ISSN 1977-088X

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 272

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

58. Jahrgang
18. August 2015


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

EMPFEHLUNGEN

 

Rat

2015/C 272/01

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2015

1

2015/C 272/02

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2015

6

2015/C 272/03

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2015

10

2015/C 272/04

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2015

14

2015/C 272/05

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2015

18

2015/C 272/06

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs 2015

21

2015/C 272/07

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2015

24

2015/C 272/08

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2015

28

2015/C 272/09

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik 2015

32

2015/C 272/10

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Dänemarks 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2015

36

2015/C 272/11

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Estlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2015

39

2015/C 272/12

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Irlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2015

42

2015/C 272/13

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2015

46

2015/C 272/14

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2015

51

2015/C 272/15

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Kroatiens 2015

56

2015/C 272/16

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Italiens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2015

61

2015/C 272/17

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2015

66

2015/C 272/18

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Litauens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2015

70

2015/C 272/19

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2015

73

2015/C 272/20

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2015

76

2015/C 272/21

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Maltas 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2015

80

2015/C 272/22

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2015

83

2015/C 272/23

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2015

87

2015/C 272/24

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Polens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2015

91

2015/C 272/25

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zum nationalen Reformprogramm Portugals 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2015

94

2015/C 272/26

Empfehlung des Rates vom 14. Juli 2015 zur Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

98


DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

EMPFEHLUNGEN

Rat

18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/1


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2015

(2015/C 272/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2014 (4) an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Rumäniens 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Rumänien als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Rumänien 2015. Darin wurden die Fortschritte Rumäniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Rumänien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die politische Maßnahmen und eine Überwachung erfordern. Im Verlauf der drei aufeinanderfolgenden EU-IWF-Programme wurden externe und interne Ungleichgewichte signifikant reduziert. Allerdings erfordern Risiken aufgrund des relativ ausgeprägten negativen Nettoauslandsvermögensstatus Rumäniens und eine schwache mittelfristige Exportkapazität aufmerksame Beobachtung. Im Bankensektor bestehen weiterhin externe und interne Schwachstellen.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Rumänien sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Am 22. Oktober 2013 nahm der Rat den Beschluss 2013/531/EU (5) an, in dem er einen mittelfristigen finanziellen Beistand für Rumänien in Höhe von bis zu 2 Mrd. EUR für den Zeitraum bis September 2015 zusagte. Dieser Beistand ist an die Bedingung geknüpft, umfassende wirtschaftspolitische Maßnahmen umzusetzen. Auch wenn Rumänien unter den gegenwärtigen Marktbedingungen nicht beabsichtigt, eine Auszahlung etwaiger Tranchen zu beantragen, dürfte der vorsorgliche Beistand der makroökonomischen, haushaltspolitischen und finanziellen Stabilität förderlich sein und im Zuge der Umsetzung von Strukturreformen die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft und das Wachstumspotenzial steigern. Sobald Rumänien das Programm verlassen hat, wird es wieder vollständig in den Rahmen des Europäischen Semesters einbezogen.

(9)

Rumänien unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Konvergenzprogramm hat Rumänien angesichts geplanter Strukturreformen eine vorübergehende Abweichung in Höhe von 0,5 % des BIP vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel beantragt. Da die geplanten Strukturreformen in dem Programm nicht ausreichend detailliert beschrieben wurden, kann der Rat deren Plausibilität nicht beurteilen. Rumänien hat außerdem die Anwendung der Rentenreformklausel beantragt. Ob die Reform für eine Anwendung der Klausel in Betracht kommt, muss von Eurostat bestätigt werden. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission würde das für 2016 erwartete strukturelle Defizit von 3,4 % des BIP keine angemessene Sicherheitsmarge zu dem im Vertrag verankerten Defizit-Referenzwert von 3 % des BIP gewährleisten. Daher ist der Rat der Auffassung, dass Rumänien die Anforderungen nicht erfüllt, um 2016 die beantragte Möglichkeit einer vorübergehenden Abweichung in Anspruch zu nehmen.

(10)

In ihrem Konvergenzprogramm 2015 kündigt die Regierung an, 2015 das Gesamtdefizit auf einem Stand von 1,5 % des BIP zu halten und es 2018 auf 0,8 % des BIP zu senken. Die Regierung plant, das mittelfristige Haushaltsziel eines strukturellen Defizits von 1,0 % des BIP ab 2016 einzuhalten. Dem Konvergenzprogramm zufolge dürfte die Schuldenquote 2015 mit 40,1 % ihren Höchststand erreichen und danach schrittweise bis 2018 auf 37,1 % sinken. Das diesen Haushaltsprognosen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist günstig. Die von der Regierung am 25. März und vom Senat am 27. April verabschiedeten wesentlichen defizitsteigernden Maßnahmen (6), die in der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission berücksichtigt wurden, sind im Konvergenzprogramm nicht enthalten, obwohl dies nach dem Verhaltenskodex erforderlich wäre. Die Maßnahmen, mit denen die angestrebten Defizitziele ab 2016 erreicht werden sollen, wurden nicht präzise genug dargelegt. Der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission zufolge dürfte der strukturelle Saldo um 0,3 % des BIP vom mittelfristigen Haushaltsziel abweichen. Damit wird die im Rahmen des Zahlungsbilanzprogramms genehmigte Abweichung von 0,25 % des BIP leicht überschritten, sofern die Kofinanzierung von aus EU-Mitteln geförderten Vorhaben den Haushaltsplanungen entspricht. Im Jahr 2016 dürfte die Abweichung mit 2,4 % des BIP eine signifikante Höhe erreichen, wohingegen eine Anpassung von 0,3 % des BIP erforderlich wäre. Infolgedessen werden 2015 und 2016 weitere Maßnahmen notwendig sein. Ausgehend von seiner Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht nach Auffassung des Rates das Risiko, dass Rumänien die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhält.

(11)

Rumäniens haushaltspolitischer Rahmen ist insgesamt solide, wird aber nicht wirksam angewendet. Die mittel- und langfristigen demografischen Trends und die langsame Entwicklung des Arbeitsmarkts könnten die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems gefährden. Die 2010 auf den Weg gebrachte Rentenreform hat bereits einige Verbesserungen gezeitigt, doch das von der Regierung im Dezember 2013 vorgeschlagene Gesetz zur Vereinheitlichung des gesetzlichen Renteneintrittsalters für Männer und Frauen ab 2035 wurde von der Abgeordnetenkammer des Parlaments noch nicht angenommen.

(12)

Die jüngste Kürzung der von den Arbeitgebern zu entrichtenden Sozialabgaben hat die Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit gesenkt, ohne jedoch eine klare Zielrichtung vorzugeben. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bleibt die Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener hoch (40 %). Steuerbetrug und Steuerumgehung stellen nach wie vor eine große Herausforderung dar und belasten das Steueraufkommen. Für die geplante laufende Umstrukturierung der rumänischen Steuerverwaltung wurden die ersten Schritte eingeleitet. Im Jahr 2014 wurde in zwei Regionen ein Pilotprojekt zur Einhaltung der Vorschriften im Zusammenhang mit nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit, zu niedrig angegebenen Löhnen und Steuerhinterziehung umgesetzt, das 2015 ausgeweitet werden soll. Die Umweltsteuer wurde 2014 angehoben und entspricht nun fast dem EU-Durchschnitt.

(13)

Auch wenn 2014 einige Verbesserungen festzustellen waren, ist die Beschäftigungs- und Erwerbsquote von Frauen, jungen Menschen, älteren Arbeitskräften und Roma weiterhin besonders niedrig. Die aktive Arbeitsmarktpolitik wurde überarbeitet, doch die allgemeine Beteiligung an aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen und deren Finanzierung bleiben gering, vor allem bei der beruflichen Bildung, Programmen zur Anerkennung von zu einem früheren Zeitpunkt erworbenen Qualifikationen, Mobilitätsanreizen und Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Rumänien hat Schritte unternommen, um die Jugendarbeitslosigkeit zu verringern, insbesondere durch die Jugendgarantie, doch die Umsetzung hinkt hinterher. Bei der Erarbeitung transparenter Leitlinien für die Festlegung des Mindestlohns gab es keine Fortschritte. Um individuell zugeschnittene Dienstleistungen und eine kohärentere Ausrichtung auf die verschiedenen Zielgruppen zu ermöglichen, benötigt die öffentliche Arbeitsverwaltung mehr Kapazitäten, insbesondere im Personalbereich, und einen integrierten Rahmen für die Durchführung der durch die europäischen Struktur- und Investitionsfonds kofinanzierten Maßnahmen.

(14)

Rumänien steht im Bildungsbereich verschiedenen Herausforderungen gegenüber: Der Anteil der frühen Schulabgänger bleibt deutlich über dem EU-Durchschnitt; die Verfügbarkeit und der Zugang zu frühkindlicher Bildung und Betreuung sind begrenzt, insbesondere in ländlichen Gebieten und für Roma; die Beteiligung am lebenslangen Lernen liegt weit unter dem EU-Durchschnitt; die Qualität und Arbeitsmarktrelevanz der Hochschulbildung sind mangelhaft; und die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse ist nach wie vor die zweitniedrigste in der Union. Rumänien hat begonnen, sich diesen Herausforderungen zu stellen, wobei in den verschiedenen Bereichen unterschiedliche Fortschritte und bislang kaum sichtbare Endergebnisse erzielt wurden. Rumänien hat im Juni 2015 zwei nationale Strategien angenommen, und zwar die nationale Strategie für lebenslanges Lernen und die nationale Strategie zur Verringerung der Anzahl der frühen Schulabgänger. Nun ist es wichtig, dass es für deren rasche Umsetzung sorgt. Für den Zeitraum 2014-2019 wurde ein nationales Programm für frühkindliche Bildung und Betreuung ausgearbeitet, das zum neuen Schuljahr 2015/2016 operationell wird. Es wurde eine Strategie für tertiäre Bildung entwickelt, die darauf abstellt, die Hochschulbildung besser auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts abzustimmen und den Zugang für benachteiligte Gruppen zur Hochschulbildung zu verbessern. Zur Verbesserung der beruflichen Aus- und Weiterbildung und der Lehrlingsausbildung wurden bereits Maßnahmen umgesetzt.

(15)

Das rumänische Gesundheitssystem ist durch unzureichende Behandlungsergebnisse, finanziell und geografisch schlechte Zugänglichkeit, Unterfinanzierung und ineffiziente Ressourcennutzung gekennzeichnet. Es besteht eine starke Abhängigkeit von stationären Leistungen, und das System leidet unter dem großen ineffizienten Krankenhausnetz, den schwachen und fragmentierten Überweisungssystemen und den geringen Ausgaben für die medizinische Grundversorgung. Darüber hinaus erschweren die im öffentlichen Gesundheitswesen weit verbreiteten informellen Zahlungen weiter den Zugang zum System und beeinträchtigen seine Effizienz und Qualität. Durch verschiedene Maßnahmen und Reformen im Gesundheitswesen konnten die Finanzierungslücke verringert und das Niveau und die Effizienz der Leistungen gesteigert werden. Die nationale Gesundheitsstrategie für 2014-2020, in der die strategische Grundlage für Reformen im Gesundheitswesen festgelegt ist, wurde im Dezember 2014 angenommen und soll nun umgesetzt werden. Das Gesundheitsministerium und die staatliche Krankenversicherungsanstalt ziehen verschiedene Maßnahmen in Erwägung, um das System zur Finanzierung des Gesundheitswesens zu verbessern.

(16)

Die Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung bleibt eine wesentliche Herausforderung für Rumänien. Der Anteil der armutsgefährdeten oder von sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen nimmt zwar ab, bleibt aber mit 40 % im Jahr 2013 weit über dem EU-Durchschnitt. Die sozialen Transferleistungen (ausgenommen Renten) zur Verringerung der Armut scheinen nur begrenzte und bei Kindern besonders geringe Wirkung zu zeigen. Die sozialen Transferleistungen sind nicht angemessen mit Aktivierungsmaßnahmen verknüpft. Nach wie vor gibt es Verzögerungen bei der Umsetzung der Reform des Sozialhilfesystems von 2011. Die Strategie für soziale Integration und Armutsbekämpfung sowie die damit verbundenen Aktionspläne wurden am 27. Mai 2015 gebilligt. Bei der Einführung des Mindesteingliederungseinkommens, das die Sozialhilfe durch die Kombination von drei bestehenden Sozialtransferleistungen vereinfachen und auch die Verknüpfung mit Aktivierungsmaßnahmen stärken würde, wurden begrenzte Fortschritte erzielt. Im Jahr 2013 nahm die Regierung ein Gesetz zur Sozialwirtschaft an, um den Bereich der Sozialwirtschaft zu regulieren und die Erwerbsbeteiligung benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu verbessern; dieses Gesetz wird aber nach wie vor im Parlament erörtert. Zur Integration der Roma wurden wenige wirksame Maßnahmen ergriffen. Im Januar 2015 wurde jedoch mit einiger Verzögerung eine überarbeitete Strategie für die Integration der Roma angenommen, deren Umsetzung jedoch hinter dem Zeitplan zurückliegt.

(17)

Die Verwaltungskapazität in Rumänien ist gering, fragmentiert und durch eine unklare Übertragung von Zuständigkeiten gekennzeichnet, sodass sie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft beeinträchtigt. Die Ursachen der strukturellen Schwächen wurden ermittelt, und eine Strategie zur Bewältigung der Herausforderungen in der öffentlichen Verwaltung und bei der Festlegung und Koordinierung politischer Prioritäten wurde im Oktober 2014 zusammen mit einem Aktionsplan für die Umsetzung im Zeitraum 2014-2020 angenommen. Bei der Umsetzung gibt es jedoch deutliche Verzögerungen. Unregelmäßigkeiten bei der öffentlichen Auftragsvergabe haben die Umsetzung von EU-Fonds-Programmen signifikant verzögert. Sie wirken sich nachteilig auf das Unternehmensumfeld aus und halten die so dringend benötigten Infrastrukturinvestitionen zurück.

(18)

Bei der Stärkung der Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz des Justizwesens, der Bekämpfung der Korruption auf allen Ebenen und der Sicherstellung einer wirksamen Umsetzung von Gerichtsurteilen wurden einige Fortschritte erzielt. Die Umsetzung von Gerichtsurteilen bleibt jedoch in vielen Fällen mangelhaft, und die Fortschritte bei der Verhütung und Bekämpfung der Kleinkorruption waren eher begrenzt. Diese wichtigen Politikbereiche werden im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens abgedeckt.

(19)

Die staatseigenen Unternehmen leiden unter mangelhafter Produktivität, verstärken die Illiquidität in der Wirtschaft, belasten als Eventualverbindlichkeiten den gesamtstaatlichen Haushalt und verursachen 50 % der Steuerrückstände aller Unternehmen zusammen. Ein entscheidender Faktor, der das Leistungsvermögen der staatseigenen Unternehmen bestimmt, ist die Unternehmensführung und -kontrolle. Die derzeitigen Führungsstrukturen dieser Unternehmen verhindern weder eine politische Einflussnahme auf die tägliche Unternehmensführung, noch gewährleisten sie eine Trennung zwischen den Eigentümerfunktionen der Behörden und deren Funktionen bei der Festlegung der Politik. Erst mit dem Erlass der Dringlichkeitsverordnung Nr. 109/2011 wurden systematisch spezifische Vorschriften für staatseigene Unternehmen eingeführt. Die Vorschriften erfassen jedoch nach wie vor nicht alle Bereiche und werden in der Praxis nicht immer eingehalten. Im Hinblick auf die Reform der Unternehmensführung und -kontrolle staatseigener Unternehmen im Energie- und Verkehrssektor wurden keine Fortschritte verzeichnet.

(20)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Rumäniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Rumänien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Rumänien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(21)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (7) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(22)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider —

EMPFIEHLT, dass Rumänien 2015 und 2016

1.

alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um das finanzielle Beistandsprogramm abzuschließen;

2.

die Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel 2015 gemäß dem Zahlungsbilanzprogramm für den Zeitraum 2013-2015 auf höchstens 0,25 % des BIP beschränkt und 2016 zum mittelfristigen Haushaltsziel zurückkehrt; die umfassende Strategie zur Förderung der Steuerdisziplin umsetzt, die Prüfungs- und Kontrollsysteme zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit stärkt und die Vereinheitlichung des Renteneintrittsalters für Männer und Frauen vorantreibt;

3.

die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ausbaut, insbesondere für nicht bei der Arbeitsagentur gemeldete junge Menschen und Langzeitarbeitslose; sicherstellt, dass die nationale Arbeitsagentur personell angemessen ausgestattet ist; in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten klare Leitlinien für eine transparente Festlegung des Mindestlohns aufstellt; ein Mindesteingliederungseinkommen einführt; das Angebot und die Qualität der frühkindlichen Bildung und Betreuung verbessert, insbesondere für Roma; Maßnahmen ergreift, um die nationale Strategie zur Verringerung der Anzahl der frühen Schulabgänger umzusetzen; die nationale Gesundheitsstrategie 2014-2020 weiterverfolgt, um der schlechten Zugänglichkeit, der schlechten Finanzausstattung und der Ressourcenineffizienz entgegenzuwirken;

4.

ein Gesetz zur Reformierung der Unternehmensführung und -kontrolle staatseigener Unternehmen annimmt.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 109).

(5)  Beschluss 2013/531/EU des Rates vom 22. Oktober 2013 über einen vorsorglichen mittelfristigen finanziellen Beistand der Union für Rumänien (ABl. L 286 vom 29.10.2013, S. 1).

(6)  In dem neuen Steuergesetzesentwurf enthaltene Steuerkürzungen.

(7)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/6


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2015

(2015/C 272/02)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten slowenischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Sloweniens für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Slowenien als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Slowenien 2015. Darin wurden die Fortschritte Sloweniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Slowenien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern. Der Abbau der Ungleichgewichte ist im Gange, und dank entschlossenen politischen Handelns, einer verbesserten Exportleistung und günstigerer Wachstumsbedingungen haben die Risiken im Vergleich zum Vorjahr abgenommen, was insbesondere für die mit der Tragfähigkeit der Zahlungsbilanz zusammenhängenden Risiken gilt. Eine schwache Corporate Governance, ein hoher staatlicher Anteil an Unternehmen, eine hohe Unternehmensverschuldung und steigende staatliche Schulden bergen Risiken für die finanzielle Stabilität und das Wachstum und müssen aufmerksam beobachtet werden. Die Ungleichgewichte werden nicht mehr als übermäßig eingeschätzt, müssen aber weiterhin aufmerksam beobachtet werden.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Slowenien sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Slowenien unterliegt derzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP). In seinem Stabilitätsprogramm 2015 plant die Regierung die Korrektur des übermäßigen Defizits gemäß der Vorgabe des Rates bis 2015 und die Erreichung des mittelfristigen Haushaltsziels — einem strukturell ausgeglichenen Haushalt — bis 2020, d. h. ein Jahr nach dem Programmzeitraum. Die Regierung sieht vor, das Gesamtdefizit schrittweise auf 2,9 % des BIP im Jahr 2015 und 0,9 % des BIP im Jahr 2019 abzusenken. Nach dem Stabilitätsprogramm wird die gesamtstaatliche Schuldenquote 2015 mit 81,6 % voraussichtlich ihren Höchststand erreichen, um danach wieder rückläufig zu werden. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission soll das übermäßige Defizit bis 2015 fristgerecht und dauerhaft korrigiert werden. Gleichzeitig bleiben die Konsolidierungsanstrengungen angesichts des strukturellen Saldos und der getroffenen diskretionären Maßnahmen hinter den Empfehlungen des Rates zurück. Sofern Slowenien sein übermäßiges Defizit wie geplant korrigiert, unterliegt das Land ab 2016 der präventiven Komponente des Pakts. Mit welchen Maßnahmen die geplanten Defizitziele ab 2016 erreicht werden sollen, wurde nicht hinreichend dargelegt. Im Lichte der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission scheint 2016 folglich das Risiko einer erheblichen Abweichung von der erforderlichen Anpassung an das mittelfristige Ziel zu bestehen. Weitere Maßnahmen sind also erforderlich. Auf der Grundlage seiner eigenen Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission vertritt der Rat die Auffassung, dass das Risiko besteht, dass Slowenien den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht einhalten wird. In Bezug auf die Haushaltsregeln hat das Parlament im Jahr 2013 eine Verfassungsänderung beschlossen, mit der die Vorgabe eines strukturell ausgeglichenen/überschüssigen gesamtstaatlichen Haushalts in der Verfassung verankert wird. Die erforderliche Durchführungsbestimmung wurde indes noch nicht angenommen. Durch Änderungen am Gesetz über die öffentlichen Finanzen dürfte die erforderliche Rechtsgrundlage für Verfahrensfragen in Bezug auf das Gesetz über die Haushaltsregeln geschaffen werden.

(9)

Slowenien hat Maßnahmen ergriffen, um den Druck auf die mittelfristige Tragfähigkeit des Rentensystems zu mildern. Um dessen Tragfähigkeit über 2020 hinaus sicherzustellen, müssen wichtige Parameter jedoch noch angepasst werden. Die Rentenreform von 2013 hat sich positiv ausgewirkt, und der Rechtsakt, mit dem ein demografischer Fonds eingerichtet werden soll, dürfte bis Ende 2015 verabschiedet werden. Zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der Renten bedarf es jedoch noch weiterer Reformen. Bei der Reform der Langzeitpflege wurden keine Fortschritte erzielt. Ende 2013 hat die Regierung zwar ein Konzept für die Reform der Langzeitpflege beschlossen, aber die Annahme der Rechtsvorschriften zu deren Umsetzung wurde auf Ende 2015 verschoben, um zuvor Beschlüsse zur Krankenversicherungsreform zu ermöglichen, die auch die Frage der Finanzierung der Gesundheitsfürsorge insgesamt und der Langzeitpflege umfassen. Alterungsbedingte Ausgaben für die Langzeitpflege können dadurch eingedämmt werden, dass die Leistungen auf die Bedürftigsten konzentriert und der Schwerpunkt von der institutionellen auf die häusliche Pflege verlagert wird.

(10)

Im Januar 2015 wurde eine Sozialvereinbarung getroffen, der zufolge die Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor weniger stark als im privaten Sektor steigen sollen. Die Zusammensetzung und Indexierung der Mindestlöhne ist nicht Gegenstand dieser Vereinbarung. Auch wenn die Mindestlöhne gemessen an den Durchschnittslöhnen nach wie vor relativ hoch liegen, wuchsen sie in jüngster Zeit nur begrenzt. Aus einer Bewertung der Arbeitsmarktreform 2013 geht hervor, dass die Arbeitsmarktbeschränkungen zwar abgebaut wurden, nach wie vor aber strukturelle Probleme in Bezug auf die Langzeitarbeitslosigkeit und die niedrigen Beschäftigungsquoten gering qualifizierter und älterer Arbeitnehmer bestehen. Slowenien hat einige Maßnahmen zur Behebung des Qualifikationsungleichgewichts ergriffen, und bis 2020 sind zahlreiche weitere Maßnahmen geplant.

(11)

Der Bankensektor wurde durch die Rekapitalisierung der Abanka und der Banka Celje im Jahr 2014 weiter stabilisiert. Ein umfassender Aktionsplan für Banken wurde zum Abschluss gebracht und dem Premierminister im Januar 2015 übermittelt. Die slowenische Nationalbank hat in Reaktion auf die 2013 bei der Überprüfung der Aktiva-Qualität festgestellten Mängel Folgemaßnahmen eingeleitet und wird im ersten Quartal 2015 Überprüfungen vor Ort wieder aufnehmen, um zu kontrollieren, ob die Banken die Empfehlungen auch umgesetzt haben. Die größten Banken haben ihre Umschuldungs- und Umstrukturierungsabteilungen neu organisiert und verstärkt. Für einen gesünderen Bankensektor bedarf es aber einer Verstärkung der langfristigen Rentabilität und einer Reduzierung der notleidenden Darlehen im Unternehmenssektor. Es wurden sowohl ein Umstrukturierungs-Masterplan für den Firmenkundenbereich ausgearbeitet als auch eine zentralisierte Umstrukturierungs-Task-Force für diesen Bereich eingesetzt. Ein weiterer Schuldenabbau im Unternehmenssektor, auch über die Bankenvermögensverwaltungsgesellschaft (Bank Asset Management Company — BAMC) und mittels der vollständigen Anwendung des neuen Insolvenzrechts, würde dazu beitragen, die erforderlichen Rahmenbedingungen für eine Korrektur der privaten Anlagen wiederherzustellen. Die Kreditvergabetätigkeit der Banken ist weiter rückläufig und betrifft hauptsächlich KMU. Die jüngste Rekapitalisierung des Bankensektors dürfte erst 2016 ihre vollen Auswirkungen zeigen. Die eingeschränkte Kreditvergabe der Banken und hohe Zinssätze belasten die Finanzierungskapazität der KMU. Auch wenn der Anteil der abgelehnten Kreditanträge in den letzten sechs Jahren rückläufig war, ist die Zahl der KMU, die von einer größeren Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe — eine der höchsten in der Union — berichten, erheblich gestiegen.

(12)

Das Privatisierungsprogramm schreitet, wenn auch mit Verzögerungen, voran. Die Umstrukturierung der fünf großen staatseigenen Banken und die Abwicklung von zwei kleineren inländischen Banken werden derzeit vorgenommen. Die Slovenian Sovereign Holding, die für die Verwaltung und Veräußerung von Staatsvermögen zuständig ist, ist nun voll operationell. Das Parlament muss noch den Entwurf einer Vermögensverwaltungsstrategie verabschieden. In der Folge dürfte ein Veräußerungsplan für eine Reihe sorgfältig ausgewählter Staatsvermögenswerte veröffentlicht werden. Im Dezember 2014 verabschiedete die Slovenian Sovereign Holding einen neuen Corporate-Governance-Kodex, und im Januar 2015 wurde ein für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften („Compliance“) Verantwortlicher bestellt.

(13)

Die Effizienz der Gerichte hat sich 2014 weiter verbessert, wenngleich das Tempo etwas nachgelassen hat. Einige Fortschritte wurden bei der Verkürzung von Gerichtsverfahren in erster Instanz in anhängigen Zivil- und Handelsprozessen erzielt, einschließlich Fälle des Insolvenzrechts. Die Länge der Verfahren und die Zahl der unbearbeiteten Fälle bleiben aber hoch.

(14)

Ein ungünstiges Unternehmensumfeld in Slowenien ist ein Hauptgrund für die geringen Investitionen in slowenische Unternehmen, und die Vielzahl von Gesetzen und Gesetzesänderungen erschweren den Betrieb eines Unternehmens und die Einhaltung lokaler Bestimmungen. Die Zahl der reglementierten Berufe ist von 323 auf 242 zurückgegangen, liegt aber immer noch hoch. Rund 25 % der Maßnahmen des Maßnahmenkatalogs zum Abbau von Verwaltungshemmnissen wurde umgesetzt. Die Agentur für Wettbewerbsschutz verfügt nun über ausreichende Haushaltsautonomie und institutionelle Unabhängigkeit.

(15)

Die neue Regierung hat ihre Entschlossenheit zur Bekämpfung von Korruption bekräftigt und im Januar 2015 ein neues Zwei-Jahres-Programm von elf Dauermaßnahmen aufgelegt. Bei Transparenz und Rechenschaftspflicht wurden einige Fortschritte erzielt. Eine umfassende Reform des öffentlichen Sektors ist in Vorbereitung. In Bezug auf die Berichte über Leistungsbewertung und Qualitätskontrollverfahren wurden hingegen keine Fortschritte erzielt.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Sloweniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Slowenien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Slowenien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (6). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Slowenien auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Slowenien 2015 und 2016

1.

eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits gewährleistet (2015) und eine haushaltspolitische Anpassung von 0,6 % des BIP in Richtung des mittelfristigen Haushaltsziels erreicht (2016); das Gesetz über die Haushaltsregeln annimmt und das Gesetz über die öffentlichen Finanzen überarbeitet; die langfristige Reform des Altersversorgungssystems voranbringt; bis Ende 2015 eine Gesundheits- und Pflegereform verabschiedet;

2.

den Mechanismus für die Festlegung des Mindestlohns in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten überprüft, insbesondere aber die Rolle der Zulagen im Lichte der Auswirkungen auf Armut trotz Erwerbstätigkeit, Arbeitsplatzschaffung und Wettbewerbsfähigkeit; die Beschäftigungsfähigkeit gering qualifizierter und älterer Arbeitnehmer verbessert; Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit ergreift und angemessene Anreize für einen längeren Verbleib im Arbeitsleben schafft;

3.

die Zahl der notleidenden Kredite bei Banken verringert und zu diesem Zweck spezifische Zielvorgaben einführt; die Kreditrisikoüberwachungskapazität bei Banken stärkt; die Umstrukturierung des Unternehmenssektors fortführt und weiterhin für eine starke Corporate Governance bei der Bankenvermögensverwaltungsgesellschaft (Bank Asset Management Company — BAMC) sorgt; Maßnahmen für einen besseren Zugang von Kleinstunternehmen und KMU zu Finanzierungen ergreift; eine Strategie für die Slovenian Sovereign Holding mit einer klaren Einstufung der Aktiva verabschiedet; einen jährlichen Vermögensverwaltungsplan umsetzt und Leistungskriterien anwendet;

4.

gewährleistet, dass die Reformen, die im Hinblick auf eine Verbesserung der Effizienz der Zivilgerichtsbarkeit verabschiedet wurden, zu einer Verkürzung der Verfahren beitragen.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 115).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/10


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2015

(2015/C 272/03)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten slowakischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung der Slowakei für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem die Slowakei nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Slowakei 2015. Darin wurden die Fortschritte der Slowakei bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 29. April 2015 übermittelte die Slowakei ihr nationales Reformprogramm 2015 und ihr Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Die Slowakei unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Laut Stabilitätsprogramm 2015 plant die Regierung, das Gesamtdefizit schrittweise auf 2,5 % des BIP im Jahr 2015 und bis 2018 weiter auf 0,5 % des BIP zurückzuführen. Dem Stabilitätsprogramm zufolge dürfte das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — ab 2017 erreicht sein. Die öffentliche Schuldenquote soll im Jahr 2015 marginal auf 53,4 % des BIP und danach weiter auf 50,3 % des BIP im Jahr 2018 zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Doch wird nicht präzise genug dargelegt, mit welchen Maßnahmen die angestrebten Defizitziele ab 2016 erreicht werden sollen. Nach der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird das Netto-Ausgabenwachstum sowohl 2015 als auch 2016 unter dem Richtwert liegen und somit den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts genügen. Aufgrund seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass die Slowakei die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(9)

Der Arbeitsmarkt zeigte im Jahr 2014 Anzeichen einer Erholung, dennoch ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch. Vom System der sozialen Sicherheit ausgehende Fehlanreize wurden abgebaut, und bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sind einige Fortschritte zu verzeichnen; eine große Herausforderung stellt aber weiterhin die Langzeitarbeitslosigkeit dar; außerdem ist das Beschäftigungsniveau bei Roma und Geringqualifizierten niedrig. Wenngleich erste Schritte zur Reform der öffentlichen Arbeitsverwaltung unternommen wurden, verfügt diese nur über begrenzte Kapazitäten zur Erbringung individuell zugeschnittener Dienstleistungen, namentlich für die arbeitsmarktfernsten Bevölkerungsgruppen. Die Beschäftigungsquote der Frauen liegt immer noch deutlich unter dem EU-Durchschnitt; zum einen kommt hier das unzureichende Angebot an qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Kinderbetreuungseinrichtungen zum Tragen, zum anderen aber auch die relativ lange Elternzeit.

(10)

Die Slowakei hat einige Fortschritte im Bereich des arbeitsbasierten Lernens erzielt, und 2015 wird ein neues Gesetz über die berufliche Aus- und Weiterbildung in Kraft treten. Nur begrenzte Fortschritte waren hingegen in Bezug auf die Verbesserung des Lehrumfelds, die Einrichtung stärker berufsorientierter Bachelor-Programme und die Erhöhung des Anteils der Roma-Kinder, die Angebote frühkindlicher Bildung und Betreuung nutzen, zu verzeichnen. Es wurde jedoch nichts unternommen, um eine breitere Teilnahme der Roma an Berufsbildung und Hochschulbildung zu gewährleisten. Auch bei der Schließung der Lücken im slowakischen Forschungs- und Innovationssystem wurden lediglich begrenzte Fortschritte gemacht; hier muss es in erster Linie darum gehen, Qualität und Relevanz der Wissenschaftsbasis zu verbessern und die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu fördern.

(11)

Das ungünstige Unternehmensumfeld in der Slowakei ist der Attraktivität des Landes für ausländische und inländische Investitionen abträglich. Insbesondere die unzureichende Effizienz und Qualität der öffentlichen Verwaltung und des Justizwesens wirken sich nachteilig auf das Unternehmensumfeld aus. Der öffentliche Dienst leidet unter einer hohen Personalfluktuation und einem ineffizienten Personalmanagement. Zur Bekämpfung der Korruption wurden bislang lediglich begrenzte Anstrengungen unternommen. Insbesondere wurde der Notwendigkeit einer Stärkung der Analyse- und Prüfkapazitäten der Steuerverwaltung nicht Rechnung getragen. Das öffentliche Auftragswesen ist durch tief verwurzelte Missstände gekennzeichnet, die sich negativ auf die Allokation öffentlicher Mittel auswirken.

(12)

Die jüngsten Änderungen des Steuersystems haben zwar zu einer Verbesserung der öffentlichen Finanzen geführt, doch wird die derzeit relativ solide Schuldenposition der Slowakei künftig durch die Kosten der Bevölkerungsalterung gefährdet. Die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen hängt davon ab, inwieweit die Regierung in der Lage ist, die Kosteneffizienz im Gesundheitswesen zu erhöhen. Insgesamt ist die Effizienz des slowakischen Gesundheitssystems niedrig und dessen Leistungsfähigkeit im Vergleich zum Rest der EU gering. Die Regierung hat eine neue Gesundheitsstrategie für den Zeitraum 2014-2020 beschlossen, mit der die Mängel des nationalen Gesundheitswesens behoben werden sollen. Die Umsetzung der Strategie ist im Gange, doch sind die meisten Maßnahmen noch nicht in Kraft. Auch bei der Steuererhebung und Steuerverwaltung bestehen nach wie vor Ineffizienzen.

(13)

Die schwache Investitionsleistung der vergangenen Jahre kann die langfristigen Wachstumsaussichten der Slowakei beeinträchtigen. Besonders stark war der Rückgang bei den privaten Investitionen in den Jahren 2008 bis 2013, wobei etwa 90 % des durch die rückläufige Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen (ADI) bedingten Rückgangs der Gesamtinvestitionen auf Nichtfinanzunternehmen entfielen. Im Jahr 2013 lagen die realen Anlageinvestitionen immer noch 13 % unter dem Niveau von 2008. Wenngleich der Rückgang bei den öffentlichen Investitionen deutlich geringer ausfiel, hat er doch signifikante Konsequenzen — angesichts der großen Verkehrsinfrastrukturvorhaben, die von entscheidender Bedeutung sind, wenn das Wachstumspotenzial der zentral gelegenen und der östlichen Regionen der Slowakei ausgeschöpft werden soll. Sowohl die administrativen und rechtlichen Hindernisse bei der Investitionsplanung als auch das Fehlen von Transparenz und die langwierigen Verfahren zur Erteilung von Bau- und Landnutzungsgenehmigungen stehen öffentlichen Investitionen im Wege. Im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten in der Region schlagen EU-Mittel in der Slowakei mit einem sehr hohen Anteil an den Gesamtinvestitionen der öffentlichen Hand zu Buche. Die Inanspruchnahme von EU-Mitteln wird mitunter behindert durch eine mangelhafte Abwicklung der Planungsverfahren, Defizite bei Projektplanung und Projektauswahl und die Nichterfüllung von Anforderungen im Zusammenhang mit Umweltverträglichkeitsprüfungen. Maßgeschneiderte Spezifikationen bei der öffentlichen Auftragsvergabe beschränken den Wettbewerb und haben hohe Endpreise zur Folge. Eine bessere Aufsicht und eine höhere Fachkompetenz bei den an der Auftragsvergabe beteiligten öffentlichen Stellen könnten zur Überwindung dieser Probleme beitragen. Die unzureichende Effizienz und Qualität von Verwaltung und Justiz ist insbesondere den unternehmerischen Rahmenbedingungen abträglich, und Themen wie die Reform der Zivilprozessordnung und die unausgeglichene Arbeitsbelastung der Gerichte wurden noch nicht angegangen.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Slowakei umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an die Slowakei gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Slowakei berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seiner Stellungnahme (6) zufolge erfüllt die Slowakei die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte die Slowakei auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass die Slowakei 2015 und 2016

1.

die Kosteneffizienz im Gesundheitswesen erhöht, unter anderem durch ein verbessertes Management im Bereich der stationären Behandlung sowie durch eine Stärkung der Primärversorgung; Maßnahmen zur Erhöhung des Steueraufkommens trifft;

2.

weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit — bessere Aktivierungsmaßnahmen, Bereitstellung von Angeboten des zweiten Bildungswegs und Einführung von am individuellen Bedarf ausgerichteten, qualitativ hochwertigen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen — trifft; durch einen Ausbau der Kinderbetreuungsangebote stärkere Anreize für Frauen schafft, erwerbstätig zu bleiben bzw. ins Erwerbsleben zurückzukehren;

3.

die Lehrerausbildung verbessert und die Attraktivität des Lehrberufs erhöht mit dem Ziel, der Verschlechterung der Bildungsergebnisse Einhalt zu gebieten; den Anteil der Roma-Kinder erhöht, die die Regelschule besuchen und die in den Genuss einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Bildung kommen;

4.

