ISSN 1977-088X

doi:10.3000/1977088X.C_2012.113.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 113

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

55. Jahrgang
18. April 2012


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

ENTSCHLIESSUNGEN

 

Ausschuss der Regionen

 

94. Plenartagung am 15. und 16. Februar 2012

2012/C 113/01

Entschließung des Ausschusses der Regionen für die Frühjahrstagung 2012 des Europäischen Rates zu dem Entwurf eines Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion

1

2012/C 113/02

Entschließung des Ausschusses der Regionen zum Thema Situation der Europe Direct Informationszentren

5

 

STELLUNGNAHMEN

 

Ausschuss der Regionen

 

94. Plenartagung am 15. und 16. Februar 2012

2012/C 113/03

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem

7

2012/C 113/04

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Neue Europäische Integrationsagenda

11

2012/C 113/05

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Die Zukunft der Europäischen Kulturhauptstadt

17

2012/C 113/06

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Überprüfung der EVTZ-Verordnung

22

2012/C 113/07

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Kinderarmut

34

2012/C 113/08

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Richtlinie über Umgebungslärm: weiteres Vorgehen

40

2012/C 113/09

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Modernisierung der Hochschulbildung

45

2012/C 113/10

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel

52

2012/C 113/11

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Das Legislativpaket über Opferrechte

56

2012/C 113/12

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: Entwicklung einer europäischen Kultur der Multi-Level-Governance: Folgemaßnahmen zum Weißbuch des Ausschusses der Regionen

62

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

ENTSCHLIESSUNGEN

Ausschuss der Regionen

94. Plenartagung am 15. und 16. Februar 2012

18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/1


Entschließung des Ausschusses der Regionen für die Frühjahrstagung 2012 des Europäischen Rates zu dem Entwurf eines Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (1)

2012/C 113/01

Vorlage der Fraktionen EVP, SPE, ALDE und EA

In Anbetracht der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 30. Januar 2012 ist sich der Ausschuss der Regionen der unmittelbaren Auswirkungen des voraussichtlichen Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (im Folgenden "der neue Vertrag") auf die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in der Europäischen Union bewusst.

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

I.   Zu dem Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion

1.

wird entschieden seinen Teil dazu beitragen, die Herausforderungen der aktuellen Krise anzugehen, und unterstützt die Bemühungen zur Verbesserung von Koordinierung und Steuerung der Wirtschafts- und Währungsunion, um die Rezession und die Staatsschuldenkrise zu meistern, indem für solide und auf Dauer tragfähige öffentliche Finanzen gesorgt wird;

2.

betont, dass eine strengere Haushaltsdisziplin und eine deutliche Verringerung der Schuldenstände durch rasche Maßnahmen für Wachstum und territorialen Zusammenhalt ergänzt werden müssen, durch die Anreize für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Beschäftigungssicherung gesetzt werden, um die Voraussetzungen für die Wiederankurbelung der europäischen Wirtschaft zu schaffen und die Zukunft der europäischen Integration zu sichern;

3.

bedauert, dass ein neuer Vertrag außerhalb des bestehenden primärrechtlichen Rahmens der EU unter nur minimaler Beteiligung des Europäischen Parlaments in einem von zwischenstaatlichen Verhandlungen geprägten Verfahren zu Fragen ausgearbeitet wurde, die zum Großteil schon mit EU-Rechtsakten gemäß den normalen demokratischen Verfahren der Union angegangen worden waren;

4.

bekennt sich weiterhin zu der "Gemeinschaftsmethode" als der demokratisch am stärksten legitimierten Weise, die Europäische Union als gemeinsamen politischen Raum aufzubauen;

5.

sieht die dringende Notwendigkeit, dass die EU das Vertrauen ihrer Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnt und das Wirtschaftswachstum wiederherstellt und dabei den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt verbessert;

6.

dringt auf eine klare Bezugnahme auf die Achtung des Subsidiaritätsprinzips und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in dem neuen Vertrag und fordert die Anerkennung der rechtlichen Zuständigkeiten regionaler und lokaler Gebietskörperschaften in Fragen der wirtschaftspolitischen Steuerung;

7.

hebt hervor, dass die Vorschläge der Vertragsparteien betreffend die "goldene Regel" ausgeglichener Haushalte nicht nur die zentralstaatlich verwalteten öffentlichen Finanzen betreffen, sondern auch Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte der Regionen und Kommunen haben werden;

8.

unterstützt eine stärkere wirtschaftliche Integration und mehr Synergien zwischen den Haushalten von Regionen, Kommunen, Mitgliedstaaten und der EU im Einklang mit den rechtlichen Zuständigkeiten regionaler und lokaler Gebietskörperschaften im Bereich der Finanzautonomie;

9.

spricht sich für eine unabhängige, objektive europäische Ratingagentur aus, die das Ziel verfolgt, Ratingagenturen effizienter, stärker rechenschaftspflichtig und verlässlicher für die Analysen zu machen, die sie zu öffentlichen Finanzen erstellen, einschließlich der Schuldverpflichtungen europäischer regionaler und lokaler Gebietskörperschaften; dies wäre auch ein Gegengewicht zur gegenwärtigen Dominanz der wenigen vorhandenen Ratingagenturen und würde mehr Transparenz in die Rating-Bewertungen bringen;

10.

fordert die Kommission auf, dem Stand der öffentlichen Finanzen in den Regionen und Kommunen bei ihrer jährlichen Überprüfung der einzelstaatlichen öffentlichen Finanzen in der Europäischen Union und im Jahreswachstumsbericht Rechnung zu tragen, zu dem der AdR Stellung nehmen kann;

Rechtsnatur des neuen Vertrags und Verhandlungsverfahren:

11.

fordert die Vertragsparteien auf, die Kohärenz und den Vorrang des europäischen Rechts sicherzustellen und den Kerngehalt des neuen Vertrags binnen fünf Jahren nach seinem Inkrafttreten in die EU-Verträge zu übernehmen;

12.

vertritt die Ansicht, dass der neue zwischenstaatliche Vertrag keinen Sanktionsmechanismus enthalten darf, der direkt an die Mittelausstattung für EU-Politikbereiche wie die Kohäsionspolitik gekoppelt ist; bekräftigt seine Ablehnung jeglicher Form einer makroökonomischen Konditionalität, die regionale und lokale Gebietskörperschaften für wirtschafts- und haushaltspolitische Beschlüsse der Zentralregierung bestrafen würde;

13.

bedauert, dass es nicht möglich war, den Gerichtshof zu befragen, ob das ins Auge gefasste internationale Abkommen mit den EU-Verträgen vereinbar ist und das Subsidiaritätsprinzip gewahrt wird;

14.

betont, dass viele der im neuen Vertrag vorgeschlagenen Maßnahmen bereits im sog. "Sechserpack", dem Maßnahmenpaket zur Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, enthalten sind oder ergänzend dazu hätten ergriffen werden können;

15.

dringt darauf, nach dem Inkrafttreten des neuen Vertrags einen Konvent einzuberufen zu dem Zweck, den Kerngehalt des neuen Vertrags in das Regelwerk der Europäischen Union zu übernehmen; hält es daher für entscheidend wichtig, den AdR als Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an dieser künftigen Vertragsänderung nach dem ‧ordentlichen Verfahren‧mitwirken zu lassen;

Empfehlungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zum Inhalt des neuen Vertrages:

16.

begrüßt das Ziel einer "immer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik" und bekräftigt mit Nachdruck die entscheidende Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in der europäischen Wirtschaft (2); ruft die Vertragsparteien dementsprechend dazu auf,

a)

eine Bezugnahme in den neuen Vertrag aufzunehmen, mit der die rechtlichen Zuständigkeiten der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in wesentlichen Bereichen der öffentlichen Haushalte und der wirtschaftspolitischen Steuerung entsprechend dem in den EU-Verträgen verankerten Subsidiaritätsprinzip anerkannt werden;

b)

sicherzustellen, dass die "geplante Begebung von Staatsschuldtiteln", die "Wirtschaftspartnerschaftsprogramme" und die "Euro-Plus-Pakt-Verpflichtungen" innerhalb der Mitgliedstaaten in enger Partnerschaft mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Rahmen solider Multi-Level-Governance-Vereinbarungen ausgearbeitet werden (3);

c)

die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften ggf. vor jedem Euro-Gipfel zu konsultieren;

d)

den AdR an den künftigen, im neuen Vertrag genannten Konferenzen des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente zu Fragen wirtschaftspolitischer Steuerung zu beteiligen; und hervorzuheben, dass nationale Parlamente ihre entsprechenden regionalen Parlamente konsultieren und ggf. darin einbinden sollen;

e)

die Bestimmung zur Respektierung der Zuständigkeiten der nationalen Parlamente auf die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen auszudehnen;

f)

sicherzustellen, dass regionale und lokale Gebietskörperschaften die Möglichkeit erhalten, ihren Beitrag zum Austausch bewährter Verfahren zu tiefgreifenden wirtschaftspolitischen Reformen zu leisten, und dass ein System zur Fortschrittsbewertung vorgesehen wird;

g)

zu erkennen, dass die rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Forderung nach einem ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden gesamtstaatlichen Haushalt in nationales Recht ("Regel des ausgeglichenen Haushalts") schwerwiegende Auswirkungen auf die Haushalte regionaler und lokaler Gebietskörperschaften hat;

h)

sich bewusst zu machen, dass die Umsetzung einer derartigen Regel durch eine stärker von oben nach unten erfolgende Koordinierung der Haushaltspolitik innerhalb der Mitgliedstaaten die Gefahr in sich birgt, einen neuen Zentralisierungsprozess auf nationaler Ebene auszulösen, wenn nicht parallel Abkommen über Mehrebenenregieren und Partnerschaft getroffen werden;

II.   Wege zu wachstumsfreundlicher Konsolidierung und beschäftigungsfreundlichem Wachstum

17.

betont, dass 94,5 % des EU-Haushalts im Wesentlichen für Investitionen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene vorgesehen sind, und unterstreicht die Notwendigkeit einer stärkeren steuerlichen und wirtschaftlichen Integration sowie von Synergien zwischen den Haushalten auf regionaler, lokaler, nationaler und europäischer Ebene;

18.

betont den großen Mehrwert der Kohäsionspolitik und nicht zuletzt ihren Hebeleffekt auf Investitionen für Wachstum und Beschäftigung in Regionen, die in einem Aufholprozess begriffen sind, und weist darauf hin, dass die gegenwärtigen Prioritäten der Strukturfonds keine Neuorientierung erforderlich machen, sondern ein verbessertes Verfahren, damit die Mittelbindung und die Zahlung der Mittel schneller und effizienter erfolgen können, wozu auch ein verstärkter Aufbau von Kapazitäten aufseiten der Zahlungsempfänger gehört;

19.

dringt darauf, dass jeder Beschluss über die Neuzuweisung ungebundener Mittel der Strukturfonds der spezifischen sozioökonomischen Situation jeder Region angepasst ist, unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. In dieser Hinsicht sind die Prioritäten von allen relevanten Partnern festzulegen, einschließlich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

20.

ruft die Europäische Kommission und die nationalen Regierungen dazu auf, sicherzustellen, dass im Falle einer Umwidmung kohäsionspolitischer Mittel die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in vollem Umfang an der Gestaltung und Umsetzung neuer politischer Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum beteiligt werden, um eine Renationalisierung der Politik zu vermeiden;

Beschäftigungspolitische Impulse, insbesondere für junge Menschen:

21.

begrüßt, dass die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten bei der bestmöglichen Nutzung ungebundener Mittel der Strukturfonds unterstützt, und möchte aktiv zu dieser Initiative beitragen, indem er politische Empfehlungen ausspricht, auf lokaler und regionaler Ebene bewährte Verfahren in den Bereichen Beschäftigung sowie allgemeine und berufliche Bildung zur Verfügung stellt und fachkundigen Rat zur optimalen Nutzung der Strukturfonds gibt;

22.

fordert, sämtliche Ergänzungsmaßnahmen zu den nationalen Beschäftigungsplänen mit den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften abzustimmen; befürwortet die von der Kommission vorgebrachte Idee einer "Beschäftigungsgarantie für Jugendliche" als Herzstück aller nationalen Beschäftigungspläne, durch die sichergestellt wird, dass alle jungen Menschen innerhalb von vier Monaten nach dem Verlassen der Schule eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz finden oder einen Bildungsgang aufnehmen; schlägt eine stärkere Förderung des Jungunternehmertums als möglichen Berufsweg für Jugendliche vor;

23.

betont den Mehrwert, den das Progress-Programm für Beschäftigung und soziale Solidarität birgt, sofern es gut vermittelt wird, für die Begünstigten leicht zugänglich sowie auf nachhaltige und langfristige Strukturmaßnahmen ausgerichtet ist;

Vollendung des Binnenmarktes und bessere Finanzierung der Wirtschaft, insbesondere der KMU:

24.

begrüßt, dass der Europäische Rat sich dazu bekannt hat, die Binnenmarktvorschläge der Kommission und insbesondere die Modernisierung des EU-Rechtsrahmens für die öffentliche Auftragsvergabe im Einklang mit den Europa-2020-Zielvorgaben so bald wie möglich umzusetzen;

25.

weist erneut auf die Schlüsselrolle kleiner und mittlerer Unternehmen für die regionale und lokale Wirtschaft hin; dringt darauf, weitere Maßnahmen zur Förderung eines KMU-freundlichen Umfelds in Europa zu ergreifen, insbesondere in Bezug auf ihren Zugang zu Wagniskapital;

26.

ruft zur Schaffung von Partnerschaften im Rahmen des Small Business Act (SBA) auf, um die Umsetzung dieser Initiative für kleine und mittlere Unternehmen auf regionaler Ebene zu vertiefen; unterstreicht die Bedeutung der seit 2010 vom AdR verliehenen Auszeichnung "Europäische Unternehmerregion" zur Schaffung eines Netzes von Regionen, die maßgeschneiderte regionale Strategien zur Förderung unternehmerischer Initiative erstellen, sowie zur Erschließung unternehmerischen Innovationspotenzials;

27.

fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle Rechtsvorschriften zunächst einer umfassenden Abschätzung der Folgen auf lokaler und regionaler Ebene unterzogen werden;

28.

erachtet die von der Kommission vorgeschlagene Pilotphase der Europa-2020-Projektanleiheninitiative zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie für begrüßenswert;

III.   Beitrag zur Frühjahrstagung des Europäischen Rates: Das "Partnerschaftsdefizit" bei der Umsetzung der Europa-2020-Strategie überwinden

29.

begrüßt die Bekräftigung des Europäischen Parlaments, dass die Qualität der öffentlichen Verwaltung auf EU-Ebene und auf einzelstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene ein entscheidendes Element der Wettbewerbsfähigkeit und ein wichtiger Faktor für die Produktivität ist, ebenso wie die effektive Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse;

30.

dringt auf eine umfassende territoriale Dimension der Europa-2020-Strategie und bedauert, dass im Jahreswachstumsbericht der Europäischen Kommission kaum auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Umsetzung der nationalen Reformprogramme zu beteiligen;

31.

unterstreicht, dass die Überwachungsberichte des AdR bezüglich Europa 2020 auf ein "Partnerschaftsdefizit" bei der Umsetzung der Europa-2020-Strategie hindeuten, und bedauert, dass die Regionen und Städte in den meisten Mitgliedstaaten nicht rechtzeitig, ausreichend und wirksam genug in die Aufstellung der nationalen Reformprogramme eingebunden werden;

32.

verweist auf seinen Vorschlag, in sämtlichen Mitgliedstaaten Territorialpakte zu schließen, um durch eine Vereinbarung zwischen allen gesetzlich zuständigen staatlichen Stellen eine auf Mehrebenenregieren und Partnerschaft basierende Umsetzung der nationalen Reformprogramme zu gewährleisten;

33.

fordert die Kommission auf, rasch den Europäischen Verhaltenskodex für das Partnerschaftsprinzip in der Kohäsionspolitik vorzulegen, durch den die Wirksamkeit und die Steuerung der Europa-2020-Strategie verbessert werden sollten;

34.

wird anhand der länderspezifischen Empfehlungen der Europäischen Kommission für 2012 und des Jahreswachstumsberichts 2013 den Umfang der Beteiligung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften prüfen; bittet den Rat, länderspezifische Empfehlungen zur Steuerung der Strategie abzugeben;

35.

ersucht seine Präsidentin, diese Entschließung den Organen und Einrichtungen der EU und den Mitgliedstaaten zu übermitteln.

Brüssel, den 16. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Die Entschließung ist ein Beitrag des AdR zur Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2012 und bezieht sich auf den Entwurf eines Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion und auf die Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates „Wege zu wachstumsfreundlicher Konsolidierung und beschäftigungsfreundlichem Wachstum“ vom 30. Januar 2012.

(2)  Zum Vergleich: Der Anteil der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an der Gesamtsumme der öffentlichen Investitionen in der EU beträgt zwei Drittel.

(3)  Dies könnte eine rechtliche Verpflichtung sein, die sich an den künftigen Europäischen Verhaltenskodex zur Umsetzung des Partnerschaftsprinzips in der Regionalpolitik anlehnt.


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/5


Entschließung des Ausschusses der Regionen zum Thema „Situation der Europe Direct Informationszentren“

2012/C 113/02

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

erachtet die Europe Direct Informationszentren als ein wichtiges Element der Kommunikationspolitik der Europäischen Union. Der Informationsbedarf der Bürgerinnen und Bürger in Angelegenheiten der europäischen Union steigt ständig an, und es besteht ein erhöhtes Bedürfnis, Entwicklungen und Maßnahmen mit Bezug zur Europäischen Union möglichst aktuell und breitenwirksam zu erklären;

2.

verweist auf die EU-weit derzeit circa 480 Europe Direct Informationszentren, die sich vielfach in kommunaler oder regionaler Trägerschaft befinden, aber auch von Nichtregierungsorganisationen betrieben werden können;

3.

versteht den Zweck der Europe Directs darin, neben der Vermittlung allgemeiner Informationen zur EU und der Bearbeitung von Bürgeranfragen insbesondere auch ein positives Europabewusstsein zu schaffen;

4.

befürwortet, dass dies erreicht werden soll durch Informations- und Aufklärungsveranstaltungen, Websites, Veröffentlichungen sowie durch die Interaktion mit lokalen Medien;

5.

unterstreicht den mit den Europe Directs verfolgten dezentralen Ansatz, der die Möglichkeit bietet, Europa in der Fläche zu vermitteln, auf regionale Besonderheiten einzugehen und aus diesen erwachsende spezifische Informationsbedürfnisse gezielt zu befriedigen;

6.

begrüßt daher ausdrücklich das Engagement der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Frau Viviane Reding, die sich für ein Fortbestehen der Europe Direct Informationszentren und gegen eine Kürzung der bisherigen Fördermittel ausgesprochen hat;

7.

weist jedoch darauf hin, dass die von der Europäischen Kommission für Europe Direct zur Verfügung gestellten Fördermittel in aller Regel nur den kleineren Teil der tatsächlichen Kosten der Europe Direct Informationszentren abdecken;

8.

verweist auf das erhebliche finanzielle, personelle und administrative Engagement, das die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Bereich der europäischen Öffentlichkeitsarbeit aufbringen;

9.

ist besorgt, dass angesichts zunehmend angespannter Haushalte der Träger das Fortbestehen der Europe Direct Informationszentren in der Fläche gefährdet ist;

10.

befürchtet, dass bei der unmittelbar bevorstehenden Ausschreibung für den Zeitraum 2013-2016 für die Vergabe der Europe Direct Informationszentren eine Reihe der derzeitigen regionalen und lokalen Partner ohne eine Aufstockung der EU-Mittel ihre Arbeit nicht wird fortsetzen können;

11.

sieht darin die Gefahr, dass dies zu bedeutenden Rückschritten bei der europapolitischen Kommunikation mit der Zivilgesellschaft führt;

12.

erwartet daher eine angemessene EU-Förderquote, die der bedeutsamen partnerschaftlichen Aufgabe gerecht wird;

13.

unterstreicht, dass es sich bei der Informationsvermittlung um eine genuine Aufgabe der europäischen Institutionen handelt, denn die Vermittlung von Grundlagenwissen über Strukturen und Politiken der Europäischen Union liegt in ihrem ureigensten Interesse. Dies wird nicht zuletzt aus der Verwendung von Artikel 49 Absatz 6 der Haushaltsordnung als Rechtsgrundlage deutlich. Die Arbeit der Europe Directs unterliegt daher auch Rahmenvorgaben inhaltlicher und verwaltungstechnischer Art seitens der Kommission. Dass auch die Trägereinrichtungen sich dem Ziel der europapolitischen Bildung und Information verpflichtet fühlen und hierzu erhebliche Eigenbeiträge erbringen, ist dabei ein entscheidendes Element für den Erfolg der Europe Direct Informationszentren. Vor diesem Hintergrund nimmt sich die derzeitige Förderquote allerdings recht ausbaufähig aus;

14.

fordert die Europäische Kommission auf, die für Europe Directs zur Verfügung stehenden Gesamtmittel deutlich zu erhöhen und den Basisbetrag pro Europe Direct Informationszentrum zu verdoppeln (von derzeit 12 000 EUR auf 24 000 EUR);

15.

spricht sich – im Interesse einer Freisetzung von Kapazitäten für die Sacharbeit – dafür aus, dass die bürokratischen Anforderungen gesenkt werden; hierzu wäre insbesondere das Modulsystem zur Bewirtschaftung bestimmter zweckgebundener Mittel zu vereinfachen;

16.

unterstreicht noch einmal die klare Notwendigkeit des uneingeschränkten Fortbestehens der Europe Directs. Dies erfordert nicht nur einen Mittelerhalt, sondern vielmehr eine Mittelaufstockung;

17.

sieht in der verstärkten Einwerbung von Drittmitteln kein taugliches Mittel zur Verbesserung der Situation, da hierdurch die Neutralität der Informationsvermittlung gefährdet würde. Zudem bindet die Mittelwerbung bei kleinen Einrichtungen wie den Europe Directs in erheblichem bis unvertretbarem Ausmaß knappe Kapazitäten;

18.

betrachtet kritisch auch eine verstärkte Finanzierung durch öffentliche Träger, da es sich bei der Vermittlung neutraler Informationen zu EU-Themen, wie oben dargelegt, um eine originäre Aufgabe der EU-Institutionen handelt;

19.

appelliert abschließend nachdrücklich an die Europäische Kommission, das gute und außerordentliche erfolgreiche Instrument der Europe Direct Zentren nicht durch eine Reduzierung oder Begrenzung der erforderlichen Haushaltsmittel auf den derzeitigen Stand zu gefährden;

20.

beauftragt die AdR-Präsidentin, die vorliegende Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Rates, dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und dem dänischen EU-Ratsvorsitz zu übermitteln.

Brüssel, den 16. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


STELLUNGNAHMEN

Ausschuss der Regionen

94. Plenartagung am 15. und 16. Februar 2012

18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/7


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem“

2012/C 113/03

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt die Vorlage eines Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem in der EU, wie es der AdR in seinem Arbeitsprogramm 2011 gefordert hatte;

bewertet die Errichtung eines europäischen Finanztransaktionssteuersystems zudem als einen weiteren wichtigen Schritt zur dringend notwendigen Wiederherstellung der Prärogative demokratischer Politik über die schwerwiegenden Missstände hinsichtlich der Funktionsweise der Finanzmärkte;

hebt hervor, dass die Finanztransaktionssteuer ein wichtiges Instrument ist, um die Beteiligung des Finanzsektors an den Bemühungen für mehr Solidarität und Gerechtigkeit sicherzustellen sowie die Spekulation einzudämmen, wie es der AdR in seiner Stellungnahme zum neuen mehrjährigen Finanzrahmen nach 2013 zum Ausdruck gebracht hat;

unterstützt die Zielsetzung einer unionsweiten Geltung der angestrebten Harmonisierung und fordert für den Fall, dass dies trotz aller Bemühungen nicht durchsetzbar sein sollte, die Errichtung eines europäischen Finanztransaktionssteuersystems umgehend über das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit anzustreben, die möglichst mindestens die Eurozone umfassen sollte.

Berichterstatter

Ralf CHRISTOFFERS (DE/SPE), Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg

Referenzdokument

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem und zur Änderung der Richtlinie 2008/7/EG

COM(2011) 594 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Botschaft

1.

begrüßt die Vorlage eines Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem in der EU, wie es der AdR in seinem Arbeitsprogramm 2011 gefordert hatte;

2.

sieht darin ein starkes politisches Signal für den Willen und die Fähigkeit der Europäischen Union, den Herausforderungen eines globalisierten Finanzmarkts gerecht zu werden und die Potenziale der nationalen Volkswirtschaften zum Wohle der Mitgliedstaaten wie der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in vollem Umfang und nachhaltig zu stärken;

3.

bewertet die Errichtung eines europäischen Finanztransaktionssteuersystems zudem als einen weiteren wichtigen Schritt zur dringend notwendigen Wiederherstellung der Prärogative demokratischer Politik über die schwerwiegenden Missstände hinsichtlich der Funktionsweise der Finanzmärkte;

4.

hebt hervor, dass die Finanztransaktionssteuer ein wichtiges Instrument ist, um die Beteiligung des Finanzsektors an den Bemühungen für mehr Solidarität und Gerechtigkeit sicherzustellen sowie die Spekulation einzudämmen, wie es der AdR in seiner Stellungnahme zum neuen mehrjährigen Finanzrahmen nach 2013 zum Ausdruck gebracht hat;

5.

verweist auf die im September 2011 veröffentlichte Folgenabschätzung der Europäischen Kommission und die hochgradig ungenauen dynamischen stochastischen allgemeinen Gleichgewichtsmodelle (DSGE Models), die darin angewendet wurden; betont, dass die Kommission in ihrer Folgenabschätzung keine klaren Schlussfolgerungen zieht, sondern den Diskurs vage und unentschlossen hält und mehrere Optionen offen lässt; kommt zu dem Schluss, dass die Folgenabschätzung der Kommission einseitig und unpräzise ist; begrüßt die Bekundung der Kommission, eine neue Folgenabschätzung durchzuführen;

6.

weist auf die offensichtlichen Mängel des Stempelgebührsystems im Vereinigten Königreich hin, insbesondere in Bezug auf den Schutz des Systems vor der räumlichen Verlagerung der Transaktionen sowie auf den starken Anreiz für eine Verlagerung hin zu Derivaten;

Allgemeiner rechtlicher Rahmen

7.

ist wie die Kommission der Auffassung, dass angesichts der Vielzahl unkoordinierter einzelstaatlicher Steuermaßnahmen eine Harmonisierung dieses Bereiches erforderlich ist, um einer Zersplitterung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen vorzubeugen, und damit notwendig ist für das Funktionieren des Binnenmarktes in diesem Bereich und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen;

8.

begrüßt das Herangehen der Kommission, die Harmonisierung in der Weise herbeizuführen,

dass die Finanzinstitute sowohl im Verhältnis zu anderen Wirtschaftszweigen als auch im Hinblick auf die Kosten der jüngsten Krise angemessen besteuert werden, und

dass steuerliche Anreize geschaffen werden, dass gesamtwirtschaftlich unerwünschte Transaktionen von den Finanzmarktteilnehmern unterbleiben, und dadurch ein Beitrag zur Vermeidung zukünftiger Krisen geleistet wird;

9.

unterstützt die Zielsetzung einer unionsweiten Geltung der angestrebten Harmonisierung und fordert für den Fall, dass dies trotz aller Bemühungen nicht durchsetzbar sein sollte, die Errichtung eines europäischen Finanztransaktionssteuersystems umgehend über das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit anzustreben, die möglichst mindestens die Eurozone umfassen sollte;

10.

mahnt angesichts der außerordentlichen Dringlichkeit der Einführung eines gemeinsamen europäischen Finanztransaktionssteuersystems die gesetzgebenden Organe der Europäischen Union, sich bei aller gebotenen strengen Sorgfalt mit größter politischer Verantwortung für den zügigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens einzusetzen;

11.

begrüßt, dass durch eine regelmäßige Berichtspflicht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie diese einem fortlaufenden, strukturierten Überprüfungsverfahren unterworfen wird; bedauert in diesem Zusammenhang, dass diese Berichterstattungspflicht nur gegenüber dem Rat bestehen soll, da diese Beschränkung in Widerspruch steht zur parlamentarischen Flankierung des für die Richtlinie anzuwendenden Gesetzgebungsverfahrens, die durch den Rat mit Beteiligung des Europäischen Parlaments erlassen wird; sieht in dieser Beschränkung zudem eine Unterbewertung der Rolle des Ausschusses der Regionen als der Versammlung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union und des Wirtschafts- und Sozialausschusses, deren vertragliche Hauptaufgabe es ist, die gesetzgebenden Organe beratend zu unterstützen;

12.

weist auf die Notwendigkeit hin, auch die möglichen Auswirkungen der Einführung des gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems auf die Steuereinnahmen der Kommunen und Regionen zielgerichtet in den Blick zu nehmen;

Gegenstand und Anwendungsbereich der Finanztransaktionssteuer

13.

unterstützt die Anknüpfung der Steuerpflicht an die Ansässigkeit des Finanzinstituts; dieser Regelungsansatz reduziert die Möglichkeiten der Steuerumgehung und reflektiert besser die Verflechtungen zwischen den Finanzmärkten und der Realwirtschaft, als dies bei einer Anknüpfung der Steuerpflicht an den Transaktionsort der Fall wäre; weist auf die Notwendigkeit hin, darüber hinaus Regelungen vorzusehen, um auch Steuerumgehungen durch Sitzverlagerungen oder Ausgründungen zu verhindern oder einzudämmen;

14.

regt an, die Begriffe "Finanzinstitute" und "Finanzinstrumente" genau zu definieren;

15.

unterstützt den breiten Anwendungsbereich der Finanztransaktionssteuer, der sich grundsätzlich auf alle Transaktionen mit Finanzinstrumenten aller Art, einschließlich möglicher Substitute und einschließlich möglicher Transaktionen im Freiverkehr, erstreckt;

16.

unterstützt, dass Primärmarkttransaktionen von der Finanztransaktionssteuer ausgeklammert werden, da dadurch ungewollte Auswirkungen der Steuer auf die Realwirtschaft verringert werden; bedauert zugleich, dass nicht auch Sekundärmarktgeschäfte der öffentlichen Hand ausgenommen werden, da dies angesichts der Tatsache, dass die öffentliche Hand im Interesse einer wirtschaftlichen Haushaltsführung auch auf Finanzinstrumente an den Sekundärmärkten zurückgreifen muss, haushaltspolitisch geboten erscheint;

17.

bedauert, dass nicht alle Arten von Währungstransaktionen der Finanztransaktionssteuer unterliegen sollen, da damit ein beträchtliches Einnahmepotenzial sowie ein wichtiger regulatorischer Effekt verloren gehen; ist insbesondere der Auffassung, dass die Besteuerung von Devisentransaktionen im Rahmen einer umfassenden Finanztransaktionssteuer nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, da die Finanztransaktionssteuer aufgrund ihres breiten Anwendungsbereiches den Devisenhandel gerade nicht in seiner grenzüberschreitenden Spezifik treffen würde, sondern lediglich in seiner Eigenschaft als Finanztransaktion wie jede andere Finanztransaktion auch;

18.

ist der Ansicht, dass die ausschließlich den öffentlichen Sektor finanzierenden Sonderkreditanstalten von der Finanztransaktionssteuer ausgenommen werden sollten;

Bemessungsgrundlage sowie Struktur und Höhe der Steuersätze der Finanztransaktionssteuer

19.

begrüßt grundsätzlich die vorgeschlagene Herangehensweise zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage, einschließlich der Festlegung des Nominalbetrages als Bemessungsgrundlage für Derivate; sieht jedoch zugleich noch Klarstellungsbedarf, insbesondere wie der realen Gefahr bei komplexen Derivaten, den Nominalbetrag künstlich zu reduzieren, begegnet werden soll;

20.

begrüßt die Festlegung der Steuersätze als Mindestsätze, die es den Mitgliedstaaten erlauben, darüber hinaus zu gehen, da dies in besonderem Maße den Subsidiaritätsgedanken zum Ausdruck bringt; mahnt jedoch zugleich an, bei der Anwendung der Richtlinie genau zu prüfen, ob höhere Steuersätze der Mitgliedstaaten nicht doch jenen schädlichen Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten hervorrufen, der durch die Richtlinie gerade verhindert werden soll;

21.

weist auf die Notwendigkeit hin, alle der Besteuerung unterfallenden Finanzinstrumente in vollem Umfang materiell gleich zu behandeln, wobei tatsächlich bestehende Unterschiede zu berücksichtigen wären, um ungewollte Ausweichanreize zu vermeiden und dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit hinreichend Rechnung zu tragen; mahnt deshalb an, insbesondere unter diesem Aspekt die Steuersätze für Aktien und Anleihen sowie für Derivate erneut zu überprüfen;

Entrichtung der Finanztransaktionssteuer

22.

sieht die Übertragung der Befugnis an die Kommission gemäß Artikel 290 AEUV, delegierte Rechtsakte zur Festlegung der von den Mitgliedstaaten zu ergreifenden Maßnahmen zur Verhinderung der Steuerhinterziehung, der Steuerumgehung und des Missbrauchs zu erlassen, kritisch; solche Maßnahmen zur Sicherung des effektiven Richtlinienvollzugs fallen grundsätzlich in den Aufgabenbereich der Mitgliedstaaten, die gemäß Artikel 291 Absatz 1 AEUV alle erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung eines europäischen Rechtsaktes zu ergreifen haben, und nur sofern es hierfür einheitlicher Durchführungsbedingungen bedürfen sollte, wäre eine entsprechende Befugnisübertragung an die Kommission erlaubt, wobei allerdings der Erlass von Durchführungsrechtsakten gemäß Artikel 291 AEUV das vertraglich vorgesehene Instrument wäre; Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere solche, die die strafrechtliche Ahndung betreffen, müssen jedoch in weiten Teilen den Mitgliedstaaten vollständig überlassen bleiben;

23.

betont, dass die Notwendigkeit und Effizienz der von der Kommission im Wege der Befugnisübertragung erlassenen Maßnahmen ebenfalls zwingender Bestandteil der regelmäßigen Berichterstattung der Kommission zur Anwendung der Richtlinie sein sollten;

Verwendung des Aufkommens der Finanztransaktionssteuer

24.

plädiert bereits jetzt dafür, die Finanztransaktionssteuer als neue Kategorie dem System der Eigenmittel der Union hinzuzufügen und die Einnahmen daraus zwischen der Union und den Steuer erhebenden Mitgliedstaaten nach einem bestimmten Verhältnis aufzuteilen, wodurch entsprechend der Höhe der Einnahmen der Union in dieser Kategorie die Beiträge der Mitgliedstaaten im System der Eigenmittel reduziert werden könnten;

Notwendigkeit weitergehender Maßnahmen

25.

sieht die Notwendigkeit einer über die Errichtung eines europäischen Finanztransaktionssteuersystems hinausgehenden Neuausgestaltung der Rahmenbedingungen für die Finanzwirtschaft in der EU in Form einer umfassenden Finanzmarktreform, durch die den etwaigen negativen Einflüssen der Finanzmärkte auf die Realwirtschaft entgegengewirkt werden kann;

26.

hält es deshalb für ratsam, die von einem Finanztransaktionssteuersystem generierten Daten auf angemessene Weise zusammenzutragen und zu verarbeiten;

27.

ist davon überzeugt, dass, um den Herausforderungen eines funktionierenden Binnenmarktes und einer funktionierenden Wirtschafts- und Währungsunion mit einer einheitlichen Währung gerecht zu werden, weitere Maßnahmen dringend erforderlich sind, die über den finanzpolitischen Bereich hinaus gehen und von einer deutlichen Stärkung der europäischen Koordinierung der nationalen Wirtschafts- und Finanzpolitiken bis hin zur institutionellen Verankerung einer effektiven und hinreichend demokratisch legitimierten Wirtschaftssteuerung auf europäischer Ebene reichen;

28.

ist der Auffassung, dass über den europäischen Ansatz hinaus ein weltweit abgestimmtes Handeln erforderlich ist und fordert deshalb die EU und die Mitgliedstaaten auf, sich auf internationaler Ebene in den Außenbeziehungen gegenüber Drittstaaten für eine Reform der Finanzmarktregelungen, namentlich bei allen G20-Staaten für eine umfassende Besteuerung von Finanztransaktionen, einzusetzen.

II.   ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE

Änderungsvorschlag 1

Artikel 1 Absatz 4 Buchstabe (d)

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

(d)

Transaktionen mit den Zentralbanken der Mitgliedstaaten.

(d)

Transaktionen mit , den Zentralbanken der Mitgliedstaaten, .

Änderungsvorschlag 2

Artikel 16

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Die Kommission unterbreitet dem Rat erstmals bis zum 31. Dezember 2016 und danach alle fünf Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und gegebenenfalls einen Vorschlag zu ihrer Änderung.

Die Kommission unterbreitet dem Rat erstmals bis zum 31. Dezember 2016 und danach alle fünf Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und gegebenenfalls einen Vorschlag zu ihrer Änderung.

In diesem Bericht überprüft die Kommission mindestens die Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer auf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes, die Finanzmärkte und die Realwirtschaft und berücksichtigt die Fortschritte bei der Besteuerung des Finanzsektors im internationalen Kontext.

In diesem Bericht überprüft die Kommission mindestens die Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer auf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes, die Finanzmärkte und die Realwirtschaft und berücksichtigt die Fortschritte bei der Besteuerung des Finanzsektors im internationalen Kontext.

