ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 272

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

60. Jahrgang
17. August 2017


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Ausschuss der Regionen

 

122. Plenartagung, 22./23. März 2017

2017/C 272/01

Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zu den Prioritäten des Europäischen Ausschusses der Regionen für das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2018

1

2017/C 272/02

Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die Rechtsstaatlichkeit in der EU aus lokaler und regionaler Perspektive

8

2017/C 272/03

Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zu den Folgen des beabsichtigten Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

11

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

122. Plenartagung, 22./23. März 2017

2017/C 272/04

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Auf dem Weg zu einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik, die Arbeitsplätze und Wachstum in Europas Regionen und Städten schafft

14

2017/C 272/05

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Integration, Zusammenarbeit und Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme

19

2017/C 272/06

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Strategien für intelligente Spezialisierung (RIS3): Auswirkungen auf die Regionen und die interregionale Zusammenarbeit

25

2017/C 272/07

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Aktionsplan für den Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge 2015-2030 — Ein Konzept zur Berücksichtigung des Katastrophenrisikos in allen EU-Politikfeldern

32


 

III   Vorbereitende Rechtsakte

 

AUSSCHUSS DER REGIONEN

 

122. Plenartagung, 22./23. März 2017

2017/C 272/08

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Legislativvorschläge für eine Lastenverteilungsverordnung und eine Verordnung zu Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF-Verordnung)

36


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Ausschuss der Regionen

122. Plenartagung, 22./23. März 2017

17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/1


Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zu den Prioritäten des Europäischen Ausschusses der Regionen für das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2018

(2017/C 272/01)

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

unter Hinweis auf

seine Entschließungen vom 4. Juni 2015 zu seinen Prioritäten für den Zeitraum 2015-2020 und vom 8. Dezember 2016 zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2017;

das Protokoll über die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission vom Februar 2012;

1.

betont, dass wir eine Europäische Union brauchen, die das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das europäische Projekt wiedergewinnen kann; eine Union, die stärker von der Basis ausgeht und angemessene, wirkungsvolle und unmittelbare Lösungen für den Großteil der gemeinsamen Herausforderungen anbietet, welche die Städte, Regionen und Staaten nicht allein bewältigen können;

2.

verpflichtet sich, seinen Beitrag zu den Überlegungen zur Zukunft Europas zu leisten, indem er u. a. eine Stellungnahme zum Weißbuch über die Zukunft Europas erarbeitet und Bürgerdialoge zur Diskussion über aktuelle Fragen von europäischem Interesse für die Menschen vor Ort veranstaltet;

3.

wird den Prozess im Zusammenhang mit der Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die Europäische Union zu verlassen, begleiten und dabei auf spezifische problematische Aspekte aufmerksam machen, welche die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den 27 verbleibenden Mitgliedstaaten betreffen; wird außerdem die für die künftigen Beziehungen der EU zu den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und den eigenständigen Landesteilen im Vereinigten Königreich relevanten Fragen aus der Sicht der Städte, Kommunen und Regionen beleuchten;

Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Kohäsionspolitik

4.

verweist auf die dringende Notwendigkeit einer langfristigen EU-Strategie in Ablösung der Europa-2020-Strategie mit dem Ziel, intelligentes, nachhaltiges, integratives, widerstandsfähiges und wettbewerbsorientiertes Wachstum sicherzustellen und Leitlinien für das Europäische Semester, den mehrjährigen Finanzrahmen der EU und die politischen Maßnahmen der EU vorzugeben;

5.

macht überdies darauf aufmerksam, dass es notwendig ist, den Zielen für nachhaltige Entwicklung im Rahmen der von den Vereinten Nationen angenommenen und von der Kommission unterstützten Agenda 2030 Rechnung zu tragen, und fordert in diesem Zusammenhang die Überarbeitung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR), um der Strategie der Agenda 2030 einen höheren Stellenwert einzuräumen als der Strategie Europa 2020 und die wichtigsten Leitlinien mit Blick auf die neuen Ziele für die nachhaltige Entwicklung zu überarbeiten;

6.

weist die Europäische Kommission darauf hin, dass es einer europäischen Strategie zur demografischen Entwicklung als umfassende, koordinierte und inklusive Antwort auf den demografischen Wandel bedarf, die mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten ist, damit die Herausforderungen, auf die die Strategie gerichtet ist, bewältigt werden können;

7.

erwartet, dass mit dem Vorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) nach 2020, den die Kommission bis Ende 2017 vorlegen will, die Vorhersehbarkeit der langfristigen Ausgaben der EU gewährleistet, eine Reform der Eigenmittel der EU vorgeschlagen, die Einheit des EU-Haushalts gewahrt, weitere Vereinfachungsmaßnahmen vorgelegt und eine Laufzeit von 5+5 Jahren mit einer obligatorischen Halbzeitüberprüfung nach den ersten fünf Jahren festgelegt werden;

8.

spricht sich entschieden gegen jedes Szenario für die EU-27 bis 2025 aus, das eine Verringerung der kohäsionspolitischen Bemühungen der EU bedeuten würde, wie im Weißbuch zur Zukunft Europas dargelegt wird; ersucht die Kommission vielmehr, einen umfassenden Legislativvorschlag für eine starke und wirkungsvolle Kohäsionspolitik nach 2020 vorzulegen, und bekräftigt seine Forderung nach einem neuen Kapitel im 7. Kohäsionsbericht zur Bewertung der Umsetzung des territorialen Zusammenhalts. Dieser Legislativvorschlag sollte auf den Grundsätzen der Subsidiarität, der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance basieren und die Bedürfnisse und das Potenzial der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie die Ergebnisse der Bemühungen um Vereinfachung reflektieren. Außerdem sollte er auf einem einheitlichen Regelwerk unter Berücksichtigung der umfassenden Konsultationen aller einschlägiger Interessenträger fußen; ruft die Kommission auf, eine sorgfältige Analyse der Folgen des Legislativvorschlags für die lokale und regionale Ebene vorzunehmen und erklärt seine Bereitschaft zur diesbezüglichen Zusammenarbeit mit der Kommission; fordert als Bestandteil der Vorschläge zur Kohäsionspolitik für die Zeit nach 2020 die Harmonisierung der Verfahren zur Verwaltung der ESI-Fonds, damit die Regionen gegenüber der Europäischen Kommission als Verwaltungsbehörden auftreten können;

9.

fordert die Kommission auf, den Mehrwert des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) und seine Auswirkungen auf den Zusammenhalt regelmäßig zu überprüfen und zu überwachen und die Berichte über die wichtigsten Leistungsindikatoren und wesentlichen Indikatoren für die Überwachung nach Empfängern und Regionen der NUTS-II-Ebene aufzuschlüsseln und zu veröffentlichen. Dringend erforderlich sind mehr Klarheit und Leitlinien für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften darüber, wie der EFSI mit anderen EU-Programmen wie dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) kombiniert werden kann, sowie Anreize für eine stärkere Beteiligung der Regionen und Kommunen an der Verwaltung dieses Fonds, insbesondere in Bezug auf die Einrichtung regionaler oder multiregionaler Finanzierungsplattformen — auch in Abstimmung mit den kohäsionspolitischen Maßnahmen; lehnt gleichwohl grundsätzlich eine Umschichtung von Mitteln aus der Kohäsionspolitik in zentral verwaltete Programme ab;

10.

fordert die Kommission auf, einen Vorschlag für eine überarbeitete Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) für die Zeit nach 2020 vorzulegen, mit dem Initiativen zur Umsetzung des umfassenden Netzwerkes und zum Anschluss an das TEN-V-Netz in Grenzregionen gefördert, die Verbindungen zu Randgebieten verbessert und ein Schwerpunkt auf die sogenannten grenzüberschreitenden Lückenschlüsse gelegt wird; fordert, dass die Meeresautobahnen auch die Verbindungen zu abgelegenen Gebieten sicherstellen, insbesondere zwischen Inseln und regionalen Zentren; unterstreicht die Notwendigkeit von Synergien zwischen den finanziellen Ressourcen des EFSI, der Fazilität „Connecting Europe“ und den ESI-Fonds, um eine bestmögliche Nutzung sämtlicher verfügbaren EU-Mittel sicherzustellen;

11.

bekräftigt seine Forderungen, die Ausarbeitung der Zukunftsvision der Städte und Regionen der EU für 2050 in das Arbeitsprogramm der Kommission für 2018 aufzunehmen; unterstreicht die Notwendigkeit einer neuen Vision für die Städte und Regionen, da das Europäische Raumentwicklungskonzept von 1999 auf den neuesten Stand gebracht werden muss;

12.

betont die Notwendigkeit, die Umsetzung der Städteagenda für die EU weiterzuverfolgen, um die Ergebnisse der thematischen Partnerschaften zu systematisieren, die Elemente einer besseren Governance zu skizzieren und diese auf die künftigen Legislativvorschläge für den MFR nach 2020 übertragbar zu machen. Dieser Ansatz sollte in die Ausarbeitung der künftigen Kohäsionspolitik nach 2020 und in die Post-Europa-2020-Strategie einfließen;

13.

erwartet in diesem Zusammenhang konkrete Maßnahmen im Anschluss an die thematische Städtepartnerschaft zum Thema Wohnen. Diese Folgemaßnahmen könnten die Form einer europäischen Agenda für den Wohnungsbau haben, mit der wohnungspolitische Aspekte koordiniert würden, die bislang lediglich im Rahmen sektorbezogener Politikbereiche wie etwa die Städteagenda, nachhaltige Entwicklung, Kohäsionspolitik, Wettbewerbspolitik oder sozialer Initiativen wie der europäischen Säule sozialer Rechte als Querschnittsmaßnahme behandelt werden;

14.

erwartet, dass die Kommission vor Ende des Jahres 2017 ihre Vorschläge für das kommende Rahmenprogramm für Forschung und Innovation vorlegt, das auf Horizont 2020 aufbauen und einen strategischen Blick auf Fragen zur Zukunft Europas beibehalten, nicht von kurzfristigen haushaltspolitischen Lösungen abhängen und ein Gleichgewicht zwischen Spitzenleistung und Kohäsion im Hinblick die Überbrückung der Innovationskluft und vor dem Hintergrund bestehender gesellschaftlicher Herausforderungen herstellen sollte;

15.

macht auf das Modell der Plattform für den Wissensaustausch zur Steigerung der Reichweite und Wirkung von öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen aufmerksam;

16.

bekräftigt die Notwendigkeit eines gemeinsamen Rahmens für die Anerkennung nicht formaler und informeller Bildung, um die Einführung einschlägiger nationaler Verfahren zu erleichtern;

17.

hofft, seinen Beitrag zum Gelingen des Europäischen Jahres des Kulturerbes 2018 zu leisten, indem er es mit Strategien auf lokaler und regionaler Ebene in den Bereichen Kultur und Tourismus verknüpft;

18.

ruft die Kommission auf, konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der Investitionshemmnisse und zur Überbrückung der Investitionslücke vorzulegen; unterstreicht insbesondere, dass der Umfang öffentlicher Investitionen — von denen mehr als die Hälfte von Städten und Regionen getragen werden — weiterhin zu niedrig ist, was teilweise auf die europäischen und nationalen Haushaltsregulierungsmechanismen zurückzuführen ist; ersucht die Kommission nachdrücklich, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen der Stabilitäts- und Wachstumspakt wachstumsfreundlicher wird und ein besseres Umfeld für langfristige Investitionen geschaffen werden. In erster Linie ist in diesem Zusammenhang die regionale/nationale Kofinanzierung bei der Berechnung im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts auszuklammern, um eine kohärente Angleichung an die für die Strukturfondsmittel geltenden Regeln zu gewährleisten, zumal sie zum gleichen Ziel beitragen; fordert die Kommission erneut auf, die Auswirkungen der Regeln des ESVG 2010 auf die Investitionskapazität der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu bewerten und Klarheit in Bezug auf die Behandlung öffentlich-privater Partnerschaften im Rahmen der Eurostat-Regeln zu schaffen;

19.

wiederholt im Einklang mit der Cork-2.0-Erklärung seine Forderung nach einem Weißbuch zu einer EU-Agenda für den ländlichen Raum als Ausgangspunkt für eine Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums nach 2020 und fordert praktische Maßnahmen für das so genannte „rural proofing“, d. h. die Eignung der EU-Politik unter dem Gesichtspunkt der ländlichen Entwicklung sowie für die Anerkennung ländlicher Gebiete als Pole der Entwicklung und Innovation, die zum Erreichen der Ziele des territorialen Zusammenhalts beitragen;

20.

plädiert für eine überarbeitete Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für die Zeit nach 2020, die einen Beitrag zur Wiederankurbelung von Wachstum und Beschäftigung in ländlichen Gebieten und zum Erhalt von hochwertiger Lebensmittelqualität, -sicherheit und -versorgung in Europa leistet; fordert mehr Kohärenz mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung und die Überwindung der Kluft zwischen Stadt und Land; betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer Vereinfachung der GAP durch größere Flexibilität bei der Verwaltung, den Abbau des Aufwands für die Erzeuger und eine stärkere Ausrichtung auf Innovation und Wettbewerbsfähigkeit bei gleichzeitiger gezielter Unterstützung für Junglandwirte; fordert, die differenzierte Herangehensweise für Regionen in äußerster Randlage im Rahmen der GAP beizubehalten, die Raum für die Anwendung besonderer Maßnahmen für die Entwicklung der landwirtschaftlichen Tätigkeit in diesen Gebieten schafft;

21.

erwartet von der Kommission, dass sie die Mitgliedstaaten und ihre lokalen und regionalen Behörden in ihren Bemühungen um Modernisierung der Gesundheitssysteme und -versorgung unterstützt und die europäische Zusammenarbeit in diesem Bereich z. B. durch Einführung eines Programms fördert, das dem Erasmus-Programm für Gesundheitsfachkräfte ähnelt;

22.

fordert die Kommission auf, den Grundsatz der Katastrophenresilienz systematisch in allen Fonds und politischen Maßnahmen zu berücksichtigen, damit die widerstandsfähige und nachhaltige Entwicklung unserer Volkswirtschaften nicht gefährdet wird;

23.

fordert eine nachhaltige EU-Lebensmittelpolitik, welche die Aspekte Lebensmittelqualität, Nahrungsmittelerzeugung, Landwirtschaft, Fischerei, ländliche Entwicklung, Umweltschutz, Gesundheit, Ernährung, Beschäftigung und Verbraucherpolitik umfassend abdeckt und nachhaltigere Produktions- und Verbrauchsmuster fördert;

24.

fordert die Kommission auf, die Fremdenverkehrsstrategie aus dem Jahr 2010 zu überarbeiten und eine integrierte EU-Fremdenverkehrspolitik mit einem mehrjährigen Arbeitsprogramm in die Wege zu leiten sowie eine entsprechende Haushaltslinie zur Finanzierung von europäischen Fremdenverkehrsprojekten für die Zeit nach 2020 sicherzustellen; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Absicht, eine interinstitutionelle Kontaktgruppe Tourismus einzusetzen, um u. a. den Start regionaler Investitionsplattformen zu fördern, die Fremdenverkehrsorten und ihren KMU den Zugang zu Mitteln für ihre Projekte und Aktivitäten erleichtern sollen;

25.

fordert die Kommission mit Nachdruck auf, eine ehrgeizige Agenda im Bereich der blauen Wirtschaft und der nachhaltigen Meeresbewirtschaftung zu verfolgen und die unter maltesischem Ratsvorsitz zu verabschiedende Erklärung in politischen Leitlinien umzusetzen; bekräftigt die Bedeutung eines Zugangs zu Finanzmitteln für die aufstrebende maritime Wirtschaft, die das Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum in Europa besitzt; erinnert die Kommission in diesem Zusammenhang an seine Forderung, eine Wissens- und Innovationsgemeinschaft einzurichten, um den Transfer von Ideen von der Meeresforschung hin zur Privatwirtschaft zu erleichtern;

26.

begrüßt die Forderung nach einer neuen EU-Strategie gegen Alkoholmissbrauch, die auch Bereiche wie Verbraucherinformationen, Marketing und Straßenverkehrssicherheit umfassen sollte; gibt ferner zu bedenken, dass die Gemeinsamen Aktionspläne unbedingt ausgebaut werden müssen und/oder ein neuer solcher Plan für Kinder und Jugendliche erarbeitet werden muss;

Mehr Bürgernähe zu jungen Europäern

27.

unterstützt die anhaltende und verbesserte Umsetzung der Jugendgarantie und die Einrichtung des Europäischen Solidaritätskorps; verweist auf die Bedeutung der territorialen Dimension für beide Initiativen; unterstreicht, wie wichtig die Einbeziehung des privaten Sektors in die Gestaltung und Finanzierung derartiger Programme ist, damit die Fähigkeiten junger Menschen besser auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes abgestimmt werden können;

28.

drängt die Europäische Kommission, ihre Instrumente zur Kommunikation mit jungen Menschen auszubauen und denen der anderen Institutionen anzugleichen; betont, wie wichtig die Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die geplante Überarbeitung der europäischen Jugendstrategie für die Zeit nach 2018 ist;

Wirtschafts- und Währungsunion

29.

betont, dass Effizienz, Verantwortung und Legitimität der wirtschaftspolitischen Steuerung und Koordinierung in der EU gestärkt werden müssen; ruft die Kommission auf, gemeinsam mit dem EP und dem Rat auf der Grundlage eines Vorschlags des AdR einen Verhaltenskodex für die Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in das Europäische Semester zu erarbeiten;

30.

ersucht die Kommission nachdrücklich, den AdR strukturiert in die Folgemaßnahmen zu den Teilen des Weißbuchs über die Zukunft der EU einzubeziehen, die sich auf die weitere Integration der Wirtschafts- und Währungsunion beziehen;

31.

bekräftigt seine Forderung nach Stärkung der sozialen Dimension der EU und der Wirtschafts- und Währungsunion; erwartet, dass ein Legislativvorschlag für eine europäische Säule der sozialen Rechte es ermöglicht, dass Arbeitnehmerrechte und berufliche Mobilität in einem sich wandelnden Arbeitsmarkt unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips thematisiert werden. Dieser Vorschlag sollte sich nicht auf einen nicht zwingenden Akt (soft law) zur Ergänzung des geltenden Besitzstands beschränken, sondern Maßnahmen mit gleicher Stärke wie in Bezug auf die Wirtschafts- und Währungsunion beinhalten, was dazu beitragen wird, dass die Bürger eine stärker sozial geprägte EU wahrnehmen, die ihre Probleme lösen kann;

Binnenmarktstrategie, KMU, Wettbewerb, Industrie und digitaler Binnenmarkt

32.

spricht sich für eine weitere Vereinfachung der Vorschriften über staatliche Beihilfen — insbesondere in Bezug auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) — mittels einer umfassenden Überarbeitung des einschlägigen Beschlusses und des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen („Almunia-Paket“) aus; fordert die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, insbesondere in Bezug auf den Zugang von KMU zu Finanzierungen und die Unterstützung sowohl von Kleinst- als auch von Start-up-Unternehmen;

33.

fordert eine gründliche Bewertung der Umsetzung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen, einschließlich der Rechtsmittelrichtlinie, was zu Vereinfachungen und Anpassungen an die Bedürfnisse kleinerer lokaler und regionaler Körperschaften — unter Wahrung der Rechtssicherheit — führen könnte;

34.

bekräftigt seine Forderung nach einer Überarbeitung und Stärkung des Small Business Act (SBA) für Europa; bestätigt seine Zusage, die Umsetzung des SBA im Rahmen seines Projekts Europäische Unternehmerregion und der Start-up- und Scale-up-Initiative zu unterstützen; fordert in diesem Zusammenhang den Abbau von Verwaltungslasten und die Einführung intelligenter Regulierung;

35.

verpflichtet sich, mit der Kommission im Rahmen der neu eingerichteten Breitband-Plattform zusammenzuarbeiten, um die Einführung schnellerer und besserer Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetze in allen europäischen Regionen und insbesondere in den ländlichen und dünn besiedelten Gebieten zu überwachen, frühzeitig zusätzliche Maßnahmen zur Beseitigung der digitalen Kluft zu ermitteln und die zusätzlichen Kosten beim Zugang zu Breitbandnetzen in Regionen in äußerster Randlage auszugleichen;

36.

fordert die Kommission auf, den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie in der partizipativen/kollaborativen Wirtschaft zu klären; würde Vorschläge der Kommission zur Wahrung der Rechte von Arbeitskräften bei den für die partizipative/kollaborative Wirtschaft typischen neuen Beschäftigungsverhältnissen begrüßen; erwartet von der Kommission Unterstützung für die Einrichtung eines Forums der Städte für die kollaborative Wirtschaft, an dem der Ausschuss maßgeblich beteiligt ist;

EU-Handelspolitik

37.

fordert die Kommission nachdrücklich auf sicherzustellen, dass die lokale und regionale Dimension bei der Gestaltung der EU-Handelspolitik und konkret bei den Verhandlungen über neue Handelsabkommen Berücksichtigung findet, und fordert auch künftig Zugang zu den einschlägigen Verhandlungsdokumenten im Rahmen des Lesesaal-Verfahrens, wie es für die TTIP-Verhandlungen festgelegt wurde;

Energieunion, Klimaschutzpolitik und Umwelt

38.

fordert die Kommission auf, seine Forderung nach schrittweiser Institutionalisierung der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der globalen Klima-Governance durch förmliche Vereinbarungen mit dem Sekretariat der Klimarahmenkonvention zu unterstützen;

39.

ruft die Kommission auf, die möglichen territorialen Auswirkungen und Folgen der Umsetzung der EU-Handelspolitik in den Regionen und lokalen Gebietskörperschaften sowohl in Bezug auf die Beschäftigung als auch die Umwelt zu berücksichtigen, und fordert in diesem Zusammenhang, umfassender an der Erarbeitung der künftigen handelspolitischen Maßnahmen beteiligt zu werden;

40.

ersucht die Kommission, die Kohärenz zwischen den jüngsten und künftigen klima- und energiepolitischen Vorschlägen, dem Übereinkommen von Paris und der Förderung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energieträgern sicherzustellen. In diesem Zusammenhang sollten die auf lokaler und regionaler Ebene eingeleiteten oder auf diese Ebene abzielenden Initiativen bzw. Kampagnen, die erheblich dazu beitragen, die Zielsetzungen bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen zu erreichen, stärker zur Geltung gebracht werden;

41.

bekräftigt, dass die Anpassung an den Klimawandel in allen politischen Strategien und Finanzierungsinstrumenten durchgehend berücksichtigt werden sollte, und fordert die Kommission auf, den Regionen und Städten im Zuge der Überarbeitung der EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel geeignete Optionen für die Mitsprache und Teilhabe anzubieten; bekräftigt seinen Willen zur Zusammenarbeit mit der Kommission, um den Ansatz lokal und regional festgelegter Beiträge zur Förderung von Klimaschutzmaßnahmen auf lokaler und regionaler Ebene weiterzuentwickeln;

42.

fordert die Kommission im Hinblick auf den Vorschlag für eine Verordnung über das Governance-System der Energieunion auf, den Mitgliedstaaten bezüglich der Ausarbeitung ihrer nationalen Energie- und Klimapläne die Einrichtung eines festen Dialogs zwischen den Behörden auf nationaler, lokaler und regionaler Ebene nahezulegen;

43.

sieht einer engen Zusammenarbeit bei der EIR-Initiative zur Überprüfung der Umsetzung des EU-Umweltrechts — u. a. im Rahmen der gemeinsamen technischen Plattform für die Zusammenarbeit im Umweltbereich — erwartungsvoll entgegen und fordert eine stärkere Einbindung der Gebietskörperschaften in die bevorstehenden Dialoge zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten; möchte u. a. durch eine Prospektivstellungnahme zu den Eignungsprüfungen und Evaluierungen der wichtigsten Umweltrichtlinien beitragen, die die Kommission im Jahr 2018 einleiten will;

44.

verpflichtet sich, einen aktiven Beitrag zu dem Aktionsplan für eine bessere Umsetzung der Naturschutzrichtlinien zu leisten; fordert die Kommission auf, den Aktionsplan und die lang erwarteten Maßnahmen der Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020 rechtzeitig umzusetzen und im Jahr 2018 einen Vorschlag für einen rechtlichen und finanziellen Rahmen für den Vorschlag für ein transeuropäisches Netz für grüne Infrastruktur (TEN-G) vorzulegen;

45.

fordert, dass im Rahmen der Umsetzung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft Abfallvermeidungs- und Recyclingziele für Gewerbe- und Industrieabfälle und nicht nur für Siedlungsabfälle festgelegt werden;

46.

fordert die Europäische Kommission auf, bei der Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie und der Richtlinie über kommunales Abwasser sowie im Legislativvorschlag über die Wiederverwendung von Wasser einen flexiblen und differenzierten Ansatz auf der Grundlage des Vorsorge- und Verursacherprinzips zu verfolgen;