Infrastrukturinvestitionen fördert und die Verwaltungsverfahren zur Erteilung von Landnutzungs- und Baugenehmigungen optimiert und strafft; für mehr Wettbewerb bei öffentlichen Ausschreibungen und bessere Aufsichtsmechanismen im öffentlichen Auftragswesen sorgt.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 122).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/14


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2015

(2015/C 272/04)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten finnischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Finnlands für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Finnland als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Finnland 2015. Darin wurden die Fortschritte Finnlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Finnland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern. Aufmerksamkeit verdienen insbesondere Risiken im Zusammenhang mit der schwachen Exportleistung im Kontext des industriellen Strukturwandels. Während die Schrumpfung der Exportmarktanteile und der Elektronikindustrie weitgehend beendet ist, bleiben die Investitionen niedrig und ist das Potenzialwachstum zurückgegangen. Die Verschuldung des privaten Sektors hat sich stabilisiert und scheint keinen Anlass zu unmittelbarer Sorge zu geben, doch erfordert ihr vergleichsweise hohes Niveau eine genaue Beobachtung.

(7)

Am 2. April 2015 übermittelte Finnland sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Finnland unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Laut dem von der früheren Regierung vorgelegten Stabilitätsprogramm 2015, das auf der Annahme einer unveränderten Politik beruht und den Zeitraum 2014 bis 2019 umfasst, soll das Gesamtdefizit, das 2014 auf 3,2 % des BIP angewachsen war und damit über den Referenzwert von 3 % des BIP hinausgeht, 2015 weiter auf 3,4 % des BIP ansteigen. Bis 2017 soll es schrittweise auf 3,1 % abgebaut werden und 2019 dann 2,5 % des BIP erreichen. Dem Stabilitätsprogramm 2015 zufolge soll die öffentliche Schuldenquote im Prognosezeitraum des Programms ansteigen und sich bis 2019 auf 67,8 % des BIP erhöhen. Das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — wird bis Ende des Programmzeitraums nicht erreicht. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Nach der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird sich das gesamtstaatliche Defizit Finnlands 2015 auf 3,3 % des BIP und 2016 auf 3,2 % des BIP belaufen, während sich der Schuldenstand bis 2016 auf rund 64,4 % des BIP erhöhen dürfte. Die Kommission hat am 13. Mai 2015 einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV veröffentlicht, in dem sie zu dem Schluss gelangt, dass weder das Defizitkriterium noch das Schuldenstandskriterium als erfüllt gelten können. Allerdings hat die neue Regierung am 27. Mai ihr strategisches Programm einschließlich der geplanten Konsolidierungsmaßnahmen veröffentlicht. Einer Bewertung der Kommission zufolge dürften diese Maßnahmen, wenn sie vollständig umgesetzt werden, dazu führen, dass das Gesamtdefizit 2016 deutlich unter 3 % des BIP liegt. Nach einer Verschlechterung im Jahr 2014 kommt es im Jahr 2015 erneut zu einer Abweichung von der im Rahmen der präventiven Komponente vorgeschriebenen Konsolidierungsanstrengung. Der Ausgabenrichtwert dürfte im Jahr 2015 mit großem Abstand eingehalten werden. Folglich besteht möglicherweise das Risiko einer signifikanten Abweichung von der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Ziel, die ex post neu bewertet werden muss. Bei Berücksichtigung der von der neuen Regierung angekündigten Maßnahmen, besteht für 2015 die Gefahr einer gewissen Abweichung. Daher sind zur Verwirklichung der erforderlichen strukturellen Anpassung weitere Maßnahmen erforderlich. Aufgrund seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission sowie einer Bewertung der am 27. Mai vorgelegten Konsolidierungsmaßnahmen der neuen Regierung sieht der Rat ein Risiko, dass Finnland die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhalten wird. Zwar hat Finnland bei der Umsetzung von Verwaltungsreformen einige Fortschritte erzielt, doch ist die Effizienz des finnischen öffentlichen Sektors noch verbesserungsfähig, insbesondere in Bereichen, die aufgrund der Bevölkerungsalterung künftig unter Kostendruck geraten werden.

Die Sozialpartner haben sich im Herbst 2014 auf den Inhalt der Rentenreform verständigt, doch muss diese noch verabschiedet werden. Angesichts der Tragfähigkeitslücke und der geplanten Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters muss die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer dringend erhöht werden. Ein frühes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ist meist durch Erwerbsunfähigkeit oder verlängerte Arbeitslosenleistungen für ältere Arbeitnehmer bedingt. Der Regierungsentwurf zur Reform der Sozial- und Gesundheitsleistungen wurde im Dezember 2014 ins Parlament eingebracht, doch eine Lösung, wie das administrative Modell großer Gemeindekoalitionen mit der verfassungsmäßig garantierten Autonomie der einzelnen Gemeinden in Einklang gebracht werden könnte, wurde bis zu den Parlamentswahlen vom April 2015 nicht gefunden, sodass der Entwurf hinfällig wurde. Die finnischen Gemeinden sind recht klein, nehmen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern aber recht umfangreiche Aufgaben wahr. Die Reform der Gemeindestrukturen schreitet mit einiger Verzögerung voran, und die Gemeinden lassen die Vorteile von Zusammenlegungen untersuchen. Dem nationalen Reformprogramm 2015 zufolge könnte vor Jahresende 2016 ein neuer Gesetzesvorschlag ins Parlament eingebracht werden.

(9)

Angesichts der Bevölkerungsalterung und der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung ist es wichtig, dass der Arbeitsmarkt aus dem gesamten Arbeitskräftepotenzial schöpfen kann. Finnland hat hierbei einige Fortschritte erzielt und verschiedene Maßnahmen ergriffen, unter anderem eine verbesserte Organisation der Lohnbeihilfen, mit besonderem Augenmerk auf älteren Arbeitnehmern, und der öffentlichen Arbeitsverwaltung. Die Arbeitslosenquote lag 2014 bei 8,7 % und steigt insbesondere bei jungen Menschen und älteren Arbeitskräften an. Der maßvolle Tarifabschluss von 2013 unterstützt die Wiederherstellung der Kosten- und Exportwettbewerbsfähigkeit durch Eindämmung des Lohnstückkostenanstiegs.

(10)

Beim Ausbau seiner Kapazität zur Bereitstellung innovativer Produkte hat Finnland einige Fortschritte erzielt. Die Regierung führt zurzeit eine umfassende Reform der Forschungsinstitute und der Forschungsfinanzierung durch. Die Politikprogramme für saubere Technologien, Biotechnologie und Digitalisierung sind vielversprechend, aber von vergleichsweise geringer Größenordnung. Obwohl die FuE-Investitionen EU-weit zu den höchsten gehören, stellt deren Umsetzung in erfolgreiche Exportprodukte und -dienstleistungen Finnland doch weiterhin vor Herausforderungen. Die Regierung ist bemüht, die Regelungen zur Förderung von Unternehmen einfacher und effizienter zu machen, die Finanzierung von Start-ups zu erhöhen und deren Internationalisierung zu fördern. Dennoch bleiben die Investitionen in Finnland auf niedrigem Niveau, halten die Schwierigkeiten im Exportsektor an und ist die Beschäftigung zurückgegangen. Ebenfalls notwendig sind Anstrengungen zur Stärkung des Wettbewerbs auf den Produkt- und Dienstleistungsmärkten, insbesondere im Einzelhandelssektor, der weiterhin einen hohen Konzentrationsgrad aufweist.

(11)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Finnlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Finnland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Finnland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(12)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(13)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 2 und 3 wider.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Finnland auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Finnland 2015 und 2016

1.

eine Haushaltskorrektur von mindestens 0,1 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2015 und von 0,5 % des BIP für 2016 vornimmt; die Anstrengungen zur Verringerung der Tragfähigkeitslücke fortsetzt und die Wachstumsbedingungen stärkt;

2.

die vereinbarte Rentenreform verabschiedet und die Möglichkeiten für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben allmählich abschafft; die wirksame Gestaltung und Umsetzung der Verwaltungsreformen im Bereich der Gemeindestruktur und der Sozial- und Gesundheitsdienste sicherstellt, um die Produktivität und Effizienz bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen unter Wahrung ihrer Qualität zu steigern;

3.

die Anstrengungen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen, älterer Arbeitnehmer und Langzeitarbeitsloser fortsetzt und sich dabei insbesondere auf die Entwicklung beschäftigungsrelevanter Kompetenzen konzentriert; die Lohnentwicklung in Übereinstimmung mit der Produktivität unter uneingeschränkter Achtung der Rolle der Sozialpartner und im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten unterstützt;

4.

Maßnahmen ergreift, um den Einzelhandelssektor für wirksamen Wettbewerb zu öffnen.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 127).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/18


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2015

(2015/C 272/05)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Schwedens 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Schweden als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Schweden 2015. Darin wurden die Fortschritte Schwedens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Schweden makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern. Insbesondere bleibt die Verschuldung der privaten Haushalte auf hohem Niveau und nimmt aufgrund steigender Hauspreise, anhaltend geringer Zinssätze, nach wie vor hoher Steueranreize und eines begrenzten Wohnraumangebots sogar zu. Die makroökonomische Entwicklung im Zusammenhang mit der privaten Verschuldung muss nach wie vor aufmerksam verfolgt werden.

(7)

Am 23. April 2015 übermittelte Schweden sein nationales Reformprogramm 2015, und am 24. April 2015 übermittelte es sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Schweden unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2015 sieht die Regierung vor, das öffentliche Gesamtdefizit im Jahr 2015 schrittweise auf 1,4 % des BIP und bis 2018 auf null zurückzuführen. Gleichzeitig soll das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — während des gesamten Programmzeitraums erfüllt bleiben. Die öffentliche Schuldenquote dürfte 2015 einen Höchstwert von 44,2 % des BIP erreichen und bis 2018 allmählich auf 40 % des BIP zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Doch wird dargelegt werden müssen, mit welchen Maßnahmen die geplanten Defizitziele ab 2016 erreicht werden sollen. Gemäß der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission dürfte der strukturelle Haushaltssaldo 2015 dem mittelfristigen Ziel von – 1 % entsprechen und sich 2016 auf – 0,9 % des BIP verbessern. Nach Auffassung des Rates, der sich auf seine Bewertung des Konvergenzprogramms und die Frühjahrsprognose 2015 der Kommission stützt, wird Schweden die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfüllen.

(9)

Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ländern kam es in Schweden nicht zu einem bedeutenden Einbruch bei den Wohnimmobilienpreisen, und seit Mitte 2013 ziehen die Preise sogar wieder stark an. Der eingehenden Überprüfung der Kommission zufolge liegen die Hauspreise in Schweden über den zugrunde liegenden Markteckdaten. Dies liegt zum Teil an den günstigen Fundamentalfaktoren, wie dem gestiegenen verfügbaren Einkommen, den niedrigen Zinssätzen und der positiven Bevölkerungsentwicklung. Im Länderbericht wurden aber sowohl nachfrageseitige als auch angebotsseitige Preistreiber bei Wohnimmobilien ausgemacht. Auf der Nachfrageseite sind dies besonders interessante Darlehensanreize. Außerdem bietet das schwedische Steuersystem innerhalb der Union mit die stärksten Anreize für Wohneigentum, was die Immobilienpreise noch weiter steigen lässt. In der Folge hat dies auch die Verschuldung der privaten Haushalte in die Höhe getrieben; diese ist bereits auf einem hohen Niveau und wächst weiterhin schneller als andernorts in der Union. Obwohl die privaten Haushalte über ein hohes Gesamtvermögen verfügen und das verfügbare Einkommen in den letzten Jahren gestiegen ist, sind sie nunmehr stärker gefährdet, und die hohe Verschuldung stellt einen Risikofaktor für die makroökonomische Stabilität dar. Die Auswirkungen der verschuldungsfreundlichen Einkommensbesteuerung sollten durch eine allmähliche Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen oder die Erhöhung der periodischen Steuern auf Immobilien angegangen werden. Darüber hinaus gilt es, auf eine beschleunigte Tilgung von Hypothekenkrediten hinzuwirken, um der wachsenden Verschuldung Einhalt zu gebieten.

(10)

Auf der Angebotsseite ist aufgrund von strukturellen Effizienzmängeln eine Wohnraumknappheit zu beobachten, was ebenfalls dazu führt, dass die Hauspreise steigen. Diese Engpässe schränken die Arbeitsmobilität ein und stellen sozial schwache Gruppen vor Probleme. Die Ursachen des knappen Wohnraumangebots liegen einerseits in der ineffizienten Nutzung des vorhandenen Wohnungsbestands und andererseits in der strukturellen Investitionslücke im Bausektor. Hier sollten insbesondere die Anreize für die Städte und Gemeinden verstärkt werden, damit diese Immobilieninvestitionen aktiv unterstützen und sich um Lösungen für den Wohnraumbedarf der sozial schwachen Gruppen bemühen. Für die notwendige Verstärkung des Wettbewerbs im Bausektor ist die Gewährleistung vollständig transparenter öffentlicher Ausschreibungen erforderlich. Die langwierigen und komplizierten Planungs- und Widerspruchsverfahren sollten gestrafft werden. Der Mietwohnungsmarkt ist unflexibel und scheint nicht in der Lage, dem Hauspreisdruck entgegenzuwirken oder den Mobilitätsbedarf zu befriedigen, was hauptsächlich der starken Mietpreiskontrolle zuzuschreiben ist. Dies sollte durch eine schrittweise Reformierung des Systems zur Mietpreisfestsetzung angegangen werden. Dadurch dürften größere Spannen bei den Mietpreisen — was zu einer effizienteren Nutzung des vorhandenen Wohnungsbestands führen könnte — und eine freiere Aushandlung von Mietverträgen möglich werden.

(11)

Nachdem die schulischen Ergebnisse in Schweden in den letzten zehn Jahren erheblich nachgelassen hatten, was zu der relativ hohen Jugendarbeitslosigkeit beiträgt, hat die Regierung nun Schritte unternommen, um diese zu verbessern. Die Regierung hat auch Maßnahmen ergriffen, um den Übergang von der Ausbildung in den Arbeitsmarkt zu erleichtern und um jungen Menschen mit niedrigem Bildungsniveau und Menschen mit Migrationshintergrund eine bessere Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Entwicklungen in diesem Bereich müssen weiter beobachtet werden.

(12)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Schwedens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Schweden gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Schweden berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(13)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seiner Stellungnahme (5) zufolge erfüllt Schweden die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

(14)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Schweden im Zeitraum 2015 bis 2016

1.

die hohe Schuldenquote der privaten Haushalte durch die Anpassung der Steueranreize, insbesondere durch eine allmähliche Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen oder die Erhöhung der periodischen Steuern auf Immobilien, und durch Maßnahmen zur Beschleunigung der Tilgung von Hypothekenkrediten angeht; dem strukturellen Wohnungsmangel entgegenwirkt, den Wettbewerb im Bausektor fördert, die Planungs- und Widerspruchsverfahren für Bauvorhaben strafft und das System zur Mietpreisfestsetzung reformiert, damit sich stärker marktorientierte Mietpreise herausbilden.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 132).

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/21


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs 2015

(2015/C 272/06)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt der Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem das Vereinigten Königreich als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Vereinigtes Königreich 2015. Darin wurden die Fortschritte des Vereinigten Königreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass im Vereinigten Königreich makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern. Insbesondere die mit der hohen Verschuldung der privaten Haushalte verbundenen Risiken, die auch mit den strukturellen Besonderheiten des Wohnimmobilienmarkts in Verbindung stehen, erfordern weiterhin Aufmerksamkeit. Die Wirtschaft und der Finanzsektor sind widerstandsfähiger geworden. Die Wohnungsknappheit wird jedoch weiter anhalten; dies dürfte die Wohnimmobilienpreise mittelfristig auf hohem Niveau halten und den Sektor auch weiterhin anfällig für Risiken machen.

(7)

Am 26. März 2015 übermittelte das Vereinigte Königreich sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Das Vereinigte Königreich unterliegt derzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2014/2015 plant die Regierung eine Verringerung des Gesamtdefizits von 4,3 % des BIP 2015/2016 auf 2,2 % des BIP 2016/2017, sodass 2019/2020 ein Überschuss von 0,1 % des BIP erreicht wird. Das Konvergenzprogramm umfasst kein mittelfristiges Ziel. Die gesamtstaatliche Schuldenquote dürfte 2015/2016 mit 88,8 % des BIP ihren Höchststand erreichen und anschließend schrittweise auf 81,4 % des BIP 2019/2020 sinken. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist nicht davon auszugehen, dass das Vereinigte Königreich sein übermäßiges Defizit innerhalb der vom Rat gesetzten Frist von 2014/2015 korrigiert haben wird. Darüber hinaus hat das Vereinigte Königreich weniger Konsolidierungsanstrengungen unternommen, als vom Rat empfohlen wurde. Aus diesem Grund stellte der Rat am 19. Juni nach Maßgabe des Artikels 126 Absatz 8 AEUV fest, dass das Vereinigte Königreich auf die Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2009 im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit hin keine wirksamen Maßnahmen getroffen hat, und sprach eine neue Empfehlung aus, in der er das Vereinigte Königreich zur Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2016/2017 aufforderte. Das Konvergenzprogramm ist mit der neuen Frist von 2016/2017 im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit vereinbar. Das diesen Haushaltsprognosen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist damit zu rechnen, dass das Vereinigte Königreich sein übermäßiges Defizit innerhalb der Frist von 2016/2017 korrigieren und die empfohlene Konsolidierungsanstrengung unternehmen wird. Maßnahmen zur Erreichung der geplanten Defizitquoten ab 2015/2016 sind bereits benannt worden; es sind jedoch noch weitere Einzelheiten zu den Obergrenzen für zweckgebundene Ausgaben der einzelnen Ressorts („Departmental Expenditure Limits“) erforderlich. Auf der Grundlage ihrer Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission vertritt der Rat die Auffassung, dass das Vereinigte Königreich die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts voraussichtlich einhalten wird.

(9)

Die hohe, möglicherweise übermäßige Verschuldung der privaten Haushalte wurde als ein potenzielles makroökonomisches Ungleichgewicht erkannt, das Risiken für die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs birgt. Auch wenn die Verschuldung der privaten Haushalte weiter leicht sinkt, bleibt sie doch hoch und macht das Vereinigte Königreich anfällig für Risiken, die das Wirtschaftswachstum und die Finanzstabilität beeinträchtigen könnten. Mitte 2014 kündigte der Finanzpolitische Ausschuss der Zentralbank des Vereinigten Königreichs zwei Maßnahmen an, um die mit der hohen Verschuldung der Privathaushalte verbundenen Risiken zu mindern. So empfahl er, dass Hypothekarkreditgeber die Kreditnehmer einem „Zinsstresstest“ unterziehen sollten, um zu prüfen, ob sie auch im Falle eines Zinsanstiegs noch ihren sich aus dem Kredit ergebenden Zahlungsverpflichtungen nachkommen können. Darüber hinaus empfahl der Ausschuss, dass Hypothekarkreditgeber den Anteil der Hypothekarkredite, bei denen das Verhältnis zwischen Kredithöhe und Einkommen 4,5 oder mehr beträgt, auf 15 % der neu vergebenen Hypothekarkredite beschränken sollten. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen sollten genau beobachtet werden.

Der nationale planungspolitische Rahmen (National Planning Policy Framework) wurde einer Reihe von Reformen unterzogen, die jedoch voraussichtlich keine kurzfristigen Auswirkungen haben werden. Die Reaktion der lokalen Behörden auf die Reform im Hinblick auf die Steigerung des Wohnraumangebots sollte genau beobachtet werden.

(10)

Der Arbeitsmarkt im Vereinigten Königreich hat in den vergangenen Jahren gut abgeschnitten und wird voraussichtlich auch weiterhin widerstandsfähig bleiben. Die Beschäftigungsquote erreichte im Jahr 2014 76,5 %, während die Arbeitslosenquote weiter auf 6 % sank und 2015 voraussichtlich noch zurückgehen wird. Trotz der positiven Trends auf dem Arbeitsmarkt bleiben soziale Herausforderungen bestehen. Der Anteil der Personen, die in Haushalten mit sehr niedriger Erwerbsintensität leben, hat leicht zugenommen (von 13 % im Jahr 2012 auf 13,2 % im Jahr 2013, während der EU-Durchschnitt bei 10,7 % lag). Die Differenz zwischen dem Anteil der Frauen in Teilzeitbeschäftigung (42,6 % im Jahr 2013) und dem Anteil der teilzeitbeschäftigten Männer (13,2 % im Jahr 2013) gehört zu den größten in der Union. Der Prozentsatz der Frauen, die aufgrund persönlicher oder familiärer Verpflichtungen nicht oder in Teilzeit arbeiten (12,5 %), war 2013 fast doppelt so hoch wie im EU-Durchschnitt (6,3 %). Die Beschäftigung junger Menschen und das Engagement der Arbeitgeber beim Angebot von Ausbildungsplätzen stellen weitere Herausforderungen dar. Ein anderer Bereich im Zusammenhang mit der Beschäftigung junger Menschen, dem Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, ist der Bereich Bildung und Qualifikationen. Viele junge Menschen verfügen über relativ geringe Grundfertigkeiten. Bislang sind nur in begrenztem Umfang Maßnahmen zur Umsetzung der Reform des Systems der sozialen Sicherheit und zur Verbesserung der Kinderbetreuung durchgeführt worden. Der Anteil der Kinder, die in Erwerbslosenhaushalten leben, ist im Vereinigten Königreich unionsweit mit am höchsten. Auch wenn das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen unlängst zugenommen hat, bleibt die Verfügbarkeit von erschwinglichen, hochwertigen, ganztägigen Kinderbetreuungsangeboten ein zentrales Problem.

(11)

Die Förderung öffentlicher und privater Investitionen würde dazu beitragen, die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit — zwei zentrale Herausforderungen für das Vereinigte Königreich — zu steigern. Die Notwendigkeit, hochwertige Infrastrukturinvestitionen zu gewährleisten, spiegelt sich auch im nationalen Infrastrukturplan vom Dezember 2014 wider, der aktualisiert und ausgeweitet worden ist. Der private Sektor wird voraussichtlich einen Großteil der Umsetzung des Plans finanzieren, wobei jedoch noch nicht feststeht, in welchem Umfang er Mittel bereitstellen wird. Dies birgt Gefahren für den Erfolg des Plans, auch wenn bereits substanzielle Fortschritte im Zusammenhang mit der zeitnahen Bereitstellung von Informationen über die Umsetzung des Plans erzielt worden sind. Das Vereinigte Königreich sollte insbesondere im Rahmen der anstehenden Überprüfung der Gewerbegrundsteuern sicherstellen, dass die entsprechenden Steuersysteme investitionsfreundlich sind.

(12)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik des Vereinigten Königreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an das Vereinigte Königreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik im Vereinigten Königreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider.

(13)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(14)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 2 bis 3 wider —

EMPFIEHLT, dass das Vereinigte Königreich in den Jahren 2015 und 2016

1.

wirksame Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit gewährleistet und sich darum bemüht, das übermäßige Defizit bis 2016/2017 dauerhaft zu reduzieren, indem es insbesondere Investitionsausgaben Vorrang einräumt;

2.

vor allem durch Umsetzung der Reformen des nationalen planungspolitischen Rahmens weitere Schritte zur Steigerung des Wohnraumangebots unternimmt;

3.

das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage verringert, indem es das Engagement der Arbeitgeber beim Angebot von Ausbildungsplätzen steigert; Maßnahmen ergreift, um die Zahl junger Menschen mit geringen Grundfertigkeiten weiter zu senken; die Verfügbarkeit von erschwinglichen, hochwertigen, ganztägigen Kinderbetreuungsangeboten weiter steigert.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm des Vereinigten Königreichs 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 136).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/24


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2015

(2015/C 272/07)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitik stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten belgischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 hat die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Belgiens für 2015 vorgelegt.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Belgien als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Belgien 2015. Darin wurden die Fortschritte Belgiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Belgien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern. So weist insbesondere die Entwicklung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Waren nach wie vor Risiken auf und soll weiterhin beobachtet werden, weil eine erneute Verschlechterung die makroökonomische Stabilität gefährden würde. Weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Konvergenz der Kostenparameter würden den Rückgang der Beschäftigung in den Sektoren der handelbaren Güter verlangsamen. Gleichzeitig könnten spürbare Fortschritte bei der Minderung des historischen Kostengefälles durch eine Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit auf andere Besteuerungsgrundlagen erleichtert werden. Die Staatsverschuldung ist unverändert hoch, mehrere Faktoren halten jedoch damit verbundene makroökonomische Risiken im Rahmen.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Belgien sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Belgien unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) und der Übergangsregelung für den Schuldenabbau 2014-2016. Am 27. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, gegen den 2014 verstoßen wurde, da Belgien in den Jahren 2014-2015 keine ausreichenden Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung der Schuldenregel und den Referenzwert für das Haushaltsdefizit von 3 % des BIP erzielt haben dürfte. Aus der Analyse ging hervor, dass das Schuldenstandskriterium als zu dem Zeitpunkt erfüllt angesehen werden dürfte und dass das Überschreiten des Referenzwerts für das Defizit in der Nähe dieses Werts bleibt bzw. vorübergehend und ausnahmsweise erfolgt (aufgrund von Änderungen in der Statistikmethode). Diese Analyse gilt grosso modo nach wie vor. In ihrem Stabilitätsprogramm 2015 geht die Regierung von einer allmählichen Verbesserung des strukturellen Saldos aus, um bis 2018 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Der neu berechnete strukturelle Saldo (6) verweist jedoch für 2018 auf ein strukturelles Defizit von 0,3 % des BIP. Die Regierung geht nicht davon aus, das mittelfristige Ziel, d. h. einen Überschuss von 0,75 % des BIP in strukturellen Zahlen, innerhalb des Programmzeitraums zu erreichen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote dürfte 2015 einen Höchststand von 106,9 % erreichen und bis 2018 allmählich wieder auf 102 % zurückgehen. Das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Die Maßnahmen zur Behebung der anvisierten Defizitziele ab 2016 wurden jedoch nicht hinreichend spezifiziert. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission dürfte das Netto-Ausgabenwachstum 2015 dem Ausgabenrichtwert entsprechen. Für die Jahre 2014-2015 besteht jedoch ein Abweichungsrisiko, das vor allem aus dem Abrutschen im Jahr 2014 resultiert. Bei unveränderter Politik droht eine erhebliche Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad an das mittelfristige Ziel 2015-2016. Daher werden in beiden Jahren weitere Maßnahmen erforderlich sein. Auf der Grundlage der Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission vertritt der Rat die Auffassung, dass das Risiko besteht, dass Belgien den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht einhalten wird.

(9)

Die belgische Regierung hat eine umfassende Altersversorgungsreform verabschiedet, die die Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem gesetzlichen Rentenalter reduzieren und Letzteres anheben soll. Das Frühverrentungsalter soll nach 2016 weiter angehoben werden und 2019 nach einer Mindestbeschäftigungsdauer von 42 Arbeitsjahren (ab 2019) bei 63 Jahren liegen. Die belgische Regierung hat vereinbart, dass das gesetzliche Renteneintrittsalter langfristig von derzeit 65 auf 66 Jahre im Jahr 2025 und bis zum Jahr 2030 auf 67 Jahre angehoben wird. Ferner ist geplant, zu einem auf Anrechnungspunkten aufbauenden Rentensystem mit Anpassungsmechanismen überzugehen, die demografischen oder wirtschaftlichen Entwicklungen wie einer höheren Lebenserwartung oder Veränderungen beim demografischen Belastungsquotienten Rechnung tragen. Eine erfolgreiche Konsolidierungsstrategie, die die Auswirkungen einer alternden Bevölkerung auf den Haushalt ausgleichen und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gewährleisten soll, hängt von der raschen Umsetzung dieser Altersversorgungsreform ab. In Anbetracht der Tatsache, dass es bislang nur wenige Anreize zur Aufrechterhaltung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer gibt, müssen diese Rentenreformen durch Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung und Arbeitsmarktreformen untermauert werden, die das aktive Altern begünstigen.

(10)

Das belgische Steuersystem zeichnet sich durch eine hohe Gesamtsteuerbelastung, relativ hohe Steuersätze und enge Bemessungsgrundlagen aus. Vor allem der Faktor Arbeit wird stark besteuert. Dies führt zu hohen, der Schaffung von Arbeitsplätzen zuwiderlaufenden Arbeitskosten, und großen Steuerkeilen, die zu Arbeitslosigkeitsfallen führen. Um den hohen Steuersätzen zumindest teilweise entgegenzuwirken, werden die Steuerbemessungsgrundlagen in der Regel durch zahlreiche spezifische Ausnahmen, Abschläge, geminderte Sätze und Steueraufwendungen beschnitten, die zu Effizienzverlusten und Verzerrungen sowie möglichen Schlupflöchern führen. Bestimmte Merkmale des Steuersystems wirken sich nachteilig auf die Umwelt aus. In Anbetracht dieser Schwächen wurde Belgien mehrmals empfohlen, sein Steuersystem zu vereinfachen und neu zu gestalten, um die Steuerlast auszugleichen, Steuerlöcher zu stopfen und die mitunter schädliche Differenzierung aufgrund von Steuernischen zu verringern. Bislang wurden begrenzte Fortschritte auf dem Weg zu einer umfassenden Steuerreform erzielt, die u. a. die Verlagerung weg von der Besteuerung des Faktors Arbeit auf weniger wachstumsstörende Steuerbemessungsgrundlagen beinhalten sollten. Zu den ausbaufähigen Grundlagen zählen die Besteuerung von Umwelt und Verbrauch und bestimmte Formen der Erträge aus Finanzvermögenswerten. Eine Verlagerung der Besteuerung weg vom Faktor Arbeit bei gleichzeitiger Ausweitung der Steuerbemessungsgrundlagen (Überprüfung bestehender Steuervorschriften, Subventionen, Ausnahmen und Abschläge) könnte die Gesamtbilanz des Steuersystems verbessern sowie die Beschäftigungs-, Wettbewerbsfähigkeits-, Gesellschafts- und Umweltziele untermauern und einer Steuerflucht sowie einer aggressiven Steuerplanung entgegenwirken.

(11)

Die Strukturprobleme, die den belgischen Arbeitsmarkt prägen, führen auch weiterhin dazu, dass das Arbeitskräftepotenzial zu wenig ausgeschöpft wird, sowie zu niedrigen aggregierten Beschäftigungs- und Erwerbsquoten. Diese Situation ist hauptsächlich das Ergebnis einer schwachen Verknüpfung von Löhnen und Gehältern mit der Produktivität und von finanziellen Anreizen für die Nichterwerbstätigkeit. Auch mangelt es Belgien an hoch qualifizierten Arbeitskräften, und es besteht ein Qualifikationsungleichgewicht. Die verschiedenen Regierungen verweisen in ihren Vereinbarungen und Reformprogrammen auf die Notwendigkeit eines verstärkten Zusammenspiels der Akteure im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie der Beschäftigung. So sollen die Sprach-, die Berufs- und die Schulausbildung verbessert und eine alternative Ausbildung für Studenten und Arbeitslose angeboten werden. Bislang sind jedoch nur wenige Fortschritte zu verzeichnen. Die Auswirkungen dieser strukturellen Faktoren auf bestimmte Gruppen auf dem Arbeitsmarkt, wie etwa junge und ältere Arbeitslose und Menschen mit Migrationshintergrund, sind besonders ausgeprägt.

(12)

Belgiens gedämpfte internationale Wettbewerbsfähigkeit birgt für die Wirtschaft weiterhin makroökonomische Risiken. Ein Problem sind diesbezüglich die hohen Arbeitskosten, die im Durchschnitt über denen der Nachbarstaaten liegen. Das Lohnwachstum muss stärker an die Produktivität gekoppelt werden, und die Lohnfestsetzung muss flexibler erfolgen, um das Anpassungspotenzial der Wirtschaft zu steigern. Mit einigen gezielten Maßnahmen sollten die Arbeitskosten für bestimmte Gruppen gesenkt und die Kluft zwischen Brutto- und Nettolöhnen am unteren Ende der Lohnskala verringert werden. Zu einer vollständigen Beseitigung dieser Kluft bedarf es aber weiterer Maßnahmen, die wiederum von den Reformen des Lohnfestsetzungssystems abhängen. Die Herausbildung eines Kostennachteils geht mit Arbeitsplatzverlusten einher und wird schließlich zu einer Korrektur führen, sollte die Situation fortbestehen. Andere wichtige Kostenfaktoren für Unternehmen sind die Energiekosten und die Kosten für Zwischendienstleistungen, die stark reguliert und vom Wettbewerb abgeschottet sind. Auch besteht ein beträchtlicher Handlungsspielraum für die Verbesserung der nichtpreislichen internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Zur Erhaltung und zum Ausbau des derzeitigen Stands des Gemeinwohls muss Produktivitätszuwächsen mehr Gewicht verliehen werden. Dazu bedarf es einer nachhaltigen Förderung von Produkten und damit verbundener Dienstleistungen an höherer Stelle in der Wertschöpfungskette auf der Grundlage verbesserter Leistungen auf dem Gebiet der Innovation und einer besseren Nutzung von FuE-Erkenntnissen. Verwaltungshemmnisse sollten abgebaut und Maßnahmen zur Förderung des Unternehmertums und der wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten ergriffen werden. Die sehr niedrige Quote von Neugründungen lässt auf ein Geschäftsklima schließen, das neuen Tätigkeiten und der Expansion nicht zuträglich ist. Der zunehmende Wettbewerb im Einzelhandel und bei den Dienstleistungen der freien Berufe stellt ebenfalls eine Herausforderung dar. Eine Beseitigung von Engpässen bei der öffentlichen Infrastruktur sowie die Verbesserung der Qualität und Adäquanz von Kapitalbeteiligungen mittels zusätzlicher Investitionen insbesondere in die Infrastruktur auf Straße und Schiene würde die Gesamtproduktivität Belgiens ebenfalls steigern.