Brüssel, den 15. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/11


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Neue Europäische Integrationsagenda“

2012/C 113/04

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

weist darauf hin, dass die umfassende Beteiligung der Migranten am wirtschaftlichen, sozialen und politischen Leben der Städte und Regionen des Aufnahmelandes von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Ziele des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ist, die in der Europa-2020-Strategie formuliert wurden;

ist der Auffassung, dass die Methode der Multi-Level-Governance am besten geeignet ist, um optimale Ergebnisse bei der Integration von Migranten zu erzielen;

begrüßt den Standpunkt der Europäischen Kommission, nach dem die Integrationspolitik auf lokaler Ebene, nach dem Bottom-up-Konzept, umzusetzen ist;

ist der Auffassung, dass die Territorialpakte einen flexiblen Rahmen für die Umsetzung von Integrationsmaßnahmen bieten, weil sie die Anwendung der Maßnahmen und thematischen Prioritäten ermöglichen, die für die jeweilige Gebietskörperschaft geeignet sind, und weil sie den Verfassungsordnungen des jeweiligen Mitgliedstaats, der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen sowie den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen können;

begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission zur Entwicklung europäischer Integrationsmodule;

hält es für sinnvoll, Initiativen zur Schaffung einer strategischen Partnerschaft zwischen dem AdR, der Europäischen Kommission und europäischen Netzen von Städten und Regionen zu ergreifen;

Eine solche Partnerschaft könnte durch die Schaffung eines Integrationsnetzes der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verwirklicht werden, an dem die für die Gestaltung der Integrationspolitik zuständigen Stellen aller Verwaltungsebenen sowie Organisationen der Zivilgesellschaft beteiligt sind. Der AdR hofft auf die politische, wirtschaftliche und praktische Unterstützung der Europäischen Kommission bei der umfassenden Umsetzung der strategischen Partnerschaft und ist der Auffassung, dass sie im Rahmen der bereits vorhandenen Strukturen und Initiativen verwirklicht werden kann.

Berichterstatter

Dimitrios KALOGEROPOULOS (EL/EVP), Stadtrat von Egaleo

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission "Europäische Agenda für die Integration von Drittstaatsangehörigen"

COM(2011) 455 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Hintergrund

1.

weist darauf hin, dass Einwanderung in allen Mitgliedstaaten der EU heute Realität und ein höchst aktuelles Thema ist, vor allem nach dem arabischen Frühling, der neue Wanderungsbewegungen nach Europa ausgelöst hat;

2.

stellt fest, dass die Zunahme der Zahl der Migranten in den vergangenen zehn Jahren mit erheblichen Veränderungen in Bezug auf die Art der Migranten sowie die Struktur und die Wesensmerkmerkmale der Migrationsströme einhergegangen ist;

3.

betont, dass die Strategien zur Integration von Einwanderern mit der europäischen Einwanderungspolitik verknüpft sind, die wiederum nur dann effizient ist, wenn sie kohärent ist und mit der Unterstützung von Initiativen zur Entwicklung der Herkunfts- und Transitländer der Migranten einhergeht;

4.

ist der Auffassung, dass angesichts der Zunahme der Migration unbedingt wirksame Maßnahmen zur sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Integration der legalen Einwanderer aus Drittstaaten ergriffen werden müssen;

5.

weist darauf hin, dass die Integration der Migranten in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt. Es sind die nationalen, regionalen und lokalen Behörden, die Integrationsmaßnahmen in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Wohnraum und Arbeitsmarkt umsetzen. Im Vertrag von Lissabon ist die Stärkung der Rolle der Europäischen Union im Rahmen der Maßnahmen zur Integration von Drittstaatsangehörigen vorgesehen, allerdings wird keine Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften und Regelungen der Mitgliedstaaten angestrebt;

6.

weist darauf hin, dass die Integration von Drittstaatsangehörigen sowohl in den elf gemeinsamen Grundprinzipien, die der Rat 2004 angenommen hat, als auch in der 2005 von der Europäischen Kommission veröffentlichten gemeinsamen Integrationsagenda als dynamischer, in beide Richtungen gehender Prozess der gegenseitigen Anpassung von Zuwanderern und Aufnahmegesellschaft definiert wird;

7.

erinnert daran, dass auf der 3. Ministerkonferenz für Integration, die im November 2008 in Vichy stattfand, festgestellt wurde, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an der Planung, Umsetzung und Bewertung der integrationspolitischen Maßnahmen beteiligt werden müssen und dass sie für die Integration der Einwanderer in die lokalen Gemeinwesen von großer Bedeutung sind;

8.

erinnert daran, dass in den Schlussfolgerungen des Rates zur Integration, die im April 2010 im spanischen Saragossa angenommen wurden, betont wird, dass die positiven Aspekte der Migration in Europa anerkannt und Integration und kulturelle Vielfalt als Triebfeder für Entwicklung und sozialen Zusammenhalt herausgestellt werden müssen;

9.

stellt fest, dass die EU in den vergangenen Jahren eine Reihe nützlicher Instrumente geschaffen hat, die es den Mitgliedstaaten gestatten, ihre Integrationspolitik besser auszugestalten und erfolgreiche Maßnahmen zu ergreifen. Eingerichtet wurden der Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen sowie das Europäische Integrationsforum, das regelmäßig zusammentritt und über das die Zivilgesellschaft und die Migrantenorganisationen an der politischen Debatte teilnehmen können. Außerdem wurde ein europäisches Internetportal mit zahlreichen Informationen zum Thema Integration eröffnet, und es wurden drei Handbücher erarbeitet, die nützliche Beispiele und vorbildliche Verfahren enthalten;

10.

hält die von ihm durchgeführte Konsultation für nützlich und zeigt sich zufrieden, dass deren Ergebnisse und die bei dieser Gelegenheit gefassten Beschlüsse von der Europäischen Kommission bei der Erarbeitung der neuen europäischen Integrationsagenda berücksichtigt wurden (1);

11.

weist darauf hin, dass die Europäische Kommission in der neuen "Europäischen Agenda für die Integration von Drittstaatsangehörigen" die Auffassung vertritt, dass Integration ein dynamischer Prozess ist, der als kollektive Aufgabe der verschiedenen Regierungsebenen zu verstehen ist und ständige Anstrengungen und kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Beteiligten erfordert, damit seine Ziele verwirklicht werden können;

12.

weist darauf hin, dass die vorliegende Stellungnahme auf dem mit der Initiativstellungnahme des AdR zum Thema "Integrationspolitik - Lokale und regionale Gebietskörperschaften an vorderster Front" gesteckten Rahmen aufbaut und die Antwort des AdR auf die künftigen Herausforderungen ist und dass der Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Konzipierung und Umsetzung von Maßnahmen zur Integration von legalen Einwanderern aus Drittstaaten herausgestellt werden soll. Darüber hinaus soll die Position des AdR zum Aufbau der strategischen Partnerschaft mit der Europäischen Kommission dargelegt werden;

Grundprinzipien

13.

ist der Ansicht, dass Integration als Ergebnis eines Prozesses zu verstehen ist, der Drittstaatsangehörige in die Lage versetzt, unabhängig von jedem äußeren Eingreifen zu handeln und eine gesellschaftliche Stellung zu erlangen, die mit der von Einheimischen und EU-Bürgern vergleichbar ist;

14.

erinnert daran, dass Integration ein in beide Richtungen gehender Prozess ist, der ein beiderseitiges Engagement erfordert und aus Rechten und Pflichten für die Aufnahmegesellschaft und für die Migranten besteht. Sie setzt sowohl die Bereitschaft der Migranten voraus, die Verantwortung für ihre Integration in die Aufnahmegesellschaft zu übernehmen, als auch die Bereitschaft der Bürger der Europäischen Union, Migranten zu akzeptieren und zu integrieren;

15.

betont, dass Integration als dynamischer und kontinuierlicher Prozess zu verstehen und anzuerkennen ist und nicht als Zwischenstadium bei der Assimilation der Migranten durch die Aufnahmegesellschaft;

16.

ist der Auffassung, dass die Maßnahmen zur Integration von Einwanderern mit den europäischen Grundwerten in Einklang stehen müssen, wie der Achtung der Menschenrechte und der Vielfalt, der Bekämpfung der Diskriminierung sowie der Förderung von Chancengleichheit und Toleranz. Sie müssen ferner mit der grundlegenden Politik der Europäischen Union – etwa in den Bereichen Zusammenhalt, Beschäftigung, Entwicklung und Außenbeziehungen – sowie mit Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit vereinbar sein;

17.

ist der Auffassung, dass die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in entscheidendem Maße darüber Aufschluss gibt, wie demokratisch ein System ist, und eine wesentliche Errungenschaft und ein integraler Bestandteil der Kultur der Europäischen Union ist;

Gestaltung der Integrationspolitik

18.

weist darauf hin, dass die umfassende Beteiligung der Migranten am wirtschaftlichen, sozialen und politischen Leben der Städte und Regionen des Aufnahmelandes von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Ziele des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ist, die in der Europa-2020-Strategie formuliert wurden;

Verfahren

19.

ist der Auffassung, dass die Methode der Multi-Level-Governance am besten geeignet ist, um optimale Ergebnisse bei der Integration von Migranten zu erzielen. Ein solcher Ansatz muss mit dem Subsidiaritätsprinzip in Einklang stehen, das die Zusammenarbeit zwischen der EU, den Mitgliedstaaten und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bestimmt;

20.

begrüßt den Standpunkt der Europäischen Kommission, nach dem die Integrationspolitik auf lokaler Ebene, nach dem Bottom-up-Konzept, umzusetzen ist;

21.

unterstreicht die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes, der nicht nur die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte der Integration, sondern auch Fragen der kulturellen und religiösen Vielfalt, der aktiven Bürgerschaft, der politischen Rechte sowie der Teilhabe legaler Einwanderer am Gemeinwesen sowie am politischen Leben berücksichtigt;

22.

betont die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes und ist der Auffassung, dass die Bemühungen um die Integration von Migranten zahlreiche Politikbereiche betreffen, beispielsweise Bildung, Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit sowie wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt;

23.

ist der Auffassung, dass nur dann Ergebnisse erzielt werden können, wenn alle beteiligten Akteure auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene gemeinsam vorgehen; Hierzu bedarf es der Mitwirkung der zuständigen EU-Organe, der nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, der Nichtregierungsorganisationen (NRO), der Sozialpartner und der Vertreter der Zivilgesellschaft, einschließlich der Migranten selbst (neu angekommene wie auch niedergelassene der ersten und zweiten Generation), sowie aller im Bereich des Sports, der Kultur und des sozialen Zusammenhalts tätigen ernst zu nehmenden Akteure;

24.

hält es für erforderlich, kontinuierliche Anstrengungen im Hinblick auf alle Migranten zu unternehmen, und betont, dass sich Integrationsmaßnahmen nicht ausschließlich an Neuzuwanderer in den Städten und Regionen richten dürfen. Zielgruppe der Integrationsmaßnahmen müssen auch Migranten der zweiten und sogar der dritten Generation sein, wenn dies für die wirksame Bekämpfung von Diskriminierung erforderlich ist;

25.

betont erneut, wie wichtig den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Gleichbehandlung von Migranten und damit ihr gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt, zu öffentlichen Gütern sowie zu Gesundheits- und Sozialleistungen ist. Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Bekämpfung von Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit;

26.

verweist darauf, dass die Besonderheiten und Bedürfnisse konkreter schutzbedürftiger Gruppen von Drittstaatsangehörigen bei der Konzipierung der Integrationspolitik berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören Personen, die internationalen Schutzstatus beantragt haben oder denen dieser gewährt wurde, unbegleitete Minderjährige, Migrantinnen, alte Menschen, Personen mit Behinderungen sowie Angehörige anderer schutzbedürftiger Gruppen wie Roma;

27.

unterstreicht jedoch, dass auch Unionsbürger, die in einen anderen Mitgliedstaat übersiedeln, um dort zu leben bzw. zu arbeiten, für ihre Integration Hilfe benötigen könnten, z.B. Möglichkeiten zum Spracherwerb;

Mittel und Wege

28.

unterstützt die Förderung von Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs der Migranten zum Arbeitsmarkt und zum Erwerb beruflicher Qualifikationen. Einen Arbeitsplatz zu finden, ist für die Migranten grundlegender Bestandteil des Prozesses einer reibungslosen Integration in die Aufnahmegesellschaften;

29.

unterstreicht die Rolle der Bildung und insbesondere des Erlernens der Sprache des Aufnahmelandes für die Integration, wobei jedoch das Recht auf Erlernen der Muttersprache zu wahren ist;

30.

ist der Ansicht, dass die Bildung der Kinder von Migranten eine Priorität sein muss, und begrüßt, dass die Vielfalt in den einzelstaatlichen Bildungssystemen gefördert wird; fordert die Mitgliedstaaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, die Einstellung von Lehrpersonal mit Migrationshintergrund zu prüfen und so die Vielfalt innerhalb der Bildungssysteme zu stärken; hofft, dass Bildung auf diese Weise als kulturelle Brücke zwischen der Aufnahmegesellschaft und den Drittstaatsangehörigen wirken und gleichzeitig Triebkraft für eine produktive und kohärente Gesellschaft werden kann;

31.

unterstützt die Bemühungen um die Anerkennung und Validierung von Ausbildungsgängen und Fähigkeiten, die die Migranten in ihren Herkunftsländern erworben haben, um ihren Eintritt in den Arbeitsmarkt zu erleichtern und ihre Chancen auf Zugang zu den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung in den Aufnahmeländern zu verbessern;

32.

weist darauf hin, dass die Förderung der Chancengleichheit für Einwanderer im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Beschäftigung der geeignete Ansatz ist, um sozialer Ausgrenzung zuvorzukommen; ist der Auffassung, dass die Aussicht, eine gleichberechtigte Stellung in der Aufnahmegesellschaft zu erlangen, die beste Möglichkeit ist, der Gewalt vorzubeugen, mit der viele europäische Städte konfrontiert sind;

33.

betont die Bedeutung einer aktiven Teilhabe von Migranten an den Strukturen und Institutionen der Aufnahmegesellschaft und ist der Auffassung, dass die umfassende und ungehinderte Teilhabe am politischen Leben in den Städten und Regionen entscheidend zur Schaffung eines Klimas des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Migranten und der jeweiligen Aufnahmegesellschaft beiträgt;

34.

verweist darauf, dass den Migrantinnen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, und zwar nicht nur deshalb, weil sie bei der Erziehung der Kinder und der Weitergabe kultureller Normen eine maßgebliche Rolle spielen, sondern auch, weil sie Ausgrenzung, Gewalt und Diskriminierung am meisten ausgesetzt sind;

35.

vertritt die Auffassung, dass der interkulturelle Dialog ein für die Integration äußerst wichtiger Aspekt ist und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften weiterhin Initiativen ergreifen müssen, um diesen Dialog zu fördern; ist der Auffassung, dass die Vertiefung des Wissens über die Kultur der Migranten wirksam zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit beiträgt;

36.

ist der Auffassung, dass die Massenmedien entscheidend dazu beitragen können, die Öffentlichkeit für die Bedeutung der Einwanderung und die Begrenzung von Marginalisierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu sensibilisieren;

37.

begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission, in der festgestellt wird, dass die Migrationspolitik auch eine externe Dimension hat, und auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der Migranten bei integrationsvorbereitenden Maßnahmen hingewiesen wird;

Innovative Instrumente

38.

ist der Auffassung, dass die Territorialpakte einen flexiblen Rahmen für die Umsetzung von Integrationsmaßnahmen bieten, weil sie die Anwendung der Maßnahmen und thematischen Prioritäten ermöglichen, die für die jeweilige Gebietskörperschaft geeignet sind, und weil sie den Verfassungsordnungen des jeweiligen Mitgliedstaats, der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen sowie den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen können;

39.

begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission zur Entwicklung europäischer Integrationsmodule; ist der Auffassung, dass sie zur Verbreitung bewährter Verfahren beitragen und ein weiteres flexibles Instrument zur Konzipierung nationaler, regionaler und lokaler Integrationsmaßnahmen sind, und hofft, dass die systematische Erfassung des vorhandenen Wissens an die lokalen Erfordernisse angepasst und zur Verbesserung der Ergebnisse genutzt wird;

Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

40.

stellt zu seiner Zufriedenheit fest, dass die Integration in der neuen europäischen Agenda als gemeinsame Aufgabe aller beteiligten Regierungsebenen angesehen wird und dass der hohe Stellenwert der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der Integrationsmaßnahmen darin anerkannt wird;

41.

begrüßt den Beschluss der Europäischen Kommission, örtliche und regionale Akteure in die Festlegung der Integrationsstrategien im Rahmen der EU-Programme einzubeziehen, die Programmplanung für die vorhandenen Finanzinstrumente der Union besser zu koordinieren und die Ergreifung von Maßnahmen auf lokaler Ebene zu fördern;

42.

verweist darauf, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine entscheidende Rolle für die Schaffung der erforderlichen Voraussetzungen spielen, damit Drittstaatsangehörige Zugang zu Informationen und öffentlichen Dienstleistungen in Bereichen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Wohnraum usw. haben. Diese sind wichtig, damit die Einwanderer eine enge und konstruktive Beziehung zur Aufnahmegesellschaft entwickeln können. Dieser Auftrag bringt zusätzliche Ausgaben für die Regionen und Kommunen mit sich, die oft gefordert sind, die Herausforderungen der Integration zu meistern;

43.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Dienstleistungen erbringen und zur Umsetzung von Integrationsmaßnahmen eng mit Unternehmen, Vereinigungen und anderen Verwaltungsebenen zusammenarbeiten. Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten tragen sie zur Stärkung der sozialen Verantwortung der Unternehmen auf lokaler Ebene bei;

44.

verweist auf die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der Nutzung der europäischen Erfahrungen und Praxis durch den Austausch bewährter Vorgehensweisen und die Verbreitung der Ergebnisse ihres Beitrags zur Verwirklichung von Gemeinschaftsprogrammen (z.B. CLIP, ERLAIM, ROUTES, City2City, EUROCITIES - Integrating Cities) und des Betriebs länderübergreifender regionaler Netze;

45.

ist der Auffassung, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften maßgeblich zur Schaffung der Voraussetzungen beitragen, damit die Drittstaatsangehörigen Zugang zu Informationen und Diensten in den Bereichen Beschäftigung, Bildung, Gesundheit, Wohnungswesen und Kultur sowie zu den übrigen öffentlichen Gütern erlangen und die Möglichkeit haben, eine stabile Beziehung zur Aufnahmegesellschaft zu entwickeln;

46.

stellt fest, dass den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Bürgernähe ein besonderer Stellenwert bei der Zusammenarbeit, der Kommunikation und dem Informationsaustausch mit den Bürgern, den Migrantenverbänden und den NGO zukommt. Auf diese Weise tragen sie wesentlich zur Entwicklung eines Klimas des Vertrauens, zur Wahrung des Zusammenhalts in den Aufnahmegesellschaften und folglich zur Hervorhebung der Einwanderung als Faktor von Wachstum und Fortschritt bei;

Überwachung der Ergebnisse

47.

begrüßt, dass die Mitgliedstaaten in Saragossa die Bestimmung gemeinsamer europäischer Indikatoren vereinbart haben, und ist der Auffassung, dass diese ein effizientes Instrument zur Verfolgung und Bewertung von Integrationsmaßnahmen werden können;

48.

hält den Beitrag des Europäischen Integrationsfonds für Drittstaatsangehörige zur Planung und Umsetzung der integrationspolitischen Maßnahmen für besonders wichtig und erinnert daran, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften trotz ihres hohen Stellenwerts in Bezug auf die Umsetzung von Integrationsmaßnahmen bisher weder aktiv an der Festlegung der Finanzierungsprioritäten noch an der Auswertung der Ergebnisse mitwirken; ist der Auffassung, dass eine Beteiligung des AdR an der Auswertung der Ergebnisse zur Festlegung gezielterer Konzepte sowie zur Förderung schlüssigerer Integrationsstrategien beitragen würde;

Strategische Partnerschaft mit der Europäischen Kommission

49.

äußert seine Genugtuung über die Position der Kommission, dass die Maßnahmen auf lokaler Ebene auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips und der Multi-Level-Governance einen wesentlichen Teil der Integrationsstrategie ausmachen; hält es für sinnvoll, Initiativen zur Schaffung einer strategischen Partnerschaft zwischen dem AdR, der Europäischen Kommission und europäischen Netzen von Städten und Regionen zu ergreifen, um die beträchtlichen Erfahrungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu nutzen, den Austausch von bewährten Vorgehensweisen und Standpunkten zu erleichtern sowie die Koordinierung der Initiativen und die Verbreitung der Ergebnisse zu verbessern;

Vorschläge zur Umsetzung der Ziele

50.

vertritt die Ansicht, dass die Integration von Einwanderern eine grundlegende Priorität der Union sein muss, und unterstützt die Initiativen, die die Europäische Union mit Blick auf die Erarbeitung von Vorschlägen, die Konzipierung neuer Instrumente und die Anwendung wirksamer Maßnahmen unternommen hat;

51.

ist der Auffassung, dass die wirtschaftliche und demografische Entwicklung die Ausarbeitung einer gemeinsamen europäischen Strategie zur ausgewogenen Steuerung der Migrationsströme und zur Förderung der Integration erfordert;

52.

befürwortet kollektives Handeln und die Förderung der Zusammenarbeit und des Dialogs zwischen den am Integrationsprozess beteiligten Akteuren auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene;

53.

fordert die Mitgliedstaaten und die zuständigen regionalen Stellen auf, Initiativen zu ergreifen, durch die die Bewertung und Anerkennung der Qualifikationen der Migranten erleichtert wird;

54.

schlägt die Schaffung von Programmen für den Sprachunterricht vor, die den Bedürfnissen konkreter Migrantengruppen entsprechen;

55.

schlägt vor, dass die Ergreifung konkreter innovativer Integrationsmaßnahmen auf lokaler und regionaler Ebene gefördert wird, um die demografischen Herausforderungen in einigen Regionen wirksam anzugehen;

56.

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, die Unternehmen vor Ort zu ermutigen, die soziale Verantwortung der Unternehmen auf lokaler Ebene zu stärken;

57.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die eine entscheidende Rolle bei der Integrationspolitik spielen, politisch und wirtschaftlich zu unterstützen;

58.

ist der Auffassung, dass der Integrationsprozess in den Herkunftsländern beginnen muss, und schlägt vor, die existierenden Initiativen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu beiden Seiten der EU-Außengrenzen zu nutzen;

59.

schlägt vor, bei den Kontakten zwischen Vertretern der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik Fragen der Migration und Integration von Arbeitskräften zu diskutieren; ist deshalb der Auffassung, dass die Versammlung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) sowie die Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Länder der Östlichen Partnerschaft und der EU (CORLEAP) nützliche Instrumente sind, um sich eingehender mit diesen Themen zu beschäftigen;

60.

ist der Auffassung, dass auch Migranten auf Zeit und zirkuläre Migranten bei der Integrationspolitik berücksichtigt werden müssen; verweist jedoch darauf, dass die zirkuläre Migration nicht als Ersatz einer auf dauerhaften Aufenthalt ausgerichteten Migration betrachtet werden darf, und schlägt vor, die Möglichkeit der Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowohl der Herkunfts- als auch der Aufnahmeländer an den Mobilitätspartnerschaften und den Verfahren ihrer Aushandlung zu prüfen;

61.

wiederholt seine Forderung nach aktiver Teilnahme der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im frühen Stadium der Entwicklung von Integrationsstrategien und während der gesamten Dauer ihrer Anwendung;

62.

fordert seine Beteiligung an der Festlegung der Prioritäten der für Integration vorgesehenen Finanzinstrumente der EU sowie an der Auswertung der Ergebnisse der Integrationsprogramme;

63.

spricht sich für die Errichtung eines Migrations- und Asylfonds aus und fordert, dass die erforderlichen Mittel für eine ausreichende Finanzierung und substanzielle Förderung der Integration von Migranten auf lokaler und regionaler Ebene bereitgestellt werden, einschließlich der Finanzierung von Projekten auf regionaler Ebene; weist mit Blick auf den allgemeinen Finanzrahmen im Bereich Inneres darauf hin, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Ausgaben für Sicherheit und Grenzschutz einerseits und den Ausgaben für Bereiche wie Integration von Migranten und Aufnahme von Asylsuchenden gewährleistet sein muss, bei denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eindeutig einen eigenen Beitrag leisten können;

64.

wünscht, aktiver an der Koordinierung der Maßnahmen auf europäischer Ebene mitzuwirken; fordert deshalb, als Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an allen europäischen Ministerkonferenzen zum Thema Integration teilnehmen zu dürfen; schlägt vor, seine Präsenz im Integrationsforum zu verstärken, und ist bereit, und bei der Förderung von Territorialpakten eine zentrale Rolle zu spielen;

65.

ist bereit, zur Schaffung eines europäischen Systems für die Überwachung der Integrationsfortschritte beizutragen, das auf gemeinsamen Indikatoren beruht;

66.

ist der Auffassung, dass die Nutzung neuer Instrumente wie Territorialpakte erleichtert werden sollte und dass diese im neuen Programmplanungszeitraum aus den Strukturfonds sowie aus den themenbezogenen Programmen finanziert werden sollten;

67.

schlägt die Einführung von Preisen für die Integration von Drittstaatsangehörigen vor, um Migranten und/oder Akteure auszuzeichnen, die am Prozess der Integration von Einwanderern beteiligt sind (lokale oder regionale Gebietskörperschaften, Unternehmen, Organisationen, Verbände, Stiftungen usw.). Eine solche Initiative könnte im Rahmen bereits existierender Veranstaltungen wie des Internationalen Tags der Migranten, der unter der Schirmherrschaft der UNO stattfindet, umgesetzt werden;

68.

wünscht, eine strategische Partnerschaft mit der Europäischen Kommission und mit europäischen Netzen von Städten und Regionen aufzubauen, um die Integration von Migranten zu erleichtern und effiziente Maßnahmen zu fördern. Eine solche Partnerschaft könnte durch die Schaffung eines Integrationsnetzes der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verwirklicht werden, an dem die für die Gestaltung der Integrationspolitik zuständigen Stellen aller Verwaltungsebenen sowie Organisationen der Zivilgesellschaft beteiligt sind. Der AdR hofft auf die politische, wirtschaftliche und praktische Unterstützung der Europäischen Kommission bei der umfassenden Umsetzung der strategischen Partnerschaft und ist der Auffassung, dass sie im Rahmen der bereits vorhandenen Strukturen und Initiativen verwirklicht werden kann.

Brüssel, den 15. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 261/2011


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/17


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Die Zukunft der Europäischen Kulturhauptstadt“

2012/C 113/05

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

würdigt die "Kulturhauptstadt Europa" als eine bedeutsame Initiative, die den Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten der europäischen Kulturkreise zum Ausdruck bringt; stellt fest, dass das Kulturhauptstadtprogramm in einer Phase des schnellen kulturellen Wachstums der Europäischen Union einen besonderen Beitrag zum Entstehen einer europäischen Identität geleistet hat;

verweist darauf, dass kulturelle Belange dank des zunehmenden Ansehens dieses Titels nunmehr einen bedeutenden Stellenwert auf der politischen Agenda der Mitgliedstaaten, Regionen und Städte haben;

bekräftigt seine Auffassung, wonach der Gedanke des interkulturellen Dialogs in Verbindung mit sozialem und territorialem Zusammenhalt dazu beitragen kann, die Grundwerte des privaten, gesellschaftlichen und bürgerschaftlichen Lebens wie Solidarität, Verantwortung, Toleranz, Respekt zu vermitteln. Er kann sich auch positiv auf die Fähigkeit von Einzelpersonen und gesellschaftlichen Gruppen auswirken, trotz ihres unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds miteinander zu kommunizieren und solidarisch zusammenzuleben;

stellt fest, dass in Städten, die zur "Kulturhauptstadt" ernannt wurden, eine deutliche Belebung des Kultursektors zu beobachten ist und dass gerade junge Menschen dauerhaft mehr an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen;

betont, dass das Kulturhauptstadtprogramm als ein Prozess angelegt sein muss, bei dem das Zielpublikum vor Ort durch Bildungsprogramme, partizipative Aktionen und eine Bewusstseinsschärfung für lokale und europäische Themen aufgebaut wird.

Berichterstatter

Anton ROMBOUTS (NL/EVP) Bürgermeister von 's-Hertogenbosch

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeiner Kontext

1.

begrüßt, dass die Europäische Kommission an einem neuen Rechtsrahmen für die "Kulturhauptstadt Europas" arbeitet und 2010/2011 eine Online-Konsultation und eine öffentliche Veranstaltung durchgeführt hat; erneuert sein bereits in der Stellungnahme zu dem "Vorschlag für einen Beschluss Nr. 1419/1999/EG über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung ‧Kulturhauptstadt Europas‧ für die Jahre 2005 bis 2019" formulierte Absicht, an den Diskussionen teilzunehmen (1);

2.

unterstreicht, wie wichtig die Fortsetzung des Kulturhauptstadtprogramms über 2019 hinaus ist;

3.

würdigt die "Kulturhauptstadt Europa" als eine bedeutsame Initiative, die den Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten der europäischen Kulturkreise zum Ausdruck bringt; stellt fest, dass das Kulturhauptstadtprogramm in einer Phase des schnellen kulturellen Wachstums der Europäischen Union einen besonderen Beitrag zum Entstehen einer europäischen Identität geleistet hat;

4.

verweist darauf, dass kulturelle Belange dank des zunehmenden Ansehens dieses Titels nunmehr einen bedeutenden Stellenwert auf der politischen Agenda der Mitgliedstaaten, Regionen und Städte haben. Außerdem sind Forschung und Investitionen im Bereich Kultur wichtige Garanten von Wohlstand und sozialem Zusammenhalt in Städten und Regionen, aber auch auf nationaler und europäischer Ebene;

5.

ist der Ansicht, dass junge Menschen durch die Gelegenheit zur Teilnahme an vielfältigen kulturellen Veranstaltungen ihren Horizont erweitern und leichter ihre Vorteile und ihre Furcht vor Fremdem und Unbekanntem abbauen können, wodurch auch der multikulturelle Dialog gefördert wird;

6.

bekräftigt seine Auffassung, wonach der Gedanke des interkulturellen Dialogs in Verbindung mit sozialem und territorialem Zusammenhalt dazu beitragen kann, die Grundwerte des privaten, gesellschaftlichen und bürgerschaftlichen Lebens wie Solidarität, Verantwortung, Toleranz, Respekt, Streben nach sozialem Fortschritt und Verständnis für die soziale und kulturelle Vielfalt zu vermitteln. Er kann sich auch positiv auf die Fähigkeit von Einzelpersonen und gesellschaftlichen Gruppen auswirken, trotz ihres unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds miteinander zu kommunizieren und solidarisch zusammenzuleben (2);

7.

würdigt, dass das Kulturhauptstadtprogramm weitreichende wirtschaftliche, soziale und kulturelle Impulse vermitteln konnte; dem Kreativsektor, der für sich genommen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Europa und eine wirtschaftliche Triebfeder für andere Branchen ist, hat das Programm einen beträchtlichen Aufschwung beschert;

8.

stellt fest, dass in Städten, die zur "Kulturhauptstadt" ernannt wurden, eine deutliche Belebung des Kultursektors zu beobachten ist und dass gerade junge Menschen dauerhaft mehr an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen;

9.

unterstreicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften am besten mit den Gegebenheiten und der Situation der Kulturhauptstädte Europas (bzw. der Kandidaten um diesen Titel) vertraut sind. Sie sind am ehesten in der Lage, das Kulturhauptstadtprogramm unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips mitzugestalten und umzusetzen; weiterhin sind die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den meisten Mitgliedstaaten unmittelbar für die erfolgreiche Organisation und Durchführung von Kulturereignissen verantwortlich und können deshalb auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen, der ein innovatives und kreatives Herangehen fördert;

Empfehlungen

A.   Weiterführung und intensivierung DES Kulturhauptstadtprogramms

10.

teilt die Schlussfolgerung der Europäischen Kommission, dass der Titel "Kulturhauptstadt Europas" weiterhin hoch angesehen ist, für die Einrichtung umfassender Kulturprogramme steht und beträchtliche Auswirkungen hat (3); plädiert deshalb für die Fortsetzung der Initiative, die weiterhin die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und die langfristige Entwicklung fördern sollte; ist der Ansicht, dass das Kulturhauptstadtprogramm nach 2019 auf ein ausgewogenes Kulturkonzept abheben sollte, das nicht nur als Instrument zur Erreichung konkreter und messbarer Investitionserträge, sondern auch aufgrund seines ideellen Werts zu unterstützen wäre;

11.

schlägt vor, die Kulturhauptstadtinitiative für die Errichtung eines Europas der Zukunft zu nutzen. Tendenzen wie Nationalismus, Individualismus und Konsumwahn, aber auch die zerbröckelnde soziale Infrastruktur dürfen nicht aus den Augen gelassen werden. Die Globalisierung, zunehmende Mobilität und offene Grenzen erweitern unsere Weltsicht. Die Europäer, wiewohl "Weltenbürger", müssen sich auch um den Schutz und den Erhalt ihre eigenen lokalen Kulturen bemühen. Parallel zu der sich herausbildenden integrativen europäischen Identität sollten in Europa auch die lokalen Kulturen weiterhin gedeihen können. Industrielle, soziale und ökologische Innovationen sind entscheidend dafür, Europa zu größerer Wettbewerbsfähigkeit zu verhelfen, und damit den territorialen Zusammenhalt zu stärken;

12.

stellt fest, dass die örtliche und regionale Kulturszene eine Grundlage für das Kulturhauptstadtprogramm sein muss, weshalb die Einbeziehung der Bürger und sämtlicher vor Ort tätiger öffentlicher und privater Akteure in den jeweiligen Projektphasen absolut unverzichtbar ist; betont, dass das Kulturhauptstadtprogramm als ein Prozess angelegt sein muss, bei dem das Zielpublikum vor Ort durch Bildungsprogramme, partizipative Aktionen und eine Bewusstseinsschärfung für lokale und europäische Themen aufgebaut wird. Die Kulturhauptstädte Europas müssen besser in die Maßnahmen und Initiativen, die die EU zur Umsetzung ihrer derzeitigen und künftigen Kulturprogramme auf den Weg bringt, eingebunden werden, wobei zunehmend auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist, sie als Experimentierbühne für diese Programme zu nutzen;

13.

erkennt an, dass sich die Kulturhauptstadtinitiative bei der Entwicklung von Programmen zur Förderung der Integration und des interkulturellen Dialogs als wirkungsvoll erwiesen hat und stellt fest, dass in der Vergangenheit zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt in Städten mit Problemen in den Bereichen sozialer Zusammenhalt und Integration stattfanden. Der Zugang zu Kultur ist eine wesentliche Voraussetzung für mehr Verantwortungsbereitschaft und Bürgerschaft, individuelles und kollektives Wohlergehen, soziale Mobilität, Solidarität etc. Deshalb müssen die Bürger und die Zivilgesellschaft im Mittelpunkt des Kulturhauptstadtprogramms stehen;

14.

unterstreicht, dass der Kultursektor einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der in der Europa-2020-Strategie formulierten Ziele leistet; verweist auf die enormen Chancen des Kulturtourismus für die wirtschaftliche Entwicklung vieler Regionen; warnt jedoch in diesem Zusammenhang davor, die Bedeutung der Kultur einseitig unter rein wirtschaftlichen Aspekten zu sehen. Ebenso bedeutend ist Kultur für die Schaffung eines guten und dynamischen Lebensumfelds, das wiederum Voraussetzung für die Entwicklung ist (4);

15.

unterstützt die Fortführung des Instruments Kulturhauptstadt nach 2019 und schlägt vor, es so auszuweiten, dass es stärker darauf ausgerichtet wird, die europäische kulturelle Identität bzw. die Vielzahl von Identitäten in ihrem Facettenreichtum zu suchen und zu entdecken. Zu diesem Zweck sollte das Programm offener für außereuropäische Kulturen und Partner sein, um den Wert und den Reichtum der europäischen Kulturen noch besser zu beleuchten;

B.   Mehrjähriger hintergrund

16.

stellt fest, dass sich das Kulturhauptstadtprogramm in den vergangenen 25 Jahren von einem Sommerfestival zu einem ganzjährigen Kulturereignis weiterentwickelt hat, das wichtige Elemente der kulturellen, sozialen und wichtigen wirtschaftlichen Entwicklung umfasst. Einige Städte haben das Kulturhauptstadtprogramm so ausgedehnt, dass es sich nunmehr auf einen Mehrjahreszeitraum vor und nach dem eigentlichen Ereignis erstreckt. Dieser Ansatz hat sich als überaus erfolgreich dabei erwiesen, die Bevölkerung vor Ort zur Teilnahme an dem Kulturhauptstadt-Jahr selbst zu animieren, kulturelle Entwicklungen und Mitwirkung zu fördern sowie für internationale Aufmerksamkeit und Kooperationen zu sorgen;

17.

weist erneut darauf hin, dass sich der Mehrjahresansatz als erfolgreich erwiesen hat, da er dazu beiträgt, die neuen Errungenschaften in der Stadt und der Region ebenso wie die im Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadt-Titel entstandenen (europäischen) Netzwerke zu festigen. Außerdem wird dadurch sichergestellt, dass Kulturinvestitionen insbesondere in der heutigen, von finanziellem Druck geprägten Zeit, auch langfristig auf der politischen Tagesordnung bleiben. Das derzeitige Kriterium ‧Stadt und Bürger‧ sieht eine nachhaltige Durchführung der Veranstaltung vor, die zudem integrierter Bestandteil der langfristigen kulturellen und sozialen Entwicklungen zu sein hat. Ungeachtet dessen geht es bei den meisten Kulturhauptstadtereignissen nach wie vor um die Organisierung von Kulturveranstaltungen im Jahresverlauf. Hierzu kann eine stärker strukturierte Zusammenarbeit zwischen früheren, derzeitigen und künftigen Kulturhauptstädten Europas positiv beitragen;

