hingegen im Einklang mit der Forderung der Kommission. In der Landwirtschaft ist das besondere Sozialversicherungssystem für Landwirte, das mit Mitteln in Höhe von fast 1 % des BIP bezuschusst wird, einer der Gründe für die geringe Arbeitsmobilität und die versteckte Arbeitslosigkeit.

(13)

Um die Ergebnisse im Bereich der Patientengesundheit in Polen zu verbessern, sind ein besserer Zugang zur Gesundheitsversorgung sowie Effizienzsteigerungen erforderlich. Der nach eigenen Angaben ungedeckte Bedarf an medizinischer Versorgung gehört zu den höchsten in der Union, und die Wartezeiten für bestimmte Eingriffe sind im Vergleich sehr lang. Die Zahl der Krankenhausbetten ist relativ hoch und geografisch nicht optimal verteilt. Die ambulante Versorgung und die primäre Gesundheitsfürsorge sind generell unterentwickelt, und für Ärzte bestehen Anreize, Patienten für Untersuchungen und Behandlungen an Spezialisten zu überweisen. Diese Probleme zu bewältigen stellt insofern eine besondere Herausforderung dar, als der Umfang der öffentlichen Mittel und die Zahl der Ärzte und Krankenpfleger in bestimmten Fachrichtungen in Polen deutlich unter dem Unionsdurchschnitt liegen. Im Jahr 2017 wurden einige Anstrengungen unternommen, um die Mittel im Gesundheitswesen effizienter zu verteilen, doch die Auswirkungen dieser Maßnahmen lassen noch auf sich warten.

(14)

Die Steigerung der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Polen in der globalen Wertschöpfungskette aufsteigen kann, sodass weiteres Potenzial zur Erhöhung des Lebensstandards entsteht. Dafür sind allerdings politische Maßnahmen in vielen Bereichen im Rahmen eines schrittweisen, mehrere Jahre dauernden Prozesses erforderlich. Zu den diesbezüglich wichtigsten Aspekten zählen der Aufbau von Vertrauen in die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Schaffung von Anreizen im Hinblick auf die Unternehmensausgaben für FuE sowie die Stärkung der Wissenschaftsbasis, etwa durch Reformen der Hochschulbildung oder die Förderung eines starken Wissensflusses und einer engen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Dazu gehört auch, dass günstige Bedingungen für die wirtschaftliche Nutzung von Forschungsergebnissen sichergestellt werden, die mit öffentlichen Mitteln gefördert und entwickelt worden sind. In diesen Bereichen wurden bereits verschiedene Maßnahmen umgesetzt, und weitere werden von der Regierung geplant.

(15)

Die raschen Gesetzesänderungen und die seltene Durchführung von Konsultationen der Öffentlichkeit und der Sozialpartner zu einer Reihe wichtiger Gesetze belasten die Qualität der Rechtsetzung und erhöhen die Unsicherheit für die Unternehmen. Die Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz sind in diesem Zusammenhang ebenfalls von grundlegender Bedeutung. Es sei daran erinnert, dass die Kommission dem Rat im Dezember 2017 einen begründeten Vorschlag vorgelegt hat, wonach festgestellt werden sollte, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit durch Polen besteht. Rechtssicherheit und das Vertrauen in die Qualität und Berechenbarkeit von Politik und Institutionen in den Bereichen Gesetzgebung und Steuern und in anderen Bereichen sind wichtige Faktoren, die eine Steigerung der Investitionsquote ermöglichen könnten. Solide Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzungen und die Durchführung gut konzipierter Konsultationen der Öffentlichkeit und der Sozialpartner könnten dazu beitragen, die Qualität der Rechtsetzung zu verbessern, die Notwendigkeit für anschließende Änderungen zu verringern und dadurch die rechtlichen Rahmenbedingungen berechenbarer zu gestalten. Dies könnte auch dazu beitragen, etwaige kurzfristige negative Nebeneffekte neuer Gesetze, z. B. einen vorübergehenden Anstieg der Verwaltungslasten infolge einer Änderung der Steuervorschriften, zu begrenzen.

(16)

Das Straßennetz wurde dank der Förderung durch die Union rasch ausgebaut, doch die Quote der Straßenverkehrstoten ist nach wie vor eine der höchsten in der Union. Darüber hinaus stehen die Städte vor wachsenden Mobilitätsherausforderungen, etwa in Form von Verkehrsstaus und Luftverschmutzung infolge der zunehmenden Anzahl von Pkw und des hohen Anteils alter Fahrzeuge. Die derzeitigen Anreize zur Nutzung öffentlicher, emissionsarmer Verkehrsmittel und aktiver Formen der Fortbewegung reichen nicht aus, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Bei der Umsetzung der von der Union kofinanzierten Bahnprojekte bestehen weiterhin wesentliche Engpässe, vor allem aufgrund der begrenzten Kapazitäten des Bausektors und der institutionellen Schwächen des Bahninfrastrukturbetreibers. Zwar plant die Regierung die Aktualisierung eines einschlägigen Strategiepapiers, doch sind derzeit keine ausreichenden Informationen über strategische Vorstellungen verfügbar, wie die langfristige Entwicklung der Verkehrsnetze für alle Verkehrsträger über das Jahr 2023 hinaus aussehen soll. In dem genannten Papier sollen die Aufgaben der Verkehrsträger klar definiert und zugeordnet werden. Überdies bestehen trotz der in den letzten Jahren erfolgten Investitionen weiterhin Engpässe und Defizite bei den Energienetzen und -infrastrukturen.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Polens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Polen gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Polen berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (7) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Polen 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 4,2 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; Schritte unternimmt, um die Effizienz der öffentlichen Ausgaben zu steigern, auch durch eine Verbesserung des Haushaltsverfahrens;

2.

Maßnahmen ergreift, um die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen — unter anderem durch die Verbesserung des Zugangs zur Kinderbetreuung und die Förderung arbeitsmarktrelevanter Fähigkeiten, insbesondere durch Erwachsenenbildung —, und die noch bestehenden Hindernisse für dauerhaftere Beschäftigungsverhältnisse beseitigt; die Tragfähigkeit und Angemessenheit des Rentensystems gewährleistet, indem es Maßnahmen zur Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters ergreift und die präferenziellen Altersversorgungssysteme reformiert;

3.

die Innovationskraft der Wirtschaft stärkt, unter anderem durch die Förderung einer engeren Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen; und die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert, insbesondere durch die Gewährleistung wirksamer Konsultationen der Öffentlichkeit und der Sozialpartner im Gesetzgebungsprozess.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/92


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Portugals 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2018

(2018/C 320/21)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Portugal als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Portugal die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Portugal wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Portugals bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Portugal makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Vor dem Hintergrund des geringen Produktivitätswachstums stellen vor allem die hohen Nettoauslandsverbindlichkeiten, die hohe private und öffentliche Verschuldung sowie der hohe Anteil notleidender Kredite Schwachpunkte dar. Die Anpassung der Nettoauslandsverbindlichkeiten setzt einen vertretbaren Leistungsbilanzsaldo und anhaltende Zugewinne an Wettbewerbsfähigkeit voraus. Das wieder anziehende nominale Wachstum und leicht negative Kreditflüsse bewirken einen Rückgang der hohen privaten Schuldenquote, und die gesamtstaatliche Schuldenquote ist vor dem Hintergrund des nach wie vor erforderlichen Schuldenabbaus den Prognosen zufolge rückläufig. Maßnahmen im Finanzsektor haben dazu beigetragen, die Stabilitätsrisiken zu mindern, auch wenn die Banken weiterhin unter geringer Rentabilität und hohen (wenngleich rückläufigen) Beständen notleidender Kredite leiden. Ein höheres Produktivitätswachstum ist entscheidend für positive Entwicklungen auf den Gebieten Wettbewerbsfähigkeit, Schuldenabbau und Potenzialwachstum. Seit mehreren Jahren geht die Arbeitslosigkeit zügig zurück. Noch bestehen Politikdefizite, vor allem bei der Durchführung geplanter Maßnahmen zum Abbau notleidender Kredite und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen. Die Annahme und Durchführung mehrerer Reformpläne mit Maßnahmen gegen die Segmentierung des Arbeitsmarkts und haushaltspolitischen Strukturreformen zur Verbesserung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen müssen überwacht werden.

(4)

Am 27. April 2018 übermittelte Portugal sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die Schuldenquote einem festen Abwärtskurs folgen. Das nationale Reformprogramm Portugals 2018 enthält sowohl kurz- als auch mittelfristige Zusagen und deckt die im Länderbericht 2018 aufgezeigten Herausforderungen ab. Angekündigt werden vor allem Maßnahmen in den Bereichen Qualifikationen und Innovation, die die Produktivität stärken und den Wert der portugiesischen Ausfuhren steigern können. Die vorgestellte Strategie zum Abbau notleidender Kredite und die Maßnahmen zur Förderung der Unternehmenskapitalisierung tragen zur Verringerung des Verschuldungsgrads der portugiesischen Wirtschaft und zur Bankbilanzbereinigung bei. Die wirksame Umsetzung der vorgelegten Programme würde die Korrektur von Ungleichgewichten allgemein unterstützen.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Portugal befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. In seinem Stabilitätsprogramm 2018 plant Portugal für die Jahre 2018 und 2019 ein Gesamtdefizit von 0,7 % des BIP bzw. 0,2 % des BIP und bis 2021 eine weitere Verbesserung auf einen Überschuss von 1,4 % des BIP. Diese Projektionen berücksichtigen nicht die potenziellen defiziterhöhenden Auswirkungen von Stützungsmaßnahmen für Banken ab dem Jahr 2019. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein struktureller Überschuss von 0,25 % des BIP — soll 2020 erreicht werden. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote im Jahr 2018 bei 122,2 % und im Jahr 2019 bei 118,4 % liegen, um im Jahr 2021 dann 107,3 % zu erreichen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel für 2018, für die Folgejahre aber günstig. Gleichzeitig wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der ab 2018 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert.

(7)

Im Stabilitätsprogramm 2018 für Portugal wird auf die signifikanten Haushaltsauswirkungen der großflächigen Waldbrände im Jahr 2017 verwiesen, und es werden ausreichend Belege für Umfang und Art der zusätzlichen Haushaltsbelastung geliefert. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge umfasst der Haushalt für 2018 Sonderausgaben in Höhe von rund 0,07 % des BIP für Vorbeugungsmaßnahmen zum Schutz des Staatsgebiets gegen Waldbrände. Angegeben werden Ausgaben im Zusammenhang mit Notfallmaßnahmen (einmalige Ausgaben) und mit vorbeugenden Maßnahmen. Aufgrund der engen Verflechtung dieser Ausgaben und des unmittelbaren Zusammenhangs mit den großflächigen Waldbränden im Jahr 2017 war die spezifische Behandlung der Vorbeugungsmaßnahmen gegen Waldbrände im Rahmen der Klausel für außergewöhnliche Ereignisse möglich. Der Kommission zufolge liegen die berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben für Vorbeugungsmaßnahmen im Jahr 2018 bei 0,07 % des BIP. Die Bestimmungen nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ermöglichen eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben, da die in diesem Umfang in Portugal beispiellosen großflächigen Waldbrände ein außergewöhnliches Ereignis darstellen, das erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Portugals hat, deren Tragfähigkeit aber durch die Gewährung einer vorübergehenden Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel nicht gefährdet würde. Im Frühjahr 2019 wird auf der Grundlage der von den portugiesischen Behörden übermittelten erhobenen Daten für 2018 eine endgültige Bewertung vorgenommen, die auch die berücksichtigungsfähigen Beträge umfasst.

(8)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Portugal sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (6) im Jahr 2018 0,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von mindestens 0,6 % des BIP entspricht. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass das Ziel, einen haushaltspolitischen Kurs zu erreichen, der sowohl zur Stützung der derzeitigen Erholung als auch zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beiträgt, bei der Bewertung der Übersicht über die Haushaltsplanung 2018 und der anschließenden Bewertung der Haushaltsergebnisse 2018 berücksichtigt werden muss. Ausgehend von der Bewertung der Solidität der Erholung in Portugal, die die Kommission — unter gebührender Berücksichtigung der Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit — im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Portugals 2018 vorgenommen hat, müssen in diesem Zusammenhang keine weiteren Elemente berücksichtigt werden. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission besteht im Jahr 2018 sowie in den Jahren 2017 und 2018 zusammengenommen die erhebliche Gefahr einer Abweichung von dieser empfohlenen Anpassung.

(9)

Angesichts des für Portugal geschätzten gesamtstaatlichen Schuldenstands von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von 1,3 % des BIP dürfte die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 0,7 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Unter Annahme einer unveränderten Politik besteht im Jahr 2019 sowie in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung. Zugleich wird Portugal den Prognosen zufolge die Übergangsregelung für den Schuldenabbau 2018 und 2019 erfüllen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass ab 2018 die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten. Es wäre umsichtig, unerwartete Mehreinnahmen zum weiteren Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu verwenden.

(10)

Die Tragfähigkeit des öffentlichen Schuldenstands kann nur mittels einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung durch strukturelle Verbesserungen in Bezug auf die öffentlichen Finanzen gewährleistet werden und erfordert eine wirksamere Einnahmenerhebung und Ausgabenkontrolle. Eine verbesserte Ausgabenkontrolle wiederum setzt die wirksame Umsetzung des Verpflichtungskontrollgesetzes, die strenge und zeitnahe Umsetzung des Haushaltsrahmengesetzes sowie weitere Maßnahmen zur Ausgabenüberprüfung und Rationalisierung voraus. Haushaltsplanung und Haushaltsvollzug stellen weiterhin eine große Herausforderung dar, insbesondere im Gesundheitswesen, wo die noch immer sehr hohen Zahlungsrückstände auch auf Schwachstellen bei der Kontrolle im Rechnungswesen und in der Verwaltungspraxis hindeuten. Zur nachhaltigen Haushaltskonsolidierung sollten die hohen und weiter steigenden Kosten im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung angegangen werden. Mittelfristig dürfte vor allem die Finanzierung der Renten in diesem Zusammenhang zu höheren haushaltspolitischen Risiken führen, während die Kosten für die Gesundheitsversorgung den Ausgabendruck langfristig erhöhen werden. Maßnahmen zur Verbesserung der mittelfristigen Tragfähigkeit des Rentensystems in Verbindung mit einer umfassenden Strategie zur Bewältigung der sich aus der Bevölkerungsalterung ergebenden Gesundheitskosten würden dazu beitragen, diese Risiken anzugehen.