(13)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Belgiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Belgien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Belgien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(14)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (7) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (8). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Belgien auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Belgien 2015 und 2016

1.

eine Haushaltskorrektur von mindestens 0,6 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2015 und 2016 vornimmt; unerwartete Mehreinnahmen nutzt, um die öffentliche Schuldenquote auf einen angemessenen Abwärtspfad zu bringen; die Altersversorgungsreform mittels einer Verknüpfung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung ergänzt; sich auf eine durchsetzbare Streuung der haushaltspolitischen Ziele auf alle Regierungsebenen einigt;

2.

eine umfassende Steuerreform annimmt und umsetzt, mit der die Steuerbemessungsgrundlage ausgeweitet, die Steuerlast vom Faktor Arbeit auf andere Grundlagen verlagert und ineffiziente Steueraufwendungen beseitigt werden;

3.

die Funktionsweise des Arbeitsmarktes verbessert, indem finanzielle Anreize zum Fernbleiben vom Arbeitsmarkt vermindert, der Zugang zum Arbeitsmarkt für bestimmte Gruppen verbessert und Qualifikationsdefizite und Schieflagen angegangen werden;

4.

die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellt, indem in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten sichergestellt wird, dass die Entwicklung der Löhne und Gehälter der Produktivitätsentwicklung folgt.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Neuberechnung der Kommission auf der Grundlage der Angaben im Stabilitätsprogramm und nach der vereinbarten gemeinsamen Methodik.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(8)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/28


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2015

(2015/C 272/08)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken gestützte neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Bulgariens 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Bulgarien als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Bulgarien 2015. Darin wurden die Fortschritte Bulgariens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Bulgarien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Insbesondere haben die Turbulenzen im Finanzsektor im Jahr 2014 die Gefahr deutlich gemacht, dass bestimmte Praktiken einheimischer Geldinstitute erhebliche Auswirkungen auf den Finanzsektor und die makroökonomische Stabilität haben könnten. Darüber hinaus beinhalten die nach wie vor negative (wenn auch verbesserte) außenwirtschaftliche Position, die überhöhte Verschuldung von Unternehmen und die schwache Anpassung des Arbeitsmarkts weiterhin makroökonomische Risiken und müssen aufmerksam verfolgt werden.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Bulgarien sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Bulgarien unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2015 sieht die Regierung vor, das Gesamtdefizit im Jahr 2015 bei 2,8 % des BIP zu halten. Danach beabsichtigt die Regierung eine allmähliche Verringerung des Defizits auf 1,3 % des BIP im Jahr 2018. Dem Konvergenzprogramm zufolge plant die Regierung, das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — im Jahr 2018 zu erreichen. Die öffentliche Schuldenquote dürfte innerhalb des Programmzeitraums auf beinahe 31 % im Jahr 2018 steigen. Das diesen Haushaltsprognosen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Die Maßnahmen zur Erfüllung der geplanten Defizitziele ab 2016 sind jedoch nicht hinreichend spezifiziert worden. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird das Netto-Ausgabenwachstum im Jahr 2015 voraussichtlich den Richtwert einhalten. Bei Berücksichtigung der Verschlechterung des strukturellen Saldos (1,7 % des BIP im Jahr 2014) besteht für den Zeitraum 2014-2015 jedoch die Gefahr einer gewissen Abweichung von der Anforderung. Im Jahr 2016 besteht die Gefahr einer erheblichen Abweichung, da das Netto-Ausgabenwachstum den Richtwert um 0,9 % des BIP überschreiten wird. Somit werden für beide Jahre weitere Maßnahmen erforderlich sein. Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht nach Auffassung des Rates die Gefahr, dass Bulgarien den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht genügt.

(9)

Die Einhaltung der Steuervorschriften stellt in Bulgarien nach wie vor eine große Herausforderung dar. Es bedarf einer umfassenden Strategie für die Einhaltung der Steuervorschriften auf der Grundlage einer sorgfältigen Risikoanalyse, einer systematischen Folgenabschätzung für die bereits ergriffenen Maßnahmen und einer engen Koordinierung zwischen den verschiedenen mit der Steuererhebung befassten Behörden.

(10)

Das bulgarische Gesundheitssystem steht vor verschiedenen großen Herausforderungen, zu denen insbesondere die schlechte Gesundheit, die geringe Mittelausstattung und die gravierend ineffiziente Nutzung der Ressourcen gehören. Die Lebenswartung liegt erheblich unter dem EU-Durchschnitt und die Lebenserwartung bei der Geburt ist die geringste in der Union. Das System beruht nach wie vor auf einem überdimensionierten Krankenhaussektor. Obwohl die Mittelausstattung der Grundversorgung und der ambulanten Versorgung in den vergangenen Jahren nominal etwas an Bedeutung gewonnen hat, ist sie weiterhin begrenzt. Der Gesundheitsfonds ist vertraglich dazu verpflichtet, den Krankenhäusern Behandlungen zu festgelegten Preisen zu erstatten, wodurch Anreize für eine nicht ausreichend zielgerichtete medizinische Betreuung durch die Krankenhäuser geschaffen werden. Im Jahr 2014 wurde eine nationale Gesundheitsstrategie verabschiedet, wobei jedoch ein klarer Plan zu ihrer Umsetzung fehlt.

(11)

Die Unruhen im Bankensektor im Sommer 2014 haben institutionelle und aufsichtsbezogene Schwächen aufgezeigt. Die Tatsache, dass die Aufsichtsbehörde die erheblichen Probleme der viertgrößten Bank Bulgariens, der Corporate Commercial Bank (KTB), nicht erkannt hat, macht die Unzulänglichkeiten der Aufsichtspraktiken im Finanzsektor und bei Überwachung von Konzentrationsrisiken deutlich. Dies wirkte sich negativ auf die Glaubwürdigkeit der Bankenaufsicht aus, wodurch wiederum Zweifel an der Gesundheit anderer Teile des Finanzsektors geweckt wurden. Die Liquiditätskrise im Juni 2014 war Anlass für eine eingehende Prüfung der KTB, die dazu führte, dass der KTB die Banklizenz entzogen wurde. Die garantierten Einlagen in Höhe von 4,4 % des BIP wurden nur mit erheblicher Verzögerung ausgezahlt.

(12)

Die aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch in Bezug auf ihre Ausrichtung nur unzureichend entwickelt. Eine große Herausforderung bei der Erbringung von Leistungen und Diensten für Arbeitslose und Nichterwerbstätige besteht in der Aufsplitterung der Agenturen. Die Arbeitsämter und die Direktion für Sozialhilfe sind nicht so aufeinander abgestimmt, dass die Maßnahmen zur Unterstützung besonders schutzbedürftiger Personen wirksam und integriert umgesetzt würden. Bulgarien hat einen hohen Anteil an weder in Arbeit noch in Ausbildung befindlichen jungen Menschen, die keinen Kontakt zu den Arbeitsvermittlungen haben und somit nicht mit den üblichen Maßnahmen zur aktiven Integration in den Arbeitsmarkt erreicht werden. Der meist langfristige Charakter der Arbeitslosigkeit in Bulgarien deutet dabei eher auf strukturelle als auf konjunkturell bedingte Ursachen hin. Auch wenn der bulgarische Mindestlohn nominal der niedrigste in der Union ist, hat er sich seit 2011 beträchtlich erhöht, wobei die Regierung für die kommenden Jahre weitere erhebliche Erhöhungen plant. Solche starken willkürlichen Veränderungen der Lohnpolitik der Regierung könnten verzerrende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Darüber hinaus gibt es keine klaren Leitlinien für die Festlegung des Mindestlohns und so schafft das System Unsicherheit darüber, ob das richtige Gleichgewicht zwischen der Förderung von Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit auf der einen und dem Schutz des Arbeitseinkommens auf der anderen Seite gefunden wird. Armut und soziale Ausgrenzung sind nach wie vor ein Problem, wobei Bulgarien eine der höchsten Raten materieller Armut in der Europäischen Union aufweist. In der Bevölkerungsgruppe der Roma sind Armut und soziale Ausgrenzung besonders ausgeprägt. Die meisten jungen Roma sind weder erwerbstätig noch absolvieren sie eine schulische oder berufliche Ausbildung. Die Zahl der Einschreibungen von Roma-Kindern in Vorschulen und Kindergärten ist niedrig, und fast ein Viertel der 7- bis 15-Jährigen geht nicht zur Schule.

(13)

Die geringe Qualität der Schul- und Berufsbildungssysteme und ihre begrenzte Relevanz für den Arbeitsmarkt sind der Grund für das unzureichende Angebot an angemessen qualifizierten Arbeitskräften für die Wirtschaft. Die Beteiligungsrate von Erwachsenen am lebenslangen Lernen zählt weiterhin zu den niedrigsten in der Union. Nach Jahren der Verzögerung hat Bulgarien noch immer nicht die Reform des Schulgesetzes verabschiedet und die Umsetzung der Strategie zur Verringerung der frühen Schul- und Ausbildungsabgänge steht noch am Anfang. Die nationale Strategie für berufliche Aus- und Weiterbildung (2014-2020) und eine neue Hochschulstrategie wurden 2015 angenommen. Die Umsetzung dieser Strategien sollte dazu beitragen, das Bildungssystem zu verbessern und wirtschaftsrelevanter zu machen sowie Innovation und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern.

(14)

Im Frühjahr 2015 legte die Regierung einen Vorschlag für eine Reform des Rentensystems vor. Die Angemessenheit und Tragfähigkeit des Rentensystems hängen von Reformen zur Stimulierung und Förderung eines längeren Erwerbslebens mit weniger Unterbrechungen ab. Im Jahr 2013 erhielten 1,2 Mio. Rentenempfänger Renten unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Die geringen Rentenansprüche sind vor allem auf Frühverrentung und kurze Beitragszeiten zurückzuführen. Die rasche Alterung der bulgarischen Gesellschaft dürfte diese Situation künftig noch verschärfen. Daher sollte Bulgarien den Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben unter anderem mittels einer robusten Rentenreform weiter eindämmen, um damit zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen.

(15)

Ein unabhängiges, qualitativ hochwertiges und effizientes Justizsystem sowie wirksame Mechanismen zur Bekämpfung der Korruption sind wichtige Bausteine für ein investitionsfreundliches Unternehmensumfeld. Zentrale Herausforderungen in diesem Bereich sind das Fehlen einer übergreifenden Koordination, institutionelle Defizite und eine schwache Erfolgsbilanz bei der Erzielung rechtskräftiger Gerichtsurteile. Diese wichtigen Politikbereiche werden durch den Kooperations- und Überprüfungsmechanismus abgedeckt.

(16)

Bulgariens Insolvenzrahmen hat sich als wirkungslos erwiesen, wodurch sich die Unsicherheit unter den Marktteilnehmern erhöht und die Attraktivität des Landes für Investoren verringert hat. Die Dauer der Insolvenzen ist länger als in vergleichbaren Ländern und der Anteil der beigetriebenen Forderungen gering. Die Notwendigkeit eines wirksamen Rahmens für den Umgang mit Insolvenzen sollte auch vor dem Hintergrund der hohen Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften in Bulgarien und der Rolle eines solchen Rahmens für die Erleichterung des Verschuldungsabbaus gesehen werden.

(17)

Im Jahr 2014 wurden Strategien für die Reform der öffentlichen Verwaltung und die Einführung elektronischer Behördendienste angenommen. Für ihre Umsetzung wird eine starke politische Steuerung und Koordinierung erforderlich sein. Trotz der bisherigen Bemühungen ist die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen weiterhin gering. Die unzureichende Entwicklung der elektronischen Behördendienste schränkt die Bemühungen um mehr Transparenz und weniger Verwaltungsaufwand ein. Ein besonderes Problem stellen die öffentlichen Vergabeverfahren dar, die durch einen sich häufig ändernden Rechtsrahmen und eine unzureichende Verwaltungskapazität behindert werden. Die Ex-ante-Überprüfung von Vergabeverfahren wird häufig auf formalistische Weise durchgeführt. Gleichzeitig unterliegen Vergabeverfahren einander überschneidenden Ex-post-Kontrollen, die in manchen Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die mangelnde Transparenz im Bietverfahren ist auch darauf zurückzuführen, dass die Plattformen für die elektronische Auftragsvergabe nicht vollständig eingerichtet wurden. Unregelmäßigkeiten bei den Vergabeverfahren haben in der Vergangenheit zu erheblichen Verzögerungen bei der Umsetzung von EU-Fonds-Programmen geführt, wirken sich negativ auf das Unternehmensumfeld aus und stehen den dringend notwendigen Verbesserungen der Infrastruktur entgegen. Eine im Juli 2014 verabschiedete Mehrjahresstrategie zur Beseitigung der größten Schwachstellen im öffentlichen Auftragswesen gibt einen klaren Zeitplan für konkrete in den Jahren 2015 und 2016 zu unternehmende Schritte vor. Diese Strategie muss nun umgesetzt werden.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Bulgariens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Bulgarien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Bulgarien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 und 5 wider —

EMPFIEHLT, dass Bulgarien 2015 und 2016

1.

eine strukturelle Verschlechterung der öffentlichen Finanzen im Jahr 2015 vermeidet und im Jahr 2016 eine Anpassung von 0,5 % des BIP erreicht; auf der Grundlage einer umfassenden Risikoanalyse und der Bewertung der bisherigen Maßnahmen entschlossene Maßnahmen ergreift, um die Steuererhebung zu verbessern und die Schattenwirtschaft zu bekämpfen; die Kosteneffizienz des Gesundheitswesens verbessert, unter anderem durch eine Überprüfung der Preisgestaltung der Gesundheitsdienste und eine Ausweitung der ambulanten und der primären Gesundheitsfürsorge;

2.

bis Dezember 2015 in enger Zusammenarbeit mit den europäischen Stellen eine systemweite unabhängige Überprüfung der Qualität der Bankenaktiva und einen Bottom-up-Stresstest des Bankensektors durchführt; für den Pensionsfonds- und den Versicherungssektor eine Portfolioanalyse durchführt; die Aufsicht über den Bankensektor und den Nichtbanken-Finanzsektor überprüft und erhöht und dabei insbesondere den Rahmen für die Abwicklung von Banken und den Einlagensicherungsrahmen stärkt; die Unternehmensführung und -kontrolle in Finanzintermediären verbessert, insbesondere durch die Bekämpfung von Konzentrationsrisiken und Risiken durch nahe stehende Unternehmen;

3.

einen integrierten Ansatz für Gruppen am Rande des Arbeitsmarkts entwickelt, insbesondere für ältere Arbeitnehmer und junge Menschen, die sich weder in Arbeit noch in Ausbildung befinden; in Abstimmung mit den Sozialpartnern, im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten und in Anbetracht ihrer Auswirkungen auf die Erwerbstätigenarmut, die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Wettbewerbsfähigkeit einen transparenten Mechanismus für die Festlegung von Mindestlohn und Mindestbeiträgen zu den sozialen Sicherungssystemen vorsieht;

4.

die Reform des Schulgesetzes verabschiedet und durch die Verbesserung des Zugangs zu hochwertiger früher Schulbildung die Teilnahme benachteiligter Kindern, insbesondere Roma, an Bildung erhöht;

5.

im Hinblick auf die Verbesserung des Investitionsklimas auf der Grundlage internationaler bewährter Verfahren und Fachwissen eine umfassende Reform des Insolvenzrahmens vorbereitet, insbesondere zur Verbesserung der Mechanismen für eine außergerichtliche Sanierung vor Eintritt der Insolvenz.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 7).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/32


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik 2015

(2015/C 272/09)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem die Tschechische Republik nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht für die Tschechische Republik 2015. Darin wurden die Fortschritte der Tschechischen Republik bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte die Tschechische Republik ihr nationales Reformprogramm 2015 und ihr Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Die Tschechische Republik unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2015 plant die Regierung eine schrittweise Verbesserung des Gesamtdefizits auf 1,9 % des BIP 2015 und auf 0,6 % des BIP bis zum Jahr 2018. Die Regierung hat erklärt, das mittelfristige Ziel eines strukturellen Defizits von 1 % des BIP im Jahr 2018 erreichen zu wollen; nach dem neu berechneten strukturellen Saldo (5) dürfte dies jedoch bereits im Jahr 2016 der Fall sein. Dem Konvergenzprogramm zufolge soll die staatliche Schuldenquote im Jahr 2015 bei fast 41 % liegen und dann schrittweise auf 40,2 % im Jahr 2018 sinken. Das diesen Projektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel, und die Maßnahmen zur Untermauerung der geplanten Defizitziele ab 2016 wurden in ausreichendem Maße spezifiziert. Allerdings besteht das Risiko, dass die geplanten einnahmenseitigen Maßnahmen weniger Wirkung zeigen als erwartet. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission dürfte der Ausgabenrichtwert im Jahr 2015 eingehalten werden. Im Jahr 2016 wird eine leichte Abweichung erwartet, da das Netto-Ausgabenwachstum den Referenzwert um 0,3 % des BIP überschreitet. Daher werden im Jahr 2016 weitere Maßnahmen erforderlich sein.

Ausgehend von seiner Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass die Tschechische Republik die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Großen und Ganzen erfüllt. Die wichtigsten Elemente des derzeitigen Haushaltsrahmens sind vorhanden. Allerdings haben die mittelfristige Haushaltsplanung und die numerische Haushaltsregel nur begrenzten Umfang und es mangelt an einer konsequenten Durchsetzung. Der Entwurf eines Reformpakets wurde mehrfach geändert und verschoben; die Annahme ist derzeit für 2015 geplant. Die Tschechische Republik muss nach wie vor Herausforderungen in Bezug auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen überwinden, die sich insbesondere aus dem erwarteten Anstieg der Rentenausgaben und der Ausgaben im Gesundheitswesen ergeben. Aufgrund der günstigeren demografischen Prognosen haben sich die Aussichten bezüglich des Rentensystems etwas verbessert. Es ist gesetzlich festgelegt, dass das gesetzliche Renteneintrittsalter allmählich angehoben wird, die mittelfristig geplante Anpassung verläuft jedoch zu langsam. Änderungen des aktuellen Systems der Rentenindexierung werden zurzeit erörtert, doch wurden bisher noch keine Maßnahmen verabschiedet. Trotz einiger Maßnahmen zur Verbesserung der Kosteneffizienz und der Verwaltung im Gesundheitswesen sind in diesem Bereich nur begrenzte Fortschritte erzielt worden. Indikatoren zur Messung der Leistung im Krankenhaussektor zeigen, dass die medizinische Behandlung nicht immer auf kosteneffiziente Weise erfolgt, während die Ressourcenallokation durch die derzeitigen Probleme bei der Einführung eines Erstattungssystems für Kosten von Krankenhäusern erschwert wird. Es gibt auch Anzeichen dafür, dass die Allgemeinärzte ihre Gatekeeper-Funktion nicht angemessen wahrnehmen. Die öffentliche Auftragsvergabe im Gesundheitswesen leidet unter zahlreichen Unregelmäßigkeiten, was auf unzureichende Leitlinien und Überwachung schließen lässt.

(9)

Im Steuerwesen liegen die größten Herausforderungen darin, die Steuerhinterziehung zu verringern und die Steuererhebung sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Behörden weniger kostspielig und zeitaufwändig zu machen. Die Tschechische Republik hat die Verbesserung der Steuerdisziplin und die Bekämpfung der Steuerhinterziehung als Prioritäten genannt und hat in diesen Bereichen verschiedene Schritte eingeleitet. 2015 wurden mehrere Maßnahmen in Bezug auf direkte und indirekte Steuern eingeführt, weitere sind für 2016 geplant. Die Kosten zur Gewährleistung der Steuerdisziplin sind jedoch immer noch zu hoch. Eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen für Einkommensteuer, Sozialversicherungsbeiträge und Krankenversicherungsbeiträge würde das Steuersystem vereinfachen, doch wurden bislang diesbezüglich noch keine Änderungen vorgenommen; derzeit bestehen auch keine Pläne zur Lösung dieses Problems. Die Arbeiten zur Vereinfachung der Steuererklärungen und zur Förderung einer stärkeren Nutzung vorausgefüllter Formulare schreiten nicht systematisch voran. Anstelle einer Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems führte die Tschechische Republik 2014 einen dritten Mehrwertsteuersatz ein. Bei den Anstrengungen, die Unterschiede bei der steuerlichen Behandlung von Arbeitnehmern und Selbständigen abzubauen, wurden begrenzte Fortschritte erzielt. Die Steuereinnahmen basieren in der Tschechischen Republik noch immer stark auf der Besteuerung der Arbeit; auf Geringverdienenden, insbesondere ohne Kinder, liegt eine relativ hohe Steuerlast. 2015 in Kraft tretende Maßnahmen werden die Besteuerung der Arbeit für bestimmte Gruppen etwas verringern, insgesamt aber nur begrenzte Auswirkungen haben. Die Immobilien- und Umweltsteuern sind (mit Ausnahme der Kraftstoffsteuer) nach wie vor niedrig, was auf ein Potenzial zur Verlagerung der Besteuerung weg vom Faktor Arbeit schließen lässt.

(10)

Bei der Beschleunigung der Reform der reglementierten Berufe wurden im Jahr 2014 begrenzte Fortschritte erzielt; allerdings enthält der im April 2015 verabschiedete vorläufige nationale Aktionsplan eine Reihe konkreter Maßnahmen und Aktionen zur Verbesserung des Regulierungsrahmens und zur Beseitigung ungerechtfertigter und unverhältnismäßiger Anforderungen.

(11)

Bei den in den vergangenen Jahren unternommenen Anstrengungen zur Bekämpfung des Problems der Korruption sind erhebliche Verzögerungen eingetreten. Der jüngste Aktionsplan zur Korruptionsbekämpfung deckte mehrere prioritäre Bereiche ab. Er umfasst Rechtsakte in den Bereichen Finanzkontrolle, Staatsanwaltschaft, Parteienfinanzierung und Schutz von Hinweisgebern, eine neue Strategie für die Führung staatseigener Unternehmen und eine Änderung des Gesetzes über den freien Zugang zu Informationen. Die Verabschiedung dieser Rechtsakte kommt anscheinend jedoch kaum voran. Mit der Verabschiedung und Umsetzung des Gesetzes über den öffentlichen Dienst und damit verbundener Maßnahmen hat die Tschechische Republik begonnen, die Probleme mangelnder Effizienz und Stabilität der öffentlichen Verwaltung anzugehen. Staatliche Investitionen werden durch administrative und rechtliche Hürden für die Investitionsplanung sowie die mangelnde Transparenz und die lange Dauer der Verfahren zur Erteilung von Bau- und Flächennutzungsgenehmigungen gehemmt. Das öffentliche Auftragswesen war in den vergangenen Jahren Gegenstand mehrerer Initiativen, doch bestehen nach wie vor Bedenken hinsichtlich der Transparenz. So werden öffentliche Aufträge immer noch nicht in einem zentralen Register veröffentlicht. Die Effizienz der öffentlichen Vergabeverfahren leidet unter unzureichender Anleitung und Schulung der an der Ausschreibung teilnehmenden Einrichtungen, und die Überwachung des Systems ist nach wie vor schwach.

(12)

Das allgemeine Beschäftigungsniveau ist derzeit hoch, doch sind bestimmte benachteiligte Gruppen auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor unterrepräsentiert. Zu diesen Gruppen gehören Eltern mit kleinen Kindern, gering qualifizierte Arbeitskräfte, Menschen mit Behinderungen und Roma. Einige Schritte wurden unternommen, um Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsverwaltung zu verbessern. Die Beschäftigungsquote bei jungen Menschen steigt, und die öffentliche Arbeitsverwaltung ist darum bemüht, ihre Dienste gezielt auf junge Menschen auszurichten. Der Mangel an erschwinglichen, hochwertigen Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die geringe Nutzung von Gleitzeitregelungen erschweren Frauen mit Kindern die Teilnahme am Arbeitsmarkt. Es wurden Maßnahmen getroffen, um die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen zu verbessern; die Förderung der öffentlichen Betreuung von Kleinstkindern ist jedoch nach wie vor unzureichend.

(13)

Die Bildungsergebnisse haben sich in der Tschechischen Republik in den vergangenen Jahren verbessert, doch sind weiterhin strukturelle Herausforderungen zu überwinden. Die Quote tertiärer Bildung ist rasch gestiegen; allerdings bereitet die schwächere Qualifikation junger Hochschulabsolventen Anlass zu Sorge. Von der überfälligen Reform der Hochschulbildung, die 2015 verabschiedet werden soll, erhofft man sich die Einführung einer institutionellen Akkreditierung, eine gestärkte interne Qualitätssicherung, eine bessere Nutzung von Studierendenprofilen sowie eine Verbesserung der Finanzierungssysteme. In den Pflichtschulen müssen mehr Lehrer eingestellt werden, aber die niedrigen Gehälter und eine negative Wahrnehmung des Berufs machen es schwierig, qualifizierte Bewerber zu finden. Ein neues Laufbahnsystem zur Förderung der Einstellung und beruflichen Entwicklung von Lehrern dürfte in der ersten Jahreshälfte 2015 abgeschlossen sein und soll im September 2016 eingeführt werden. Die Gesamtwirkung wird jedoch stark von den verfügbaren Finanzmitteln abhängen. Ein umfassendes Konzept zur Bewertung und Unterstützung von Schulen und Schülern mit niedrigem Leistungsstand fehlt nach wie vor. Ein solches Konzept könnte zu mehr Effizienz und Chancengleichheit im Bildungsbereich beitragen. Hinsichtlich der Inklusion im Bildungswesen wurden trotz der Verabschiedung einer umfassenden Bildungsstrategie durch die Regierung nur begrenzte Fortschritte erzielt. Junge Menschen aus ungünstigen sozioökonomischen Verhältnissen, einschließlich Roma, sind im Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt nachweislich weniger erfolgreich.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Tschechischen Republik umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an die Tschechische Republik gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Tschechischen Republik berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

EMPFIEHLT, dass die Tschechische Republik 2015 und 2016

1.

im Jahr 2016 eine Haushaltsanpassung von 0,5 % des BIP erreicht; die Kosteneffizienz und die Verwaltung im Gesundheitswesen verbessert;

2.

die Steuerhinterziehung bekämpft, das Steuersystem vereinfacht und den Aktionsplan zur Korruptionsbekämpfung umsetzt; Maßnahmen zur Erhöhung von Transparenz und Effizienz der öffentlichen Auftragsvergabe ergreift und zu diesem Zweck insbesondere ein Zentralregister für öffentliche Aufträge einrichtet und die Aufsicht und Überwachung stärkt;

3.

die hohe Besteuerung von Geringverdienern senkt, indem die Steuerlast auf andere Bereiche verlagert wird; die Verfügbarkeit erschwinglicher Kinderbetreuungseinrichtungen weiter verbessert;

4.

die Reform der Hochschulbildung verabschiedet; eine angemessene Ausbildung von Lehrern gewährleistet, Schulen mit niedrigem Leistungsstand unterstützt und Maßnahmen zur Steigerung der Integration benachteiligter Kinder einschließlich Roma ergreift.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 12).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(5)  Struktureller Saldo nach Neuberechnung der Kommission anhand der Informationen des Konvergenzprogramms (nach der vereinbarten gemeinsamen Methodik).

(6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/36


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Dänemarks 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2015

(2015/C 272/10)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Dänemarks 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten dänischen Konvergenzprogramm 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Dänemark nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Dänemark 2015. Darin wurden die Fortschritte Dänemarks bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 27. März 2015 übermittelte Dänemark sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Dänemark unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Ihrem Konvergenzprogramm 2015 zufolge erwartet die Regierung eine Erhöhung des öffentlichen Gesamtdefizits von 1,6 % des BIP im Jahr 2015 — als es durch erhebliche unerwartete Mehreinnahmen gestützt wurde — auf 2,6 % des BIP im Jahr 2016. Anschließend plant die Regierung ferner, das Defizit zu reduzieren, um im Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Dem Konvergenzprogramm zufolge geht die Regierung davon aus, das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — ab 2016 zu erreichen. Nach dem Konvergenzprogramm dürfte die gesamtstaatliche Schuldenquote allmählich von 39,8 % des BIP im Jahr 2015 auf 36,7 % des BIP im Jahr 2020 zurückgehen. Das diesen Haushaltsprognosen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo im Jahr 2015 dem mittelfristigen Ziel entsprechen. Auf der Grundlage dieser Prognose besteht jedoch die Gefahr einer gewissen Abweichung vom mittelfristigen Ziel im Jahr 2016, wobei damit gerechnet wird, dass das Netto-Ausgabenwachstum um 0,3 % des BIP über der Benchmark liegt. Wenngleich diese Abweichung vorübergehend sein dürfte, da das Netto-Ausgabenwachstum im Jahr 2016 durch das Auslaufen einmaliger Maßnahmen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Pensionsersparnissen beeinflusst wird, könnten für das Jahr 2016 weitere Maßnahmen erforderlich sein. Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission geht der Rat davon aus, dass Dänemark die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts weitgehend erfüllen wird.

(9)

Voraussetzung für ein nachhaltiges Wachstum in Dänemark ist ein langfristiges Angebot an angemessen qualifizierten Arbeitskräften. Mit der 2014 auf den Weg gebrachten Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik hat Dänemark Fortschritte bei der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit von Personen am Rande des Arbeitsmarkts erzielt. Die Umsetzung der Reform steht noch am Anfang, und die erzielten Ergebnisse müssen genau beobachtet werden. Den Empfehlungen der Carsten-Koch-II-Expertengruppe zufolge müssen noch weitere Maßnahmen für diejenigen ergriffen werden, die dem Arbeitsmarkt am fernsten stehen. Die wichtigsten einschlägigen Faktoren scheinen ein niedriger Bildungsstand, eine geringe Arbeitsmarkterfahrung, Jugend und ein Migrationshintergrund zu sein. Im Allgemeinen wird das Arbeitsmarktpotenzial von Personen mit Migrationshintergrund nach wie vor nicht hinreichend genutzt. Trotz der hohen Bildungsausgaben in Dänemark sind die Bildungsergebnisse nur durchschnittlich, insbesondere bei Schülern mit Migrationshintergrund. Diese Herausforderung soll mit der Reform der Primarstufe und der Sekundarstufe I sowie des Systems der beruflichen Aus- und Weiterbildung angegangen werden. Um eine Verbesserung der Bildungsergebnisse zu erzielen, müssen diese Reformen in vollem Umfang umgesetzt werden.

(10)

Voraussetzung für die Stärkung der wirtschaftlichen Erholung in Dänemark ist eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit. Das in diesem Zusammenhang sehr wichtige Produktivitätswachstum war in den vergangenen beiden Jahrzehnten im Allgemeinen schwach und wurde durch Zutrittsschranken und Regulierungslasten in den auf den heimischen Markt ausgerichteten Dienstleistungsbranchen beeinträchtigt. Nach Erkenntnissen der Produktivitätskommission wäre eine Steigerung der Produktivität im Baugewerbe und im Einzelhandel möglich. Die Vorschriften für Einzelhandelsunternehmen sind sehr streng, und es wurden keine Maßnahmen ergriffen, um sie zu lockern. Das Baugewerbe ist durch strenge Bauvorschriften und zahlreiche Zertifizierungssysteme gekennzeichnet. Im November 2014 hat die Regierung eine Strategie für das Baugewerbe vorgelegt. Diese Strategie beinhaltet positive Ansätze wie die Vereinfachung der Regeln, die Straffung technischer Elemente von Bauanträgen, die Einführung internationaler Standards, die Harmonisierung nationaler Standards und die Verringerung der Zeit bis zur Erteilung von Baugenehmigungen. Sie muss aber noch in vollem Umfang in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Es gibt nach wie vor Überschneidungen bei den Genehmigungs- und Zertifizierungssystemen, in einigen Fällen auch bei denen, die für die vorübergehende Erbringung grenzübergreifender Dienstleistungen gelten. Ferner werden bei der Niederlassung von Dienstleistern in Dänemark in anderen Mitgliedstaaten erteilte Genehmigungen und Zertifizierungen nicht immer anerkannt.

(11)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Dänemarks umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Dänemark gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Dänemark berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider.

(12)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Dänemark in den Jahren 2015 und 2016 Maßnahmen ergreift

1.

zur Vermeidung einer Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel im Jahr 2016;

2.

zur Steigerung der Produktivität, insbesondere in den auf den heimischen Markt ausgerichteten Dienstleistungsbranchen, u. a. im Einzelhandel und im Baugewerbe; zur Lockerung der Beschränkungen für Einzelhandelsunternehmen und weitere Maßnahmen, um die verbleibenden Schranken im Bereich der Genehmigungs- und Zertifizierungssysteme im Baugewerbe zu beseitigen.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Dänemarks 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 17).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/39


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Estlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2015

(2015/C 272/11)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Estlands 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten estnischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Estlands für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Estland nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Estland 2015. Darin wurden die Fortschritte Estlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Estland hat bis zum vorgesehenen Termin kein nationales Reformprogramm übermittelt.

(8)

Estland unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die neue Regierung hat bis zum vorgesehenen Termin kein Stabilitätsprogramm übermittelt. Nach der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission dürfte anstelle des 2014 verbuchten Gesamtüberschusses im Jahr 2015 ein Defizit von 0,2 % des BIP und im Jahr 2016 ein Defizit von 0,1 % des BIP verzeichnet werden. Die öffentliche Schuldenquote soll der Prognose zufolge von 10,6 % des BIP im Jahr 2014 allmählich auf unter 10 % des BIP im Jahr 2016 sinken. Nach der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht 2015 das Risiko einer gewissen Abweichung vom mittelfristigen Ziel, da projiziert wird, dass der strukturelle Saldo um 0,4 % des BIP vom mittelfristigen Ziel abweichen wird. Im Jahr 2016 soll diese Abweichung dann signifikant werden, da sich der strukturelle Saldo den Projektionen zufolge um 0,3 % des BIP verschlechtern soll, wohingegen eine Verbesserung um 0,4 % des BIP erforderlich ist. Daher werden 2015 und 2016 weitere Maßnahmen erforderlich. Aufgrund seiner eigenen Bewertung und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission sieht der Rat ein Risiko, dass Estland die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhalten wird.

(9)

Die estnische Beschäftigungsquote lag im dritten Quartal 2014 bei 74,5 % der Erwerbsbevölkerung und die Arbeitslosenquote ging auf 7,6 %, den niedrigsten Stand seit 2009, zurück. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Allerdings wird die schrumpfende Erwerbsbevölkerung in Kombination mit der niedrigen Arbeitsproduktivität auf mittlere bis lange Sicht zur Herausforderung. Die Umsetzung der ehrgeizigen Reform im Bereich der Beschäftigungsfähigkeit hat erst unlängst begonnen. Zwar wurden verschiedene steuerliche Maßnahmen beschlossen, um die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen, doch sind diese nicht speziell auf Geringverdiener ausgerichtet. Das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zählt zu den größten in der Union. Durch den Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen wird jungen Eltern, insbesondere den Müttern, der Wiedereinstieg ins Erwerbsleben erschwert. Auch der Anteil der Teilnehmer an berufspraktischen Ausbildungsgängen ist gering. In technischen und naturwissenschaftlichen Fachrichtungen fehlt es an Hochschulabsolventen. Die Qualität der kommunalen Sozialdienste ist uneinheitlich.

(10)

Die Regierung hat Anfang 2014 eine Strategie für lebenslanges Lernen beschlossen, und im März 2015 wurden Programme zu deren Umsetzung vorgelegt. Die Lehrpläne für die berufliche Aus- und Weiterbildung werden derzeit reformiert, und die Teilnahme am lebenslangen Lernen hat zugenommen. Anfang 2015 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zur Erwachsenenbildung und ein Gesetz zu den freien Berufen. Die Attraktivität der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie der praktischen Berufsausbildung bleibt eine Herausforderung. Die Regelungen für Forschung und Innovation sowie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschul- bzw. Forschungseinrichtungen haben sich verbessert. Allerdings scheint es bei der öffentlichen Forschungs- und Innovationsförderung im Rahmen der Strategie für Forschung, technologische Entwicklung und Innovation (FEI) und der Strategie für Unternehmertum und Wachstum an Koordinierung zu fehlen; sie sollte sich auf eine begrenzte Zahl von Gebieten der intelligenten Spezialisierung konzentrieren. Die Hochschulbildung muss insbesondere im Bereich Naturwissenschaft und Technik besser auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Forschungseinrichtungen abgestimmt werden. Die Investitionen in geistiges Eigentum sind gering, und nur wenige Unternehmen arbeiten mit Forschungseinrichtungen zusammen.

(11)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Estlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch die Maßnahmen zur Umsetzung der an Estland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Estland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider.

(12)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(13)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Estland auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Estland 2015 und 2016

1.

Maßnahmen trifft, um eine Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel in den Jahren 2015 und 2016 zu vermeiden;

2.

die Erwerbsbeteiligung verbessert, unter anderem durch Umsetzung der Reform im Bereich der Beschäftigungsfähigkeit; die Arbeitsanreize durch zielgerichtete Maßnahmen für Geringverdiener verbessert; Maßnahmen zur Verringerung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen ergreift; auf kommunaler Ebene Sozialdienste von hoher Qualität und die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsdiensten sicherstellt;

3.

die Teilnahme an der beruflichen Aus- und Weiterbildung und deren Arbeitsmarktrelevanz erhöht, insbesondere indem es die Verfügbarkeit von Lehrstellen verbessert; die öffentliche Forschungs- und Innovationsförderung auf die koordinierte Umsetzung einer begrenzten Zahl von Gebieten der intelligenten Spezialisierung konzentriert.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Estlands 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 25).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/42


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Irlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2015

(2015/C 272/12)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Irlands 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten irischen Konvergenzprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Irlands für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Irland als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Irland 2015. Darin wurden die Fortschritte Irlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Irland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern. Insbesondere hat Irland das finanzielle Beistandsprogramm von EU und IWF 2013 abgeschlossen und unterliegt derzeit der Anschlussüberwachung und der Überwachung im Rahmen des Europäischen Semesters. Trotz einer deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Aussichten müssen einige Risiken nach wie vor aufmerksam verfolgt werden: das hohe Niveau der privaten und öffentlichen Verschuldung; die verbleibenden Herausforderungen im Finanzsektor, insbesondere im Hinblick auf die Rentabilität der Banken; und die durch eine hohe strukturelle Arbeitslosigkeit gekennzeichnete Arbeitsmarktanpassung.