18.

bestätigt die Auffassung, wonach die Städte die Veranstaltung als einen Teil ihrer langfristigen Entwicklungsstrategie nutzen sollten, um somit eine nachhaltige Kulturentwicklung zu fördern und die unmittelbare und längerfristige Wirkung des Kulturhauptstadtprogramms zu stärken; der Ausschuss äußert sich diesbezüglich bereits in der Stellungnahme "Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung ‧Kulturhauptstadt Europas‧ für die Jahre 2007 bis 2019"; um diese langfristigen Strategien zu entwickeln und so auf die neuen Herausforderungen auf lokaler und regionaler Ebene zu reagieren, bekräftigt der Ausschuss erneut, dass es zweckmäßig ist, eine mittel- und langfristige konsensgetragene Kulturpolitik zu formulieren und umzusetzen, was allein auf der Grundlage eines klaren institutionellen Willens und der umfassenden Teilhabe der öffentlichen und privaten gesellschaftlichen Akteure möglich ist;

19.

erkennt an, dass der Titel der Kulturhauptstadt jeweils für ein Jahr verliehen wird; erinnert daran, dass diese Aktivitäten in einen Mehrjahresrahmen eingebettet werden sollten, damit sie Teil einer langfristigen Gestaltung der Kultur-, Wirtschafts-, Sozial- und Raumordnungspolitik werden;

20.

betont, dass die Mitgliedstaaten der Durchführung der Veranstaltung "Kulturhauptstadt Europas" große Aufmerksamkeit widmen müssen, und zwar insbesondere in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit. Die "Kulturhauptstadt Europas" sollte von dem betreffenden Mitgliedstaat angemessen unterstützt und in seine langfristige Politik und Strategie integriert werden;

C.   Impulse zur einbindung umliegender regionen

21.

erkennt, dass das Kulturhauptstadtprogramm sich auch hinsichtlich des Spektrums der beteiligten Städte und Regionen entwickelt hat. In der Anfangsphase nominierten die Mitgliedstaaten im Allgemeinen Hauptstädte oder andere große Städte. Danach wurden zunehmend auch kleinere Städte mit dem Titel ausgezeichnet ("zweite Städte" oder regionale Kulturzentren). Die abnehmende Größe der Bewerberstädte machte mehr und mehr auch die Einbeziehung der umgebenden Regionen erforderlich. Klein- und Großstädte sind Treffpunkte sowie Handels-, Industrie-, Bildungs- und Verwaltungszentren im Mittelpunkt einer Region; in ihnen spiegelt sich das Wesen der Region wider; stellt fest, dass dieser Entwicklung auch durch die Einbeziehung der regionalen Dimension in der Kulturhauptstadtinitiative nach 2007 Rechnung getragen wurde; unterstreicht deshalb den Mehrwert der Förderung eines regionalen Ansatzes bei der Vergabe des Kulturhauptstadttitels; darüber hinaus sollte eine mögliche Ernennung auf regionaler Ebene erwogen werden, wobei vornehmlich die Kultur der Region in den Mittelpunkt gestellt wird, und zwar unter Federführung der wichtigsten Stadt der Region;

22.

betont, dass Kandidatenstädte künftig noch nachdrücklicher dazu ermutigt werden sollten, ihr Umland – oder im Falle von grenznahen Städten – sogar ihre jeweilige Euroregion über Partnerschaftsverträge, die die Durchführung der gemeinsamen Arbeiten in sämtlichen Phasen der Initiative gewährleisten, in das Kulturhauptstadtprogramm einzubinden; ist sich der Bedeutung eines straffen Governancesystems zur Gewährleistung eines tragfähigen politischen und finanziellen Engagements bewusst. Eine starke politische Unterstützung über die Grenzen der politischen Parteien hinweg, wozu auch garantierte Haushaltmittel, die künstlerische Freiheit und die Einbeziehung der Bürger gehört, sollten die Schlüsselfaktoren in einem solchen Governance-System sein;

23.

weist darauf hin, dass Netzwerken und kreativen Städten im Rahmen eines offenen innovativen Ökosystems in modernen Volkswirtschaften insofern eine zentrale Rolle zukommt, als Städte, Regionen, Hochschulen/Forschungseinrichtungen und Unternehmen zunehmend eine strategische Zusammenarbeit betreiben, um Größenvorteile und Synergieeffekte zu erzielen, Wissen breiter einsetzbar zu machen und die Infrastrukturplanung zu koordinieren; ruft dazu auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Ausarbeitung eines Rechtsrahmens und Förderprogrammen eng einzubeziehen;

24.

ruft die Bedeutung der europäischen Dimension dieser Veranstaltung (5) in Erinnerung; teilt die Sicht, dass die Kulturhauptstadtinitiative die europäische Zusammenarbeit fördert, der Reichtum der europäischen Kultur veranschaulicht sowie die Bürger einbezogen und mobilisiert werden; wiederholt, dass die Förderung der aktiven Einbindung des regionalen Umlands in das Kulturhauptstadtprogramm diese Ziele unterstützen und sicherstellen würde, dass sich die positiven Effekte in einem (weiteren) regionalen Kontext entfalten können;

25.

wiederholt, dass die Europäische Kommission gegenüber den neuen Entwicklungen im Kulturhauptstadtprogramm aufgeschlossen sein, sie eingehend beobachten und unterstützen sollte; erinnert daran, dass die Europäische Kommission die gesamtgesellschaftlich so bedeutsamen kulturellen Potenziale der Städte- und Regionen-Partnerschaften bei der Erarbeitung ihrer Programme berücksichtigen und qualitativ neue Entwicklungen aufgreifen sollte (6);

D.   Aufforderung zur teilnahme an der vorauswahl

26.

würdigt das Kulturhauptstadtprogramm als eines der erfolgreichsten EU-Programme, da es der jeweils nominierten Stadt und ihrem Umland und auch den Kandidatenstädten eine unvergleichliche Chance zu einem kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsschritt gibt, bei dem in wenigen Jahren eine Wandlung vollzogen werden kann, die normalerweise eine ganze Generation beansprucht;

27.

plädiert daher dafür, dass ein breites Spektrum von Kandidaten zur Bewerbung um den Titel "Kulturhauptstadt" angeregt werden sollte. Dabei stellt er fest, dass die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, dass sich bereits die Teilnahme an dem Auswahlverfahren positiv auf die Wirtschaft und das Image der Kandidatenstädte auswirkt. Der Wettbewerb um diesen Titel lässt auch neue (internationale) Netzwerke und eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Partnern in einer Region entstehen;

28.

weiß um die Probleme für die Mitgliedstaaten und die europäische Jury, die sich aus der zunehmenden Zahl der Bewerberstädte, den Kosten im Zusammenhang mit der Bewerbung und den wettbewerbstechnischen Problemen ergeben; fordert die Kommission auf, die wachsende Bewerberzahl positiv zu sehen und das Auswahlverfahren für den Zeitraum nach 2019 hierauf auszurichten;

29.

unterstreicht, dass die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten und die Kandidatenstädte eng zusammenarbeiten sollten, um den Titel stärker in das öffentliche Bewusstsein in den Städten und Regionen zu heben. Die Kommission sollte ihre Bemühungen um die Markenprofilierung des Kulturhauptstadttitels fortsetzen, während die Mitgliedstaaten den Wettbewerb auf nationaler Ebene öffentlichkeitswirksam bekannt machen sollten. Den Städten wiederum kommt aufgrund ihrer Bürgernähe die spezifische Verantwortung zu, den Bürgern die Vorteile der Initiative zu erklären und nahezubringen. Ohne ein klares Verständnis dessen, worum es bei dem Titel "Kulturhauptstadt" geht, ist es in der Tat schwer für eine Stadt, die Unterstützung der Öffentlichkeit für eine Bewerbung um diesen Titel zu gewinnen. Dies könnte einige potenzielle Kandidaten von der Bewerbung um den Titel abhalten;

30.

weist darauf hin, dass für den Wettbewerb ein breiterer Rahmen wünschenswert wäre; schlägt vor, den "Wettbewerb" so zu gestalten, dass alle Bewerberstädte kollektiv zu der Entwicklung der Kultur auf europäischer, nationaler und/oder regionaler Ebene beitragen. Die Aktivitäten, die im Rahmen einer Bewerbung vorgesehen sind, könnten so konzipiert sein, dass der Beitrag der jeweiligen Stadt oder Region zu den kulturpolitischen Zielen illustriert wird. Sie könnten auch eine Selbstverpflichtung sämtlicher Städte umfassen, die Arbeiten in den Jahren vor dem Kulturhauptstadtereignis (ungeachtet einer eventuellen "Ernennung") fortzusetzen. Ein klarer Rahmen für den Wettbewerb könnte die Spannungen zwischen Städten und Regionen mindern helfen und würde die Kandidatenstädte dabei unterstützen, zu umfassenderen europäischen und nationalen Zielen beizutragen. Im Kern geht es um eine gedeihliche Zusammenarbeit im Wettbewerb;

31.

ersucht die Kommission, die Mitgliedstaaten aufzufordern, über ihre nationalen Behörden und Einrichtungen die Stadt, die zur Kulturhauptstadt auserkoren wurde, auf jede mögliche Weise zu unterstützen;

E.   Auswahlverfahren

32.

unterstützt die mitgliedstaatliche Rotation bei der Verleihung des Titels "Kulturhauptstadt", die momentan (seit 2007) angewendet wird, denn dieses System garantiert kleineren Städten und Mitgliedstaaten trotz eventueller finanzieller Einschränkungen gleiche Chancen auf den Titel;

33.

ersucht die Europäische Kommission, in Erwägung zu ziehen, in der neuen Rechtsgrundlage für die "Kulturhauptstadt Europas" erneut die Möglichkeit vorzusehen, dass sich Städte in Drittstaaten um den Titel bewerben; in diese Richtung weist das Beispiel Istanbul 2010 (7);

34.

bestätigt, dass der AdR-Vertreter in der Jury wie bisher üblich auch weiterhin eines seiner gewählten Mitglieder sein muss; ist sich allerdings bewusst, dass die Teilnahme in dem Gremium kein bloßer Ehrenposten ist, sondern mit einem erheblichen Arbeitsaufwand und einer bedeutenden Verantwortung gegenüber den Bewerberstädten einhergeht; er ersucht die Kommission, die Rolle des AdR im Überprüfungsausschuss zu bestätigen und plädiert dafür, dass dieses Gremium weiterhin aktiv dazu beiträgt, dass in der Programmvorbereitungsphase zwischen den Kulturprogrammen der designierten Städte auf Synergien hingearbeitet wird (8). Es sollten objektivere Beurteilungskriterien aufgestellt werden, die ein Lernen aus den Fehlern der abgelehnten Bewerberstädte ermöglichen und künftigen Bewerbungen als Richtschnur dienen können.

Brüssel, den 15. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 393/2003 fin.

(2)  CdR 251/2008 fin.

(3)  Ex-Post-Evaluierung der Veranstaltung "Kulturhauptstadt Europas 2010" (Essen für das Ruhrgebiet, Pécs, Istanbul), COM(2011) 921 final.

(4)  CdR 172/2007 fin.

(5)  CdR 393/2003 fin.

(6)  CdR 172/2007 fin.

(7)  Ex-Post-Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas 2010“ (Essen für das Ruhrgebiet, Pécs, Istanbul), COM(2011) 921 final.

(8)  CdR 251/2005 fin.


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/22


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Überprüfung der EVTZ-Verordnung“

2012/C 113/06

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt die Tatsache, dass sich der Vorschlag der Europäischen Kommission in die Philosophie der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 einfügt und dazu beiträgt, Verbesserungen für die Gründung und die Tätigkeit der Europäischen Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) herbeizuführen;

fordert, die Kriterien für die Genehmigung der Übereinkunft bzw. die Ablehnung des Antrags auf Gründung eines EVTZ klar darzulegen;

möchte die Rolle des AdR, der bereits mit der Führung des EVTZ-Registers und der Betreuung der EVTZ-Plattform beauftragt ist, durch die Angaben im "EVTZ-Formular" und die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union stärken;

macht die Europäische Kommission darauf aufmerksam, dass es sehr kompliziert – wenn nicht gar unmöglich – ist, in der Übereinkunft vorab alle für die Tätigkeiten des EVTZ geltenden europäischen, innerstaatlichen und regionalen Rechtsvorschriften aufzulisten;

schlägt vor, dass die bereits bestehenden EVTZ die Bestimmungen der neuen Verordnung für sich geltend machen können, die günstiger ausfallen als die Bestimmungen der derzeit geltenden Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 über den EVTZ;

fordert nachdrücklich, als Unternehmensform für die Teilnahme an EVTZ auch Unternehmen zuzulassen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind.

Berichterstatter

Michel DELEBARRE (FR/SPE), Bürgermeister von Dünkirchen

Referenzdokument

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) im Hinblick auf Präzisierungen, Vereinfachungen und Verbesserungen im Zusammenhang mit der Gründung und Verwaltung solcher Verbünde

COM(2011) 610 final – 2011/0272 (COD)

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt die Tatsache, dass sich der Vorschlag der Europäischen Kommission in die Philosophie der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 einfügt und dazu beiträgt, Verbesserungen für die Gründung und die Tätigkeit der Europäischen Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) herbeizuführen;

2.

begrüßt die Aufmerksamkeit, mit der die Kommission die Aufnahme der Errungenschaften des Vertrags von Lissabon und insbesondere des Zieles des territorialen Zusammenhalts verfolgt;

3.

begrüßt, dass die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag zahlreiche Empfehlungen aus früheren AdR-Stellungnahmen (1) aufgreift;

Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit - Bilanz

4.

stellt heraus, dass in knapp vier Jahren 25 EVTZ gegründet wurden, die über 550 lokale und regionale Gebietskörperschaften in 15 Mitgliedstaaten umfassen und das Leben von über 22 Mio. Menschen betreffen;

5.

stellt mit Befriedigung fest, dass bis 1. Oktober 2011 mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten die Gründung eines EVTZ genehmigt hatte (Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Ungarn und Zypern);

6.

weist darauf hin, dass sich derzeit Dutzende EVTZ in der Phase der Planung bzw. Prüfung durch die Mitgliedstaaten befinden;

7.

vertritt die Ansicht, dass das Instrument EVTZ auf freiwilliger Basis genutzt werden sollte: nur jene Gebiete oder Netze, denen die Gründung eines EVTZ einen entscheidenden Vorteil bringt, sollten dieses Instrument nutzen, um ihre Zusammenarbeit auf eine langfristige und institutionelle Grundlage zu stellen;

8.

ist der Auffassung, dass die Aktionen der territorialen Zusammenarbeit in Europa stets auf der Grundlage der politischen, fachlichen und administrativen Abstimmung zwischen den einzelnen Projektpartnern und unter Federführung eines Partners umgesetzt werden sollten;

9.

fordert die Europäische Kommission auf, den EVTZ stärker als vorrangiges Instrument für die Umsetzung der Politik der territorialen Zusammenarbeit in Europa zu berücksichtigen und ihn besser in die Legislativmaßnahmen zur Kohäsionspolitik 2014-2020 einzubetten;

10.

hebt die Vielfalt der Partnerschaften, Aufgaben und Tätigkeitsgebiete der verschiedenen existierenden und in Gründung begriffenen EVTZ hervor, die das große Potenzial und die Flexibilität dieses Instruments in der Zusammenarbeit unter Beweis stellt;

11.

ist der Auffassung, dass ein Vorteil der Nutzung eines EVTZ für Multilevel-Governance-Projekte darin liegen kann, dass es die Möglichkeit der Einbindung sämtlicher beteiligten Akteure in die Governance eines grenzübergreifende Gebiets oder einer Euroregion bietet;

12.

verweist nachdrücklich auf den multifunktionalen Charakter des Instruments EVTZ und auf sein Potenzial, Infrastrukturen und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zum Nutzen der europäischen Bürger in sich auf mehrere Mitgliedstaaten erstreckenden Gebieten zu verwalten;

13.

bedauert, dass der EVTZ in den sektorspezifischen Politikbereichen der EU - abgesehen von der Kohäsionspolitik - bislang kaum Erwähnung findet; stellt zudem das Potenzial heraus, dass der EVTZ für die Beteiligung an Initiativen und Ausschreibungen sowie für die konkrete Gestaltung von EU-Programmen hat, und betont, dass der Verbund als Teilnehmer an diesen Initiativen und Ausschreibungen zugelassen werden muss;

14.

stellt fest, dass der EVTZ in der europäischen und den nationalen Rechtsordnungen nur schwach verankert ist;

15.

hat eine Liste von 79 Behörden erstellt, die von den 27 Mitgliedstaaten als für die Entgegennahme und Prüfung von Anträgen auf Gründung eines EVTZ zuständige Behörden benannt wurden;

16.

stellt fest, dass diese zuständigen Behörden auf Fragen der Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 unterschiedliche Antworten geben können, so zum Beispiel bei rechtlichen Fragen betreffend das Personal der EVTZ oder EVTZ von Partnern mit beschränkter Haftung;

17.

schließt sich den im Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 über den EVTZ enthaltenen Schlussfolgerungen an;

18.

ist sich bewusst, dass der Verordnungsvorschlag dazu beitragen soll, den EVTZ zu einem attraktiveren und wirksameren Instrument für die Durchführung von Aktionen der territorialen Zusammenarbeit zu machen, gleichzeitig die rechtlichen und finanziellen Risiken für die künftigen Mitglieder, Beschäftigten und Auftragnehmer des EVTZ zu begrenzen und im Hinblick auf die Wahl der für den EVTZ geltenden rechtlichen Regelungen neutral zu bleiben;

19.

hält es für notwendig, die Arbeiten der EVTZ-Plattform des Ausschusses der Regionen (2) fortzuführen (siehe www.cor.europa.eu/egtc), um eine Flankierung der EVTZ und den Austausch über bewährte Verfahrensweisen und gemeinsame Herausforderungen für die bestehenden und künftigen EVTZ zu ermöglichen, und den Einsatz von EVTZ in den sektorspezifischen Politikbereichen der EU zu verstärken; regt an, dass die EVTZ-Plattform ab 2014 eine ähnliche Rolle spielen könnte wie das von der Kommission initiierte Stadtentwicklungsforum, das in dem Vorschlag für eine Verordnung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung angeregt wurde;

20.

möchte diese Arbeiten gern in die Kooperationsvereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und dem Ausschuss der Regionen aufnehmen;

21.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass diese spezifische Einzelverordnung ohne besondere Auswirkungen für den EU-Haushalt umgehend angenommen werden sollte, ohne erst die Annahme des gesamten Pakets von Rechtsvorschriften zur Kohäsionspolitik nach 2013 abzuwarten. Dadurch könnte die Verordnung alsbald in Kraft treten, was der Gründung neuer EVTZ-Projekte in einem sicheren Rechtsrahmen neue Impulse verleihen würde;

Analyse des Vorschlags für eine Verordnung

22.

schließt sich der den Kommissionsvorschlägen innewohnenden Philosophie an, eine Anpassung der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr.1082/2006 an die Praxis der existierenden EVTZ und eine Verbesserung ihrer Arbeitsweise zu ermöglichen;

23.

betont, dass diese Vorschläge die Rechtsgrundlage der EVTZ im Gemeinschaftsrecht stärken, da sie europaweit einheitliche Lösungen beinhalten;

24.

begrüßt, dass der Gegenstand des EVTZ und seiner Partnerschaft erweitert und insbesondere auf öffentliche Unternehmen im Sinne der Richtlinie Nr. 2004/17/EG ausgedehnt wurde;

25.

schlägt in diesem Zusammenhang vor, auch mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraute Unternehmen, wie sie in dem Beschluss (3) über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (4) definiert werden, als Unternehmensform für die Teilnahme an EVTZ zuzulassen;

26.

unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission, das Verfahren zur Gründung von EVTZ dadurch zu vereinfachen, dass die Entscheidung über die Genehmigung eines EVTZ lediglich auf der Grundlage der jeweiligen Übereinkunft getroffen wird und innerhalb einer Frist von sechs Monaten ergehen muss;

27.

vertritt die Ansicht, dass die Flexibilisierung der Vorschrift, wonach die Aufgaben des EVTZ den Kompetenzen seiner Mitglieder entsprechen müssen, zur Herausbildung neuer Formen der Multilevel-Governance beitragen wird;

28.

schlägt in diesem Zusammenhang vor, die Kriterien für die Genehmigung der Übereinkunft bzw. die Ablehnung des Antrags auf Gründung eines EVTZ klar darzulegen;

29.

betont, dass der EVTZ für seine Mitglieder Aufgaben ausführt, jedoch nicht deren Befugnisse ausübt. Der EVTZ ist kein Instrument zur Zusammenfassung der Befugnisse seiner Mitglieder, sondern zur Zusammenführung von Vorhaben oder Programmen der Zusammenarbeit;

30.

begrüßt, dass der Verordnungsvorschlag Bestimmungen zu den nationalen Regelungen enthält, die auf die Verträge der Mitarbeiter eines EVTZ anzuwenden sind, und damit eine selbstständige höherrangige Rechtsvorschrift bildet, die Vorrang vor den verschiedenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in diesem Bereich hat;

31.

begrüßt die Aufnahme von besonderen Bestimmungen zu den Außengrenzen der EU und zur Einbeziehung der überseeischen Hoheitsgebiete in EVTZ-Partnerschaften;

32.

unterstützt die Möglichkeit zur Einrichtung bilateraler EVTZ, deren Mitglieder aus nur einem Mitgliedstaat sowie aus einem einzigen Drittland bzw. überseeischen Hoheitsgebiet kommen;

33.

hält es im Hinblick auf die vollständige Umsetzung dieser Bestimmung für erforderlich, dass die Einrichtung dieser Art von EVTZ nicht dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, sondern nach objektiven Kriterien in der Verordnung definiert wird;

34.

sieht es als Fortschritt an, dass die Informationen über neue EVTZ auf der Grundlage des im Anhang zum Verordnungsvorschlag enthaltenen Formulars nunmehr in der Reihe C des Amtsblatt der Europäischen Union (Mitteilungen und Bekanntmachungen) und nicht mehr in der Reihe S (Ausschreibungen) veröffentlicht werden sollen;

35.

merkt jedoch an, dass die EVTZ diese Veröffentlichung nicht direkt beantragen können;

36.

regt daher an, dass die Veröffentlichung nicht wie im Verordnungsvorschlag vorgeschlagen durch die Europäische Kommission, sondern durch den Ausschuss der Regionen sichergestellt wird, der ja mit der Führung des EVTZ-Registers und der Betreuung der EVTZ-Plattform beauftragt ist;

37.

vertritt ebenso wie die Europäische Kommission die Ansicht, dass Bestimmungen vorgesehen werden sollten, nach denen ein EVTZ die Tarife und Gebühren festlegen kann, die für die Nutzung einer von ihm verwalteten Infrastruktur zu zahlen sind;

38.

ist der Auffassung, dass diese Bestimmungen auf die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ausgedehnt werden sollten, die die EVTZ gegebenenfalls erbringen oder verwalten;

39.

strebt eine gemeinsame juristische Lösung für alle EVTZ an, die sich an der gleichen Grenze oder im gleichen grenzüberschreitenden Kooperationsraum befinden und miteinander eine Kooperationsvereinbarung für die Umsetzung eines gemeinsamen Projekts abschließen wollen;

40.

vertritt die Auffassung, dass die EVTZ ebenfalls in der Lage sein sollten, Kooperationsvereinbarungen mit juristischen Personen zu schließen, die punktuell im Rahmen eines Projekts zusammenarbeiten wollen, ohne sich gleich an dem Verbund und all seinen Aufgaben voll zu beteiligen;

41.

macht die Europäische Kommission darauf aufmerksam, dass es sehr kompliziert - wenn nicht gar unmöglich - ist, in der Übereinkunft vorab alle für die Tätigkeiten des EVTZ geltenden europäischen, innerstaatlichen und regionalen Rechtsvorschriften aufzulisten;

42.

schließt sich den Vorschlägen der Europäischen Kommission hinsichtlich der Klärung der Bestimmungen zur Haftung des EVTZ und insbesondere zur Einführung einer Versicherungsregelung an;

43.

weist jedoch darauf hin, dass es die "beschränkte Haftung" als Begriff, der sich von der Unternehmensrechtsform mit beschränkter Haftung ableitet, nur in einigen wenigen EU-Mitgliedsstaaten gibt;

44.

ist der Auffassung, dass lediglich die potentiellen Gläubiger eines EVTZ ein Interesse daran haben, vorab das Ausmaß der finanziellen Verpflichtungen der Mitglieder des EVTZ zu kennen;

45.

schlägt vor, dass die bereits bestehenden EVTZ die Bestimmungen der neuen Verordnung für sich geltend machen können, die günstiger ausfallen als die Bestimmungen der derzeit geltenden Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 über den EVTZ;

46.

fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ein unverbindliches Muster für die Übereinkunft und Satzung vorzuschlagen und in den Anhang zur Verordnung aufzunehmen, um so das Genehmigungsverfahren zur Gründung eines EVTZ zu erleichtern und zu beschleunigen;

II.   ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE

Änderungsvorschlag 1

Artikel 1 Absatz 3

Buchstabe (f) hinzufügen

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

 

 (5);

Begründung

Siehe Ziffer 24 dieser Stellungnahme.

Änderungsvorschlag 2

Artikel 1 Absatz 4

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

2.   Ein EVTZ kann aus Mitgliedern aus dem Hoheitsgebiet nur eines Mitgliedstaats und eines Drittlands bzw. überseeischen Hoheitsgebiets bestehen, wenn dieser Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass ein solcher EVTZ den Zielen seiner territorialen Zusammenarbeit oder seinen bilateralen Beziehungen mit dem Drittland bzw. dem überseeischen Hoheitsgebiet entspricht.

2.   Ein EVTZ kann aus Mitgliedern aus dem Hoheitsgebiet nur eines Mitgliedstaats und eines Drittlands bzw. überseeischen Hoheitsgebiets bestehen, wenn den Zielen

territorialen Zusammenarbeit

oder

oder bilateralen Beziehungen mit dem Drittland bzw. dem überseeischen Hoheitsgebiet .

Begründung

Die Kriterien für die Genehmigung oder Ablehnung eines Antrags auf Gründung eines EVTZ, der aus Mitgliedern aus nur einem Mitgliedstaat und nur einem Drittland bzw. überseeischen Hoheitsgebiet besteht, müssen objektiv sein und einem der drei im Änderungsvorschlag genannten Fälle entsprechen. Die Gründung dieser Art von EVTZ darf nicht dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden.

Änderungsvorschlag 3

Artikel 1 Absatz 5 Buchstabe (a)

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

3.   Nach der gemäß Absatz 2 abgegebenen Mitteilung eines potenziellen Mitglieds genehmigt der betreffende Mitgliedstaat entsprechend seiner verfassungsmäßigen Struktur die Übereinkunft und die Teilnahme des potenziellen Mitglieds an dem EVTZ, es sei denn, dass die Teilnahme seines Erachtens im Widerspruch zu dieser Verordnung, sonstigen EU-Rechtsvorschriften für die Tätigkeiten des EVTZ oder innerstaatlichen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Kompetenzen des potenziellen Mitglieds steht oder dass die Teilnahme aus Gründen des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung dieses Mitgliedstaats nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall gibt der Mitgliedstaat die Gründe für die Versagung der Zustimmung an oder schlägt Änderungen an der Übereinkunft vor, die für eine Teilnahme des potenziellen Mitglieds erforderlich sind.

3.   Nach der gemäß Absatz 2 abgegebenen Mitteilung eines potenziellen Mitglieds genehmigt betreffende Mitgliedstaat entsprechend er verfassungsmäßigen Struktur die Übereinkunft und die Teilnahme des potenziellen Mitglieds an dem EVTZ, es sei denn, dass die Teilnahme Erachtens:

im Widerspruch zu dieser Verordnung, sonstigen EU-Rechtsvorschriften für die Tätigkeiten des EVTZ oder

innerstaatlichen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Kompetenzen des potenziellen Mitglieds steht oder

aus Gründen der öffentlichen Ordnung dieses Mitgliedstaats nicht gerechtfertigt ist.

In diesem Fall gibt Mitgliedstaat die Gründe für die Versagung der Zustimmung an oder schlägt Änderungen an der Übereinkunft vor, die für eine Teilnahme des potenziellen Mitglieds erforderlich sind.

Begründung

Die Mitteilung erfolgt durch eine der 79 zuständigen Behörden in der EU, die von den 27 Mitgliedstaaten benannt wurden und in der Verordnung aufgeführt sein müssen.

Gemäß dem Verordnungsvorschlag reicht die Kompetenz eines Mitglieds pro Mitgliedstaat um die Mitgliedschaft sämtlicher Mitglieder aus dem gleichen Mitgliedstaat zu rechtfertigen (Artikel 7 Absatz 2). Die Bestimmungen von Artikel 4 Absatz 3, wonach die Übereinstimmung der Kompetenzen der Mitglieder mit dem Gegenstand bzw. Zweck des EVTZ zu prüfen ist, müssen mit Artikel 7 Absatz 2 in Einklang gebracht werden.

Die Versagung der Teilnahme an einem EVTZ aufgrund des fehlenden allgemeinen Interesses überschneidet sich mit der Prüfung, dass die Teilnahme des Mitglieds nicht in Widerspruch zu den Bestimmungen der Verordnung steht, insoweit in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung der Tätigkeitsbereich des EVTZ bereits definiert wird.

Änderungsvorschlag 4

Artikel 1 Absatz 6

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Artikel 5 erhält folgende Fassung:

"Artikel 5

Erwerb der Rechtspersönlichkeit und Veröffentlichung im Amtsblatt

1.   Die Übereinkunft und die Satzung sowie jede spätere Änderung wird gemäß den maßgeblichen nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der EVTZ seinen Sitz hat, registriert und/ oder veröffentlicht. Der EVTZ erwirbt Rechtspersönlichkeit am Tag dieser Registrierung oder Veröffentlichung, je nachdem, was zuerst eintritt. Die Mitglieder unterrichten die betroffenen Mitgliedstaaten, die Kommission und den Ausschuss der Regionen über die Registrierung oder die Veröffentlichung der Übereinkunft.

2.   Der EVTZ stellt sicher, dass bei der Kommission innerhalb von zehn Werktagen ab der Registrierung oder der Veröffentlichung der Übereinkunft ein Antrag nach dem Muster im Anhang zu dieser Verordnung eingeht. Anschließend übermittelt die Kommission diesen Antrag an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union mit der Bitte um Veröffentlichung einer Bekanntmachung über die Gründung des EVTZ im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, unter Angabe der im Anhang zu dieser Verordnung aufgeführten Details."

Artikel 5 erhält folgende Fassung:

"Artikel 5

Erwerb der Rechtspersönlichkeit und Veröffentlichung im Amtsblatt

1.   Die Übereinkunft und die Satzung sowie jede spätere Änderung wird gemäß den maßgeblichen nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der EVTZ seinen Sitz hat, registriert und/ oder veröffentlicht . Der EVTZ erwirbt Rechtspersönlichkeit am Tag dieser Registrierung oder Veröffentlichung , je nachdem, was zuerst eintritt. Die Mitglieder unterrichten die betroffenen Mitgliedstaaten, und den Ausschuss der Regionen über die Registrierung oder die Veröffentlichung der Übereinkunft.

2.   Der EVTZ stellt sicher, dass bei innerhalb von zehn Werktagen ab der Registrierung oder der Veröffentlichung der Übereinkunft ein Antrag nach dem Muster im Anhang zu dieser Verordnung eingeht. Anschließend übermittelt diesen Antrag an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union mit der Bitte um Veröffentlichung einer Bekanntmachung über die Gründung des EVTZ im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, unter Angabe der im Anhang zu dieser Verordnung aufgeführten Details."

Begründung

Der Ausschuss der Regionen ist mit der Führung des EVTZ-Registers und der Betreuung der EVTZ-Plattform beauftragt und deshalb dazu berufen, die Veröffentlichung der Übereinkunft in der Reihe C des Amtsblattes (die die EVTZ selbst nicht beantragen können) sicherzustellen.

Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen dem Ausschuss der Regionen und der Europäischen Kommission müssen im Rahmen der Kooperationsvereinbarung zwischen den beiden Institutionen erfolgen.

Eine Veröffentlichung der Übereinkunft und der Satzung lediglich in dem Mitgliedstaat, in dem der EVTZ seinen Sitz hat, wäre eine zudem Diskriminierung und widerspräche dem Transparenzerfordernis und dem Recht der Bürger auf Information.

Änderungsvorschlag 5

Artikel 1 Absatz 8 Buchstabe (b)

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

(b)

In Absatz 4 wird folgender Unterabsatz angefügt:

"Die in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a genannte Versammlung des EVTZ kann jedoch die Bedingungen für die Verwendung einer von dem EVTZ verwalteten Infrastruktur bestimmen, einschließlich der von den Nutzern zu zahlenden Tarife und Gebühren."

(b)

In Absatz 4 wird folgender Unterabsatz angefügt:

"Die in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a genannte Versammlung des EVTZ kann jedoch die Bedingungen für die Verwendung einer von dem EVTZ verwalteten Infrastruktur bestimmen, einschließlich der von den Nutzern zu zahlenden Tarife und Gebühren."

Begründung

Den EVTZ muss die Möglichkeit gegeben werden, die Tarife und Gebühren für die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse festzulegen, die sie ohne Verwaltung einer entsprechenden Infrastruktur erbringen.

Änderungsvorschlag 6

Artikel 1 Absatz 8

Buchstabe (c) hinzufügen

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

 

(c)

Begründung

Jeder EVTZ muss eine europäische Rechtsgrundlage in Anspruch nehmen können, um zwecks Durchführung gemeinsamer Kooperationsvorhaben Partnerschaften mit anderen EVTZ oder anderen juristischen Person zu bilden.

Änderungsvorschlag 7

Artikel 1 Absatz 9 Buchstabe (h)

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

(h)

die spezifischen EU-Rechtsvorschriften oder innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die auf seine Tätigkeiten anzuwenden sind; bei letzteren kann es sich um Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats handeln, in dem die Satzungsorgane ihre Befugnisse ausüben oder in dem der EVTZ tätig ist,

,

Begründung

Es ist praktisch unmöglich, vorab alle europäischen, innerstaatlichen und regionalen Rechtsvorschriften aufzulisten, die für den EVTZ bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und in seinem gesamten Tätigkeitsbereich gelten.

Änderungsvorschlag 8

Artikel 1 Absatz 12 Buchstabe (b) 2a

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

2a   Ist die Haftung mindestens eines Mitglieds eines EVTZ nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts, dessen Recht dieses Mitglied unterliegt, beschränkt oder ausgeschlossen, so können die anderen Mitglieder ihre Haftung ebenfalls in der Übereinkunft beschränken.

In die Bezeichnung eines EVTZ, dessen Mitglieder beschränkt haften, wird der Zusatz "mit beschränkter Haftung" aufgenommen.

Die Publizitätsanforderungen in Bezug auf die Übereinkunft, die Satzung und die Rechnungslegung eines EVTZ, dessen Mitglieder beschränkt haften, müssen mindestens den Anforderungen entsprechen, die für andere juristische Personen vorgeschrieben sind, deren Mitglieder beschränkt haften und die dem Recht des Mitgliedstaats unterliegen, in dem der EVTZ seinen Sitz hat.

Im Falle eines EVTZ, dessen Mitglieder beschränkt haften, können die Mitgliedstaaten verlangen, dass der EVTZ eine geeignete Versicherung zur Abdeckung der Risiken abschließt, die mit den Tätigkeiten des EVTZ einhergehen."

2a   Ist die Haftung mindestens eines Mitglieds eines EVTZ nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts, dessen Recht dieses Mitglied unterliegt, beschränkt oder ausgeschlossen, so können die anderen Mitglieder ihre Haftung ebenfalls in der Übereinkunft beschränken.

eines EVTZ, dessen Mitglieder beschränkt haften, .

Die Publizitätsanforderungen in Bezug auf die Übereinkunft, die Satzung und die Rechnungslegung eines EVTZ, dessen Mitglieder beschränkt haften, müssen mindestens den Anforderungen entsprechen, die für andere juristische Personen vorgeschrieben sind, deren Mitglieder beschränkt haften und die dem Recht des Mitgliedstaats unterliegen, in dem der EVTZ seinen Sitz hat.

Im Falle eines EVTZ, dessen Mitglieder beschränkt haften, können die Mitgliedstaaten verlangen, dass der EVTZ eine geeignete Versicherung zur Abdeckung der Risiken abschließt, die mit den Tätigkeiten des EVTZ einhergehen."

Begründung

Lediglich die potenziellen Gläubiger eines EVTZ haben ein Interesse, vorab das Ausmaß der finanziellen Verpflichtungen der Mitglieder des EVTZ zu kennen. Dem Zusatz "mit beschränkter Haftung" nach dem Namen des EVTZ allein sind das Ausmaß der finanziellen Verpflichtungen der Mitglieder und ggf. bestehende Versicherungsverträge des EVTZ nicht zu entnehmen.

Änderungsvorschlag 9

Artikel 1 (Absatz 14 a)

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

 

Begründung

Es wird die Aufnahme eines neuen Artikels in die EVTZ-Verordnung Nr. 1082/2006 vorgeschlagen (als Artikel 17 dieser Verordnung). Dieser Änderungsvorschlag steht im Einklang mit der in Ziffer 19 vorgeschlagenen Änderung.

Änderungsvorschlag 10

Artikel 2

Nach Absatz 1 einen neuen Absatz hinzufügen

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

 

   

Begründung

Bereits bestehende EVTZ müssen die Bestimmungen der neuen Verordnung für sich geltend machen können, die günstiger ausfallen als die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006.