47.

weist die Kommission warnend darauf hin, durch die Globalisierung des Bürgermeisterkonvents nicht aus den Augen zu verlieren, dass die Einbindung der lokalen und regionalen Ebene unverzichtbar ist und die Ziele und die Methodik des Konvents sowohl innerhalb und außerhalb der EU weiter entwickelt werden müssen; fordert daher die Kommission nachdrücklich auf, durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen, dass die verschiedenen nachgeordneten Gremien unterschiedlicher Größe in den Strukturen des Konvents vertreten sind und dass die Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance gewahrt bleiben; möchte eine aktive Rolle im Gründerrat des globalen Bürgermeisterkonvent für Klima und Energie (GCOM) spielen;

48.

hebt hervor, dass eine enge Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Gruppe der Botschafter des Bürgermeisterkonvents im AdR und dem politischen Beirat des Europäischen Konvents der Bürgermeister notwendig sind;

Justiz, Sicherheit, Grundrechte und Migration

49.

begrüßt den Bericht des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2016 mit Empfehlungen an die Kommission zur Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, der auf den bestehenden Instrumenten aufbaut, und fordert, dass dieser Mechanismus für alle Verwaltungs- und Regierungsebenen gilt;

50.

unterstützt mit Nachdruck die Bemühungen auf EU-Ebene um eine umfassende und wirksame Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und betont die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes für die Asylpolitik und die Integration der Asylbewerber, der nachhaltige Maßnahmen vorsieht, die EU-Institutionen, die Mitgliedstaaten und ihre lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einbindet und auf den Grundsätzen der Solidarität und Gegenseitigkeit beruht;

51.

fordert die Kommission auf, Legislativmaßnahmen vorzuschlagen, um zusätzliche legale Kanäle für die Einreise in die EU zu schaffen — unabhängig davon, ob es um internationalen Schutz, humanitäres Bleiberecht, Arbeitssuche, Ausbildung, Forschung oder Investitionsmöglichkeiten geht. Laut der EU-Migrationsagenda aus dem Jahr 2015 bildet die legale Einwanderung eine der vier Säulen der Migrationssteuerung, und derartige Maßnahmen würden nicht nur dazu beitragen, die langfristigen wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Herausforderungen und den Arbeitskräftemangel in der EU zu bewältigen, sondern sind auch im Hinblick auf die Bekämpfung des Menschenhandels wichtig;

52.

ersucht die Kommission, die Finanzierungsverfahren weiter zu vereinfachen und zu beschleunigen und den Regionen und Städten einen direkten Zugang zu den finanziellen Ressourcen für die Bewältigung humanitärer Krisen und die Integration von Drittstaatsangehörigen zu gewähren;

53.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Austausch der vom AdR im Bereich Deradikalisierung von Rückkehrern und Prävention neuer Radikalisierung herausgestellten bewährten Vorgehensweisen zu fördern;

54.

weist darauf hin, dass die Programme im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds vor allem durch lokale oder regionale Gebietskörperschaften durchgeführt werden sollten und dass zu diesem Zweck eine bessere Zusammenarbeit mit den nationalen Verwaltungsbehörden vorzusehen ist;

55.

fordert die Kommission auf, die Mittel aus dem Treuhandfonds der EU für Afrika weiter aufzustocken und die operative Zusammenarbeit mit den Partnern in Nordafrika bei der Steuerung der Migrationsströme auszubauen;

Stabilität und Zusammenarbeit außerhalb der Europäischen Union

56.

betont, dass der AdR über seine Gemischten Beratenden Ausschüsse (GBA) und Arbeitsgruppen (AG) mit Kandidatenländern und potenziellen Kandidatenländern zum erweiterungspolitischen Ziel der Kommission, Stabilität und Wohlstand zu fördern, einen konkreten Beitrag leistet; ersucht die Kommission, auch weiterhin gemeinsam mit dem AdR den jährlichen Tag der Erweiterung zu veranstalten;

57.

fordert von der Europäischen Kommission weitere Fortschritte in der Frage unbegleiteter minderjähriger Migranten, für deren Betreuung normalerweise die Regionen zuständig sind, und eine solidarische Verteilung der Lasten und Zuständigkeiten zwischen europäischer, nationaler und regionaler Ebene, die gegenüber den Mitgliedstaaten gefördert werden sollte; sieht daher der neuen Gesamtstrategie der Kommission, die diese als Ergänzung zum „Aktionsplan für unbegleitete Minderjährige (2010-2014)“ erarbeitet, erwartungsvoll entgegen, und hofft, dass damit die Lage der vermissten bzw. unbegleiteten Kinder Berücksichtigung findet;

58.

bekräftigt die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung von Korruption und der Verankerung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Gesellschaft, und fordert mehr Unterstützung für die Dezentralisierung der örtlichen Verwaltung, den Kapazitätsaufbau und Reformen der Kommunalverwaltung in den Nachbarländern;

59.

fordert die Kommission auf, die von der Basis ausgehenden Zusammenarbeit durch ausreichende administrative und finanzielle Ressourcen stärker zu fördern, und bekräftigt die Notwendigkeit, als Ersatz für die frühere Fazilität für Kommunal- und Regionalverwaltungen neue Instrumente für den Kapazitätenaufbau in den Beitritts- und in den ENP-Ländern zu entwickeln;

60.

fordert die Kommission nachdrücklich dazu auf, die Zusammenarbeit mit der Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM), der Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Östlichen Partnerschaft (CORLEAP) und der Arbeitsgruppe Ukraine des AdR insbesondere bei der Umsetzung von Regionalprogrammen und neuen Initiativen zu intensivieren;

61.

begrüßt die Unterstützung der Kommission für die Nikosia-Initiative, die auf den Kapazitätenaufbau und die Stärkung der sozioökonomischen Lage der libyschen Städte und Gemeinden durch die bilaterale Zusammenarbeit mit europäischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften abzielt;

62.

fordert die Kommission auf, die wachsende Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als Akteure und Partner in der Entwicklungszusammenarbeit weiter auszubauen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vorschlag für eine neue Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik und der Zukunft des Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und den Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP);

63.

begrüßt die vorgeschlagene Investitionsoffensive für Afrika und die Nachbarstaaten der EU zur Mobilisierung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen in den Partnerländern und fordert die Kommission auf, den AdR als Sprachrohr der europäischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Gestaltung dieser Initiative zu beteiligen;

64.

bekräftigt seine Forderung nach einer eigenen EU-Strategie zu internationalen kulturellen Beziehungen; betont in diesem Zusammenhang, dass dem weiteren Ausbau der Kulturdiplomatie Priorität eingeräumt werden sollte, sodass sie fester Bestandteil der EU-Außenpolitik wird;

Bürgerschaft, Governance und bessere Rechtsetzung

65.

möchte in vollem Umfang an den künftigen Debatten über die Möglichkeiten einer Verbesserung der demokratischen Regierungsführung und der Wirksamkeit der Maßnahmen der Europäischen Union beteiligt werden, die mit dem Weißbuch über die Zukunft Europas eingeleitet werden sollen; bekräftigt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und konkret der AdR als ihr Vertreter in alle formellen Schritte zur Reform der EU-Verträge eingebunden werden muss;

66.

weist erneut darauf hin, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen in allen Politikbereichen der Europäischen Kommission weiter gefördert werden muss;

67.

begrüßt die Bemühungen der Kommission, eine EU-weite Informations- und Sensibilisierungskampagne über die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte zu organisieren und Initiativen vorzuschlagen, die den Bürgerinnen und Bürgern dabei helfen, ihr aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2019 auszuüben;

68.

bekräftigt seine Forderung nach einer Überarbeitung des geltenden Rechtsrahmens für die Europäische Bürgerinitiative (EBI), um dieses Instrument zugänglicher und benutzerfreundlicher zu machen. Das gilt insbesondere für die Verbesserung der Bestimmungen über die Folgemaßnahmen zu erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiativen, um so das volle Potenzial dieses Instruments der Bürgermobilisierung zu nutzen;

69.

weist darauf hin, dass die Agenda für bessere Rechtsetzung im Geiste der Multi-Level-Governance umgesetzt werden muss, und betont die besondere Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in einigen von der EU-Rechtsetzung betroffenen Bereichen und ihre Rolle als diejenigen, die diese Vorschriften umsetzen und EU-Mittel verwalten; unterstreicht, dass sie dank ihrer spezifischen Verantwortlichkeiten gut beurteilen können, welche Bereiche der rechtlichen Rahmenbedingungen problematisch sind und ggf. geändert werden sollten;

70.

fordert die Kommission auf, die territoriale Folgenabschätzung als Standardmethode bei der Beurteilung der Wirkung von Rechtsakten, die möglicherweise asymmetrische Folgen auf die Städte und Regionen haben können, und in der umfassenderen Agenda für bessere Rechtsetzung einzuführen;

71.

erwartet eine noch engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament bei der Subsidiaritätskontrolle;

72.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, dem maltesischen EU-Ratsvorsitz und dem Präsidenten des Europäischen Rates zu übermitteln.

Brüssel, den 22. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/8


Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen — Die Rechtsstaatlichkeit in der EU aus lokaler und regionaler Perspektive

(2017/C 272/02)

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 11. März 2014 mit dem Titel „Ein neuer EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips“ (COM(2014) 158 final) sowie die Schlussfolgerungen des Rates der EU und der im Rat vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten vom 16. Dezember 2014 über die Gewährleistung der Achtung der Rechtsstaatlichkeit;

unter Hinweis auf seine am 12. Februar 2015 verabschiedete Stellungnahme zum Thema „Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und der Schutz der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte auf mehreren Ebenen in der EU“;

unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2016 mit Empfehlungen an die Kommission zur Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte;

gestützt auf Artikel 4 Absatz 3 und Artikel 5 EUV über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität;

1.

ist besorgt darüber, dass die Rechtsstaatlichkeit, die ein Grundpfeiler der Demokratie ist, in den letzten Jahren in der Europäischen Union und weltweit durch eine Reihe von Entwicklungen infrage gestellt wird;

2.

weist darauf hin, dass die Europäische Union auf gemeinsamen Grundwerten basiert, zu denen unter anderem die Achtung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gehört, wie sie in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verankert sind;

3.

erwartet, dass die Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung zur Achtung dieser Werte nachkommen, da sie die Grundlage für das gegenseitige Vertrauen untereinander, zwischen den Mitgliedstaaten und den Organen und Einrichtungen der EU und insbesondere zwischen den Bürgern und den verschiedenen Regierungs- und Verwaltungsebenen bilden;

4.

weist zudem darauf hin, dass die Europäische Kommission, der Europäische Rat, der Gerichtshof der Europäischen Union und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sowie der Europarat bei verschiedenen Gelegenheiten bestätigt haben, dass das Rechtsstaatlichkeitsprinzip die Einhaltung mindestens folgender Grundsätze verlangt: Rechtmäßigkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht, Gewaltenteilung, ein demokratisches und pluralistisches Verfahren der Rechtsetzung, Rechtssicherheit, Verbot von Willkürakten der exekutiven Organe; unabhängige und unparteiische Gerichte; wirksame gerichtliche Kontrolle, Achtung der Grundrechte; Gleichheit vor dem Gesetz, Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit;

5.

stellt jedoch fest, dass sich die vorhandenen Instrumente als unzureichend erwiesen haben, um die uneingeschränkte Anwendung und Durchsetzung dieser Grundsätze zu gewährleisten;

6.

betont daher, dass die Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger die Rechtsstaatlichkeit auf lokaler und regionaler Ebene erleben, ebenso wichtig ist wie ihre diesbezüglichen Erfahrungen auf nationaler und europäischer Ebene;

7.

weist darauf hin, dass es in der EU fast einhunderttausend Gebietskörperschaften gibt, die einen Großteil der Verantwortung für die Umsetzung der Grundrechte und Freiheiten im Umgang mit der Bevölkerung in ihrer ganzen Vielfalt tragen;

8.

ist der Ansicht, dass es mehr denn je darauf ankommt, die EU mit einem wirksamen Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit auszustatten. Vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Sicherheitsumfelds in Europa und dem Austritt eines Mitgliedstaats muss die EU stärker zusammenrücken und dabei zugrunde legen, dass europäische Solidarität keine Einbahnstraße ist. Alle EU-Mitgliedstaaten und alle Verwaltungs- und Regierungsebenen müssen ihren jeweiligen Verpflichtungen gerecht werden und Europa als wertebasiertes Projekt gegen die wachsende europaweite Bewegung, die die europäischen Grundwerte infrage stellt, verteidigen;

9.

unterstreicht, dass für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte die Beteiligung aktiver, unabhängiger und pluralistischer zivilgesellschaftlicher und nichtstaatlicher Organisationen an den demokratischen Prozessen und an der Überwachung der ordnungsgemäßen Funktionsweise der Mechanismen zur Kontrolle staatlicher Institutionen und der Staatsgewalt von wesentlicher Bedeutung ist;

10.

betont, dass die Empfehlungen zur Rechtsstaatlichkeit auf der Grundlage des Rahmens von 2014 zwar immer noch gelten, der Rahmen aber bislang zu keinen greifbaren Ergebnissen geführt hat. Besonders zu bedauern ist die Tatsache, dass der Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips zwar Leitlinien für den „konstruktiven Dialog“ zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat vorsieht, nicht aber die möglichst frühzeitige Einbeziehung der verschiedenen Regierungs- und Verwaltungsebenen, einschließlich der lokalen und regionalen Ebene sowie der Zivilgesellschaft. Dies ist umso bedauerlicher, als die Organe und Einrichtungen der EU und die Mitgliedstaaten in einem laufenden Verfahren gegen die Regierung eines bestimmten Mitgliedstaats stets deutlich machen sollten, dass sie das betreffende Land nicht isolieren wollen und weiterhin zum Dialog mit der Gesellschaft dieses Landes bereit sind;

11.

unterstützt daher die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2016 mit Empfehlungen an die Kommission zur Einrichtung eines einheitlichen EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte, wobei die bestehenden Instrumente darin aufgehen sollten, und dringt darauf, dass dieser Mechanismus auf alle Regierungs- und Verwaltungsebenen anwendbar ist;

12.

betont, dass ein solcher Mechanismus auf Objektivität, Beweisen und Tatsachen, angemessener Bewertung und dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten beruhen und mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen muss;

13.

erwartet, dass einerseits die Gebietskörperschaften im Rahmen des Mechanismus umfassend in den Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten einbezogen werden und ihnen überdies die Möglichkeit eingeräumt wird, sich unmittelbar an die Europäische Kommission zu wenden, wenn sie das Rechtsstaatsprinzip gefährdet sehen;

14.

weist darauf hin, dass gemäß Artikel 2 EUV die aus den Kriterien von Kopenhagen erwachsenden Verpflichtungen der Bewerberländer auch für die Mitgliedstaaten nach dem Beitritt zur EU gelten und dass angesichts dessen alle Regierungs- und Verwaltungsebenen in allen Mitgliedstaaten im Rahmen des Mechanismus bewertet werden sollten, um sicherzustellen, dass sie die Grundwerte der EU, wie die Achtung der Grundrechte, demokratische Institutionen und Rechtsstaatlichkeit, weiterhin einhalten;

15.

weist darauf hin, dass organisierte Kriminalität und Korruption die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit untergraben und zu erheblichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verwerfungen führen. Der neue Mechanismus muss eine bessere Anwendung und Durchsetzung internationaler und europäischer Standards, das Schließen von Lücken und die Beseitigung von Hindernissen bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Korruption auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen ermöglichen. Ein starkes Engagement der lokalen, regionalen und nationalen Behörden ist entscheidend, um konkrete Schritte zur Korruptionsbekämpfung zu fördern und Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung nachhaltig und unumkehrbar zu machen. Die Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung müssen gleichermaßen für alle gelten und auf allen Ebenen durchgesetzt werden, um das Vertrauen der Bürger, der Zivilgesellschaft und öffentlicher Stellen in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der EU zu gewährleisten;

16.

bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Empfehlungen zur Rechtsstaatlichkeit Anlass sein könnten, die Einführung einer politischen Konditionalität zu fordern. Der Ausschuss der Regionen spricht sich nachdrücklich dagegen aus, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für eine von nationalen Regierungen verfolgte Politik herhalten sollen, was zu einer Aussetzung der EU-Finanzierung für Städte und Regionen führen könnte; er unterstützt jedoch die Bestimmungen in den Partnerschaftsvereinbarungen zur Aussetzung der Finanzierung im Fall einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips durch lokale oder regionale Gebietskörperschaften;

17.

stellt fest, dass die Beschränkung der Pressefreiheit und des Pluralismus sowie die Manipulation von Informationen, die durch die Entwicklung moderner Technologien und sozialer Medien leichter geworden ist, sich auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen negativ auf die Demokratie auswirken. Der derzeit laufenden Überprüfung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) kommt daher große Bedeutung zu. Wie der AdR bereits betonte, sollte dabei sichergestellt werden:

dass die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsstellen von öffentlichen Stellen, Akteuren des audiovisuellen Sektors und politischen Parteien als Grundstein des europäischen Rechts für audiovisuelle Medien unbedingt von jedem Mitgliedstaat zu gewährleisten und auf europäischer, mitgliedstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene ein wichtiger Garant für vielseitige Information und Medienpluralismus ist;

dass Transparenz bezüglich der Eigentumsverhältnisse im Bereich der Medien geschaffen wird;

dass in der AVMD-Richtlinie und in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr die Rolle der Plattformbetreiber definiert wird;

dass allgemeine Leitlinien und Empfehlungen für Betreiber sozialer Netzwerke und anderer öffentlicher Plattformen festgelegt werden, um die Verbreitung unzuverlässiger und falscher Informationen aus unbestätigten Quellen oder gefälschter Nachrichten bzw. „alternativer Fakten“ einzuschränken, da diese eine Gefahr für die Demokratie und insbesondere den demokratischen Prozess im Vorfeld von Wahlen bilden;

18.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem maltesischen Ratsvorsitz der EU sowie dem Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates zu übermitteln.

Brüssel, den 24. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/11


Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zu den Folgen des beabsichtigten Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

(2017/C 272/03)

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR),

gestützt auf den Ausgang des Referendums im Vereinigten Königreich vom 23. Juni 2016;

1.

erinnert daran, dass die Europäische Union (EU) die größte politische Errungenschaft in der Geschichte zur Sicherung des Friedens, der Demokratie und des Wohlstands ihrer Bürger ist, dass sie ihren Mitgliedstaaten nach wie vor die besten Chancen zur Bewältigung aufkommender Herausforderungen bietet und dass die Stärkung ihrer Einheit und die Förderung ihrer Interessen unsere Priorität sein sollte;

2.

weist darauf hin, dass das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs mit den EU-Verträgen und der EU-Charta der Grundrechte voll vereinbar sein muss, und ruft die verbleibenden Mitgliedstaaten und die Organe und Einrichtungen der EU auf, den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union als eine Gelegenheit zu sehen, um eine gerechtere, bessere und integrativere EU auf der Grundlage einer Förderung des Regierens im Mehrebenensystem der europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Ebene („Multi-Level-Governance“) zu schaffen;

3.

stellt fest, dass die Europäische Union mit der britischen Regierung und ihren dezentralen Verwaltungen und lokalen Gebietskörperschaften zusammenarbeiten muss, um unter Berücksichtigung der erzielten Erfolge Formen der Zusammenarbeit zu finden, die für beide Seiten vorteilhaft sind;

4.

betont, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften einen positiven Beitrag zu einer künftigen produktiven und nachhaltigen Zusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU leisten können;

5.

möchte als Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU eine begleitende Rolle im Verhandlungsprozess spielen und beabsichtigt, die voraussichtlichen Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs in allen Bereichen seiner politischen Arbeit zu behandeln. Der Ausschuss wird diesbezüglich den Dialog mit den am stärksten betroffenen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften intensivieren, um dem Verhandlungsführer der EU ein vollständiges Bild von der Entwicklung auf lokaler und regionaler Ebene zu geben;

6.

dringt darauf, möglichst rasch eine Einigung über die Grundsätze eines geordneten Austritts zu erzielen, um den Bürgern, den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und den Unternehmen die Sicherheit zu geben, die sie brauchen und die in dieser Hinsicht eine Voraussetzung für die künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich wäre; weist jedoch darauf hin, dass Artikel 50 EUV einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, die Mitteilung seiner Austrittsabsicht zurückzuziehen, vorausgesetzt, er handelt in ehrlicher Absicht und benutzt dies nicht als verfahrenstechnischen Kunstgriff, um die Zweijahresfrist neu anlaufen zu lassen, oder als ein Druckmittel in den Verhandlungen zur Erlangung von Zugeständnissen;

7.

weist darauf hin, dass die offizielle Erklärung zur Auslösung des Verfahrens nach Artikel 50 und der darauf folgenden Zweijahresfrist am 29. März 2017 erfolgen soll; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass die Ergebnisse der komplizierten Verhandlungen über das Ausscheiden aus der EU und über die Vereinbarungen zur Regelung der künftigen Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur Union geeigneten Formen der demokratischen Billigung unterliegen sollten, bevor sie in Kraft treten;

8.

vertritt die Auffassung, dass die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich auf einem austarierten Verhältnis von Rechten und Pflichten, gleichen Wettbewerbsbedingungen sowie wirksamen Durchsetzungsmechanismen beruhen müssen und keineswegs das Tor für einen Abbau des Binnenmarkts und der vier Grundfreiheiten öffnen dürfen;

9.

betont, dass es keine Vereinbarung zwischen einem Drittstaat und der EU geben kann, die besser ist als die Mitgliedschaft in der EU;

10.

fordert die Verhandlungsparteien des Austrittsabkommens auf, konkrete Maßnahmen in den Vordergrund zu stellen, die die erworbenen Rechte der im Vereinigten Königreich lebenden EU-Bürger und die Rechte der in den anderen EU-Mitgliedstaaten lebenden und arbeitenden britischen Bürger auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und der Diskriminationsfreiheit sichern;

11.

weist darauf hin, dass eine akzeptable Lösung für das Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU gefunden werden muss, die verhindert, dass die Grenzmodalitäten soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Bande durchtrennen;

12.

betont, dass Programme für die territoriale Zusammenarbeit über das Jahr 2020 hinaus allen dezentralen Verwaltungen und lokalen Behörden des Vereinigten Königreichs weiterhin offenstehen sollten; weist darauf hin, dass der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) in dieser Hinsicht nutzbringend sein könnte;

13.

meint, dass die Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Bereich der Irischen See, des Ärmelkanals und der Nordsee besondere Aufmerksamkeit erhalten sollte;

14.

spricht sich für eine praktische Lösung für die besondere Lage an der Landgrenze zwischen Irland und Nordirland aus; betont, dass die EU seit mehr als 25 Jahren maßgeblich zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beigetragen hat, gerade auch zwischen den lokalen Gebietskörperschaften Irlands und Nordirlands, insbesondere mit den Programmen INTERREG und PEACE; fordert die parlamentarische Versammlung für Nordirland und die lokalen Behörden auf beiden Seiten der Grenze auf, ihren Einsatz für Frieden und Wohlstand fortzuführen;

15.

ist zudem der Ansicht, dass dafür Sorge zu tragen ist, dass die Region Andalusien und insbesondere die Arbeitnehmer in dem Gebiet Campo de Gibraltar keinen Nachteil aus dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union erleiden dürfen, denn in diesem Gebiet besteht ein enges Geflecht gegenseitiger sozioökonomischer Beziehungen;

16.

erwartet, dass sämtliche rechtlichen Verpflichtungen, die das Vereinigte Königreich als Mitgliedstaat einging, Teil der einheitlichen finanziellen Abwicklung sein werden, die auf der Grundlage der offiziellen Rechnungsführung der EU berechnet und im Austrittsabkommen abgeschlossen werden muss; fordert zu diesem Zweck, die Haushaltsauswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs auf die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften der verbleibenden Mitgliedstaaten für jedes Politikfeld der EU zu ermitteln;

17.

stellt fest, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs mit Blick auf den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen Auswirkungen auf den Haushalt der EU haben wird, und regt daher an, dies als eine Gelegenheit zu einer tief greifenden Reform des EU-Haushalts unter Beachtung der Bedürfnisse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu nutzen;

18.

betont, dass die kohäsionspolitischen Auswirkungen des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus der EU davon abhängen werden, wann der Austritt in Kraft tritt und wie sich die künftigen Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich gestalten werden, vor allem im Hinblick auf mögliche Veränderungen in der Kategorisierung der Regionen; es ist zu vermeiden, dass die Verringerung des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP der EU bestimmten Regionen schadet, nur weil deren Pro-Kopf-BIP im Vergleich zum EU-Durchschnitt nun künstlich höher liegt;