(7)

Am 29. April 2015 übermittelte Irland sein nationales Reformprogramm 2015 und am 30. April 2015 sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Irland unterliegt derzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Regierung kündigt in ihrem Stabilitätsprogramm 2015 an, das übermäßige Defizit im Einklang mit der vom Rat festgesetzten Frist bis 2015 zu korrigieren. Danach will sie bis 2019 das mittelfristige Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts erreichen. Die Regierung plant, das Gesamtdefizit 2015 auf 2,3 % des BIP zu senken und 2019 einen Überschuss von 0,7 % des BIP zu erzielen. Dem Stabilitätsprogramm zufolge dürfte sich die gesamtstaatliche Schuldenquote von 109,7 % im Jahr 2014 auf 105,0 % des BIP 2015 verringern und schrittweise bis 2019 auf 89,4 % des BIP sinken. Für 2015 fällt das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario günstig aus, und für 2016 ist es plausibel. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission dürfte das übermäßige Defizit bis 2015 fristgerecht und dauerhaft korrigiert werden. Die Konsolidierungsanstrengung 2011-2015 bleibt den Schätzungen zufolge hinter dem empfohlenen Umfang zurück, doch die im Rahmen des Programms und im Anschluss ergriffenen diskretionären Maßnahmen entsprechen ihrem Umfang nach den Vorgaben. Unter Annahme einer planmäßigen fristgerechten und dauerhaften Korrektur des übermäßigen Defizits wird Irland ab 2016 der präventiven Komponente des Pakts unterliegen. Die Maßnahmen, mit denen die angestrebten Defizitziele und Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel ab 2016 erreicht werden sollen, wurden nicht präzise genug dargelegt. Vor dem Hintergrund der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission erscheint daher für 2016 das Risiko einer signifikanten Abweichung von der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel zu bestehen, sodass in jenem Jahr weitere strukturelle Maßnahmen erforderlich sein werden. Ausgehend von seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht nach Auffassung des Rates das Risiko, dass Irland die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhält.

(9)

Im Steuerbereich haben die Reformmaßnahmen zur Haushaltskonsolidierung beigetragen, es besteht jedoch noch Potenzial, um die Verzerrungen weiter zu verringern, die Effizienz des Steuersystems zu steigern und dessen Wachstums- und Umweltfreundlichkeit zu erhöhen. Bei der Eigentumsbesteuerung wurde zu einer wiederkehrenden Besteuerung übergegangen, doch die Steuerbemessungsgrundlage ist noch relativ schmal, weil bestimmte Nichtwohnimmobilien von der Steuer nicht erfasst werden. Die Besteuerung des Faktors Arbeit gestaltet sich aufgrund der komplexen Sozialbeiträge kompliziert. Die Steuerbemessungsgrundlagen für Verbrauch- und Umweltsteuern werden durch ermäßigte Steuersätze und Steuerbefreiungen geschmälert. Infolge von Nullsätzen und ermäßigten Mehrwertsteuersätzen liegt die Effizienz der Mehrwertsteuererhebung unter dem EU-Durchschnitt, und es scheint keine systematische Bewertung dieser Steuervergünstigungen zu geben. Es besteht Verbesserungsspielraum hinsichtlich der Wirksamkeit bestimmter Umweltsteuern und der Abschaffung umweltschädlicher Subventionen. Die jüngsten Änderungen der Vorschriften zum Steuerwohnsitz sind zu begrüßen, auch wenn sich ihre Wirkung wohl erst im Laufe der Zeit bewerten lässt. In den vergangenen Jahren wurde der haushaltspolitische Rahmen wesentlich reformiert. Neue Regeln und Verfahren, insbesondere der Rahmen für mittelfristige Ausgaben, sollen gegen eine prozyklische Fiskalpolitik absichern und sind für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen von zentraler Bedeutung. Nach den derzeit geltenden Regeln hat die Regierung allerdings einen erheblichen Ermessensspielraum für die Änderung der Ausgabenobergrenzen über zuvor festgelegte unvorhergesehene Ausgaben hinaus, was die mittelfristige Haushaltsplanung schwächt.

(10)

Die öffentlichen Gesundheitsausgaben sind vergleichsweise hoch, doch die Indikatoren für den Gesundheitszustand der Bevölkerung fallen im Allgemeinen nicht besser als für die übrige EU aus. In den letzten Jahren wurden Effizienzgewinne verzeichnet. Dennoch sind im Gesundheitssystem tiefer greifende Strukturreformen notwendig, um den erwarteten Kostenanstieg zu dämpfen und auch angesichts der Bevölkerungsalterung weiterhin gute Ergebnisse im Gesundheitsbereich erzielen zu können. Irland strebt mittelfristig die Einführung eines allgemeinen einheitlichen Krankenversicherungssystems an und setzt im Rahmen der Strategie „Future Health“ Reformen um. Um einige der dringlichsten Herausforderungen anzugehen und die Kostenwirksamkeit zu erhöhen, werden derzeit auf dem Weg zur Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung Zwischenschritte eingelegt. Eine wirksame Einführung von E-Health-Instrumenten, maßnahmenbezogene Finanzierungen und eine verbesserte Verschreibungspraxis haben signifikantes Potenzial, die Kostenwirksamkeit zu erhöhen. Gleichzeitig besteht nach wie vor Spielraum, die deutlich über dem EU-Durchschnitt liegenden öffentlichen Arzneimittelausgaben, insbesondere für patentierte Arzneimittel, zu verringern.

(11)

Irland weist unionsweit einen der höchsten Anteile von Personen in Haushalten mit niedriger Erwerbsintensität auf. Dies zieht große soziale Herausforderungen nach sich und erhöht das Risiko der Kinderarmut. Besonders stark betroffen sind Alleinerziehende mit Kindern; der Anteil der Kinder, die in Haushalten mit niedriger Erwerbsintensität leben, ist fast dreimal so hoch wie der EU-Durchschnitt. Im Hinblick auf verschiedene Nichterwerbstätigkeitsfallen wurden einige Fortschritte erzielt, indem die Funktionsweise bestimmter Sozialleistungen geändert wurde. Der Zugang zu ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen ist jedoch nach wie vor begrenzt und teuer, was Frauen und Alleinerziehende daran hindert, am Arbeitsmarkt teilzuhaben.

(12)

Die Gesamtsituation der KMU hat sich vor dem Hintergrund des günstigeren makroökonomischen Umfelds verbessert, doch ihre Finanzlage gestaltet sich äußerst unterschiedlich; ein relativ geringer Anteil leidet noch immer unter Altlasten und bildet den Schwerpunkt des notwendigen weiteren Schuldenabbaus in diesem Sektor. Auch die Kreditnachfrage lässt Anzeichen einer Erholung erkennen. Die KMU finanzieren ihre Investitionen weiterhin hauptsächlich über Bankdarlehen, und alternative Finanzierungslösungen sind relativ schwach entwickelt. Mit der steigenden Konjunkturbelebung und der Erholung der Binnennachfrage dürften die Versorgungsengpässe zunehmen, es sei denn, die Kreditkanäle werden auf angemessene Weise wiederhergestellt und die Finanzierungsquellen diversifiziert; dies ist für Investitionen und Wachstumsperspektiven von entscheidender Bedeutung. Um den Zugang von KMU zu Finanzierungen zu unterstützen, wurden wichtige politische Initiativen auf den Weg gebracht und neue Produkte mit längerer Laufzeit angeboten. Hierzu zählen die Einrichtung der Strategic Banking Corporation of Ireland (SBCI), des Ireland Strategic Investment Fund (ISIF) und anderer Initiativen. Die Inanspruchnahme einiger dieser Möglichkeiten befindet sich zwar noch im Anfangsstadium, war bisher allerdings gering, und die Wirksamkeit und Auswirkungen der SBCI und des ISIF können erst dann beurteilt werden, wenn mehr Erfahrungen gemacht wurden.

(13)

Irland hat gute Fortschritte bei der Umstrukturierung, Verkleinerung und Rekapitalisierung der Banken erreicht. Die Finanzierungsprofile der Banken haben sich normalisiert, und die Rentabilität verbessert sich weiter. Dennoch sind die Altlasten nach wie vor ein kritisches Element. Der hohe Bestand an notleidenden Krediten geht nur langsam zurück und beeinträchtigt weiterhin die Fähigkeit der Banken, die Konjunkturerholung zu unterstützen. Im vierten Quartal 2014 belief sich der Anteil derartiger Kredite an den gesamten von den drei größten inländischen Banken vergebenen Krediten auf 23,2 % und gehört somit zu den höchsten in der Union. Während die Banken nach wie vor ihre Ziele für den Abbau von im Rückstand befindlichen Hypothekenzahlungen einhalten, wächst der Anteil der Kredite mit sehr langfristigem Zahlungsrückstand (mehr als 720 Tage) am gesamten Darlehenssaldo weiter und lag im vierten Quartal 2014 bei 9,8 %. Bei der Umsetzung nachhaltiger Umstrukturierungslösungen werden Fortschritte erzielt; so hat die Central Bank of Ireland im April die Banken dazu verpflichtet, bis Ende 2015 für den überwiegenden Teil der Schuldner Lösungen zu erarbeiten. Die Banken haben allerdings in erster Linie auf herkömmliche Techniken der Selbstbeschränkung zurückgegriffen, die keine Senkung, sondern eine Stundung von Kapital- oder Zinszahlungen vorsehen. Darüber hinaus stützen sich die Banken weiterhin in hohem Maße auf Gerichtsverfahren, um im Zahlungsrückstand befindliche Kunden zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu bewegen. Die geplante Einführung eines zentralen Kreditregisters ist nur langsam vorangekommen, obwohl ein solches Register unabdingbar für die Verbesserung der Aufsicht, der Kreditvergabe und des Risikomanagements ist.

(14)

Seit 2013 hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannt, da im privaten Sektor neue Arbeitsplätze geschaffen wurden und die Arbeitslosigkeit stetig zurückgegangen ist. Die Arbeitslosenquote ist jedoch immer noch hoch, und die Langzeitarbeitslosigkeit bleibt ein ernsthaftes Problem. Es besteht die Gefahr, dass die konjunkturell bedingte Arbeitslosigkeit sich teilweise strukturell verfestigt, da mit der Neuausrichtung der Wirtschaft ein Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage entstanden ist. Die Jugendarbeitslosigkeit ist nach wie vor viel höher als vor der Krise. In den vergangenen Jahren wurden bei den Aktivierungsreformen signifikante Fortschritte erzielt, doch gibt es weiterhin Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der bestehenden Aktivierungsmaßnahmen und Ausbildungsprogramme sowie der Fähigkeit der Arbeitsverwaltungen, die Zielvorgaben im erforderlichen Umfang zu erfüllen. Die vor kurzem eingeleitete Initiative „Job Path“ ist eine positive Entwicklung; ihre Wirksamkeit muss noch geprüft werden. Die Kompetenzen, die in der neu ausgerichteten Wirtschaft benötigt werden, konnten in der Vergangenheit nicht wirksam im Rahmen des Systems der Fort- und Weiterbildung vermittelt werden, und erst vor Kurzem wurden Reformen eingeleitet.

(15)

Die Kosten für juristische Dienstleistungen fallen nach wie vor hoch aus und müssen wie die für andere freiberufliche Dienstleistungen angepasst werden. Eine Anpassung ist unabdingbar, da juristische Dienstleistungen in alle Wirtschaftssektoren einfließen und ihre Kosten Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit Irlands haben. Die auf Wettbewerbsförderung und Kostensenkung abstellende Reformierung des Rechtsrahmens für juristische Dienstleistungen ist ein seit Langem bestehendes Projekt, zu dem sich die Behörden verpflichtet haben. Das 2011 veröffentlichte Gesetz zur Regulierung juristischer Dienstleistungen wurde jedoch noch nicht verabschiedet. Darüber hinaus lässt sich eine tatsächliche Verringerung der Kosten nur erreichen, wenn die wettbewerbsfördernden und kostensenkenden Bestimmungen des geplanten Rechtsrahmens erhalten bleiben und in die Vorschriften aufgenommen werden, die von der in Kürze einzurichtenden Aufsichtsbehörde für juristische Dienstleistungen zu erlassen sind. Daher wird die Kommission die Fortschritte in diesem Bereich weiter im Rahmen des Europäischen Semesters überwachen.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Irlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Irland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Irland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 4 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Irland auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Irland 2015 und 2016

1.

eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits im Jahr 2015 sicherstellt; im Jahr 2016 eine Haushaltsanpassung von 0,6 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel erreicht; unerwartete Mehreinnahmen aufgrund der besser als erwarteten wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen nutzt, um den Defizit- und Schuldenabbau zu beschleunigen; den bestehenden Ermessensspielraum für die Änderung der Ausgabenobergrenzen über spezifische, zuvor festgelegte unvorhergesehene Ausgaben hinaus beschränkt; die Steuerbemessungsgrundlage erweitert und die Steuervergünstigungen, auch im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer, prüft;

2.

Maßnahmen zur Steigerung der Kosteneffizienz im Gesundheitswesen ergreift, auch durch die Verringerung der Ausgaben für patentierte Arzneimittel und die schrittweise Einführung einer angemessenen Verschreibungspraxis; im gesamten öffentlichen Krankenhauswesen eine maßnahmenbezogene Finanzierung einführt;

3.

Schritte einleitet, um die Erwerbsintensität der Haushalte zu steigern und das Armutsrisiko bei Kindern anzugehen, indem die Sozialleistungen degressiv gestaltet und bei Wiederaufnahme einer Beschäftigung zusätzliche Zahlungen vorgesehen werden und der Zugang zu erschwinglicher ganztägiger Kinderbetreuung verbessert wird;

4.

dauerhafte Umstrukturierungslösungen für den überwiegenden Teil der in Rückstand befindlichen Hypothekenzahlungen bis Ende 2015 erarbeitet und die Überwachungsvorkehrungen der Central Bank of Ireland stärkt; gewährleistet, dass die Umstrukturierungslösungen für notleidende KMU-Kredite und ausstehende gewerbliche Immobilienkredite tragfähig sind, indem die Leistungen der Banken weiter an ihren eigenen Zielvorgaben gemessen werden; die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass bis 2016 ein zentrales Kreditregister funktionsfähig ist.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Irlands 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 29).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/46


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2015

(2015/C 272/13)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten spanischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Spaniens für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Spanien als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Spanien 2015. Darin wurden die Fortschritte Spaniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Spanien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern. Insbesondere müssen trotz einiger Verbesserungen bei der Herbeiführung ausgeglichenerer Leistungsbilanzen und der erheblichen Bemühungen um einen Schuldenabbau in den jüngsten Jahren Risiken im Zusammenhang mit der hohen Verschuldung des privaten und des öffentlichen Sektors und mit der äußerst negativen Nettoauslandsvermögensposition vor dem Hintergrund einer sehr hohen Arbeitslosigkeit aufmerksam verfolgt werden. Handlungsbedarf besteht insbesondere, um die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf die spanische Wirtschaft und — angesichts deren Größe — auch die Gefahr negativer Spillover-Effekte für die Wirtschafts- und Währungsunion zu verringern.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Spanien sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Spanien unterliegt derzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Stabilitätsprogramm 2015 plant die Regierung, die Gesamtdefizitziele des VÜD von 4,2 % des BIP im Jahr 2015 und 2,8 % des BIP im Jahr 2016 zu erreichen. Den Plänen der Regierung zufolge soll das mittelfristige Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts im Jahr 2019 erreicht werden. Nach dem Stabilitätsprogramm dürfte die öffentliche Schuldenquote 2015 ihren Höhepunkt bei 98,9 % erreichen und dann bis 2018 schrittweise auf 93,2 % sinken. Das diesen Haushaltsprognosen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist für 2015 plausibel und danach günstig. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird für die Jahre 2015 und 2016 von einem Defizit von 4,5 % bzw. 3,5 % des BIP ausgegangen. Daher besteht die Gefahr, dass die Gesamtdefizitziele in den Jahren 2015 und 2016 nicht erreicht werden. Zudem wird erwartet, dass die prognostizierte Konsolidierungsanstrengung Spaniens im Zeitraum 2013-2016 unter dem empfohlenen Niveau liegen wird und in den Jahren 2015 und 2016 weitere strukturelle Maßnahmen erforderlich sein werden. Ausgehend von seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht nach Auffassung des Rates die Gefahr, dass Spanien die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhalten wird. Spanien hat beim Abbau der Zahlungsrückstände des öffentlichen Sektors gegenüber Unternehmen einige Fortschritte erzielt. Auch bei der Ermittlung von Vorschlägen zur Rationalisierung der Ausgaben für Gesundheit und Bildung und der Sozialausgaben auf regionaler Ebene hat Spanien 2014 einige Fortschritte erzielt, obgleich diese Vorschläge nicht endgültig verabschiedet wurden. Am 28. Mai 2015 wurde allerdings ein Gesetz über die Einführung einer Ausgabenregelung für die regionalen Ausgaben für Arzneimittel und Gesundheitsversorgung erlassen.

(9)

Die Umsetzung der im Gesetz zur Haushaltsstabilisierung und zur finanziellen Tragfähigkeit vorgesehenen Präventiv-, Korrektur- und Durchsetzungsmaßnahmen kommt nur langsam voran. Die Kostenwirksamkeit im Gesundheitswesen wurde zwar verbessert, es ist jedoch nach wie vor unbedingt notwendig, den Kostenanstieg bei den Arzneimittelausgaben unter Kontrolle zu halten und insbesondere die Arzneimittelausgaben in Krankenhäusern zu überwachen. Das Defizit im Bereich der Stromtarife wurde seit 2014 wirksam beseitigt, und das Problem der insolventen gebührenpflichtigen Autobahnen wurde angegangen, wodurch die Kosten für die öffentliche Hand verringert wurden. Spanien hat jedoch noch kein System zur unabhängigen Bewertung künftiger größerer Infrastrukturprojekte eingerichtet. Schließlich wurde zwar die Verfügbarkeit von Haushaltsvollzugsdaten erheblich gesteigert, aber es sind diesbezüglich nach wie vor Verbesserungen auf regionaler Ebene möglich, indem die Einhaltung des Grundsatzes der Transparenz und der Mehrjährigkeit des Stabilitätsgesetzes, die Konvergenz der Vorschriften für das öffentliche Rechnungswesen und die ordnungsgemäße Verwendung extrabudgetärer Konten sichergestellt wird.

(10)

Im Bereich Steuern wurden dank der Einführung einer umfassenden Steuerreform, mit der das Steuersystem vereinfacht und förderlicher für Wachstum und Beschäftigung gestaltet werden soll, einige Fortschritte erzielt. Am 20. November 2014 wurde eine Steuerreform verabschiedet, die im Januar 2015 in Kraft trat und sowohl die Einkommens- als auch die Körperschaftsteuer betrifft. Beim Kampf gegen Steuerhinterziehung wurden ebenfalls einige Fortschritte erzielt, im Bereich der Umweltsteuern sind hingegen nur begrenzte Fortschritte zu verzeichnen. Die Umstrukturierung des spanischen Bankensektors und insbesondere der Banken, die staatliche Beihilfen erhalten haben, kommt gut voran. Gleichzeitig wurde der Zugang zu Finanzmitteln für Unternehmen durch vor Kurzem angenommene Maßnahmen zur Förderung des Zugangs zu Nichtbankenfinanzierungen — zumindest in gewissem Maße — verbessert, insbesondere vor dem Hintergrund der großen Abhängigkeit der spanischen Unternehmen von Bankkrediten. Eine vollständige Umsetzung dieser Reformen ist unverzichtbar, um die Ressourcenumverteilung zu erleichtern und den laufenden Anpassungsprozess zu unterstützen. Bei der Beseitigung der noch bestehenden Engpässe im Rahmen für Unternehmensinsolvenzen wurden einige Fortschritte erzielt, und am 27. Februar 2015 wurde ein Königliches Gesetzesdekret über Privatinsolvenzen angenommen. Die Kapazitäten der öffentlichen Verwaltung und des Justizsystems, Insolvenzfälle zu behandeln, müssen jedoch weiter verbessert werden.

(11)

Die hohe Langzeitarbeitslosigkeit und die starke Segmentierung des Arbeitsmarktes behindern weiter den Produktivitätszuwachs und wirken sich nachteilig auf die Arbeitsbedingungen in Spanien aus. In diesem Zusammenhang könnte es angesichts der sehr hohen Arbeitslosenquote kurzfristig notwendig sein, das Lohnwachstum in manchen Wirtschaftszweigen unterhalb der Produktivität zu halten, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern. Die Sozialpartner haben eine umfassende Branchenvorvereinbarung für den Zeitraum 2015-2017 erzielt. In dieser Vorvereinbarung ist festgehalten, wie wichtig es ist, im Rahmen der Verhandlungen auf Branchen- und Unternehmensebene den Grundsatz einer im Einklang mit unternehmensübergreifenden Produktivitätsunterschieden stehenden Entwicklung der Arbeitsentgelte zu verankern. Der Anteil der Erwerbsbevölkerung in befristeten Beschäftigungsverhältnissen ist trotz Regulierungsreformen nach wie vor hoch; betroffen sind vor allem junge Menschen und Geringqualifizierte. Zudem scheinen die Möglichkeiten, die durch neu eingeführte Arbeitsvertragsarten für Arbeitnehmer von KMU geschaffen wurden, wie auch Anreizmaßnahmen für Arbeitgeber, Beschäftigte mit unbefristeten Verträgen einzustellen, derzeit noch nicht voll ausgeschöpft zu werden. Die spanischen Behörden haben angekündigt, dass bis Mai 2016 eine Beurteilung der Einstellungszuschüsse, die Arbeitgebern für die Einstellung neuer Beschäftigter angeboten werden, durchgeführt wird.

Ausschlaggebend für die Wirksamkeit und adäquate Ausrichtung der aktiven Arbeitsmarktpolitik und der Aktivierungsmaßnahmen ist die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung und der Arbeitsvermittlungsagenturen, an die bestimmte Dienstleistungen ausgelagert wurden; zu den Aktivierungsmaßnahmen zählen insbesondere wirksame Umschulungen, die es Erwerbspersonen erlauben, eine Beschäftigung in einem Sektor aufzunehmen, in dem mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Spanien hat im Hinblick auf eine beschleunigte Modernisierung der öffentlichen Arbeitsvermittlung und beim Abbau regionaler Unterschiede begrenzte Fortschritte erzielt.

(12)

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Spanien weiterhin sehr hoch (über 50 %), und der Anteil der Schulabbrecher zählt zu den höchsten in der Union. Spanien setzt die mit dem Gesetz Nr. 8/2013 eingeführten neuen Bildungsprogramme, mit denen die Qualität der Primar- und Sekundarschulbildung verbessert werden soll, um. Bei der Steigerung der Arbeitsmarktrelevanz der beruflichen Bildung wurden begrenzte Fortschritte erzielt, und die Bemühungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Arbeitgebern sind in Verzug geraten. Es gibt Pläne für die Ausweitung der dualen Berufsausbildung im Jahr 2015, die jedoch von Region zu Region nach wie vor sehr unterschiedlich umgesetzt werden. Zur Prüfung der Relevanz der Lehrpläne in der allgemeinen und beruflichen Bildung in Bezug auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes wurde ein eigener Ausschuss eingerichtet.

(13)

Bei der Verbesserung der Wirksamkeit des Sozialschutzsystems hat Spanien begrenzte Fortschritte erzielt. Es hat ein neues Aktivierungsprogramm für Langzeitarbeitslose eingeführt, das Einkommensstützung mit Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche kombiniert. Allerdings wurde die Wirksamkeit der Sozialhilfeprogramme durch die begrenzte Koordinierung zwischen der Arbeitsverwaltung und den sozialen Diensten sowie durch die Unvereinbarkeit der verschiedenen Mindesteinkommensregelungen geschmälert. Vor dem Hintergrund einer hohen Armutsquote, insbesondere in einkommensschwachen Haushalten mit Kindern, hat Spanien bei der Verbesserung der Zielgenauigkeit der Unterstützungsangebote für Familien und der Pflegeleistungen begrenzte Fortschritte erzielt.

(14)

Im Rahmen der Strukturreformen müssen die Hindernisse für das Wachstum der Unternehmen abgebaut, KMU im Hinblick auf die Ausweitung der Märkte und mehr Innovation gefördert, die Exportkapazitäten gesteigert, die Schaffung von Arbeitsplätzen gefördert und Unternehmen unterstützt werden, damit sie sich im Wettbewerb — auch auf inländischen Märkten — besser behaupten und ihre Gesamtproduktivität steigern können. Spanien hat begonnen, sich mit der Frage nach den Ursachen für den hohen Anteil der Klein- und Kleinstunternehmen in seiner Volkswirtschaft zu befassen. Die eingehende Betrachtung der Gründe, die dazu geführt haben, dass die Unternehmen sich nicht vergrößert haben, wird es der Regierung ermöglichen, regulatorische Hindernisse, die das Unternehmenswachstum behindern, aus dem Weg zu räumen. Bei der Umsetzung des Gesetzes Nr. 20/2013 über die Einheit des Marktes wurden zwar einige Fortschritte erzielt, es gibt aber nach wie vor Verzögerungen auf Ebene der Regionalregierungen. Das Gesetz über die Regelung der Umweltgenehmigungen wurde noch nicht von allen Regionen umgesetzt. Bei der Verabschiedung der Reform der freiberuflichen Dienstleistungen und Berufsverbände wurden keine Fortschritte erzielt. Spaniens Wachstumspotenzial wird weiterhin durch strukturelle Schwächen seines Forschungs- und Innovationssystems gehemmt. Daher ist es weiterhin unverzichtbar, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, eine wirksame und effiziente Ressourcennutzung zu gewährleisten, die neue Forschungsagentur einzurichten und Maßnahmen zur innovationsfreundlicheren Gestaltung des Unternehmensumfelds zu fördern.

(15)

Beim Schienennetz wurden einige Fortschritte erzielt, da Maßnahmen zur Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs im Schienenpersonen- und -güterverkehr ergriffen wurden. Am 4. Juli 2014 nahm der Ministerrat das Königliche Gesetzesdekret Nr. 8/2014 über die Einrichtung eines Fonds zur Verbesserung des landseitigen Zugangs zu Seehäfen an.

(16)

Spanien hat Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlungen des Ausschusses für die Reform der öffentlichen Verwaltung auf allen staatlichen Ebenen erzielt. Zur Verbesserung der Transparenz von Verwaltungsentscheidungen wurden wichtige Schritte unternommen, doch bei der Stärkung der Aufsichtssysteme, insbesondere im öffentlichen Auftragswesen auf regionaler und lokaler Ebene, wurden keine Fortschritte erzielt. Es wurden keine Maßnahmen ergriffen, um die Aufsichtsbefugnisse im öffentlichen Auftragswesen und bei der Stadtplanung zu stärken. Bei der Verabschiedung der Justizreformen, die auf die Verbesserung der Wirksamkeit des Justizwesens abzielen, wurden begrenzte Fortschritte erzielt: Am 27. Februar 2015 wurden dem Parlament Gesetzesentwürfe zum Justizwesen und zur Zivilprozessordnung vorgelegt, die einige Reformen vorsehen; Gesetzesentwürfe zur Rechtshilfe und zur freiwilligen Gerichtsbarkeit werden derzeit im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens diskutiert. Bei der Umsetzung der verabschiedeten Reformen, einschließlich der Oficina Judicial, einer Reform zur Digitalisierung des Justizwesens und zur Verbesserung der Interoperabilität der elektronischen Fallbearbeitungssysteme der verschiedenen Regionen, wurden einige Fortschritte erzielt. Die Anstrengungen in diesem Bereich müssen fortgesetzt werden.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Spaniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Spanien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Spanien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Die Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(20)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Spanien auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Spanien 2015 und 2016

1.

eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2016 gewährleistet, indem es in den Jahren 2015 und 2016 die erforderlichen strukturellen Maßnahmen ergreift und unerwartete Mehreinnahmen zur Beschleunigung des Defizit- und Schuldenabbaus einsetzt; die Transparenz und Rechenschaftspflicht hinsichtlich der regionalen öffentlichen Finanzen stärkt; die Kostenwirksamkeit im Gesundheitswesen verbessert und die Arzneimittelausgaben in Krankenhäusern rationalisiert;

2.

die Reform des Sparkassensektors unter anderem durch gesetzgeberische Maßnahmen abschließt und die Umstrukturierung und Privatisierung der staatseigenen Sparkassen fertigstellt;

3.

die Angleichung der Löhne und Gehälter an die Produktivität in Abstimmung mit den Sozialpartnern, im Einklang mit innerstaatlichen Gepflogenheiten und unter Berücksichtigung der Unterschiede bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen sowie der Divergenzen hinsichtlich der Wirtschaftsleistung der verschiedenen Regionen, Sektoren und Unternehmen fördert; Schritte zur Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Unterstützungs- und Beratungsangebote für Arbeitsuchende unternimmt, insbesondere im Rahmen der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit; die Mindesteinkommensregelungen und die Unterstützungsangebote für Familien strafft und die regionale Mobilität fördert;

4.

die Hindernisse für das Wachstum der Unternehmen beseitigt, unter anderem Hindernisse, die aus Regelungen zur Unternehmensgröße entstehen; die geplante Reform der freiberuflichen Dienstleistungen verabschiedet; die Umsetzung des Gesetzes über die Einheit des Marktes beschleunigt.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 35).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/51


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2015

(2015/C 272/14)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Frankreichs 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Frankreichs für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Frankreich als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Frankreich 2015. Darin wurden die Fortschritte Frankreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Frankreich übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern. Vor dem Hintergrund eines schwachen Wachstums und einer niedrigen Inflation in Verbindung mit einer geringen Unternehmensrentabilität sowie angesichts bislang unzureichender politischer Antworten sind insbesondere die Risiken im Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit — sowohl bei den Kosten als auch bei anderen Wettbewerbsfaktoren — und der ohnehin bereits hohen und weiter zunehmenden Verschuldung, vor allem der öffentlichen Hand, signifikant gestiegen. Der Handlungsbedarf, um die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf die französische Wirtschaft und — angesichts deren Größe — darüber hinaus auch auf die Wirtschafts- und Währungsunion zu verringern, ist besonders groß.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Frankreich sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Frankreich befindet sich derzeit in der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dem Stabilitätsprogramm 2015 zufolge plant die Regierung, das übermäßige Defizit im Einklang mit der Ratsempfehlung vom 10. März 2015 bis 2017 zu korrigieren und bis 2018 das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,4 % des BIP — zu erreichen (6). Die französische Regierung will zwar die vom Rat vorgegebenen Ziele für das Gesamtdefizit einhalten, doch bleibt der Umfang der in den Jahren 2015-2017 geplanten Konsolidierungsanstrengungen (7) hinter den Ratsempfehlungen zurück. In ihrem Stabilitätsprogramm 2015 geht die Regierung davon aus, dass die öffentliche Schuldenquote im Jahr 2016 mit 97 % des BIP ihren Höchststand erreichen und anschließend wieder bis auf 95,5 % des BIP im Jahr 2018 zurückgehen wird. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Frankreich hat am 10. Juni 2015 einen Bericht über die ergriffenen Maßnahmen vorgelegt, der weitere Informationen zu den für die Jahre 2015-2017 geplanten Maßnahmen liefert. Nach ihrer Bewertung des Berichts hat die Kommission am 1. Juli 2015 eine Mitteilung herausgegeben, in der die Ansicht vertreten wird, dass das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit ruhen sollte. Nach der Frühjahrsprognose 2015, die aktualisiert wurde, um dem von Frankreich vorgelegten Bericht über die ergriffenen Maßnahmen Rechnung zu tragen, dürfte das Gesamtdefizit für 2015 3,8 % des BIP betragen, womit die vom Rat im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit festgelegte Zielvorgabe von 4 % des BIP eingehalten würde. Die im Jahr 2015 zu erwartenden Konsolidierungsanstrengungen werden jedoch hinter den Ratsempfehlungen zurückbleiben. Für 2016 sieht die aktualisierte Prognose der Kommission unter Berücksichtigung der zusätzlichen Informationen, die in Frankreichs Bericht über die ergriffenen Maßnahmen enthalten sind, vor, dass das Gesamtdefizit gemäß dem empfohlenen Ziel 3,4 % des BIP erreichen wird. Die vom Rat empfohlene Konsolidierungsanstrengung wird jedoch voraussichtlich nicht vollbracht werden. In der Empfehlung des Rates vom 10. März 2015 wurde eine Bewertung der wichtigsten für die Jahre 2016 und 2017 geplanten Maßnahmen gefordert, die in dem Bericht über die ergriffenen Maßnahmen nicht dargelegt wurde.

Schließlich wurde das Gesetz über den mehrjährigen öffentlichen Haushaltsplan („Loi de Programmation des Finances Publiques“) nicht — wie vom Rat empfohlen — aktualisiert. Insgesamt beruht die von Frankreich verfolgte Konsolidierungsstrategie in erster Linie auf den sich verbessernden Konjunkturbedingungen und einem Fortbestehen des von niedrigen Zinssätzen geprägten Umfelds und ist daher Risiken ausgesetzt. Aufgrund seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission sowie der Mitteilung der Kommission vom 1. Juli 2015 ist der Rat der Auffassung, dass Frankreich die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts weitgehend einhält. Um jedoch eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits bis zum festgesetzten Termin zu gewährleisten, müsste die Haushaltsstrategie verstärkt und durch die Umsetzung umfassender und ehrgeiziger struktureller Reformen unterstützt werden.

(9)

Es wird entscheidend darauf ankommen, verstärkt Ausgabenüberprüfungen vorzunehmen und größere Bereiche, die für Ausgabenkürzungen in Betracht kommen, zu ermitteln, damit die erwarteten Ergebnisse erreicht werden können. Frankreich sollte sicherstellen, dass die Ausgabenkürzungsziele der fast bei null liegenden Inflationsrate Rechnung tragen. Gleichzeitig sollten die Einsparungen, die aufgrund der niedrigeren Zinsen und der somit niedriger als erwartet ausfallenden Kosten der Staatverschuldung erzielt werden, zum Defizitabbau genutzt werden. Im Übrigen sind größere kurzfristige Einsparungen nur möglich, wenn es gelingt, den Anstieg der Sozialausgaben, die sich im Jahr 2014 auf 26 % des BIP beliefen und fast die Hälfte der gesamten öffentlichen Ausgaben ausmachten, erheblich einzudämmen. Im Zeitraum 2015-2017 sind Ausgabeneinsparungen im Gesundheitswesen in Höhe von 11 Mrd. EUR geplant, doch sind weitere Anstrengungen erforderlich, um den Ausgabenanstieg in diesem Bereich zu begrenzen. Insbesondere könnten weitere Strategien zur Kosteneindämmung in den Bereichen Arzneimittelpreise und Krankenhausausgaben implementiert werden. Das Rentensystem wird bis 2020 weiterhin mit Defiziten konfrontiert sein, und die bisherigen Reformen werden nicht ausreichen, um diese Defizite zu beseitigen. Beim Gesamtdefizit der Rentenkassen schlagen auch künftig vor allem die Altersversorgungssysteme für Staatsbedienstete und Beschäftigte staatlich kontrollierter Unternehmen zu Buche. Zudem hat die makroökonomische Lage erhebliche Auswirkungen auf die Tragfähigkeit des Rentensystems, insbesondere auf die Situation der ergänzenden Altersversorgungssysteme. Zur finanziellen Gesundung der ergänzenden Altersversorgungssysteme sind entschlossene Maßnahmen vonnöten.

(10)

Frankreich hat eine Reform der Kommunalverwaltung auf den Weg gebracht, die auf eine effizientere Ausgestaltung des Systems abzielt. Frankreich sollte die geplanten Kürzungen bei den von der Zentralregierung gewährten Zuschüssen weiter umsetzen und die Kontrolle der Ausgaben der kommunalen Gebietskörperschaften verstärken, indem Obergrenzen für den jährlichen Anstieg der Steuereinnahmen der kommunalen Gebietskörperschaften festgelegt werden, wobei den bei mehreren kommunalen Steuern und Abgaben bereits bestehenden Obergrenzen Rechnung zu tragen ist. Auch sind Maßnahmen erforderlich, um den Anstieg der Verwaltungskosten der kommunalen Gebietskörperschaften einzudämmen.