(11)

In ähnlicher Weise könnten Ausgabenkontrolle, Schuldenverwaltung und Verbesserung der allgemeinen finanziellen Tragfähigkeit staatseigener Unternehmen eine wesentliche strukturelle Verbesserung bei den öffentlichen Finanzen herbeiführen. Zwar ist das Nettogesamtergebnis der staatseigenen Unternehmen weiterhin negativ, doch haben sich die operativen Ergebnisse in den vergangenen Jahren allgemein verbessert; eine Ausnahme bildet das Gesundheitswesen, wo sich die operativen Ergebnisse verschlechtert haben. Auch die nicht konsolidierten Gesamtschulden der staatseigenen Unternehmen, die in das gesamtstaatliche Defizit eingerechnet werden, bleiben mit 18,3 % des BIP Ende 2017 hoch. Maßnahmen zur besseren Überwachung staatseigener Unternehmen befinden sich in der Umsetzung, ohne dass ihre Wirkung bereits abgeschätzt werden könnte. Verschuldung und Zinskosten dürften durch einen laufenden Plan für die Schuldenverwaltung und Rekapitalisierung staatseigener Unternehmen zurückgehen, wobei ein berechenbarer und transparenter Rahmen für begrenzte Mittelübertragungen sinnvolle Anreize weiter verstärken könnte.

(12)

Wie es der stärkeren Wirtschaftsleistung entspricht, erholt sich der portugiesische Arbeitsmarkt weiterhin. In der Wirtschaft wurden 2017 über 150 000 neue Arbeitsplätze geschaffen und die Beschäftigungsquote (20- bis 64-Jährige) ist 2017 auf 73,4 % gestiegen, was dem Vorkrisenniveau entspricht. Die Arbeitslosenquote ist erheblich zurückgegangen und liegt nun unter dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets. Auch die Langzeitarbeitslosenquote hat rasch abgenommen, ist allerdings noch immer relativ hoch. Neben den laufenden aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen, Befreiungen von Sozialversicherungsbeiträgen und einem öffentlichen Arbeitsvermittlungsmodell mit individueller Unterstützung bei der Arbeitssuche führt Portugal 2018 auch zentrale Anlaufstellen für Beschäftigung ein. Dies könnte Aktivierungsmaßnahmen eine größere Reichweite verschaffen. Auch die Indikatoren für Armut und Ungleichverteilung haben sich weiter verbessert. Die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen nähert sich weiter dem Unionsdurchschnitt an, und der Einkommensanteil der Ärmsten 20 % der Bevölkerung ist seit 2015 gestiegen. Jedoch bleibt die Einkommensungleichheit weiterhin ausgeprägt. Soziale Transferleistungen (ausgenommen Renten) sind nicht sehr wirksam, um Menschen aus der Armut herauszuführen, die Mindesteinkommensregelung ist (trotz Verbesserungen) weiterhin nur begrenzt angemessen, und die Wohnkosten stellen für Haushalte mit niedrigem Einkommen eine immer größere Herausforderung dar.

(13)

Die unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse haben im Jahr 2017 deutlich zugenommen, doch ist der Anteil der befristeten Beschäftigungsverhältnisse mit 22 % stabil geblieben und gehört nach wie vor zu den höchsten in der Union. 2017 befanden sich rund 82 % der Arbeitnehmer mit befristetem Beschäftigungsverhältnis nicht freiwillig in dieser Situation. Zwar wechseln immer mehr Menschen aus befristeten in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse, doch wenn Arbeitslose eine Stelle finden, handelt es sich in der Regel auch weiterhin um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis. Zudem hat sich das (bereits ausgeprägte) Lohngefälle zwischen unbefristet und befristet Beschäftigten während der Krise weiter vergrößert. Maßnahmen zur Schaffung unbefristeter Stellen (wie z. B. „Contrato-Emprego“) und Befreiungen von Sozialversicherungsbeiträgen im Gegenzug für die Einstellung von Menschen aus benachteiligten Gruppen waren zwar wirksam, aber von begrenzter Reichweite. Einige Aspekte der Beschäftigungsschutzvorschriften und langwierige Gerichtsverfahren könnten nach wie vor Einstellungen im Rahmen unbefristeter Verträge im Wege stehen. Derzeit sind jedoch keine Maßnahmen vorgesehen, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für Kündigungen zu überarbeiten. Die Regierung plant Maßnahmen gegen die Segmentierung des Arbeitsmarktes durch dreiseitige Gespräche mit den Sozialpartnern.

(14)

Das Kompetenzniveau der erwachsenen Bevölkerung zählt nach wie vor zu den niedrigsten in der Union und schwächt Innovationspotenzial und Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Dies gilt auch für digitale Kompetenzen: 2017 verfügten lediglich 50 % der Bürger im Alter von 16 bis 74 Jahren über grundlegende oder etwas mehr als grundlegende digitale Kompetenzen (gegenüber dem Unionsdurchschnitt von 57 %). Diesbezügliche Programme befinden sich in der Umsetzung (so insbesondere „Qualifica“ und die nationale Initiative für digitale Kompetenzen „Incode 2030“); ob die Grundkompetenzen der Arbeitnehmer (Rechen- und Schreibkompetenzen sowie digitale Kompetenzen) durch diese Programme zunehmen und somit letztlich die Produktivität gesteigert werden kann, hängt über die Anerkennung von Kompetenzen hinaus von der Programmreichweite und der Qualität der angebotenen Berufsbildungsmaßnahmen ab. Zwar liegen Hinweise darauf vor, dass die jüngsten Anhebungen des Mindestlohns (um insgesamt 18,3 % seit 2014) ohne nachteilige Auswirkungen auf die Beschäftigungsquote der gering qualifizierten Arbeitnehmer geblieben sind, doch hat die deutliche Zunahme der den Mindestlohn verdienenden Arbeitnehmer auf bis zu 20,4 % im dritten Quartal 2017 eine steigende Lohnkompression bewirkt. Sie birgt die Gefahr, dass die Differenz bei der Vergütung von Arbeitnehmern mit unterschiedlichem Kompetenzniveau und insbesondere Arbeitnehmern mit geringem oder mittlerem Kompetenzniveau abnimmt, wodurch sich für gering qualifizierte Arbeitnehmer der Anreiz verringert, in Aus- und Weiterbildung zu investieren. Die Regierung beobachtet die Entwicklungen beim Mindestlohn gemeinsam mit den Sozialpartnern aufmerksam.

(15)

Der Anteil frühzeitiger Schul- und Ausbildungsabgänger liegt über dem Unionsdurchschnitt, doch ist diese Zahl seit längerer Zeit rückläufig, was teilweise durch laufende Maßnahmen zur Förderung des Bildungserfolgs und zur Verringerung der Abbrecherquote erreicht wurde. Die Bildungsergebnisse verbessern sich weiterhin, doch bestehen Bedenken in Bezug auf die Chancengleichheit, da der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit schlechten Leistungen im untersten sozioökonomischen Quartil erheblich höher liegt als im obersten. Die Tertiärabschlussquote (30-34 Jahre) ist von 34,6 % im Jahr 2016 auf 33,9 % im Jahr 2017 zurückgegangen und liegt damit weit unter dem nationalen Zielwert von 40 % für 2020. Trotz der hohen Beschäftigungsfähigkeit von Absolventen in den Bereichen Wissenschaft, Ingenieurwesen, Technologie und Mathematik ist die Zahl der Studierenden, die ein solches Studium aufnehmen, niedrig.

(16)

Das portugiesische Forschungs- und Innovationssystem hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere hinsichtlich Quantität und Qualität von Humanressourcen und wissenschaftlicher Produktion zwar positiv entwickelt, doch besteht weiterhin Handlungsbedarf, damit eine Kultur der engeren Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft einschließlich der entsprechenden förderlichen Voraussetzungen entstehen kann. So müssen Hindernisse für den Wissens- und Technologietransfer und die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen beseitigt werden und es fehlen hinreichende Anreize für Wissenschaftler, um im Rahmen einer Forschungslaufbahn die Möglichkeiten für „unternehmerische Forschung“ und eine Zusammenarbeit mit der Industrie zu nutzen. Eine weitere Sensibilisierung für die Rechte des geistigen Eigentums und die Klärung dieser Rechte in den Beziehungen zwischen Hochschulen und Wirtschaft könnte die Fristen für die Ausführung vertraglich vereinbarter Ziele verkürzen, einen Beitrag zur ökonomischen Monetarisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse leisten und ihr wirtschaftliches Potenzial erhöhen.

(17)

Eine umfassende Strategie für einen schnelleren Abbau der notleidenden Vermögenswerte befindet sich in der Umsetzung. So konnte der Anteil der notleidenden Kredite an den Bruttokrediten von 17,2 % Ende 2016 auf 13,3 % im vierten Quartal 2017 gesenkt werden. Besonders bedenklich ist das Volumen der notleidenden Unternehmenskredite, die rund zwei Drittel aller notleidenden Kredite ausmachen; der Anteil der notleidenden Unternehmenskredite bleibt mit 25,2 % der Bruttokredite hoch. Der Abbau wertgeminderter Vermögenswerte ist von entscheidender Bedeutung, um Mittel für die Vergabe von Krediten für neue Investitionen und nachhaltiges Wachstum verfügbar zu machen. Die Verfahren für insolvente Unternehmen und der kleine Sekundärmarkt für wertgeminderte Vermögenswerte stellen jedoch auch weiterhin ein bedeutendes Hindernis für die Verringerung der Quote notleidender Kredite dar. Zwar verbessern sich die Aussichten im Finanzsektor durch Kapitalerhöhungen und die laufenden Bemühungen zur Kostensenkung sowie einige in jüngerer Zeit zu verzeichnende positive Entwicklungen bei den notleidenden Krediten, doch sind Rentabilität und Kapitalpuffer nach wie vor gering und bleibt das Engagement in Staatsanleihen hoch.

(18)

Die Beschaffung von Finanzmitteln stellt für die portugiesische Wirtschaft nach wie vor eine große Herausforderung dar. Der stabile Zugang zu Finanzmitteln, insbesondere Eigenkapital, gehört weiterhin zu den größten Herausforderungen für portugiesische Unternehmen und wird durch den Druck zum Schuldenabbau noch verschärft. Alternative Finanzierungsquellen sind noch immer von verhältnismäßig geringer Bedeutung. In den vergangenen Jahren wurden neue Programme und Kreditlinien sowie weitere Vereinfachungen bei den Rahmenbedingungen für Unternehmen eingeführt, doch besteht weiter Raum für Verbesserungen. Gleichzeitig verharren das Volumen der notleidenden Kredite und die Unternehmensverschuldung auf einem hohen Stand und würden Verbesserungen bei der Zuweisung von Kapital an produktivere Unternehmen die Rahmenbedingungen für Investitionen positiv beeinflussen.

(19)

Trotz der Fortschritte bei der Einführung von Verwaltungsvereinfachungen für Querschnittsbereiche mit Auswirkungen auf das tägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen bestehen auch weiterhin sektorspezifische regulatorische und administrative Hindernisse für Investitionen und eine effiziente Ressourcenzuteilung. Zu den dringend erforderlichen sektorspezifischen Reformen gehört die Neugestaltung von Verfahrensabläufen zur Fristverkürzung bei der Entscheidungsfindung, indem Abweichungen vom Grundsatz der stillschweigenden Genehmigung stark eingeschränkt und Genehmigungsverfahren, die die Einreichung mehrerer Unterlagen erfordern, durch „verantwortungsbewusste Erklärungen“ abgelöst werden. Verwaltungsgebühren in der Bauwirtschaft sollten stärker ins Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten gesetzt werden. Während der Wettbewerb im öffentlichen Auftragswesen nach wie vor begrenzt ist, soll das überarbeitete Gesetz über das öffentliche Auftragswesen Transparenz, Wettbewerb und eine bessere Verwaltung öffentlicher Aufträge fördern. Die Umsetzung der neuen Vorschriften sollte überwacht werden, so auch die Auswirkungen der strengeren Bestimmungen für die Direktvergabe. Die portugiesische Justiz gewinnt zwar weiterhin an Effizienz, doch bleibt die Dauer der verwaltungsrechtlichen Gerichtsverfahren problematisch. Nach Auffassung der Unternehmen besteht ferner in Bezug auf Transparenz und Korruption weiterhin Handlungsbedarf. Bei der strafrechtlichen Verfolgung von Korruption wurden Fortschritte erzielt, doch Bemühungen zur Förderung der Integrität in öffentlichen Einrichtungen haben bisher noch keine hinreichende Wirkung entfaltet.

(20)

Regulatorische Reformen hat es seit dem Finanzhilfeprogramm kaum gegeben, und im Rahmen dieses Programms vereinbarte Reformen wurden ausgesetzt oder gar umgekehrt. Unternehmensgruppen ist die Erbringung mehrerer reglementierter Dienstleistungen untersagt. Die berufsrechtlichen Gesetze zur Reglementierung bestimmter freiberuflicher Unternehmensdienstleistungen, insbesondere juristischer Dienstleistungen, sind in entscheidenden Punkten weniger ehrgeizig als das Rahmengesetz, so in Bezug auf Rechtsform, Beteiligung, Verwaltung, Werbung und multidisziplinäre Tätigkeiten. Eine Reform der Zulassung und Registrierung von Bauleistungserbringern wurde durch eine Lockerung der Kontrollen für Installation und Gebäudetechnik kaum ergänzt.

(21)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Portugals umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Portugal gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Portugal berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien der Union beurteilt.

(22)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (7) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(23)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Portugal 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 0,7 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; unerwartete Mehreinnahmen dazu nutzt, den Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu beschleunigen; die Ausgabenkontrolle intensiviert, die Kostenwirksamkeit verbessert und die Haushaltsplanung angemessener gestaltet, insbesondere im Gesundheitswesen und mit Schwerpunkt auf einer Verringerung der Zahlungsrückstände im Krankenhaussektor; die finanzielle Tragfähigkeit staatseigener Unternehmen verbessert, insbesondere durch eine Steigerung ihres Nettogesamtergebnisses und durch den Abbau von Schulden;

2.