19.

betont, dass die EU-27 die Ausarbeitung des Großen Aufhebungsgesetzes (Great Repeal Bill) wachsam verfolgen sollten, da die Entflechtung der EU-Rechtsvorschriften im Vereinigten Königreich sowohl eine Frage des Mehrebenenregierens als auch der Wahrung fairer Bestimmungen über Normen und Wettbewerb ist;

20.

hebt hervor, dass die europäische Meeres- und Fischereipolitik zu den EU-Politikbereichen gehört, die am stärksten vom Austritt des Vereinigten Königreichs betroffen sein werden, und dass eine besondere Aufmerksamkeit möglichen Vorkehrungen gelten sollte, um die Folgen für alle betroffenen Regionen und lokalen Gebietskörperschaften abzufedern; fordert, dass bei allen derartigen Maßnahmen von den historischen Fangrechten der Anrainerhäfen, -regionen und -länder ausgegangen und den lokalen Fischereien, die den Kern der Küstengemeinden bilden, Sicherheit geboten wird;

21.

ist besorgt, dass eine Kürzung der Mittel für die GAP nachteilig für die Landwirte, die ländlichen Gebiete der EU und möglicherweise auch den Schutz der biologischen Vielfalt sein würde; hebt hervor, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Lebensmittelproduktion und damit auch auf die lokale Bevölkerung, gerade auch auf der Insel Irland, haben könnte, und dringt darauf, dass diese Problematik in den Verhandlungen angemessen berücksichtigt wird;

22.

fordert die Verhandlungsparteien des Austrittsabkommens auf, zeitweilige Übergangsbestimmungen zu erwägen, um Störungen der laufenden, langfristig angelegten Forschungs- und Entwicklungsprojekte und damit auch der lokalen Wirtschaft zu vermeiden;

23.

ist der Ansicht, dass klargestellt werden sollte, ob die derzeitigen britischen Energieprojekte, die insbesondere von den oder für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zum Zweck der CO2-Verringerung und der nachhaltigen Energieversorgung auf den Weg gebracht wurden, auch weiterhin durch die Infrastrukturfazilität „Connecting Europe“ (CEF), den EFSI und die EIB gefördert werden können und welche Übergangsregelungen infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU notwendig wären;

24.

fordert die Parteien des Austrittsabkommens auf, die möglichen Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs auf die EU-Programme in den Bereichen Jugend und Bildung sowie FuE zu prüfen und geeignete Lösungen im Wege des sog. „Partnerländer-Ansatzes“ vorzulegen, durch den Drittstaaten auf der Grundlage bilateraler Abkommen mit der EU eingebunden werden können; ruft in diesem Zusammenhang die Vertragsparteien auf, die Teilnahme der Gebietskörperschaften und eigenständigen Landesteile des Vereinigten Königreichs an den künftigen EU-Programmen, einschließlich den Programmen für Forschung, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, Kultur, lebensbegleitendes Lernen, Jugend, E-Government, Reform der öffentlichen Verwaltung, in ähnlicher Weise zu erleichtern, wie es gegenwärtig zum Beispiel für Länder wie Norwegen und Island der Fall ist; weist darauf hin, dass der Studentenaustausch (ob über ERASMUS oder auf sonstige Weise) eine der großen Erfolgsgeschichten der europäischen Integration ist, von der Universitäten in der EU und im Vereinigten Königreich in einem erstaunlichen Ausmaß profitiert haben; demnach sollte in allen künftigen Abkommen die diesbezügliche, aktive Rolle der britischen Universitäten gewahrt werden, von der auch die lokale und regionale Wirtschaft stark profitiert;

25.

weist darauf hin, dass es im Interesse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU ist, eine dauerhafte und strukturierte Zusammenarbeit mit der subnationalen Ebene im Vereinigten Königreich nach dessen Austritt anzustreben; stellt in diesem Zusammenhang heraus, dass der AdR die geeignete Einrichtung dafür ist, institutionelle Mechanismen zur Förderung der regelmäßigen Konsultation und Interaktion mit der lokalen Ebene und dezentralen Parlamenten und Versammlungen des Vereinigten Königreichs zu konzipieren und umzusetzen; betont überdies, dass die Partnerschaften mit dem Kongress des Europarates und der einschlägigen Netze der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften weiterentwickelt werden müssen, in denen die lokalen Gebietskörperschaften des Vereinigten Königreichs auch weiterhin vertreten sein werden;

26.

erinnert daran, dass dem AdR zwar keine offizielle Rolle in den Verhandlungen zukommt, einige seiner Mitglieder jedoch je nach ihrem einzelstaatlichen Recht die Möglichkeit haben werden, formale Standpunkte einzunehmen, zumindest in Bezug auf Vereinbarungen über die künftige Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU u. a. in Handelsangelegenheiten;

27.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Verhandlungsführer der Europäischen Kommission, den Brexit-Koordinatoren des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rats, der Regierung des Vereinigten Königreichs, den Versammlungen und Regierungen der dezentralisierten Verwaltungen und nachgeordneten Gebietskörperschaften des Vereinigten Königreichs sowie dem maltesischen Ratsvorsitzes der EU zu übermitteln.

Brüssel, den 24. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

122. Plenartagung, 22./23. März 2017

17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/14


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Auf dem Weg zu einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik, die Arbeitsplätze und Wachstum in Europas Regionen und Städten schafft

(2017/C 272/04)

Berichterstatter:

Arno Kompatscher (IT/EVP) Landeshauptmann der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol und Mitglied des Regionalrats

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

Gemeinsame und langfristige Vision für alle relevanten Politikbereiche

1.

fordert eine umfassende, nachhaltige Lebensmittelpolitik der Europäischen Union. Sie soll demokratisch gestaltet sein, einer gemeinsamen, langfristigen Vision folgen, auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse fußen sowie im Einklang mit dem Grundsatz des Regierens in einem Mehrebenensystem (Multi-Level Governance) stehen, wobei Lebensmittelerzeugung und Ernährung ganzheitlicher betrachtet und nachhaltigere Produktions- und Verbrauchsmuster gefördert werden sollen; sie soll außerdem verschiedene Politikbereiche miteinander verknüpfen, wie etwa Lebensmittelproduktion, Landwirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Verbraucherpolitik, Beschäftigung und ländliche Entwicklung sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum in den Regionen und Städten Europas dienen; fordert das Europäische Parlament und die Kommission auf, zusammen mit dem AdR ein gemeinsames Pilotprojekt auf den Weg zu bringen, um die Entwicklung einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik zu erleichtern;

2.

betont, dass ein Gleichgewicht zwischen der Wahrung der notwendigen Flexibilität zur Vermeidung eines Pauschalansatzes in der Lebensmittelpolitik einerseits und ihrer Nationalisierung andererseits gefunden werden muss. Kohärentere Rechtsvorschriften werden zur Gewährleistung der Verbrauchersicherheit, zu einem effizient funktionierenden Binnenmarkt und zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips beitragen;

3.

unterstreicht die Bedeutung der vertikalen Integration in der Ernährungspolitik auf der Grundlage von Nachhaltigkeitskriterien zur Gewährleistung der Einheitlichkeit auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene. Die Lebensmittelerzeugung und damit zusammenhängende Fragen (umweltbezogener, sozialer und wirtschaftlicher Art) haben bekanntermaßen eine spezifische lokale Dimension. Demnach kommt den Städten und Regionen eine ganz wesentliche Rolle bei der Bewältigung der Herausforderungen in der Lebensmittelversorgung zu, was bei der Gestaltung einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik berücksichtigt werden muss;

4.

unterstreicht, wie wichtig eine übergeordnete europäische Vision und Strategie für eine sichere, nachhaltige Nahrungsmittelversorgung mit Blick auf Qualität, Erschwinglichkeit und Quantität und basierend auf Nachhaltigkeitskriterien ist. Eine EU-Lebensmittelpolitik sollte auf einem umfassenden Ansatz beruhen, der dem globalen Charakter der Lebensmittelversorgungsketten gerecht wird und Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung, Umweltschutz und Gesundheit miteinbezieht. Die Kommission sollte darauf achten, dass alle relevanten EU-Rechtsvorschriften und finanziellen Anreize im Einklang mit dieser Vision und Strategie stehen;

5.

bekräftigt die Forderung nach einer Lebensmittelpolitik der EU, in der die nachhaltige Erzeugung in der europäischen Landwirtschaft gefördert und auf die Entwicklung sektorübergreifender Synergien für Ernährung und Umwelt hingearbeitet wird, was u. a. die Landwirtschafts- und Fischereipolitik, die Klima- und Energiepolitik sowie die Regional- und die Forschungspolitik betrifft (1);

6.

weist darauf hin, dass Ökosystemwerte in Beschlüssen, die die natürlichen Ressourcen betreffen, nicht gebührend berücksichtigt werden. Umweltkosten werden gegenwärtig bei der Lebensmittelproduktion externalisiert, was dazu führt, dass nachhaltig erzeugte Lebensmittel scheinbar teurer sind, weil die Produktionskosten höher sind; das Konzept der Ökosystemleistungen würde hier einen wertvollen Anhaltspunkt bieten, um einen politischen Rahmen zu schaffen, der den rücksichtsvollen Umgang mit der Artenvielfalt und anderen natürlichen Ressourcen fördert. Immer noch werden die Kosten aufgrund ernährungsbedingter Krankheiten sowie der Schädigung von Boden, Gewässern, Fauna und Klima als externe Kosten angesehen. Diese Kosten schlagen sich als solche nicht im Endpreis der Lebensmittel nieder, obwohl indirekt (und oft auch unbewusst) die gesamte Gesellschaft dafür aufkommen muss. Vor diesem Hintergrund sollte die Europäische Kommission Maßnahmen fördern, die dafür sorgen, dass der wahre Preis von Lebensmitteln zum Ausdruck kommt, um eine nachhaltige Wirtschaft zu fördern;

7.

wiederholt die Notwendigkeit einer engeren Verknüpfung der verschiedenen Bereiche, die mit Lebensmitteln zu tun haben, wie Energie, Forstwirtschaft, Meeresressourcen, Wasser, Abfälle, Landwirtschaft, Klimaschutz, Wissenschaft und Forschung sowie Flächennutzung, da sie allesamt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung eines nachhaltigen Wachstums spielen (2). Bei diesem Ansatz sollte die Kreislaufwirtschaft in der EU ebenso berücksichtigt werden wie andere internationale Rahmenwerke, mit denen die Innovationschancen maximiert werden können;

8.

weist auf die Bedeutung bestimmter Gebiete innerhalb der EU für den Erhalt und die Weiterentwicklung nachhaltiger Nahrungsmittelsysteme hin, darunter etwa Berggebiete mit ihrer langen Tradition der Nahrungsmittelproduktion unter schwierigen natürlichen Gegebenheiten;

9.

unterstreicht, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU weiter reformiert werden muss, um nicht nur Landwirten, sondern auch der Lebensmittelindustrie Anreize für eine nachhaltige Erzeugung zu bieten, etwa indem die Auflagenbindung (Cross-Compliance-Regelung) der EU durchgängig umgesetzt wird, bei der Erzeugern, die Umwelt- und Tierschutznormen einhalten, Einkommenshilfen gewährt werden;

10.

ist der Ansicht, dass bei der Gestaltung einer umfassenderen Lebensmittelpolitik basierend auf Nachhaltigkeitskriterien die derzeitige Politik im Bereich der erneuerbaren Energien einbezogen werden muss. Diesbezüglich sind Maßnahmen gefragt, durch die Biokraftstoffe auf eine Weise gefördert werden, dass sie nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrieren, und durch die gleichzeitig langfristig und auf für Unternehmen und Arbeitnehmer vorhersehbare Weise dafür gesorgt wird, dass weniger nicht nachhaltige Biokraftstoffe der ersten Generation aus ernährungstauglichen Grundstoffen wie Pflanzenölen hergestellt werden;

11.

empfiehlt mit Blick auf das Wachstum in der EU, Freihandelsabkommen mit Drittländern und anderen Regionen in der Welt zu schließen, die im Einklang mit der eigenen agroökologischen Produktion der EU stehen und somit in hohem Maße auf Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte ausgerichtet sind. Dadurch würde sichergestellt, dass die Durchsetzung strenger Anforderungen an die Lebensmittelversorgungskette in der EU nicht bloß zu einer Verlagerung der Nahrungsmittelproduktion führt;

12.

bekräftigt die Forderung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen nach einer durchgängigen Berücksichtigung der Katastrophenvorsorge und der Stärkung der Widerstandsfähigkeit im Agrarsektor — besonders in Regionen, die häufig von Katastrophen betroffen sind und in denen die Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielt;

Ein gesundes Ökosystem zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Produktivität und Resilienz

13.

betont, dass gesunde, lebendige Böden ausschlaggebend für die Ernährungssicherheit und die Erhaltung der Artenvielfalt sind. Insbesondere müssen Maßnahmen zur Diversifizierung der kultivierten Arten, eine extensive, integrierte und ökologische Landwirtschaft und höhere Tierschutzstandards als Wesenselemente einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik aufgefasst werden. Die Verwirklichung dieser Ziele würde sicher auch zur Wiederherstellung des Vertrauens der Bürger in das europäische Projekt beitragen;

14.

weist darauf hin, dass die Entwicklung landwirtschaftlicher Kleinbetriebe angeregt und — auch finanziell — unterstützt werden muss, insbesondere in benachteiligten und stadtnahen Gebieten. Landwirtschaftliche Kleinbetriebe können ein einfaches, leicht zugängliches Mittel sein, mit dessen Hilfe lokale Behörden vielfältige praktische Probleme lösen können, wie beispielsweise soziale Ungleichheit, Umweltschutzaufgaben und gesundheitliche Probleme. Außerdem kann die kleinbäuerliche Landwirtschaft Randgebiete von Groß- und Kleinstädten in nachhaltiger Produktion mit regional und saisonal erzeugten, frischen und gesunden Lebensmitteln versorgen, die auch für Familien mit niedrigem Einkommen erschwinglich sind. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft gilt als ein sozial verantwortungsbewusstes Modell, das die Umwelt respektiert, Verpackungen und Lebensmittelverschwendung reduziert, CO2-Emissionen begrenzt und nachhaltige Produktionsweisen begünstigt (3). In diesem Zusammenhang haben kleine landwirtschaftliche Systeme gerade auch dank der durch sie ermöglichten kurzen Versorgungsketten für Agrarprodukte eine positive Wirkung auf die örtliche Wirtschaft und Beschäftigung;

15.

bekräftigt, wie wichtig kurze Lieferketten für eine bessere Umweltverträglichkeit des Transports zwischen den Verbrauchsorten sind. Mit zunehmender Entfernung nimmt auch die Umweltverschmutzung durch die Transportmittel zu;

16.

bekräftigt seine Forderung nach einem sparsameren Umgang mit Wasser, Energie, fossilen Brennstoffen, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in landwirtschaftlichen Produktionssystemen (4);

17.

weist eindringlich darauf hin, dass der Mangel an jungen Menschen, die landwirtschaftliche Berufe ergreifen, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der ländlichen Gebiete gefährdet. Die Unterstützung von Junglandwirten ist eine notwendige Voraussetzung, um die Landwirtschaft in der gesamten EU und die Lebensfähigkeit des ländlichen Raums zu erhalten (5);

18.

sieht in den regionalen und lokalen Lieferketten tragende Elemente einer nachhaltigen Lebensmittelpolitik, mit der die besondere Qualität, die Traditionen und das wirtschaftliche und kulturelle Erbe honoriert werden. Vor allem die Handwerksbetriebe in diesen Ketten sind von wesentlicher Bedeutung für das Leben in den Gemeinden und Regionen und ein Werbe- und Erfolgsfaktor auf den Auslandsmärkten;

19.

bekräftigt den Aufruf zur Umsetzung eines „Proteinplans“ auf europäischer Ebene zur Förderung des Anbaus von Eiweißpflanzen und Hülsenfrüchten in Europa, um die Abhängigkeit von eingeführten Soja-Ausgangsstoffen zu verringern, was die Selbstversorgung europäischer Viehhalter mit Proteinen verbessern, den Einsatz stickstoffhaltiger Kunstdünger verringern und die Bodenfruchtbarkeit steigern würde (6);

20.

unterstreicht die Bedeutung von Bestäubern und fordert Maßnahmen zum Erhalt der bestäubenden Insekten, wie beispielsweise einen verringerten Einsatz schädlicher Pestizide und die Erhaltung der Vielfalt der Anbaupflanzen;

21.

fordert die Europäische Kommission auf, Tierschutzbelange sowie umweltfreundliche Landwirtschafts- und Erzeugungsmethoden stärker zu unterstützen, indem Maßnahmen gegen die unnötige Erzeugung von organischem Dünger und gegen Verkehrsemissionen entwickelt werden; zugleich ist es wichtig, tierschutzfreundliche Systeme durch positive öffentliche Beschaffung und andere einschlägige Maßnahmen zu fördern. Insgesamt sind bessere Tierhaltungspraktiken nötig, die mit weniger Antibiotika auskommen und dem Wohlergehen der Tiere Rechnung tragen;

22.

weist auf den ökologischen Landbau als ein Mittel hin, mehr Kohlenstoff im Boden zu binden, den Bewässerungsbedarf zu senken und die Kontaminierung von Böden, Luft und Wasser durch chemische Stoffe wie z. B. Pestizide zu verringern;

23.

befürwortet die Entwicklung alternativer Lebensmittelnetze mit Bauernmärkten, regional erzeugten Lebensmitteln, ökologischen/biologischen Erzeugnissen und Waren aus fairem Handel. Insbesondere gemeinschaftlich betriebene Bauernmärkte sind ein wichtiger Ort der gesellschaftlichen Begegnung, an dem lokale Erzeuger gesunde und hochwertige Lebensmittel zu fairen Preisen direkt an die Verbraucher abgeben und ihnen ökologisch nachhaltige Produktionsweisen garantieren. Darüber hinaus bewahren sie die Esskultur der örtlichen Bevölkerung und tragen zum Schutz der biologischen Vielfalt bei;

Zugang zu gesunder Ernährung, insbesondere für Familien mit niedrigem Einkommen

24.

betont die Notwendigkeit langfristig angelegter Gesundheitsprogramme gegen Fettleibigkeit und ernährungsbedingte Krankheiten, indem die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit regionaler, frischer und saisonaler Lebensmittel gefördert wird. Derartige Programme können sehr wirksam sein, wenn sie sich an öffentliche Einrichtungen (wie Schulen und Krankenhäuser) richten und in denjenigen städtischen Gebieten eingesetzt werden, in denen Fettleibigkeit ein Problem ist und es nur wenige ländliche Märkte und nur einen begrenzten Zugang zu frischen Lebensmitteln gibt. Solche Programme bieten die doppelte Chance, zum einen die Verbraucher zur Umstellung auf eine nahrhaftere und gesündere Ernährung zu veranlassen und sie zugleich zu regionalen, frischen und saisonalen Lebensmitteln hinzulenken;

25.

plädiert dafür, die Zunahme der Fettleibigkeit durch eine langfristig angelegte Aufklärungsarbeit in einem Mehrebenenansatz zu stoppen, durch die das Verbraucherverhalten auf eine stärker pflanzliche Kost mit einem hohen Anteil von Obst und Gemüse und einem insgesamt geringeren Verzehr von Fleisch, Fett und Zucker und auf den Kauf lokaler/regionaler, frischer und saisonaler Lebensmittel aus nachhaltiger Erzeugung gelenkt wird. Diese Maßnahme ist von großer Bedeutung, insbesondere in den Städten Europas, in denen es Ernährungsunsicherheit gibt. Ernährungsunsicherheit und Fettleibigkeit treten in den Städten oft gepaart auf (doppelte Bürde durch Fehlernährung), was sich z. B. in der steigenden Zahl derer äußert, die auf Lebensmittelbanken und soziale Restaurants angewiesen sind;

26.

begrüßt solche Initiativen und Umfelder, die unnötigen bürokratischen Aufwand vermindern, der das Einsammeln und die Weitergabe gesunder Lebensmittel an Bedürftige erschwert;

Einheitliche Definitionen, Methoden und praktische Maßnahmen

27.

fordert eine erschöpfende Terminologie für nachhaltige Lebensmittelsysteme, die Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Lebensmittelverarbeitung und Ernährung umfasst. Sie ist der Schlüssel auf dem Weg zu einer gemeinsamen und ganzheitlichen EU-Lebensmittelpolitik; es müssen geeignete Instrumente zur Verfügung gestellt werden, die die wirkungsvolle Umsetzung der politischen Maßnahmen erlauben;

28.

unterstreicht die Notwendigkeit einer standardisierten Methodik für die Erhebung und Übermittlung von Daten über die Umweltwirkung von Nahrungsmitteln, einschließlich Lebensmittelabfällen; dadurch soll die Vergleichbarkeit der Daten unter den Mitgliedstaaten hergestellt und es erleichtert werden, die mit Lebensmitteln oder Ernährungsweisen verbundenen Umwelt- und sozialen Kosten ökonomisch zu erfassen;

29.

betont die Bedeutung einer Förderung des Austauschs bewährter Praktiken, des Austauschs von Daten über die Umweltwirkung von Nahrungsmitteln und der Bereitstellung von Informationen in transparenterer und besser verständlicher Weise für die gesamte Lebensmittelerzeugungskette, auch für Verbraucher. Der Einsatz bewährter Verfahren und Leitlinien spielt eine maßgebliche Rolle dafür, dass entsprechende nachhaltige Maßnahmen angenommen werden, indem die lokalen Verwaltungen ausreichende Informationen über die Durchführung solcher Programme erhalten;

30.

fordert eine größere Transparenz der Lebensmitteletiketten, einschließlich vergleichbarer Angaben über die Umweltwirkung von Lebensmitteln. Es ist offensichtlich, dass die derzeit auf den Etiketten gegebenen Informationen über den Nährstoff- und Kaloriengehalt nicht ausreichen, um die komplexen Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit darzustellen; auf den heute verwendeten Etiketten fehlen Informationen über die Auswirkungen von Lebensmitteln auf die Umwelt völlig. Obwohl den meisten Verbrauchern klar ist, dass ihre Kaufentscheidung einen gewissen Einfluss auf die Umwelt hat, sind auf den Produktetiketten keinerlei Informationen zu finden, die den Kunden zu einer nachhaltigen Wahl führen könnten; ist der Auffassung, dass die Etikettierung eindeutig und aussagekräftig, jedoch nicht zu kompliziert oder aufwendig für die Lebensmittelhersteller sein sollte;

31.

fordert die Kommission auf, Maßnahmen für mehr Aufsicht und Kontrollen im Lebensmittelsektor zu ergreifen, um die Qualität in der Lebensmittelbranche zu unterstützen und unlauteren Wettbewerb zu unterbinden, was für eine bessere Glaubwürdigkeit der Produkte und mehr Verbrauchervertrauen sorgt;

Leitlinien für ein „grünes“ öffentliches Beschaffungswesen

32.

betont, dass das öffentliche Auftragswesen einen Anteil von ca. 14 % am BIP der EU hat und eine starke Hebelwirkung für eine Versorgung mit nachhaltigeren (regionalen und organischen) Lebensmitteln entfalten kann, wenn die Verpflegungsverträge des öffentlichen Sektors, etwa für Schul- und Krankenhauskantinen, entsprechend gestaltet würden. Diese Beispiele können Verbindungen zwischen Stadt und Land stärken, wie in der neuen Städteagenda (NUA) des Weltsiedlungsgipfels „Habitat III“ erwähnt;

33.

fordert die Europäische Kommission zur Klärung bestehender Einschränkungen in den Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf, damit die Nachhaltigkeitskriterien zur Anwendung kommen können. Im Wettbewerbsrecht der EU ist die Bevorzugung aufgrund der territorialen Herkunft (z. B. regionale Lebensmittel) in Verträgen für das öffentliche Beschaffungswesen untersagt;

Mehrebenenansatz in Verbindung mit einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik

34.

unterstützt die Einrichtung lokaler Ernährungsräte für Planungsverfahren auf örtlicher Ebene; zu ihren Tätigkeiten gehören u. a. Maßnahmen, um Erzeuger und Verbraucher zusammenzubringen, Lebensmittelwüsten und Zonen für die Ansiedlung neuer Märkte auf regionaler Ebene zu ermitteln und vor allem sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit eine Stimme in der politischen Entscheidungsfindung hat;

35.

weist darauf hin, dass eine strategische Planung auf regionaler und lokaler Ebene entscheidend für die Verringerung der Gesamtumweltwirkung des Nahrungsmittelsektors ist. Aus der Produktionsperspektive ist häufig zu beobachten, dass Erzeuger in städtischen und stadtnahen Gebieten schlechter an Dienstleistungen (technischer Art, Kredite, Betriebsmittel, Ressourcen) gelangen können als ihre Kollegen auf dem Land;

36.

betont die Notwendigkeit, lokale und regionale Behörden mit der Befugnis auszustatten, gezielte Umweltschutzmaßnahmen in Gang zu setzen und zu verwalten; weiterhin sollten sie die Möglichkeit der Einführung von Regionalverträgen haben, die gemeinsam mit den Landwirten oder deren Vertretern abgeschlossen werden (7);

37.

ist der Auffassung, dass ein basisnaher Ansatz im Sinne der Nachhaltigkeit von Lebensmittelsystemen in erster Linie über starke lokale Entwicklungspartnerschaften und lokale Gebietskörperschaften (Regionen und Städte) erreicht werden sollte (8), was auch im Einklang mit der neuen Städteagenda stünde (9);

38.

empfiehlt die Förderung weiterer Städteinitiativen, wie den „Mailänder Pakt für städtische Lebensmittelpolitik“, der im Rahmen der Weltausstellung 2015 in Mailand unter dem Motto „Den Planeten ernähren, Energie für das Leben“ beschlossen wurde, um faire, nachhaltige und resistente Lebensmittelsysteme zu fördern.