(11)

Es wurden politische Maßnahmen getroffen, um die Arbeitskosten zu senken und die Gewinnspannen der Unternehmen zu erhöhen; zu diesem Zweck wurden Steuervergünstigungen für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung im Umfang von 20 Mrd. EUR und zusätzliche Kürzungen der Arbeitgebersozialbeiträge im Umfang von 10 Mrd. EUR im Rahmen des Verantwortungs- und Solidaritätspakts beschlossen. Diese beiden Maßnahmen schlagen mit 1,5 % des BIP zu Buche und dürften dazu beitragen, die bei der Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit bestehende Diskrepanz zwischen Frankreich und dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets zu verringern. Die Maßnahmen sollten im Jahr 2016 weiter umgesetzt werden; in Anbetracht der hohen Kosten für die öffentliche Hand ist es jedoch wichtig, ihre Wirksamkeit auf Unternehmensebene zu bewerten. Bei dieser Bewertung sollte insbesondere den Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt und den Produktmärkten, vor allem bei Löhnen und Gehältern, Rechnung getragen werden. Die Arbeitskosten auf der Ebene des Mindestlohns sind im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nach wie vor hoch. Der Mindestlohn sollte sich in einer der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplatzschaffung förderlicheren Weise entwickeln. Zudem kann die automatische Indexierung des Mindestlohns vor dem Hintergrund einer niedrigen Inflation zu Lohnerhöhungen führen, die über das zum Erhalt der Kaufkraft erforderliche Maß hinausgehen.

(12)

Frankreich sollte entschlossene Maßnahmen treffen, um die im Arbeitsrecht und in den Rechnungslegungsvorschriften vorgesehenen Schwellenwerte aufzuheben, die das Wachstum französischer Unternehmen, insbesondere von KMU, behindern. Generell sind die Möglichkeiten für eine Steigerung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor, insbesondere bei den freien Berufen, im Einzelhandel und in den netzgebundenen Branchen, noch nicht ausgeschöpft. Verschiedene Vorschriften und Gebührenordnungen für reglementierte Berufe hemmen die Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit. Mit dem neuen Gesetz zur Förderung von Wachstum, Wirtschaftstätigkeit und wirtschaftlicher Chancengleichheit („Loi pour la croissance, l'activité et l'égalité des chances économiques“) wurden neue Maßnahmen zur Belebung des Wettbewerbs in den Rechtsberufen eingeführt, deren Umsetzung von entscheidender Bedeutung sein wird, wenn sichergestellt werden soll, dass die bestehenden Hindernisse vor Ort ausgeräumt werden. Frankreich sollte ferner Maßnahmen treffen, um Hindernisse in anderen Sektoren, insbesondere im Gesundheitswesen, zu beseitigen. Der für den Zugang zu Gesundheitsberufen geltende „Numerus-clausus“-Grundsatz erschwert nach wie vor den Zugang zum Dienstleistungssektor und könnte überprüft werden, ohne dabei Qualität und Sicherheit zu gefährden.

(13)

Die Schuldenquote war 2014 mit 45,8 % eine der höchsten in der Union. Die hohe Körperschaftsteuer wirkt sich negativ auf die Investitionen französischer Unternehmen aus. Der von den Unternehmen zu zahlende durchschnittliche effektive Steuersatz beträgt 38,3 % und zählt damit zu den höchsten in der Union. Zusätzlich zu der bereits laufenden schrittweisen Abschaffung der Solidaritätsabgabe für Unternehmen zugunsten der Sozialversicherung („contribution sociale de solidarité des sociétés“, C3S) und zur Absenkung des gesetzlichen Steuersatzes auf 28 % im Jahr 2020 sollte Frankreich zeitnah seine Anstrengungen verstärken, um die Körperschaftsteuer so auszugestalten, dass Wachstum und Investitionen gefördert werden. Das Steuersystem muss vereinfacht werden, indem ineffiziente Steuern abgeschafft werden. Es wurden über 100 Steuern und Abgaben ermittelt, die lediglich geringe oder gar keine Einnahmen generieren und deren Abschaffung Verfahrenserleichterungen für Unternehmen und Privathaushalte bringen könnte.

(14)

Infolge des schwachen Wirtschaftswachstums verharrte die Arbeitslosenquote in Frankreich im Jahr 2014 auf hohem Niveau und die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich verschärft. Die Gesamtarbeitslosenquote betrug 10,2 % — gegenüber 10,3 % im Jahr 2013 und 7,5 % im Jahr 2008; betroffen sind vor allem junge Menschen, ältere Arbeitskräfte und Geringqualifizierte. Frankreich leidet unter einer Segmentierung des Arbeitsmarktes, die dadurch gekennzeichnet ist, dass befristete Arbeitsverträge einen zunehmenden Anteil der Einstellungen ausmachen. Maßnahmen, mit denen dieser Segmentierung gezielt entgegengewirkt werden sollte, namentlich die Einführung höherer Sozialbeiträge bei Arbeitsverträgen mit sehr kurzer Laufzeit, haben nicht gegriffen. Eine Überprüfung des Rechtsrahmens für den Abschluss von Arbeitsverträgen könnte hier Abhilfe schaffen. Die jüngsten Reformen haben den Arbeitgebern lediglich begrenzten Spielraum dafür verschafft, durch Betriebsvereinbarungen von Branchenvereinbarungen abzuweichen. Damit werden die Unternehmen in ihren Möglichkeiten beschnitten, ihre Belegschaften an den jeweiligen Bedarf anzupassen. Branchen und Unternehmen verfügen über ausreichende Flexibilität, um auf Einzelfallbasis und nach entsprechenden Verhandlungen mit den Sozialpartnern entscheiden zu können, unter welchen Bedingungen eine von der 35-Stunden-Woche abweichende Arbeitszeitregelung eingeführt werden sollte, jedoch ist dies mit hohen finanziellen Auswirkungen verbunden. Das Gesetz zur Einführung der „Accords de maintien de l'emploi“ (Beschäftigungssicherungsvereinbarungen) hat nicht die erwarteten Ergebnisse erbracht. Nur sehr wenige Unternehmen haben von der neuen Regelung für Betriebsvereinbarungen zur Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen Gebrauch gemacht. Die Regelung sollte überprüft werden mit dem Ziel, den Unternehmen einen größeren Spielraum einzuräumen, der es ihnen ermöglicht, Löhne und Arbeitszeiten an der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auszurichten.

(15)

Die anhaltende Verschlechterung der Arbeitsmarktlage hat negative Folgen für die Arbeitslosenversicherung und stellt die Tragfähigkeit des Modells infrage. Die seit dem 1. Juli 2014 geltende neue Vereinbarung zur Arbeitslosenversicherung ist für einen Abbau des Defizits unzureichend. Es wird erwartet, dass mit den eingeführten Maßnahmen im Jahr 2014 Einsparungen im Umfang von 0,3 Mrd. EUR und im Jahr 2015 weitere Einsparungen im Umfang von 0,8 Mrd. EUR erzielt werden. Gleichwohl wird nach wie vor davon ausgegangen, dass das Defizit des Systems von 3,9 Mrd. EUR im Jahr 2014 auf 4,4 Mrd. EUR im Jahr 2015 ansteigen wird, womit die Gesamtverschuldung des Systems weiter auf 25,9 Mrd. EUR anwachsen wird. Um seine Tragfähigkeit zu gewährleisten, sind strukturelle Maßnahmen erforderlich. Insbesondere sollten die Anspruchsvoraussetzungen, die degressive Ausgestaltung der Leistungen und die Lohnersatzleistungsquoten für die Arbeitnehmer mit den höchsten Löhnen zwischen den Sozialpartnern, denen die Verwaltung des Systems obliegt, geprüft werden.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Frankreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Frankreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Frankreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (8) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung wider.

(18)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (9). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Frankreich auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Frankreich 2015 und 2016

1.

wirksame Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit trifft und eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2017 gewährleistet, indem es die Haushaltsstrategie verstärkt, die in den jeweiligen Jahren erforderlichen Maßnahmen ergreift und sämtliche unerwarteten Mehreinnahmen zum Defizit- und Schuldenabbau verwendet; die in diesen Jahren geplanten Ausgabenkürzungen spezifiziert und eine unabhängige Bewertung der Auswirkungen der wichtigsten Maßnahmen vorlegt;

2.

verstärkt Anstrengungen unternimmt, um eine effektive Ausgabenüberprüfung zu gewährleisten, weiterhin eine Bewertung staatlicher Maßnahmen vorzunehmen und Einsparpotenziale in allen Teilsektoren des Sektors Staat, unter anderem in der Sozialversicherung und bei den kommunalen Gebietskörperschaften, zu ermitteln; Maßnahmen trifft, um den Anstieg der Verwaltungsausgaben der kommunalen Gebietskörperschaften einzudämmen; zusätzliche Maßnahmen trifft, um das Rentensystem ins Gleichgewicht zu bringen, und insbesondere bis März 2016 die langfristige finanzielle Tragfähigkeit der ergänzenden Altersversorgungssysteme sicherstellt;

3.

gewährleistet, dass an der Senkung der Arbeitskosten, die aus den Steuergutschriften für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung und dem Verantwortungs- und Solidaritätspakt resultiert, festgehalten wird und dass diese wie geplant im Jahr 2016 eingeführt werden; die Wirksamkeit dieser Regelungen im Lichte der Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt und den Produktmärkten bewertet; das Lohnbildungssystem in Konsultation mit den Sozialpartnern gemäß nationalen Gepflogenheiten reformiert, um zu gewährleisten, dass sich Löhne und Gehälter entsprechend der Produktivität entwickeln; eine mit den Zielen der Förderung von Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit vereinbare Entwicklung des Mindestlohns sicherstellt;

4.

bis Ende 2015 rechtliche Hindernisse, die dem Wachstum von Unternehmen im Wege stehen, abbaut und insbesondere in Rechtsvorschriften enthaltene Größenkriterien überprüft, um Schwelleneffekte zu vermeiden; ab 2015 die Beschränkungen für den Zugang zu reglementierten Berufen und deren Ausübung — über die Rechtsberufe hinaus — aufhebt, vor allem bei den Gesundheitsberufen;

5.

das Steuersystem einfacher und effizienter gestaltet und zu diesem Zweck insbesondere ineffiziente Steuerausgaben abschafft; mit Blick auf die Förderung von Investitionen Maßnahmen zur Senkung produktionsbezogener Steuern und des gesetzlichen Körperschaftsteuersatzes trifft und gleichzeitig die Bemessungsgrundlage für die Verbrauchsteuern verbreitert; ab 2015 Maßnahmen zur Abschaffung ineffizienter Steuern und Abgaben trifft, die lediglich geringe oder gar keine Einnahmen generieren;

6.

das Arbeitsrecht in einer Weise reformiert, dass stärkere Anreize für Arbeitgeber geschaffen werden, Einstellungen auf der Grundlage unbefristeter Verträge vorzunehmen; Abweichungen von allgemeinen Rechtsvorschriften, insbesondere in Bezug auf die Arbeitszeitregelungen, auf Unternehmens- und Branchenebene erleichtert; das Gesetz zur Einführung der „Accords de maintien de l'emploi“ bis Ende 2015 reformiert, um die Verbreitung solcher Vereinbarungen in den Unternehmen zu fördern; im Benehmen mit den Sozialpartnern und entsprechend den nationalen Gepflogenheiten Maßnahmen zur Reform der Arbeitslosenversicherung trifft mit dem Ziel, die finanzielle Tragfähigkeit des Systems wiederherzustellen und stärkere Anreize für die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 42).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Die Regierung hat ihr mittelfristiges Ziel gegenüber dem vorherigen Stabilitätsprogramm nach oben korrigiert und strebt nunmehr ein strukturelles Defizit von 0,4 % des BIP (gegenüber 0,25 % im letztjährigen Programm) an. Auch soll das mittelfristige Ziel ein Jahr später erreicht werden als im letztjährigen Stabilitätsprogramm vorgesehen.

(7)  Der strukturelle Saldo, der von der Kommission auf der Grundlage der Angaben im Stabilitätsprogramm nach der gemeinsamen Methodik neu berechnet wurde.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(9)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/56


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Kroatiens 2015

(2015/C 272/15)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Kroatiens 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Spanien als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Kroatien 2015. Darin wurden die Fortschritte Kroatiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Kroatien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern. Insbesondere vor dem Hintergrund eines gedämpften Wachstums, der verspäteten Umstrukturierung von Unternehmen und der schlechten Beschäftigungslage sind die Risiken im Zusammenhang mit der geringen Wettbewerbsfähigkeit, den hohen Außenverbindlichkeiten und dem zunehmenden öffentlichen Schuldenstand, verbunden mit schwachen Verwaltungsstrukturen, deutlich gestiegen.

(7)

Nach der Veröffentlichung des Länderberichts traten die kroatischen Behörden im März 2015 in einen Dialog mit den Kommissionsdienststellen über die zur Beseitigung der übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewichte am dringendsten erforderlichen Reformen ein. Die Behörden wirkten konstruktiv an dem Dialog mit und kündigten eine Reihe von einschlägigen Maßnahmen an, u. a. Reduzierung der steuerähnlichen Abgaben in den Jahren 2016 und 2017, Rationalisierung des Systems der staatlichen Einrichtungen und der Regionalstellen der staatlichen Zentralverwaltung, Schaffung von Anreizen für freiwillige Zusammenschlüsse von Einrichtungen der kommunalen Selbstverwaltung, Abbau von Rechtsunsicherheit und Stärkung des staatlichen Rechnungsprüfungsamtes. Reformen in mehreren anderen Bereichen, wie der Abbau von Verwaltungsaufwand für Unternehmen und die Verbesserung der Verwaltung staatseigener Unternehmen, wurden genauer dargelegt. Allerdings bleiben die Zielvorgaben in einigen Bereichen hinter den Erwartungen zurück, insbesondere was strengere Regeln für den Vorruhestand sowie die Veröffentlichung und Umsetzung der Feststellungen der Ausgabenüberprüfung betrifft, auch wenn einige zusätzliche Maßnahmen vorgestellt wurden, um diese Schwächen teilweise auszugleichen.

(8)

Kroatien fällt derzeit unter die korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Gemäß dem Konvergenzprogramm 2015 beabsichtigt die Regierung, das übermäßige Defizit bis 2017 abzubauen, womit die vom Rat empfohlene Frist, d. h. bis 2016, nicht eingehalten wird. Die Regierung plant, das Gesamtdefizit schrittweise auf 5,0 % des BIP im Jahr 2015, auf 3,9 % im Jahr 2016 und auf 2,7 % im Jahr 2017 zu senken. Gemäß dem Konvergenzprogramm wird erwartet, dass die Schuldenquote 2017 mit 92,5 % ihren Höchststand erreicht und sich 2018 bei 92,4 % des BIP weitgehend stabilisiert. Das makroökonomische Szenario, auf dem diese Haushaltsprognose beruht, scheint etwas optimistisch gewählt, da die zugrunde liegenden Konsolidierungsanstrengungen in dem Programm — bei vergleichbarer Wachstumsprognose — höher veranschlagt sind als in der Prognose der Kommission. Maßnahmen zur Unterstützung der Defizitziele ab 2015 werden nur teilweise dargelegt. Entsprechend der Frühjahrsprognose der Kommission ist nicht davon auszugehen, dass das übermäßige Defizit fristgerecht und dauerhaft ab 2016 ausgeräumt wird. Hinsichtlich der ergriffenen diskretionären Maßnahmen standen die Konsolidierungsanstrengungen im Jahr 2014 im Einklang mit der Empfehlung des Rates. Dies gilt trotz des für 2015 prognostizierten Rückgangs auch kumulativ für die Jahre 2014 und 2015. Die Veränderung des (angepassten) strukturellen Saldos für den Zeitraum 2014/2015 liegt dennoch unterhalb des empfohlenen Werts. Für 2016 liegen die Konsolidierungsanstrengungen unterhalb der Empfehlung des Rates. Daher müssen weitere strukturelle Maßnahmen ergriffen werden. Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht nach Auffassung des Rates das Risiko, dass Kroatien die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhalten wird.

(9)

Am 23. April 2015 übermittelte Kroatien sein nationales Reformprogramm 2015 und am 30. April 2015 sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Kroatien nimmt derzeit eine Ausgabenüberprüfung vor, um Effizienzgewinne insbesondere in Bezug auf Löhne, soziale Sicherheit und Subventionen zu erzeugen und ausreichenden haushaltspolitischen Spielraum für wachstumsfördernde Ausgaben und Investitionen zu schaffen. Gemessen am BIP gehören Kroatiens Einnahmen aus periodischen Immobiliensteuern zu den niedrigsten in der Union. Im Laufe des vergangenen Jahres wurden Schritte unternommen, um die Steuerdisziplin zu verbessern, darunter Maßnahmen zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs, und nun ist konkretes Handeln gefordert. Kroatiens Haushaltsrahmen wurde durch die jüngsten Reformen gestärkt, doch es bestehen nach wie vor erhebliche Herausforderungen. Mängel bei der wirksamen Ausgabenkontrolle und der kohärenten Anwendung von Haushaltsbeschränkungen wirken sich negativ auf die Haushaltspolitik und die Prüfungsfeststellungen aus. Aufgrund des rasch steigenden öffentlichen Schuldenstands muss das Staatsschuldenmanagement deutlich aktiver betrieben werden.

(11)

Das Rentensystem wird durch eine große Zahl an Vorruheständlern, übermäßig großzügige Vorruhestandsregelungen für bestimmte Berufe und zahlreiche Sonderregelungen für die Altersversorgung geschwächt. Frühzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben wird erleichtert, da die Renten vergleichsweise wenig bzw. bei bestimmten Arbeitnehmern gar nicht gekürzt werden. Auch liegen das Mindestalter für den Vorruhestand und das gesetzliche Renteneintrittsalter im Vergleich zum EU-Durchschnitt von weniger als drei Jahren weit auseinander. Darüber hinaus ist das System stark fragmentiert, sodass weniger Mittel für die Zahlung der Regelaltersrenten zur Verfügung stehen. Dadurch ist das Rentenniveau trotz vergleichbarer Ausgaben niedriger als in den meisten anderen Mitgliedstaaten. Im Gesundheitssektor bestehen aufgrund wiederholter Zahlungsrückstände weiterhin Haushaltsrisiken. Zwar wurden Maßnahmen zur Rationalisierung der Krankenhausfinanzierung eingeleitet, doch gibt es dabei Umsetzungsrisiken. Durch die Aufstockung der Haushaltsmittel um 10 % wird der Finanzierungsbedarf nur teilweise gedeckt; um die Zahlungsrückstände bis 2017 vollständig abzubauen, müssen weitere Effizienzsteigerungen erzielt werden.

(12)

Durch die begrenzte Anpassung der Löhne in der Zeit nach der Krise wurden die negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung verstärkt. Die 2014 abgeschlossene umfassende Analyse der Lohnfindungs- und Lohnsetzungspraktiken hat ergeben, dass das System nicht flexibel genug ist, um sich an Veränderungen des makroökonomischen Umfelds anzupassen. Besondere Mängel bestehen hinsichtlich der großen Unterschiede zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor, einschließlich staatseigener Unternehmen, der Ausweitung von Tarifverträgen auf nicht tarifgebundene Parteien und der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Beendigung obsoleter Vereinbarungen. Auf diese Analyse müssen nun konkrete politische Maßnahmen folgen. Zudem ist es wichtig, die Folgen der 2013/2014 vorgenommenen Arbeitsmarktreform zu überwachen.

(13)

Die Erwerbsbevölkerung ist durch eine schnell alternde Bevölkerung in Verbindung mit niedrigen Erwerbsquoten, insbesondere bei jungen Menschen und Arbeitnehmern über 50, gekennzeichnet. Trotz der höheren Ausgaben und des größeren Umfangs aktiver Arbeitsmarktstrategien sind diese Maßnahmen im Hinblick auf Langzeitarbeitslose, ältere Arbeitnehmer und junge Menschen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, nach wie vor unzureichend. Die Anzahl der Hochschulabsolventen ist eine der niedrigsten in der Union. Das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage sowie Mängel im System der allgemeinen und beruflichen Bildung lassen die Jugendlichen davor zurückschrecken, einen Hochschulabschluss anzustreben. Der Umfang der informellen Wirtschaft stellt nach wie vor eine permanente Herausforderung dar und führt zu einem hohen Maß an Schwarzarbeit. Die vom Ausschuss zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit Ende 2014 ermittelten Maßnahmen müssen nun umgesetzt werden. Derzeit gibt es mehr als 80 verschiedene Sozialleistungen und Programme. Auch wenn die Konsolidierung der Leistungen eingeleitet wurde, sind 2015 weitere Reformanstrengungen erforderlich, um die Abdeckung und Angemessenheit der Sozialleistungen zu verbessern.

(14)

Aufgrund der komplizierten und fragmentierten Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der nationalen und der lokalen Ebene werden die Verwaltung der öffentlichen Finanzen und die Effizienz der öffentlichen Ausgaben untergraben. Die derzeitige Aufteilung der politischen Zuständigkeiten sowie administrative Schwachstellen bei den Kommunalbehörden wirken sich unmittelbar auf eine Reihe unterschiedlicher Bereiche aus, wie etwa die Steuererhebung, die Gewährung von Sozialleistungen, die Verwaltung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds, die öffentliche Auftragsvergabe und die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen. Als kurzfristige Maßnahme planen die Behörden, Mechanismen zur Förderung freiwilliger Zusammenschlüsse oder der Koordinierung von Einrichtungen der Selbstverwaltung einzuführen. Auf Ebene der Zentralregierung wurde die Reform und Rationalisierung des Systems der staatlichen Einrichtungen auf der Grundlage der 2014 abgeschlossenen Analyse vorangebracht.

(15)

Kroatiens Unternehmenslandschaft leidet unter erheblichen institutionellen Defiziten; hierzu zählen Rechtsunsicherheit, geringe Kontrolle der Qualität von Rechtsakten, hohe Befolgungskosten, diskriminierende Praktiken und unverhältnismäßige Hindernisse für Dienstleistungsanbieter, hoher Verwaltungsaufwand, eine Fülle steuerähnlicher Abgaben, mangelnde Transparenz und Vorhersehbarkeit der Arbeitsweise von Verwaltungseinrichtungen, insbesondere auf lokaler Ebene, ungleichmäßig entwickelte elektronische Kommunikationskanäle und langwierige Gerichtsverfahren, insbesondere bei Handelsgerichten, bei denen die Fallbearbeitung verbessert werden muss. Der neuen Strategie zur Korruptionsbekämpfung fehlt es an Schwerpunktsetzung und Detailgenauigkeit; dem sollte mit einem Aktionsplan zur Umsetzung der Strategie begegnet werden.

(16)

Die Überwachung öffentlicher Unternehmen ist im Falle von in den Kommunen angesiedelten Unternehmen sowie Tochterunternehmen großer öffentlicher Unternehmen unzureichend. Die Behörden beabsichtigen, die Zahl der strategisch bedeutsamen Unternehmen zu verringern und verstärkt zu privatisieren. Es bedarf weiterer Fortschritte bei der Qualität der Verwaltung, unter anderem im Hinblick auf eine verstärkte und harmonisierte Überwachung in verschiedenen staatseigenen Unternehmen. Die Ernennung von Aufsichtsratsmitgliedern ist nicht transparent genug, und es bestehen relativ geringe Kompetenzanforderungen, sodass keine ordnungsgemäße Verwaltung öffentlichen Eigentums gewährleistet werden kann.

(17)

Die Schaffung eines effizienten und transparenten Rahmens für frühzeitige Rettungen und Insolvenzverfahren ist eine wesentliche Voraussetzung für die Eindämmung des erheblichen Drucks zum Verschuldungsabbau, dem kroatische Unternehmen ausgesetzt sind, und für die Förderung einer Kultur der frühzeitigen Umstrukturierung und der „zweiten Chance“. Eine Beurteilung der Rechtsvorschriften für Vorinsolvenzverfahren zeigt, dass der derzeitige Rechtsrahmen unionsweit mit die niedrigste Ex-ante-Effizienz aufweist. Eine Reform des Insolvenzrahmens wurde eingeleitet; sie soll in der ersten Hälfte des Jahres 2015 vom Parlament verabschiedet werden. Die Kroatische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung könnte bei der wirtschaftlichen Erholung des Landes eine entscheidende Rolle spielen. Für sie besteht ein unmittelbares Kreditrisiko, was sich nachteilig auf die öffentlichen Finanzen auswirken könnte. Daher ist es wichtig, dass sie unter Aufsicht und starke Corporate Governance gestellt wird. Auch Struktur und Transparenz der Regelungen zur Rechenschaftspflicht des Managements müssen verbessert werden. Nachdem es zu Währungsrisiken und währungsbedingten Kreditrisiken gekommen ist, bedarf es nun einer langfristigen, verhältnismäßigen und gerechten Lösung, die auf einer soliden Rechtsgrundlage beruht und durch die vorrangig die Kreditnehmer unterstützt werden, die sich in den größten Schwierigkeiten befinden.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Kroatiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Kroatien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Kroatien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 6 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider —

EMPFIEHLT, dass Kroatien 2015 und 2016

1.

für eine dauerhafte Behebung des übermäßigen Defizits bis 2016 sorgt, indem es 2015 die erforderlichen Maßnahmen ergreift und die Haushaltsstrategie für 2016 verstärkt; die Feststellungen der Ausgabenüberprüfung veröffentlicht und umsetzt; die Ausgabenkontrolle auf zentraler und lokaler Ebene verbessert, vor allem durch die Einführung eines Sanktionssystems für Einrichtungen, die Haushaltsobergrenzen nicht einhalten; das Gesetz über eine verantwortungsvolle Finanzpolitik verabschiedet und die Fähigkeiten und Aufgaben des staatlichen Rechnungsprüfungsamtes ausbaut; eine periodische Immobiliensteuer einführt und die Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften verbessert; das Staatsschuldenmanagement verstärkt, insbesondere durch jährliche Veröffentlichung einer Strategie für das Schuldenmanagement und durch eine angemessene Mittelausstattung;

2.

Vorruhestandsregelungen durch höhere Abschläge bei frühzeitigem Ausscheiden unattraktiver gestaltet; durch eine engere Definition von belastenden und gefährlichen Berufen für angemessenere und effizientere Rentenzahlungen sorgt; die Haushaltsrisiken im Bereich der Gesundheitsversorgung eindämmt;

3.

die Mängel bei den Lohnsetzungspraktiken in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten beseitigt, um dafür zu sorgen, dass die Löhne an die Produktivität und die makroökonomischen Rahmenbedingungen angepasst werden; stärkere Anreize für Arbeitslose und Nichterwerbstätige schafft, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen; auf der Grundlage der 2014 vorgenommenen Überprüfung das Sozialversicherungssystem reformiert und die Sozialleistungen durch eine gezieltere Vergabe und die Beseitigung von Überschneidungen weiter konsolidiert;

4.

das Ausmaß der Fragmentierung und der Überschneidungen zwischen der Zentralregierung und der kommunalen Ebene durch ein neues Modell für die aufgabenbezogene Verteilung der Zuständigkeiten und durch die Rationalisierung des Systems der staatlichen Einrichtungen verringert; die Transparenz und Rechenschaftspflicht in öffentlichen Unternehmen erhöht, insbesondere bei der Besetzung von Leitungspositionen und bei den Kompetenzanforderungen; die Notierung von Minderheitsbeteiligungen an öffentlichen Unternehmen sowie Privatisierungen vorzieht;

5.

die steuerähnlichen Abgaben erheblich verringert und unverhältnismäßige Hindernisse für Dienstleistungsanbieter abbaut; Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und der Qualität des Justizsystems, insbesondere der Handelsgerichte, ermittelt und umsetzt;

6.

die Vorinsolvenz- und Insolvenzverfahren für Unternehmen verbessert, um Umschuldungen zu erleichtern und ein Privatinsolvenzverfahren einzuführen; die Fähigkeit des Finanzsektors stärkt, die wirtschaftliche Erholung angesichts der Herausforderungen im Zusammenhang mit umfangreichen notleidenden Unternehmenskrediten, Hypothekarkrediten in Fremdwährung und schwachen Verwaltungsverfahren bei einigen Einrichtungen zu unterstützen.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Litauens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 50).

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/61


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Italiens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2015

(2015/C 272/16)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Italiens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Italiens 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Italiens für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Italien als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Italien 2015. Darin wurden die Fortschritte Italiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Italien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein gezieltes Monitoring erfordern. Insbesondere gilt es, die Ursachen für die anhaltend niedrige Arbeitsproduktivität und die geringe Wettbewerbsfähigkeit zu bekämpfen und die Staatsverschuldung auf einen Abwärtskurs zu bringen. Angesichts der Größe der italienischen Wirtschaft sind Maßnahmen, die das Risiko nachteiliger Auswirkungen auf die italienische Wirtschaft und weitere Teile der Wirtschafts- und Währungsunion verringern sollen, besonders wichtig.

(7)

Am 28. April 2015 hat Italien sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015 vorgelegt. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Italien unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie der Übergangsregelung für den Schuldenabbau im Zeitraum 2013-2015. Am 27. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, da nicht damit zu rechnen war, dass Italien genügend Fortschritte bei der Einhaltung der Schuldenregel im Zeitraum 2014-2015 machen würde. In ihrer Analyse kam die Kommission zu dem Schluss, dass das Schuldenstandskriterium zum damaligen Zeitpunkt als erfüllt gelten sollte.

(9)

Am 30. April 2015, nach dem Stichtag für die Frühjahrsprognose, verwarf das Verfassungsgericht die befristete Nichtindexierung höherer Renten in den Jahren 2012/13 als verfassungswidrig. Am 18. Mai 2015 nahm die Regierung als Reaktion auf dieses Urteil ein Gesetzesdekret an und bestätigte die im Stabilitätsprogramm enthaltenen Haushaltsziele. Auf der Grundlage dieser Informationen können die Schlussfolgerungen des Berichts nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV vom Februar zu diesem Zeitpunkt als noch weitgehend aktuell betrachtet werden. Die genauen Haushaltsfolgen des Urteils werden davon abhängen, wie die Regierung dieses umsetzt, was noch zu klären ist. Angesichts dieser neuen Information könnte die Abfassung eines Berichts nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich werden. Wird dieser neue Umstand in Erwartung einer Klärung der offenen Fragen unberücksichtigt gelassen, können die Schlussfolgerungen des Berichts vom Februar zu diesem Zeitpunkt als noch weitgehend aktuell betrachtet werden.

(10)

In seinem Stabilitätsprogramm 2015 ersuchte Italien um eine vorübergehende Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Ziel um 0,4 Prozentpunkte des BIP im Jahr 2016, um umfangreichen Reformen mit positiven Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Rechnung zu tragen. Die Einzelheiten dieser Reformen sind dem nationalen Reformprogramm Italiens für 2015 zu entnehmen. Dem Programm zufolge werden in folgenden Bereichen Reformen mit Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen durchgeführt: i) öffentliche Verwaltung und Vereinfachung; ii) Märkte für Waren und Dienstleistungen; iii) Arbeitsmarkt; iv) Ziviljustiz; v) Bildung; vi) Verlagerung der Steuerlast; und vii) Ausgabenüberprüfung als Finanzierungsmaßnahme. Die Schätzungen der Behörden, wonach sich die Auswirkungen dieser Reformen auf das reale BIP auf 1,8 %-Punkte bis 2020 belaufen, erscheinen plausibel. Bei einer vollständigen und rechtzeitigen Umsetzung werden sich diese Reformen positiv auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auswirken. Unter der Voraussetzung, dass die Regierung 2015 die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um für die dauerhaften Folgen des obigen Verfassungsgerichtsurteils einen angemessenen Ausgleich herbeizuführen, damit Italien i) in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts verbleibt, ii) eine angemessene Sicherheitsmarge zum Defizitreferenzwert beibehält und iii) das mittelfristige Ziel innerhalb des vierjährigen Zeitraums des Stabilitätsprogramms erreicht wird, kann angenommen werden, dass Italien für eine vorübergehende Abweichung im Jahr 2016 — wie beantragt — in Frage kommt, sofern es die vereinbarten Reformen hinreichend umsetzt, was im Rahmen des Europäischen Semesters zu beobachten sein wird.

(11)

Im Stabilitätsprogramm 2015 ist eine schrittweise Senkung des nominalen Defizits auf 2,6 % des BIP im Jahr 2015 und weiter auf 1,8 % des BIP im Jahr 2016 vorgesehen. Die Regierung plant laut dem Stabilitätsprogramm 2015, das mittelfristige Ziel — einen strukturell ausgeglichenen Haushalt — bis 2017 zu erreichen. Dem neu berechneten strukturellen Saldo (6) zufolge wird das mittelfristige Ziel hingegen im Jahr 2018 erreicht. Angesichts der Anwendung der Strukturreformklausel und der Zusagen im Stabilitätsprogramm 2015 erscheint die Erreichung des mittelfristigen Ziels im Jahr 2017 angebracht.

(12)

Die öffentliche Schuldenstandsquote dürfte im Jahr 2015 mit 132,5 % des BIP ihren Höchststand erreichen und danach langsam auf rund 120 % des BIP im Jahr 2019 sinken. Das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Noch muss die Regierung die zusätzlichen Ausgabenkürzungen festlegen, um die Umsetzung der gesetzlich festgelegten Mehrwertsteuererhöhung im Jahr 2016 umgehen zu können.

(13)

Italien dürfte seinen strukturellen Saldo im Jahr 2015 um 0,25 % des BIP verbessern. Die laut der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission erwartete strukturelle Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Ziel von 0,3 Prozentpunkten des BIP im Jahr 2015 steht mit Italiens Verpflichtungen unter der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Einklang. 2016 dürfte Italien seinen strukturellen Saldo um zumindest 0,1 % des BIP verbessern, wobei die erlaubte Abweichung auf der Grundlage der Strukturreformklausel berücksichtigt ist. Unter der Annahme einer unveränderten Politik deutet die Prognose der Kommission jedoch auf eine Verschlechterung um 0,2 % des BIP hin, weshalb das Risiko einer gewissen Abweichung besteht. Deshalb werden weitere Maßnahmen erforderlich sein. Auf der Grundlage seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission sieht der Rat ein gewisses Risiko, dass Italien den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht genügen wird.

(14)

Die Umsetzung des ehrgeizigen Privatisierungsvorhabens der italienischen Behörden hat sich trotz des erwarteten Beitrags zum Schuldenabbau, der eine große Herausforderung für Italien darstellt, 2014 verzögert; infolgedessen beliefen sich die Privatisierungserlöse 2014 auf 0,2 % des BIP und blieben damit hinter dem Ziel von jährlich 0,7 % zurück.

(15)

Zwar unternahm Italien im vergangenen Jahr wichtige Schritte zur Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit, die Quote ist jedoch nach wie vor hoch. Anzahl und Umfang der Steuerausgaben, insbesondere die ermäßigten Mehrwertsteuersätze, sind weiterhin übermäßig hoch. Was die Besteuerung von Immobilienvermögen betrifft, wurden nur langsame Fortschritte bei der Reform des Katastersystems erzielt, die insbesondere auf die Prüfung veralteter Katasterwerte abzielen sollte. Auch die Überarbeitung der Umweltsteuern und die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen wurden bisher nicht in Angriff genommen. Italien hat einen Umweltsteuer-Ausschuss geschaffen. Diese Bereiche werden vom Ermächtigungsgesetz für Steuerreformen erfasst, dessen Umsetzung sich jedoch aufgrund ausstehender Gesetzesdekrete verzögert hat. Wenngleich in diesem Bereich einige Schritte unternommen wurden, wird die Wirksamkeit des Steuersystems in Italien auch durch die schwache Steuerdisziplin und die hohe Steuervermeidung, die sich beide als hartnäckig erweisen und hohe Kosten verursachen (nach Schätzungen der Regierung jährlich 91 Mrd. EUR bzw. 5,6 % des BIP), unterlaufen. Die von der Regierung erlassenen Maßnahmen zur Gewährleistung korrekter Steuererklärungen müssen nun vollständig umgesetzt werden.

(16)

Im Hinblick auf eine dauerhafte Verbesserung der Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben auf allen staatlichen Ebenen wurden nur begrenzte Fortschritte erzielt. Die gesetzlich festgelegten Haushaltseinsparungen blieben auch auf der Ebene der Regionen und Kommunen hinter dem im nationalen Reformprogramm 2014 angekündigten Umfang zurück. Die Tatsache, dass die Ausgabenüberprüfung noch keinen integralen Bestandteil des Haushaltsverfahrens darstellt, wiegt langfristig schwer auf der Wirksamkeit des Verfahrens. Bei der Verwaltung von EU-Mitteln zeigen sich vor allem in den südlichen Regionen weiterhin deutliche Schwächen. Ein nationaler Strategieplan für Häfen und Logistik ist in Arbeit, jedoch wurden nur teilweise Schritte unternommen, um die Verwaltung der Häfen und ihre Anbindung an das Umland zu verbessern.

