ISSN 1977-088X

doi:10.3000/1977088X.C_2013.217.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 217

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

56. Jahrgang
30. Juli 2013


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

EMPFEHLUNGEN

 

Rat

2013/C 217/01

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs für die Jahre 2012 bis 2017

1

2013/C 217/02

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens für die Jahre 2012 bis 2016

5

2013/C 217/03

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens für die Jahre 2012 bis 2016

10

2013/C 217/04

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik für 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik für die Jahre 2012 bis 2016

14

2013/C 217/05

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Dänemarks für 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks für 2013 bis 2016

18

2013/C 217/06

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Estlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands für die Jahre 2012 bis 2017

21

2013/C 217/07

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands für die Jahre 2012 bis 2017

24

2013/C 217/08

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs für die Jahre 2012 bis 2017

27

2013/C 217/09

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Deutschlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Deutschlands für die Jahre 2012 bis 2017

33

2013/C 217/10

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns für die Jahre 2012 bis 2016

37

2013/C 217/11

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Italiens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens für die Jahre 2012 bis 2017

42

2013/C 217/12

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Lettlands für die Jahre 2012 bis 2016

47

2013/C 217/13

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Litauens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Litauens für die Jahre 2012 bis 2016

51

2013/C 217/14

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs für die Jahre 2012 bis 2016

55

2013/C 217/15

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Maltas 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas für die Jahre 2012 bis 2016

59

2013/C 217/16

Empfehlung Des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Polens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens für die Jahre 2012 bis 2016

63

2013/C 217/17

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens für die Jahre 2012 bis 2016

67

2013/C 217/18

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei für die Jahre 2012 bis 2016

71

2013/C 217/19

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens für die Jahre 2012 bis 2016

75

2013/C 217/20

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens für die Jahre 2012 bis 2016

81

2013/C 217/21

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens für die Jahre 2012 bis 2016

86

2013/C 217/22

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande für die Jahre 2012 bis 2017

89

2013/C 217/23

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs für die Jahre 2012/13 bis 2017/18

93

2013/C 217/24

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2013 zur Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

97

 

II   Mitteilungen

 

MITTEILUNGEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

 

Rat

2013/C 217/25

Erläuternder Vermerk — Begleitdokument zu den Empfehlungen des Rates an die Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters 2013

100

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

EMPFEHLUNGEN

Rat

30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/1


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Österreichs für die Jahre 2012 bis 2017

2013/C 217/01

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei der Ausgestaltung ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Österreichs für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm Österreichs für die Jahre 2011 bis 2016 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin Österreich nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 16. April 2013 übermittelte Österreich sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2017. Um den Querverbindungen zwischen den beiden Programmen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass Österreich beträchtliche Konsolidierungsanstrengungen unternommen hat, um einen Haushaltskurs zur Korrektur des übermäßigen Defizits einzuschlagen. Im Hinblick auf das Stabilitätsprogramm ist das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario optimistisch. Mit der im Stabilitätsprogramm beschriebenen Haushaltsstrategie wird in erster Linie darauf abgezielt, das gesamtstaatliche Defizit schrittweise zu verringern, um bis 2016 einen nominal ausgeglichenen Haushalt zu erreichen und bis 2017 das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen. Das bisherige mittelfristige Haushaltsziel eines strukturellen Defizits von 0,45 % des BIP wird im Stabilitätsprogramm bestätigt. Das mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Auf der Grundlage der derzeitigen Projektionen ist Österreich auf gutem Wege, sein übermäßiges Defizit bis 2013 zu korrigieren, da das gesamtstaatliche Defizit 2012 bei 2,5 % des BIP lag und der Prognose der Kommissionsdienststellen zufolge 2013 und 2014 weiter auf 2,2 % des BIP bzw. 1,8 % des BIP sinken dürfte. Allerdings entstehen möglicherweise zusätzliche Kosten durch die Abwicklung eines großen Geldinstituts, die eine signifikant defiziterhöhende Wirkung haben könnten. Nach einer deutlichen Verbesserung, die über dem nach dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im Jahr 2012 erforderlichen Anpassungspfad lag, wird für 2013 eine Erhöhung des strukturellen Haushaltsdefizits auf 1,8 % projiziert. Auch die Prognose der Kommissionsdienststellen bestätigt eine geringfügige Erhöhung des strukturellen Defizits 2013. Nach den im Stabilitätsprogramm enthaltenen Angaben für 2014 und danach sieht der neu berechnete strukturelle Saldo eine strukturelle Anpassung von über 0,5 % in den Jahren 2014 und 2015 vor, was Österreich ermöglichen könnte, sein mittelfristiges Haushaltsziel zwei Jahre früher als nach dem im Stabilitätsprogramm beschriebenen Szenario dargelegt zu erreichen, nämlich im Jahr 2015 statt 2017.

Was den Ausgabenrichtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakt anbelangt, wird die Wachstumsrate der Staatsausgaben ohne diskretionäre Maßnahmen in den Jahren 2014 bis 2016 gemäß den im Stabilitätsprogramm enthaltenen Angaben einen Beitrag von 0,5 % des BIP zur jährlichen strukturellen Anpassung an das mittelfristige Haushaltsziel leisten. Der im Szenario des Stabilitätsprogramms projizierte signifikante Rückgang der Ausgaben in Relation zum BIP ist jedoch sehr ambitioniert, da die Ausgaben im Verhältnis zum BIP den Schätzungen zufolge auf einen der niedrigsten Werte seit mehr als 15 Jahren sinken sollen. Es steht zu erwarten, dass sich Österreich von 2014 bis 2016 hinsichtlich der Einhaltung des Schuldenstandskriteriums in einer Übergangszeit befindet, und die Pläne stellten genügend Fortschritte hinsichtlich der Einhaltung sicher.

Bei der Stärkung des haushaltspolitischen Rahmens blieben die Finanzbeziehungen zwischen den Regierungsebenen weitgehend unangetastet, und die Kompetenzüberschneidungen und Inkonsistenzen hinsichtlich der Finanzierungs- und Ausgabenkompetenzen stellen weiterhin eine Herausforderung dar. Der komplexe Mechanismus der regelmäßigen Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung, Sozialversicherungsträgern und der subnationalen Ebene stellt für Maßnahmen zur Dämpfung der Gesundheitsausgaben ein Umsetzungsrisiko dar. Im Bildungsbereich sind die Verhandlungen über einen sechs Punkte umfassenden Vorschlag, der auch die Abschaffung der Schulbehörden auf Bezirksebene vorsieht, ein begrüßenswerter Schritt zur Straffung der Zuständigkeiten der verschiedenen Regierungsebenen, doch es wäre eine weitere Vereinfachung notwendig, um die Fragmentierung grundlegender zu verringern.

(10)

Das Arbeitskräftepotenzial Österreichs dürfte den Projektionen zufolge ab 2020 schrumpfen, und der Bedarf der Wirtschaft an qualifizierten Arbeitnehmern nimmt zu. Die Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und insbesondere der Frauen, Migranten und älteren Arbeitnehmer kann noch optimiert werden.

(11)

Die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer liegt immer noch unter dem EU-Durchschnitt (43,1 % gegenüber 48,8 %) — auch wenn eine deutliche Verbesserung zu verzeichnen ist und sich der Wert dem EU-Durchschnitt annähert —, und nahezu 30 % der Bevölkerung waren unmittelbar vor Pensions- bzw. Rentenantritt 1,5 bis drei Jahre arbeitslos oder im Krankenstand. Die immer noch relativ weit verbreitete Inanspruchnahme von Frühpensionierungsregelungen und Invaliditätspensionen sowie das vergleichsweise niedrige gesetzliche Pensionsalter der Frauen (60), das künftig nur ganz allmählich ansteigen wird, wirken sich negativ auf das Angebot an älteren Arbeitskräften aus. Mehrere Maßnahmen wurden 2012 mit dem Ziel verabschiedet, das tatsächliche Pensions- bzw. Renteneintrittsalter zu erhöhen, und zwar im Wesentlichen indem die Inanspruchnahme von vorgezogenen Altersrenten und Invaliditätsrenten eingeschränkt wurden.

(12)

Trotz der relativ hohen Beschäftigungsquote der Frauen in Österreich (2012: 70,3 % gegenüber 62,4 % auf EU-Ebene) besteht immer noch Spielraum für eine weitere Anhebung mittels eines Abbaus der geschlechtsspezifischen Segmentierung auf dem Arbeitsmarkt. Der Anteil der Frauen in Teilzeitbeschäftigung gehört zu den höchsten in der Union, und die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen oder Langzeitpflegediensten ist begrenzt. Die in Vollzeitäquivalenten gemessene Beschäftigungsquote der Frauen lässt erkennen, dass sich Österreich besonders schwer tut, das Potenzial seiner weiblichen Erwerbsbevölkerung voll auszuschöpfen. Darüber hinaus sind Frauen fast doppelt so oft geringfügig beschäftigt wie Männer und konzentrieren sich stark im Niedriglohnsektor. Dieses Beschäftigungsmuster führt zu einem geschlechtsspezifischen Lohngefälle von 24 %, dem dritthöchsten in der Union. Eine steuerliche Entlastung der Niedriglohnempfänger könnte die Anreize für eine höhere Erwerbsbeteiligung steigern. Die Steuerstruktur Österreichs bietet Spielraum für eine Verlagerung der Steuerlast auf andere Quellen, die weniger wachstumsschädlich sind. So machen die Immobiliensteuereinnahmen in Österreich nur 0,5 % des BIP aus und liegen damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 2,1 % des BIP. Die Einnahmen aus periodischen Steuern auf Immobilieneigentum, die am wenigsten als wachstumsschädlich gelten, sind die drittniedrigsten in der Union und beliefen sich 2011 auf 0,2 % des BIP (EU-Durchschnitt: 1,3 %).

(13)

2011 waren 19 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Ausland geboren. Damit weist Österreich einen der höchsten Anteile an Immigranten im erwerbsfähigen Alter unter den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf. Migranten tun sich oft schwer auf dem Arbeitsmarkt und weisen eine signifikant höhere Arbeitslosenquote (9,7 % gegenüber 3,6 %) und eine niedrigere Beschäftigungsquote (Drittausländer: 62,8 %; Österreicher: 76,4 %) auf. Zudem werden Menschen mit Migrationshintergrund dreimal häufiger als Österreicher unter ihrem tatsächlichen Qualifikationsniveau beschäftigt und entlohnt (2008: 27,5 % gegenüber 9,7 %). Darüber hinaus erzielen sie schlechtere Bildungsergebnisse und haben ein doppelt so hohes Armutsrisiko (26,6 % gegenüber 12,6 %).

(14)

Die projizierten mittel- und langfristigen Ausgaben für Pensionen bzw. Renten und Gesundheit stellen ein Risiko für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dar. Auch die projizierten Aufwendungen für die Langzeitpflege bergen ein Tragfähigkeitsrisiko, wenn auch in geringerem Ausmaß. Die vor kurzem durchgeführten Reformen in der Altersversorgung dürften die Risiken für die Tragfähigkeit des Systems zum Teil reduzieren, wenn sie mit Verbesserungen der Arbeitsmarktbedingungen einhergehen, die älteren Arbeitnehmer ein längeres Verweilen im Erwerbsleben ermöglichen. Eine beschleunigte Harmonisierung des Pension- bzw. Rentensalters von Frauen und Männern und die Anhebung des tatächlichen Pensions- bzw. Rentenalters durch die Anpassung des Pensions- bzw. Rentenalters oder der Pensions- bzw. Rentenansprüche an die Änderung der Lebenserwartung fehlen nach wie vor. Die Frage der fiskalischen Tragfähigkeit des Gesundheitswesens und der Langzeitpflege muss angegangen werden, auch angesichts des wachsenden Bedarfs an und der steigenden Nachfrage nach Pflegeleistungen. Die jüngsten gesundheitspolitischen Maßnahmen gehen voraussichtlich in die richtige Richtung, auch wenn ihre Wirksamkeit in den kommenden Jahren noch sorgfältig beobachtet werden muss. Es besteht Spielraum, die Prävention, Rehabilitation und eigenständige Lebensführung zu verbessern, um die künftigen Langzeitpflegekosten zu dämpfen.

(15)

Nach vergleichenden internationalen Studien und Tests erzielen die 10- bis 15-Jährigen in Österreich unterdurchschnittliche Bildungsergebnisse, obwohl die Bildungsausgaben des Landes im Jahr 2009 mit 6,01 % des BIP deutlich über dem EU-Durchschnitt von 5,41 % lagen. Mehr als 25 % der 15-Jährigen verfügen über schlechte Lesekompetenzen, und in Mathematik sind die Ergebnisse nur wenig besser. Die Unterschiede bei den Abschlüssen von jungen Menschen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu ihren einheimischen Altersgenossen zählen zu den höchsten in der Union. Die wachsende Zahl der Studierenden stellt das Hochschulwesen in finanzieller und organisatorischer Hinsicht vor Probleme, aber der Anteil der Studierenden, die ihr Studium erfolgreich abschließen, ist niedrig. Auch die Zuständigkeiten für die Verwaltung und Finanzierung des Bildungssystems sind auf viele Schultern verteilt.

(16)

Österreich ist einer jener Mitgliedstaaten, die von einem Abbau von Hemmnissen für grenzübergreifende Dienstleistungen (bezogen auf das BIP) am meisten profitieren würden. Dennoch stehen dem Marktzutritt und dem wirksamen Wettbewerb im Dienstleistungssektor immer noch signifikante Hindernisse entgegen. Diese sind bei den freien Berufen und im Schienenverkehr besonders ausgeprägt. Freiberufliche Dienstleistungen spielen eine wichtige Rolle auf den Märkten für Unternehmensdienstleistungen, die 10 % des BIP und 11 % der Gesamtbeschäftigung ausmachen. Für den Zugang zu freien Berufen im Dienstleistungssektor und ihre Ausübung bestehen immer noch Beschränkungen, beispielsweise Anforderungen an die Rechtsform und in Bezug auf die Gesellschafter. Vieles spricht dafür nachzuprüfen, inwieweit diese Beschränkungen noch gerechtfertigt sind und ob die mit ihnen angestrebten im öffentlichen Interesse liegenden Ziele nicht auch durch eine weniger strenge Reglementierung erreicht werden könnten. Zwar werden die Befugnisse der österreichischen Wettbewerbsbehörde mit der jüngsten Änderung des Wettbewerbsrechts gestärkt, aber ihre Finanz- und Humanressourcen entsprechen immer noch nicht denen in vergleichbaren oder gar kleineren Volkswirtschaften.

(17)

Bei der grenzübergreifenden Zusammenarbeit der Finanzaufsichtsbehörden zwischen Herkunfts- und Aufnahmestaat hat Österreich Fortschritte erzielt. Weitere Fortschritte wurden zudem bei der Umstrukturierung von verstaatlichten oder teilweise verstaatlichten Geldinstituten erreicht, die in den Genuss von Umstrukturierungsbeihilfen gekommen waren. Wegen der mit einer weiteren Verschlechterung der Vermögenswerte dieser Banken verbundenen Risiken besteht weiter Gefährdungspotenzial auf bestimmten Feldern, die genau beobachtet werden sollten.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Österreichs eingehend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm bewertet. Angesichts der Notwendigkeit, die allgemeine wirtschaftspolitische Steuerung der Union durch Beiträge der EU-Ebene zu künftigen nationalen Entscheidungen zu verstärken, hat sie nicht nur die Relevanz des nationalen Reformprogramms und des Stabilitätsprogramms für eine tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Österreich berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt insbesondere die unten stehende Empfehlung 1 wider.

(20)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezifische Empfehlungen abgegeben, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind, deren Währung der Euro ist (6). Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Österreich auch sicherstellen, dass diese Empfehlungen vollständig und fristgerecht umgesetzt werden —

EMPFIEHLT, dass Österreich im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

den Haushalt für 2013 wie geplant umsetzt, so dass das übermäßige Defizit auf nachhaltige Weise korrigiert wird und die in den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Defizitverfahrens spezifizierte durchschnittliche jährliche strukturelle Haushaltsanpassung erreicht wird; nach der Korrektur des übermäßigen Defizits in geeignetem Tempo strukturelle Anpassungsanstrengungen unternimmt, um das mittelfristige Haushaltsziel bis 2015 zu erreichen; die Finanzbeziehungen zwischen unterschiedlichen Regierungsebenen strafft, indem z. B. der organisatorische Aufbau vereinfacht wird und die Zuständigkeiten für Ausgaben und Finanzierung aneinander angepasst werden;

2.

die Harmonisierung des Pensions- bzw. Rentenalters von Frauen und Männern zeitlich vorzieht, das tatsächliche Pensions- bzw. Rentenalter durch eine Anpassung des Pensions- bzw. Rentenalters oder der Pensions- bzw. Rentenansprüche an die Veränderung der Lebenserwartung anhebt, die neuen Reformen zur Beschränkung der Inanspruchnahme von Frühpensionierungsregelungen umsetzt und überwacht und die Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer weiter verbessert, um das tatsächliche Pensionsalter und die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer anzuheben;

3.

neue Maßnahmen ergreift, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu verbessern, indem insbesondere das Kinderbetreuungsangebot und die Langzeitpflegedienste verbessert werden und das hohe geschlechtsspezifische Lohn- und Rentengefälle angegangen wird; das Arbeitsmarktpotenzial von Menschen mit Migrationshintergrund durch eine weitere Verbesserung der Anerkennung ihrer Qualifikationen und ihrer Bildungsergebnisse vollständig ausschöpft; die tatsächliche Steuer- und Beitragsbelastung der Arbeit bei Geringverdienern in haushaltsneutraler Weise durch Verlagerung auf andere, weniger wachstumsschädliche Steuerquellen, etwa periodische Immobiliensteuern, senkt;

4.

die jüngsten Reformen im Gesundheitswesen effektiv umsetzt, um zu gewährleisten, dass die erwarteten Effizienzvorteile eintreten; ein finanziell tragfähiges Modell für die Bereitstellung von Langzeitpflegediensten entwickelt und die Prävention, Rehabilitation und eigenständige Lebensführung stärker in den Mittelpunkt stellt;

5.

die Bildungsergebnisse insbesondere benachteiligter junger Menschen verbessert, unter anderem durch die Verbesserung der frühkindlichen Bildung und eine Abmilderung der negativen Konsequenzen früher Leistungsdifferenzierung; die strategische Planung im Hochschulwesen weiter verbessert und Maßnahmen zum Abbau der Abbrecherquote ausweitet;

6.

die Befugnisse und Ressourcen der Bundeswettbewerbsbehörde weiter stärkt und die Umsetzung der Reform der Wettbewerbsvorschriften überwacht; unverhältnismäßige Hindernisse für Dienstleistungsanbieter abbaut; dazu zählen auch die Überprüfung, inwieweit Beschränkungen der Aufnahme und Ausübung eines reglementierten Berufs durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind, und die Förderung des Wettbewerbs insbesondere im Schienenverkehr;

7.

zur Wahrung der Finanzstabilität die verstaatlichten und teilweise verstaatlichten Banken weiterhin eng überwacht und ihre Umstrukturierung beschleunigt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2012/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 1.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/5


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/02

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, den integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf nationaler Ebene, auf Ebene der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Belgiens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Belgiens für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Belgien als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung der Finanzstabilität, der Haushaltskonsolidierung und der Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Belgien durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Belgien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die makroökonomischen Entwicklungen im Bereich der externen Wettbewerbsfähigkeit von Waren und die Verschuldung, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen der hohen öffentlichen Verschuldung auf die Realwirtschaft, verdienen weiterhin Aufmerksamkeit.

(9)

Am 29. April 2013 übermittelte Belgien sein Stabilitätsprogramm 2013 für den Zeitraum 2012 bis 2016 und sein nationales Reformprogramm 2013. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario plausibel ist. Es geht von einem BIP-Wachstum von 0,2 % im Jahr 2013 und 1,5 % im Jahr 2014 aus und ist damit ein wenig optimistischer als die Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen (0 % bzw. 1,2 %). Belgien hat seit 2010 und insbesondere im Jahr 2012 Konsolidierungsmaßnahmen getroffen und im Jahr 2012 auch Strukturreformen im Rentensystem, im System der Arbeitslosenunterstützung und in den Produktmärkten durchgeführt. Die haushaltspolitische Anstrengung ist jedoch hinter der Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2009 zur Beendigung des übermäßigen Defizits zurückgeblieben. Auch angesichts der Rekapitalisierung der Bankengruppe Dexia, die eine negative Auswirkung von 0,8 % des BIP auf das Defizit hatte, und der unerwartet ungünstigen Wirtschaftsentwicklung in der zweiten Jahreshälfte 2012 ist die Frist 2012 für die Korrektur des übermäßigen Defizits nicht eingehalten worden. Daher ist jetzt vorgesehen, dass das Defizit ab 2013 auf unter den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP zurückgeführt wird. Mit der im Stabilitätsprogramm skizzierten Haushaltsstrategie soll bis 2015 ein strukturell ausgeglichener Haushalt und bis 2016 das mittelfristige Haushaltsziel erreicht werden. Im Stabilitätsprogramm wurde das mittelfristige Haushaltsziel von einem Überschuss von 0,5 % auf 0,75 % des BIP angehoben. Das neue mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Das Stabilitätsprogramm ist mit der neuen Frist im Verfahren bei einem übermäßigen Defizit von 2013 vereinbar, doch der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge ist der Sicherheitsabstand zu dem im Vertrag verankerten Referenzwert bei einem für 2013 erwarteten Defizit von 2,9 % des BIP gering.

Der geplante jährliche Fortschritt in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, das der Projektion zufolge bis 2016 erreicht wird, liegt strukturell gesehen über 0,5 % des BIP. Konsolidierungsmaßnahmen, die über 2013 hinausweisen, werden nicht genannt. Laut den Angaben im Stabilitätsprogramm wird davon ausgegangen, dass das Wachstum der Staatsausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen in den Jahren 2014 bis 2016 zu einer jährlichen strukturellen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Umfang von 0,5 % des BIP beiträgt. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird der Schuldenstand im Jahr 2013 einen Spitzenwert von 100 % des BIP erreichen und bis 2016 allmählich auf 93 % des BIP sinken. Von 2014 bis 2016 befindet sich Belgien im Hinblick auf die Einhaltung des Schuldenstandskriteriums voraussichtlich in einer Übergangszeit. Den Plänen zufolge wird der Richtwert für den Schuldenstand am Ende der Übergangszeit erreicht. Die Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen geht davon aus, dass der Schuldenstand bei unveränderter Politik 101,4 % des BIP im Jahr 2013 erreicht und weiter auf 102,1 % des BIP im Jahr 2014 steigt und dass demnach der Übergang zum Schuldenabbau 2014 nicht gelingt, woraus sich ergibt, dass der Fortschritt in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel unzureichend ist. Im Stabilitätsprogramm wird nicht erläutert, wie die Lasten der geplanten Anpassung auf die verschiedenen Regierungsebenen verteilt werden sollen — ein Problem, das auch in der letztjährigen länderspezifischen Empfehlung angesprochen wurde. Über einen regelbasierten mehrjährigen Rahmen für den öffentlichen Gesamthaushalt hinaus müssen explizite Koordinierungsregelungen ausgearbeitet und vereinbart werden, um sicherzustellen, dass die Regionen, Gemeinschaften und Kommunen zur Einhaltung der Haushaltsziele automatisch stärker in die Pflicht genommen werden.

(11)

Belgien sieht sich Projektionen zufolge bereits im Zeitraum 2010 bis 2020 einem sehr signifikanten Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben (+ 2,0 Prozentpunkte des BIP) gegenüber, insbesondere in den Bereichen Rente und Langzeitpflege. Die eingeleitete Reform des Alterssicherungssystems dürfte sich positiv auf die Beschäftigung älterer Menschen auswirken. Dennoch wird Belgien Prognosen zufolge in diesem Bereich hinter dem selbstgesetzten 2020-Ziel zurückbleiben. Angesichts der Dimension der Herausforderung wird es zusätzlicher Anstrengungen bedürfen, um die Lücke zwischen tatsächlichem und gesetzlichem Renteneintrittsalter zu schließen. Mit Maßnahmen zur Koppelung des gesetzlichen Rentenalters an die Entwicklung der Lebenserwartung könnte die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems gesichert werden. Das Gebot der finanziellen Tragfähigkeit wird gegen das Erfordernis der Bewahrung einer angemessenen Alterssicherung abgewogen werden müssen. Im Bereich der Langzeitpflege sollte untersucht werden, wie öffentliche Mittel für Langzeitpflegedienste kosteneffizienter eingesetzt, Einsparungen wie Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation erreicht und angesichts der in Belgien verhältnismäßig hohen Kosten der stationären Pflege die Voraussetzungen für die eigenständige Lebensführung verbessert werden können.

(12)

Belgiens langfristiger Verlust an Wettbewerbsfähigkeit ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, darunter das Lohnfindungssystem, Fehlfunktionen der Märkte für Vorleistungen sowie Nichtkostenfaktoren im Zusammenhang mit der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft. Die Lohnnorm von 1996, mit der die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den wichtigsten Handelspartnern gesichert werden sollte, hat die ihr zugedachte Rolle nicht immer erfüllt. Die Sofortmaßnahmen, die bisher ergriffen wurden, um die Lohnentwicklung stärker an die Produktivität anzugleichen, sind Schritte in die richtige Richtung, reichen jedoch nicht aus, um die langfristige Kompatibilität von Lohn- und Produktivitätsentwicklung sicherzustellen. Es bedarf nach wie vor struktureller Verbesserungen im System der Tarifverhandlungen, darunter automatische Korrekturen bei Nichteinhaltung der Lohnnorm oder bei einem Anstieg des Gesundheitsindex, der die Lohnsteigerungen in den wichtigsten Handelspartnerländern übertrifft. Das Tarifverhandlungssystem sollte gewährleisten, dass sich die Lohnentwicklung an der subregionalen und lokalen Produktivitätsentwicklung orientiert. Belgien ist auf Zwischenerzeugnisse spezialisiert, bei denen ein scharfer internationaler Wettbewerb herrscht, weswegen es schwierig ist, Schwankungen bei den Kosten der Vorleistungen im Endpreis zu berücksichtigen. Zwar haben sich die Stärken des belgischen Forschungs- und Innovationssystems mildernd auf das Problem des Kostenwettbewerbs ausgewirkt, doch in der Privatwirtschaft sind Forschung und Entwicklung weiter stark konzentriert, und die breitere Nutzung durch die Unternehmen hinkt hinterher. Die Rahmenbedingungen für eine Beschleunigung des Übergangs zu einer stärker wissensbasierten Wirtschaft sollten verbessert werden, wobei der Schwerpunkt auf unternehmerischer Initiative, Begünstigung der Unternehmensdynamik und Bildung von Humankapital liegen sollte.

(13)

Die Preise für Strom und viele weitere Waren und Dienstleistungen sind in Belgien höher als in anderen Mitgliedstaaten, was durch einen Mangel an Wettbewerb und strukturelle Hemmnisse bedingt ist. Die Preise im Einzelhandel liegen nach wie vor über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets, während Beschränkungen für freiberufliche Dienstleistungen die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle erschweren und Investitionen im Wege stehen. Belgien hat bei der Stärkung des Wettbewerbs in den netzgebundenen Wirtschaftszweigen nur begrenzte Fortschritte gemacht, und die Errichtung starker und unabhängiger Regulierungsbehörden ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Der Verbreitungsgrad mobiler Breitbanddienste in Belgien ist der zweitniedrigste in der Union, was vor allem auf Regulierungs- und Koordinierungsprobleme im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Frequenzen zurückzuführen ist. Während die Vorherrschaft des traditionellen Energieversorgers im Bereich der Erzeugung infolge eines verstärkten Anbieterwechsels seitens der Kunden geschwächt wurde, stellt der Wettbewerb im Strom- und Gaseinzelhandel und im Stromgroßhandel weiter eine Herausforderung dar, da aufgrund der hohen Verteilungskosten die Nettopreise für Industriekunden im Vergleich zu den Nachbarländern unverhältnismäßig hoch sind. Belgiens Entscheidung, die vom Endabnehmer zu entrichtenden Einzelhandelspreise für Strom und Gas zu kontrollieren, könnte Investitionen in Kapazitäten erschweren und neue Anbieter vom Markteintritt abhalten. Im Postsektor geben die Bedingungen für die Lizenzerteilung weiter Anlass zu Bedenken. Der inländische Schienenpersonenverkehr ist nicht für den Wettbewerb geöffnet, und das Hafenarbeitsrecht wurde nicht modernisiert. Angesichts der Bedeutung der vorgenannten Sektoren für die Wettbewerbsfähigkeit sind diese Maßnahmen dringend erforderlich.

(14)

Das belgische Steuersystem ist unverhältnismäßig stark auf direkte Steuern gestützt und weist Schlupflöcher auf, die die Steuergerechtigkeit beeinträchtigen. Zwar hat Belgien einige Anstrengungen unternommen, um die steuerliche Gesamtbelastung des Faktors Arbeit zu verringern, doch die implizite Steuerquote ist für die meisten Kategorien von Arbeitskräften weiter eine der höchsten in der Union. Belgien gehört nach wie vor zu den Ländern, in denen der Anteil der Umweltsteuern am Gesamtsteueraufkommen am niedrigsten ist. Es bestehen Spielräume für die Vereinfachung und effizientere Gestaltung des Steuersystems, u. a. durch Abbau und gezieltere Ausrichtung von Steuervergünstigungen sowie Aufhebung ungerechtfertigter und ineffektiver ermäßigter Mehrwertsteuersätze.

(15)

Belgien hat eine unterdurchschnittliche und stagnierende Erwerbsbeteiligung und weist bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit erhebliche regionale und soziale Unterschiede auf. Zu den Bevölkerungsgruppen mit der niedrigsten Beteiligung am Arbeitsmarkt gehören Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Menschen und geringqualifizierte junge Menschen in allen Landesteilen. Diese Gruppen sind zugleich stärker von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Reform der Arbeitslosenunterstützung ist ein Schritt in die richtige Richtung, bietet jedoch für sich allein keine Gewähr für einen effektiveren Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, wenn sie nicht mit einer wirksamen Unterstützung bei der Arbeitssuche und Fortbildungsangeboten gekoppelt ist. Aus den Wechselwirkungen zwischen den gezielten Kürzungen auf föderaler Ebene und den Beschäftigungsförderungsprogrammen der Regionen erwächst ein erhebliches Maß an Komplexität. Obwohl die Fördermaßnahmen für geringqualifizierte junge Menschen auch Zuwanderern zugutekommen dürften, bedarf es speziell für Letztere einer umfassenden Strategie. Zudem werden bestimmte Diskrepanzen zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage kaum zu beheben sein, wenn die überregionale Mobilität der Arbeitskräfte nicht erheblich gesteigert wird. Einer gründlicheren Prüfung ist die Frage zu unterziehen, wie die Aus- und Weiterbildung transparenter und effizienter gestaltet werden kann und wie sich die Synergien zwischen den verschiedenen Bildungsanbietern steigern lassen.

(16)

Projektionen für die Emission von Treibhausgasen bis 2020 deuten darauf hin, dass Belgien sein Ziel einer Verringerung um 15 % verfehlen wird. Unklar bleibt, wie die isolierten Initiativen der verschiedenen Behörden gewährleisten sollen, dass das Ziel erreicht wird, und wie die Lasten zwischen den Regionen verteilt werden sollen. Welche Wirkung die kombinierten Maßnahmen zur Verringerung von Emissionen, insbesondere in den Bereichen Verkehr und Gebäude, haben sollen, ist ebenfalls unklar. Die Verkehrsdichte stellt eine schwere Belastung für die belgische Wirtschaft dar — die auf ganze 2 % des BIP veranschlagt wird und damit zu den höchsten in Europa zählt —, doch die Einführung des neuen Verkehrssteuersystems in den drei Regionen wurde auf 2016 verschoben.

(17)

Die mit einer stark regionalisierten Struktur verbundenen Koordinierungsprobleme machen eine effiziente Organisation der öffentlichen Verwaltung vordringlich, da die Vielzahl von Netzwerken, Ebenen und Akteuren zu Parallelstrukturen führen kann, die das Regierungshandeln erschweren, aber höhere Verwaltungskosten verursachen. Von Bedeutung ist dies im Hinblick auf die Besteuerung und die Verteilung der Lasten der haushaltspolitischen Anstrengungen, einschließlich jener für Bildung und soziale Sicherheit, wofür allgemein ein höheres Maß an Zusammenarbeit und Koordinierung erforderlich wäre.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Belgiens umfassend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Belgien berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Angesichts der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1, 2, 3, 4 und 5 wider.

(21)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Auf dieser Grundlage hat der Rat an die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro (6) ist, besondere Empfehlungen gerichtet. Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Belgien eine vollständige und rechtzeitige Umsetzung auch dieser Empfehlungen gewährleisten —

EMPFIEHLT, dass Belgien im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

zusätzliche Maßnahmen trifft, um die dem Beschluss des Rates zur Inverzugsetzung entsprechende strukturelle Anpassungsanstrengung zu vollbringen, das übermäßige Defizit bis 2013 zu korrigieren und die Tragfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Konsolidierung zu stärken. Eine nachhaltige Korrektur der haushaltspolitischen Ungleichgewichte erfordert die glaubwürdige Umsetzung ehrgeiziger Strukturreformen, die die Anpassungskapazität und das Potenzialwachstum steigern; nach der Korrektur des übermäßigen Defizits die strukturelle Anpassung in geeignetem Tempo fortsetzt, um das mittelfristige Haushaltsziel bis 2016 zu erreichen, und gewährleistet, dass die hohe Schuldenquote auf einen soliden Abwärtspfad gebracht wird; hierzu bis zum 15. Oktober 2013 wachstumsfreundliche Maßnahmen für 2014 vorstellt, die eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits und ausreichende Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel gewährleisten; sicherstellt, dass die Anpassungsanstrengung ausgewogen über den Programmzeitraum verteilt oder sogar auf den Beginn des Programmzeitraums ausgerichtet ist; explizite Koordinierungsregelungen verabschiedet, um zu gewährleisten, dass die Haushaltsziele auf föderaler und subföderaler Ebene in einem mittelfristigen Planungshorizont verbindlich sind — auch durch zügige Verabschiedung einer den Anforderungen des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion entsprechenden Vorschrift für den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo bzw. Haushaltsüberschuss —, und die Transparenz der Lastenverteilung und der Rechenschaftspflicht auf allen Regierungsebenen zu erhöhen;

2.

verstärkte Anstrengungen unternimmt, um die Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem gesetzlichen Renteneintrittsalter zu schließen, und dafür auch die gegenwärtigen Reformen zur Verringerung der Frühverrentungsmöglichkeiten weiter verfolgt; die Reformen der Alterssicherungssysteme durch Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung und Arbeitsmarktreformen, die das aktive Altern begünstigen, unterstützt; das tatsächliche Renteneintrittsalter dadurch erhöht, dass das gesetzliche Rentenalter oder Rentenleistungen an die Veränderungen bei der Lebenserwartung gekoppelt werden; beim Einsatz öffentlicher Mittel für stationäre Langzeitpflege die Kosteneffizienz weiter steigert;

3.

die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellt, die laufenden Bemühungen um die Reform des Lohnfindungssystems einschließlich der Lohnindexierung fortsetzt, insbesondere indem in Abstimmung mit den Sozialpartnern und im Einklang mit nationalen Gepflogenheiten strukturelle Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Lohnfindung auf die Produktivitätsentwicklung reagiert, subregionale und örtliche Produktivitätsunterschiede und Arbeitsmarktverhältnisse widerspiegelt und automatische Korrekturen vorsieht, wenn die Lohnentwicklung die kostenseitige Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt;

4.

konkrete strukturelle Maßnahmen nebst Zeitplan vorstellt, um den Wettbewerb im Dienstleistungssektor zu stärken, indem Hemmnisse im Einzelhandel beseitigt und übermäßige Beschränkungen in freien Berufen aufgehoben werden, und das Angebot an mobilen Breitbanddiensten verbessert; das Funktionieren des Energiesektors weiter verbessert, indem die Verteilungskosten gesenkt und die Einzelhandelskosten überwacht werden; die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden im Energie-, im Telekommunikations- und im Verkehrssektor (Eisenbahn, Flughäfen) stärkt; im Postsektor verbliebene regulatorische Beschränkungen aufhebt;

5.

konkrete Vorschläge nebst Zeitplan für eine Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zu Steuern unterbreitet, die sich weniger verzerrend auf das Wachstum auswirken, insbesondere durch Prüfung des Potenzials von Umweltsteuern, z. B. auf Dieselkraftstoff und Heizstoffe sowie die Besteuerung der Privatnutzung von Dienstfahrzeugen; das Steuersystem vereinfacht, indem es Steuervergünstigungen bei der Einkommensteuer abbaut; die Effizienz der Mehrwertsteuererhebung steigert, die Steuerdisziplin fördert und bestehende Steuerschlupflöcher schließt;

6.

negative Arbeitsanreize weiter verringert, indem gewährleistet wird, dass die Auflagen für die Arbeitssuche wirksam durchgesetzt und alle Arbeitslosen bei der Arbeitssuche individuell unterstützt werden; Maßnahmen trifft, um die interregionale Mobilität der Arbeitskräfte zu fördern; Beschäftigungsanreize, Aktivierungsmaßnahmen, Maßnahmen zum Ausgleich von Arbeitskräfteangebot und -nachfrage sowie Maßnahmen im Bereich Bildung, lebenslanges Lernen und berufliche Bildung für ältere und junge Menschen vereinfacht und ihre Kohärenz stärkt; eine umfassende Eingliederungs- und Arbeitsmarktstrategie für Menschen mit Migrationshintergrund ausarbeitet;

7.

eine klare Aufteilung der Anstrengungen zwischen den föderalen und den Regionalbehörden vereinbart und konkrete Maßnahmen ergreift, um zu gewährleisten, dass im Hinblick auf die Ziele für eine Verringerung der Treibhausgasemissionen durch nicht unter das Emissionshandelssystem fallende Tätigkeiten — vor allem in den Bereichen Verkehr und Gebäude — Fortschritte erzielt werden.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2012/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219, vom 24.7.2012, S. 5.

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/10


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/03

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden soll.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei der Ausgestaltung ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der Union und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Bulgariens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm Bulgariens für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik für das Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Bulgarien als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise abzufedern und die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Bulgarien durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Bulgarien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die Auswirkungen des Verschuldungsabbaus im Unternehmenssektor sowie die sich fortsetzende Anpassung der Zahlungsbilanzpositionen, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsmärkte verdienen weiterhin Aufmerksamkeit.

(9)

Am 19. April 2013 übermittelte Bulgarien sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass die öffentlichen Finanzen in Bulgarien insgesamt solide sind. Das mittelfristige Haushaltsziel wurde im Jahr 2012 erreicht. Da für 2013 ein Wachstum von 1,0 % und für 2014 von 1,8 % erwartet wird, ist das den Haushaltsprojektionen des Konvergenzprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für den Zeitraum 2013 bis 2014 plausibel. Die Kommissionsdienststellen gehen in ihrer Frühjahrsprognose 2013 davon aus, dass das BIP im Jahr 2013 um 0,9 % und im Jahr 2014 um 1,7 % ansteigt. Mit der im Konvergenzprogramm dargelegten Haushaltsstrategie wird das Ziel verfolgt, den strukturellen Haushaltssaldo über den Programmzeitraum hinweg nahe am mittelfristigen Haushaltsziel zu halten. Das Konvergenzprogramm bestätigt das bisherige mittelfristige Haushaltsziel von – 0,5 % des BIP, das ehrgeiziger ist als im Stabilitäts- und Wachstumspakt gefordert. Ausgehend vom (neu berechneten) strukturellen Haushaltssaldo, der sich von einem Defizit von 0,4 % des BIP im Jahr 2012 auf ein Defizit zwischen 0,7 und 0,8 % des BIP im Zeitraum 2013 bis 2016 voraussichtlich leicht verschlechtern wird, liegt Bulgarien innerhalb des Zeitraums des Konvergenzprogramms geringfügig unterhalb seines mittelfristigen Haushaltsziels. Im Zeitraum 2013 bis 2015 würde die Wachstumsrate der Staatsausgaben unter Berücksichtigung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen den Ausgabenrichtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts einhalten, im Jahr 2016 jedoch nicht. Die Schuldenquote liegt unter 60 % des BIP und wird dem Konvergenzprogramm zufolge im Jahr 2014 mit 20,4 % des BIP ihren Höhepunkt erreichen und während des restlichen Programmzeitraums zurückgehen. Die Kommissionsdienststellen gehen in ihrer Frühjahrsprognose 2013 davon aus, dass die Schuldenquote im Jahr 2014 auf 20,3 % des BIP ansteigen wird.

(11)

Bulgarien hat in den vergangenen Jahren seinen haushaltspolitischen Rahmen erheblich gestärkt, was dazu beitrug, die Haushaltsdisziplin aufrecht zu halten und die Glaubwürdigkeit der Haushaltspolitik zu erhöhen. Das neue Gesetz über die öffentlichen Finanzen, das 2014 in Kraft tritt und in dem die bestehenden numerischen Haushaltsregeln beibehalten werden, führt neue Haushaltsregeln ein und erweitert dessen Geltung auf alle untergeordneten Staatsbereiche; es enthält auf kommunaler Ebene noch höhere Anforderungen und sieht eine Reform des dreijährigen mittelfristigen Haushaltsrahmens vor. Es ist wichtig, dass die Behörden die Dynamik der Reformen aufrechterhalten und die Bedingungen für die Umsetzung des neuen Gesetzes schaffen, indem sie insbesondere die geplante unabhängige Haushaltsinstitution einrichten und sie mit einem klaren Auftrag, funktioneller Autonomie und ausreichenden Mitteln versehen. Was die Einhaltung der Steuervorschriften anbetrifft, bestehen erhebliche Spielräume für Verbesserungen; wenn hier Fortschritte erzielt werden, könnte Bulgarien mehr Mittel zur Wachstumsförderung aufwenden. Obwohl Bulgarien merkliche Schritte unternommen hat, um die Kosten für die Einhaltung der Steuervorschriften zu senken und die Steuererhebung zu verbessern, ist das Steuersystem in Bulgarien weiterhin von Steuerhinterziehung in beträchtlichem Ausmaß und einer geringen Verwaltungseffizienz geprägt. Die Verwaltungskosten der Steuererhebung und die mit der Steuerzahlung verbundenen Kosten der Unternehmen sind hoch. Trotz der Maßnahmen zur Verbesserung der Einhaltung der Steuervorschriften ist der Anteil der Schattenwirtschaft Schätzungen zufolge noch immer hoch und kann nur durch nachhaltige und langfristige Anstrengungen verringert werden.

(12)

Eine zentrale Herausforderung zur Verbesserung der Angemessenheit des Rentensystems und des Angebots an Arbeitskräften besteht darin, die Möglichkeiten für ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt zu verringern. Die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer, insbesondere älterer Frauen, liegt unter dem EU-Durchschnitt und führt bei einem Großteil der Rentenempfänger zu unzureichenden Rentenansprüchen. Während in diesem Bereich bereits wichtige Reformen im Gange sind, gehören die verbliebenen Sonderregelungen für bestimmte Berufe zu den Faktoren, die das tatsächliche Renteneintrittsalter senken. Um bei der Anhebung des Pensionsalters weiter Fortschritte zu erzielen, sollte Bulgarien außerdem die Angleichung des gesetzlichen Renteneintrittsalters für Männer und Frauen vorbereiten, die ein volles Berufsleben lang Beiträge gezahlt haben, und einen Zeitpunkt dafür festlegen. Eine Überprüfung der Kriterien und Kontrollen im Zusammenhang mit der Gewährung von Invaliditätsrenten (z. B. die Einführung des Kriteriums der Arbeitsfähigkeit) würde erheblich dazu beitragen, Missbrauch wirksam zu begrenzen.

(13)

Bulgarien leidet unter der unterdurchschnittlichen und rückläufigen Beschäftigung sowie den großen Unterschieden bei der Arbeitslosigkeit zwischen den einzelnen Regionen und Bevölkerungsgruppen. Die Krise hat geringqualifizierte Arbeitskräfte besonders hart getroffen und die Jugendarbeitslosigkeit erheblich ansteigen lassen. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist höher als im EU-Durchschnitt. Eine reformierte Arbeitsagentur hätte das Potenzial, durch wirksamere Beratung, gezielte Beschäftigungsmaßnahmen und eine bessere Identifizierung künftiger Qualifikationserfordernisse eine tragende Rolle bei der Abstimmung von Beschäftigungsangebot und -nachfrage auf dem bulgarischen Arbeitsmarkt zu spielen. Durch eine frühzeitige Evaluierung der laufenden Beschäftigungsinitiative für Jugendliche könnte sichergestellt werden, dass die Ressourcen für die Maßnahmen eingesetzt werden, mit denen sich die meisten Arbeitsplätze schaffen lassen. Schwierig bleibt weiterhin zu gewährleisten, dass über das System der Mindestbeiträge zu den sozialen Sicherungssystemen die Schattenwirtschaft eingedämmt wird, ohne dass geringqualifizierte Arbeitnehmer aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden. Die bulgarischen Bürgerinnen und Bürger sind in der Union am stärksten von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Umsetzung der nationalen Strategie zur Verringerung von Armut und zur Förderung sozialer Eingliederung 2020 sollte hohe Priorität haben. Verbessert werden müssen die Zugänglichkeit und Wirksamkeit sozialer Transferleistungen sowie die Effizienz sozialer Dienstleistungen und der Zugang zu ihnen, insbesondere für Kinder und ältere Menschen. Der Aktionsplan zur nationalen Strategie zur Integration der Roma sollte konkrete Maßnahmen, eine angemessene Finanzierung und die Einrichtung eines Überwachungsmechanismus zur Bestimmung der Auswirkungen der Maßnahmen aufweisen.

(14)

Bulgarien steht vor der Herausforderung, die allgemeine Qualität und Leistungsfähigkeit seines Bildungssystems zu verbessern. Mit der endgültigen Annahme des Schul- und Vorschulgesetzes vor Ende 2013 wäre ein Rahmen gegeben, um bei den notwendigen Reformen, wie der Modernisierung der Lehrpläne und der Umsetzung von Verbesserungen bei der Ausbildung und den Anreizen für Lehrer, Fortschritte zu erzielen. Im Bereich der Hochschulbildung wurden durch Reformen nur sehr geringe Fortschritte erzielt. Durch das vorhandene bedeutende Ungleichgewicht zwischen den Ergebnissen der Hochschulbildung und dem Arbeitsmarktbedarf wird die strukturelle Arbeitslosigkeit verstärkt und die Entwicklung innovativer Sektoren mit hoher Wertschöpfung behindert. Die unzureichenden Ergebnisse der Hochschulbildung hängen mit einem Mangel an Anreizen auf institutioneller Ebene sowie dem Standard einzelner Forscher und Lehrkräfte zusammen. Eine seit langem bestehende Herausforderung ist für Bulgarien die Verbesserung der Qualität und des Leistungsumfangs des Gesundheitssystems. Eine höhere Transparenz bei der Finanzierung des Gesundheitswesens würde zu Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in diesem Sektor beitragen. Der Anteil der Gesundheitsausgaben für die ambulante Versorgung ist gering, wodurch der Zugang zu kostengünstigen Gesundheitsdiensten beschränkt wird. Aufgrund des hohen Anteils der Eigenleistungen werden bestimmte Teile der Bevölkerung de facto von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. Bei der Rationalisierung und Verwaltung des Krankenhaussektors steht Bulgarien vor großen Herausforderungen.

(15)

Die Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Unternehmen und die Anwerbung ausländischer Investitionen würden in hohem Maße von Verbesserungen der bulgarischen Rahmenbedingungen für Unternehmen profitieren, zu denen auch eine höhere Effizienz der öffentlichen Dienste zählt. Eine raschere, systematische Einführung elektronischer Behördendienste wäre mit einem erheblichen Potenzial verbunden und könnte unter anderem Befolgungskosten und Verwaltungsaufwand für die Unternehmen verringern. Darüber hinaus würden durch die vollständige Umsetzung und Durchsetzung des Unternehmensrechts mit Bestimmungen zu Zahlungsverzug und Insolvenzverfahren die Rahmenbedingungen, nicht zuletzt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), erheblich verbessert. Der unzureichende Zugang zu Finanzmitteln bremst nach wie vor die Entwicklung von KMU. Es verbleibt noch bedeutender Spielraum, um die durch die Union finanzierten Unterstützungsprogramme für KMU besser zu nutzen. Ein gut funktionierendes, unabhängiges Justizsystem ist eine Voraussetzung für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung. In den vergangenen Jahren hat Bulgarien bei der Reform seines Justizsystems Fortschritte erzielt, insbesondere bei der Modernisierung des rechtlichen und institutionellen Rahmens. Gleichzeitig besteht noch ein erhebliches Potenzial, diesen Rahmen in vollem Umfang zu nutzen, die Nachhaltigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten und die Eigenverantwortung für die Reformen auf allen Ebenen zu verbessern. Verstärkte Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption würden ebenfalls positiv zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen beitragen.

(16)

Die effektive Verwendung von Unionsmitteln ist für die notwendigen öffentlichen Investitionen weiterhin von entscheidender Bedeutung. Die im Jahr 2011 erfolgte Reform der Rechtsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen war ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Überwachung, Prävention und Ahndung von Unregelmäßigkeiten. Obwohl bereits neue Vorschriften unter anderem für von der Union kofinanzierte Projekte in Kraft sind, würden umfassendere Befugnisse der Behörde für das öffentliche Auftragswesen zu einer verbesserten Wirksamkeit der Ex-ante-Kontrolle führen.

(17)

Die Leistungsfähigkeit und Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden für wirtschaftliche Schlüsselbereiche sind wichtige Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit. Die Verkehrsinfrastruktur Bulgariens hat sich in den vergangenen Jahren etwas verbessert, doch besteht nach wie vor ein erhebliches Potenzial für die effiziente Gestaltung von Dienstleistungserbringung und Instandhaltung. Bulgarien muss auch noch seine sich aus dem Energiebinnenmarkt ergebenden Verpflichtungen vollständig erfüllen. Sowohl auf Großhandels- als auch auf Endkundenebene bestehen noch beträchtliche Herausforderungen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei hartnäckigen Markthindernissen, Mindestertragsgarantien und regulierten Preisen sowie dem Fehlen eines Großhandelsmarkts für Elektrizität und Erdgas. Angesichts seiner hohen Abhängigkeit von einem einzigen Energieversorgungsweg ist Bulgarien einem hohen Risiko von Versorgungsschocks ausgesetzt. Die Umsetzung von Projekten für Elektrizitäts- und Erdgasverbindungsleitungen sollte beschleunigt werden, um die Diversifizierung und die Sicherheit der Energieversorgung zu verbessern. Die geringe Energieeffizienz stellt nach wie vor eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für die Unternehmen und privaten Verbraucher dar. Erhebliches Potenzial besteht insbesondere in Bezug auf die Energieeffizienz öffentlicher und privater Gebäude.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Bulgariens umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Bulgarien berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm Bulgariens geprüft; seine Stellungnahme hierzu (5) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Angesichts der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 3, 4 und 5 wider —

EMPFIEHLT, dass Bulgarien im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

im Einklang mit dem Konvergenzprogramm durch Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels eine solide Haushaltsposition beibehält und eine wachstumsfreundliche Haushaltspolitik verfolgt; insbesondere durch Verbesserung der Steuererhebung, Bekämpfung der Schattenwirtschaft und Verringerung der Befolgungskosten eine umfassende Steuerstrategie umsetzt, um im Hinblick auf die Erhöhung der Steuereinnahmen das Steuerrecht und die Steuererhebungsverfahren in jeder Hinsicht zu stärken; eine unabhängige Einrichtung für die Überwachung, Analyse und Beratung im Bereich der Haushaltspolitik schafft;

2.

die Möglichkeiten zum Eintritt in den Vorruhestand abbaut, das Renteneintrittsalter für Männer und Frauen angleicht und eine aktive Arbeitsmarktpolitik betreibt, die es älteren Arbeitnehmern ermöglicht, länger erwerbstätig zu bleiben; die Kontrollen und Kriterien im Zusammenhang mit der Gewährung von Invaliditätsrenten verschärft, um Missbrauch wirksam zu begrenzen;

3.

die nationale Beschäftigungsinitiative für Jugendliche beispielsweise durch eine Jugendgarantie (6) beschleunigt; die Kapazitäten der Arbeitsagentur weiter stärkt, um Arbeitsuchende erfolgreich zu beraten, und Kapazitäten zur Identifizierung und Deckung des Qualifikationsbedarfs aufbaut; die aktive Arbeitsmarktpolitik, insbesondere im Hinblick auf die nationalen Beschäftigungsprogramme, verbessert; die Mindestbeiträge zu den sozialen Sicherungssystemen überprüft, um zu verhindern, dass gering qualifizierte Arbeitnehmer vom System aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden; für greifbare Ergebnisse der nationalen Strategie zur Verringerung von Armut und zur Förderung sozialer Eingliederung 2020 und der nationalen Strategie zur Integration der Roma sorgt; den Zugang zu und die Wirksamkeit von sozialen Transferleistungen, insbesondere für Kinder und ältere Menschen, verbessert;

4.

das Schulgesetz verabschiedet und die Hochschulreform fortsetzt, insbesondere durch eine bessere Ausrichtung der Bildungsergebnisse auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes und eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Bildungswesen, Forschung und Wirtschaft; den Zugang benachteiligter Kinder, insbesondere Roma, zu integrativer Bildung verbessert; dafür sorgt, dass Gesundheitsleistungen tatsächlich zugänglich sind, und die Preisgestaltung in der Gesundheitsversorgung verbessert, indem die Finanzierung von Krankenhäusern an Ergebnisse gekoppelt und die ambulante Versorgung ausgebaut wird;

5.

weitere Maßnahmen ergreift, um durch Bürokratieabbau, die Umsetzung einer Strategie zur Einführung elektronischer Behördendienste und die Umsetzung der Rechtsvorschriften zum Zahlungsverzug die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern; die Qualität und Unabhängigkeit des Justizsystems steigert und die Korruption wirksamer bekämpft; den Zugang von KMU und neu gegründeten Unternehmen zu Finanzmitteln verbessert;

6.

die Inanspruchnahme von EU-Mitteln beschleunigt; sicherstellt, dass die Rechtsvorschriften für das öffentliche Auftragswesen wirksam umgesetzt werden, indem zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten die Ex-ante-Kontrolle durch die Behörde für das öffentliche Auftragswesen verstärkt wird;

7.

die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung, insbesondere im Energie- und im Verkehrssektor sowie in der Abfall- und Wasserwirtschaft, stärkt; Markthindernisse, Quoten, territoriale Beschränkungen und regulierte Preise beseitigt und die Marktgestaltung durch Aufbau eines transparenten Großhandelsmarkts für Elektrizität und Erdgas abschließt; Projekte für Elektrizitäts- und Erdgasverbindungsleitungen beschleunigt und die Kapazität zur Bewältigung von Versorgungsengpässen steigert; die Anstrengungen zur Verbesserung der Energieeffizienz verstärkt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 9.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Errichtet durch die Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 (ABl. C 120 vom 26.4.2013, S. 1).


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/14


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik für 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm der Tschechischen Republik für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/04

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden soll.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ beschlossen, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der Union und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie haben Maßnahmen beschlossen, die auf Ebene der Mitgliedstaaten zu unternehmen sind und insbesondere die volle Entschlossenheit zur Verwirklichung der Ziele der Europa-2020-Strategie und zur Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen zum Ausdruck bringen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) (im Folgenden „Empfehlung von 2012“) zum nationalen Reformprogramm der Tschechischen Republik für 2012 an und nahm zum Stabilitätsprogramm der Tschechischen Republik für die Jahre 2012 bis 2015 Stellung.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung für das Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin die Tschechische Republik nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Prüfung angestellt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 erklärte der Europäische Rat die Stabilität des Finanzsystems, die Haushaltskonsolidierung und Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung zu Prioritäten. Er verwies auf die Notwendigkeit, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft sicherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise abzufedern sowie die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.

(8)

Am 17. April 2013 übermittelte die Tschechische Republik ihr nationales Reformprogramm 2013 und am 26. April 2013 ihr Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012-2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass die Tschechische Republik aufgrund beträchtlicher Konsolidierungsanstrengungen das Gesamtdefizit zwischen 2009 und 2012 um 1,4 % (5) des BIP gesenkt hat und den derzeitigen Erwartungen zufolge auf dem richtigen Weg ist, das übermäßige Defizit zu korrigieren. Das den Haushaltsprojektionen des Konvergenzprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Nach dem Konvergenzprogramm wird das reale BIP-Wachstum 0 % im Jahr 2013 und 1,2 % im Jahr 2014 erreichen — der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge werden diese Werte im Jahr 2013 bei – 0,4 % und im Jahr 2014 bei 1,6 % liegen. Die im Konvergenzprogramm dargelegte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, das gesamtstaatliche Defizit unter dem Referenzwert des Vertrags von 3 % des BIP zu halten. Das gesamtstaatliche Defizitziel von 2,8 % für 2013 steht im Einklang mit der in der Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2009 festgelegten Frist zur Korrektur des übermäßigen Defizits. Der Frühjahrsprognose der Kommissionsdienststellen zufolge wird das Defizit im Jahr 2013 bei 2,9 % und im Jahr 2014 bei 3 % des BIP liegen. Es besteht die Gefahr, dass das Haushaltsergebnis im Jahr 2013 aufgrund zusätzlicher Korrekturen bei den Rückzahlungen von EU-Mitteln schlechter als erwartet ausfällt. Andererseits könnten einmalige Einnahmen im Zusammenhang mit der geplanten Versteigerung neuer Telekommunikationsfrequenzbänder zu einem Haushaltsergebnis 2013 führen, das besser ist als erwartet.

In dem Konvergenzprogramm wird das vorherige mittelfristige Ziel eines Defizits in Höhe von 1 % des BIP beibehalten, das die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts widerspiegelt. Das (neu berechnete) strukturelle Haushaltsdefizit dürfte im Jahr 2014 um 0,3 %, im Jahr 2015 um 0,2 % und im Jahr 2016 um 0,5 % des BIP steigen. Daher sieht das Konvergenzprogramm keine Anpassung zur Annäherung an das mittelfristige Haushaltsziels vor, was mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht in Einklang steht. Die Wachstumsrate der öffentlichen Ausgaben entspricht im Jahr 2014 dem Ausgabenrichtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts, weicht jedoch im Jahr 2015 um 0,3 % und im Jahr 2016 um 0,5 % des BIP ab, wobei eine Verbesserung um 0,5 % des BIP im Hinblick auf das mittelfristige Haushaltsziel angenommen wird, was von der Kommission als angemessen betrachtet wird. Dem Konvergenzprogramm zufolge wird die Schuldenquote im Programmzeitraum voraussichtlich weiter ansteigen, wenn auch langsamer, und 51,9 % des BIP im Jahr 2016 erreichen.

(10)

Eine rasche und dauerhafte Erholung wird in der Tschechischen Republik durch wiederholte Einschnitte bei öffentlichen Investitionsausgaben behindert. Die Beibehaltung wachstumsfördernder Ausgaben mit starkem Multiplikatoreffekt, einschließlich für aus EU-Mitteln kofinanzierte Projekte, würde nicht nur die Erholung fördern, sondern auch zur Bewältigung der langfristigen Herausforderungen beitragen. Wesentliche Wachstumseffekte könnten durch Ausrichtung der Ausgaben auf Maßnahmen zur Steigerung von Beschäftigung, Forschung und Innovation, Bildung, Kinderbetreuungseinrichtungen und Infrastrukturprojekten entstehen. Gleichzeitig ist es von entscheidender Bedeutung, die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Effizienz dieser Ausgaben sicherzustellen.

(11)

Bei der Steuerreform wurden im Jahr 2012 begrenzte Fortschritte gemacht. Während die Grunderwerbsteuer erhöht wurde, wurden keine Schritte unternommen, die sehr niedrigen periodischen Vermögensabgaben anzuheben. Pläne zur Einführung einer CO2-Steuer und zur Abschaffung von Ausnahmen für Verbrauchssteuern auf Erdgas zum Heizen wurden fallengelassen. Die implizite Steuerbelastung für Energie liegt unter dem EU-Durchschnitt und die Kraftfahrzeugsteuern sind weiterhin sehr niedrig. Strukturelle Herausforderungen bestehen auch weiterhin bei der Besteuerung von Arbeit, insbesondere in Bezug auf Geringverdiener und Teilzeitarbeitnehmer. Es wurden nur geringfügige Schritte unternommen, die Unterschiede bei der steuerlichen Behandlung von Arbeitnehmern und Selbständigen abzubauen. Weitere Verbesserungen in der Tschechischen Republik sind bei der Effizienz der Steuerverwaltung möglich. In Bezug auf Einkommensteuer und Körperschaftssteuer plant die Regierung, im Jahr 2015 eine einheitliche Anlaufstelle einzurichten, die die Steuerverwaltung wirksam vereinfachen und die Komplexität des aktuellen Systems verringern könnte. Ein Nachteil der Reform ist, dass die Bemessungsgrundlagen für die Einkommenssteuer sowie für Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge nicht harmonisiert werden und damit ein großer Teil der potenziellen Vorteile der Reform unausgeschöpft bleibt.

(12)

Die Tschechische Republik hat eine Tragfähigkeitslücke von 5,0 % des BIP, die über dem EU-Durchschnitt liegt. Diese Lücke spiegelt größtenteils die projizierten langfristigen alterungsbedingten Kosten wider, die auf dem erwarteten Anstieg der Rentenausgaben und der Ausgaben für Gesundheitswesen und Langzeitpflege basieren. Das Renteneintrittsalter steigt, insbesondere für Männer, nur langsam an. Eine Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters durch eine bessere Angleichung des Rentenalters oder der Pensionen an die Veränderungen der Lebenserwartung, im Vergleich zur aktuellen Gesetzeslage, würde die Tragfähigkeit des Systems erheblich stärken. Eine Ergänzung dieser Maßnahmen um eine Überprüfung der Indexierungsformel, sowie ein Abstellen dieser Formel auf Preise, würde — wenn dies langfristig durchgeführt würde — zu beträchtlichen Einsparungen führen.

(13)

Entgegen der Empfehlung von 2012 führte die Regierung im Jahr 2013 eine Vorruhestandsregelung ein, nach der es möglich ist, bis zu fünf Jahre vor Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters vorzeitig in Rente zu gehen. Die Vorruhestandsrenten werden aus der (dritten) Rentensäule gezahlt. Diese Säule wird jedoch zu wesentlichen Teilen durch direkte Zuzahlungen und die steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge staatlich gestützt. Ungeachtet dessen, ob die Förderkriterien für einen Zugang zu dem System nur von einer begrenzten Personenzahl tatsächlich erfüllt werden — wie es die Regierung erwartet — ermöglicht es die Maßnahme Begünstigten, den vorher erhaltenen öffentlichen Zuschuss für einen Zweck zu nutzen, der im Widerspruch zur Politik zur Förderung eines längeren Erwerbslebens steht.

(14)

Der erwartete Anstieg der Ausgaben im Gesundheitswesen und der Pflegeversicherung stellt ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zu den alterungsbedingten Kosten und der großen Tragfähigkeitslücke dar. Ziel der Reformen war ein effizienteres Gesundheitswesen durch Kosteneindämmung, und in den letzten Jahren wurden in der Tschechischen Republik marktorientiertere Lösungen umgesetzt. Probleme gibt es jedoch weiterhin. Im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten ist das tschechische Gesundheitswesen tendenziell zu stark auf stationäre Behandlungen ausgerichtet, wodurch Ineffizienzen entstehen. Es gibt Verbesserungsspielraum bei der Erbringung von klinisch angemessenen und kostenwirksamen Pflegeleistungen, z. B. durch Krankenhauseinweisung am Tag der Operation und Verkürzung übermäßig langer Krankenhausaufenthalte bei Akutbehandlungen.

(15)

Jüngste Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigen, dass eine vollständige Konvergenz der Beschäftigungsraten von Frauen und Männern den projizierten Rückgang der erwerbstätigen Bevölkerung aufhalten und das Pro-Kopf-BIP bis 2030 um bis zu 16,5 % erhöhen würde. Die Regierung hat am 22. Mai 2013 einen Gesetzesentwurf zur Einführung von „Kindergruppen“ unter der Leitung ausgebildeter Kinderbetreuerinnen sowie Steuersubventionen für Erbringer von Betreuungsdiensten und teilnehmende Familien vorgeschlagen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch nur eine teilweise Lösung des Problems. Aufgrund eines andauernden Mangels an Kinderbetreuungseinrichtungen, insbesondere für Kinder unter drei Jahren, ist eine weitere Erhöhung der Haushaltsstützung für öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen für Vorschulkinder erforderlich. Auch die Beschäftigungsfähigkeit und Erwerbsbeteiligung benachteiligter Menschen stellt weiterhin ein Problem dar: Die Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsverwaltungen könnte verbessert werden.

(16)

Die in der Empfehlung von 2012 enthaltenen Empfehlung zur öffentlichen Verwaltung nennt speziell die Notwendigkeit, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen und die Korruptionsbekämpfung zu verstärken. Allerdings wurden nur begrenzte Fortschritte gemacht, die vorrangigen Rechtsakte im Rahmen der tschechischen Antikorruptionsstrategie für die Jahre 2011 bis 2012 anzunehmen. Im Anschluss an eine neue von der Regierung im Januar 2013 verabschiedete Antikorruptionsstrategie für die Jahre 2013 bis 2014 müssen ausstehende vorrangige Rechtsakte wie das Beamtengesetz dringend angenommen werden. Dieses neue Gesetz muss politische Beamte von nichtpolitischen Mitarbeitern in angemessener Weise trennen, Unabhängigkeit und Stabilität von Beamten gewährleisten und ein funktionierendes Karrieresystem schaffen, um die hohe Personalfluktuation zu verringern. Ein Gesetz zur Regulierung anonymer Aktien wird derzeit im Parlament diskutiert. Die Tschechische Republik hat beträchtliche Fortschritte bei der Umsetzung des im April 2012 in Kraft getretenen Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen gemacht. Allerdings haben lokale Behörden von Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen berichtet. Was die Nutzung von EU-Mitteln angeht, wurden die meisten im Aktionsplan enthaltenen Maßnahmen zur Stärkung des Verwaltungs- und Kontrollsystems bis Ende 2012 durchgeführt. Allerdings müssen die tschechischen Behörden eine kontinuierliche Überwachung des Aktionsplans sicherstellen.

(17)

Im Bereich der Pflichtschule erzielen tschechische Schüler in internationalen Vergleichen weitestgehend durchschnittliche Ergebnisse. In Mathematik und Naturwissenschaften hat sich das Bildungsniveau im Laufe der Zeit rasch verschlechtert. Die tschechischen Behörden haben mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert, die zur Entwicklung von landesweit einzusetzenden Mindestbildungsstandards für Prüfungen an Schulen führen. Allerdings sollte ein stärker integriertes System entwickelt werden, um sicherzustellen, dass systematische Unterstützung von in den Prüfungen unterdurchschnittlich abschneidenden Schülern, Lehrern und Schulen bereitgestellt wird, was die Reform noch ehrgeiziger machen würde. Die größte Herausforderung des tschechischen Hochschulsystems ist es sicherzustellen, dass die zunehmende Zahl der Studierenden mit den Qualifikationen ausgestattet wird, die für eine erfolgreiche Teilnahme am Arbeitsmarkt notwendig sind. Eine Reform des Hochschulgesetzes wird derzeit diskutiert, um differenzierte Finanzierungsvereinbarungen einzuführen und die Akkreditierung zu verstärken. Es handelt sich um relevante und ehrgeizige Vorschläge, auch wenn ihre tatsächliche Wirkung von der endgültigen Ausgestaltung der Reform abhängen wird. Die Behörden planen auch, überarbeitete Bewertungsstandards für die Finanzierung von Forschungseinrichtungen anzunehmen. Eine Erhöhung des Anteils von Qualitätsindikatoren, einschließlich der verstärkten Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, würde zu einem höheren Exzellenzniveau des tschechischen Forschungs- und Innovationsstrukturen beitragen.

(18)

Die Tschechische Republik gehört zu den Mitgliedstaaten mit der höchsten Anzahl der reglementierten Berufe. Im Jahr 2012 wurde eine öffentliche Konsultation zur Überprüfung des Rechtsrahmens für Berufe durchgeführt und im Jahr 2013 sollen die Ergebnisse vorgestellt werden. Es ist ein wichtiger Schritt, um die Zugangsschranken für Berufe abzubauen oder abzuschaffen, deren Regulierung nicht nachweislich erforderlich ist oder unverhältnismäßig erscheint (einschließlich der Länge von Pflichtpraktika) und bei denen ein einfacherer Zugang zu mehr Beschäftigung und Wachstum führen könnte. Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren hat die Tschechische Republik im Unionsvergleich immer noch mit die höchste Energieintensität und die niedrigste Effizienz, insbesondere im Gebäudesektor.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Tschechischen Republik eingehend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Tschechischen Republik berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters sind in die Empfehlungen 1 bis 7 eingeflossen.

(20)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft und seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass die Tschechische Republik im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

den Haushalt 2013 wie geplant umsetzt, um ihr übermäßiges Defizit 2013 nachhaltig zu korrigieren, und Anstrengungen zur strukturellen Anpassung gemäß den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Defizitverfahrens unternimmt; die Haushaltsstrategie für das Jahr 2014 und darüber hinaus verstärkt und strikt umsetzt, und zur Flankierung hinreichend detaillierte Maßnahmen ergreift, um angemessene Konsolidierungsanstrengungen für ausreichende Fortschritte in Richtung des mittelfristigen Ziels sicherzustellen; wachstumsfördernden Ausgaben Vorrang einräumt, einschließlich für noch laufende aus EU-Mitteln finanzierte Projekte im derzeitigen Finanzrahmen;

2.

die hohe Besteuerung des Faktors Arbeit senkt, indem die Steuerlast in Bereiche verlagert wird, die weniger wachstumsschädlich sind, wie periodische immobilienbezogene Steuern und Kraftfahrzeugsteuern; Unterschiede bei der steuerlichen Behandlung von Arbeitnehmern und Selbständigen weiter abbaut; die Einhaltung von Steuervorschriften verbessert und die Befolgungskosten senkt, indem eine einheitliche Anlaufstelle eingerichtet und die Steuerbemessungsgrundlage für Einkommensteuer sowie Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge harmonisiert wird;

3.

das tatsächliche Renteneintrittsalter erhöht, indem das Rentenalter oder die Pensionszahlungen an die Änderungen der Lebenserwartung angeglichen wird, und den Indexierungsmechanismus überprüft; den Anstieg des Renteneintrittsalters mit Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer flankiert und Vorruhestandsregelungen einschränkt; insbesondere die öffentliche Bezuschussung der Vorruhestandsregelung abschafft; Maßnahmen zur deutlichen Verbesserung der Kostenwirksamkeit der Ausgaben des Gesundheitssystems ergreift, insbesondere für stationäre Behandlungen;

4.

zusätzliche Anstrengungen zur Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsverwaltung unternimmt; das Angebot an integrativen Kinderbetreuungseinrichtungen in erster Linie für Kinder bis zu drei Jahren sowie die Teilnahme von Roma-Kindern wesentlich erhöht, insbesondere indem das Gesetz über die Bereitstellung von Kinderbetreuungsdienstleistungen verabschiedet und umgesetzt und die Kapazitäten von öffentlichen und privaten Kinderbetreuungsdienstleistungen ausgebaut werden;

5.

die Umsetzung der Antikorruptionsstrategie für die Jahre 2013 bis 2014 sicherstellt; ein Beamtengesetz annimmt, das einen stabilen, effizienten und professionellen staatlichen Verwaltungsdienst gewährleistet; die Verwaltung der EU-Mittel in Hinblick auf den Programmplanungszeitraum 2014 bis 2020 verbessert; die Kapazitäten zur Durchführung von öffentlichen Ausschreibungen auf lokaler und regionaler Ebene ausbaut;

6.

einen umfassenden Bewertungsrahmen für die Pflichtschule schafft und gezielte Maßnahmen zur Unterstützung von Schulen mit niedrigen Bildungsergebnissen ergreift; Maßnahmen zur verstärkten Akkreditierung und Finanzierung der Hochschulbildung ergreift; den Anteil von leistungsbasierte Finanzierung für Forschungseinrichtungen erhöht;

7.

gestützt auf die laufende Überprüfung die Reform der reglementierten Berufe fortsetzt, indem Schranken für den Berufszugang und Tätigkeitsvorbehalte, soweit sie ungerechtfertigt sind, abgebaut oder abgeschafft werden; weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudesektor und der Industrie unternimmt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 17.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Das allgemeine staatliche Defizit für das Jahr 2012 beinhaltet einmalige defizitsteigernde Auswirkungen des Erlasses des Gesetzes zum finanziellen Ausgleich für Kirchen (1,5 % des BIP).

(6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/18


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Dänemarks für 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Dänemarks für 2013 bis 2016

2013/C 217/05

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 hat der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zugestimmt, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Dänemarks für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm Dänemarks für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Dänemark als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse ihrer eingehenden Überprüfung für Dänemark gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Darin gelangte sie zu dem Schluss, dass in Dänemark makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, wenngleich diese nicht als übermäßig einzustufen sind.

(9)

Am 30. April 2013 übermittelte Dänemark sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Konvergenzprogramm 2013 für den Zeitraum 2012 bis 2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario plausibel ist. Das Szenario, wonach das BIP 2013 um 0,7 % und 2014 um 1,6 % steigen soll, deckt sich weitgehend mit der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen (0,7 % bzw. 1,7 %). Die im Programm skizzierte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, bis 2013 das übermäßige Defizit zu korrigieren und das mittelfristige Ziel eines strukturellen Defizits von nicht mehr als 0,5 % des BIP zu erreichen, was mit den Zielen des Paktes in Einklang steht. Im Programm wird ein gesamtstaatliches Defizit von 1,7 % des BIP im Jahr 2013 und von 1,8 % im Jahr 2014 angestrebt, was mit der von der Kommission vorgeschlagenen Frist im Verfahren bei einem übermäßigen Defizit in Einklang steht. Ausgehend von den Berechnungen des strukturellen Haushaltssaldos steht die durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung im Zeitraum 2011-2013 mit den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit in Einklang. Im Konvergenzprogramm wird angenommen, das die diskretionären Nettomaßnahmen eine Konsolidierung erlauben, die im Allgemeinen mit der im Verfahren bei einem übermäßigen Defizit ausgesprochenen Empfehlung in Einklang steht. Bei den realen Staatsausgaben (einschließlich der diskretionären einnahmeseitigen Maßnahmen) wird für 2013 ein Nullwachstum und für 2014 ein 0,4%iges Wachstum prognostiziert, womit der Richtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts für die Ausgaben in beiden Jahren eingehalten wird. Die öffentlichen Finanzen sind generell solide; das Land hat bereits sein mittelfristiges Haushaltsziel erreicht. Jedoch ist es auch aufgrund der alternden Bevölkerung und der ehrgeizigen sozialpolitischen Ziele für Dänemark entscheidend, dass der solide finanzpolitische Rahmen beibehalten wird und das Defizit unter dem im Vertrag vorgesehenen Richtwert von 3 % des BIP verbleibt.

(11)

2012 hat Dänemark die Reform der Berufsunfähigkeitsrente und der Regelung zum subventionierten Arbeitsmarkt („Flex-Job“) abgeschlossen. Die neuen Bestimmungen, die am 1. Januar 2013 in Kraft traten, stellen wichtige Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitskräfteangebots in Dänemark dar. Jedoch sind weitere Anstrengungen nötig, um die Vermittlungsfähigkeit von Personen mit sehr schlechten Beschäftigungsaussichten — u. a. von Menschen mit Migrationshintergrund, Langzeitarbeitslosen und gering qualifizierten Arbeitskräften — zu verbessern. Zwar hat die Regierung eine ehrgeizige Reformagenda auf den Weg gebracht, jedoch ist es wichtig, dass Dänemarks anerkanntes „Flexicurity-Modell“ den reibungslosen Übergang von der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung weiterhin erleichtert und die Marginalisierung und soziale Ausgrenzung eindämmt. Bildungs-, Berufsbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen spielen hierbei eine zentrale Rolle.

(12)

Zu Recht ist die Bildung für Dänemark ein Schwerpunktthema. Es sind jedoch weitere Anstrengungen nötig, um die Qualität und Kosteneffizienz der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme zu verbessern, u. a. durch die eingeleiteten Reformen. Die vorgeschlagene Reform der Primar- und unteren Sekundarschulbildung geht in die richtige Richtung und wird voraussichtlich die Kosteneffizienz des Schulsystems und die Qualität der Bildung — und u. a. das Leistungsniveau der Schüler — positiv beeinflussen. Ferner hat die Regierung 2012 Schritte eingeleitet, um die Qualität der beruflichen Bildung für Jugendliche zu verbessern und ausreichend Lehrstellen in privaten Unternehmen zu gewährleisten. Es wurde ein Ausschuss aus Vertretern von Regierung, Gemeinden, Regionen und Sozialpartnern eingerichtet, um dauerhaft dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Lehrstellen zur Verfügung stehen und die Qualität des beruflichen Bildungssystems verbessert wird. Langfristige und ehrgeizige Lösungen für das Problem des Lehrstellenmangels und hohen Abbrecherquoten im Bereich der beruflichen Bildung für Jugendliche würden Dänemark besser auf künftige Qualifikationserfordernisse des Arbeitsmarktes vorbereiten und die Produktivität verbessern.

(13)

Dänemark könnte sein Wirtschaftswachstum steigern, indem es die Wettbewerbshemmnisse für Dienstleistungen lokaler Anbieter und im Einzelhandel beseitigt — ein Sektor, der für die dänische Wirtschaft von großer Bedeutung ist. 2012 legte die dänische Regierung ein neues Wettbewerbsgesetz vor, das einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung darstellt. Durch die überarbeiteten Rechtvorschriften wurde ein wirksamerer Mechanismus zur Stärkung des Wettbewerbsrechts eingeführt, der der Empfehlung aus dem Jahr 2012 umfassend Rechnung trägt. Jedoch kann noch mehr getan werden, um sicherzustellen, dass im Bereich der sektorspezifischen und öffentlichen Dienstleistungen wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um den Wettbewerb zu intensivieren und das Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Mehrere politische Initiativen in diesem Bereich sind noch in ihren Anfängen, und es sind weitere Anstrengungen nötig, damit diese auch wirksam umgesetzt werden.

(14)

Im vergangenen Jahr wurde die Verschuldung der Haushalte auf nationaler und EU-Ebene umfassend untersucht, um die Gefahren für die finanzielle und wirtschaftliche Stabilität zu bewerten. Derzeit scheinen die Risiken für die finanzielle Stabilität eingedämmt, jedoch ist eine kontinuierliche Überwachung notwendig. Die dänische Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um die Solidität des Systems der Hypothekarkredite zu stärken. Hierzu zählt auch eine Regelung zur Risikokennzeichnung von Hypothekarkrediten für Wohnimmobilien sowie Beschränkungen für Darlehen mit variablem Zinssatz und/oder mit verzögerter Tilgung. Die Hypothekarkreditinstitute haben auf eigene Initiative Maßnahmen ergriffen, um die Notwendigkeit zur Bereitstellung zusätzlicher Sicherheiten zu verringern. All diese Maßnahmen gehen in die richtige Richtung, doch wird im Rahmen einer sorgfältigen Überwachung zu prüfen sein, ob die erwünschte Wirkung erzielt wird. Die Kommission wird Dänemarks regelmäßige Berichte über die Auswirkung der in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen prüfen. Auf längere Sicht sollte in Dänemark die Grundsteuer überprüft werden, um bestehende Verzerrungen zu verringern und die antizyklischen Elemente zu stärken.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Dänemarks eingehend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Dänemark berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider.

(16)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm Dänemarks geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm Dänemarks geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in der nachstehenden Empfehlung 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Dänemark im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

2013 die Haushaltsstrategie wie geplant umsetzt, um 2013 sein übermäßiges Defizit zu korrigieren. Ferner sollte Dänemark die Haushaltsstrategie für 2014 und die Folgejahre umsetzen, um eine angemessene Konsolidierungsanstrengung sicherzustellen, damit das mittelfristige Ziel beibehalten werden kann;

2.

weitere Maßnahmen trifft, um die Vermittlungsfähigkeit von Personen am Rande des Arbeitsmarkts zu verbessern, u. a. von Menschen mit Migrationshintergrund, Langzeitarbeitslosen und gering qualifizierten Arbeitskräften. Dänemark sollte die Qualität der beruflichen Ausbildung verbessern, um die Abbrecherquoten zu verringern, und gewährleisten, dass weitere Lehrstellen geschaffen werden. Darüber hinaus sollte Dänemark die Reform der Primar- und unteren Sekundarschulbildung umsetzen, um das Leistungsniveau der Schüler zu steigern und das Bildungssystem kosteneffizienter zu gestalten;

3.

weitere Anstrengungen unternimmt, um im Dienstleistungssektor — u. a. im Einzelhandel und im Baugewerbe — Wettbewerbshemmnisse abzubauen und die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen effizienter zu gestalten.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 21.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/21


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Estlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands für die Jahre 2012 bis 2017

2013/C 217/06

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, den integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Estlands für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Estlands für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin Estland nicht als Mitgliedstaat aufgeführt wurde, für den eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung der Finanzstabilität, der Haushaltskonsolidierung und der Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung. Er verwies auf die Notwendigkeit, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft sicherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise abzufedern sowie die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.

(8)

Am 30. April 2013 übermittelte Estland sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2017 und sein nationales Reformprogramm 2013. Um den Querverbindungen zwischen den beiden Programmen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2013 bis 2014 unter Annahme eines realen BIP-Wachstums von durchschnittlich rund 3,3 % plausibel ist. Die Kommissionsdienststellen erwarten in ihrer Frühjahrsprognose 2013 ein reales BIP-Wachstum von 3,5 % im Zeitraum 2013-2014. 2012 verzeichnete Estland ein Gesamthaushaltsdefizit von 0,3 % des BIP. Das bisherige mittelfristige Haushaltsziel eines strukturellen Überschusses wird in dem Stabilitätsprogramm bestätigt. Dies geht über die Anforderung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes hinaus. Da Estland 2012 einen strukturellen Überschuss erzielte, erreichte Estland sein mittelfristiges Haushaltsziel ein Jahr früher als in seinem vorherigen Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2015 vorgesehen. Die im Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2017 skizzierte Haushaltsstrategie zielt auf eine tragfähige Haushaltspolitik ab, die ein ausgewogenes Wachstum unterstützt, dadurch dass das Land weiterhin das mittelfristige Haushaltsziel erreicht und gleichzeitig ausreichende Kapitalpuffer bildet und den Faktor Arbeit steuerlich entlastet. Nach dem Stabilitätsprogramm soll das geplante Gesamthaushaltsdefizit, 0,5 % des BIP im Jahr 2013, über den Prognosezeitraum abgebaut werden; 2014 soll ein ausgeglichener Saldo und danach ein Überschuss erzielt werden. Nach der Gesamtbewertung des neu berechneten strukturellen Haushaltssaldos, einschließlich der Analyse des Ausgabenrichtwertes des Stabilitäts- und Wachstumspakts, weicht Estland 2013 nicht signifikant vom mittelfristigen Haushaltsziel ab und wird 2014 wieder einen strukturellen Überschuss erzielen. Die Schuldenquote liegt deutlich unter 60 % des BIP und dürfte gemäß dem Stabilitätsprogramm nach 2013 sinken, auf rund 9 % im Zeitraum 2015 bis 2016. Estland plant 2013 die Einführung von Bestimmungen über einen strukturell ausgeglichenen Haushalt, wie im am 2. März 2012 in Brüssel unterzeichneten Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion vorgeschrieben. Sobald diese eingeführt sind, sollten die mehrjährigen Ausgabenziele noch verbindlicher gemacht werden.

(10)

Was den Arbeitsmarkt anbelangt, so wächst die Beschäftigung zwar weiterhin, aber es bestehen Wachstumshindernisse fort, unter anderem anhaltende Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit und ein Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage, ein wachsender Arbeitskräftemangel, auch durch den Verlust von Arbeitskräften aufgrund anhaltender Gesundheitsprobleme. Das Sozialleistungssystem sollte flexibler und gezielter ausgelegt werden und Unterstützungsleistungen und Anreize für Arbeitslose und Nichterwerbstätige vorsehen, die wieder in Beschäftigung kommen könnten; gleichzeitig sollten die Aktivierungsmaßnahmen verstärkt werden, so dass gewährleistet ist, dass sie diejenigen erreichen, die sie am dringendsten benötigen. Die Kostenwirksamkeit familienpolitischer Ausgaben könnte haushaltsneutral verbessert werden, unter anderem indem die Finanzmittel für das Elterngeld für wirkungsvollere Maßnahmen wie Kinderbetreuungsdienste eingesetzt werden, bei denen eine positive Wirkung auf die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erwarten ist. Die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen muss koordinierter angegangen werden, um sichtbarere Ergebnisse zu erzielen.

(11)

Auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung hat Estland die Empfehlungen des Rates aus dem Jahr 2012 teilweise umgesetzt: Die Hochschulreform wurde 2012 verabschiedet, und eine umfassende Reform von allgemeiner und beruflicher Bildung soll 2013 beschlossen werden. Es muss insbesondere auf eine hinreichende Einbeziehung der Sozialpartner geachtet werden, damit eine ausreichende Zahl von Lehrstellen bereitgestellt wird. Die wichtige Zusage, den Sekundarbereich effizienter zu gestalten, ist noch nicht erfüllt worden. Die weiterhin relativ hohe Jugendarbeitslosigkeit muss im Lichte des hohen Anteils von Personen ohne Berufsausbildung angegangen werden. Beim Zugang geringqualifizierter Arbeitnehmer zum lebenslangen Lernen wird noch nicht genug getan, und nicht alle Maßnahmen für junge Arbeitslose entsprechen tatsächlich dem Bedarf des Arbeitsmarktes. Die fehlende Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Forschung und Wirtschaft stellt nach wie vor eine Herausforderung für Produktivitätswachstum und Wettbewerbsfähigkeit dar. Außerdem bleibt die Internationalisierung und Priorisierung von Forschung und Innovation aufgrund der geringen Größe der Volkswirtschaft eine Herausforderung.

(12)

Die Energieintensität Estlands ist nach wie vor sehr hoch. Die Regierung hat hier zwar Schritte unternommen, aber die Bemühungen müssen fortgesetzt und ausgeweitet werden, und es muss mehr bei der Renovierung von Wohngebäuden getan werden. Estland hat die energieintensivste Flotte an Neufahrzeugen in der Union; und das Konsumverhalten ändert sich nicht, trotz der gestiegenen Kraftstoffsteuern. Wenn keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden, ist es unwahrscheinlich, dass Estland sein Ziel bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen erreicht, vor allem wenn in den Bereichen Verkehr und Wohnen nichts geschieht. Estlands Energiemarkt ist wegen der unzureichenden grenzübergreifenden Verbindungen nach wie vor relativ isoliert.

(13)

Die Bereitstellung der Dienstleistungen, zu denen die lokalen Verwaltungen gesetzlich verpflichtet sind, ist in den meisten Bereichen ineffektiv, insbesondere in der Langzeitpflege, bei der Unterstützung für Familien, in Bildung und Verkehr; dasselbe gilt für lokale Unterstützungsmaßnahmen, die notwendig sind, um wirksame Gesundheitsleistungen zu gewährleisten. Das ist auf die geringe administrative Kapazität der lokalen Verwaltungen zurückzuführen und auf das Missverhältnis zwischen ihren Einnahmen und den ihnen übertragenen Aufgaben. Bisher ist noch kein tragfähiger Plan für die Verbesserung der örtlichen Verwaltung aufgestellt worden.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Estlands umfassend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Estland berücksichtigt, sondern auch ihre Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters sind in die untenstehenden Empfehlungen 1 bis 5eingeflossen.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt insbesondere die Empfehlung 1 wider.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch eine Analyse der Wirtschaftspolitik des Euroraumes insgesamt vorgenommen. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (6). Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Estland auch die vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Estland im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

eine wachstumsfreundliche Haushaltspolitik verfolgt und wie geplant eine solide Haushaltslage aufrechterhält und die Erfüllung des mittelfristigen Haushaltsziels während des Zeitraums des Stabilitätsprogramms sicherstellt; die geplanten Bestimmungen über einen ausgeglichenen Haushalt durch verbindlichere mehrjährige Ausgabenziele im mittelfristigen Haushaltsrahmen ergänzt und die Effizienz öffentlicher Ausgaben weiter steigert;

2.

die Arbeitsanreize verbessert, indem es die verschiedenen Sozialleistungssysteme besser aufeinander abstimmt und die Gewährung von Leistungen flexibler gestaltet und gezielter steuert; die Erbringung sozialer Dienstleistungen, unter anderem in der Kinderbetreuung, verbessert und gleichzeitig die Effizienz und Kostenwirksamkeit der Familienpolitik erhöht; Aktivierungsmaßnahmen stärkt, um Langzeitarbeitslosen und Personen, die Beihilfen wegen einer Behinderung oder wegen Erwerbsunfähigkeit erhalten, die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu erleichtern; koordinierte Maßnahmen für die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit erarbeitet;

3.

die Bemühungen um eine bessere Abstimmung der allgemeinen und beruflichen Bildung auf den Bedarf des Arbeitsmarktes fortsetzt, unter anderem eine stärkere Einbeziehung der Sozialpartner und gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit; die Beteiligung geringqualifizierter Arbeitskräfte am lebenslangen Lernen deutlich erhöht; die Bemühungen um eine Priorisierung und Internationalisierung des Forschungs- und Innovationssystems intensiviert und die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbessert;

4.

die Energieeffizienz erhöht, insbesondere in Gebäuden und im Verkehr, und die Umweltanreize für Kraftfahrzeuge und in der Abfallwirtschaft verstärkt; den Aufbau grenzüberschreitender Energieverbindungen beschleunigt zwecks Diversifizierung der Energiequellen und Förderung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt;

5.

ein besseres Gleichgewicht herstellt zwischen Einnahmen und Aufgaben der örtlichen Verwaltung; die Effizienz der örtlichen Verwaltungen verbessert und sicherstellt, dass sie lokale öffentliche Dienstleistungen von hoher Qualität erbringen.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 25.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/24


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Finnlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Finnlands für die Jahre 2012 bis 2017

2013/C 217/07

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 hat der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zugestimmt, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum Nationalen Reformprogramm Finnlands für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm Finnlands für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für wirtschaftspolitische Koordinierung eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Finnland als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Finnland durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Finnland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die erhebliche Verschlechterung der Leistungsbilanz und die schwache Exportleistung, die durch den Strukturwandel in der Industrie sowie durch Kosten- und Nicht-Kosten-Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit bedingt sind, verdienen weiterhin Aufmerksamkeit.

(9)

Am 18. April 2013 übermittelte Finnland sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2017. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass die öffentlichen Finanzen in Finnland insgesamt solide sind und Anstrengungen unternommen wurden, um die Einnahmen zu erhöhen und die Ausgaben zu begrenzen, damit das mittelfristige Haushaltsziel erreicht werden kann. Das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenarium ist plausibel. Die Wachstumsprojektion für 2013 entspricht der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen, während die Projektion für 2014 um 0,6 Prozentpunkte über der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen liegt. Mit der im Stabilitätsprogramm beschriebenen Haushaltsstrategie wird darauf abgezielt, die Staatsfinanzen ins Gleichgewicht und die Schuldenquote bis 2015 auf einen Abwärtspfad zu bringen. Das Stabilitätsprogramm enthält eine Änderung des mittelfristigen Haushaltsziels von 0,5 % auf – 0,5 %. Das neue mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Das Stabilitätsprogramm sieht vor, das mittelfristige Haushaltsziel 2014 zu erreichen und bis 2017 beizubehalten. Ausgehend von dem (neu berechneten) strukturellen Saldo, der sich auf die im Stabilitätsprogramm enthaltenen Informationen stützt, hat Finnland 2012 das zuvor gültige mittelfristige Haushaltsziel nicht erreicht und dürfte das neue mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2013 nicht erreichen.

Dem Stabilitätsprogramm zufolge soll das (neu berechnete) strukturelle Haushaltsdefizit von – 1 % des BIP (2012) auf – 0,9 % des BIP (2013) verbessert werden. Zwischen 2014 und 2017 würde es zwischen – 0,6 % und – 0,7 % des BIP liegen. 2012 stiegen die Nettoausgaben Finnlands um 0,4 % und lagen damit weiterhin unter dem geltenden Referenzwert des Ausgabenrichtwerts des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Aufgrund des negativen Wachstums des realen BIP im Jahr 2012 erscheint die geringe strukturelle Anpassung ausreichend. In Bezug auf den (neu berechneten) strukturellen Haushaltssaldo Finnlands ist 2013 eine Verbesserung festzustellen, und die Nettoausgaben werden den Projektionen zufolge um lediglich 0,1 % des BIP vom Ausgabenrichtwert abweichen. In Anbetracht der großen negativen Produktionslücke Finnlands erscheint dies angemessen. Für 2014 wird eine weitere Verbesserung des (neu berechneten) strukturellen Haushaltssaldos Finnlands auf – 0,6 % des BIP prognostiziert; er nähert sich damit dem mittelfristigen Haushaltsziel ausreichend an, Der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissiondienststellen zufolge würde Finnland das mittelfristige Haushaltsziel 2014 voll erfüllen. Insgesamt würde dies zur Einhaltung der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts führen. Der konsolidierte Bruttoschuldenstand des Gesamtstaats belief sich 2012 auf 53 % des BIP und wird dem Stabilitätsprogramm zufolge niedrig bleiben (unter 60 % des BIP während des Programmzeitraums). Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird der Schuldenstand 2016 und 2017 sinken. Die langfristige Tragfähigkeit bleibt die wichtigste Herausforderung für die Haushaltspolitik. Die Tragfähigkeitslücke bei der Altersversorgung, den Gesundheitsleistungen und der langfristigen Pflege infolge der Bevölkerungsalterung wurde erkannt und muss fortlaufend beobachtet werden.

(11)

Das Produktivitätswachstum der öffentlichen Dienstleistungen entspricht nicht dem Produktivitätswachstum der Gesamtwirtschaft und die Belastung aufgrund der Bevölkerungsalterung nimmt zu. Zwar wurden die Grundsätze für eine Kommunalreform festgelegt, aber die Fusion von Gemeinden bleibt freiwillig, obwohl der Zentralstaat finanzielle Anreize bietet. Es wird davon ausgegangen, dass die laufende Reform der Sozial- und Gesundheitsdienste nicht zu einer deutlichen Verringerung der aktuellen Zahl der Bezirke der Gesundheitsversorgung führen wird.

(12)

Es wurden Maßnahmen zum Abbau der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit eingeführt, z. B. die Jugendgarantie, das zeitlich befristete Programm zur Förderung von Kompetenzen für junge Erwachsene und das Pilotprogramm für Langzeitarbeitslose. Diese Programme wurden 2013 durch eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für den Ausbau des Lehrstellenangebots als Teil der Jugendgarantie ergänzt und sind angesichts eines erwarteten Anstiegs der Arbeitslosenquote sinnvoll. Bei ihrer Umsetzung müssen jetzt die Erhöhung des Qualifikationsniveaus und die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen der Zielgruppen eindeutig im Mittelpunkt stehen. Im Hinblick auf tragfähige öffentliche Finanzen und die Deckung des künftigen Arbeitskräftebedarfs ist es wichtig, die Erwerbstätigenquote bei älteren Arbeitnehmern zu erhöhen. Die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter in Finnland nimmt ab. Einige Maßnahmen betreffend den Vorruhestand wurden vereinbart, z. B. der spätere Beginn der Altersteilzeit, die Abschaffung der Möglichkeit des Rentenantritts bei gekürzten Ansprüchen und die Anhebung des Renteneintrittsalters im Anschluss an eine Phase der Arbeitslosigkeit. Allerdings ist die Lebenserwartung schneller gestiegen als bei der Rentenreform von 2005 erwartet, so dass sich das derzeitige Spektrum des gesetzlichen Renteneintrittsalters letztlich als zu niedrig angesetzt und die Renten als unzulänglich erweisen könnten. In ihrem Stabilitätsprogramm verpflichtete sich die Regierung, das effektive Renteneintrittsalter bis 2025 auf 62,4 Jahre anzuheben, was angesichts der Lebenserwartung und der demografischen Herausforderungen noch immer niedrig ist. Diese Aktionslinien sind kurzfristig und vordringlich umzusetzen.

(13)

Im Dienstleistungssektor in Finnland bestehen noch immer restriktive regulatorische Hindernisse; die Marktkonzentration ist in wichtigen Bereichen wie dem Einzelhandel stark ausgeprägt. Die geplanten Änderungen des Wettbewerbsgesetzes in Bezug auf die beherrschende Stellung von Akteuren des Lebensmittelhandels, die Ziele des Programms zur Förderung eines gesunden Wettbewerbs durch eine stärkere Aufsicht in diesem Sektor und die Beseitigung unnötiger Wettbewerbsbeschränkungen in den geltenden Rechtsvorschriften, etwa Raumordnungs- und Baugesetze, könnten zur Bewältigung der aktuellen Probleme beitragen. Auch die Fusion der Wettbewerbs- und der Verbraucherbehörde sowie eine Anhebung ihrer Mittel und die Erweiterung ihrer Befugnisse auf die Wettbewerbsneutralität zwischen öffentlichen und privaten Akteuren sollten die Wirksamkeit und den Nutzen der Wettbewerbspolitik allgemein erhöhen. In Finnland sind im Wettbewerbsrecht generell niedrige Geldbußen vorgesehen, und die für 2013 geplante Erhebung sollte eine Grundlage für weitere Reformen bieten, damit die abschreckende Wirkung der Geldbußen verschärft werden kann.

(14)

Das Produktivitätswachstum in Finnland bleibt nach wie vor hinter dem Anstieg der Löhne und Gehälter zurück, während die internationale Wettbewerbsfähigkeit zurückgegangen ist, wie an den sinkenden Marktanteilen der finnischen Exporte zu erkennen ist. Während weiterhin viel in Forschung, Entwicklung und Innovation investiert wird, ist die wirksame Umsetzung der Forschungstätigkeiten in Innovationen und neue Wachstumsunternehmen, die wachstumsstarke Exportmärkte durchdringen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern können, noch immer ein kritischer Punkt. Kurzfristig sollte Finnland die in jüngster Zeit verabschiedeten politischen Maßnahmen zur Verbesserung des Forschungs- und Innovationssystems, wie etwa den neuen Aktionsplan, tatsächlich umsetzen und gegebenenfalls auf der Grundlage der vorliegenden Beurteilungen und des derzeit in Arbeit befindlichen Perspektivenberichts weitere Reformen vorschlagen. Wie festgestellt wurde, zählen die Preise für Energie und Arbeit zu den Inputpreisen, die die Kosten der finnischen Produzenten in die Höhe treiben. Die Lohnzuwächse in den letzten Jahren waren, bedingt durch die dreiseitige Tarifvereinbarung, die 2013 ausläuft, mäßig. Die Tatsache, dass die Sozialpartner noch keine neue Vereinbarung geschlossen haben, gibt daher Anlass zur Sorge.

(15)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Finnlands umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Finnland berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider.

(16)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(17)

Angesichts der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 3 bis 5 wider.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Der Rat hat auf dieser Grundlage länderspezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (6). Als ein Land, deren Währung der Euro ist, sollte Finnland die vollständige und rechtzeitige Umsetzung dieser Empfehlungen ebenfalls gewährleisten —

EMPFIEHLT, dass Finnland im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

weiterhin eine wachstumsfreundliche Haushaltspolitik verfolgt und wie vorgesehen eine solide Haushaltsposition beibehält, wodurch die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels während des Programmzeitraums gewährleistet wird; weiterhin jährlich den Umfang der auf die Bevölkerungsalterung zurückzuführenden Tragfähigkeitslücke bewertet und die öffentlichen Einnahmen und Ausgaben an die langfristigen Ziele und Erfordernisse anpasst; die Kosteneffizienz und Tragfähigkeit der langfristigen Pflege sicherstellt und mehr Gewicht auf Prävention, Rehabilitation und selbständige Lebensführung legt;

2.

die Umsetzung der laufenden Verwaltungsreformen betreffend die Kommunalstruktur sicherstellt, um Produktivitätsgewinne und Kosteneinsparungen bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, einschließlich Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen, zu erzielen;

3.

weitere Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbstätigenquote bei älteren Arbeitnehmern ergreift, unter anderem durch Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Einschränkung von Vorruhestandsregelungen, durch Erhöhung des tatsächlichen Renteneintrittsalters durch eine Anpassung des Renteneintrittsalters und der Pensionsleistungen an die höhere Lebenserwartung; die laufenden Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen junger Menschen und Langzeitarbeitsloser umsetzt und genau überwacht und dabei besonderes Augenmerk auf die Verbesserung des Qualifikationsniveaus legt;

4.

weiterhin für mehr Wettbewerb auf dem Produkt- und Dienstleistungsmarkt, insbesondere im Einzelhandelssektor, sorgt, indem es sicherstellt, dass das neue Programm zur Förderung eines gesunden Wettbewerbs wirksam umgesetzt wird;

5.

seine Kapazitäten für die Bereitstellung innovativer Produkte, Dienstleistungen und die Entstehung von Wachstumsunternehmen in einem sich rasch verändernden Umfeld verbessert und die Diversifizierung der Industrie fortsetzt; weiterhin die allgemeine Energieeffizienz der Wirtschaft verbessert; unter den derzeitigen Gegebenheiten mit einem geringen Wachstum die Angleichung der Reallöhne an die Produktivitätsentwicklung unter uneingeschränkter Achtung der Rolle der Sozialpartner und in Übereinstimmung mit den nationalen Gepflogenheiten unterstützt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 28.

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/27


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs für die Jahre 2012 bis 2017

2013/C 217/08

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, den die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf nationaler Ebene, Ebene der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung zum nationalen Reformprogramm Frankreichs für 2012 (4) (im Folgenden „Empfehlung 2012“) an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Frankreichs für die Jahre 2012 bis 2016 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für wirtschaftspolitische Koordinierung eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Frankreich als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung der Finanzstabilität, der Haushaltskonsolidierung und Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung. Er betonte die Notwendigkeit, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Frankreich durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Frankreich makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere Entwicklungen im Zusammenhang mit einer Verschlechterung der Handelsbilanz und einer Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit, die sowohl auf Kosten- als auch auf Nichtkostenfaktoren zurückzuführen sind, und Entwicklungen im Kontext einer Verschlechterung der Leistungsbilanz sowie einer hohen Staatsverschuldung verdienen weiterhin Aufmerksamkeit, damit das Risiko nachteiliger Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der französischen Wirtschaft und — insbesondere angesichts der Größe dieser Volkswirtschaft — der Wirtschafts- und Währungsunion gemindert wird.

(9)

Am 30. April 2013 übermittelte Frankreich sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2017. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass trotz der beträchtlichen Konsolidierungsanstrengungen, die das nominale Defizit von 7,5 % des BIP im Jahr 2009 auf 4,8 % im Jahr 2012 reduzierten, nicht damit zu rechnen ist, dass Frankreich sein übermäßiges Defizit 2013 korrigiert wie vom Rat am 2. Dezember 2009 empfohlen. Dies hat insbesondere mit der Wirtschaftslage zu tun, die sich schlechter darstellt als zu dem Zeitpunkt erwartet, an dem die Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2009 angenommen wurde; diese Entwicklung wurde nur zum Teil durch unerwartete Mehreinnahmen ausgeglichen, während die Konsolidierungsanstrengungen etwas nach hinten verschoben wurden. Das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenarium ist für 2013 plausibel, aber für 2014 allzu optimistisch. Insbesondere gehen die Behörden davon aus, dass das BIP nach einem 2012 (0 %) und 2013 (0,1 %) zu verzeichnenden Wachstumsstillstand im Jahr 2014 um 1,2 % zunehmen wird; dies unter der Annahme, dass haushaltspolitische Maßnahmen ergriffen werden, damit das öffentliche Defizit auf 2,9 % des BIP im Jahr 2014 sinkt. Im Vergleich dazu prognostiziert die Kommission unter der Annahme einer unveränderten Politik, dass das BIP 2014 um 1,1 % wächst; bei diesem Szenario werden nur Maßnahmen berücksichtigt, die verabschiedet oder hinreichend detailliert sind und auf dieser Basis wird ein Defizit von 4,2 % im Jahr 2014 erwartet. Das wichtigste Ziel der im Stabilitätsprogramm dargelegten Haushaltsstrategie ist das Erreichen des mittelfristigen Haushaltsziels, das wie im Stabilitätsprogramm 2012-2016 in einem strukturell ausgeglichenen Haushalt besteht. Diese Zielsetzung ist ehrgeiziger als im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgeschrieben. Das mittelfristige Haushaltsziel soll nunmehr 2016 erreicht werden, während im Stabilitätsprogramm 2012-2016 das Jahr 2015 angegeben war.

Das im Stabilitätsprogramm geplante nominale Defizit entspricht einer Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2014, also ein Jahr nach der vom Rat Ende 2009 im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit am 2. Dezember 2009 gesetzten revidierten Frist. Angesichts der im Stabilitätsprogramm enthaltenen allzu optimistischen Wachstumsprognose für 2014 ist der Rat der Auffassung, dass die von den Behörden ins Auge gefassten haushaltspolitischen Bemühungen nicht mit einer tatsächlichen Korrektur des übermäßigen Defizits im Jahr 2014 im Einklang stehen, es sei denn es werden weitere Maßnahmen zur nachhaltigen Verstärkung der Anstrengungen für das genannte Jahr unternommen. Bei den Angaben zu geplanten Einsparungen und zusätzlichen Einnahmen fehlen darüber hinaus nähere Einzelheiten. Unter diesen Umständen müssen sowohl für 2014 als auch 2015 die Maßnahmen ausreichend konkretisiert werden, damit glaubwürdig sichergestellt ist, dass das übermäßige Defizit bis spätestens 2015 korrigiert ist, wie vom Rat empfohlen. 2016 dürfte der strukturelle Saldo nach der Neuberechnung durch die Kommission bei – 0,4 % des BIP liegen (– 0,3 % für 2017); somit würde das mittelfristige Haushaltsziel bis zum Ende des Programmhorizonts nicht erreicht. Der Fortschritt in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel 2016 würde 0,3 % des BIP betragen, was unter dem Richtwert von 0,5 % des BIP liegt. Die öffentliche Verschuldung ist seit dem Beginn der Krise beträchtlich gestiegen. Während sich die Schuldenquote 2007 auf 64,2 % belief, erreichte sie 2012 einen Stand von 90,2 % und wird laut der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen bis 2014 weiter auf 96,2 % steigen. Die Behörden rechnen damit, dass die Schuldenquote 2014 bei 94,3 % auf dem Höchststand anlangt und dann 2017 auf 88,2 % sinkt. Was die Erreichung des Schuldenstandskriteriums angeht, wird sich Frankreich ab 2016 in einer Übergangsphase befinden.

(11)

Angesichts der hohen und weiter steigenden Verschuldung und der Tatsache, dass die Frist zur Korrektur des übermäßigen Defizits erneut auf 2015 verschoben wird, ist es umso bedeutsamer, dass der Haushalt 2013 strikt umgesetzt wird und in den folgenden Jahren unbeirrt erhebliche Konsolidierungsanstrengungen verfolgt werden. Entscheidend ist dabei vor allem, dass die öffentlichen Ausgaben in Frankreich deutlich langsamer zunehmen als das potenzielle BIP, denn die Verbesserungen beim strukturellen Defizit waren bisher in erster Linie einnahmenbasiert. In dieser Hinsicht dürften sich bei der laufenden Überprüfung der öffentlichen Ausgaben („Modernisation de l’action publique“), die über die Ebene des Zentralstaats hinaus auch die Kommunen und die Verwaltung der Sozialversicherung umfasst, Hinweise für eine weitere Effizienzsteigerung bei den öffentlichen Ausgaben ergeben. Es besteht auch Spielraum für eine weitere Straffung der verschiedenen Verwaltungsebenen und Zuständigkeiten mit dem Ziel, zusätzliche Synergien, Effizienzgewinne und Einsparungen zu erzielen. Das geplante neue Dezentralisierungsgesetz sollte sich mit diesem Aspekt befassen. Angesichts des erwarteten Anstiegs der öffentlichen Ausgaben im Gesundheitswesen auf mittlere und lange Sicht müssen die künftigen Gesundheitsausgaben der öffentlichen Hand genauer beobachtet und effizienter gestaltet werden, insbesondere die Arzneimittelausgaben. Den jüngsten Projektionen des Beratungsgremiums für Renten („Conseil d’orientation des retraites“) deuten bis 2018 auf anhaltende Defizite im Rentensystem hin, was der Zielsetzung der Reform von 2010 zuwiderläuft, zum genannten Zeitpunkt ein Gleichgewicht im System zu erreichen. Darüber hinaus widerspricht die teilweise Rücknahme der Reform von 2010 der Empfehlung 2012. Somit ist beim Rentensystem noch bis 2020 mit großen Defiziten zu rechnen, und es bedarf dringend neuer politischer Maßnahmen, um hier unter Beibehaltung der Angemessenheit des Systems Abhilfe zu schaffen.

Zu solchen Maßnahmen könnten eine weitere Anhebung sowohl des Mindestalters für den Rentenbezug als auch des Eintrittsalters für eine Vollrente, die Erhöhung der Beitragsjahre für den Bezug einer Vollrente, die Anpassung der Indexierungsregeln und eine Überprüfung der derzeit zahlreichen für bestimmte Kategorien von Arbeitnehmern geltenden Ausnahmen vom allgemeinen Schema gehören. Die französische Regierung hat beschlossen, die Sozialpartner bei der Gestaltung der Reform in vollem Umfang zu beteiligen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Im Hinblick auf die negativen Auswirkungen auf die Arbeitskosten sollte eine Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge vermieden werden. Angesichts der Herausforderung, der sich Frankreich bei den öffentlichen Finanzen gegenübersieht, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die haushaltspolitischen Maßnahmen durch verstärkte Bemühungen um Strukturreformen ergänzt werden, damit das langfristige Wachstumspotenzial der französischen Wirtschaft unterstützt und erhöht wird.

(12)

Wie sich bei der eingehenden Überprüfung 2013 ergab, stellt die Wettbewerbsfähigkeit für Frankreich nach wie vor eine bedeutende Herausforderung dar, wie der erheblich geschrumpfte Anteil des Landes an den Exportmärkten in den letzten Jahren zeigt. Die Regierung schlug im November 2012 mehrere politische Maßnahmen im Zusammenhang mit dem „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ vor. Die Einführung einer Vergünstigung bei der Körperschaftsteuer („Crédit d’impôt pour la compétitivité et l’emploi“ — CICE) mit einem geplanten Gesamtjahreseffekt von 20 Mrd. EUR ist ein wichtiger Schritt, der zur Senkung der Arbeitskosten beitragen dürfte. Spielraum für weitere Maßnahmen ist vorhanden, denn die neue Steuergutschrift überbrückt die Lücke, die hinsichtlich der Steuer- und Abgabenlast beim Medianwert der Löhne zwischen Frankreich und dem Durchschnitt der OECD-Länder besteht, nur zur Hälfte. Außerdem haben die seit 2010 im Hinblick auf Unternehmen verabschiedeten fiskalpolitischen Maßnahmen, einschließlich einer Verringerung der steuerlichen Aufwendungen, insgesamt zu einer Erhöhung der Unternehmensbesteuerung geführt, selbst wenn dabei die CICE berücksichtigt wird. Die im Juli 2012 beschlossene Anhebung des Mindestlohns war zwar begrenzt, könnte sich aber auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Wettbewerbsfähigkeit negativ auswirken, wie in der Empfehlung 2012 betont wurde. Von 2002 bis 2012 ist der Mindeststundenlohn um 38 % (real um 16 %) gestiegen. Das hohe Niveau des Mindestlohns, der 60 % des Medianwerts der Löhne darstellt, wird für die Arbeitgeber durch eine Reihe von Ausnahmen bei den von ihnen zu leistenden Sozialversicherungsbeiträgen ausgeglichen. Die damit zusammenhängenden Kosten für die öffentliche Hand haben sich zwischen 1992 und 2002 rasch erhöht und haben sich seitdem bei nahe 1 % des BIP stabilisiert. Außerdem sind alternative Instrumente wie Systeme zur Einkommensstützung („Prime pour l'emploi“ und „Revenu de solidarité active“) bei der Bekämpfung der Armut trotz Erwerbstätigkeit wirksamer als der Mindestlohn.

(13)

Was die preisunabhängige Wettbewerbsfähigkeit betrifft, so hat die Regierung zwar jüngst ihre Exportstrategie erneuert, doch die Unterstützung des Aufbaus exportorientierter Netze und Partnerschaften könnte die Internationalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fördern. Allgemeiner gesehen könnte man Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass das Geschäftsumfeld dem Wachstum von KMU förderlich ist. Ungeachtet beträchtlicher Anstrengungen von Unternehmen in Forschungs- und Entwicklungsintensiven Wirtschaftszweigen und erheblicher staatlicher Förderung (z. B. die Steuervergünstigung für Forschungsaufwendungen) machen die Bereiche „Spitzentechnologie“ und „hochwertige Technologie“ nur einen bescheidenen und schrumpfenden Anteil der französischen Wirtschaft aus. Daher muss die Gründung und das Wachstum von KMU und mittelgroßen Unternehmen (ETI) in diesen Bereichen weiter gefördert werden, und zwar durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, so dass Innovation und Unternehmergeist ermutigt werden. Die zwecks Zusammenführung öffentlicher Forschung mit privaten Unternehmen entwickelte Clusterpolitik könnte darüber hinaus stärker ausgerichtet werden auf die kommerzielle Verwertung von Forschung, Entwicklung und Innovation, auf das Entstehen positiver externer Effekte zwischen nah beieinander angesiedelten privaten Unternehmen und die Internationalisierung der KMU. Darüber hinaus sollten Doktorandenstudien und Forschungserfahrung so attraktiv gestaltet werden, dass auf diesem Weg Verbindungen zwischen privaten Unternehmen und Forschungseinrichtungen weiter gefördert werden.

(14)

Bei den Dienstleistungen zeigten sich 2012 nur begrenzte Fortschritte. Vor allem wurde keine generelle Reform zum Abbau ungerechtfertigter Beschränkungen bei reglementierten Wirtschaftszweigen und Berufen eingeleitet. Viele Dienstleister unterliegen nach wie vor Beschränkungen hinsichtlich der Rechtsform und der Beteiligungsstruktur ihres Unternehmens wie Anteilseignerbeschränkungen bei Tierärzten und Anwälten. In einer Reihe von Wirtschaftszweigen (z. B. Taxiunternehmer, bestimmte Berufe im Gesundheitswesen, Notare und andere juristische Berufe) bestehen weiterhin erhebliche Beschränkungen, was den Zugang zum Beruf oder die Ausübung desselben betrifft (z. B. Werbung, Quoten oder Gebietsbeschränkungen). Der Einzelhandel ist immer noch einer Reihe von Rechtsvorschriften unterworfen, beispielsweise umständlichen und zeitraubenden Genehmigungsverfahren für die Eröffnung von Einzelhandelsgeschäften. Ferner führt das bestehende Verbot des Verkaufs zu Schleuderpreisen zu einigen Verwerfungen; das Ziel der Förderung der Hersteller und der Einzelhändler könnte effektiv durch weniger verzerrende Maßnahmen erreicht werden. Diese überzogenen Beschränkungen bei den reglementierten Wirtschaftszweigen und Berufen belasten den Wettbewerb und lassen die Preise in diesen Bereichen tendenziell steigen. Wie aus der eingehenden Überprüfung hervorgeht, beeinflussen höhere Preise im Bereich der Vorleistungen, auf die im Verarbeitenden Gewerbe nahezu ein Viertel der Produktionskosten entfällt, letztlich die Wettbewerbsfähigkeit französischer Unternehmen im Ausland. Bei den netzgebundenen Industrien wurden 2012 begrenzte Fortschritte erzielt. Der französische Strommarkt gehört nach wie vor zu den Märkten mit der höchsten Konzentration in der Union. Die regulierten Preise für Strom und Gas verzerren den Wettbewerb und stellen unverändert eine Markteintrittbarriere dar. Regulierte Tarife für gewerbliche Kunden sollten gemäß dem mit den französischen Behörden vereinbarten Zeitplan abgeschafft werden. Mehr Kapazität für das Verbundnetz mit den Nachbarländern und die Einleitung der Ausschreibungen für Wasserkraft-Konzessionen würden ebenfalls zur Wettbewerbsförderung am Strommarkt beitragen.

Im Eisenbahnbereich schrumpft der Schienengüterverkehr seit mehreren Jahren (so dass das Volumen in Tonnen/km zwischen 2006 und 2011 um 17 % zurückgegangen ist), und die Personenbeförderung unterliegt — mit Ausnahme der grenzüberschreitenden Dienste — nicht dem Wettbewerb. Mit der anstehenden Reform sollte gewährleistet werden, dass ein etwaiger neuer einheitlicher Infrastrukturbetreiber unabhängig vom derzeit etablierten Betreiber bleibt, damit ein fairer und diskriminierungsfreier Markteintritt gesichert ist.

(15)

Das französische Steuersystem ist unverändert komplex; aufgrund des breiten Spektrums an Befreiungen und Freibeträgen, aber auch wegen häufiger Änderung von Rechtsvorschriften mangelt es ihm an Effizienz. Trotz der Bemühungen zum Abbau und zur Straffung von Steuervergünstigungen bleiben die durch diese Regelungen entgangenen Einnahmebeträge hoch. Würde man sich für eine breit angelegte Körperschafts- und Einkommensbesteuerung zu niedrigen Sätzen entscheiden, wäre dies dem Wirtschaftswachstum und dem gesellschaftlichen Wohlergehen förderlicher. Der mittlere Mehrwertsteuer-(MwSt.)-Satz soll ab Januar 2014 von 7 % auf 10 % steigen. Dabei handelt es sich um einen Schritt in die richtige Richtung, es sind aber weitere Anstrengungen erforderlich. Insgesamt bleiben die durch Befreiungen von Steuern und Sozialversicherung entstehenden Kosten mit bis zu 10 % des BIP sehr hoch. Trotz der erwiesenen Unwirksamkeit einiger reduzierter Mehrwertsteuersätze, wie der für Restaurantdienstleistungen, wurden keine hinreichend differenzierten politischen Maßnahmen getroffen. Die Einführung der Körperschaftsteuervergünstigung CICE, die zum Teil durch die oben erwähnte Erhöhung des mittleren, aber auch des normalen Mehrwertsteuersatzes finanziert wird, verlagert Steuerlast weg vom Faktor Arbeit. Auch in anderen Bereichen sind jedoch Maßnahmen erforderlich, insbesondere zwecks einer Neugewichtung des Anteils der Umweltsteuern. Im vergangenen Jahr wurden in Frankreich einige Maßnahmen zum Abbau von Anreizen zur Fremdfinanzierung in der Unternehmensbesteuerung verabschiedet. Die Abzugsfähigkeit von Zinsen ist ab 3 Mio. EUR beschränkt; 2013 sind 15 % der Zinsen oberhalb dieser Grenze von der steuerlichen Abzugsfähigkeit ausgenommen, 2014 wird der Anteil auf 25 % gebracht. Es besteht jedoch Spielraum für weitere Verbesserungen

(16)

Die Arbeitslosenquote ist von 9,7 % im Jahr 2010 auf 10,2 % im Jahr 2012 gestiegen. Der Projektion der Kommission zufolge wird sie sich aufgrund eines anhaltend schwachen Wirtschaftswachstums auf 10,6 % im Jahr 2013 und auf 10,9 % im Jahr 2014 erhöhen. Vor diesem Hintergrund gibt die Segmentierung des französischen Arbeitsmarkts nach wie vor Anlass zur Besorgnis. Die Wahrscheinlichkeit des Wechsels aus einem befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis betrug 2010 lediglich 10,6 % — gegenüber durchschnittlich 25,9 % in der EU. Infolgedessen tragen gering qualifizierte Arbeitnehmer in prekären Beschäftigungsverhältnissen tendenziell die Hauptlast aller Anpassungsprozesse am Arbeitsmarkt. Im Mai 2013 wurde ein Gesetz verabschiedet, dass sich auf die im Januar 2013 von den Sozialpartnern geschlossene Branchenvereinbarung (ANI) zur Arbeitsplatzsicherung stützt. Darin sind mehr Rechte für Arbeitnehmer vorgesehen, es wird die Rechtsunsicherheit bei Entlassungen angegangen sowie eine größere Flexibilität für die Arbeitgeber vorgesehen. Dieses Gesetz ist ein positiver Schritt hin zu einer größeren Flexibilität des Arbeitsmarkts. In bestimmten Fragen ist die tatsächliche Umsetzung der Reform sowie ihre Auswirkung mit der Verabschiedung der weiteren Branchen- bzw. Unternehmensvereinbarungen verknüpft, die erforderlich sind, bevor die Vereinbarung voll in Kraft treten kann.

(17)

Ein Sechstel der jungen Menschen in Frankreich bricht die Schule oder eine Ausbildung ohne Abschluss ab. Dies beunruhigt besonders angesichts einer Jugendarbeitslosigkeit von 25,4 % zum Jahresende 2012 und der Tatsache, dass das Risiko der Arbeitslosigkeit bei den am wenigsten qualifizierten Jugendlichen fast doppelt so hoch ist. Pläne zur Förderung von Ausbildungsplätzen sollten vor allem den am wenigsten qualifizierten Jugendlichen zugutekommen. Die Anpassung nationaler Regelungen an die Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie gemäß den Empfehlungen des Rates vom 22. April 2013 (5) sollte bei der Reaktion auf diese Herausforderungen eine maßgebliche Rolle spielen. Trotz der 2009 eingeleiteten Reformen liegt die Beteiligungsquote der Erwachsenen am lebenslangen Lernen (2012 betrug sie 5,7 %, bei gering qualifizierten Erwachsenen 2,5 %) in Frankreich unter dem EU-Durchschnitt. Die vorgesehene Übertragung von Befugnissen an die Regionalräte könnte Gelegenheit bieten, sich mit den Schwächen des derzeitigen Systems zu beschäftigen. Trotz einem signifikanten Aufwärtstrend ist die Erwerbstätigenquote bei Arbeitnehmern im Alter von 55 bis 64 Jahren immer noch niedrig, im Median der EU Mitgliedstaaten (45,7 % im vierten Quartal 2012), und hat sich dem EU-Durchschnitt seit 2008 lediglich um die Hälfte angenähert (von 7,4 Punkten 2008 zu 3,8 Punkten 2012). Die Arbeitslosigkeit unter älteren Menschen nimmt im selben Maße wie die Gesamtarbeitslosigkeit zu. Die „Generationenverträge“ bilden zwar einen Schritt in die richtige Richtung, es ist allerdings nicht klar, in welchem Ausmaß sie zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer beitragen und die Rückkehr älterer Arbeitssuchender in Beschäftigungsverhältnisse erleichtern werden. Die öffentlichen Ausgaben Frankreichs für Arbeitslosengeld stiegen 2012 um 5,3 % und dürften sich dem Stabilitätsprogramm zufolge 2013 weiter um 6,1 % erhöhen. Das kumulierte Defizit der Arbeitslosenversicherung, das 2013 fast 1 % des BIP betragen dürfte, macht eine Reform der Leistungen für Arbeitslose erforderlich.

Insbesondere einige Elemente wie die Anspruchskriterien, die Degressivität der Leistungen im Zeitablauf oder die Lohnersatzleistungsquoten für die Arbeitnehmer mit den höchsten Löhnen sollten so angepasst werden, dass ein angemessener Anreiz zu arbeiten gewährleistet ist. In der neuen dreiseitigen Vereinbarung der öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienste („Pôle emploi“) ist eine differenzierte Betreuung Arbeitssuchender vorgesehen. Das Portfolio eines Arbeitsvermittlers hat jedoch aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit weiter zugenommen, und die Neuausrichtung der Strategie des Pôle emploi wird durch die ungünstige Wirtschaftslage beeinträchtigt. Insgesamt gesehen sind angesichts der negativen Wirtschaftsaussichten und des erwarteten weiteren Anstiegs der Arbeitslosigkeit in Frankreich zusätzliche Maßnahmen erforderlich.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Frankreichs umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Frankreich berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 wider.

(21)

Im Kontext des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets als Ganzes untersucht. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro (7) ist. Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte auch Frankreich für die vollständige und zeitnahe Umsetzung dieser Empfehlungen sorgen —

EMPFIEHLT, dass Frankreich im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

die Haushaltsstrategie im Jahr 2013 verstärkt und weiter befolgt; die Glaubwürdigkeit der Anpassung durch Konkretisierung der für 2014 und darüber hinaus erforderlichen Maßnahmen bis Herbst 2013 und durch deren Umsetzung fördert, damit eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits bis spätestens 2015 und das Erreichen der in den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit spezifizierten strukturellen Haushaltsanpassung gewährleistet sind; alle unerwarteten Mehreinnahmen zum Defizitabbau nutzt; eine dauerhafte Korrektur der Haushaltsungleichgewichte erfordert eine glaubwürdige Umsetzung ehrgeiziger Strukturreformen, damit sich die Anpassungskapazität erhöht und Wachstum und Beschäftigung gefördert werden; einen wachstumsfreundlichen Kurs der Haushaltskonsolidierung beibehält und die Wirksamkeit öffentlicher Ausgaben weiter verstärkt, insbesondere indem die Ausgabenkategorien sämtlicher Teilsektoren des Staates wie geplant überprüft werden; im Zuge des anstehenden Dezentralisierungsgesetzes Maßnahmen zur Erzielung höherer Synergien zwischen der zentralstaatlichen und kommunalen Ebene und damit verbundener Einsparungen ergreift; nach Korrektur des übermäßigen Defizits die strukturelle Haushaltsanpassung in einem angemessenen Tempo verfolgt, damit es das mittelfristige Haushaltsziel bis 2016 erreicht, bis Ende 2013 Maßnahmen trifft, um das Rentensystem bis spätestens 2020 nachhaltig ins Gleichgewicht zu bringen, beispielsweise durch eine Anpassung der Indexierungsregeln, durch Anhebung des für die Vollrente erforderlichen Beitragszeitraums, durch weitere Anhebung des tatsächlichen Rentenalters, durch eine Angleichung des Rentenalters und der Rentenzahlungen an die Veränderungen bei der Lebenserwartung sowie durch eine Überprüfung von Sonderregelungen, ohne dabei die Sozialbeiträge der Arbeitgeber zu erhöhen, und die Kosteneffizienz der Gesundheitsausgaben, unter anderem auch bei den Arzneimittelausgaben, erhöht;

2.

dafür sorgt, dass die Senkung der Arbeitskosten durch den „Credit d’impôt pour la compétitivité et l’emploi“ den vorgesehenen Betrag erbringt und andere Maßnahmen dem Effekt nicht entgegenwirken; weitere Maßnahmen zur Senkung der Arbeitskosten ergreift, insbesondere durch zusätzliche Schritte zur Verringerung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber unter Beteiligung der Sozialpartner; sicherstellt, dass die Entwicklung des Mindestlohns die Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördert, wobei zu berücksichtigen ist, dass Lohnstützungssysteme und Befreiungen von den Sozialbeiträgen bestehen;

3.

weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Geschäftsumfelds trifft und die Innovations- und Exportkapazität von Unternehmen, vor allem von KMU und mittelgroßen Unternehmen, entwickelt; insbesondere die angekündigte Initiative zur Vereinfachung des regulatorischen Rahmens einleitet und die Rahmenbedingungen für Innovationen durch die Förderung des Technologietransfers und der kommerziellen Nutzung von Forschungsergebnissen, einschließlich einer Neuorientierung der Wettbewerbszentren, verbessert;

4.

Maßnahmen zur Förderung des Wettbewerbs im Dienstleistungsbereich trifft; ungerechtfertigte Beschränkungen des Zugangs zu und der Ausübung von freiberuflichen Dienstleistungen abschafft, insbesondere was Rechtsform, Beteiligungsstruktur, Quoten und Gebietsbeschränkungen betrifft; Maßnahmen zur Vereinfachung der Genehmigung zur Eröffnung von Einzelhandelsgeschäften und zur Abschaffung des Verbots des Verkaufs zu Schleuderpreisen ergreift; die regulierten Gas- und Stromtarife für gewerbliche Kunden abschafft und die Kapazität des Verbundnetzes mit den Nachbarländern verstärkt; im Eisenbahnbereich die Personenbeförderung im Inland für den Wettbewerb öffnet;

5.

die Anstrengungen zur Vereinfachung des Steuersystems und zu dessen Effizienzsteigerung unter Wahrung der Kontinuität steuerlicher Vorschriften im Zeitverlauf fortsetzt; zusätzliche Maßnahmen zur Abschaffung der Begünstigung von Fremdfinanzierung in der Unternehmensbesteuerung ergreift; die Bemühungen zur Verringerung und Straffung der Einkommen- und Körperschaftsteuervergünstigungen bei gleichzeitiger Reduzierung der gesetzlich vorgeschriebenen Sätze verstärkt; reduzierte MwSt.-Sätze stärker an den Regelsatz heranführt und ineffiziente reduzierte Sätze abschafft; weitere Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung der Arbeit und zur verstärkten Ausrichtung der Besteuerung auf Umwelt und Verbrauch ergreift;

6.

in Absprache mit den Sozialpartnern die Branchenvereinbarung vom Januar 2013 unverzüglich in Gänze umsetzt; weitere Maßnahmen ergreift, um der Segmentierung des Arbeitsmarkts entgegenzuwirken, und dabei besonders die Lage der bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigten Arbeitnehmer berücksichtigt; dringend zusammen mit den Sozialpartnern und im Einklang mit der nationalen Praxis eine Reform der Leistungen für Arbeitslose einleitet, damit sowohl die Tragfähigkeit des Systems als auch angemessene Anreize zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit gewährleistet sind; die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer und deren Beteiligung am Arbeitsmarkt fördert; gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsperspektive älterer Arbeitsloser insbesondere durch spezifische Beratung und Fortbildung ergreift; die Beteiligung von Erwachsenen, insbesondere der am wenigsten qualifizierten und der arbeitslosen, am lebenslangen Lernen erhöht; sicherstellt, dass die staatlichen Arbeitsvermittlungsdienste wirkungsvoll individualisiert helfen und die aktive Arbeitsmarktpolitik tatsächlich auf die am meisten Benachteiligten abzielt; weitere Maßnahmen ergreift, um den Übergang von der Schule zur Arbeit reibungsloser zu gestalten, beispielsweise durch eine Jugendgarantie (8) und den Ausbau des Lehrstellenangebots.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 31.

(5)  ABl. C 120 vom 26.4.2013, S. 1.

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.

(8)  Eingerichtet durch die Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 (ABl. C 120 vom 26.4.2013, S. 1)


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/33


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Deutschlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Deutschlands für die Jahre 2012 bis 2017

2013/C 217/09

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 hat der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zugestimmt, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 hat der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) angenommen und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, den integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ beschlossen, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie haben Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten beschlossen, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 hat der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Deutschlands für 2012 angenommen und eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Deutschlands für die Jahre 2012 bis 2016 abgegeben.

(5)

Am 28. November 2012 hat die Kommission den Jahreswachstumsbericht angenommen, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 hat die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den zweiten Warnmechanismus-Bericht angenommen, in dem Deutschland nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen war.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung der Finanzstabilität, der Haushaltskonsolidierung und der Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung. Er betonte die Notwendigkeit, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 12. April 2013 übermittelte Deutschland sein nationales Reformprogramm 2013 und am 17. April 2013 sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012-2017. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass die öffentlichen Finanzen Deutschlands insgesamt solide sind und das mittelfristige Haushaltsziel erreicht worden ist. Das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenarium ist plausibel. Die makroökonomischen Projektionen des Stabilitätsprogramms decken sich hinsichtlich des Tempos und Verlaufs des Wirtschaftswachstums 2013 und 2014 weitgehend mit der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen sowie mit der von der Kommission geschätzten mittelfristigen Potenzialwachstumsrate. Mit der im Stabilitätsprogramm beschriebenen Haushaltsstrategie wird darauf abgezielt, das mittelfristige Haushaltsziel weiterhin zu erreichen. Das bisherige mittelfristige Haushaltsziel von 0,5 % des BIP wird im Stabilitätsprogramm bestätigt. Das mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Deutschland hat 2012 einen strukturellen Haushaltsüberschuss erzielt und damit das mittelfristige Haushaltsziel erreicht. Nach dem Stabilitätsprogramm wird der (neu berechnete) (5) strukturelle Saldo in den Jahren 2013 und 2014 positiv bleiben, was sich im Großen und Ganzen mit der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen deckt, so dass Spielraum für ein freies Wirken der automatischen Stabilisatoren entstanden ist. Deutschland hat 2012 auch den Ausgabenrichtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts eingehalten. Ausgehend von den Angaben im Stabilitätsprogramm würde das um diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen bereinigte Wachstum der Staatsausgaben 2013 den Ausgabenrichtwert überschreiten, im Jahr 2014 den Richtwert hingegen einhalten. Dem Programm zufolge wird die Bruttoverschuldung 2013 auf 80,5 % des BIP sinken und danach auf einem Abwärtspfad bleiben.

Nach der Korrektur des übermäßigen Defizits 2011 befindet sich Deutschland in einer Übergangszeit in Bezug auf die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau und hat genügend Fortschritte erzielt, um das Schuldenstandskriterium 2012 einzuhalten. Wird das Stabilitätsprogramm wie geplant umgesetzt, so werden auch genügende Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung des Schuldenstandkriteriums im Jahr 2013 erzielt und der Schuldenrichtwert wird Ende der Übergangszeit 2014 eingehalten. Insgesamt erscheinen die Defizit- und Schuldenstandsziele realistisch.

(10)

Deutschland hat bei der Verbesserung der Effizienz der öffentlichen Ausgaben für Gesundheit und Pflege lediglich begrenzte Fortschritte erreicht. Die bisherigen Reformanstrengungen im Gesundheitssektor und die diesjährige Pflegereform scheinen nicht ausreichend, um die erwarteten künftigen Kostensteigerungen zu dämpfen. Deutschland scheint auf gutem Wege, das nationale Ziel für Bildungs- und Forschungsausgaben einzuhalten, sollte sich aber noch ehrgeizigere Folgeziele setzen, um mit den innovativsten Volkswirtschaften gleichzuziehen.

(11)

Deutschland schöpft wachstumsfreundliche Einnahmequellen nicht in ausreichendem Maße aus. Die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von derzeit 7 % auf ein inzwischen recht breit gefächertes Spektrum von Waren und Dienstleistungen könnte eingeschränkt und die MwSt.-Verwaltung überprüft werden, um die Effizienz, die Steuererhebung und die Betrugsbekämpfung zu verbessern. Die Einnahmen aus periodischen Immobilienabgaben sind in Deutschland mit 0,5 % des BIP im Jahr 2011gegenüber 1,3 % in der EU-27 besonders niedrig. Dies könnte Spielraum für eine Erhöhung der Einnahmen aus der auf Gemeindeebene erhobenen Grundsteuer, insbesondere durch Neubewertung der Steuerbemessungsgrundlage, lassen.

(12)

Bei der Umsetzung der in der Verfassung festgelegten Regel des ausgeglichenen Haushalts („Schuldenbremse“) wurden seit der letztjährigen Empfehlung einige Fortschritte erzielt. Allerdings scheinen in den meisten Bundesländern noch die jeweiligen Durchführungsbestimmungen erforderlich zu sein, um eine wirksame Anwendung der Schuldenbremse im jährlichen Haushaltsverfahren sicherzustellen.

(13)

Der Finanzsektor hat signifikante Anpassungen durchlaufen und der Regulierungs- und Aufsichtsrahmen wurde gestärkt. Die Entscheidungen der Kommission über staatliche Beihilfen haben die Umstrukturierung der Landesbanken weiter vorangetrieben. Nach wie vor scheinen jedoch einer marktgetriebenen Konsolidierung im Bankensektor Governance-Hindernisse entgegenzustehen, die die Gesamteffizienz des Finanzsektors beeinträchtigen.

(14)

Deutschland hat nur in begrenztem Maße Maßnahmen ergriffen, um die signifikanten Fehlanreize für Zweitverdiener abzuschaffen, und die Verfügbarkeit von Ganztagskindertagesstätten und -schulen sollte weiter erhöht werden. Deutschland hat einige Fortschritte bei der Anhebung des Bildungsniveaus benachteiligter Menschen erzielt, doch alle Bundesländer sollten weiterhin ehrgeizig daran arbeiten, ein Schulsystem zu schaffen, das gleiche Chancen für alle bietet. Die politischen Maßnahmen zur Verringerung der hohen Steuer- und Abgabenlast für Geringverdiener hatten bislang nur einen begrenzten Umfang. Die Maßnahmen zur Verbesserung der Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt sollten verbessert werden. Deutschland sollte mehr tun, um die auf Niedriglöhne erhobenen hohen Steuern und Sozialabgaben zu verringern. Es sind weitere Anstrengungen notwendig, um die Umwandlung von bestimmten Beschäftigungsverhältnissen wie den Minijobs in nachhaltigere Beschäftigungsformen zu verbessern und damit eine Segmentierung des Arbeitsmarkts zu vermeiden. Die Reallöhne liegen zwar nach wie vor unter dem Stand von 2000, was zum strukturellen Rückgang der Arbeitslosenquote von 8 % auf 5,5 % beigetragen hat, doch hat seitdem bei den Reallöhnen ein dynamisches Wachstum eingesetzt, ohne die Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen. Gleichzeitig haben die Lohndisparitäten zugenommen.

(15)

Deutschland strebt an, die gesamtwirtschaftlichen Kosten des Umbaus des Energiesystems so gering wie möglich zu halten. Bislang hat zu einigen ersten Ergebnissen geführt, aber die Gesamtkosten sind weiter angestiegen und nach wie vor bestehen größere Risiken und potenzielle Ineffizienzen. Deutschland unternimmt signifikante Anstrengungen, den Ausbau der Energienetze zu beschleunigen. Die Koordinierung seiner nationalen Energiepolitik mit den Energiepolitiken der Nachbarländer ist unzureichend.

(16)

Die Situation im Dienstleistungssektor hat sich seit 2012 nicht signifikant verändert und im Hinblick auf den Zugang zu bestimmten Berufen und deren Ausübung gibt es nach wie vor Beschränkungen. Deutschland sollte stärker an der Öffnung des Dienstleistungssektors arbeiten, indem ungerechtfertigte Beschränkungen und Marktzutrittsschranken abgeschafft werden, was das Preisniveau senken und Dienstleistungen für die unteren Einkommensgruppen erschwinglicher machen wird. In vielen Handwerksbranchen, einschließlich im Baugewerbe, ist nach wie vor ein Meisterbrief oder eine gleichwertige Qualifikation erforderlich, um einen Betrieb zu führen. Im Baugewerbe bestehen außerdem Einschränkungen hinsichtlich der kommerziellen Kommunikation und der Zulassungsverfahren. Viele freiberufliche Dienstleistungen unterliegen zudem Anforderungen an die Rechtsform und in Bezug auf die Gesellschafter. Deutschland könnte prüfen, ob sich die gleichen Ziele des öffentlichen Interesses nicht durch eine weniger strikte Reglementierung erreichen ließen. Die Verschiedenheit der Regelungen auf Länderebene deutet ebenfalls darauf hin, dass Raum für weitere Anstrengungen besteht, um die mit dem geringsten Aufwand verbundenen regulatorischen Ansätze zu ermitteln und deren Anwendung bundesweit auszudehnen und auf diese Weise den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen zu verringern. Der Grad des wirksamen Wettbewerbs im Schienenverkehrssektor ist weiterhin niedrig. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe ist der Wert der von den deutschen Behörden gemäß dem Unionsrecht veröffentlichten Aufträge sehr gering. Das Gesetzgebungsverfahren im Zusammenhang mit der Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist noch nicht abgeschlossen. Im Einzelhandel werden Marktzutritte durch Planungsvorschriften erheblich behindert.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Deutschlands eingehend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Deutschland berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm Deutschlands geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezifische Empfehlungen abgegeben, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind, deren Währung der Euro (7) ist. Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Deutschland sicherstellen, dass auch diese Empfehlungen vollständig und fristgerecht umgesetzt werden —

EMPFIEHLT, dass Deutschland im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

eine solide Haushaltsposition wie geplant beibehält, die die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels während des Programmzeitraums sicherstellt; eine wachstumsfreundliche Finanzpolitik betreibt durch zusätzliche Anstrengungen zur Verbesserung der Kosteneffizienz der öffentlichen Ausgaben im Gesundheitswesen und in der Pflege, indem die Leistungserbringung besser integriert wird und Prävention, Rehabilitation und eigenständige Lebensführung stärker in den Mittelpunkt gestellt werden; die Effizienz des Steuersystems verbessert, insbesondere durch Erweiterung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage und Neubewertung der Bemessungsgrundlage für die von den Gemeinden erhobene Grundsteuer; den vorhandenen Spielraum nutzt, damit auf allen staatlichen Ebenen mehr und effizienter als bisher wachstumsfördernde Bildungs- und Forschungsausgaben getätigt werden; die kohärente Umsetzung der Schuldenbremse in allen Bundesländern abschließt und dabei zeitnahe und sachdienliche Kontrollverfahren und Korrekturmechanismen sicherstellt;

2.

Bedingungen für ein die Binnennachfrage stützendes Lohnwachstum aufrechterhält; zu diesem Zweck die hohe Steuer- und Abgabenbelastung, insbesondere für Geringverdiener, senkt und das Bildungsniveau benachteiligter Menschen anhebt; geeignete Aktivierungs- und Integrationsmaßnahmen insbesondere für Langzeitarbeitslose aufrechterhält; die Umwandlung von atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie Minijobs in nachhaltigere Beschäftigungsformen erleichtert; Maßnahmen ergreift, um die Arbeitsanreize und die Vermittelbarkeit von Arbeitnehmern, insbesondere für Zweitverdiener und Geringqualifizierte, zu verbessern, auch um deren Einkommen zu steigern; zu diesem Zweck Fehlanreize für Zweitverdiener abschafft und die Verfügbarkeit der Ganztagskindertagesstätten und -schulen weiter erhöht;

3.

die Koordinierung seiner Energiepolitik mit den Nachbarländern verbessert und die gesamtwirtschaftlichen Kosten des Umbaus des Energiesystems so gering wie möglich hält, insbesondere durch weitere Überprüfung der Kosteneffizienz der energiepolitischen Instrumente zur Erreichung der Ziele bei den erneuerbaren Energien und durch Fortsetzung der Anstrengungen, den Ausbau der nationalen und grenzüberschreitenden Strom- und Gasnetze zu beschleunigen;

4.

Maßnahmen ergreift, um den Wettbewerb im Dienstleistungssektor weiter zu beleben, einschließlich bestimmter Handwerke, insbesondere im Baugewerbe, und der freien Berufe, um inländische Wachstumsquellen zu fördern; dringend Maßnahmen ergreift, um den Wert der im öffentlichen Auftragswesen vergebenen Aufträge signifikant zu steigern; die angekündigten Reformgesetze zur Verbesserung der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts hinsichtlich der Wettbewerbshemmnisse erlässt und umsetzt; Planungsbeschränkungen beseitigt, die Marktzutritte im Einzelhandel in unangemessener Weise einschränken; weitere Maßnahmen ergreift, um die verbleibenden Wettbewerbshindernisse auf den Schienenverkehrsmärkten zu beseitigen; die Anstrengungen zur Konsolidierung im Bankensektor fortsetzt, auch durch die Verbesserung des Governance-Rahmens.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 35.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen anhand der Programmdaten unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/37


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/10

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei der Ausgestaltung ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Ungarns für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm Ungarns für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Ungarn als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Ungarn durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die angestellte Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Ungarn makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und entschlossener politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die laufende Anpassung des stark negativen Nettoauslandsvermögensstatus, die vor allem durch den Verschuldungsabbau im privaten Sektor vor dem Hintergrund hoher gesamtstaatlicher Schulden und eines schwachen Unternehmensumfelds bedingt ist, verdient nach wie vor genaueste Aufmerksamkeit, um die erheblichen Risiken nachteiliger Auswirkungen auf die Funktionsweise der Wirtschaft zu verringern.

(9)

Am 22. April 2013 übermittelte Ungarn sein nationales Reformprogramm 2013 und am 24. April 2013 sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016. Um den Querverbindungen zwischen den beiden Programmen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2013 etwas optimistisch ist. Die Wachstumsprognosen der ungarischen Behörden in Höhe von 0,7 % für 2013 bzw. 1,9 % für 2014 liegen um etwa 0,5 Prozentpunkte über der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen. Das Ziel der in dem Konvergenzprogramm dargelegten Haushaltsstrategie besteht darin, eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2012, der vom Rat entsprechend der Empfehlung des Rates vom 13. März 2012 im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit festgesetzten Frist, und die weitere Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsiels zu gewährleisten. Ungarn hat 2012 erhebliche Konsolidierungsanstrengungen unternommen und mit einem Haushaltsdefizit von 1,9 % des BIP das vom Rat empfohlene Defizitziel von 2,5 % des BIP schließlich sogar noch unterschritten, was zum Teil auf zusätzliche einmalige Einnahmen in Höhe von 0,2 % des BIP zurückzuführen ist, die zusätzlich zu denjenigen, die zum Zeitpunkt dieser Empfehlung des Rates bereits berücksichtigt worden waren, erzielt wurden. Allerdings konzentrierten sich die Korrekturmaßnahmen für das Jahr 2012 und darüber hinaus — insbesondere die im Herbst 2012 angekündigten Maßnahmen — vor allem auf die Einnahmenseite und waren vor allem auf ausgewählte Wirtschaftszweige ausgerichtet, was Fragen im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Konsolidierungsanstrengungen aufwarf. Der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge sind weitere Anstrengungen sowohl für 2013 als auch für 2014 erforderlich, um das übermäßige Defizit dauerhaft zu korrigieren. Nach der Veröffentlichung der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen nahm die Regierung ein neues Korrekturpaket, das sich auf die Ausgabenseite konzentriert, an, und auf der Grundlage der aktualisierten Bewertung der Kommissionsdienststellen wird davon ausgegangen, dass das Defizit dank der neuen Maßnahmen sowohl 2013 als auch 2014 unter der Schwelle von 3 % des BIP bleiben wird.

Durch das Konvergenzprogramm wurde das mittelfristige Haushaltsziel, bei dem zuvor ein struktureller Saldo von – 1,5 % des BIP angestrebt wurde, auf – 1,7 % des BIP abgeändert. Das neue mittelfristige Haushaltsziel steht in Einklang mit den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Ungarn verzeichnete 2012 einen strukturellen Saldo von – 0,7 % des BIP, der Saldo lag nämlich deutlich über dem neu festgesetzten mittelfristigen Haushaltsziel, und in der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen wird davon ausgegangen, dass der strukturelle Saldo im Laufe des Prognosezeitraums im Einklang mit dem mittelfristigen Haushaltsziel bleiben und 2013 bei – 1,1 % und 2014 bei – 1,8 % liegen wird. Infolge der Maßnahmen, die nach der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen angenommen wurden, könnte der strukturelle Saldo auch im Jahr 2014 über dem mittelfristigen Haushaltsziel liegen. Das Wachstum der Staatsausgaben in den Jahren 2013 und 2014 ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen wird im Großen und Ganzen im Einklang mit der mittelfristigen Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums liegen, dürfte diese in den Jahren 2015 und 2016 jedoch deutlich übersteigen. Somit wird der Richtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts für die Ausgaben in diesen beiden Jahren nicht eingehalten werden. Nach den Plänen der Regierung soll die Schuldenquote während des gesamten Programmzeitraums fortlaufend sinken — von 79,2 % im Jahr 2012 auf 77,2 % im Jahr 2014 und weiter auf 73,4 % im Jahr 2016 — und damit über dem Referenzwert von 60 % des BIP liegen. Demgegenüber ging die Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen unter Berücksichtigung von mit den Konsolidierungsplänen verbundenen Risiken nur von einem geringfügigen Rückgang auf 78,9 % des BIP im Jahr 2014 aus; infolge der neuen Korrekturmaßnahmen dürfte dieser Wert rund 0,5 Prozentpunkte niedriger liegen. Ungarn wird sich ab 2013 im Hinblick auf das Schuldenstandskriterium in einer Übergangszeit befinden, und der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge macht das Land ausreichende Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung des Schuldenstandskriteriums in den Jahren 2013 und 2014.

(11)

Der mittelfristige Haushaltsrahmen hat weiterhin lediglich Hinweischarakter, so dass der haushaltspolitische Planungshorizont sich ausschließlich auf das derzeitige Haushaltsjahr bezieht. Darüber hinaus stehen Aufgabenbereich und Analysekapazitäten des Finanzrats — obwohl es hier in jüngster Zeit Verbesserungen gegeben hat — nicht in Einklang mit seinen neuen Vetobefugnissen und dem Bedarf an systematischer Ex-Post-Bewertung der Einhaltung numerischer Haushaltsregeln. Eine Stärkung des mittelfristigen Haushaltsrahmens und eine Ausweitung des offiziellen Aufgabenbereichs des Finanzrats würden dazu beitragen, die Stabilität und Glaubwürdigkeit des vor kurzem überarbeiteten finanzpolitischen Kontrollrahmens zu erhöhen.

(12)

Der Schuldenabbau im ungarischen Finanzsektor schreitet sehr rasch voran, zum Teil infolge finanzpolitischer Maßnahmen, die erhebliche negative Auswirkungen auf die Rentabilität der Banken hatten und zur Verschärfung der Kreditbedingungen beitragen. Eine der wichtigsten Herausforderungen für den Finanzsektor ist das Management der rückläufigen Portfolioqualität in Verbindung mit einer zunehmenden Zahl notleidender Kredite. In den letzten Jahren hat die Regierung verschiedene Maßnahmen angenommen, um Kreditnehmer von Krediten in Fremdwährung zu unterstützen, was mehrfach ohne Konsultation der Akteure im Bankensektor erfolgte. Diese Maßnahmen waren allerdings nicht immer gezielt auf Kreditnehmer in Schwierigkeiten ausgerichtet. Die Annahme einer Reihe von Maßnahmen innerhalb kurzer Zeit könnte die unverhältnismäßige Risikobereitschaft („Moral Hazard“) bei den Kreditnehmern erhöhen, da diese fortlaufend auf weitere staatliche Hilfe zählen. Die globale Finanzkrise hat gezeigt, in welchem Maße das bestehende Bankensystem nationale Behörden dazu zwingen kann, Maßnahmen zur Sicherung der finanziellen Stabilität zu ergreifen. Im ersten Finanzhilfeprogramm für Ungarn wurde die Notwendigkeit eines dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Aufsichtssystems, in dem die Finanzaufsichtsbehörde über wirksame Dringlichkeitsbefugnisse verfügt, und der Einrichtung eines Streitbeilegungsverfahrens bekräftigt. In den letzten drei Jahren wurden zwar die Befugnisse der ungarischen Finanzaufsichtsbehörde erheblich erweitert, der Gesetzgeber hat diese Behörde allerdings nicht mit ausreichenden Kontrollbefugnissen ausgestattet.

(13)

Ungarn hat die 2012 formulierte Empfehlung zur Festlegung eines nicht wettbewerbsverzerrenden und stabilen Regelungsrahmens für die Unternehmensbesteuerung nicht befolgt und die Steuerbelastung in ausgewählten Wirtschaftszweigen durch die Einführung weiterer dauerhafter branchenspezifischer Zusatzsteuern erhöht. Während das Konzept der im Rahmen des Beschäftigungsschutzgesetzes eingeführten neuen Steuern für Kleinunternehmen positiv beurteilt wird, behindert das Vorhandensein verschiedener Steuersätze in den verschiedenen Wirtschaftszweigen eine wirksame Ressourcenzuweisung und beeinträchtigt die Investitions- und Kredittätigkeit. Die Einführung herabgesetzter Sozialversicherungsbeitragssätze im Rahmen des Beschäftigungsschutzgesetzes ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit zu senken. Allerdings ist die Steuer- und Abgabenbelastung bei Kleinverdienern weiterhin hoch und eine Feinabstimmung des Systems zur besseren Abstimmung auf diese Gruppe wäre wünschenswert. Ungarn plant auch die Annahme mehrerer Maßnahmen, um die Einhaltung der Steuervorschriften zu verbessern, zum Beispiel die obligatorische Verbindung aller Registrierkassen mit den Steuerbehörden. Die im Bereich der Energiesteuern ergriffenen Maßnahmen bieten keinen Anreiz zur Verringerung des Energieverbrauchs und haben wettbewerbsverzerrende Auswirkungen.

(14)

Die niedrige Beschäftigungsquote geht trotz der jüngsten Verbesserungen mit einer sehr niedrigen Erwerbsbeteiligung einher. Die Jugendarbeitslosigkeit ist von 11 % im Jahr 2001 auf 28,1 % im Jahr 2012 gestiegen. Im Rahmen der Regelung für öffentliche Arbeiten wird der Großteil der Haushaltmittel eingesetzt, um Langzeitarbeitslose mit Einkommensersatzleistungen statt Sozialleistungen zu versorgen, allerdings ist der langfristige Nutzen im Sinne der Beschäftigungsfähigkeit noch nicht erwiesen. Ungarn hat die aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gestärkt, für bestimmte benachteiligte Gruppen sollte der Zugang zu diesen Maßnahmen jedoch verbessert werden. Das Niveau der Beteiligung am lebenslangen Lernen zählt weiterhin zu den niedrigsten in der Union. In den letzten fünf Jahren ist die Beschäftigungsquote der Frauen auf weitgehend unverändert niedrigem Stand geblieben. Um Frauen zur Teilnahme am Erwerbsleben zu ermutigen, hat die Regierung die Kinderbetreuungsmöglichkeiten ausgebaut und flexible Arbeitsregelungen gefördert. Die soziale Lage verschlechtert sich weiter: 31 % der Bevölkerung sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, und ein hoher Anteil der Bevölkerung hat mit erheblichen materiellen Entbehrungen zu kämpfen. Benachteiligte Gebiete und Gemeinschaften, insbesondere die Roma, sind weiterhin unverhältnismäßig stark von Armut betroffen.

(15)

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in Ungarn in den letzten drei Jahren infolge einer Reihe von Maßnahmen, darunter Beschränkungen für Investoren, und eines instabilen Regelungsrahmens kontinuierlich verschlechtert. Die jüngsten Beschränkungen, von denen ausländische Investoren unverhältnismäßig stark betroffen sind, konzentrieren sich vor allem auf den Dienstleistungssektor einschließlich Einzelhandel. Das Programm zur Vereinfachung der staatlichen Verwaltung umfasste 114 Maßnahmen zur Verringerung der Bürokratiekosten in der Unternehmensverwaltung um rund 500 Mrd. HUF, allerdings kam es bei der Umsetzung des Programms zu Verzögerungen. Im öffentlichen Beschaffungswesen gibt es trotz des Inkrafttretens eines neuen Gesetzes am 1. Januar 2012 weiterhin kaum Wettbewerb. Das Korruptionsbekämpfungsprogramm ist ein zentrales Element des Programms „Magyary“. Da der Schwerpunkt des Korruptionsbekämpfungsprogramm jedoch im Bereich öffentlicher Verwaltung liegt, geht es weder die unzureichende Rechtsdurchsetzung in diesem Bereich noch strengere Kontrollen zur Parteienfinanzierung — ein Bereich, der besondere Sorgen bereitet — an. Obwohl die Umsetzung einiger Schlüsselmaßnahmen bereits begonnen hat, wurden viele der angekündigten Maßnahmen noch nicht ergriffen. Auch die mangelnde Überwachung der Maßnahmen, die umgesetzt werden, ist weiterhin problematisch. Die Entwicklungen in Ungarn in den Jahren 2012 und 2013 haben die Sorgen hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz verstärkt. Nach dem Europäischen Innovationsanzeiger gilt Ungarn als mäßig innovativ. Investitionen in Forschung und Entwicklung der Unternehmen werden vor allem von ausländischen Unternehmen getätigt.

(16)

Ungarn ist es gelungen, die Anzahl der Schulabbrecher zu verringern. Da es jedoch immer noch erhebliche regionale Unterschiede gibt, könnten die neuen Elemente des zentralisierten Bildungssystems — wenn sie nicht mit entsprechender Umsicht umgesetzt werden — negative Auswirkungen haben und soziale Ungleichheiten und Ausgrenzung verstärken. Obwohl die Zahl der Studienanfänger in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat, müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um den EU-Durchschnitt und das im Rahmen von Europa 2020 vorgesehene nationale Ziel zu erreichen. Es sollte gewährleistet werden, dass die laufende Hochschulreform den Zugang für benachteiligte Schüler verbessert.

(17)

Die Umsetzung der Maßnahmen des Szell-Kalman-Plans, der auf die Verbesserung der Kosteneffizienz und der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Verkehrssystems abzielt, ist Gegenstand erheblicher Verzögerungen und das Fehlen einer umfassenden Verkehrsstrategie behindert die finanzielle Tragfähigkeit des Verkehrssystems. Während Ungarn wie 2012 empfohlen die Netzverbindungen mit den Stromnetzen seiner Nachbarn in angemessenem Umfang ausgebaut hat, geben die fehlende Unabhängigkeit der Energieregulierungsbehörde bei der Festsetzung der Energiepreise sowie der hohe Anteil der regulierten Energiepreise unter Privathaushalten sowie kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) weiterhin Anlass zur Sorge.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Ungarns umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Ungarn berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt insbesondere die untenstehende Empfehlung 1 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln die untenstehenden Empfehlungen 1, 2, 3, 4, 5 und 7 wider —

EMPFIEHLT, dass Ungarn im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

eine glaubwürdige und wachstumsfreundliche Haushaltsstrategie umsetzt, indem es angibt, welche Maßnahmen unter besonderer Beachtung der Ausgabeneinsparungen erforderlich sind, und im Zeitraum des Konvergenzprogramms eine solide Haushaltsposition unter Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels beibehält; aufbauend auf den genannten Schritten die gesamtstaatliche Schuldenquote auf einen soliden Abwärtskurs bringt, unter anderem mit Blick auf eine Verringerung der aufgelaufenen makroökonomischen Ungleichgewichte; den mittelfristigen Haushaltsrahmen verstärkt, indem es dessen Verbindlichkeit erhöht und ihn eng an numerische Haushaltsregeln bindet; den offiziellen Aufgabenbereich des Finanzrats erweitert und die Transparenz erhöht, einschließlich durch systematische nachträgliche Kontrolle der Einhaltung anhand numerischer Haushaltsregeln sowie durch die Erstellung regelmäßiger finanzpolitischer Prognosen und von Bewertungen der budgetären Auswirkungen wichtiger politischer Vorschläge;

2.

die Wiederherstellung einer normalen Kreditvergabe an die Wirtschaft unterstützt, vor allem durch eine verbesserte Kapitalbildung im Finanzsektor, u. a. indem die diesem derzeit auferlegten zusätzlichen Belastungen verringert werden; die Portfolioqualität verbessert, indem es die Bankenbilanzen um wertgeminderte Aktiva bereinigt, die Akteure zu neuen politischen Initiativen konsultiert und sicherstellt, dass die neuen politischen Maßnahmen den „Moral Hazard“ bei den Kreditnehmern nicht erhöhen; die Regulierung und Aufsicht im Finanzsektor verstärkt, insbesondere indem die Finanzaufsichtsbehörde mit wirksameren Dringlichkeitsbefugnissen ausgestattet und eine Bankensanierungsregelung eingerichtet wird;

3.

für ein stabileres, ausgewogeneres und vorhersehbares System der Unternehmensbesteuerung sorgt; die Unternehmensbesteuerung vereinfacht und die durch branchenspezifische Steuern geschaffenen Verzerrungen bei der Ressourcenallokation so weit wie möglich reduziert; die Besteuerung der Arbeit weiterhin beschäftigungsfreundlicher gestaltet, indem die steuerliche Belastung von Geringverdienern verringert wird, unter anderem durch Verfeinerung der Förderkriterien für das Beschäftigungsschutzgesetz und durch Verlagerung der Steuern hin zu Umweltsteuern; die bereits angekündigten Maßnahmen zur Verbesserung der Einhaltung von Steuervorschriften und zur Verringerung der damit verbundenen Kosten uneingeschränkt umsetzt und verstärkt;

4.

Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit ergreift, zum Beispiel durch eine „Jugendgarantie“ (6); die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen verstärkt und das Profiling-System der öffentlichen Arbeitsverwaltung ausbaut; die Dominanz der Regelung für öffentliche Arbeiten innerhalb der beschäftigungspolitischen Maßnahmen verringert und dessen aktivierende Elemente stärkt; die Ausbildungsmaßnahmen zur Förderung der Teilnahme am lebenslangen Lernen verstärkt; die Kinderbetreuungsmöglichkeiten zur Förderung der Erwerbsbeteiligung von Frauen weiter ausbaut; dafür sorgt, dass das Ziel der nationalen Strategie zur sozialen Inklusion in alle Politikbereiche mit einbezogen wird, um die Armut insbesondere bei Kindern und in der Volksgruppe der Roma zu verringern;

5.

unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen schafft und insbesondere wieder attraktive Rahmenbedingungen für ausländische Direktinvestoren herstellt, indem der Regelungsrahmen stabilisiert und der Marktwettbewerb gefördert wird; die vollständige Umsetzung der zum Abbau des Verwaltungsaufwands vorgesehenen Maßnahmen gewährleistet, den Wettbewerb im öffentlichen Beschaffungswesen verbessert und weitere adäquate Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung ergreift; die Justiz weiter stärkt; die vor kurzem eingeführten Hindernisse im Dienstleistungssektor einschließlich der Einzelhandelsdienste beseitigt; gezielte Anreize zur Förderung innovativer Unternehmen schafft;

6.

eine nationale Strategie für Schulabbrecher umsetzt und sicherstellt, dass das Bildungssystem alle jungen Menschen mit arbeitsmarktrelevanten Fähigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen ausstattet; den Zugang zu einer inklusiven allgemeinen Bildung für Benachteiligte, insbesondere Roma, verbessert; die Übergänge zwischen den verschiedenen Bildungsstufen und zum Arbeitsmarkt erleichtert; eine Hochschulreform durchführt, die auf eine Erhöhung der Hochschulabsolventenquote, insbesondere in der Gruppe der benachteiligten Studierenden, abzielt;

7.

die regulierten Energiepreise allmählich abschafft und gleichzeitig den wirksamen Schutz wirtschaftlich schwacher Verbraucher gewährleistet; weitere Schritte unternimmt, um die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde zu gewährleisten; die finanzielle Tragfähigkeit staatseigener Unternehmen im Verkehrssektor sicherstellt, indem betriebliche Aufwendungen gesenkt und die Einnahmen erhöht werden.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2012/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 40.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Eingeführt durch die Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 (ABl. C 120 vom 26.4.2013, S. 1).


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/42


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Italiens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens für die Jahre 2012 bis 2017

2013/C 217/11

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 hat der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zugestimmt, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, ihre nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken in Anlehnung an die integrierten Leitlinien auszugestalten.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie entschieden, welche Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten getroffen werden sollten, wobei sie insbesondere ihr uneingeschränktes Engagement für die Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020 und für die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen zum Ausdruck brachten.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Italiens für 2012 an und nahm Stellung zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Italiens für 2012-2015.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den dritten Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Italien als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Prüfung angestellt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte, dass es notwendig sei, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise abzufedern sowie die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse ihrer eingehenden Prüfung für Italien gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission kommt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass es in Italien makroökonomische Ungleichgewichte gibt, die entschlossene politische Maßnahmen erfordern. Insbesondere die Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sowie die hohe öffentliche Verschuldung vor dem Hintergrund eines weiterhin verhaltenen Wachstums gelten nach wie vor als die wesentlichen makroökonomischen Ungleichgewichte Italiens.

(9)

Am 11. April 2013 übermittelte Italien sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012-2017. Danach bekundete die seit dem 28. April amtierende neue Regierung ihre Absicht, die Agenda der strukturellen Reformen auszubauen, und bestätigte die im Stabilitätsprogramm enthaltenen Haushaltsziele. Am 17. Mai wurde eine Gesetzesverordnung verabschiedet, die neue Bestimmungen zur Besteuerung von Immobilien und die Ausdehnung des Systems der Lohnersatzleistungen für unterbeschäftigte Arbeitnehmer enthält. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden die beiden Programme und neuen Maßnahmen der Regierung gleichzeitig bewertet.

(10)

Auf der Grundlage der Bewertung des Stabilitätsprogramms 2013-2017 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 hält der Rat das den Haushaltsprojektionen im Programm zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2014 im Vergleich zur Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen für optimistisch. Ab 2015 ist das Szenario plausibel. Auch das jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die beschlossenen Strukturreformen in vollem Umfang umgesetzt werden, was nach wie vor eine Herausforderung darstellt. Die im Stabilitätsprogramm beschriebene Haushaltsstrategie wurde von der neuen Regierung bestätigt, und das Parlament hat dafür gestimmt. Ziel der Strategie ist es, das Defizit während der gesamten Programmlaufzeit unter dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP zu halten, um das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2013 zu erreichen und dafür zu sorgen, dass die Schuldenquote ab 2014 zurückgeht. Im Stabilitätsprogramm wird ein strukturell ausgeglichener Haushalt als mittelfristiges Ziel bestätigt, was dem Stabilitäts- und Wachstumspakt entspricht. Das Defizit wurde im Jahr 2012 auf den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP reduziert und dürfte nach der Frühjahrsprognose der Kommissionsdienststellen für 2013 im Zeitraum 2013-2014 unterhalb des im Vertrag festgelegten Referenzwerts bleiben. Ihrer Bewertung zufolge werden die von der italienischen Regierung am 17. Mai erlassenen Bestimmungen — sofern sie konsequent umgesetzt werden — keine wesentlichen Auswirkungen auf das Defizit haben. Wie in dem am 21. Juni 2013 angenommenen Beschluss des Rates zur Einstellung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit beschrieben, wurden zwei Schutzklauseln als Gesetz verabschiedet, um das Erreichen der Haushaltsziele sicherzustellen. Nach einer kumulativen Verbesserung um 2,7 Prozentpunkte des BIP im Zeitraum von 2009 bis 2012 und unter der Voraussetzung, dass die Politik unverändert bleibt, wird damit gerechnet, dass sich der strukturelle Saldo als Anteil am BIP im Jahr 2013 um einen weiteren Prozentpunkt auf – 0,5 % verbessern wird, um sich dann im Jahr 2014 marginal zu verschlechtern.

Der strukturelle Primärsaldo soll im Jahr 2014 fast 5 % erreichen. Die erwartete Strukturanpassung für 2013 ist angemessen, auch basierend auf einer Analyse der Ausgaben ohne Berücksichtigung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen, während sich für 2014 auf der Grundlage der Frühjahrsprognose der Kommissionsdienststellen für 2013 eine Abweichung vom Anpassungspfad zum mittelfristigen Haushaltsziel abzeichnet. Im Stabilitätsprogramm wird für 2013 ein Höchststand der staatlichen Schuldenquote prognostiziert, danach jedoch ein Rückgang in Höhe von einem Prozentpunkt des BIP pro Jahr, und zwar auch dank der geplanten Einnahmen durch Privatisierungen. Der Prognose zufolge steigt der Schuldenstand bei Annahme einer unveränderten Politik weiter auf 132,2 % des BIP 2014 an, auch wegen der Begleichung von Handelsschulden, woraus sich für den Zeitraum 2013-2014 circa 2,5 weitere Prozentpunkte ergeben; Privatisierungseinnahmen sind hingegen nicht eingeschlossen, da die Einzelheiten noch nicht festgelegt sind. Ab 2013 befindet sich Italien hinsichtlich der Einhaltung des Verschuldungskriteriums in einer dreijährigen Übergangsphase, und der Schuldenpfad des Stabilitätsprogramms sorgt für ausreichende Fortschritte auf dem Weg zur Einhaltung dieses Kriteriums. Allerdings beruhen die Defizit- und Verschuldungsprognosen des Stabilitätsprogramms auf der vollständigen Umsetzung der beschlossenen haushaltspolitischen Maßnahmen und Annahme von Strukturreformen, die für die dauerhafte Rückgewinnung des Vertrauens der Märkte und für die Förderung des Wachstums und der Beschäftigung von grundlegender Bedeutung sind.

(11)

Wenngleich wichtige Reformen beschlossen wurden, um die Haushaltsstabilität zu fördern und das Wachstum anzukurbeln, stellt die vollständige Umsetzung dieser Reformen nach wie vor eine Herausforderung dar, so dass durchaus Raum für weitere Maßnahmen bleibt. Eine Reihe vorgeschlagene Schlüsselmaßnahmen wurden noch nicht angenommen oder es müssen noch entsprechende Rechtsvorschriften erlassen werden; zudem besteht die Gefahr, dass sie nicht von allen Regierungsebenen tatsächlich konsequent angewandt werden. Trotz getroffener Maßnahmen ist die Effizienz der öffentlichen Verwaltung hinsichtlich des Rechts- und Verfahrensrahmens, der Qualität der Governance und der Verwaltungskapazität nach wie vor erheblich eingeschränkt, was die Durchführung der Reformen und die Rahmenbedingungen für Unternehmen beeinträchtigt.

(12)

Der Abschluss der Reform der Zivilgerichtsbarkeit durch rasche Umsetzung der neuen Gerichtsorganisation und durch Verringerung der überlangen Verfahrensdauer, von Verfahrensstaus und der Prozesshäufigkeit ist notwendig, um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts vom Oktober 2012 zur Streitschlichtung ist es notwendig, Maßnahmen zur Förderung der außergerichtlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zu treffen. Besorgniserregend ist das Ausmaß der Korruption, die Kosten von schätzungsweise 4 % des BIP verursacht und damit das Potenzial für eine wirtschaftliche Erholung schwer beeinträchtigt. Das Gesetz zur Korruptionsbekämpfung vom November 2012 muss durch Folgemaßnahmen ergänzt werden, und die Effektivität der Korruptionsbekämpfung könnte weiter verbessert werden, insbesondere durch Regelung der Verjährung, die derzeit durch ausgesprochen kurze Verjährungsfristen gekennzeichnet ist.

(13)

Die ehrgeizige Strategie der Haushaltskonsolidierung, die bislang umgesetzt wurde, war begleitet von der Aufnahme einer Regel zur Gewährleistung eines ausgeglichenen Haushalts in die Verfassung im April 2012 sowie von Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben. Die Umsetzung dieser Maßnahmen war jedoch lückenhaft, wodurch sie nicht in vollem Umfang wirksam werden konnten. Ein politisches Patt hat die notwendige Verringerung der Zahl der Provinzen blockiert. Der Kohäsionsaktionsplan hat die beschleunigte Inanspruchnahme der Strukturfonds im Umfang von ca. 11,9 Mrd. EUR in drei aufeinanderfolgenden Phasen ermöglicht. Gleichwohl mangelt es insbesondere in Süditalien an Ehrgeiz bei der Verbesserung des Mitteleinsatzes insgesamt, was mit Blick auf den Planungszeitraum 2014-2020 zu ernsten Bedenken Anlass gibt. Damit besteht noch viel Spielraum für eine Verbesserung der Effizienz öffentlicher Ausgaben.

(14)

Die Banken spielen traditionell eine wichtige Rolle für die italienische Wirtschaft, insbesondere durch Vergabe von Krediten an kleine Firmen; infolge der andauernden Rezession sind sie allerdings immer weniger fähig, diese Rolle weiter zu spielen. Ein höheres Kreditrisiko hat neben einem umfangreichen und zunehmenden Bestand an notleidenden Krediten zu einer Kontraktion des Kreditmarkts geführt und verschärft das Problem der geringen Rentabilität des Bankgeschäfts. Darauf hat die italienische Notenbank reagiert, indem sie die Angemessenheit von Rückstellungen für notleidende Kredite durch Inspektionen vor Ort prüft. Besonderheiten in der Unternehmensführung einiger italienischer Banken können die Effektivität ihrer Tätigkeit als Finanzmittler einschränken. Es wurden Maßnahmen getroffen, um den Rückgriff auf andere Finanzierungsquellen — insbesondere auf Beteiligungsfinanzierungen und Unternehmensanleihen — sowie die Innovationsfähigkeit zu fördern, doch spielen diese noch keine große Rolle und sie wurden auch noch nicht vollständig umgesetzt. Die Umsetzung der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (5) und die geplante Bereinigung des akkumulierten Bestandes von Handelsschulden werden einen Beitrag zur Verbesserung der Liquidität von Firmen leisten.

(15)

Im Juni 2012 wurde eine umfassende Arbeitsmarktreform beschlossen, um die starren Strukturen und die Segmentierung des Arbeitsmarkts abzubauen. Diese Reform muss durch Verabschiedung der entsprechenden Durchführungsvorschriften zum Abschluss gebracht und ihre konkrete Anwendung vor Ort sorgfältig überwacht werden. Darüber hinaus muss die staatliche Arbeitsvermittlung noch umorganisiert und in die Verwaltung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit integriert werden, um so die Umsetzung effizienter Aktivierungsstrategien zu fördern. Im Zeitraum 2011-2013 haben die Sozialpartner in mehreren Schritten ein neues Lohnfestsetzungssystem festgelegt. Es wird durch steuerliche Anreize gestützt, die für eine Angleichung der Löhne an die Produktivität und die Bedingungen der lokalen Arbeitsmärkte sorgen sollen. Dieser Rahmen sollte wirksam umgesetzt und auf der Grundlage eines Monitorings der Ergebnisse Schritt für Schritt angepasst werden.

(16)

Die Jugendarbeitslosigkeit und der Anteil der jungen Menschen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, sind weiter angestiegen und haben Ende 2012 einen Prozentsatz von 37 % bzw. 21,1 % erreicht. Sowohl bei der Zahl der Hochschulabsolventen als auch bei der Beschäftigungsquote junger Hochschulabsolventen rangiert Italien auf dem letzten Platz der Union, was zeigt, dass die Qualifikationen der jungen Hochschulabsolventen nicht richtig an die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts angepasst sind. Die Zahl der Schulabbrecher ist zwar leicht zurückgegangen, ist jedoch nach wie vor hoch. Das Bildungssystem gibt somit Anlass zur Besorgnis. Ein Schlüsselfaktor ist der Lehrerberuf, der derzeit durch eine einheitliche Laufbahn gekennzeichnet ist, die geringe Aussichten für eine berufliche Weiterentwicklung bietet. Die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen ist nach wie vor gering und die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei den Beschäftigungsquoten ist eine der größten in der Union. Die Gefahr von Armut und sozialer Ausgrenzung, besonders aber von starker materieller Deprivation, steigt merklich an, während das Sozialschutzsystem zunehmend unter Druck gerät und die sozialen Bedürfnisse nicht befriedigen kann, weil es vor allem auf Rentenzahlungen beruht.

(17)

Die Struktur des Steuersystems ist immer noch kompliziert und belastet die Einkünfte aus Arbeit und Kapital schwer. Nach den in den Jahren 2010-2011 unternommenen Anstrengungen blieben weitere Maßnahmen, mit denen die Steuerlast von den Produktionsfaktoren weg auf den Konsum, das Grundeigentum und die Umwelt verlagert werden sollte, in ihrer Tragweite beschränkt. Erforderlich sind zudem Schritte zur Vereinfachung des Steuersystems, zur Straffung der Steuerausgaben, zur Anpassung der Bemessungsgrundlage für Grundsteuern an die Marktwerte, zur Verbesserung der Steuerehrlichkeit und zur Abschreckung von Steuerhinterziehern. Bis zur Änderung der Katasterwerte wird die geplante Reform der Immobilienbesteuerung darauf abzielen, die Steuergerechtigkeit zu verbessern, soweit die im Stabilitätsprogramm festgelegte Haushaltsstrategie hierfür Spielräume lässt. Die Eindämmung der Schattenwirtschaft und der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit kann den öffentlichen Finanzen zugutekommen und sich auch positiv auf die Steuergerechtigkeit auswirken. Die Überarbeitung der Befreiungen von der Mehrwertsteuer bzw. der ermäßigten Sätze und der direkten Steuerausgaben könnten gewisse Anpassungen bei den Sozialtransfers erforderlich machen, um die Verteilungseffekte zu minimieren.

(18)

Bemerkenswerte Anstrengungen wurden im Hinblick auf die Liberalisierung des Dienstleistungssektors unternommen. Die Reform der reglementierten Berufe sollte jedoch weiter vorangetrieben werden, um auch die verbliebenen Beschränkungen zu beseitigen; an den wesentlichen Grundsätzen der Reform sollte auch gegen zu erwartende Widerstände festgehalten werden, mit denen insbesondere im Rahmen der Reform der Rechtsberufe zu rechnen ist. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts vom Juli 2012 ist es auch wichtig, dass Maßnahmen zur Öffnung des öffentlichen Dienstleistungssektors auf lokaler Ebene für den Wettbewerb getroffen werden. Die Verfolgung der Vorschläge der italienischen Wettbewerbsbehörde gemäß den italienischen Gesetzen wird dabei helfen, diese Fragen anzugehen.

(19)

Die Reform der netzgebundenen Wirtschaftszweige geht hinsichtlich der Öffnung des Marktzugangs und der Verbesserung der Infrastrukturkapazität voran, doch sind noch immer große Herausforderungen zu bewältigen. Die Entflechtung im Gassektor ist beinahe abgeschlossen, und die nationale Strategie für den Energiebedarf vom März 2013 muss weiter umgesetzt werden. Die Öffnung des Telekommunikationssektors für den Wettbewerb ist ein weiteres Feld, auf dem Maßnahmen zu treffen wären. Die neue Verkehrsbehörde, die für die Autobahnen, Flughäfen, Häfen und Eisenbahnen zuständig sein soll, wurde noch nicht eingerichtet. Sie sollte unabhängig sein, mit den für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nötigen Mitteln ausgestattet sein und Sanktionen verhängen können. Ernst zu nehmen ist auch das Problem der internen und grenzübergreifenden Infrastrukturdefizite, verbunden mit Diskrepanzen zwischen Norden und Süden, die mit ein Grund sind für hohe Energiepreise, eine geringe Breitbandversorgung und Verkehrsengpässe.

(20)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Italiens eingehend analysiert. Sie hat das Nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm bewertet und eine eingehende Prüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Italien, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien berücksichtigt, um durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters sind in die nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 eingeflossen.

(21)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; insbesondere die Empfehlung 1 spiegelt seine Stellungnahme (6) hierzu wider.

(22)

Anhand der Ergebnisse der eingehenden Prüfung durch die Kommission und vorstehender Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm Italiens geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(23)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet insgesamt geprüft. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezielle Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro (7) ist. Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Italien sollte die vollständige und zügige Umsetzung auch dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Italien im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

durch vollständige Umsetzung der getroffenen Maßnahmen gewährleistet, dass das Defizit im Jahr 2013 unter dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP bleibt; die strukturelle Anpassung in angemessenem Tempo und durch eine wachstumsfördernde Haushaltskonsolidierung fortsetzt, damit das mittelfristige Haushaltsziel ab 2014 erreicht werden kann; die geplanten strukturellen Primärüberschüsse erzielt, damit die sehr hohe Schuldenquote auf einen stetigen Abwärtspfad kommt; durch vollständige Umsetzung der 2012 beschlossenen Maßnahmen und durch unverminderte Fortsetzung dieser Anstrengungen mittels regelmäßiger eingehender Ausgabenüberprüfungen auf allen Regierungsebenen weiterhin eine nachhaltige Verbesserung der Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben verfolgt;

2.

durch rasche Annahme der entsprechenden Rechtsvorschriften gewährleistet, dass die laufenden Reformen zügig umgesetzt werden und anschließend auf allen Regierungsebenen konkret und mit allen betroffenen Akteuren angewandt und ihre Auswirkungen überwacht werden; die Effizienz der öffentlichen Verwaltung erhöht und die Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen verbessert; den Verwaltungs- und Rechtsrahmen für Bürger und Unternehmen vereinfacht, die lange Verfahrensdauer in der Zivilgerichtsbarkeit verkürzt und die Prozesshäufigkeit verringert, u. a. durch Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren; den Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung stärkt, u. a. durch Überarbeitung der Vorschriften über die Verjährungsfristen; Strukturmaßnahmen erlässt, um den Einsatz der EU-Mittel in den südlichen Regionen im Hinblick auf den Planungszeitraum 2014-2020 zu verbessern;

3.

eine gute Unternehmensführung auf das gesamte Bankwesen ausdehnt, die mehr Effizienz und Rentabilität ermöglicht, um den Zustrom von Krediten in produktive Aktivitäten zu fördern; die laufende Qualitätsprüfung der Aktiva im gesamten Bankensektor vorantreibt und die Abwicklung notleidender Kredite in den Bilanzen der Banken erleichtert; den Ausbau der Kapitalmärkte weiter fördert, damit Unternehmen besseren Zugang zu einem breiteren Spektrum an Finanzierungen bekommen, insbesondere zu Beteiligungsfinanzierungen, und somit Innovationsfähigkeit und Wachstum der Unternehmen gefördert werden;

4.

die Arbeitsmarktreform und die Reform des Lohnfestsetzungssystems wirksam umsetzt; weitere Maßnahmen zur Ankurbelung der Arbeitsmarktbeteiligung, insbesondere von Frauen und jungen Menschen, ergreift, beispielsweise durch eine Jugendgarantie; die berufliche Aus- und Weiterbildung ausbaut, die Effizienz der staatlichen Arbeitsvermittlung steigert und die Berufsberatung für Studenten verbessert; die negativen finanziellen Anreize einschränkt, die potenzielle Zweitverdiener von der Aufnahme einer Beschäftigung abhalten, und das Angebot an Pflege-, insbesondere Kinder- und Langzeitbetreuung, und der außerschulischen Betreuungsleistungen ausbaut; die Maßnahmen zur Bekämpfung des Schulabbruchs verstärkt, die Leistung der Schulen und die Lernergebnisse verbessert; auch durch eine Verbesserung der Entwicklungsmöglichkeiten für Lehrer und einer Diversifizierung der Laufbahnentwicklung für Lehrer; die Wirksamkeit der Sozialtransfers erhöht, insbesondere durch eine gezieltere Ausrichtung von Leistungen, insbesondere auf Niedriglohnhaushalte mit Kindern;

5.

die Steuerlast auf haushaltsneutrale Weise weg von Arbeit und Kapital auf den Konsum, das Grundeigentum und die Umwelt verlagert; zu diesem Zweck die Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiungen und der ermäßigten Sätze sowie die direkten Steuerausgaben überarbeitet und das Katastersystem dahin gehend reformiert, dass die Bemessungsgrundlage für die Immobilienbesteuerung an die Marktwerte angepasst wird; den Kampf gegen die Steuerhinterziehung fortsetzt, die Steuerehrlichkeit verbessert und entschieden gegen die Schattenwirtschaft und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit vorgeht;

6.

sicherstellt, dass die Maßnahmen zur Öffnung des Dienstleistungssektors ordnungsgemäß umgesetzt werden; die verbliebenen Beschränkungen bei den freiberuflichen Dienstleistungen beseitigt und sich dafür einsetzt, dass der Markt für öffentliche Dienstleistungen auf lokaler Ebene geöffnet wird; die Umsetzung der Maßnahmen weiter vorantreibt, mit denen bessere Bedingungen für den Marktzugang der netzgebundenen Wirtschaftszweige geschaffen werden sollen, vorrangig durch die Einrichtung der neuen Verkehrsbehörde; die Infrastrukturkapazität vor allem in Bezug auf die Energieverteilungsnetze, den intermodalen Verkehr und die Hochgeschwindigkeits-Breitbandversorgung in der Telekommunikation ausbaut, auch um das Nord-Süd-Gefälle zu nivellieren.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 46.

(5)  ABl. L 200 vom 8.8.2000, S. 35.

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/47


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Lettlands 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Lettlands für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/12

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Lettlands für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm Lettlands für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin Lettland nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2012 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 29. April 2013 übermittelte Lettland sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016 und am 2. Mai 2013 sein nationales Reformprogramm 2013. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario plausibel ist. Es wird erwartet, dass sich das Wirtschaftswachstum während des Programmzeitraums etwas verlangsamt — auf etwa 4 % pro Jahr —, während die Preiserhöhungen voraussichtlich moderat bleiben. Das gesamtstaatliche Defizit ist 2012 auf einen Wert gesunken, der deutlich unter dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP liegt, und das mittelfristige Haushaltsziel („Medium-Term Objective“ — MTO) wurde in diesem Jahr erheblich früher erreicht, als im Konvergenzprogramm Lettlands für den Zeitraum 2012 bis 2015 vorgesehen war. Das bisherige mittelfristige Haushaltsziel von – 0,5 % wird im Konvergenzprogramm bestätigt; es entspricht den Zielen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Ziel der im Konvergenzprogramm beschriebenen Haushaltsstrategie ist es, die am mittelfristigen Haushaltsziel ausgerichtete strukturelle Haushaltslage beizubehalten und etwaige Abweichungen auf die zusätzlichen Auswirkungen der Rentenreform zu beschränken. Diese Reform umfasst eine schrittweise Erhöhung des Anteils an den Sozialversicherungsbeiträgen zur Umleitung an ein kapitalgedecktes Rentensystem und wird in den Jahren 2013, 2015 und 2016 umgesetzt. Nach einer allgemeinen Bewertung, bei der der neu berechnete strukturelle Saldo als Referenzwert herangezogen und die Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen analysiert wurden, scheint der strukturelle Saldo im Jahr 2013 jedoch von den mittelfristigen Haushaltszielen um 1,0 Prozentpunkte des BIP abzuweichen, was erheblich stärker als um die zusätzlichen Auswirkungen der Rentenreform ist; im Jahr 2014 kommen weitere 0,2 Prozentpunkte hinzu. Die öffentliche Verschuldung wird während des gesamten Programmzeitraums deutlich unter 60 % des BIP bleiben; sie wird von 40,7 % des BIP im Jahr 2012 auf 44,5 % des BIP im Jahr 2013 steigen, da die Regierung Vermögenswerte für Schuldenrückzahlungen anhäuft, und dann zwischen dem Jahr 2014, wenn die Rückzahlungen erfolgen, und dem Ende des Programmzeitraums auf 34,6 % zurückgehen. Das Gesetz zur Haushaltsdisziplin wurde vom lettischen Parlament im Januar 2013 verabschiedet und trat im März 2013 in Kraft. Mit dem neuen Gesetz würde, sofern es wirksam umgesetzt wird, der Haushaltsrahmen Lettlands erheblich gestärkt, da es einen wirksamen Mechanismus zur Begrenzung des Ausgabenwachstums in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung bietet und als Grundlage für eine regelgestützte mehrjährige Haushaltsplanung dient.

(10)

Lettland hat die auf Arbeit erhobenen Steuern gesenkt und plant, in den Jahren 2014 und 2015 in diesem Bereich weitere Maßnahmen zu ergreifen. Da jedoch die steuerliche Belastung von Beziehern niedriger Einkommen nach wie vor zu den höchsten in der Union zählt, ist eine angemessene Abstimmung des Steuersystems zur Förderung der Beschäftigung geringqualifizierter Arbeitnehmer erforderlich. Außerdem sollte durch die Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit auf periodische Grundsteuern und Steuern auf die Verwendung natürlicher und anderer Ressourcen der strukturelle Haushaltssaldo verbessert werden. Der Bereich der Umweltsteuern ist nach wie vor recht schwach entwickelt; es dominiert die Kraftstoffbesteuerung, während die Besteuerung anderer Energiequellen, der Umweltverschmutzung sowie der Verwendung natürlicher Ressourcen unter dem EU-Durchschnitt liegt. Eine Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage im Bereich der Umweltbesteuerung durch Erschließung anderer Steuerquellen würde dazu beitragen, die Umweltziele zu erreichen. Die Regierung hat ihre Anstrengungen zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft verstärkt; diese Maßnahmen sollten beibehalten werden.

(11)

Die strukturellen Haushaltsanpassungen nach der Krise waren zwar erfolgreich, aufgrund des erheblichen „Boom-and-Bust“-Zyklus ist jedoch die Überwachung des künftigen Kreditwachstums und der Stabilität der Bankenfinanzierungsgrundlage im Zusammenhang mit ausländischen Einlagenzuflüssen durch geeignete mikro- und makroprudentielle Maßnahmen erforderlich.

(12)

Lettland hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die hohe Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die Mittelausstattung und Tragweite aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen wurde im Jahr 2013 im Verhältnis zu 2012 erhöht, und es werden neue Maßnahmen umgesetzt, darunter die Erstellung von Profilen für Arbeitslose und die verbesserte Unterstützung bei der Arbeitssuche. Dennoch ist die Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit weiterhin hoch, die Aktivierung der Arbeitslosen und Empfänger von Sozialleistungen gering und der Zugang zu Sozialdienstleistungen mangelhaft. Bedenken bestehen dahin gehend, dass Arbeitskräfte im Rahmen ihrer Berufsausbildung keine ausreichende Qualität der beruflichen Fertigkeiten erzielen können und dass hochwertige praxisbezogene Berufsbildung nur begrenzt verfügbar ist. Die Einrichtung einer umfassenden Berufsberatung und die fortlaufende Umsetzung von Reformen der Berufsbildung, einschließlich der verbesserten Qualität und Zugänglichkeit des praxisbezogenen Lernens und der Lehrstellenkomponenten, sind erforderlich.

(13)

Ein hoher Anteil (40 %) der lettischen Bevölkerung ist von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht, wobei Kinder mit 43,6 % am stärksten betroffen sind. Insgesamt ist die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2012 leicht gestiegen; dies legt nahe, dass sich Wachstum nicht automatisch in weniger Armut widerspiegelt und dass gezielte politische Maßnahmen erforderlich sind. Lettland hat einige Maßnahmen ergriffen, um die Armut bei Arbeitslosen und Kindern zu bekämpfen. Zur Bewältigung der Probleme des Sozialversicherungssystems, insbesondere in Bezug auf Transparenz, Angemessenheit und Abdeckung der Leistungen sowie unzureichende Aktivierungsmaßnahmen für Leistungsempfänger, wurden jedoch weniger direkte Maßnahmen ergriffen. Aufgrund des fehlenden finanzpolitischen Spielraums hat Lettland das garantierte Mindesteinkommen herabgesetzt und die Finanzierung der Leistungen des garantierten Mindesteinkommens aus dem Staatshaushalt abgeschafft. Es ist davon auszugehen, dass diese Entscheidungen die extreme Armut und die zwischen den Kommunen bestehenden Unterschiede beim Zugang zu Sozialleistungen verstärken und gleichzeitig die Anreize der Zentralregierung, in die Politikentwicklung und Kontrolle von Sozialleistungen zu investieren, reduzieren werden. Die Auswirkungen dieser Entscheidungen müssen überprüft werden, um eine Verschlechterung der Lage zu verhindern.

(14)

Lettland hat eine ehrgeizige Reform vorgeschlagen, die wahrscheinlich erhebliche positive Auswirkungen auf die Qualität seines Hochschulbildungssystems haben wird. Die Reformpläne umfassen eine Überarbeitung des Akkreditierungsverfahrens, die Trennung der akademischen und Verwaltungsfunktionen der Universitäten, die Entwicklung eines neuen Finanzierungsmodells und die Konsolidierung der Hochschuleinrichtungen. Diese Pläne befinden sich jedoch noch in einem frühen Stadium; sie müssen angemessen umgesetzt werden, um ein Eintreten der erwarteten Auswirkungen zu gewährleisten. Darüber hinaus wird 2013 eine Evaluierung der Effizienz wissenschaftlicher Einrichtungen und ihrer Entwicklungsstrategien durchgeführt. Diese wichtige Evaluierung sollte zur Untermauerung künftiger Reformen und der Finanzierung wissenschaftlicher Einrichtungen beitragen und die Innovationstätigkeit in Lettland fördern.

(15)

Lettland hat politische Maßnahmen zur Energieeinsparung in den wichtigsten Wirtschaftszweigen vorgeschlagen. Es wird davon ausgegangen, dass in den kommenden Jahren über 70 % der Energieeinsparungen im Gebäudesektor erzielt werden. Die Umsetzung der Isolierungsprojekte für Wohngebäude geht jedoch nur langsam voran, und die Zahl der abgeschlossenen Projekte ist im Verhältnis zum Gebäudestand mit hohen Energieverlusten nach wie vor gering. In diesem Sektor gibt es angesichts der Tatsache, dass die Energieintensität der lettischen Haushalte 2010 die höchste in der gesamten Union war, ein erhebliches Potenzial für Effizienzgewinne. Lettland erzielte im Jahr 2012 Fortschritte bei der Öffnung seines Strommarkts und der Beteiligung an regionalen Märkten. Direktverträge mit Stromversorgungsunternehmen sind in der Geschäftswelt vollständig und bei Privathaushalten auf freiwilliger Basis eingeführt. Lettland wird im Juni 2013 der Strombörse Nord Pool Spot beitreten. Bei der Öffnung des Erdgasmarkts wurden jedoch keine Fortschritte erzielt, und die Abhängigkeit von einer einzigen Energiequelle besteht weiterhin. Zudem befinden sich die Behörden in einem schwierigen Verhandlungsprozess über Eigentum und Verwaltung der Gasspeicheranlage, einem sehr wichtigen Faktor für das angemessene Funktionieren des regionalen Gasmarkts.

(16)

Das lettische Justizwesen ist durch die mangelnde Effizienz des Zivilrechtssystems gekennzeichnet. Dieses System vereint mehrere nachteilige Faktoren, wie langwierige Verfahren zur Behandlung von Zivil- und Handelssachen in erster Instanz und geringe Fallabschlussquoten, wodurch ein Rückstau bei den Verfahren entsteht. Die Abschlusszeiten sind insbesondere bei Insolvenzverfahren sehr lang. Darüber hinaus können viele Fälle nicht in erster Instanz beigelegt werden, was zu Verzögerungen auf allen Ebenen bis hin zum obersten Gerichtshof führt. Jüngst wurden zwar positive Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Qualität des Systems ergriffen, es ist aber noch zu früh, um die Auswirkungen dieser Maßnahmen zu bewerten. Insbesondere den Strategien der Personalverwaltung im Justizwesen sollte ausreichende Bedeutung beigemessen werden. Eine stärkere Beteiligung des Justizrates, ein Überdenken der Aufgaben von Führungspositionen innerhalb des Justizwesens und ein erweitertes Ausbildungsangebot für Richter könnten die Qualität des Justizsystems verbessern. Ende 2012 wurden Änderungen des Insolvenzgesetzes vorgeschlagen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die vorgeschlagenen Änderungen ausreichend sind, um die Mängel des Gesetzes in umfassender Weise zu beheben. Beispielsweise wurden Probleme im Zusammenhang mit der praktischen Umsetzung des Gesetzes, insbesondere was die Rolle der Insolvenzverwalter und ihre Zuständigkeiten gegenüber den Richtern sowie die Liquidation von Vermögenswerten und Privatinsolvenzen anbelangt, festgestellt, welche noch angegangen werden müssen.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Lettlands umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Lettland berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Lettland im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

die Haushaltsstrategie verstärkt, um sicherzustellen, dass die Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel lediglich die zusätzlichen Auswirkungen der Rentenreform widerspiegelt; im Rahmen dieser Strategie die Besteuerung von Niedriglohnempfängern reduziert, indem es die Steuerlast auf Bereiche wie Verbrauchssteuern, periodische Grundsteuern und/oder Umweltsteuern verlagert; seine Anstrengungen zur besseren Einhaltung der Steuervorschriften und zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft beibehält; den Haushaltsrahmen durch die wirksame Umsetzung des Gesetzes zur Haushaltsdisziplin und eine mehrjährige Haushaltsplanung weiterhin stärkt;

2.

weiterhin mikro- und makroprudentielle Politiken verwendet, um mögliche Gefährdungen zu verhindern, die durch künftiges Kreditwachstum und Banktätigkeiten durch Auslandsbewohner verursacht werden könnten;

3.

die Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit bekämpft, indem es die Tragweite und Wirksamkeit der aktiven Arbeitsmarktpolitik und der gezielten Sozialleistungen erhöht; die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen beispielsweise durch eine Jugendgarantie verbessert, eine umfassende Berufsberatung einrichtet, Reformen im Bereich der Berufsbildung umsetzt und die Qualität und Zugänglichkeit von Lehrstellen verbessert;

4.

gegen die hohen Armutsquoten vorgeht, indem es das Sozialversicherungssystem mit dem Ziel einer besseren Abdeckung reformiert, die Angemessenheit der Leistungen und Aktivierungsmaßnahmen für Leistungsempfänger verbessert; die Durchführungsmechanismen verstärkt, um Kinderarmut wirksam zu reduzieren;

5.

die geplanten Reformen der Hochschulbildung umsetzt, darunter insbesondere die Einrichtung eines Finanzierungsmodells, mit dem Qualität belohnt wird, die Reform des Akkreditierungssystems, die Konsolidierung der Einrichtungen und die Förderung der Internationalisierung; weitere Maßnahmen ergreift, um Forschungseinrichtungen auf der Grundlage der laufenden unabhängigen Evaluierung zu modernisieren;

6.

Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Energieeffizienz — insbesondere von Wohngebäuden und Fernwärmenetzen — trifft, Anreize zur Reduzierung von Energiekosten schafft und den Verbrauch auf energieeffiziente Produkte verlagert; die Anbindung an die Energienetze der EU verbessert und Maßnahmen zur Liberalisierung des Erdgasmarkts ergreift, einschließlich der Festlegung eindeutiger Vorschriften über den Zugang Dritter zu Lagerkapazitäten;

7.

ausstehende Reformen vollendet, um die Effizienz und Qualität des Justizsystems zu verbessern und den Rückstand und die Länge der Verfahren — auch im Bereich Insolvenz — zu verkürzen; eine umfassende Personalpolitik festlegt und Maßnahmen zur Umsetzung des Mediationsrechts und Straffung des Schiedsgerichtssystems ergreift.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 50.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/51


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Litauens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Litauens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/13

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Litauens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Litauens für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin Litauen nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2012 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 9. April 2013 übermittelte Litauen sein nationales Reformprogramm 2013 und am 26. April 2013 sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016. Um den Querverbindungen zwischen den beiden Programmen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2013 plausibel ist und weitgehend im Einklang mit der Bewertung in der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen steht. Nachdem seit 2009 ehrgeizige Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung unternommen wurden, ist das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2012 auf 3,2 % des BIP gesunken, was angesichts der Kosten der Rentenreform als für eine Aufhebung der Entscheidung über das Bestehen eines übermäßigen Defizits ausreichend betrachtet wird. Der Defizitabbau beruhte zum Teil auch auf einem kräftigen Wirtschaftswachstum und vorübergehenden Ausgabenstopps. In dem Konvergenzprogramm wurde das mittelfristige Haushaltsziel von + 0,5 % auf – 1,0 % abgeändert, was weiterhin im Einklang mit den Zielen des Stabilitäts- und Wachstumspakts steht.

Die in dem Konvergenzprogramm skizzierte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, das mittelfristige Haushaltsziel bis 2016 zu erreichen. Auf der Grundlage des (neu berechneten) strukturellen Haushaltssaldos übersteigen die jährlichen Fortschritte in Bezug auf den strukturellen Saldo 0,5 % des BIP. Der Ausgabenrichtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts wird im Programmzeitraum eingehalten. Die Anpassung soll verstärkt zu Beginn des Programmzeitraums erfolgen und beruht vor allem auf Ausgabenbeschränkungen, wird aber nur partiell durch konkrete Maßnahmen unterstützt, bei denen es sich u. a. um einmalige Maßnahmen handelt, die nicht immer präzisiert werden. Der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge werden die strukturellen Haushaltsanpassungen in den Jahren 2013 und 2014 voraussichtlich bei 0,3 % bzw. 0,0 % des BIP liegen und damit unter dem geforderten Fortschritt von 0,5 % des BIP, was auch Fragen in Bezug auf den im Konvergenzprogramm vorgesehenen Konsolidierungskurs aufwirft. Weitere Konsolidierungsmaßnahmen müssen erst noch festgelegt werden und Strukturreformen einschließlich des Übergangs zu einkommensbasierten Maßnahmen sollten erwogen werden. Die gesamtstaatliche Verschuldung liegt weiterhin unter 60 % des BIP (2012 betrug sie 40,7 %) und dürfte im Programmzeitraum leicht zurückgehen. Dem Konvergenzprogramm zufolge wird die Schuldenquote 2013 auf 39,7 % sinken und bis 2016 auf 34,5 % zurückgehen, die Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen geht hingegen davon aus, dass dieser Wert 2013 auf 40,1 % des BIP sinken und 2014 den Stand von 39,4 % erreichen wird. Die Unterschiede ergeben sich vor allem daraus, dass im Konvergenzprogramm von niedrigeren Defiziten ausgegangen wird.

(10)

Obwohl sich die Defizitposition Litauens im Laufe der Jahre verbessert hat, verfügt das Land weiterhin nicht über ausreichenden haushaltspolitischen Spielraum, um auf negative Schocks reagieren zu können. Allerdings könnte das Steuersystem weniger wettbewerbsverzerrend gestaltet und die Einhaltung der Steuervorschriften weiter verbessert werden. Litauen weist nach wie vor die unionsweit niedrigste Steuerquote im Verhältnis zum BIP auf und die Konsolidierung konzentriert sich vor allem auf die Ausgabenseite. Zudem könnten zusätzliche — möglichst wenig wachstumsschädliche — Steuereinnahmequellen erwogen werden, zum Beispiel Umwelt- und periodische immobilienbezogene Steuern. Zwar hat Litauen Schritte unternommen, um die Einnahmen aus periodischen Grundsteuern zu erhöhen, hier scheint es jedoch weiteren Handlungsbedarf zu geben. Die Einnahmen Litauens aus Umweltsteuern weisen eine rückläufige Tendenz auf und waren 2011 unionsweit die zweitniedrigsten, unter anderem weil die litauischen Verkehrssteuern das unionsweit niedrigste Niveau aufweisen; dadurch wird eine Verringerung der hohen Energieintensität der litauischen Wirtschaft nicht begünstigt. Gleichzeitig sollte bei der Haushaltskonsolidierung wachstumsfördernden Ausgaben, z. B. in den Bereichen Forschung und Bildung, der Vorrang gegeben werden. Bei der Umsetzung der Gesetze zur Stärkung des finanzpolitischen Rahmens kam es zu Verzögerungen. Der finanzpolitische Rahmen Litauens konnte eine prozyklische Haushaltspolitik in Jahren mit positiven Produktionslücken nicht verhindern. Die Änderung des Gesetzes über die Struktur des Haushaltsjahrs 2012 stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar. Im Haushaltsverfahren müssen Überwachung, Rechenschaftspflicht und Durchführung, insbesondere hinsichtlich Gemeinden, verbessert werden, außerdem muss die Verbindlichkeit des mittelfristigen Haushaltsrahmens gesichert werden.

(11)

Die demografischen Entwicklungen stellen eine Herausforderung für die langfristige haushaltspolitische Tragfähigkeit Litauens dar. Eine umfassende Rentenreform, die sowohl auf die Tragfähigkeit als auch auf die Angemessenheit der Renten abzielt, ist daher weiter wichtig. Die Anpassung der Rentenhöhe ist eine Herausforderung, da die älteren Bevölkerungsgruppen stark von Armut und Ausgrenzung bedroht sind. Durch die Reform des Systems zum Erwerb von Rentenansprüchen von 2012 wird der Erwerb von Rentenansprüchen in der betrieblichen Altersvorsorge (zweite Säule) durch finanzielle Anreize aus dem Staatshaushalt gefördert. Außerdem wird die Möglichkeit geschaffen, während einer Übergangsperiode aus dem Erwerb privater Rentenansprüche auszusteigen und zum staatlichen Sozialversicherungsfonds zurückzukehren, und das Renteneintrittsalter wird schrittweise angehoben. Die Reform wird am 1. Januar 2014 in Kraft treten. Dies sind wichtige aber vereinzelte Schritte in die richtige Richtung und es bedarf bedeutenderer Veränderungen, insbesondere im Rahmen der staatlichen Altersvorsorge (erste Säule). Außerdem müssen Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer ergriffen und altersfreundliche Arbeitsbedingungen geschaffen werden.

(12)

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung Geringqualifizierter zählen weiterhin zu den wichtigsten Herausforderungen. Besonders hoch sind die Arbeitslosigkeitsraten der jungen und ungelernten Arbeitskräfte. In dieser Krise ist vor allem auch deutlich geworden, dass Diskrepanzen zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage bestehen, ein Problem, dessen Bedeutung noch weiter zunimmt und das auf strukturelle bildungs- und arbeitsmarktpolitische Defizite hindeutet. Der entsprechende Fachkräftemangel wird noch durch hohe Auswanderungsquoten verschärft. Daher bedarf es weiterer Maßnahmen, um die Flexibilität des Arbeitsmarkts zu erhöhen und die Erwerbsbeteiligung (insbesondere von jungen Menschen, ungelernten Arbeitskräften und älteren Arbeitnehmern) zu fördern. Die Gesamtabdeckung der aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen und die finanzielle Ausstattung der einzelnen Maßnahmen sind weiterhin unzureichend und die Maßnahmen sind nicht ausreichend auf Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose ausgerichtet. Mit einer umfassenden Überprüfung des Arbeitsrechts unter Einbeziehung der Sozialpartner könnten unnötige Beschränkungen und administrative Hindernisse ermittelt werden, die flexiblen vertraglichen Vereinbarungen, Entlassungsbestimmungen und Arbeitszeitregelungen entgegenstehen. Um für einen gleitenderen Übergang vom Bildungssystem in den Arbeitsmarkt zu sorgen, könnte die Attraktivität von Ausbildungsangeboten in Form der Lehre und Praktika gesteigert werden.

(13)

Armut und soziale Ausgrenzung sind weiterhin bedenklich weit verbreitet. So gibt insbesondere die Zunahme der Kinderarmut Anlass zur Sorge. 2012 wurden Reformmaßnahmen im Bereich der Bargeldsozialhilfe eingeleitet, um die Arbeitsanreize zu steigern (Lohnergänzungsleistungen für Langzeitarbeitslose, schrittweise Senkung der Sozialleistungen für nicht erwerbstätige Personen in arbeitsfähigem Alter) und die Armut zu verringern. In einem Pilotprojekt in fünf Gemeinden wurden beeindruckende Ergebnisse bei der Einsparung von Fördergeldern und einer zielgerichteteren Erfassung der Leistungsempfänger erzielt. Zur Beurteilung der Effizienz und der Auswirkungen dieser Maßnahmen hinsichtlich der Armutsbekämpfung und der Vermeidung von Ausgrenzung sollte nun ein Überwachungssystem eingerichtet werden. Außerdem sollte die Reform mit Aktivierungsmaßnahmen einhergehen, die die Beteiligung — insbesondere von Langzeitleistungsempfängern — am Arbeitsmarkt steigern. Zu den Maßnahmen zur Armutsminderung zählen unter anderem die Ausweitung der Sozialleistungen und eine neue Methoden zur Berechnung der Leistungen. Zudem wurde der Mindestlohn am 1. Januar 2013 um 18 % angehoben, was dazu beitragen könnte, die Nichterwerbstätigkeitsfalle und das Vorkommen von Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verringern. Angesichts des Ausmaßes der Herausforderung erscheinen diese Maßnahmen jedoch unzureichend, und eine umfassende Strategie oder ein entsprechender Aktionsplan zur Armutsbekämpfung sind nicht vorhanden.

(14)

Die Regierung führt seit 2010 eine ehrgeizige Reform staatseigener Unternehmen durch. Die Reform ist sachdienlich und glaubwürdig und umfasst sowohl legislative als auch organisatorische Veränderungen. Die regulatorischen Aspekte der Reform wurden umgesetzt und eine weitreichende Einhaltung der Berichterstattungsanforderungen wurde erreicht. Die Herausforderung besteht nun darin, Interessenskonflikte hinsichtlich der regulatorischen und der nicht-regulatorischen Aufgaben zu vermeiden und zwischen gewerblichen und nicht-gewerblichen Tätigkeiten der staateigenen Unternehmen zu unterscheiden. Sobald die Reform uneingeschränkt durchgeführt wurde, könnte sie zur Steigerung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Hierfür wird die Kontrolle der Einhaltung der entsprechenden Vorgaben ausschlaggebend sein.

(15)

Im Bereich Strom- und Gasnetze sind die Verbindungen zu den Nachbarländern weiterhin unzureichend ausgebaut. Dies führt dazu, dass der Wettbewerb im Energiesektor sehr begrenzt und die Energiepreise hoch sind. Zudem bereitet die Energieeffizienz weiterhin Sorgen. Bei den Gebäuderenovierungen wurden nur zögerliche Fortschritte erzielt, was auch für die Investitionen im Rahmen des Holdingsfonds Jessica gilt; auch bei der Renovierung von privatem Wohnraum gibt es weiterhin erhebliche Herausforderungen.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Litauens umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Litauen berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt insbesondere die nachstehende Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Litauen im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

eine wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung gewährleistet und die Haushaltsstrategie wie geplant umsetzt und dabei auf strukturelle Haushaltsanpassungen zurückgreift, die es Litauen erlauben werden, das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen; wachstumsfördernden Ausgaben den Vorrang einräumt; weiter den haushaltspolitischen Rahmen — insbesondere durch die Sicherstellung durchsetzbarer und verbindlicher Ausgabenplafonds bei den mittelfristigen Haushaltsvorgaben — stabilisiert; das Steuersystem und eine Erhöhung der am wenigsten wachstumsschädlichen Steuern, wie etwa periodische Grundsteuern und Umweltsteuern, einschließlich der Einführung der Besteuerung von Kraftfahrzeugen, ins Auge fasst und zugleich die Einhaltung der Steuervorschriften verbessert;

2.

Rechtsvorschriften für eine umfassende Reform des Rentensystems verabschiedet und umsetzt; das gesetzliche Rentenalter an die Lebenserwartung anpasst, den Zugang zu Vorruhestandsregelungen beschränkt, klare Vorschriften für die Indexierung der Renten festlegt, die Nutzung ergänzender Regelungen der Altersvorsorge fördert und gleichzeitig für die Umsetzung der laufenden Reformen sorgt; die Rentenreform mit Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer flankiert;

3.

die hohe Arbeitslosigkeit in der Gruppe der Geringqualifizierten sowie die hohe Langzeitarbeitslosigkeit bekämpft, indem die Mittel auf aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen konzentriert und deren Reichweite und Effizienz verbessert werden; die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen zum Beispiel durch eine „Jugendgarantie“ erhöht, die Umsetzung und Wirksamkeit der Ausbildungsangebote in Form der Lehre verbessert und anhaltende Diskrepanzen zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage abbaut; die Angemessenheit der arbeitsrechtlichen Bestimmungen betreffend flexible vertragliche Vereinbarungen, Entlassungsbestimmungen und flexible Arbeitszeitregelungen unter Konsultation der Sozialpartner überprüft;

4.

konkrete gezielte Maßnahmen zur Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung umsetzt; weiterhin die Verknüpfungen zwischen der Reform der Bargeldsozialhilfe und den Aktivierungsmaßnahmen verstärkt;

5.

die Umsetzung der Reform der staatseigenen Unternehmen abschließt, insbesondere um die Trennung von eigentumsrechtlichen und regulatorischen Funktionen zu gewährleisten, und die Einhaltung der Reformerfordernisse sorgfältig überwacht;

6.

die Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden verstärkt, auch durch Beseitigung von negativen Anreizen und eine rasche Verwendung der Mittel des Holdingfonds; den Wettbewerb bei den Energienetzen fördert, indem die Verbindungen mit anderen Mitgliedstaaten sowohl im Strom- als auch im Gassektor verbessert werden.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 54.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/55


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/14

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs für den Zeitraum 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin Luxemburg nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er verwies auf die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 26. April 2013 übermittelte Luxemburg sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016. Um den Querverbindungen zwischen den beiden Programmen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2013 plausibel ist. Insbesondere das Szenario des Stabilitätsprogramms für 2013 deckt sich weitgehend mit der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen, für 2014 dagegen ist es etwas optimistischer. Bei den mittelfristigen Defizitprojektionen wird von einem leicht optimistischen Wachstumsszenario ausgegangen, das oberhalb des potenziellen Wachstums ansetzt. Die im Stabilitätsprogramm skizzierte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, das Defizit von 0,8 % des BIP im Jahr 2012 auf 0,6 % des BIP im Jahr 2014 zu senken. Für die späteren Jahre des Programmzeitraums wird allerdings mit einem Defizit von 1,3 % des BIP in den Jahren 2015 und 2016 gerechnet. Der Grund hierfür ist die Einführung der neuen MwSt.-Regelungen für elektronische Dienste, die am 1. Januar 2015 in Kraft treten. Entsprechend diesen Regelungen werden MwSt.-Einnahmen aus dem elektronischen Handel von dem Land, in dem der Dienstleister niedergelassen ist, in das Land, in dem der Dienstleistungsempfänger seinen Wohnsitz hat, transferiert. Im Zuge der neuen Regelungen werden die MwSt.-Einnahmen nach Schätzung der Behörden um 1,4 % des BIP sinken. Die Regierung hat bereits angekündigt, dass der MwSt.-Regelsatz erhöht werden wird, um einen Teil des Einnahmeverlustes auszugleichen. Das bisherige mittelfristige Haushaltsziel eines strukturellen Überschusses von 0,5 % des BIP wird im Stabilitätsprogramm bestätigt. Das mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen und dem im Stabilitätsprogramm dargelegten (neu berechneten) strukturellen Haushaltssaldo dürfte Luxemburg im Jahr 2012 einen unter dem mittelfristigen Haushaltsziel liegenden strukturellen Überschuss von 0,1 % des BIP verzeichnen und den Projektionen zufolge im Jahr 2013 sein mittelfristiges Haushaltsziel erfüllen. Allerdings wird sich Luxemburg den Projektionen zufolge ab 2014 wieder von seinem mittelfristigen Haushaltsziel entfernen, zunächst um 0,3 % des BIP und in den Jahren 2015 und 2016 noch weiter. Die nationalen Behörden haben erneut bestätigt, dass sie beabsichtigen, spätestens 2017 zum mittelfristigen Haushaltsziel zurückzufinden, um so den Handlungsspielraum zu erweitern. Der öffentliche Bruttoschuldenstand liegt mit 20,8 % des BIP im Jahr 2012 weit unter dem im Vertrag vorgesehenen Referenzwert.

(10)

Luxemburg ist es gelungen, die Defizitmarke von 3 % des BIP in den vergangenen Jahren nicht zu überschreiten, und das Land hat so die Einleitung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit vermieden. Zurückzuführen ist dies eher auf sprudelnde Einnahmen als auf Zurückhaltung bei den Ausgaben. Es wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2012 die Wachstumsrate der öffentlichen Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen über dem Ausgabenrichtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts gelegen hat. Die Abweichung der Wachstumsrate der öffentlichen Ausgaben vom Ausgabenrichtwert wird voraussichtlich 1,3 % des BIP erreichen und somit über dem in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Schwellenwert von 0,5 % des BIP liegen. Für eine Einordnung dieser Abweichung bedarf es allerdings einer allgemeinen Bewertung, bei der weitere Faktoren zu berücksichtigen sind: i) 2012 verschlechterte sich das Defizit in struktureller Hinsicht lediglich um 0,2 % des BIP; ii) die Wirtschaft Luxemburgs ist angesichts der geringen Größe des Landes und ihres Offenheitsgrads sehr volatil; und iii) gemäß der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen dürfte Luxemburg sein mittelfristiges Haushaltsziel bereits 2013 erreichen. Diese Elemente lassen insgesamt darauf schließen, dass die Abweichung nichtstruktureller Art ist. Gleichwohl stellt die hohe Volatilität der gesamtstaatlichen Einnahmen Luxemburgs, die bislang zu höheren Einnahmen als erwartet geführt hat, ein Risiko hinsichtlich der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dar. Um diesen Risiken besser zu begegnen, sollten die Beschränkungen betreffend Verschuldung und Ausgaben gesetzlich festgelegt werden. Des Weiteren sollte eine Überwachungsinstanz benannt werden, und es sollten vorab Maßnahmen im Fall eines Verstoßes festgelegt werden. Das Inkrafttreten des oben genannten MwSt.-Pakets am 1. Januar 2015 und dessen starke negative Auswirkungen auf die Steuererhebung verdeutlichen, wie wichtig es für Luxemburg ist, einen mittelfristigen Haushaltsrahmen einzuführen. Insofern wäre ein besonders vorsichtiger finanzpolitischer Kurs im Jahr 2014 erforderlich.

(11)

Derzeit machen die Verbrauchssteuern weniger als ein Drittel der Steuereinnahmen aus; bedingt ist dies zum Teil durch moderate Regel- und ermäßigte MwSt.-Sätze. Luxemburg nimmt die erste Stelle in der EU ein, was die Zahl der Kategorien von Waren und Dienstleistungen betrifft, für die ermäßigte MwSt.-Sätze gelten. Die Präsenz eines großen von der MwSt. befreiten Finanzsektors trägt ebenfalls zu dem niedrigen Verhältnis MwSt./BIP bei. Insgesamt verfügt Luxemburg über Spielraum, um die Einnahmen durch eine Ausweitung des MwSt.-Regelsatzes zu erhöhen. Außerdem ist das Körperschaftssteuersystem in Luxemburg durch eine deutliche Begünstigung der Fremdfinanzierung gekennzeichnet, was dazu beiträgt, dass die Verschuldung des Privatsektors im Verhältnis zum BIP hoch ist.

(12)

Die im Dezember 2012 verabschiedete Renten- bzw. Pensionsreform Luxemburgs kann nur als erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung angesehen werden. Zur Schließung der Haushaltslücke müsste Luxemburg, selbst wenn den meisten Aspekten dieser Reform Rechnung getragen wird, langfristig ausgerichtete Maßnahmen zur Förderung der Tragfähigkeit umsetzen, die einer dauerhaften Verbesserung von 8,6 Prozentpunkten des BIP im Primärsaldo entsprächen. Luxemburg muss daher bei seiner Renten-/Pensionsreform weitere Maßnahmen ergreifen. Durch die Einführung einer Deckelung der Renten-/Pensionsanpassungen auf der Grundlage der Reallohnsteigerungen würden die Altersversorgungsrücklagen erhöht, und die Anhebung des tatsächlichen Pensions- bzw. Rentenalters durch die Anpassung des Pensions- bzw. Rentenalters oder der Pensions- bzw. Rentenleistungen an die Veränderung der Lebenserwartung würde dazu beitragen, die langfristige Tragfähigkeit des Altersversorgungssystems zu gewährleisten. Außerdem sollten die Möglichkeiten für die Inanspruchnahme von Vorruhestandsregelungen eingeschränkt und Anreize für ein längeres über das Mindestrentenalter hinausgehendes Verbleiben im Berufsleben geschaffen werden. Des Weiteren werden den Projektionen zufolge die Auswirkungen der Langzeitpflegeausgaben auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen mit 2,1 Prozentpunkten bei der Tragfähigkeitslücke Luxemburgs zu Buche schlagen. Im Vergleich zum EU-Durchschnitt ist der erwartete Anstieg der Zahl älterer Personen und Pflegebedürftiger in Luxemburg hoch.

(13)

Luxemburgs Produktivität ist derzeit recht hoch. Gleichwohl wird der Spielraum für Produktivitätszuwächse kleiner. Daher sollte der Anstieg der Lohnstückkosten begrenzt werden, indem eine bessere Korrelation zwischen Löhnen/Gehältern und Produktivität gewährleistet wird. Luxemburg hat Maßnahmen zur Abschwächung des Lohnzuwachses ergriffen und das Indexierungssystem für den Zeitraum 2012 bis 2014 moduliert. Allerdings ist diese Reform zeitlich befristet und garantiert nicht, dass die Löhne und Gehälter im Laufe der Zeit die Entwicklung der Produktivität nachvollziehen. Nicht in allen Wirtschaftszweigen ist dieselbe Produktivität zu verzeichnen: Im Finanzsektor ist sie nahezu doppelt so hoch wie in den anderen Wirtschaftsbereichen. Die Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs ist ab 2015 ernsthaft gefährdet, wenn das System der automatischen Indexierung wieder in herkömmlicher Weise greift. Damit eine weitere Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft vermieden wird, sollten daher weitere Maßnahmen für eine längerfristige Reform des Systems für die Lohn- und Gehaltsbildung ergriffen werden.

(14)

Luxemburgs Wirtschaft ist stark von seinem Finanzsektor abhängig, auf den etwa 30 % der gesamten Wertschöpfung und 25 % der Steuereinnahmen entfallen. Zur Wahrung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit des Landes müssten alternative „Kompetenznischen“ entwickelt werden. Das Forschungs- und Innovationssystem Luxemburgs ist allerdings nach wie vor äußerst schwach und das Land wird mit dem derzeitigen Kurs seine für 2020 festgelegte Zielvorgabe für die Intensität von Forschung und Entwicklung (FuE) nicht erreichen. Die Leistung Luxemburgs bei den Indikatoren für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen und Firmen liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt, was die mangelnden Verbindungen zwischen der FuE im Privatsektor und dem öffentlichen Forschungssystem widerspiegelt. Luxemburg sollte dem rückläufigen Trend bei seiner FuE-Intensität begegnen, insbesondere durch einen Beitrag zur Steigerung der FuE-Intensität der Unternehmen. Die Entwicklung einer gezielteren Strategie der intelligenten Spezialisierung könnte eine zentrale Rolle bei der Maximierung der wirtschaftlichen Auswirkungen der öffentlichen Forschungsfinanzierung spielen, vor allem durch Gewährleistung einer Hebelwirkung bei privaten Investitionen. Ein solcher gezielter Ansatz sollte durch umfassende bereichsübergreifende Maßnahmen ergänzt werden, die auf Entwicklung und Wachstum innovativer Firmen abstellen.

(15)

Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit einer Quote von 18 % nach wie vor hoch und hängt stark vom Bildungsstand ab. Junge Gebietsansässige stehen auf dem Arbeitsmarkt in starkem Wettbewerb zu Nichtgebietsansässigen, die häufig besser qualifiziert sind. Luxemburg hat gezeigt, dass es die Jugendarbeitslosigkeit entschlossen bekämpft, jedoch bedarf es weiterer Anstrengungen. Im Sinne der Optimierung sollten die ergriffenen Maßnahmen in eine umfassende Reformstrategie eingebunden werden, die auch verstärkte Aktivierungsmaßnahmen zur Verhinderung der Abhängigkeit von Sozialleistungen umfasst. Bei der Prüfung der Grundkompetenzen junger Menschen im Rahmen von PISA (5) verzeichnet Luxemburg relativ schwache Leistungen. Weitere Maßnahmen sind erforderlich, um dem seit 2006 festzustellenden negativen Trend in den Fächern Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften entgegenzuwirken. Weitere Anstrengungen sollten unternommen werden, um die Bildungsressourcen für Schulen mit benachteiligten Schülern zu verbessern und gezielt einzusetzen und um die Ressourcen für die sprachliche Unterstützung und für Förderklassen aufzustocken. Die besonderen Probleme, mit denen Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sind, sollten näher untersucht und mit gezielten Maßnahmen, auch in Bezug auf die Sprachkompetenz, angegangen werden. In diesem Zusammenhang sollte der beruflichen Aus- und Weiterbildung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Weitere Maßnahmen sollten ergriffen werden, um die frühkindliche Bildung zu verbessern und die Schulabbrecherquote zu verringern, insbesondere bei der zugewanderten Bevölkerung. Die Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitskräfte sollte u. a. durch Maßnahmen zur Verbesserung der Kompetenzen gesteigert werden.

(16)

Luxemburg hat sich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen in den Wirtschaftszweigen, die nicht unter das Emissionshandelssystem fallen, bis 2020 um 20 % (im Vergleich zu 2005) zu verringern; es wird jedoch nach den den jüngsten Maßnahmen zugrunde liegenden Projektionen davon ausgegangen, dass das Land seine Zielvorgabe um 23 Prozentpunkte verfehlt. Der Verkehrssektor zeichnete im Jahr 2011 für 68 % der nicht unter das Emissionshandelssystem fallenden Emissionen verantwortlich und stellt eine zentrale Herausforderung für Luxemburg dar. Mit den derzeit bestehenden Maßnahmen könnte lediglich etwa ein Drittel der Reduktion von Treibhausgasemissionen erreicht werden, die für das Erreichen der Zielvorgabe erforderlich ist. Folglich müssen die Maßnahmen erheblich verstärkt werden, vor allem indem die Kraftstoffbesteuerung erhöht wird, damit die Steuersatzdifferenz zu den Nachbarländern geringer wird. Die Reform der Kfz-Steuer sollte ebenfalls beschleunigt werden. Luxemburg sollte die Durchführung von Projekten fortsetzen, die die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel fördern. Es sollte eine Straßennutzungsgebühr eingeführt werden, um den Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu unterstützen. Gefördert werden sollten bessere Verbindungen des öffentlichen Personenverkehrs mit den benachbarten Regionen.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Luxemburgs umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Luxemburg berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme hierzu (6) spiegelt insbesondere die Empfehlung 1 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch eine Analyse der Wirtschaftspolitik des Euroraumes insgesamt vorgenommen. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Luxemburg ebenfalls für eine vollständige und fristgerechte Umsetzung dieser Empfehlungen sorgen —

EMPFIEHLT, dass Luxemburg im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

eine solide Haushaltsposition hält und das mittelfristige Haushaltsziel weiterverfolgt, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten, insbesondere indem den implizit mit der Bevölkerungsalterung verbundenen Verbindlichkeiten Rechnung getragen wird; die Haushaltsführung stärkt, indem ein mittelfristiger Haushaltsrahmen angenommen wird, der sich auf den Gesamtstaat erstreckt und mehrjährige Ausgabenobergrenzen vorsieht, und indem eine unabhängige Überwachung der Haushaltsregeln eingeführt wird;

2.

Maßnahmen ergreift, um der Tendenz zur Bevorzugung von Fremdfinanzierung in der Unternehmensbesteuerung zu begegnen und die Anwendung des MwSt.-Regelsatzes zu erweitern;

3.

die altersbezogenen Ausgaben senkt und die Langzeitpflege kostenwirksamer gestaltet, insbesondere indem der Schwerpunkt stärker auf Prävention, Rehabilitation und eigenständige Lebensführung gelegt wird, die vor kurzem angenommene Renten- und Pensionsreform verstärkt wird, zusätzliche Maßnahmen zur Einschränkung des vorzeitigen Ruhestands und der Anhebung des tatsächlichen Pensions- bzw. Renteneintrittsalter durch Anpassung des gesetzlichen Pensions- bzw. Rentenalters an die Änderung der Lebenserwartung ergriffen werden;

4.

über den derzeit geltenden Lohnstopp hinaus in Abstimmung mit den Sozialpartnern und unter Berücksichtigung der nationalen Gepflogenheiten weitere strukturelle Maßnahmen ergreift, um die Lohnfindung einschließlich der Lohnindexierung zu reformieren, die Anpassung an die Produktivität, die Entwicklungen auf Branchenebene und die Arbeitsmarktbedingungen zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern; die Anstrengungen zur Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur verstärkt und private Forschungsinvestitionen fördert, insbesondere durch Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Forschung und Unternehmen;

5.

die Anstrengungen zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit verstärkt, indem die Ausgestaltung und die Überwachung aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen verbessert werden; die allgemeine und berufliche Bildung vor allem von Menschen mit Migrationshintergrund fördert, damit die Qualifikationen junger Menschen besser auf die Arbeitsmarktbedürfnisse abgestimmt sind; Bemühungen verstärkt, um die Erwerbsquote älterer Arbeitskräfte zu erhöhen, u. a. durch Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit durch lebenslanges Lernen;

6.

stärkere Anstrengungen unternimmt, um die Zielvorgabe für die Verringerung der Treibhausgasemissionen außerhalb des Emissionshandelssystems zu erreichen, insbesondere durch eine höhere Besteuerung von im Verkehrssektor genutzten Energieerzeugnissen.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu den Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 58.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  PISA ist das OECD-Programm zur internationalen Schülerbewertung.

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates.

(7)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/59


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Maltas 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/15

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, bei der Ausgestaltung ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken den integrierten Leitlinien Rechnung zu tragen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Maltas für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm Maltas für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Malta als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Malta durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse der Kommission führt zu dem Schluss, dass in Malta makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung bedürfen und politische Maßnahmen erfordern. Insbesondere die Entwicklungen im Bankensektor und am Immobilienmarkt rechtfertigen eine sorgfältige Überwachung. Die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen erfordert politische Aufmerksamkeit.

(9)

Am 30. April 2013 übermittelte Malta sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016 und sein nationales Reformprogramm 2013. Um den Querverbindungen zwischen den beiden Programmen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario plausibel ist. Der Rat hob seinen Beschluss über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Malta am 4. Dezember 2012 (5) angesichts der Korrektur des Defizits 2011, die auf der Grundlage der Herbstprognose 2012 der Kommissionsdienststellen dauerhaft erschien, wieder auf. Im Jahr 2012 verzeichnete Malta jedoch ein gesamtstaatliches Defizit von 3,3 % des BIP, das somit erneut über dem Referenzwert von 3 % des BIP lag. Mit der im Programm beschriebenen Haushaltsstrategie wird darauf abgezielt, das Defizit schrittweise von 3,3 % des BIP im Jahr 2012 auf 0,8 % des BIP im Jahr 2016 zu verringern und damit allmählich Fortschritte bei der Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels zu erreichen. In dem Stabilitätsprogramm wird das mittelfristige Haushaltsziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts bestätigt, was die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumpakts übertrifft; allerdings ist die Erreichung des Ziels nicht innerhalb des Zeitraums des Stabilitätsprogramms vorgesehen. Das im Stabilitätsprogramm festgelegte Defizitziel für 2013 ist von relativ hohen Zuwächsen bei den Steuereinnahmen abhängig, die sich durch das zugrunde liegende makroökonomische Szenario nicht vollständig erklären lassen. Zusätzlich wird es nicht ausreichend durch detaillierte Maßnahmen gestützt, auch nicht in den Folgejahren. Die Veränderung des geplanten (neu berechneten) strukturellen Saldos fällt daher signifikant höher aus als in der Prognose der Kommission. Nach der Prognose der Kommissionsdienststellen legt der strukturelle Saldo unter Annahme einer unveränderten Politik im Jahr 2013 um lediglich ¼ Prozentpunkte des BIP und 2014 nur marginal zu.

Die Staatsverschuldung wird den Projektionen zufolge während des gesamten Zeitraums des Stabilitätsprogramms über dem Schwellenwert von 60 % des BIP bleiben. Nach den Projektionen der nationalen Behörden wird die Verschuldung 2014 auf 74,2 % des BIP steigen und danach bis 2016 auf 70 % sinken. Der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge wird die Schuldenquote etwas schneller wachsen und 2014 bei 74,9 % liegen, da das Primärdefizit weiter steigen dürfte. Aufgrund der Korrektur des übermäßigen Defizits 2011 befindet sich Malta seit 2012 hinsichtlich der Anwendung des Richtwerts für den Schuldenabbau in einer dreijährigen Übergangsphase. Malta hat 2012 keine ausreichenden Fortschritte zur Einhaltung des Schuldenstandskriteriums erreicht, und dies dürfte auch im Zeitraum 2013 bis 2014 nicht gelingen. Maltas Fiskalrahmen ist zwar recht flexibel, aber sein nicht verbindlicher Charakter und der kurze haushaltspolitische Planungshorizont tragen nicht zur Stützung einer soliden Finanzlage bei. Die Richtlinie 2011/85/EU (6) über die haushaltspolitischen Rahmen wurde bislang nicht umgesetzt, und eine Regel für einen strukturell ausgewogenen Haushalt gemäß des am 2. März 2012 in Brüssel unterzeichneten Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion wurde noch nicht in nationales Recht aufgenommen. Im Stabilitätsprogramm wird die Absicht der Regierung dargelegt, einen Finanzrat einzurichten, doch es werden keine konkreten Pläne dazu ausgeführt.

(11)

Steuermoral und Steuerhinterziehung stellen weiterhin eine Herausforderung für die Qualität der öffentlichen Finanzen dar. Die Behörden haben eine Reihe von relevanten Maßnahmen eingeführt und weitere Maßnahmen sind in Planung, doch die Umsetzung muss genau überwacht werden, da konkrete Ergebnisse noch ausstehen. Die steuerlichen Anreize für Unternehmen, Schulden aufzunehmen, sind immer noch sehr hoch. Malta stach im Jahr 2012 als das Land mit den zweitgrößten Unterschieden in der steuerlichen Behandlung von Fremdkapitalfinanzierung und Eigenkapitalfinanzierung für neue Investitionen hervor. Dieser Verschuldungseffekt könnte zu einem extrem ungünstigen Verhältnis zwischen dem Eigenkapital und dem Fremdkapital und zu einer ineffizienten Kapitalallokation führen. Malta gehört zu den wenigen Mitgliedstaaten, die keine Bestimmungen erlassen haben, um dieser Tendenz zur Fremdfinanzierung entgegenzuwirken.

(12)

Malta steht hinsichtlich der budgetären Folgen der Bevölkerungsalterung, die den Projektionen zufolge den EU-Durchschnitt deutlich überschreiten werden, weiterhin vor Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit seiner öffentlichen Finanzen. Der Anstieg der Pensionsausgaben macht mehr als die Hälfte des gesamten projizierten Anstiegs der alterungsbedingten Ausgaben aus, während das gesetzliche Rentenalter im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten niedrig erscheint und die mit der Reform im Jahr 2006 festgelegte Anhebung nur langsam vorankommt. Eine weitere Reform ist erforderlich, um die Tragfähigkeit sicherzustellen, wobei die Angemessenheit zu wahren ist und Fragen der Gerechtigkeit zwischen den Generationen angegangen werden müssen. Zwar haben Gespräche mit den Sozialpartnern stattgefunden, doch wurden keine konkreten Vorschläge für eine weitere Rentenreform unterbreitet. Die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer ist gering und eine umfassende Strategie für aktives Altern muss noch ausgearbeitet werden. Die Grundversorgung ist begrenzt, und zusammen mit der projizierten Bevölkerungsalterung könnte dies langfristig zu hohen Kosten im Gesundheitswesen führen Die Verwaltungskapazität im Bereich öffentliches Auftragswesen ist schwach, was zu komplizierten und langwierigen Verfahren führt.

(13)

Die zur Senkung der Schulabbrecherquote ergriffenen Maßnahmen, einschließlich der kürzlich erfolgten Einleitung des Vorbereitungsprozesses für eine Strategie zur Senkung der Schulabbrecherquote, sind begrüßenswert, unter anderem auch um das Missverhältnis zwischen Qualifikationsnachfrage und Qualifikationsangebot auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen. Die unternommenen politischen Anstrengungen werden nur dann wirksam sein, wenn die Umsetzungsmaßnahmen ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgen, was sorgfältig überwacht werden muss. Die unzureichende Verzahnung zwischen dem Bildungs- und Ausbildungssystem und den Arbeitsmarkterfordernissen stellt jedoch eine große Herausforderung dar. Die geplante Schaffung eines einheitlichen Ausbildungssystems, das verschiedene Qualifikationsniveaus umfasst, dürfte ebenfalls dazu beitragen, dass das Arbeitskräfteangebot den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht wird.

(14)

Malta hat darüber hinaus wesentliche Schritte unternommen, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu steigern, indem insbesondere die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben verbessert werden soll. Die Beschäftigungsquote der Frauen steigt auch aufgrund eines günstigen Kohorteneffekts weiter. Es besteht jedoch Spielraum nach oben: Die Beschäftigungsquote der Frauen ist nach wie vor niedrig, die Elternschaft hat immer noch erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen, und die geschlechtsspezifische Beschäftigungslücke zählt zu den höchsten in der Union. Ein Ausbau der Förderung flexibler Arbeitsregelungen und der Bereitstellung erschwinglicher Kinderbetreuungs- und nachschulischer Angebote für breitere Teile der Bevölkerung kann dazu beitragen, die Beschäftigungsquote der Frauen weiter zu erhöhen.

(15)

Maltas Mechanismus zur Anpassung an die Lebenshaltungskosten weist spezifische Eigenschaften auf, die die negative Auswirkung auf die gesamte Arbeitsmarktleistung und die Lohnanpassung zu mindern scheinen: Der Mechanismus ermöglicht eine Erhöhung um einen Pauschalbetrag, die damit lediglich einen teilweisen Inflationsausgleich für über dem als Bezuggrundlage dienenden Grundentgelt liegende Löhne darstellt, auf Mikro- und Makroebene bestehen Abweichklauseln und die Tarifverhandlungen sind vollständig dezentralisiert. In äußerst schwierigen Konjunkturphasen stellt das System allerdings nach wie vor hinsichtlich der Flexibilität der Reallöhne eine potenzielle Herausforderung dar und verhindert dadurch eine Arbeitsmarktanpassung und beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit. Die Preisvolatilität einiger Komponenten des im Rahmen des Mechanismus verwendeten Preisindex, insbesondere der Energiepreise, könnte durch Lohn-Preis-Spiralen Druck auf die Inflation ausüben. Daher sind eine Erhebung der Lohn- und Produktivitätsdaten auf Sektorebene und eine genaue Überwachung der Auswirkung des Lohnindexierungssystems wesentlich, um potenzielle Risiken zu mindern. Die maltesischen Behörden sollten die Auswirkung des Mechanismus auf die Wirtschaft genau beobachten und bereit sein, ihn gegebenenfalls zu reformieren.

(16)

Angesichts der sehr geringen Diversifizierung und der schwachen ökologischen Leistung seiner Energieversorgung, die hohe Stromtarife nach sich zieht, ist Maltas Wettbewerbsfähigkeit nach wie vor gefährdet. Die prekäre Finanzlage des wichtigsten Energieversorgers (Enemalta) verschärft diese Unsicherheit, doch der Stromverbund mit Sizilien soll nach 2014 Abhilfe schaffen. Obwohl verschiedene Initiativen weiterverfolgt wurden, etwa die Förderung von photovoltaischer Stromerzeugung, bleibt der Anteil der erneuerbaren Energien außerordentlich niedrig, und die Machbarkeit wichtiger Projekte, z. B. die Errichtung von Windparks, scheint gefährdet zu sein. Bei der Energieeffizienz wurden mit finanzieller Unterstützung der Union Fortschritte erzielt, insbesondere bei öffentlichen Gebäuden. Auch die ökologische Leistung des maltesischen Verkehrssystems ist schwach. Malta würde von einer umfassenden Verkehrsstrategie profitieren, die den öffentlichen Nahverkehr, das Straßennetz und die CO2-Leistung des Systems verbessert und die Nutzung anderer Transportmittel als Personenkraftfahrzeuge weiter fördert.

(17)

Maltas Bankensektor ist im Verhältnis zur Binnenwirtschaft sehr groß. Dies ist insbesondere auf die Tätigkeiten inländischer Nicht-Kernbanken und internationaler Banken, die ein begrenztes Engagement in der Binnenwirtschaft haben, zurückzuführen, aber kontinuierlich eine strenge Aufsicht rechtfertigen, damit negative Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Finanzstabilität vermieden werden. Die inländischen Banken bleiben in hohem Maße den Risiken des Immobilienmarkts ausgesetzt, wobei die spezifischen Rückstellungen für Kreditverluste relativ gering sind. Die politischen Diskussionen dazu sind abgeschlossen, müssen aber noch in angemessene regulatorische Maßnahmen umgesetzt werden. Das Justizsystem leidet unter Ineffizienzen, die ein weiteres Risiko für die Finanzstabilität darstellen. Die lange Dauer von Insolvenzverfahren behindert die effiziente Durchsetzung von Nebenrechten. In Zeiten wirtschaftlicher Belastungen könnte dies die Bankbilanzen zusätzlich beeinträchtigen und die Verluste erhöhen, was Rekapitalisierungen erforderlich machen würde.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Maltas umfassend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Malta berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm Maltas geprüft; seine Stellungnahme (7) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Angesichts der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 2 und 5 wider.

(21)

Im Kontext des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Auf dieser Grundlage hat der Rat spezifische Empfehlungen abgegeben, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind, deren Währung der Euro ist. (8) Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Malta auch sicherstellen, dass diese Empfehlungen vollständig und fristgerecht umgesetzt werden —

EMPFIEHLT, dass Malta im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der in den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit festgelegten jährlichen strukturellen Haushaltsanpassung spezifiziert und umsetzt, um das übermäßige Defizit bis 2014 auf tragfähige und wachstumsfreundliche Weise zu korrigieren, und den Rückgriff auf einmalige und befristete Maßnahmen beschränkt; nach der Korrektur des übermäßigen Defizits die strukturelle Anpassungsanstrengung in geeignetem Tempo verfolgt, um das mittelfristige Haushaltsziel bis 2019 zu erreichen; einen verbindlichen, regelbasierten mehrjährigen Fiskalrahmen im Jahr 2013 einrichtet; die konkrete Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung der Steuermoral und zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung sicherstellt und Maßnahmen ergreift, um die Tendenz zur Fremdfinanzierung in der Unternehmensbesteuerung zu verringern;

2.

die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellt, das Pensionssystem weiter reformiert, um das projizierte Ausgabenwachstum einzudämmen, einschließlich durch Maßnahmen wie eine beschleunigte Anhebung des gesetzlichen Pensions- bzw. Rentenalters, eine Anhebung des effektiven Pensions- bzw. Rentenalters durch Angleichung des Pensions- bzw. Rentenalters an Veränderungen an die Lebenserwartung und durch die Ermutigung zur privaten Altersvorsorge; Maßnahmen ergreift, um die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer zu steigern, indem eine umfassende Strategie für aktives Altern ausgearbeitet und umgesetzt wird; Reformen im Gesundheitswesen verfolgt, um die Kosteneffizienz in diesem Sektor zu erhöhen, insbesondere durch die Stärkung der öffentlichen Grundversorgung; die Effizienz verbessert und die Dauer von Vergabeverfahren verkürzt;

3.

weiter politische Anstrengungen unternimmt, um die Schulabbrecherquote zu senken, insbesondere durch die Einrichtung eines umfassenden Überwachungssystems, und die Arbeitsmarktrelevanz der Bildung und Ausbildung steigert, um Fachkräftelücken anzugehen, einschließlich durch die angekündigte Reformierung des Ausbildungssystems; die sich verbessernde Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen weiter unterstützt, indem flexible Arbeitsregelungen gefördert werden, insbesondere durch den Ausbau und eine verbesserte Erschwinglichkeit von Kinderbetreuungs- und nachschulischen Einrichtungen;

4.

weiter Anstrengungen unternimmt, um den Energiemix und die Energiequellen zu diversifizieren, insbesondere durch eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien und die rechtzeitige Fertigstellung des Stromverbunds mit Sizilien; Anstrengungen zur Förderung der Energieeffizienz und zur Verringerung von Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor weiterverfolgt;

5.

Maßnahmen zur Bildung größerer Rücklagen für Kreditausfälle im Bankensektor ergreift, um die potenziellen Gefahren aus der Abhängigkeit vom Immobilienmarkt zu mildern; politische Anstrengungen aufrechterhält, um eine rigide Aufsicht des Bankensektors sicherzustellen, einschließlich der inländischen Nicht-Kernbanken und der international ausgerichteten Banken; die Gesamteffizienz des Justizsystems verbessert, indem z. B. die Dauer von Insolvenzverfahren verringert wird.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 61.

(5)  Beschluss 2012/778/EU des Rates vom 4. Dezember 2012 (ABl. L 342 vom 14.12.2012, S. 43).

(6)  Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 41).

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(8)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/63


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Polens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/16

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(2)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden soll.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der Union und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Polens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm Polens für den Zeitraum 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik für das Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin Polen nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 30. April 2013 übermittelte Polen sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Polen unternahm in den Jahren 2011 und 2012 entsprechend der Empfehlung des Rates erhebliche Konsolidierungsanstrengungen. Angesichts einer sich verschlechternden weltwirtschaftlichen Lage wurde die Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits jedoch nicht eingehalten; zu dessen Korrektur ist mehr Zeit erforderlich. Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 hält der Rat das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für optimistisch. Insbesondere wird für den privaten Verbrauch und die privaten Investitionen eine stärkere Zunahme erwartet als in der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen, woraus sich für 2013 eine insgesamt höhere Wachstumsrate ergibt (1,5 % gegenüber 1,1 %). Ziel der im Konvergenzprogramm beschriebenen Haushaltsstrategie ist es, das Defizit bis 2013 (ein Jahr nach der ursprünglich im Rahmen des Defizitverfahrens vorgesehenen Frist für das Jahr 2012) auf 3,5 % des BIP zu bringen und bis 2016 das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen. Im Konvergenzprogramm ist jedoch vorgesehen, dass das nominale Defizit erst im Jahr 2015 weniger als 3 % des BIP beträgt. In Anbetracht der zu optimistischen Wachstumsprognosen und Einnahmenprojektionen des Konvergenzprogramms ist der Rat der Ansicht, dass die von den Behörden geplanten Konsolidierungsanstrengungen mit einer tatsächlichen Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2013 nicht in Einklang zu bringen sind, wenn nicht beträchtliche zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Anstrengungen für dieses Jahr zu verstärken. Das Konvergenzprogramm beruht auf einem optimistischen Szenario und ist nicht genügend durch detaillierte Maßnahmen untermauert, als dass damit die Korrektur des Defizits bis spätestens 2014 glaubwürdig sichergestellt wäre. Daher sind weitere Anstrengungen auf der Grundlage detaillierter Maßnahmen für die Jahre 2013 und 2014 notwendig.

Der Staat hat die Wachstumsphase vor der Krise nicht ausreichend genutzt, um die Struktur der öffentlichen Ausgaben umzugestalten und dabei wachstumsfördernden Bereichen Priorität einzuräumen. In dem Konvergenzprogramm wird das bisherige mittelfristige Haushaltsziel von – 1 % des BIP bestätigt, was den Zielen des Paktes entspricht. Ausgehend vom (neu berechneten) strukturellen Defizit wird das mittelfristige Haushaltsziel den Prognosen zufolge nicht wie im Konvergenzprogramm vorgesehen bis 2016 erreicht, da der geplante jährliche Fortschritt bei der Verwirklichung des mittelfristigen Haushaltsziels von 0,3 % des BIP (im strukturellen Bereich) im Jahr 2015 und 0,7 % des BIP im Jahr 2016 nicht ausreicht. Die Wachstumsrate der Staatsausgaben — unter Berücksichtigung diskretionärer Maßnahmen auf der Einnahmenseite — steht im Einklang mit dem im Stabilitäts- und Wachstumspakt für den gesamten Programmzeitraum festgelegten Richtwert. Es bedarf unter Umständen auch in den späteren Jahren der Anwendung des Konvergenzprogramms zusätzlicher Anstrengungen sowie Veränderungen der Zusammensetzung der Anpassungsmaßnahmen, da Fortschritte auf dem Weg zum mittelfristigen Haushaltsziel hauptsächlich von beträchtlichen Ausgabenkürzungen bei den öffentlichen Investitionen abhängen und es nicht genügend detaillierte Maßnahmen zur Verwirklichung dieses Ziels gibt. Die öffentliche Schuldenquote soll in Polen im gesamten Programmzeitraum weiterhin unter 60 % des BIP liegen. Den Prognosen der nationalen Behörden zufolge bleibt sie bis 2014/2015 im Wesentlichen konstant bei leicht über 55,5 % des BIP und sinkt dann 2016, wogegen die Kommission in Anbetracht etwaiger Risiken für die Konsolidierungspläne und für zum Schuldenabbau beitragende Elemente von einer Zunahme auf 59 % im Jahr 2014 ausgeht. Die Steuerehrlichkeit bleibt ein wesentlicher Aspekt bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung, was unter anderem erfordert, den Verwaltungsaufwand für Steuerzahler zu verringern und die Effizienz der Steuerverwaltung zu steigern. Damit der Erfolg der Konsolidierungsstrategie gesichert wird, ist es wichtig, die Haushaltskonsolidierung durch umfassende Strukturreformen zu begleiten.

(10)

Der geringe Anteil wachstumsfördernder Ausgaben (solche für Bildung, Forschung und Innovation) und rückläufige öffentliche Investitionen beeinträchtigen die langfristigen Wachstumsaussichten. Der polnische Gesundheitssektor leidet unter einem eingeschränkten Zugang zur Versorgung und mangelnder Kosteneffizienz, und die Ausgaben im Gesundheitswesen dürften bedingt durch eine alternde Gesellschaft mittel- bis langfristig noch erheblich steigen, wodurch sich die Belastung der öffentlichen Haushalte weiter erhöht. Verbesserungen könnten durch einen Ausbau der Grundversorgung und der Überweisungssysteme erreicht werden und indem das Potenzial für Steigerungen der Kosteneffizienz in der Krankenhausversorgung ausgeschöpft wird.

(11)

Die polnische Regierung hat noch keine permanente, mit dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) vereinbare Ausgabenregel eingeführt. Des Weiteren hat Polen bei der mittelfristigen Planung und der Verbesserung der Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen im Hinblick auf das Haushaltsverfahren nur geringe Fortschritte gemacht.

(12)

Die Jugendarbeitslosigkeit steigt, was im Wesentlichen daran liegt, dass die Bildung und Ausbildung nur unzureichend am Bedarf des Arbeitsmarktes ausgerichtet ist. Es wurden zwar Reformen durchgeführt, um das Missverhältnis zwischen vorhandenen und verlangten Qualifikationen anzugehen; es ist aber nach wie vor notwendig, das Angebot an Ausbildungsplätzen und praxisorientiertem Lernen sowie die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Arbeitgebern auszubauen und die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Die Umsetzung einer Jugendgarantie, aufbauend auf den derzeitigen Anstrengungen, trüge dazu bei, junge Menschen darin zu unterstützen eine Beschäftigung zu finden. Der Anteil der Erwachsenen, die am lebenslangen Lernen teilhaben, ist immer noch sehr niedrig, und die Übernahme der Strategie für das lebenslange Lernen steht noch aus.

(13)

Im Bereich der frühkindlichen Betreuung hat sich der polnische Staat darauf konzentriert, das Programm für Kleinkinder (Programm Maluch) umzusetzen. Dadurch hat sich die Zahl der Kindertagesstätten in den letzten zwei Jahren fast verdoppelt, sie ist aber relativ gesehen immer noch außerordentlich niedrig und wird der Nachfrage nicht gerecht. Polen hat nur wenig gegen die übermäßige Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverhältnisse unternommen. Polen hat unionsweit den dritthöchsten Anteil unfreiwillig befristet Beschäftigter, wovon besonders die Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen betroffen ist. Als Argument für befristete Arbeitsverträge wird oft angeführt, dass sie Arbeitslosen helfen, wieder ins Erwerbsleben einzutreten, so dass sie später einen unbefristeten Vertrag bekommen können; für die meisten Betroffenen in Polen scheint das jedoch nicht zuzutreffen. Die übermäßige Nutzung solcher Verträge scheint vielmehr die Qualität der Arbeitskräfte und die Produktivität zu beeinträchtigen, da befristet Beschäftigte normalerweise weniger Fortbildungsmöglichkeiten haben. Darüber hinaus ist der Verdienstabstand zwischen befristet und unbefristet Beschäftigten relativ hoch. Dadurch gehört Polen zu den Ländern in der Union, in denen Armut trotz Erwerbstätigkeit am häufigsten auftritt. Außerdem sind privatrechtliche Kettenverträge mit erheblich eingeschränktem sozialem Schutz weit verbreitet. Dem Bericht der Regierung „Jugend 2011“ zufolge sind mehr als 50 % der jungen Arbeitskräfte auf der Grundlage solcher Verträge beschäftigt.

(14)

Die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitskräfte in Polen ist niedrig. Die Möglichkeiten für den Vorruhestand wurden zwar beträchtlich eingeschränkt und es gab eine allgemeine Rentenreform, doch es besteht nach wie vor eine besondere Rentenregelung für Bergleute. Außerdem werden durch das Sozialversicherungssystem für Landwirte (KRUS) Anreize für Kleinlandwirte geschaffen, hauptsächlich aus dem Grund im Landwirtschaftssektor zu verbleiben, dass das Einkommen einzelner Landwirte in diesem System nicht genau nachzuvollziehen ist. Dies führt zu versteckter Arbeitslosigkeit in ländlichen Gebieten, hemmt Produktivitätssteigerungen und schränkt die regionale und sektorübergreifende Mobilität der Arbeitskräfte ein.

(15)

Polen gehört zu den Mitgliedstaaten, in denen die FuE-Ausgaben am niedrigsten sind, und bei den Indikatoren für die Innovationskraft im weiteren Sinne gehört es zu den Ländern, die am schlechtesten abschneiden. Das Verhältnis der FuE-Ausgaben zum BIP in Polen war im Jahr 2011 eines der niedrigsten in der Union (0,77 %). Besonders im privaten Bereich sind die FuE-Ausgaben niedrig (0,2 % des BIP im Jahr 2011). Polnische Unternehmen haben sich bisher im Wesentlichen auf die Aufnahme von Technologie beschränkt, d. h. auf die Anwendung bereits vorhandener Technologien durch Anlageinvestitionen. Dies hat zwar für Produktivitätssteigerungen und Wirtschaftswachstum gesorgt, doch jetzt braucht Polen einen Übergang zu einem grundständigeren, auf Innovationen beruhenden Modell. Mit Reformen von Wissenschaft und Hochschulbildung wurde eine umfassende Restrukturierung eingeleitet, um eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie auszulösen. Eine Bewertung dieser Reformen ist noch nicht möglich. Ein vermehrt ganzheitlicher Ansatz ist notwendig, damit die Anstrengungen in Forschung, Innovation und Industriepolitik aufeinander abgestimmt werden und damit sichergestellt wird, dass es geeignete Instrumente gibt, mit denen der gesamte Innovationszyklus gefördert wird.

(16)

In allen Bereichen der polnischen Wirtschaft ist durch die Verbesserung der Energieeffizienz noch sehr viel zu erreichen, insbesondere durch die Isolierung von Gebäuden; dadurch könnte das Wachstum steigen. Das inländische Stromnetz ist immer noch überlastet, doch Pläne, zusammen mit benachbarten Märkten mehr grenzüberschreitende Kapazitäten zu schaffen, schreiten voran. Auf dem Gasmarkt wird der Wettbewerb nach wie vor durch einige Faktoren behindert, insbesondere ist die stufenweise Aufhebung der Preisregulierung noch nicht abgeschlossen, und auf den etablierten Versorger entfällt bei der Endkundenversorgung und im Großhandel ein Marktanteil von etwa 97 %, und 90 % der Erdgasimporte stammen aus Russland.

(17)

Trotz einiger Fortschritte wird das Wachstum in Polen durch die rückständige Verkehrsinfrastruktur nach wie vor enorm gehemmt. Größere Straßenbauvorhaben sind vorangekommen, doch beim Schienennetz kommt es immer noch zu weitreichenden Verzögerungen. Der Bedarf an Investitionen in die baufällige Schieneninfrastruktur ist beträchtlich und nimmt weiter zu; lediglich 36 % der ca. 20 000 km des noch genutzten Eisenbahnnetzes befinden sich in gutem technischem Zustand. Bei der Nutzung des Wachstumspotenzials der Informations- und Kommunikationstechnologien liegt Polen trotz seiner Bemühungen in letzter Zeit immer noch weit hinter anderen Mitgliedstaaten zurück. Bei der Festnetz-Breitbandversorgung hat Polen unionsweit die niedrigste Quote, sowohl auf nationaler Ebene als auch in ländlichen Gebieten. Ins Wasserleitungsnetz wird nach wie vor nicht ausreichend investiert.

(18)

Die Leistung der polnischen Verwaltung liegt unter dem EU-Durchschnitt. Die Hauptprobleme sind mangelnde Transparenz, das komplexe Steuersystem und die mit der Einhaltung der Vorschriften verbundenen Kosten, die zunehmende durchschnittliche Verfahrenslänge in Zivil- und Handelssachen sowie lange Insolvenzverfahren mit niedrigen Erlösquoten. Auch bei der Nutzung elektronischer Behördendienste liegt Polen unter dem EU-Durchschnitt. Polen hat eine Reform eingeleitet, mit der der Zugang zu reglementierten Berufen erleichtert werden soll; der ursprünglich angekündigte Zeitplan wurde jedoch bisher nicht eingehalten.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Polens umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Polen berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Polen im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

die Haushaltsstrategie für 2013 und darüber hinaus verstärkt umsetzt und sie mit ausreichend spezifizierten Maßnahmen für 2013 und 2014 untermauert, um sicherzustellen, dass das übermäßige Defizit bis 2014 rasch und nachhaltig korrigiert und die Konsolidierungsanstrengung gemäß den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Defizitverfahrens verwirklicht wird; zwecks einer dauerhaften Korrektur der Finanzungleichgewichte ehrgeizige Strukturreformen, die die Anpassungsfähigkeit erhöhen und dem Wachstums- und Beschäftigungspotenzial Auftrieb geben würden, glaubwürdig umsetzt; nach der Korrektur des übermäßigen Defizits die Anstrengungen zur strukturellen Anpassung fortsetzt, so dass das Land bis 2016 das mittelfristige Haushaltsziel erreichen kann; im Hinblick auf eine Steigerung der Qualität der öffentlichen Finanzen Kürzungen wachstumsfördernder Investitionen auf ein Mindestmaß begrenzt sowie die Ausgabenpolitik neu bewertet und dabei die Sozialpolitik gezielter ausrichtet und die Kostenwirksamkeit und die Effizienz der Ausgaben im Gesundheitswesen erhöht; die Einhaltung der Steuervorschriften verbessert, insbesondere durch effizienter arbeitende Steuerbehörden;

2.

dafür Sorge trägt, dass im Jahr 2013 eine permanente, mit dem ESVG vereinbare Ausgabenregel verabschiedet wird; Maßnahmen zur Stärkung der Mechanismen der jährlichen und mittelfristigen Haushaltskoordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen ergreift;

3.

verstärkte Anstrengungen zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit unternimmt (z. B. durch eine Jugendgarantie), das Angebot an Ausbildungsplätzen und praxisorientiertem Lernen sowie die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Arbeitgebern ausbaut und die Qualität des Unterrichts verbessert; die Strategie für das lebenslange Lernen umsetzt; durch Verbesserungen beim Übergang von befristeter in unbefristete Beschäftigung und durch die Einschränkung der übermäßigen Nutzung zivilrechtlicher Verträge die Armut trotz Erwerbstätigkeit und die Segmentierung des Arbeitsmarkts bekämpft;

4.

seine Anstrengungen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen aufrechterhält, insbesondere durch Investitionen in bezahlbare, hochwertige Kinderbetreuung und vorschulische Einrichtungen und indem eine solide Finanzierung und qualifiziertes Personal sichergestellt werden; im Hinblick auf Verbesserungen bei der sektorübergreifenden Mobilität der Arbeitskräfte dauerhaft angelegte Schritte zur Reform des Sozialversicherungssystems für Landwirte (KRUS) ergreift; das besondere Rentensystem für Bergleute auslaufen lässt und sie ins allgemeine System übernimmt; die allgemeine Rentenreform mit Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitskräfte untermauert, um das Austrittsalter aus dem Arbeitsmarkt anzuheben;

5.

weitere Maßnahmen für ein innovationsfreundliches Umfeld ergreift und dabei Forschung, Innovation und Industriepolitik besser miteinander verknüpft, revolvierende Instrumente und steuerliche Anreize weiterentwickelt sowie die bestehenden Instrumente besser auf die verschiedenen Phasen des Innovationszyklus ausrichtet;

6.

die Energieerzeugungskapazitäten erneuert und ausbaut und die Effizienz in der gesamten Energiekette steigert; den Ausbau der Stromnetze einschließlich grenzüberschreitender Verbindungen beschleunigt und ausweitet und Hindernisse für den grenzüberschreitenden Stromaustausch beseitigt; die Preisregulierung in der Gasversorgung auslaufen lässt, um den Wettbewerb zu fördern; die Rolle der Eisenbahnregulierungsbehörde stärkt und deren Ressourcen erhöht sowie eine wirkungsvolle Durchführung von Schieneninvestitionsvorhaben ohne weitere Verzögerungen sicherstellt; seine Anstrengungen zur Verbesserung der Breitbandversorgung forciert; Verbesserungen in der Abfall- und Wasserwirtschaft vornimmt;

7.

weitere Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft vornimmt, d. h. Vereinfachung der Durchsetzung von Verträgen und der Anforderungen für Baugenehmigungen sowie Reduzierung der mit der Einhaltung der Steuervorschriften verbundenen Kosten; Maßnahmen zur geplanten Liberalisierung des Zugangs zur Ausübung freiberuflicher Tätigkeiten beschließt und umsetzt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 65.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/67


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Rumäniens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Rumäniens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/17

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 hat der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zugestimmt, die sich auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm Rumäniens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Rumäniens für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin Rumänien nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2012 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung der Finanzstabilität, der Haushaltskonsolidierung und zur Wachstumsankurbelung. Er betonte die Notwendigkeit, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 30. April 2013 übermittelte Rumänien sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012-2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario plausibel ist und mit der in der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen vorgenommenen Bewertung im Einklang steht. Aufgrund erheblicher Konsolidierungsanstrengungen konnte Rumänien sein gesamtstaatliches Defizit 2012 im Einklang mit der Empfehlung des Rates auf unter 3 % senken. Das Konvergenzprogramm sieht ein mittelfristiges Haushaltsziel von – 1 % des BIP vor (zuvor – 0,7 % des BIP), was den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes entspricht. Die in dem Programm dargelegte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, das mittelfristige Haushaltsziel bis 2014 zu erreichen, was nach Umrechnung durch die Kommission anhand der gemeinsamen Methodik einer Verwirklichung des mittelfristigen Haushaltsziels bis 2015 entspricht. Im strukturellen Bereich liegen die angestrebten Fortschritte bei der Erreichung des mittelfristigen Haushaltsziels bei über 0,5 % des BIP im Jahr 2013 und bei etwa 0,4 % des BIP im Jahr 2014. Der Richtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts für die Ausgaben während des Programmzeitraums wurde eingehalten. Die Anpassung wird 2013 durch einnahmenerhöhende Maßnahmen wie Verringerungen bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit, Verbesserungen bei der Besteuerung der Landwirtschaft, die Einführung einer Abgabe auf unerwartete Gewinne aufgrund der Deregulierung der Gaspreise und die Einführung einer Sondersteuer auf Stromübertragung und Gastransport beschleunigt. Die Hauptrisiken des Konvergenzprogramms betreffen weitere mögliche finanzielle Korrekturen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von EU-Mitteln oder der Finanzierung vorrangiger Projekte aus dem nationalen Haushalt, eine erneute Akkumulierung von Rückständen, insbesondere auf lokaler Regierungsebene, und begrenzte Fortschritte bei der Umstrukturierung staatseigener Unternehmen. Die öffentlichen Schulden Rumäniens sind mit 37,8 % des BIP im Jahr 2012 weiterhin relativ gering. Sie werden 2014 voraussichtlich auf 38,6 % steigen, während des Programmzeitraums aber deutlich unter dem Richtwert von 60 % des BIP bleiben.

(10)

Auf Antrag Rumäniens vom 17. Februar 2011 vereinbarten die Kommission und der IWF mit den rumänischen Behörden ein präventives wirtschaftliches Anpassungsprogramm. Im Rahmen der präventiven Finanzhilfe der EU verpflichtete sich Rumänien, ein umfassendes wirtschaftspolitisches Programm umzusetzen und sich dabei insbesondere auf Strukturreformen zu konzentrieren, um die Funktionsweise der Arbeits- und Produktmärkte zu verbessern und die Widerstandsfähigkeit und das Wachstumspotenzial der rumänischen Wirtschaft zu erhöhen. Gleichzeitig gewährleistete das Programm die Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung, die Verbesserung der Verwaltung und Kontrolle der öffentlichen Finanzen sowie die Umsetzung von Reformen in den Bereichen Außen-, Währungs-, Finanzstabilitäts- und Finanzmarktpolitik. Im März 2013 stellte Rumänien einen förmlichen Antrag auf eine dreimonatige Verlängerung des IWF-Programms. Wenngleich die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Mitteln im Rahmen des EU-Programms Ende März 2013 endete, findet die endgültige Programmüberprüfung nun bis Ende Juni 2013 statt.

(11)

Mit einer Verringerung des Haushaltsdefizits auf unter 3 % im Jahr 2012 und einer für 2013 erwarteten weiteren Haushaltskonsolidierung hat sich die Haushaltslage Rumäniens verbessert. Eine unzureichende Einhaltung der Steuervorschriften stellt eine wesentliche Herausforderung für das rumänische Steuersystem dar, insbesondere was die Mehrwertsteuer und die Besteuerung der Arbeit angeht. Die Umweltsteuern liegen unter dem EU-Durchschnitt. Wenngleich Rumänien kurz- oder mittelfristig keiner fiskalischen Stresssituation ausgesetzt sein dürfte, besteht langfristig aufgrund alterungsbedingter Ausgaben ein mittleres Risiko. Aufgrund der im Vergleich zu den Empfängern geringen Zahl der Beitragszahler bestehen Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit und Angemessenheit des Rentensystems. Rumänien ist einer der beiden Mitgliedstaaten, die noch nicht beschlossen haben, das Renteneintrittsalter von Männern und Frauen anzugleichen, und die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer (41,4 % im Jahr 2012) liegt beträchtlich unter dem EU-Durchschnitt. Die rumänische Regierung hat entschieden, die Rentenreform weiterzuführen und die Sozialpartner bei ihrer Planung zu beteiligen, um das Verantwortungsgefühl zu verstärken.

(12)

Der Gesundheitssektor Rumäniens weist erhebliche Ungerechtigkeiten hinsichtlich des Zugangs zu Dienstleistungen und deren Qualität auf. Dies liegt unter anderem am ineffizienten Einsatz von Ressourcen und einer schlechten Verwaltung. Es wurden Reformen zur Verbesserung der Effizienz des Gesundheitssektors eingeleitet, doch diese Anstrengungen müssen kontinuierlich fortgesetzt werden. Die Kosteneffizienz des Systems könnte durch eine Verringerung der übermäßigen Zahl stationärer Krankenhausbehandlungen und durch eine Stärkung der Primärversorgung und des Überweisungssystems erhöht werden.

(13)

Rumänien wies auch 2012 eine geringe Beschäftigungsquote von 63,8 % auf, wenngleich mit 62,8 % eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war. Das im Rahmen der Strategie Europa 2020 für das Jahr 2020 gesteckte Ziel von 70 % bleibt eine Herausforderung. Die Arbeitsproduktivität Rumäniens zählt noch immer zu den niedrigsten in der Union. Die Qualität der öffentlichen Aktivierungsmaßnahmen, der Maßnahmen zur Unterstützung der Arbeitsplatzsuche und der Umschulungsmaßnahmen ist nach wie vor relativ gering. Die begrenzten Verwaltungskapazitäten ermöglichen weder eine effiziente Umsetzung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen durch hochwertige, individuell zugeschnittene Dienste noch eine bessere Integration aktiver und passiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen. Die Teilnahme Erwachsener am lebenslangen Lernen stagniert mit 1,6 % im Jahr 2011auf einem sehr niedrigen, deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 8,9 % liegenden Niveau. Die Jugenderwerbs- und -beschäftigungsquote zählte 2012 mit 23,9 % bzw. 30,9 % zu den geringsten in der Union, während mit 22,7 % im Jahr 2012 eine hohe Jugendarbeitslosenquote zu verzeichnen war. Rumänien weist mit 16,8 % im Jahr 2012 einen hohen und zunehmenden Anteil junger Menschen auf, die weder erwerbstätig sind noch eine Ausbildung absolvieren.

(14)

Die Armutsbekämpfung ist weiterhin eine wichtige Herausforderung. Im Jahr 2011 waren 40,3 % der Bevölkerung und damit ein um zwei Drittel höherer Anteil als im EU-Durchschnitt von 24,2 % von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Davon sind insbesondere Kinder betroffen (49,1 %). Der Beitrag der Sozialtransfers (ohne Altersversorgung) zur Armutsbekämpfung liegt noch immer deutlich unter der durchschnittlichen Wirksamkeit der Transfers in der Union, sowohl was die Bevölkerung insgesamt angeht (23,7 % in Rumänien gegenüber 37,5 % in der EU 2011) als auch in Bezug auf Kinder (22 % gegenüber 42,8 % in der Union). Die geringe Inanspruchnahme, Abdeckung und Angemessenheit der Sozialleistungen schmälern noch immer ihre Wirksamkeit bei der Armutsbekämpfung. Im Bereich der sozialen Unterstützung wurden 2012 infolge der Reform des Jahres 2011 mehrere Rechtsvorschriften erlassen. Die Verabschiedung der verbleibenden Rechtsvorschriften wäre ein wichtiger Schritt zur Vollendung der Reform. Die Verknüpfung mit aktivierenden Maßnahmen könnte jedoch noch weiter verstärkt werden. Die Umsetzung der nationalen Strategie zur Eingliederung der Roma begann 2012, doch die Ergebnisse sind bescheiden. Damit diese Strategie wirksam umgesetzt werden kann, bedarf es einer besseren Koordinierung zwischen den einzelnen Beteiligten, auch hinsichtlich der Zuweisung von Finanzmitteln.

(15)

Das Bildungsgesetz von 2011, das eine wesentliche Reform mit einer langfristigen Agenda für die Verbesserung der Bildungsqualität auf allen Ebenen beinhaltet, ist noch nicht vollständig umsetzungsfähig. Um die Bildungsreform erfolgreich umzusetzen, bedarf es einer angemessenen Zuweisung der erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen für den Aufbau der Verwaltungskapazitäten und die politischen Maßnahmen. Eine zentrale Herausforderung für Rumänien ist die Verbesserung der Qualität des Bildungs- und Ausbildungssystems. Schulabbrüche sind ein wesentliches Problem. Mit einer Quote von 17,4 % im Jahr 2012 lag der Anteil der Schulabbrecher in Rumänien weit über dem EU-Durchschnitt von 13,5 % und dem nationalen Ziel von 11,3 %. Probleme bestehen nach wie vor insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten sowie in der Bevölkerungsgruppe der Roma. Rumänien verfügt darüber hinaus nicht über einen angemessenen Datenerhebungsmechanismus in Bezug auf Schulabbrecher; eine umfassende Strategie, die dieses Jahr verabschiedet werden soll, sollte dazu beitragen, dieses Problem zu lösen. Der Zugang zu hochwertiger und erschwinglicher frühkindlicher Bildung und Betreuung ist noch immer problematisch. Eine fehlende Übereinstimmung zwischen den vorhandenen Qualifikationen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes ist für einen großen Teil der beruflichen und tertiären Ausbildungsprogramme charakteristisch, wobei insbesondere das geringe Niveau der beruflichen Qualifikationen eine Herausforderung darstellt. Angesichts der hohen Erwerbslosenquote bei Absolventen von Hochschulbildungsprogrammen und der Überqualifizierungsquote ist eine weitere Angleichung der Hochschulbildung an die Anforderungen des Arbeitsmarktes eine Herausforderung von hoher Priorität. Beim Übergang von der institutionellen Betreuung zu alternativen Betreuungsformen für Kinder, die nicht von ihren Eltern versorgt werden, waren zwar langsame Fortschritte zu verzeichnen, doch es sind noch weitere Anstrengungen erforderlich.

(16)

Unzureichende Verwaltungskapazitäten sind ein zentrales Problem für Rumänien. Die öffentliche Verwaltung ist durch einen inkohärenten Rechtsrahmen, einen häufigen Rückgriff auf Notfallverordnungen, eine geringe Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und eine exzessive Bürokratie gekennzeichnet. Weitere Probleme sind mangelnde Qualifikationen, ein Mangel an Transparenz bei der Einstellung von Mitarbeitern und eine hohe Personalfluktuation auf Leitungsebene. Die unzureichenden Verwaltungskapazitäten sind ein Grund für die geringe Inanspruchnahme von EU-Mitteln. Das im Rahmen des Finanzhilfeprogramms der EU vereinbarte Ziel für Ende 2012 wurde weit verfehlt. Die kumulative Inanspruchnahme betrug Ende 2012 5,53 Mrd. EUR, was 20,2 % der gesamten verfügbaren Mittel aus den Struktur-, Kohäsions- und Landwirtschaftsfonds entspricht. Sie lag damit um 2,47 Mrd. EUR unter dem für Ende 2012 angestrebten Programmziel von 8 Mrd. EUR. Die Inanspruchnahmequote hinsichtlich des Struktur- und Kohäsionsfonds verbesserte sich von 7,5 % Ende April 2012 auf 15,2 % Ende Mai 2013. Um die Inanspruchnahme weiter zu verbessern und das Risiko einer Aufhebung der Mittelbindungen 2013 zu verringern, müssen die rumänischen Behörden sich unter anderem auf Maßnahmen konzentrieren, mit denen die Verwaltungs- und Kontrollsysteme von EU-Mitteln effizienter werden und mit denen die Verwaltungskapazität im öffentlichen Auftragswesen verbessert werden könnte.

(17)

Rumänien steht angesichts der weiterhin geringen Produktivität in der Industrie und im Dienstleistungssektor in Bezug auf seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit einer Reihe von Herausforderungen gegenüber. Große Herausforderungen sind vor allem schlechte Rahmenbedingungen für Unternehmen und eine geringe Unterstützung für Forschung und Entwicklung (FuE). Verbesserungen der Rahmenbedingungen für Unternehmen sollten in eine breiter angelegte, kohärente Strategie zur Einführung elektronischer Behördendienste integriert werden, die eine transparente Verwaltungskultur und die Rechtssicherheit fördert und bessere öffentliche Online-Dienste sicherstellt. Rumänien sollte zudem Anstrengungen unternehmen, um den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern und den Verwaltungsaufwand für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu verringern. Die FuE-Intensität ist mit 0,48 % im Jahr 2011 extrem gering, und die Effizienz und Wirksamkeit der Investitionen ist stark verbesserungsbedürftig. Investoren im Bereich FuE müssen sich auf Tätigkeiten konzentrieren, die für private Investitionen attraktiv sein können. Rumänien sollte darüber hinaus den Rechtsrahmen für geistiges Eigentum stärken, um die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen zu unterstützen.

(18)

Wettbewerb und Effizienz im Energie- und Verkehrssektor in Rumänien sind gering. Ineffizienz und eine mangelnde Transparenz in der Verwaltung der staatseigenen Unternehmen in diesen Sektoren stellen eine wesentliche Herausforderung dar. Eine weitere zentrale Herausforderung ist die Erhöhung der Energieeffizienz der Gebäude, der Fernwärmesysteme sowie in Industrie und Verkehr. Mit einer Energieintensität, die 2,5-mal so hoch ist wie im EU-Durchschnitt, liegt Rumänien unter den energieintensivsten Mitgliedstaaten der EU an dritter Stelle. Auch die CO2-Intensität des Landes ist die dritthöchste in der Union. Wohngebäude in Rumänien verbrauchen aufgrund eines ineffizienten Fernwärmesystems und einer unzureichenden Gebäudeisolierung achtmal so viel Energie wie im Durchschnitt der EU-15. Die Integration der rumänischen Strom- und Gasmärkte in die EU-Märkte ist noch immer unvollständig, und es müssen noch grenzüberschreitende Gasleitungen gebaut werden.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Rumäniens umfassend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Rumänien berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 8 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Rumänien im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

das EU/IWF-Finanzhilfeprogramm vollständig umsetzt;

2.

eine wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung sicherstellt und die Haushaltsstrategie für 2013 und darüber hinaus wie geplant umsetzt, um das Erreichen des mittelfristigen Haushaltsziels bis 2015 sicherzustellen; die Steuererhebung durch Umsetzung einer umfassenden Strategie zur Förderung der Einhaltung von Steuervorschriften verbessert und Schwarzarbeit bekämpft; gleichzeitig Möglichkeiten prüft, Umweltsteuern verstärkt zu erheben;. die 2010 begonnene Rentenreform weiterführt, indem das Renteneintrittsalter von Männern und Frauen weiter angeglichen wird und die Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer verbessert wird;

3.

Gesundheitsreformen umsetzt, um die Effizienz, Qualität und Zugänglichkeit des Gesundheitswesens insbesondere für benachteiligte Bevölkerungsgruppen sowie in abgelegenen und isolierten Gebieten zu verbessern; die übermäßige Zahl stationärer Krankenhausbehandlungen durch Stärkung der ambulanten Versorgung verringert;

4.

die Teilnahme am Arbeitsmarkt sowie die Beschäftigungsfähigkeit und Produktivität der Arbeitskräfte durch Überprüfung und Verstärkung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen verbessert und dazu Schulungen und individualisierte Dienste anbietet und das lebenslange Lernens fördert; die Kapazitäten der nationalen Beschäftigungsagentur erhöht, um die Qualität und Abdeckung ihrer Dienste zu verbessern; die Jugendarbeitslosigkeit bekämpft, indem der nationale Plan für die Erwerbstätigkeit von Jugendlichen unverzüglich umgesetzt wird, auch durch eine Jugendgarantie; Armut bekämpft und die Wirksamkeit und Effizienz von Sozialtransfers insbesondere im Hinblick auf Kinder verbessert; die Reform der sozialen Unterstützungsleistungen vollendet und dazu die einschlägigen Rechtsvorschriften erlässt und die soziale Unterstützung stärker mit aktivierenden Maßnahmen verknüpft; für die tatsächliche Umsetzung der nationalen Strategie zur Eingliederung der Roma sorgt;

5.

die Bildungsreform beschleunigt, einschließlich des Aufbaus von Verwaltungskapazitäten auf zentraler und lokaler Ebene, und die Wirkung der Reformen bewertet; die Reformen der beruflichen Aus- und Weiterbildung verstärkt; die Hochschulbildung stärker an die Anforderungen des Arbeitsmarktes anpasst und benachteiligten Bevölkerungsgruppen den Zugang erleichtert; eine nationale Strategie gegen den Schulabbruch umsetzt und sich dabei auf einen besseren Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, auch für Roma-Kinder, konzentriert; den Übergang von der institutionellen Betreuung zu alternativen Betreuungsformen für Kinder, die nicht von ihren Eltern versorgt werden, beschleunigt;

6.

die Governance und die Qualität von Institutionen und der öffentlichen Verwaltung verbessert und dazu insbesondere die Kapazitäten für die strategische und budgetäre Planung verbessert, die Professionalität des öffentlichen Dienstes durch eine bessere Personalverwaltung erhöht und die Mechanismen für die Koordinierung der verschiedenen Regierungsebenen stärkt; die Qualität der Vorschriften durch Folgenabschätzungen und systematische Bewertungen deutlich erhöht; Anstrengungen verstärkt, die Inanspruchnahme von EU-Mitteln zu beschleunigen, und dazu insbesondere die Verwaltungs- und Kontrollsysteme stärkt und das öffentliche Auftragswesen verbessert;

7.

die Rahmenbedingungen für Unternehmen insbesondere durch Verringerung des Verwaltungsaufwands für KMU und die Umsetzung einer kohärenten Strategie zur Einführung elektronischer Behördendienste verbessert und vereinfacht; den Zugang zu Finanzmitteln für KMU vereinfacht und diversifiziert; engere Verbindungen zwischen Forschung, Innovation und Industrie schafft, insbesondere durch die vorrangige Förderung von Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen, die auch für private Investitionen attraktiv sein können; Anstrengungen zur Verbesserungen der Qualität, Unabhängigkeit und Effizienz des Justizsystems bei der Behandlung von Fällen verstärkt und Korruption wirksamer bekämpft;

8.

Wettbewerb und Effizienz in Netzindustrien fördert und dazu die Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit der nationalen Regulierungsbehörden sicherstellt und die Corporate-Governance-Reform staatseigener Unternehmen im Energie- und Verkehrssektor fortsetzt; einen umfassenden langfristigen Verkehrsplan verabschiedet und die Breitbandinfrastruktur verbessert; die Regulierung der Gas- und Strompreise weiter verringert und die Energieeffizienz erhöht; die grenzübergreifende Integration der Energienetze verbessert und die Umsetzung der Gasverbundprojekte beschleunigt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 72.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/71


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm der Slowakei 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Slowakei für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/18

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken gestützte neue Strategie für Beschäftigung und Wachstum („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, deren Kernpunkt auf den Schlüsselbereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der Union und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bietet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (3) zum nationalen Reformprogramm der Slowakei für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm der Slowakei für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester 2013 für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (4) den Warnmechanismus-Bericht an, worin die Slowakei nicht als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.

(8)

Am 24. April 2013 übermittelte die Slowakei ihr nationales Reformprogramm 2013 und am 30. April 2013 ihr Stabilitätsprogramm 2013 für den Zeitraum 2012 bis 2016. Um den wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass die Slowakei aufgrund ihrer beträchtlichen Konsolidierungsanstrengungen das gesamtstaatliche Defizit von 7,7 % des BIP im Jahr 2010 auf 4,3 % des BIP im Jahr 2012 verringert hat und nach gegenwärtiger Einschätzung auf gutem Wege ist, das übermäßige Defizit zu korrigieren. Das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Die Behörden gehen von ähnlichen BIP-Wachstumsraten aus wie die Kommission, wobei sich die Komponenten leicht unterscheiden. Mit der im Stabilitätsprogramm skizzierten Haushaltsstrategie soll eine Haushaltsposition erreicht werden, die die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellt. Daher hat die Regierung das Ziel bestätigt, entsprechend der Empfehlung des Rates im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit das nominale Defizit im Jahr 2013 unter den Referenzwert von 3 % des BIP zu senken. Die aktualisierte durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung im Zeitraum von 2010 bis 2013 beläuft sich auf 1,4 % des BIP, was deutlich über der vom Rat empfohlenen erforderlichen Anstrengung von 1 % des BIP liegt. Ein Großteil der Ausgabeneinsparungen wird im Jahr 2013 von den Gebietskörperschaften und anderen staatlichen Stellen erwartet, auf die die Zentralregierung keinen direkten Einfluss hat. Das Erreichen des Ziels ist daher mit Risiken behaftet, auch vor dem Hintergrund von Ausgabenüberschreitungen, die in der Vergangenheit zu verzeichnen waren.

Das Stabilitätsprogramm bestätigt das bisherige mittelfristige Haushaltsziel von - 0,5 %, das bis zum Jahr 2018 erreicht werden soll. Das mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Projektion für die Verbesserung des (neu berechneten) strukturellen Haushaltssaldos in den Jahren nach der voraussichtlichen Korrektur des übermäßigen Defizits ist für die Jahre 2014 und 2015 angemessen (0,6 bzw. 0,7 Prozentpunkte des BIP), würde für 2016 jedoch unzureichend sein (0,3 Prozentpunkte des BIP). Die Slowakei wird den Ausgabenrichtwert des Stabilitäts- und Wachstumspakts voraussichtlich einhalten. Laut dem Stabilitätsprogramm bleibt der staatliche Schuldenstand bis 2016 unter dem Referenzwert von 60 % des BIP. Die Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen geht von einem Anstieg des Schuldenstands auf 54,6 % des BIP im Jahr 2013 und auf 56,7 % des BIP im Jahr 2014 aus.

Zur Gewährleistung der deutlichen Verringerung des nominalen Defizits seit 2011 haben die Behörden auch Investitionen aus gesamtstaatlichen Haushaltsmitteln gekürzt, was mittel- oder langfristig möglicherweise weder aufrechtzuerhalten noch wünschenswert ist, und haben einmalige Maßnahmen ergriffen. Künftig müssen Ausgaben für wachstumsfördernde Bereiche wie Bildung, Innovation und Verkehrsinfrastruktur im fortlaufenden Konsolidierungs- und Konvergenzprozess bewahrt werden.

(10)

Die Slowakei könnte zusätzliche Einnahmen erzielen, indem sie die Steuergrundlage verbreitert, die Spielräume für Verstöße gegen die Steuervorschriften und Steuerhinterziehung begrenzt und vermehrt Steuern erhebt, die das Wachstum weniger beeinträchtigen, wie Grundsteuern oder Umweltsteuern. Im Jahr 2012 wurde ein Aktionsplan zur Bekämpfung des Steuerbetrugs mit dem Schwerpunkt auf der Mehrwertsteuer angenommen. Für den Erfolg dieser Politik sind weitere Maßnahmen erforderlich, vor allem im Hinblick auf die Verbesserung der IT-Infrastruktur, die Ausweitung der Befugnisse und Prüfkapazitäten der Behörden und die Gewährleistung justizieller Folgemaßnahmen.

(11)

Die Slowakei hat im Jahr 2012 eine Rentenreform verabschiedet, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken. Dies hat die langfristige Tragfähigkeitslücke um 2 % des BIP verringert; die Lücke in Höhe von 4,9 % des BIP liegt jedoch weiterhin deutlich über dem EU-Durchschnitt von 3 % des BIP. Darin spiegeln sich vor allem die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung wider — die Rentenausgaben entsprechen 1,5 Prozentpunkten des BIP und die Gesundheitsausgaben 2 Prozentpunkten des BIP. Da die Gesundheitsausgaben der Slowakei Projektionen zufolge langfristig deutlich ansteigen werden, bedarf es neben den Fortschritten bei der Verbesserung der Tragfähigkeit der Rentensystems auch einer Gesundheitsreform, um die öffentlichen Finanzen auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Die Einführung wirksamer Anreizstrukturen und Kontrollmechanismen würde dabei helfen, die Kosteneffizienz im Gesundheitswesen zu steigern.

(12)

Die fortbestehende hohe Arbeitslosigkeit stellt, insbesondere im Zusammenhang mit der nur langsamen Erholung nach der Krise, nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die slowakische Wirtschaft dar. In den letzten Monaten hat die Slowakei Schritte zur Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik unternommen. Der Erfolg der Reform wird jedoch in starkem Maße davon abhängen, ob die öffentliche Arbeitsmarktverwaltung die Kapazitäten hat, sie wirksam umzusetzen. Für besonders benachteiligte Arbeitsuchende bedarf es zusätzlicher gezielter Maßnahmen. Soziale Unterstützungsleistungen sollten besser mit Aktivierungsmaßnahmen verknüpft sein, und im Steuer- und Sozialleistungssystem sollten negative Anreize zur Aufnahme einer Niedriglohnbeschäftigung beseitigt werden. Eine vermehrte Teilnahme von Frauen und älteren Menschen am Arbeitsmarkt würde dazu beitragen, die Beschäftigungsquote insgesamt zu erhöhen und bis 2020 das nationale Beschäftigungsziel von 72 % zu erreichen. Das Fehlen angemessener Kinderbetreuungseinrichtungen, insbesondere für Kinder unter drei Jahren, erschwert jedoch den Müttern die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

(13)

Die Jugendarbeitslosigkeit in der Slowakei ist eine der höchsten in der Union. Trotz der Reformen im Jahr 2012 zur Steigerung der Qualität der Bildung und ihrer Relevanz für den Arbeitsmarkt ist der Übergang von der Schule zur Arbeitsstelle nach wie vor schwierig, und das Bildungssystem reagiert nur schleppend auf die Erfordernisse des Arbeitsmarkts. Die Pro-Kopf-Finanzierung der Bildung gibt Quantität den Vorzug vor Qualität, und für Lehrtätigkeiten (Lehrpersonal, Lehrmaterial und Ausrüstung) ist nur ein kleiner Teil der Mittel vorgesehen. Die Steigerung der Qualität der Hochschulbildung und die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen würden auch beim Aufbau eines gut funktionierenden Wissensdreiecks helfen, Effizienz und Attraktivität von Investitionen in Forschung und Entwicklung steigern und die Innovationsfähigkeit der slowakischen Wirtschaft erhöhen.

(14)

Das Problem eines zu wenig genutzten Arbeitskräftepotenzials betrifft auch Randgruppen, die beim Eintritt in den Arbeitsmarkt und das Bildungssystem erheblichen Hürden gegenüberstehen. Nach der Annahme der Strategie der Slowakischen Republik zur Integration der Roma bis 2020 wurden im Jahr 2012 keine wirksamen Maßnahmen getroffen, und die Lebensbedingungen für Randgruppen, einschließlich der Roma, sind nach wie vor schwierig. Es ist wichtig, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um die Bildungsergebnisse bei Randgruppen zu verbessern, und sicherzustellen, dass für Erwachsene gezielte Aktivierungsmaßnahmen bereitstehen.

(15)

Trotz beachtlicher Fortschritte steht die Slowakei unter den Mitgliedstaaten mit der höchsten Energieintensivität an fünfter Stelle, was teilweise darin begründet ist, dass sie den größten Industrieanteil an der Wirtschaft (25,9 % des BIP) hat. Zugleich sind die Strompreise relativ hoch, vor allem für kleine und mittlere Industriekunden. Die Slowakei hat in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen, den Energiemarkt teilweise zu liberalisieren. Im Hinblick auf das Funktionieren des Markts gibt es jedoch weiter Spielräume für Verbesserungen — insbesondere durch mehr Transparenz, auch bei Festsetzung der Netzentgelte, und eine bessere wirtschaftliche Begründung und Berechenbarkeit der Entscheidungen der Regulierungsbehörden. Spielräume bestehen zudem im Hinblick auf die Erhöhung der Versorgungssicherheit und ehrgeizigere Zielvorgaben für Energieeffizienz.

(16)

Im Jahr 2012 hat die Slowakei eine umfassende Reform der öffentlichen Verwaltung eingeleitet, um öffentliche Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen kundenorientierter zu machen. Zurzeit konzentriert sich die Reform nicht auf die Zentralregierung und ihre allgemeine Qualität und Effizienz, ausgenommen örtliche Agenturen. Da bei der Reform des Justizwesens keine Fortschritte erzielt wurden, sind gerichtliche Verfahren nach wie vor langwierig, insbesondere bei Insolvenzfällen, und alternative Streitbeilegungsverfahren werden nicht ausreichend in Anspruch genommen. Die Slowakei hat unlängst ihre Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe reformiert und dabei unter anderen die Unabhängigkeit des Amtes für das öffentliche Auftragswesen gestärkt; Erfahrungen im Bereich der EU-Strukturfonds deuten jedoch darauf hin, dass die wirksame Anwendung der Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe weiter eine Herausforderung darstellt.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Slowakei umfassend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in der Slowakei berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets insgesamt analysiert. Auf dieser Grundlage hat der Rat an die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, besondere Empfehlungen (6) gerichtet. Als ein Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, sollte die Slowakei eine vollständige und rechtzeitige Umsetzung jener Empfehlungen gewährleisten —

EMPFIEHLT, dass die Slowakei im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

den Haushaltsplan für das Jahr 2013 wie geplant umsetzt, um das übermäßige Defizit in nachhaltiger Weise zu korrigieren, und die den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Defizitverfahrens entsprechende Konsolidierungsanstrengung unternimmt; nach der Korrektur des übermäßigen Defizits die strukturelle Anpassungsanstrengung fortsetzt, um das mittelfristige Ziel bis 2017 zu erreichen; von Kürzungen bei wachstumsfördernden Ausgaben absieht und verstärkte Anstrengungen unternimmt, um die Effizienz der öffentlichen Ausgaben zu steigern; aufbauend auf der bereits angenommenen Rentenreform die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen weiter verbessert, im öffentlichen Rentensystem die Finanzierungslücke verringert und im Gesundheitswesen die Kosteneffizienz steigert;

2.

die Umsetzung des Aktionsplans zur Bekämpfung des Steuerbetrugs beschleunigt und sich weiter um eine Verbesserung der Mehrwertsteuererhebung bemüht, insbesondere durch Stärkung der Analyse- und Prüfkapazitäten der Steuerverwaltung; die Steuerdisziplin stärkt; die Besteuerung von Immobilien an deren Marktwert koppelt;

3.

Maßnahmen trifft, um die Kapazität der öffentlichen Arbeitsmarktverwaltungen im Hinblick auf die Erbringung individuell zugeschnittener Dienstleistungen an Arbeitsuchende zu erhöhen, und die Verknüpfung zwischen Aktivierungsmaßnahmen und sozialen Unterstützungsleistungen stärkt; durch Aktivierungsmaßnahmen und maßgeschneiderte Fortbildungen wirksamer gegen Langzeitarbeitslosigkeit vorgeht; die Anreize für Frauen, eine Arbeit aufzunehmen, verbessert, indem sie die Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen verbessert, insbesondere für Kinder unter drei Jahren; die Steuer- und Abgabenlast für Geringverdiener vermindert und das Sozialleistungssystem anpasst;

4.

verstärkte Anstrengungen unternimmt, um die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, z. B. durch eine Jugendgarantie; Maßnahmen trifft, um junge Menschen für den Lehrberuf zu gewinnen und Bildungsergebnisse zu verbessern; im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung das Angebot an arbeitsbasiertem Lernen in Unternehmen stärkt; im Bereich der Hochschulbildung für stärker berufsorientierte Bachelor-Programme sorgt; durch Förderung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft einen wirksamen Wissenstransfer begünstigt; verstärkte Anstrengungen unternimmt, um den Zugang von Randgruppen, einschließlich der Roma, zu hochwertiger und inklusiver Vorschul- und Schulbildung zu verbessern;

5.

verstärkte Anstrengungen unternimmt, um das Funktionieren des Energiemarkts zu verbessern, insbesondere die Transparenz der Preisgestaltung zu erhöhen und die Rechenschaftspflicht der Regulierungsbehörde zu stärken; die Verbindungen zu den Nachbarländern ausbaut; die Energieeffizienz vor allem in den Bereichen Gebäude und Industrie verbessert;

6.

Maßnahmen, einschließlich einer Änderung des Beamtengesetzes, ergreift, um die Unabhängigkeit des öffentlichen Dienstes zu stärken; das Personalmanagement der öffentlichen Verwaltung verbessert; verstärkte Anstrengungen unternimmt, um in wichtigen Ministerien die Analysekapazitäten zu stärken, auch im Hinblick auf eine bessere Absorption von Unionsmitteln; Maßnahmen umsetzt, um die Effizienz der Justiz zu steigern; alternative Streitbeilegungsverfahren und ihre verstärkte Inanspruchnahme fördert.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2012 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(3)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 74.

(4)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/75


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Sloweniens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Sloweniens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/19

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden soll.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Sloweniens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Sloweniens für die Jahre 2012-2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung für das Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Slowenien als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Slowenien durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Slowenien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um das rasche Anwachsen dieser Ungleichgewichte zu stoppen und ihren Abbau zu bewerkstelligen. Bislang liegen der private und der öffentliche Schuldenstand unterhalb der Warnschwellenwerte des Scoreboards und auch die Nettoauslandsverschuldung hält sich vergleichsweise in Grenzen. Problematisch ist jedoch nicht die Höhe der Verschuldung, sondern ihre Struktur, die durch eine starke Konzentration im Unternehmenssektor gekennzeichnet ist. Vor dem Hintergrund der sich beschleunigenden negativen Wirtschaftstrends untergräbt dies die Stabilität des Finanzsektors und erschwert den Prozess des Schuldenabbaus, unter anderem auch aufgrund der Verflechtung mit der Höhe der Staatsschulden. Verschärft werden diese Risiken durch die begrenzte Anpassungsfähigkeit der Arbeits- und Kapitalmärkte sowie durch die von Staatseigentum dominierte Wirtschaftsstruktur. Phasen der politischen Unsicherheit und rechtliche Reformhindernisse haben dazu geführt, dass Slowenien seine Ungleichgewichte nicht in angemessener Weise angegangen ist und seine Anpassungsfähigkeit nicht verbessert hat, wodurch sich seine Anfälligkeit in Zeiten besonders angespannter Finanzierungsbedingungen für den Staat erhöht hat.

(9)

Am 9. Mai 2013 übermittelte Slowenien sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012-2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Am 23. Mai 2013 übermittelten die slowenischen Behörden der Kommission ein Schreiben, in dem wesentliche im Rahmen des nationalen Reformprogramms eingegangene Verpflichtungen noch einmal dargelegt bzw. abgeändert oder präzisiert wurden.

(11)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist nach Auffassung des Rates davon auszugehen, dass Slowenien trotz beträchtlicher — wenngleich erst in den späteren Programmjahren unternommener — Konsolidierungsanstrengungen, durch die das Defizit von 6,2 % des BIP im Jahr 2009 auf 4,0 % des BIP im Jahr 2012 zurückgeführt wurde, sein übermäßiges Defizit nicht bis 2013, wie vom Rat Ende 2009 empfohlen, korrigieren wird. Der Grund hierfür ist vor allem darin zu sehen, dass sich das wirtschaftliche Umfeld gegenüber den damaligen Erwartungen verschlechtert hat. Das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario erscheint für 2013 im Großen und Ganzen plausibel, für 2014 allerdings optimistisch. Insbesondere gehen die Behörden davon aus, dass das BIP — nach einem Rückgang um 2,3 % im Jahr 2012 und 1,9 % im Jahr 2013 — im Jahr 2014 um 0,2 % wachsen wird, während davon ausgegangen wird, dass Haushaltsmaßnahmen getroffen werden, durch die das gesamtstaatliche Defizit von 4,2 % des BIP (ohne Bankenrekapitalisierungen) im Jahr 2013 auf 2,6 % des BIP im Jahr 2014 gesenkt werden soll. Laut Prognose der Kommission wird das BIP jedoch unter Annahme einer unveränderten Politik — bei ausschließlicher Berücksichtigung der bis Mitte April 2013 beschlossenen Maßnahmen — im Jahr 2014 um 0,1 % zurückgehen, und das Defizit im Jahr 2014 wird 4,9 % des BIP betragen. Die Hauptziele der im Stabilitätsprogramm skizzierten Haushaltsstrategie bestehen darin, das übermäßige Defizit bis 2014, also ein Jahr nach Ablauf der vom Rat Ende 2009 gesetzten Frist, zu korrigieren, bis 2017 eine ausgeglichene strukturelle Haushaltsposition zu erreichen und die Schuldenquote auf einem Niveau unterhalb von 55 % des BIP zu stabilisieren. Das Stabilitätsprogramm bestätigt das mittelfristige Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts. Dieses mittelfristige Haushaltsziel entspricht nicht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts, da es den impliziten Verbindlichkeiten aufgrund der Bevölkerungsalterung nicht angemessen Rechnung trägt. Die im Stabilitätsprogramm anvisierten Defizitziele sind mit einer Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2014 vereinbar.

Angesichts der optimistischen Wachstumsprognosen für 2014, signifikanter Risiken für die Einnahmenprojektionen sowie einer unzureichenden Spezifizierung der ausgabenseitigen Maßnahmen ist es jedoch nach Auffassung des Rates nicht wahrscheinlich, dass das übermäßige Defizit bis 2014 korrigiert wird. Unter diesen Umständen sollten zusätzliche strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen festgelegt, erlassen und umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass das übermäßige Defizit spätestens bis 2015 auf glaubhafte und nachhaltige Weise korrigiert wird, wie vom Rat am 21. Juni 2013 empfohlen. Die öffentliche Schuldenquote hat sich von 22,0 % des BIP im Jahr 2008 auf 54,1 % des BIP im Jahr 2012 mehr als verdoppelt und soll laut Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen bis 2014 weiter auf 66,5 % des BIP ansteigen. Die Behörden erwarten, dass die Schuldenquote mit 63,2 % des BIP in den Jahren 2014 und 2015 ihren Höchststand erreicht und anschließend auf 62,8 % des BIP im Jahr 2016 zurückgeht. Für die Schuldenquote besteht das Risiko eines Anstiegs, unter anderem bedingt durch hohe Eventualverbindlichkeiten und die voraussichtlichen Bestandsanpassungen aufgrund der Übertragung von Aktiva auf die Bankenvermögensverwaltungsgesellschaft (Bank Asset Management Company — BAMC), was in den Programmprojektionen nicht berücksichtigt ist.

(12)

Im Mai 2013 haben die Behörden wichtige Schritte zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen unternommen. Sie haben eine Einigung mit den Sozialpartnern über eine weitere Senkung der Bruttogrundgehälter im öffentlichen Dienst um 1¼ % — zusätzlich zu der bereits im Gesetz über ausgeglichene öffentliche Finanzen vom Mai 2012 festgelegten Kürzung um 3 % — erzielt. Darüber hinaus hat das Parlament eine Verfassungsgrundlage für die Einführung einer Regel für einen strukturell ausgeglichenen/überschüssigen gesamtstaatlichen Haushalt beschlossen. Die vollständige Umsetzung der Bestimmungen des Fiskalpakts wird jedoch im Rahmen eines speziellen Verfassungsdurchführungsgesetzes erfolgen, das vom Parlament im November 2013 verabschiedet werden soll. Schließlich hat das Parlament fast einstimmig die Verfassungsvorschriften über die Ausrufung und den Gewinn eines Referendums strenger gefasst, so dass die Einführung von Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen erleichtert werden dürfte. Angesichts der rasch wachsenden Verschuldung ist es umso wichtiger, dass die Haushaltsstrategie für das Jahr 2013 verstärkt und konsequent umgesetzt wird und dass auch in den Folgejahren massive, entschlossene Konsolidierungsanstrengungen unternommen werden. Einige Steuern und Abgaben liegen zwar unter dem EU-Durchschnitt, doch kann nicht unbegrenzt auf Steuererhöhungen zurückgegriffen und damit die Notwendigkeit, die Ausgabendynamik anzugehen, aufgeschoben werden. Daher scheint es angemessen, die einnahmensteigernden Maßnahmen durch zusätzliche Haushaltsanstrengungen in Form struktureller Ausgabenkürzungen zu untermauern. Der mittelfristige Haushaltsrahmen und die Ausgabenregel Sloweniens sind nach wie vor nicht genügend darauf ausgerichtet, das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen und die langfristige Tragfähigkeit zu sichern. Zudem scheinen Haushaltsbeschränkungen für bestimmte Einheiten des Sektors Staat, insbesondere für indirekte Nutzer von Haushaltsmitteln, nicht vollständig durchgesetzt zu werden. Schließlich gehen internationale und inländische Schätzungen davon aus, dass der Umfang der Schattenwirtschaft in Slowenien über dem EU-Durchschnitt liegt, was darauf hindeutet, dass Raum für eine Verbesserung der Steuerdisziplin besteht, was auch durch entsprechende beabsichtigte Maßnahmen im Stabilitätsprogramm anerkannt wird.

(13)

Im Dezember 2012 wurde eine Rentenreform verabschiedet, die im Januar 2013 in Kraft getreten ist. Damit werden die in den Empfehlungen von 2012 genannten Herausforderungen angegangen, wenngleich nicht in ausreichenden Umfang, da lediglich mittelfristig (bis 2020) mit Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen zu rechnen ist. Diese Rentenreform ist zwar ein wichtiger Schritt, doch sieht sie keine spezifischen Maßnahmen zur Eindämmung der alterungsbedingten Kosten über das Jahr 2020 hinaus vor. Um die langfristige Tragfähigkeit der Rentenausgaben zu verbessern, sind weitere Reformanstrengungen erforderlich, einschließlich einer Anpassung des gesetzlichen Rentenalters an die steigende Lebenserwartung und einer weiteren Einschränkung von Frühverrentungen. Im Bereich der Langzeitpflege übersteigt die Nachfrage nach Dienstleistungen das Angebot, während die Ausgaben nach wie vor relativ gering sind. Angesichts der Alterungstrends werden der Bedarf an Langzeitpflege und die damit notwendig werdenden Ausgaben den Projektionen zufolge erheblich steigen. Weitere Evaluierungen bestehender Maßnahmen würden zu einer stärker evidenzbasierten Politik in diesem Bereich beitragen.

(14)

Obwohl der slowenische Bankensektor relativ klein (nicht einmal halb so groß, wie es dem Durchschnitt im Euro-Währungsgebiet entsprechen würde) ist, haben die größten Banken des Landes mit einem anhaltenden Druck auf die — im regionalen Vergleich nach wie vor geringen — Kapitalpuffer zu kämpfen, und ihre Abhängigkeit von einer staatlichen Kapitalisierung stellt eine erhebliche Bedrohung für die Wirtschaft dar. Die wiederholt erforderlichen Rekapitalisierungen konzentrieren sich auf die staatseigenen inländischen Banken. Zwar liegt die gesamte private Verschuldung unter dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets und unter den Warnschwellenwerten des Anzeigers von makroökonomischen Ungleichgewichten, doch handelt es sich hier um ein Problem struktureller Natur. Die Verschuldung konzentriert sich größtenteils auf den Unternehmenssektor, und viele Unternehmen sind überschuldet, was zu einem weiteren Anstieg notleidender Kredite führt. Ende 2012 waren die Unternehmen mit der Rückzahlung von 23,7 % der ihnen gewährten Kredite um 90 Tage oder mehr in Rückstand. Um Investitionen zu fördern und die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, muss die Kreditwürdigkeit des Unternehmenssektors wiederhergestellt und der Fremdkapitalanteil an Unternehmen verringert werden. Im Stabilitätsprogramm sind weitere Rekapitalisierungen vorgesehen. Die Behörden haben schriftlich bestätigt, dass sie sich bei Bedarf zur Bereitstellung zusätzlichen Kapitals verpflichten. Die Kreditvergabe ist rückläufig, was zu einer stärkeren Interaktion zwischen schwächelnden Banken und dem Staat geführt hat. Die Zinssätze für Unternehmenskredite (Darlehen über 1 Mio. EUR) sind in Slowenien um 2 Prozentpunkte höher als im Euro-Währungsgebiet insgesamt, und diese Spanne hat sich im Jahr 2012 weiter erhöht. Der Rechtsrahmen für Bankenrestrukturierungen wurde verabschiedet, bedarf aber noch einer wirksamen Umsetzung. Die BAMC bleibt die zentrale institutionelle Plattform für Bankensanierungen. In dem von der Regierung durch aktuelle Informationen ergänzten nationalen Reformprogramm werden Pläne für Übertragungen auf die BAMC auf der Grundlage von Bottom-up-Stresstests dargelegt, die von der Bank of Slovenia durchgeführt werden.

Die Behörden haben schriftlich ihre Bereitschaft bekräftigt, mit der Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass für ausgewählte Banken unabhängige Überprüfungen der Aktiva-Qualität vorgenommen werden. Diese Arbeiten sollten systemweit durchgeführt werden, um die langfristige Stabilität des Bankensektors zu gewährleisten. In anderen Ländern hat sich ein solches Vorgehen als Schlüssel zur Wiedererlangung des Vertrauens, der Glaubwürdigkeit und des Marktzugangs erwiesen. Als Grundlage für eine Gesamtstrategie für den Finanzsektor bedarf es der Bereitstellung einschlägiger Informationen im Rahmen einer gründlichen externen Bewertung.

(15)

Das nationale Reformprogramm sieht keine weiteren Schritte zur Stärkung der Bankenaufsicht vor, obwohl hier laut der eingehenden Überprüfung von 2013 Handlungsbedarf besteht. Die einzigen im nationalen Reformprogramm enthaltenen neuen Informationen zum Thema Bankenaufsicht betreffen die von der Bank of Slovenia durchzuführenden neuen Stresstests. Eine weitergehende Prüfung von Maßnahmen, wie etwa geeigneter Aufsichtsmaßnahmen auf Makroebene, ist nicht vorgesehen. Eine Überprüfung der Finanzaufsicht auf Mikroebene durch einen unabhängigen Sachverständigen würde auch die Einhaltung einiger der genannten Empfehlungen erleichtern.

(16)

Im März 2013 wurde eine Arbeitsmarktreform mit dem Ziel verabschiedet, die Segmentierung des Arbeitsmarkts abzubauen und die Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Mit der Reform wird der Schutz unbefristeter Arbeitsverträge verringert, indem die Kündigungsverfahren bei Einzel- und Massenentlassungen vereinfacht und die Kündigungskosten reduziert werden. Die für befristete Arbeitsverträge geltenden Regelungen wurden weiter verschärft, um Missbrauch zu verhindern, und Leiharbeit wurde eingeschränkt. Wenngleich die Reform in die richtige Richtung geht, bleibt abzuwarten, ob sie ambitioniert genug ist, um sich signifikant auf Arbeitsmarktsegmentierung und -flexibilität und auf Sloweniens Attraktivität für ausländische Direktinvestitionen auszuwirken. Es wurden noch keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um das Problem des durch die Regelung der Erwerbstätigkeit von Studierenden entstandenen dualen Arbeitsmarkts anzugehen. Im nationalen Reformprogramm werden Maßnahmen vorgeschlagen, die in die richtige Richtung gehen. Die Jugendarbeitslosenquote in Slowenien ist im Jahr 2012 stark gestiegen, und zwar um 4,9 Prozentpunkte auf 20,6 %, während sich die Arbeitslosenquote insgesamt im Jahr 2012 um 0,7 Prozentpunkte auf 9 % erhöht hat. Trotz steigender Arbeitslosigkeit ist den vorläufigen nationalen Daten zufolge die Zahl der Arbeitslosen, die an vom Europäischen Sozialfonds kofinanzierten Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik teilnehmen, im Jahr 2012 deutlich zurückgegangen. Es wurden keine Maßnahmen getroffen, um das Arbeitsumfeld an die Verlängerung des Erwerbslebens anzupassen, und es wurden nur anfängliche gezielte Maßnahmen des lebenslangen Lernens oder der aktiven Arbeitsmarktpolitik beschlossen, um die Beschäftigung junger Hochschulabsolventen, älterer Arbeitskräfte und Geringqualifizierter zu fördern. Slowenien hat einige Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Qualifikationen besser auf den Bedarf des Arbeitsmarkts auszurichten.

Derzeit führt die öffentliche Arbeitsverwaltung ein Pilotprojekt zur Bewertung des Qualifikationsbedarfs durch, doch muss die Zusammenarbeit mit Interessenträgern weiterentwickelt werden. Es muss mehr getan werden, um die Attraktivität der einschlägigen Aus- und Weiterbildungsprogramme zu verbessern. Darüber hinaus werden zusätzliche Berufsorientierungsmaßnahmen in KMU durchgeführt. Die Rolle der Arbeitgeber in der beruflichen Aus- und Weiterbildung muss weiter gestärkt werden. Verbesserungen in diesen Bereichen wären der Steigerung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit förderlich.

(17)

Es wurden bislang nur teilweise politische Maßnahmen zur Verbesserung der Kostenwettbewerbsfähigkeit umgesetzt. Im Jahr 2012 hat die Regierung das nominale Bruttogehalt pro Beschäftigten im öffentlichen Dienst um etwa 3 % gekürzt. Eine weitere Senkung der Arbeitskosten im öffentlichen Sektor wurde mit den Sozialpartnern Mitte Mai 2013 vereinbart. Der Mindestlohn — ausgedrückt als Prozentsatz des Durchschnittlohns — ist inflationsindexiert, gehört zu den höchsten in der Union und unterlag 2010 einer beträchtlichen diskretionären Erhöhung. Obwohl die Zuwachsrate der nominalen Vergütung pro Beschäftigten im Jahr 2012 negativ war (– 0,4 %), wurde — bedingt durch ein schwächeres Produktivitätswachstum (– 1,1 %) — im Jahr 2012 ein moderates positives Wachstum (0,7 %) der Lohnstückkosten verzeichnet. Maßnahmen zur Steigerung des Produktivitätswachstums und kontinuierliche Fortschritte bei der Senkung der Lohnstückkosten würden zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen.

(18)

Staatliche Eigentümerschaft spielt in der slowenischen Wirtschaft eine wichtige Rolle, und vieles ist seit der Übergangsphase in den 1990er Jahren unverändert geblieben. Die in den 1990er Jahren beschlossenen Instrumente für Privatisierungen und Unternehmensrestrukturierungen führten dazu, dass die Dominanz des Staates erhalten blieb, insbesondere im Finanzsektor. Im Jahr 2011 entfielen auf staatseigene Unternehmen ein Sechstel der gesamten Wertschöpfung der slowenischen Wirtschaft, etwa die Hälfte der Gesamtverluste im Unternehmenssektor sowie jeder achte Arbeitsplatz. Darüber hinaus beeinflussen staatlich kontrollierte Fonds und Unternehmen die öffentlichen Finanzen durch die Wechselwirkung von hohen Schulden, Rekapitalisierungsbedarf und erheblichen staatlichen Garantien. Bedingt durch die Größe und Schwäche der staatseigenen Unternehmen werden wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum gebremst und bestehende Ungleichgewichte vergrößert. Die staatliche Dominanz und die häufig schlechte Verwaltung des Staatsvermögens stellen ein Hindernis für private inländische und ausländische Investitionen dar und schaden Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Die wechselseitige Eigentümerstellung staatseigener Unternehmen im Nichtfinanzsektor und staatseigener Finanzinstitute sorgt für Ansteckungsrisiken, begrenzt das Anpassungspotenzial und verzerrt die Zuteilung von Ressourcen, insbesondere mit Blick auf neue Investitionen.

(19)

Das nationale Reformprogramm umreißt die politischen Prioritäten in den Bereichen staatliche Eigentümerschaft und Abbau der Unternehmensverschuldung, enthält aber keine Einzelheiten zu geplanten Maßnahmen. In der eingehenden Überprüfung für das Jahr 2013 wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen der staatlichen Eigentümerschaft im Hinblick auf direkte fiskalische Kosten und Eventualkosten und auf die Verzerrung normaler geschäftlicher Transaktionen herausgestellt. Im nationalen Reformprogramm jedoch wird als einziger Nachteil des staatlichen Handelns als Eigentümer von Nichtfinanzunternehmen der Mangel an Koordinierung genannt. Wenngleich das nationale Reformprogramm positive Elemente beinhaltet, enthält es generell jedoch keine ausreichenden Informationen zur strategischen Ausrichtung der im Staatsbesitz verbleibenden Unternehmen und keine detaillierten zeitgebundenen Verpflichtungen zur Verbesserung ihrer finanziellen Ergebnisse und ihre Managements. Es wurden erste Schritte zur Verbesserung der Unternehmensführung („Corporate Governance“) — im Einklang mit den länderspezifischen Empfehlungen von 2012 — und zur Privatisierung einiger staatseigener Unternehmen gemacht. Ferner wurden Rechtsvorschriften zur Einrichtung der künftigen „Slovenia Sovereign Holding“ (SSH) erlassen, die jedoch noch wirksam umzusetzen sind. Ein Register der Ernennungen von Mitgliedern der Verwaltungs- und Aufsichtsräte staatseigener Unternehmen in Kombination mit Vorschriften für die Offenlegung von Interessen könnte zu mehr Transparenz beitragen. Die im nationalen Reformprogramm für das vierte Quartal 2013 angekündigte Ausarbeitung einer Privatisierungsstrategie wird aufgrund des Schreibens vom 23. Mai 2013 auf das dritte Quartal vorgezogen. Zwischenzeitlich hat die Regierung dem Parlament eine Liste von 15 Unternehmen vorgelegt, deren Privatisierung vorgeschlagen wird. Neben Minderheitsbeteiligungen und KMU enthält die Liste auch große Unternehmen wie etwa die zweitgrößte Bank des Landes, die NKBM.

(20)

In Slowenien gibt es eine hohe Anzahl reglementierter Berufe und es besteht Spielraum für eine signifikante Senkung von Zutrittsschranken, die sich positiv auf die Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit auswirken würde. Die slowenischen Behörden haben im Jahr 2012 einen Reformprozess eingeleitet, in dessen Rahmen zahlreiche reglementierte Berufe mit dem Ziel überprüft werden sollen, die betreffenden Berufsbilder besser zu definieren, Verwaltungskosten zu reduzieren und den Berufszugang zu erleichtern. Eine erste Reihe von Gesetzen für die Bereiche Handwerk, Tourismus und Baugewerbe sollte bis Anfang 2013 vom Parlament verabschiedet werden. Die Reform hinkt jedoch, außer im Handwerkssektor, dem Zeitplan hinterher. Slowenien hat die rechtlichen Voraussetzungen für eine unabhängige Agentur für Wettbewerbsschutz geschaffen, muss aber noch für eine dauerhaft ausreichende Personalausstattung sorgen. Die Rechtsvorschriften müssen noch dahin gehend geändert werden, dass für die Agentur eine separate Haushaltlinie eingerichtet wird, da dies für die Gewährleistung ihrer finanziellen Unabhängigkeit erforderlich ist. Erstinstanzliche Gerichtsverfahren in Zivil- und Handelssachen oder auch Insolvenzverfahren ziehen sich zu lang hin. Trotz eines deutlich erkennbaren positiven Trends zur Verkürzung zivil- und handelsrechtlicher Streitsachen sind weiterhin kontinuierliche Anstrengungen erforderlich, um diese Probleme anzugehen, da sie die Ausübung unternehmerischer Tätigkeiten behindern und Sloweniens Attraktivität für ausländische Direktinvestitionen mindern. In diesem Kontext sollte die im nationalen Reformprogramm vorgesehene Reduzierung der Zahl der Richter pro Kopf der Bevölkerung kompensiert werden durch signifikante Effizienzsteigerungen.

(21)

Im nationalen Reformprogramm wird die Notwendigkeit einer Restrukturierung von in finanzieller Notlage befindlichen Nichtfinanzunternehmen herausgestellt, doch müssen die politische Herausforderung und die Antwort der Politik im Bereich Unternehmensumstrukturierungen noch besser ausgearbeitet werden, wobei das Hauptaugenmerk auf marktbasierten Lösungen liegen sollte. Es sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um private Investitionen anzuziehen, einschließlich ausländischer Direktinvestitionen, und um sicherzustellen, dass der Privatsektor ausreichend beteiligt ist und die Ressourcen der Steuerzahler bewahrt werden. Der Restrukturierungsprozess sollte zur Veräußerung der umstrukturierten Unternehmen führen, ohne Beteiligung öffentlicher Finanzierung.

(22)

Slowenien hat einen Prozess zur Änderung der Rechtsvorschriften mit dem Ziel einer höheren Effizienz bei der Abwicklung von Insolvenzverfahren auf den Weg gebracht. Im April 2013 hat die Regierung das Gesetz über Finanztransaktionen, Insolvenzverfahren und Zwangsauflösungen geändert. Im Rahmen der Änderungen wurden der Begriff der Insolvenz präzisiert und Anreize für Manager geschaffen, rechtzeitig Insolvenz anzumelden. Die im derzeit geltenden Insolvenzrahmen vorgesehenen Anreize und Sanktionen reichen nicht aus, um sicherzustellen, dass Unternehmen eine Insolvenz frühzeitig anmelden. Die obligatorischen Vergleichsverfahren (gerichtliche Sanierung) sind kompliziert und schuldnerfreundlich, insbesondere für KMU und Kleinstunternehmen. Es bestehen jedoch unzureichende Anreize für eine frühzeitige außergerichtliche Einigung, die dazu beitragen könnte, die Fortführung überlebensfähiger Unternehmen zu gewährleisten. Es wurden neue Rechtsvorschriften angekündigt, die eine finanzielle Umstrukturierung überschuldeter Unternehmen in einer frühen Phase des Prozesses ermöglichen, und das Justizministerium beabsichtigt, bis Ende Mai 2013 rechtliche Änderungen zur Erleichterung einer außergerichtlichen Umstrukturierung und Schuldenumwandlung vorzuschlagen. Ein geeigneter, anhand eines vereinbarten Zeitrahmens entwickelter Rechtsrahmen, der kompatible Anreize für Gläubiger, Eigentümer und Management vorsieht, wäre ein entscheidender Faktor, um die finanzielle Restrukturierung zahlungsunfähiger, aber überlebensfähiger Unternehmen zu erleichtern.

(23)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Sloweniens eingehend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Slowenien berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 9 wider.

(24)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(25)

Angesichts der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in allen nachstehenden Empfehlungen wider.

(26)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets als Ganzes analysiert. Auf dieser Grundlage hat der Rat länderspezifische Empfehlungen (6) an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist. Als ein Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, sollte Slowenien auch die vollständige und rechtzeitige Umsetzung jener Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Slowenien im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

im Jahr 2013 und in den Folgejahren die Haushaltsstrategie, unterstützt durch hinreichend spezifizierte strukturelle Maßnahmen, umsetzt und stärkt, um die nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2015 und die in der Ratsempfehlung im Rahmen des Defizitverfahrens genannte Verbesserung des strukturellen Saldos sicherzustellen; nach Korrektur des übermäßigen Defizits eine strukturelle Anpassung anstrebt, die es Slowenien ermöglicht, bis 2017 das mittelfristige Haushaltsziel, das in Übereinstimmung mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt festzulegen ist, zu erreichen. Eine dauerhafte Korrektur der Haushaltsungleichgewichte erfordert die Umsetzung ehrgeiziger Strukturreformen, die die Anpassungskapazitäten der Wirtschaft optimieren und Potenzialwachstum und Beschäftigung steigern; eine wachstumsfreundliche Ausgabenpolitik gewährleistet, Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerdisziplin erlässt und — untermauert durch systematische Überprüfungen der öffentlichen Ausgaben auf allen Regierungsebenen — Maßnahmen auf der Ausgabenseite trifft; bis Ende 2013 die Glaubwürdigkeit der Konsolidierungsanstrengungen verbessert, die Einführung einer Regel für einen strukturell ausgeglichenen/überschüssigen gesamtstaatlichen Haushalt zum Abschluss bringt, den mittelfristigen Haushaltsrahmen verbindlich, umfassend und transparent gestaltet und die Rolle unabhängiger Gremien für die Überwachung der Haushaltspolitik stärkt; Maßnahmen trifft, um die Eventualverbindlichkeiten des Staates nach und nach zu reduzieren;

2.

die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems über das Jahr 2020 hinaus durch eine weitere Anpassung aller relevanten Parameter, unter anderem auch durch Anbindung des gesetzlichen Rentenalters an die verlängerte Lebenserwartung, stärkt und gleichzeitig auch künftig die Angemessenheit der Renten gewährleistet; alterungsbedingte Ausgaben für Langzeitpflege eindämmt und den Zugang zu einschlägigen Dienstleistungen durch Verlagerung des Schwerpunkts von der institutionellen auf die häusliche Pflege, durch eine zielgenauere Ausrichtung der Leistungen sowie durch eine bessere Prävention zur Verhinderung von Invalidität und Pflegebedürftigkeit verbessert;

3.

gewährleistet, dass die Entwicklung der Löhne und Gehälter, auch des Mindestlohns, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplatzschaffung unterstützt; die Auswirkungen der jüngsten Arbeitsmarktreform genauestens überwacht und gegebenenfalls diejenigen Bereiche ermittelt, in denen weitere Maßnahmen erforderlich sind, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern und die Segmentierung des Arbeitsmarkts abzubauen, unter anderem durch die Regulierung der Erwerbstätigkeit von Studierenden; weitere Maßnahmen trifft, um die Beschäftigung junger Hochschulabsolventen, älterer Menschen und Geringqualifizierter zu steigern, indem die Ressourcen auf maßgeschneiderte Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik konzentriert werden und gleichzeitig deren Wirksamkeit erhöht wird; die Qualifikationen durch Erhöhung der Attraktivität einschlägiger berufsbildender Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie durch den Ausbau der Zusammenarbeit mit den relevanten Akteuren bei der Bewertung des Arbeitsmarktbedarfs stärker am Bedarf ausrichtet;

4.

unter Mitwirkung europäischer Partner die erforderlichen Schritte unternimmt, um im Juni 2103 einen unabhängigen externen Berater zu verpflichten, dessen Aufgabe es sein soll, eine systemweite Überprüfung der Qualität der Aktiva der Banken vorzunehmen; diese Arbeiten im Jahr 2013 abschließt, wobei im Falle der beiden Banken, die bereits Gegenstand eines Verfahrens zur Gewährung staatlicher Beihilfen sind, raschere Fortschritte angestrebt und die Bilanzbereinigung beschleunigt werden sollte; bereit ist, zusätzliches Kapital bereitzustellen, falls bei der Übertragung von Aktiva oder bei der Überprüfung ihrer Qualität weitere Mängel aufgedeckt werden. Alle Maßnahmen, einschließlich objektiver Bewertungen des Kapitalbedarfs, der Übertragung von Aktiva auf die Bankenvermögensverwaltungsgesellschaft, des Vermögenssicherungssystems, der operativen Durchführung der Restrukturierungsmaßnahmen, sollten in vollem Einklang mit den Vorschriften für staatliche Beihilfen umgesetzt werden, soweit solche gewährt werden; parallel dazu bis März 2014 eine umfassende sektorale Strategie umsetzt, um ein „Arm’s Length“-Management der reformierten Banken zu gewährleisten und Governance, Risikomanagement und Rentabilität des Sektors deutlich zu verbessern, unter anderem — soweit angezeigt — durch Konsolidierungsmaßnahmen; zügig die Vorbereitungen für die angekündigte Privatisierung von NKBM voranbringt und bis September 2013 einen ehrgeizigen Zeitplan für die Abstoßung der direkten und indirekten staatlichen Bankenbeteiligungen aufstellt;

5.

den für Banken geltenden Rechtsrahmen bis Ende 2013 überprüft und auf der Grundlage dieser Überprüfung die Aufsichtskapazitäten ausbaut und für mehr Transparenz und die Offenlegung statistischer Daten sorgt;

6.

die Reform regulierter Dienstleistungen beschleunigt und unter anderem Zutrittsbarrieren deutlich abbaut; das Unternehmensumfeld verbessert, auch durch Gewährleistung der Unabhängigkeit der Agentur für Wettbewerbsschutz und durch eine ausreichende und eigenständige Finanzierung der Agentur;

7.

aufbauend auf den bereits unternommenen Anstrengungen die Dauer der erstinstanzlichen Gerichtsverfahren in Zivil- und Handelssachen weiter verkürzt und die Zahl der schwebenden Verfahren, insbesondere in Vollstreckungsfällen, reduziert;

8.

im Rahmen der von der Regierung geplanten und bis September 2013 auszuarbeitenden Strategie anhand wirtschaftlicher Kriterien eine Einstufung der Aktiva als Kern- und Nichtkernaktiva — im Hinblick auf eine Abstoßung der Nichtkernaktiva — vornimmt; rechtzeitig die volle Funktionsfähigkeit der Slovenia Sovereign Holding (SSH) sicherstellt und sowohl die Eigentumsrechte als auch die Verwaltung aller Beteiligungen auf die SSH überträgt, möglicherweise unter Ausschluss derjenigen, die bereits in der Liste für unmittelbare vollständige Privatisierungen aufgeführt sind; von Beginn an ein professionelles Management, gegebenenfalls unter Rückgriff auf internationale Fachkompetenz, sowie klar definierte „Arm’s Length“-Beziehungen zu den beteiligten Unternehmen gewährleistet; für Kernbeteiligungen sektorspezifische Strategien zur Verbesserung der Rentabilität und der Corporate Governance entwickelt; ein obligatorisches und öffentlich zugängliches Register der Ernennungen von Mitgliedern der Verwaltungs- und Aufsichtsräte staatseigener Unternehmen einrichtet und Vorschriften für die Offenlegung von Interessen festlegt; dafür sorgt, dass der Rechtsrahmen die Abstoßung staatlicher Nichtkernaktiva erleichtert und die administrativen Hindernisse auf ein Minimum beschränkt sind;

9.

alle bestehenden rechtlichen und administrativen Hindernisse für eine nachhaltige Umstrukturierung überschuldeter/unterkapitalisierter, aber überlebensfähiger Unternehmen ermittelt und auf ihre Beseitigung im Wege marktbasierter Lösungen hinarbeitet; in diesem Zusammenhang geeignete Maßnahmen trifft, um eine ausreichende Lastenteilung mit dem privaten Sektor zu gewährleisten, private Investitionen, einschließlich ausländischer Direktinvestitionen, zu erhöhen und in angeschlagenen Unternehmen im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses Effizienzgewinne zu erzielen; bis September 2013 den erforderlichen Rechtsrahmen für außergerichtliche Umstrukturierungen festlegt — unter Gewährleistung der Kohärenz mit den bestehenden Insolvenzvorschriften — und Anreize sowohl für die Gläubiger als auch für die Anteilseigner schafft, außergerichtliche Umstrukturierungsvereinbarungen zu treffen; die Abwicklung von Insolvenzverfahren und außergerichtlichen Vergleichen verbessert und unter anderem schwebende Verfahren im Zusammenhang mit Insolvenzen zügig zum Abschluss bringt, um einen maximalen Veräußerungswert zu erzielen und eine zeitnahe und effiziente Auflösung notleidender Kredite zu gewährleisten.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 77.

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/81


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/20

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, eine auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken bezieht, deren Schwerpunk auf den Bereichen liegt, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3), die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Spaniens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Spaniens für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an und leitete damit das Europäische Semester 2013, d. h. eine neue Runde der wirtschaftspolitischen Koordinierung ein. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Spanien als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und hat am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 angenommen.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Spanien durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die angestellte Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Spanien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. So stellt insbesondere die überaus hohe In- und Auslandsverschuldung nach wie vor ein Risiko für Wachstum und Finanzstabilität dar, wird der Bankensektor derzeit auch unter Einsatz öffentlicher Mitteln rekapitalisiert und umstrukturiert und tragen Verkrustungen am Produkt- und Arbeitsmarkt zu hoher und weiter steigender Arbeitslosigkeit bei und behindern die wirtschaftliche Anpassung. Zwar finden derzeit Anpassungen vollzogen, doch erfordert der hohe Korrekturbedarf in den Bereichen Produkt- und Dienstleistungsmärkte, Arbeitsmarkt, Finanzsektor und öffentliche Finanzen kontinuierliches und entschlossenes politisches Handeln.

(9)

Am 30. April 2013 legte Spanien sein nationales Reformprogramm 2013 und sein Stabilitätsprogramm für die Jahre 2012 bis 2016 vor. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2013 weitgehend plausibel und ab 2014 gegenüber der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen mit einigen Abwärtsrisiken behaftet ist. Zwar wird im Stabilitätsprogramm für die Jahre 2014 bis 2016 ein geringeres Wachstum projiziert als in der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen, doch beruht Letztere auf der Annahme einer unveränderten Politik und lässt damit die zur Erreichung der im Stabilitätsprogramm gesetzten Haushaltsziele notwendige Haushaltskonsolidierung unberücksichtigt. Die im Stabilitätsprogramm skizzierte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, das gesamtstaatliche Defizit bis 2016 unter den Referenzwert von 3 % des BIP abzusenken. Die Konsolidierung stützt sich hauptsächlich auf Ausgabenzurückhaltung (die Ausgabenquote soll im Zeitraum 2012 bis 2016 um 3,7 Prozentpunkte sinken), daneben aber auch auf einige einnahmensteigernde Maßnahmen. Ausgehend vom (neu berechneten) strukturellen Saldo (5) ist im Stabilitätsprogramm für die Jahre 2013 bis 2016 eine jährliche Verringerung des strukturellen Defizits um 1,2 %, 0,4 %, 0,9 % und 0,9 % des BIP geplant. Laut Stabilitätsprogramm soll nach der Korrektur des übermäßigen Defizits am mittelfristigen Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts festgehalten werden, der dann 2018 erreicht würde. Das mittelfristige Ziel geht über die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinaus. Das für den Zeitraum 2017 bis 2018 vorgesehene Tempo der strukturellen Anpassung reicht aus, um die zur Erreichung des mittelfristigen Ziels notwendigen Fortschritte zu erzielen. Der öffentliche Schuldenstand soll dem Programm zufolge 2016 seinen Höchststand erreichen und danach zu sinken beginnen.

Die Pfade für Defizit- und Schuldenstandskorrektur sind mit Abwärtsrisiken behaftet. Die Maßnahmen, die zur Erreichung der Defizitziele beitragen sollen, werden nicht detailliert genug dargelegt, was insbesondere für die regionale Ebene gilt. Für 2016 nennt das Programm keinerlei Maßnahmen, und frühere befristete Maßnahmen werden lediglich bis 2014 fortgeführt. Für die im Zusammenhang mit der Kommunalverwaltungsreform geplanten Einsparungen bestehen erhebliche Umsetzungsrisiken. Auch die Wirtschafts- und Finanzlage sowie die Lage am Arbeitsmarkt und die Einnahmenentwicklung sind angesichts hartnäckiger hoher makroökonomischer Ungleichgewichte mit Unsicherheiten behaftet. Würde die beschlossene Vorruhestandsreform vollständig umgesetzt und eine Einigung über den Nachhaltigkeitsfaktor erzielt, würde dies die Risiken im Sozialversicherungssystem mindern. Ein weiteres Risiko stellen die mit Vermögenswertsicherung/-garantien verbundenen Eventualverbindlichkeiten dar. Erhebliche Fortschritte wurden bei der Berichterstattung über die Haushaltsausführung erzielt, wenngleich noch Raum für eine transparentere und frühzeitigere Umsetzung des Präventiv- und Korrekturmechanismus des Haushaltsstabilisierungsgesetzes besteht. Es fehlt eine systematische und zeitnahe Berichterstattung über die staatlichen Zahlungsrückstände, deren große Höhe ein Ad-hoc-Rückzahlungsschema erforderlich gemacht hat. Die Einsetzung eines unabhängigen Rats für Finanzpolitik lässt weiter auf sich warten. Die vorgeschlagene Überarbeitung der Indexierungsregeln für alle öffentlichen Einnahmen und Ausgaben würde Haushaltseinsparungen und eine höhere Reagibilität der Preise auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit sich bringen. Im nationalen Reformprogramm wird auch die Notwendigkeit anerkannt, die Kostenwirksamkeit der Gesundheits- und Arzneimittelausgaben beispielsweise durch eine Überarbeitung der Referenzpreise und Zentralisierung der Ankäufe pharmazeutischer Produkte oder durch Ausweitung von Zuzahlungen zu erhöhen.

(11)

Wenngleich sich die relative Steuerlast 2012 in erheblichem Umfang auf Verbrauch- und Umweltsteuern verlagert hat, ist die spanische Steuerquote nach wie vor eine der niedrigsten in der Union. Die Effizienz des Steuersystems kann weiter erhöht werden, indem der Anteil der wachstumsfreundlicheren indirekten Steuern erhöht und Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bekämpft werden, was auch mit den Haushaltskonsolidierungsbemühungen in Einklang steht. Spanien hat einige Maßnahmen getroffen, um der durch die Unternehmensbesteuerung bedingten Tendenz zur Fremdverschuldung entgegenzuwirken, doch müssen angesichts der hohen Verschuldung des privaten Sektors weitere Anstrengungen unternommen werden.

(12)

Das Anpassungsprogramm für den Finanzsektor verläuft plangemäß. So wurden insbesondere die notwendigen Rekapitalisierungen vorgenommen, und die Vermögensverwaltungsgesellschaft Sareb wurde errichtet. Bankenumstrukturierungen im Rahmen der Beihilfevorschriften werden in den kommenden Jahren aufmerksam verfolgt werden müssen. Um den Finanzierungs- und Liquiditätsengpässen der Unternehmen entgegenzuwirken, hat Spanien 2012 in großem Umfang gewerbliche Schulden regionaler und lokaler Gebietskörperschaften bei Unternehmen beglichen (27,3 Mrd. EUR) und verschiedene Initiativen eingeleitet, um die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen zu diversifizieren. Dieser Plan soll 2013 ausgeweitet werden.

(13)

Die Lage am Arbeitsmarkt ist nach wie vor kritisch. Die Neuausrichtung der Wirtschaft weg von Binnennachfrage und Bauwirtschaft bei verkrusteten Marktstrukturen und einem Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage ist einer der Gründe dafür, dass die Arbeitslosenquote Anfang 2013 auf 27 % gestiegen ist. Besonders besorgniserregend ist der merkliche Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit auf 56 % und die steigende Zahl der Langzeitarbeitslosen, die Ende 2012 44,4 % der Arbeitslosen insgesamt ausmachten. Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass sich infolge der Arbeitsmarktreform 2012 nun allmählich die firmeninterne Flexibilität erhöht, dass die Kosten bei Entlassungen etwas sinken und sich die Lohnzurückhaltung erhöht. Dem nationalen Reformprogramm zufolge soll die Reform im Juli 2013 bewertet und an ihren erklärten Zielen gemessen werden, um diese erforderlichenfalls zu ergänzen. Die Reformen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik kommen langsamer voran als geplant, und die öffentliche Arbeitsverwaltung selbst muss noch modernisiert und verstärkt werden, wie auch die jüngst beschlossene Zulassung privater Arbeitsvermittlungsstellen und die Zusammenarbeit zwischen nationaler und regionaler Arbeitsverwaltung (Single Job Portal) erst noch voll operationell werden müssen.

(14)

Dass ein großer Teil der Arbeitslosen (35 %) nicht über eine Berufsqualifikation verfügt und allgemeine und berufliche Bildung nicht ausreichend arbeitsmarktrelevant sind, trägt zur hohen Jugendarbeitslosigkeit und zur Langzeitarbeitslosigkeit bei. Die im März 2013 für den Zeitraum 2013 bis 2016 vorgelegte nationale Strategie für Jugendbeschäftigung und Unternehmertum enthält eine Reihe kurz- und längerfristiger Maßnahmen, die die Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen verbessern sollen. Gleichzeitig wurde die duale Berufsausbildung eingeführt, und entsprechende Pilotprojekte sind bereits 2012 angelaufen. Darüber hinaus wird im nationalen Reformprogramm 2013 die Bedeutung einer zügigen Umsetzung der Bildungsreform und einer Verbesserung der Qualität von allgemeiner und beruflicher Bildung insgesamt unterstrichen.

(15)

Vor allem die Lage am Arbeitsmarkt, aber auch die eingeschränkte Wirksamkeit des Sozialsystems bei der Eindämmung von Armut sind verantwortlich dafür, dass Spanien bei den Hauptindikatoren zur Messung von Armut und sozialer Ausgrenzung unter dem EU-Durchschnitt liegt, wobei Kinder am stärksten gefährdet sind. Hier sind bei der Ausarbeitung neuer Maßnahmen insgesamt keine nennenswerten Verbesserungen zu verzeichnen. Das nationale Reformprogramm enthält keinerlei Informationen über Inhalt oder Zeitplanung für die Annahme des nationalen Aktionsplans für soziale Integration 2013 bis 2016. Die Hauptaufgabe besteht darin, Ziele und Ressourcen innerhalb eines angemessenen politischen Rahmens zu rationalisieren, die Steuerung und interinstitutionelle Koordinierung auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene zu verbessern, die Verfahren für Sozialhilfesuchende zu vereinfachen und Mobilitätshindernisse zu prüfen. Bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut und zur verbesserten Unterstützung von Familien sind gewisse Fortschritte zu verzeichnen.

(16)

Unzureichende Rahmenbedingungen für Unternehmen, wie eine Segmentierung des Inlandsmarkts oder Eintrittsschranken in Dienstleistungsbranchen stehen der Schaffung von Arbeitsplätzen im Wege, und die Reformen in diesem Bereich kommen langsamer voran als im Reformprogramm vom September 2012 vorgesehen. Der erste Entwurf des Gesetzes über die Einheit des Marktes wurde im Januar 2013 von der Regierung beschlossen und soll Ende 2013 endgültig vom Parlament verabschiedet werden. Im nationalen Reformprogramm 2013 wird erneut zugesagt, bis Ende Juni 2013 einen ersten Entwurf des Gesetzes über freiberufliche Dienstleistungen vorzulegen und das Gesetz über Unternehmertum und Internationalisierung der Unternehmen bis Ende 2013 endgültig zu verabschieden. Über diese Reformen hinaus sollten Marktein- und -austritt weiter erleichtert werden, und zu diesem Zweck sollte insbesondere der für die Zulassung eines Unternehmens notwendige Zeitraum verkürzt und der Insolvenzrahmen überarbeitet werden. Darüber hinaus sollten regulierungsbedingte und sonstige Hindernisse für das Wachstum von Unternehmen in Angriff genommen werden. So wird der Wettbewerb im Einzelhandel trotz der jüngsten Reformen nach wie vor durch Markteintrittsschranken für großflächige Fabrikverkaufsstellen beschränkt. Im September 2012 hat die Regierung einen Gesetzesentwurf angenommen, demzufolge die nationale Wettbewerbsbehörde mit Aufsichts- und Regulierungsbehörden aus sechs Wirtschaftszweigen zusammengelegt und zu einer einzigen Einrichtung — der Nationalen Kommission für Märkte und Wettbewerb (CNMC) — verschmolzen werden soll. Ziel dieser Reform ist die einheitliche Anwendung der Wettbewerbsgrundsätze in den verschiedenen Wirtschaftszweigen. Die Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Hypothekenzinsen und Tilgungen im Jahr 2012 war ein wesentlicher Schritt, um die Anreize für den Wohnimmobilienerwerb zu mindern, doch stecken die Bemühungen zur Schaffung eines größeren und effizienteren Mietmarkts, der auch die Arbeitskräftemobilität erhöhen würde, noch in den Anfängen.

(17)

Das Tarifdefizit im Elektrizitätssektor, das für den Haushalt mit potenziell erheblichen Eventualverpflichtungen verbunden ist und nicht unerhebliche makroökonomische Risiken birgt, wurde noch nicht endgültig beseitigt, denn die 2012 und Anfang 2013 vorgelegten Maßnahmen sind als unzureichend anzusehen. Im nationalen Reformprogramm 2013 kündigt die Regierung bis Ende Juni 2013 die Vorlage eines Gesetzesentwurfs zur weiteren Reformierung des Elektrizitätssektors an. Der Wettbewerb im Endkundenstrommarkt lässt sich noch weiter verbessern. Transportinfrastruktur ist reichlich vorhanden, doch besteht Spielraum, um bei der Investitionsauswahl strengere Kriterien anzulegen und der effizienten Wartung bestehender Netze Vorrang einzuräumen. Die Einrichtung der geplanten unabhängigen Beobachtungsstelle wäre in dieser Hinsicht hilfreich. Im Eisenbahngüter- und Personenschienenverkehr bestehen technische und rechtliche Hindernisse, die Wettbewerb verhindern.

(18)

Angesichts der hochgradig dezentralen staatlichen Organisation muss die Koordinierung zwischen den verschiedenen öffentlichen Verwaltungen verstärkt werden, um sowohl Kosten zu senken als auch den Bürokratieaufwand für Unternehmen und private Haushalte zu begrenzen. Zu diesem Zweck wurden oder werden verschiedene Initiativen durchgeführt. So wurde insbesondere im Februar 2013 von der Regierung ein Gesetzesentwurf zur Reform der Kommunalverwaltungen vorgelegt (der vom Parlament bis Ende 2013 verabschiedet werden soll), und ein Ausschuss für die Reform der öffentlichen Verwaltung wurde eingesetzt. Dieser wird bis Ende Juni 2013 Vorschläge für eine Reform der öffentlichen Verwaltung vorlegen. Die Justizreform läuft bereits, wenngleich bei einigen Maßnahmen erhebliche Verzögerungen zu verzeichnen sind und die Effizienz der spanischen Justiz nach wie vor gesteigert werden kann.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Spaniens umfassend analysiert. Sie hat das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet. Dabei hat sie angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Spanien, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien berücksichtigt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 9 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme (6) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(21)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Die Bewertung führt zu dem Schluss, dass die vorgeschlagene Reformagenda umfassend ist und in die richtige Richtung geht. Gleichzeitig wird darin unterstrichen, dass die noch ausstehenden Reformen schnellstmöglich beschlossen und wirksam umgesetzt werden müssen, damit sie die erwarteten positiven Wirkungen entfalten können. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8 und 9 wider.

(22)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission darüber hinaus die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets als Ganzes analysiert. Ausgehend davon hat der Rat spezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (7). Als Land, dessen Währung der Euro ist, sollte Spanien auch bei diesen Empfehlungen eine vollständige und zügige Umsetzung sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass Spanien im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

die in der VÜD-Empfehlung des Rates verlangte strukturelle Konsolidierung durchführt, um die Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2016 zu gewährleisten; zu diesem Zweck die in den Haushaltsplänen 2013 festgelegten Maßnahmen auf allen staatlichen Ebenen umsetzt und die mittelfristige Haushaltsstrategie durch ausreichend ausgeführte strukturelle Maßnahmen für die Jahre 2014 bis 2016 untermauert. Voraussetzung für eine dauerhafte Korrektur der finanzpolitischen Ungleichgewichte ist die glaubwürdige Umsetzung ehrgeiziger Strukturreformen, die die Anpassungskapazität erhöhen und Potenzialwachstum und Beschäftigung steigern würden; die strukturelle Anpassung nach Korrektur des übermäßigen Defizits in angemessenem Tempo fortsetzt, um das mittelfristige Ziel bis 2018 zu erreichen; eine strenge und transparente Durchsetzung der im Haushaltsstabilisierungsgesetz vorgesehenen Präventiv- und Korrekturmaßnahmen gewährleistet; bis Ende 2013 einen unabhängigen Rat für Finanzpolitik einsetzt, der Analysen durchführt, Ratschläge erteilt und die Übereinstimmung der Haushaltspolitik mit den nationalen und den EU-Haushaltsvorschriften überwacht; die Wirksamkeit und Qualität der öffentlichen Ausgaben auf allen staatlichen Ebenen verbessert und bis März 2014 eine systematische Überprüfung größerer Ausgabenposten vornimmt; die Kostenwirksamkeit des Gesundheitswesens bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Zugangs für benachteiligte Gruppen erhöht und zu diesem Zweck beispielsweise die Arzneimittelausgaben der Krankenhäuser senkt, die Koordinierung zwischen den einzelnen Arten von Pflegeleistungen verstärkt und die Anreize für einen effizienten Ressourceneinsatz verbessert; Maßnahmen zum Abbau der staatlichen Zahlungsrückstände ergreift, ein weiteres Auflaufen solcher Rückstände verhindert und regelmäßig Angaben zu den ausstehenden Beträgen veröffentlicht; zur Verringerung von Preisträgheiten bei den öffentlichen Ausgaben und Einnahmen das Gesetz zum Abbau der Indexierung so rechtzeitig verabschiedet, dass es Anfang 2014 in Kraft ist, und zusätzliche Schritte zur Beschränkung der Anwendung von Indexierungsklauseln in Betracht zieht; bis Ende 2013 die Frage des Nachhaltigkeitsfaktors abschließend regelt, um die langfristige finanzielle Stabilität des Rentensystems zu gewährleisten, auch durch Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters, indem das Renteneintrittsalter oder Rentenleistungen an die Lebenserwartung angeglichen werden;

2.

das Steuersystem bis März 2014 einer systematischen Überprüfung unterzieht; eine weitere Einschränkung der Steuervergünstigungen bei der direkten Besteuerung ins Auge fasst, die Möglichkeiten zur weiteren Begrenzung der Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze prüft und zusätzliche Schritte bei den Umweltsteuern, insbesondere den Verbrauchssteuern und den Kraftstoffsteuern, einleitet; weitere Maßnahmen trifft, um der durch die Unternehmensbesteuerung bedingten Tendenz zur Fremdverschuldung entgegenzuwirken; den Kampf gegen Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit intensiviert;

3.

im Finanzsektor das Programm zur Rekapitalisierung der Finanzinstitute umsetzt, einschließlich der im November 2012 beschlossenen Maßnahmen zur Förderung von Vermittlungstätigkeiten von Nichtbanken;

4.

die Bewertung der 2012 durchgeführten Arbeitsmarktreform einschließlich all ihrer Ziele und Maßnahmen bis Juli 2013 zum Abschluss bringt und erforderlichenfalls bis September 2013 Änderungen vorlegt; bis Juli 2013 den nationalen Beschäftigungsplan 2013 verabschiedet und die aktive Arbeitsmarktpolitik zügig einer ergebnisorientierten Reform unterzieht und zu diesem Zweck u. a. die Zielgruppenorientierung und Wirksamkeit der Leitlinien verstärkt; die öffentliche Arbeitsverwaltung verstärkt und modernisiert, um eine wirksame und individuelle Unterstützung der Arbeitslosen zu gewährleisten, die dem jeweiligen Profil und Weiterbildungsbedarf Rechnung trägt; die Wirksamkeit von Umschulungs- und Schulungsprogrammen für ältere und gering qualifizierte Arbeitnehmer erhöht; das einheitliche Job-Portal voll und ganz einsatzfähig macht und die Etablierung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Vermittlungsstellen beschleunigt, damit diese bereits 2013 operativ ist;

5.

die in der Strategie für Jugendbeschäftigung und Unternehmertum 2013-2016 dargelegten Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit beispielsweise durch eine „Jugendgarantie“ umsetzt und ihre Wirksamkeit überwacht; seine Bemühungen um größere Arbeitsmarktrelevanz der allgemeinen und beruflichen Bildung, um Verringerung der Schulabbrecherquoten und um Verbesserung des lebenslangen Lernens fortsetzt und zu diesem Zweck insbesondere die duale Berufsausbildung über die derzeitigen Pilotphase hinaus verlängert und bis Ende 2013 ein System zur umfassenden Überwachung schulischer Leistungen einführt;

6.

die zur Verringerung der Zahl der von Armut und/oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen erforderlichen Maßnahmen beschließt und umsetzt, indem es verstärkt auf eine aktive Arbeitsmarktpolitik zurückgreift, um die Beschäftigungsfähigkeit arbeitsmarktfernerer Menschen zu verbessern, und indem es die Zielgruppenorientierung sowie die Effizienz und Wirksamkeit sozialer Maßnahmen, einschließlich der Dienste zur Unterstützung von Familien, verstärkt;

7.

das Gesetz zur Einheit des Marktes so rasch wie möglich verabschiedet und umsetzt und alle für dessen zügige Umsetzung erforderlichen ergänzenden Maßnahmen vorantreibt; die Wirksamkeit, Autonomie und Unabhängigkeit der neu geschaffenen Regulierungsbehörde sicherstellt; bis Ende 2013 das Gesetz über freiberufliche Vereinigungen und Dienstleistungen verabschiedet und umsetzt, um ungerechtfertigte Barrieren für den Zugang zu freiberuflichen Tätigkeiten und ihrer Ausübung zu beseitigen, und das Gesetz über Unternehmertum verabschiedet und umsetzt; die Förderregelungen für Unternehmen, die eine Internationalisierung anstreben, neu ordnet und bündelt; die Zahl der Zulassungsverfahren auch für industrielle Tätigkeiten verringert und die Verfahren verkürzt und „Expresszulassungen“ über den Einzelhandel hinaus ausweitet; die Insolvenz-Rahmenregelungen für juristische und natürliche Personen überarbeitet und in diesem Zusammenhang auch die persönliche Haftung von Unternehmern beschränkt und fehlgeschlagenen Unternehmungen einen zweiten Versuch erleichtert; ungerechtfertigte Beschränkungen für die Errichtung großflächiger Einzelhandelsgeschäfte beseitigt; bis März 2014 die Wirksamkeit des Regulierungsrahmens zur Förderung der Entwicklung des Mietimmobilienmarkts überprüft;

8.

das Tarifdefizit im Elektrizitätssektor beseitigt, indem es bis Ende 2013 eine Strukturreform für diesen Sektor beschließt und umsetzt; seine Bemühungen um vollständige Zusammenschaltung mit den Gas- und Stromnetzen der Nachbarländer intensiviert; die aus der unrentablen Verkehrsinfrastruktur resultierende Eventualverbindlichkeit für die öffentlichen Finanzen verringert; eine unabhängige Beobachtungsstelle einrichtet, die einen Beitrag zur Bewertung künftiger größerer Infrastrukturprojekte leistet; Maßnahmen zur Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs im Eisenbahngüter- und Personenschienenverkehr einleitet;

9.

die Reform der Kommunalverwaltung dem vorgelegten Zeitplan entsprechend beschließt und bis Oktober 2013 einen Plan zur Erhöhung der Effizienz der öffentlichen Verwaltung insgesamt vorlegt; die Reformen zur Steigerung der Effizienz der Justiz beschließt und umsetzt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 81.

(5)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen anhand der Programmdaten unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(6)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(7)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/86


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm Schwedens 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Schwedens für die Jahre 2012 bis 2016

2013/C 217/21

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden soll.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der Union und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm Schwedens für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm Schwedens für die Jahre 2012 bis 2015 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung für das Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin Schweden als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für Schweden durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die angestellte Analyse führt die Kommission zu dem Schluss, dass in Schweden makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die makroökonomischen Entwicklungen hinsichtlich der Privatsektorverschuldung und des Verschuldungsabbaus, in Kombination mit verbleibenden Ineffizienzen am Wohnimmobilienmarkt, verdienen weiterhin Aufmerksamkeit. Auch wenn der hohe Leistungsbilanzüberschuss keine vergleichbaren Risiken birgt wie hohe Defizite, wird die Kommission die Leistungsbilanzentwicklungen in Schweden weiterhin beobachten.

(9)

Am 19. April 2013 übermittelte Schweden sein Konvergenzprogramm 2013 für den Zeitraum 2012 bis 2017 und sein nationales Reformprogramm 2013. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Konvergenzprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2013 plausibel ist. Die Regierung projiziert für die Jahre 2013 und 2014 ein Wachstum von 1,2 % des BIP bzw. 2,2 % des BIP, während die Kommission in ihrer Prognose von 1,5 % bzw. 2,5 % ausgeht. Die im Konvergenzprogramm skizzierte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherzustellen, indem die Regeln des haushaltspolitischen Rahmens Schwedens eingehalten werden, darunter auch das Ziel, im Durchschnitt des Konjunkturzyklus einen gesamtstaatlichen Finanzierungsüberschuss von 1 % des BIP zu erzielen. Nach einem geringen Überschuss von 0,2 % des BIP im Jahr 2011 wies der gesamtstaatliche Haushalt im Jahr 2012 ein Defizit von 0,5 % auf. Das bisherige mittelfristige Haushaltsziel von – 1,0 % des BIP wird im Konvergenzprogramm bestätigt. Das mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dem Konvergenzprogramm zufolge soll sich der von der Kommission berechnete strukturelle gesamtstaatliche Haushaltssaldo von einem geringfügigen Defizit von rund 0,4 % des BIP in den Jahren 2012-2013 ab 2014 in einen Überschuss verwandeln. Im Programmzeitraum dürfte das mittelfristige Haushaltsziel daher erfüllt werden. Nach den im Konvergenzprogramm enthaltenen Informationen würde die Wachstumsrate der Staatsausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen in den Jahren 2012 und 2013 über der mittelfristigen Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums liegen, im 2014 aber darunter. Selbst wenn die Möglichkeit weiterer expansiver diskretionärer Maßnahmen im Jahr 2014 berücksichtigt wird, sind die Risiken für die Haushaltsziele begrenzt. Dem Konvergenzprogramm zufolge wird sich die Schuldenquote, die unter dem Referenzwert von 60 % des BIP liegt, 2013 vorübergehend auf 42 % des BIP erhöhen, im Jahr 2015 aber wieder auf unter 40 % des BIP zurückgehen. Nach der Prognose der Kommission wird die Schuldenquote 2014 auf 39 % sinken.

(11)

Die hohe Verschuldung des privaten Sektors (235 % des BIP im Jahr 2012) gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Die Schulden der privaten Haushalte, die sich bei rund 80 % des BIP bzw. etwa 170 % des verfügbaren Einkommens bewegen, haben sich erst in jüngster Zeit stabilisiert und dürften angesichts des anhaltenden Kreditwachstums und der langsamen Tilgung von Hypothekarkrediten in naher Zukunft kaum sinken. Die gegenwärtige steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen und die niedrigen wiederkehrenden Steuern auf Immobilien tragen zu einer Verschuldungstendenz in der schwedischen Wohnimmobilienbesteuerung bei, die wiederum zu hohen Schuldenständen beiträgt. Der vergleichsweise große Abstand zwischen dem effektiven Grenzsteuersatz auf Fremd- und auf Eigenkapital für Neuinvestitionen deutet außerdem darauf hin, dass die Tendenz zur Fremdfinanzierung in der Unternehmensbesteuerung fortbesteht. Schweden hat unlängst die Abzugsfähigkeit gruppeninterner Zinsaufwendungen eingeschränkt, verfügt aber nicht über ein Gesamtsystem, das die Tendenz zur Fremdfinanzierung gegenüber der Eigenkapitalfinanzierung in der Besteuerung korrigieren würde. Die Schulden des Unternehmenssektors sind mit 149 % des BIP nach wie vor erheblich.

(12)

Auch wenn der schwedische Wohnimmobilienmarkt in jüngster Vergangenheit stabil war, bleibt er doch eine potenzielle Quelle von Instabilität. Angebotsseitig ist der schwedische Wohnimmobilienmarkt durch gewisse Ineffizienzen gekennzeichnet, die zu Preisauftrieb bei Wohnimmobilien beitragen und unerwünschte Bindungseffekte erzeugen könnten. Die schwedischen Bauinvestitionen sind sowohl im Verhältnis zum BIP als auch zur Bevölkerung nur halb so hoch wie in anderen nordischen Ländern. Aufgrund langwieriger Verfahren auf kommunaler Ebene dauert es derzeit oft mehrere Jahre, bis ein neues Projekt auf den Weg gebracht ist. Die Straffung dieser Verfahren würde die Flexibilität des Wohnangebots erhöhen, den Wettbewerb im Bausektor fördern und die Baukosten senken. Weitere Reformen der Mietfindung sind vonnöten, damit die Marktkräfte ein optimales Mietangebot zu angemessenen Preisen hervorbringen können. Die Inangriffnahme der Ineffizienzen am Wohnimmobilienmarkt dürfte auch dazu beitragen, die Verschuldung der privaten Haushalte abzubauen, da diese beiden Aspekte zusammenhängen.

(13)

In Schweden liegt die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen, Menschen mit Migrationshintergrund und Geringqualifizierten generell weit höher als bei der übrigen Erwerbsbevölkerung und höher als im EU-Durchschnitt. Um dieses Problem anzugehen, hat Schweden eine Vielzahl neuer relevanter Maßnahmen getroffen. Die Maßnahmen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt haben bereits erste Erfolge bei der Senkung der Arbeitslosenquote gebracht, doch müssen die Anstrengungen fortgesetzt werden, um die Kluft zwischen ihnen und der übrigen Bevölkerung zu verringern. Auch junge Menschen haben bislang noch nicht spürbar von diesen Maßnahmen profitiert. Allerdings wurden einige vielversprechende Maßnahmen eingeführt oder sind in Vorbereitung; dazu gehört die Unterstützung von Einstiegsverträgen im Rahmen des schwedischen Modells der Lohnfindung durch vollkommen unabhängige Sozialpartner. Die Anstrengungen zum Ausbau des Lehrstellenangebots und anderer Arten der praktischen Berufsausbildung sind ebenfalls durchaus von Belang, werden jedoch ambitionierter gestaltet werden müssen, wenn sie die erwünschte Wirkung entfalten sollen. Bei der Überprüfung der gesetzlichen Regelungen zum Beschäftigungsschutz und der Nutzung der Vorteile der Jobgarantie für junge Menschen wären weitere Fortschritte angezeigt. Enger abgegrenzte Maßnahmen, die sich an die Bedürftigsten richten, sollten gegenüber allgemeinen Beihilfen bevorzugt werden. Im Rahmen der schwedischen Jobgarantie werden jungen Menschen, die bei der öffentlichen Arbeitsvermittlung gemeldet und seit mindestens 90 Tagen arbeitslos sind, zielgerichtete Dienste angeboten, um die Chancen auf einen Arbeitsplatz und die Ausbildungsmöglichkeiten zu verbessern. Allerdings scheint die Garantie derzeit weniger wirksam auf junge Menschen abzustellen, die weder in einer allgemeinen oder beruflichen Ausbildung stehen, noch bei der öffentlichen Arbeitsvermittlung gemeldet sind. Entsprechend der Empfehlung von 2012 hat Schweden eine Untersuchung in Auftrag gegeben, bei der geprüft wird, wie sich der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Restaurants und Cateringdienstleistungen auf Preise, Löhne und Jugendbeschäftigung auswirkt; diese Prüfung dürfte im Januar 2014 erste Ergebnisse und im Jahr 2016 endgültige Schlussfolgerungen hervorbringen. Angesichts der Bedenken, die hinsichtlich der Kostenwirksamkeit dieser Maßnahmen geäußert wurden, kommt dieser Prüfung große Bedeutung zu.

(14)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Schwedens umfassend analysiert. Sie hat das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Schweden berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(15)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm Schwedens geprüft; seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(16)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm Schwedens geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 2 und 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Schweden im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

die Maßnahmen umsetzt, die notwendig sind, um eine wachstumsfreundliche Finanzpolitik zu betreiben und eine gesunde Haushaltslage zu erhalten, die die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels im Programmzeitraum sicherstellt;

2.

weiterhin den Risiken der Privatverschuldung entgegenwirkt, indem die Verschuldungstendenz in der Wohnimmobilienbesteuerung durch stufenweise Abschaffung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Hypothekarkreditzinsen oder/und Erhöhung der Immobiliensteuern vermindert wird; weitere Maßnahmen ergreift, um durch Maßnahmen zur Unterstützung der Tilgung von Hypothekarkrediten eine vorsichtige Kreditvergabe zu fördern; die Tendenz zur Fremdfinanzierung in der Unternehmensbesteuerung weiter verringert;

3.

die Effizienz des Wohnimmobilienmarkts verbessert, indem weiterhin Reformen des Systems zur Mietpreisfestsetzung erfolgen und die Vertragsfreiheit zwischen Mieter und Vermieter gestärkt wird; mehr Wettbewerb im Bausektor fördert und die Planungs-, Flächennutzungs- und Genehmigungsverfahren mit dem Ziel überprüft, die Transparenz zu erhöhen, die Vorlaufzeiten zu verringern und die Zutrittsschranken für Bauunternehmen zu senken;

4.

die Anstrengungen verstärkt, die Integration von geringqualifizierten jungen Menschen und von Menschen mit Migrationshintergrund durch stärkere und gezieltere Maßnahmen zu verbessern, die ihre Vermittelbarkeit und die Arbeitsnachfrage nach diesen Gruppen erhöhen; stärkere Anstrengungen unternimmt, um den Übergang von der Schule ins Arbeitsleben zu erleichtern, auch durch breitere Nutzung von berufsbegleitenden Ausbildungen, Lehrstellen und anderen Arten kombinierter Ausbildungs- und Arbeitsverträge; die Jugendgarantie ergänzt, um junge Menschen, die nicht in einer allgemeinen oder beruflichen Ausbildung stehen, besser einzubeziehen; die Überprüfung der Beschäftigungswirksamkeit des derzeitigen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Restaurants und Cateringdienstleistungen zum Abschluss bringt und Schlussfolgerungen daraus zieht.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 85.

(5)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/89


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm der Niederlande 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm der Niederlande für die Jahre 2012 bis 2017

2013/C 217/22

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ beschlossen, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm der Niederlande für 2012 an und nahm zum aktualisierten Stabilitätsprogramm der Niederlande für 2012 bis 2015 Stellung.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, worin die Niederlande als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Prüfung angestellt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 erklärte der Europäische Rat die Stabilität des Finanzsystems, die Haushaltskonsolidierung und Maßnahmen zur Wachstumsankurbelung zu Prioritäten. Er verwies auf die Notwendigkeit, weiterhin eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung zu verfolgen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft sicherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise abzufedern sowie die öffentliche Verwaltung zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 die Ergebnisse ihrer eingehenden Prüfung für die Niederlande. In ihrer Analyse gelangt die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass in den Niederlanden makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die allerdings nicht übermäßig sind.

(9)

Am 29. April 2013 übermittelten die Niederlande ihr nationales Reformprogramm 2013 und ihr Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2012 bis 2017 und. Um Überschneidungen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Ausgehend von der Bewertung des Stabilitätsprogramms gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass die Niederlande in den Jahren 2011 bis 2013 erhebliche Konsolidierungsanstrengungen unternommen haben, die jedoch insbesondere angesichts der schlechter als erwarteten Wirtschaftsentwicklung nicht ausreichen, um das übermäßige Defizit bis 2013 zu korrigieren. Das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist weitgehend plausibel. Für 2013 und 2014 wird im Stabilitätsprogramm ein Wirtschaftswachstum von – 0,4 % bzw. 1,1 % projiziert — was nur geringfügig von den entsprechenden Werten der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen abweicht (0,8 % und 0,9 %). Erklärtes Ziel des Stabilitätsprogramms ist die nachhaltige Senkung des Gesamtdefizits auf unter 3 % des BIP ab 2014. Das Stabilitätsprogramm enthält keinen ausdrücklichen Verweis auf das mittelfristige Haushaltsziel, d. h., das im letztjährigen Stabilitätsprogramm vorgesehene mittelfristige Haushaltsziel von – 0,5 % wird wahrscheinlich beibehalten. Das mittelfristige Haushaltsziel entspricht den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Während das Stabilitätsprogramm für 2015 im Einklang mit den jährlichen Mindestanforderungen an die strukturellen Korrekturen eine Senkung des strukturellen Saldos von 0,5 % des BIP in struktureller Hinsicht vorsieht, könnte sich der strukturelle Saldo 2016 um 0,4 % des BIP verschlechtern und sich 2017 um 0,1 % des BIP verbessern, was für den Konsolidierungskurs nicht ausreicht. Der Frühjahrsprognose 2013 der Kommissionsdienststellen zufolge steht die durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung von rund 0,7 % des BIP über den Zeitraum 2010-2013 im Einklang mit der vom Rat empfohlenen Konsolidierungsanstrengungen von ¾ % des BIP. Die Haushaltsanpassung in den Jahren 2011 und 2012 war in erster Linie auf die Ausgabenseite ausgerichtet, stützt sich 2013 aber weitgehend auf einnahmenseitige Maßnahmen. Mit dem geplanten und im Stabilitätsprogramm festgelegten Gesamtdefizit dürfte das übermäßige Defizit bis 2014 korrigiert werden, ein Jahr nach der vom Rat im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit („Defizitverfahren“) am 2. Dezember 2009 festgelegten Frist. Der Rat hält die von den Behörden angestrebten Konsolidierungsanstrengungen für nicht vereinbar mit der tatsächlichen Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2014. Etwaige zusätzliche im Stabilitätsprogramm präzisierte Konsolidierungsmaßnahmen wurden zeitweise zurückgenommen und wären auch in keinem Falle ausreichend. Die Niederlande müssen zusätzliche Maßnahmen festlegen, um das Gesamtdefizit im Jahr 2014 nachhaltig unter die Schwelle von 3 % des BIP zu senken. Dem Stabilitätsprogramm zufolge steigt die Schuldenquote voraussichtlich weiter bis auf 74 % des BIP im Jahr 2013 an und sogar auf 75 % des BIP im Jahr 2014. Der Schuldenstand dürfte damit erheblich über dem Referenzwert von 60 % bleiben. 2015 soll der Schuldenstand nach dem Stabilitätsprogramm auf 71,4 % des BIP und danach bis 2017 auf 70,8 % des BIP sinken. Dieser Rückgang des Schuldenstands nach 2014 wird jedoch nur unzureichend durch politische Maßnahmen flankiert.

(11)

Um das künftige Wachstumspotenzial der Niederlande zu stärken, ist es von größter Bedeutung, dass die erforderliche Konsolidierung wachstumsfördernde Ausgaben beibehält, um eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits sicherzustellen und das mittelfristige Haushaltsziel kurz- bis mittelfristig zu erreichen. Besonders wichtig für eine ausgewogene Anpassung werden Anstrengungen zur Förderung von Innovation und Forschung, einschließlich Grundlagenforschung sowie allgemeine und berufliche Bildung sein. Dies würde nicht nur zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung, sondern auch zur Förderung von Innovation und Humankapital, besserer Wettbewerbsfähigkeit und mittel- und langfristigen Wachstumsaussichten beitragen.

(12)

Eine der größten Herausforderungen betrifft den Wohnungsmarkt, auf dem über Jahrzehnte hinweg Verkrustungen und verzerrende Anreize entstanden sind, die die Muster der Wohnungsbaufinanzierung und des Sparverhaltens in diesem Sektor geprägt haben. Die Tendenz der privaten Haushalte, sich über Hypothekenkredite eine Bruttoschuld aufzulasten, um Wohneigentum zu erwerben, ist das Ergebnis seit langem bestehender Steueranreize, vor allem der Steuerabzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen. Seit April 2012 wurde eine Reihe von Maßnahmen partiell durchgeführt. Einige betreffen die Anpassung der steuerlichen Behandlung von Wohnungsbaufinanzierungen. Der schrittweise Übergang zu einer Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen und zur Steigerung der Tilgungsanreize ist gerechtfertigt, aber die Einführung dieser Maßnahme ist zu langsam, um das Tilgungsverhalten zu beeinflussen. Der Mietmarkt ist durch Regulierung und die Präsenz eines sehr großen Sozialwohnungssektors, in dem lange Wartelisten die Regel sind, eingeschränkt. Die Einführung einer gewissen einkommensbasierten Differenzierung der Mieten im Sozialwohnungssektor ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Wirkung ist begrenzt. Während die vorgeschlagenen Maßnahmen Schritte in die richtige Richtung sind, ist der Gesamtfortschritt der Reformen in Hinblick auf die Lösung zugrunde liegender Probleme langsam und muss daher verstärkt werden — unter Berücksichtigung der Folgen im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld und bei gleichzeitiger Gewährleistung, dass Sozialwohnungen für benachteiligte Bürger, die nicht in der Lage sind, Wohnungen zu Marktbedingungen zu mieten, auch in Gegenden mit hoher Nachfrage zur Verfügung stehen.

(13)

Die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems wurde durch eine schrittweise Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 Jahren im Jahr 2012 auf 67 im Jahr 2021 verstärkt. Somit haben die Niederlande diesem Teil der Empfehlungen von 2012 zur Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters und zur Anpassung an die Lebenserwartung sowohl für die erste als auch die zweite Säule des Rentensystems vollständig Rechnung getragen. Zu den verbleibenden Herausforderungen zählen eine angemessene generationeninterne und -übergreifende Kosten- und Risikoaufteilung. Darüber hinaus ist eine Überholung des Managements der Pensionsfonds der zweiten Säule dringend notwendig, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber der Alterung der Bevölkerung zu untermauern. Die Umsetzung der Reformpläne in Bezug auf die Langzeitpflege würde auch zur Eindämmung der infolge der alternden Bevölkerung schnell ansteigenden Kosten beitragen und damit die Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte unterstützen. In dieser Hinsicht müssen die Qualität und der Zugang zu Langzeitpflege auf einem angemessenen Niveau gehalten werden.

(14)

Die von der Regierung vorgeschlagenen Arbeitsmarktreformen zielen auf eine größere Beteiligung am und Mobilität auf dem Arbeitsmarkt ab. Die Reform des Teilhabegesetzes ist ehrgeizig und zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung geeignet. Allerdings sind die Reformen noch nicht gesetzlich verankert. Außerdem sind weitere Maßnahmen notwendig, um die Beschäftigungsfähigkeit von Menschen am Rande des Arbeitsmarkts, einschließlich Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderung, Jugendliche und ältere Arbeitnehmer, zu verbessern. Die Niederlande haben Reformen des Systems der Arbeitslosenunterstützung und der relativ strengen Gesetze zum Beschäftigungsschutz angekündigt. Diese Reformen sind — zusammen mit einem Mobilitätssteuervorteil („mobiliteitsbonus“) für Arbeitgeber, die einen Arbeitnehmer über 50 oder Menschen mit Behinderung sozialversicherungspflichtig einstellen — gut auf Gruppen mit niedriger Erwerbsbeteiligung ausgerichtet. Während diese Maßnahmen in die richtige Richtung weisen, sind sie bisher jedoch noch im Vorschlagsstadium und können erst nach ihrer vollständigen Umsetzung bewertet werden. Eine beschleunigte Beseitigung verbleibender Hindernisse für Zweitverdiener, die Zahl ihrer Arbeitsstunden zu erhöhen, wäre geeignet, einen künftigen Mangel an Arbeitskräften weiter abzufedern.

(15)

Wesentliche Fortschritte wurden bei den Empfehlungen von 2012 in den Bereichen Innovation und Wissenschaft/Verbindungen zur Wirtschaft gemacht. Die Unternehmenspolitik „To the Top“ einschließlich des Sektoransatzes für öffentlich-private Partnerschaften im Bereich Forschung, Innovation und Bildung („Top-Sektor“) ist derzeit in der Umsetzungsphase. Neben sektoralen Innovationspolitiken ist es wichtig, horizontale Forschungs- und Innovationspolitiken zu verfolgen und ein angemessenes Niveau an öffentlichen Mitteln für nichtzweckgebundene Grundlagenforschung beizubehalten.

(16)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik der Niederlande eingehend analysiert. Sie hat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm bewertet sowie eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in den Niederlanden berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 4 wider.

(17)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft, und seine Stellungnahme (5) hierzu spiegelt insbesondere die Empfehlung 1 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das niederländische nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen im Rahmen von Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegelt Empfehlung 2 wider.

(19)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission auch die Wirtschaftspolitik des gesamten Euro-Währungsgebiets analysiert. Daraufhin hat der Rat spezifische Empfehlungen an alle Mitgliedstaaten gerichtet, deren Währung der Euro ist (6). Die Niederlande sollten auch die vollständige und rechtzeitige Umsetzung dieser Empfehlungen sicherstellen —

EMPFIEHLT, dass die Niederlande im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

die Haushaltsstrategie für das Jahr 2014 und darüber hinaus verstärken und umsetzen und zur Flankierung hinreichend detaillierte Maßnahmen ergreifen, um eine rechtzeitige Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2014 nachhaltig sicherzustellen, und Anstrengungen zur strukturellen Anpassung gemäß den Empfehlungen des Rates im Rahmen des Defizitverfahrens unternehmen; die unmittelbar wachstumsrelevanten Ausgaben wie Bildung, Innovation und Forschung schützen; nach Korrektur des übermäßigen Defizits Anstrengungen zur strukturellen Anpassung unternehmen, durch die die Niederlande das mittelfristige Haushaltsziel bis 2015 erreichen können;

2.

die Bemühungen zur schrittweisen Reform des Wohnungsmarkts verstärken, indem unter Berücksichtigung der Folgen im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld die geplante Senkung der Steuerabzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen beschleunigt und ein marktorientierter Preismechanismus auf dem Mietmarkt vorgesehen wird und die Mieten im Sozialwohnungssektor weiter am Haushaltseinkommen ausgerichtet werden; Unternehmen des sozialen Wohnungsbaus zur Unterstützung der bedürftigsten Haushalte neu ausrichten;

3.

die zweite Säule des Rentensystems in Abstimmung mit den Sozialpartnern anpassen, um für eine angemessene generationeninterne und -übergreifende Kosten- und Risikoaufteilung zu sorgen; die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters mit Maßnahmen zur Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit von älteren Arbeitnehmern untermauern; die geplante Reform der Langzeitpflege umsetzen, um deren Kostenwirksamkeit zu gewährleisten, und diese durch weitere Maßnahmen ergänzen, um im den Kostenanstieg zwecks Sicherung der Tragfähigkeit zu begrenzen;

4.

weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung ergreifen, insbesondere zugunsten von Menschen am Rande des Arbeitsmarkts; negative Steueranreize weiter abbauen, einschließlich durch eine gestufte Abschaffung übertragbarer Steuervorteilen für Zweitverdiener; Arbeitsmarktübergänge und die Lockerung starrer Arbeitsmarktregelungen fördern, einschließlich durch die Reform der Gesetze zum Beschäftigungsschutz und der Arbeitslosenunterstützung.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2011/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 88.

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(6)  Siehe Seite 97 dieses Amtsblatts.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/93


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2013 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs für die Jahre 2012/13 bis 2017/18

2013/C 217/23

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission für eine neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie („Europa 2020“) zu, deren Kernpunkt eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in den Bereichen ist, in denen Handlungsbedarf besteht, wenn Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden soll.

(2)

Am 13. Juli 2010 nahm der Rat eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (3) an, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3)

Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der Union und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4)

Am 10. Juli 2012 nahm der Rat eine Empfehlung (4) zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs für 2012 an und gab eine Stellungnahme zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs für die Jahre 2012 bis 2017 ab.

(5)

Am 28. November 2012 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik für das Jahr 2013 eingeleitet wurde. Ebenfalls am 28. November 2012 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem das Vereinigte Königreich als einer der Mitgliedstaaten aufgeführt ist, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6)

Das Europäische Parlament wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 in das Europäische Semester umfassend eingebunden und nahm am 7. Februar 2013 eine Entschließung zu beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten im Jahreswachstumsbericht 2013 sowie eine Entschließung zu dem Beitrag zum Jahreswachstumsbericht 2013 an.

(7)

Am 14. März 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfördernden Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(8)

Am 10. April 2013 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse der für das Vereinigte Königreich durchgeführten eingehenden Überprüfung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Die Kommission gelangt bei ihrer Analyse zu dem Schluss, dass im Vereinigten Königreich makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die makroökonomischen Entwicklungen im Bereich der Verschuldung der privaten Haushalte im Zusammenhang mit den allgemein hohen Hypothekenschulden und den Besonderheiten des Wohnimmobilienmarkts sowie die ungünstigen Entwicklungen bei der externen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere in Bezug auf die Warenexporte und das schwache Produktivitätswachstum, verdienen weiterhin Aufmerksamkeit.

(9)

Am 30. April 2013 legte das Vereinigte Königreich sein Konvergenzprogramm für den Zeitraum 2012/13 bis 2017/18 und sein nationales Reformprogramm 2013 vor. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Gemäß Ziffer 4 des Protokolls (Nr. 15) über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gilt die nach Artikel 126 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestehende Verpflichtung zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite nicht für das Vereinigte Königreich. Gemäß Ziffer 5 des Protokolls bemüht sich das Vereinigte Königreich, ein übermäßiges öffentliches Defizit zu vermeiden. Am 8. Juli 2008 stellte der Rat in einem Beschluss gemäß Artikel 104 Absatz 6 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fest, dass im Vereinigten Königreich ein übermäßiges Defizit bestand.

(11)

Auf der Grundlage der Bewertung des Konvergenzprogramms 2013 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist der Rat der Auffassung, dass das als Grundlage für die Haushaltsprognose dienende makroökonomische Szenario in dem Programm plausibel ist. Das im Konvergenzprogramm skizzierte Ziel der Haushaltsstrategie besteht darin, innerhalb eines gleitenden Zeitraums von fünf Jahren konjunkturbereinigt einen nahezu ausgeglichenen laufenden Haushalt zu erreichen. Das gesamtstaatliche Defizit erreichte im Haushaltsjahr 2009/10 (5) mit 11,5 % des BIP seinen Höchststand und wurde 2012/13 dank einmaliger Maßnahmen, die das Defizit in dem Haushaltsjahr um 2 Prozentpunkte drückten, auf 5,6 % des BIP verringert. Allerdings zeigt das Konvergenzprogramm, dass die Regierung die vom Rat festgesetzte Frist zur Korrektur des übermäßigen Defizits im Haushaltsjahr 2014/15 voraussichtlich nicht einhalten kann, da das Defizit in dem betreffenden Jahr Schätzungen zufolge bei 6,0 % des BIP liegen wird. Laut den Programmprognosen wird das übermäßige Defizit voraussichtlich erst im Haushaltsjahr 2017/18, d. h. drei Jahre nach der vom Rat im Dezember 2009 gesetzten Frist, korrigiert werden und dann bei 2,3 % des BIP liegen. Das Konvergenzprogramm sieht vor, dass sich das strukturelle gesamtstaatliche Defizit nach neuen Berechnungen der Kommission leicht verbessern wird: von 5,6 % des BIP im Haushaltsjahr 2013/14 auf 5,1 % des BIP im Haushaltsjahr 2014/15. Im Zeitraum 2010/11 bis 2012/13 wird die nichtbereinigte Konsolidierungsanstrengung auf durchschnittlich 1,1 % des BIP geschätzt; sie liegt damit deutlich unter der vom Rat empfohlenen Konsolidierungsanstrengung von mindestens 1¾ % des BIP, vor Bereinigung um die Auswirkungen von Korrekturen des Potenzialwachstums, von Mehr- oder Mindereinnahmen. Die größten Risiken für die Haushaltsprognose sind ein unerwartet schwaches Wachstum, das durch eine anhaltend hohe, auf dem privaten Verbrauch lastende Inflation bedingt ist, sowie die mögliche Verschlechterung des internationalen Umfelds, die zu einem Rückgang bei Handel und Investitionen führen könnte.

Das Konvergenzprogramm umfasst kein mittelfristiges Haushaltsziel, wie es im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehen ist. Das Vereinigte Königreich hat seine Haushaltskonsolidierungsstrategie weiterverfolgt, jedoch fällt das Defizit aufgrund der unerwartet hohen Ausgaben, die sich aus der Wirkung automatischer Stabilisatoren ergeben, sowie angesichts der unerwartet niedrigen Steuereinnahmen höher aus als erwartet. Darüber hinaus waren die bisher ergriffenen Konsolidierungsmaßnahmen nicht ausreichend, um die zur Korrektur des übermäßigen Defizits empfohlene durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung zu erreichen. Darüber hinaus sind potenzielle Einnahmensteigerungen aufgrund struktureller Reformen, z. B. eine Steigerung der Effizienz des Steuersystems durch eine Überprüfung der Struktur der Mehrwertsteuersätze, bislang nur relativ wenig genutzt worden. Die Schuldenquote stieg von 56,1 % des BIP im Haushaltsjahr 2008/09 auf 90,7 % des BIP im Haushaltsjahr 2012/13. Laut dem Konvergenzprogramm wird die gesamtstaatliche Schuldenquote in den Jahren 2015/16 und 2016/17 voraussichtlich auf 100,8 % steigen, bevor sie im Haushaltsjahr 2017/18 auf 99,4 % sinken wird.

(12)

Der Verschuldungsabbau der privaten Haushalte setzte sich im Jahr 2012 fort, allerdings bleibt die Verschuldung der Privathaushalte im Vereinigten Königreich mit 96 % des BIP deutlich über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets. Dieser Verschuldungsabbau wird darüber hinaus möglicherweise nicht von Dauer sein, wenn sich die Wirtschaftslage bessert und sich das Wohnimmobiliengeschäft wieder normalisiert. Angesichts der Wohnungsknappheit bleiben die Immobilienpreise weiterhin hoch und volatil. Aufgrund der Kombination aus hohen Immobilienpreisen und dem großen Anteil variabel verzinslicher Hypotheken wirken sich Zinsänderungen und steigende Arbeitslosigkeit besonders stark auf die Privathaushalte aus. Die Regierung hat eine Reform der Raumplanungsgesetze in Angriff genommen. Der Wohnungsbau bleibt jedoch auf einem niedrigen Niveau, und das Planungssystem, einschließlich der mit der Grünflächenpolitik verbundenen Auflagen, stellt im Hinblick auf die Bereitstellung von Wohnraum weiterhin eine große Einschränkung dar. Staatliche Maßnahmen, die die Nachfrage nach Wohnraum stärker stimulieren als das Angebot, wie das vor kurzem angekündigte „Help to Buy“-Programm, könnten diese Situation noch verschärfen, da sie eine Erhöhung der Immobilienpreise und eine Zunahme der Verschuldung der Privathaushalte bewirken. Das britische System zur Immobilienbesteuerung verbindet eine regressive, wiederkehrende Steuer (Council Tax) mit einer progressiven Transaktionssteuer (Stamp Duty Land Tax). Eine Kombination aus hohen Immobilienpreisen, einer angespannten Finanzlage in vielen Privathaushalten und verantwortungsbewussteren Kreditvergabekriterien wird voraussichtlich auch weiterhin viele Familien mit mittlerem Einkommen vom Immobilienkauf abhalten. In diesem Zusammenhang könnte das (Ver)Mieten von Privatwohnungen zu einer attraktiveren und rentableren langfristigen Alternative zum Wohneigentum gemacht werden.

(13)

Im Vereinigten Königreich stellen sowohl Arbeitslosigkeit als auch Unterbeschäftigung, insbesondere unter jungen Menschen, ein Problem dar. Die Arbeitslosenquote lag zu Beginn des Jahres 2013 bei 7,8 %, verglichen mit einem EU-Durchschnitt von 10,9 % und wird im Laufe der Jahre 2013 und 2014 voraussichtlich weitgehend auf demselben Stand bleiben. Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit 20,7 % weit höher. Sie hat seit 2007, als sie bei 14,3 % lag, stetig zugenommen. Der Anteil junger Menschen, die sich weder in Aus- oder Weiterbildung befinden, noch einer Arbeit nachgehen, liegt bei 14,0 %. Die Beschäftigung im privaten Sektor hat im letzten Jahr aufgrund des langsamen BIP-Wachstums stark zugenommen. Die Produktivität war jedoch nur schwach, und die Lohnzuwächse fielen nur gering aus. Im Vereinigten Königreich herrscht ein Überangebot an gering qualifizierten Arbeitskräften, nach denen die Nachfrage sinkt. Gleichzeitig besteht im Vereinigten Königreich ein Mangel an Arbeitskräften mit hochwertigen beruflichen und fachlichen Fähigkeiten, was die externe Wettbewerbsfähigkeit schwächt. Trotz einiger Fortschritte in den vergangenen Jahren verfügt ein beträchtlicher Anteil der jungen Menschen nicht über die Fähigkeiten und Qualifikationen, die sie benötigen, um sich auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich behaupten zu können. Die Arbeitslosenquote unter gering qualifizierten Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren liegt mit 37,2 % deutlich über dem EU-Durchschnitt. Bei den bestehenden politischen Maßnahmen im Bereich der beruflichen Ausbildung (Vocational education and training — VET) liegt der Schwerpunkt zu stark auf grundlegenden Fähigkeiten und Qualifikationen der Stufe 2, obwohl in der Wirtschaft die Nachfrage nach erweiterten beruflichen Qualifikationen steigt. Wenngleich bereits Maßnahmen ergriffen wurden, um die Qualität der Ausbildungsprogramme zu verbessern, sind in diesem Bereich noch weitere Anstrengungen nötig. Insbesondere bleibt das Qualifikationssystem sehr komplex, was sich negativ auf die Beteiligung von Unternehmen an Ausbildungsprogrammen auswirken könnte. Das Vereinigte Königreich könnte sich auf das derzeitige „Youth Contract“-Programm stützen, um eine „Jugendgarantie“ einzuführen und das Problem der Jugendarbeitslosigkeit und der Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen, die sich weder in Aus- oder Weiterbildung befinden, noch einer Arbeit nachgehen, anzugehen.

(14)

Schwache Arbeitsanreize sind ein anhaltendes Problem im Vereinigten Königreich. Die Behörden planen, dieses Problem mit der Einführung des „Universal Credit“-Konzepts anzugehen, in dessen Rahmen Leistungsempfänger einen größeren Teil ihres Einkommens aus Sozialleistungen behalten dürfen, wenn sie in das Erwerbsleben zurückkehren. Während sich das „Universal Credit“-Konzept positiv auf die Beschäftigung auswirken könnte, hängt jedoch auch viel von einer wirksamen Umsetzung des Konzepts sowie von Unterstützungsleistungen, einschließlich des Zusammenspiels mit anderen Sozialleistungen, ab. Gleichzeitig sollen viele Sozialleistungen für Personen im erwerbsfähigen Alter und Steuervergünstigungen bis 2016 um 1 % pro Jahr erhöht werden, was unter der voraussichtlichen Inflationsrate liegt, aber Arbeitsanreize verbessern dürfte. Darüber hinaus wurde im April 2013 eine Reihe weiterer Reformen im Bereich der Sozialleistungen eingeleitet. Es besteht die Gefahr, dass die Armut zunimmt, darunter auch die Armut der Kinder in Haushalten von Personen, die keinen Arbeitsplatz finden. Hingegen sind Umfang, Höhe und Anhebung pauschaler und bedürftigkeitsabhängiger Leistungen für Rentner weitgehend von Kürzungen ausgenommen worden. Die ersten Ergebnisse des „Work Programme“ zeigen, dass es noch Spielraum für Verbesserungen im Hinblick auf dessen Umsetzung und Ergebnisse gibt. Das Vereinigte Königreich steht vor der anhaltenden Schwierigkeit, die Erwerbsbeteiligung von Eltern zu erhöhen und den Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen Kinderbetreuungsleistungen zu verbessern. Im Hinblick auf den Anteil von Kindern, die in Erwerbslosenhaushalten leben, belegt das Vereinigte Königreich mit 17,3 % in der Union den zweiten Platz. Derzeit gehören die Kinderbetreuungskosten im Vereinigten Königreich zu den höchsten in der Union, was vor allem ein Problem für Zweitverdiener und für alleinerziehende Eltern darstellt. Im Jahr 2010 nahmen nur 4 % der Kinder unter drei Jahren offizielle ganztägige Kinderbetreuungsangebote in Anspruch, was deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 14 % liegt.

(15)

Die Verschuldung der britischen Unternehmen ist recht hoch, doch haben manche Unternehmen Schwierigkeiten, sich Zugang zu Krediten zu verschaffen, und die Unternehmensinvestitionen bleiben sehr begrenzt. Der beispiellose Rückgang der Unternehmensinvestitionen nach 2007 hat zu einer Abnahme der Bruttoanlageinvestitionen auf 14,2 % des BIP im Jahr 2012 geführt. Damit steht das Vereinigte Königreich in der Union an drittletzter Stelle. Die britischen Unternehmen geben nur wenig für Forschung und Entwicklung (FuE) aus. Die FuE-Ausgaben fielen von 1,17 % des BIP im Jahr 2001 auf 1,09 % im Jahr 2011. Die Unternehmensinvestitionen haben mit einem jährlichen Zuwachs von 4,9 % im Jahr 2012 wieder leicht angezogen, bleiben jedoch niedrig. Die Netto-Kreditvergabe an den Unternehmenssektor blieb im Jahr 2012 im negativen Bereich. Während größere Unternehmen mit starken Bilanzen in der Lage sind, sich zu historisch niedrigen Zinsen Geld zu leihen, haben viele andere Unternehmen, insbesondere KMU, Schwierigkeiten, sich Zugang zu Krediten zu verschaffen. Dieses Problem wird durch den nur begrenzten Wettbewerb im Bankensektor noch verschärft. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Empfehlungen des Financial Policy Committee der britischen Zentralbank zur konservativen Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen der Banken und zur Schließung ermittelter Kapitallücken, ohne die Kreditvergabe an die Wirtschaft zu beeinträchtigen, dürften dazu beitragen, die finanzielle Stabilität des britischen Bankensystems zu stärken.

(16)

Das Vereinigte Königreich steht vor der Herausforderung, seine Energie- und Verkehrsinfrastruktur erneuern und verbessern zu müssen. Des Weiteren benötigt das Vereinigte Königreich bis 2020 beträchtliche Investitionen in neue Stromerzeugungskapazitäten und zwar zum einen, um alte Kraftwerke, die stillgelegt werden sollen, zu ersetzen, und zum anderen, um der Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energien nachzukommen und strengere CO2-Emissionsnormen einzuhalten. Im Hinblick auf den Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch nimmt das Vereinigte Königreich mit 3,8 % unter 27 Mitgliedstaaten den 25. Platz ein (EU-Durchschnitt: 13,0 %). Es muss Rechtssicherheit geschaffen werden, damit rechtzeitig angemessene Investitionen getätigt werden. Die fehlenden Kapazitäten und die mangelnde Qualität der britischen Verkehrsnetze stellen ein strukturelles Problem für die Wirtschaft dar, insbesondere für die Hersteller, Vertreiber und Exporteure von Gütern. Es besteht derzeit eine erhebliche Diskrepanz zwischen den bereits zugesagten öffentlichen und privaten Finanzmitteln und dem anstehenden Bedarf an Investitionen in den Verkehrssektor. Die Regierung versucht, diese Diskrepanz durch die Priorisierung öffentlicher Ausgaben zugunsten der Infrastruktur und durch die Gewinnung zusätzlicher privater Investitionen zu verringern. Die Stückkosten in den Bereichen Bau und Wartung von Verkehrsinfrastruktur bleiben im Vereinigten Königreich ebenfalls hoch.

(17)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik des Vereinigten Königreichs umfassend analysiert. Sie hat das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet und eine eingehende Überprüfung vorgelegt. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik im Vereinigten Königreich berücksichtigt, sondern auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien, angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 6 wider.

(18)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm geprüft; seine Stellungnahme hierzu (6) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(19)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 2, 3, 5 und 6 wider —

EMPFIEHLT, dass das Vereinigte Königreich im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

mit Hilfe ausreichend spezifizierter Maßnahmen für das Haushaltsjahr 2013/14 und darüber hinaus eine intensivierte Haushaltsstrategie verfolgt; eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2014/15 und die Einhaltung der in den Empfehlungen des Rates zum Verfahren bei einem übermäßigen Defizit festgelegten Konsolidierungsanstrengungen gewährleistet sowie einen dauerhaften Abwärtstrend bei der hohen Schuldenquote erreicht; zur nachhaltigen Korrektur der haushaltspolitischen Ungleichgewichte ehrgeizige Strukturreformen durchführt, die zur Verbesserung der Anpassungsfähigkeit und zur Steigerung des Potenzialwachstums beitragen; bei der Straffung der Finanzpolitik einen differenzierten, wachstumsfreundlichen Ansatz verfolgt, indem es zeitnahen Investitionsausgaben mit hohen wirtschaftlichen Erträgen Vorrang einräumt und einen ausgewogenen Ansatz im Hinblick auf die Zusammensetzung der Konsolidierungsmaßnahmen verfolgt sowie die mittel- und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen fördert; zur Steigerung der Einnahmen den Mehrwertsteuer-Normalsatz umfassender anwendet;

2.

weitere Maßnahmen zur Vergrößerung des Wohnungsangebots ergreift, darunter eine weitere Liberalisierung der Raumplanungsgesetze und eine effiziente Umsetzung des Planungssystems; sicherstellt, dass die Wohnungspolitik, einschließlich des „Help to Buy“-Programms, keine übermäßige und unvorsichtige Hypothekenkreditvergabe zur Folge hat, und ein größeres Angebot an Wohnraum fördert, um höhere Immobilienpreise zu vermeiden; Reformen, unter anderem im Bereich der Grund- und Immobilienbesteuerung durchführt, um Verzerrungen zu verringern und den Wohnungsbau in der nahen Zukunft zu fördern; Schritte unternimmt, um das Funktionieren der Mietmärkte zu verbessern, insbesondere indem längere Mietverträge sowohl für den Mieter als auch den Vermieter attraktiver gestaltet werden;

3.

auf der Grundlage des „Youth Contract“-Programms die Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verstärkt, zum Beispiel über eine „Jugendgarantie“; die Qualität von Ausbildungsprogrammen verbessert und deren Dauer verlängert, das Qualifikationssystem vereinfacht sowie das Engagement der Arbeitgeber, insbesondere bei der Vermittlung fortgeschrittener und mittlerer technischer Fähigkeiten, stärkt; die Zahl junger Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren mit sehr schlechten Grundfertigkeiten verringert, u. a. durch eine wirksame Umsetzung des „Traineeships“-Programms;

4.

die Bemühungen verstärkt, einkommensschwache Haushalte zu unterstützen und die Kinderarmut zu verringern, indem es gewährleistet, dass das „Universal Credit“-Konzept und andere Sozialreformen zu einem gerechten Steuer- und Sozialleistungssystem mit stärkeren Arbeitsanreizen und mehr Unterstützungsleistungen führen; die Umsetzung der geplanten Maßnahmen zur Reduzierung der Kinderbetreuungskosten beschleunigt und die Qualität und Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsangeboten verbessert;

5.

weitere Schritte unternimmt, um die Verfügbarkeit von Finanzierungen durch Banken und Nichtbanken für den Unternehmenssektor zu steigern, und dabei gewährleistet, dass die Maßnahmen vor allem auf rentable Unternehmen, insbesondere KMU, ausgerichtet sind; Markteintrittsschranken im Bankensektor abbaut, die mit einem Bankenwechsel verbundenen Kosten senkt und die Gründung neuer Banken (Challenger Banks) durch Veräußerung von Bankaktiva begünstigt; die Empfehlungen des Financial Policy Committee zur konservativen Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen der Banken und zur Schließung ermittelter Kapitallücken wirksam umsetzt;

6.

Maßnahmen zur baldigen Steigerung der Investitionen in das Infrastrukturnetz ergreift, insbesondere durch Förderung effizienterer und besser fundierter Planungs- und Entscheidungsprozesse; einen stabilen Rechtsrahmen für Investitionen in neue Energieerzeugungskapazitäten, einschließlich erneuerbare Energien, schafft; die Kapazität und Qualität der Verkehrsnetze verbessert, indem die Vorhersehbarkeit sowie die Planungs- und Finanzierungssicherheit gefördert und die wirksamste Mischung öffentlicher und privater Finanzierungsquellen genutzt wird.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Für 2013 aufrechterhalten durch den Beschluss 2013/208/EU des Rates vom 22. April 2013 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 118 vom 30.4.2013, S. 21).

(4)  ABl. C 219 vom 24.7.2012, S. 91.

(5)  Die Angabe des Zeitraums 2009/10 bezieht sich auf das Haushaltsjahr, das am 1. April 2009 beginnt und am 31. März 2010 endet.

(6)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/97


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2013

zur Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

2013/C 217/24

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 136 in Verbindung mit Artikel 121 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Eurogruppe kommt bei der wirtschaftspolitischen Steuerung des Euro-Währungsgebiets eine besondere Verantwortung zu. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die engen Verflechtungen innerhalb des Euro-Währungsgebiets klar zutage gefördert und die Notwendigkeit einer kohärenten Gesamtpolitik deutlich gemacht, die diesen Verflechtungen zwischen den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (im Folgenden „Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets“), Rechnung trägt und eine wirksame politische Koordinierung, mit der rasch auf Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds reagiert werden kann, ermöglicht.

(2)

Die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets haben sich mit der Unterzeichnung des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion am 2. März 2012 zu einem Paket weitreichender zusätzlicher Reformen und zu Maßnahmen der politischen Koordinierung verpflichtet. Mit dem Inkrafttreten der so genannten Zweierpaket-Verordnungen (3) (im Folgenden „Zweierpaket“) im Jahr 2013 wird die haushalts- und wirtschaftspolitische Koordinierung im Euro-Währungsgebiet weiter vertieft.

(3)

An der weiteren Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (im Folgenden „WWU“) wird weiter gearbeitet. Am 28. November 2012 legte die Kommission in einer Mitteilung ein Konzept für eine vertiefte und echte WWU vor. Darin wurden Grundlagen und Ziele einer echten WWU formuliert und Instrumente und Schritte zur Erreichung dieser Ziele beschrieben. Das Konzept sollte Gespräche auf europäischer Ebene in Gang bringen. Am 12. September 2012 präsentierte die Kommission einen Fahrplan für eine Bankenunion. Diesem Vorschlag waren Vorschläge für zwei Verordnungen zur Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus beigefügt. Am 5. Dezember 2012 legte der Präsident des Europäischen Rates einen Bericht vor, der in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission, dem Vorsitzenden der Eurogruppe und dem Präsidenten der EZB erstellt wurde und einen detaillierten und zeitgebundenen Fahrplan für die Schaffung einer echten WWU enthielt. Der Schwerpunkt des Berichts liegt auf einem Rahmen für eine integrierte Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik sowie auf demokratischer Legitimität und Rechenschaftspflicht.

Am 14. Dezember 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten unter Anerkennung der wirtschaftlichen Interdependenz der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und der Vorteile, die Stabilität im Euro-Währungsgebiet seinen Mitgliedern und der Union insgesamt bringen kann, Maßnahmen für den Fahrplan für die Vollendung der WWU.

(4)

Das Europäische Parlament wurde umfassend in das Europäische Semester einbezogen und hat in seiner Entschließung vom 20. November 2012„Auf dem Weg zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion“ seinen Standpunkt zur Vertiefung der WWU dargelegt.

(5)

Im Euro-Währungsgebiet wurde sehr entschlossen auf die Krise reagiert. Das Engagement sämtlicher Mitgliedstaaten und Unionsorgane zur Wahrung der Integrität des Euroraums wurde nie in Frage gestellt. Um jedoch eine wirksame Koordinierung auf Ebene des Euro-Währungsgebiets sicherzustellen, müssen die Wirksamkeit der Steuerungspolitik im Euro-Währungsgebiet und das Krisenmanagement der Eurogruppe weiter verbessert werden. Eine stärkere Koordinierung ist auch nötig, um eine kohärente Gesamtpolitik für das Euro-Währungsgebiet und die Umsetzung der erforderlichen politischen Maßnahmen zu gewährleisten. Die Erreichung dieser Ziele wird das Vertrauen der Bürger und der Märkte stärken und somit zu wirtschaftlicher Erholung und Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet beitragen.

(6)

Die Umsetzung des Zweierpakets wird die haushaltspolitische Überwachung im Euro-Währungsgebiet weiter stärken. Das Zweierpaket sieht für die Eurogruppe die Aufgabe vor, die Haushaltsentwürfe einzelner Mitgliedstaaten und die Haushaltsaussichten für das Euro-Währungsgebiet als Ganzes zu besprechen, um einen angemessenen finanzpolitischen Gesamtkurs zu gewährleisten. Als Grundlage für diese Gespräche dienen die Stellungnahmen der Kommission zu den Haushaltsplänen der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und die von der Kommission für das gesamte Euro-Währungsgebiet vorgenommene Bewertung der Haushaltspläne und der Wechselwirkungen zwischen diesen. Um eine Haushaltskonsolidierung über das gesamte Euro-Währungsgebiet hinweg zu erreichen, muss die Schuldenquote wieder auf einen kontinuierlich rückläufigen Kurs gebracht werden. Dies ist mit einer differenzierten, wachstumsfreundlichen Konsolidierungspolitik bei gleichzeitiger Steigerung des Wachstumspotenzials des Euro-Währungsgebiets möglich.

Gemäß der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist eine strukturelle Haushaltsanpassung in Richtung des nominalen Referenzwerts vorgesehen, bei der die von Land zu Land unterschiedlichen kurz- und mittelfristigen Risiken für die Tragfähigkeit des Schuldenstands zu berücksichtigen sind, und die automatischen Stabilisatoren sollen auf dem Anpassungspfad ihre Wirkung entfalten können. In der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist eine allmähliche Anpassung an die mittelfristigen Haushaltsziele mit einer jährlichen strukturellen Verbesserung um einen Richtwert von 0,5 % vorgesehen. Dies kann unter Berücksichtigung der konjunkturellen Bedingungen und des Risikos für die Tragfähigkeit des Schuldenstands länderspezifisch differenziert werden. Die Glaubwürdigkeit der mittelfristigen Haushaltspolitik würde gestärkt, wenn bei der Zusammensetzung der staatlichen Ausgaben und Einnahmen den mit den verschiedenen Ausgabeposten und Einnahmequellen verbundenen Auswirkungen auf das Wachstum besser Rechnung getragen würde. Ferner könnte das Wachstumspotenzial der Wirtschaft durch weitere Strukturreformen und durch Nutzung der Möglichkeiten gesteigert werden, die der bestehende haushaltspolitische Rahmen der Union bietet, um den Bedarf an produktiven öffentlichen Investitionen mit den Zielen der Haushaltsdisziplin im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts in Einklang zu bringen.

(7)

Die Mehrzahl der Risikoindikatoren für die EU-Finanzmärkte und das Marktklima haben sich im Vergleich zu 2012 verbessert, da die sich selbstständig entfaltenden, destruktiven Vertrauensspiralen an Wirkung verloren haben. Allerdings ist weiterhin eine signifikante Marktfragmentierung festzustellen. Die verbesserte Refinanzierungslage der Banken hat sich bisher noch nicht in einer Belebung der Kreditvergabe an die Realwirtschaft niedergeschlagen, und zwischen den Mitgliedstaaten bestehen nach wie vor große Unterschiede bezüglich der Kreditvergabe der Banken und der Finanzierungskosten des Privatsektors. Die größte Herausforderung bleibt in der aktuellen Lage die Erleichterung eines geordneten Schuldenabbaus im Bankensektor und im nichtfinanziellen Privatsektor bei gleichzeitiger Förderung der Vergabe neuer Kredite für produktive Zwecke in der Realwirtschaft und insbesondere bei KMU.

(8)

Die weitere Bereinigung der Bankbilanzen und, sofern erforderlich, Stärkung der Eigenkapitalpolster würden dazu beitragen, dass die Kreditkanäle wieder funktionieren. Durch den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism — SSM) und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority — EBA) durchgeführte Bewertungen der Qualität der Vermögenswerte und Stresstests werden in diesem Zusammenhang die Transparenz der Bankbilanzen herstellen und dazu beitragen, verbleibende Schwachstellen auszumachen und dadurch das Vertrauen in den Sektor insgesamt zu stärken. Die Gefahr einer weiteren Fragmentierung und weiterer Verwerfungen auf den Finanzmärkten verdeutlicht, wie wichtig es für das Euro-Währungsgebiet ist, bei der Schaffung der Bankenunion schnelle Fortschritte zu erzielen und kurzfristige Konzepte für die Abwicklung von Banken zu vermeiden.

(9)

Strukturreformen werden im gesamten Euro-Währungsgebiet benötigt, um die Funktionsweise der Produkt- und Arbeitsmärkte zu verbessern, dadurch die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, den laufenden Anpassungsprozess zu stärken und eine nachhaltige Neuverteilung der Ressourcen zu gewährleisten. Zudem haben Strukturreformen zentrale Bedeutung für den Abbau von Ungleichgewichten und der Verschuldung. In Mitgliedstaaten mit Defiziten führt eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit zu höheren Nettoexporten, was einer Neuausrichtung der Wachstumsmuster zugunsten produktiverer, weniger arbeitsintensiver Sektoren handelbarer Güter zugutekommt, die wirtschaftliche Erholung stützt und die Schuldenquote verringert. In Mitgliedstaaten, die derzeit einen Leistungsbilanzüberschuss aufweisen, könnten Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsposition einen Beitrag zur Neuverteilung von Ressourcen und zur Förderung der Investitionen in Sektoren nichthandelbarer Güter leisten. Dies würde der Binnennachfrage in der Zusammensetzung des Wachstums mehr Gewicht verleihen und die Anpassung im Euro-Währungsgebiet ausgewogener machen. Die Krise hat sich auf die Beschäftigungslage in den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets großenteils asymmetrisch ausgewirkt, und am stärksten sind die Mitgliedstaaten getroffen, in denen die Binnennachfrage infolge der Kehrtwende bei den Leistungsbilanzen am stärksten eingebrochen ist. Sofern eine spürbare und schnelle Absorption der zyklischen Arbeitslosigkeit ausbleibt, könnten Hysterese-Effekte mit einer Verstetigung und abnehmenden Sensibilität der Arbeitslosigkeit gegenüber der Lohndynamik eintreten. Deshalb sind Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt weiterhin dringend erforderlich, um Gefahren für den sozialen Zusammenhalt und das künftige Wachstumspotenzial im Euro-Währungsgebiet einzudämmen. Die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets haben sich mit der Unterzeichnung des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion am 2. März 2012 dazu verpflichtet, ihre nationalen Pläne für größere wirtschaftspolitische Reformen vorab zu erörtern und gegebenenfalls zu koordinieren, um Richtwerte für bewährte Vorgehensweisen festzulegen und auf eine enger koordinierte Wirtschaftspolitik hinzuarbeiten. Die Auswirkungen bereits verabschiedeter Maßnahmen sollten von der Eurogruppe überwacht werden, damit diese erforderlichenfalls zu weiteren Maßnahmen ermutigen und darauf hinwirken kann, dass Reformen im Einklang mit den länderspezifischen Empfehlungen ehrgeiziger gestaltet werden —

EMPFIEHLT, dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets einzeln und gemeinsam unbeschadet der Zuständigkeiten des Rates für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten insbesondere im Zuge der wirtschaftspolitischen Koordinierung im Rahmen der Eurogruppe im Zeitraum von 2013 bis 2014

1.

Verantwortung für den politischen Gesamtkurs im Euro-Währungsgebiet übernehmen, um für ein reibungsloses Funktionieren des Euro-Währungsgebiets zur Steigerung von Wachstum und Beschäftigung zu sorgen, und die Arbeiten zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion voranbringen; die Eurogruppe in die Lage versetzen, innerhalb des verstärkten Überwachungsrahmens für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets eine zentrale Rolle zu spielen, um die für ein stabiles und widerstandsfähiges Euro-Währungsgebiet und zur Gewährleistung politischer Kohärenz erforderlichen Reformen auf nationaler Ebene und auf Ebene des Euro-Währungsgebiets zu koordinieren und zu überwachen, und diese zentrale Rolle auch bei der Vorbereitung der Euro-Gipfel wahrzunehmen;

2.

sicherstellen, dass die Eurogruppe die Finanzpolitik der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und den finanzpolitischen Gesamtkurs für das Euro-Währungsgebiet überwacht und koordiniert, um eine wachstumsfreundliche und differenzierte Finanzpolitik zu gewährleisten. Die Eurogruppe sollte zu diesem Zweck die Stellungnahmen der Kommission zum Haushaltsplan jedes Mitgliedstaats des Euro-Währungsgebiets sowie die Haushaltslage und die Haushaltsaussichten für das gesamte Euro-Währungsgebiet auf der Grundlage der von der Kommission vorgenommenen Bewertung der Haushaltspläne und der zwischen diesen bestehenden Wechselwirkungen besprechen. Die Koordinierung sollte dazu beitragen, dass das Tempo der Haushaltskonsolidierung je nach budgetärer und wirtschaftlicher Lage des betreffenden Mitgliedstaats des Euro-Währungsgebiets differenziert wird, die strukturelle Haushaltsanpassung im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt die Entfaltung der Wirkungskraft der automatischen Stabilisatoren auf dem Anpassungspfad nicht verhindert und die Haushaltskonsolidierung im Interesse der Glaubwürdigkeit der mittelfristigen Haushaltspolitik durch eine effiziente und wachstumsfreundliche Gesamtmischung einnahmen- und ausgabeseitiger Maßnahmen sowie durch geeignete Strukturreformen begleitet wird, die das wirtschaftliche Wachstumspotenzial steigern;

3.

im Rahmen der Eurogruppe die Gründe für die unterschiedlichen Zinssätze, die insbesondere KMU in den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets zahlen müssen, untersuchen; die Folgen der Fragmentierung der Finanzmärkte im Euro-Währungsgebiet analysieren und Beiträge zu Möglichkeiten für deren Überwindung leisten;

4.

aufbauend auf der Rekapitalisierung und Umstrukturierung der vergangenen Jahre eine weitere Bereinigung der Bankbilanzen fördern, um die Fragmentierung des Binnenmarkts umzukehren und die Kreditvergabe an die Realwirtschaft und insbesondere an KMU zu verbessern; zu diesem Zweck: a) sicherstellen, dass die vom Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (EBA) vorzunehmenden Bilanzbewertungen und Stresstests fristgerecht durchgeführt werden; b) sicherstellen, dass bei der Lastenverteilung im Zusammenhang mit der Rekapitalisierung von Banken gleiche Ausgangsbedingungen gegeben sind; c) dafür sorgen, dass im Zusammenhang mit Bilanzbewertungen und Stresstests glaubwürdige fiskalische Rettungsanker zur Verfügung stehen; d) aufsichtliche Anreize für Banken zur Optimierung ihrer Aktiva-/Passivastruktur innerhalb nationaler Grenzen beseitigen und e) die Vollendung der Bankenunion beschleunigen, wie dies vom Europäischen Rat umrissen wurde;

5.

wichtige wirtschaftspolitische Reformvorhaben der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Voraus koordinieren; unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Rates an einzelne Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets die Umsetzung von Strukturreformen insbesondere auf den Arbeits- und Produktmärkten überwachen und deren Auswirkungen auf das Euro-Währungsgebiet bewerten; die weitere Anpassung im Euro-Währungsgebiet fördern und sicherstellen, dass externe und interne Ungleichgewichte korrigiert werden, indem sie unter anderem Reformen zur Korrektur von Verzerrungen des Spar- und Investitionsverhaltens sowohl in Mitgliedstaaten mit Leistungsbilanzdefiziten als auch in Mitgliedstaaten mit Leistungsbilanzüberschüssen aufmerksam verfolgen; die für eine wirksame Umsetzung des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten erforderlichen Schritte ergreifen und zu diesem Zweck gründlich prüfen, welche Fortschritte hinsichtlich der Reformzusagen von Mitgliedstaaten mit übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewichten und hinsichtlich der Durchführung von Reformen in Mitgliedstaaten mit Ungleichgewichten, die durchgreifende Maßnahmen zur Begrenzung negativer Rückkoppelungseffekte auf den Rest des Euro-Währungsgebiets erfordern, erzielt werden.

6.

gemäß dem Jahreswachstumsbericht 2013 gemeinsam notwendige signifikante Maßnahmen treffen, um die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und der steigenden Arbeitslosigkeit Einhalt zu gebieten. Die Jugendarbeitslosigkeit ist besonders besorgniserregend; daher sollten entschlossene Maßnahmen im Sinne des Pakts für Wachstum und Beschäftigung und der EU-Jugendgarantie ergriffen werden. Es wird empfohlen, weitere Reformen auf den Weg zu bringen, um den Zugang zur Beschäftigung zu erleichtern, ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt zu verhindern, die Arbeitskosten zu senken, der Segmentierung des Arbeitsmarkts entgegenzuwirken und Innovationen zu fördern.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. ŠADŽIUS


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  Verordnung (EU) Nr. 472/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 1); Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).


II Mitteilungen

MITTEILUNGEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Rat

30.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 217/100


ERLÄUTERNDER VERMERK

Begleitdokument zu den Empfehlungen des Rates an die Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters 2013

2013/C 217/25

In Artikel 2-ab Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), der unter den Abschnitt „wirtschaftlicher Dialog“ fällt, heißt es: „Vom Rat wird grundsätzlich erwartet, den Empfehlungen und Vorschlägen der Kommission zu folgen oder aber seine Haltung öffentlich zu erläutern.“

Mit Bezug auf diese Regelung „Befolgen oder erläutern“ legt der Rat die folgenden Erläuterungen zu den vereinbarten Änderungen an den Empfehlungen der Kommission für länderspezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Europäischen Semester 2013 vor, die nicht die Zustimmung der Kommission finden.

Der Rat hat sich ferner auf verschiedene Ergänzungen sowie sachliche oder technische Änderungen der Empfehlungen geeinigt, die volle Unterstützung seitens der Kommission finden (2)  (3).

BELGIEN

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 2

Text der Kommission:

verstärkte Anstrengungen unternimmt, um die Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem gesetzlichen Renteneintrittsalter zu schließen, und dafür auch Vorruhestandsregelungen rasch auslaufen lässt; die Reformen der Alterssicherungssysteme durch Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung und Arbeitsmarktreformen, die das aktive Altern begünstigen, unterstützt; die Annahme eines Beschlusses beschleunigt, durch den das gesetzliche Rentenalter an die Lebenserwartung gekoppelt wird; beim Einsatz öffentlicher Mittel für stationäre Langzeitpflege die Kosteneffizienz weiter steigert;

Vereinbarter Text:

verstärkte Anstrengungen unternimmt, um die Lücke zwischen dem tatsächlichen und dem gesetzlichen Renteneintrittsalter zu schließen, und dafür auch die laufenden Reformen zur Verringerung der Vorruhestandsregelungenmöglichkeiten weiterführt Regelungen rasch auslaufen lässt gegenwärtigen Reformen zur Verringerung der Frühverrentungsmöglichkeiten weiterverfolgt; die Reformen der Alterssicherungssysteme durch Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung und Arbeitsmarktreformen, die das aktive Altern begünstigen, unterstützt; das effektive Rentenalter dadurch anhebt, dass Rentenalter bzw. Rentenleistungen an Veränderungen der Lebenserwartung angepasst werden; die Annahme eines Beschlusses beschleunigt, durch den das gesetzliche Rentenalter an die Lebenserwartung gekoppelt wird; das tatsächliche Renteneintrittsalter dadurch erhöht, dass das gesetzliche Rentenalter oder Rentenleistungen an die Veränderungen bei der Lebenserwartung gekoppelt werden; beim Einsatz öffentlicher Mittel für stationäre Langzeitpflege die Kosteneffizienz weiter steigert;

Erläuterung:

Belgien scheint auf dem richtigen Weg zu sein, um sein Ziel einer Beschäftigungsrate von 50 % bis 2020 zu erreichen. Die derzeitige Rate liegt bei 39,5 %, und es wurde von 2010 bis 2012 ein jährlicher durchschnittlicher Anstieg um 1,4 Prozentpunkte verzeichnet.

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012.

TSCHECHISCHE REPUBLIK

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 3

Text der Kommission:

die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters im Vergleich zu den aktuellen Rechtsvorschriften beschleunigt, eine klare Verbindung zwischen Renteneintrittsalter und Lebenserwartung herstellt und den Indexierungsmechanismus überprüft; den Anstieg des Renteneintrittsalters mit Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer flankiert und Vorruhestandsregelungen einschränkt; insbesondere die öffentliche Bezuschussung der Vorruhestandsregelung abschafft; Maßnahmen zur deutlichen Verbesserung der Kostenwirksamkeit der Ausgaben des Gesundheitssystems, insbesondere für stationäre Behandlungen, ergreift;

Vereinbarter Text:

das effektive tatsächliche Rentenalter dadurch anhebt erhöht, dass Rentenalter bzw. Rentenleistungen an Veränderungen der Lebenserwartung angepasst werden indem das Rentenalter oder die Pensionszahlungen an die Änderungen der Lebenserwartung angeglichen wird, die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters im Vergleich zu den aktuellen Rechtsvorschriften beschleunigt, eine klare Verbindung zwischen Renteneintrittsalter und Lebenserwartung herstellt und den Indexierungsmechanismus überprüft; den Anstieg des Renteneintrittsalters mit Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer flankiert und Vorruhestandsregelungen einschränkt; insbesondere die öffentliche Bezuschussung der Vorruhestandsregelung abschafft; Maßnahmen zur deutlichen Verbesserung der Kostenwirksamkeit der Ausgaben des Gesundheitssystems ergreift, insbesondere für stationäre Behandlungen;

Erläuterung:

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012.

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 4

Text der Kommission:

Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsverwaltung ergreift; das Angebot an integrativen Kinderbetreuungseinrichtungen in erster Linie für Kinder bis zu drei Jahren sowie die Teilnahme von Roma-Kindern wesentlich erhöht, vor allem indem das Gesetz über private Kinderbetreuungseinrichtungen verabschiedet und umgesetzt und die Kapazitäten von öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen ausgebaut werden;

Vereinbarter Text:

zusätzliche Anstrengungen Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsverwaltung unternimmt ergreift; das Angebot an integrativen Kinderbetreuungseinrichtungen in erster Linie für Kinder bis zu drei Jahren sowie die Teilnahme von Roma-Kindern wesentlich erhöht, insbesondere indem das Gesetz über die Bereitstellung von Kinderbetreuungsdiensten verabschiedet und umgesetzt und die Kapazitäten von sowohl öffentlichen als auch privaten Kinderbetreuungsdiensten ausgebaut werden;

Erläuterung:

Der Beschäftigungsausschuss weist in seinen Schlussfolgerungen zur multilateralen Überwachung diesbezüglich darauf hin, dass die Tschechische Republik zwar Maßnahmen im Einklang mit den länderspezifischen Empfehlungen ergriffen hat, ihre Anstrengungen aber fortsetzen sollte, um die Kapazitäten der öffentlichen Arbeitsverwaltung angesichts der hohen Zahl von Arbeitslosen weiter auszubauen, und die Wirksamkeit der aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen weiter verbessern sollte.

ESTLAND

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 4

Text der Kommission:

die Energieeffizienz erhöht, insbesondere in Gebäuden und im Verkehr, und die Umweltanreize für Kraftfahrzeuge und in der Abfallwirtschaft verstärkt durch Prüfung einer Kraftfahrzeugbesteuerung und/oder höherer Steuern auf Kraftstoffe; den Aufbau grenzüberschreitender Energieverbindungen beschleunigt zwecks Diversifizierung der Energiequellen und Förderung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt;

Vereinbarter Text:

die Energieeffizienz erhöht, insbesondere in Gebäuden und im Verkehr, und die Umweltanreize für Kraftfahrzeuge und in der Abfallwirtschaft verstärkt durch Prüfung einer Kraftfahrzeugbesteuerung und/oder höherer Steuern auf Kraftstoffe; den Aufbau grenzüberschreitender Energieverbindungen beschleunigt zwecks Diversifizierung der Energiequellen und Förderung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt;

Erläuterung:

Die Empfehlung sollte dem Mitgliedstaat mehr Optionen bei der Wahl der Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderung bieten. Nach Überzeugung der estnischen Behörden wären Investitionen in den öffentlichen Verkehr sowie in multimodalen Verkehr zusammen mit Investitionen in energieeffizientere Gebäude besser geeignet, um die Verschmutzung in Estland zu bekämpfen. Der Rat teilt diese Ansicht.

SPANIEN

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 1

Text der Kommission:

bis Ende 2013 die Frage des Nachhaltigkeitsfaktors abschließend regelt, um die langfristige finanzielle Stabilität des Rentensystems zu gewährleisten, und zu diesem Zweck u. a. vorsieht, dass das Rentenalter parallel zur Lebenserwartung ansteigt;

Vereinbarter Text:

[…] bis Ende 2013 die Frage des Nachhaltigkeitsfaktors abschließend regelt, um die langfristige finanzielle Stabilität des Rentensystems zu gewährleisten, und zu diesem Zweck u.a. das effektive Rentenalter dadurch anhebt, dass Rentenalter bzw. Rentenleistungen an Veränderungen der Lebenserwartung angepasst werden auch durch Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters, indem das Renteneintrittsalter oder Rentenleistungen an die Lebenserwartung angeglichen werden; vorsieht, dass das Rentenalter parallel zur Lebenserwartung ansteigt;

Erläuterung:

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012.

FRANKREICH

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 1

Text der Kommission:

die Haushaltsstrategie im Jahr 2013 verstärkt befolgt; Die Glaubwürdigkeit der Anpassung durch Konkretisierung der für 2014 und darüber hinaus erforderlichen Maßnahmen bis Herbst 2013 und durch deren Umsetzung fördert, damit eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits bis spätestens 2015 und das Erreichen der in den Empfehlungen des Rates im Rahmen des VÜD spezifizierten strukturellen Haushaltsanpassung gewährleistet sind; alle unerwarteten Mehreinnahmen zum Defizitabbau nutzt; eine dauerhafte Korrektur der Haushaltsungleichgewichte erfordert eine glaubwürdige Umsetzung ehrgeiziger Strukturreformen, damit sich die Anpassungskapazität erhöht und Wachstum und Beschäftigung gefördert werden; einen wachstumsfreundlichen Kurs der Haushaltskonsolidierung beibehält und die Wirksamkeit öffentlicher Ausgaben weiter verstärkt, insbesondere indem die Ausgabenkategorien sämtlicher Teilsektoren des Staates wie geplant überprüft werden; im Zuge des anstehenden Dezentralisierungsgesetzes Maßnahmen zur Erzielung höherer Synergien zwischen der zentralstaatlichen, regionalen und kommunalen Ebene und damit verbundener Einsparungen ergreift; nach Korrektur des übermäßigen Defizits die strukturelle Haushaltsanpassung in einem angemessenen Tempo verfolgt, damit es das mittelfristige Haushaltsziel bis 2016 erreicht; bis Ende 2013 Maßnahmen trifft, um das Rentensystem bis spätestens 2020 nachhaltig ins Gleichgewicht zu bringen, beispielsweise durch eine Anpassung der Indexierungsregeln, eine weitere Anhebung des gesetzlichen Rentenalters und eine Ausweitung des für eine Vollrente erforderlichen Beitragszeitraums sowie eine Überprüfung von Sonderregelungen, ohne dabei die Sozialbeiträge der Arbeitgeber zu erhöhen, und die Kosteneffizienz der Gesundheitsausgaben, unter anderem auch bei den Arzneimittelausgaben, erhöht;

Vereinbarter Text:

[…] bis Ende 2013 Maßnahmen trifft, um das Rentensystem bis spätestens 2020 nachhaltig ins Gleichgewicht zu bringen, beispielsweise durch eine Anpassung der Indexierungsregeln, durch Anhebung des für die Vollrente erforderlichen Beitragszeitraums, durch eine Ausweitung des für eine Vollrente erforderlichen Beitragszeitraums , eine weitere Anhebung des tatsächlichen Rentenalters, durch eine Angleichung des Rentenalters und der Rentenzahlungen an die Veränderungen bei der Lebenserwartung effektiven gesetzlichen Rentenalters dadurch, dass Rentenalter bzw. Rentenleistungen an Veränderungen der Lebenserwartung angepasst werden, und eine Ausweitung des für eine Vollrente erforderlichen Beitragszeitraums sowie sowie durch eine Überprüfung von Sonderregelungen, ohne dabei die Sozialbeiträge der Arbeitgeber zu erhöhen, und die Kosteneffizienz der Gesundheitsausgaben, unter anderem auch bei den Arzneimittelausgaben, erhöht;

Erläuterung:

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012. Angesichts der besonderen Herausforderungen, mit denen Frankreich konfrontiert ist, kommt der Rat überein, dass die spezifischeren Elemente der Empfehlung, die auf die Rentenreform Bezug nehmen, beibehalten werden sollten.

ITALIEN

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 1

Text der Kommission:

durch vollständige Umsetzung der getroffenen Maßnahmen gewährleistet, dass das Defizit im Jahr 2013 unter 3 % des BIP bleibt; die strukturelle Anpassung in angemessenem Tempo und durch eine wachstumsfördernde Haushaltskonsolidierung fortsetzt, damit das mittelfristige Haushaltsziel ab 2014 erreicht werden kann; die geplanten strukturellen Primärüberschüsse erzielt, damit die sehr hohe Schuldenquote auf einen stetigen Abwärtspfad kommt; durch vollständige Umsetzung der 2012 beschlossenen Maßnahmen und durch unverminderte Fortsetzung dieser Anstrengungen mittels regelmäßiger eingehender Ausgabenüberprüfungen auf allen Regierungsebenen weiterhin eine nachhaltige Verbesserung der Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben verfolgt;

Vereinbarter Text:

durch vollständige Umsetzung der getroffenen Maßnahmen gewährleistet, dass das Defizit im Jahr 2013 unter dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP bleibt; die strukturelle Anpassung in angemessenem Tempo und durch eine wachstumsfördernde Haushaltskonsolidierung fortsetzt, damit das mittelfristige Haushaltsziel ab 2014 erreicht werden kann; die geplanten strukturellen Primärüberschüsse erzielt, damit die sehr hohe Schuldenquote (die Prognose für 2014 liegt bei 132,2 % des BIP) auf einen stetigen Abwärtspfad kommt; durch vollständige Umsetzung der 2012 beschlossenen Maßnahmen und durch unverminderte Fortsetzung dieser Anstrengungen mittels regelmäßiger eingehender Ausgabenüberprüfungen auf allen Regierungsebenen weiterhin eine nachhaltige Verbesserung der Effizienz und Qualität der öffentlichen Ausgaben verfolgt;

Erläuterung:

Da die Angabe der für 2014 prognostizierten Schuldenquote der Empfehlung keinen zusätzlichen Nutzen verleiht und solche Schätzungen nicht in Empfehlungen für andere Mitgliedstaaten aufgenommen wurden, wurde vereinbart, die Zahl aus der Empfehlung zu streichen und sie in den entsprechenden Erwägungsgrund aufzunehmen.

LETTLAND

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 4

Text der Kommission:

gegen die hohen Armutsquoten vorgeht, indem es das Sozialversicherungssystem mit dem Ziel einer besseren Abdeckung reformiert, die Angemessenheit der Leistungen verbessert und Aktivierungsmaßnahmen für Leistungsempfänger fördert; die Durchführungsmechanismen verstärkt, um Kinderarmut wirksam zu reduzieren;

Vereinbarter Text:

gegen die hohen Armutsquoten vorgeht, indem es das Sozialversicherungssystem mit dem Ziel einer besseren Abdeckung reformiert, die Angemessenheit der Leistungen verbessert und die Aktivierungsmaßnahmen für Leistungsempfänger verbessert fördert; die Durchführungsmechanismen verstärkt, um Kinderarmut wirksam zu reduzieren;

Erläuterung:

Aus den Schlussfolgerungen des Beschäftigungsausschusses und des Ausschusses für Sozialschutz zur multilateralen Überwachung zur Aktivierungs- und Armutsbekämpfungspolitik Lettlands geht hervor, dass 2013 eine Reihe wichtiger Maßnahmen für eine stärkere Aktivierung und die Gewährleistung einer besseren Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Arbeitsverwaltung und den kommunalen Sozialhilfediensten eingeleitet werden, und dass geplant ist, mit einer besseren Anknüpfung von Sozialhilfeleistungen an aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Hinblick auf die Erzielung besserer Arbeitsmarktergebnisse bei der Aktivierung von Leistungsempfängern zu erreichen. Lettland hat 2012 sein Sozialhilfesystem reformiert und Maßnahmen zur Erzielung einer besseren Aktivierung ergriffen. Auf dieser Grundlage können neue Maßnahmen für eine bessere Wirksamkeit und Abdeckung des Sozialleistungssystems erörtert werden. Einige zentrale Elemente der Reaktion Lettlands sind daher derzeit immer noch Vorschläge oder befinden sich in einem frühen Entwicklungsstadium; ihre Umsetzung wird wichtig sein, um den länderspezifischen Empfehlungen nachzukommen.

LITAUEN

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 4

Text der Kommission:

konkrete gezielte Maßnahmen zur Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung umsetzt; die Verknüpfungen zwischen der Reform der Bargeldsozialhilfe und den Aktivierungsmaßnahmen verstärkt;

Vereinbarter Text:

konkrete gezielte Maßnahmen zur Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung umsetzt; weiterhin die Verknüpfungen zwischen der Reform der Bargeldsozialhilfe und den Aktivierungsmaßnahmen verstärkt;

Erläuterung:

Aus den Schlussfolgerungen des Beschäftigungsausschusses und des Ausschusses für Sozialschutz zur multilateralen Überwachung geht hervor, dass in Litauen ein Projekt für die Zusammenarbeit mit den Kommunen im Zeitraum 2012 bis 2014 läuft, mit dem möglichst viele Langzeitarbeitslose (Empfänger von Sozialleistungen) wieder in den Arbeitsmarkt zurückgeführt werden sollen. Es wird darauf hingewiesen, dass Litauen 2012 das Gesetz über Bargeldsozialhilfe für mittellose Einwohner verabschiedet hat, das auf eine bessere Hilfe für die bedürftigsten Menschen abzielt.

LUXEMBURG

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 3

Text der Kommission:

die altersbezogenen Ausgaben senkt und die Langzeitpflege kostenwirksamer gestaltet, insbesondere indem der Schwerpunkt stärker auf Prävention, Rehabilitation und eigenständige Lebensführung gelegt wird, die vor kurzem angenommene Renten- und Pensionsreform verstärkt wird, zusätzliche Maßnahmen zur Einschränkung des vorzeitigen Ruhestands ergriffen werden und das effektive Renteneintrittsalter erhöht wird, u. a. durch Verknüpfung des gesetzlichen Pensions- bzw. Rentenalters mit der Lebenserwartung;

Vereinbarter Text:

die altersbezogenen Ausgaben senkt und die Langzeitpflege kostenwirksamer gestaltet, insbesondere indem der Schwerpunkt stärker auf Prävention, Rehabilitation und eigenständige Lebensführung gelegt wird, die vor kurzem angenommene Renten- und Pensionsreform verstärkt wird, zusätzliche Maßnahmen zur Einschränkung des vorzeitigen Ruhestands ergriffen werden und und der Anhebung des tatsächlichen Pensions- bzw. Renteneintrittsalter durch Anpassung des gesetzlichen Pensions- bzw. Rentenalters an die Änderung der Lebenserwartung ergriffen werden; das effektive Renteneintrittsalter dadurch erhöht wird, dass Rentenalter bzw. Rentenleistungen an Veränderungen der Lebenserwartung angepasst werden u.a. durch Verknüpfung des gesetzlichen Pensions- bzw. Rentenalters mit der Lebenserwartung;

Erläuterung:

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012.

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 5

Text der Kommission:

die Anstrengungen zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit verstärkt, indem die Ausgestaltung und die Überwachung aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen verbessert werden; die allgemeine und berufliche Bildung vor allem von Menschen mit Migrationshintergrund fördert, damit die Qualifikationen junger Menschen besser auf die Arbeitsmarktbedürfnisse abgestimmt sind; entschlossen handelt, um die Erwerbsquote älterer Arbeitskräfte zu erhöhen, u. a. durch Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit durch lebenslanges Lernen;

Vereinbarter Text:

die Anstrengungen zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit verstärkt, indem die Ausgestaltung und die Überwachung aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen verbessert werden; die allgemeine und berufliche Bildung vor allem von Menschen mit Migrationshintergrund fördert, damit die Qualifikationen junger Menschen besser auf die Arbeitsmarktbedürfnisse abgestimmt sind; entschlossen handelt Bemühungen verstärkt, um die Erwerbsquote älterer Arbeitskräfte zu erhöhen, u. a. durch Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit durch lebenslanges Lernen;

Erläuterung:

Der Beschäftigungsausschuss weist in seinen Schlussfolgerungen zur multilateralen Überwachung darauf hin, dass ein Gesetzentwurf mit einer Reihe von Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsquote älterer Arbeitskräfte erstellt worden ist. Unternehmen mit mehr als 150 Arbeitskräften müssen einen Plan für das Altersmanagement erstellen, um die Kompetenzen älterer Arbeitskräfte weiterzuentwickeln, Gesundheitsproblemen am Arbeitsplatz vorzubeugen und den Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand besser zu bewältigen. Ende 2012 wurde ein neues Weißbuch mit einer Reihe von Maßnahmen, die zur Verstärkung des lebenslangen Lernens zu treffen sind, gebilligt. Auch wenn die Maßnahmen in die richtige Richtung zu gehen scheinen, so sind die meisten davon insgesamt doch recht vage, und der Beschäftigungsausschuss kommt daher zu dem Schluss, dass weitere Bemühungen in diesem Bereich erforderlich sind.

MALTA

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 2

Text der Kommission:

die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellt, das Pensionssystem reformiert, um das projizierte Ausgabenwachstum einzudämmen, einschließlich durch eine beschleunigte Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters, durch eine Koppelung des gesetzlichen Pensionsalters an die Lebenserwartung und durch die Ermutigung zur privaten Altersvorsorge; Maßnahmen ergreift, um die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer zu steigern, indem eine umfassende Strategie für aktives Altern entwickelt und umgesetzt wird; Reformen im Gesundheitswesen verfolgt, um die Kosteneffizienz in diesem Sektor zu erhöhen, insbesondere durch die Stärkung der öffentlichen Grundversorgung; die Effizienz verbessert und die Dauer von Vergabeverfahren verkürzt;

Vereinbarter Text:

die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellt, das Pensionssystem weiter reformiert, um das projizierte Ausgabenwachstum einzudämmen, einschließlich durch Maßnahmen wie eine beschleunigte Anhebung des gesetzlichen Pensions- bzw. Rentenalters, eine Anhebung des effektiven Pensions- bzw. Rentenalters durch Angleichung des Pensions- bzw. Rentenalters dadurch, dass Rentenalter bzw. Rentenleistungen an Veränderungen der Lebenserwartung angepasst werden, durch eine Koppelung des gesetzlichen Pensionsalters an die Lebenserwartung und durch die Ermutigung zur privaten Altersvorsorge; Maßnahmen ergreift, um die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer zu steigern, indem eine umfassende Strategie für aktives Altern fertiggestelltentwickelt ausgearbeitet und umgesetzt wird; Reformen im Gesundheitswesen verfolgt, um die Kosteneffizienz in diesem Sektor zu erhöhen, insbesondere durch die Stärkung der öffentlichen Grundversorgung; die Effizienz verbessert und die Dauer von Vergabeverfahren verkürzt;

Erläuterung:

Die Empfehlung wurde angepasst, um zu berücksichtigen, dass die Rentenreform in Malta einen laufenden Prozess darstellt; dieser besteht aus einer Reihe von 2006 und 2007 verabschiedeten parameterbezogenen Reformen, die in den kommenden 15 Jahren in Kraft treten sollen. Ungeachtet der positiven Auswirkungen dieser Reform ist sich Malta bewusst, dass noch mehr getan werden muss, um die langfristige Angemessenheit und Tragfähigkeit der Renten sicherzustellen; im Anschluss an die Wahlen vom März 2013 hat die neue Regierung ihre Zusage zur Fortsetzung des Rentenreformprozesses in Malta bestätigt.

Zu diesem Zweck fanden 2011 und 2012 zwei Konsultationsrunden statt, und im Anschluss an die Reaktionen der Sozialpartner wurde der Regierung ein Abschlussbericht vorgelegt. Was die Einführung einer dritten Säule (private Vorsorge) anbelangt, so ist das Ruhestandsrentengesetz bereits vom Parlament gebilligt worden. Dieses Gesetz wird flankiert von einer Reihe von Rechtsmitteilungen zu verschiedenen Aspekten sowie von Richtlinien/Vorschriften, die von der maltesischen Finanzaufsichtsbehörde zu erlassen sind; sie wurden am 1. April 2013 zur Konsultation vorgelegt. Es ist vorgesehen, dass das Ruhestandsrentengesetz zusammen mit diesen Vorschriften und Verfahren in Kraft treten wird.

Mit Blick auf die Zukunft hat die Regierung mitgeteilt, dass sie in den kommenden Wochen eine interministerielle Strategiegruppe einsetzen wird, die die Arbeiten der Arbeitsgruppe zu den Renten — insbesondere die Empfehlungen des der Regierung im März 2012 vorgelegten Berichts im Anschluss an die Konsultation, in dem eine umfassende Strategie zur Gewährleistung der Angemessenheit und Tragfähigkeit der Renten in Malta bis zum dritten Quartal 2014 dargelegt wird — überprüfen soll. Ferner wird bis zum vierten Quartal 2013 eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden, mit der die Öffentlichkeit stärker für die Rententhematik sensibilisiert werden soll.

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012.

Schließlich wurde vereinbart, den Text anzupassen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Strategie zur Erhöhung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer sich im Stadium der Fertigstellung befindet. Nachdem Malta 2011 in einer länderspezifischen Empfehlung aufgefordert wurde, eine „umfassende Strategie für aktives Altern“ auszuarbeiten, wurde im Februar 2012 ein interministerieller Ausschuss eingesetzt, dessen Auftrag es ist, der Regierung eine umfassende Strategie für aktives Altern vorzulegen. Nach dem vor kurzem erfolgten Regierungswechsel hat die neue Regierung mitgeteilt, dass sie der Fertigstellung dieser Strategie erste Priorität einräumen wird, wozu sie unter anderem auch ein Parlamentssekretariat für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und für aktives Altern eingesetzt hat, um den Beratungen eine neue politische Orientierung zu vermitteln und neuen Schwung zu verleihen und auf ihren Abschluss hinzuarbeiten. Der endgültige Strategieentwurf soll der Regierung Ende September vorgelegt werden. Nach der Billigung durch das Kabinett dürfte die nationale Strategie im Oktober 2013 eingeleitet werden.

NIEDERLANDE

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 2

Text der Kommission:

die Bemühungen zur schrittweisen Reform des Wohnungsmarkts verstärken, indem die geplante Senkung der Steuerabzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen beschleunigt und ein marktorientierter Preismechanismus auf dem Mietmarkt vorgesehen wird und die Mieten im Sozialwohnungssektor weiter am Haushaltseinkommen ausgerichtet werden; Unternehmen des sozialen Wohnungsbaus zur Unterstützung der bedürftigsten Haushalte neu ausrichten;

Vereinbarter Text:

die Bemühungen zur schrittweisen Reform des Wohnungsmarkts verstärken, indem unter Berücksichtigung der Folgen im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld die geplante Senkung der Steuerabzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen – unter Berücksichtigung der Folgen im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld – beschleunigt und ein marktorientierter Preismechanismus auf dem Mietmarkt vorgesehen wird und die Mieten im Sozialwohnungssektor weiter am Haushaltseinkommen ausgerichtet werden; Unternehmen des sozialen Wohnungsbaus zur Unterstützung der bedürftigsten Haushalte neu ausrichten;

Erläuterung:

Eine schnellere Durchführung könnte in Anbetracht des derzeitigen fragilen wirtschaftlichen Umfelds in den Niederlanden die wirtschaftliche Erholung gefährden. Fast eine Million Haushalte befinden sich derzeit in der Situation eines negativen Eigenkapitals in Bezug auf ihr Hauseigentum (die Hypothekenschuld ist höher als der Wert des Hauses). Eine schnellere Reduzierung der Absetzbarkeit könnte die Hauspreise weiter nach unten drücken und damit die Finanzstabilität gefährden. Sie könnte ferner zu einem weiteren Rückgang beim privaten Verbrauch führen. Gemäß dem Zentralen Planungsbüro (Centraal Planbureau) ist mehr als die Hälfte des Rückgangs des privaten Verbrauchs in den Niederlanden auf Spannungen auf dem Wohnungsmarkt zurückzuführen.

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 4

Text der Kommission:

weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung ergreifen, insbesondere zugunsten von Menschen am Rande des Arbeitsmarkts; negative Steueranreize weiter abbauen, u. a. durch eine gestufte Abschaffung (4) übertragbarer Steuervorteile für Zweitverdiener; Arbeitsmarktübergänge und die Lockerung starrer Arbeitsmarktregelungen fördern, u. a. durch die beschleunigte Reform der Gesetze zum Beschäftigungsschutz und der Arbeitslosenunterstützung.

Vereinbarter Text:

weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung ergreifen, insbesondere zugunsten von Menschen am Rande des Arbeitsmarkts; negative Steueranreize weiter abbauen, u.a. einschließlich durch eine gestufte Abschaffung übertragbarer Steuervorteile für Zweitverdiener; Arbeitsmarktübergänge und die Lockerung starrer Arbeitsmarktregelungen fördern, u.a. einschließlich durch die beschleunigte Reform der Gesetze zum Beschäftigungsschutz und der Arbeitslosenunterstützung.

Erläuterung:

Bei der ersten Änderung beeinträchtigt das beschleunigte Auslaufenlassen der Übertragbarkeit der allgemeinen Steuervergünstigung nicht den (negativen) Anreiz zur Erhöhung der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden für Zweitverdiener, die sich bereits auf dem Arbeitsmarkt befinden.

Was die zweite Änderung anbelangt, so hat sich die niederländische Regierung mit den Sozialpartnern auf wesentliche Arbeitsmarktreformen wie etwa die Reform der Beschäftigungsschutzvorschriften und der Arbeitslosenunterstützung verständigt. Inhalt und Tempo der Reformen wurden mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern abgestimmt, was zu Klarheit und zu breiter gesellschaftlicher Unterstützung führt. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der effektiven Durchführung der geplanten Reformen.

ÖSTERREICH

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 2

Text der Kommission:

die Harmonisierung des Pensionsalters von Frauen und Männern zeitlich vorzieht, das gesetzliche Pensionsalter an die Lebenserwartung koppelt, die neuen Reformen zur Beschränkung der Inanspruchnahme von Frühpensionierungsregelungen umsetzt und überwacht und die Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer verbessert, um das tatsächliche Pensionsalter und die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer anzuheben;

Vereinbarter Text:

die Harmonisierung des Pensions- bzw. Rentenalters von Frauen und Männern zeitlich vorzieht, das tatsächliche Pensions- bzw. Rentenalter durch eine Anpassung des Pensions- bzw. Rentenalters oder der Pensions- bzw. Rentenansprüche an die Veränderung der Lebenserwartung anhebt erhöhtdas gesetzliche Pensionsalter an die Lebenserwartung koppelt, die neuen Reformen zur Beschränkung der Inanspruchnahme von Frühpensionierungsregelungen umsetzt und überwacht und die Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer weiter verbessert, um das tatsächliche Pensionsalter und die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer anzuheben;

Erläuterung:

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012.

Die Empfehlung wurde ferner angepasst, um zu berücksichtigen, dass aufgrund umfangreicherer Rentenreformen und flankierender arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen (wie etwa die arbeitsmarktpolitische Initiative für ältere und gesundheitlich beeinträchtigte Menschen, das Präventionsprogramm „fit2work“, altersgerechte Arbeitsbedingungen) die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer seit 2004 von 27,4 % auf 43,1 % gestiegen ist. Aus den Schlussfolgerungen des Beschäftigungsausschusses zur multilateralen Überwachung geht hervor, dass Reformen zur Förderung und Ermöglichung eines längeren und gesunden Arbeitslebens eingeführt wurden.

FINNLAND

LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG Nr. 3

Text der Kommission:

weitere Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbstätigenquote bei älteren Arbeitnehmern ergreift, unter anderem durch Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Einschränkung von Vorruhestandsregelungen, und das gesetzliche Mindestalter für den Renteneintritt mit der höheren Lebenserwartung in Einklang bringt; die laufenden Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen junger Menschen und Langzeitarbeitsloser umsetzt und genau überwacht und dabei besonders auf die Verbesserung des Qualifikationsniveaus abhebt;

Vereinbarter Text:

weitere Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbstätigenquote bei älteren Arbeitnehmern ergreift, unter anderem durch Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Einschränkung von Vorruhestandsregelungen, das effektive Rentenalter dadurch anhebt, dass Rentenalter bzw. Rentenleistungen an Veränderungen der Lebenserwartung angepasst werden durch Erhöhung des tatsächlichen Renteneintrittsalters durch eine Anpassung des Renteneintrittsalters und der Pensionsleistungen an die höhere Lebenserwartung, und das gesetzliche Mindestalter für den Renteneintritt mit der höheren Lebenserwartung in Einklang bringt die laufenden Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen junger Menschen und Langzeitarbeitsloser umsetzt und genau überwacht und dabei besonders Augenmerk auf die Verbesserung des Qualifikationsniveaus abhebt legt;

Erläuterung:

Der Wortlaut der Empfehlung enthält auf horizontaler Ebene vereinbarten Text. Es bestand Einvernehmen darüber, dass es verschiedene Kanäle gibt, durch die das tatsächliche Renteneintrittsalter angehoben und somit die Herausforderungen für das Versorgungssystem und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bewältigt werden können. Der Ansatz des ursprünglichen Kommissionstexts, dessen Schwerpunkt ausschließlich auf der Anhebung des (gesetzlichen) Renteneintrittsalters lag, erschien zu präskriptiv und zu eng gefasst. Mit dem neuen Text wird ein Wortlaut aufgegriffen, den der Rat bereits angenommen hat, zuletzt am 12. Februar 2013 im Tragfähigkeitsbericht für 2012. In Finnland wäre die Koppelung des Ruhestandsrentenalters an die Lebenserwartung nicht angemessen, wenn nicht auch größere Änderungen an den Kriterien des Rentensystems vorgenommen würden.


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Länderspezifische Empfehlungen ohne Änderungen oder in denen Änderungen mit Unterstützung der Kommission gemacht wurden: BU, DK, DE, HU, PL, RO, SL, SK, SV, UK, Euroraum.

(3)  Geänderter Text erscheint in Kursivschrift und gestrichener Text in „strikethrough“.

(4)  AdÜ: Die englische Originalfassung enthält den Begriff „faster phasing-out“, wobei das in der deutschen Fassung des Kommissionstexts nicht berücksichtigte Wort „faster“ im vereinbarten Text gestrichen wird.