Brüssel, den 22. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  Legislativvorschläge für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Politik der ländlichen Entwicklung nach 2013, CdR 65/2012.

(2)  Entschließung zum Thema „Nachhaltige Ernährung“, CdR 3306/2015.

(3)  Entschließung zum Thema „Nachhaltige Ernährung“, CdR 3306/2015.

(4)  Initiativstellungnahme zur Zukunft der GAP nach 2013, CdR 127/2010.

(5)  Initiativstellungnahme zum Thema „Unterstützung europäischer Junglandwirte“, COR-2016-05034-00-00-AC-TRA.

(6)  Legislativvorschläge für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Politik der ländlichen Entwicklung nach 2013, CdR 65/2012.

(7)  Legislativvorschläge für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Politik der ländlichen Entwicklung nach 2013, CdR 65/2012.

(8)  Prospektivstellungnahme „Regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft“, CdR 341/2010 rev.

(9)  NUA (New Urban Agenda): Ergebnisdokument für Habitat III.


17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/19


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Integration, Zusammenarbeit und Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme

(2017/C 272/05)

Berichterstatterin:

Birgitta Sacrédeus (SE/EVP), Mitglied der Regionalversammlung, Provinziallandtag von Dalarna

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

Gesundheit in Europa

1.

konstatiert, dass ein guter Gesundheitszustand der gesamten Bevölkerung für Wohlstand und Wohlergehen in der Gesellschaft wichtig ist. Eine gute Gesundheit stellt per se einen Wert dar, und gleichzeitig trägt eine gesunde Bevölkerung zur wirtschaftlichen Entwicklung bei (und umgekehrt);

2.

stellt fest, dass die Unionsbürger länger und gesünder leben als früher. In der EU bestehen indes große Unterschiede in Bezug auf die Gesundheit sowohl innerhalb der Mitgliedstaaten als auch unter ihnen. Langfristig gesehen ist die mittlere Lebensdauer in der EU gestiegen, doch es bestehen immer noch große Abweichungen innerhalb der Länder, Regionen und Kommunen und unter ihnen. So beträgt der Unterschied zwischen den EU-Ländern mit der höchsten bzw. niedrigsten durchschnittlichen Lebenserwartung fast neun Jahre (83,3 bzw. 74,5 Jahre für 2014 (1)). Der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung ist u. a. auf eine Änderung der Lebensweise, bessere Bildung und besseren Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung zurückzuführen;

3.

bemerkt, dass das Gesundheits- und Pflegewesen sowie die Sozialfürsorge ein großer und wichtiger gesellschaftlicher Bereich ist, in dem viele Menschen beschäftigt sind und der dazu beiträgt, vielen Menschen ein besseres, gesünderes und längeres Leben zu ermöglichen. Die Gesundheitssysteme der 28 EU-Mitgliedstaaten unterscheiden sich jedoch voneinander, auch in Bezug auf die Ressourcenverfügbarkeit;

4.

nimmt zur Kenntnis, dass die Gesundheit und die Gesundheitsförderung unter den im Jahr 2015 angenommenen globalen Zielen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung einen wichtigen Platz einnehmen. Die meisten der 17 Ziele haben einen deutlichen Bezug zur Gesundheit, aber mit einem dieser Ziele (Ziel 3) soll ausdrücklich ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleistet und ihr Wohlergehen gefördert werden. Ferner wird die Gesundheitsförderung als ein Grundpfeiler der Verwirklichung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung angesehen. Diese Ziele befinden sich auch im Einklang mit den Zielvorgaben des von der Europäischen Region der WHO 2012 angenommenen sektorübergreifenden Programmrahmens für Gesundheit und Wohlergehen („Gesundheit 2020“);

Zuständigkeiten der EU im Bereich Gesundheit

5.

stellt fest, dass die EU mit ihren Bemühungen im Gesundheitsbereich gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Prävention von Krankheiten und die Abwendung von Gesundheitsgefahren anstrebt. Dies erfolgt u. a. durch die EU-Gesundheitsprogramme, die Struktur- und Investitionsfonds und das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation sowie durch den Schutz der Grundrechte. Nach Artikel 35 der Charta der Grundrechte der EU hat „jede Person das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und Durchführung aller Politiken und Maßnahmen der Union wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt“;

6.

weist darauf hin, dass die EU in dem Bereich, der sich auf die öffentliche Gesundheit erstreckt oder zum Beispiel die grenzübergreifende Gesundheitsversorgung betrifft, über eine gewisse Rechtsetzungsbefugnis verfügt, aber auch Empfehlungen für Bereiche ausspricht, in denen sie nur eine begrenzte Zuständigkeit besitzt. Im Rahmen des Europäischen Semesters gibt die Europäische Kommission länderspezifische Empfehlungen ab, die in bestimmten Fällen das Gesundheitswesen betreffen;

7.

betont jedoch, dass die Mitgliedstaaten im Wesentlichen selbst bestimmen, wie Gesundheits-, Pflege- und Sozialdienste organisiert, finanziert und gestaltet werden sollen. Viele Mitgliedstaaten haben sich dafür entschieden, die wesentliche Verantwortung für den Pflegesektor und das Gesundheitswesen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu übertragen. Auch in Staaten mit einem nationalen Gesundheitssystem ist häufig die lokale Ebene für die Sozialdienste und die Sozialfürsorge zuständig;

Der Gesundheitszustand in der EU

8.

begrüßt die von der Kommission im Juni 2016 vorgestellte Initiative „Der Gesundheitszustand in der EU“. Mit dieser Initiative soll internationales Fachwissen zusammengetragen werden, um das länderspezifische und das EU-weite Wissen über Gesundheitsfragen auszubauen und um die Mitgliedstaaten in ihrer Beschlussfassung (2) zu unterstützen;

9.

nimmt zur Kenntnis, dass die OECD und die Kommission im November 2016 den Bericht „Health at a Glance: Europe 2016“ vorgelegt haben. Der Bericht enthält — neben statistischen Angaben, die auf die großen Unterschiede in den Bereichen Gesundheit, Gesundheitsfaktoren, Ausgaben für Gesundheit samt Wirksamkeit, Qualität und Zugang zu medizinischer Versorgung hindeuten — Untersuchungen über die Auswirkungen von Gesundheitsdefiziten auf den Arbeitsmarkt und geht ein auf die Notwendigkeit, die medizinische Grundversorgung auszubauen;

10.

unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die Kommission die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an den weiteren Arbeiten beteiligt und deren Standpunkte bezüglich der künftigen Entwicklung der Gesundheitssysteme einholt, nicht zuletzt, weil nachahmenswerte Beispiele häufig auf der lokalen oder regionalen Ebene zu finden sind;

Mehrere große Herausforderungen

11.

stellt fest, dass die Gesundheitssysteme der EU-Länder vor mehreren großen Herausforderungen stehen, wovon einige in bestimmten Mitgliedstaaten stärker ausgeprägt sind als in anderen:

a)

Ungleichheit im Gesundheitszustand und beim Zugang zur Gesundheitsversorgung — Unterschiede, die häufig sozioökonomische oder geografische Ursachen haben;

b)

ein neues Krankheitspanorama, bei dem chronische Krankheiten einen sehr großen Teil der Kosten für die Gesundheitsversorgung ausmachen. Laut WHO werden 86 % aller Todesfälle in der Europäischen Region durch die fünf häufigsten nichtübertragbaren chronischen Krankheiten verursacht (Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, chronische Atemwegserkrankungen und psychische Erkrankungen), die häufig eine Folge ungesunder Lebensweise sind (Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, schlechte Ernährungsgewohnheiten und Bewegungsmangel). Diese Faktoren sind auch die Ursache für die zunehmenden Probleme mit Übergewicht und Adipositas, auch bei Kindern und Jugendlichen;

c)

eine alternde Bevölkerung mit vielen älteren Menschen, die an einer oder mehreren chronischen Krankheiten leiden (multimorbide Senioren);

d)

übertragbare Krankheiten und anhaltende Besorgnis angesichts weltweiter Pandemien. Die zunehmende Globalisierung bedeutet ein erhöhtes Risiko der Ausbreitung verschiedener Arten von Gesundheitsgefahren;

e)

auffallend viele Patienten erkranken infolge mangelnder Patientensicherheit, u. a. im Rahmen therapieassoziierter Infektionen;

f)

Antibiotikaresistenz ist ein wachsendes Problem für die Gesundheit der Bevölkerung und führt zu einem Anstieg der Morbiditäts- und Mortalitätsraten, verursacht aber auch hohe Kosten für die Gesundheitssysteme;

g)

der Fachkräftemangel im Gesundheits- und Pflegewesen — in vielen Teilen Europas gibt es Probleme dabei, qualifizierte Personen in ausreichender Zahl auszubilden, einzustellen bzw. im Beruf zu halten;

h)

zunehmende Erwartungen der Bürger und Forderungen nach patientenorientierter Pflege;

i)

die Gesundheitssysteme stehen unter dem Druck, die Kosten zu senken und kosteneffizienter zu werden, da die Ausgaben für das Gesundheitswesen hoch sind und weiter steigen dürften;

j)

neue Wohlfahrtstechnologien können zur Verbesserung der Gesundheit vieler Menschen beitragen — Innovationen senken die Kosten bei bestimmten Gesundheitsproblemen, gleichzeitig können aber neue Möglichkeiten der Behandlung bestimmter Erkrankungen und Gesundheitszustände zu einem Kostenanstieg führen;

k)

zunehmende Migration, insbesondere von in vielen Fällen traumatisierten Flüchtlingen, macht u. a. eine Aufstockung der Verfügbarkeit geeigneter psychiatrischer, psychotherapeutischer und psychosomatischer Behandlungsmöglichkeiten erforderlich;

l)

Umweltveränderungen und Klimawandel wirken sich negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden aus;

m)

psychische und körperliche Erkrankungen als Folge eines anspruchsvollen Berufslebens oder eines mangelnden Gleichgewichts zwischen Arbeit und Privatleben.

Maßnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen

12.

ist der Auffassung, dass gesundheitliche Chancengleichheit damit beginnt, dass alle Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Eine angemessene und tragfähige Finanzierung der Gesundheitsversorgung ist von entscheidender Bedeutung für die Sicherstellung einer flächendeckenden, zugänglichen und qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung. Informelle Zahlungen und andere korrupte Handlungen im Gesundheitswesen müssen bekämpft werden, da sie sich negativ auf die Zugänglichkeit und Wirksamkeit der Gesundheitsversorgung auswirken;

13.

stellt fest, dass chronische Krankheiten unter den Krankheitslasten hervorstechen und den größten Teil der Kosten im Gesundheitswesen und anderen Sozialschutzsystemen verursachen. Damit die Gesundheitssysteme langfristig tragfähig bleiben, müssen sie reformiert werden, damit sie besser für den Umgang mit chronischen Krankheiten gerüstet sind, gleichzeitig muss eine unhaltbare Kostenentwicklung gestoppt werden. Zahlreichen chronischen Erkrankungen lässt sich durch veränderte Lebensgewohnheiten vorbeugen, und mit den richtigen Maßnahmen kann die für chronische Erkrankungen typische Verschlechterung verzögert werden;

14.

möchte insbesondere auf die Probleme im Bereich der psychischen Erkrankungen hinweisen. Die psychische Gesundheit muss die gleiche Priorität haben wie die körperliche. Psychische Erkrankungen werden häufig erfolgreich in der ambulanten Behandlung therapiert. Die psychische Gesundheit basiert oft auf guten sozialen Beziehungen in der Familie, zu Nahestehenden und anderen Menschen, auf einem guten Lebens- und Arbeitsumfeld und einem Gefühl der Stimmigkeit und Sinnhaftigkeit des Lebens;

15.

ist der Ansicht, dass der Prävention und der Gesundheitsförderung mehr Gewicht verliehen und diese mehr auf Wissen und gesicherten Erkenntnissen beruhen müssen. Die Zusammenarbeit zwischen der Gesundheitsversorgung und der Pflege muss verbessert werden, um vor allem älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen ein besseres Leben zu ermöglichen. Die Integration der Gesundheits- und Pflegedienste mit Augenmerk auf individueller Bewertung und Betreuungskontinuität erweist sich in dieser Hinsicht als vorteilhaft. Da die Grundlagen der Lebensweise in jungen Jahren gelegt werden, müssen Familie und Schule bei der Prävention eine wichtige Rolle spielen;

16.

teilt die in „Health at a Glance: Europe 2016“ zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass die EU-Mitgliedstaaten ihre Primärversorgung ausbauen müssen, um den Bedürfnissen einer alternden Bevölkerung Rechnung zu tragen, bessere Pflegeketten zu schaffen und unnötiger stationärer Behandlung entgegenzuwirken. Es sollte in die Primärversorgung, die ambulante und die häusliche Pflege investiert werden, und die hoch spezialisierte Krankenhausbehandlung sollte aus Qualitätsgründen konzentriert werden. Zur Entlastung der Krankenhäuser muss die Primärversorgung auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten verfügbar sein. Es ist wichtig, einen multidisziplinären Ansatz zu entwickeln. Die in der Primärversorgung Beschäftigten sollten Fachleute für Prävention und gesundheitsfördernde Maßnahmen sowie für den Umgang mit chronischen Erkrankungen sein;

17.

weist darauf hin, dass die Sozialfürsorgesysteme der EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind. Es bestehen große Unterschiede darin, in welchem Ausmaß die Finanzierung durch die öffentliche Hand erfolgt und Sozialdienstleistungen im häuslichen Umfeld oder besonderen Einrichtungen erbracht werden. Um gesundheitliche Chancengleichheit herzustellen, müssen alle Personen bei Bedarf Zugang zu hochwertigen Sozialdienstleistungen haben. Nichtfachliche Pflegekräfte müssen unterstützt werden. Freiwilligenorganisationen können wichtige ergänzende Beiträge leisten;

18.

fordert die nationalen Behörden auf, die besondere Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Umstellung von krankenhauszentrierter Versorgung auf andere Versorgungsarten zu beachten und die Gelegenheit zu bieten, kreative und präventive Aktivitäten, Dienstleistungen der Frühintervention und Langzeitpflegemöglichkeiten zu entwickeln, anstatt lediglich auf reaktive Fürsorge zu setzen;

19.

teilt den in „Health at a Glance: Europe 2016“ dargelegten Standpunkt, dass zur Prävention chronischer Erkrankungen im Erwerbsalter größere Anstrengungen unternommen werden müssen. Chronische Erkrankungen führen zu einer Abnahme der Beschäftigung, niedrigerer Produktivität, früherer Verrentung, niedrigeren Einkommen und vorzeitigem Ableben. Ein unter physischen und psychischen Aspekten gutes Arbeitsumfeld ist von zentraler Bedeutung, um arbeitsbedingte Erkrankungen und Arbeitsschädigungen einzudämmen und Fehlzeiten und Arbeitslosigkeit infolge von Krankheit zu verringern. Aus diesem Grund bedarf es einer stärkeren Verzahnung von Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik, und die Sozialpartner müssen einbezogen werden. Gesundheitsmaßnahmen müssen eher als Investitionen denn als Kosten betrachtet werden;

20.

hebt hervor, dass Anstrengungen notwendig sind, damit Menschen mit Behinderungen einer ihren persönlichen Voraussetzungen entsprechenden Arbeit nachgehen können. Eine gut funktionierende Rehabilitation ist sehr wichtig, um Erkrankten oder Geschädigten eine rasche Rückkehr in das Erwerbsleben zu ermöglichen;

21.

vertritt den Standpunkt, dass verstärktes Augenmerk auf Fragen der Mitwirkung des Patienten und der patientenorientierten Pflege (3) gelegt werden muss. Patienten sind heute im Allgemeinen besser informiert, und viele Menschen möchten die Gesundheitsdienstleister auswählen und wünschen Informationen über Zugänglichkeit und Qualität. Die Menschen sollten daher vom Gesundheitssystem darin unterstützt werden, sich um ihre eigene Gesundheit zu kümmern, d. h. gesund zu leben, gut informiert die richtige Wahl für Behandlung und Gesundheitsdienstleister zu treffen, sich selbst zu versorgen und medizinische Komplikationen zu vermeiden;

22.

hält es gleichzeitig für sinnvoll, dass eine gemeinsam finanzierte Versorgung nur nach Bedarf und nicht aufgrund der Nachfrage des einzelnen Patienten erfolgen sollte, da andernfalls die Gefahr der Überinanspruchnahme von Versorgungsleistungen und Behandlungen besteht;

23.

macht darauf aufmerksam, dass auch mehr Gewicht auf die Qualität der Gesundheitsversorgung sowie auf den medizinischen Erfolg gelegt werden muss. Durch die Erhebung von Massendaten („Big Data“), Transparenz und offene Vergleiche auf der Grundlage gemeinsamer Indikatoren können Verbesserungen angeregt und die Wirksamkeit der Investitionen im Gesundheitssektor ermittelt werden;

24.

dringt auf eine bessere Planung und Koordinierung zwischen dem Gesundheits- und dem Bildungswesen mit guten Möglichkeiten der Weiterbildung, um die Verfügbarkeit von gut ausgebildetem Gesundheits- und Pflegepersonal zu gewährleisten. Heute herrscht in verschiedenen Berufen ein Arbeitskräftemangel und es gibt eine ungleiche geografische Verteilung und ein Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. U. a. müssen mehr Ärzte für die Primärversorgung ausgebildet und der Abwanderung von Fachkräften muss vorgebeugt werden (4). Um Personal einstellen und halten zu können, müssen die Arbeitsgeber ein angenehmes Arbeitsumfeld und gute Arbeitsbedingungen bieten. Zur Weiterentwicklung der Tätigkeit sollten die Arbeitgeber multiprofessionelle Teams aufbauen und die Aufgabenbereiche anders zuschneiden („Task Shifting“), um die Rolle von Krankenschwestern und sonstigen Berufsgruppen zu stärken; hofft, dass das Engagement der Kommission für die Schaffung eines Europäischen Solidaritätskorps dazu beitragen kann, dass sich mehr Jugendliche für eine Arbeit im Gesundheitswesen interessieren;

25.

begrüßt die medizintechnische Entwicklung und die Einführung neuer Arzneimittel. Investitionen in Forschung und Innovation sind für die Entwicklung des Gesundheitswesens von grundlegender Bedeutung. Durch die Anwendung unterstützender Geräte und die Entwicklung neuer Technologien kann auch die Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen erhöht werden;

26.

ist der Auffassung, dass neue digitale Technologien das wichtigste Hilfsmittel für eine effizientere Pflege darstellen, da sie neue Vorbeugungs-, Erkennungs-, Diagnose- und Behandlungs- sowie Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten bieten. Das Innovationstempo in diesem Bereich ist hoch. Wenngleich berechtigte Gründe für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre sprechen, wurden die Möglichkeiten der neuen Informationstechnologien im Gesundheitswesen jedoch allzu häufig nur langsam aufgegriffen; weist darauf hin, dass die Datenschutzvorschriften so gestaltet sein müssen, dass sie die Wirksamkeit der Gesundheitsversorgung, des Monitoring und der Forschung nicht behindern, außerdem muss der Schutz der Privatsphäre gewahrt werden;

27.

macht deutlich, dass Digitalisierung gleichzeitig die grundlegende Veränderung der Arbeitsweisen und der Organisation des Gesundheitswesens bedeutet. Das Kräfteverhältnis verschiedener Berufsgruppen zueinander wird ebenso verändert wie das Kräftegleichgewicht zwischen Patienten und Gesundheitspersonal. Elektronische („eHealth“) und mobile Gesundheitsdienste („mHealth“) können den Bürgern einen größeren Einfluss auf ihre eigene Gesundheit und Pflege und mehr Eigenverantwortung in diesem Bereich ermöglichen. Durch mehr Eigenpflege können Patienten Arztbesuche vermeiden, was häufig ihre Zufriedenheit erhöht und die Gesundheits- und Pflegekosten dämpft. Eine verstärkte Digitalisierung kann auch zu besseren Dienstleistungen in abgelegenen und dünn besiedelten Gebieten beitragen;

28.

verweist auf die wichtige Rolle neuer Arzneimittel für die Entwicklung des Gesundheitssektors. Neue und bessere Diagnosemethoden ermöglichen personalisierte Behandlungen und Arzneimittel mit weniger Nebenwirkungen und besseren medizinischen Ergebnissen. Für mehr Kosteneffizienz im Gesundheitswesen muss jedoch gegen hohe Arzneimittelpreise und die übermäßige Verschreibung von Arzneimitteln vorgegangen werden; unterstützt daher die angenommene Initiative für freiwillige Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in puncto Beschaffung, Preisgestaltung und Zugang zu Arzneimitteln;

29.

ruft dazu auf, sich verstärkt um die Nutzung möglicher wirtschaftlicher und qualitativer Vorteile einer Zusammenarbeitet im Bereich der kostenintensiven bzw. hoch spezialisierten medizinischen Ausrüstung zu bemühen;

30.

ist der Auffassung, dass die in vielen Bereichen unternommenen energischen Anstrengungen zur Stärkung der Patientensicherheit fortgesetzt werden müssen. Es müssen auch Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz ergriffen werden, u. a. mittels einer restriktiven Verwendung von Antibiotika, der Entwicklung neuer Antibiotika und einem integrierten Ansatz, der sowohl die Gesundheit des Menschen und die Tiergesundheit als auch spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung von therapieassoziierten Infektionen umfasst. Zur Gewährleistung eines effektiven Schutzes vor Ansteckungen muss sichergestellt werden, dass alle Menschen, die in Europa leben, den gleichen optimalen Schutz gegen Krankheiten erhalten, die durch eine Impfung verhindert werden können;

31.

hält es für sehr wichtig, dass Gesundheitsversorgung und Sozialdienste in den Mitgliedstaaten der Gefährdung vieler neu angekommener Migranten Beachtung schenken und Maßnahmen ergreifen, um den Behandlungsbedarf z. B. im Bereich der psychischen Gesundheit zu decken;

32.

hebt die zentrale Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beim Schutz vor umweltbezogenen Risikofaktoren und der Gesundheitsförderung hervor. Die Gebietskörperschaften sind häufig maßgeblich verantwortlich für Umweltschutz, Luftqualität, Abfallentsorgung, Stadtplanung, öffentlichen Verkehr, Trinkwasser und Abwasserentsorgung, Naherholungsanlagen, Lebensmittelsicherheit usw. Das Gesundheitswesen und die Sozialfürsorge können dazu einen Beitrag leisten bspw. mittels Verwendung sicherer und umweltfreundlicher Produkte, einer gut funktionierenden Abfallbewirtschaftung und Senkung des Energie- und Wasserverbrauchs;

Maßnahmen auf EU-Ebene

33.

begrüßt die europäische Zusammenarbeit bei der Gesundheitsversorgung im Rahmen der Autonomie der Mitgliedstaaten bezüglich der Gestaltung, Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens. Auch wenn die Herausforderungen gleich sind, sehen die Lösungen oft unterschiedlich aus. Die EU sollte die Mitgliedstaaten und ihre lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Förderung der Gesundheit der Bevölkerung und der Entwicklung der Gesundheitsversorgung unterstützen. Die EU muss das Subsidiaritätsprinzip achten und den Unterschieden in den Gesundheitssystemen der Mitgliedstaaten Rechnung tragen;

34.

vertritt die Auffassung, dass die EU gleichzeitig Interesse an der Verbesserung der Gesundheit und dem Abbau der Unterschiede im Gesundheitsbereich hat, da dies eine Voraussetzung für die Verringerung auch der wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede in Europa ist. Die EU muss in ihrer Arbeit das Prinzip „Gesundheit in allen Politikbereichen“ konsequenter beachten;