Änderungsvorschlag 11

ANHANG

Die vorgeschlagenen Änderungen am Wortlaut des Kommissionsvorschlags sind farbig unterlegt.

Änderungsvorschlag

ANHANG

Muster für zu übermittelnde Informationen nach Artikel 5 Absatz 2

GRÜNDUNG EINES EUROPÄISCHEN VERBUNDS FÜR TERRITORIALE ZUSAMMENARBEIT (EVTZ)

Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006

(ABl. L 210 vom 31.7.2006, S. 219)

In die Bezeichnung eines EVTZ, dessen Mitglieder beschränkt haften, wird der Zusatz "mit beschränkter Haftung" aufgenommen (Artikel 12 Absatz 2).

Das Sternchen* kennzeichnet ein Pflichtfeld.

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Brüssel, den 15. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 308/2007 fin und CdR 100/2010 fin.

(2)  127. Präsidiumssitzung des Ausschusses der Regionen, 26. Januar 2011, Punkt 6, Ref.: CdR 397/2010.

(3)  C(2011) 9380 final, angenommen am 20. Dezember 2011

(4)  Dieser Artikel bezieht sich auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind.

(5)  COM(2011) 146 final.


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/34


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Kinderarmut“

2012/C 113/07

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

bekräftigt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung von Kinderarmut und Ausbeutung in vorderster Reihe stehen, und betont ihre zentrale Verantwortung bei der Vermeidung von Marginalisierung und sozialer Ausgrenzung; stimmt zu, dass Kinderarmut ein vielschichtiges Phänomen ist, das ein umfassendes Konzept erfordert, und schlägt vor, dass Verbesserungen in einigen wenigen Schlüsselbereichen, wie zum Beispiel die Einführung eines Mindesteinkommens und die Festlegung von Qualitätsstandards, wesentliche Elemente zur Bekämpfung der Kinderarmut sein können;

unterstreicht die Bedeutung bezahlter Arbeit, hält jedoch auch fest, dass eine Anstellung alleine noch keinen Ausweg aus der Armut garantiert und es weiterer Bemühungen zur Bekämpfung von Erwerbsarmut bedarf;

betont, dass alle Mitgliedstaaten anerkennen sollten, dass Armut und soziale Ausgrenzung von Kindern zu den Haupthindernissen gehören, die zu überwinden sind, wenn sie ihre Europa-2020-Ziele in Bezug auf Beschäftigungsquote, Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Energie und nachhaltige Entwicklung erreichen wollen;

ist besorgt, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise und die Reaktionen einiger Mitgliedstaaten zu mehr absoluter Armut und mehr Armut trotz Erwerbstätigkeit sowie zu mehr Jugendarbeitslosigkeit führen könnten.

Berichterstatterin

Doreen HUDDART (UK/ALDE), Mitglied des Stadtrates von Newcastle

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Einleitung

1.

unterstützt die Absicht der Kommission, 2012 eine Empfehlung zur Bekämpfung der Kinderarmut und Förderung des Wohlergehens des Kindes zu veröffentlichen, und nutzt diese Gelegenheit, mit der vorliegenden Prospektivstellungnahme den Zielen der Europäischen Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung dienlich sein zu können; billigt die drei in der Empfehlung genannten Politikbereiche: Angemessene Mittel; Zugang zu Dienstleistungen; und Aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen; stellt fest, dass sich die Staats- und Regierungschefs der EU zwar nachdrücklich dafür ausgesprochen haben, die Kinderarmut zu einer Priorität zu machen, dies aber nicht immer zu entsprechenden Mitteln, Maßnahmen, Zielsetzungen und Kontrollen in allen EU-Mitgliedstaaten geführt hat;

2.

bekräftigt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bekämpfung von Kinderarmut und Ausbeutung in vorderster Reihe stehen, und betont ihre zentrale Verantwortung bei der Vermeidung von Marginalisierung und sozialer Ausgrenzung; stimmt zu, dass Kinderarmut ein vielschichtiges Phänomen ist, das ein umfassendes Konzept erfordert, und schlägt vor, dass Verbesserungen in einigen wenigen Schlüsselbereichen, wie zum Beispiel die Einführung eines Mindesteinkommens und die Festlegung von Qualitätsstandards, wesentliche Elemente zur Bekämpfung der Kinderarmut sein können;

3.

macht darauf aufmerksam, dass Kinderarmut kein Randphänomenen oder Restproblem ist, das dank eines wirtschaftlichen Aufschwungs verschwinden würde (1); das Wirtschaftswachstum in den Jahren 2000-2008 hatte keinen wesentlichen Einfluss auf die Quote der Kinderarmut; stellt fest, dass Kinderarmut vor der Wirtschaftskrise ein Schandfleck für die Gesellschaft in der EU war, und hat Sorge, dass die Reaktionen einiger Mitgliedstaaten auf die Krise die Kinderarmut unbeabsichtigt verstärken könnten; erkennt an, dass es bestimmte Gruppen von Kindern gibt, die stark von großer oder äußerster Armut bedroht werden, weist aber darauf hin, dass Kinder eine eigene Gruppe innerhalb der Gesellschaft bilden, deren Armutsrisiko häufig über dem der Allgemeinbevölkerung liegt;

4.

weist auf die folgende Definition von Armut hin:

"Individuen, Familien und Gruppen in einer Bevölkerung können als arm bezeichnet werden, wenn ihnen die Mittel fehlen, in Hinsicht auf Ernährung, gesellschaftliche Aktivitäten, Lebensverhältnisse, Einkaufs- und Unterhaltungsmöglichkeiten so zu leben, wie dies in der Gesellschaft, der sie zugehören, üblich ist oder zumindest allgemein gefördert oder gebilligt wird. Ihre Mittel liegen so deutlich unter dem Durchschnitt, dass sie praktisch von normalen Lebensmustern, Gewohnheiten und Aktivitäten ausgeschlossen sind" (2);

5.

stellt fest, dass die in den Mitgliedstaaten und der EU am häufigsten angewandte Messlatte von Armut "weniger als 60% des mittleren Haushaltseinkommens" lautet, ist aber der Ansicht, dass eine Reihe von Indikatoren zur Messung der absoluten Armut herangezogen werden muss und dass Aspekte wie soziale Inklusion, Zugang zu Dienstleistungen, Bildungsstand und Lebenserwartung bei der Geburt miteinzubeziehen sind, wie es der Index der menschlichen Entwicklung vorgibt (3); begrüßt die größere Beachtung von Armut und sozialer Ausgrenzung in der Europa-2020-Strategie und teilt die Ansicht, dass die soziale Dimension im Mittelpunkt dieser Strategie stehen sollte, und weist darauf hin, dass 20 Mio. Kinder in der EU von Armut bedroht sind;

6.

betont, dass Armut verheerende Folgen für Kinder, ihre Kindheitserfahrungen und ihre Chancen im künftigen Leben haben kann; begrüßt die Hinweise auf Maßnahmen gegen Kinderarmut als Priorität der Leitinitiative der Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung; bedauert jedoch das begrenzte Engagement in dieser Hinsicht und das Fehlen eines die Kinderarmut betreffenden konkreten Ziels in dieser Initiative;

7.

begrüßt die angekündigte Veröffentlichung einer Empfehlung und einer Mitteilung zu Kinderarmut und Wohlergehen des Kindes im Juni 2012; unterstützt den vorgeschlagenen Rahmen für die Empfehlung zu Kinderarmut und Wohlergehen; erkennt in diesem Zusammenhang an, wie wichtig die Einbeziehung von Kindern ist, die selber in Armut leben, und begrüßt die Aufnahme der aktiven Teilhabe in diesem Rahmen; schlägt gleichzeitig vor, in der Empfehlung und der Mitteilung die Bedeutung humanitärer Organisationen wie UNICEF und die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Erbringung von Dienstleistungen zum Schutz von Kindern vor Armut und vor der damit einhergehenden materiellen Not herauszustellen;

8.

stellt fest, dass die Schutzbedürftigsten in unserer Gesellschaft am stärksten von der gegenwärtigen Finanzkrise betroffen sind und alles darauf hindeutet, dass Kinder und besonders junge Menschen unverhältnismäßig stark betroffen sind (4); macht darauf aufmerksam, dass Kinder schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen, wie etwa Straßenkinder, Kinder Alleinerziehender sowie Kinder aus kinderreichen Familien, Familien mit Migrationshintergrund oder Familien ethnischer Minderheiten, z.B. der Roma, noch stärker von Marginalisierung, Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind; unterstreicht, dass die Globalisierung und die engere Zusammenarbeit zwischen den Ländern zwar deutliche Vorteile für das persönliche Leben schaffen können, diese jedoch oft ungleich verteilt sind; es sollten Anstrengungen unternommen werden, damit niemandem diese Vorteile vollständig vorenthalten bleiben;

9.

stellt fest, dass der klare politische Schwerpunkt auf Kinderarmut in der EU in den letzten Jahren und die unterstützenden politischen Äußerungen der Staats- und Regierungschefs der EU nicht zu einer deutlichen Verminderung der Kinderarmut geführt haben; betont, dass sich die politische Unterstützung für die Bekämpfung dieses Problems in entsprechenden Mitteln, Maßnahmen und Zielsetzungen in allen EU-Mitgliedstaaten niederschlagen muss;

10.

unterstreicht die Bedeutung bezahlter Arbeit, hält jedoch auch fest, dass eine Anstellung alleine noch keinen Ausweg aus der Armut garantiert und es weiterer Bemühungen zur Bekämpfung von Erwerbsarmut bedarf (5);

11.

betont, dass alle Mitgliedstaaten anerkennen sollten, dass Armut und soziale Ausgrenzung von Kindern zu den Haupthindernissen gehören, die zu überwinden sind, wenn sie ihre Europa-2020-Ziele in Bezug auf Beschäftigungsquote, Investitionen in Forschung, Entwicklung, Energie und nachhaltige Entwicklung erreichen wollen;

12.

teilt die Ansicht, dass es in einer der reichsten Regionen der Welt im 21. Jahrhundert nicht hinnehmbar ist, dass 20 Millionen Kinder in Armut leben oder von Armut bedroht sind, und dass (6) Armut nicht nur eine Frage geringen Einkommens und des Verzichtenmüssens ist, sondern dass den Menschen zudem Mitsprache, Respekt, gute Gesundheitsversorgung, Bildung und Wohnraum vorenthalten und ihre grundlegende Selbstachtung und die Fähigkeit, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen, beschädigt werden;

13.

betont, dass auch die UN-Generalversammlung die besondere Form der Armut unter Kindern anerkennt. Die Vereinten Nationen unterstreichen zudem, dass Armut unter Kindern mehr als nur ein Mangel an Geld ist. Kinderarmut kann nur als Vorenthaltung einer Reihe von Rechten verstanden werden, die im UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes verankert sind, das jedem Kind das Recht auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard anerkennt (Artikel 27); Kinderarmut bedeutet in den meisten Fällen eine Verletzung der Rechte auf Überleben, Schutz, Entwicklung und Beteiligung im Sinne der Kinderrechtskonvention;

14.

betont, dass zahlreichen Untersuchungen zufolge eine wirksame Umverteilungspolitik zugunsten von Familien mit Kindern bei der Bekämpfung der Kinderarmut eine wichtige Rolle spielt. Soziale Transferleistungen verringern Kinderarmut um nicht weniger als 44 % in der gesamten EU;

Die Politik der Union

15.

betont, wie wichtig ein stärkeres Verständnis der Kostenvorteile von Investitionen in die Bekämpfung von Kinderarmut (7), Ausbeutung, sozialer Ausgrenzung und allgemeiner sozialer Ungleichheiten ist; bekräftigt die allgemein gesellschaftlichen Vorteile einer größeren Chancengleichheit und von weniger Marginalisierung, Ausgrenzung und Armut innerhalb der Gesellschaft und betont den finanziellen und wirtschaftlichen sowie sozialen Nutzen frühzeitiger Investitionen in Kinder und Familien (8);

16.

unterstützt die Schlussfolgerungen des Rates zur Bekämpfung der Kinderarmut und Förderung des Wohlergehens des Kindes vom 17. Juni 2011, in denen dazu aufgerufen wird, die Bekämpfung der Kinderarmut als Priorität festzulegen; unterstützt auch die Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz vom 15. Februar 2011, in der gefordert wird, der Bekämpfung der Kinderarmut in allen relevanten Bereichen Vorrang einzuräumen;

17.

stimmt zu, dass es bereits umfassende Informationen über Kinderarmut in der EU gibt; zeigt sich besorgt darüber, dass die Quote der Kinderarmut in den Mitgliedstaaten zwischen 11 % und 33 % schwankt; und empfiehlt die Verwendung von Mitteln zur Auswertung, Bekanntmachung und Nutzung dieser Informationen sowie zum Austausch bewährter Verfahren in den Mitgliedstaaten;

18.

ist besorgt, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise und die Reaktionen einiger Mitgliedstaaten zu mehr absoluter Armut und mehr Armut trotz Erwerbstätigkeit sowie zu mehr Jugendarbeitslosigkeit führen könnten (9);

19.

unterstreicht die Bedeutung von Maßnahmen zur Durchbrechung des generationenübergreifenden Teufelskreises der Armut. Um dies zu erreichen, sind Querschnittsmaßnahmen erforderlich, einschließlich Bildungs- und Sozialmaßnahmen, die nicht nur auf die Sicherung der Beschäftigung der Eltern, sondern auch unmittelbar auf die Kinder abzielen;

20.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten zur stärkeren Anerkennung der Tatsache auf, dass Armut eine gemeinsame Aufgabe und eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft darstellt und somit nicht als Stigma oder als Scheitern armer bzw. sozial ausgegrenzter Menschen betrachtet werden darf;

21.

ruft die Kommission erneut dazu auf zu gewährleisten, dass Verbesserungen im Bereich des sozialen Wohnens durch die Strukturfonds gefördert werden können, um die Rolle des sozialen Wohnens in den Strategien der sozialen Inklusion zu stärken, und zu bekräftigen, dass die Gemeinwohlverpflichtungen im Bereich des sozialen Wohnens auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu definieren sind;

22.

teilt die Auffassung, dass es zur Verringerung und Verhinderung von Armut einer ganzheitlichen und integrierten Herangehensweise bedarf, die den Bedürfnissen der einzelnen Gruppen, insbesondere ihren besonderen Herausforderungen, Rechnung trägt;

Angemessene Mittel

23.

teilt die Ansicht, dass Einkommensarmut eines der offensichtlichsten Zeichen einer sozialen Verelendung ist, die sich auf Kinder anders als auf Erwachsene auswirkt (10); sie ist jedoch nur einer von vielen Faktoren der Kinderarmut, die es anzugehen gilt; stimmt zu, dass es ein mangelndes Verständnis in der Frage gibt, welche Mindestanforderungen im Hinblick auf die Achtung der Rechte der Kinder notwendig sind; bestärkt die EU und ihre Mitgliedstaaten darin, eine Bewertung der Möglichkeiten durchzuführen, wie das Problem in zentralen Bereichen wie Einkommenshilfen, Zugang zu Dienstleistungen und Teilhabe von Kindern angegangen werden kann;

24.

stellt fest, dass die Länder mit den höchsten Ausgaben im Sozialbereich häufig die niedrigsten Kinderarmutszahlen aufweisen; teilt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten als Ausdruck der Solidarität zwischen den Generationen, die den immanenten Wert der Kindheit anerkennt, und als Investition in Europas Zukunft ggf. eine Verbesserung der Situation beim Kindergeld in Erwägung ziehen sollten;

25.

begrüßt den Vorschlag zur Entwicklung eines Rahmens zur Gewährleistung eines angemessenen allgemeinen Mindesteinkommens für alle Kinder unter Berücksichtigung des gesamten Haushaltseinkommens - Eltern wie Kinder eingeschlossen;

26.

betont, dass – anstatt sich auf die Folgen der sozialen Ausgrenzung und Armut von Kindern zu konzentrieren – präventive öffentliche Maßnahmen für Investitionen in sinnvolle Kinderbetreuungsleistungen wichtig sind, mit denen die Erziehung von selbstständigen Menschen gefördert wird, die sich in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integrieren können:

27.

unterstreicht noch einmal die Bedeutung anderer Mittel als Transferleistungen; eine Berufstätigkeit der Eltern kann Kinder nur dann aus der Armut befreien, wenn der Lohn dazu ausreicht und wenn die jeweiligen Arbeitsrhythmen der Eltern damit in Einklang gebracht werden können; ersucht die Mitgliedstaaten, den Vorschlag gutzuheißen, eine Empfehlung für eine Regelung betreffend ein angemessenes Einkommen und die Sicherstellung menschenwürdiger Arbeit hinzuzufügen (11), und schlägt vor, Kündigungsschutzvorschriften in die Empfehlung aufzunehmen; betont aber, dass es Menschen gibt, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen und arbeitsunfähig sind, wobei dies durch Transferleistungen anerkannt werden muss;

28.

stellt fest, dass das allgemeine Kindergeld die wirksamste Form der Einkommensunterstützung für Familien mit Kindern ist und mit gezielten Beihilfen für die bedürftigsten Familien kombiniert werden sollte (12);

29.

fordert eine Klarstellung des Begriffes "angemessen" und ersucht die Mitgliedstaaten und die Kommission darum, EU-weite Standards zu vereinbaren oder sich auf ein methodisches Vorgehen zu einigen, wie die durch ein Kind verursachten Kosten und angemessene Mittel zur Verhütung und Bekämpfung der Kinderarmut zu bestimmen sind; empfiehlt, dass bei einer derartigen Bestimmung folgende Überlegung berücksichtigt werden sollte: angemessen für wen, angemessen für wie lange, angemessen für was, und wer sagt, was angemessen ist (13);

30.

unterstützt entschieden den Vorschlag, gegenüber den Mitgliedstaaten darauf zu drängen, dass sie bei einer Erhöhung der Auflagen bzw. Verhängung von Sanktionen im Sozialleistungssystem sorgsam darauf achten, dass Kinder nicht davon betroffen und auf diese Weise notwendiger Mittel beraubt werden; weist darauf hin, dass ein solches Vorgehen oft zur Stigmatisierung bedürftiger Familien und Kinder beiträgt und den Eindruck verstärkt, dass Armut durch persönliche Schwächen oder Fehler hervorgerufen wird; stellt fest, dass die Wirtschaftskrise in vielen Mitgliedstaaten zu einem erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit, stagnierenden Haushaltseinkommen und zunehmenden Lebenshaltungskosten geführt hat; hebt die wichtige Rolle hervor, die Beratungsdienste im Hinblick auf die Maximierung des Haushaltseinkommens spielen können, und gibt zu bedenken, dass diese Dienste in einigen Mitgliedstaaten möglicherweise gefährdet sind;

31.

teilt die Auffassung, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben von entscheidender Bedeutung für das Wohl der Kinder und der Gesellschaft ist, da sowohl Einkommensarmut als auch "Zeitarmut" die Entwicklung von Kindern nachteilig beeinflussen können; stimmt zu, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Arbeit zu ungünstigen Zeiten und Niedriglohnarbeit bei Eltern schädliche Auswirkungen sowohl auf das Privatleben der Erwachsenen als auch die Entwicklung der Kinder haben können (14);

Zugang zu Dienstleistungen

32.

begrüßt, dass ein Schwerpunkt darauf gelegt wird, dass allen Kindern in einer zentralen Phase ihrer Entwicklung Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen gewährleistet wird, und stellt fest, dass Gesundheit, Bildung, Erziehungs- und Familienförderung, Wohnraum und Schutz Schlüsseldienstleistungen sind, die meistens von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erbracht werden;

33.

erkennt die Bedeutung der Erziehung und Betreuung von Kleinkindern sowie der Qualität entsprechender Dienstleistungen an; betont, dass es sich in erheblichem Maße positiv auf die Kindesentwicklung auswirken kann, wenn die gesamte Kindheit und Pubertät hindurch wirksam und frühzeitig interveniert und gefördert wird (vor allem in kritischen Momenten  (15)); stellt fest, dass bestimmte Dienste der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften wie Kindergärten, Schulen, Bibliotheken und Einrichtungen für außerschulische Betreuung von entscheidender Bedeutung für das Wohlergehen der Kinder sind, in vielen Mitgliedstaaten aber durch die Sparprogramme gefährdet sind (16);

34.

befürwortet den Vorschlag, die Rolle der Bildung bei der Vermeidung und Überwindung des Armutszyklus zu stärken, indem alle finanziellen Hindernisse im Bereich der Bildung beseitigt werden, Chancengleichheit garantiert und notwendige zusätzliche Unterstützung gewährt wird, um mögliche Benachteiligungen auszugleichen; erkennt an, wie wichtig Vorschriften zur Sicherstellung eines gleichberechtigten Zugangs zu bildungsbezogenen Leistungen sind, die ausnahmslos von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erbracht werden, so zum Beispiel kostenlose Schulmahlzeiten, kostenlose Bücher und Unterrichtsmaterialien und eine finanzielle Unterstützung für die Teilnahme an Klassenfahrten und kulturellen Aktivitäten für Kinder aus einkommensschwachen und armutsgefährdeten Familien;

35.

unterstreicht die Rolle, die die Kinderbetreuung bei der Bekämpfung von Kinderarmut spielen kann. Für die Kinder selbst kann die Betreuung bedeuten, dass sie mit anderen Kindern sowie mit Betreuerinnen und Betreuern interagieren und davon profitieren können. Ihre kognitive, sprachliche, emotionale und soziale Entwicklung kann sich dadurch verbessern – und dies mit offensichtlich langfristiger Wirkung;

36.

unterstreicht die verheerenden Auswirkungen, die Armut auf die Gesundheit von Kindern haben kann (17); zeigt sich besorgt, dass laut der Mitteilung der Kommission zu gesundheitlichen Ungleichheiten kein ausreichendes Gewicht darauf gelegt wird, dass Kinder Zugang zu Gesundheitsdiensten haben, wobei ein allgemein mangelndes Problembewusstsein, eine unzureichende politische Prioritätensetzung und zu wenig Engagement bei der Bekämpfung von gesundheitlichen Ungleichheiten festzustellen sind; schlägt vor, die Verbesserung der Gesundheit von Kindern, einschließlich der geistigen Gesundheit, in der Empfehlung und der Mitteilung als wichtige Maßnahme hervorzuheben; teilt die Ansicht, dass Kindern im Rahmen der umfassenderen Anstrengungen zur Verminderung der Ungleichheiten im Bereich Gesundheit besondere Aufmerksamkeit gelten muss und dass der allgemeine Zugang bedürftiger und sozial ausgegrenzter Bevölkerungsgruppen – einschließlich aller Kinder – zur Gesundheitsfürsorge sichergestellt werden muss:

37.

teilt die Besorgnis, dass Kinder in Armut häufig unverhältnismäßig stark von Umweltproblemen wie Umweltverschmutzung, Verkehr, verschmutzten Flächen und gesundheitlich bedenklichem Trinkwasser betroffen sind; begrüßt den Vorschlag, jegliche Anstrengung zu unternehmen, um eine Gettoisierung und soziale Ausgrenzung von Kindern in Armut zu vermeiden und eine soziale Heterogenität beim Wohnen zu fördern; begrüßt den Vorschlag, Kinder und ihre Familien und Gemeinschaften in die Planung einzubeziehen; regt an, in der Empfehlung im Hinblick auf die Vorrangigkeit der Kinderrechte die Einführung von Mindestanforderungen für die Unterbringung von Kindern zu erwägen;

38.

teilt die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten sollten, dass Kinder Familien, die nicht die Mittel besitzen, für sie zu sorgen, nicht entzogen werden, und stellt fest, dass dies durch die Garantie angemessener Mittel verhindert werden könnte; warnt davor, die Stigmatisierung im Zusammenhang mit Armut zu verstärken, indem eine zu enge Beziehung zwischen Armut und Missbrauch in der Familie hergestellt wird; unterstreicht die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beim Kinderschutz;

Aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen

39.

befürwortet nachdrücklich, dass die aktive Teilnahme von Kindern und Jugendlichen in der vorgeschlagenen Empfehlung einen großen Stellenwert hat; teilt die Ansicht, dass es hinsichtlich der Teilhabe aller Kinder Hindernisse gibt, die im Falle benachteiligter Kinder vielfältiger Natur sind, und dass es mit herkömmlichen Konsultationsmethoden nicht gelingen dürfte, diese Kinder zu erreichen; es sollte jedoch ein aktiver partizipativer Ansatz in Familien, sozialen Gruppen, Nichtregierungsorganisationen und im Privatsektor unterstützt werden, um das Engagement in der gesamten Gesellschaft zu stärken;

40.

schlägt vor, dass die Teilhabe von Kindern Möglichkeiten zur Mitwirkung und Einflussnahme umfassen sollte, wenn es um Entscheidungen geht, die Auswirkungen auf das Leben von Kindern, ihre Beteiligung an Sport- und Freizeitaktivitäten zur Verbesserung der Gesundheit, ihr soziales Leben, ihre persönliche Entwicklung, ihre Teilnahme an kulturellen Möglichkeiten zur Entwicklung von Fähigkeiten und zur Steigerung des Bewusstseins für Kultur und kulturelle Vielfalt haben, um eine integrativere Gesellschaft mit weniger Diskriminierung zu schaffen;

41.

fordert die Staaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass Kinder und Jugendliche ein Lern-, Entwicklungs- und Freizeitumfeld sowie vielfältige Möglichkeiten vorfinden, die Voraussetzung für ihre aktive Teilhabe sind;

42.

stimmt zu, dass ein Hindernis bei der Bekämpfung der Kinderarmut das fehlende öffentliche und politische Bewusstsein für dieses Problem und seine Auswirkungen auf Kinder und ihre Familien und die Gesellschaft im Allgemeinen ist; ist darüber beunruhigt, dass dies durch die geringe und mitunter negative Medienberichterstattung über Armut, die geringe Bekanntheit oder Förderung der Kinderrechte sowie das Fehlen eines langfristigen Konzepts und eine Fixierung auf kurzfristige Wahlerfolge (Kinder sind keine Wähler) noch verstärkt wird; stellt fest, dass es in vielen Ländern nicht zur politischen Kultur zählt, das Augenmerk auf Kinder zu legen und Kinder als vollwertige Menschen anzusehen;

43.

stellt die Arbeit heraus, die in und von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften geleistet wird, um zu gewährleisten, dass Kinder in die Entscheidungsprozesse in Fragen, die ihr Leben berühren, einbezogen werden; gleichwohl bleibt noch viel zu tun, um Kindern in Einklang mit Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf Anhörung in sie betreffenden Fragen zu gewährleisten;

Empfehlungen

44.

empfiehlt im Rahmen der Leitinitiative Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung die Aufnahme eines spezifischen prioritären Zieles in Bezug auf Kinderarmut und die Annahme einer umfassenden Strategie gegen Kinderarmut und soziale Ausgrenzung, die die nationale, regionale und lokale Ebene einschließt und mit der weitreichenderen Europa-2020-Strategie vereinbar ist, sowie die Errichtung eines Überwachungsrahmens auf Grundlage verlässlicher Indikatoren, die auch mit dem vorhandenen Berichterstattungsmechanismus im Rahmen des "Übereinkommens über die Rechte des Kindes" der Vereinten Nationen gekoppelt sind;

45.

betont erneut die Notwendigkeit einer besonderen Berichterstattung der Mitgliedstaaten über die Kinderarmut und schlägt vor, – nach vorheriger Entwicklung eines Diagnoseinstrumentariums zur Bewertung der Schwere von Risiko- und Notsituationen, das den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an die Hand gegeben werden sollte – dies in die Berichtspflichten der Mitgliedstaaten zur Europa-2020-Strategie aufzunehmen; unterstreicht, dass der Schnellumfrage des AdR vom 19. April 2011 zufolge viele Teilnehmer die mögliche Einführung verpflichtender Prioritäten in künftigen Regionalprogrammen als positive Entwicklung betrachten, in deren Folge Armut und soziale Ausgrenzung auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene stärker in den Blickpunkt rücken könnten;

46.

empfiehlt, dass bei der Zuweisung von Strukturfonds-Mitteln die Bedeutung von Projekten und Dienstleistungen zur Bekämpfung von Kinderarmut und zur Förderung des Wohlergehens des Kindes und seiner Familie berücksichtigt wird, insbesondere bei Minderjährigen oder Jugendlichen, bei denen die Schutzbedürftigkeit durch körperliche oder geistige Behinderung, Ausbeutung, Suchtmittelmissbrauch, Einwanderung, Straffälligkeit und andere Faktoren noch erhöht wird, und zur Stärkung der Teilhabe dieser Kinder und ihrer Familien sowie zur Bekämpfung der negativen Wahrnehmung und Stigmatisierung von Armut führt;

47.

empfiehlt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aktiv an der Konzipierung von Entscheidungen und politischen Maßnahmen zur Unterstützung von Familien, Gewährung von Dienstleistungen und aktiven Teilhabe von Kindern und jungen Menschen beteiligt werden, da sie das entscheidende Bindeglied für die Umsetzung der nationalen und europäischen Politiken auf lokaler Ebene sind;

48.

empfiehlt, dass die Kommission zwecks Austausch bewährter Methoden einen ständigen Dialog mit dem AdR aufnimmt und fortführt sowie Mittel zuweist, mit denen der AdR in Zusammenarbeit mit Organisationen wie Eurocities und Eurochild Berichte veröffentlichen kann, die erfolgreiche Projekte gegen Kinderarmut in den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten dokumentieren.

Brüssel, den 15. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Can Higher Employment Levels Bring Lower Poverty in the EU? Regression based simulations of the Europe 2020 target [Führt eine höhere Beschäftigungsquote zu weniger Armut in der EU? Regressionsbasierte Simulationen des Ziels der Europa-2020-Strategie], Diskussionspapier Nr. 6068, Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (Bonn).

(2)  Poverty in the United Kingdom [Armut im Vereinigten Königreich], Peter Townsend, 1979; auf Deutsch zitiert in Hans Joas (Hg.): "Lehrbuch der Soziologie", 1994, S. 261.

(3)  Der Index der menschlichen Entwicklung trägt sowohl dem Pro-Kopf-BNE eines Landes oder einer Region als auch dem Bildungsgrad anhand der Alphabetisierungsrate und der Einschulungsrate der Bevölkerung sowie der Lebenserwartung bei der Geburt Rechnung.

(4)  How the economic and financial crisis is affecting children & young people in Europe [Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auf Kinder und junge Menschen in Europa], EUROCHILD, 2011.

(5)  Siehe zum Beispiel: A Living Wage for Newcastle [Ein existenzsicherndes Einkommen für Newcastle], http://www.newcastle.gov.uk/news-story/a-living-wage-newcastle.

(6)  Poverty: the facts [Armut: die Fakten], J. Flaherty, J. Veit-Wilson und P. Dornan, Hrsg. Child Poverty Action Group, 5. Aufl., 2004.

(7)  Estimating the cost of child poverty [Abschätzung der Kosten von Kinderarmut], D. Hirsch, Joseph Rowntree Foundation, 2008.

(8)  Siehe zum Beispiel: Early Intervention: Smart Investment, Massive Savings [Frühzeitiges Eingreifen: Intelligente Investitionen, erhebliche Ersparnisse], Kabinettskanzlei des Vereinten Königreichs, 2011.

(9)  How the economic and financial crisis is affecting children & young people in Europe [Wie sich die Wirtschafts- und Finanzkrise auf Kinder und Jugendliche in Europa auswirkt], EUROCHILD, 2011.

(10)  Child poverty – family poverty: Are they one and the same? [Sind Kinderarmut und Familienarmut dasselbe?], EUROCHILD Positionspapier, 2011.

(11)  Siehe zum Beispiel: The low-pay, no-pay cycle: understanding recurrent poverty [Der Wechsel zwischen Niedriglohn und keinem Lohn: Zyklische Armut verstehen], T. Shildrick et al., Joseph Rowntree Foundation, 2010.

(12)  Siehe u.a.: Child benefits in the European Union [Kindergeld in der Europäischen Union], J. Bradshaw, Poverty (139), CPAG, 2011.

(13)  What do we mean by ‧adequate‧ benefits? [Was meinen wir mit "angemessener" Unterstützung?] J Veit-Wilson, Kapitel 14 in: J. Strelitz und R. Lister [Hrsg.], Why Money Matters. Family income, poverty and children's lives. Save the Children [Warum Geld wichtig ist. Familieneinkommen, Armut und das Leben der Kinder. Rettet die Kinder], London, S. 125-132.

(14)  Siehe zum Beispiel: Precarious work: risk, choice and poverty traps [Prekäre Arbeit: Risiko, Wahl und Armutsfallen], R. MacDonald, in: Handbook of Youth and Young Adulthood: New perspectives and agendas [Handbuch der Jugend und des frühen Erwachsenenalters: Neue Perspektiven und Ansichten], A. Furlong, 2009.

(15)  Understanding youth exclusion: critical moments, social networks and social capital, [Ausgrenzung von Jugendlichen verstehen: kritische Momente, soziale Netze und soziales Kapital] Shildrick, T.A. & MacDonald, R., Youth & Policy, 2008.

(16)  Ebd.

(17)  Siehe zum Beispiel: Health Consequences of Poverty for Children [Gesundheitliche Auswirkungen der Armut auf Kinder], N. Spencer, End Child Poverty [Schluss mit Kinderarmut], 2008.


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/40


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Richtlinie über Umgebungslärm: weiteres Vorgehen“

2012/C 113/08

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt, dass die Richtlinie hinsichtlich der Lärmkartierung, Festlegung gemeinsamer Indikatoren, Ermittlung der Lärmexposition der EU-Bevölkerung sowie Festlegung der für die Erarbeitung der Aktionspläne zuständigen Instanzen einen greifbaren Nutzen bringt;

weist darauf hin, dass Lärmbelästigung vor allem ein lokales Problem ist, das jedoch hauptsächlich einer europäischen Lösung bedarf, und fordert in diesem Zusammenhang die Konzeption einer ehrgeizigen europäischen Geräuschemissionspolitik in Form von an der Quelle ansetzenden Maßnahmen der EU;

schlägt vor, dass die Kommission nach einer genauen Abschätzung der Folgen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Auslöse- oder Zielwerte auf der Grundlage der gesundheitsbezogenen Empfehlungen der WHO festlegt;

bekräftigt, dass durch die Schaffung ein übergreifenden Rechtsrahmens die verschiedenen Rechtsinstrumente zur Minderung des Lärms an der Quelle – insbesondere in Bezug auf Fahrzeuge, vor allem Kfz und Lkw, sowie Straßen, Schienenstrecken und Flughäfen – ineinandergreifen, Rechtslücken schließen und einander ergänzen müssen;

unterstreicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Lärmschutzpolitik der EU umsetzen müssen; dabei sind eine finanzielle Unterstützung und technische Anleitung sowie ergänzende EU- und nationale Maßnahmen unabdingbar;

dringt darauf, die Anliegen im Bereich Lärm und Lärmbelästigung in sämtliche einschlägigen politischen Verfahren und Initiativen einzubeziehen, insbesondere in das künftige 7. Umweltaktionsprogramm, den zweiten EU-Aktionsplans für Umwelt und Gesundheit sowie in die Initiativen für einen nachhaltigen Verkehr im Rahmen der EU-Regionalentwicklungsprogramme und der Raumordnungspolitik;

empfiehlt, dass die Kommission unter Bezugnahme auf den Bürgermeisterkonvent das Konzept der Multi-Level-Governance auf weitere Bereiche wie u.a. den Lärmschutz ausweitet.