Rahmenbedingungen fördert, die dazu führen, dass mehr Einstellungen im Rahmen unbefristeter Arbeitsverträge erfolgen, und zwar auch durch Überprüfung des rechtlichen Rahmens in Abstimmung mit den Sozialpartnern; das Kompetenzniveau der erwachsenen Bevölkerung verbessert, unter anderem im digitalen Bereich, indem die Reichweite der Berufsbildungskomponente bei Programmen für die Qualifizierung von Erwachsenen gestärkt und erweitert wird; für eine höhere Zahl von Studienanfängern im tertiären Bildungssystem sorgt, insbesondere in den Bereichen Wissenschaft und Technologie;

3.

die Wirksamkeit von Insolvenz- und Beitreibungsverfahren steigert und Hindernisse auf dem Sekundärmarkt für notleidende Kredite abbaut; den Zugang von Unternehmen zu Finanzmitteln erleichtert; den Verwaltungsaufwand verringert, indem Verfahrensfristen verkürzt werden, verstärkt die stillschweigende Genehmigung eingesetzt wird und die Anforderungen in Bezug auf die Einreichung von Unterlagen herabgesetzt werden; durch die ordnungsgemäße Umsetzung des Rahmengesetzes für stark reglementierte Berufe fortbestehende regulatorische Beschränkungen aufhebt und die Effizienz der Verwaltungsgerichte verbessert, unter anderem mittels Verkürzung der Verfahrensdauer.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/98


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2018

(2018/C 320/22)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Rumänien nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für Rumänien wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Rumäniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (2), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 10. Mai 2018 übermittelte Rumänien sein nationales Reformprogramm 2018 und am 14. Mai 2018 sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Rumänien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2018 geht die Regierung von einem gesamtstaatlichen Defizit von 2,95 % des BIP im Jahr 2018 und einem anschließenden allmählichen Rückgang auf 1,45 % des BIP im Jahr 2021 aus. Das mittelfristige Haushaltsziel eines strukturellen Defizits von 1 % des BIP dürfte bis 2021, d. h. bis zum Ende des Programmzeitraums, nicht erreicht werden. Der neu berechnete strukturelle Saldo dürfte sich 2021 auf – 2,1 % belaufen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote soll nach Angaben des Konvergenzprogramms bis 2021 unter 40 % des BIP bleiben. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist günstig. Darüber hinaus wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert.

(6)

Am 16. Juni 2017 stellte der Rat im Einklang mit Artikel 121 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) fest, dass in Rumänien 2016 eine erhebliche Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel bestand. Angesichts dieser festgestellten erheblichen Abweichung empfahl der Rat Rumänien am 16. Juni 2017, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (4) im Jahr 2017 3,3 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,5 % des BIP entspricht. Am 5. Dezember 2017 kam der Rat zu dem Schluss, dass Rumänien keine wirksamen Maßnahmen ergriffen hatte, um der Empfehlung des Rates vom 16. Juni 2017 nachzukommen, und gab eine überarbeitete Empfehlung ab. In der überarbeiteten Empfehlung ersuchte der Rat Rumänien, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2018 3,3 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,8 % des BIP entspricht. Am 22. Juni 2018 stellte der Rat fest (5), dass Rumänien keine wirksamen Maßnahmen ergriffen hatte, um der Empfehlung des Rates vom 5. Dezember 2017 nachzukommen. Zudem wurde für Rumänien auf der Grundlage der Haushaltsdaten für 2017 eine erhebliche Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad im Jahr 2017 festgestellt.

Gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV und Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 richtete die Kommission am 23. Mai 2018 eine Verwarnung an Rumänien, dass im Jahr 2017 eine erhebliche Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel festgestellt worden war. Am 22. Juni 2018 nahm der Rat (6) eine daran anknüpfende Empfehlung an, in der die Notwendigkeit bekräftigt wurde, dass Rumänien die erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, um sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2018 3,3 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,8 % des BIP entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2018 die Gefahr einer Abweichung von dieser Empfehlung besteht.

(7)

Für 2019 empfahl der Rat Rumänien am 22. Juni 2018, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 5,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,8 % des BIP entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2019 die Gefahr einer Abweichung von dieser Anforderung besteht. Darüber hinaus erwartete die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2018 ein gesamtstaatliches Defizit von 3,4 % des BIP für 2018 und 3,8 % des BIP für 2019, was über dem im Vertrag festgesetzten Referenzwert von 3 % des BIP läge. Angesichts der sich stark verschlechternden haushaltspolitischen Aussichten und im Einklang mit der am 22. Juni 2018 an Rumänien gerichteten Empfehlung im Hinblick auf die Behebung der festgestellten erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel ist der Rat insgesamt der Auffassung, dass ab 2018 signifikante zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein werden, um den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu entsprechen.

(8)

In Rumäniens Haushaltsplanung werden die Vorgaben des nationalen haushaltspolitischen Rahmens trotz der Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik regelmäßig ignoriert. Der Fiskalpakt wird mit Rumäniens Gesetz über eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik in nationales Recht umgesetzt. Dessen Vorschriften sind gut konzipiert, werden in der Praxis jedoch immer wieder außer Acht gelassen. Das strukturelle Defizit stieg im Jahr 2016 stärker an als durch das mittelfristige Ziel vorgegeben und verletzte damit die Defizitregel. In den Haushaltsplänen für 2017 und 2018 wurde ein gesamtstaatliches Defizit von knapp 3 % des BIP angestrebt, was eine Verschlechterung des strukturellen Saldos bedeutet und nicht mit der Regel im Einklang steht. Die beiden Abänderungen am Haushaltsplan 2017 verstießen gegen die Regeln, die eine Anhebung der Obergrenzen für das Gesamt- und das Primärdefizit sowie eine Erhöhung der staatlichen Personal- und Gesamtausgaben während des laufenden Haushaltsjahres untersagen. Darüber hinaus wurde dem Parlament die aktualisierte haushaltspolitische Strategie 2017 wie bereits in früheren Jahren lange nach Ablauf der vorgesehenen Frist vorgelegt, sodass keine längerfristige Perspektive in der Haushaltsplanung möglich ist.

(9)

Die Steuerdisziplin ist insbesondere im Bereich der Mehrwertsteuer weiterhin schwach ausgeprägt. Im vergangenen Jahr hat Rumänien im Hinblick auf die wiederholte länderspezifische Empfehlung, die Einhaltung der Steuervorschriften und die Steuererhebung zu verbessern, nur begrenzte Fortschritte erzielt. Bei der Mehrwertsteuer ist die Differenz zwischen den erwarteten und den tatsächlichen Einnahmen nach wie vor sehr hoch. Um die Einhaltung zu verbessern, haben die Behörden ein Split-Payment-Verfahren eingeführt, das ausgenommen bei insolventen Unternehmen und Steuerzahlern mit hohen ausstehenden Mehrwertsteuerverbindlichkeiten auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen wird. Bisher hat die Maßnahme jedoch noch keine signifikanten Ergebnisse gezeitigt. Die Einführung elektronischer Registrierkassen, die mit den IT-Systemen der Steuerbehörden verbunden sind, ist bislang noch nicht umgesetzt worden.

(10)

Der Finanzsektor hat sich weiter erholt, jedoch müssen einige Entwicklungen beobachtet werden. Der Bankensektor verfügt über eine gute Kapitalausstattung und die Qualität der Vermögenswerte hat sich verbessert. Allerdings gibt es mehrere laufende Gesetzesinitiativen, die Risiken für den Abbau notleidender Kredite, die Kreditvergabe und Investitionstätigkeiten bergen und daher eine sorgfältige Überwachung erfordern. Zwar hat die jüngste Senkung der Beiträge zur vorfinanzierten zweiten Säule des Rentensystems die Bedenken hinsichtlich der Haushaltslage kurzfristig gemildert, doch könnte sie negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Kapitalmärkte haben.

(11)

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist aufgrund des Beschäftigungswachstums und des Rückgangs der Erwerbsbevölkerung infolge der Bevölkerungsalterung und Abwanderung zunehmend angespannt. Gleichzeitig verfügt Rumänien über großes ungenutztes Arbeitskräftepotenzial, und mehrere Gruppen, darunter junge Menschen, Roma, Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderung, haben Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt. Im vergangenen Jahr hat Rumänien nur geringe Fortschritte bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlung gemacht, die gezielten aktivierenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und integrierten öffentlichen Dienstleistungen besser auf jene auszurichten, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind. Trotz größerer finanzieller Anreize für Mobilitätsprogramme ist die Teilnahme an aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen nach wie vor sehr niedrig, und der Verwaltungsaufwand ist hoch. Öffentliche Beschäftigungsprogramme auf lokaler Ebene haben wenig dazu beigetragen, einschlägige Kompetenzen zu vermitteln und den Übergang in reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu unterstützen. Es gibt keine Fallbetreuung für Langzeitarbeitslose und Empfänger von Sozialhilfe. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen arbeiten nur begrenzt mit den Sozial- und Bildungsverwaltungen und externen Dienstleistern zusammen.

(12)

Das Risiko, von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen zu sein, ist sehr hoch. Dies gilt vor allem für Familien mit Kindern, Menschen mit Behinderung, Roma und die ländliche Bevölkerung. Die Einkommensungleichheit ist nach wie vor groß, und dies nicht zuletzt, da das Steuer- und Sozialleistungssystem nur wenig zum Ausgleich der ungleichen Markteinkommen beiträgt. Der soziale Referenzindex, der die Grundlage für die Berechnung der wichtigsten Sozialleistungen bildet, wurde seit 2008 nicht aktualisiert. Das Gesetz über das garantierte Mindesteinkommen, das 2018 in Kraft treten sollte, hätte die Reichweite und die Angemessenheit der Sozialhilfe verbessert. Sein Inkrafttreten wurde jedoch um mehr als ein Jahr verschoben. Das niedrigere Renteneintrittsalter der Frauen führt zu geringeren Rentenansprüchen und verschärft die Altersarmut und das geschlechtsspezifische Beschäftigungsgefälle.

(13)

Die Sozialpartner werden nur bedingt in die Gestaltung und die Umsetzung von Wirtschafts- und Sozialreformen einbezogen. Die Positionen der Sozialpartner werden häufig auch dann nicht berücksichtigt, wenn sie konform sind. Rumäniens Rahmen für Tarifverhandlungen ist nicht geeignet, um für gut funktionierende Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen zu sorgen. Der soziale Dialog ist gekennzeichnet von wenigen Tarifverhandlungen — vor allem auf sektoraler Ebene — und geringen Mitgliederzahlen der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Hohe Repräsentationsschwellen und die vage Definition der Sektoren zählen zu den größten Hindernissen für einen wirksamen sozialen Dialog. Gesetzesänderungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen sind bislang kaum vorangeschritten.

(14)

In den vergangenen Jahren wurde der Mindestlohn mehrmals nach freiem Ermessen erhöht. Seit 2015 ist der Nettomindestlohn um mehr als 60 % gestiegen. Im Jahr 2017 verdienten etwa 30 % der Arbeitskräfte den Mindestlohn, was auf eine stark verdichtete Lohnverteilung schließen lässt. Ein Vorschlag für einen objektiven Mechanismus zur Anhebung des Mindestlohns wurde von den Sozialpartnern befürwortet, jedoch von der Regierung nicht umgesetzt.

(15)

Das Angebot qualifizierter Arbeitskräfte entspricht nicht den Bedürfnissen der Wirtschaft. Der niedrige Bildungsgrad bei den Grundkompetenzen und den digitalen Kompetenzen beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit, die Beschäftigung und die Konvergenz. Die Teilnahme an Maßnahmen zur Erwachsenenbildung fällt sehr gering aus. Ein Mechanismus, um die aktive Arbeitsmarktpolitik an die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften anzupassen, ist noch nicht in Kraft, und die Fähigkeit, den künftigen Qualifikationsbedarf vorherzusehen und die voraussichtlichen Auswirkungen neuer Technologien abzuschätzen, ist nur schwach ausgeprägt. Die berufliche Aus- und Weiterbildung wird nach wie vor nur als Ersatzlösung betrachtet und ist nicht ausreichend auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und die regionalen und sektoralen Spezialisierungsstrategien abgestimmt.

(16)

Die schwachen Ergebnisse im Bildungssystem tragen zur hohen Chancenungleichheit bei und beeinträchtigen Rumäniens langfristige Wachstumsaussichten. Die Bereitstellung hochwertiger, inklusiver allgemeiner Bildung und der Zugang dazu ist insbesondere im Hinblick auf Roma und Kinder in ländlichen Gebieten eine Herausforderung. Eine Überwachungsmethode, um der Segregation an Schulen entgegenzuwirken, muss noch entwickelt werden. Der Anteil der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger ist rückläufig, aber nach wie vor hoch. Ein Frühwarnsystem zur Ermittlung von Kindern, bei denen die Gefahr eines Schulabbruchs besteht, wird entwickelt, doch der Schwerpunkt auf hochwertiger Bildung ist nur schwach ausgeprägt. Obwohl einige Maßnahmen ergriffen wurden, steht die Qualitätssicherung in der Schul- und Hochschulbildung vor Herausforderungen. Die Tertiärabschlussquote ist sehr niedrig. Die Investitionen in die Bildung fallen relativ gering aus, und insbesondere in benachteiligten Schulen fehlt es an angemessener Unterstützung.

(17)

Der Gesundheitszustand der Bevölkerung hat sich verbessert, entspricht jedoch nach wie vor nicht dem Unionsstandard. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung stellt weiterhin ein Problem dar, was sich negativ auf die Entwicklung von Kindern, die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitskräfte und das gesunde Altern auswirkt. Die geringe Mittelausstattung und die ineffiziente Nutzung von Ressourcen schränken die Wirksamkeit des Gesundheitssystems ebenso ein wie der erhebliche Mangel an Ärzten und Pflegepersonal. Zudem wird der Zugang zur Gesundheitsversorgung durch die weitverbreiteten informellen Zahlungen und die Entfernung zu Gesundheitsinfrastruktur eingeschränkt. Rumänien hat bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlung, informelle Zahlungen einzudämmen, einige Fortschritte erzielt und führt einen Überwachungsmechanismus ein, dessen tatsächliche Wirkung jedoch erst noch bewertet werden muss. Bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlung, zur ambulanten Versorgung überzugehen, sind bisher begrenzte Fortschritte zu verzeichnen. Die Umsetzung der nationalen Gesundheitsstrategie ist durch eine Verschiebung der Prioritäten und eine unangemessene Planung von Investitionen gekennzeichnet.

(18)

Bei der Gestaltung, Umsetzung und Überwachung politischer Maßnahmen stellen die strategische Planung, das öffentliche Konsultationsverfahren und die Folgenabschätzung nach wie vor Schwachpunkte dar. Dies beeinträchtigt die Qualität und Berechenbarkeit der Rechtsvorschriften. Darüber hinaus belasten häufige Gesetzesänderungen, wie Änderungen am Steuerkodex, das Unternehmensumfeld. Interessenträger werden nur eingeschränkt in die Planung und Durchführung von Reformen mit einbezogen, und ein echter Dialog wird nur selten geführt, obwohl die entsprechenden institutionellen Strukturen zur Verfügung stehen. Der Mechanismus, um den Stellungnahmen von Interessenträgern in öffentlichen Konsultationen Rechnung zu tragen, sorgt nicht für angemessene Folgemaßnahmen. So wurde etwa kürzlich ein von den Sozialpartnern gebilligter Vorschlag für einen objektiven Mechanismus zur Erhöhung des Mindestlohns nicht beachtet, obwohl damit eine länderspezifische Empfehlung umgesetzt worden wäre. Bei der Reform der öffentlichen Verwaltung sind keine greifbaren Ergebnisse erzielt worden. Die Annahme der einschlägigen Rechtsvorschriften über die Verwaltung der Humanressourcen im öffentlichen Dienst hat sich verzögert. Dem Generalsekretariat der Regierung kommt bei der Kontrolle der Qualität der Politikgestaltung nur eine eingeschränkte Rolle zu.