35.

hebt den Bedarf an einer Fortsetzung der Förderung im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik nach 2020 in Bereichen wie Gesundheitsinfrastruktur, elektronische Gesundheitsdienste und Programme zur Gesundheitsförderung hervor, um die regionale Entwicklung zu fördern und soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten zu verringern. Die Wirksamkeit der mit EU-Mitteln finanzierten Projekte sollte aus dem Blickwinkel der öffentlichen Gesundheit und der wirtschaftlichen Entwicklung der entsprechenden Regionen überprüft werden (5);

36.

ist der Auffassung, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Entwicklung der europäischen Gesundheitssysteme beitragen kann. Die gewisse Rechtsetzungsbefugnis der EU in Fragen grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren und der Gesundheitsversorgung ist gerechtfertigt, im Übrigen sollte sich die EU jedoch auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei ihrer Arbeit sowie auf qualitätsfördernde Maßnahmen konzentrieren. Die EU kann dies bewerkstelligen z. B. im Rahmen von Empfehlungen, der Einleitung und Finanzierung von Entwicklungsvorhaben, der Anregung von Zusammenarbeit in Grenzregionen, der Förderung des Wissens- und Erfahrungsaustausches, der Verbreitung bewährter Beispiele und Verfahren, der aktiveren Teilnahme an transparenten Vergleichen und Bewertungen der Wirksamkeit von Gesundheitssystemen in Zusammenarbeit u. a. mit der WHO und der OECD. Dabei ist es wichtig, die verschiedenen Auswirkungen der Gesundheitsdienstleistungen auf die Gesundheit der Patienten bzw. die öffentliche Gesundheit zu beleuchten;

37.

schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass die Europäische Kommission ein Erasmus-ähnliches Programm für Gesundheitsfachkräfte einführt;

38.

ist der Ansicht, dass die von der Hochrangigen Arbeitsgruppe zur Leistungsbewertung der Gesundheitssysteme ausgewählten vorrangigen Bereiche (integrierte Pflege, Zugang zu medizinischer Versorgung und Gleichheit, Grundversorgung, gesundheitliche Ergebnisse/Wirksamkeit, chronische Erkrankungen und Betreuungsqualität) ebenfalls für die subnationale Ebene gelten, und erklärt sich bereit, mit der Arbeitsgruppe zusammenzuarbeiten, um den lokalen und regionalen Erfahrungsschatz sichtbar zu machen;

39.

plädiert in diesem Zusammenhang dafür, auf Einladung des Rates mit einem Beobachter in der Hochrangigen Arbeitsgruppe zur Leistungsbewertung der Gesundheitssysteme vertreten zu sein, die im September 2014 von der Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichtet wurde;

40.

spricht sich dafür aus, dass die EU u. a. die Prävention chronischer Erkrankungen sowie die Innovation und Anwendung moderner IKT fördert, die europäische Zusammenarbeit bei der Bewertung medizinischer Verfahren anregt und sich weiterhin an weltweiten Anstrengungen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz beteiligt; begrüßt daher z. B. den neuen Aktionsplan gegen Antibiotikaresistenz, den die Kommission 2017 vorlegen möchte;

41.

erinnert die Mitgliedstaaten dementsprechend daran, dass sie bis Mitte 2017 nationale Aktionspläne gegen Antibiotikaresistenz „auf der Grundlage des ‚Eine Gesundheit‘-Konzepts und im Einklang mit den Zielen des globalen Aktionsplans der WHO“ eingeführt haben wollen, und ruft die Gesundheitsministerien auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Entwicklung und Umsetzung dieser Pläne einzubinden;

42.

stellt fest, dass dank der Urteile des EuGH und der Richtlinie von 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung die Möglichkeiten der Unionsbürger erweitert wurden, Behandlungen in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen. Das ist u. a. für Patienten von Vorteil, bei denen eine seltene Krankheit diagnostiziert wurde oder die eine qualifizierte Behandlung benötigen, die in ihrem Land nicht zur Verfügung steht; begrüßt daher die Arbeit der Kommission im Hinblick auf die Einführung eines europäischen Referenznetzes für Gesundheitsdienste und Exzellenzzentren in den EU-Mitgliedstaaten zur Förderung einer hoch spezialisierten medizinischen Versorgung;

43.

fordert die EU dazu auf, bei ihrer Arbeit an „Der Gesundheitszustand in der EU“ gute Beispiele für wirksame und hochwertige Gesundheitsleistungen aufzuzeigen und zu untersuchen, welche Organisationsformen im Gesundheitswesen eine wirksame und hochwertige Gesundheitsversorgung besonders unterstützen. Ebenfalls sollte untersucht werden, wie der Bedarf an Sozialleistungen durch hochwertige Gesundheitsleistungen verringert werden kann; möchte in diesem Zusammenhang betonen, wie wichtig es ist, lokale und regionale Organisationsmodelle aufzuzeigen, die sich als wirksam erwiesen haben.

Brüssel, den 22. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  Health at a Glance: Europe 2016.

(2)  Die auf zwei Jahre angelegte Initiative wird in Zusammenarbeit mit der OECD, dem Europäischen Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik und den Mitgliedstaaten durchgeführt und umfasst vier Elemente:

Veröffentlichung von „Health at a Glance: Europe 2016“ (November 2016);

länderspezifische „Gesundheitsprofile“, um die Merkmale und Herausforderungen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu untersuchen (November 2017);

eine Analyse auf der Grundlage der beiden oben genannten Elemente, die einen kurzen Überblick gibt und die Ergebnisse zu der weiter gefassten EU-Agenda in Relation setzt, mit dem Schwerpunkt auf übergreifenden politischen Fragen und Möglichkeiten für wechselseitiges Lernen (November 2017);

die Möglichkeit zum freiwilligen Austausch bewährter Verfahren, die von den Mitgliedstaaten angefragt werden können, um konkrete Aspekte der Situation in ihrem Land zu erörtern (ab November 2017).

(3)  Ein Konzept, bei dem die Patienten und deren Angehörige an der Planung und Umsetzung der Pflege beteiligt werden und Patienten über ihre Krankheit hinaus Beachtung finden.

(4)  Health at a Glance: Europe 2016.

(5)  CDR 260/2010.


17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/25


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Strategien für intelligente Spezialisierung (RIS3): Auswirkungen auf die Regionen und die interregionale Zusammenarbeit

(2017/C 272/06)

Berichterstatter:

Mikel Irujo Amezaga (ES/EA), Leiter der Vertretung Navarras in Brüssel

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

erinnert daran, dass sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament anerkannt haben, dass die Strategien für eine intelligente Spezialisierung (RIS3) als leistungsfähige Instrumente zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen und Innovation, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit auf der Grundlage sozioökonomischer und territorialer Besonderheiten fördern können;

2.

unterstreicht, wie wichtig es ist, dass in der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 die RIS3 als eine Ex-ante-Konditionalität festgelegt wurden, und begrüßt, dass der Rahmen für die Erarbeitung der S3 Raum für einen regionalen Ansatz lässt und so die Möglichkeit eröffnet, regionale Gegebenheiten zu berücksichtigen;

3.

weist darauf hin, dass sich die Regionen der S3 angeschlossen haben, da es sich um eine sinnvolle Maßnahme für eine wirksamere und erfolgreichere Verwirklichung der regionalen Entwicklung handelte. Die Regionen wollen diese Maßnahme beibehalten, die auf der Subsidiarität und einem Bottom-up-Ansatz beruht. Sie möchten die Wahlfreiheit der regionalen Spezialisierungen bewahren. Die Erarbeitung der S3 muss weiterhin vorrangig der Absicht entsprechen, die Dynamik der Regionalentwicklung zu stärken und Arbeitsplätze in den Regionen zu schaffen;

4.

betont, dass die Vorgaben und Leitlinien für die Erarbeitung einer Strategie für intelligente Spezialisierung dem Grundsatz der Subsidiarität genügen und den Regionen ausreichend Spielraum bieten müssen, um auf spezifische Herausforderungen eingehen zu können;

Entwicklung von Strategien für intelligente Spezialisierung (RIS3)

5.

weist darauf hin, dass die Beteiligung aller Regierungs- und Verwaltungsebenen — staatlich, regional, subregional und/oder lokal —, die für die Geltungsbereiche der Strategie zuständig sind und entsprechende Maßnahmen ergreifen, gewährleistet werden muss und dass dazu auch die einschlägigen Akteure der sogenannten „Vierfach-Helix“ (1) gehören, unter Betonung der Bedeutung von Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen und Bürgern, auch wenn die genaue Zusammensetzung der beteiligten Organisationen vom regionalen Kontext abhängen wird;

6.

ist der Ansicht, dass die RIS3 den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen Mehrwert bieten, indem sie branchenübergreifende und interregionale gemeinsame Projekte und Investitionen hervorbringen, die besonders nutzbringend für die industrielle Erneuerung sind;

7.

betont, dass an der Ausarbeitung der RIS3 alle Interessenträger beteiligt sein sollten, die sich idealerweise von einer gemeinsamen Vision leiten lassen. Der Prozess muss die Multi-Level-Governance fördern und dazu beitragen, ein kreatives und soziales Kapital innerhalb eines Gebiets zu schaffen;

8.

ist der Auffassung, dass die Planung und kontinuierliche Überarbeitung der RIS3 nach einem interaktiven Steuerungsprozess erfolgen sollte, der auf dem sogenannten unternehmerischen Entdeckungsprozess basiert, d. h. von kombinierten Top-down- und Bottom-up-Prozessen begleitet wird, bei denen auch die über entsprechende Kanäle vertretene Öffentlichkeit in geeigneter Weise einbezogen werden sollte;

9.

weist darauf hin, dass sich die Verpflichtung zur Durchführung eines partizipativen Prozesses aus der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013, Anhang I, Ziffer 4.3 ergibt. Gleichwohl ist der partizipative Prozess auch weiterhin in vielen Fällen unzureichend. Daher fordert er die Kommission auf, einschlägige Interessenträger auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu ermutigen, für die effektive Einhaltung dieser Rechtsvorschrift zu sorgen;

10.

erinnert daran, dass für die Ausarbeitung der RIS3 auch politische Führungsstärke und politischer Konsens empfehlenswert sind, weshalb eine aktive Mitwirkung aller oder der meisten repräsentativen politischen Kräfte sowie der Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft empfohlen wird;

11.

ist der Ansicht, dass sich die RIS3 nicht nur auf Fragen der Forschung, Innovation und Entwicklung von Unternehmen beschränken dürfen. Im Geiste der Strategie für neue Kompetenzen in Europa (New skills agenda for Europe) müssen sie auf die Entwicklung neuer Fähigkeiten sowie das Lernen und die Bildung für alle, insbesondere für junge Menschen, Arbeitnehmer und Arbeitslose, ausgerichtet sein; hält es ebenso für wichtig, Programme für Ausbildung und Entwicklung zu fördern, insbesondere in Regionen mit wenig Erfahrungen in diesem Bereich, und dabei branchenspezifische Erfolgsgeschichten herauszustellen, die für andere Regionen zum Vorbild werden könnten; er fordert zudem, Maßnahmen der Zusammenarbeit zwischen innovativen Regionen und weniger entwickelten Regionen zu ergreifen;

12.

unterstreicht, dass die Entscheidungen für eine intelligente Spezialisierung der Regionen auch Impulse für den Ausbau bestimmter Politikbereiche der EU geben können. So haben sich etwa viele Regionen dazu entschieden, intelligente Spezialisierungen für maritime Fragen mit sektorübergreifenden Querschnittskonzepten zu entwickeln, denen gegenüber die Politikbereiche der EU einen gewissen Strukturierungsrückstand aufweisen, der ihre Förderkapazität und Wirksamkeit begrenzt;

13.

unterstreicht, dass sich die Prioritätensetzung in den Bereichen, in denen eine Region einen Wettbewerbsvorteil aufweist, an den Querschnittszielen der Lissabon-Strategie orientieren muss (Ausbildung junger Menschen und Zugang zur Beschäftigung, Gleichbehandlung von Männern und Frauen, Investitionen in die höhere Bildung und die Forschung, Förderung von Innovation in KMU in allen Bereichen der regionalen Wirtschaft, Förderung der sozialen und ökologischen Innovation …). Es ist wesentlich, dass die Politikbereiche der EU weiterhin diese fundamentalen Ziele der Lissabon-Strategie fördern und zugleich die S3 wirkungsvoll flankieren können. In der Tat müssen trotz der in diesem Bereich erzielten guten Ergebnisse in allen europäischen Regionen noch weitere Fortschritte bei der Verwirklichung dieser Ziele erreicht werden;

14.

hebt die Rolle der Strategien für eine innovative Spezialisierung mit Blick auf die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums hervor und unterstreicht die Bedeutung des Potenzials, das den lokalen Gemeinschaften und Werten innewohnt, sowie die der Fortbildungen im Zusammenhang mit der Erschließung und der Ausschöpfung der Kapazitäten;

15.

verweist darauf, dass die RIS3 nach Maßgabe der genannten Verordnungen einen „Begleitmechanismus“ enthalten müssen, durch den es möglich sein sollte, die bei jeder RIS3-Priorität geplanten Veränderungen mittels einer angemessenen Auswahl an Ergebnisindikatoren zu erfassen und zu überwachen und so den Austausch der besten Verfahren zu fördern; er unterstreicht, wie wichtig die Konzentration auf Begleitung und Bewertung ist. Dementsprechend sollte ein gemeinsamer und flexibler Orientierungsrahmen geschaffen werden, der es ermöglicht, die bei jeder RIS3-Priorität geplanten Veränderungen zu erfassen und zu überwachen und der dazu beiträgt, dass die Regionen ihre eigenen individuellen Überwachungsinstrumente und Indikatoren entsprechend ihrer jeweiligen Lage und Bedürfnisse entwickeln können. Der Begleitmechanismus ermöglicht den Regionen eine kontinuierliche evidenzbasierte Weiterentwicklung ihrer Strategie. Er hängt wesentlich von der Charakteristik der jeweiligen RIS3 ab und seine Definition sollte daher Bestandteil der Strategieentwicklung sein. Er schlägt unter Berücksichtigung dieses letztgenannten Aspektes vor, eine besondere Mittelausstattung aus mehreren Fonds in Betracht zu ziehen, um eine integrierte und von allen Akteuren geteilte Umsetzungsmethodik zu unterstützen, die auch die Analyse-, Monitoring-, Evaluierungs- und Überwachungstätigkeiten umfasst;

16.

ist ebenso der Auffassung, dass sich die RIS3 nicht nur auf Innovation und Forschung beschränken dürfen, sondern dahin gehend ausgebaut werden sollten, dass sie künftig zu stärker integrierten regionalen Entwicklungsstrategien werden, die weitere Aspekte wie Bildung oder Ausbildung umfassen;

17.

nimmt die derzeitige Situation zur Kenntnis und schlägt die Einrichtung eines gemeinsamen Orientierungsrahmens für die Überwachung vor, der den Regionen bei der Ausarbeitung ihres eigenen Überwachungsrahmens als Bezugsgröße dient, den Besonderheiten der Regionen Rechnung trägt und den Regionen eigene Formen der Evaluierung und Überwachung ermöglicht;

18.

anerkennt die Bemühungen der S3-Plattform in Form von technischer Hilfe und Entwicklung von Instrumenten, auch wenn ein gemeinsamer Orientierungsrahmen mehr Kohärenz bei der Durchführung und Überwachung der RIS3 bewirken könnte;

19.

fordert zu einem schrittweisen Vorgehen und Umsicht bei der Bewertung der S3 auf, denn solche Strategien bestehen noch nicht lange und sind in ihrer Konzeption und Umsetzung komplex, sodass sie ihre volle Wirkung erst im Laufe der Jahre entfalten. Der erste Indikator für Erfolg muss nach wie vor die tatsächliche Prioritätensetzung und Mobilisierung vor Ort sein, und die Regionen müssen eng in die Festlegung und Durchführung der Bewertungsmaßnahmen eingebunden werden;

20.

fordert die Kommission auf, vor dem nächsten Programmzeitraum die Bedingungen für Erarbeitung der Strategien rechtzeitig zu veröffentlichen. Das Vorlegen von „Leitlinien“ nach Beginn des Programmzeitraums, wie es im Falle der aktuellen Ex-ante-Auflagen geschah, ist für die ausführenden Behörden nicht praktikabel;

21.

empfiehlt die enge Verzahnung mit dem Monitoring der regionalen EFRE-OPs dort, wo solche OP eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der FuI-Strategie spielen, und mit der Nutzung der dort entwickelten regionalen einheitlichen Kriterien unter umfassender Berücksichtigung der territorialen Besonderheiten, die nach Maßgabe der Europäischen Kommission (2) in „Ressourcenindikatoren“, „Wirkungsindikatoren“ und „Ergebnisindikatoren“ (qualitativ und quantitativ) untergliedert werden können;

22.

betont insbesondere das Potenzial der Hochschuleinrichtungen, sonstiger Bildungseinrichtungen, von Forschungs- und Technologie-Organisationen und -Unternehmen, insbesondere kleiner Start-ups und KMU, bei der Gestaltung und Umsetzung der RIS3. Die Hochschuleinrichtungen bilden die Schnittstelle zwischen dem sogenannten „Wissensdreieck“ (Forschung, Bildung und Innovation) und können in besonders geeigneter Weise dabei unterstützen, die Innovationskapazitäten der Regionen aufzubauen; deshalb sollten regionale Regierungen die Hochschuleinrichtungen animieren, ihre Rolle im RIS3-Prozess aktiv einzunehmen. Hierbei ist eine Balance zwischen einer Öffnung von Hochschuleinrichtungen für Markterfordernisse auf der einen Seite sowie zweckfreier Bildung und (Grundlagen-)Forschung für die Innovationen von übermorgen auf der anderen Seite anzustreben. Dazu ist es wesentlich, dass die Hochschulreinrichtungen allen zugänglich sind, zur Anhebung des für eine kreativitätsorientierte Wissensgesellschaft unverzichtbaren Aus- und Weiterbildungsniveaus beitragen und den Erfordernissen des Arbeitsmarktes ebenso wie der Unternehmen und anderen Arbeitgeber entsprechen;

23.

empfiehlt im Rahmen des Möglichen, dass die RIS3-Strategien die Schaffung flexibler und externer Organisationen oder Strukturen zur Unterstützung der Regierungen — vor allem jener mit begrenzten Ressourcen — bei der Entwicklung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vorsehen; erachtet die Hilfen und externen Bewertungen, die von der S3-Plattform durchgeführt werden, als äußerst hilfreich, aber unzureichend (und unterstützt Peer Reviews und Expertenbesuche) in der Erwägung, dass jede lokale und regionale Gebietskörperschaft in die Lage versetzt werden muss, ihre internen lokalen und regionalen Kapazitäten zu entwickeln, wozu auch die Mechanismen der Durchführung, Überwachung und Begleitung für die RIS3 gehören;

24.

betont, dass auch bei der Entwicklung und Umsetzung der RIS3 Aufwand und Ertrag in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen. Insgesamt müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um das Entstehen neuer bürokratischer Belastungen durch die RIS3 zu verhindern;

25.

weist darauf hin, dass RIS3 über die jeweilige Strukturfondsperiode hinweg hinreichend flexibel gestaltbar sein müssen. Sie dürfen neuen Entwicklungen, intelligenten Diversifizierungen und etwa auch disruptiven Innovationen in den Regionen nicht entgegenstehen. Insbesondere dürfen die RIS3 privatwirtschaftliche Aktivitäten in den jeweiligen Regionen, beispielsweise von Startups, nicht beschränken;

Synergien zwischen den europäischen Struktur- und Investitionsfonds und anderen Programmen

26.

weist darauf hin, dass die grundlegenden Prinzipien der RIS3 über eine effizientere Nutzung der Strukturfonds hinausgehen und ihr Ziel darin besteht, Synergieeffekte zwischen der regionalen Innovations- und Entwicklungspolitik und den Finanzierungsinstrumenten im Interesse der Vermeidung von Überschneidungen zu schaffen;

27.

erinnert daran, dass die Förderung von Synergien zwischen den europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) und Horizont 2020 eine der Prioritäten für den Zeitraum 2014-2020 ist. Gleichwohl erschwert die Komplexität der Vorschriften diesen Prozess. Dieses Streben nach Synergien muss auch die anderen Politikbereiche der Europäischen Union und ihre Interventionsinstrumente betreffen;

28.

betont den Nutzen einer solchen Maßnahme, die auch auf die verstärke Förderung von KMU, ihrer Einzelprojekte und ihrer Kollektivmaßnahmen sowie von Start-ups abzielen muss;

29.

erachtet es als unabdingbar, den Rechtsrahmen zu vereinfachen und funktionierende Schnittstellen zu schaffen, die die Interaktion zwischen den verschiedenen Förderkonzepten verbessern. Gleichzeitig sollten diese verständliche und klare Angaben dazu enthalten, wie Synergien erreicht und gefördert werden sollen;

30.

hält es für wichtig, Programme zum Kapazitätsaufbau zu fördern, insbesondere in Regionen mit wenig Erfahrung in diesem Bereich, und branchenspezifische Erfolgsgeschichten herauszustellen, die für andere Regionen zum Vorbild werden könnten;

31.

macht darauf aufmerksam, dass ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Schaffung von Synergien darin liegt, die Kommunikation und Zusammenarbeit der Stakeholder zu fördern, die mit den unterschiedlichen Förderinstrumenten (Strukturfonds und Horizont 2020) vertraut sind, jedoch bisher wenig Know-how über den jeweilig anderen Bereich haben; dies gilt sowohl auf regionaler Ebene als auch europäischer Ebene; ersucht die Kommission und die Regionen den Austausch dieser Gruppen zu unterstützen und zu fördern;

32.

erinnert daran, dass ein großer Teil des etwaigen Erfolgs von reibungslosen Beziehungen zwischen den verschiedenen Regierungsebenen — d. h. auf europäischer, nationaler, regionaler und ggf. lokaler Ebene — sowie u. a. von der Koordinierung zwischen Verwaltungsbehörden und den nationalen Kontaktstellen abhängen wird;

33.

bedauert, dass die unzureichende Harmonisierung zwischen den Rechtsvorschriften für die Beihilfen unter direkter Verwaltung der Kommission („Horizont 2020“) und die Beihilfen unter indirekter Verwaltung (ESI-Fonds), die den für staatliche Beihilfen geltenden Beschränkungen unterliegen, nach wie vor ein großes Hindernis für die Nutzung von Synergien zwischen beiden darstellt; spricht sich für die Umsetzung der Empfehlungen der jüngsten diesbezüglichen Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments aus (3);

Straffung der Initiativen der Europäischen Kommission

34.

würdigt erneut die hervorragende Arbeit der S3-Plattform, aber weist auf die Vielzahl von Initiativen der Europäischen Kommission hin, die Anlass zu Verwirrung, Unkenntnis und mangelnder Koordinierung zwischen den Regionen gibt;

35.

hält es für erforderlich, die Synergien zwischen den verschiedenen Instrumenten, Initiativen, Mitteln und Unterstützungseinrichtungen wie z. B. die Plattform für intelligente Spezialisierung, die europäische Beobachtungsstelle für Cluster, europäische Innovationspartnerschaften, das europäische Strategieforum, Initiativen im Bereich Schlüsseltechnologien (KET) und Forschungsinfrastrukturen u. v. a. m. zu untersuchen;

36.

fordert die Kommission auf, eine größere Kohärenz beim Verständnis von Initiativen und ihrer Umsetzung zu gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf die kleinen Regionen oder jene mit weniger Verwaltungskapazität;

37.

plädiert für eine Verdeutlichung, um genau die Themen zu ermitteln, zu denen die Kommission eine umfangreiche Mittelausstattung anstrebt, um in einem bestimmten Wirtschaftszweig einen umfassenden Ansatz für die Wertschöpfungskette auf europäischer Ebene zu entwickeln und sich dabei an erfolgreichen Beispielen auf Gebieten, die für möglichst viele Mitgliedstaaten/Regionen von Interesse sind, zu orientieren, zu denen sie — auf der Grundlage der S3 — den Schwerpunkt auf einem Ansatz der Vernetzung, Unterstützung und Impulsgebung legen sollte;

38.

fordert, dass die EU die Wirkung der Strategie für intelligente Spezialisierung in Bezug auf die anderen Leitstrategien der Union und auf die beteiligten Akteure klärt und die diesbezügliche Kommunikation verbessert, und empfiehlt die Aufstellung einer „Karte“, auf der die Initiativen, Instrumente und Projekte der EU im Zusammenhang mit RIS3 nach dem Vorbild des E-Justiz-Portals der Europäischen Kommission verzeichnet sind, mit dem Ziel, „das Leben der Bürger“ durch Bereitstellung mehrsprachiger Informationen zu erleichtern;