Berichterstatter

José MACÁRIO CORREIA (PT/EVP), Bürgermeister von Faro

Referenzdokument

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Durchführung der Richtlinie über Umgebungslärm gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2002/49/EG

COM(2011) 321 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

A.    Allgemeine Bemerkungen

1.

bekräftigt die Bedeutung der Bekämpfung der Lärmbelästigung und der Entwicklung einer Lärmpolitik der EU, die am 25. Juni 2002 mit der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – Richtlinie über Umgebungslärm – angenommen wurde;

2.

begrüßt, dass die Richtlinie hinsichtlich der Lärmkartierung, Festlegung gemeinsamer Indikatoren, Ermittlung der Lärmexposition der EU-Bevölkerung sowie Festlegung der für die Erarbeitung der Aktionspläne zuständigen Instanzen einen greifbaren Nutzen bringt;

3.

begrüßt den Bericht der Kommission über die Durchführung der Richtlinie über Umgebungslärm als einen guten Ausgangspunkt für deren notwendige Überarbeitung;

4.

bedauert, dass einige Mitgliedstaaten es versäumt haben, fristgerecht Lärmkarten vorzulegen, und dass gegen Malta ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden musste;

5.

bemängelt, dass sowohl die Richtlinie selbst als auch der Bericht über ihre Durchführung keine spezifischen Hinweise auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften enthalten, und unterstreicht, dass diese eine entscheidende Rolle bei der Lärmbekämpfung spielen; wünscht deshalb an der Entwicklung künftiger Maßnahmen umfassend beteiligt zu werden;

6.

weist darauf hin, dass Lärmbelästigung vor allem ein lokales Problem ist, das jedoch hauptsächlich einer europäischen Lösung bedarf, und fordert in diesem Zusammenhang die Konzeption einer ehrgeizigen europäischen Geräuschemissionspolitik in Form von an der Quelle ansetzenden Maßnahmen der EU;

7.

betont nochmals, dass Ziele für die Verringerung des Lärms festgelegt werden müssen, dem Menschen in bebauten Gebieten, in öffentlichen Parks oder anderen ruhigen Gebieten eines Ballungsraums, in ruhigen Gebieten auf dem Land, in der Umgebung von Schulgebäuden, Krankenhäusern und anderen lärmempfindlichen Gebäuden und Gebieten ausgesetzt sind;

8.

stellt fest, dass die Kommission bei der Aufzählung der gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm eine der verbreitetsten Folgen der Einwirkung von Lärm, Tinnitus und Hyperakusis (krankhaft gesteigertes Hörempfinden), außer Acht lässt, die häufig auf eine Verschlechterung des Hörvermögens aufgrund hoher Lärmpegel zurückzuführen ist. Mindestens 10 % der Bevölkerung leiden unter Tinnitus und/oder Hyperakusis, und wegen der hohen Lärmpegel sind immer mehr junge Leute betroffen. Es ist deshalb von vordringlicher Bedeutung, die Öffentlichkeit über Gesundheitsprobleme infolge Lärmbelastung aufzuklären;

9.

weist darauf hin, dass unter den aufgeführten früheren und künftigen EU-Initiativen keine Maßnahmen enthalten sind, um den hohen Lärmpegel in öffentlich zugänglichen Räumen wie Diskotheken zu senken;

10.

unterstreicht, dass die jüngsten Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hinsichtlich der in den Lärmkarten verwendeten Werte bzw. Bandbreiten zu berücksichtigen sind, und auch die sozialen Kosten des Straßen-, Schienen- und Flugverkehrslärms in die Berechnung einfließen müssen; dringt darauf, die jüngsten Daten der WHO auch in die Dosis-Kosten-Kurven einzuarbeiten, anhand derer die sozialen Kosten des Verkehrslärms berechnet werden;

11.

dringt darauf, die Anliegen im Bereich Lärm und Lärmbelästigung in sämtliche einschlägigen politischen Verfahren und Initiativen einzubeziehen, insbesondere in das künftige 7. Umweltaktionsprogramm, den zweiten EU-Aktionsplans für Umwelt und Gesundheit sowie in die Initiativen für einen nachhaltigen Verkehr im Rahmen der EU-Regionalentwicklungsprogramme und der Raumordnungspolitik;

B.    Lärmbekämpfung an der Quelle

12.

bekräftigt, dass durch die Schaffung ein übergreifenden Rechtsrahmens die verschiedenen Rechtsinstrumente zur Minderung des Lärms an der Quelle - insbesondere in Bezug auf Fahrzeuge, vor allem Kfz und Lkw, sowie Straßen, Schienenstrecken und Flughäfen – ineinandergreifen, Rechtslücken schließen und einander ergänzen müssen;

13.

stellt fest, dass dringend einige Lücken der derzeitigen Richtlinie geschlossen werden müssen, und hält es für notwendig und zweckmäßig, vergleichende Methoden für die Lärmmessung, die Nutzung von Netzen zur Lärmmessung und –überwachung, einschließlich Standardisierungskriterien, die Auslöse- oder Zielwerte, die Berichterstattung und die Bewertung sowie ihre Durchsetzung zu entwickeln;

14.

unterstreicht, dass Lärm an der Quelle bekämpft werden muss und dass die Lärmverhütung durch Nutzung der technischen Fortschritte und Einhaltung der Emissionsgrenzwerte zur Eindämmung der Lärmbelästigung wirtschaftliche Vorteile gegenüber der Minimierung der Lärmauswirkungen bringt;

15.

betont die Vorteile einer Verringerung des Verkehrslärms an der Quelle als Möglichkeit zur Verringerung der den Gebietskörperschaften und den Straßenverkehrsbehörden entstehenden Kosten, insbesondere hinsichtlich der Aufstellung von Lärmschutzwänden und der Schallschutzisolierung;

16.

betont die notwendige Berücksichtigung des Lärmschutzes in der Raumordnungspolitik und der städtebaulichen Planung, um vor allem den durch den Straßenverkehr und im Nahbereich verursachten Lärm an der Quelle zu mindern;

17.

betont die Notwendigkeit, den Lärmschutz als Ziel in das Weißbuch der Kommission „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum - Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ aufzunehmen und dabei Maßnahmen, die in den Rahmen von Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Luftqualität fallen, unter dem Gesichtspunkt der Lärmverringerung anzupassen und zu bewerten; schlägt außerdem vor, für die Durchführung des Weißbuchs und des Aktionsplans einen Zeitplan, Maßnahmen und Bewertungszeitpunkte festzulegen;

18.

ist der Ansicht, dass eine ehrgeizige europäische Lärmemissionspolitik mindestens aus folgenden Maßnahmen bestehen sollte:

für neue Fahrzeuge: Emissionsnormen für alle Fahrzeug- und Maschinentypen (zur Verwendung auf dem Land und unter der Erde, auf dem Wasser und unter Wasser, in der Luft usw.);

für bestehende Fahrzeuge: Maßnahmen für den Ersatz älterer Fahrzeuge und Maschinen durch geräuscharme Modelle und bei Schienenverkehrsfahrzeugen Nachrüstungen von Lärmschutztechnik;

Erneuerung der Testmethoden: Der Ausschuss empfiehlt die Entwicklung neuer Methoden, um die Emissionen von Fahrzeugen und Maschinen unter realen Gegebenheiten zu testen;

Entwicklung und Verbesserung geräuscharmer Autoreifen;

19.

fordert die Durchsetzung von Lärmminderungszielen im Verkehrsbereich, ggf. über Marktinstrumente wie Gebühren für den Zugang zu oder die Nutzung von (Straßen- Schienen-, Schiffs- und Luftverkehrs-)Netzen, damit die Lärmverursacher für die entstehenden Kosten aufkommen;

20.

empfiehlt eine abgestimmte Strategie und ehrgeizigere Zielsetzungen für die Lärmminderung bei der Überarbeitung der Richtlinie 70/157/EWG über die Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen, für die Richtlinie 2001/43/EG über Reifen von Kraftfahrzeugen und die Vorschläge zum Lärm für Fahrzeuge der Klasse L, die unter die Richtlinie 97/24/EG fallen und fordert, Maßnahmen zu ergreifen, um Flughafenanrainern grundsätzlich eine mindestens siebenstündige Nachtruhe zu garantieren;

21.

begrüßt die jüngste Entwicklung hinsichtlich des neuen Kennzeichnungssystem für Reifen, das es Verbrauchern, Flottenbetreibern und Behörden ermöglichen wird, die Reifen mit den besten Geräuscheigenschaften zu wählen; schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass die neuen Kennzeichnungen es den Verbrauchern auch erlauben sollten, die Geräuscheigenschaften eines bestimmten Reifens gegen seine Kraftstoffverbrauchseigenschaften abzuwägen; schlägt vor, dass solche Kennzeichnungen auch mit klaren europäischen Normen für Fahrzeuge verknüpft werden sollten, die zusammen mit der Nutzung entsprechender Straßenbelagstechniken imstande sind, den Straßenverkehrslärm zu halbieren (10 dB); erinnert indes an die in den nördlichen Mitgliedstaaten – zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit in Notfallsituationen – geltenden Besonderheiten in Bezug auf die Möglichkeit zur Verwendung bestimmter Reifen, beispielsweise mit oder ohne Spikes, unter winterlichen und anderen extremen Bedingungen;

22.

merkt an, dass bei der Entwicklung leiser Straßenbeläge die lokalen Klima- und Witterungsbedingungen sowie die verbesserte Beständigkeit der Beläge gegenüber Antirutschmitteln (Streusalze, Spikereifen) berücksichtigt werden sollten;

23.

begrüßt die große Bedeutung der Richtlinie 2000/14/EG über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen;

24.

stellt fest, dass das vorhandene rollende Material im Schienenverkehr so schnell wie möglich – spätestens aber bis 2020 – ersetzt oder angepasst und die Verwendung einer geräuschärmeren Ausstattung durch entsprechende Anreize gefördert werden muss, wobei Marktinstrumente wie Gebühren für den Zugang zum Schienennetz eingesetzt werden sollten, damit die Verursacher die Kosten des von ihnen verursachten Lärms tragen. Zusätzliche Maßnahmen, wie das Verbot des rollenden Materials, bei dem nicht die besten Techniken zur Lärmvermeidung eingesetzt werden, sollten mittelfristig ins Auge gefasst werden für den Fall, dass die Marktinstrumente sich als ungenügend erweisen; möchte in diesem Zusammenhang insbesondere an die Überarbeitung der EU-Strategie zur Reduzierung von Schienenlärm erinnern, wobei die diesbezüglich bereits in Deutschland und in den Niederlanden laufenden Pilotprojekte hervorzuheben sind;

25.

macht darauf aufmerksam, dass die Situation in städtischen Gebieten unbedingt verbessert werden muss, indem Anreize für die Nutzung von geräuschärmeren Verkehrsmitteln wie z.B. Hybrid- und Elektrofahrzeugen oder eines geräuschärmeren und nachhaltigeren öffentlichen Nahverkehrs gesetzt werden;

26.

empfiehlt entsprechende Stadtplanungsmaßnahmen wie z.B. Straßenbahnen und andere öffentliche Verkehrsmittel einschließlich Untergrundbahnen, die Förderung der Fortbewegung zu Fuß oder per Rad, Beschränkungen für den Autoverkehr und Geschwindigkeitsbegrenzungen, die Einbeziehung von Umweltfragen in öffentliche Aufträge sowie die Bereitstellung geeigneter Anreize und Informationen über die Finanzierungsmechanismen der EU für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

C.    Herausforderungen für die künftige Richtlinie über Umgebungslärm

27.

mahnt zu einer Überarbeitung von Anhang V der Richtlinie, in dem zusammenfassend die Mindestanforderungen für Aktionspläne im Bereich Lärmschutz festgelegt sind, sowie von Anhang VI, in dem die der Kommission zu übermittelnden Angaben definiert werden, um eine verstärkte und bessere Einhaltung der Richtlinie und eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten;

28.

schlägt vor, die Instrumente und Methoden für die Ausarbeitung und/oder Durchführung von Lärmschutzaktionsplänen auf EU-Ebene zu standardisieren und die interessierten Kreise von den Forschungsinstituten und Hochschulen bis hin zu den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter Koordinierung durch eine einzige EU-Agentur umfassend zu beteiligen;

29.

weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in einigen Fällen die für die Aufstellung des Lärmaktionsplans zuständige Stelle nicht gleichzeitig auch für deren Umsetzung verantwortlich ist, und bittet darum, dieser Problematik verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken;

30.

empfiehlt, dass die Kommission unter Bezugnahme auf den Bürgermeisterkonvent das Konzept der Multi-Level-Governance auf weitere Bereiche wie u.a. den Lärmschutz ausweitet;

31.

dringt darauf, das Projekt „CNOSSOS-EU“ (Common Noise Assessment Methods in Europe) schnell zum Abschluss zu bringen, um harmonisierte Bewertungsmethoden für sämtliche Lärmkarten in den Bereichen Straßen-, Bahn-, Industrie- und Fluglärm einzuführen;

32.

schlägt vor, dass die Kommission nach einer genauen Abschätzung der Folgen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Auslöse- oder Zielwerte auf der Grundlage der gesundheitsbezogenen Empfehlungen der WHO festlegt und die Mitgliedstaaten verpflichtet, bei Erreichung eines bestimmten Lärmpegels tätig zu werden;

33.

steht den europäischen Immissionsnormen für die Lärmbelästigung kritisch gegenüber, falls diese losgelöst von einer umfassenden Lärmemissionspolitik angegangen werden. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen diese europäischen Normen einhalten, während lokale und regionale Maßnahmen hierfür oft nicht ausreichen. Eine eventuelle Einführung solcher Immissionsnormen sollte daher im Rahmen einer allgemeinen europäischen Lärmschutzpolitik konzipiert werden, bei der die Emissionspolitik eindeutig an die Immissionspolitik gekoppelt wird; schlägt deshalb die folgenden Schritte vor:

das Erarbeiten einer thematischen Lärmschutzstrategie, in der eine europäische Lärmschutzpolitik (mit Zeitschema, Maßnahmen und Auswertungszeitpunkten) festgelegt wird,

die Übereinstimmung zwischen den Zielvorgaben der Richtlinie über Umgebungslärm und den Zielvorgaben der EU-Maßnahmen zur Lärmreduzierung an der Quelle;

die Entwicklung einer europäischen Emissionspolitik vor einer Überarbeitung der Richtlinie. Immerhin dauert es mehrere Jahre, bis die EU-Maßnahmen zur Lärmreduzierung an der Quelle wirken;

die Überarbeitung der Richtlinie über Umgebungslärm;

34.

weist darauf hin, dass die bereits im Grünbuch über die künftige Lärmschutzpolitik vorgesehenen Richtwerte, die in der gegenwärtigen Richtlinie nicht enthalten sind, und durch neuere Studien der WHO als Schutzziele bestätigt sind, wieder aufgenommen werden müssen und zu beachten ist, dass Lärm aus verschiedenen Quellen kumulativ wirkt; dass die langfristigen Zielwerte der WHO den Planungen von neuen Vorhaben zugrunde gelegt werden sollten;

35.

empfiehlt mehr Synergie zwischen den Maßnahmen in den Bereichen Lärmmanagement und Luftqualität – sowohl die EU-Richtlinie zur Luftqualität als auch die Richtlinie über Umgebungslärm enthalten Auflagen in Bezug auf Aktionspläne –, um so zu einem wirksameren gemeinsamen politischen Handeln zu gelangen;

36.

schlägt vor, nach einer genauen Abschätzung der Folgen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften analog zum Vorgehen in den Bereichen Luftverschmutzung und Klimaschutz Ziele für die Verringerung der Lärmbelastung festzulegen und eine mindestens 15 %ige Verringerung der Zahl der Menschen, die Lärmpegeln von 55 dB nachts ausgesetzt ist, bis zum Jahr 2023 als Zielwert vorzugeben;

37.

hält es für angebracht, eine Senkung auf einen LDEN von 40 dB und einen LNIGHT auf 35 dB bei der Ausarbeitung künftiger Lärmkarten in Erwägung zu ziehen;

38.

dringt auf die Klärung einiger in der Richtlinie verwendeter Begriffe, insbesondere „Ballungsraum“ oder „ruhige Gebiete“;

D.    Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

39.

unterstreicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Lärmschutzpolitik der EU umsetzen müssen; dabei sind eine finanzielle Unterstützung und technische Anleitung sowie ergänzende EU- und nationale Maßnahmen unabdingbar;

40.

weist darauf hin, dass ein Netzwerk für den Austausch von Informationen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen den Regionen und Gemeinden aufgebaut werden muss, über das aktualisierte Informationen in allen Sprachen verfügbar gemacht werden;

41.

empfiehlt eine vermehrte und verbesserte Information der Regionen und Gemeinden sowie Instrumente zur Unterstützung und Anleitung für die gemeinsame Kartierung des kumulativen Lärms aus verschiedenen Quellen; im Sinne des Subsidiaritätsprinzips muss jede einzelne Gebietskörperschaft selbst darüber entscheiden können, wie sie am besten Informationskampagnen durchführt;

42.

schlägt die Durchführung lokaler und regionaler Sensibilisierungs- und Informationskampagnen zum Thema Lärmschutz sowie öffentliche Konsultationen und Anhörungen vor, die eine bessere Kenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten ermöglichen und zur Aufklärung der Bevölkerung beitragen;

43.

rät zu vermehrten Partnerschaften zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, NGO und örtlichen Bürgervereinen, insbesondere über die Vergabe von Preisen und Auszeichnungen, durch die auf kreative oder kosteneffiziente Maßnahmen in der gesamten EU aufmerksam gemacht werden kann;

E.    Abschließende Empfehlungen

44.

betont, dass Lärmgrenzwerte nicht nur erforderlich sind, um ein hohes Maß an Schutz zu gewährleisten, sondern auch um Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt aufgrund von Lärmschutzvorschriften zu vermeiden. Bei der Festlegung von Auslöse- und/oder Zielwerten, bei der Umsetzung der Richtlinie und bei Überlegungen zur Einleitung zusätzlicher Maßnahmen im Falle einer Überschreitung der Lärmgrenzwerte muss jedoch das Subsidiaritätsprinzip beachtet werden, um die Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu berücksichtigen und der Vielfalt klimatischer und sonstiger Bedingungen in Europa Rechnung zu tragen;

45.

unterstreicht, dass der den Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen entstehende finanzielle und administrative Mehraufwand unbedingt in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Umweltnutzen stehen muss.

Brüssel, den 16. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/45


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Modernisierung der Hochschulbildung“

2012/C 113/09

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt die aktivere Rolle, die die Europäische Kommission bei der Förderung der Hochschulen und der verschiedenen nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungen bei der Durchführung der Modernisierungsagenda für die Hochschulbildung einnehmen will;

stimmt der Aussage der Europäischen Kommission zu, dass in Europa die Investitionen in den Hochschulbereich im Allgemeinen zu gering sind, und ist sich dessen bewusst, das nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern in vielen Fällen auch die regionalen Gebietskörperschaften ihrer Verantwortung gerecht werden und die Investitionen in die Hochschulbildung mit öffentlichen Mitteln verstärken müssen;

ermutigt die Europäische Kommission dazu, bei der Festlegung der konkreten Programme und Aktionsbereiche einer der Prioritäten noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen, die sie selbst zu Recht bei den Mitgliedstaaten und den Hochschulen voraussetzt, nämlich die Steigerung der Studierendenquote und der hierfür notwendigen Stärkung der "sozialen Dimension" der Hochschulbildung;

ist der Ansicht, dass sich die Relevanz der Hochschulbildung auch durch das Maß äußern kann, in dem Hochschulen typisch lokalen oder regionalen Bedürfnissen gerecht werden, und hierdurch einen echten Beitrag für die lokale oder regionale Entwicklung leisten;

weist jedoch darauf hin, dass noch viel unternommen werden muss, um die Möglichkeiten für Lernmobilität und für grenzüberschreitende Zusammenarbeit auszuweiten und zugleich auch weiter zu vertiefen, um den diesbezüglichen Mehrwert erheblich zu vergrößern;

weist erneut darauf hin, dass wichtige Befugnisse hinsichtlich Bildung und Ausbildung – ebenso wie für die Jugend- und die Beschäftigungspolitik – bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften liegen, und betont, dass den Gebietskörperschaften bei vollständiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips hierdurch eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung dieser Modernisierungsagenda zukommt.

Berichterstatterin

Mia DE VITS (BE/SPE), Mitglied des Flämischen Parlaments

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen "Wachstum und Beschäftigung unterstützen – eine Agenda für die Modernisierung von Europas Hochschulsystemen"

COM(2011) 567 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.   Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt die Mitteilung "Wachstum und Beschäftigung unterstützen – eine Agenda für die Modernisierung von Europas Hochschulsystemen", in der die Europäische Kommission die wesentlichen politischen Ziele der Hochschulreformen formuliert. Der AdR schätzt es, dass die Europäische Kommission so den Reformen zusätzlichen Schwung verleihen will, die mit dem Bologna-Prozess und der Schaffung des Europäischen Hochschulraums und des Europäischen Forschungsraums eingeleitet wurden, jedoch bei weitem noch nicht vollendet sind, wobei sie diesen Reformen im weiteren Rahmen der Europa-2020-Strategie und den dazugehörigen Leitinitiativen auch zugleich einen hohen Stellenwert einräumt;

2.

hält den Ansatz in der Mitteilung für richtig, in der die Europäische Kommission einerseits die wichtigsten politischen Ziele aufzählt, die sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Hochschulen bis Ende dieses Jahrzehnts erreichen sollen, und anderseits erläutert, wie sie die Mitgliedstaaten und die Hochschulen bei der Umsetzung dieser Modernisierungsagenda unterstützen kann;

3.

ist ebenfalls der Meinung, dass die Hauptverantwortung für die Durchführung von Reformen in der Hochschulbildung – einem Politikfeld, in dem die EU für die Koordinierung und Unterstützung zuständig ist – bei den Mitgliedstaaten und bei den Bildungseinrichtungen selbst liegt, obwohl die Herausforderungen und Lösungsansätze grenzüberschreitender Natur sind. Auch weist der Ausschuss erneut darauf hin, dass wichtige Befugnisse hinsichtlich Bildung und Ausbildung – ebenso wie für die Jugend- und die Beschäftigungspolitik – bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften liegen. Der Ausschuss betont, dass den Gebietskörperschaften bei vollständiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips hierdurch eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung dieser Modernisierungsagenda zukommt;

4.

stellt fest, dass die vorgeschlagene Strategie zur Modernisierung der Hochschulbildung offenbar in keiner Weise dem Subsidiaritätsprinzip oder dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht;

5.

betont, dass das Bildungssystem und damit auch die Hochschulbildung in erster Linie für eine breite und allgemeine Bildung sorgen muss, bei der sich die Talente bestmöglich entfalten können und offene, starke und vielseitige Persönlichkeiten geformt werden, die ihre Verantwortung in der Gesellschaft umfassend wahrnehmen. Bildung hat zweifelsohne auch einen wirtschaftlichen Wert, wobei dieser jedoch nicht der einzige Wert ist. Eine Betrachtung von Bildung aus wirtschaftlicher Sicht wird daher immer und gezwungenermaßen eine unvollständige Betrachtung sein. Trotzdem kann ein Herangehen aus wirtschaftlichem Blickwinkel in einem bestimmten Zusammenhang sinnvoll und sogar notwendig sein;

6.

stimmt ungeachtet dessen der Aussage voll und ganz zu, dass Bildung und Ausbildung eine zentrale Rolle bei der Schaffung von intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum in Europa spielen muss, und betont, dass die Möglichkeiten der europäischen Hochschulen, ihre gesellschaftliche Rolle zu erfüllen, noch nicht voll ausgeschöpft werden;

2.   Die zentralen Aspekte für Mitgliedstaaten und Hochschulen

2.1   Anhebung des Bildungsgrads zur Deckung von Europas Bedarf an Akademikern und Forschern

7.

schließt sich der Analyse an, dass der durchschnittliche Bildungsgrad in Europa so angehoben werden muss, dass der Anteil junger Menschen, die Hochschulen oder vergleichbare Einrichtungen absolvieren, bis 2020 den Zielwert von 40% erreicht, um der prognostizierten und notwendigen Zunahme wissensintensiver Arbeitsplätze gerecht zu werden, Jugendlichen eine bessere Aussicht auf hochwertige Arbeitsplätze zu bieten und somit auch die Arbeitslosigkeit insbesondere der jungen Menschen zu bekämpfen;

8.

ist überzeugt, dass die breite Nutzung innovativer Informations- und Kommunikationstechnologien durch Hochschulen dazu beitragen kann, dass Hochschulbildung zugänglicher wird und die Studierendenzahlen steigen, etwa mit Blick auf Studierende, die in dünn besiedelten Gebieten, auf Inseln und in Berggebieten wie auch in Gebieten in äußerster Randlage leben;

9.

stimmt der Aussage ausdrücklich zu, dass die Hochschulbildung deshalb für breitere Gesellschaftsschichten attraktiv werden muss, und bedauert, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen an den Hochschulen noch immer stark unterrepräsentiert sind. Der Ausschuss verweist darauf, dass diese Unterrepräsentierung – die übrigens in noch stärkerem Ausmaß und mit einer nicht hinnehmbaren Hartnäckigkeit in der Dozentenschaft zu finden ist – uns nicht nur vor soziale Probleme stellt, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht eine sinnlose Vergeudung von Talent bedeutet;

10.

schlägt daher vor, nicht nur zu überwachen, inwieweit die Mitgliedstaaten bezüglich der Steigerung der Studierendenzahlen bzw. – und dies ist mindestens gleich wichtig – der erfolgreichen Hochschulbesuche Fortschritte verbuchen, sondern auch inwieweit es den Mitgliedstaaten und den Hochschulen gelingt, Studierende aus unterrepräsentierten Gruppen und "untraditionelle" Studierende anzuziehen. Hierbei sollten außerdem die klassischen Rollenmuster durchbrochen werden, sodass die Stereotypen bei der Studienwahl und die daraus resultierende Geschlechtertrennung auf dem Arbeitsmarkt zurück gedrängt werden können. Aufgrund der demografischen Entwicklungen ist der Ausschuss jedoch überzeugt, dass die notwendige erhebliche Anhebung der entsprechenden Studierendenquote solange nicht auf Dauer erreicht werden kann, bis es den Mitgliedstaaten und den Hochschulen gelingt, diese "soziale Dimension" im Kernbereich ihrer Hochschulpolitik zu verankern. Der Ausschuss hält es daher auch für unvermeidlich, dass auch auf diesem Gebiet spezifische Ziele formuliert werden, für die natürlich die spezifische Lage jedes Mitgliedstaats und der verschiedenen Regionen innerhalb eines Mitgliedstaats berücksichtigt werden muss; er betont zugleich jedoch, dass bei steigenden Studierendenzahlen auch die Förderung für Europas Hochschulen aufgestockt werden muss, um Forschung und Lehre auf Spitzenniveau gewährleisten zu können;

11.

unterstützt den Aufruf der Europäischen Kommission, dass potenziellen Studierenden aus einkommensschwächeren Schichten finanzielle Unterstützung gewährt werden muss. Der Ausschuss beobachtet in diesem Zusammenhang mit Sorge, dass mehrere Mitgliedstaaten eine Studiengebührenerhöhung beschlossen haben bzw. eine solche erwägen, obwohl alle EU-Mitglieder den internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert haben, in dessen Artikel 13 es u.a. heißt, dass "der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss". Der Ausschuss fürchtet, dass mit einer Erhöhung der Studiengebühren auch die finanzielle Hürde für einen Hochschulbesuch größer wird, gerade zu einem Zeitpunkt, an dem viele Studierende und ihre Familien die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu spüren bekommen;

12.

weist darauf hin, dass neben der finanziellen Frage auch andere Aspekte (etwa sorgfältige Wahl der Studienrichtung, angemessene Vorbildung und ggf. entsprechende Abhilfe, Studien- und Laufbahnbegleitung, frühzeitige Neuorientierung auf eine andere Studienrichtung oder einen anderen Studiengang, um einem Studienabbruch zuvor zu kommen, ein eher studierendenzentrierter Ansatz der Hochschulbildung) eine wichtige Rolle beim Zugang zu und Erfolg in den Hochschulen spielen können, und fordert, dass die Mitgliedstaaten und die Hochschulen dies ebenfalls angemessen berücksichtigen. Der Ausschuss bedauert, dass im Vergleich zu anderen Aspekten der Hochschulbildung über entsprechende Maßnahmen bisher zu wenig Informationen systematisch zusammengetragen und unter den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden, und ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Beobachtungsstelle für die soziale Dimension der Hochschulbildung, die derzeit im Rahmen des Bolognaprozesses eingerichtet wird, die notwendige Unterstützung verdient;

13.

begrüßt die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen wie die Entwicklung nationaler Qualifikationsrahmen mit klaren und ggf. zusätzlichen Übergängen zwischen den verschiedenen Qualifikationsniveaus, oder das Zugrundelegen von Lernergebnissen und tatsächlich erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten (u.a. durch Anerkennung anderswo erworbener Qualifikationen und bereits früher erworbener Fähigkeiten ggf. auch im Bereich des informellen und nicht formalen Lernens) anstelle der eher traditionellen und formalen Kriterien wie Studiendauer und Zahl der Unterrichtsstunden eines Ausbildungsprogramms. Der Ausschuss ist der Meinung, dass solche Maßnahmen zielgerichtete Instrumente für eine bessere Einschätzung von Fähigkeiten und Qualifikationsniveau einer Person sein können, oder auch dafür, um der jeweiligen Person einen passenden und realistischen Weg zu einer höheren Qualifikation anzubieten;

14.

plädiert eindringlich dafür, dass die Europäische Kommission ihren fortschrittlichen Ansatz bezüglich flexibler Bildungswege und flexibler Lernformen selbst auch konsequent beibehält, etwa bei der Anwendung der derzeitigen Richtlinie und beim Entwurf der neuen Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen;

2.2   Verbesserung der Qualität und Relevanz der Hochschulbildung

15.

bejaht, dass für die Hochschulbildung – in dem Maß, wie sie auf die Vermittlung von Wissen und der zentralen übertragbaren Kompetenzen ausgerichtet ist, die nötig sind, um erfolgreich einen hochqualifizierten Beruf ausüben zu können – ein engerer Kontakt mit der Arbeitswelt und den Arbeitsmarktinstitutionen von großem Nutzen ist. Allerdings ist der Ausschuss auch überzeugt, dass auch die Arbeitswelt mehr Verantwortung gegenüber der Hochschulbildung übernehmen sollte. Dies könnte darin bestehen, dass die Unternehmen den Studierenden und den Lehrkräften ausreichend und qualitativ hochwertige Praktikumsplätze anbieten, im Dialog mit den Hochschulen über die Laufbahnen der Zukunft und die dazugehörigen Aus- und Fortbildungsanforderungen nachdenken oder auch die allgemeinen übertragbaren Kompetenzen der Hochschulabsolventen voll und ganz anerkennen; überdies sollten Unternehmen und Universitäten verstärkt Forschungspartnerschaften eingehen;

16.

ist überzeugt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die im Allgemeinen hervorragende Beziehungen sowohl zu den Hochschulen als auch zu den Unternehmen unterhalten, am besten in der Lage sind, diesen Dialog zu fördern und zu moderieren;

17.

ist der Ansicht, dass sich die Relevanz der Hochschulbildung auch durch das Maß äußern kann, in dem Hochschulen typisch lokalen oder regionalen Bedürfnissen gerecht werden, und hierdurch einen echten Beitrag für die lokale oder regionale Entwicklung leisten. Der Ausschuss sieht in einer solchen Einbettung in der Region eines der Wirkungsfelder, auf das die Hochschulen ihre Mission und ihre strategischen Prioritäten ausrichten können und auf dem sie nach Exzellenz streben können, und unterstreicht und unterstützt daher die Vielfalt und Individualität der europäischen Hochschulen;

18.

ruft zur umfassenden Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien in allen europäischen Hochschulen auf; durch den Aufbau einer gemeinsamen EDV-Plattform der Hochschulen und der zuständigen nationalen, regionalen und lokalen Behörden lässt sich möglicherweise die Absolventenquote erhöhen;

2.3   Stärkung der Qualität durch Mobilität und grenzübergreifende Zusammenarbeit

19.

hebt hervor, wie wichtig eine durchdachte Mobilität und grenzüberschreitende Zusammenarbeit für die Qualität der Bildung und in vielerlei Hinsicht für die persönliche Entwicklung derjenigen ist, die in den Genuss dieser Bildung kommen. Der Ausschuss stellt fest, dass die Mitgliedstaaten und die Hochschulen u.a. dank der Triebkraft des Erasmusprogramms und noch verstärkt durch den Bolognaprozess auf diesem Gebiet enorme Fortschritte gemacht haben. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass es von unschätzbarem Wert ist, dass der Begriff "Europa" dank dieser Programme und Zusammenarbeit für viele Menschen konkret und positiv belegt ist;

20.

weist jedoch darauf hin, dass noch viel unternommen werden muss, um die Möglichkeiten für Lernmobilität und für grenzüberschreitende Zusammenarbeit auszuweiten und zugleich auch weiter zu vertiefen, um den diesbezüglichen Mehrwert erheblich zu vergrößern. Die Europäische Kommission zählt zurecht mehrere Hindernisse auf, die auf verschiedenen Ebenen und oft in einem spezifischen nationalen Zusammenhang bestehen. Nach Meinung des Ausschusses dürfen die lokalen und regionalen Verwaltungen und die Hochschulen durch diese komplexen Gegebenheiten nicht daran gehindert werden, diese Probleme innerhalb ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs rasch anzugehen;

21.

drängt auf die Einführung von Diplomzusätzen in sämtlichen Hochschulen, da sie ein überaus wichtiger Schritt hin zu vergleichbaren Abschlüssen sind und die Anerkennung von Abschlüssen erheblich erleichtern;

22.

macht auf bestehende Initiativen zur grenzüberschreitenden Qualitätssicherung in der Hochschulbildung aufmerksam und wünscht, dass diese unter Beachtung der strukturellen Folgen für die tertiären Bildungssysteme der betroffenen Mitgliedstaaten und Regionen als Modell für grenzüberschreitende Zusammenarbeit dienen;

23.

appelliert an die zuständigen staatlichen Behörden, die in vielen Fällen regionale oder lokale Behörden sind, die Anerkennung von Hochschulabschlüssen zu vereinfachen und zu beschleunigen, um eine der höchsten Hürden für die Mobilität von Studenten und Akademikern abzubauen; das Verfahren darf nicht mit für den Antragsteller untragbaren Kosten verbunden sein und sollte binnen vier Monaten abgeschlossen werden;

2.4   Das Wissensdreieck zur Wirkung bringen

24.

betont ausdrücklich die Notwendigkeit einer besseren Entwicklung und Nutzung des "Wissensdreiecks" von Hochschulbildung, Forschung und Wirtschaft und stimmt dem Befund der Europäischen Kommission voll und ganz zu, dass Hochschulen und Forschungseinrichtungen die wirtschaftliche Entwicklung in ihrer Umgebung vorantreiben, regionale Stärken global nutzen oder Dreh- und Angelpunkt eines Wissensnetzwerks sein können, das der Wirtschaft und Gesellschaft vor Ort dient;

25.

ist sich dessen bewusst, dass dies umso mehr gilt, wenn die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ihre Fördermittel strategisch einsetzen und bewusst eine Reihe vorrangiger Bereiche wählen, die den spezifischen Stärken wie auch dem spezifischen Bedarf der eigenen Region entsprechen; der Aufbau von Wissens- und Innovationsclustern unter Einbeziehung von lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, Universitäten und ortsansässigen Unternehmen, einschließlich neu gegründeter Unternehmen, sollte unbedingt gefördert werden;

26.

merkt an, dass sich die Europäische Kommission in dieser Mitteilung recht einseitig auf die Wirtschaft, das Potenzial für marktfähige Produkte und Dienstleistungen sowie die Vermarktung von Wissen bezieht. Der Ausschuss betont, dass Hochschulen und Forschungseinrichtungen auch einen gesellschaftlichen Auftrag haben gegenüber öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen, wie etwa (Pflicht-)Schulen und Ausbildungsstätten, Einrichtungen in den Bereichen Gesundheit und Pflege sowie soziale und Wohlfahrtseinrichtungen;

2.5   Verbesserung von Steuerung und Finanzierung

27.

stimmt der Aussage der Europäischen Kommission zu, dass in Europa die Investitionen in den Hochschulbereich im Allgemeinen zu gering sind, und ist sich dessen bewusst, das nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern in vielen Fällen auch die regionalen Gebietskörperschaften ihrer Verantwortung gerecht werden und die Investitionen in die Hochschulbildung mit öffentlichen Mitteln verstärken müssen. Der Ausschuss ruft die Mitgliedstaaten und ggf. auch die regionalen Gebietskörperschaften daher auf, trotz der Haushaltszwänge die Zukunft der Hochschulen nicht zu gefährden, sondern vielmehr in einen auf lange Sicht angelegten Wachstumspfad zu investieren und eben nicht in den Bereichen zu kürzen, die die Grundlage für das Wachstum von morgen bilden. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass dies durch die Europäische Kommission konkret überwacht werden kann, indem sie anhand des Europäischen Semesters darauf achtet, dass die Kürzungen nicht solche Bereiche treffen, die für die Umsetzung der Strategie Europa 2020 von wesentlicher Bedeutung sind;

28.

stimmt aufgrund seiner Auffassung von Bildung als öffentlichem Gut der Feststellung der Europäischen Kommission zu, dass öffentliche Investitionen die wesentliche Grundlage für nachhaltige Hochschulbildung sind und das auch künftig unbedingt bleiben müssen;

29.

akzeptiert die Bemühungen um eine Diversifizierung der finanziellen Mittel, wie etwa durch öffentlich-private Partnerschaften zur Infrastrukturfinanzierung, warnt jedoch davor, dass das Anzapfen einer der möglichen alternativen Finanzierungsquellen – nämlich die Ausweitung des Anteils privater Finanzierung durch eine Erhöhung der Studiengebühren – die privaten Haushalte zusätzlich unter Druck setzen kann. Der Ausschuss befürchtet, dass dieser Druck auf die privaten Haushalte u.a. zu einer geringeren Studierendenquote, unerwünschten Verschiebungen in der sozialen Zusammensetzung der Studierendenschaft und einer Entstehung oder Verstärkung unausgewogener Mobilitätsströme zwischen Mitgliedstaaten oder Regionen führen kann; um die Chancengleichheit für alle und Spitzenleistungen zu fördern, plädiert der Ausschuss jedoch für eine bessere Politik für die Vergabe von einkommens- und studienleistungsabhängigen Stipendien und Darlehen für Studierende;

30.

kann der Entwicklung neuer bzw. Weiterentwicklung bestehender Finanzierungsinstrumente zustimmen, die leistungsbezogen sind, eine Vielfalt strategischer Entscheidungen und eine große Bandbreite der Einrichtungsprofile unterstützen sowie in jeder Hinsicht zu hervorragenden Leistungen anspornen. Der Ausschuss will zugleich darauf aufmerksam machen, dass die Einführung solcher Instrumente erfahrungsgemäß gut durchdacht sein und mit der nötigen Vorsicht geschehen muss, u.a. damit die entsprechenden Methoden und Indikatoren auch tatsächlich das Erreichen der gewünschten Ziele fördern und damit die Bemühungen um eine Diversifizierung der Einrichtungen nach außen und nach innen berücksichtigt werden;

31.

weist darauf hin, dass die Hochschulen im Zuge einer größeren Autonomie weder von ihrer Rechenschaftspflicht entbunden noch aus ihrer Verantwortung gegenüber ihrem Umfeld entlassen werden. Nichtsdestotrotz ist sich der Ausschuss bewusst, dass die Ausweitung der Autonomie der Hochschulen oft auch einen positiven Einfluss auf die Mobilisierung privaten Kapitals hat und damit zu der beabsichtigten Steigerung der Investitionen in die Hochschulbildung beiträgt;

3.   Der Beitrag der EU: Anreize für Transparenz, Diversifizierung, Mobilität und Kooperation

32.

begrüßt die aktivere Rolle, die die Europäische Kommission bei der Förderung der Hochschulen und der verschiedenen nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungen bei der Durchführung der Modernisierungsagenda für die Hochschulbildung einnehmen will. Der Ausschuss hält diese Unterstützung in allen ihren verschiedenen Formen für unerlässlich, damit die notwendige Angleichung der Pläne der verschiedenen Verwaltungen und Hochschulen und zugleich die beabsichtigte Diversifizierung und Profilbildung erreicht werden kann;

33.

ermutigt die Europäische Kommission dazu, bei der Festlegung der konkreten Programme und Aktionsbereiche einer der Prioritäten noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen, die sie selbst zu Recht bei den Mitgliedstaaten und den Hochschulen voraussetzt, nämlich die Steigerung der Studierendenquote und der hierfür notwendigen Stärkung der "sozialen Dimension" der Hochschulbildung;

3.1   Unterstützung von Reformen durch Bereitstellung der Faktengrundlage, Analyse und Transparenz

34.

stellt fest, dass u.a. bei der Begleitung des Bolognaprozesses deutlich wird, dass die Anwendung relativ einfacher vergleichender Indikatoren zur Überwachung der Fortschritte einer Reformagenda großen Informationsgehalt und eine stark mobilisierende Kraft haben kann, und schlägt vor, ein solches Instrument verstärkt einzusetzen. Der Ausschuss merkt hierbei allerdings an, dass ein Anzeiger auf der Ebene eines Mitgliedstaats die innerhalb der einzelnen Regionen wirkenden unterschiedlichen Dynamiken oft nicht erfassen kann und somit den von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ergriffenen Maßnahmen nicht immer gerecht wird, insbesondere wenn es um Bereiche geht, für die die Gebietskörperschaften überwiegend oder sogar ausschließlich zuständig sind;

35.

unterstützt die Europäische Kommission in Bezug auf ihren Plan, mit "U-Map" die verschiedenen Profile den Hochschulen zu veranschaulichen und mit "U-Multirank" ein leistungsbasiertes multidimensionales Instrument für Information und Festlegung von Rangfolgen auf den Weg zu bringen. Dabei sollte Sorge dafür getragen werden, dass kein unangemessener zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die Hochschulen entsteht. Der Ausschuss hält es für selbstverständlich, dass die regionale Einbindung und der Bezug zum unmittelbaren Umfeld einer der Aspekte ist, der zur Einordnung und zur Ermittlung einer Rangfolge der Hochschulen herangezogen werden wird;

36.

begrüßt das Vorhaben der Europäischen Kommission, in Zusammenarbeit mit Eurostat aussagekräftigere Daten über die Lernmobilität und die Beschäftigungsergebnisse europäischer Hochschulen zusammenzutragen. Der Ausschuss weist darauf hin, dass solche Informationen nicht nur bei Studierenden und Hochschulabsolventen gefragt sind, sondern auch Schülern die Wahl der Studienrichtung erleichtern kann;

37.

fordert die Europäische Kommission auf, gut abzuwägen, welche Ziele sie mit der Erstellung eines Europäischen Hochschulregisters im Einzelnen verfolgt und inwieweit dies nicht vielleicht bereits durch andere Initiativen erreicht wird, bevor sie mit der Entwicklung eines solchen Instruments beginnt;

3.2   Förderung von Mobilität

38.

unterstreicht voll und ganz die Bedeutung der Förderung von Mobilität und verweist die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang auf die nach wie vor aktuellen Bemerkungen unter der Überschrift "in Bezug auf die Mobilitätsinitiativen" in der AdR-Stellungnahme vom 27./28. Januar 2011 zur Leitinitiative "Jugend in Bewegung" (1);

39.

ist außerdem überzeugt, dass die Förderung der Sprachkenntnisse nicht nur die Möglichkeit für einen Austausch, sondern auch dessen Qualität verbessern wird, weshalb die Europäische Kommission auf diesem Gebiet Unterstützung bieten könnte, und ruft das Ziel der EU-Mehrsprachigkeitspolitik in Erinnerung, demgemäß alle Europäer neben ihrer Muttersprache über Kenntnisse in zwei weiteren Sprachen verfügen sollten;

40.

pflichtet der Europäischen Kommission in Bezug auf ihren Wunsch bei, Studierenden unabhängig ihres sozialen Hintergrunds einen besseren Zugang zu einem Masterstudium in einem anderen Mitgliedstaat zu ermöglichen, und bestätigt, dass es für diese Kategorie von Studierenden mehr finanzieller Unterstützung bedarf. Der Ausschuss nimmt den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Kenntnis, gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank eine europäische Bürgschaftsfazilität für Studiendarlehen einzuführen. Er betont, dass keine dieser Maßnahmen dazu führen darf, dass Mobilität ein kommerzielles Gut wird. Ein solches Instrument sollte als Ergänzung bestehender Stipendienprogramme wie Erasmus eingeführt werden, deren Wert seit langem bewiesen ist (2);

41.

bedauert, dass die mangelnde Mobilität staatlicher Darlehen die Mobilität der Studierenden einschränkt; weist nachdrücklich darauf hin, dass es bei der Vergabe von Darlehen und Stipendien keinerlei Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit geben darf;

42.

ist sich dessen bewusst, dass manche Mobilitätsströme eine Herausforderung für bestimmte Länder – und manchmal in noch stärkerem Maße für bestimmte Regionen – darstellen können. Der Ausschuss spricht sich bei Studien, die zu bestimmten Dienstleistungen berechtigen, wie etwa dem Medizinstudium, für die Zulassung von Zugangsregelungen unter Berücksichtigung der regionalen Ebene aus, die erforderlich sind, um die regionale medizinische Versorgung sicher zu stellen. Der Ausschuss ist darüber hinaus bereit, sich an einer detaillierten Analyse dieser Problematik und der Suche nach langfristigen Lösungen zu beteiligen, die für alle Beteiligten akzeptabel sind und mit den europäischen Errungenschaften im Einklang stehen;

43.

ist jedoch überzeugt, dass spezifische Maßnahmen ergriffen werden müssen, um zu gewährleisten, dass die Lernmobilität allen Studierenden gleichberechtigt zugänglich ist, unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund oder der geografischen Lage ihrer Herkunftsregion;

44.

weiß gleichfalls, dass die Qualität bestimmter Formen grenzüberschreitender Bildung im Rahmen von Franchisingvereinbarungen mit Sorge betrachtet wird, und ruft alle Mitgliedstaaten auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, z.B. hinsichtlich einer Qualitätssicherung von Studiengängen, die durch die eigenen Hochschulen außerhalb des Mitgliedstaats angeboten werden, sodass unter den Mitgliedstaaten weiterhin vollstes Vertrauen bezüglich der Hochschulen bestehen kann;

45.

teilt die Einschätzung, dass es noch zu viele Hindernisse für die grenzüberschreitende Mobilität von Forschern gibt, und ruft die Mitgliedstaaten auf, sich aktiv für eine bessere Regelung der sekundären Beschäftigungsbedingungen und der Sozialrechte einzusetzen, damit Forscher mehr Sicherheit bezüglich dieser Aspekte eines Auslandsaufenthalts haben, und somit die Hemmschwelle für die Teilnahme an grenzüberschreitender Mobilität zu senken;

3.3   Die Hochschulbildung als zentrales Element für Innovation, Arbeitsplatzschaffung und Beschäftigungsfähigkeit

46.

wartet auf die Annahme der "strategischen Innovationsagenda" und hofft, dass die Prioritäten im Zusammenhang mit der Entwicklung des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) rasch festgelegt und neue Wissens- und Innovationsgemeinschaften (KIC) zügig eingerichtet werden können;

47.

beobachtet interessiert die Entwicklung von "Wissensallianzen" zwischen den Hochschulen und den Unternehmen, fragt sich jedoch zugleich, ob ähnliche Allianzen zwischen den Hochschulen und Einrichtungen und Organisationen ohne Erwerbszweck nicht auch sinnvoll und sogar notwendig sein können. Der Ausschuss denkt hierbei u.a. an die Herausforderungen, vor denen Europa steht, etwa die Überalterung der Bevölkerung und den Rückgang des Anteils junger Menschen, die multikulturelle Gesellschaft, den Klimawandel usw.;

48.

begrüßt das Vorhaben der Europäischen Kommission, einen Qualitätsrahmen für Praktika zu entwickeln, und ist der Ansicht, dass die Europäische Kommission und nationale, regionale oder lokale Behörden der Mitgliedstaaten ihre Aufmerksamkeit fortan vor allem auf die aktive Begleitung der Umsetzung dieses Rahmens richten müssen; die vorgeschlagene zentrale Plattform für das Praktikumsangebot in Europa ist möglicherweise ausgezeichnet dafür geeignet, das Praktikumsangebot leicht zugänglich zu machen und jungen Menschen Anreize zu bieten, sich um Praktika in anderen Mitgliedstaaten zu bewerben;

3.4   Unterstützung der Internationalisierung der europäischen Hochschulen

49.

pflichtet der Europäischen Kommission bei, dass Internationalisierung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit nicht auf die Europäische Union beschränkt bleiben können, und dass es außerhalb der EU viel zu gewinnen gibt. Der Ausschuss betont in diesem Zusammenhang insbesondere, dass es ein enormes Potenzial für Zusammenarbeit mit angrenzenden Regionen sowohl innerhalb als außerhalb der EU gibt. In diesem Sinne sollte die EU die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Universitäten und den Hochschuleinrichtungen in Drittstaaten fördern, um u.a. ihre Verwaltung und Bildungsprogramme dadurch zu stärken, dass sie sich die in unseren Einrichtungen gesammelten Erfahrungen zunutze machen. Dazu ist es notwendig, die Mobilitätsmaßnahmen und den Austausch von Studierenden und Lehrkräften in den Universitäten der Grenzregionen und in denen ihrer angrenzenden Drittstaaten zu fördern, um so die Ausfuhr bewährter Verfahren zu unterstützen;

50.

erwartet konkretere Vorschläge, wie die Europäische Kommission die Einführung und Entwicklung von Internationalisierungsstrategien durch die europäischen Hochschulen unterstützen will, und rechnet damit, dass die Europäische Kommission hierüber mit allen Interessenträgern sprechen wird. Der Ausschuss weist darauf hin, dass auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an einem solchen Dialog beteiligt werden müssen, da die Internationalisierungsstrategien der Hochschulen oft in enger Wechselwirkung mit den Entwicklungsstrategien der Region stehen, in der sie angesiedelt sind;

3.5   Stärkung der Langzeitwirkung und Komplementarität von EU-Finanzierungen

51.

begrüßt den Vorschlag, die derzeitigen Programme für allgemeine Bildung, Berufsbildung und Jugend im Rahmen von "Erasmus für alle" ab 2014 mit mehr Mitteln auszustatten und die Verwaltung zu vereinfachen. Der Ausschuss hofft, dass dieses neue Programm nicht nur zu einer Ausweitung, sondern gleichzeitig auch zu einer qualitativen Vertiefung der verschiedenen Formen des Austauschs und der Zusammenarbeit führt;

52.

begrüßt ebenfalls den Vorschlag der Europäischen Kommission, die derzeitigen europäischen Programme für Forschung und Innovation in dem neuen Programm "Horizont 2020" zu bündeln;

53.

bietet – angesichts ihrer Nähe zu den Hochschulen – der Europäischen Kommission Unterstützung durch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an, wenn es darum geht, die Hochschulen zur Ausschöpfung der Möglichkeiten durch "Erasmus für alle" und "Horizont 2020" anzuregen;

54.

weist wie in früheren Stellungnahmen darauf hin, dass die Eingliederung der bestehenden Programme in diese neuen Programme mit der notwendigen Sorgfalt geschehen muss, damit wertvolle Elemente der bestehenden Programme bei dieser Neufassung nicht verloren gehen;

55.

ist mit der Verbindung einverstanden, die die Europäische Kommission zwischen der (höheren) Bildung einerseits und der Kohäsionspolitik der EU, dem Europäische Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds anderseits herstellt. Damit diese Mittel durch ihre Empfänger so wirksam und effizient wie möglich eingesetzt werden, fordert der Ausschuss die Europäische Kommission auf, bewährte Praktiken aus den verschiedenen Mitgliedstaaten und Regionen aufzuspüren und zu verbreiten;

3.6   Nächste Schritte auf dem Weg zu einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen europäischen Hochschulwesen

56.

verlässt sich darauf, dass die Europäische Kommission bei der Festlegung der konkreten Programme und Aktionsbereiche nach wie vor den sehr geschätzten Dialog mit allen beteiligten Akteuren einschließlich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften pflegt;

57.

nimmt den Vorschlag für die Einrichtung einer hochrangigen Gruppe zur Kenntnis, die die zentralen Elemente einer Modernisierung der Hochschulbildung analysieren soll, und rechnet damit, dass die Europäische Kommission bei der Zusammenstellung dieser Gruppe die spezifischen Herausforderungen umfassend berücksichtigt, die sie in ihrer Mitteilung skizziert hat; ersucht darum, dass der AdR in dieser hochrangigen Gruppe vertreten sein wird;

58.

drängt darauf, dass die Europäische Kommission bei der Ausarbeitung der Modernisierungsagenda für die benötigte Synergie zwischen allen für diese Agenda relevanten Leitinitiativen sorgt und dabei u.a. die Stellungnahmen berücksichtigt, die der Ausschuss zu diesen Leitinitiativen abgegeben hat.

Brüssel, den 16. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 292/2010 fin.

(2)  Vgl. Ziffer 20 der Stellungnahme "Jugend in Bewegung" (CdR 292/2010 fin), die auf der 88. Plenartagung des Ausschusses der Regionen am 27./28. Januar 2011 verabschiedet wurde.


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/52


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel“

2012/C 113/10

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

unterstützt den politischen Willen der Kommission, bei der Armutsbekämpfung in der Welt an ihrer Führungsrolle festzuhalten und insbesondere - trotz der derzeitigen wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Krise - zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele beizutragen;

teilt die Auffassung der Kommission, dass die EU zwar einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele geleistet hat, diese aber noch lange nicht erreicht sind, weshalb es notwendig ist, die künftige Entwicklungspolitik der EU zu überdenken;

bekräftigt seine Auffassung, dass mit der Überprüfung der europäischen Entwicklungspolitik und durch den europäischen Konsens Stellung, Rolle und Mehrwert der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in diesen Bereichen und Politikfeldern hervorgehoben werden sollte, und verpflichtet sich dazu, die enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission fortzusetzen, und zwar durch einen verstärkten Einsatz von Instrumenten wie dem Atlas der dezentralen Zusammenarbeit oder dem Internetportal oder im Rahmen der gemeinsamen Veranstaltung der Konferenz zur dezentralen Zusammenarbeit;

fordert eine zentrale und differenzierte Darstellung der Rolle der Gebietskörperschaften in der EU-Entwicklungspolitik sowohl wegen ihrer politischen Erfahrung in Bereichen wie Dezentralisierung von Zuständigkeiten, institutioneller Stärkung oder lokaler Verwaltung als auch wegen des großen Mehrwerts, den sie für Drittländer in diesen Bereichen oder in strategischen Sektoren wie Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur erbringen können; diese sind für die Umsetzung von Initiativen wichtig, die die EU im Bereich der Lebensmittelsicherheit zu fördern beabsichtigt;

teilt die Auffassung der Kommission, dass die EU die Entwicklung der Länder in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft und in Sub-Sahara-Afrika weiterhin besonders fördern sollte, und fordert deshalb, den Möglichkeiten der ARLEM und der CORLEAP Rechnung zu tragen.

Berichterstatter

Jesús Gamallo ALLER (ES/EVP), Generaldirektor für Außenbeziehungen und für Beziehungen zur Europäischen Union, Regierung der Autonomen Gemeinschaft Galicien

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel

COM(2011) 637 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

anerkennt den Wert der kürzlich von der Kommission vorgelegten Mitteilung "Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel". In dieser Mitteilung werden verschiedene Vorschläge unterbreitet, um die Wirkung der Maßnahmen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit in den nächsten zehn Jahren zu verbessern und gleichzeitig die Anstrengungen der EU zur Ausmerzung der Armut im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung und zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele fortzusetzen;

2.

unterstützt den politischen Willen der Kommission, bei der Armutsbekämpfung in der Welt an ihrer Führungsrolle festzuhalten und insbesondere - trotz der derzeitigen wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Krise - zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele beizutragen;

3.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die EU zwar einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele geleistet hat, diese aber noch lange nicht erreicht sind. Deshalb ist es notwendig, die künftige Entwicklungspolitik der EU im Hinblick auf eine wirksame Armutsbekämpfung zu überdenken und diese auf Partnerländer auszurichten, in denen sie eine größere Wirkung entfalten kann, wobei die Entwicklungszusammenarbeit der EU zugunsten der Menschenrechte, der Demokratie und anderer Schlüsselelemente verantwortungsvoller Staatsführung im Rahmen einer integrativen und nachhaltigen Entwicklung gestaltet werden sollte;

4.

bekräftigt seine Auffassung, dass mit der Überprüfung der europäischen Entwicklungspolitik und durch den europäischen Konsens Stellung, Rolle und Mehrwert der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in diesen Bereichen und Politikfeldern hervorgehoben werden sollten, wie er bereits in den Stellungnahmen CdR 312/2008 (1), CdR 312/2008 (2) und CdR 408/2010 (3) gefordert hat. Vor diesem Hintergrund und um den Austausch zu fördern und den Gebietskörperschaften ein Forum für den politischen Meinungsaustausch auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit zu bieten, verpflichtet sich der AdR dazu, die enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission fortzusetzen, und zwar durch einen verstärkten Einsatz von Instrumenten wie dem Atlas der dezentralen Zusammenarbeit oder dem Internetportal oder im Rahmen der gemeinsamen Veranstaltung der Konferenz zur dezentralen Zusammenarbeit;

5.

begrüßt, dass die Kommission einen auf die Akteure ausgerichteten Ansatz hervorhebt; bedauert jedoch, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU nicht als die für die Entwicklung maßgeblichen Akteure dargestellt, sondern nur im Zusammenhang mit anderen Instanzen erwähnt werden;

6.

fordert eine zentrale und differenzierte Darstellung der Rolle der Gebietskörperschaften in der EU-Entwicklungspolitik sowohl wegen ihrer politischen Erfahrung in Bereichen wie Dezentralisierung von Zuständigkeiten, institutioneller Stärkung oder lokaler Verwaltung als auch wegen des großen Mehrwerts, den sie für Drittländer in diesen Bereichen oder in strategischen Sektoren wie Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur erbringen können; diese sind für die Umsetzung von Initiativen wichtig, die die EU im Bereich der Lebensmittelsicherheit zu fördern beabsichtigt. Es gilt, den Sonderfall der Regionen in äußerster Randlage zu berücksichtigen, die aktive Grenzgebiete und Plattformen der EU in der Welt darstellen und zur Wirksamkeit der europäischen Entwicklungspolitik beitragen können, so wie bereits in der Stellungnahme CdR 408/2010 festgestellt;

7.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die richtige Mischung aus Strategien, Instrumenten und Ressourcen gefunden werden muss, um die Armut wirksam und effizient zu bekämpfen; regt gemeinsame Kriterien und Leitlinien an, die es ermöglichen, die Wirksamkeit und Wirkung der Entwicklungspolitik zu messen; die EU sollte sich an den Arbeiten z.B. im Rahmen des Entwicklungsausschusses (DAC) der OECD und anderer globaler Akteure beteiligen;

Menschenrechte, Demokratie und andere Schlüsselelemente verantwortungsvoller Staatsführung

8.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die verantwortungsvolle Staatsführung in jeder Hinsicht für eine breitenwirksame und nachhaltige Entwicklung wesentlich ist und dass deshalb die Stärkung der Institutionen der Partnerländer und die Verbesserung ihres Maßes an Effizienz, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit zentrale Aufgabenbereiche jeder Entwicklungsstrategie sind;

9.

unterstreicht, dass die Dezentralisierungsprozesse, in denen die Gebietskörperschaften eine Hauptrolle spielen sollten, erfahrungsgemäß entscheidend sind, um demokratischere, die Rechtstaatlichkeit und die Menschrechte stärker achtende Institutionen zu schaffen, die sich durch bessere Verwaltungsformen auszeichnen und den Bedürfnissen und Belangen der Bevölkerung näher stehen;

10.

teilt die Auffassung der Kommission, dass es einen Spielraum für die Zusammenarbeit der EU sowohl mit der Zivilgesellschaft als auch mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gibt; betont aber, dass sie ihre Beziehungen zu den Organisationen der Zivilgesellschaft und den Gebietskörperschaften durch einen regelmäßigen und strukturierten Dialog ausbauen sollte; bedauert, dass in diesem Zusammenhang nicht die zentrale Rolle herausgestellt wird, die die Gebietskörperschaften sowohl als demokratische als auch repräsentative Akteure spielen sollten. Diese könnten z.B. Exzellenznetze mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Entwicklungsländer bilden; fordert deshalb die Kommission auf, ein spezifisches Finanzinstrument zur Förderung dieser Netze zu schaffen; fordert die Kommission ferner auf, Ziele für die Unterstützung der lokalen Ebene im Rahmen spezifischer Programme aufzustellen, damit die länderspezifischen Strategien so in einem breiteren Spektrum an Initiativen resultieren können, die der Dezentralisierung zugute kommen; begrüßt vor diesem Hintergrund den Vorschlag, einen größeren Anteil für die Dezentralisierung im Einklang mit den Mitteln und Zielen, die für den sozialen Zusammenhalt und die Menschenrechte bestimmt sind, vorzusehen;

Breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum für die menschliche Entwicklung

11.

teilt die Auffassung der Kommission, dass ein breitwirksames und nachhaltiges Wachstum gefördert werden sollte, konzentriert auf die Integration gewährleistende Bereiche wie Sozialschutz, Gesundheit und Bildung oder auf die Nachhaltigkeit gewährleistende Bereiche wie Landwirtschaft und umweltfreundliche Energien; bedauert jedoch, dass in diesem Zusammenhang nicht auf die Notwendigkeit eingegangen wird, die Früchte des Fortschritts besser zu verteilen, um auch eine gerechte Einkommensverteilung sicherzustellen;

12.

unterstreicht, dass das Zusammenspiel der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften als der für ein breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum maßgeblichen Akteure entscheidend ist, und weist darauf hin, wie wichtig die Beziehungen zwischen den lokalen Gebietskörperschaften Europas und ihren Entsprechungen in den Empfängerländern für die Anwendung des in der Pariser Erklärung genannten Grundsatzes der Eigenverantwortung sind;

13.

begrüßt, dass Unterstützung bei der Überwindung mangelnder Wettbewerbsfähigkeit als Teil der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und anderer Freihandelsabkommen angeboten werden sollte; betont aber, dass die Grundregeln der EU-Handelsabkommen eingehalten werden müssen, d.h. hinsichtlich der Anwendung der Herkunftsvorschriften für Produkte aus Partnerländern aufgrund der potenziellen Beeinträchtigungen des ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarkts durch bestimmte Ausnahmeregelungen;

14.

ist der Ansicht, dass die Kommission klarstellen sollte, was unter den "neuen Wegen für die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft" zu verstehen ist, da es hinsichtlich der europäischen Zusammenarbeit nur wenige einschlägige Erfahrungen im Vergleich zu anderen multilateralen Gebern wie der Weltbank gibt. Die bisherigen Bewertungen der Kofinanzierung von Projekten mit der Privatwirtschaft haben gezeigt, dass es schwierig ist, klare Entwicklungsvorgaben in einem Großteil der finanzierten Maßnahmen zu definieren;

15.

teilt die Auffassung der Kommission, dass der Agrarsektor unterstützt werden muss, um die Grundlagen für ein nachhaltiges Wachstum zu schaffen; fügt jedoch hinzu, dass die ländliche Entwicklung und die Lebensmittelsicherheit wesentliche Elemente des Entwicklungsprozesses sind, wie er in der Stellungnahme CdR 408/2010 (Ziffer 39) festgestellt hat;

16.

stimmt der Kommission darin zu, dass die EU nachhaltige Verfahren, insbesondere vor Ort entwickelte Verfahren, fördern und dabei besonderes Augenmerk auf Kleinbetriebe und ländliche Existenzgrundlagen, die Bildung von Erzeugergemeinschaften sowie die Liefer- und Vermarktungskette legen sollte; sie sollte sich zudem um eine Stärkung der Ernährungsstandards, eine Verbesserung der politischen Maßnahmen zur Ernährungssicherung und eine Verringerung der Volatilität der Nahrungsmittelpreise auf internationaler Ebene bemühen; fordert aber, auch in diesem Falle den Kapazitäten und Erfahrungen der europäischen Regionen in folgenden Bereichen Rechnung zu tragen: Konzipierung der Basisinfrastruktur für die Verteilung von Lebensmitteln, Untersuchung der Fruchtbarkeit des Bodens und Anpassung des Anbaus an die jeweiligen Umweltbedingungen, Umgang mit empfindlichen örtlichen Ökosystemen und Planung zwecks Sicherung der Versorgung der Bevölkerung;

17.

teilt die Auffassung, dass die EU Technologie, Wissen und Finanzmittel für die Entwicklung im Energiesektor bereitstellen und dabei insbesondere einen stärkeren Rückgriff auf erneuerbare Energieträger fördern sollte, indem die Erfahrungen aus der EU mit den besonderen Bedingungen einiger Partnerländern für die Nutzung dieser Energieformen verknüpft werden;

18.

wiederholt, dass ein internationaler Pakt der Bürgermeister und Regionen zur Sicherung der Energieversorgung aller Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der gemeinsamen Programme, einschließlich eines angemessenen und spezifischen Finanzinstruments, unterzeichnet werden sollte, wie er in der Stellungnahme CdR 408/2010 (Ziffer 37) ausgeführt hat;

Differenzierte Entwicklungspartnerschaften

19.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die EU die Entwicklung der Länder in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft und in Sub-Sahara-Afrika weiterhin besonders fördern sollte; fordert deshalb, den Möglichkeiten der Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) und der Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Östlichen Partnerschaft (CORLEAP) als Foren für den Dialog und die Begegnung zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten und denen der Partnerländer Rechnung zu tragen;

20.

teilt die Auffassung der Kommission hinsichtlich der Kriterien für die Gewährung der EU-Entwicklungshilfe; fordert aber, darüber hinaus die historische und kulturelle Basisnähe und die Tradition der bisherigen gemeinsamen Arbeit zu berücksichtigen;

21.

weist jedoch darauf hin, dass 70% der Weltbevölkerung mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze in Ländern mit mittlerem Einkommen leben, und betont deshalb, dass die neue Politik der Ausrichtung der Hilfsmaßnahmen sorgfältig und schrittweise umgesetzt werden sollte, indem transparente und objektive Kriterien für die Beschlussfassung festgelegt werden;

Koordiniertes Handeln der EU

22.

teilt die Auffassung der Kommission, dass eine gemeinsame Programmierung der von der EU und den Mitgliedstaaten bereitgestellten Hilfe der Fragmentierung entgegenwirken und die Wirksamkeit verbessern würde; unterstreicht aber, dass die Koordinierung über die bloße gemeinsame Programmplanung hinaus vertieft werden sollte; dabei gilt es zu berücksichtigten, dass die Koordinierung der Hilfe einer der in der Paris-Agenda festgeschriebenen Grundsätze, ein Element des Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik und eines der normativen Prinzipien des Primärrechts (Artikel 210 AEUV) ist;

23.

begrüßt, dass die Kommission auf die Notwendigkeit hinweist, bei der Arbeitsteilung zwischen den europäischen Gebern hinsichtlich einer stärkeren Koordinierung und Komplementarität Fortschritte zu erreichen; wiederholt jedoch, dass es - wie in der Stellungnahme CdR 408/2010 festgestellt - nicht nur um die Arbeitsteilung der nationalen Geber untereinander, sondern auch zwischen ihnen und den betreffenden subnationalen (regionalen und lokalen) Gebern geht, da diese in verschiedenen Kooperationssystemen der EU eine Rolle spielen; fordert deshalb die Kommission auf, Anlaufstellen für die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Europäischen Auswärtigen Dienst und in der Generaldirektion Entwicklungszusammenarbeit (DEVCO) sowohl in der EU als auch in den Partnerländern zu schaffen; hält außerdem die Schaffung einer spezifischen Haushaltslinie für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU für unabdingbar;

24.

hält es für notwendig, im Rahmen der Interventionen Ergänzungsmöglichkeiten zu suchen und Doppelungen zu vermeiden, um zur Vielfältigkeit und Wirksamkeit der Politik der Entwicklungszusammenarbeit beizutragen. Dazu bedarf es Fortschritten bei der Aufgabenverteilung zwischen den Akteuren unter Berücksichtigung ihrer Spezialisierung und Erfahrung und unter Betonung der wichtigen Arbeit der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

25.

begrüßt, dass die Kommission das Instrument der Budgethilfe anerkennt und unterstützt, das zur Übereinstimmung mit den Partnerländern im Sinne der Pariser Erklärung beiträgt; fordert jedoch, im Dialog eine sorgfältige Bewertung der Voraussetzungen für die Budgethilfe, einschließlich der Möglichkeit einer Dezentralisierung von Teilen der Budgethilfe, zu berücksichtigen; erinnert in dieser Hinsicht daran, dass eine der Empfehlungen als Ergebnis des von der Kommission angeregten strukturierten Dialogs lautet, an die lokale Verwaltung geknüpfte Indikatoren in das Bündel der Bedingungen für die Partnerschaften der Geber mit den nationalen Regierungen aufzunehmen;

Erhöhung der Kohärenz zwischen den EU-Politiken

26.

teilt die Auffassung der Kommission, die Kohärenz der Entwicklungspolitik müsse gesichert und die Wirkung ihrer Strategien bei der Erreichung der Entwicklungsziele solle weiterhin bewertet werden;

27.

stimmt der Kommission darin zu, dass ein reibungsloser Übergang von humanitärer und Krisenhilfe zu langfristiger Entwicklungszusammenarbeit gewährleistet werden sollte;

Unterstützung der "Agenda für den Wandel"

28.

unterstützt die Kommission in ihrem Ersuchen an den Rat, die "Agenda für den Wandel" zu genehmigen, um so der EU eine wirksamere und wirkungsvollere Politik der Entwicklungszusammenarbeit zu ermöglichen und jene Veränderungen in den Partnerländern zu fördern, die erforderlich sind, um den Prozess der Reduzierung der Armut und der Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele zu beschleunigen, wobei der Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Rechnung getragen werden sollte.

Brüssel, den 16. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  CdR 312/2008 fin "Die Gebietskörperschaften als Akteure der Entwicklungszusammenarbeit".

(2)  CdR 116/2010 fin. "Frühjahrspaket: Aktionsplan der EU zur Verwirklichung der Milleniumsentwicklungsziele".

(3)  CdR 408/2010 fin. "EU-Entwicklungspolitik zur Förderung eines breitenwirksamen Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung - für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung".


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/56


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Das Legislativpaket über Opferrechte“

2012/C 113/11

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

unterstützt das Vorhaben, die Situation von Opfern von Straftaten und deren Rechtsstellung zu verbessern. Es handelt sich um einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Stockholmer Programms und des dazugehörigen Handlungsplans zur Schaffung eines echten Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, der seinerseits ein Schlüsselelement der europäischen Integration und ein Ziel der EU ist;

begrüßt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diese Bemühungen einbezogen werden. Ihnen kommt eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung vieler Dienstleistungen und Strukturen zur Unterstützung und Betreuung von Opfern von Straftaten zu, und auch nach Annahme des Opferrechtepakets der Kommission werden die auf EU-Ebene vorgeschlagenen Mindeststandards werden unausweichlich Folgen für die lokale und regionale Ebene haben;

unterstreicht, dass das von der Kommission vorgelegte Legislativpaket über Opferrechte bedeutende Auswirkungen auf die lokale und regionale Ebene haben wird, insbesondere bezüglich der finanziellen Folgen;

hält Lösungen für bedeutsam, die die Rechte der Opfer stärken, aber in Strafverfahren zugleich die Unschuldsvermutung unangetastet lassen und die individuellen Rechte von Tatverdächtigten und verurteilten Kriminellen gewährleisten;

schlägt vor, dass die EU im Zusammenhang mit der Koordinierung der Aufgaben unter den Mitgliedstaaten eine aktivere Rolle übernimmt.

Berichterstatter

Per Bødker ANDERSEN (DK/SPE), Stellvertretender Bürgermeister und Mitglied des Stadtrats von Kolding

Referenzdokumente

 

Mitteilung der Kommission "Stärkung der Opferrechte in der EU"

COM(2011) 274 final

 

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie für die Opferhilfe

COM(2011) 275 final

 

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen

COM(2011) 276 final

I.   ÜBERGEORDNETE POLITISCHE ERWÄGUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

unterstützt das Vorhaben, die Situation von Opfern von Straftaten und deren Rechtsstellung zu verbessern. Es handelt sich um einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Stockholmer Programms und des dazugehörigen Handlungsplans zur Schaffung eines echten Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, der seinerseits ein Schlüsselelement der europäischen Integration und ein Ziel der EU im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 EUV ist. Die Vorschläge zum besseren Opferschutz zielen insbesondere auf besonders schutzbedürftige Opfer von Straftaten ab, vor allem auf Kinder;

2.

stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Ausarbeitung gemeinsamer Mindeststandards im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts als ein Baustein einer durch Zusammenhalt geprägten Europäischen Union zu werten ist, und ersucht daher alle Mitgliedstaaten, sich zum Wohle aller Bürger in diesem Politikbereich zu engagieren;

3.

begrüßt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diese Bemühungen einbezogen werden. Ihnen kommt eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung vieler Dienstleistungen und Strukturen zur Unterstützung und Betreuung von Opfern von Straftaten zu, und auch nach Annahme des Opferrechtepakets der Kommission werden die auf EU-Ebene vorgeschlagenen Mindeststandards unausweichlich Folgen für die lokale und regionale Ebene haben;

4.

vertritt die Auffassung, dass ein hohes Opferschutzniveau wichtig ist, um die Folgen von Straftaten so umfassend wie möglich abzumildern, indem den Opfern geholfen wird, die körperlichen und/oder seelischen Folgen eines Verbrechens zu bewältigen;

5.

möchte darauf hinweisen, dass die Regelung der Opferrechte verschiedene soziale und kriminologische, aber auch finanzielle Konsequenzen hat, für die ausgewogene Lösungen gefunden werden müssen. Bei der Verbesserung der Lage von Opfern müssen eine Reihe wirtschaftlicher Aspekte, die sich gerade auch auf der lokalen und regionalen Ebene geltend machen, sowie Aspekte der Rechtssicherheit berücksichtigt werden;

6.

erinnert daran, dass die Regelung der Opferrechte Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Tatverdächtigen oder Angeklagten haben kann. Nach Auffassung des Ausschusses sollte nach Lösungen gesucht werden, bei denen zwar die Interessen der Opfer im Mittelpunkt stehen, die aber auch den rechtlichen Schutz der Tatverdächtigen oder Angeklagten nicht aus dem Auge lassen. Tatverdächtige und Angeklagte auch nach schweren Vergehen würdig zu behandeln, ist ein herausragendes Merkmal der Rechtsstaatlichkeit als einem der grundlegenden Prinzipien der europäischen Integration und eine Voraussetzung für dauerhafte und tragfähige Lösungen, auch für die Opfer. Hierzu gehören die Unschuldsvermutung bis zu ihrer Widerlegung und das Recht auf ein ordentliches Verfahren. Ohne die Wahrung der Rechte von Tatverdächtigen und Angeklagten ist die Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der EU nicht möglich. Der Ausschuss der Regionen erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass auch Mandatsträger der lokalen und regionalen Ebene die Pflicht haben, für eine solche Ausgewogenheit zu sorgen;

7.

begrüßt, dass das Opferrechtepaket der Kommission im Wesentlichen aus einer Mindestregelung besteht, die ein gemeinsames Mindestniveau an Rechten sichert, es jedoch gleichzeitig jedem Mitgliedstaat freistellt, eine noch bessere Rechtsstellung zu gewähren. Der Ausschuss hebt hervor, dass die EU-Standards in keinem Mitgliedstaat zu einer Schwächung der Opferrechte führen dürfen. Für den jeweiligen nationalen und regionalen Kontext müssen ausgewogene Lösungen gesucht werden, die den jeweiligen Gegebenheiten, der Kultur und den Traditionen in den einzelnen Ländern angepasst sind. Dies ist im Sinne von Artikel 82 Absatz 2 AEUV, wonach die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen und -traditionen der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind, und es entspricht ferner den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit nach Artikel 5 Absatz 3 des EU-Vertrags;

8.

wiederholt, dass nach ausgewogenen Lösungen gesucht werden sollte, bei denen eine differenzierte Opferhilfe und Verfahrensrechte je nach Schwere und Bedeutung der zu lösenden Probleme angestrebt werden sollten. Der Schutz der Rechtsstellung von Opfern ist ein sehr weites Feld, das unterschiedliche Arten von Straftaten und eine Reihe höchst unterschiedlicher Maßnahmen rechtlicher, sozialer, wirtschaftlicher, medizinischer und psychologischer Art umfasst. Der Ausschuss der Regionen ruft dazu auf, differenzierte Lösungen zu suchen, bei denen stets dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen ist, um so zu einem stimmigen Verhältnis zwischen Problem und Lösung zu gelangen;

II.   DIE BEDEUTUNG DES PAKETS ÜBER OPFERRECHTE FÜR DIE LOKALE UND REGIONALE EBENE

9.

unterstreicht, dass das von der Kommission vorgelegte Legislativpaket über Opferrechte bedeutende Auswirkungen auf die lokale und regionale Ebene haben wird, insbesondere bezüglich der finanziellen Folgen. Dies bezieht sich nicht nur auf die Regionen in den föderal aufgebauten EU-Mitgliedstaaten, sondern gilt gerade auch für die lokale Ebene, denn es sind in vielen Fällen die kommunale Polizei und andere Kommunalbehörden, die den Erstkontakt mit Opfern von Straftaten haben. Häufig werden es auch lokale Gebietskörperschaften sein, die sich um besonders schutzbedürftige Opfer kümmern müssen, wie etwa Kinder und Minderjährige sowie Menschen mit Behinderungen. Deshalb verweist der Ausschuss der Regionen darauf, dass angemessene finanzielle Lösungen gefunden werden müssen, die dem jeweiligen nationalen Kontext entsprechen, um die Verbesserung des Opferschutzes im Einklang mit den Vorschlägen sicherzustellen und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu befähigen, ihren Verpflichtungen nachzukommen;

10.

hält die Bemühungen um eine bessere grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaften bzw. Behörden für einen besonders wichtigen Aspekt bei der Stärkung des Opferschutzes. Derartige Kooperationsprogramme, in denen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf natürliche Weise eine Schlüsselrolle zufällt, sollten sowohl vertikal (Beziehungen zwischen lokalen/regionalen Gebietskörperschaften bzw. Behörden und nationalen Behörden) als auch horizontal (Beziehungen zwischen verschiedenen regionalen und/oder lokalen Gebietskörperschaften bzw. Behörden) gestärkt werden. Die Bedeutung solcher Strukturen kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn ein Strafverfahren grenzübergreifende Aspekte aufweist und ein Opfer in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist.