(19)

Die schlechte Qualität der Infrastruktur, auch in den Bereichen Verkehr, Abfall- und Abwasserwirtschaft, schränkt Rumäniens Wachstumsaussichten ein. Die öffentlichen Investitionen sind insbesondere in der Projektvorbereitung und Prioritätensetzung durch mangelnde Effizienz gekennzeichnet. Der allgemeine Zustand und die Zuverlässigkeit der Straßen-, Schienen- und Wasserstraßeninfrastruktur lassen weiterhin zu wünschen übrig, und die Reform des Verkehrssektors kommt nur sehr langsam voran. Die Reform der Abfallentsorgung schreitet ebenfalls langsam voran, obwohl die Abfall- und die Abwasserwirtschaft vor Herausforderungen stehen. Der Masterplan für den Verkehrssektor und der nationale Abfallbewirtschaftungsplan sollen einen stabilen Fahrplan für Investitionen bieten und die Verwaltungskapazitäten in den Sektoren stärken, allerdings ist die Projektvorbereitung bislang nur eingeschränkt mit der strategischen Planung abgestimmt worden. Bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlung, die Priorisierung und Vorbereitung öffentlicher Investitionsvorhaben zu verbessern, hat Rumänien begrenzte Fortschritte erzielt.

(20)

Ein effizientes und transparentes öffentliches Auftragswesen bleibt ausschlaggebend für die Bewältigung zentraler politischer Herausforderungen in Rumänien; dazu gehören effiziente öffentliche Ausgaben, die Bekämpfung der Korruption und die Förderung von Innovationen und eines nachhaltigen und integrativen Wachstums. Rumänien hat im Hinblick auf die länderspezifische Empfehlung, die Strategie für das öffentliche Auftragswesen umzusetzen, einige Fortschritte erzielt, den Plan aber noch nicht vollständig umgesetzt. Gleichzeitig stellen die Steigerung der Effizienz und der strategischen Nutzung öffentlicher Aufträge, wirksame Auditverfahren und Betrugsbekämpfung nach wie vor Herausforderungen dar. Die Nachhaltigkeit der ergriffenen Maßnahmen und die Unumkehrbarkeit der Reformen müssen kontinuierlich überwacht werden. Probleme in Bezug auf Effizienz und Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind insbesondere bei den großen Investitionen in Gesundheitsinfrastruktur für die regionalen Krankenhäuser Iași, Cluj und Craiova aufgetreten.

(21)

In Sektoren mit kritischen Infrastrukturen wie Energie und Bahnverkehr spielen staatseigene Unternehmen eine Schlüsselrolle. Allerdings bleibt ihre operative und finanzielle Leistungsfähigkeit hinter der vergleichbarer privater Unternehmen zurück. In jüngster Zeit wurde die Führung und Kontrolle staatseigener Unternehmen erheblich geschwächt, wodurch Fortschritte bei den länderspezifischen Empfehlungen von 2015 und 2016 wieder umgekehrt wurden. Die Umsetzung der neuen Rechtsvorschriften schreitet nur zögerlich voran, und es gibt laufende Bestrebungen, einige Unternehmen von ihrem Anwendungsbereich auszunehmen. Darüber hinaus hat sich die Veröffentlichung von Finanzdaten staatseigener Unternehmen verzögert. Dadurch werden wesentliche Voraussetzungen für die Förderung einer effizienten Nutzung öffentlicher Mittel beeinträchtigt, und es bleibt Spielraum für verzerrte Investitionsentscheidungen. Im Februar 2018 forderte das Verfassungsgericht das Parlament auf, die genannten Ausnahmen zu überarbeiten.

(22)

Einige Entwicklungen des vergangenen Jahres haben die Unumkehrbarkeit und Nachhaltigkeit der Fortschritte Rumäniens bei der Reform seines Justizwesens und der Bekämpfung der Korruption auf hoher Ebene infrage gestellt. Die Unabhängigkeit der Justiz wird herausgefordert, und es wird Druck auf die Justizorgane und den Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung ausgeübt, während Fortschritte im Hinblick auf verbleibende Herausforderungen weiter behindert werden. Die Umsetzung der nationalen Strategie zur Korruptionsbekämpfung 2016-2020 mit weiteren Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Korruption schreitet auf fachlicher Ebene voran, bedarf jedoch mehr konkreter politischer Unterstützung, da Korruption und Probleme in Bezug auf die Führung und Kontrolle im öffentlichen Sektor auf allen Ebenen fortbestehen und nach wie vor zu den größten Herausforderungen für das Unternehmensumfeld zählen.

(23)

Im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens verfolgt die Kommission auch weiterhin die Reform des Justizwesens und die Bekämpfung von Korruption in Rumänien. Daher sind diese Bereiche nicht Gegenstand der länderspezifischen Empfehlungen für Rumänien, sie sind jedoch maßgeblich für die Entwicklung eines positiven sozioökonomischen Umfelds in dem Land.

(24)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Rumäniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Rumänien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Rumänien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(25)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (7) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Rumänien 2018 und 2019

1.

die Befolgung der Empfehlung des Rates vom 22. Juni 2018 im Hinblick auf die Behebung der erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel sicherstellt; die vollständige Anwendung des haushaltspolitischen Rahmens gewährleistet; die Einhaltung der Steuervorschriften und die Steuererhebung verbessert.

2.

die Reform in Bezug auf das garantierte Mindesteinkommen abschließt; die Funktionsweise des sozialen Dialogs verbessert; die Festsetzung der Mindestlöhne auf der Grundlage objektiver Kriterien gewährleistet; den Ausbau der Qualifikationen und die Bereitstellung hochwertiger allgemeiner Bildung insbesondere für Roma und Kinder in ländlichen Gebieten verbessert; den Zugang zur Gesundheitsversorgung u. a. durch den Übergang zur ambulanten Versorgung verbessert.

3.

die Vorhersehbarkeit der Rechtsetzung durch einen systematischen und wirksamen Einsatz von Folgenabschätzungen und die Konsultation und Einbeziehung von Interessenträgern in die Gestaltung und Umsetzung von Reformen verbessert; insbesondere in den Bereichen Verkehr, Abfall- und Abwasserwirtschaft die Vorbereitung und Priorisierung großer Infrastrukturprojekte verbessert und deren Umsetzung beschleunigt; die Transparenz und Effizienz der öffentlichen Auftragsvergabe verbessert; und die Führung und Kontrolle staatseigener Unternehmen stärkt.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(4)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(5)  Beschluss (EU) 2018/923 des Rates vom 22. Juni 2018 zur Feststellung, dass Rumänien auf die Empfehlung des Rates vom 5. Dezember 2017 nicht mit wirksamen Maßnahmen reagiert hat (ABl. L 164 vom 29.6.2018, S. 42).

(6)  Empfehlung des Rates vom 22. Juni 2018 im Hinblick auf die Behebung der festgestellten erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel in Rumänien (ABl. C 223 vom 27.6.2018, S. 3).

(7)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/103


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2018

(2018/C 320/23)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Slowenien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Slowenien als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in Empfehlung 1, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Slowenien wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Sloweniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Slowenien keine makroökonomischen Ungleichgewichte bestehen.

(4)

Am 13. April 2018 übermittelte Slowenien sein nationales Reformprogramm 2018 und am 26. April 2018 sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Slowenien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. Das Stabilitätsprogramm 2018 wurde von einer Übergangsregierung unter Annahme einer unveränderten Politik vorgelegt. Die Regierung geht davon aus, dass sich der Gesamtüberschuss im Jahr 2018 auf 0,4 % des BIP verbessern wird und anschließend im Jahr 2021 ein Überschuss von 0,9 % des BIP erzielt werden dürfte. Es ist nicht geplant, das mittelfristige Haushaltsziel — einen Überschuss von 0,25 % des BIP — bei einer unveränderten Politik bis 2021 zu erreichen. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote im Jahr 2018 auf 69,3 % des BIP sinken und bis 2021 weiter auf 58,3 % des BIP zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat Slowenien sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (6) im Jahr 2018 0,6 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 1,0 % des BIP entspricht. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass das Ziel, einen haushaltspolitischen Kurs zu erreichen, der sowohl zur Stützung der derzeitigen Erholung als auch zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beiträgt, bei der Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung 2018 und der anschließenden Bewertung der Haushaltsergebnisse 2018 berücksichtigt werden muss. Auf der Grundlage der Bewertung der Solidität der Erholung in Slowenien, die die Kommission — unter gebührender Berücksichtigung der Herausforderungen Sloweniens hinsichtlich der Nachhaltigkeit — im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Sloweniens 2018 vorgenommen hat, ist für 2018 eine strukturelle Anpassung von mindestens 0,6 % des BIP ohne jeglichen zusätzlichen Abweichungsspielraum über ein Jahr erforderlich. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 1,5 %. Berücksichtigt man dies in der Gesamtbewertung auf der Grundlage der Frühjahrsprognose der Kommission 2018, besteht im Jahr 2018 die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel.

(8)

Angesichts des gesamtstaatlichen Schuldenstands Sloweniens von über 60 % des BIP und der prognostizierten positiven Produktionslücke von 4,1 % des BIP darf im Jahr 2019 die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 2,2 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 1,0 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Gleichzeitig gibt es deutliche Signale, dass die ruhenden Kapazitäten der Wirtschaft unterschätzt werden, da die Inflation 2019 bei 2 % liegen dürfte, die Unterbeschäftigung über dem Vorkrisenniveau liegt und die Investitionstätigkeit nach einem drastischen Einbruch in den Krisenjahren wieder zulegt. Zudem weist das Plausibilitätsinstrument auch darauf hin, dass große Unsicherheit hinsichtlich der Produktionslückenschätzungen auf der Grundlage der gemeinsamen Methodik besteht. Infolgedessen erscheint eine jährliche strukturelle Anpassung von 0,65 % des BIP angemessen, was einer Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 3,1 % entspricht. Unter Annahme einer unveränderten Politik besteht im Jahr 2019 sowie in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung. Slowenien wird die Übergangsregelung für den Schuldenabbau in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass die erforderlichen Maßnahmen ab 2018 ergriffen werden sollten, um die Einhaltung der Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts sicherzustellen.

(9)

Die Regierung hat Vorschläge vorgelegt, um das Gesundheitssystem zu reformieren. Der Entwurf des Gesetzes über die Gesundheitsversorgung und die Krankenversicherung, der das Kernstück der Reform ist und die langfristige Finanzierung des Gesundheitssystems sichern wird, wurde dem Wirtschafts- und Sozialgremium im Dezember 2017 zur Stellungnahme vorgelegt, jedoch nicht vor den Wahlen angenommen, sodass die Aussichten auf Verabschiedung ungewiss sind. Derzeit wird ein Entwurf für ein Gesetz über die Langzeitpflege erarbeitet, die als neue Säule der sozialen Sicherheit die anderen sozialen Sicherungssysteme (Gesundheits- und Sozialfürsorge sowie Altersversorgung) ergänzen soll. Es bleibt abzuwarten, wie Slowenien künftig die Kosteneffizienz sowie die Zugänglichkeit und Qualität der Gesundheitsfürsorge steigern wird. Im Jahr 2017 wurden Vorschläge zur Änderung des Ärztegesetzes, des Gesetzes über Gesundheitsdienste, des Gesetzes über Patientenrechte und des Gesetzes über die Festlegung von Interventionsmaßnahmen zur Gewährleistung der Finanzstabilität der Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens angenommen, die nun umzusetzen sind, um die Zugänglichkeit und Qualität der Gesundheitsfürsorge sicherzustellen. Es wurden erste Schritte unternommen, um den nationalen Plan für das Gesundheitswesen im Zeitraum 2016-2025 umzusetzen. Schrittweise werden allgemeinmedizinische ambulante Kliniken eingeführt, ein System zur Bewertung von Gesundheitstechnologie soll bis 2020 eingerichtet werden und Lösungen für elektronische Gesundheitsdienste werden die Überwachung landesweit verbessern. Zudem dürften die Vorteile eines besser koordinierten öffentlichen Auftragswesens im Gesundheitsbereich dazu beitragen, das Auftragswesen kosteneffizienter zu machen.

(10)

Im Juli 2017 hat das Wirtschafts- und Sozialgremium einstimmig ein Papier mit dem Titel „Ansatzpunkte für die Modernisierung der Renten- und Invaliditätsversicherung in der Republik Slowenien“ angenommen. Darin werden verschiedene Maßnahmen skizziert, die angemessene Renten sichern und ein tragfähiges und transparentes Rentensystem schaffen könnten. Allerdings gibt es keinen konkreten Aktionsplan für das Ergreifen dieser Maßnahmen, und trotz einer Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern und der Regierung, die Reform bis 2020 zu verabschieden, wurde noch nicht festgelegt, wann die Reform schrittweise eingeführt werden soll. Einige Herausforderungen bleiben: die Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit und Angemessenheit des Rentensystems durch die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters sowie die Förderung eines späteren Renteneintritts; die Steigerung des Abdeckungsgrads der ergänzenden Altersversorgungssysteme; eine geeignete Herangehensweise im Hinblick auf sich verändernde berufliche Laufbahnen und die Verringerung der Risiken für Altersarmut.

(11)

Die Wirtschaft ist weiter gewachsen und die Arbeitsmarkttrends und sozialen Entwicklungen haben sich zunehmend verbessert. Die Zahl der Personen, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, ist gesunken, liegt aber für ältere Menschen und insbesondere für Frauen nach wie vor über dem Unionsdurchschnitt. Die Beschäftigung ist gestiegen, während die Arbeitslosenquote sich weiter rückläufig entwickelte. Allerdings gibt es Anzeichen für einen Mangel an Arbeitskräften in einer Reihe von Berufen. Die Langzeitarbeitslosigkeit liegt nach wie vor über dem Vorkrisenniveau und betrifft knapp die Hälfte aller Arbeitslosen. Herausforderungen bestehen vor allem für ältere Arbeitnehmer, deren Erwerbs- und Beschäftigungsquoten weiterhin zu den niedrigsten in der Union gehören. Die slowenische Gesellschaft altert rasch, was bedeutet, dass die Erwerbsbevölkerung und das Arbeitskräfteangebot schrumpfen. Als Reaktion auf diese Entwicklung hat die Regierung die „Strategie für aktives Altern“ vorgelegt, aber noch keine konkreten Aktionspläne erarbeitet.

(12)

Die Bevölkerungsalterung verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Beteiligung an der Erwachsenenbildung zu erhöhen, die seit 2010 stetig rückläufig ist und insbesondere bei gering qualifizierten und älteren Arbeitskräften niedrig ausfällt. Verbesserte Kompetenzen durch lebenslanges Lernen würden die Chancen erhöhen, eine Beschäftigung zu finden, vor allem für gering qualifizierte und ältere Arbeitskräfte. Die Beschäftigungsquote der Geringqualifizierten ist gestiegen, bleibt aber immer noch unter dem Vorkrisenniveau und dem Unionsdurchschnitt. Die Bewertung der aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zeigt, dass die meisten Programme gute Ergebnisse zeitigen, die Ausgaben in diesem Bereich und die Teilnahme von Arbeitslosen an den Programmen jedoch beschränkt bleiben. Während die Arbeitsmarktreform 2013 eindeutig dazu beigetragen hat, dass bestimmte benachteiligte Gruppen in den Arbeitsmarkt eingetreten sind, ist die befristete Beschäftigung nach wie vor ein Problem.

(13)

Es wurden Maßnahmen ergriffen, um die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen in Slowenien zu verbessern und ihnen Alternativen zu Bankkrediten bereitzustellen. Die Abhängigkeit von Bankenkrediten verursacht jedoch nach wie vor Finanzierungsschwierigkeiten, vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen, deren Wachstum durch den unzureichenden Zugang zu Finanzmitteln gehemmt wird. Die derzeitigen Maßnahmen haben bislang noch zu keiner Verbesserung bei der Finanzierung geführt, insbesondere für innovative Unternehmen. Es gibt nur eine kleine Anzahl wachstumsstarker Unternehmen in Slowenien und diesen fehlt eine ausreichende Unterstützung, um ihre Geschäftstätigkeit auszuweiten. Beim Risikokapital als einer Form der Beteiligungsfinanzierung ist ein Wachstum zu verzeichnen, wenn auch von einem sehr niedrigen Niveau aus. Innovative Unternehmen würden auch von einer effizienteren öffentlichen Forschung profitieren, doch in diesem Bereich bestehen derzeit Schwierigkeiten, in- und ausländische Talente anzuziehen und eine leistungsabhängige Finanzierung zu gewährleisten. Die Höhe der privaten Investitionen in Slowenien ist gegenüber vergleichbaren Ländern nach wie vor relativ niedrig und macht gezielte Bemühungen erforderlich, um die Rahmenbedingungen für Investitionen weiter zu verbessern, vor allem in Bereichen, in denen hohes Potenzial für Produktivitätssteigerungen besteht.

(14)

Die Unternehmen werden durch die nach wie vor hohe Belastung aufgrund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausgebremst. Der bürokratische Aufwand gilt als einer der problematischsten Faktoren in Bezug auf Geschäftstätigkeiten in Slowenien. Dies ist vor allem auf die Unsicherheit und die komplexen Verfahren im Steuerbereich zurückzuführen, aber nicht darauf beschränkt; so dauert es in Handelssachen nach wie vor etwa ein Jahr, um von einem Gericht gehört zu werden. Slowenien hat ein Instrument geschaffen, das die Verwaltungslast schmälern soll, und schreitet bei der Umsetzung voran. Allerdings steht dessen Umsetzung zu einem erheblichen Teil noch aus.

(15)

Darüber hinaus hat Slowenien erst damit begonnen, die starke Reglementierung in bestimmten Dienstleistungsbranchen anzugehen. Zur Liberalisierung der beruflichen Anforderungen für Architekten und Ingenieure wurden Reformen durchgeführt, doch andere Hindernisse, die von den Kommissionsdienststellen ermittelt worden waren, wurden noch nicht beseitigt. Auch die slowenischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, die von wettbewerbsfähigen Dienstleistungen abhängig sind, würden von Reformen profitieren.

(16)

Ein effizientes öffentliches Auftragswesen ist für die Kostenkontrolle von entscheidender Bedeutung und zudem unabdingbar, um die Qualität des Gesundheitswesens in Slowenien zu verbessern. Die Ausweitung der zentralisierten Auftragsvergabe sowie anderer Formen der Bündelung, etwa eine gemeinsame Auftragsvergabe durch Krankenhäuser, sind unerlässlich, um eine qualitativ hochwertige Versorgung mit innovativen Produkten zu wettbewerbsfähigen Preisen zu sichern.

(17)

Slowenien hat im öffentlichen Auftragswesen mit Ineffizienzen zu kämpfen. Wie aus der niedrigen Anzahl der eingegangenen Angebote pro Ausschreibung und dem hohen Anteil der Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb hervorgeht, ist der Wettbewerb zwischen den Bietern relativ schwach. Dies beeinträchtigt zudem die Transparenz. Die Professionalisierung der an der Auftragsvergabe beteiligten Akteure ist gering, und es gibt nur wenige Schutzvorkehrungen gegen Korruption und geheime Absprachen zwischen den Bietern. Insbesondere ist die Unabhängigkeit der Staatlichen Revisionskommission eingeschränkt, was auf das Verfahren zur Ernennung ihrer Mitglieder zurückzuführen ist. Wenngleich nach Schätzungen der Behörden Wirtschaftskriminalität und Korruption in den letzten Jahren erhebliche Schäden verursacht haben, sind einige Reformen zur Korruptionsbekämpfung immer noch anhängig.

(18)

In Slowenien ist die Präsenz des Staates in der Wirtschaft nach wie vor hoch, vor allem im Finanzsektor. Die zuvor veröffentlichten Pläne für Privatisierungen wurden nur langsam umgesetzt. Ein Voranschreiten bei der Privatisierung würde die Lebensfähigkeit der Unternehmen langfristig steigern und die Risiken für die öffentlichen Finanzen mindern.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Sloweniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Slowenien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Slowenien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (7) spiegelt sich insbesondere in der Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Slowenien 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 3,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,65 % des BIP entspricht; das Gesetz über die Gesundheitsversorgung und die Krankenversicherung sowie die geplante Reform der Langzeitpflege annimmt und umsetzt; die langfristige Tragfähigkeit und Angemessenheit des Rentensystems gewährleistet, auch durch die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters und die Einschränkung der Frühverrentung; die Beschäftigungsfähigkeit gering qualifizierter und älterer Arbeitnehmer durch Maßnahmen für lebenslanges Lernen und Aktivierungsmaßnahmen steigert;

2.

alternative Finanzierungsquellen für rasch wachsende Unternehmen erschließt; die Hemmnisse für den Markteintritt durch die Überarbeitung der Produktmarktregulierungen und die Begrenzung des Verwaltungsaufwands abbaut; den Wettbewerb, die Professionalisierung und die unabhängige Aufsicht im öffentlichen Auftragswesen stärkt; Privatisierungen entsprechend den vorliegenden Plänen durchführt.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/107


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2018

(2018/C 320/24)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Sie trug der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie die Slowakei nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte die Slowakei als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in Empfehlung 1, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für die Slowakei wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte der Slowakei bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung ihrer nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)

Am 25. April 2018 übermittelte die Slowakei ihr Nationales Reformprogramm 2018 und ihr Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Die Slowakei befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Laut Stabilitätsprogramm 2018 plant die Regierung, das Gesamtdefizit im Jahr 2018 auf 0,8 % des BIP und bis 2021 weiter schrittweise auf 0,0 % des BIP zurückzuführen. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — soll im Jahr 2020 erreicht werden. Nach dem Stabilitätsprogramm 2018 soll die gesamtstaatliche Schuldenquote von 49,3 % im Jahr 2018 bis 2021 allmählich auf 43,3 % des BIP zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Allerdings wurden die Maßnahmen, die zur Erreichung der ab 2019 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht vollständig spezifiziert. Mit den sogenannten Haushaltsreserven enthält der Haushalt eine nicht spezifizierte Ausgabenkategorie, auf die ein nicht unerheblicher Anteil entfällt (0,7 % des BIP) und die für Ad-hoc-Maßnahmen verwendet werden können; dadurch wird der Haushaltsvollzug weniger vorhersehbar.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat der Slowakei sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (6) im Jahr 2018 2,9 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,5 % des BIP entspricht. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass das Ziel, einen haushaltspolitischen Kurs zu erreichen, der sowohl zur Stützung der derzeitigen Erholung als auch zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beiträgt, bei der Bewertung der Übersicht über die Haushaltsplanung 2018 und der anschließenden Bewertung der Haushaltsergebnisse 2018 berücksichtigt werden muss. Auf der Grundlage der von der Kommission vorgenommenen Bewertung der Solidität der Erholung in der Slowakei und unter gebührender Berücksichtigung der Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit muss in diesem Zusammenhang keinen weiteren Elementen Rechnung getragen werden. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2018 die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser empfohlenen Korrektur besteht.

(8)

Angesichts der für die Slowakei prognostizierten Produktionslücke von 1,2 % des BIP darf im Jahr 2019 die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 4,1 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,5 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Unter Annahme einer unveränderten Politik besteht im Jahr 2019 für die Slowakei — aufgrund der Abweichung im Gesamtzeitraum 2018-2019 — die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass die erforderlichen Maßnahmen ab 2018 ergriffen werden sollten, um die Einhaltung der Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts sicherzustellen.

(9)

Für die öffentlichen Finanzen der Slowakei bestehen auf lange Sicht nach wie vor Risiken. Die Gesundheitsausgaben gefährden weiterhin die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, da sich die Erhöhung der Kosteneffizienz im Gesundheitswesen der Slowakei immer noch schwierig gestaltet. Auf lange Sicht dürften die öffentlichen Gesundheitsausgaben um 1,2 Prozentpunkte des BIP ansteigen und damit über dem geschätzten durchschnittlichen Anstieg in der Union von 0,9 Prozentpunkten liegen. Die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems hat sich in erster Linie infolge der automatischen Anhebung des Rentenalters, durch die der prognostizierte Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben langfristig gedrosselt wurde, allmählich verbessert.

(10)

Wenngleich einige Schritte unternommen worden sind, um die Kosteneffizienz im Gesundheitswesen zu verbessern, insbesondere mit der Durchführung von Ausgabenüberprüfungen unter Anwendung des Preis-Leistung-Prinzips, besteht nach wie vor signifikantes Potenzial, die Mittelverwendung zu rationalisieren. Bei den Plänen für eine weitreichende Gesundheitsreform, die auf eine Rationalisierung von Diensten, eine bessere Mittelverwaltung in den Krankenhäusern und eine effizientere Gesundheitsversorgung ausgerichtet ist, gibt es keine Anzeichen für Fortschritte. Die Inanspruchnahme von Krankenhausdienstleistungen ist weiterhin hoch; dies belegen die hohe Anzahl von Krankenhausaufenthalten bei chronischen Erkrankungen und die über dem Unionsdurchschnitt liegenden Entlassungsquoten in Verbindung mit verhältnismäßig geringen Quoten für die Bettenbelegung. Durch eine Stärkung der Primärversorgung könnte die hohe Belastung der Krankenhäuser verringert werden, doch wird das System durch einen Mangel an Allgemeinmedizinern belastet, der sich durch deren ungleichmäßige geografische Verteilung noch verschärft. Auch die Alterszusammensetzung bei den Allgemeinmedizinern gibt im Hinblick auf die künftige Versorgung Anlass zu Sorge. Schließlich befinden sich mehrere Bestimmungen, die darauf abzielen, die Kostenwirksamkeit des Gesundheitswesens zu erhöhen, etwa durch die vollständige Einführung eines auf leistungsorientierten Diagnosefallgruppen beruhenden Vergütungssystems und die wirksame Inbetriebnahme des elektronischen Gesundheitssystems, noch in der Entwicklungsphase. In diesem Zusammenhang dürften künftig weitere Verzögerungen sowie Herausforderungen hinsichtlich der Umsetzung der Bestimmungen zu erwarten stehen.

(11)

Die Steuereinnahmen sind infolge des raschen Wirtschaftswachstums gestiegen, und es werden weitere Anstrengungen unternommen, um die Einhaltung der Steuervorschriften zu verbessern und die große Mehrwertsteuerlücke in der Slowakei zu schließen. Während stärkere steuerliche Anreize zur Förderung von Forschung und Entwicklung gesetzt worden sind, bleibt die Immobiliensteuer nach wie vor eine schwache Einnahmequelle. Ein fortlaufendes Programm für Ausgabenüberprüfungen in allen wichtigen öffentlichen Ausgabenbereichen hat sich als wirksames und belastbares Instrument zur Verbesserung der Kosteneffizienz der öffentlichen Ausgaben erwiesen.

(12)

Die positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, der durch eine steigende Beschäftigung und historisch niedrige Arbeitslosenzahlen gekennzeichnet ist, setzen sich fort. Gleichwohl ist die Langzeitarbeitslosigkeit weiterhin eine der höchsten in der Union und betrifft vor allem benachteiligte Gruppen wie Geringqualifizierte, junge Menschen und marginalisierte Roma. Infolge der verbesserten Arbeitsmarktbedingungen zeichnet sich in einigen Sektoren der Wirtschaft ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ab. Es bestehen ausgeprägte regionale Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt, mit einer höheren Arbeitslosigkeit in der östlichen Slowakei und einem Arbeitskräftemangel, der sich vor allem im westlichen Teil des Landes konzentriert. Die Slowakei hat mit der Umsetzung ihres Aktionsplans zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen begonnen, der durch den Europäischen Sozialfonds unterstützt wird. Der Plan sieht insbesondere personalisierte Dienstleistungen, soziale Beratung und ein neues grundlegendes Profiling-System vor. Die Umsetzung hat jedoch noch keine erheblichen strukturellen Verbesserungen gezeitigt. Bei der Zusammenarbeit mit privaten Partnern und nichtstaatlichen Organisationen, durch die die Arbeitsbelastung der öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen geschmälert werden soll, gibt es immer noch Lücken, und die individualisierte Beratung befindet sich noch in einem frühen Stadium. Darüber hinaus ist die Kategorisierung von Langzeitarbeitslosen nicht differenziert genug, um vollumfänglich als Instrument für die anschließende Vermittlung von Aktivierungsmaßnahmen zu dienen. Die Programme zur Fortbildung und Umschulung wurden ausgebaut, sind aber nach wie vor unzureichend und bleiben nur in begrenztem Maße auf Langzeitarbeitslose und benachteiligte Bevölkerungsgruppen zugeschnitten. Des Weiteren ist die Beteiligung von Erwachsenen an Bildungsmaßnahmen weiterhin sehr niedrig, und die Angebote des zweiten Bildungswegs für benachteiligte Gruppen sind unterentwickelt. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenunterstützung sind streng, und die Dauer der Leistungsgewährung ist kurz. Dies führt dazu, dass der Abdeckungsgrad bei Kurzzeitarbeitslosen, die Arbeitslosenunterstützung erhalten, gering ist.

(13)

Der geschlechtsspezifische Unterschied bei der Beschäftigung und das geschlechtsspezifische Lohngefälle liegen weit über dem Unionsdurchschnitt. Die niedrige Beschäftigungsquote von Frauen im gebärfähigen Alter ist auf die Tatsache, dass die lange Elternzeit nur selten von Männern in Anspruch genommen wird, die geringe Inanspruchnahme flexibler Arbeitszeitregelungen und die begrenzte Erschwinglichkeit und Zugänglichkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen zurückzuführen. Vor allem bei den unter Dreijährigen ist die Quote der Kinder in Betreuungseinrichtungen äußerst gering.