39.

empfiehlt auch die Förderung eines Wissenspools, in dem Sachverständige für den RIS3-Bereich gefördert und professionalisiert werden, der auch die Arbeit der OECD, der S3-Plattform sowie eines breiten wissenschaftlichen Bereichs berücksichtigt;

Förderung der interregionalen Zusammenarbeit und Aufbau von Wertschöpfungsketten

40.

betont, wie wichtig die Schaffung einer kritischen Masse auf regionaler und lokaler Ebene ist, damit die EU und ihre Unternehmen weltweit wettbewerbsfähig sind; vertritt die Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der geeignete Ort sind, um sich mit Innovationsökosystemen zu befassen und die notwendigen Verbindungen zwischen EU-Politik, Industrie, Forschungszentren, Hochschuleinrichtungen und Bürgern herzustellen;

41.

verweist darauf, dass die interregionale Zusammenarbeit auf der Grundlage der RIS3-Prioritäten ausgebaut werden muss, um die Schaffung von Wertschöpfungsketten in der gesamten EU zu ermöglichen;

42.

ist davon überzeugt, dass die interregionale Zusammenarbeit Synergieeffekte zwischen Wirtschaftstätigkeiten und in den Regionen bereits festgelegten Mitteln zeitigen wird, sodass die Potenziale besser genutzt und unnötige Doppelungen bei Investitionen unter Einsatz der Strukturfonds vermieden werden können;

43.

ist der Auffassung, dass der Schlüssel darin liegt, über ausreichende Informationen und Koordinierungskapazitäten zu verfügen mit dem idealen Ergebnis eines perfekten Systems kohärenter Komplementaritäten, das Ineffizienzen aufgrund von Überschneidungen und einfacher Imitation beseitigt;

44.

begrüßt die verschiedenen einschlägigen Initiativen der Europäischen Kommission, wie z. B. die thematischen Plattformen, auch wenn er der Ansicht ist, dass diese Initiativen mit klar definierten Finanzierungsinstrumenten und Zielsetzungen ins Leben gerufen werden sollten, um der Gefahr von Unsicherheit zwischen den Teilnehmern und Überschneidungen mit anderen Initiativen oder Programmen wie KIC, ERA-NET, die COSME-Cluster-Programme, Projekte im Rahmen von Interreg Europa u. a. vorzubeugen;

45.

kritisiert, dass kleinere Projekte bei den großen Finanzinstrumenten nicht berücksichtigt werden und trotz der — namentlich aus dem EFSI — mobilisierten erheblichen Beträge weiterhin nicht ausreichen, um es KMU zu ermöglichen, Fälle von Marktversagen abzufedern und den Zugang zu Krediten und Risikofinanzierungen zu erleichtern; meistens sind es der Grad der Komplexität, die zeitaufwendigen Verfahren für die Vorbereitung, Durchführung und den Abschluss von Großprojekten und der niedrige technologische Reifegrad (weit entfernt von jedweder sichtbaren Kapitalrendite), die dazu führen, dass kleinere Akteure nicht involviert werden;

46.

unterstreicht die Bedeutung der Entwicklung thematischer Plattformen seitens der Europäischen Kommission, insbesondere der Chancen für eine Förderung der Zusammenarbeit zwischen regionalen Akteuren in diesem Rahmen; gibt zudem zu bedenken, dass sich solche interregionalen Kooperationsplattformen als ausschlaggebend für die Umsetzung, die Maximierung von wirtschaftlichem Wachstum und für das Marktpotenzial erwiesen haben, insbesondere in Bezug auf die Innovationstätigkeit der Unternehmen; vertritt daher die Auffassung, dass es für mehrere Regionen auf freiwilliger Basis möglich sein sollte, bestimmte Spezialisierungen auf interregionaler Ebene gemeinsam zu konzipieren:

innerhalb ein und desselben Landes,

innerhalb eines grenzüberschreitenden Gebiets,

in Regionen in äußerster Randlage,

entlang eines Küstenstreifens oder eines Gebirgszuges,

innerhalb eines europäischen Netzes ohne territoriale Kontinuität (z. B. Kultur- und Kreativindustrien, die Dienste im Zusammenhang mit den demografischen Herausforderungen oder die Vanguard-Initiative);

47.

ist der Ansicht, dass die RIS3 die Regionen dazu anzuregen sollten, gemeinsam an der Entwicklung einer internationalen branchen- oder marktsegmentspezifischen Zusammenarbeit zwischen den Clustern zu arbeiten, um die Stärkung der erwähnten internationalen Wertschöpfungsketten zu unterstützen. Die Rolle, welche die Cluster als Brücke zwischen den Akteuren inner- und außerhalb der Regionen und als Unterstützungskanäle für KMU wahrnehmen können, muss sich in den politischen Maßnahmen der EU widerspiegeln;

48.

bedauert, dass der geltende Rechtsrahmen für den interregionalen und transnationalen Einsatz der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds nicht in befriedigendem Maße von den nationalen und regionalen Behörden genutzt werden. Das betrifft auch die Durchführung von Vorhaben außerhalb des Programmgebiets, die in der Praxis so gut wie gar nicht geschieht;

49.

weist darauf hin, dass die Nutzung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für die interregionale und transnationale Zusammenarbeit zahlreichen Studien zufolge durch erhebliche Hindernisse gebremst wird, wie etwa durch den Mangel an Ressourcen oder Verwaltungskapazitäten, den Mangel an Vorbildern für bewährte Praktiken, die Unsicherheit über die Art und Weise der Durchführung, das Fehlen eines Bezugsrahmens und von Methoden, mangelnde Klarheit der Ziele, asymmetrische politische Zuständigkeitsebenen, regulatorische Hindernisse und das Fehlen eines förderlichen Finanzrahmens;

50.

ist daher der Ansicht, dass der geltende Rechtsrahmen die interregionale Zusammenarbeit nicht fördert, sondern vielmehr beeinträchtigt; fordert daher die Europäische Kommission auf, die Arbeit der Netze der EFRE- und ESF-Verwaltungsbehörden durch praktische Hilfestellungen zu unterstützen, z. B. bei der gegenseitigen Information und die Beseitigung von Unsicherheiten über die Zulässigkeit geplanter Maßnahmen im konkreten Einzelfall zu unterstützen und jegliche einschränkende Interpretationen des bestehenden Rechtsrahmens zu unterlassen; räumt gleichwohl ein, dass einige große Hindernisse nicht durch bestehende unzureichende Vorschriften verursacht werden, sondern durch einen Mangel an Verwaltungskapazität und asymmetrische Ebenen politischer/administrativer/wissenschaftlicher Zuständigkeiten;

Neuer rechtlicher und finanzieller Rahmen

51.

ist der Auffassung, dass die S3 der Regionen tatsächlich in allen Politikbereichen der EU — auch bei der Durchführung der gesamten Kohäsionspolitik und nicht nur bei der Umsetzung des EFRE — berücksichtigt werden sollten;

52.

meint, dass es sich als schwierig erweisen könnte, Impulse für neue politische Maßnahmen ausgehend von dem bestehenden rechtlichen und finanziellen Rahmen geben zu wollen, weshalb eine gewisse Flexibilität der Programme ermöglicht werden sollte, damit diese den Anstoß neuer politischer Maßnahmen erleichtern können;

53.

ist der Auffassung, dass die Regionen für den Ausbau ihrer Zusammenarbeit im Bereich der RIS3 ein einfaches Instrument benötigen, das es ihnen ermöglicht, wirklich die Kosten für die Vernetzung und nicht nur die für die gemeinsam durchgeführten operativen Projekte zu berücksichtigen;

54.

lehnt jegliche Versuche einer Renationalisierung der Kohäsionspolitik nach 2020 ab, da diese weiterhin ein zentrales Element für die Förderung von Strategien zur intelligenten Spezialisierung in allen Regionen der EU bleibt und eine Renationalisierung die zahlreichen positiven Entwicklungen gefährden würde, die vielerorts auf lokaler und regionaler Ebene in der laufenden Förderperiode bereits stattfinden;

55.

empfiehlt deshalb:

eine Reform des derzeitigen Rechtsrahmens bis zum Ablauf des Zeitraums 2014-2020, der sowohl für die Synergien zwischen den europäischen Struktur- und Investitionsfonds und anderen Programmen als auch für die interregionale Zusammenarbeit neue Impulse gibt. Diese Reform sollte zu einer einfacheren und flexibleren Verwaltung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds durch Anwendung vereinfachter Begründungsmethoden führen, die z. B. auf dem Erreichen von Zielen, der Verwendung von Einheitskosten und anderer, für die effiziente Verwendung der Mittel für die intelligente Spezialisierung angemessenerer Maßnahmen basieren;

in den S3 die Ziele nachhaltiges und integratives Wachstum sowie Schaffung von Arbeitsplätzen stärker zu verankern;

einen gemeinsamen und flexiblen Orientierungsrahmen in Form einer Empfehlung für die RIS3 zur Behebung des aktuellen Vakuums und Mangels an Koordinierung beider Planung, Ausarbeitung, Umsetzung, Überwachung und Begleitung der RIS3. Ausgehend vom Subsidiaritätsprinzip sollte es sich um ein flexibles, lebendiges Dokument handeln, das kontinuierlich weiterentwickelt wird und Raum für neue, bislang inexistente Spezialisierungsnischen lässt;

dringend angemessene Ad-hoc-Finanzierungsinstrumente zur Förderung der interregionalen Zusammenarbeit bereitzustellen. Diese Instrumente können aus Finanzierungskombinationen (auch die Kombination von Subventionen und Darlehen, öffentlicher und privater Finanzierung auf verschiedenen Ebenen) und einer neuartigen Nutzung der Fonds bestehen, welche die Unterstützung von Pilotprojekten ermöglichen, die sich an Netze zur interregionalen Zusammenarbeit richten, bei denen der Kontakt zur Industrie spürbar ist und die sich im Ergebnis wirklich auf den Markt auswirken;

in Zukunft sollte Horizont 2020 einen territorialen Ansatz bieten, der es ermöglicht, dass die europäische Forschungs- und Innovationspolitik und die RIS3 ineinandergreifen, wobei gleichzeitig darauf hinzuweisen ist, dass Horizont 2020 weiterhin vom Exzellenz-Prinzip getragen werden muss;

bei diesem territorialen Ansatz muss berücksichtigt werden, dass einige Regionen, z. B. die in äußerster Randlage, aufgrund ihrer Abgelegenheit von den Wirtschafts- und Technologiezentren Probleme haben, Projektpartner zu werden;

Lehren aus den von der GD Regio in weniger entwickelten Regionen (Regionen mit Entwicklungsrückstand) durchgeführten Pilotaktionen zu ziehen, um diese Regionen bei der Verringerung der Innovationskluft in der EU angemessen zu unterstützen;

eine gründliche Ex-ante-Bewertung der territorialen Auswirkungen im Hinblick auf die Integration der „Strategie für eine intelligente Spezialisierung“ in mehreren Politikbereichen der EU wie Forschung (9. RP), Industriepolitik und künftige Kohäsionspolitik durchzuführen;

eine dringende Zuteilung von Mitteln an Interreg Europa, das für die kommenden Jahre das geeignetste Instrument für diese Unterstützung bei der Vernetzung im Bereich der RIS3 darstellt und zudem praktisch und den Regionen bereits bekannt ist;

bei der Umsetzung des Juncker-Plans sollte die Einrichtung von regionalen Plattformen zur Unterstützung bei der Durchführung von Projekten und bei der Finanzierung derselben besonders gefördert werden, damit mit dem EFSI ganz gezielt die RIS3 unterstützt werden können. Zur Gewährleistung einer verantwortungsvollen Projektauswahl müssen die an der Bewertung der Projekte beteiligten Akteure umfassend über die notwendige Unterstützung und die Anliegen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften informiert werden. Der Ausbau der technischen Hilfe auf regionaler Ebene hat im Rahmen des EFSI absolute Priorität;

die Teilnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen an den Arbeiten der Hochrangigen Gruppe zum Thema Maximierung der Auswirkungen der FuI-Programme der EU;

56.

empfiehlt der Europäischen Kommission, eine Arbeitsgruppe unter aktiver Beteiligung des Europäischen Ausschusses der Regionen einzurichten, die alle diese Elemente behandelt, durch die die genannte Ex-ante-Konditionalität der RIS3 konkreter mit Zielen und Instrumenten ausgestattet werden kann.

Brüssel, den 22. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  D. h. unter Einbindung der nationalen bzw. regionalen Verwaltungsbehörden und Stakeholder, wie Universitäten und anderer Hochschuleinrichtungen, der Industrie und Sozialpartner ebenso wie der Bürger in einen unternehmerischen Entdeckungsprozess.

(2)  Siehe zum Beispiel „Guidance document on monitoring and evaluation — European Regional Development Fund and Cohesion Fund“, Europäische Kommission 2014.

(3)  Maximierung der Synergien zwischen den europäischen Struktur- und Investitionsfonds und anderen EU-Instrumenten zur Erreichung der Ziele von Europa 2020, Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Juni 2016, IP/B/REGI/IC/2015-131.


17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/32


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Aktionsplan für den Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge 2015-2030 — Ein Konzept zur Berücksichtigung des Katastrophenrisikos in allen EU-Politikfeldern

(2017/C 272/07)

Berichterstatter:

Adam Banaszak (PL/EKR), Stellvertretender Vorsitzender der Regionalversammlung der Woiwodschaft Kujawsko-Pomorskie (Kujawien-Pommern)

Referenzdokument:

Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen — Action Plan on the Sendai Framework for Disaster Risk Reduction 2015-2030 — A disaster risk-informed approach for all EU policies (Aktionsplan zum Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge 2015-2030 — Ein Konzept zur Berücksichtigung des Katastrophenrisikos in allen EU-Politikfeldern (liegt nur auf EN vor)),

SWD(2016) 205 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

begrüßt die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zum Aktionsplan für den Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge 2015-2030, da darin die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Unterstützung der Bemühungen der Länder zur Katastrophenvorsorge besonders hervorgehoben wird;

2.

betont, dass die Katastrophenresilienz einer der zentralen Aspekte nachhaltiger Entwicklung ist, und fordert die Organe der Europäischen Union daher auf, diese Art von Konzept in den Mittelpunkt künftiger Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung in Europa zu stellen und ihm in den künftigen Finanzierungsprogrammen und Projekten der Europäischen Union Rechnung zu tragen;

3.

weist darauf hin, dass Stärke und Häufigkeit von Naturkatastrophen in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen haben. Diese fordern weltweit Zehntausende Todesopfer jährlich, und die unmittelbaren Kosten für die EU-Mitgliedstaaten belaufen sich auf Dutzende Milliarden Euro. Zwar betrifft das Risiko von Naturkatastrophen alle Länder, aber die Zahl der Todesopfer ist in Entwicklungsländern in der Regel höher, während in entwickelten Volkswirtschaften der wirtschaftliche Schaden größer ist;

4.

befürwortet die Förderung der Umsetzung nationaler, regionaler und lokaler Strategien und Pläne u. a. für das Risikomanagement sowie die Festlegung von Zielen, Indikatoren und Zeitrahmen und weist nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die bestehenden Strategien und Pläne zu überprüfen und in diesem Zusammenhang die im Aktionsplan für den Sendai-Rahmen getroffenen Festlegungen zu berücksichtigen. Für Grenzregionen ist eine wirksame Abstimmung solcher Strategien untereinander bzw. die Erarbeitung gemeinsamer grenzübergreifender Strategien von entscheidender Bedeutung und sollte gefördert werden;

5.

betont, dass die Errichtung katastrophenresilienter Infrastruktur kosteneffizienter ist als die Nachrüstung bestehender unsicherer Infrastruktur. Das Büro der Vereinten Nationen für die Verringerung des Katastrophenrisikos (UNISDR) geht von einem Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:4 aus;

6.

ist der Auffassung, dass die in Punkt 11b der Ziele für nachhaltige Entwicklung und im Sendai-Rahmen für 2020 (1) festgelegten prioritären Zielvorgaben dringlich umgesetzt werden müssen, um die Zahl der Städte und menschlichen Siedlungen, die integrierte Maßnahmen und Pläne für Inklusion, Ressourceneffizienz, Eindämmung, Anpassung an den Klimawandel und Katastrophenresilienz annehmen und umsetzen, deutlich anzuheben und im Einklang mit dem Sendai-Rahmen auf allen Ebenen ein ganzheitliches Naturkatastrophenmanagement zu entwickeln und anzuwenden;

7.

betont, dass alle EU-Projekte im Zusammenhang mit der Errichtung neuer Infrastruktur — also sowohl jene, die aus Mitteln für die Regionalpolitik gefördert werden, als auch jene, die aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen finanziert werden — katastrophenresilient sein sollten; fordert, in den Regelungen zur Ausschöpfung dieser Fonds explizit auf diesen Grundsatz hinzuweisen;

8.

weist darauf hin, dass auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene die erforderlichen Finanzmittel für die Katastrophenvorsorge bereitgestellt werden müssen. Die Zuständigkeit für den Zivilschutz liegt häufig bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die jedoch nicht über ausreichende Mittel verfügen. Die lokalen und regionalen Behörden müssen über angemessene Mittel und die notwendigen Entscheidungskompetenzen verfügen; ist der Auffassung, dass auch die Programme zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit bei der Katastrophenvorsorge und beim Krisenmanagement ausreichend finanziell ausgestattet werden müssen;

9.

befürwortet nachdrücklich den in der Kommissionsmitteilung COM(2016) 778 vom 30. November 2016 unterbreiteten Vorschlag, der es der EU ermöglichen würde, nach einer schweren bzw. regionalen Naturkatastrophe in höherem Maße solidarisch zu handeln; fordert eine Überprüfung der Definition des Begriffs schwere bzw. regionale Naturkatastrophe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union, auf den in dem Vorschlag der Kommission verwiesen wird; weist darauf hin, dass die in der Definition genannten Grenzen für schwere Katastrophen, nämlich Schäden in Höhe von über 3 Milliarden Euro oder mehr als 0,6 % des BIP des betroffenen Staates, zu hoch sind und vor allem für kleinere und weniger entwickelte Regionen, die am häufigsten finanzielle Unterstützung benötigen, eine Hürde darstellen;

10.

hebt hervor, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Schlüsselrolle beim Management des Risikos von Naturkatastrophen sowie beim Katastrophenmanagement selbst zukommt, und weist auf die Sinnhaftigkeit, Rolle und Bedeutung lokaler und regionaler Plattformen für die Katastrophenvorsorge hin;

11.

weist darauf hin, dass die Behörden der lokalen, regionalen und nationalen Ebene im Hinblick auf eine Optimierung des Risikomanagements mit Privatunternehmen, u. a. mit Versicherungen, zusammenarbeiten müssen;

12.

weist darauf hin, dass die geostrategische Lage einiger Regionen, wie diejenige der Regionen in äußerster Randlage, diese zu privilegierten europäischen Akteuren im Hinblick auf dringende Maßnahmen außerhalb der EU, aber auch hinsichtlich der Risikoprävention macht;

13.

Katastrophen machen nicht an regionalen oder nationalen Grenzen halt, weshalb ein Protokoll für koordinierte Maßnahmen im Falle von Katastrophen erforderlich ist, die zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffen. Eine Abstimmung ist vor allem dann von zentraler Bedeutung, wenn auch Drittländer betroffen sind;

14.

weist darauf hin, dass die Problematik der Naturkatastrophen stets im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels zu betrachten ist und beide Bereiche gemeinsam behandelt werden sollten; schlägt vor, dass der neue Bürgermeisterkonvent für Klima und Energie seine Aktivitäten in diesem Bereich ausweitet und zusätzliche Unterstützung zur Anpassung an den Klimawandel bietet, die auch zur Stärkung der Resilienz auf der lokalen Ebene beiträgt; bekräftigt seine Unterstützung für den Konvent sowie für die Kampagne für widerstandsfähige Städte (Making Cities Resilient) des Büros der Vereinten Nationen für die Verringerung des Katastrophenrisikos; regt an, Botschafter für widerstandsfähige Städte zu ernennen, die auch vom AdR unterstützt werden, um die Aufmerksamkeit der Städte und Regionen auf die Kampagne „Making Cities Resilient“ zu lenken;

15.

begrüßt den in der Kommissionsmitteilung COM(2016) 739 vom November 2016 enthaltenen Verweis auf die Notwendigkeit, der Katastrophenvorsorge Rechnung zu tragen, bedauert jedoch, dass darin nicht betont wird, dass die Katastrophenresilienz eine der Grundvoraussetzungen für nachhaltiges Wachstum in der Europäischen Union ist (2);

Einschätzung des Katastrophenrisikos

16.

weist nachdrücklich auf die moralische Verpflichtung hin, sicherzustellen, dass EU-Projekte nicht zur Gefährdung menschlichen Lebens führen, indem Infrastruktureinrichtungen finanziert werden, die einer Naturkatastrophe möglicherweise nicht standhalten; betont des Weiteren, dass der Aufbau katastrophenresilienter Infrastruktur finanziell effizienter ist als die Modernisierung bestehender Einrichtungen, die nicht den Sicherheitsstandards entsprechen;

17.

begrüßt die jüngste Reform des Solidaritätsfonds der Europäischen Union, der das Finanzierungsinstrument ist, mit dem die EU Unterstützung bei Katastrophen größeren Ausmaßes leistet, sowie das wichtigste EU-Instrument für Maßnahmen in Reaktion auf Naturkatastrophen; unterstreicht die Bedeutung des Europäischen Solidaritätsfonds als Instrument, das darauf abzielt, auf Katastrophen größeren Ausmaßes zu reagieren und europäische Solidarität für die von einer Katastrophe betroffenen Regionen innerhalb Europas zum Ausdruck zu bringen; begrüßt, dass der Fonds in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des AdR für die Nachrüstung bestehender Infrastruktur zur Stärkung der Katastrophenresilienz genutzt werden kann; befürwortet zwar die Verlängerung der Fristen für die Nutzung dieses Fonds (3), betont jedoch, dass eine Frist von zwei Jahren eine wirksamere Ausschöpfung der Mittel gewährleisten würde; ist darüber hinaus der Ansicht, dass für den Fördermechanismus niedrigere Schwellenwerte festgelegt werden sollten, durch die sowohl regionale als auch lokale Gebietskörperschaften Zugang dazu erhalten;

18.

hält im Falle der Entwicklungszusammenarbeit Aufklärungsmaßnahmen für erforderlich, um dafür zu sensibilisieren, dass die Notfallvorsorge und -bekämpfung Aufgabe der Behörden und der Bevölkerung ist;

19.

befürwortet den im Aktionsplan der Kommission gewählten bereichsübergreifenden Ansatz, durch den die im Sendai-Rahmen festgelegten Ziele auf die übrigen politischen Strategien der EU übertragen werden können und der somit die Lücke zwischen dem weltweit geltenden Sendai-Rahmen und dem Unionsverfahren für den Katastrophenschutz schließt;

20.

nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission in ihrem Aktionsplan nicht nur dem Katastrophenschutz, sondern auch dem Beitrag aller politischen Strategien und Verfahren der EU Rechnung trägt, um die auf der dritten Weltkonferenz der Vereinten Nationen für Katastrophenvorsorge festgelegten Prioritäten umzusetzen;

21.

ist der Auffassung, dass im Hinblick auf eine aktive — und nicht eine reaktive — Politikgestaltung im Bereich der Katastrophenvorsorge Fünfjahrespläne erarbeitet werden sollten, die auf eine Einbindung der gesamten Gesellschaft sowie auf die Verbreitung und Verbesserung des Wissens über Risiken, Investitionen im Zusammenhang mit Risiken, die Vorbereitung auf den Ernstfall und die Katastrophenvorsorge abzielen, die EU-Prioritäten in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Forschung und Innovation stärken und eine resiliente, nachhaltige Entwicklung fördern; die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und automatischen Netzen für eine auf Früherkennung, Sofortmeldung und proaktive Interventionsprotokolle gestützte Frühwarnung sollte gefördert werden;

22.

weist darauf hin, dass die im Rahmen des Plans geförderten und umgesetzten Projekte zur Schaffung von Synergien zwischen der Katastrophenvorsorge und den Strategien zur Bewältigung des Klimawandels sowie zur Stärkung der Kapazitäten von Städten im Bereich der Prävention von Naturkatastrophen beitragen;

23.