In diesem Zusammenhang bedauert der Ausschuss der Regionen, dass die in Artikel 25 des Richtlinienvorschlags enthaltenen Bestimmungen zur Koordinierung der Zusammenarbeit im Vergleich zur Richtlinie aus dem Jahr 2001 nicht geändert wurden und ausschließlich an die Mitgliedstaaten gerichtet sind;

11.

ist der Ansicht, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften über weit reichende Erfahrungen und Fachwissen im Zusammenhang mit der Unterstützung und Betreuung von Opfern von Straftaten verfügen. Die Nutzung und der Austausch dieses Fachwissens – auch während der Rechtssetzungsarbeit – können dazu beitragen, die von der Kommission aufgestellten Ziele zu erreichen, und ist mithin zu unterstützen;

III.   KONKRETE VORSCHLÄGE

12.

schlägt vor, direkter auf die Rolle der Regionen, Städte und Gemeinden im Zusammenhang mit dem Opferrechtepaket einzugehen. Wenn der Unionsgesetzgeber der Auffassung ist, dass auch den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle zukommt, sollte dies z.B. in den Erwägungsgründen des Richtlinienvorschlags klarer zum Ausdruck gebracht werden (siehe Änderungsvorschlag 2);

13.

fordert zu Überlegungen auf, wie bzw. ob das Fachwissen regionaler und lokaler Gebietskörperschaften in die Bemühungen einfließen kann, eine bessere Unterstützung und Betreuung der Opfer von Straftaten zu gewährleisten. Einhergehen sollte dies mit einem stärkeren Nachdruck auf der Ausbildung von Polizeibediensteten, Sozialarbeitern und anderen Berufsgruppen auf der lokalen Ebene, die häufig den ersten Kontakt mit den Opfern haben;

14.

hält Lösungen für bedeutsam, die die Rechte der Opfer stärken, aber in Strafverfahren zugleich die Unschuldsvermutung unangetastet lassen und die individuellen Rechte von Tatverdächtigten und verurteilten Kriminellen gewährleisten; regt daher an, dies in Erwägungsgrund 7 des Richtlinienvorschlags direkter zum Ausdruck zu bringen (siehe Änderungsvorschlag 1);

15.

ist der Auffassung, dass die Regionen, Städte und Gemeinden an der Suche nach möglichen Wegen für eine bessere grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bzw. Behörden aus verschiedenen Ländern zu beteiligen sind. Die Benennung von Kontaktstellen für die Regionen bzw. Gemeinden als Referenzpunkte für die Informationen über die jeweiligen Tätigkeiten der unterschiedlichen Einrichtungen in diesem Bereich ist von herausragender Bedeutung;

16.

schlägt vor, dass die EU im Zusammenhang mit der Koordinierung der Aufgaben unter den Mitgliedstaaten auch auf lokaler und regionaler Ebene eine aktivere Rolle übernimmt. Möglich wäre dies z.B. durch die Einrichtung eines Koordinierungsmechanismus auf EU-Ebene, dessen Aufgabe in der Förderung der Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften bzw. Behörden verschiedener Mitgliedstaaten bestehen sollte, und zwar durch allgemeine Studien wie auch durch die Koordinierung konkreter Verfahren, beispielsweise indem der Kontakt zwischen den jeweils zuständigen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in anderen Mitgliedstaaten vermittelt wird. Diese Einrichtung könnte auch eine Datenbank über bewährte Praktiken aufbauen und betreiben, wie es in der Stellungnahme des AdR zum Aktionsplan des Stockholmer Programms angeregt wurde (1);

17.

es sollte auch über angemessene Maßnahmen nachgedacht werden, die den Opfern selbst Zugang zu praktischen Information und Unterstützung auf EU-Ebene geben. Ein EU-weiter Telefonberatungsdienst für Opfer könnte vermutlich die Lage der Opfer von im Ausland verübten Straftaten verbessern – und dies nicht nur, während sie sich im Ausland befinden und Hilfe und Unterstützung verschiedener Art benötigen, sondern auch nach ihrer Rückkehr ins Heimatland und im Kontakt mit den Behörden des Landes, in dem die Straftat verübt wurde;

18.

möchte auch auf die große Erfahrung und das einschlägige Fachwissen privater und anderer Akteure in diesem Bereich aufmerksam machen. Der AdR fordert dazu auf, nicht nur die verschiedenen privaten, sondern auch juristische Personen sowie nichtstaatliche Opferschutz- und Opferhilfeverbände auf nationaler und auch auf regionaler/lokaler Ebene in die Bemühungen um eine Verbesserung der Lage der Opfer einzubeziehen. Möglich wäre dies durch eine Koordinierung auf EU-Ebene zum Zwecke der Erfahrungsauswertung mit Beteiligung verschiedener privater und anderer Akteure, die zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit beitragen könnten;

19.

hält es für besonders wichtig, dass vor allem der Unterstützungs- und Betreuungsbedarf von Kindern und Minderjährigen im Zusammenhang mit Straftaten berücksichtigt wird. Seiner Auffassung nach sollten Mindestvorschriften für die Hilfe für Kinder und Minderjährige, die Opfer einer Straftat geworden sind, so eindeutig wie möglich in die EU-Rechtsvorschriften aufgenommen werden und sich nicht auf allgemeine Absichtserklärungen beschränken;

20.

unterstreicht, dass sich das kriminologische und viktimologische Wissen über Kinder und Minderjährige, die Opfer einer Straftat geworden sind, stetig erweitert und neue Erkenntnisse bei der Formulierung und Aktualisierung der EU-Rechtsetzung mitberücksichtigt werden müssen. Insbesondere legen wissenschaftliche Erkenntnisse nahe, dass ein Ansatz, der im Vergleich zu dem Vorgehen der Europäischen Kommission stärker auf die verschiedenen Entwicklungsstadien der Kinder und deren jeweilige Bedürfnisse ausgerichtet ist, ratsam erscheint (2).

Eine stärker nach Alter und Art der Straftat differenzierte Lösung könnte den Weg für strengere und gezieltere Mindestvorschriften für spezielle Opferkategorien bahnen, z.B. eine spezielle Unterstützung für kleinere Kinder oder für Kinder bzw. Minderjährige, die Opfer einer besonders schweren Straftat geworden sind;

21.

weist darauf hin, dass die in Artikel 2 des Richtlinienvorschlags enthaltene Begriffsbestimmung für "Opfer" sehr breit gefasst ist. Als Opfer im Sinne der Richtlinie gelten alle natürlichen Personen, die allen Arten von Verbrechen ausgesetzt gewesen sind, darunter auch Bagatelldelikten. Diese breite Definition gibt auch Opfern von Bagatellvergehen Zugang zu vielfältigen, in der Richtlinie dargestellten Verfahrensrechten. Dies könnte hohe Kosten verursachen und fraglich ist, ob eine solch umfassende Regelung eine ausgewogene und der Lage der Opfer angemessene Lösung ist;

22.

verweist darauf, dass sich auch in anderen Bereichen der europäischen Gesetzgebung auf dem Gebiet Justiz und Inneres die Praxisanwendung von Instrumenten der umfassenden Zusammenarbeit als viel kostspieliger als ursprünglich geplant erwiesen haben, weil vernünftige Differenzierungskriterien fehlen: So hat die Europäische Kommission in den jüngsten Evaluierungen des Europäischen Haftbefehls etwa vor dem Einsatz des Haftbefehls in Fällen von Kleinkriminalität gewarnt, da dieses Instrument von einigen Mitgliedstaaten über Gebühr genutzt worden ist;

23.

regt daher an, dass die Europäische Kommission einen differenzierteren und auf die aufgetretenen Probleme zugeschnittenen Ansatz erwägt, und fordert eine entsprechende Eingrenzung der Opferrechte, damit die Verhältnismäßigkeit zwischen den Rechten der Opfer und der Schwere der Straftat gewährleistet ist. Der AdR regt daher die Aufnahme eines allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in die Richtlinie an, mit dem dafür gesorgt würde, dass die Opfer kleinerer Vergehen von bestimmten Teilen der Richtlinie ausgenommen werden.

IV.   ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE

Änderungsvorschlag 1

Erwägungsgrund 7

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Die Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

Die Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten – – und den Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

Begründung

Die Unschuldsvermutung und die Achtung der Grundrechte gehören zu den wesentlichen Errungenschaften der europäischen Rechtsstaatlichkeit. Deshalb sollten sie im Zusammenhang mit dem Opferschutz explizit erwähnt werden.

Änderungsvorschlag 2

Neuer Erwägungsgrund 24 a)

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

 

Begründung

Als Erbringer von Dienstleistungen und als Informationskanäle haben die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine zentrale Bedeutung, die in den Erwägungsgründen des Richtlinienentwurfs auch ausdrücklich genannt werden sollte.

Änderungsvorschlag 3

Neuer Erwägungsgrund 25 a)

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

 

Begründung

In einigen Gebieten der europäischen Rechtsetzung in den Bereichen Justiz und Inneres hat sich die Praxisanwendung von Instrumenten der umfassenden Zusammenarbeit als viel kostspieliger als ursprünglich geplant erwiesen. Da in der vorgeschlagenen Richtlinie "Opfer" auf sehr umfassende Weise definiert werden, erhalten auch Opfer von Bagatellvergehen Zugang zu vielfältigen, in der Richtlinie dargestellten Verfahrensrechten. Es ist fraglich, ob eine solch umfassende Regelung eine ausgewogene, der Lage der Opfer angemessene Lösung ist.

Änderungsvorschlag 4

Artikel 25

Kommissionsvorschlag

Änderungsvorschlag des AdR

Zusammenarbeit und Koordinierung von Diensten

1.   Die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um die Rechte und Interessen der Opfer im Strafverfahren wirksamer zu schützen, unabhängig davon, ob in mit dem Justizsystem unmittelbar verbundenen Netzen oder über Verbindungen zwischen Opferhilfe-Organisationen, einschließlich durch die Unterstützung europäischer Opferhilfe-Netze.

2.   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Behörden, die mit Opfern zu tun haben oder Opferhilfe leisten, zusammenarbeiten, um die Opferschutzmaßnahmen zu koordinieren und die negativen Auswirkungen der Straftat, das Risiko einer sekundären und wiederholten Viktimisierung und die auf die Kontakte zwischen Opfern und Strafjustizbehörden zurückzuführende Belastung der Opfer zu minimieren.

Zusammenarbeit und Koordinierung von Diensten

1.   Die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um die Rechte und Interessen der Opfer im Strafverfahren wirksamer zu schützen, unabhängig davon, ob in mit dem Justizsystem unmittelbar verbundenen Netzen oder über Verbindungen zwischen Opferhilfe-Organisationen, einschließlich durch die Unterstützung europäischer Opferhilfe-Netze.

2.   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Behörden, die mit Opfern zu tun haben oder Opferhilfe leisten , zusammenarbeiten, um die Opferschutzmaßnahmen zu koordinieren und die negativen Auswirkungen der Straftat, das Risiko einer sekundären und wiederholten Viktimisierung und die auf die Kontakte zwischen Opfern und Strafjustizbehörden zurückzuführende Belastung der Opfer zu minimieren.

Begründung

Die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sind wesentlich daran beteiligt, den Opferrechten Geltung zu verschaffen. Demnach müsste die Koordinierung sowohl vertikal (Beziehungen zwischen lokalen/regionalen Gebietskörperschaften bzw. Behörden und nationalen Behörden) als auch horizontal (Beziehungen zwischen verschiedenen regionalen und/oder lokalen Gebietskörperschaften bzw. Behörden) gestärkt werden. Die Bedeutung solcher Strukturen kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn ein Strafverfahren grenzübergreifende Aspekte aufweist und ein Opfer in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist.

Brüssel, den 16. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Bürger Europas – Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms", 87. Plenartagung des AdR am 1./2. Dezember 2010, Berichterstatter: Holger Poppenhäger (DE/SPE), Justizminister des Freistaats Thüringen.

(2)  Siehe "Protecting children and preventing their victimization, From policy to action, From drafting legislation to Practical Implementation" von Dr. Ezzat A. Fattah, emeritierter Professor der School of Criminology an der Simon Fraser University Burnaby, Kanada. Hauptredner auf der Konferenz "Children in the Union – Rights and Empowerment" (CURE Hotel Sheraton, Stockholm, Schweden) am 3./4. Dezember 2009. Die Konferenz wurde vom schwedischen EU-Ratsvorsitz zum Thema "Kinder als Opfer in strafrechtlichen Verfahren" durchgeführt.


18.4.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 113/62


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Entwicklung einer europäischen Kultur der Multi-Level-Governance: Folgemaßnahmen zum Weißbuch des Ausschusses der Regionen“

2012/C 113/12

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

ist der Ansicht, dass eine – im Sinne eines stärker integrativen Prozesses und der praktischen Umsetzung der Multi-Level-Governance – erneuerte Gemeinschaftsmethode erforderlich ist;

begrüßt den politischen Konsens hinsichtlich seiner Konzeption des Regierens in Europa und die Unterstützung seines Ansatzes durch die europäischen Institutionen;

hat die Initiative ergriffen, einen Multi-Level-Governance-Anzeiger auf Ebene der Europäischen Union zu erstellen, der auf jährlicher Grundlage dazu beitragen wird, die Berücksichtigung der wichtigsten Grundsätze und Mechanismen des Regierens auf mehreren Ebenen im Rahmen des EU-Politikgestaltungszyklus zu messen, wobei der Schwerpunkt auf der territorialen Dimension der untersuchten politischen Maßnahmen und Strategien liegen soll;

ist der Auffassung, dass zur Konsolidierung seiner Überwachungsbemühungen die Praxis der Multi-Level-Governance einen besonderen Schwerpunkt der nächsten Subsidiaritätskonferenz bilden könnte;

wird in den kommenden Monaten sein Vorhaben einer EU-Charta der Multi-Level-Governance konkretisieren, die zu einer stärkeren Teilhabe der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Ausübung der europäischen Demokratie führen soll. Sie soll in einem integrativen und partizipativen Verfahren erarbeitet werden, damit sich die lokalen und regionalen Mandatsträger in der Charta wiederfinden.

Berichterstatter

Luc VAN DEN BRANDE (BE/EVP), Präsident des Verbindungsbüros Flandern-Europa

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

bekräftigt die politische Verpflichtung, die er in seinem am 17. Juni 2009 verabschiedeten Weißbuch zur Multi-Level-Governance (1) eingegangen ist, und beabsichtigt daher, nach dem Vorschlag des politischen Vorhabens einer "Partnerschaft für den Aufbau Europas" für die Verwirklichung dieses Ziels einzutreten, indem er sich entschieden gegen Widerstände wendet, was der europäischen Integration förderlich sein wird (2);

A.    Allgemeine grundsätze der multi-level-governance

2.

erachtet das Mehrebenenregieren ("Multi-Level-Governance") als einen Grundsatz, der im koordinierten Handeln der Union, der Mitgliedstaaten und der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften besteht, wobei dieses Handeln seinerseits auf dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie dem Grundsatz der Partnerschaft beruht, der sich in einer funktionellen und institutionalisierten Zusammenarbeit konkretisiert, mit der die Politik der Europäischen Union gestaltet und umgesetzt werden soll;

3.

erinnert folglich an die Notwendigkeit einer – im Sinne eines stärker integrativen Prozesses und der praktischen Umsetzung der Multi-Level-Governance – erneuerten Gemeinschaftsmethode, die die Effizienz des Handelns der Europäischen Union erhöhen und eine neue Kultur der interinstitutionellen Zusammenarbeit und einer Politik zur Förderung der Teilhabe der Mandatsträger auf allen Ebenen – in jedem Falle der Mandatsträger aus Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen – am europäischen Prozess begünstigen würde;

4.

begrüßt den politischen Konsens hinsichtlich seiner Konzeption des Regierens in Europa und die Unterstützung seines Ansatzes durch die europäischen Institutionen und ist überzeugt, dass es für die Konkretisierung einer echten Kultur der Multi-Level-Governance in Europa dreier Voraussetzungen bedarf:

Konsolidierung der Fundamente und Grundsätze, auf denen diese Form des Regierens im institutionellen und politischen Rahmen auf europäischer und nationaler Ebene fußt,

Umsetzung der Multi-Level-Governance mithilfe entsprechender Mechanismen und Instrumente,

Schaffung der Voraussetzungen für eine finanzielle Autonomie der einzelnen Regierungs- und Verwaltungsebenen und insbesondere der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie Gewährleistung einer guten gemeinsamen Nutzung der Mittel durch eine bessere Quersubventionierung öffentlicher Ausgaben;

5.

erinnert daran, dass die Multi-Level-Governance mit dem Vertrag von Lissabon unbestreitbar zu einem festen Bestandteil der Arbeitsweise der Europäischen Union geworden ist, und zwar insbesondere dadurch, dass ihr Status im institutionellen Gefüge gestärkt wurde und das Ziel des territorialen Zusammenhalts und die subnationale Dimension des Subsidiaritätsprinzips festgeschrieben wurden;

6.

ist der Einschätzung, dass dem Allgemeininteresse Europas, der Mitgliedstaaten und der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften somit zweifellos am besten dadurch gedient ist, indem die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips als notwendige Voraussetzung für die Schaffung eines europäischen Mehrwerts erachtet wird und die Multi-Level-Governance als flexible und partizipative Regierungs- und Verwaltungsform angesehen wird, die die Werte der Europäischen Union und ihr verantwortungsvolles und solidarisches Handeln stützt, um so die Herausforderungen einer immer stärker in gegenseitiger Abhängigkeit befindlichen und von Wettbewerb geprägten Welt bewältigen zu können;

7.

vertritt die Ansicht, dass im Zuge von Überlegungen über das Regieren in Europa die essenzielle Frage der Wahrung des Subsidiaritätsprinzips in den Rahmen eines dynamischen politischen und legislativen Prozesses eingebettet werden kann, und weist nachdrücklich darauf hin, dass das Subsidiaritätsprinzip und der Grundsatz der Multi-Level-Governance nicht voneinander zu trennen sind: Ersteres bezieht sich auf die Zuständigkeiten der einzelnen Regierungs- und Verwaltungsebenen, bei Letzterem steht der Aspekt des Zusammenspiels dieser Ebenen im Vordergrund;

8.

ist der Meinung, dass die Einbettung der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit in den Kontext der Multi-Level-Governance auch bedeutet anzuerkennen, dass die politischen Maßnahmen der EU nicht isoliert, sondern bereichsübergreifend gestaltet werden müssen: Das Gelingen der derzeit auf der europäischen Prioritätenliste ganz oben rangierenden globalen Strategien hängt nämlich immer stärker von der Qualität des geteilten Regierens in Europa sowie von der strikten Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips ab, das gewährleistet, dass Beschlüsse nicht allein auf einer Regierungsebene gefasst und politische Maßnahmen auf der dafür am besten geeigneten Ebene geplant und umgesetzt werden;

9.

reiht seine Vorschläge in den derzeitigen Kontext des europäischen Integrationsprozesses ein, der verstärkte Anstrengungen der politischen Entscheidungsträger auf europäischer, einzelstaatlicher, regionaler und lokaler Ebene in Bezug auf Verantwortung und Solidarität im Geiste des Grundsatzes der Gegenseitigkeit  (3) impliziert;

B.    Konsolidierung der werte und grundsätze der multi-level-governance: Fortschritt und Verstärkung

Für ein neues Verständnis des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts

10.

unterstreicht, dass der Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts  (4) als Kernstück des Gefüges der Europäischen Union eine fundamentale Garantie für die europäische Demokratie ist, und vertritt die Ansicht, dass das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, durch das dem Ausschuss der Regionen ein gestärkter institutioneller und rechtlicher Status im Hinblick auf die Verteidigung seiner Vorrechte vor dem Gerichtshof eingeräumt wird, die vollständige Wahrung dieses Prinzips ihm gegenüber impliziert;

11.

vertritt die Auffassung, dass die Erarbeitung einer EU-Charta der Multi-Level-Governance mit dem Ziel, ein gemeinsames, konsensbasiertes Konzept des Regierens in Europa im Wertekanon der Europäischen Union zu verankern, eine wesentliche Etappe auf dem Weg zur Konkretisierung seines politischen Vorhabens wäre;

12.

stellt fest, dass es an einem kohärenten europäischen Verwaltungsrecht zur Gewährleistung von Mindestnormen für die Anwendung von Konsultations-, Koordinations-, und Partizipationsverfahren durch die Regionen und Städte fehlt, und fordert die Europäische Kommission daher auf, langfristig die Erarbeitung einer Akte europäischer Verwaltungsverfahren ins Auge zu fassen, mit der die zentralen Werte und Grundsätze dieser künftigen Charta in stärker partizipative Verfahren umgesetzt würden;

13.

ist der Ansicht, dass im Zuge der derzeit laufenden Überarbeitung des Abkommens über die Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission der Legitimität und der Verantwortung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Arbeitsweise der EU stärker Rechnung getragen werden muss und im Interesse des gesamten EU-Beschlussfassungsprozesses sowohl die Wahrung der beiden zentralen Handlungsmaximen der Europäischen Union – des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – als auch die Bejahung des Grundsatzes der Multi-Level-Governance als strukturgebendes Prinzip gewährleistet werden müssen;

14.

vertritt die Meinung, dass diese Überarbeitung von einem dynamischen Prozess begleitet sein muss, der zur gemeinsam mit der Europäischen Kommission erfolgenden Annahme eines laufend aktualisierten Aktionsplans führen wird, in dem die Initiativen ermittelt werden, die die größten territorialen Auswirkungen haben dürften; der AdR könnte anbieten, mittels der Sachkenntnis seiner Mitglieder und der von ihm geleiteten Plattformen der Gebietskörperschaften (Europa 2020, Subsidiarität, EVTZ) die Ex-ante- und Ex-post-Analyse hierzu beizusteuern (5);

15.

fordert das Europäische Parlament auf, als Institution stärker dafür einzutreten, die Grundsätze und Mechanismen der Multi-Level-Governance und den integrierten Ansatz umzusetzen, und unterstützt dessen Vorschlag zur Schaffung eines europäischen Labels für Multi-Level-Governance (6);

16.

befürwortet die Initiative des Rates der Europäischen Union, der im März 2010 (7) erstmals zu einem informellen Ministertreffen zur Multi-Level-Governance zusammenkam, wobei der Ausschuss der Regionen in den Schlussfolgerungen dieses Treffens ausdrücklich dazu aufgefordert wird, eine laufende politische Bewertung der Fortschritte im Bereich der Multi-Level-Governance in der Europäischen Union zu gewährleisten, und ersucht künftige Ratsvorsitze, diesen Ansatz wieder aufzugreifen; stellt des Weiteren fest, dass seine systematischere Anwesenheit bei Ratstagungen und zwischenstaatlichen Sitzungen ein Zeichen für Fortschritte bei der Berücksichtigung dieser Form des Regierens sind;

17.

begrüßt die Aussicht auf eine Annäherung an den Vorsitz des Europäischen Rates sowie dessen offenes Ohr für die Auswirkungen der auf Ebene der Staats- und Regierungschefs getroffenen strategischen Entscheidungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und erachtet es in diesem Zusammenhang als angemessen, im Vorfeld der Frühjahrstagung jedes Europäischen Rates ein Treffen zu veranstalten;

18.

beabsichtigt die Einführung eines systematischeren Dialogs, zum einen mit dem Gerichtshof über die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des Ziels des territorialen Zusammenhalts bei der ordnungsgemäßen Umsetzung des EU-Rechts und seine Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie über die Achtung der vier Grundfreiheiten und zum anderen mit dem Rechnungshof über die gute Governance der europäischen Finanzen und die Auswirkungen ihrer Verwaltung auf den territorialen Zusammenhalt und die Wettbewerbsfähigkeit der Städte und Regionen;

Ein partnerschaftlicher Ansatz für eine intelligente Regulierung

19.

befürwortet den neuen Ansatz, der mit dem Konzept der intelligenten Regulierung vorgeschlagen wurde, dem zufolge die Rechtsvorschriften im EU-Politikgestaltungszyklus kontinuierlich an neue Herausforderungen und Umstände angepasst werden und ihre Umsetzung sorgfältig evaluiert wird; ist jedoch der Einschätzung, dass dieser Ansatz mit einer stärkeren Berücksichtigung seiner Auswirkungen auf die lokale und regionale Ebene einhergehen muss (8);

20.

wiederholt seine Forderung, dass der interinstitutionellen Vereinbarung zur besseren Rechtsetzung im Zuge der nächsten Überarbeitung ein spezifisches Protokoll über bestimmte Bestimmungen beigefügt wird, an denen er umfassend beteiligt würde, nämlich insbesondere diejenigen, die mit den Folgenabschätzungen und der Ex-post-Bewertung der Rechtsvorschriften zusammenhängen;

21.

beabsichtigt, seine Beteiligung an den Folgemaßnahmen zum Aktionsplan für bessere Rechtsetzung insbesondere dadurch zu stärken, dass sein jährlicher Subsidiaritätsbericht als anerkannter Beitrag zum Jahresbericht der Kommission über bessere Rechtsetzung berücksichtigt wird;

22.

ruft zu einer Überarbeitung der Leitlinien für die von der Kommission vorgeschlagenen Folgenabschätzungen auf, durch die eine Systematisierung der Abschätzung ex ante und ex post der Folgen auf lokaler und regionaler sowie die Entwicklung territorialer Indikatoren und von Indikatoren für integrative Governance gefördert würden; wird diesbezüglich konkrete, auf den Erkenntnissen der bereits mit der Europäischen Kommission eingeleiteten Zusammenarbeit beruhende Vorschläge einbringen;

23.

unterstützt voll und ganz das Ziel, das im Rahmen der Arbeiten der hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger im Bereich Verwaltungslasten (Stoiber-Gruppe) vorherrschen muss, und unterstreicht, dass er sich innerhalb dieser Gruppe dafür einsetzen wird, den Verwaltungsaufwand für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu verringern;

24.

bedauert die mangelnde Beteiligung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an der Komitologie und drängt die Europäische Kommission zur Behebung dieses Mankos, das die ordnungsgemäße Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften auf lokaler und regionaler Ebene belastet;

Eine Antwort zur Verstärkung der Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an der europäischen Integration

25.

begrüßt die Empfehlungen der Reflexionsgruppe, die vom Europäischen Rat beauftragt wurde, dafür Sorge zu tragen, dass die Union die langfristigen Herausforderungen (Horizont 2020-2030) besser antizipieren und bewältigen kann, und die durch ihren Vorschlag eines neuen Pakts die Notwendigkeit eines "Mehrebenensystems" anerkennt, in dem die "Zuständigkeiten nicht auf verschiedene Ebenen der Hierarchie aufgeteilt, sondern von ihnen gemeinsam wahrgenommen werden", und das "[…] die EU-Politik und die Beziehungen auf allen Ebenen, zwischen Menschen und Generationen und zwischen Gemeinden, Regionen und Mitgliedstaaten, bestimmen [kann und muss]"; befürwortet den Aufruf des Rates der Weisen, die Konsultation und die Einbindung des Ausschusses der Regionen zur Stärkung des politischen Bewusstseins in Europa zu fördern und auf diese Weise die Bürger eher dafür zu gewinnen, sich mit dem "Projekt Europa" zu identifizieren (9);

26.

hält es für zweckdienlich, eine jährliche wertende Bestandsaufnahme des Regionalisierungs- und Dezentralisierungsprozesses in der Europäischen Union vorzunehmen, um ein Barometer der hinsichtlich der politischen, rechtlichen und steuerlichen Autonomie der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verzeichneten Dynamik zu erstellen, die insbesondere dazu geeignet wäre, das Engagement des Ausschusses der Regionen bei der Überwachung des Subsidiaritätsprinzips zu begleiten, und im Zuge einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats in Erwägung gezogen werden muss;

27.

plädiert für die Einsetzung eines Erasmus-Programms der lokalen und regionalen Mandatsträger im Rahmen einer institutionellen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission und begrüßt die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Bereitstellung von Finanzmitteln für ein Pilotprojekt;

28.

hebt den Beitrag hervor, den er zur Umsetzung des neuen Instruments der direkten Demokratie – der Europäischen Bürgerinitiative – zu leisten beabsichtigt, und bietet insbesondere an, seine eigenen Informationskanäle und Netze und die seiner Mitglieder zu nutzen, um die Europäische Bürgerinitiative stärker bekannt zu machen und die Kommission auf jede für sinnvoll erachtete Weise zu unterstützen, beispielsweise bei der Ex-ante-Prüfung der Zulässigkeit der vorgeschlagenen Initiativen im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf das Subsidiaritätsprinzip und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; könnte darüber hinaus bei der Sammlung und Verbreitung von Informationen über geplante oder laufende Europäische Bürgerinitiativen und der Einleitung partizipativer Debatten sowohl in Brüssel als auch andernorts behilflich sein (10); möchte schließlich umfassend in die Anhörungen, die das Europäische Parlament als Antwort auf erfolgreiche Europäische Bürgerinitiativen durchführt, eingebunden werden und diese unterstützen;

29.

fordert, gleichberechtigt mit den anderen Institutionen in eine Zusammenarbeit mit der Kommission über das Fortschreiten dieses Prozesses eingebunden zu werden, wobei die Förderung dieses Instruments partnerschaftlich erfolgen muss, insbesondere durch die Anregung von Debatten in den lokalen und regionalen Gebietspartnerschaften und den Regionalparlamenten und die Mobilisierung der lokalen und regionalen Medien;

30.

ist der Einschätzung, dass die Aufnahme der EU-Charta der Grundrechte in das Primärrecht der Europäischen Union und die Perspektive des Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu einem besseren Schutz der Grundrechte auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen beitragen werden; fordert daher, in den vom Rat der Europäischen Union gewünschten interinstitutionellen Dialog über den Jahresbericht der Europäischen Kommission zur Anwendung der Charta eingebunden zu werden, in dem es heißt, dass "die wirksame Anwendung der Charta durch Maßnahmen aller Organe und Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen der EU […] untermauert werden sollte" (11);

31.

beabsichtigt, seine Zusammenarbeit mit der Grundrechteagentur auszubauen, insbesondere im Rahmen der Abhaltung eines jährlichen Dialogs über den Schutz und die Stärkung der Grundrechte auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen, und wird neue Initiativen im Hinblick auf das Europäische Jahr der Bürgerschaft 2013 ergreifen;

32.

fordert dezentrale Kommunikationsmaßnahmen in den europäischen Gemeinden und Regionen über die Errungenschaften der Europäischen Union und ihre Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger und betont, dass es dringend erforderlich ist, ausreichende Finanzmittel zur Unterstützung seiner Tätigkeit gegenüber den Regional- und Lokalmedien bereitzustellen, die unter den Bürgerinnen und Bürgern ein großes Publikum haben;

C.    Umsetzung der multi-level-governance in strategien und massnahmen der europäischen union

Der Grundsatz der Multi-Level-Governance als strukturgebendes Prinzip für alle politischen Strategien und Maßnahmen der EU mit erheblichen Auswirkungen auf die lokale und regionale Ebene

33.

ist der Meinung, dass die Vorschläge zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie und der Reform der Kohäsionspolitik einen doppelten Paradigmenwechsel gewährleisten müssen:

Der Multi-Level-Governance muss in den Rechtsvorschriften und Regelungen der politischen Maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf die lokale und regionale Ebene und in erster Linie bei der künftigen Kohäsionspolitik umfassend Rechnung getragen werden.

Die Anwendung des Grundsatzes der Partnerschaft auf mehreren Ebenen bzw. zwischen mehreren Akteuren muss verstärkt werden;

Ein neuer Rahmen des Regierens für europäisches Wachstum

34.

stellt fest, dass angesichts der derzeitigen Haushaltskrise in Europa, deren wirtschaftliche und soziale Auswirkungen den Bürgerinnen und Bürgern am meisten Sorge bereiten, der Frage des Mehrwerts der Europäischen Union und der ihr zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten zur Verfügung stehenden Mittel ganz besondere Bedeutung zukommt;

35.

unterstützt den vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen und vom polnischen Ratsvorsitz umgesetzten "konventgestützten Ansatz", in den er einbezogen werden muss, mit dem Ziel, die politischen Ausgabenprioritäten der Europäischen Union und ihre Finanzierung für den Zeitraum 2014-2020 partnerschaftlich festlegen zu können;

36.

möchte an diesem Unterfangen beteiligt werden angesichts des unverzichtbaren Beitrags, den die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die 16% des BIP der Europäischen Union und 58% der öffentlichen Investitionen in Europa ausmachen, zur Förderung der Konjunktur der Union leisten (12);

37.

macht in diesem Zusammenhang auf die besorgniserregende Situation der öffentlichen Finanzen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufmerksam, die den Aufschwung der europäischen Wirtschaft hemmt und dadurch das Gelingen der Europa-2020-Strategie gefährdet; ist folglich der Ansicht, dass eine Bestandsaufnahme der öffentlichen Finanzen auf lokaler und regionaler Ebene im Zusammenhang mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen erwogen werden sollte;

Die partnerschaftliche Verwirklichung der Europa-2020-Strategie und ihrer sieben Leitinitiativen durch die Umsetzung der Territorialpakte

38.

stellt fest, dass alle europäischen Institutionen eindeutig die Notwendigkeit der Einführung einer Multi-Level-Governance anerkennen, um die zentralen Ziele der Europa-2020-Strategie und ihrer sieben Leitinitiativen zu verwirklichen;

39.

unterstützt diesbezüglich insbesondere die Empfehlung des Europäischen Rates, der in seinen Schlussfolgerungen vom 25. März 2011 (13) anerkennt, dass es im Hinblick auf die Durchführung des Europäischen Semesters zur Erreichung der Ziele der Europa-2020-Strategie sowohl einer engen Einbindung des Ausschusses der Regionen als auch der Regionen und weiterer politischer und wirtschaftlicher Schlüsselakteure bedarf;

40.

begrüßt, dass das Potenzial einer Partnerschaft zwischen den verschiedenen Regierungsebenen in den nationalen Reformprogrammen einiger Mitgliedstaaten besser berücksichtigt wird; bedauert jedoch den offenkundigen Mangel an glaubhaften Mechanismen und Verfahren zur Konkretisierung des Grundsatzes der Multi-Level-Governance mit dem Ziel, die wirksame Integration der politischen Maßnahmen und eine Synchronisierung der Agenden und Haushaltsmittel der verschiedenen Regierungsebenen unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips zu gewährleisten;

41.

hält daher die Mitgliedstaaten dazu an, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowohl in den Prozess der Erarbeitung und Durchführung der nationalen Reformprogramme als auch in die Stabilitäts- oder Konvergenzprogramme einzubeziehen, da das Gefälle zwischen den globalen Zielen der Europa-2020-Strategie und den in den nationalen Reformprogrammen angekündigten Beiträgen nur durch eine Partnerschaft zwischen den verschiedenen Regierungsebenen überbrückt werden kann (14);

42.

fordert die Europäischen Kommission zudem auf, die Überwachung des Teils "Governance" in den nationalen Reformprogrammen und den jährlichen Fortschrittsberichten der Mitgliedstaaten zu verstärken, damit der Rat der Europäischen Unon ausdrückliche Empfehlungen annehmen kann, um die Mitgliedstaaten dazu anzuhalten, die Partnerschaften zwischen den verschiedenen Regierungsebenen bei der Durchführung der nationalen Reformprogramme auszuweiten und zu verstärken;

43.

bekräftigt das Ziel der Vertragsbindung auf mehreren Ebenen, die die Verwirklichung der sieben Leitinitiativen begleiten soll, sowie die Einsetzung innovativer Mechanismen (15) im Sinne der lokalen digitalen Agenden und der im Rahmen der Digitalen Agenda für Europa (DAE) (16) vorgeschlagenen "Stakeholder Arrangements", der von der Europäischen Kommission lancierten "Plattform für intelligente Spezialisierung" oder der Verwirklichung der Ziele der Leitinitiativen "Jugend in Bewegung" und "Innovationsunion" unter Verstärkung der Kohärenz zwischen allen Akteuren und Strategien auf sämtlichen Ebenen (17);

44.

bedauert die mangelnde direkte Beteiligung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an allen Etappen der offenen Koordinierungsmethode zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie und plädiert mit Nachdruck für ihre Einbindung in diesen Prozess;

45.

erinnert an den Mehrwert eines integrierten Ansatzes, insbesondere zur Stärkung der Synergien zwischen der EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung und der Europa-2020-Strategie und der Verwendung der Strukturfonds zugunsten von Energieinvestitionen unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips sowie der Einbettung des Ziels des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel in alle bestehenden Strategierahmen der EU, insbesondere die Agrarpolitik und die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums;

Ein neues Paradigma für die künftige Kohäsionspolitik

46.

erinnert daran, dass die Ergebnisse der Konsultation über den Fünften Kohäsionsbericht der Kommission sowohl seinen Aufruf als auch den aller regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zur Stärkung des Partnerschaftsgrundsatzes bestätigen, wobei dieser Ansatz vom Rat, der die Bedeutung der Multi-Level-Governance für die Verwirklichung der Ziele der Europa-2020-Strategie über die neue Kohäsionspolitik anerkennt, bekräftigt wurde (18);

47.

stellt mit Zufriedenheit fest, dass in der vom Rat im Mai 2011 verabschiedeten "Territorialen Agenda 2020" empfohlen wird, zur Verwirklichung des territorialen Zusammenhalts auf die Multi-Level-Governance zurückzugreifen, und insbesondere die Europäische Kommission um Berücksichtigung der territorialen Dimension in ihren Folgenabschätzungen und der Ausschuss der Regionen um einen Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ersucht werden;

48.

stellt im Hinblick auf die Kohäsionspolitik nach 2013 mit Zufriedenheit fest, dass die Kommission seinen Erwartungen dadurch entsprochen hat, indem sie bestimmte Grundsätzen und Mechanismen der Multi-Level-Governance und des integrierten und multifunktionalen Ansatzes  (19) übernommen und in ihrem Entwurf für die neue allgemeine Verordnung über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds die Forderungen berücksichtigt hat,

in den neuen Artikel einen ausdrücklichen Hinweis auf die Partnerschaft und die Multi-Level-Governance aufzunehmen – zwei Grundsätze, die es in sämtlichen Phasen der Abwicklung der Partnerschaftsverträge und der operationellen Programme zu wahren gilt;

diese allgemeinen Grundsätze in den anderen einschlägigen Artikeln der Verordnung, in denen es um Partnerschaftsverträge und operationelle Programme geht, zu berücksichtigen;

die Mitgliedstaaten damit zu beauftragen, in ihrem Jahresbericht über die Fortschritte bei der Einhaltung der Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance zu berichten;

die Möglichkeit der Entwicklung funktionsfähiger operationeller Programme vorzusehen;

49.

begrüßt den Vorschlag der Kommission, einen gemeinsamen strategischen Rahmen zu schaffen, der die verschiedenen Hebel für Gemeinschaftsmaßnahmen zugunsten der territorialen Entwicklung kombiniert (ELER, Strukturfonds: EFRE und ESF, Kohäsionsfonds, EFF); fordert, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auch in diesem Zusammenhang in die praktische Ausarbeitung der Partnerschaftsverträge einzubinden;

50.

fordert den europäischen Gesetzgeber daher auf, diese Bestimmungen zu bestätigen und zu verankern, und zwar im Hinblick auf

die Anwesenheit von Vertretern der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Delegation der Mitgliedstaaten bei der Aushandlung des Inhalts des Partnerschaftsvertrags mit der Europäischen Kommission;

eine starke Konsolidierung der Grundsätze der Partnerschaft und der Multi-Level-Governance im künftigen europäischen Kodex, in dem es um die Ziele und Kriterien dieser Grundsätze gehen wird;

einen Dialog zwischen der Europäischen Kommission und dem Ausschuss der Regionen über den Governance-Aspekt ihrer Jahresberichte, um die jeweiligen Fortschritte und Hindernisse in den einzelnen Mitgliedstaaten im Vorfeld der Verabschiedung der Empfehlungen des Rates zu bewerten;

die letztendliche Aufstellung eines Indexes der Zusammenarbeit, der eine Messung des Grades der partizipativen Governance in den Mitgliedstaaten ermöglicht;

51.

erachtet die territoriale Zusammenarbeit als festen Bestandteil der Regionalpolitik, wobei der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) ein echtes Experimentierfeld für die Multi-Level-Governance ist (20);

52.

begrüßt, dass der Vorschlag zur Überprüfung der EVTZ-Verordnung, den die Europäische Kommission im Oktober 2011 vorgelegt hat, von dem Willen zeugt, das Ziel des territorialen Zusammenhalts umzusetzen, und darin einige vom AdR formulierte Vorschläge aufgegriffen werden, insbesondere in Bezug auf die Schaffung bilateraler EVTZ mit Einrichtungen der Drittstaaten (21); weist auf das Potenzial des EVTZ als Struktur für die Zusammenarbeit in anderen Politikbereichen der EU als nur der Regionalpolitik hin;

53.

unterstreicht die Rolle der EVTZ-Plattform des AdR hinsichtlich der Förderung des Instruments und der operationellen Unterstützung bei der Einsetzung neuer EVTZ, insbesondere mithilfe des Austauschs bewährter Praktiken;

54.

ersucht die Europäische Kommission, mit Blick auf die Entwicklung der makroregionalen Strategien besonderes Augenmerk zu legen auf

die strikte Beachtung des Prinzips der Multi-Level-Governance in den Gremien zur Konsultation, Erarbeitung, Umsetzung und Überwachung der makroregionalen Strategien,

die Einrichtung von Folgeinstrumenten und Finanzierungsprogrammen, die auf der Grundlage lokaler und regionaler Entwicklungsstrategien und -pläne einen Ansatz auf mehreren Ebene gewährleisten, um diese Makroregionen auch als "Territorialcluster" zu entwickeln,

die strukturelle Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in die endgültige Architektur dieser Strategien, um die mögliche Konzentration der Governance auf nationaler Ebene zu vermeiden,

die Darstellung des europäischen Mehrwerts dieser Strategien, insbesondere im Rahmen eines Weißbuchs;

Die partnerschaftliche Verwirklichung des Binnenmarkts

55.

begrüßt die in der Binnenmarktakte vorgeschlagenen zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und sozialem Fortschritt und unterstützt das Ersuchen des Rates, der auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Governance des Binnenmarkts zu verstärken, und die Europäische Kommission aufgefordert hat, ihre diesbezüglichen Maßnahmen fortzuführen (22);

56.

stellt fest, dass das Europäische Parlament in seinem Bericht über Wirtschaftslenkung und Partnerschaft im Binnenmarkt darauf hingewiesen hat, dass "die Binnenmarktbestimmungen häufig von lokalen und regionalen Behörden umgesetzt werden; unterstreicht das Erfordernis einer stärkeren Einbeziehung der regionalen und lokalen Körperschaften in die Verwirklichung des Binnenmarktes gemäß dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Partnerschaft in sämtlichen Phasen des Beschlussfassungsprozesses" (23);

57.

fordert daher, die allgemeine Umsetzung der Binnenmarktakte zu überwachen, um ein geschlossenes Vorgehen zu gewährleisten und den Binnenmarkt partnerschaftlich zu verwirklichen; meint, dass eine solche Aufgabe der Monitoringplattform für die Europa-2020-Strategie, die auch die Wiederbelebung des Binnenmarkts beinhaltet, übertragen werden sollte;

58.

unterstreicht den Beitrag seines Labels "Europäische Unternehmerregion" zur Entwicklung einer strategischen Sichtweise der integrierten territorialen Entwicklung, die insbesondere an den Grundsätzen des Small Business Act (SBA) (24) festgemacht ist; fordert zudem die Schaffung von Partnerschaften im Rahmen des Small Business Act, um den SBA auf regionaler Ebene umzusetzen, sowie die Einsetzung von "KMU-Beauftragten" auf nationaler und regionaler/territorialer Ebene, und schlägt vor, an der SBA-Beratungsgruppe, die eingesetzt werden soll, beteiligt zu werden;

59.

weist erneut auf die Notwendigkeit hin, die Gebietskörperschaften und insbesondere die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen in die partizipatorischen Verfahren zur Umsetzung und optimalen Anwendung der Binnenmarktvorschriften einzubinden;

Die künftigen Maßnahmen in den Bereichen Umwelt, Klimaschutz und Energie  (25)  (26)

60.

fordert die internationalen Einrichtungen und die Europäische Union eindringlich auf, den Mehrwert der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bei der globalen Governance von Umwelt und nachhaltiger Entwicklung zu berücksichtigen, einschließlich der Umsetzung multilateraler Umweltvereinbarungen wie des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) sowie der Agenda Rio+20 zugunsten einer grünen Wirtschaft und einer nachhaltigen Governance (27);

61.

betont, dass eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der lokalen und der nationalen Ebene für die Klimaschutzmaßnahmen in Form von ergebnisorientierten Vereinbarungen erfolgen kann: Die einzelnen Regierungsebenen können sich auf freiwilliger Basis zu einem bestimmten Klimaschutzziel verpflichten und übernehmen gemeinsam das Engagement und die Verantwortung für ihren Beitrag zu dessen Verwirklichung (28);

62.

verweist auf die zunehmende Bedeutung von sektorspezifischen oder sektorübergreifenden Energie- und Klimaallianzen zwischen Regionen und Unternehmen. Diese sollten gezielt vorangebracht werden, um verstärkt und möglichst schnell CO2-arme Technologien mithilfe von Partnerschaften zwischen Entscheidungsträgern auf regionaler und lokaler Ebene sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) umzusetzen;

63.

hält fest, dass städtische Gebiete 75% der Kohlenstoffemissionen verursachen, und betont, dass ein wirksames globales Handeln auf einem Multi-Level-Governance-Konzept beruhen muss, in dem die Anstrengungen der lokalen, regionalen, nationalen und supranationalen Regierungsebenen gemäß dem Subsidiaritätsprinzip koordiniert werden; verweist diesbezüglich auf seinen Vorschlag eines "Territorialpakts der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Europa-2020-Strategie" als wichtiges Instrument für die Bekämpfung des Klimawandels;

64.

unterstreicht die Notwendigkeit, die Auswirkungen der strategischen Leitlinien und der Rechtsinstrumente im Zusammenhang mit der Europa-2020-Strategie auf die Verwaltungs- und Finanzlasten für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit Umsicht zu betrachten und auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu achten, und unterstützt nachdrücklich die Schaffung innovativer Instrumente zur Umsetzung dieser Strategie (29);

65.

bekräftigt sein Engagement für den Bürgermeisterkonvent zur Erreichung des gemeinsamen Ziels der Verringerung der CO2-Emissionen und empfiehlt zum einen dessen thematische Ausweitung über die Emissionsreduzierung hinaus auf weitere Bereiche der nachhaltigen Wirtschaft wie die Wasserbewirtschaftung und zum anderen dessen geografische Ausweitung im Rahmen der Union für den Mittelmeerraum und der Östlichen Partnerschaft mithilfe der von ihm initiierten politischen Plattformen ARLEM und CORLEAP sowie auf weltweiter Ebene mit einem "Bürgermeisterkonvent mundus";

Die künftige Gemeinsame Agrarpolitik, die Fischereipolitik und die Meerespolitik

66.

vertritt die Meinung, dass die Schaffung eines Multi-Level-Governance-Rahmens eine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Neufassung der GAP nach 2013 ist, mit dem Ziel, die Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in die Auswahl der Leitlinien und Modalitäten für die Durchführung und Verwaltung dieser gemeinsamen Politik sowie die Herbeiführung von Synergien zwischen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums und anderen Politikbereichen der EU, insbesondere der Kohäsionspolitik, zu gewährleisten (30);

67.

fordert in dem Bemühen um Ergänzung des Mechanismus, mit dem die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Vorfeld in die Festlegung der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums einbezogen werden, an den vorbereitenden Arbeiten der beratenden Gruppen der Europäischen Kommission umfassend beteiligt zu werden;

68.

ist der Ansicht, dass der integrierte Ansatz in die neue Fischereipolitik einfließen muss, um die Zukunftsfähigkeit der Fischereien und die nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen zu gewährleisten; spricht sich dafür aus, die Beschlussfassung zu dezentralisieren und so die durch ein europäisches "Mikromanagement" entstandenen Inkohärenzen zu verringern, indem in bestimmten Fällen auf das Komitologieverfahren zurückgegriffen wird und die Verwaltung bestimmter Fischereitätigkeiten im Rahmen der Gemeinschaftsvorschriften auf die Mitgliedstaaten, die Regionen und die Branche selbst übertragen werden;

69.

fordert dazu auf, für die Koordinierung der sektorbezogenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Nutzung von Meeresgebieten zu sorgen und einen einheitlichen europäischen Fonds für maritime Angelegenheiten und Fischerei zu schaffen, der alle in diesen Sektoren bestehenden Instrumente in ein und demselben Rahmen unterbringt, und unterstützt folglich die Einrichtung einer europäischen Meeresplattform, die lokale und regionale Gebietskörperschaften und andere relevante Interessenträger zusammenbringt und somit bei der Aufgabenteilung und der Verbreitung bewährter Verfahrensweisen helfen kann (31);

Durchführung des Stockholm-Programms gemeinsam mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften

70.

erinnert daran, wie wichtig es ist, dass er in die Durchführung des Aktionsplans zum Stockholm-Programm sowie in die Erarbeitung der Bewertungsmodalitäten eingebunden wird, um eine bessere Berücksichtigung der auf Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gesammelten Erfahrungen gewährleisten zu können;

71.

vertritt insbesondere die Auffassung, dass die Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in die Erarbeitung eines europäischen Rahmens für die legale Einwanderung, die Festlegung von Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, den Schutz der Grundrechte von Einwanderern und die Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit mit den Auswanderungsländern die Legitimität des Handelns der Union bestätigen wird, vorausgesetzt, das Subsidiaritätsprinzip wird strikt eingehalten;

72.

verlangt den Rückgriff auf territoriale Folgenabschätzungen, um die Anforderungen zu bewerten, die im Rahmen der auf europäischer oder nationaler Ebene beschlossenen Maßnahmen zur rechtlichen Anwendung an die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften gestellt werden;

73.

stellt mit Zufriedenheit fest, dass seine Teilnahme an den jährlichen Ministerkonferenzen zum Thema Integration und seine Beiträge zum Europäischen Integrationsforum, zum Handbuch der Kommission über Integration (einschließlich der Vorstellung bewährter Praktiken der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften) und zur Festlegung der jährlichen und mehrjährigen Prioritäten des Europäischen Integrationsfonds dazu geführt haben, dass der Multi-Level-Ansatz in der zweiten Europäischen Agenda für die Integration (32) anerkannt wird, die Folgendes vorsieht:

"Territorialpakte" zwischen den betroffenen Akteuren der verschiedenen Ebenen,

die Teilnahme lokaler und regionaler Akteure an der Festlegung der Integrationsmaßnahmen im Rahmen der EU-Programme,

die Verstärkung des Konsultationsprozesses im Zuge strategischer Treffen mit dem Ausschuss der Regionen,

die Erarbeitung einer Palette von flexiblen Instrumenten, die "europäische Module" enthalten, um die nationalen und lokalen Maßnahmen und Vorgehensweisen zu unterstützen;

Mechanismen der Multi-Level-Governance zur Unterstützung der Erweiterungsstrategie der EU

74.

begrüßt die Anpassung des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) zur Erfüllung der Bedürfnisse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Empfängerländern und zur Entwicklung der territorialen Zusammenarbeit, insbesondere des EVTZ, eines wesentlichen Instruments zur Konsolidierung der gesamteuropäischen Dimension der Multi-Level-Governance;

Eine durch die Multi-Level-Governance konsolidierte Nachbarschaftspolitik

75.

erinnert daran, dass die Versammlung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europa-Mittelmeer (ARLEM) und die Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Östlichen Partnerschaft (CORLEAP), die lokale und regionale Mandatsträger der Europäischen Union und der Länder der Union für den Mittelmeerraum bzw. der Östlichen Partnerschaft vereinen, den institutionellen Rahmen dieser beiden Prozesse vervollständigen;

76.

ist der Ansicht, dass eine Demokratie auf mehreren Ebenen und ein integrativer Ansatz unverzichtbare Voraussetzungen für ihr Gelingen sind; stellt fest, dass diese beiden politischen Initiativen, die die territoriale Dimension der Nachbarschaftspolitik verstärken, dem offenkundigen Bedarf an Unterstützung entgegenkommen, der mit Blick auf die Einrichtung dauerhafter politischer und administrativer Strukturen auf lokaler und regionaler Ebene, die effiziente Nutzung der Finanzinstrumente und den Einsatz von Mechanismen zur Förderung der sozialen und territorialen Wirtschaftsentwicklung der Partnerländer u.a. dank der interregionalen Zusammenarbeit zutage tritt;

77.

macht sich dafür stark, dass die ARLEM unmittelbar zur Governance der Union für den Mittelmeerraum beiträgt und es den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der drei Seiten des Mittelmeers dadurch ermöglicht, an dem in ihren verschiedenen Organen initiierten Dialog teilzunehmen und vom Zugang zu den Mechanismen und Instrumenten zu profitieren, die eingesetzt wurden, um die Zusammenarbeit zu verstärken;

78.

möchte im Zuge der Konsolidierung der mit CORLEAP eingerichteten institutionellen Plattform einen ständigen Dialog mit der Europäischen Kommission und den Partnerländern einführen, um konkrete Modalitäten zu finden, die es den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Länder der Östlichen Partnerschaft ermöglichen, an den Arbeiten der vier Plattformen der Partnerschaft teilzunehmen, in die Vorbereitung der Assoziierungsabkommen, der strategischen Dokumente und der Aktionspläne eingebunden zu werden und insbesondere die nationalen Richtprogramme durchzuführen und zu bewerten;

Die Multi-Level-Governance im Rahmen der Globalisierung: die Perspektive einer neuen Dynamik

79.

plädiert für einen territorialen Ansatz für die Überarbeitung der europäischen Entwicklungspolitik und die verstärkte Teilnahme der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Millenniumsziele (33); betont in diesem Zusammenhang die für den Ausbau der technischen und finanziellen Kapazitäten der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Partnerländer erforderliche Unterstützung;

80.

anerkennt den Mehrwert der dezentralen Zusammenarbeit, insbesondere von Initiativen wie den "Jahreskonferenzen zur dezentralen Zusammenarbeit", deren Ziel es ist, den Austausch und den politischen Dialog zwischen den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU, den Entwicklungsländern und den EU-Institutionen zu erleichtern, sowie des Internetportals und der Börse der dezentralen Zusammenarbeit – Instrumenten, die im Rahmen einer institutionellen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene konsolidiert werden sollten;

81.

stellt mit Zufriedenheit fest, dass aus den maßgeblichen Beiträgen mehrerer internationaler Organisationen zum Konsultationsprozess des Weißbuchs zur Multi-Level-Governance (34) hervorgeht, wie großes Interesse sie diesem Ansatz in der Europäischen Union im Hinblick darauf entgegenbringen, ihrer Tätigkeit eine stärkere territoriale Dimension zu verleihen und in anderen Weltregionen Partnerschaften einzugehen, die die Komplementarität der sektorspezifischen Maßnahmen begünstigen;

82.

unterstreicht im Kontext der Bekräftigung der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den Mechanismen der globalen Governance

die Tendenz zu einer besseren Berücksichtigung der Auswirkungen der Globalisierung auf die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, insbesondere durch die internationalen Organisationen, und die Herausbildung einer Reflexion über eine globale Politik der ausgewogenen Entwicklung und des territorialen Zusammenhalts auf weltweiter Ebene (35),

die Zweckmäßigkeit einer "Paradiplomatie" auf Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, insbesondere der Städtediplomatie und der von den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen praktizierten Diplomatie,

den Beitrag des Dialogs und des Erfahrungsaustauschs mit den anderen großen Regionalräumen mit einer subnationalen Kammer wie der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA) oder der Regionalkammer des MERCOSUR,

die Existenz neuer Wege der Zusammenarbeit und des politischen Dialogs, die von einigen internationalen Organisationen gegenüber dem Ausschuss der Regionen und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vorgeschlagen werden (OECD, IAA, UNEP, UNDP und UNHABITAT, UNESCO oder FAO usw.) (36);

83.

stellt dabei fest, dass die Tendenz zur Dezentralisierung und der zunehmende globale Einfluss staatlicher Akteure der subnationalen Ebene zwangsläufig dazu führen werden, diese in die Mechanismen zur Steuerung der Globalisierung einzubinden und auf diese Weise die Herausbildung eines neuen Multilateralismus zu fördern;

D.    Weitere schritte zur umsetzung der multi-level-governance

84.

hat die Initiative ergriffen, einen Multi-Level-Governance-Anzeiger auf Ebene der Europäischen Union zu erstellen, der auf jährlicher Grundlage dazu beitragen wird, die Berücksichtigung der wichtigsten Grundsätze und Mechanismen des Regierens auf mehreren Ebenen im Rahmen des EU-Politikgestaltungszyklus zu messen, wobei der Schwerpunkt auf der territorialen Dimension der untersuchten politischen Maßnahmen und Strategien liegen soll; in seiner erster Ausgabe sollen die Fortschritte und Schwierigkeiten im Rahmen des europäischen Beschlussfassungsprozesses aufgeführt werden, die sich im Zusammenhang mit vier Strategien und Maßnahmen ergeben haben, die im politischen Arbeitsprogramm der Europäischen Union 2010 eine zentrale Stellung einnehmen: die Europa-2020-Strategie, die Energiestrategie 2011-2010, das Stockholm-Programm und das Frühjahrspaket (37);

85.

stellt bezüglich seines ersten Anzeigers Folgendes fest:

Die entwickelte Methodik (38) zeigt, dass sich auf Ebene der europäischen Institutionen ein Multi-Level-Governance-System herausbildet, in dem die Informationen flüssig und (zumeist) offen und transparent auf mehreren Ebenen bereitgestellt werden und in dem die Konsultationsmechanismen im Allgemeinen gut etabliert sind und alle Ebenen einbeziehen usw. Bei der Bewertung zusätzlicher Mechanismen und Praktiken der Multi-Level-Governance treten jedoch erhebliche Mängel zu Tage, insbesondere in Bezug auf die Verwendung der Mechanismen und innovativen Instrumente, mit denen die Anforderungen der Multi-Level-Governance in den Inhalt politischer Maßnahmen transponiert werden.

Beim Ergebnisvergleich erzielte der politische Prozess im Zusammenhang mit der Konzipierung der Europa-2020-Stategie das höchste Gesamtergebnis. Das bedeutet, dass Praktiken ermittelt wurden, die eher denjenigen Indikatoren entsprechen, die für die Qualitätsbewertung der Multi-Level-Governance formuliert wurden. Die niedrigste Wertung erhielt die Multi-Level-Governance im Rahmen des Frühjahrspakets 2010 zu den Millenniumszielen. Hier hat insbesondere die mangelnde Transparenz der Stakeholderbeteiligung am Prozess eine Bewertung schwierig gestaltet und zu einer schlechten Wertung geführt. Insgesamt besteht bei allen vier politischen Dossiers ein klares Potenzial für bessere Multi-Level-Governance-Praktiken (39);

86.

ist der Auffassung, dass zur Konsolidierung seiner Überwachungsbemühungen die Praxis der Multi-Level-Governance einen besonderen Schwerpunkt der nächsten Subsidiaritätskonferenz bilden könnte, um die im ersten Anzeiger aufgeführten Tendenzen und deren Auswirkungen auf den europäischen Beschlussfassungsprozess zu analysieren;

87.

wird in den kommenden Monaten sein Vorhaben einer EU-Charta der Multi-Level-Governance konkretisieren, die zu einer stärkeren Teilhabe der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Ausübung der europäischen Demokratie führen soll. Sie soll in einem integrativen und partizipativen Verfahren erarbeitet werden, damit sich die lokalen und regionalen Mandatsträger in der Charta wiederfinden.

Brüssel, den 16. Februar 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO


(1)  Weißbuch des Ausschusses der Regionen zur Multi-Level-Governance, CdR 89/2009 fin.

(2)  In seiner Entschließung zu den politischen Prioritäten für 2011 weist der AdR darauf hin, dass er "beabsichtigt, weiterhin zur Entwicklung einer europäischen Kultur des Regierens in einem Mehrebenensystem (‧Multi-Level-Governance‧) beizutragen, und […] im Nachgang zum einschlägigen Weißbuch dessen Umsetzung evaluieren und die Situation des Regierens auf mehreren Ebenen in der Europäischen Union beobachten [wird.]" – CdR 361/2010 fin. Dieser Prozess wird durch einen Dialog mit den europäischen Verbänden der Gebietskörperschaften und den wichtigsten europäischen Denkfabriken gefördert.

(3)  Gemäß diesem Grundsatz sollte es die Pflicht jeder Regierungsebene sein, bei der Teilnahme an der gemeinsamen Beschlussfassung die Legitimität und Kapazität der anderen zu fördern (Landy und Teles, "Beyond devolution: from subsidiarity to mutuality"). Mit anderen Worten: Die Multi-Level-Governance sollte nicht als konkurrierende Tätigkeit angesehen werden; vielmehr sollten die einzelnen Ebenen auf eine gegenseitige Stärkung hinarbeiten.

(4)  Dieser Grundsatz besteht aus einem "System zur Befugnisverteilung unter den einzelnen Gemeinschaftsinstitutionen, indem jeder Institution im institutionellen Gefüge der Gemeinschaft und bei der Wahrnehmung der Aufgaben der Gemeinschaft eine präzise Rolle zugeteilt wird". Der Gerichtshof stellt die Achtung der Rechtsstaatlichkeit dadurch sicher, dass er die Einhaltung des institutionellen Gleichgewichts überwacht, d.h. jede der Institutionen muss ihre Befugnisse unter gebührender Berücksichtigung der Befugnisse der übrigen Institutionen ausüben (siehe 9/56, Meroni gegen Hohe Behörde (1957 und 1958) Slg. 133, Rn. 152, und Rechtssache 70/88, Europäisches Parlament gegen Rat (190) Slg. I-2041, Rn. I-2072, Abs. 21 und 22).

(5)  Gemeinsame Pressemitteilung von José Manuel Barroso und Mercedes Bresso vom 29. Juni 2010 (s. MEMO/10/287 unter http://europa.eu/rapid/).

(6)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Dezember 2010 (Ramona Nicole Mănescu) zur Governance im Bereich der Regionalpolitik der EU: Verfahren der Unterstützung und Überwachung durch die Europäische Kommission (2009/2231(NI)) (P7_TA(2010) 0468).

(7)  Informelles Treffen der Minister für Territorialpolitik am 17. März 2010 in Malaga auf Ersuchen des spanischen EU-Ratsvorsitzes im Nachgang zum territorialen Dialog von Palma am 18. Januar 2010.

(8)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Intelligente Regulierung" – CdR 353/2010.

(9)  Aus dem Bericht der Reflexionsgruppe an den Europäischen Rat "Projekt Europa 2030 – Herausforderungen und Chancen", März 2010. Der Bericht wurde am 8. Mai 2010 dem Präsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy übermittelt.

(10)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Europäische Bürgerinitiative" – CdR 167/2010 fin.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bürgerinitiative – COM(2010) 119 final.

(11)  Schlussfolgerungen des Rates über die Initiativen des Rates zur Umsetzung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – 3092. Tagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten, Brüssel, 23. Mai 2011.

(12)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen zur Förderung der Konjunktur und eines langfristigen Strukturwandels: Ausbau öffentlich-privater Partnerschaften" – CdR 21/2010 fin.

(13)  Bezüglich der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24./25. März 2011 – EUCO 10/1/11 REV 1 hat der Ausschuss der Regionen im Rahmen seiner Europa-2020-Plattform auf der Grundlage der Informationen der nationalen Reformprogramme (NRP) Folgendes festgestellt:

 

In zwei Dritteln der Mitgliedstaaten (19 von 27) waren die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Abfassung der NRP beteiligt.

 

In den meisten Mitgliedstaaten wurden die LRG konsultiert, und in acht von ihnen haben sie direkt an der Abfassung der NRP mitgewirkt.

 

In den NRP von 13 Mitgliedstaaten (darunter fünf der bevölkerungsreichsten) werden Initiativen auf der Grundlage der Multi-Level-Governance erwähnt.

 

Zwei Mitgliedstaaten (BE, PT) haben gesonderte Ziele nach Region verabschiedet.

 

Ein Mitgliedstaat (RO) hat angekündigt, dass er den Vorschlag des AdR für Territorialpakte übernehmen wird, und diesen Vorschlag ausdrücklich erwähnt.

 

Einige Mitgliedstaaten haben sich zum Ziel gesetzt, einen "integrierten Ansatz" zu verfolgen und "Synergien" zwischen den verschiedenen Regierungsebenen über leistungsfähigere Koordinations-/Dialogstrukturen zu verstärken.

(14)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Ziele der Europa-2020-Strategie" – CdR 72/2011 rev.1 und Entschließung des Ausschusses der Regionen zu der "Stärkeren Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Europa-2020-Strategie" – CdR 199/2010 fin.

(15)  Entschließung des Ausschusses der Regionen "Für ein besseres Instrumentarium zur Umsetzung der EU-2020-Strategie: die integrierten wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Leitlinien der Mitgliedstaaten und der Union" – CdR 175/2010 fin.

(16)  Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen – SEC(2011) 708 (http://ec.europa.eu/information_society/digital-agenda/scoreboard/docs/scoreboard.pdf). Diesbezüglich hat der AdR in seiner Stellungnahme CdR 104/2010 fin betont, dass den Gebietskörperschaften und deren Verbänden im europäischen Politikgestaltungszyklus für die Digitale Agenda eine proaktive Rolle eingeräumt werden sollte.

(17)  CdR 373/2010 fin.

(18)  Schlussfolgerungen des Rates zum Fünften Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt – 3068. Tagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten, Brüssel, 21. Februar 2011.

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Beitrag der Kohäsionspolitik zur Europa-2020-Strategie" – CdR 223/2010 fin.

(19)  Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen "Zukunft der Kohäsionspolitik" – CdR 210/2009 fin.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Investitionsbank – Schlussfolgerungen aus dem Fünften Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt: Die Zukunft der Kohäsionspolitik – COM(2010) 642 final.

(20)  Initiativstellungnahme des Ausschusse der Regionen "Neue Perspektiven für die Überprüfung der EVTZ-Verordnung" – CdR 100/2010 fin.

(21)  Initiativstellungnahme des Ausschusse der Regionen "Neue Perspektiven für die Überprüfung der EVTZ-Verordnung" – CdR 100/2010 fin.

(22)  Schlussfolgerungen des Rates zur Binnenmarktakte – Prioritäten zur Neubelebung des Binnenmarkts – 3105. Tagung des Rates Wirtschaft und Finanzen, Brüssel, 12. Juli 2011.

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Binnenmarktakte" – CdR 330/2010 fin.

(23)  Bericht über Wirtschaftslenkung und Partnerschaft im Binnenmarkt (2010/2289 (INI)).

(24)  Entwurf einer Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Überprüfung des ‧Small Business Act‧ für Europa" – CdR 151/2011 rev. 1.

(25)  Siehe detaillierte Empfehlungen in der Prospektivstellungnahme AdR 164/2010 fin "Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in der künftigen Umweltpolitik" dazu, wie ein Multi-Level-Governance-Ansatz in sämtlichen Phasen der Gestaltung der Umweltpolitik angewandt werden kann.

(26)  Siehe u.a. das Weißbuch der Kommission "Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem" – COM(2011) 144 final.

(27)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Optionen für ein Biodiversitätskonzept und Biodiversitätsziel der EU für die Zeit nach 2010" – CdR 112/2010 fin, Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Die internationale Klimapolitik nach Kopenhagen" – CdR 245/2010 fin, Entwurf einer Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU zur UN-Konferenz über Nachhaltige Entwicklung 2012 (Rio+20)", CdR 187/2011 rev. 1.

(28)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Die internationale Klimapolitik nach Kopenhagen" – CdR 245/2010 fin.

(29)  Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen "Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in der künftigen Umweltpolitik" – CdR 164/2010 fin, Prospektivstellungnahme des Ausschusses der Regionen "Der Klimaschutz als horizontales politisches Handlungsfeld und der künftige EU-Haushalt" – CdR 104/2011 fin.

(30)  Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen zur Zukunft der GAP nach 2013 – CdR 127/2010 fin.

(31)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen "Weiterentwicklung der integrierten Meerespolitik und Meereskenntnisse 2020" – CdR 339/2010 fin.

(32)  Vorschlag der Kommission für eine "Europäische Agenda für die Integration von Drittstaatsangehörigen" – COM(2011) 455 final.

(33)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen und Grünbuch der Europäischen Kommission "EU-Entwicklungspolitik zur Förderung eines breitenwirksamen Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung – für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung" – CdR 408/2010 fin.

(34)  Konsultationsbericht zum Weißbuch des Ausschusses der Regionen zur Multi-Level-Governance – CdR 25/2010 fin.

(35)  Siehe die Tätigkeiten des Globalen Forums der Regionalverbände (FOGAR).

(36)  Der Ausschuss der Regionen regt erneut an, dass das UNEP oder der Rat für nachhaltige Entwicklung (SDS) auf dem Rio+20-Gipfel beauftragt werden, einen ständigen Ausschuss für subnationale und lokale Gebietskörperschaften als eine neue Struktur, die die Multi-Level-Governance angemessen widerspiegelt, und als ständiges Instrument für die Konsultation der subnationalen und lokalen Gebietskörperschaften in der ganzen Welt sowie für die Zusammenarbeit mit ihnen einzurichten. Diesbezüglich könnte der Ausschuss der Regionen als Modell dienen. Vielversprechend ist zudem die Tatsache, dass dem besonderen Status subnationaler und lokaler Gebietskörperschaften als staatliche Einrichtungen unlängst im Rahmen der Rio-Konventionen größerer Stellenwert beigemessen wurde, etwa durch ihre Anerkennung als "staatliche Akteure" in der Vereinbarung von Cancún und im Beschluss X/22 des "Aktionsplans biologische Vielfalt für subnationale Regierungen, Städte und weitere lokale Gebietskörperschaften" der 10. Vertragsstaatenkonferenz (COP 10) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD). Der AdR appelliert erneut daran, subnationalen und lokalen Gebietskörperschaften den ihnen gebührenden Platz im institutionellen Rahmen für Nachhaltigkeit neben Staatsregierungen und UN-Einrichtungen zu gewähren. In seinem Stellungnahmeentwurf CdR 187/2011 rev. 1 "Beitrag der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU zur UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung 2012 (Rio+20)" bedauert der AdR, dass die Gebietskörperschaften im derzeitigen internationalen Governance-Gefüge – trotz ihrer besonderen Rolle bei der Governance – in UN-Gremien häufig nur auf der gleichen Ebene wie die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft angesiedelt sind und ebenso wie diese als andere wichtige Gruppe gelten.

(37)  Diese erste Ausgabe des Anzeigers basiert auf einer beim EIPA in Auftrag gegebenen Studie.

(38)  Die konkreten Praktiken der Multi-Level-Governance (MLG) werden in zwei Kategorien mit insgesamt sechs Bestandteilen definiert: (I. Verfahren: Information/Konsultation; Stakeholderbeteiligung; Reaktionsbereitschaft; II. Inhalt von EU-Politiken: territoriale/integrierte/raumbezogene Politik; Mechanismen für intelligente Regulierung; innovative Instrumente für Umsetzung und Partnerschaft). Darüber hinaus wird definiert, was im Zusammenhang mit diesen sechs Praktiken, die sich auf die allgemeinen Grundsätze und Ziele der MLG beziehen, unter "beispielhafter Praktik" zu verstehen ist, und es werden Indikatoren zur Messung oder Bewertung der Umsetzung dieser Praktiken festgelegt.

(39)  Bezüglich der Wertungen für "Verfahren" und "Inhalt" geht aus den Teilwertungen für diese Kategorien Folgendes hervor: Mit Ausnahme des Frühjahrspakets sind die MLG-Praktiken der Kategorie "Verfahren" (Information/Konsultation; Stakeholderbeteiligung; Reaktionsbereitschaft) viel besser entwickelt als jene der Kategorie "Inhalt" (innovative Instrumente für die Umsetzung; Mechanismen für intelligente Regulierung; territorialer/integrierter Ansatz). Sowohl Europa 2020 als auch Energie/Klima erzielen in der Kategorie "Verfahren" das Mindestergebnis von 3/6. Aus dem Anzeiger geht jedoch auch hervor, dass die positive Gesamtbewertung für Europa 2020 hauptsächlich auf eine relativ hohe Wertung für die MLG-Praktiken im Bereich der "Verfahren" zurückzuführen ist.

Bei eingehender Betrachtung der drei Bestandteile jeder Kategorie fällt auf: Die Schaubilder des Anzeigers zeigen, dass mit Ausnahme des Frühjahrspakets die im Vergleich zur Kategorie "Inhalt" relativ hohen Wertungen für die erste Kategorie "Verfahren" den (sehr) hohen Wertungen für "Information/Konsultation" und bis zu einem gewissen Grad der nur zufriedenstellenden Wertung für "Stakeholderbeteiligung" geschuldet sind. Im Allgemeinen erzielt "Reaktionsbereitschaft" eine relativ niedrige Wertung. In der zweiten Kategorie "Inhalt" erreicht nur Europa 2020 eine noch zufriedenstellende Wertung für "Mechanismen für intelligente Regulierung" und "innovative Instrumente für die Umsetzung". Gleiches gilt für Energie/Klima und das Frühjahrspaket in Bezug auf die Praktik des "territorialen/integrierten Ansatzes". Alle anderen Praktiken erzielen relativ niedrige Wertungen.