(17)

Italiens öffentliche Verwaltung ist nach wie vor durch deutliche Ineffizienzen geprägt, die sich auf das Wirtschaftsumfeld und die Fähigkeit des Landes, Reformen wirksam umzusetzen, auswirken. Anstrengungen zur Verbesserung des institutionellen Rahmens und der allgemeinen Qualität der öffentlichen Verwaltung wurden unternommen und dauern weiter an. Bis Ende 2015 wird eine ehrgeizige Verfassungsreform erwartet, die insbesondere darauf abzielt, die Aufteilung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen zu klären. Eine umfassende Reform der öffentlichen Verwaltung, unter anderem in Bezug auf Personalfluktuation, Mobilität und Vergütung, steht noch aus. Zwar wurden einige Schritte unternommen, um die Transparenz zu fördern und die Befugnisse der nationalen Antikorruptionsbehörde auszuweiten, doch die Reform der Verjährungsvorschriften — die auch andere internationale Organisationen als einen Eckpfeiler im Kampf gegen die Korruption in Italien ansehen — ist immer noch nicht durchgeführt worden. In den vergangenen Jahren wurden wichtige Maßnahmen ergriffen, um sowohl die Verfügbarkeit von Justizdienstleistungen durch die Überarbeitung der Einzugsgebiete der Gerichte und die Schaffung von Fachgerichten zu verbessern, als auch die Nachfrage durch die Förderung außergerichtlicher Streitbeilegung zu senken. Die Verfahrensdauer stellt nach wie vor ein großes Problem dar und die umgesetzten Reformen müssen noch Wirkung zeigen.

(18)

Seit Ende 2008 hat sich die Quote notleidender Darlehen im italienischen Bankensektor, insbesondere in Bezug auf die Risikopositionen der Banken gegenüber Unternehmen, drastisch erhöht. Bisher ist die Veräußerungsrate der wertgeminderten Aktiva zu gering und sie konnten nur in begrenztem Umfang abgestoßen werden. Teilweise ist dies auf den in Italien unterentwickelten Markt für private ausfallgefährdete Darlehen zurückzuführen. Kürzlich wurden Gesetze erlassen, um die Schwächen in der Unternehmensführung der großen Genossenschaftsbanken (banche popolari) anzugehen, und im April 2015 wurde eine Vereinbarung zwischen den Stiftungen und den italienischen Behörden getroffen, die unter anderem darauf abzielt, den Einfluss von Stiftungen auf die Unternehmensführung von Banken einzuschränken. Derzeit arbeiten kleine Genossenschaftsbanken (banche di credito cooperative) eine unverbindliche Governance-Reform aus, die später gesetzlich umgesetzt werden soll. Eine weitere Umstrukturierung und Konsolidierung des italienischen Bankensektors ist geboten, um die Wirksamkeit der Finanzintermediation zu verbessern und die wirtschaftliche Erholung zu fördern.

(19)

Ein weitreichendes Ermächtigungsgesetz zur Reform des Arbeitsmarkts, der „Jobs Act“, wurde im Dezember 2014 erlassen und behält die Richtung vorhergehender Reformen bei. Es sieht insbesondere Änderungen bei den Arbeitnehmerschutzbestimmungen, dem System der Arbeitslosenunterstützung, der Steuerung und Funktionsweise der aktiven und passiven Arbeitsmarktpolitik sowie der Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor. Die wirksame Umsetzung dieses Gesetzes wird entscheidend vom Erlass der erforderlichen Gesetzesdekrete abhängen. Diese betreffen die Anwendung von Lohnersatzleistungen, die Änderung vertraglicher Vereinbarungen, die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und die Stärkung der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Dezentrale Lohnverhandlungen, die zu einer besseren Anpassung der Löhne an die Produktivität und zur Förderung innovativer Lösungen innerhalb von Unternehmen beitragen könnten, werden weiterhin nur in einem kleinen Teil der Betriebe geführt. Die im Januar 2014 getroffene Vereinbarung zur Festlegung der Verfahren zur Messung des Repräsentationsgrads der Gewerkschaften im verarbeitenden Gewerbe könnte dazu beitragen, dezentrale Lohnverhandlungen zu fördern; sie ist jedoch noch nicht in Kraft getreten. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen steigt zwar, jedoch zählt die Quote noch immer zu den niedrigsten in der Union. Zudem erreichte die Jugendarbeitslosigkeit im dritten Quartal 2014 beinahe 43 % und der Anteil junger Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, ist unionsweit am höchsten. Die Ursachen finden sich zum Teil im Bildungssystem, das nach wie vor durch schulische Leistungen unter dem EU-Durchschnitt und einen relativ hohen Anteil früher Schulabgänger gekennzeichnet ist. Nur 54,6 % der 15- bis 34-Jährigen finden innerhalb von drei Jahren nach Erwerb eines Hochschulabschlusses der ersten oder zweiten Stufe Arbeit (gegenüber 78,6 % im EU-Durchschnitt). Im EU-Vergleich hat Italien mit die stärksten Zuwächse bei Armut und sozialer Exklusion verzeichnet, die sich insbesondere auf Kinder auswirken. Das Sozialhilfesystem ist nach wie vor fragmentiert und erweist sich bei der Bewältigung dieser Herausforderung als unwirksam, was eine erhebliche Kostenineffizienz zur Folge hat.

(20)

Noch immer behindern zahlreiche Wettbewerbsbeschränkungen das reibungslose Funktionieren der Waren- und Dienstleistungsmärkte. Ein Gesetz zur Beseitigung bestimmter Hindernisse in verschiedenen Branchen muss noch vom Parlament angenommen werden. In einigen Bereichen, die unter dieses Gesetz fallen (juristische Dienstleistungen und Apotheken), sowie in anderen Bereichen, wie etwa bei den lokalen öffentlichen Dienstleistungen, den Flughäfen und Häfen, dem Bankwesen und der Gesundheitsversorgung, bestehen weiterhin erhebliche Hindernisse. Auch das öffentliche Auftragswesen weist trotz des stärkeren Rückgriffs auf die zentralisierte Beschaffung noch immer deutliche Schwächen auf. Lokale öffentliche Dienstleistungen, die eindeutige Anzeichen von Ineffizienz zeigen, bleiben vom Wettbewerb abgeschirmt, was sich ebenfalls negativ auf die öffentlichen Finanzen auswirkt. Nur ein geringer Teil der öffentlichen Aufträge wird über offene Ausschreibungen vergeben; der Großteil der Auftragsvergabe erfolgt in-house oder über ähnliche Verfahren.

(21)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Italiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Italien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Italien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(22)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (7) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(23)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(24)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (8) Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Italien auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Italien in den Jahren 2015 und 2016

1.

eine Haushaltsanpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel von zumindest 0,25 % des BIP im Jahr 2015 und 0,1 % des BIP im Jahr 2016 erreicht, indem es in beiden Jahren die notwendigen Strukturmaßnahmen unter Berücksichtigung der erlaubten Abweichung für die Umsetzung umfangreicher Strukturreformen ergreift; sicherstellt, dass die Ausgabenüberprüfung einen integralen Bestandteil des Haushaltsverfahrens darstellt; das Privatisierungsprogramm rasch und gründlich umsetzt und unerwartete Mehreinnahmen für weitere Fortschritte nutzt, um die öffentliche Schuldenstandsquote auf einen hinreichenden Abwärtskurs zu führen; das Ermächtigungsgesetz für Steuerreformen und insbesondere die Überarbeitung der Steuerausgaben und der Katasterwerte sowie die Maßnahmen für eine bessere Einhaltung der Steuervorschriften bis September 2015 umsetzt;

2.

den geplanten nationalen Strategieplan für Häfen und Logistik verabschiedet, um insbesondere die intermodale Beförderung durch bessere Verbindungen zu fördern; gewährleistet, dass die Agentur für territorialen Zusammenhalt in vollem Umfang operativ wird, so dass die Verwaltung von EU-Mitteln deutlich verbessert wird;

3.

die ausstehenden Gesetze zur Verbesserung des institutionellen Rahmens und zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung verabschiedet und umsetzt; die Verjährungsvorschriften bis Mitte 2015 überarbeitet; gewährleistet, dass die Reformen zur Verbesserung der Wirksamkeit der Ziviljustiz dazu beitragen, die Verfahrensdauer zu verkürzen;

4.

bis Ende 2015 verpflichtende Maßnahmen einführt, um die verbleibenden Schwächen in der Unternehmensführung von Banken anzugehen, die vereinbarte Reform der Stiftungen umsetzt und Schritte unternimmt, um die umfassende Reduzierung ausfallgefährdeter Darlehen zu beschleunigen;

5.

die Gesetzesdekrete zur Gestaltung und Nutzung von Lohnersatzleistungen, zur Änderung vertraglicher Vereinbarungen, zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und zur Stärkung der aktiven Arbeitsmarktpolitik erlässt; in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten einen wirksamen Rahmen für dezentrale Lohnverhandlungen fördert; im Rahmen seiner Anstrengungen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit die geplante Schulreform verabschiedet und umsetzt und eine stärker berufsbezogene Hochschulausbildung ausbaut;

6.

die Vereinfachungsagenda für 2015-2017 umsetzt, um den Verwaltungs- und Regulierungsaufwand zu verringern; wettbewerbsfördernde Maßnahmen in allen unter das Wettbewerbsrecht fallenden Branchen verabschiedet und entschlossene Schritte zum Abbau der verbleibenden Hindernisse unternimmt; gewährleistet, dass Verträge über lokale öffentliche Dienstleistungen, die den Anforderungen an die In-house-Vergabe nicht genügen, bis spätestens Ende 2015 berichtigt werden.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Italiens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 57).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Der strukturelle Saldo, der von der Kommission auf der Grundlage der Angaben im Stabilitätsprogramm nach der gemeinsamen Methodik neu berechnet wurde.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(8)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/66


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2015

(2015/C 272/17)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten lettischen Stabilitätsprogramm 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Lettland nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Lettland 2015. Darin wurden die Fortschritte Lettlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 15. April 2015 übermittelte Lettland sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Lettland fällt derzeit unter die präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und zieht Nutzen aus der Anwendung der Rentenreformklausel, was Eurostat bestätigte. In seinem Stabilitätsprogramm 2015 hat Lettland eine vorübergehende Abweichung vom vorgeschriebenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Ziel beantragt, da es nach wie vor erhebliche strukturelle Reformen im Gesundheitssektor durchführt. Die Belastung des Haushalts durch die Reform des Gesundheitssektors beläuft sich auf 0,2 % des BIP im Jahr 2016. Die Reform dürfte zu einem Anstieg der Beschäftigung um 0,6 % und zu einer Steigerung des BIP um 2,2 % bis 2023 führen. Die positiven Auswirkungen auf das Wachstum und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen werden als plausibel eingestuft. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird jedoch das im Jahr 2016 erwartete strukturelle Defizit von 2,2 % des BIP die angemessene Sicherheitsmarge in Bezug auf den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP übersteigen, der eingehalten werden sollte, um Anspruch auf die Anwendung der Strukturreformklausel zu haben. Daher erkennt der Rat zwar die Berechtigung der laufenden Reform des Gesundheitssektors an, ist jedoch der Auffassung, dass Lettland 2016 nicht die Voraussetzungen für die beantragte vorübergehende Abweichung erfüllen wird.

(9)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2015 erwartet die lettische Regierung ein weitgehend unverändertes Gesamtdefizit von 1,4 % des BIP im Jahr 2016 und von 1,3 % im Jahr 2017, das 2018 auf 1,7 % ansteigen dürfte. Um diese Ziele zu erreichen, strebt die Regierung ein strukturelles Defizit von 1,8 % des BIP im Jahr 2016 und von 1,4 % des BIP ab 2017 an. Im Rahmen des Anpassungspfads im Stabilitätsprogramm ist eine Abweichung auf der Grundlage der Strukturreformklausel vorgesehen, auf deren Anwendung Lettland keinen Anspruch haben dürfte, und geplante zusätzliche Verteidigungsausgaben im Zeitraum 2016-2019 werden als einmalige Maßnahmen ausgewiesen. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird die am BIP gemessene öffentliche Schuldenquote von 37 % des BIP im Jahr 2015 auf 34 % des BIP im Jahr 2018 fallen, wobei in der Zwischenzeit mit jährlichen Schwankungen zu rechnen ist, die auf die Akkumulierung liquider Finanzanlagen für das Schuldenmanagement zurückzuführen sind. Das diesen Projektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Die Maßnahmen für 2015 wurden weitgehend wie im Haushalt vorgesehen umgesetzt. Jedoch werden die Maßnahmen zur Erfüllung der anvisierten Defizitziele ab 2016 nicht hinreichend spezifiziert. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission erfüllt Lettland die Anforderungen im Jahr 2015, wenn man die Anwendung der Rentenreformklausel einbezieht. Für 2016 besteht das Risiko einer beträchtlichen Abweichung. Der strukturelle Saldo muss sich um 0,3 % des BIP verbessern, wobei die aufgrund der Rentenreform zulässige Abweichung berücksichtigt ist. Auf der Grundlage der Kommissionsprognose wird sich jedoch der strukturelle Saldo um 0,3 % des BIP verschlechtern, was auch darauf zurückzuführen ist, dass die Verteidigungsausgaben nicht als einmalige Maßnahmen eingestuft werden können. Auf der Grundlage seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass die Gefahr besteht, dass Lettland die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhalten wird.

(10)

Derzeit richtet Lettland für seinen Hochschulsektor eine unabhängige nationale Akkreditierungsagentur ein und entwickelt ein neues, qualitätsorientiertes Finanzierungsmodell. Trotz einiger Fortschritte bei der Reform des Forschungs- und Innovationssektors im Einklang mit dem EU-Rahmen für intelligente Spezialisierung sind die wissenschaftlichen Ergebnisse aufgrund der unzureichenden öffentlichen Mittel und der Fragmentierung des Forschungs- und Innovationssektors nicht von hoher Qualität. Lettland investierte 2013 nur rund 0,6 % des BIP in FuE; dies ist der drittniedrigste Anteil in der Union. Die FuE-Intensität im öffentlichen Sektor belief sich 2013 nur auf 0,43 % des BIP. Der Mangel an Innovationen und privaten Investitionen in Sektoren mit höherem Mehrwert und wissensintensiven Sektoren schränkt die Wettbewerbsfähigkeit ein.

(11)

Trotz der Fortschritte bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind weitere Maßnahmen erforderlich, um angesichts der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung die Arbeitslosigkeit Jugendlicher und ihre langfristigen negativen Folgen zu vermeiden. Lettland hat gewisse Fortschritte bei der Reform der beruflichen Aus- und Weiterbildung und der Lehrlingsausbildung vorzuweisen; aufgrund der geringen Beteiligung von KMU ist jedoch die mangelnde Attraktivität dieser Aus- und Weiterbildung nach wie vor eine Herausforderung.

(12)

Obwohl beträchtliche Analyse- und Planungsarbeit geleistet wurde, gab es keine Fortschritte bei den Sozialhilfereformen, für die auch keine ausreichende Haushaltsplanung vorhanden ist. Aufgrund des geringen Abdeckungsgrads und der geringen Höhe von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe sind keine wirksamen Maßnahmen zur Verringerung der Armut, der sozialen Ausgrenzung und des hohen Maßes an Ungleichheit in der Bevölkerung möglich. Unter diesen Voraussetzungen führen Sozialausgaben kaum zu einer Verringerung der Armut. Im Jahr 2014 waren 32,7 % der lettischen Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, und die Ungleichheit bei der Einkommensverteilung ist immer noch eine der höchsten in der Union. Finanzierung und Umfang der aktiven Arbeitsmarktpolitik sind im Vergleich mit den anderen Mitgliedstaaten nach wie vor gering. Die hohe Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener schreckt davon ab, formelle Beschäftigungsverhältnisse einzugehen, und verringert die Nachfrage nach gering qualifizierten Arbeitskräften. Im Bereich der Umweltsteuern und der wirksamen Besteuerung von Immobilien bestehen beträchtliche, noch ungenutzte Möglichkeiten. Die geringen für das Gesundheitswesen zur Verfügung stehenden Mittel und hohe Zuzahlungen zu Gesundheitsleistungen, unzureichende Leistungsanreize und Effizienzziele sowie eine mangelnde Koordinierung der Gesundheitsversorgung haben dazu geführt, dass für einen großen Teil der Bevölkerung der Zugang zum Gesundheitssystem eingeschränkt ist. Die Maßnahmen zur Verbesserung der Zugänglichkeit, Kostenwirksamkeit und Qualität des Gesundheitswesens müssen fortgesetzt werden; ferner muss die Finanzierung der Krankenhäuser stärker auf leistungsbasierte Mechanismen gestützt werden.

(13)

Lettland hat beträchtliche Fortschritte bei der Reform seines Justizsystems aufzuweisen. Die Quote für die Beilegung zivil- und handelsrechtlicher Streitigkeiten ist jedoch nach wie vor niedrig, was eine zusätzliche Belastung für die Unternehmen darstellt. Die Rolle des Justizrates und der vorsitzenden Richter bei der Einführung von Justizreformen sollte gestärkt werden. Die Steuerhinterziehung wird nicht ausreichend bekämpft, die Steuern werden nicht effizient genug erhoben, und ihre Zahlung wird nach wie vor in großem Umfang umgangen. Ein Gesetz über Insolvenzverfahren wurde zwar angenommen, im Hinblick auf eine angemessene Insolvenzpolitik und ein wirksames System zur Kontrolle der Insolvenzverwalter sind jedoch noch Herausforderungen zu bewältigen. Durch verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung von Interessenkonflikten und Korruption, insbesondere in anfälligen Sektoren wie dem öffentlichen Auftragswesen, dem Baugewerbe und dem Gesundheitswesen, würden sich das Geschäftsklima und die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen verbessern. Keine Fortschritte sind im Zusammenhang mit den Vorschlägen des Wettbewerbsrates für Änderungen des Wettbewerbsgesetzes zu verzeichnen, durch die dieser größere institutionelle und finanzielle Unabhängigkeit erhielte und so wirksame Maßnahmen gegen öffentliche Stellen ergreifen könnte. Das Gesetz für den öffentlichen Dienst wurde vom Parlament noch nicht verabschiedet. Dieses Gesetz sollte auch für die Kommunen gelten.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Lettlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Lettland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Lettland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (6). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Lettland auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Lettland 2015 und 2016

1.

sicherstellt, dass sich die Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel in den Jahren 2015 und 2016 auf die zulässige Abweichung aufgrund der Rentenreform beschränkt;

2.

die berufliche Aus- und Weiterbildung verbessert, die Reform der Lehrpläne beschleunigt und das Angebot für arbeitsbasiertes Lernen vergrößert; sicherstellt, dass mit dem neuen Finanzierungsmodell für das Hochschulwesen Qualität belohnt wird; im Einklang mit dem EU-Rahmen für intelligente Spezialisierung Forschungsmittel wirksamer zuweist und Anreize für private Investitionen in Innovationen schafft;

3.

konkrete Schritte zur Reform der Sozialhilfe unternimmt, durch die die Angemessenheit der Leistungen sichergestellt wird, und Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit ergreift; die hohe Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener durch eine weniger wachstumsschädliche Verlagerung der Steuerlast auf andere Quellen verringert; Maßnahmen zur Verbesserung der Zugänglichkeit, Kostenwirksamkeit und Qualität des Gesundheitswesens ergreift und die Finanzierung der Krankenhäuser stärker auf leistungsbasierte Mechanismen stützt;

4.

die Effizienz des Justizsystems durch eine stärkere Verantwortlichkeit aller Akteure (einschließlich der Insolvenzverwalter) erhöht, indem angemessene Mittel zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung bereitgestellt werden und die Rolle des Justizrates gestärkt wird; die Rechtsvorschriften für den öffentlichen Dienst dahingehend ändert, dass das System für den Umgang mit Interessenkonflikten gestärkt wird und die Vergütungen an die jeweiligen Aufgaben geknüpft sind.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Lettlands 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 63).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/70


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Litauens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2015

(2015/C 272/18)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Litauens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten litauischen Konvergenzprogramm 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Litauen nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Litauen 2015. Darin wurden die Fortschritte Litauens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 13. April 2015 übermittelte Litauen sein nationales Reformprogramm 2015 und am 30. April 2015 sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Litauen unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Stabilitätsprogramm 2015 hat Litauen um die Anwendung der Rentenreformklausel ersucht. Litauen veranschlagt die Haushaltskosten der Rentenreform auf 0,1 % des BIP im Jahr 2016. Vorbehaltlich der Bestätigung durch Eurostat, dass die Rentenreform die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine angemessene Sicherheitsmarge in Bezug auf den Defizit-Referenzwert beibehalten wird, vertritt der Rat die Auffassung, dass Litauen 2016 von der beantragten vorübergehenden Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel profitieren könnte. In ihrem Stabilitätsprogramm plant die Regierung, im Jahr 2015 ein Gesamtdefizit von 1,2 % des BIP zu erreichen und dieses bis 2018 in einen Überschuss von 0,7 % des BIP zu verwandeln. Die Regierung beabsichtigt, während des Programmzeitraums das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — einzuhalten. Dem Stabilitätsprogramm zufolge dürfte die gesamtstaatliche Schuldenquote 2015 einen Höchststand von 42,2 % erreichen und im Jahr 2018 auf 32,9 % zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Die Maßnahmen, die zum Erreichen der geplanten Defizitziele ab 2016 beitragen sollen, wurden jedoch nicht ausreichend spezifiziert. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht im Jahr 2015 die Gefahr einer gewissen Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, da das Nettowachstum der Ausgaben 0,3 % des BIP über dem Richtwert liegt. Für 2015-2016 weichen sowohl der strukturelle Saldo als auch das Ausgabenwachstum wesentlich vom erforderlichen Anpassungspfad ab, so dass die Gefahr einer erheblichen Abweichung im Jahr 2016 besteht. Daher sind in beiden Jahren weitere Maßnahmen erforderlich. Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht nach Ansicht des Rates die Gefahr, dass Litauen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhalten wird. Außerdem sollte trotz der jüngsten Fortschritte der derzeitige haushaltspolitische Rahmen weiter verbessert werden, indem sein verbindlicher Charakter gestärkt und sichergestellt wird, dass er vollständig mit den Steuervorschriften der EU in Einklang steht. Litauens Steuereinnahmen stützen sich vor allem auf indirekte Steuern und die Besteuerung von Arbeit, während die Einnahmen aus Umwelt- und Vermögenssteuern nach wie vor sehr gering sind. In Bezug auf die Einhaltung der Steuervorschriften, insbesondere im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer, steht Litauen weiterhin vor Herausforderungen.

(9)

Aufgrund der demografischen Entwicklung, der Migration und eines wenig leistungsfähigen. Gesundheitssystems verzeichnet Litauen einen drastischen Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Die anhaltend geringe Beteiligung am Prozess des lebenslangen Lernens trägt nicht zur Stärkung des Humankapitals, zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit oder zur Produktivitätssteigerung bei. Die Schulen weisen eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Schülern mit Leistungsdefiziten bei den Grundkompetenzen auf, was darauf hindeutet, dass die Lehrerausbildung modernisiert und die berufliche Weiterbildung des Lehrpersonals gefördert werden müssen. Das Angebot an allgemeiner und beruflicher Bildung entspricht nicht immer dem Bedarf des Arbeitsmarkts. Der Anteil der Auszubildenden, die an Programmen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung an weiterführenden Schulen teilnehmen, ist gering. Litauen ergreift zwar Maßnahmen zur Verbesserung und Ausweitung der Lehrlingsausbildung und des praxisorientierten Lernens, aber Zahl und Qualität dieser Programme sind nach wie vor unzureichend. Die Zahl der Krankenhausbetten pro Kopf ist im Vergleich zur übrigen Union nach wie vor hoch, was auf mögliche Ungleichgewichte in der Gesundheitsversorgung hindeutet. Gleichzeitig sind die gesamten öffentlichen Investitionen im Gesundheitssektor nach wie vor gering. Da Zahlungen für medizinische Leistungen häufig informell erfolgen und Bedenken hinsichtlich Korruption bei der öffentlichen Auftragsvergabe für medizinische Produkte bestehen, muss die Verwaltung des Gesundheitssystems verbessert werden.

(10)

Die im Rahmen der Rentenreform ergriffenen Maßnahmen reichen nicht aus, um die mittelfristige Tragfähigkeit des Rentensystems sicherzustellen. Das gesetzliche Renteneintrittsalter wird zwar bis 2026 schrittweise angehoben, aber das Rentensystem berücksichtigt nicht die Indikatoren für die Lebenserwartung. Außerdem sind die Regeln für die Indexierung der Renten nicht deutlich. Da Systeme der freiwilligen Altersvorsorge kaum genutzt werden und es an betrieblichen Altersversorgungssystemen mangelt, ist die zukünftige Angemessenheit der Renten gefährdet. Die Regierung beabsichtigt im Rahmen eines breit angelegten „neuen sozialen Modells“ eine umfassende Reform des Rentensystems durchzuführen. Diese Strategie wurde jedoch noch nicht fertiggestellt und verabschiedet, da zunächst die Konsultation der Sozialpartner abgeschlossen werden muss. Litauen hat Maßnahmen für die finanzielle Unterstützung älterer Menschen und finanzielle Anreize für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer eingeführt. Eine umfassende Strategie für aktives Altern fehlt jedoch noch immer.

(11)

Über 30 % der litauischen Bevölkerung sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Reform der Bargeldsozialhilfe hat zusammen mit der verbesserten wirtschaftlichen Lage dazu geführt, dass die Ausgaben und die Zahl der Sozialhilfeempfänger erheblich zurückgegangen sind. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik und andere Unterstützungsleistungen für Sozialhilfeempfänger gibt es jedoch nach wie vor nur in begrenzten Umfang.

(12)

Litauen hat erhebliche Fortschritte bei der Reform der staatseigenen Unternehmen gemacht und Rechtsvorschriften erlassen, mit denen die nachhaltige Wirkung der Reformen sichergestellt werden soll. Die Regierung hat die Trennung von gewerblichen und nicht gewerblichen Tätigkeiten abgeschlossen, die in den Jahresberichten gesondert ausgewiesen werden. Die verbleibenden Staatsunternehmen müssen bis Ende September 2015 unabhängige Leitungsmitglieder bestellen.

(13)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Litauens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat ferner das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Litauen gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Litauen berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider.

(14)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (6). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Litauen auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Litauen 2015 und 2016

1.

eine Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel im Jahr 2015 vermeidet und sicherstellt, dass die Abweichung im Jahr 2016 auf den mit der Rentenreform verknüpften zulässigen Wert begrenzt bleibt; die Besteuerungsgrundlage verbreitert und die Einhaltung der Steuervorschriften verbessert;

2.

die Herausforderung des Rückgangs der Bevölkerung im erwerbsfähigen -Alter angeht, indem die Arbeitsmarktrelevanz der Bildung, der Erwerb von Grundfertigkeiten und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems verbessert werden; die hohe Steuerbelastung von Geringverdienern reduziert, indem die Steuerlast auf andere, weniger wachstumsschädliche Steuerquellen verlagert wird;

3.

eine umfassende Reform des Rentensystems verabschiedet, in deren Rahmen auch die Herausforderung der Angemessenheit der Rentenhöhe aufgegriffen wird; den Abdeckungsgrad und die Angemessenheit von Arbeitslosenunterstützung und Bargeldsozialhilfe sowie die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitssuchenden verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Litauens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Litauens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 67).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/73


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2015

(2015/C 272/19)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Luxemburgs für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Luxemburg nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Luxemburg 2015. Darin wurden die Fortschritte Luxemburgs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Luxemburg sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Luxemburg fällt derzeit unter die präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Stabilitätsprogramm 2015 plant die Regierung, den Gesamtüberschuss von 0,6 % des BIP im Jahr 2014 auf 0,1 % des BIP im Jahr 2015 zu verringern. Danach soll er wieder auf 0,9 % des BIP im Jahr 2018 anwachsen. Die Regierung plant, während des gesamten Programmzeitraums das mittelfristige Ziel — einen strukturellen Überschuss von 0,5 % des BIP — einzuhalten. Laut dem Stabilitätsprogramm beabsichtigt die Regierung, die gesamtstaatliche Schuldenquote deutlich unter dem Referenzwert des Vertrags von 60 % zu halten. Es wird erwartet, dass die Schuldenquote während des Programmzeitraums im Schnitt bei 24 % liegt, mit einem Höchststand knapp über 24 % im Jahr 2016 und einem Rückgang unter 24 % des BIP bis zum Jahr 2019. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist für 2015 günstig und für die folgenden Jahre plausibel. Allerdings bestehen ab 2016 Umsetzungsrisiken. In der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission wird davon ausgegangen, dass der strukturelle Saldo in den Jahren 2015 und 2016 das mittelfristige Ziel weiter einhalten wird. Auf der Grundlage der Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Ansicht, dass Luxemburg die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfüllen dürfte. Der haushaltspolitische Rahmen Luxemburgs wurde durch die Annahme des mittelfristigen Haushaltsrahmens und die Einrichtung des Finanzrates deutlich gestärkt. Dennoch sollten erhebliche Schwachstellen bei der regelmäßigen Veröffentlichung unterjähriger Haushaltsstatistiken, die ein wesentliches Element für die Echtzeitüberwachung der Haushaltsentwicklung sind, behoben werden.

(9)

Die erwarteten Einbußen bei den Verbrauchssteuereinnahmen aufgrund der Änderung der Vorschriften für den elektronischen Handel verdeutlichen die Unsicherheit bei zumindest einem Teil der Steuereinnahmen. Um die Vorhersehbarkeit dieser Steuereinnahmen zu verbessern, könnte die Bemessungsgrundlage erweitert und die Besteuerung harmonisiert werden, insbesondere durch die Überarbeitung der derzeit niedrigen Besteuerung von Wohneigentum und durch stärkeren Rückgriff auf andere Quellen wie Umweltbesteuerung. Die Vorarbeiten für eine umfassende Steuerreform (die 2017 in Kraft treten soll) sind angelaufen.

(10)

Trotz der kürzlich erfolgten Reform des Rentensystems ist die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen aufgrund des Anstiegs der Rentenausgaben und der steten Zunahme der Langzeitpflegekosten bedroht. Die Langzeitpflegeversicherung dürfte im Jahr 2015 ein Defizit erwirtschaften (6), und ihre Rücklagen werden voraussichtlich immer weiter abnehmen, so dass sie bereits 2017 unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsatz von 10 % der Ausgaben fallen werden. Im Haushalt 2015 wurden einige Maßnahmen mit Sparpotenzial verabschiedet (7). Die geplante Reform der Langzeitpflegeversicherung, die darauf abzielt, Langzeitpflegebedürftigen ein angemessenes Spektrum an Leistungen zu bieten und die Finanzierung der Leistungen sicherzustellen, wurde jedoch noch nicht in Rechtsvorschriften umgesetzt. Die Rentenreform von 2012 war nicht weitreichend genug, da durch sie die beträchtliche Kluft zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Renteneintrittsalter nur zum Teil geschlossen wurde. Noch immer gibt es mehrere Möglichkeiten, Vorruhestandsregelungen in Anspruch zu nehmen. Die Arbeitsmarktbeteiligung älterer Arbeitskräfte ist im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten weiterhin sehr niedrig. Entwürfe für Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Rentenreform und der Änderung des Arbeitsrechts (Alterspakt) wurden ausgearbeitet. Sie enthalten ein Paket von Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, dass ältere Arbeitskräfte länger erwerbstätig bleiben.

(11)

Die luxemburgische Wirtschaft ist in puncto Arbeitsproduktivität durch erhebliche Unterschiede zwischen den Wirtschaftssektoren gekennzeichnet, wobei die Produktivität des Finanzsektors doppelt so hoch ist wie die der anderen Sektoren. Dies bedeutet, dass größere Unterschiede bei den Reallöhnen der verschiedenen Sektoren gemäß der sektoralen Arbeitsproduktivität eine Reallokation von Arbeitskräften in aufstrebende Wettbewerbssektoren oder Sektoren fördern könnten, die Einbußen bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit verzeichnen. Es gibt weiterhin Hindernisse für die notwendigen langfristen sektoralen Lohnanpassungen.

(12)

Trotz insgesamt gut funktionierender Arbeitsmärkte und einer hohen Quote bei Hochschulabschlüssen sind die Erwerbsquoten von älteren Arbeitskräften, Frauen und geringqualifizierten jungen Menschen vergleichsweise niedrig. Institutionelle Hemmnisse verhindern nach wie vor effiziente Aktivierungsmaßnahmen. Innerhalb der öffentlichen Arbeitsverwaltung wird derzeit eine wichtige Reform durchgeführt, damit Arbeitsuchende individuell beraten werden können; die Regierung gedenkt, diese Reform bis Ende 2015 abzuschließen. Der Entwurf der Reform der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Sekundarschulreform zur Verbesserung der Bildungsergebnisse, die hauptsächlich auf Personen aus benachteiligten Bevölkerungsschichten abzielt, wurden noch nicht verabschiedet. Die angekündigten Maßnahmen bei den Mutterschafts- und Erziehungszulagen sowie die geplante Reform der Elternzeit dürften zu einer stärkeren Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen beitragen. Fehlanreize für Zweitverdiener entstehen aufgrund des Systems der gemeinsamen Besteuerung und der Ausgestaltung des Sozialleistungssystems. Trotz der hohen Quote bei Hochschulabschlüssen sind die Bildungsergebnisse nach wie vor nicht zufriedenstellend, und die Verbesserung der Situation von Menschen mit Migrationshintergrund und geringqualifizierten jungen Menschen bleibt schwierig. Die Schwierigkeiten beim Arbeitskräfteangebot im Zusammenhang mit institutionellen Faktoren und der Gestaltung der Sozialleistungssystems bestehen weiter und verursachen Probleme auf dem Arbeitsmarkt.

(13)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Luxemburgs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Luxemburg gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Luxemburg berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider.

(14)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seiner Stellungnahme (8) zufolge erfüllt Luxemburg die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission außerdem die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (9). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Luxemburg auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Luxemburg 2015 und 2016

1.

die Steuerbemessungsgrundlage erweitert, insbesondere im Hinblick auf die Verbrauchssteuern, die periodischen Immobiliensteuern und die Umweltsteuern;

2.

die Kluft zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Renteneintrittsalter durch die Einschränkung von Vorruhestandsregelungen und die Anpassung des gesetzlichen Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung schließt;

3.

eine Reform des Lohnfestsetzungssystems in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten vornimmt, um die Löhne stärker an die Produktivitätsentwicklungen anzupassen (vor allem auf Sektorebene);

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 72).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(6)  CNS, Budget de l'Assurance Dépendance, Rechnungsjahr 2015, verfügbar unter http://cns.lu/files/publications/Budget_AD_2015.pdf.

(7)  Maßnahmen 255 und 256 des Haushaltsplans 2015, verfügbar unter http://www.budget.public.lu/.

(8)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(9)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/76


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2015

(2015/C 272/20)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitik stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Ungarns 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Ungarn als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Ungarn 2015. Darin wurden die Fortschritte Ungarns bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Ungarn makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern. Besondere Aufmerksamkeit sollte insbesondere den Risiken gelten, die sich aus der Nettoauslandsposition (die trotz einiger Fortschritte beim Abbau von Ungleichgewichten in der Zahlungsbilanz nach wie vor stark negativ ist), dem hohen öffentlichen Schuldenstand, der erheblichen Belastung des Finanzsektors durch gesetzliche Vorschriften und der hohen Zahl notleidender Kredite ergeben, die den Schuldenabbau erschweren.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelte Ungarn sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Ungarn unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und für den Zeitraum 2013-2015 der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. In ihrem Konvergenzprogramm 2015 geht die Regierung davon aus, das Gesamtdefizit schrittweise auf 2,4 % des BIP im Jahr 2015 und dann auf 1,6 % im Jahr 2018 verbessern zu können; nach dem neu berechneten strukturellen Saldo (5) dürfte das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von 1,7 % des BIP — im Jahr 2017 erreicht werden. Dem Konvergenzprogramm zufolge beabsichtigt die Regierung, die Schuldenquote allmählich zu verringern, und zwar auf 74,9 % im Jahr 2015 und auf 68,9 % im Jahr 2018. Das diesen Haushaltsprognosen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist bis 2016 weitgehend plausibel und wird anschließend günstig. Die Maßnahmen, mit denen die geplanten Defizitziele ab 2016 unterstützt werden sollen, wurden nicht ausreichend detailliert; dies gilt insbesondere für die Zeit nach 2016. Auf der Grundlage der Frühjahresprognose 2015 der Kommission lassen sowohl der strukturelle Saldo als auch das Netto-Ausgabenwachstum auf die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom erforderlichen Anpassungspfad zur Erreichung des mittelfristigen Ziels in den Jahren 2015 und 2016 schließen. Daher werden in den Jahren 2015 und 2016 weitere Maßnahmen erforderlich sein. Gleichzeitig ist damit zu rechnen, dass Ungarn im Jahr 2015 der Übergangsregelung für den Schuldenabbau und im Jahr 2016, nach Ende des Übergangszeitraums, dem Richtwert für den Schuldenabbau gerecht wird. Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht nach Auffassung des Rates die Gefahr, dass Ungarn die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht erfüllen wird. Dem haushaltspolitischen Steuerungsrahmen Ungarns würde es zugute kommen, wenn der bereits erlassene mittelfristige Haushaltsrahmen strenger angewendet und der Finanzrat eine stärkere analytische Rolle erhalten würde.