empfiehlt, die Aktionspläne mit den anderen internationalen Vereinbarungen und den in den Jahren 2015 und 2016 angestoßenen Prozessen abzustimmen, u. a. mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, dem in Addis Abeba vereinbarten Aktionsplan für Entwicklungsfinanzierung sowie dem Klimaübereinkommen von Paris, dem Weltgipfel für humanitäre Hilfe sowie der Neuen Städteagenda;

24.

weist auf die wichtige Rolle hin, die der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft bei der Sammlung und Weitergabe von Daten zu Verlusten und Schäden sowie bei der stärkeren Verknüpfung zwischen den Strategien für das Katastrophenrisikomanagement, die Anpassung an den Klimawandel und den Erhalt der Artenvielfalt zukommt;

25.

hebt hervor, dass im Rahmen aller EU-Finanzinstrumente Investitionen zur Stärkung der Katastrophenresilienz gefördert sowie Frühwarnsysteme und die Verbesserung redundanter Technologien für die Kommunikation zwischen Katastrophenschutzsystemen und Verfahren zur Benachrichtigung der Bevölkerung unterstützt werden sollten und der Grundsatz eines besseren Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe anzuwenden ist;

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als Schlüsselpartner bei der Katastrophenvorsorge

26.

unterstreicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die institutionelle und politische Verantwortung für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger tragen und in Krisensituationen an vorderster Front stehen — sie gewährleisten die Versorgung mit den wichtigsten Dienstleistungen und die Aufsicht und übernehmen das Katastrophenmanagement. Sie sind für die Katastrophenvorsorge und die Erst- und Rettungsmaßnahmen zuständig und verfügen vor allem über detaillierte Informationen über ihre Gemeinde und ihre Bevölkerung. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind auch für die anschließenden Wiederaufbaumaßnahmen zuständig;

27.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften wiederholt enormes Engagement bei der Katastrophenvorsorge gezeigt haben, u. a. durch ihren Beitrag zur Risikobewertung und zur Erstellung der Risikomanagementpläne, worauf bereits in der AdR-Stellungnahme zum Unionsverfahren für den Katastrophenschutz hingewiesen wurde (4);

28.

betont, wie wichtig es ist, die interregionale Zusammenarbeit insbesondere im Bereich des Zivilschutzes auszubauen, um dem Katastrophenrisiko vorzubeugen; hält es für zweckmäßig, dass die Kommission mithilfe einer Verbesserung der Koordinierung zwischen den Regionen dazu beiträgt, die Zusammenarbeit noch wirksamer und effizienter zu machen, indem sie für die Modelle und die Technologie, die von den Städten und Regionen genutzt werden, Standards festlegt, damit besser auf Notfälle reagiert werden kann, die die Grenzen oder die Kapazität der jeweiligen Verwaltungseinheit überschreiten;

29.

ist der Auffassung, dass eine weitere wünschenswerte Form der Zusammenarbeit in diesem Bereich in der Entwicklung öffentlich-privater Partnerschaften bei der Katastrophenvorsorge und der Umsetzung von Maßnahmen besteht, die Anreize für eine Sensibilisierung der Privatwirtschaft für das örtliche Risiko und ihre aktive Beteiligung als Interessenträger an der Gestaltung der künftigen Katastrophenvorsorgemaßnahmen schaffen, z. B. im Bereich der Ausweitung des Angebots an Versicherungen und Rückversicherungen; äußert erneut die Befürchtung, dass Versicherungen wegen des erhöhten Risikos in bestimmten Gebieten möglicherweise nicht mehr angeboten bzw. unbezahlbar werden, sodass die Behörden einem potenziell hohen Kostenrisiko ausgesetzt sind; betont, dass die Bündelung von Risiken als Möglichkeit in Erwägung gezogen werden sollte, und spricht sich dafür aus zu bewerten, ob eine obligatorische Versicherung gegen Naturkatastrophen machbar wäre (5);

30.

spricht sich dafür aus, die zunehmende Rolle der Mobiltelefonie, des Internets und der sozialen Medien bei der Übermittlung von Informationen zu Naturkatastrophen umfassend auszuschöpfen, insbesondere durch die Förderung der AML-Technologie (Advanced Mobile Location), die eine sofortige Lokalisierung von Anrufen unter der europäischen Notrufnummer 112 ermöglicht. Die Nutzung dieser Technologien ist auch für die Durchführung von Präventions- und Ausbildungskampagnen im Bereich Katastrophenschutz wichtig;

31.

fordert eine wirksame Informationspolitik für den Katastrophenfall, die im Falle voraussichtlicher Wiederholungen oder Nachbeben dazu beitragen kann, Schäden zu vermeiden; hält es außerdem für notwendig, eine Stelle zu schaffen, die bei Katastrophen den Opfern, ihren Familienangehörigen, den Hilfskräften und anderen Betroffenen Schutz, materielle Unterstützung und psychologischen Beistand bietet;

32.

erinnert daran, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über das Wissen, die Instrumente, das Potenzial und die Ressourcen verfügen müssen, die zur Erfüllung ihrer in der AdR-Stellungnahme zum Hyogo-Aktionsplan beschriebenen Verpflichtungen erforderlich sind, und weist gleichzeitig darauf hin, dass die lokalen Gebietskörperschaften zwar für eine Reihe kritischer Infrastrukturen verantwortlich zeichnen, Investitionen zur Verbesserung der Katastrophenresilienz dieser Infrastrukturen jedoch kaum sichtbar sind und häufig vernachlässigt bzw. hinausgeschoben werden (6);

33.

fordert dazu auf, u. a. durch die Durchführung von wissenschaftlichen Untersuchungen zum Management von Naturkatastrophen Maßnahmen zur Sensibilisierung der Bevölkerung zu ergreifen; empfiehlt, die Bewohner gefährdeter Gebiete über die Notwendigkeit aufzuklären, sich solidarisch mit den Bewohnern von Gebieten zu zeigen, die einem Katastrophenrisiko ausgesetzt sind. Der Wissensstand über die Funktionsweise der Risikoeskalation ist derzeit gering;

34.

hält es für wichtig, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Kenntnisse, Instrumente, Kapazitäten und Ressourcen, die sie für die Erfüllung ihrer in der AdR-Stellungnahme zum Hyogo-Rahmenaktionsplan für die Zeit nach 2015 beschriebenen Verpflichtungen brauchen, meteorologische Messstationsnetze aufbauen. Diese Netze müssen in der Lage sein, sowohl die den Klimawandel genau quantifizierenden Messgrößen als auch alle sonstigen Messgrößen zu überwachen, die die Beobachtung von und frühzeitige Warnung vor Katastrophen erlauben;

Neue Prioritätsachse: richtige Reaktion der EU auf die Zunahme von Naturkatastrophen

35.

befürwortet nachdrücklich den Vorschlag der Kommission (COM(2016) 778 final), eine neue Prioritätsachse zu schaffen, um im Rahmen der Investitionsprioritäten des EFRE für Vorhersage-, Präventions-, Planungs- Abwehr- und Wiederaufbaumaßnahmen bei schweren bzw. regionalen Naturkatastrophen eine bis zu hundertprozentige Finanzierung bereitzustellen;

36.

befürwortet den Vorschlag, Ausgaben für diese Zwecke im Falle einer Naturkatastrophe auch dann als förderfähig einzustufen, wenn diese vor dem Inkrafttreten der Verordnung eingetreten ist;

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

37.

stellt fest, dass die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist; betont, dass Katastrophen nicht an Grenzen haltmachen und auch die Katastrophenresilienz ein Bereich ist, in dem ein abgestimmtes Vorgehen erforderlich ist. Der Katastrophenschutz ist ein Bereich, in dem die Union tätig wird, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu unterstützen, zu koordinieren oder zu ergänzen (Artikel 6 AEUV). Nach Artikel 196 AEUV kann die EU ohne eine Harmonisierung der Gesetze und Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten tätig werden.

Brüssel, den 23. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  Ziele für nachhaltige Entwicklung.

(2)  Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft — Europäische Nachhaltigkeitspolitik“ (COM(2016) 739 final).

(3)  CDR6402-2013_00_00_TRA_AC.

(4)  CDR740-2012_FIN_AC.

(5)  Zu weiteren Überlegungen über die Rolle der Versicherungen bei der Bewältigung der Folgen von Naturkatastrophen siehe die AdR-Stellungnahme COR-2014-02646.

(6)  COR-2014-02646-00-01-AC-TRA.


III Vorbereitende Rechtsakte

AUSSCHUSS DER REGIONEN

122. Plenartagung, 22./23. März 2017

17.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/36


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Legislativvorschläge für eine Lastenverteilungsverordnung und eine Verordnung zu Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF-Verordnung)

(2017/C 272/08)

Berichterstatter:

Juri Gotmans (EE/SPE), Bürgermeister der Gemeinde Haanja

Referenzdokumente:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 zwecks Schaffung einer krisenfesten Energieunion und Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen,

COM(2016) 482 final

und

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der Verordnung Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen,

COM(2016) 479 final

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

1.

begrüßt die Legislativvorschläge der Europäischen Kommission zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 in nicht unter das Emissionshandelssystem (EHS) fallenden Sektoren [COM(2016) 482 final] und über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 [COM(2016) 479 final];

2.

hält es für wichtig, die Treibhausgasemissionen in den Nicht-EHS-Sektoren bis 2030 so weit zu verringern, dass die langfristig angestrebte Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 95 % bis 2050 erreicht werden kann;

3.

ist der Ansicht, dass es im Hinblick auf die Erfüllung der im Übereinkommen von Paris eingegangenen Verpflichtungen äußerst innovativ und kostengünstig ist, wenn das Potenzial für den Abbau von CO2-Emissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in integrierter Weise im Rahmen der EU-Klimapolitik erschlossen wird;

4.

hält es für entscheidend, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften anerkannt, als wichtige Akteure in die Umsetzung der Maßnahmen der neuen Klimapolitik einbezogen und gemäß den Grundsätzen der Multi-Level-Governance aktiver und umfassender in die Umsetzung der EU-Energie- und Klimaschutzpolitik eingebunden werden;

5.

hebt die Rolle und Zuständigkeiten der Städte und Regionen bei der Erfassung und Zusammenstellung der Daten hervor, die für die Erstellung der Treibhausgasemissionsinventare in den unter die LULUCF-Verordnung und die Lastenteilungs-Verordnung fallenden Sektoren erforderlich sind; empfiehlt den Mitgliedstaaten und der Kommission, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften durch Stärkung ihrer diesbezüglichen Kapazitäten in der Erfüllung ihrer Grundaufgaben bei der Konzipierung und Planung der örtlichen Entwicklung in den Bereichen Energiewirtschaft, Verkehr, Abfallbewirtschaftung, Bodennutzung und in anderen Bereichen konsequent zu unterstützen;

6.

ist der Ansicht, dass durch die Flexibilitätsinstrumente Marktprinzipien und Landnutzungspraktiken und auch Mittel zum Erreichen der Emissionsreduktionsziele in den Klimaschutzmaßnahmen zum Ausdruck kommen, hieran jedoch Änderungen notwendig sind, um eine Abwertung der hochgesteckten Ziele der EU-Klimaschutzpolitik und eine Inflation im Quotenhandel zu vermeiden. Dies kann geschehen durch die Anrechnung der tatsächlichen Emissionen oder ihrer linearen Reduzierungstendenz im Jahr 2020, die Verringerung der Übertragung von Quotenüberschüssen im EU-EHS auf Nicht-EHS-Sektoren und die Festlegung von ehrgeizigeren Zielen auch für die Länder mit niedrigem BIP;

7.

fordert die Einführung von Compliance-Zwischenkontrollen alle fünf Jahre als wirksames Mittel zur Gewährleistung der Erfüllung der Emissionsreduktionsziele mittels regelmäßigerer Überwachung;

8.

ist der Auffassung, dass angesichts fehlender spezifischer Emissionsreduktionsziele für einzelne, unter die Lastenteilungs-Verordnung fallende Sektoren, Planungsbestimmungen vorgesehen werden sollten, damit auf Ebene der EU, der Mitgliedstaaten, Regionen und Gebietskörperschaften Strategien und Maßnahmen gestaltet werden können, um den Übergang dieser Sektoren zu Maßnahmen für niedrige CO2-Emissionen zu garantieren. Es müssen also sektorspezifische Ziele erarbeitet werden, um zu gewährleisten, dass alle unter die Lastenteilungs-Verordnung fallenden Sektoren mit dem in der Verordnung vorgeschlagenen weltweiten Emissionsreduktionsziel im Einklang stehen, und darüber hinaus müssen die Compliance-Kontrollen mit jährlichen Überprüfungen und Bilanzen verstärkt werden;

9.

betont die Notwendigkeit, die Möglichkeiten im Hinblick auf die rechtlichen Anforderungen für sektorspezifische Maßnahmen in Sektoren mit Risiko für einen Emissionsanstieg umfassend und noch ambitionierter auszuschöpfen (z. B. Effizienz von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Verkehrssektor);

10.

ersucht die Europäische Kommission, den Beitrag des LULUCF-Sektors ganzheitlich zu betrachten und anzuerkennen, dass dieser Sektor, und gerade auch der Wald, potenziell auf vielfache Art und Weise positiv zur Eindämmung des Klimawandels beitragen kann, indem sie Kohlendioxid-Emissionen binden, speichern und umwandeln;

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 zwecks Schaffung einer krisenfesten Energieunion und Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen,

COM(2016) 482 final

Änderung 1

Erwägungsgrund 5

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Der Übergang zu sauberer Energie erfordert Veränderungen im Wirtschafts- und Investitionsverhalten und Anreize in sämtlichen Politikbereichen.

Bei der Kofinanzierung zur Ergänzung der EU-Mittel müssen regionale und lokale Investitionsprogramme zur Unterstützung der Nicht-EHS-Sektoren auf den Weg gebracht werden.

Begründung

Mit der Hinzufügung einer neuen Erwägung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass in den Regionen und Städten Investitionsprogramme aufgelegt werden müssen. Die lokale und regionale Ebene kann ohne eine Anerkennung in Form eines Mandats und einer langfristigen Finanzierung nicht optimal handeln. Für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften liegt die verfügbare Hauptfinanzierungsquelle zur Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen in ihren Zuständigkeitsbereichen weitgehend in den Händen der nationalen Regierungen und wird in begrenztem Umfang durch EU-Instrumente ergänzt. Diese Finanzierung muss dezentralisiert werden. Zusätzlich zur Bereitstellung nationaler und europäischer Fördermittel in Form von Beihilfen und Kofinanzierung könnte erwogen werden, im Hinblick auf die Umsetzung von Umweltinitiativen die Kapazität der lokalen und regionalen Behörden zur Vergabe bzw. Aufnahme von Darlehen zu verbessern.

Es geht um die Schaffung einer durch EU-Mittel kofinanzierten europäischen Finanzplattform, auf der Kreditgeber und Investoren einerseits und Städte und Regionen andererseits zusammenfinden, um miteinander entsprechende Projekte zu vereinbaren. Idealerweise wäre dies das Forum für die Sektoren, die unter die Lastenverteilungs-Verordnung und die LULUCF-Verordnung fallen, weil dies vor allem die Bereiche sind, in denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ihre territoriale Zuständigkeit umfassend nutzen können.

Änderung 2

Erwägungsgrund 18

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Diese Verordnung sollte der Festlegung strengerer nationaler Ziele nicht entgegenstehen.

Diese Verordnung sollte der Festlegung strengerer nationaler Ziele nicht entgegenstehen, was erforderlich ist, um die langfristigen Ziele bis 2050 zu erreichen .

Begründung

Die Änderung dient der redaktionellen Präzisierung und soll die Staaten dazu ermutigen, zusätzliche Ziele festzulegen, da die Zielsetzungen für 2030 implizieren, dass im Zeitraum 2031-2050 weitaus größere Anstrengungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen unternommen werden müssen.

Änderung 3

Artikel 4 Absatz 3

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

[…] Für die Zwecke dieses Durchführungsrechtsakts nimmt die Kommission für die Jahre 2005 und 2016 bis 2018 eine umfassende Überprüfung der aktuellsten Daten aus dem nationalen Inventar vor. […]

[…] Für die Zwecke dieses Durchführungsrechtsakts nimmt die Kommission für die Jahre 2005 und 2018 bis 2020 eine Bewertung der aktuellsten Daten aus dem nationalen Inventar vor. […]

Begründung

Die Wahl des Referenzjahres ist von entscheidender Bedeutung und sollte sich im Idealfall auf die aktuellsten Emissionswerte (d. h. aus dem Jahr 2020) stützen bzw. von einem linearen Reduktionstrend im Zeitraum 2018 bis 2020 ausgehen, wodurch zufällige Schwankungen ausgeglichen werden. Wenn die Jahre 2016 bis 2018 zugrunde gelegt werden, wirkt sich dies insofern inflationär auf die Kohlenstoffbilanz aus, als in den folgenden Jahren eine Verringerung zu erwarten ist. Im Widerspruch zu dem Zweck des Instruments wird dadurch eher die Nichteinhaltung der Verpflichtungen gefördert, anstatt diejenigen Länder zu unterstützen, die höhere Standards einhalten.

Änderung 4

Artikel 5 Absatz 5

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

[…] Ein Empfängermitgliedstaat kann diese Menge zwecks Compliance gemäß Artikel 9 für das betreffende Jahr oder für spätere Jahre des Zeitraums bis 2030 nutzen.

[…] Ein Empfängermitgliedstaat kann diese Menge zwecks Compliance gemäß Artikel 9 für das laufende Jahr oder für spätere Jahre des Zeitraums bis 2030 nutzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Unklarheiten ist eine redaktionelle Präzisierung erforderlich, um zwischen Anrechnungsjahr und Berichtsjahr zu unterscheiden.

Änderung 5

Artikel 6 Absatz 1

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Mitgliedstaaten, für die bis zu einer Höchstmenge von 100 Millionen eine begrenzte Anzahl gelöschter EU-EHS-Zertifikate im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Compliance mit der vorliegenden Verordnung kollektiv berücksichtigt werden kann, sind in Anhang II dieser Verordnung aufgeführt.

Mitgliedstaaten, für die bis zu einer Höchstmenge von 50 Millionen eine begrenzte Anzahl gelöschter EU-EHS-Zertifikate im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Compliance mit der vorliegenden Verordnung kollektiv berücksichtigt werden kann, sind in Anhang II dieser Verordnung aufgeführt.

Begründung

Im EHS gibt es derzeit ein Überangebot an Zertifikaten und einem niedrigen Preis für CO2 (5 EUR/t im Dezember 2016); vor diesem Hintergrund ist die vorgeschlagene maximale Obergrenze von 100 Mio. Einheiten für die Emissionsmenge keine Hilfe für eine erhebliche Senkung der EHS-Emissionen, sondern kann dazu führen, dass die Emissionen in Sektoren, die nicht dem EHS unterliegen, im Zuge des Ausgleichsprozesses sogar noch ansteigen. Bei der Anwendung einer Flexibilität zwischen den Sektoren sollte bei der Umrechnung ein Malus von 1:2 angewandt werden. Durch diesen Vorschlag sollen 50 Millionen Einheiten gelöscht werden, wodurch der Wert der Tonne CO2 gesenkt wird; im Blick zu behalten ist dabei, dass der Klimaschutz in beiden Sektoren und in den für sie vorgesehenen Maßnahmen auf einem hohen Niveau gehalten werden soll.

Änderung 6

Artikel 8 Absätze 1 und 2

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Ein Mitgliedstaat, der […] als keine ausreichenden Fortschritte erzielt bewertet wird […]

Die Kommission wird bei der Bewertung der Aktionspläne […] von der Europäischen Umweltagentur unterstützt .

Ein Mitgliedstaat, der […] als nicht zur Einhaltung seiner Verpflichtungen in der Lage bewertet wird […]

Die Kommission arbeitet bei der Bewertung der Aktionspläne […] mit der Europäischen Umweltagentur zusammen und greift auf unabhängige Quellen zurück .

Begründung

Redaktionelle Änderung zur deutlicheren Formulierung. „Fortschritte“ sind eine zu allgemeine Definition, ebenso wie der Begriff „unterstützen“ Ausdruck eines zaghaften Ansatzes ist. Wenn bereits ein Überschreitungsproblem aufgetreten ist, muss unbedingt eine unabhängige Bewertung des Aktionsplans des Mitgliedstaats vorgenommen werden.

Änderung 7

Artikel 9 Absatz 2

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

[…] so wird eine diesen überschüssigen THG-Emissionen entsprechende Menge in Tonnen CO2-Äquivalent für die betreffenden Jahre von den jährlichen Emissionszuteilungen an diesen Mitgliedstaat abgezogen.

[…] so wird eine diesen überschüssigen THG-Emissionen entsprechende Menge in Tonnen CO2-Äquivalent für die Jahre, in denen die Überschreitung stattgefunden hat , von den jährlichen Emissionszuteilungen an diesen Mitgliedstaat abgezogen.

Begründung

Redaktionelle Klarstellung, um die Jahre, für die die Reduktionsklausel gilt, konkret und mit den jeweiligen Bedingungen zu benennen.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der Verordnung Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen

COM(2016) 479 final

Änderung 8

Erwägungsgrund 9

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Die Emissionen und der Abbau von Treibhausgasen aus Waldflächen hängen von einer Reihe natürliche r Umstände, der Altersklassenstruktur sowie der früheren und gegenwärtigen Bewirtschaftungspraxis ab. Durch die Zugrundelegung eines Basisjahrs könnten diese Faktoren und die sich daraus ergebenden zyklischen Auswirkungen auf die Emissionen und den Abbau oder deren jährliche Schwankungen nicht wiedergegeben werden. Stattdessen sollten die jeweiligen Anrechnungs- und Verbuchungsvorschriften Referenzwerte vorsehen, um die Wirkungen natürlicher und landesspezifischer Faktoren ausschließen zu können.

Die Emissionen und der Abbau von Treibhausgasen aus Waldflächen hängen von zahlreichen natürliche n Umstände n , der Altersklassenstruktur sowie der Bewirtschaftungspraxis ab. Durch die Wahl eines Basisjahrs könnten diese Faktoren und die sich daraus ergebenden zyklischen Auswirkungen auf die Emissionen und den Abbau oder deren jährliche Schwankungen nicht wiedergegeben werden. Stattdessen sollten die jeweiligen Anrechnungs- und Verbuchungsvorschriften Referenzwerte vorsehen, um die Wirkungen natürlicher, landesspezifischer und regionaler Faktoren ausschließen zu können.

Begründung

Eine differenzierte Betrachtung der Bewirtschaftungspraxis ist nicht erforderlich — sie muss ohnehin berücksichtigt werden. Neben zyklischen Phänomenen sollte mit Schlüsselwörtern auf natürliche Veränderungen abgehoben werden. Es gibt eine Vielzahl natürlicher Ereignisse, die zufällig auftreten. Auch in kleineren Ländern können regionale Unterschiede zutage treten, sodass ein länderspezifischer Ansatz nicht ausreicht, um der natürlichen Vielfalt sowohl in großen als auch in kleineren Ländern gerecht zu werden.

Änderung 9

Erwägungsgrund 10

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

[…] und eine ausreichende Zahl von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten auswählen.

[…] und eine ausreichende Zahl von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten, auch von der regionalen und lokalen Ebene, auswählen.

Begründung

Eine methodische Präzisierung ist dahin gehend erforderlich, dass lokale und regionale Experten einbezogen werden sollten, zumal die Erkenntnisse der zentralen Behörden und der Hauptstadt wesentlich von den lokalen Erkenntnissen abweichen können. Europa hat anerkannte Hochschulen außerhalb der Hauptstädte, die sich mit den einschlägigen Wissenschaften beschäftigen, und dieses Potenzial sollte entschlossener und vorrangig genutzt werden. Auch könnten die zentralen Umweltbehörden in den Hauptstädten dazu neigen, die Problematik aus einer nationalen, verallgemeinernden Perspektive und formal zu betrachten, bzw. die Gegebenheiten ausgehend von der politischen Konjunktur und konventionellen Mustern zu sehen, wobei lokale Entwicklungen und unerwartete Veränderungen der Dynamik unberücksichtigt bleiben.

Änderung 10

Erwägungsgrund 16

Kommissionsvorschlag

Änderung

Die Europäische Umweltagentur sollte die Kommission, gegebenenfalls in Übereinstimmung mit ihrem Jahresarbeitsprogramm, bei dem System der jährlichen Berichterstattung über die Emissionen und den Abbau von Treibhausgasen, der Bewertung der Informationen über Strategien, Maßnahmen und nationale Prognosen, der Bewertung der geplanten zusätzlichen Politiken und Maßnahmen und der von der Kommission im Rahmen dieser Verordnung durchgeführten Compliance-Kontrollen unterstützen.