(14)

Das Bildungssystem leistet keinen hinreichenden Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung der Slowakei und ist auf allen Ebenen unterfinanziert. Die Qualität der Bildungsergebnisse, die Teilnahme von Roma an der inklusiven allgemeinen Bildung und die wirksame Integration von Schülerinnen und Schülern aus sozioökonomisch benachteiligten Schichten in die allgemeine und berufliche Bildung sind drängende Herausforderungen. Die Bildungsergebnisse und das Niveau der Grundkompetenzen sind im internationalen Vergleich nach wie vor schwach und in hohem Maße vom sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler abhängig. Die Quote der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger ist gering, nimmt jedoch zu, wobei ausgeprägte regionale Unterschiede bei den Abbruchquoten bestehen. Trotz der geplanten Erhöhung der Lehrergehälter um jährlich 6 % bis 2020 ist der Lehrberuf weiterhin wenig attraktiv, was zum Teil den begrenzten Möglichkeiten für die berufliche Erstausbildung und Weiterbildung zuzuschreiben ist. Maßnahmen, die die Teilhabe von Roma-Schülerinnen und -Schülern an der inklusiven allgemeinen Bildung stärken sollen, werden aufgrund der inadäquaten finanziellen Unterstützung und Überwachung sowie der unzureichenden Weiterbildung von Lehrkräften in interkulturellen Fragen nur mangelhaft umgesetzt.

(15)

Die öffentliche Verwaltung hat nach wie vor mit Ineffizienzen und Engpässen zu kämpfen, die durch eine unzureichende Zusammenarbeit der Ministerien und die mangelnde politische Neutralität des öffentlichen Dienstes bedingt sind. Die Umsetzung des Gesetzes über den öffentlichen Dienst geht langsam voran, doch eine Verbesserung des Personalmanagements ist noch nicht spürbar. Hinsichtlich der Verwaltung von Unionsmitteln sind die Verwaltungskapazitäten und -effizienz nach wie vor gering, und die Personalfluktuation bleibt hoch, was teilweise dem politischen Zyklus geschuldet ist. Auf diese Situation wurde allerdings mit der Stärkung der Koordinierungsrolle des Amts des stellvertretenden Ministerpräsidenten reagiert, das die Kontinuität und die institutionelle Kompetenz der durchführenden Organisationen stabilisieren soll.

(16)

Die ESI-Fonds sind für die Bewältigung wesentlicher Herausforderungen bei der Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Slowakei von entscheidender Bedeutung. Die Slowakei verzeichnete im Jahr 2017 Einbußen in Höhe von 26 Mio. EUR bei den Mitteln für Forschung und Innovation, was — wie aus den durchgeführten Überprüfungen hervorgeht — in erster Linie auf Probleme bei der Anwendung von Auswahlkriterien und der Auswahl von Bewertern zurückzuführen war. Werden keine angemessenen Maßnahmen ergriffen, um die Durchführung zu beschleunigen, besteht ein hohes Risiko, dass weitere Mittel verloren gehen. Ausgehend von der Projektauswahlquote dürften nun mehr als die Hälfte der Gesamtmittel für den laufenden Programmplanungszeitraum zugewiesen werden, doch die Umsetzung vor Ort hat bislang Auszahlungen an Begünstigte in Höhe von lediglich 11 % der Mittel nach sich gezogen.

(17)

Dass die öffentliche Verwaltung wenig effektiv ist, lässt sich auch in anderen Sektoren feststellen, etwa in den Bereichen Energie und Umwelt. Die Recyclingquoten sind sehr niedrig, und die Luftqualität ist nach wie vor relativ schlecht. Eine wachsende Herausforderung liegt in der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder. Der Energiesektor wird durch Überregulierung belastet, und die Energiepolitik steht nicht vollständig im Einklang mit den klima- und energiepolitischen Zielen der Union.

(18)

Die Slowakei hat bedeutende Schritte unternommen, um ein gut funktionierendes System des öffentlichen Auftragswesens aufzubauen. Es wurden Anstrengungen unternommen, um qualitative Vergabekriterien einzuführen. Bis Oktober 2018 sollen verbindliche elektronische Instrumente für die Durchführung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge bereit stehen. Bei sämtlichen der im Rahmen der europäischen ESI-Fonds finanzierten Projekte wurden umfassende, wenn auch nicht optimal effiziente, Vorabprüfungen vorgenommen. Gleichwohl sind die Leistungen in den Bereichen interne Kontrolle, Transparenz, Digitalisierung, Professionalisierung sowie strategisches und umweltverträgliches öffentliches Auftragswesen noch nicht zufriedenstellend. Dies spiegelt sich in den Ergebnissen der Slowakei bei der Bekämpfung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen wider, die trotz einiger Verbesserungen nach wie vor etwas häufiger als im Unionsdurchschnitt festzustellen sind. Darüber hinaus gibt es weiterhin nur wenige Anzeichen für ein engagiertes Vorgehen gegen die Korruption. Mehr als die Hälfte der Unternehmen ist der Auffassung, dass Korruption bei der öffentlichen Auftragsvergabe durch nationale Behörden weitverbreitet ist.

(19)

Korruption, komplexe Verwaltungsverfahren, übermäßige und sich rasch ändernde Vorschriften für Unternehmen sowie Bedenken bezüglich der Leitung einiger Regulierungsstellen beeinträchtigen in hohem Maße das qualitative Unternehmensumfeld in der Slowakei. Im internationalen Vergleich ist die Slowakei etwas nach unten gerutscht, hat aber eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der qualitativen Rahmenbedingungen für Unternehmen und zur Investitionsförderung ermittelt. Darüber hinaus hat die Slowakei ihren Rahmen für die Folgenabschätzung von Rechtsvorschriften gestärkt und dessen Anwendungsbereich in den letzten Jahren erweitert. Schließlich wurde kürzlich eine neue Strategie für eine bessere Rechtsetzung, „RIA 2020“ (Regulatory Impact Assessement — Folgenabschätzung von Rechtsvorschriften) verabschiedet. Im Dienstleistungssektor bestehen immer noch hohe regulierungsbedingte Hindernisse; so sind die Vorschriften für Architekten, Ingenieure, Steuerberater, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Immobilienmakler und Fremdenführer restriktiver als im Unionsdurchschnitt. In der Mitteilung der Kommission vom 10. Januar 2017 über die Reformempfehlungen für die Berufsreglementierung wurden Empfehlungen zur Beseitigung dieser Hindernisse gegeben. Die Slowakei hat jedoch diesbezüglich keine Fortschritte vermeldet.

(20)

Bei der Intensivierung der Korruptionsbekämpfung wurden insgesamt keine Fortschritte erzielt. Die Korruption wird nach wie vor als hoch wahrgenommen, und die Strafverfolgung in diesem Bereich hat weiter nachgelassen. Nach der Ermordung eines Enthüllungsjournalisten und in Anbetracht seiner Recherchen im Zusammenhang mit verschiedenen Fällen von Korruption auf hoher Ebene wird die Korruption als noch stärker verbreitet wahrgenommen. Der Anteil der Korruptionsfälle auf hoher Ebene, die strafrechtlich verfolgt werden, ist äußerst gering. Das Problem der fehlenden Rechenschaftspflicht für Polizei und Staatsanwälte, das die Korruptionsbekämpfung und die Untersuchung heikler Korruptionsfälle erschwert, wurde noch nicht gelöst.

(21)

Trotz einiger Verbesserungen bleibt es für die Slowakei eine Herausforderung, das Justizwesen effizienter zu gestalten und zudem dessen Unabhängigkeit zu stärken. Nach wie vor bestehen Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz, unter anderem aufgrund der Ernennungsverfahren von Richtern auf allen Ebenen des Justizwesens.

(22)

Auch wenn die Stimulierung von Innovation die Wettbewerbsfähigkeit ankurbeln und den Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft fördern kann, fällt die Innovationsfähigkeit der Slowakei weiterhin moderat aus, und die Forschungs- und Entwicklungsintensität der Unternehmen ist sehr niedrig (0,4 % des BIP im Jahr 2016). Trotz der Größe des Sektors des verarbeitenden Gewerbes mit hohem und mittlerem Technologieniveau bleibt das Interesse der marktbeherrschenden multinationalen Unternehmen an der Durchführung von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten bislang begrenzt, und der prozentuale Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen mit interner Innovation lag im Jahr 2016 in der Slowakei deutlich unter dem Anteil in der Union insgesamt (13,9 % gegenüber 28,8 %).

(23)

Die öffentlichen Investitionen in Forschung und Innovation sind im Zeitraum von 2009 bis 2015 infolge der Verwendung von Mitteln der europäischen ESI-Fonds stark angestiegen. Das volle Potenzial dieser Investitionsmittel wurde aufgrund von Unzulänglichkeiten des Forschungsumfelds in der Slowakei nicht ausgeschöpft. Wenngleich die Rolle des Amts des stellvertretenden Ministerpräsidenten bei der Koordinierung von Forschung, Entwicklung und Innovation gestärkt wurde, bleibt der allgemeine Gestaltungswille in diesem Politikbereich schwach. Das uneinheitliche System und der schwache ordnungspolitische Rahmen, in dem Zuständigkeiten auf mehrere Ministerien und Durchführungsstellen, die oft unzureichend koordiniert werden, verteilt sind, führen regelmäßig zu Reformverzögerungen. Maßnahmen zur Förderung des Wissenstransfers, zur Stärkung von Forschungskapazitäten in der Industrie und zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen kommen nur langsam voran.

(24)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Slowakei umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an die Slowakei gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Slowakei berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(25)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (7) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass die Slowakei 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2019 4,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,5 % des BIP entspricht; Maßnahmen zur Steigerung der Kostenwirksamkeit im Gesundheitswesen umsetzt und eine wirksamere Strategie für die Fachkräfte des Gesundheitssektors entwickelt;

2.

Aktivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen stärkt, einschließlich qualitativ hochwertiger gezielter Ausbildungsmaßnahmen und individualisierter Dienstleistungen für benachteiligte Gruppen, insbesondere durch die Umsetzung des Aktionsplans für Langzeitarbeitslose; die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen fördert, insbesondere durch den Ausbau von erschwinglichen und hochwertigen Kinderbetreuungsangeboten; die Qualität und Inklusivität der Bildung verbessert, einschließlich durch eine Erhöhung der Beteiligung von Roma-Kindern an der allgemeinen Bildung von frühester Kindheit an;

3.

im öffentlichen Auftragswesen zunehmend qualitative Vergabekriterien und Kriterien im Zusammenhang mit den Lebenszykluskosten verwendet; die Korruption bekämpft, auch indem die Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften sichergestellt und die Rechenschaftspflicht auf der Ebene der Polizei und Strafverfolgungsbehörden gestärkt werden; die Wirksamkeit des Justizsystems verbessert, insbesondere durch die Gewährleistung der Unabhängigkeit bei Ernennungsverfahren im Justizwesen; die Fragmentierung des öffentlichen Forschungssystems abbaut und die Innovation stimuliert, auch bei kleinen und mittleren Unternehmen.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/112


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2018

(2018/C 320/25)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Sie trug der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Finnland nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 14. Mai 2018 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an.

(2)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Finnland als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen, insbesondere in Empfehlung 3, ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht 2018 für Finnland wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Finnlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(4)

Am 13. April 2018 übermittelte Finnland sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Stabilitätsprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Finnland befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. In seinem Stabilitätsprogramm 2018 veranschlagt Finnland im Jahr 2018 ebenso wie im Vorjahr einen Gesamtsaldo von – 0,6 % des BIP. Nach Angaben der Regierung soll sich der Saldo im Jahr 2019 verbessern und anschließend in den Jahren 2020 und 2021 einen leichten Überschuss aufweisen. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — wurde im Jahr 2017 übertroffen. Allerdings wird das neu berechnete strukturelle Defizit (6) den Prognosen zufolge in den Jahren 2018 und 2019 mit 0,6 % des BIP geringfügig höher liegen und anschließend wieder sinken. Die gesamtstaatliche Schuldenquote erreichte im Jahr 2015 mit 63,6 % ihren Höchststand und ging 2017 auf 61,4 % zurück. Dem Stabilitätsprogramm 2018 zufolge wird die Schuldenquote weiter sinken, um im Jahr 2021 einen Stand von 56,7 % des BIP zu erreichen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario erscheint weitgehend plausibel. Die Hauptrisiken hinsichtlich der Haushaltsprojektionen sind in möglicherweise unerwartet hohen Vorlaufkosten für die geplante Reform der Sozial- und Gesundheitsdienste begründet.

(7)

Im Stabilitätsprogramm 2018 wird daran erinnert, dass die Kosten im Zusammenhang mit dem außergewöhnlichen Flüchtlingszustrom angestiegen sind, was in den Jahren 2015 und 2016 erhebliche Auswirkungen auf den Haushalt hatte. Dem Stabilitätsprogramm 2017 zufolge sollten die Kosten im Jahr 2017 um 0,15 % des BIP sinken. Diese Zahl wurde im Stabilitätsprogramm 2018 nicht bestätigt und wurde daher von der Kommission nicht berücksichtigt. Ferner wurde Finnland im Jahr 2017 eine vorübergehende Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel in Höhe von 0,5 % des BIP gewährt, um umfangreiche Strukturreformen mit positiven Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu berücksichtigen, insbesondere die Rentenreform von 2017 und den Pakt für Wettbewerbsfähigkeit. Im Jahr 2017 wurde Finnland zudem eine vorübergehende Abweichung in Höhe von 0,1 % des BIP zugestanden, um den nationalen Investitionsausgaben für von der Union kofinanzierte Projekte Rechnung zu tragen. Die Gewährung dieser Abweichung ist unter anderem an die Voraussetzung gebunden, dass die öffentlichen Gesamtinvestitionen nicht abnehmen. Die Ist-Daten für 2017 zeigten einen Rückgang der öffentlichen Investitionen im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr, während die Investitionen im Zusammenhang mit EU-Mitteln stabil geblieben zu sein scheinen. Daher kann Finnland nach Auffassung der Kommission in Bezug auf die nationalen Investitionsausgaben für von der Union kofinanzierte Projekte im Jahr 2017 nicht länger eine vorübergehende Abweichung in Höhe von 0,1 % des BIP zugestanden werden. Die übrigen vorübergehenden Abweichungen vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel werden übertragen, sodass sie sich auf einen Zeitraum von drei Jahren erstrecken. Die im Rahmen der Klausel für außergewöhnliche Ereignisse und der Strukturreformklausel zugestandenen vorübergehenden Abweichungen belaufen sich demnach auf 0,67 % des BIP im Jahr 2018 und 0,5 % des BIP im Jahr 2019.

(8)

Der Rat empfahl Finnland sicherzustellen, dass die Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel im Jahr 2018 nicht über die Abweichungen hinausgeht, die dem Land im Jahr 2016 aufgrund der Budgetauswirkungen der außergewöhnlichen Ereignisse und im Jahr 2017 im Zusammenhang mit der Umsetzung der Strukturreformen und Investitionen zugestanden wurden. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 1,9 % im Jahr 2018, was einer zulässigen Verschlechterung des strukturellen Saldos in Höhe von 0,1 % des BIP entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2018 die Gefahr einer gewissen Abweichung von der empfohlenen Haushaltsanpassung besteht. Da das Ergebnis für 2017 allerdings besser ausgefallen ist als erwartet, wird der Abstand zum mittelfristigen Ziel den derzeitigen Prognosen zufolge geringer sein als die aufgrund der Klausel für außergewöhnliche Ereignisse und der Strukturreformklausel zugestandenen Abweichungen. Sollte sich dies bestätigen, wird dem bei der nachträglichen Bewertung für das Jahr 2018 Rechnung getragen.

(9)

Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission sollte Finnland im Jahr 2019 sicherstellen, dass die Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel im Jahr 2019 nicht über die vorübergehende Abweichung hinausgeht, die dem Land im Jahr 2017 im Zusammenhang mit der Auswirkung der Umsetzung der Strukturreformen auf den Haushalt zugestanden wurde. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 2,9 %, was einer zulässigen Verschlechterung des strukturellen Saldos in Höhe von 0,2 % des BIP entspricht. Unter Annahme einer unveränderten Politik dürfte Finnland die Anforderung für das Jahr 2019 erfüllen. Auch den Richtwert für den Schuldenabbau wird Finnland in den Jahren 2018 und 2019 voraussichtlich erfüllen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Finnland bereit sein muss, im Jahr 2018 weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Schuldenregel zu gewährleisten, und dass das Land die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 2019 voraussichtlich einhalten wird.

(10)

In Anbetracht der alternden Bevölkerung und der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung dürften die Ausgaben für Renten, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege von 22 % des BIP im Jahr 2016 auf 24 % des BIP im Jahr 2030 ansteigen. Die Verwaltungsreform und die Reform der Sozial- und Gesundheitsdienste, über die das Parlament momentan berät, zielen darauf ab, die Ausgaben in diesem Bereich zu senken. Weitere Ziele sind die Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zur Gesundheitsfürsorge und die Verringerung der Wartezeiten für Patienten, insbesondere in benachteiligten oder abgelegenen Gebieten. Die Quote der selbst deklarierten medizinischen Versorgungslücken liegt über dem Unionsdurchschnitt. Insbesondere Menschen, die nicht der Erwerbsbevölkerung angehören, haben Schwierigkeiten, die notwendige medizinische Versorgung zu erhalten. Als neue Ebene der Regionalverwaltung werden die Verwaltungsbezirke ab dem Jahr 2020 für die finnischen Sozial- und Gesundheitsdienste zuständig sein. Im Rahmen der Reform werden die Ressourcen gebündelt, damit sie auf Bezirksebene effizienter eingesetzt werden können. Auch eine verstärkte Nutzung digitaler und elektronischer Dienste dürfte die Produktivität steigern. Ferner sollen soziale Dienstleistungen und medizinische Grundversorgungsleistungen sowohl von öffentlichen als auch von privaten Sozial- und Gesundheitszentren angeboten werden. Dies würde den Patienten mehr Wahlfreiheit geben, während der Wettbewerb zwischen den Anbietern zu Kosteneinsparungen führen dürfte. Die Verwirklichung dieser ehrgeizigen Ziele wird auch von den Entscheidungen abhängen, die im Laufe der Umsetzungsphase der Reform getroffen werden.

(11)

Die Beschäftigungsquote in Finnland lag im Jahr 2017 bei 74 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20-64) und war damit im Vergleich zu den übrigen nordischen Ländern vergleichsweise niedrig. Auch die Erwerbsbeteiligung war geringer, vor allem bei Frauen, gering qualifizierten Männern und Personen mit Migrationshintergrund. Mit rund 7,5 % der gesamten Erwerbsbevölkerung fiel die strukturelle Arbeitslosenquote im Jahr 2017 hoch aus. Im Bereich des Beschäftigungswachstums werden trotz der jüngsten Maßnahmen der finnischen Behörden mehr Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und mehr aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen benötigt.

(12)

Nichterwerbstätigkeits- und Arbeitslosigkeitsfallen stehen nach wie vor einer umfassenderen Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials entgegen. Eine signifikante Nichterwerbstätigkeitsfalle ergibt sich aus dem Leistungssystem und der Kombination der verschiedenen Arten von Leistungen. Sozialhilfe und Wohngeld sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Falle. Diese und andere Leistungen nehmen mit zunehmendem Einkommen sehr schnell ab, was die Gefahr birgt, dass sich die Aufnahme einer Arbeit in finanzieller Hinsicht möglicherweise nicht in ausreichendem Maße auszahlt. Die Komplexität der Vorschriften im Bereich der Leistungsgewährung sowie die Verwaltungspraxis werden als Ursache für eine erhebliche Arbeitslosigkeitsfalle oder „bürokratische Falle“ betrachtet. Die in Bezug auf die Höhe der Leistungen bestehende Unsicherheit und die Zeit, die vergeht, ehe der Betroffene die Leistungen wieder erhält, verringert die Attraktivität von Kurzzeit- oder Teilzeitarbeitsverhältnissen. Trotz des jüngsten Anstiegs im Wohnungsneubau könnte der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Wachstumszentren ein zusätzliches Hindernis für die Mobilität der Arbeitskräfte bilden. Die für 2019 erwarteten ersten Ergebnisse des laufenden Experiments zum Grundeinkommen dürften Anhaltspunkte für die Überarbeitung des Systems der sozialen Sicherheit geben. Es wurde eine Reform der Elternurlaubsregelung in Betracht gezogen, um die Beschäftigungsquote von Frauen im gebärfähigen Alter und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Zurzeit wird ein Echtzeiteinnahmenregister entwickelt, mit dessen Hilfe die Effizienz bei der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen verbessert und ein wirksamer Ausgleich der Leistungen ermöglicht werden könnte.

(13)

Bei den Lohnfindungsmechanismen ist ein Übergang zu Tarifverhandlungen auf sektoraler und lokaler Ebene festzustellen. Da die Unternehmen vielfach mit sehr unterschiedlichen Gegebenheiten konfrontiert sind, dürfte dies eine stärke Lohndifferenzierung zwischen den Unternehmen ermöglichen, sodass sichergestellt ist, dass die realen Lohnerhöhungen mit dem Produktivitätszuwachs in Einklang stehen und insgesamt zu besseren Beschäftigungsergebnissen führen. Im Rahmen der jüngsten Lohnabschlüsse von Ende 2017 und Anfang 2018 haben organisierte Arbeitgeber verstärkt die Möglichkeit, Tarifverhandlungen auf lokaler Ebene zu führen. Für nicht organisierte Arbeitgeber verbleiben einige Hindernisse. Es sind einige erste positive Ergebnisse zu verzeichnen, da der derzeitige Stand der jüngsten Lohnverhandlungen auf ein Ergebnis mit weitgehend neutralen Auswirkungen auf die Kostenwettbewerbsfähigkeit schließen lässt. Trotz des Fehlens einer formellen Abstimmung über Lohnabschlüsse scheint sich in der Praxis ein finnisches Modell herauszubilden, bei dem Lohnerhöhungen im Sektor der nicht handelbaren Güter an die Erhöhungen im Sektor der handelbaren Güter geknüpft werden.

(14)

Da Geschäftstätigkeit und Beschäftigung allmählich wieder zum Stand vor der Krise zurückkehren, dürfte die geringere Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitslosen und Nichterwerbstätigen zu einem wichtigen Negativfaktor werden, der die Erholung des Arbeitsmarktes verlangsamen und damit die langfristige Tragfähigkeit der Wohlfahrtsgesellschaft Finnlands untergraben könnte. Daher werden angemessene integrierte Aktivierungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose und Nichterwerbstätige benötigt. Die Mittel, die für die öffentliche Arbeitsvermittlung, insbesondere für Beratungstätigkeiten, bereitgestellt werden, liegen zudem unter dem Unionsdurchschnitt. Die Dienste für Arbeitslose, insbesondere für Personen mit geringeren Beschäftigungschancen, werden von einer Reihe verschiedener Anbieter erbracht. Eine Integration oder bessere Koordinierung würde eine nahtlose Bereitstellung von Diensten (zentrale Anlaufstelle für Arbeitslose/Nichterwerbstätige) begünstigen. Es sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Wiedereingliederung Nichterwerbstätiger in den Arbeitsmarkt zu gewährleisten, insbesondere von Personen der Altersgruppe der 25- bis 49-Jährigen und von Personen mit Migrationshintergrund. Die Migranten könnten den Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter teilweise ausgleichen, sofern sie gut in den Arbeitsmarkt und in die finnische Gesellschaft integriert sind. Darüber hinaus nimmt der Arbeitskräftemangel zu, was wahrscheinlich die aktuellen strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft widerspiegelt, z. B. die Alterung der Bevölkerung. Dies lässt darauf schließen, dass weitere Investitionen in die Erwachsenenbildung und die berufliche Weiterbildung erforderlich sind, um berufliche Mobilität zu ermöglichen und das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu verringern.

(15)

Die Regierung hat Maßnahmen zur Förderung von Unternehmertum und Unternehmensneugründungen umgesetzt und für eine verstärkte Verfügbarkeit von Darlehen und Ausfuhrbürgschaften für kleine und mittlere Unternehmen gesorgt. Auch können Arbeitslose in den ersten Monaten nach einer Unternehmensgründung nun weiterhin Arbeitslosenleistungen erhalten. Diese Regelung wird aller Voraussicht nach Erfolg zeigen, wenn sie durch Schulungs- und Beratungsmaßnahmen flankiert wird; die kurze Laufzeit der Regelung könnte ihre Auswirkungen hingegen begrenzen. Darüber hinaus verbleiben einige Schwachstellen im Sozialschutz für Unternehmer und Selbstständige, und das Armutsrisiko für Selbstständige im Gegensatz zu Beschäftigten ist in Finnland hoch.

(16)

Die Verschuldung der privaten Haushalte liegt nach wie vor auf einem historisch hohen Niveau (67 % des BIP im Jahr 2016). Die Schulden weisen zu einem Großteil variable Zinssätze auf, was ein Risiko birgt, wenn die Zinsen mittelfristig steigen sollten. Das Volumen der Verbraucherkredite nimmt rasch zu, und ein wachsender Anteil dieser Kredite wird von ausländischen Banken, von anderen Finanzinstituten als Kreditinstituten, von Kleinkreditunternehmen und in Form von Peer-to-Peer-Krediten gewährt. Die finnische Finanzaufsichtsbehörde hat eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet, die den Anstieg der Verschuldung der privaten Haushalte eindämmen sollen. In nächster Zeit ist jedoch nicht mit einem aktiven Schuldenabbau zu rechnen, was insbesondere auf die weiterhin niedrigen Zinsen und das hohe Vertrauen der Verbraucher zurückzuführen ist. In Ermangelung eines umfassenden Kreditregisters (in dem sowohl positive als auch negative Informationen über Schuldner erfasst werden) ist es den Banken unter Umständen nicht möglich, sich einen klaren Überblick über die Gesamtverschuldung privater Haushalte zu verschaffen.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Finnlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Finnland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Finnland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (7) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Finnland 2018 und 2019

1.

das mittelfristige Haushaltsziel unter Berücksichtigung der für die Umsetzung der Strukturreformen zugestandenen vorübergehenden Abweichung erreicht; die Annahme und Umsetzung der Verwaltungsreform zur Verbesserung der Kosteneffizienz der Sozial- und Gesundheitsdienste und zur Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zu diesen Diensten gewährleistet;

2.

die Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stärkt und die Bereitstellung angemessener und gut integrierter Dienste für Arbeitslose und Nichterwerbstätige gewährleistet;

3.

die Überwachung der Verschuldung der privaten Haushalte unter anderem durch Einrichtung eines Kreditregisters verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 179 vom 25.5.2018, S. 1.

(4)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/116


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2018

(2018/C 320/26)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Schweden als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für Schweden wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Schwedens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlung des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 7. März 2018 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Schweden makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere ergibt sich aus dem Preisniveau der überbewerteten Wohnimmobilien verbunden mit der weiter zunehmenden Verschuldung der Privathaushalte die Gefahr einer ungeordneten Korrektur. Die schon jetzt hohe Verschuldung der privaten Haushalte nimmt weiter zu. Seit etwa 20 Jahren steigen die Wohnimmobilienpreise stark und beinahe ohne Unterbrechung an. Erst im letzten Quartal 2017 wurde ein negatives Wachstum verzeichnet. Dennoch deuten die Bewertungsindikatoren darauf hin, dass die Preise für Wohnimmobilien gemessen an den Fundamentaldaten immer noch sehr hoch sind. Die Banken scheinen zwar über eine angemessene Kapitalausstattung zu verfügen, doch eine ungeordnete Korrektur könnte sich auch auf den Finanzsektor auswirken, da bei den Banken wachsende Forderungen im Zusammenhang mit privaten Hypothekendarlehen bestehen. Angesichts der systemischen Finanzverflechtungen könnten in einem solchen Fall auch benachbarte Länder betroffen sein. In den vergangenen Jahren wurden Maßnahmen ergriffen, um den Anstieg der Hypothekenschulden einzudämmen und den Wohnungsbau anzukurbeln. Die bisher unternommenen politischen Schritte reichen jedoch nicht aus, um die Überbewertung im Wohnungssektor zu korrigieren, und wesentliche Politikdefizite bleiben bestehen, besonders in Bezug auf Steueranreize für Wohneigentum und die Funktionsweise des Wohnangebots und des Mietwohnungsmarkts.

(3)

Am 27. April 2018 übermittelte Schweden sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Schweden befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Laut dem Konvergenzprogramm 2018 plant die Regierung für 2018, einen Überschuss von 1,0 % des BIP zu erreichen und während des Programmzeitraums das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — weiterhin zu erfüllen. Dem Konvergenzprogramm 2018 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote im Jahr 2018 auf 37,3 % sinken und bis 2021 weiter auf 29,0 % zurückgehen. Dieser Rückgang soll vor allem vom Wirtschaftswachstum und den gesunden öffentlichen Finanzen getragen werden. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo voraussichtlich bei einem Überschuss von 0,7 % des BIP im Jahr 2018 und einem Überschuss von 1,0 % des BIP im Jahr 2019 liegen, womit das mittelfristige Haushaltsziel übertroffen wird. Aufgrund seiner Bewertung des Konvergenzprogramms 2018 und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass Schweden die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts 2018 und 2019 voraussichtlich einhält.

(6)

Die Verschuldung der Privathaushalte hat ausgehend von einem hohen Niveau noch weiter zugenommen. 2017 stieg sie um 7,0 % und erreichte damit rund 86 % des BIP bzw. 184 % des verfügbaren Einkommens, was einem der höchsten Werte in der Union entspricht. Nach einem leichten Rückgang im Jahr 2016 ist die durchschnittliche Verschuldungsquote neuer Hypothekarkreditnehmer im Verhältnis zu ihrem verfügbaren Einkommen 2017 erneut gestiegen und erreichte mit 411 % ein neues Hoch. Die zunehmende Verschuldung der privaten Haushalte wird in erster Linie durch den Anstieg des Hypothekarkreditvolumens aufgrund der hohen Immobilienpreise und der strukturellen Verzerrungen, die hypothekenfinanzierte Immobilieninvestitionen begünstigen, hervorgerufen. Das Schuldenniveau ist ungleich verteilt, da Haushalte mit niedrigerem Einkommen und jüngere Menschen im Verhältnis zu ihrem Einkommen eine besonders hohe Schuldenlast tragen. Schweden hat in den letzten Jahren mehrere makroprudenzielle Maßnahmen umgesetzt. Es wurden Obergrenzen für das Verhältnis zwischen Kredithöhe und Objektwert festgelegt, die Untergrenzen für das Risikogewicht der Banken angepasst und im Juni 2016 eine formale Hypothekenkredit-Tilgungsregelung eingeführt. Im März 2018 trat eine neue, gestärkte Tilgungsanforderung für Hypotheken mit hoher Schuldenquote im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen in Kraft. Schweden hat außerdem Rechtsvorschriften erlassen, um das rechtliche Mandat der makroprudenziellen Behörde (Finansinspektionen) zu stärken. Das neue Mandat gilt ab Februar 2018 und erlaubt es der Behörde, früher zu reagieren und eine breitere Palette an potenziellen Maßnahmen anzuwenden, um Risiken im Zusammenhang mit der zunehmenden Verschuldung der Privathaushalte einzudämmen. Die bisherigen makroprudenziellen Maßnahmen hatten offenbar nur begrenzte Auswirkungen auf das Wachstum der Hypothekendarlehen. Um die zunehmende Verschuldung der Privathaushalte zu bremsen, könnte die steuerliche Absetzbarkeit von Hypothekenzinszahlungen schrittweise eingeschränkt oder eine Erhöhung der periodischen Steuern auf Immobilien umgesetzt werden; allerdings hat die Regierung in dieser Hinsicht keine Fortschritte erzielt.

(7)

Die schwedische Wirtschaft wuchs im Jahr 2017 beflügelt von der soliden Binnennachfrage um rund 2,4 %. Die Investitionen stiegen in den ersten drei Quartalen im Jahresvergleich um 6,0 %, was vor allem auf Wohnbauinvestitionen zurückging und besonders stark zum Wachstum beitrug. Obwohl die Neubautätigkeiten in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, bestehen nach wie vor Engpässe, und dies vor allem bei erschwinglichem Wohnraum im Umkreis großer Städte. Der Mangel an verfügbarem und bezahlbarem Wohnraum kann auch die Mobilität von Arbeitskräften und die wirksame Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt einschränken und zur Ungleichheit zwischen den Generationen beitragen.

(8)

Nach zwei Jahrzehnten rasch steigender Wohnimmobilienpreise kam es im Herbst 2017 zu einer allmählichen Entspannung auf dem Wohnungsmarkt, doch die Preise bleiben über den Fundamentaldaten. Zu den wichtigsten Faktoren hierfür zählen die steuerliche Begünstigung von Wohneigentum und Hypothekenschulden und die günstigen Kreditbedingungen in Verbindung mit relativ niedrigen Tilgungsquoten bei Hypothekendarlehen. Darüber hinaus geht das knappe Angebot auf strukturelle Ineffizienzen am Wohnimmobilienmarkt zurück, darunter geringer Wettbewerb in der Bauwirtschaft aufgrund von Marktzutrittsschranken für kleine und ausländische Unternehmen und die Möglichkeiten für große Bauunternehmer, Grundstücksressourcen zu kontrollieren. Zusätzlich bestehen Hemmnisse für eine effiziente Nutzung des vorhandenen Wohnungsbestands. Auf dem Mietmarkt erzeugen Mieten unterhalb der marktüblichen Preise Lock-in- und Insider-Outsider-Effekte. Auf dem Eigentumsmarkt hemmen die Kapitalertragsteuern die Mobilität von Wohnungseigentümern. Die schwedischen Behörden setzen den 22-Punkte-Plan zur Ankurbelung des Wohnungsbaus und zur Verbesserung der Effizienz des Wohnimmobilienmarkts weiter schrittweise um. Allerdings sind keine wesentlichen politischen Maßnahmen ergriffen worden, um für mehr Flexibilität bei der Festsetzung der Mietpreise zu sorgen oder die Ausgestaltung der Kapitalertragssteuer zu ändern.

(9)

Schwedens fortschrittliche Wirtschaft benötigt hoch qualifizierte Arbeitskräfte; derzeit entsteht ein entsprechender Arbeitskräftemangel in Sektoren wie Bau, Bildung, Gesundheitswesen, Wissenschaft, Ingenieurwesen und Informations- und Kommunikationstechnologien. In diesem Kontext bestehen nach wie vor Herausforderungen, etwa bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, und dabei vor allem von Frauen, in den Arbeitsmarkt. Die Beschäftigungsquote der nicht in der EU geborenen Frauen ist deutlich niedriger ist jene der Gesamtbevölkerung. Die Kluft bei den Bildungsleistungen zwischen Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen sozioökonomischen Verhältnissen vergrößert sich. Die Integration neu angekommener Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in das Schulsystem muss ebenso aufmerksam beobachtet werden wie der wachsende Mangel an Lehrkräften.

(10)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Schwedens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018, das nationale Reformprogramm 2018 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Schweden gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Schweden berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(11)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (5), dass Schweden den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(12)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2018 und das Konvergenzprogramm 2018 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Schweden 2018 und 2019

1.

Risiken im Zusammenhang mit der hohen Verschuldung der privaten Haushalte durch eine schrittweise Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinszahlungen oder eine Erhöhung der periodischen Steuern auf Immobilien angeht; den Wohnungsbau insbesondere durch den Abbau struktureller Hürden im Bauwesen dort ankurbelt, wo besonders große Engpässe bestehen, und die Effizienz des Wohnimmobilienmarkts unter anderem durch die Einführung von mehr Flexibilität bei der Festsetzung der Mietpreise und durch eine Änderung der Ausgestaltung der Kapitalertragsteuer verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


10.9.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 320/119


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 13. Juli 2018

zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs 2018

(2018/C 320/27)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2017 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2018 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 22. März 2018 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 22. November 2017 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie das Vereinigte Königreich nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(2)

Der Länderbericht 2018 für das Vereinigte Königreich wurde am 7. März 2018 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte des Vereinigten Königreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 11. Juli 2017 (3), bei der Umsetzung der Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen von Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 29. März 2017 unterrichtete das Vereinigte Königreich den Europäischen Rat über seine Absicht, aus der Europäischen Union auszutreten. Sofern ein ratifiziertes Austrittsabkommen nicht ein anderes Datum vorsieht oder der Europäische Rat im Einklang mit Artikel 50 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union im Einvernehmen mit dem Vereinigten Königreich einstimmig beschließt, dass die Verträge ab einem späteren Zeitpunkt keine Anwendung mehr finden, gilt das gesamte Primär- und Sekundärrecht der Union ab dem 30. März 2019 um 0.00 Uhr (MEZ) nicht mehr für das Vereinigte Königreich. Das Vereinigte Königreich wird dann zu einem Drittland. Derzeit werden Verhandlungen zur Gewährleistung eines geordneten Austritts einschließlich eines Übergangszeitraums bis Ende 2020 geführt, während dem das Unionsrecht weiter auf das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich Anwendung findet.

(4)

Am 30. April 2018 übermittelte das Vereinigte Königreich sein nationales Reformprogramm 2018 und sein Konvergenzprogramm 2018. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Das Vereinigte Königreich befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. In ihrem Konvergenzprogramm 2017-2018 geht die Regierung davon aus, dass das Gesamtdefizit von 2,2 % des BIP im Zeitraum 2017-2018 auf 1,8 % des BIP im Zeitraum 2018-2019 fallen und 2019-2020 weiter auf 1,7 % des BIP zurückgehen wird. Ein mittelfristiges Haushaltsziel wird im Konvergenzprogramm nicht genannt. Dem Konvergenzprogramm zufolge wird sich die gesamtstaatliche Schuldenquote zwischen 2017-2018 und 2019-2020 bei 85,5 % weitgehend stabilisieren und 2021-2022 auf 84,8 % des BIP sinken. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Während die Maßnahmen, die zur Erreichung der anvisierten Defizitziele erforderlich sind, im Allgemeinen gut spezifiziert sind, gefährdet der zunehmende Druck auf die Staatsausgaben in verschiedenen Bereichen die Umsetzung des geplanten Defizitabbaus.

(7)

Am 11. Juli 2017 empfahl der Rat dem Vereinigten Königreich, sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben (5) im Zeitraum 2018-2019 1,8 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Gleichzeit empfahl der Rat, die Erreichung eines haushaltspolitischen Kurses zu berücksichtigen, der sowohl die laufende Erholung fördert als auch die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen des Vereinigten Königreichs gewährleistet. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2018 davon aus, dass 2018-2019 die Gefahr einer gewissen Abweichung von den Vorgaben der präventiven Komponente besteht.

(8)

Angesichts des für das Vereinigte Königreich geschätzten gesamtstaatlichen Schuldenstands von über 60 % des BIP und der prognostizierten Produktionslücke von 0,4 % des BIP sollte im Zeitraum 2019-2020 die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 1,6 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Unter Annahme einer unveränderten Politik dürfte das Vereinigte Königreich die Anforderung für den Zeitraum 2019-2020 erfüllen. Die Übergangsregelung für den Schuldenabbau wird das Vereinigte Königreich dem ersten Anschein nach im Zeitraum 2018-2019 und 2019-2020 dank der gewährten jährlichen Abweichung von 0,25 % einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass das Vereinigte Königreich bereit sein muss, ab 2018-2019 weitere Maßnahmen zu ergreifen, um den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu entsprechen.

(9)

Das jährliche Netto-Wohnungsangebot steigt angesichts einer Reihe von Regierungsinitiativen zur Förderung des Wohnimmobilienmarkts und der konjunkturellen Erholung weiter an. Allerdings bleibt das Angebot weit hinter der geschätzten Nachfrage zurück, und das Vereinigte Königreich steht bei der Bereitstellung von genügend Wohnraum nach wie vor vor großen Herausforderungen. Dies hängt mit einer sehr strengen und komplexen Regulierung des Grundstücksmarktes zusammen. Der Mangel an Wohnraum und die hohen Wohnkosten bereiten insbesondere in Gegenden mit hoher und wachsender Nachfrage Probleme, etwa in und um die Ballungszentren. Die Regierung hat das Problem erkannt und sich für die kommenden Jahre ehrgeizige Ziele bei der Verbesserung des Angebots gesetzt. Gleichzeitig hat die Regierung ihre Zusage bekräftigt, Bauvorhaben rund um Stadtgebiete einzuschränken. Die Zahl der Wohneigentümer ist unter jüngeren Menschen deutlich gesunken, was zur Ungleichheit zwischen den Generationen beiträgt.

(10)

Die Arbeitsproduktivität ist niedrig und stagniert. Große Teile der Wirtschaft schneiden bei den wichtigsten Produktivitätstreibern — Kompetenzen, Investitionen und effiziente Unternehmensabläufe — vergleichsweise schlecht ab. Auch das Straßen-, Schienen- und Luftverkehrsnetz des Vereinigten Königreichs ist erheblichen und wachsenden Kapazitätsengpässen ausgesetzt.

(11)

Obwohl die Arbeitsmarktzahlen in den meisten Bereichen insgesamt positiv bleiben, besteht Besorgnis im Hinblick auf die Qualität einiger Beschäftigungsarten. Dies steht im Zusammenhang mit Problemen in den Bereichen Kompetenzerwerb, bestimmten atypischen Beschäftigungsformen, Einkommen, Produktivität, Erwerbsbeteiligung und Armut von Menschen im Erwerbsalter. In allen diesen Problembereichen sind wichtige politische Maßnahmen angekündigt und entwickelt worden. Dabei ist die Kohärenz der Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Im Bereich Kompetenzen lag der Fokus bislang überwiegend auf der Lehrlingsausbildung und Reformen der technischen Ausbildung. Ein größeres Augenmerk auf Qualität in beiden Bereichen könnte zu wesentlichen Multiplikatoreffekten für die Gesellschaft und die Wirtschaft führen. Das Vereinigte Königreich zählt zu jenen Mitgliedstaaten, die bereits mehr als zwei Drittel der vorgeschlagenen Kriterien des Europäischen Rahmens für hochwertige und nachhaltige Berufsausbildungen erfüllen, weshalb es praktikabel erscheint, Qualitätsziele festzulegen und zu überwachen, z. B. anhand der Nachverfolgung des Werdegangs von Absolventen. Um Möglichkeiten für lebenslanges Lernen zu schaffen, sind ähnlich hohe Mittel erforderlich, wie auch für die Lehrlingsausbildung und den neuen T-Level-Abschluss für Schulabgänger vorgesehen sind, um insbesondere Personen zu unterstützen, die nicht über berufliche Positionen auf Einsteigerebene hinauskommen.

(12)

Auch Fragen des Sozialschutzes und der sozialen Eingliederung werden in Zukunft angegangen werden müssen. Reformen im Bereich Kinderbetreuung werden in Angriff genommen, doch dürften insbesondere für Kinder unter drei Jahren mehr Plätze benötigt werden. Die Auswirkungen einiger Reformen und Kürzungen im Sozialbereich müssen sich erst noch in vollem Umfang zeigen, insbesondere für Familien, die trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen sind.

(13)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2018 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik des Vereinigten Königreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2018 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2018 und das nationale Reformprogramm 2018 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an das Vereinigte Königreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik im Vereinigten Königreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien beurteilt.

(14)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2018 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (6) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass das Vereinigte Königreich 2018 und 2019

1.

sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Zeitraum 2019-2020 1,6 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht.

2.

das Wohnungsangebot vor allem in Gebieten mit besonders hoher Nachfrage u. a. durch weitere Reformen des Planungssystems fördert.

3.

dem Bedarf im Hinblick auf Kompetenzen und Aufstiegsmöglichkeiten begegnet, indem Ziele für die Qualität und die Wirksamkeit der Lehrlingsausbildung gesetzt werden und verstärkt in die Verbesserung der Kompetenzen der Erwerbsbevölkerung investiert wird.

Geschehen zu Brüssel am 13. Juli 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. LÖGER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 261 vom 9.8.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmesteigerungen sind eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.

(6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.