(9)

Die wichtigsten Herausforderungen für den Bankensektor sind in den vergangenen 12 Monaten unverändert geblieben: Es handelt sich nach wie vor um die Wiederherstellung einer marktbasierten Kreditvergabe durch bessere Möglichkeiten zur Kapitalbildung und eine effizientere Portfolio-Bereinigung. Seit Mitte 2013 beruht die Kreditvergabe durch Banken — darunter rund 40 % der Kreditvergabe an KMU — im Wesentlichen auf Förderprogrammen. Die erhebliche Belastung durch Steuern und gesetzliche Vorschriften führt in Verbindung mit einem hohen Anteil an ausfallgefährdeten Krediten dazu, dass die Banken nicht den notwendigen Anreiz haben, ihr normales, nicht gefördertes Kreditgeschäft aufzustocken. Ungarns Außenposition und die damit verbundenen Risiken für die Finanzstabilität sind aufgrund der vor kurzem erfolgten Umwandlung von auf Fremdwährungen lautenden Hypothekarkrediten in Landeswährung erheblich gesunken. Gleichzeitig sind die Altlasten durch die Fremdwährungsverschuldung der Haushalte weiterhin der Hauptgrund für den hohen Anteil an notleidenden Krediten. Die Mehrzahl der bislang verabschiedeten Programme zur Entlastung im Fremdwährungsbereich sind nicht auf notleidende Kreditnehmer ausgerichtet; eine Ausnahme bildet das Programm der nationalen Vermögensverwaltungsstelle für private Haushalte, aber es ist unwahrscheinlich, dass es das Problem notleidender Kredite lösen wird. Eine effiziente Portfolio-Bereinigung wird unter anderem durch den Mangel an Zwangsvollstreckungen und die Ineffizienz der gerichtlichen und außergerichtlichen Abwicklungsverfahren behindert. Eine kürzlich mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung geschlossene Vereinbarung beinhaltet eine Reihe von Zusagen der Regierung, die Herausforderungen im Finanzsektor anzugehen, unter anderem durch eine allmähliche Verringerung der Bankenabgabe und die Einhaltung des Grundsatzes der vorherigen Konsultation. Die strenge Durchführung dieser Maßnahmen würde die Wiederherstellung eines soliden und vorhersehbaren finanzpolitischen Rahmens bewirken. Im Laufe des letzten Jahres hat Ungarn seine unmittelbaren Beteiligungen im Bankensektor wiederholt ausgeweitet. Staatliche Eingriffe im Bankensektor, die über eine Aufstockung der unmittelbaren Beteiligungen erfolgen, können — auch wenn sie nur vorübergehender Art sind — mit erheblichen Haushaltsrisiken verbunden sein.

(10)

Bei den kürzlich vorgenommenen Änderungen im Bereich der Besteuerung (die Einführung neuer Steuern und Erhöhungen bestehender Steuern) war eine Rückkehr zum früheren Trend zu beobachten, das Gewicht der branchenspezifischen Körperschaftsteuern zu erhöhen. Sowohl die mangelnde Vorhersehbarkeit als auch der selektive Charakter dieser Änderungen führen in Bezug auf die Investitionstätigkeit zu Verzerrungen zwischen den einzelnen Branchen. Ungeachtet einer Reihe neuer Maßnahmen zählt die steuerliche Belastung bestimmter Gruppen von Geringverdienern nach wie vor zu den höchsten in der Union, wobei Alleinstehende besonders stark betroffen sind. Es scheint Spielraum für eine weitere Verlagerung der Steuerlast auf wachstumsfreundlichere Einnahmequellen zu bestehen. Mehrere im vergangenen Jahr eingeführte Maßnahmen tragen zu einer Straffung der Initiativen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung bei. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Programms zum Anschluss der Registrierkassen in Einzelhandelsgeschäften an ein Online-System soll das Programm im Jahr 2015 auf eine Reihe von Marktdienstleistungen ausgeweitet werden. Der Grenzwert, ab dem eine detaillierte Mehrwertsteuererklärung eingereicht werden muss, wurde gesenkt. Im Jahr 2015 wurde ein System zur elektronischen Inspektion im Straßengüterverkehr eingeführt, deren Hauptziel in der Verringerung von Karussell-Mehrwertsteuerbetrug besteht. Es gibt jedoch noch erheblichen Spielraum für eine Verbesserung der Effizienz der Finanzverwaltung und für eine Verringerung der Steuerbefolgungskosten, insbesondere für KMU.

(11)

Insgesamt hat sich die Lage am ungarischen Arbeitsmarkt im Jahr 2014 verbessert, wobei sich die Beschäftigung im privaten Sektor infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs erholt hat. Wesentliche Herausforderungen verbleiben in Bezug auf das Programm für öffentliche Arbeiten, das seit dem Jahr 2011 erheblich ausgeweitet wurde. Das Programm scheint ein ineffizientes und unwirksames Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu sein, das das angemessene Funktionieren des Arbeitsmarktes zu beeinträchtigen droht. Wenn die einschlägigen Mittel anders eingesetzt würden, könnten sie der ungarischen Wirtschaft möglicherweise mehr Nutzen bringen. Die mit dem Programm verbundenen Belastungen für den Staatshaushalt haben sich in den letzten vier Jahren auf 0,8 % des BIP vervierfacht und dürften sich zwischen 2015 und 2018 noch einmal verdoppeln, so dass die eingesetzten Mittel nicht für wesentliche Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbildung und bei Dienstleistungen, die für eine Erleichterung der Teilnahme am offenen Arbeitsmarkt erforderlich sind, zur Verfügung stehen. Es besteht die Gefahr, dass öffentliche Arbeiten eines derartigen Ausmaßes zu erheblichen Lock-in-Effekten und zu einer dauerhaften Ersetzung des Sozialleistungssystems für Geringqualifizierte führen. Das Programm weist keine angemessene Koordinierung mit anderen Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf und fördert die Wiedereingliederung der Teilnehmer in den offenen Arbeitsmarkt nicht in ausreichender Weise. So konnten im ersten Halbjahr 2014 lediglich 13,8 % der Teilnehmer des Programms nach ihrem Ausscheiden auf den offenen Arbeitsmarkt zurückkehren; dies lässt darauf schließen, dass öffentliche Arbeiten keine ausreichende Förderung der Wiedereingliederung der Teilnehmer in den Arbeitsmarkt bewirken. Obwohl das Programm auf Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte (und Arbeitslose in benachteiligten Regionen) ausgerichtet ist, hatten im Jahr 2013 47 % der Teilnehmer eine sekundäre Schulbildung oder Hochschulbildung. Der Zeitraum für den Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit (drei Monate) ist nicht angehoben worden und entspricht somit nicht der durchschnittlichen Zeit (über ein Jahr), die Arbeitssuchende benötigen, um eine Beschäftigung zu finden. Mehrere Programme wurden umgesetzt, um die Integration von Roma in den Arbeitsmarkt zu verbessern, und ein Kontrollsystem wurde eingeführt. Es sollten jedoch gebündelte, koordinierte Maßnahmen entwickelt werden, die eine deutliche Verringerung der Armut bewirken können. Wenngleich die Indikatoren für Armut auf eine leichte Verbesserung schließen lassen, zeigen sie nach wie vor, dass die Armut, besonders bei Roma und Kindern, besorgniserregend hoch ist. Sowohl bei der Eignung als auch bei der Reichweite der Sozialhilfesysteme bestehen nach wie vor Defizite.

(12)

Die in den vergangenen Jahren im Dienstleistungssektor eingeführten Barrieren für einen Markteintritt sind nicht beseitigt worden; stattdessen sind im Jahr 2014 weitere Barrieren geschaffen worden, die eine effiziente Allokation wirtschaftlicher Ressourcen behindern, die Ungewissheit für Investoren erhöhen und den Wettbewerb beschränken. Zu den neuen Barrieren zählt zum Beispiel die Vorschrift, dass mittlere bis große Einzelhandelseinrichtungen einer zentralen Genehmigung bedürfen. Die Korruption und der Mangel an Transparenz, die die öffentliche Verwaltung, die Beschlussfassung und das öffentliche Beschaffungswesen belasten, geben weiterhin Anlass zur Sorge. Auch im Jahr 2014 wurden öffentliche Aufträge selten offen ausgeschrieben, sondern oft direkt vergeben. 2014 wurde eine Umstrukturierung der Beschaffungsbehörde vorgenommen, deren Ergebnisse aufmerksam überwacht werden müssen. Im November 2014 legte Ungarn einen Aktionsplan für die Umsetzung der neuen Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge und für die Förderung von Wettbewerb und Transparenz vor. Zudem wurden mehrere Maßnahmen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für die Korruptionsbekämpfung angekündigt.

(13)

Wenngleich einige Maßnahmen zur Förderung der Bildung von Roma-Kindern durchgeführt wurden, steht die Entwicklung eines systematischen Ansatzes zur Förderung der inklusiven allgemeinen Bildung noch aus. Der Anteil der Roma-Kinder, die Schulen oder Klassen besuchen, in denen die Mehrheit der Schüler Roma sind, ist nach wie vor hoch, und das Bildungsniveau der Roma-Schüler liegt unter dem Landesdurchschnitt. Die Lehrer verfügen nicht über die erforderliche Ausbildung, um benachteiligte Gruppen in ausreichender Weise zu unterstützen. Es muss mehr für die Verbesserung des Übergangs zwischen den verschiedenen Ausbildungsstufen und von der Schule ins Erwerbsleben getan werden. Die geplanten Änderungen bei der Zuweisung staatlich finanzierter Plätze im Bereich der Sekundärbildung und die steigenden Zulassungsanforderungen im Bereich der Hochschulbildung könnten, vor allem für benachteiligte Gruppen, die Möglichkeiten für einen Übergang zwischen verschiedenen Formen der Bildung weiter beschränken. Ungarn hat eine sehr hohe Hochschulabbrecherquote. Im Dezember 2014 kündigte die Regierung die Annahme einer nationalen Strategie für die Hochschulbildung an. Die Strategie beinhaltet die Anhebung des nationalen Ziels für die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse auf 34 %. Insgesamt ist es mit Hilfe der jüngsten Maßnahmen nicht gelungen, den Zugang benachteiligter Gruppen zur Hochschulbildung zu verbessern und die Abbrecherquoten zu senken. Das derzeitige Finanzierungssystem unterstützt den gleichberechtigten Zugang nicht in ausreichendem Maße.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Ungarns umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Ungarn gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Ungarn berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(16)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Ungarn 2015 und 2016

1.

eine Haushaltskorrektur um 0,5 % des BIP in Richtung des mittelfristigen Haushaltsziels im Jahr 2015 und um 0,6 % des BIP im Jahr 2016 vornimmt;

2.

Maßnahmen ergreift, um die normale Kreditvergabe an die Realwirtschaft wiederherzustellen und Hindernisse für eine marktbasierte Portfolio-Bereinigung zu beseitigen; die mit den erhöhten staatlichen Beteiligungen im Bankensektor verbundenen potenziellen Haftungsrisiken deutlich reduziert;

3.

den Wettbewerb verfälschende branchenspezifische Körperschaftssteuern senkt; nicht gerechtfertigte Barrieren für einen Eintritt in den Dienstleistungssektor, auch in Bezug auf den Einzelhandelssektor, beseitigt; die Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener reduziert, u. a. durch Verlagerung der Besteuerung auf Bereiche, die das Wachstum weniger stark beeinträchtigen; die Bekämpfung der Steuerhinterziehung fortsetzt, die Befolgungskosten senkt und die Effizienz der Steuererhebung verbessert; Strukturen im öffentlichen Auftragswesen fördert, die für mehr Wettbewerb und Transparenz sorgen, und den Rechtsrahmen zur Korruptionsbekämpfung ausbaut;

4.

die dem Programm für öffentliche Arbeiten zugewiesenen Haushaltsmittel für aktive Arbeitsmarktmaßnahmen bereitstellt, um die Integration in den primären Arbeitsmarkt zu fördern; die Eignung und Reichweite der Sozialhilfesysteme und der Leistungen bei Arbeitslosigkeit verbessert;

5.

die Teilnahme benachteiligter Gruppen, vor allem Roma, an der inklusiven allgemeinen Bildung steigert und die diesen Gruppen gebotene Unterstützung durch gezielte Lehrerausbildung verbessert; die Maßnahmen zur Erleichterung des Übergangs zwischen den verschiedenen Ausbildungsstufen und des Eintritts in den Arbeitsmarkt ausweitet und die Vermittlung der wesentlichen Kompetenzen verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 77).

(5)  Der strukturelle Saldo, der von der Kommission auf der Grundlage der im Konvergenzprogramm enthaltenen Informationen nach einer gemeinsam vereinbarten Methode neu berechnet wurde.

(6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/80


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Maltas 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2015

(2015/C 272/21)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitik stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Maltas 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten maltesischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Maltas für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Malta nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Malta 2015. Darin wurden die Fortschritte Maltas bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 17. April 2015 übermittelte Malta sein nationales Reformprogramm 2015 und am 30. April 2015 sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Malta unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts, nachdem das Defizitverfahren im Juni 2015 eingestellt wurde (6). Laut Stabilitätsprogramm 2015 plant die Regierung, das Gesamtdefizit 2015 schrittweise auf 1,6 % des BIP abzusenken und bis 2018 weiter auf 0,2 % des BIP zurückzuführen. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission kann davon ausgegangen werden, dass das übermäßige Defizit 2014 korrigiert wurde. Dem Stabilitätsprogramm zufolge soll das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturell ausgeglichener Haushalt — bis 2019 und damit ein Jahr nach dem Programmzeitraum erreicht werden. Es wird somit erwartet, dass die Schuldenquote bis 2018 allmählich auf 61,2 % des BIP zurückgeht. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Es besteht augenscheinlich ein Risiko, dass sowohl 2015 als auch 2016 in einem gewissen Umfang vom erforderlichen Anpassungspfad von 0,6 % des BIP zum mittelfristigen Ziel abgewichen wird. 2015 wird die Verbesserung des strukturellen Saldos den Prognosen zufolge um 0,1 % des BIP unter der erforderlichen Anpassung liegen. Während die für 2016 projizierte Anpassung den Vorgaben entspricht, besteht das Risiko, dass 2015 und 2016 zusammengenommen eine gewisse Abweichung zu verzeichnen sein wird. Maßnahmen zur Stützung der ab 2016 anvisierten Defizitziele wurden nicht präzise genug ausgeführt. Daher werden 2015 und 2016 weitere Maßnahmen erforderlich sein. Ausgehend von seiner Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission geht der Rat davon aus, dass Malta die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts weitgehend einhalten wird.

(9)

Die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Maltas ist auf lange Sicht insbesondere wegen des projizierten Anstiegs der altersbedingten Ausgaben gefährdet. Die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters erfolgt nur sehr langsam, und zwischen dem gesetzlichen Rentenalter und der Lebenserwartung besteht kein spezifischer Zusammenhang. Malta ist die Herausforderungen, denen sich sein Rentenwesen gegenübersieht, mittels arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und der Einführung einer dritten Säule in der Altersversorgung angegangen und hat in seinem nationalen Reformprogramm weitere Schritte angekündigt, aber Maßnahmen für eine substanzielle Verbesserung der Tragfähigkeit und Angemessenheit des Rentensystems müssen noch bekannt gegeben und umgesetzt werden. Mit der Umsetzung der nationalen Gesundheitssystemstrategie von 2014 wurde begonnen; durch sie soll die Gesundheitsversorgung effizienter und gleichzeitig auf eine solidere finanzielle Grundlage gestellt werden. Diese Entwicklung gilt es zu beobachten.

(10)

Malta hat Maßnahmen ergriffen, um für eine größere Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zu sorgen; dazu zählen finanzielle Anreize, die fortgesetzte kostenlose Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen und die Einführung flexibler Arbeitszeitregelungen. Gleichzeitig könnten der gestiegene Pflegebedarf von Angehörigen und ein Mangel an qualifizierten Pflegekräften ältere Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalten. Im Juni 2014 wurden eine nationale Alphabetisierungsstrategie und eine Strategie zur Bewältigung des Problems der frühen Schulabgänge bekannt gegeben. Auch wird weiter daran gearbeitet, das Angebot an Bildungsabschlüssen den Arbeitsmarkterfordernissen anzupassen, auch wenn sichtbare Erfolge noch ausstehen.

(11)

Einiges wurde unternommen, um Rahmenbedingungen für die Nutzung von Risikokapitalfonds festzulegen und den Zugang zu den Kapitalmärkten zu erleichtern; dazu zählen insbesondere die Neugestaltung der Förderung von Unternehmensgründungen („Malta Enterprise“) und das angekündigte Programm für Anschub-Finanzierungen. Die laufenden Arbeiten zur Gründung einer Entwicklungsbank sollten weiter beobachtet werden.

(12)

Maltas Bemühungen um Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Förderung der Steuerehrlichkeit durch Straffung der Verfahren zur Steuererhebung gehen in die richtige Richtung. Ungeachtet fortlaufender Arbeiten besteht Bedarf an konkreten Maßnahmen, um die Verbreitung des elektronischen Zahlungsverkehrs zu beschleunigen.

(13)

Die Dauer der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge wurde durch die verbindliche Einführung elektronischer Vergabeverfahren und die bessere Ausstattung der betreffenden Behörden deutlich gesenkt. Mit der Durchführung angekündigter Maßnahmen wie insbesondere der Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter und der Einführung eines Nachverfolgungssystems wird sie weiter zurückgehen. Transportkosten spielen eine wesentliche Rolle in der Wirtschaft Maltas. Vor kurzem wurde eine Verkehrsreform in die Wege geleitet, aber die Vorlage einer umfassenden Verkehrsstrategie durch die Regierung steht noch aus.

(14)

Die im nationalen Reformprogramm aufgeführten Maßnahmen zur Justizreform gehen über die im Länderbericht genannten hinaus. Infolgedessen hat Malta bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlung von 2014 zur Erhöhung der Effizienz des Justizsystems einige Fortschritte erzielt. Außerdem steht ein entsprechender Gesetzesentwurf kurz vor der Fertigstellung, mit dessen Annahme und Umsetzung sich die Effizienz des Justizsystems weiter verbessern dürfte, insbesondere dank der Informatisierung von Gerichtsverfahren und der Förderung alternativer Streitbeilegungsverfahren.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Maltas umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Malta gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Malta berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(16)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (7) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (8). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Malta auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Malta 2015 und 2016

1.

nach der Korrektur seines übermäßigen Defizits in den Jahren 2015 und 2016 eine Anpassung von 0,6 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel vornimmt;

2.

Maßnahmen zur Verbesserung grundlegender Qualifikationen und zur weiteren Verringerung der Zahl früher Schulabgänger durch die Förderung einer kontinuierlichen beruflichen Weiterentwicklung der Lehrkräfte ergreift;

3.

zur Gewährleistung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen die laufende Rentenreform fortsetzt, beispielsweise durch die schnellere Umsetzung der bereits beschlossenen Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters und durch dessen Koppelung an die veränderte Lebenserwartung;

4.

den Zugang von Klein- und Kleinstunternehmen zu Finanzierungsquellen insbesondere durch außerhalb des Bankensektors angesiedelte Instrumente verbessert.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Maltas 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 83).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(6)  Beschluss (EU) 2015/1025 des Rates vom 19. Juni 2015 zur Aufhebung des Beschlusses 2013/319/EU über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Malta (ABl. L 163 vom 30.6.2015, S. 35).

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(8)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/83


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2015

(2015/C 272/22)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten niederländischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung der Niederlande für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie die Niederlande als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Niederlande 2015. Darin wurden die Fortschritte der Niederlande bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in den Niederlanden makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern. Die durch die hohe Verschuldung des privaten Sektors bedingten Risiken bestehen fort und verdienen Beachtung, selbst wenn die jüngsten Maßnahmen eine Erholung am Wohnungsmarkt fördern und dazu beitragen werden, das Hypothekenwachstum einzudämmen. Während der hohe Leistungsbilanzüberschuss zu einem Teil auf strukturelle Charakteristika der niederländischen Wirtschaft zurückzuführen ist, könnte die Struktur des Renten- und Steuersystems eine ineffiziente Kapitalallokation bewirken.

(7)

Am 30. April 2015 übermittelten die Niederlande ihr nationales Reformprogramm 2015 und ihr Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Die Niederlande unterliegen derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. Laut Stabilitätsprogramm 2015 plant die Regierung, das Gesamtdefizit 2015 schrittweise auf 1,8 % des BIP abzusenken und bis 2018 weiter auf 0,7 % des BIP zurückzuführen. Die Regierung plant ferner, das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — über den gesamten Programmzeitraum einzuhalten. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird die öffentliche Schuldenquote 2015 mit 68,8 % voraussichtlich ihren Höchststand erreichen und bis 2018 schrittweise auf 66,1 % zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. In ihrer Frühjahrsprognose 2015 geht die Kommission davon aus, dass der strukturelle Saldo dem mittelfristigen Ziel entspricht und in den Jahren 2015 und 2016 –0,3 % des BIP bzw. –0,4 % des BIP erreichen wird. Aufgrund seiner eigenen Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass die Niederlande die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts voraussichtlich einhalten. Mit 0,84 % des BIP im Jahr 2013 sind die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung gemessen an den Bildungsabschlüssen, den wissenschaftlichen Leistungen und dem Stand der wirtschaftlichen Entwicklung gering. Die öffentlichen Ausgaben in diesem Bereich sind seit 2014 rückläufig, auch die privaten FuE-Ausgaben bleiben niedrig. Eine Umschichtung der öffentlichen Ausgaben auf Innovation und Forschung, insbesondere auf die Grundlagenforschung, wie auch die Implementierung von Rahmenstrategien zur Mobilisierung privater Investitionen in FuE würde dazu beitragen, das langfristige Wachstumspotenzial der niederländischen Wirtschaft zu steigern.

(9)

Eine wesentliche Herausforderung liegt im Wohnungsmarkt, wo jahrzehntelang entstandene Verkrustungen und Fehlanreize die Muster für Wohnungsfinanzierung und Ersparnisse dieses Sektors prägen. Die Neigung der privaten Haushalte, sich zur Bildung von Immobilienvermögen hohe Bruttoschulden in Form von Hypothekenkrediten aufzulasten, ist auf langjährige steuerliche Anreize, insbesondere die volle steuerliche Absetzbarkeit von Hypothekenzinsen zurückzuführen. Um diese Anreize teilweise zu beseitigen, wurde seit 2012 eine Reihe von Maßnahmen getroffen. Dazu zählen u. a. Änderungen bei der steuerlichen Behandlung der Wohnbaufinanzierung. Die schrittweise Einschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit von Hypothekenzinsen und Erhöhung der Tilgungsanreize ist gerechtfertigt. Doch könnten diese Maßnahmen rascher eingeführt werden, um das Tilgungsverhalten stärker zu beeinflussen. Es wird aber weiterhin ein erheblicher steuerlicher Anreiz für Investitionen in unproduktive Vermögenswerte bestehen. Die für 2018 angestrebte Beleihungsgrenze ist mit 100 % nach wie vor hoch. Der Mietmarkt leidet unter der Regulierung und einem sehr großen Sozialwohnungssektor, in dem lange Wartelisten die Regel sind. Die Einführung einer stärker einkommensabhängigen Mietpreisdifferenzierung bei Sozialwohnungen stellt zwar einen Schritt in die richtige Richtung dar, zeigt aber nur eingeschränkt Wirkung. Einem neuen Gesetz zufolge werden Wohnungsgesellschaften Tätigkeiten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (z. B. den Bereich der Sozialwohnungen) künftig von anderen Tätigkeiten trennen müssen. Es bleibt abzuwarten, ob die beabsichtigte Wirkung eintritt, d. h., Sozialwohnungen wieder bedarfsgerechter zugewiesen werden und für Menschen zur Verfügung stehen, die sich Wohnraum zu Marktbedingungen nicht leisten können.

(10)

Die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems wurde verbessert. Neben der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 Jahren im Jahr 2012 auf 67 Jahre im Jahr 2021 und dessen Bindung an die Lebenserwartung in der Folgezeit haben die Niederlande bei der privat finanzierten Säule des Rentensystems und bei der Pflege umfassende Reformen beschlossen. Die Finanzaufsicht über die Rentenkassen wurde verbessert und die Widerstandsfähigkeit des Systems gegen finanzielle Schocks erhöht. Ergänzt wurde dies durch erfolgreiche Reformen, die älteren Arbeitnehmern Anreize für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben geben. Mit den Reformen bei der Pflege wurden Zuständigkeiten auf die Kommunen verlagert, wodurch die Gesamtausgaben gesenkt und Effizienzgewinne in den Mittelpunkt gestellt wurden. Die Qualität der Pflege und der Zugang dazu müssen verfolgt werden.

(11)

Eine der verbleibenden Herausforderungen besteht darin, über die beschlossenen Bestimmungen zu Indexierung und Finanzpuffern (Rahmenvorschriften für die Bewertung der Finanzlage) hinaus eine angemessene generationeninterne und -übergreifende Kosten- und Risikoaufteilung sicherzustellen und zu diesem Zweck insbesondere die Beiträge von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu senken, die am Anfang ihres Berufslebens stehen. Würden die versicherungstechnischen Beiträge zur zweiten Säule der Rentenversicherung fairer gestaltet, würde dies den privaten Haushalten eine wachstumsfreundlichere Allokation ihrer Finanzmittel erleichtern.

(12)

Die 2014 in Kraft gesetzte umfassende Reform des Beschäftigungsschutzes zielt darauf ab, die Erwerbsbeteiligung und Mobilität zu erhöhen. Die steuerlichen Anreize, die von der Aufnahme einer Beschäftigung abhalten, wurden verringert. Mit einem vom Parlament verabschiedeten Gesetz wurde die Möglichkeit eingeführt, auf eine Quote zurückzugreifen, wenn es Arbeitgebern nicht gelingt, zusätzliche Stellen für Menschen mit Behinderungen zu schaffen, wozu sie sich selbst verpflichtet haben. Eine umfassende Bewertung der Auswirkungen dieser Maßnahmen ist erst nach ihrer Umsetzung möglich. Um die Integration von Arbeitsmarktrandgruppen, z. B. von Menschen mit Migrationshintergrund, zu verbessern, sind weitere Maßnahmen erforderlich.

(13)

Bei Einbeziehung nicht steuerlicher Pflichtabgaben liegt die Steuer- und Abgabenlast in den Niederlanden signifikant über dem EU-Durchschnitt, und es besteht Spielraum, die Besteuerung auf weniger wachstumsschädliche Faktoren zu verlagern. Die geplante Steuerreform würde zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung beitragen. Deren Auswirkungen müssten nach der Umsetzung eingehend verfolgt werden.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Niederlande umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an die Niederlande gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in den Niederlanden berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seiner Stellungnahme (6) zufolge erfüllen die Niederlande die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

(16)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollten die Niederlande sicherstellen, dass auch diese Empfehlungen vollständig und fristgerecht umgesetzt werden —

EMPFIEHLT, dass die Niederlande 2015 und 2016

1.

die öffentlichen Ausgaben in die FuE-Investitionsförderung umschichten und an Rahmenbedingungen für die Steigerung privater FuE-Ausgaben arbeiten, um dem rückläufigen Trend bei den öffentlichen FuE-Ausgaben entgegenzuwirken und das Potenzial für Wirtschaftswachstum zu steigern;

2.

den Abbau der steuerlichen Absetzbarkeit von Hypothekenzinsen im Zuge der Konsolidierung des Aufschwungs beschleunigen, um so die steuerlichen Anreize für Investitionen in unproduktive Vermögenswerte zu mindern; einen stärker marktorientierten Preismechanismus für den Mietmarkt einführen und die Mieten im Sozialwohnungssektor weiter an die Haushaltseinkommen knüpfen;

3.

in der zweiten Säule des Rentensystems die Beitragshöhe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, senken.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 88).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/87


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2015

(2015/C 272/23)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Österreichs 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission gemäß der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Österreichs 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Österreich nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, verstärkte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Österreich 2015. Darin wurden die Fortschritte Österreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 21. April 2015 übermittelte Österreich sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Österreich befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und im Zeitraum 2014-2016 auch der Übergangsregelung für den Schuldenabbau. Laut Stabilitätsprogramm 2015 plant die Regierung, das Gesamtdefizit 2015 schrittweise auf 2,2 % des BIP abzusenken und bis 2019 weiter auf 0,5 % des BIP zurückzuführen. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wurde das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von maximal 0,45 % des BIP — 2014 erreicht; dieses Ziel soll nach Planung der Regierung im gesamten Programmzeitraum eingehalten werden. Allerdings deutet der neu berechnete strukturelle Saldo auf eine Abweichung vom mittelfristigen Ziel ab 2015 hin. Die öffentliche Schuldenquote wird 2015 mit 86,8 % des BIP voraussichtlich ihren Höhepunkt erreichen und bis 2019 schrittweise auf 79,7 % des BIP zurückgehen. Das den budgetären Projektionen des Stabilitätsprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Allerdings wird nicht präzise genug dargelegt, mit welchen Maßnahmen die geplanten Defizitziele ab 2016 erreicht werden sollen. Nach der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission soll der strukturelle Saldo im Jahr 2015 um 0,4 % des BIP vom mittelfristigen Ziel abweichen. 2016 soll diese Abweichung dann signifikant werden, da sich der strukturelle Saldo den Projektionen zufolge um 0,6 % des BIP verschlechtern soll, während die zur Erreichung des mittelfristigen Ziels erforderliche strukturelle Anpassung 0,3 % des BIP beträgt. Damit würde die Abweichung von den Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts etwa 0,9 % des BIP ausmachen und weitere Maßnahmen erfordern. Gleichzeitig wird die Bruttoverschuldung dem Stabilitätsprogramm und der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission zufolge 2015 und 2016 im Einklang mit der Übergangsregelung für den Schuldenabbau weiter zurückgehen. Aufgrund seiner eigenen Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass ein Risiko besteht, dass Österreich die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht einhält.

(9)

Die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen des Staates sind nach wie vor komplex und führen in wesentlichen Bereichen der öffentlichen Verwaltung zu Effizienzverlusten. Österreich gehört nach wie vor zu den Ländern, in denen auf regionaler und kommunaler Ebene die wenigsten Steuern (in Prozent des BIP) erhoben werden. Trotz dieser geringen Steuerautonomie sind die Gebietskörperschaften unterhalb der Bundesebene für verschiedene Ausgaben und Verwaltungsaufgaben zuständig. Die hohe Komplexität und die Inkongruenz zwischen Einnahmen- und Ausgabenzuständigkeit sind der Umsetzung umfassender politischer Reformen nicht förderlich.

(10)

Die langfristige Tragfähigkeit des österreichischen Pensionssystems wird nach wie vor durch strukturelle Schwächen beeinträchtigt. Die bislang von Österreich eingeleiteten Reformen scheinen nicht auszureichen, um die langfristige Tragfähigkeit des Systems sicherzustellen. Erstens liegt das tatsächliche Pensionsalter weiterhin beträchtlich unter dem gesetzlichen Pensionsalter. Zweitens liegt das gesetzliche Pensionsalter für Frauen deutlich unter dem für Männer und soll nicht vor 2024 angehoben werden. Drittens ist das gesetzliche Pensionsalter immer noch nicht an die stetig steigende Lebenserwartung geknüpft. Österreich hat einige Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsalters ergriffen, das 2014 bei 59,7 Jahren und damit nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt von 63,1 Jahren (Stand 2013) lag. Es wurden Maßnahmen getroffen, um die Inanspruchnahme von Frühpensionierungs- und Invaliditätsregelungen in bestimmten Fällen zu verhindern und dadurch die Lebensarbeitszeit zu verlängern. Auch die Abschläge für jedes Jahr der Frühpensionierung und die für eine Inanspruchnahme solcher Regelungen erforderlichen Beitragszeiten wurden erhöht. Unklar bleibt, ob die von diesen Maßnahmen erwarteten positiven budgetären Auswirkungen tatsächlich eintreten.

(11)

Die österreichischen Gesundheitsausgaben gehören zu den höchsten in der Union. Die derzeitige Gesundheitsreform (2013-2016) zielt darauf ab, deren Anteil am BIP ab 2016 zu stabilisieren. Doch selbst wenn sich diese Reformen als erfolgreich erweisen, bestehen nach wie vor strukturelle Herausforderungen, die einem auf Dauer tragfähigen, effizienten Gesundheitswesen im Wege stehen. Es sollten jetzt Maßnahmen mit Blick auf die Zeit nach 2016 ergriffen werden. So sollte z. B. mehr von einer ambulanten multidisziplinären Primärversorgung Gebrauch gemacht und die durchschnittliche Dauer stationärer Behandlungen weiter verkürzt werden.

(12)

Die Sicherstellung der langfristigen Verfügbarkeit ausreichend qualifizierter Arbeitskräfte stellt für Österreich nach wie vor eine Herausforderung dar. Die Erwerbslosenquote ist mit rund 5,6 % eine der niedrigsten in der Union, doch wird das Arbeitsmarktpotenzial bestimmter Teile der Erwerbsbevölkerung nicht vollumfänglich genutzt. Österreich hat einige Maßnahmen getroffen, um das Erwerbsleben zu verlängern, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu verbessern und das Potenzial der Erwerbsbevölkerung mit Migrationshintergrund u. a. durch verbesserte Anerkennung ihrer Qualifikationen umfassender auszuschöpfen. Die jüngsten Reformen müssen allerdings eingehend verfolgt werden, und es sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um das Arbeitsmarktpotenzial dieser Gruppen vollständig auszuschöpfen.

(13)

Am 13. März 2015 stellte Österreich seine umfassende Steuerreform vor, deren Ziel es ist, Steuerklassen und Einkommensteuersätze neu zu ordnen und insbesondere den Einkommensteuereingangssatz von 36,5 % auf 25 % abzusenken. Die damit verbundene Steuererleichterung wird auf 4,9 Mrd. EUR geschätzt, während mit zusätzlichen Ausgaben im Umfang von 300 Mio. EUR gleichzeitig Familienpolitik und Forschungstätigkeiten gefördert werden sollen. Gegenfinanziert werden soll die Steuerverlagerung dem Vorschlag zufolge zum Teil durch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, durch Senkung der öffentlichen Ausgaben, durch Anhebung der ermäßigten MwSt.-Sätze auf 13 % in einigen Bereichen und durch Erhöhung der Kapitalertragsteuer von 25 % auf 27,5 %. Diese Reformpläne stehen mit den Ratsempfehlungen 2014 weitgehend in Einklang. Sie dürften für Personen mit geringem Verdienstpotenzial und für Zweitverdiener die Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhöhen und das verfügbare Einkommen aufstocken. Allerdings sollte die Reform budgetneutral durchgeführt werden.

(14)

Das österreichische Schulsystem ist durch eine geringe, deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegende Zahl an frühen Schul- und Ausbildungsabgängern gekennzeichnet. Ein starkes, gut funktionierendes Berufsbildungssystem sorgt für ein großes Reservoir an hoch qualifizierten Arbeitnehmern. Die Verbesserung der Bildungsergebnisse und damit der Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status, insbesondere solchen mit Migrationshintergrund, stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Die Evaluierung der Neuen Mittelschule hat Schwächen ans Licht gebracht, die noch in Angriff genommen werden müssen.

(15)

Der Rat hat Österreich im Rahmen des Europäischen Semesters wiederholt die Verbesserung und Förderung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor empfohlen, doch hat die Politik darauf bislang nur zurückhaltend reagiert. Bei verschiedenen freien Berufen bestehen nach wie vor Vorgaben für die Rechtsform, die Beteiligung am Gesellschaftskapital sowie die Preisgestaltung, und diese Vorgaben schaffen rechtliche Hindernisse für den Marktzugang und hindern Freiberufler oder deren Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten daran, sich in Österreich niederzulassen. Im Kontext der gegenseitigen Evaluierung hat Österreich damit begonnen, seine Vorschriften über den Berufszugang und die Berufsausübung zu überprüfen, um festzustellen, ob sie verhältnismäßig und aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Im Vergleich zu den Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten ist die Mittelausstattung der Bundeswettbewerbsbehörde zu gering, was ein wirkungsvolleres Handeln erschwert.

(16)

Der österreichische Bankensektor hat seine Widerstandsfähigkeit bewahrt, steht aber immer noch vor einer Reihe von Herausforderungen, die sowohl das Inland als auch anfällige ausländische Risikopositionen betreffen. Die Kapitalisierung des Bankensektors hat sich 2014 weiter verbessert, doch blieb die Rentabilität der österreichischen Banken weiter unter Druck. Mit Ausnahme der Österreichischen Volksbanken-AG (ÖVAG) haben 2014 die anderen fünf größten österreichischen Kreditinstitute die umfassende Bewertung der EZB bestanden. Bei der Umstrukturierung der ÖVAG und der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) hat Österreich beträchtliche Fortschritte erzielt.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Österreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Österreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Österreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Die Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Österreich auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Österreich 2015 und 2016

1.

Maßnahmen trifft, um eine Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel in den Jahren 2015 und 2016 zu vermeiden; die Budgetneutralität der Steuerreform, mit der die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit verringert werden soll, sicherstellt; der Inkongruenz zwischen der Finanzierung der verschiedenen staatlichen Ebenen und deren Ausgaben abhilft; Maßnahmen trifft, um die langfristige Tragfähigkeit des Pensionssystems sicherzustellen, und zu diesem Zweck u. a. das gesetzliche Pensionsalter für Frauen und Männer früher harmonisiert und das gesetzliche Pensionsalter an die Lebenserwartung koppelt;

2.

die Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von älteren Arbeitnehmern und Frauen verstärkt und zu diesem Zweck u. a. verstärkt Kinderbetreuungs- und Langzeitpflegedienste bereitstellt; Maßnahmen trifft, um die Bildungsergebnisse benachteiligter junger Menschen zu verbessern;

3.

Maßnahmen trifft, um die unverhältnismäßigen Schranken für Dienstleistungsanbieter und Hindernisse für die Gründung interdisziplinärer Unternehmen zu beseitigen;

4.

Maßnahmen trifft, um die durch ausländische Risikopositionen und unzureichende Aktiva-Qualität bedingte potenzielle Anfälligkeit des Finanzsektors zu mindern.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 92).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/91


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Polens 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2015

(2015/C 272/24)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Polens 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten polnischen Konvergenzprogramm 2014 ab.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Polen nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Polen 2015. Darin wurden die Fortschritte Polens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet.

(7)

Am 29. April 2015 übermittelte Polen sein nationales Reformprogramm 2015 und am 30. April 2015 sein Konvergenzprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Polen unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts, nachdem das Defizitverfahren im Juni 2015 eingestellt wurde (5). Laut Konvergenzprogramm 2015 plant die Regierung einen schrittweisen Abbau des Gesamtdefizits: 2015 soll des von 3,2 % des BIP auf 2,7 % des BIP gesenkt und bis 2018 weiter auf 1,2 % des BIP zurückgeführt werden. Unter Zugrundelegung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission kann das übermäßige Defizit schon seit 2014 und damit ein Jahr vor der gesetzten Frist als korrigiert gelten, da die Überschreitung des im Vertrag verankerten Referenzwerts von 3 % des BIP auf die Nettokosten der Rentenreform für den Haushalt zurückzuführen ist. Dem Konvergenzprogramm zufolge plant die Regierung, das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — bis 2019 zu erreichen. Die Regierung plant ferner, die öffentliche Schuldenquote, die 2015 mit 51,7 % ihren Höchststand erreichen dürfte, bis 2018 auf 49,1 % zurückführen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist 2015 plausibel und 2016 eher günstig. Eine Gesamtbewertung ergibt, dass Polen angesichts seines unter dem Richtwert liegenden Nettoausgabenwachstums die erforderliche Anpassung an das mittelfristige Ziel voraussichtlich 2015 vollzieht. Mit welchen Maßnahmen die geplanten Defizitziele ab 2016 erreicht werden sollen, wurde nicht präzise genug dargelegt. Laut Frühjahrsprognose 2015 der Kommission besteht 2016 das Risiko, dass leicht vom erforderlichen Anpassungspfad abgewichen wird, da die strukturelle Anpassung hinter den Vorgaben zurückbleibt. 2016 werden deshalb weitere Maßnahmen erforderlich sein. Aufgrund seiner eigenen Bewertung des Konvergenzprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass Polen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts voraussichtlich weitgehend einhalten wird. Die Steuereinnahmen könnten gesteigert werden, indem in geringerem Umfang als bisher auf ermäßigte MwSt.-Sätze zurückgegriffen und die Effizienz der Steuerverwaltung erhöht würde.

(9)

Der haushaltspolitische Rahmen Polens ließe sich durch Schaffung einer unabhängigen Stelle — entweder als eigenständige Stelle oder innerhalb einer bestehenden Einrichtung — verbessern, die die Einhaltung der Haushaltsvorschriften ex ante und ex post beurteilen, die Prognosen für die Gesamtwirtschaft und den Haushalt bewerten und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen analysieren würde.

(10)

Polen hat Ende 2013 die Rentenreform von 1999 zurückgenommen. Wenngleich dies den Haushalt kurzfristig entlastet, wird die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht verbessert, da die kurzfristigen Vorteile durch die höheren Sozialversicherungsbeiträge und niedrigeren Zinszahlungen durch höhere künftige Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Säule zunichte gemacht werden. Alles in allem ist die Rücknahme der Rentenreform von 1999 für die öffentlichen Finanzen Polens mit einigen Risiken verbunden.

(11)

Die Privilegien, die Landwirte und Bergleute in der Sozialversicherung genießen, stehen der beruflichen Mobilität weiterhin im Wege und sind für die öffentlichen Finanzen mit erheblichen Kosten verbunden. Diese Vorzugsregelungen halten Menschen davon ab, in produktivere Sektoren zu wechseln, schaffen verdeckte Arbeitslosigkeit und werden wegen der geringen Beitragszahlungen in hohem Maße vom Steuerzahler subventioniert. Der polnische Agrarsektor beschäftigte im Jahr 2014 11,5 % der Arbeitskräfte (mehr als doppelt so viel wie im EU-Durchschnitt), generiert aber nur 3,3 % der nationalen Bruttowertschöpfung. Die staatlichen Subventionen für das Sozialversicherungssystem für Landwirte machen fast 1 % des BIP aus, die Subventionen für die Bergarbeiter-Rentenkasse 0,5 % des BIP. Beiträge und Leistungen sind nur schwach miteinander verknüpft, und zumeist werden die Beiträge auf pauschaler Basis erhoben. Die Tatsache, dass Landwirte mit hohen Einkommen nicht systematisch ausgeschlossen werden können, macht das System missbrauchsanfällig. Die Einführung eines Systems zur Erfassung und Bewertung der Einkommen der Landwirte wäre der zwingend notwendige erste Schritt zu einer Reform des Sozialversicherungssystems für diese Berufsgruppe.

(12)

Die Segmentierung des polnischen Arbeitsmarkts besteht fort. Nirgendwo sonst in der Union gibt es so viele befristete Arbeitsverträge, wobei es nur einem geringen Teil der Arbeitnehmer gelingt, von einem befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu wechseln, und die Lohnunterschiede die höchsten in der Union sind. Starre Kündigungsvorschriften, lange Gerichtsverfahren und andere Erschwernisse für die Arbeitgeber begünstigen den Rückgriff auf befristete, atypische Arbeitsverträge. Auch die als hoch empfundenen Kosten der vom Arbeitsrecht abgedeckten Verträge führen dazu, dass im Übermaß von zivilrechtlichen Verträgen (umowy cywilnoprawne) Gebrauch gemacht wird, die wegen der damit verbundenen niedrigeren Sozialversicherungsbeiträge für die Arbeitgeber attraktiv sind. Der hohe Anteil dieser mit geringeren Beiträgen einhergehenden Verträge kann allerdings vor allem für junge Arbeitnehmer die Qualität der verfügbaren Beschäftigung beeinträchtigen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Qualifikationen und Fertigkeiten der Bewerber nicht den Erfordernissen des Arbeitsmarkts entsprechen. Anhaltende Anstrengungen sind deshalb erforderlich, um das System der beruflichen Aus- und Fortbildung zu reformieren und eine größere Teilhabe am lebenslangen Lernen zu gewährleisten. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen ist nach wie vor gering. Um diesem Problem abzuhelfen, hat Polen das Angebot an vorschulischen Einrichtungen erhöht, zählt aber nach wie vor zu den Mitgliedstaaten, die beim Angebot frühkindlicher Betreuung am schlechtesten abschneiden.

(13)

Der Eisenbahnsektor leidet unter hohen Wegeentgelten und unzureichender nationaler Finanzierung. Aufgrund des Regulierungs- und Verwaltungsumfelds sind die Verfahren für die Ausarbeitung und Umsetzung von Projekten in der Regel langwierig und schwerfällig. Wenngleich sich die jüngsten Gesetzesänderungen positiv auf den Schienenverkehr auswirken können, werden sie auf die im Programmplanungszeitraum 2007-2013 angelaufenen Investitionsprojekte aber voraussichtlich keine Auswirkungen haben. Im Zeitraum 2014-2020 sollen die EU-Finanzierungen für den Schienensektor allerdings erheblich aufgestockt werden.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Polens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Polen gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Polen berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Polen 2015 und 2016

1.

nach der Korrektur seines übermäßigen Defizits in den Jahren 2015 und 2016 jeweils eine Anpassung von 0,5 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel vornimmt; einen unabhängigen Haushaltsrat einsetzt; die Steuerbemessungsgrundlage ausweitet, insbesondere indem der Rückgriff auf das umfassende System ermäßigter MwSt.-Sätze eingeschränkt wird;

2.

damit beginnt, die Rentenregelungen für Landwirte und Bergleute an die anderer Arbeitnehmer anzupassen und einen Zeitplan für eine schrittweise vollständige Anpassung festlegt; ein System für die Erfassung und Bewertung der Einkommen der Landwirte schafft;

3.

Maßnahmen ergreift, um am Arbeitsmarkt den übermäßigen Rückgriff auf befristete und zivilrechtliche Verträge einzuschränken;

4.

Hindernisse für Investitionen in Schienenprojekte beseitigt.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(3)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Polens 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 97).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(5)  Beschluss (EU) 2015/1026 des Rates vom 19. Juni 2015 zur Aufhebung des Beschlusses 2009/589/EG über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Polen (ABl. L 163 vom 30.6.2015, S. 37).

(6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/94


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zum nationalen Reformprogramm Portugals 2015 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2015

(2015/C 272/25)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken stützt. Der Schwerpunkt dieser Strategie liegt auf den Schlüsselbereichen, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 14. Juli 2015 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union, und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an. Diese bilden zusammen die „integrierten Leitlinien“; die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 8. Juli 2014 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Portugals 2014 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten portugiesischen Stabilitätsprogramm 2014 ab. Am 28. November 2014 legte die Kommission im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ihre Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Portugals für 2015 vor.

(4)

Am 28. November 2014 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2015 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Portugal als einer der Mitgliedstaaten genannt wird, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

(5)

Am 18. Dezember 2014 billigte der Europäische Rat die Prioritäten für eine Investitionsförderung, intensivierte Strukturreformen und die Fortführung einer verantwortlichen wachstumsfördernden Haushaltskonsolidierung.

(6)

Am 26. Februar 2015 veröffentlichte die Kommission ihren Länderbericht Portugal 2015. Darin wurden die Fortschritte Portugals bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen vom 8. Juli 2014 bewertet. Der Länderbericht enthält auch die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Portugal übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern. Zwar wurden durch das Anpassungsprogramm deutliche Fortschritte sowohl in Bezug auf die wirtschaftliche Anpassung als auch auf wirtschaftspolitische Maßnahmen erzielt. Doch bleiben trotz der Bemühungen um einen Schuldenabbau im Bereich der Privathaushalte und im Sektor der Nichtfinanzunternehmen erhebliche Risiken im Zusammenhang mit dem — intern wie extern und in verschiedenen Sektoren — hohen Schuldenniveau; dies erfordert größte Aufmerksamkeit. Angesichts niedrigen Wachstums, geringer Inflation und hoher Arbeitslosigkeit ist auch der Druck zu einem Schuldenabbau groß.

(7)

Am 28. April 2015 übermittelte Portugal sein nationales Reformprogramm 2015 und sein Stabilitätsprogramm 2015. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(8)

Portugal unterliegt derzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Regierung kündigt in ihrem Stabilitätsprogramm 2015 an, das übermäßige Defizit im Einklang mit der vom Rat festgesetzten Frist bis 2015 zu korrigieren. Das Gesamtdefizit soll im Jahr 2015 auf 2,7 % des BIP und anschließend schrittweise bis 2018 auf 0,6 % des BIP gesenkt werden. Dem Stabilitätsprogramm zufolge strebt die Regierung an, dass das mittelfristige Ziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — im Jahr 2016 erreicht werden soll. Die staatliche Schuldenquote dürfte 2015 auf 124,2 % des BIP und dann weiter auf rund 112,1 % des BIP im Jahr 2018 zurückgehen. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist für 2015 und 2016 plausibel, für 2017 und 2018 jedoch angesichts gewisser Risiken, die der staatliche Finanzrat Portugals ermittelt hat, eher optimistisch. Der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission zufolge ist eine fristgerechte und dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits im Jahr 2015 noch nicht sicher, aber realistisch. Allerdings bleiben die Konsolidierungsanstrengungen hinter den Empfehlungen des Rates zurück. Im Falle einer Korrektur des übermäßigen Defizits wird Portugal ab 2016 der präventiven Komponente des Pakts unterliegen. Die Maßnahmen zur Verbesserung des Haushaltssaldos, die zur Erreichung der Defizitziele ab 2016 beitragen sollen, wurden nicht hinreichend spezifiziert und dürften auch von ihrem Umfang her nicht reichen. Daher besteht offenbar das Risiko einer erheblichen Abweichung von der erforderlichen Korrektur in Richtung des mittelfristigen Ziels im Jahr 2016, und weitere Strukturmaßnahmen werden nötig sein. Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms und unter Berücksichtigung der Frühjahrsprognose 2015 der Kommission ist der Rat der Auffassung, dass die Gefahr besteht, dass Portugal die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht erfüllt.

(9)

Die Haushaltskonsolidierung muss durch eine Steigerung der Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung sowie durch weitere Reformen des Systems der öffentlichen Finanzverwaltung gestützt werden. Insbesondere sind weitere Anstrengungen notwendig, um eine strikte Ausgabenkontrolle zu gewährleisten, indem das Gesetz zur Kontrolle der Verpflichtungen effektiv umgesetzt und die Rechenschaftspflicht gestärkt wird. Das Gesetz über die einheitliche Lohnskala wurde im September 2014 veröffentlicht und gilt seit Januar 2015; die Umsetzung des Gesetzesdekrets über die einheitliche Lohnzuschlägeskala ist in Vorbereitung. Die Umstrukturierung staatseigener Unternehmen wurde nicht abgeschlossen. Bei der Entwicklung neuer umfassender Maßnahmen im Rahmen der laufenden Rentenreform im Anschluss an die Urteile des Verfassungsgerichts vom August 2014 waren die Fortschritte begrenzt. Portugal hat sein Steuersystem in den letzten zwei Jahren grundlegend reformiert, insbesondere in Bezug auf die Körperschaftsteuer, die Einkommensteuer und die Umweltsteuern. Eine Bewertung der gesamten Auswirkungen dieser Reform wäre angezeigt. Es besteht noch großer Spielraum für weitere Reformen zur Modernisierung der Steuerverwaltung und zur weiteren Verbesserung der Steuerdisziplin.

(10)

Das Tarifvertragssystem wurde in letzter Zeit mehreren Reformen unterzogen, die jedoch nicht alle zur stärkeren Angleichung der Löhne und Gehälter an die Produktivität auf Branchen- und Unternehmensebene beitragen. Das System muss so gestaltet werden, dass es Unternehmen eine Anpassung an besondere Umstände ermöglicht. Dazu gehört, dass die Unternehmen die geltenden Bestimmungen in der Praxis so anwenden können, dass unter bestimmten Umständen von den Branchentarifverträgen abgewichen werden kann. Obwohl der Mindestlohn in den letzten Jahren eingefroren war, ist er seit 2008 nominal deutlich schneller gestiegen als die Durchschnittslöhne; der Anteil der vom Mindestlohn betroffenen Beschäftigten stieg von 5 % im Jahr 2005 auf 12,9 % im Jahr 2014.

(11)

Beträchtliche Fortschritte sind bei der Durchführung aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen und der Reform der öffentlichen Arbeitsverwaltung zu verzeichnen. Allerdings gilt es weiterhin, die jungen Menschen zu erreichen, die sich weder in Beschäftigung noch in Ausbildung befinden. Die Digitalisierung von Dienstleistungen, die einer besseren Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt dienen, muss vorangetrieben werden. Die Gewährleistung einer angemessenen Reichweite der sozialen Unterstützung, insbesondere der Mindesteinkommensregelung, bleibt eine zentrale Herausforderung. Einige Fortschritte wurden bei der Verbesserung der Qualität und Arbeitsmarktrelevanz der Bildung erzielt. So hat Portugal die Lehrpläne und das Lehrerstatut reformiert, um die Bildungsqualität zu verbessern. Der Rückgriff auf das Monitoring-Instrument und die Diversifizierung der Möglichkeiten durch neue Programme für die berufliche Aus- und Weiterbildung dürften zur Senkung der Zahl der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger und zur Steigerung der Leistungen beitragen. Die jüngsten Reformen zielen auf die Verbesserung des Systems der beruflichen Aus- und Weiterbildung ab, doch muss seine Attraktivität noch gesteigert werden. Auch der Wissenstransfer zwischen Hochschulen, Privatunternehmen und Forschungseinrichtungen ist verbesserungsbedürftig.

(12)

Die hohe Verschuldung der portugiesischen Unternehmen beeinträchtigt weiterhin ihre Leistungsfähigkeit und verhindert neue Investitionen; hingegen ist die Verschuldung der privaten Haushalte deutlich zurückgegangen. Als Folgemaßnahme zu der umfassenden Bewertung hat die Zentralbank die Überwachung der Liquidität und Kapitalausstattung der Banken intensiviert und zudem eine Bewertung der Sanierungspläne der Banken vorgenommen. Der Anteil der notleidenden Unternehmenskredite ist nach wie vor hoch (über 18 %) und belastet die Bilanzen der Banken. Die 2014 eingeleitete Reform der Körperschaftsteuer setzt der Abzugsfähigkeit von Nettofinanzaufwendungen engere Grenzen; allerdings könnte noch mehr gegen die verschuldungsfreundliche Ausrichtung der Unternehmensbesteuerung unternommen werden. Die Plattformen/Prozesse für die Unternehmensumstrukturierung PER und SIREVE werden neu gestaltet, wobei der Schwerpunkt nun darauf liegen soll, lebensfähige Unternehmen vor der Liquidation zu bewahren und dabei zu unterstützen, im Geschäft zu bleiben. Was den Schuldenabbau betrifft, so zeugen die Zahlen für 2014 von substanziellen Fortschritten bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Verringerung des Schuldenüberhangs der Unternehmen. Die im Mai 2014 veröffentlichte Umschuldungsstrategie für Unternehmen schlägt sich nach und nach in verschiedenen gesetzgeberischen Maßnahmen nieder. Außerdem wurden Fortschritte bei der Erweiterung der Palette der Finanzierungsalternativen für Nichtfinanzunternehmen durch Förderung von Kapitalbeteiligungen erzielt. Die im September 2014 gegründete Entwicklungsfinanzierungsinstitution soll Abhilfe bei Marktversagen schaffen, das KMU den Zugang zu Finanzmitteln erschwert.

(13)

Ferner sollten die Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz und Qualität des Justizsystems ausgebaut werden, insbesondere was die Bewertung der Gerichtstätigkeit und die Nutzung von Online-Tools angeht; darüber hinaus sollten Erhebungen bei Personen, die die Gerichte in Anspruch nehmen, und bei Angehörigen von Rechtsberufen durchgeführt werden. Dem EU-Justizbarometer 2015 zufolge sind die Verfahren in Zivil- und Handelssachen immer noch langwierig (386 Tage). Die Zahl der Vollstreckungssachen ist weiterhin leicht rückläufig, doch ist die Gesamtverfahrensdauer nach wie vor lang (1 045 Tage im Jahr 2014). Die Reformen im Bereich der Finanz- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit kommen langsamer voran als andere Reformen im Justizbereich. Der Anstieg der Zahl der Insolvenzverfahren hat die Notwendigkeit deutlich gemacht, die diesbezüglichen Ressourcen und Schulungsmaßnahmen für erstinstanzliche Gerichte aufzustocken. Die Liquiditätsprobleme der Unternehmen werden durch die erheblichen Zahlungsrückstände, insbesondere des öffentlichen Sektors, weiterhin verschärft. Es wurden keine neuen Maßnahmen ergriffen und keine Zusagen gemacht, um gegen diese Zahlungsverzögerungen vorzugehen. Was die öffentlich-privaten Partnerschaften auf lokaler und regionaler Ebene und die Konzessionen auf allen Ebenen betrifft, so mangelt es an Transparenz. Die Korruptionsprävention wird durch die unzulängliche Anwendung des bestehenden Rechtsrahmens beeinträchtigt, und es besteht Verbesserungsbedarf hinsichtlich Überwachung, Umsetzung und Durchsetzung von Sanktionen.

(14)

Die neue Verkehrsregulierungsbehörde hat ihre Tätigkeit noch nicht aufgenommen. Die Liberalisierung im Bereich der Hafenkonzessionen, des Schienenverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs geht nur langsam voran, sodass auch die Investitionstätigkeit nicht in Gang kommt. Die Fortschritte bei der Umsetzung der Langzeitstrategie für den Verkehr und des Zeitplans für die Reformen im Hafensektor waren begrenzt. Verzögerungen gab es bei den Verkehrskonzessionen für die Großräume Lissabon und Porto. Bei den Neuverhandlungen über die Hafenkonzessionen sowie im Eisenbahnsektor waren die Fortschritte begrenzt. Die Fusion der Infrastrukturbetreiber für die Schiene (REFER) und die Straße (EP), mit der die finanzielle Tragfähigkeit der neuen Einrichtung für die Straßen- und Schieneninfrastruktur verbessert werden soll, ist noch nicht abgeschlossen. Bei den staatseigenen Verkehrsunternehmen wurden Personalkürzungen vorgenommen.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Portugals umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2015 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Portugal gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Portugal berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider.

(16)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Gestützt auf diese Analyse hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als ein Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Portugal auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Portugal 2015 und 2016

1.

die notwendigen Maßnahmen ergreift, um eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits im Jahr 2015 sicherzustellen; im Jahr 2016 eine Haushaltsanpassung von 0,6 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel erreicht; unerwartete Mehreinnahmen zur Beschleunigung des Defizit- und Schuldenabbaus einsetzt; das Gesetz zur Kontrolle der Verpflichtungen effektiv durchsetzt, um die Ausgabenkontrolle zu verbessern; die mittelfristige Tragfähigkeit des Rentensystems verbessert; die finanzielle Tragfähigkeit der staatseigenen Unternehmen sicherstellt; die Einhaltung der Steuervorschriften und die Effizienz der Steuerverwaltung weiter verbessert;

2.

die Angleichung der Löhne und Gehälter an die Produktivität in Abstimmung mit den Sozialpartnern, im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten und unter Berücksichtigung der Unterschiede bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen sowie bei der Wirtschaftsleistung der verschiedenen Regionen, Sektoren und Unternehmen fördert; sicherstellt, dass die Entwicklungen im Bereich Mindestlohn den Zielen der Steigerung von Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit entsprechen;

3.

die Effizienz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen steigert, insbesondere durch eine stärkere Einbindung nicht registrierter junger Menschen; die wirksame Aktivierung von Leistungsempfängern und eine angemessene Reichweite der sozialen Unterstützung, insbesondere der Mindesteinkommensregelung, gewährleistet;

4.

weitere Maßnahmen zum Abbau des Schuldenüberhangs der Unternehmen, zur Senkung des Anteils der notleidenden Unternehmenskredite bei den Banken und zur Verringerung der sich aus den Steuervorschriften ergebenden Verschuldungsanreize für Unternehmen ergreift; die Effizienz der Umschuldungsinstrumente für rentable Unternehmen verbessert, indem Anreize für Banken und Schuldner geschaffen werden, frühzeitig Umstrukturierungsprozesse einzuleiten;

5.

im Zusammenhang mit Konzessionen (auch im Verkehrssektor) und mit öffentlich-privaten Partnerschaften auf lokaler und regionaler Ebene die Maßnahmen beschleunigt und die Transparenz erhöht.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Aufrechterhalten durch den Beschluss 2014/322/EU des Rates vom 6. Mai 2014 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten für 2014 (ABl. L 165 vom 4.6.2014, S. 49).

(4)  Empfehlung des Rates vom 8. Juli 2014 zum nationalen Reformprogramm Portugals 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Portugals 2014 (ABl. C 247 vom 29.7.2014, S. 102).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  ABl. C 272 vom 18.8.2015, S. 98.


18.8.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 272/98


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2015

zur Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

(2015/C 272/26)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 136 in Verbindung mit Artikel 121 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Um die Entwicklung des Euro-Währungsgebiets nachhaltig zu stärken, sind dauerhafte politische Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Anpassung im privaten und öffentlichen Sektor sowie zur mittel- bis langfristigen Erhöhung des Wachstumspotenzials der Wirtschaft erforderlich. Wenngleich die wirtschaftliche Erholung im Euro-Währungsgebiet im Gange ist, wird sie durch die Nachwirkungen der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrisen gedämpft, unter anderem durch den laufenden Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte, die hohe öffentliche und private Verschuldung und den damit verbundenen Entschuldungsdruck, die fortbestehende strukturelle Rigidität der nationalen Arbeits- und Produktmärkte, die hohe Arbeitslosigkeit und das geringe Vertrauen sowie die anhaltende Investitionsschwäche. Die Umsetzung der in den länderspezifischen Empfehlungen aufgezeigten Reformen ging bisher nicht weit genug.

(2)

Das Euro-Währungsgebiet ist mehr als nur die Summe seiner Mitglieder. Die enge Verflechtung der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Volkswirtschaften macht deutlich, dass eine intensivere Koordinierung der Haushalts-, Finanz- und Strukturpolitik notwendig ist. Das Euro-Währungsgebiet benötigt einen politischen Kurs, der Wachstum und Beschäftigung fördert und gleichzeitig gewährleistet, dass die beim Abbau der Ungleichgewichte erzielten Fortschritte dauerhaft gesichert und vorangebracht werden. Den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets kommt bei der wirksamen Umsetzung des in den letzten Jahren erheblich gestärkten wirtschaftspolitischen Rahmens eine besondere Verantwortung zu. Aus diesem Grund ist eine erhöhte gegenseitige Bestärkung bei der Umsetzung innerstaatlicher Reformen und bei der Verfolgung eines umsichtigen haushaltspolitischen Kurses erforderlich. Ebenfalls notwendig sind eine stärkere Bewertung der nationalen Reformprogramme aus Sicht des Euro-Währungsgebiets, eine Internalisierung potenzieller Ausstrahlungseffekte und Anreize für politische Maßnahmen, die für das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion von besonderer Bedeutung sind.

(3)

Die Umsetzung ambitionierter Strukturreformen zur Modernisierung der Volkswirtschaften sowie zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstumspotenzials ist im Euro-Währungsgebiet noch nicht ausreichend vorangeschritten. In Bezug auf das Ausmaß der vor der Krise vorhandenen Ungleichgewichte, die Position im Konjunkturzyklus und den Haushaltsspielraum bestehen zwischen den Mitgliedstaaten deutliche Unterschiede. Obwohl auf den Arbeitsmärkten Verbesserungen zu verzeichnen sind und sie dank einiger Reformfortschritte an Widerstandsfähigkeit gewonnen haben, ist die Arbeitslosigkeit weiterhin hoch und es besteht die Gefahr einer Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit, was die soziale Lage in den anfälligsten Ländern weiter verschärft. Der Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte ist im Gange, verläuft allerdings asymmetrisch, und in einigen Mitgliedstaaten bestehen nach wie vor hohe Leistungsbilanzüberschüsse. Ambitionierte strukturelle Reformen der Arbeits- und Produktmärkte würden Impulse für die nötigen wirtschaftspolitischen Anpassungen innerhalb des Euro-Währungsgebiets geben und das Wachstum in den Ländern, die sie umsetzen, beschleunigen. Durch die Steigerung der Beschäftigung und Preissenkungen für die Verbraucher tragen Reformen auch zu einer stärkeren sozialen Integration bei. Bei einer koordinierten Vorgehensweise in allen Mitgliedstaaten können Strukturreformen dem gesamten Euro-Währungsgebiet zugutekommen, indem sie positive Ausstrahlungseffekte durch Handels- und Finanzkanäle entwickeln. Zudem würde dies geeignete politische Entscheidungen im restlichen Euro-Währungsgebiet fördern. Der themenbezogene Austausch innerhalb der Euro-Gruppe kann zu diesem Prozess beitragen, indem Reformen bewertet werden und Richtwerte für Reformen und deren Auswirkungen auf das gesamte Euro-Währungsgebiet gesetzt werden. Dies kann durch die Nutzung bewährter Verfahren, durch die Einigung auf gemeinsame Grundsätze für wirksame Reformen und durch gegenseitige Bestärkung geschehen. Um den Anpassungsprozess auf nationaler Ebene und damit das Funktionieren des Euro-Währungsgebiets sicherzustellen, ist die regelmäßige Überwachung der Reformfortschritte in den Mitgliedstaaten mit übermäßigen Ungleichgewichten und Ungleichgewichten, die entschlossene Maßnahmen erfordern, besonders wichtig.

(4)

Eine zentrale Herausforderung für das Euro-Währungsgebiet besteht darin, die öffentlichen Schuldenstände durch eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik zu senken. Dank der Konsolidierungsanstrengungen der vergangenen Jahre hat sich die Haushaltslage der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets gebessert, doch die Haushaltspolitik wird nach wie vor nicht optimal koordiniert. Einige Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets müssen ihren Anpassungskurs fortsetzen, um ihren ausgesprochen hohen Schuldenstand zu verringern. Andere Staaten verfügen über mehr Handlungsspielraum und könnten diesen zur Ankurbelung der Binnennachfrage und insbesondere zur Förderung von Investitionen nutzen. Dies käme dem Binnenwachstum und dem Euro-Währungsgebiet insgesamt zugute. Die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehene Flexibilität erlaubt es den Mitgliedstaaten, Impulse für Strukturreformen und Investitionen zu setzen, ohne von den gemeinsam vereinbarten Regeln abzuweichen. Die haushaltspolitischen Strategien sind allerdings noch nicht ausreichend wachstumsfreundlich. Auf der Einnahmenseite besteht trotz stärkerer Koordinierung innerhalb der Euro-Gruppe noch Spielraum für die Verbesserung der Effizienz der Steuersysteme und die Verringerung der steuerlichen Belastung des Faktors Arbeit. Auf der Ausgabenseite muss ein größerer Schwerpunkt auf öffentliche Investitionen, die sich auf fundierte Kosten-Nutzen-Analysen stützen, und andere stark wachstumsfördernde öffentliche Ausgaben gelegt werden. Ausgabenüberprüfungen haben zudem verdeutlicht, dass die öffentlichen Verwaltungen effizienter werden müssen. Dieser Prozess kann durch gut funktionierende nationale haushaltspolitische Rahmen gefördert werden.

(5)

Die Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten haben sich im Euro-Währungsgebiet verbessert, doch die Kreditvergabe an den Privatsektor bleibt verhalten und der Finanzmarkt ist nach wie vor zu stark fragmentiert, wodurch Investitionen im Euro-Währungsgebiet gebremst werden. Wenngleich sowohl für materielle als auch für immaterielle Investitionen Bedarf besteht, hat sich infolgedessen eine beträchtliche Investitionslücke aufgetan. Die Investitionsoffensive der EU bietet Möglichkeiten zur Förderung von Investitionen und zu deren produktiver Nutzung. Allerdings wäre die Wirkung der Investitionsoffensive und des erweiterten EZB-Programms zum Ankauf von Vermögenswerten stärker, wenn diese von Maßnahmen im Finanzsektor flankiert würden, durch welche die Kreditvergabe wiederhergestellt, der Kapitalmarkt vertieft und die langfristige Finanzierung der Wirtschaft gefördert wird. Die Vollendung der Bankenunion ist im Gange und wird durch die Anwendung des einheitlichen Regelwerks und eines kohärenten Regulierungsansatzes unterstützt werden. Besser integrierte und effizientere Kapitalmärkte würden zusätzliche Mittel für Investitionen mobilisieren, die Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von den Banken verringern und für ausgewogenere und stabilere Finanzstrukturen sorgen.

(6)

Ungeachtet der jüngsten Erfolge bei der Stärkung der Architektur der WWU machen es aktuelle Herausforderungen notwendig, mit der Vollendung ihrer Gestaltung voranzuschreiten. Die Weiterentwicklung der WWU muss in einem schrittweisen Prozess erfolgen, der Disziplin mit Solidarität verbindet. Die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer besseren wirtschaftspolitischen Steuerung des Euro-Währungsgebiets werden vom Präsidenten der Kommission zusammen mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank und dem Präsidenten der Euro-Gruppe vorbereitet —

EMPFIEHLT, dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Rahmen der Euro-Gruppe im Zeitraum von 2015 bis 2016

1.

sich gegenseitig bestärken, um Strukturreformen voranzutreiben, durch welche die Korrektur der hohen Inlands- und Auslandsverschuldung erleichtert wird und Investitionen gefördert werden; die Umsetzung von Reformen in Mitgliedstaaten regelmäßig bewerten, in denen eine gezielte Überwachung im Rahmen des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht erforderlich ist; die regelmäßige Bewertung von Strukturreformen nach Themenschwerpunkten fortführen; bis zum Frühling 2016 über die Folgemaßnahmen des Koordinierungsverfahrens zur Verringerung der hohen steuerlichen Belastung des Faktors Arbeit und zur Reform der Dienstleistungsmärkte entscheiden;

2.

ihre Haushaltspolitik koordinieren, um sicherzustellen, dass der gemeinsame finanzpolitische Kurs des Euro-Währungsgebiets den Tragfähigkeitsrisiken und der Konjunkturlage entspricht, wobei die Erfüllung der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts hiervon unberührt bleibt; sich bis zum Frühling 2016 themenbezogen über die Verbesserung der Qualität und Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen austauschen, wobei die Schwerpunkte insbesondere auf der Priorisierung von materiellen und immateriellen Investitionen auf nationaler Ebene und EU-Ebene sowie auf der wachstumsfreundlicheren Gestaltung der Steuersysteme liegen sollten; die wirksame Funktion der kürzlich gestärkten nationalen haushaltspolitischen Rahmen überwachen;

3.

die rechtzeitige Fertigstellung der auf die umfassende Bewertung durch die Europäische Zentralbank folgenden Maßnahmen, die Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (3) (Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten) sowie den Abschluss der Ratifizierung der zwischenstaatlichen Vereinbarung über den einheitlichen Abwicklungsfonds sicherstellen und den Fonds bis Januar 2016 zur Einsatzreife bringen; Maßnahmen zur Stärkung der marktbasierten Finanzierung fördern, um den Zugang von KMU zu Finanzierungen zu verbessern und alternative Finanzierungsquellen zu erschließen; weitere Reformen der nationalen Insolvenzrahmen anregen;

4.

die Arbeiten zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion fortsetzen und zur Verbesserung des Rahmens der wirtschaftspolitischen Überwachung im Kontext des Berichts über die nächsten Schritte zur Verbesserung der wirtschaftspolitischen Steuerung im Euro-Raum, den der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, und dem Präsidenten der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, erstellt hat, und seiner Folgemaßnahmen beitragen.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. GRAMEGNA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).