Die Europäische Umweltagentur sollte die Kommission, gegebenenfalls in Übereinstimmung mit ihrem Jahresarbeitsprogramm, bei dem System der jährlichen Berichterstattung über die Emissionen und den Abbau von Treibhausgasen, der Bewertung der Informationen über Strategien, Maßnahmen und nationale Prognosen, der Bewertung der geplanten zusätzlichen Politiken und Maßnahmen und der von der Kommission im Rahmen dieser Verordnung durchgeführten Compliance-Kontrollen unterstützen, wobei unabhängigen Informationen, die auf Analysen und Fachwissen der nationalen, regionalen und lokalen Ebene beruhen, umfassend Rechnung getragen werden sollte .

Begründung

Bei den Standpunkten und der Compliance-Bewertung der Kommission sollten nationale und regionale Erfahrungen und Ansichten anerkannt und berücksichtigt werden, um auf diese Weise dazu beizutragen, dass bei der Festlegung des europaweiten Systems das eigentliche Anliegen nicht aus den Augen verloren wird.

Änderung 11

Erwägungsgrund 17

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

[…] Bestehende Programme und Erhebungen in der Union und den Mitgliedstaaten[…] sollten bestmöglich für die Datenerfassung genutzt werden.

[…] Die administrative Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Datenerhebung und -verwaltung sowie bei der Verbesserung der Datenqualität sollte gestärkt werden. In die Berichterstattung sollte es einen Mechanismus der Compliance-Kontrolle durch lokale Experten geben. Ferner sollten die methodischen Grundlagen und Standards ausgehend von den lokalen Bedingungen präzisiert werden.

Begründung

Die Verwaltungskapazität der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollte hervorgehoben und ihre Rolle in der Landnutzungspolitik und in der Überwachung bei der Festlegung der Anrechnungseinheiten für die Landnutzung gestärkt werden. Gleichzeitig sollten die Kapazitäten der Städte und Regionen zur Überwachung von Daten im Zusammenhang mit LULUCF und zur Berichterstattung über diese Daten ausgebaut sowie die methodischen Standards im Rahmen ihrer Verfahren und Maßnahmen verbessert werden (z. B. im Planungsprozess). Dies gewährleistet eine Einhaltung der zentralen Grundsätze des IPCC-Verfahrens, wie Kohärenz, Vergleichbarkeit, Vollständigkeit, Genauigkeit und Transparenz.

Änderung 12

Neuer Erwägungsgrund 21 (in der deutschen Fassung Erwägungsgrund 22)

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

 

Zwecks einer besseren Datenerfassung und Analyse des LULUCF-Sektors sollte die Kommission sicherstellen, dass für die einschlägigen Fördermittel einheitliche Methoden und Indikatoren zur Verfügung stehen.

Begründung

Hinzufügung eines neuen Erwägungsgrunds, der sich auf den Bedarf an EU-Fördermitteln für Landnutzungsanalysen zur Einhaltung der Verordnung und für Hintergrundanalysen bezieht. Es sollte präzisiert werden, für welche Art von Maßnahmen im LULUCF-Sektor möglicherweise zusätzliche Mittel im Rahmen der EU-Strukturfonds bereitgestellt werden könnten.

Änderung 13

Artikel 5 Absatz 2

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Die Mitgliedstaaten verhindern die Doppelerfassung von Emissionen und Abbau, indem sie insbesondere die Emissionen und den Abbau aus mehr als einer Kategorie für die Flächenverbuchung lediglich unter einer Kategorie verbuchen.

Die Mitgliedstaaten verhindern die Doppelerfassung von Emissionen und Abbau in unterschiedlichen Kategorien für die Flächenverbuchung .

Begründung

Redaktionelle Vereinfachung und Präzisierung durch eine allgemein verständliche Erwähnung des Falls der Doppelerfassung. Wichtig ist, dass der Grundsatz konkret formuliert wird: die Doppelerfassung muss ausgeschlossen werden.

Änderung 14

Artikel 5 Absatz 5

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Die Mitgliedstaaten führen vollständige und genaue Aufzeichnungen aller Daten, die bei der Erstellung ihrer Konten verwendet werden.

Die Mitgliedstaaten führen vollständige, kontinuierliche und genaue Aufzeichnungen aller Daten, die bei der Erstellung ihrer Konten verwendet werden.

Begründung

Hinzufügung der Kontinuität als wichtiges Qualitätsmerkmal. Fehler und Probleme können in Zeitreihen vor allem dann auftreten, wenn die Kontinuität unterbrochen oder die Methode geändert wird.

Änderung 15

Artikel 8 Absatz 3

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Der nationale Anrechnungsplan für die Forstwirtschaft muss veröffentlicht werden und Gegenstand einer öffentlichen Konsultation sein.

Der nationale Anrechnungsplan für die Forstwirtschaft muss jährlich veröffentlicht werden und Gegenstand einer jährlichen öffentlichen Konsultation in den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie mit Interessenträgern sein.

Begründung

Zur genaueren Festlegung der Bedingungen für die Veröffentlichung und die Konsultation.

Änderung 16

Artikel 10 Absatz 1

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

[…] infolge natürlicher Störungen, die die durchschnittlichen Emissionen infolge natürlicher Störungen im Zeitraum 2001-2020 übersteigen, […]

[…] infolge natürlicher Störungen, die die durchschnittlichen Emissionen infolge natürlicher Störungen im Zeitraum 2001-2019 übersteigen, […]

Begründung

Für die Verbuchung sollte ein längerer Zeitraum in Erwägung gezogen werden. Es sollte vermieden werden, dass große natürliche Störungen oder kumulierte Waldschäden bei der Verbuchung nicht berücksichtigt werden oder am Ende des Anrechnungszeitraums zu stark ins Gewicht fallen. Bei der Meldung der durchschnittlichen Emissionen ist eine gewisse Verzögerung anzuwenden.

Änderung 17

Artikel 12 Absatz 2

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

Die Kommission führt eine umfassende Überprüfung der Compliance-Berichte durch, um die Einhaltung des Artikels 4 zu beurteilen .

Die Kommission beurteilt die Einhaltung des Artikels 4 (Nettoabbau von Treibhausgasen und Flexibilitätsbedingungen) in den Compliance-Berichten und bestätigt diese .

Begründung

Die Bedingungen für die Überprüfung müssen näher erläutert werden: nicht nur eine Beurteilung, sondern auch die Bestätigung ist erforderlich. An dieser Stelle könnte auch kurz auf den Inhalt von Artikel 4 verwiesen werden.

Änderung 18

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a und Anhang IIIa letzter Absatz

Kommissionsvorschlag

Änderung des AdR

[…] ab 2023 […]

Anhang IIIa letzter Absatz: Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, die Tier-3-Methode anzuwenden , bei der die auf nationale Gegebenheiten zugeschnittene nichtparametrische Modellierung angewandt wird, bei der die physische Interaktion des biophysikalischen Systems im Einklang mit den IPCC-Leitlinien für nationale Treibhausgasinventare von 2006 beschrieben wird.

[…] ab 2021 […]

Anhang IIIa letzter Absatz: Die Mitgliedstaaten wenden die Tier-3-Methode an , bei der die auf nationale Gegebenheiten zugeschnittene nichtparametrische Modellierung angewandt wird, bei der die physische Interaktion des biophysikalischen Systems im Einklang mit den IPCC-Leitlinien für nationale Treibhausgasinventare von 2006 beschrieben wird.

Begründung

Die Verbuchung sollte unmittelbar 2021 beginnen. Die Anwendung von präziseren Methoden sollte angestrebt werden — eine verbindlichere Formulierung: sie wenden die Methode an, und nicht: sie werden ermutigt, die Methode anzuwenden.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

Allgemeine Bemerkungen

1.

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Sektoren, die von der Lastenteilungsverordnung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie von der LULUCF-Verordnung erfasst werden, ohne Zweifel eine entscheidende Rolle haben, da diese Verordnungen die Einbeziehung der territorialen Dimension erfordern. Zugleich geht es hier unmittelbar um Bereiche, in denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer rechtlichen Zuständigkeiten und Befugnisse tätig werden können. Zur politischen Umsetzung steht darüber hinaus ein breiter Katalog zweckdienlicher Instrumente bereit, zum Beispiel die Raumplanung, KMU-Förderung, politische Maßnahmen zur Anziehung und Förderung grüner Investitionen, Gebäudewesen, Stadtverkehr und Mobilität sowie Stadtentwicklungspläne;

2.

unterstreicht, dass die angebotenen Maßnahmen helfen, die Emissionen in denjenigen Bereichen zu verringern, die nicht vom EU-Emissionshandelssystem (EHS) erfasst werden und so einen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Mehrwert bieten. Dadurch kommt den Städte und Regionen eine noch entscheidendere Rolle zu, da sie auf ihren Territorien Vorreiter und treibende Kräfte für die Initiativen zur Dekarbonisierung sind und die wirtschaftlichen und sozialen Faktoren jeder Maßnahme vor Ort berücksichtigen;

3.

unterstreicht, dass eine moderne und nachhaltige Forstwirtschaft zur stärkeren Nutzung erneuerbarer Ressourcen beiträgt, Bioenergie als Ersatz für fossile Brennstoffe liefert und zugleich effektive Kohlendioxidsenken schafft; hebt hervor, dass die Reduzierung der Emissionen in den LULUCF-Sektoren ebenfalls durch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU gefördert werden muss;

4.

sieht wichtige Aufgaben der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der direkten Information der Bürger und der Durchführung von Kampagnen zu Energiefragen. Die Vorschläge der Kommission unterstützen die Umsetzung regionaler Klima- und Energiestrategien und bringen die Dekarbonisierung der Sektoren und die planvolle Bodennutzung im Rahmen der Regional- und Stadtentwicklung und in der Raumplanung voran. Eingerahmt werden die regionalen und örtlichen Prozesse mit konkreten Beispielen und Reduzierungszielen vom Konvent der Bürgermeister;

5.

ist der Auffassung, dass die vorgeschlagenen Verordnungen keinerlei Fragen hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip aufwerfen, da die Bekämpfung des Klimawandels und seiner Folgen eindeutig ein grenzüberschreitendes Problem ist, weshalb die Ziele dieser Verordnungen nur durch ein Handeln auf EU-Ebene zu verwirklichen sind. Darüber hinaus wird mit den vorgeschlagenen Verordnungen weder formal noch inhaltlich über das für die Erreichung des Ziels einer kosteneffizienten Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 erforderliche Maß hinausgegangen. Daher entsprechen sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit;

Bedeutung und Wechselbeziehungen der sektorspezifischen Politik

6.

hält es für erforderlich, dass zum Übergang auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft und saubere Energieträger weiterhin breit angelegte Klimamaßnahmen auch in Sektoren, die nicht dem Emissionshandelssystem unterliegen, ergriffen werden. Bei der vorgeschlagen Lastenteilung wird eine allgemeine Regelung für die Nicht-EHS-Sektoren angestrebt;

7.

macht darauf aufmerksam, dass die Kommission keine konkreten, rechtlich bindenden Ziele für diese Sektoren vorgegeben hat, sondern eher von einer Gesamtbetrachtung ihres Beitrags ausgeht, bei der den Mitgliedstaaten eine vergleichsweise große Entscheidungsfreiheit darüber zugestanden wird, welche Maßnahmen sie konkret einsetzen wollen, um ihre Zielvorgaben für die Senkung der Treibhausgasemissionen zu erfüllen. Die Perspektiven für die Treibhausgasreduzierung sind von Sektor zu Sektor verschieden und können auf nationaler Ebene — wie beispielsweise die Prognosen für die Emissionen aus dem Landverkehr ganz unabhängig von der Umsetzung von Maßnahmen für mehr Kraftstoffeffizienz — sogar auf Erhöhungen hinauslaufen;

8.

plädiert für eine flexible Umsetzung der allgemeinen Ziele in der Summe aller Sektoren, wobei die jeweiligen regionalen und lokalen Kapazitäten einzuschätzen und zu berücksichtigen sind; eine Aufsplitterung des Zieles nach Einzelsektoren ist jedoch praktisch nicht durchführbar;

Wie flexibel bzw. wie starr sind die Flexibilitätsmechanismen?

9.

betont, dass alle Mitgliedstaaten und Sektoren der Wirtschaft zur Verwirklichung der CO2-Reduktionsziele beitragen und alle das vorstehend genannte Ziel anstreben sollten, wobei Fairness- und Solidaritätsaspekte in ausgewogener Weise zu berücksichtigen sind; nationale Ziele innerhalb der Gruppe der Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-BIP über dem EU-Durchschnitt sollten anteilig angepasst werden, um die Kostenwirksamkeit fair und ausgewogen zu gewährleisten;

10.

merkt an, dass das Erreichen dieser THG-Reduktionsziele die europäische Wirtschaft effizienter und innovativer machen und Verbesserungen katalysieren dürfte, insbesondere in den Bereichen Gebäudewesen, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Verkehr, soweit diese in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen;

11.

macht darauf aufmerksam, dass in der Verordnung zur Lastenteilung viele Möglichkeiten für Flexibilität und Handel vorgesehen sind, die darauf ausgerichtet sind, den Mitgliedstaaten zu helfen, ihrer Ziele für die Emissionsreduzierung bis 2030 erreichen. Maßnahmen dieser Art dämpfen die Kosten der Emissionsreduzierung, wenngleich Realismus und Umsicht geboten sind und aufmerksam darauf geachtet werden muss, dass die Flexibilität in einigen Mitgliedstaaten nicht zu mehr Emissionen oder zur Festlegung von niedrigeren Zielen durch Manipulationen führt, sei es vor der Inkraftsetzung der Bestimmungen oder bei der Umsetzung des Flexibilitätsmechanismus, denn uneinheitliche Flexibilitätsregelungen könnten letzten Endes zu einem Verfehlen der Emissionsreduzierungsziele führen. Es gilt, nicht nur die zeitweiligen wirtschaftlichen und strukturellen Probleme der Staaten und ihren Lebensstandard im Blick zu behalten, sondern auch den regionalen Unterschieden innerhalb der Staaten gerecht zu werden, damit die hochgesteckten Ziele erreicht werden;

12.

fordert die Kommission dringend auf, konkrete Lösungen für die Problematik solcher Regionen vorzuschlagen, die mit besonderen Schwierigkeiten oder Verschlechterungen im Zusammenhang mit dem notwendigen Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft konfrontiert sind; betont, dass realistische Lösungen für Regionen entwickelt werden müssen, die in hohem Maße von der Nutzung fossiler Brennstoffe oder von energieintensiven Branchen abhängig sind bzw. auf andere Weise unverhältnismäßig stark durch die Anwendung der vorgeschlagenen Verordnungen belastet werden; unterstreicht die wichtige Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Konzipierung nachhaltiger Entwicklungsmodelle, mit denen die Wirtschaft dieser Regionen stimuliert werden könnte;

13.

merkt an, dass in Anbetracht des Überangebots an EHS-Zertifikaten und des niedrigen Preises für CO2 die gesetzte maximale Obergrenze von 100 Mio. Einheiten für die Emissionsmenge keine Hilfe für eine kräftige Verminderung der Emissionen bietet, sondern den Klimaschutzzielen zuwiderlaufen und dazu führen kann, dass die Emissionen in Sektoren, die nicht dem EHS unterliegen, als Folge des Abbaus von Ungleichgewichten sogar noch ansteigen;

14.

ruft die Kommission auf, bei der Verrechnung von Strafen eine gewisse Flexibilität vorzusehen, indem bei der Umschichtung der Emissionsquoten zwischen den Sektoren niedrigere Währungs- bzw. Bewertungskurse angesetzt werden;

Anrechnungs- und Verbuchungsvorschriften im Bereich LULUCF sowie Flexibilitätsregelungen

15.

begrüßt den Vorschlag, es den Mitgliedstaaten zu gestatten, insgesamt 280 Millionen Einheiten aus dem Bereich LULUCF für die Verbuchung zu nutzen, wobei der potenziell positive Beitrag dieses Sektors, und hier vor allem die Wälder, zur Klimapolitik der EU anerkannt werden sollte; verweist auf die bestehenden Probleme hinsichtlich der Genauigkeit der Überwachung von Treibhausgasemissionen im Bereich LULUCF und die Unterstützung der lokalen Ebene bei der Datenerfassung;

16.

stellt fest, dass die CO2-Bindung im LULUCF-Rahmen auf diejenige Bereiche der Lastenverteilungsverordnung beschränkt sein sollte, in denen die Verbuchungsvorschriften wissenschaftlich fundiert und begründet sind und in Pilotprojekten überprüft wurden. Auf diese Weise sollen Spekulation und die Reduzierung der allgemeinen Grundsätze auf den reinen Kostenaspekt vermieden werden. Bei der Überwachung der Maßnahmen im Bereich LULUCF und in der einschlägigen Berichterstattung müssen nach bestem Wissen und durch Anwendung der besten Methoden Doppelzählungen vermieden werden; dies gilt vor allem für den Wechsel zwischen Landnutzungskategorien, aber auch für die Verbuchung von Holzprodukten und natürlichen Störungen;

17.

schlägt vor, Abzüge alle fünf Jahre zu ermöglichen, damit der potenzielle Beitrag entwaldeter Flächen, aufgeforsteter Flächen, bewirtschafteter Ackerflächen und bewirtschafteten Grünlands angerechnet werden kann. Dadurch sollen der Veränderlichkeit der Natur entsprochen und die Auswirkungen von zufälligen Ereignissen und zyklischen Prozessen ausgeglichen werden;

18.

empfiehlt der Kommission, die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Datenverwaltung und der Überwachung der Verbuchungen für LULUCF in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten genauer festzulegen;

Verbuchung und ihre Kontrolle

19.

hält es für wichtig, dass die strenge Berichterstattungs- und Compliance-Regelung der Lastenteilungsentscheidung in den Vorschlag übernommen wurde. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einhaltung von Jahresobergrenzen und einer linearen Entwicklung im Zeitraum 2021-2030 bleibt bestehen, doch wird die tatsächliche Compliance-Kontrolle nur noch alle fünf Jahre durchgeführt;

20.

betont, dass die Kommission, um zu gewährleisten, dass die Compliance-Kontrollen auf der Grundlage präziser Daten erfolgen, die von den Mitgliedstaaten vorgelegten Treibhausgasinventare kontinuierlich und systematisch prüfen und bewerten muss, ggf. auch mithilfe von unabhängigen Sachverständigen;

21.

ist der Ansicht, dass die Europäische Umweltagentur die Kontrolle der Transparenz, Genauigkeit, Kohärenz, Vergleichbarkeit und Vollständigkeit der übermittelten Informationen auch weiterhin koordinieren muss. Ausschlaggebend ist, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Verbuchung und Berichterstattung zu stärken, um den lokalen und territorialen Besonderheiten besser als bisher Rechnung zu tragen;

22.

hält es für wichtig, dass den nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungen sowie den Unternehmen, KMU und Kleinstunternehmen durch diesen Vorschlag keine unmittelbare Berichtspflichten oder Verwaltungslasten auferlegt werden;

Die Qualität der Daten im Bereich LULUCF

23.

weist darauf hin, dass die Vielfalt und Variabilität der Landnutzung in Europa zu einer naturgemäß unterschiedlichen und uneinheitlichen Behandlung führen, die eine entschlossene und koordinierte Harmonisierung und Normierung der Datenqualität der Mitgliedstaaten erforderlich macht, wobei nicht nur ländertypische, sondern auch regionale und lokale Gegebenheiten und Bedingungen einschließlich ihrer Dynamik berücksichtigt werden müssen; schlägt in diesem Zusammenhang vor, die Erfahrungen zu nutzen, die etwa mit Verfahren zur Erstellung von Emissionsinventaren im Rahmen der Initiative des Bürgermeisterkonvents gesammelt wurden, und damit an die laufenden Bemühungen zur Entwicklung flexibler, leicht anwendbarer und verlässlicher Indikatoren für die Messung lokaler und regionaler Emissionen im Rahmen des globalen Konvents der Bürgermeister anzuknüpfen;

24.

ist besorgt darüber, dass das Kyoto-Protokoll Ende 2020 ausläuft. Folglich muss die Verwaltung des LULUCF-Bereichs innerhalb der EU weiterentwickelt werden. Derzeit erfolgt dies auf der Grundlage des LULUCF-Beschlusses (529/2013/EU). Dieser Beschluss wird bereits umgesetzt, wodurch bis 2020 bessere Anrechnungs- und Verbuchungssysteme geschaffen werden. Ohne einen rechtlichen Rahmen zur Konsolidierung dieser Umsetzung und zur Festlegung der Regeln für den Zeitraum nach 2020 könnte es in der EU zu einer uneinheitlichen Einbeziehung von LULUCF in den Gesamtrahmen kommen. Unterschiede bei den Berichterstattungs- und Anrechnungs-/Verbuchungsvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten könnten das optimale Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen;

Die Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die LULUCF-Inventare

25.

räumt ein, dass die Verbuchungsvorschriften für das LULUCF-Inventar auf Grundlage des IPCC-Verfahrens von 2006 nicht den modernsten Methoden entsprechen. Die EU müsste das Inventurverfahren wesentlich weiterentwickeln, um dessen Genauigkeit und Schnelligkeit zu verbessern, wobei gleichzeitig die Einfachheit und Transparenz des Systems erhalten bleiben sollten. Diesbezüglich kommt den Städten und Regionen bei der Übermittlung der für die LULUCF-Inventare nötigen Informationen sowohl zur Ex-post-Evaluierung als auch zur Aufstellung von Prognosen eine wichtige, wenn nicht gar entscheidende Rolle zu;

26.

betont, dass in dem Verfahren die Verwendung von Unterstützungsstrukturen, die die allmähliche Verbesserung vorantreiben sollen, Ausdruck einer vielversprechenden Entwicklung zu sein scheint. Der AdR könnte zur Schaffung eines günstigen Umfelds beitragen, um nach den zentralen Grundsätzen des IPCC-Verfahrens wie Kohärenz, Vergleichbarkeit, Vollständigkeit, Genauigkeit und Transparenz die Fähigkeit der Städte und Regionen zur Sammlung, Analyse und Bündelung der Daten im Zusammenhang mit LULUCF weiter auszubauen;

27.

ist der Ansicht, dass die Europäische Kommission gemeinsam mit dem AdR Leitlinien entwickeln sollte, um den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine verfahrenstechnische Hilfestellung bei der Datensammlung an die Hand zu geben, desgleichen gemeinsame methodische Standards für die Einbeziehung und Berücksichtigung der örtlichen Informationen, wobei Kompromisse zwischen Genauigkeit und Kostenwirksamkeit sowie bei der Begrenzung des Verwaltungsaufwands nicht außer Acht zu lassen sind. Eine größere Genauigkeit kann gewiss nur durch die Beteiligung von lokalen und regionalen Experten erreicht werden;

Die Einbindung eines breiten Spektrums von Interessenträgern

28.

stellt fest, dass ein Ansatz unter Einbeziehung vieler Interessenträger nicht nur angezeigt ist, um Einigkeit über Fragen des Klimawandels und der Gestaltung von LULUCF zu erzielen, sondern auch dazu beiträgt, die Transparenz und Berichterstattungspflicht zu erhöhen und die Bewertung der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf lokaler und regionaler Ebene zu verbessern, leichter zu optimalen Lösungen zu finden und bereichsübergreifend die zunehmende Komplexität in den Griff zu bekommen;

29.

ist der Ansicht, dass bei der Einbeziehung von LULUCF in den Rahmen für die Klimapolitik in erster Linie die Land- und Forstwirtschaft, aber auch der Beitrag des Wohnungswesens, der Abfallbewirtschaftung und der Kleinindustrie sowohl bei der Einführung bewährter Verfahrensweisen in Hinblick auf die Transparenzvorschriften als auch zur Gewährleistung der Wirksamkeit der Kontrollmechanismen berücksichtigt werden müssen. Eine rasche und konkrete Rückmeldung aus den einzelnen Bereichen sowohl während der Beratungen über die Verordnung als auch während der Umsetzung ist ausschlaggebend und entscheidend;

Finanzierung

30.

unterstreicht, dass die Finanzierungsmöglichkeiten kontinuierlich, entschiedener als bisher und dezentraler auf die lokale und regionale Ebene ausgedehnt werden müssen, wo sie bei privaten Finanzierungen und für Kreditinstitute attraktive Ergänzungen sein könnten. Zusätzlich zur Bereitstellung nationaler und europäischer Finanzmittel in Form von Beihilfen und Kofinanzierungen sollte erwogen werden, zur Durchführung ökologischer Initiativen die Kreditfähigkeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihre Kapazitäten zur Vergabe von Darlehen zu verbessern. Dies kann durch Änderungen in der Gesetzgebung oder den Zusammenschluss von Städten erreicht werden, die allein nicht groß genug sind, um beispielsweise Anleihen zu kaufen.

Brüssel, den 23. März 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA