ISSN 1725-2407

doi:10.3000/17252407.C_2011.284.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

C 284

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Mitteilungen und Bekanntmachungen

54. Jahrgang
28. September 2011


Informationsnummer

Inhalt

Seite

 

I   Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

 

STELLUNGNAHMEN

 

Der Europäische Datenschutzbeauftragte

2011/C 284/01

Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der technischen Vorschriften für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009

1

 

IV   Informationen

 

INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

 

Europäische Kommission

2011/C 284/02

Euro-Wechselkurs

5

 

V   Bekanntmachungen

 

VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER WETTBEWERBSPOLITIK

 

Europäische Kommission

2011/C 284/03

Staatliche Beihilfen — Deutschland — Staatliche Beihilfe SA.30743 (11/C) (ex N 138/10) — Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen am Flughafen Leipzig/Halle (2) — Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 des AEUV ( 1 )

6

2011/C 284/04

Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses (Sache COMP/M.6400 — ECE/Metro/MEC JV) ( 1 )

24

 

SONSTIGE RECHTSHANDLUNGEN

 

Europäische Kommission

2011/C 284/05

Erneute Veröffentlichung eines Eintragungsantrags nach Artikel 7 Absatz 5 und Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

25

2011/C 284/06

Mitteilung an Hassan Muhammad Abu Bakr Qayed und Abd Al-Rahman Ould Muhammad Al-Husayn Ould Muhammad Salim, die mit der Verordnung (EU) Nr. 960/2011 der Kommission in die Liste nach den Artikeln 2, 3 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit dem Al-Qaida-Netzwerk in Verbindung stehen, aufgenommen wurden

30

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

 


I Entschließungen, Empfehlungen und Stellungnahmen

STELLUNGNAHMEN

Der Europäische Datenschutzbeauftragte

28.9.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 284/1


Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der technischen Vorschriften für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009

2011/C 284/01

DER EUROPÄISCHE DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 16,

gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 7 und 8,

gestützt auf die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (1),

gestützt auf das Ersuchen um eine Stellungnahme gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (2)

HAT FOLGENDE STELLUNGNAHME ANGENOMMEN:

1.   EINLEITUNG

1.

Am 16. Dezember 2010 verabschiedete die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der technischen Vorschriften für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 („Vorschlag“).

1.1   Konsultation des EDSB

2.

Der Vorschlag wurde dem EDSB von der Kommission am 3. Januar 2011 übermittelt. Der EDSB versteht diese Übermittlung als Ersuchen um Beratung von Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft, wie sie in Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 vom 18. Dezember 2000 über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr („Verordnung (EG) Nr. 45/2001“) geregelt ist. Zuvor (3), also noch vor Annahme des Vorschlags, erhielt der EDSB Gelegenheit zu informellen Kommentaren. Der EDSB begrüßt die Offenheit des Verfahrens, die dazu beigetragen hat, schon in einer frühen Phase den Text aus datenschutzrechtlicher Sicht zu verbessern. Einige dieser Kommentare wurden in dem Vorschlag berücksichtigt. Der EDSB würde einen ausdrücklichen Verweis auf diese Konsultation in der Präambel des Vorschlags begrüßen.

1.2   SEPA und der Rechtsrahmen

3.

Seit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hat es eine schrittweise Entwicklung in Richtung eines stärker integrierten europäischen Finanzmarktes gegeben. Im Zahlungsverkehr waren die herausragenden Schritte die Einführung des Euro als gemeinsame Währung im Jahr 1999 und die Ausgabe von Euro-Banknoten und -Münzen im Jahr 2002.

4.

Dessen ungeachtet werden bis heute bargeldlose Zahlungen von geringem Wert in Euro (bis zu 50 000 EUR) in der EU höchst unterschiedlich gehandhabt und verarbeitet. Dies hat zur Folge, dass die Gebühren für grenzüberschreitende Zahlungen innerhalb der EU im Durchschnitt höher sind als die im inländischen Zahlungsverkehr. In einer europäischen Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro (Verordnung (EG) Nr. 2560/2001) heißt es unter anderem, dass die Gebühren für grenzüberschreitende Zahlungen in Euro in der EU nicht länger höher sein dürfen als für entsprechende inländische Zahlungen in Euro. Als Reaktion auf diese Verordnung richtete die europäische Bankenindustrie 2002 den Europäischen Zahlungsverkehrsausschuss (EPC) ein, ein Koordinierungs- und Entscheidungsgremium für Fragen des Zahlungsverkehrs, und legte das Projekt „Europäischer Zahlungsverkehrsraum (SEPA)“ auf. 2009 trat die Verordnung (EG) Nr. 924/2009 an die Stelle der Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 und dehnte den Grundsatz der Gebührengleichheit auf Lastschriften aus, der grenzüberschreitend ab November 2009 galt.

5.

Des Weiteren strebt die Richtlinie 2007/64/EG (Richtlinie über Zahlungsdienste) die Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Zahlungsverkehr in der Europäischen Union an. Ziel ist es, standardisierte Bedingungen und Rechte für Zahlungsdienste einzuführen und grenzüberschreitende Zahlungen so einfach, effizient und sicher wie „innerstaatliche“ Zahlungen innerhalb eines Mitgliedstaats zu gestalten. Mit der Richtlinie über Zahlungsdienste soll ferner der Wettbewerb durch Öffnung der Zahlungsmärkte für neue Marktteilnehmer gestärkt werden.

6.

Ziel des SEPA ist die Schaffung eines Binnenmarkts für den Massenzahlungsverkehr in Euro durch Überwindung der technischen, rechtlichen und marktbedingten Hemmnisse, die aus der Zeit vor der Einführung der einheitlichen Währung stammen. Nach der Vollendung des SEPA wird es keinen Unterschied zwischen innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Zahlungen in Euro mehr geben: Sie werden alle zum Inlandszahlungsverkehr gehören. Dem SEPA gehört nicht nur die Euro-Zone an, sondern die Europäische Union (EU) insgesamt sowie Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen und die Schweiz. Das bedeutet, dass auch Gemeinschaften außerhalb der Euro-Zone SEPA-Standards und -Methoden für ihren Euro-Zahlungsverkehr übernehmen können.

7.

Der Vorschlag befasst sich mit Überweisungen und Lastschriften. Eine Überweisung ist eine vom Zahler ausgehende Zahlung, der seiner Bank einen entsprechenden Auftrag erteilt. Gemäß diesem Auftrag transferiert die Bank einen Geldbetrag an die Bank des Zahlungsempfängers. In diesen Prozess können mehrere Zwischenstellen eingeschaltet sein. Bei einer Lastschrift erteilt der Zahler dem Zahlungsempfänger vorab die Genehmigung, einen Geldbetrag von seinem Bankkonto abzubuchen. Der Zahler „ermächtigt“ also seine Bank, einen Geldbetrag auf das Konto des Zahlungsempfängers zu transferieren. Lastschriften kommen häufig bei wiederkehrenden Zahlungen wie Strom- und Gasrechnungen zum Einsatz, können aber auch für einmalige Zahlungen verwendet werden. In diesem Fall gibt der Zahler seine Ermächtigung für eine einzige Zahlung.

1.3   SEPA und der EU-Datenschutz

8.

Einführung und Ausbau des SEPA beinhalten mehrere Verarbeitungen von Daten: Namen, Kontonummern und Inhalte von Verträgen müssen unmittelbar zwischen Zahlern und Zahlungsempfängern sowie mittelbar über ihre jeweiligen Zahlungsdienstleister ausgetauscht werden, damit die Transfers reibungslos ablaufen können. Zu diesem Zweck enthält der Vorschlag einen Artikel über „Interoperabilität“, der die Abfassung von Standardbestimmungen für nationale und grenzüberschreitende Transaktionen unterstützt und ausdrücklich besagt, dass die Verarbeitung von Überweisungen und Lastschriften nicht durch technische Hindernisse erschwert werden darf. Die an den im Vorschlag behandelten Tätigkeiten beteiligten Wirtschaftsteilnehmer unterliegen den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG.

9.

Der EDSB weist darauf hin, dass beim Austausch und bei der Verarbeitung personenbezogener Daten von Zahlern und Zahlungsempfängern und mit den verschiedenen Zahlungsdienstleistern die Grundsätze der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Zweckbindung einzuhalten sind. Bei der Weitergabe der Daten an die verschiedenen Zwischenstellen sind ferner die Grundsätze der Vertraulichkeit und der Sicherheit der Verarbeitung gemäß Artikel 16 und 17 der Richtlinie 95/46/EG einzuhalten.

10.

Der Vorschlag sieht ferner eine neue Aufgabe für die nationalen Behörden vor, die für die Überwachung der Einhaltung der Verordnung zuständig sind und mit allen erforderlichen Maßnahmen dafür zu sorgen haben, dass die Verordnung eingehalten wird. Diese Aufgabe spielt zwar eine grundlegende Rolle bei der Gewährleistung einer wirksamen Umsetzung des SEPA, doch könnte sie auch umfangreichere Befugnisse zur Weiterverarbeitung personenbezogener Daten von natürlichen Personen durch die Behörden beinhalten. Auch in diesem Bereich gilt für den Zugriff zuständiger nationaler Behörden auf personenbezogene Daten, dass die Grundsätze der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Zweckbindung zu wahren sind.

11.

Der Vorschlag sollte zwar keine allzu detaillierten Bestimmungen zur Wahrung der Datenschutzgrundsätze enthalten, da diese bereits durch die Anwendbarkeit der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG gewährleistet ist, doch möchte der EDSB einige Verbesserungen am Wortlaut vorschlagen, die der Klarstellung dienen.

2.   SPEZIFISCHE KOMMENTARE

2.1   Erwägungsgrund 26

12.

Der EDSB begrüßt, dass die Richtlinie 95/46/EG im Erwägungsgrund 26 des Vorschlags erwähnt wird. Um jedoch deutlich zu machen, dass eigentlich auf die verschiedenen nationalen Gesetze zur Umsetzung dieser Richtlinie verwiesen werden müsste, und um zu unterstreichen, dass jedwede Verarbeitung von Daten im Einklang mit diesen Bestimmungen erfolgen muss, sollte der Wortlaut des Erwägungsgrunds folgendermaßen geändert werden: „Jedwede Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung hat im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG zu erfolgen“.

2.2   Artikel 6, 8, 9 und 10: Befugnisse der nationalen zuständigen Behörden

13.

Artikel 6 des Vorschlags sieht das Verbot der Einführung multilateraler Interbankenentgelte (4) pro Lastschrift oder einer anderen Vergütung mit vergleichbarem Ziel oder vergleichbarer Wirkung vor. Darüber hinaus darf bei Lastschriften, die von einem Zahlungsdienstanbieter nicht ordnungsgemäß ausgeführt werden können, weil der Zahlungsauftrag zurückgewiesen, verweigert, zurückgegeben oder rücküberwiesen wird („R-Transaktionen“), ein multilaterales Interbankenentgelt erhoben werden, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt ist.

14.

Artikel 8 des Vorschlags sieht Pflichten für den Zahler, der Überweisungen verwendet, und den Zahlungsempfänger, der Lastschriften verwendet, vor. Ein Zahler darf es nicht ablehnen, über in einem anderen Mitgliedstaat ansässige und gemäß Artikel 3 erreichbare Zahlungsdienstleister (5) Überweisungen auf Zahlungskonten vorzunehmen. Ein Zahlungsempfänger, der Geldbeträge über einen im selben Mitgliedstaat ansässigen Zahlungsdienstleister von anderen Zahlungskonten auf sein Zahlungskonto transferieren lässt, darf es nicht ablehnen, über in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Zahlungsdienstleister Lastschriften von Zahlungskonten entgegenzunehmen.

15.

Gemäß Artikel 9 des Vorschlags benennen die Mitgliedstaaten die zuständigen Behörden, die für die Gewährleistung der Einhaltung der Verordnung verantwortlich sind. Diese Behörden sind mit allen zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendigen Befugnissen ausgestattet, überwachen die Einhaltung der Verordnung und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um diese Einhaltung sicherzustellen. Artikel 9 Absatz 3 besagt ferner: „Gibt es im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für den unter diese Verordnung fallenden Regelungsbereich mehr als eine zuständige Behörde, so stellen die betreffenden Mitgliedstaaten sicher, dass diese Behörden eng zusammenarbeiten, damit sie ihre jeweiligen Aufgaben effizient erfüllen können“. Artikel 10 sieht die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten vor, Regeln für die im Falle eines Verstoßes gegen die Verordnung geltenden Sanktionen festzulegen und deren Anwendung sicherzustellen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

16.

Gestützt auf diese Artikel haben die nationalen Behörden die Befugnis, mögliche Verstöße gegen alle im Vorschlag aufgeführten Verpflichtungen zu überwachen und Sanktionen zu verhängen, einschließlich der Sanktionen im Zusammenhang mit der Verpflichtung in den Artikeln 6 und 8. Diese Befugnis kann aus datenschutzrechtlicher Sicht potenziell erhebliche Auswirkungen auf die Privatsphäre natürlicher Personen haben. Die Behörden hätten Zugriff auf alle Transfers von Geldbeträgen (ob als Überweisung oder als Lastschrift) zwischen natürlichen Personen, um zu kontrollieren, ob unrechtmäßig multilaterale Interbankenentgelte erhoben wurden oder ob im Widerspruch zu den Verpflichtungen in Artikel 6 und 8 Einspruch gegen eine Verweigerung eingelegt wurde. Eine solche Befugnis beinhaltet die Verarbeitung personenbezogener Daten (Namen der beteiligten natürlichen Personen, ihre Kontonummern und die erhaltenen oder transferierten Geldbeträge).

17.

Obwohl eine solche Verarbeitung personenbezogener Daten den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG entsprechen sollte, unterstreicht der EDSB, dass die Überwachungsverpflichtung schon im Vorschlag im Lichte der in der Richtlinie 95/46/EG (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) verankerten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Notwendigkeit beurteilt werden sollte. Insbesondere mit Blick auf Artikel 6 und 8 wäre nach Auffassung des EDSB ein System verhältnismäßiger, in dem die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden nur fallweise ausgelöst wird. Das würde bedeuten, dass die Behörde im Wesentlichen nur dann tätig wird — und damit die personenbezogenen Daten eines bestimmten Zahlers und/oder Zahlungsempfängers verarbeitet werden —, wenn ein besonderer Grund vorliegt, wenn also beispielsweise ein Zahler oder Zahlungsempfänger Beschwerde wegen eines Verstoßes gegen Artikel 6 oder 8 einlegt hat, oder auch im Rahmen einer gezielten Initiativuntersuchung, die möglicherweise aufgrund von Informationen Dritter eingeleitet wird.

18.

Die Wirksamkeit der Kontrolle der Einhaltung ließe sich durch einen Mechanismus gewährleisten, mit dessen Hilfe ein Beschwerdeführer eine Beschwerde einreichen oder ein Dritter Informationen vorlegen und eine schnelle Reaktion der Behörde erhalten könnte, möglicherweise eine Anordnung an den anderen Beteiligten, seinen Verpflichtungen nach Artikel 6 und 8 nachzukommen. Artikel 11 des Vorschlags enthält bereits Bestimmungen über angemessene und wirksame außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstnutzern und ihren Zahlungsdienstanbietern (damit ist der in Artikel 6 genannte Fall abgedeckt). Zur Förderung der Einhaltung der Verpflichtungen nach Artikel 8 ohne die Einführung eines umfassenden allgemeinen Zugriffs nationaler Behörden auf personenbezogene Daten schlägt der EDSB vor, dass die Bestimmung von Artikel 11 auch Streitigkeiten zwischen Zahlern und Zahlungsempfängern abdeckt.

19.

Der EDSB stellt ferner fest, dass die Überwachungstätigkeiten auch Übermittlungen personenbezogener Daten zwischen zuständigen nationalen Behörden verschiedener Mitgliedstaaten im Rahmen der in Artikel 9 Absatz 3 erwähnten „engen Zusammenarbeit“ beinhalten können. In Anbetracht der den nationalen Behörden für die Überwachung der Einhaltung der Verordnung übertragenen umfangreichen Befugnisse (und selbst wenn die vorstehend angeregten Einschränkungen im Zusammenhang mit Artikel 6 und 8 vorgenommen würden) schlägt der EDSB vor, im Wortlaut ausdrücklich zu erwähnen, dass bei allen Übermittlungen personenbezogener Daten zwischen ihnen die einschlägigen Datenschutzgrundsätze einzuhalten sind. Derartige Übermittlungen sollten insbesondere nicht in großen Mengen, sondern nur im Zusammenhang mit Einzelfällen stattfinden, bei denen schon auf den ersten Blick ein Verdacht auf einen möglichen Verstoß gegen die Verordnung besteht. Artikel 9 Absatz 3 könnte daher der folgende Satz hinzugefügt werden: „Übermittlungen personenbezogener Daten zwischen zuständigen Behörden im Rahmen einer solchen engen Zusammenarbeit sollten nur fallweise, wenn begründeter Verdacht auf einen Verstoß gegen die Verordnung besteht, und unter Wahrung der Grundsätze der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Zweckbindung erfolgen“.

2.3   Anhang

20.

Der Anhang des Vorschlags enthält die nach Artikel 5 des Vorschlags sowohl für Überweisungen als auch für Lastschriften geltenden technischen Anforderungen. Ziel dieser Anforderungen sind harmonisierte Identifikations- und Kommunikationsformate, die die Interoperabilität von Überweisungen und Lastschriften zwischen Mitgliedstaaten gewährleisten.

21.

In diesem Zusammenhang werden mehrfach personenbezogene Daten von Zwischenstellen (den Zahlungsdienstleistern) verarbeitet (6):

a)

Artikel 2 Buchstabe b: bei Überweisungen werden folgende Daten vom Zahler an seinen Zahlungsdienstleister und weiter über die Zahlungskette an den Zahlungsempfänger übermittelt: Name des Zahlers und/oder IBAN des Kontos des Zahlers, zu überweisender Betrag, Name und IBAN des Zahlungsempfängers und möglicherweise Angaben zum Transfer;

b)

Artikel 3 Buchstabe b: bei Lastschriften handelt es sich bei den vom Zahlungsempfänger an seinen Zahlungsdienstleister und von diesem an den Zahlungsdienstleister des Zahlers für jede Transaktion übermittelten Daten um Angaben aus dem Mandat (7);

c)

Artikel 3 Buchstabe g: bei Lastschriften werden folgende Daten vom Zahlungsempfänger an seinen Zahlungsdienstleister und weiter über die Zahlungskette an den Zahler übermittelt: Name des Zahlungsempfängers und IBAN des Zahlungskontos des Zahlungsempfängers, Name des Zahlers und IBAN seines Zahlungskontos.

22.

Obwohl bei jedweder Verarbeitung personenbezogener Daten die einschlägigen nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG eingehalten werden müssen, heißt es in dem Vorschlag lediglich mit Blick auf Transfers entsprechend der vorstehend unter a) geschilderten Situation, dass sie „in Übereinstimmung mit den in den nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG festgelegten Verpflichtungen“ vorzunehmen sind. Um jedes Missverständnis zu vermeiden, schlägt der EDSB vor, einen solchen Verweis auf die Richtlinie auch im Zusammenhang mit Artikel 3 Buchstabe b und Artikel 3 Buchstabe g aufzunehmen. Sollte der Wortlaut von Erwägungsgrund 26 dem weiter oben gemachten Vorschlag entsprechend geändert werden, könnte im Wortlaut von Artikel 2 Buchstabe b auf den Verweis auf die Richtlinie 95/46/EG verzichtet werden.

3.   SCHLUSSFOLGERUNG

23.

Der EDSB begrüßt den ausdrücklichen Verweis im Vorschlag auf die Richtlinie 95/46/EG. Er schlägt jedoch einige kleinere Änderungen im Wortlaut vor, um die Anwendbarkeit der Datenschutzgrundsätze auf die unter den Vorschlag fallenden Verarbeitungen klarzustellen. Insbesondere gilt:

Erwägungsgrund 26 sollte verdeutlichen, dass auf die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG verwiesen werden soll und unterstreichen, dass jedwede Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit diesen Umsetzungsvorschriften erfolgen muss;

die Überwachungsbefugnis der nationalen zuständigen Behörden bezüglich der Verpflichtungen in Artikel 6 und 8 sollte auf Fälle beschränkt werden, in denen ein begründeter Verdacht auf einen Verstoß gegen die Verordnung besteht, und zur Förderung der Einhaltung der Verpflichtungen in Artikel 8 sollte der in Artikel 11 vorgesehene Rechtsbehelfsmechanismus bei Streitigkeiten auf Auseinandersetzungen zwischen Zahler und Zahlungsempfänger erweitert werden;

zur Vermeidung von falschen Auslegungen sollten die Verweise auf die Richtlinie 95/46/EG im Anhang harmonisiert werden.

Geschehen zu Brüssel am 23. Juni 2011.

Giovanni BUTTARELLI

Stellvertretender Europäischer Datenschutzbeauftragter


(1)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31, („Richtlinie 95/46/EG“).

(2)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(3)  im September 2010.

(4)  Ein multilaterales Interbankenentgelt ist ein Betrag, den bei einer Lastschrift der Zahlungsdienstleister des Zahlers an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zu entrichten hat.

(5)  Mit dieser Anforderung soll gewährleistet werden, dass ein Zahlungsdienstleister, der für eine Euro-Inlandsüberweisung oder -lastschrift erreichbar ist, auch für Transaktionen erreichbar ist, die über einen in einem beliebigen Mitgliedstaat ansässigen Zahlungsdienstleister veranlasst werden (Artikel 3 des Vorschlags).

(6)  Name und IBAN werden bei einer Überweisung direkt vom Zahlungsempfänger an den Zahler und bei einer Lastschrift direkt vom Zahler an den Zahlungsempfänger übermittelt. In beiden Fällen ist die Verarbeitung schon allein deshalb rechtmäßig, weil die betreffende betroffene Person ihre eigenen Daten freiwillig übermittelt.

(7)  Dazu können der Name des Zahlers, seine Anschrift, seine Telefonnummer und andere Informationen im Zusammenhang mit dem Vertrag gehören, der der Anlass für den Geldtransfer ist.


IV Informationen

INFORMATIONEN DER ORGANE, EINRICHTUNGEN UND SONSTIGEN STELLEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Europäische Kommission

28.9.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 284/5


Euro-Wechselkurs (1)

27. September 2011

2011/C 284/02

1 Euro =


 

Währung

Kurs

USD

US-Dollar

1,3579

JPY

Japanischer Yen

103,83

DKK

Dänische Krone

7,4413

GBP

Pfund Sterling

0,86980

SEK

Schwedische Krone

9,1774

CHF

Schweizer Franken

1,2232

ISK

Isländische Krone

 

NOK

Norwegische Krone

7,7900

BGN

Bulgarischer Lew

1,9558

CZK

Tschechische Krone

24,478

HUF

Ungarischer Forint

286,36

LTL

Litauischer Litas

3,4528

LVL

Lettischer Lat

0,7093

PLN

Polnischer Zloty

4,3720

RON

Rumänischer Leu

4,3033

TRY

Türkische Lira

2,5066

AUD

Australischer Dollar

1,3690

CAD

Kanadischer Dollar

1,3842

HKD

Hongkong-Dollar

10,5816

NZD

Neuseeländischer Dollar

1,7228

SGD

Singapur-Dollar

1,7408

KRW

Südkoreanischer Won

1 588,08

ZAR

Südafrikanischer Rand

10,6747

CNY

Chinesischer Renminbi Yuan

8,6878

HRK

Kroatische Kuna

7,4930

IDR

Indonesische Rupiah

12 156,12

MYR

Malaysischer Ringgit

4,2781

PHP

Philippinischer Peso

58,869

RUB

Russischer Rubel

43,3299

THB

Thailändischer Baht

41,891

BRL

Brasilianischer Real

2,4513

MXN

Mexikanischer Peso

18,1259

INR

Indische Rupie

66,6390


(1)  Quelle: Von der Europäischen Zentralbank veröffentlichter Referenz-Wechselkurs.


V Bekanntmachungen

VERFAHREN BEZÜGLICH DER DURCHFÜHRUNG DER WETTBEWERBSPOLITIK

Europäische Kommission

28.9.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 284/6


STAATLICHE BEIHILFEN — DEUTSCHLAND

Staatliche Beihilfe SA.30743 (11/C) (ex N 138/10) — Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen am Flughafen Leipzig/Halle (2)

Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 des AEUV

(Text von Bedeutung für den EWR)

2011/C 284/03

Mit Schreiben vom 15. Juni 2011, das nachstehend in der verbindlichen Sprachfassung abgedruckt ist, hat die Kommission Deutschland von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, wegen der genannten Maßnahme das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV zu eröffnen.

Alle Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung dieser Zusammenfassung und des Schreibens zu der Maßnahme, die Gegenstand des von der Kommission eröffneten Verfahrens ist, Stellung nehmen. Die Stellungnahmen sind an folgende Anschrift zu richten:

Europäische Kommission

Generaldirektion Wettbewerb

Registratur Staatliche Beihilfen

Büro: J-70 3/225

1049 Bruxelles/Brussel

BELGIQUE/BELGIË

Fax +32 22961242

Alle Stellungnahmen werden Deutschland übermittelt. Beteiligte, die eine Stellungnahme abgeben, können unter Angabe von Gründen schriftlich beantragen, dass ihre Identität nicht bekanntgegeben wird.

VERFAHREN

Mit Schreiben vom 12. April 2010 unterrichtete Deutschland die Kommission aus Gründen der Rechtssicherheit über die für die Mitteldeutsche Flughafen AG (im Folgenden „MFAG“) und die Flughafen Leipzig/Halle GmbH (im Folgenden „FLH“) geplanten Kapitalzuführungen durch deren jeweilige Gesellschafter (1), mit denen die Kosten für Infrastrukturvorhaben am Flughafen Leipzig/Halle ausgeglichen werden sollen. Mit Schreiben vom 10. Juni 2010, vom 26. November 2010 und vom 3. März 2011 ersuchten die Dienststellen der Kommission Deutschland um ergänzende Auskünfte zu der angemeldeten Maßnahme. Am 29. September 2010, 4. Januar 2011 und 26. April 2011 übermittelte Deutschland die erwünschten zusätzlichen Informationen.

BESCHREIBUNG DER MAßNAHMEN

Die angemeldeten Maßnahmen umfassen insbesondere die folgenden Infrastruktur- und infrastrukturbezogenen Projekte: Schallschutzmaßnahmen, Errichtung von Enteisungsflächen, Bau von Rollwegen und Rollbrücken, Erweiterungen von Vorfeldern und Hangars, GAT-Neubau und Kleinflugzeughalle, Planungskosten für die Verlängerung der Süd- und Nordbahn, Errichtung der Animal Farm, des Funktionsgebäudes Sicherheit und von Kontrollpunkten. Die Gesamtinvestitionskosten wurden mit 255,6 Mio. EUR veranschlagt. Mit den Bauarbeiten wurde bereits begonnen.

Die Infrastruktur- und infrastrukturbezogenen Projekte werden zunächst über (seit 2006 gewährte) Gesellschafterdarlehen finanziert; diese werden erst nach der Genehmigung der Finanzierung des Infrastrukturprojekts durch die Kommission in Kapital umgewandelt. Basiszinssatz ist der [< 12]-Monats-Euribor. Die Risikoprämie ermittelt sich aus dem aufgerundeten Durchschnitt (unter 100 Basispunkten) von drei Bankangeboten.

Die angemeldeten Infrastrukturmaßnahmen und ihre Finanzierung (Gesellschafterdarlehen und Kapitalzuführungen) gehen über den Geltungsbereich der Kommissionsentscheidung 2008/948/EG vom 23. Juli 2008 (2) hinaus.

BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

Beihilfecharakter der Gesellschafterdarlehen

Nach Auffassung Deutschlands beinhalten die Gesellschafterdarlehen keine staatliche Beihilfe, da es sich bei den geplanten Investitionen um Sicherheitsmaßnahmen handelt. Zudem seien die Darlehen zu Marktkonditionen gewährt worden.

Zum derzeitigen Sachstand hat die Kommission Zweifel daran, dass die geplanten Projekte der Gefahrenabwehr dienen und die Gesellschafterdarlehen zu marktüblichen Bedingungen gewährt wurden. Deshalb kommt die Kommission nicht zu dem Schluss, dass die in Rede stehenden Maßnahmen beihilfefrei sind. Erstens hat Deutschland kein Rating für die FLH vorgelegt. Zweitens hat die Bundesregierung hinsichtlich der Bonität der MFAG nur einen Telefonvermerk über ein Telefonat der MFAG mit einer Bank vorgelegt, der belegen soll, dass das Rating der MFAG jenem der deutschen Bundesländer entspricht. Drittens liegt die Risikoprämie (unter 100 Basispunkten) unter der Risikomarge, die in der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze festgelegt ist. Die Kommission stellt in Frage, ob es gerechtfertigt war, in der vorliegenden Sache den [< 12]-Monats-Euribor als Basiszinssatz für die Festlegung des Zinssatzes für das Darlehen heranzuziehen, denn unter normalen Umständen ist dieser niedriger als die Zinssätze für längere Laufzeiten.

Beihilfecharakter der Kapitalzuführungen

Deutschland vertritt die Auffassung, dass die Finanzierung des Baus der Infrastrukturen keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Wie das Gericht der Europäischen Union in seinem Urteil in der Rechtssache Flughafen Leipzig/Halle (3) bestätigte, ist der Betrieb von Flughafeninfrastruktur eine wirtschaftliche Tätigkeit, von der die Tätigkeit des Baus einer Flughafeninfrastruktur nicht losgelöst werden kann. Da der Bundesregierung zufolge den Kapitalerhöhungen weder ein Geschäftsplan noch langfristige Rentabilitätsaussichten zugrunde lagen, kommt die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass sie eine staatliche Beihilfe beinhalten.

Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt

Zum derzeitigen Sachstand hat die Kommission erhebliche Bedenken, dass in der vorliegenden Beihilfesache die Kriterien der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit erfüllt sind. Bei dem von der FLH betriebenen Flughafen Leipzig/Halle handelt es sich um einen Flughafen der Kategorie C, d. h. um einen „großen Regionalflughafen“ im Sinne der Flughafen-Leitlinien 2005 (4). Seit 2008, d. h. nach dem Bau der Start- und Landebahn Süd, dient der Flughafen Leipzig/Halle in erster Linie als Frachtflughafen für DHL Express, Lufthansa Cargo und andere Frachtunternehmen. 2009 wurden etwa 524 000 Tonnen transportiert. Die Beihilfehöchstintensität beläuft sich auf 100 %.

Bislang hat die Bundesregierung keine Informationen in Form eines Geschäftsplans übermittelt, aus dem hervorginge, dass eine Beihilfeintensität von 100 % erforderlich und verhältnismäßig wäre. Deshalb ist die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in der Lage zu prüfen, ob in der in Rede stehenden Sache ein Marktversagen vorliegt.

Hinzu kommt, dass einige Investitionsprojekte bereits abgeschlossen wurden. Daraus ergeben sich ernste Zweifel an der Erforderlichkeit der Beihilfen, da der Begünstigte in der Lage gewesen ist, die fraglichen Investitionsprojekte ohne staatliche Beihilfen zu finanzieren.

Des Weiteren stellt die Kommission fest, dass einige der in Rede stehenden Maßnahmen die aufsichtsrechtlichen Vorschriften und andere Anforderungen für den Betrieb eines Flughafen zu erfüllen scheinen bzw. mit dem laufenden Flughafenbetrieb in Verbindung stehen. Deshalb hat die Kommission Zweifel daran, dass die Kriterien der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Beihilfe diesbezüglich erfüllt sind.

Schlussfolgerung

Aus den vorstehenden Gründen sind in der vorliegenden Beihilfesache nach Auffassung der Kommission nicht alle der in den Flughafen-Leitlinien 2005 festgelegten Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahmen mit dem Binnenmarkt erfüllt. Die Kommission kommt zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Kriterien der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der Beihilfe in der vorliegenden Beihilfesache nicht erfüllt sind. Deshalb hat die Kommission Zweifel daran, dass die Finanzierung der angemeldeten Infrastrukturmaßnahmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden kann.

Die Maßnahmen scheinen für keine andere Ausnahmeregelung nach dem Vertrag in Betracht zu kommen. Deshalb kann die Kommission zum derzeitigen Sachstand nicht ausschließen, dass die Maßnahmen rechtswidrige und nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen beinhalten.

SCHREIBEN

„Die Kommission teilt der Regierung der Bundesrepublik Deutschland mit, dass sie nach Prüfung der Angaben der deutschen Behörden zu der vorgenannten Beihilfemaßnahme entschieden hat, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) zu eröffnen.

1.   VERFAHREN

1.

Mit Schreiben vom 12. April 2010 meldete die Bundesregierung aus Gründen der Rechtssicherheit vorgesehene Kapitalzuführungen für zwei öffentliche Unternehmen bei der Kommission an. Die Anmeldung erhielt die Nummer N 138/2010.

2.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2010, 26. November 2010 und 3. März 2011 ersuchte die Kommission um ergänzende Auskünfte zu der angemeldeten Maßnahme. Am 29. September 2010, 4. Januar 2011 und 26. April 2011 wurden von der Bundesregierung ergänzende Auskünfte übermittelt.

2.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

3.   Die Anmeldung betrifft vorgesehene Kapitalzuführungen der jeweiligen Anteilseigner für die Mitteldeutsche Flughafen AG (im Folgenden „MFAG“) bzw. die Flughafen Leipzig/Halle GmbH (im Folgenden „FLH“) zum Ausgleich der Kosten für Infrastrukturprojekte, die am Flughafen Leipzig/Halle durchgeführt werden sollen.

4.   FLH ist eine Tochtergesellschaft der MFAG, die 94 % der Anteile an FLH hält. Die restlichen Anteile halten der Freistaat Sachsen, der Landkreis Nordsachsen und die Stadt Schkeuditz. Die Gesellschafter der MFAG sind der Freistaat Sachsen mit 76,64 %, das Land Sachsen-Anhalt mit 18,54 %, die Stadt Dresden mit 2,52 %, die Stadt Halle mit 0,2 % und die Stadt Leipzig mit 2,1 %. Private Gesellschafter gibt es nicht.

5.   Seit 2008, d. h. nach dem Bau der Start- und Landebahn Süd, dient der Flughafen Leipzig/Halle in erster Linie als Frachtflughafen für DHL Express (5), Lufthansa Cargo und andere Frachtunternehmen. 2009 wurden etwa 524 000 Tonnen transportiert.

2.1.   Die Infrastrukturprojekte im Überblick

6.   Die angemeldeten Maßnahmen umfassen folgende Infrastruktur- und infrastrukturbezogene Projekte:

Nummer

Bezeichnung

Budgetierte Kosten/erwartete Kosten (EUR)

M1

Grunderwerb/Absiedlung/Lärmschutz/landschaftspflegerische Begleitplanung

[…]

M2

Triebwerkslaufstand

[…]

M3

Rollweg und Rollbrücke „E7“

[…]

M4

Verlängerung Start- und Landebahn Nord: Planungskosten

[…]

M5

Herstellung Baufreiheit für Rollbahn Victor nebst Neubau Feuerwachen / Mehrzweckhalle

[…]

M6

Parallele Rollbahn Victor

[…]

M7

Ergänzung von Enteisungsflächen

[…]

M8

Heliport

[…]

M9.1–M9.4

Infrastrukturelle Zusatzmaßnahmen:

Neubau Kontrollpunkt 1

Funktionsgebäude Sicherheit

Beschaffung Ausrüstungstechnik

Animal Farm

[…]

M10

Ergänzender Lärmschutz

[…]

M11

Landseitige Erschließung Bereich Südost Phase I

[…]

M12

Planfeststellungsverfahren Erweiterung Süd

[…]

M13

Vorfelderweiterung Nord

[…]

M14

Vorfelderweiterung Ost

[…]

M15

Anpassung Infrastruktur

[…]

M16

Infrastrukturelle Zusatzmaßnahmen:

Erweiterung Hangar Nordbereich (M16.1)

GAT-Neubau und Kleinflugzeughalle (M16.2)

[…]

Summe

 

255,625 Mio.

7.   M1 – Umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen (einschließlich Grunderwerb/Absiedlung/Lärmschutz/landschaftspflegerische Begleitplanung): Gemäß Planfeststellungsbeschluss zur Start- und Landebahn Süd mit Vorfeld (6) ist der Flughafen Leipzig/Halle verpflichtet, umfangreiche Schallschutzmaßnahmen im Nachtschutzgebiet des Flughafens durchzuführen. Das Nachtschutzgebiet sollte ursprünglich eine Fläche von etwa 211 km2 und rund 6 000 Wohnhäusern umfassen. Nach der ersten Neuberechnung des Nachtschutzgebietes Ende Februar 2009 muss das ursprüngliche Schutzgebiet um rund 4 000 Wohnhäuser ausgeweitet werden. Die Umsetzung der Schallschutzmaßnahmen hat Mitte 2005 begonnen und dürfte gegen 2012 abgeschlossen sein.

8.   M2 – Triebwerkslaufstand: Am Flughafen Leipzig/Halle ist in den Jahren 2007/2008 ein neuer Triebwerkslaufstand errichtet worden. Der 24-Stunden-Betrieb des Flughafens Leipzig/Halle macht Einrichtungen für Triebwerksprobeläufe sowohl am Tag als auch in der Nacht erforderlich. Um die durch die zuständige Behörde vorgegebenen Grenzwerte in der Umgebung schalltechnisch einzuhalten, musste der Triebwerksprobelaufstand als geschlossenes Bauwerk errichtet werden.

9.   M3 – Rollweg und Rollbrücke „E7“: Um die vorhandenen Rollwege und Rollbrücken zu entlasten sowie Ersatz bei Unfällen und Störungen zu schaffen, müssen im Osten des Flughafens der Rollweg und die Rollbrücke „E7“ errichtet werden. Dieses Infrastrukturprojekt gliedert sich unter technischen Gesichtspunkten in die folgenden drei Teilprojekte: Rollbrücke (7), Rollweg und technische Ausrüstung (Befeuerung). Mit dem Infrastrukturprojekt wurde 2008 begonnen.

10.   M4 – Verlängerung der Start- und Landebahn Nord (Planungskosten) von derzeit 3 600 m auf 3 800 m: Durch die Verlängerung der Start- und Landebahn Nord soll das Starten von Frachtflugzeugen mit hohem Startgewicht ohne Nutzlastbeschränkungen am Flughafen Leipzig/Halle gewährleistet werden. Mit der Planung dieses Infrastrukturprojekts wurde im Jahr 2008 begonnen.

11.   M5 – Herstellung der Baufreiheit für Rollbahn „Victor“ und Neubau Feuerwachen/Mehrzweckhalle I: Die Feuerwache und die Mehrzweckhalle müssen abgerissen und neu errichtet werden. Der Abriss der Objekte und die Neuerrichtung der Mehrzweckhalle und der Feuerwehrwache in veränderter Lage sind zwingend erforderlich, um die Hindernisfreiheit im südlichen Rollverkehr am Flughafen Leipzig/Halle zu gewährleisten. Die Rohbauarbeiten für die Neuerrichtung der Mehrzweckhalle I und der Feuerwache haben im Mai 2009 begonnen; das Projekt soll 2011 abgeschlossen werden. In der neuen Mehrzweckhalle soll das Winterdienstgerät untergebracht werden. Im Rahmen der Bauarbeiten soll auch eine Feuerwehrübungsanlage errichtet werden.

12.   M6 – Parallele Rollbahn „Victor“: Der Anmeldung zufolge ist die Errichtung der Rollbahn „Victor“ zwischen zwei bestehenden Rollwegen zur Abdeckung der weiter steigenden Kapazitäten am Flughafen Leipzig/Halle und zur Abdeckung der Kapazitäten in Spitzenzeiten und bei Ostwetterlagen im Südwesten des Flughafens zwingend erforderlich.

13.   M7 – Ergänzung von Enteisungsflächen: Deutschland erläutert, dass die zusätzlichen Enteisungsflächen bei steigender Auslastung des Flughafens Leipzig/Halle zur reibungslosen Durchführung der Flugzeugenteisung und zur Vermeidung von Verspätungen durch eine unzureichende Infrastruktur erforderlich sind. Mit der Durchführung des Projekts wurde noch nicht begonnen, es soll allerdings 2011 abgeschlossen sein.

14.   M8 – Heliport: Am Flughafen Leipzig/Halle ist in den Jahren 2008/2009 durch Anpassung der Oberflächenstruktur und Markierung ein Hubschrauberabstellplatz geschaffen worden, der als Basis für die Flugrettung und damit für Notfalleinsätze dient. Die Nutzung des Flugfelds durch Drehflügler fällt unter die Betriebsgenehmigung des Flughafens. Die Entgeltordnung des Flughafens gilt in jedem Fall auch für die Nutzung der Einrichtung durch Hubschrauber. Der Heliport steht auch anderen Nutzern offen.

15.   M9.1-M9.4 – Infrastrukturelle Zusatzmaßnahmen

—   Neubau Kontrollpunkt I (M9.1): Der Kontrollpunkt I muss zur Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 (8) neu errichtet werden. Im Kontrollpunkt I sollen alle organisatorischen Aufgaben des Bereiches Sicherheit des Flughafens (Ausweis- und Schlüsselverwaltung, Sicherheitsschulung, Führungsaufgaben) und Kontrollaufgaben (z. B. Personen- und Warenkontrolle) sowie Sicherheitsdienstleistungen (z. B. Besucherservice, VIP) konzentriert werden.

—   Funktionsgebäude Sicherheit (M9.2): Das neue Funktionsgebäude Sicherheit wird von der Bundespolizei, der Landespolizei, der Zollverwaltung und dem Deutschen Wetterdienst genutzt werden.

—   Beschaffung Ausrüstungstechnik (M9.3): In Anpassung an die neue Infrastruktur muss am Flughafen Leipzig/Halle sodann auch zusätzliche Ausrüstungstechnik für den Winterdienst und ergänzende Feuerwehrgerätetechnik angeschafft werden. Daneben muss auch der Flughafenaußenzaun mit Detektoren nebst digitaler Videoanlage technisch nachgerüstet werden (inkl. Videoüberwachungsanlage auf digitaler Basis mit intelligenter Bewegungserkennung). Mit den Investitionen wurde 2008 begonnen.

—   „Animal Farm“ (M 9.4): Dieses Projekt betrifft die Errichtung eines separaten Tiertransportgebäudes mit veterinärmedizinischen Anlagen am Flughafen Leizpig/Halle für Tierimporte und -exporte.

16.   M10 – Ergänzender Lärmschutz: Im Rahmen des weiteren Ausbaus und unter Berücksichtigung der prognostizierten weiteren Entwicklung des Luftverkehrs insgesamt und insbesondere des Luftfrachtverkehrs am Flughaben Leipzig/Halle steht zu erwarten, dass mittelfristig weitere Lärmschutzmaßnahmen (und hiermit im Zusammenhang stehende Maßnahmen) nötig sein.

17.   M11 – Landseitige Erschließung Bereich Südost Phase I: Am Flughafen Leipzig/Halle sollen die östlich an die vorhandenen landseitigen Einrichtungen (Hangar und Betriebsgebäude) angrenzenden Flächen mit Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Strom, Wasser, Abwasser, Regenwasser) bis 2010 vollständig erschlossen werden; mit den Arbeiten wurde 2008 begonnen. Nachdem der bestehende Kreisverkehr am Luftfrachtumschlagsbahnhof an die öffentlichen Straßen angebunden worden ist, müssen weitere Schallschutzmaßnahmen vorgenommen werden.

18.   M12 – Planfeststellungsverfahren Erweiterung Süd: Am Flughafen Leipzig/Halle soll langfristig die Start- und Landebahn Süd (3 600 m) mit Vorfeld ausgebaut werden. Hierfür muss ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden.

19.   M13 – Vorfelderweiterung Nord: Nach einer Studie ist es erforderlich, bis zum Jahr 2020 zwölf zusätzliche Standplätze zu errichten. Der Studie zufolge wird sich ein zusätzlicher Bedarf insbesondere auf dem Vorfeld Nord ergeben. Mit dem Ausbau von Abfertigungseinheiten im Norden des Flughafens und der Inanspruchnahme von Baurechten kann ein gleichmäßigeres Verhältnis bei der Verteilung der Flugbewegungen auf den beiden Start- und Landebahnen erreicht werden.

20.   M14 – Vorfelderweiterung Ost: Die Grenze des Vorfelds Ost soll nach Süden verschoben werden, um die erforderlichen Hindernisfreiflächen für die Start- und Landebahnen zu gewährleisten. Zudem bedarf es eines Anschlusses des Vorfelds an das Rollwegesystem nebst Enteisungspositionen.

21.   M15 – Anpassung Infrastruktur: Die Abfertigungsanlagen im Nordbereich müssen dem Neubau des Vorfelds im Nordbereich und der Verlagerung von Frachtfunktionen in diesem Bereich angepasst werden. Hierzu soll der Hangar inkl. erforderlicher Nebenfunktionen für ein Luftfahrzeug der Kategorie F ausgelegt werden.

22.   M16.1-M16.2: Infrastrukturelle Zusatzmaßnahmen

—   Erweiterung Hangar Nordbereich (M16.1): Bau eines neuen Vorfelds im Nordbereich und Verlagerung von Frachtfunktionen in diesen Bereich sowie Vorhaltung von Wartungsplätzen. Die Realisierung der Maßnahme soll Anfang 2011 beginnen und bis Ende 2011 abgeschlossen sein.

—   GAT-Neubau und Kleinflugzeughalle (M16.2): Es müssen ein neues Aviation Terminal (GAT) sowie eine Kleinflugzeughalle gebaut werden. Das ehemalige GAT wurde im Zuge der Errichtung der neuen Start- und Landebahn Süd abgebrochen.

23.   Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Infrastruktur- und infrastrukturbezogenen Projekte als Sicherheitsmaßnahmen angesehen werden können und ihre Finanzierung lediglich einen Kostenausgleich für die Übernahme hoheitlicher Aufgaben darstellt. Den Maßnahmen liegt weder ein Geschäftsplan zugrunde noch erfolgt die Finanzierung amortisationsbezogen. Daher fallen die angemeldeten Maßnahmen nach Auffassung der Bundesregierung nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften für staatliche Beihilfen. Die zu finanzierenden Infrastrukturen stehen, soweit ihrer Art nach geeignet, allen Nutzern unterschiedslos und diskriminierungsfrei zur Verfügung.

2.2.   Finanzierung der Infrastruktur- und infrastrukturbezogenen Projekte

Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen

24.   Die Infrastruktur- und infrastrukturbezogenen Projekte wurden zunächst durch Gesellschafterdarlehen finanziert, die allerdings erst nach Genehmigung der Finanzierung des Infrastrukturprojekts durch die Europäische Kommission in Eigenkapital umgewandelt werden. Nach Auffassung der Bundesregierung werden die Gesellschafterdarlehen zu marktüblichen Konditionen gewährt und stellen daher keine staatliche Beihilfe dar.

25.   Nachstehender Übersicht sind die an die MFAG und die FLH ausgereichten Gesellschafterdarlehen zu entnehmen. Die vorgelegten Angaben beziehen sich lediglich auf den Zeitraum bis Ende 2011.

Tabelle 1

Gesellschafterdarlehen an die MFAG

Zu finanzierende Maßnahmen

Gesellschafter

Laufzeit

Kumulierter Betrag

M1 und M2

Freistaat Sachsen

2009-2011

[…]

Land Sachsen-Anhalt

[…]

Stadt Dresden

[…]

Stadt Leipzig

[…]

Stadt Halle

[…]

M3 bis M7 und M11

Freistaat Sachsen

2006-2011

[…]

Land Sachsen-Anhalt

[…]

Stadt Leipzig

[…]

Stadt Halle

[…]

M8, M12 und M15

Freistaat Sachsen

2010-2011

[…]

Land Sachsen-Anhalt

[…]

Stadt Leipzig

[…]

Stadt Halle

[…]

Summe

 

 

[…]


Tabelle 2

Gesellschafterdarlehen an die FLH

Zu finanzierende Maßnahmen

Gesellschafter

Laufzeit

Kumulierter Betrag

M1 und M2

MFAG

2009-2011

[…]

Freistaat Sachsen

[…]

Landkreis Nordsachsen

[…]

Stadt Schkeuditz

[…]

M3 bis M7 und M11

Freistaat Sachsen

2006-2011

[…]

MFAG

[…]

M8, M12 und M15

Freistaat Sachsen

2010-2011

[…]

MFAG

[…]

Summe

 

 

[…]

26.   Hinsichtlich der zu zahlenden Zinssätze wird die jeweilige Tranche ab Auszahlungszeitpunkt auf Basis des für den Auszahlungstag gültigen [<12 Monate]-EURIBOR zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres zuzüglich einer Marge von [<100] bis [<100] Basispunkten verzinst. Die Bankenmarge ermittelt sich aus dem aufgerundeten Durchschnitt von drei Bankangeboten ([…],[…]und […]). Die Zinsen sind jeweils zum Darlehensende (31. Dezember eines Jahres) fällig. Es besteht die Möglichkeit, den fälligen Darlehensbetrag sowie die zum 31. Dezember eines Jahres fälligen Zinsen durch eine erneute Darlehensaufnahme marktüblich zu prolongieren.

27.   Gesellschafterdarlehen 2006–2008: Als Grundlage für die Konditionen der Gesellschafterdarlehen zwischen 2006 und 2008 diente ein Darlehensvertrag zwischen der […] und der MFAG: Basiszinssatz ist der [<12 Monate]-EURIBOR zuzüglich einer Marge von [<100] Basispunkten. Die durchschnittliche Marge, die sich aus den drei Bankangeboten ergab, betrug [<100] Basispunkte und wurde auf [<100] Basispunkte erhöht.

28.   Gesellschafterdarlehen 2009: Für das Jahr 2009 wurde als Basiszinssatz der [<12 Monate]-EURIBOR zuzüglich einer Marge von [<100] Basispunkten zugrunde gelegt. Die durchschnittliche Marge, die sich aus den drei Bankangeboten ergab, betrug [<100] Basispunkte und wurde auf [<100] Basispunkte erhöht.

29.   Gesellschafterdarlehen 2010: Für das Jahr 2010 wurde als Basiszinssatz der [<12 Monate]-EURIBOR zuzüglich einer Marge von [<100] Basispunkten zugrunde gelegt. Die durchschnittliche Marge, die sich aus den drei Bankangeboten ergab, betrug [<100] Basispunkte und wurde auf [<100] Basispunkte aufgerundet, was der Marge für Unternehmen mit AAA-Rating bei hoher Besicherung gemäß der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (im Folgenden „Mitteilung über die Referenzsätze“) (9) entspricht.

Finanzierung durch Kapitalzuführungen

30.   Die Finanzmittel zum Ausgleich der Kosten für Infrastruktur- und infrastrukturbezogene Projekte belaufen sich der Anmeldung zufolge auf insgesamt 255,624 Mio. EUR. Davon sollen insgesamt 240,2875 Mio. EUR in die Kapitalrücklage der MFAG eingestellt und zweckgebunden an die FLG zur Erhöhung ihrer eigenen Kapitalrücklage weitergeleitet werden. Der verbleibende Betrag soll von den Gesellschaftern der FLH direkt der Kapitalrücklage der FLH zugeführt werden.

31.   Nach Angaben der Bundesregierung handelt es sich bei der angemeldeten Finanzierung von Infrastrukturprojekten nicht um eine Eigenkapitalerhöhung im Sinne einer Grundkapitalerhöhung nach § 182 AktG bei der MFAG oder einer Stammkapitalerhöhung nach § 55 GmbHG bei der FLG. Vielmehr handele es sich ausschließlich um das zur Verfügungstellen der Finanzmittel, um die Kosten zu finanzieren, die den Gesellschaften dadurch entstehen, dass sie die Aufträge der Gesellschafter, also die Aufträge der öffentlichen Hand, durchführen.

32.   Mit der Durchführung der mit den geplanten Kapitalzuführungen zu finanzierenden Infrastrukturprojekte wurde teilweise schon begonnen. Vor Beginn der jeweiligen Projekte hat die öffentliche Hand jeweils zum Ausdruck gebracht, diese Maßnahmen finanzieren zu wollen. Was die Finanzierung der Kosten in Höhe von […] Mio. EUR für die infrastrukturellen Zusatzmaßnahmen (d. h. M9, M10 und M16) angeht, soll über eine Kapitalerhöhung erst nach einem Beschluss der Europäischen Kommission befunden werden.

33.   Die Kapitalzuführungen selbst sind noch nicht erfolgt.

3.   BEIHILFENRECHTLICHE WÜRDIGUNG

34.

Nach Auffassung der Kommission könnte es sich bei nachstehenden Maßnahmen um staatliche Beihilfen zugunsten der MFAG oder/und der FLH handeln:

Gesellschafterdarlehen an die MFAG

Kapitalzuführungen für die MFAG

Gesellschafterdarlehen an die FLH

Kapitalzuführungen für die FLH.

3.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

35.

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV „sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beinträchtigen.“

36.

Die Kriterien des Artikels 107 Absatz 1 AEUV müssen kumulativ erfüllt sein. Um festzustellen, ob die angemeldeten Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen, ist daher zu prüfen, ob alle nachfolgend aufgeführten Bedingungen erfüllt sind. Die finanzielle Unterstützung

wird vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt,

begünstigt bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige,

verfälscht den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen und

beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

Konzept des Unternehmens und der wirtschaftlichen Tätigkeit

37.

Entscheidend für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe ist die Frage, ob der Begünstigte eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (10).

38.

Wie das Gericht der Europäischen Union in seinem Urteil in der Rechtssache Flughafen Leipzig/Halle bestätigte, ist die Verwaltung von Flughafeninfrastruktur eine wirtschaftliche Tätigkeit, von der die Tätigkeit des Baus einer Flughafeninfrastruktur nicht losgelöst werden kann (11). Sobald ein Flughafenbetreiber, unabhängig von seiner Rechtsform und der Art seiner Finanzierung, eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, stellt er ein Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar und unterliegt den Vorschriften des Vertrags über staatliche Beihilfen (12).

39.

Das Gericht stellte in seinem Urteil in der Rechtssache „Flughafen Leipzig/Halle“ ferner klar, dass es unerheblich ist, ob der Bau oder Ausbau einer Flughafeninfrastruktur regional-, wirtschafts- oder verkehrspolitische Ziele verfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht ausschlaggebend, welche Ziele mit spezifischen Maßnahmen verfolgt werden, sondern vielmehr, welche Wirkungen sie haben (13).

40.

Hierzu stellt die Kommission fest, dass die Infrastruktur, die Gegenstand dieses Beschlusses ist, von den Flughafenbetreibern FLH und/oder MFAG kommerziell betrieben werden wird. Damit handelt es sich um eine kommerziell nutzbare Infrastruktur. Die Flughafenbetreiber FLH und/oder MFAG verlangen für die Nutzung dieser Infrastruktur Gebühren. Die Infrastruktur steht keinem Nutzer unentgeltlich im allgemeinen Interesse zur Verfügung. FLH und MFAG sind daher Unternehmen im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts.

41.

Allerdings sind nicht alle Aktivitäten eines Flughafenbetreibers notwendigerweise wirtschaftlicher Art. Vielmehr muss festgestellt werden, inwieweit die einzelnen Aktivitäten wirtschaftliche Tätigkeiten darstellen oder nicht (14).

42.

Wie der Gerichtshof festgestellt hat, gehören Tätigkeiten, für die normalerweise der Staat aufgrund seiner hoheitlichen Befugnisse zuständig ist, nicht zu den Tätigkeiten wirtschaftlicher Art und unterliegen daher nicht den Vorschriften über staatliche Beihilfen. Zu nennen sind hier die Bereiche Gefahrenabwehr, Flugsicherung, Polizei, Zoll usw. (15) Die für diese Tätigkeiten vorgesehenen Finanzmittel müssen unbedingt streng auf den Ausgleich der durch diese Tätigkeiten verursachten Kosten beschränkt bleiben und dürfen nicht stattdessen für Tätigkeiten wirtschaftlicher Art verwendet werden (16).

43.

Nach ständiger Beschlusspraxis der Kommission (17) stellt die Finanzierung von Funktionen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder von damit verbundenen Infrastrukturen folglich keine staatliche Beihilfe dar. Damit kann eine Infrastruktur, die beispielsweise aus Sicherheitsgründen benötigt wird oder die für die Kontrolle und Überwachung des Luftverkehrs und des Luftraums notwendig ist, aus öffentlichen Mitteln finanziert werden (18).

44.

Die Kommission muss daher prüfen, welcher Art die am Flughafen Leipzig/Halle durchgeführten Infrastrukturmaßnahmen sind.

45.

Die Bundesregierung macht geltend, dass es sich bei den in Rede stehenden Maßnahmen um Sicherheitsmaßnahmen handelt, die nicht den EU-Beihilfevorschriften unterliegen.

46.

Nach der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (19) bezeichnet der Ausdruck „‚Luftsicherheit‘ die Kombination von Maßnahmen sowie von personellen und materiellen Ressourcen, die dazu dienen, die Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen zu schützen.“

47.

Die gemeinsamen grundlegenden Normen für Sicherheitsmaßnahmen im Luftverkehr stützen sich auf die Empfehlungen des Dokuments 30 der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz (ECAC) und sind im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 niedergelegt.

48.

In Deutschland ist das Luftfahrt-Bundesamt für die Überwachung von Sicherungsmaßnahmen im Luftverkehr zuständig (20). Seit dem 15. Januar 2005 gilt in Deutschland auch das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG). Das Gesetz soll die Zivilluftfahrt vor Terroranschlägen und Sabotage schützen.

49.

Die Kommission hält fest, dass die in Rede stehenden Maßnahmen für wirtschaftliche Tätigkeiten eines Flughafenbetreibers unerlässlich sind und es einem Flughafen somit erst ermöglichen, seine wirtschaftliche Haupttätigkeit auszuüben.

50.

Unter diesen Umständen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass lediglich einige der angemeldeten Maßnahmen in den Bereich der Luftsicherheit fallen und daher nicht als staatliche Beihilfen anzusehen sein könnten.

a)   M1 (Umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen), M2 (Triebwerkslaufstand) und M10 (Ergänzender Lärmschutz):

51.

Nach Angaben der Bundesregierung dienen diese Maßnahmen der hoheitlichen Aufgabenerfüllung, da es sich um sicherheitsrelevante Maßnahmen im EU-rechtlichen Sinne handele. Die Maßnahmen würden insbesondere die Anwohner und die Umwelt schützen und somit der Sicherheit dienen.

52.

Nach Auffassung der Kommission decken die Mittel Kosten, die alle Flughäfen — ob privat oder öffentlich — zu tragen hätten, da sie aus der Erfüllung von Verwaltungsauflagen entstehen. Die Lärmschutzmaßnahmen tragen zur Verbesserung der Flughafeninfrastruktur bei. Ohne die Maßnahmen würde Leizpig/Halle keine Genehmigung für Nachtflüge erhalten. Daher verfolgen die Maßnahmen den Zweck, Fluggesellschaften anzuziehen, und zwar in erster Linie Expressfrachtdienste, die auch in der Nacht Flugleistungen erbringen; die Maßnahmen erhöhen somit insbesondere für den Frachtverkehr die Kapazität und Attraktivität des Flughafens. Folglich wird durch die Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens gegenüber konkurrierenden Flughäfen verbessert.

53.

Die Kommission hält fest, dass die obengenannten Lärmschutzmaßnahmen der Verringerung der Lärmimmissionen dienen. Ein Umweltschaden kann als Schaden betrachtet werden, den der Verursacher herbeiführt, indem er die Umwelt direkt oder indirekt belastet oder die Voraussetzungen für eine solche Belastung — in diesem Fall des menschlichen Wohlbefindens — schafft. Lärmschutzmaßnahmen betreffen jedoch nicht notwendigerweise die Luftfahrt selbst und schützen keinesfalls die Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen.

54.

Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass die Lärmschutzmaßnahmen nicht als Sicherheitsmaßnahmen einzustufen sind und folglich staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen.

b)   M4 (Verlängerung der Start- und Landebahn Nord (Planungskosten)), M13 (Vorfelderweiterung Nord), M15 (Anpassung Infrastruktur) und M16 (Infrastrukturelle Zusatzmaßnahmen):

55.

Start- und Landebahnen sowie Vorfelder werden vom Flughafenbetreiber auf gewerblicher Basis betrieben; damit handelt es sich um kommerziell nutzbare Infrastruktur. In der in Rede stehenden Sache soll die Bahnverlängerung gewährleisten, dass Frachtflugzeuge mit hohem Startgewicht ohne Nutzlastbeschränkungen starten können. Die Erweiterung des Vorfelds dürfte für eine bessere Verteilung der Flugbewegungen sorgen. Folglich kann durch die Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens auf dem Luftfrachtmarkt verbessert werden.

56.

Da die Maßnahmen M15 und M16 den Zweck verfolgen, die Infrastruktur infolge der Maßnahmen M4 und M13 anzupassen, sollten sie nicht getrennt, sondern in diesem Zusammenhang beurteilt werden.

57.

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die in Rede stehenden Maßnahmen wirtschaftlicher Art sind und folglich den Vorschriften über staatliche Beihilfen unterliegen.

c)   M3 (Rollweg und Rollbrücke „E7“), M5 (Herstellung Baufreiheit für Rollbahn Victor nebst Neubau Feuerwachen/Mehrzweckhalle) und M6 (Parallele Rollbahn „Victor“):

58.

Nach Angaben der Bundesregierung ist die Maßnahme M3 erforderlich, um Unfällen vorzubeugen und Engpässe im Betrieb von FLH zu vermeiden. Die Maßnahme M6 dient dem weiteren Ausbau der Kapazitäten am Flughafen Leipzig/Halle und der Abdeckung der Kapazitäten bei Ostwetterlagen im Südwesten des Flughafens. Der im Rahmen der Maßnahme M5 erfolgende Abriss der Objekte und die Neuerrichtung der Mehrzweckhalle I und der Feuerwache in veränderter Lage sind zwingend erforderlich, um die Hindernisfreiheit im südlichen Rollverkehr am Flughafen Leipzig/Halle zu gewährleisten, da eine alternative Rollwegführung ausscheidet.

59.

Auf einem Flughafen verbinden Rollbahnen Start- und Landebahnen mit Abfertigungsfeldern, Flugzeughallen, Terminals und anderen Einrichtungen. Auf diese Weise machen die Luftfahrzeuge die Start- bzw. Landebahn frei, so dass andere Luftfahrzeuge starten oder landen können. Nach Auffassung der Kommission sind Rollbahnen und Rollbrücken daher von Start- und Landebahnen nicht zu trennen, für die der Flughafenbetreiber Nutzungsentgelte erhebt, was folglich eine wirtschaftliche Tätigkeit des Flughafens darstellt. Die Angaben der Bundesregierung bestätigen, dass der Bau angesichts des Verkehrsaufkommens und des Verkehrsflusses zwingend erforderlich ist. Sonst könnten der Flughafen und die Fluggesellschaften nicht vom erwarteten Anstieg des Verkehrsaufkommens profitieren bzw. müsste das derzeitige Verkehrsaufkommen gedrosselt werden. Dies steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass eine sichere Nutzung einer bestimmten Anzahl von Rollbahnen und Rollbrücken nur für ein begrenztes Verkehrsaufkommen gewährleistet werden kann.

60.

Zur Maßnahme M5 stellt die Kommission fest, dass selbst wenn die Infrastrukturkosten sich nicht ausschließlich unmittelbar auf den Bau der neuen Rollbahn beziehen, die Herstellung der Baufreiheit und der Abbruch einschließlich des Neubaus von Einrichtungen doch mit demselben Ziel des Baus der neuen Rollbahn erfolgen. Die Infrastrukturkosten sind daher nicht getrennt vom Bau der Rollbahn, sondern im Zusammenhang damit zu prüfen.

61.

Ferner scheinen diese Maßnahmen die Zivilluftfahrt nicht gegen unrechtmäßige Eingriffe zu schützen. Die in Rede stehenden Maßnahmen fallen nach Auffassung der Kommission folglich nicht in den hoheitlichen Aufgabenbereich.

62.

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass die in Rede stehenden Maßnahmen wirtschaftlicher Art sind und den EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen unterliegen.

d)   M7 – Ergänzung von Enteisungsflächen:

63.

Der Anmeldung zufolge ist die Ergänzung der bestehenden Enteisungsflächen aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens auf dem Flughafen erforderlich, um Verspätungen bei den Linienflügen zu verhindern. Ferner entstünden die mit dem Projekt verbundenen Kosten maßgeblich durch umweltschutzrechtliche Auflagen. Auch in diesem Fall macht die Bundesregierung sicherheitsrelevante Aspekte geltend. Zudem würden die Einnahmen aus den vom Flughafen erbrachten Enteisungsdiensten nicht die Kosten für die Errichtung der Infrastruktur abdecken.

64.

Die Kommission stellt fest, dass die Enteisungsdienste für Luftfahrtunternehmen gegen Entgelt erbracht werden. Sie gehören zu den grundlegenden Dienstleistungen eines jeden Flughafens. Je mehr diese Dienstleistungen erbracht werden, desto mehr Flüge können von dem Flughafen abgehen und desto höher sind die Einnahmen des Flughafens. Darüber hinaus kommt es im Rahmen der Einstufung einer Tätigkeit als wirtschaftliche Tätigkeit nicht darauf an, dass sie nicht rentabel sein mag (21). Folglich scheinen Enteisungsdienste nicht von der wirtschaftlichen Nutzung eines Flughafens getrennt werden zu können und sind daher als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen.

e)   M8 – Heliport:

65.

Die Maßnahme umfasst die Schaffung eines Hubschrauberabstellplatzes, der als Basis für die Flugrettung dienen wird.

66.

Nach Auffassung der Kommission erleichtert der Bau eines Heliports die Flugrettung und erhöht somit allgemein die Sicherheit des Flughafenbetriebs (z. B. im Fall von Unfällen). Die Bereitstellung eines Heliports für Rettungsdienste scheint damit in den hoheitlichen Aufgabenbereich gemäß der Definition des Gerichtshofs zu fallen (vgl. Randnrn. 41-42).

67.

Jedoch hält die Kommission fest, dass auch andere Nutzer Zugang zu dem Heliport haben werden. Er wird demnach nicht ausschließlich für Flugrettungsleistungen genutzt werden.

68.

Im derzeitigen Stadium des Verfahrens kann die Kommission nicht ausschließen, dass der Heliport von anderen Flughafennutzern gegen Entgelt genutzt wird, und somit nicht den Schluss ziehen, dass die Kosten auf Dienstleistungen begrenzt sind, die in den hoheitlichen Aufgabenbereich fallen.

69.

Für den Fall, dass der finanzielle Beitrag sich auf die Kosten für einen Heliport beschränken, der ausschließlich für die Flugrettung genutzt wird, vertritt die Kommission folglich die vorläufige Auffassung, dass diese Maßnahmen keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt. Die Kommission ersucht Deutschland um weitere Erläuterung der Kosten und der Nutzung des in Rede stehenden Heliports.

f)   M9 – Infrastrukturelle Zusatzmaßnahmen:

70.

Die Maßnahmen M9.1 und M9.2 umfassen den Neubau des Kontrollpunkts I zur Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 und die Errichtung eines Funktionsgebäudes Sicherheit für den Bedarf der Bundespolizei, der Landespolizei, der Zollverwaltung und des Deutschen Wetterdienstes. Diese Tätigkeiten scheinen in den hoheitlichen Aufgabenbereich entsprechend der Definition des Gerichtshofs zu fallen (vgl. Randnrn. 41-42). Da der finanzielle Beitrag laut Anmeldung außerdem auf die entstehenden Kosten beschränkt ist, vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass diese Maßnahmen keine staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen.

71.

Die im Rahmen von M9.3 angemeldeten Maßnahmen beziehen sich ausdrücklich auf Ausrüstungstechnik für den Winterdienst, die die parallele Räumung der Startbahnen ermöglicht. Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung (22) vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die Schaffung technischer Einrichtungen einschließlich optischer Hilfen, Präzisionsinstrumente, Navigationswerkzeuge, Markierungen und meteorologischer Anlagen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen.

g)   M9.4 – Animal farm:

72.

Hierbei handelt es sich um die Errichtung eines Gebäudes, das gewährleisten soll, dass Erreger von Tierseuchen oder anderer Krankheiten nicht aus Drittstaaten nach Deutschland und in die EU gelangen.

73.

Nach Auffassung der Kommission dient die Maßnahme mehr dem Gesundheitsschutz als der Verhinderung unrechtmäßiger Eingriffe. Ferner wird die Anlage Animal Farm es dem Betreiber des Flughafens Leipzig/Halle ermöglichen, Leistungen für den Import bzw. Export von Tieren aus bzw. in Drittstaaten zu erbringen.

74.

Daher fällt diese Maßnahme nach Auffassung der Kommission nicht in den hoheitlichen Aufgabenbereich und unterliegt den EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen.

h)   M11 – Landseitige Erschließung Bereich Südost Phase I:

75.

Die Maßnahme umfasst die Ausrüstung vorhandener Gebäude mit Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Strom, Wasser, Abwasser, Regenwasser) sowie ergänzende Lärmschutzmaßnahmen. Diese Investitionen betreffen keine Tätigkeiten, die normalerweise in den hoheitlichen Aufgabenbereich des Staates fallen, sondern tragen vielmehr zur Verbesserung von Infrastruktur bei, die kommerziell genutzt wird; es handelt sich folglich um eine wirtschaftliche Tätigkeit.

i)   M12 – Planfeststellungsverfahren Erweiterung Süd (Start- und Landebahn mit Vorfeld) und M14 (Vorfelderweiterung Ost):

76.

Wie oben angegeben, wird der Betrieb der Start- und Landebahn und des Vorfelds nach ständiger Rechtsprechung als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen.

3.1.1.    Beihilfecharakter der Gesellschafterdarlehen an die MFAG und der Kapitalzuführungen der MFAG-Gesellschafter

Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit

77.

Wie vom Gerichtshof (23) festgestellt, können Maßnahmen als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV qualifiziert werden, wenn sie a) indirekt oder direkt aus staatlichen Mitteln finanziert werden und b) dem Staat zurechenbar sind.

78.

In der vorliegenden Sache übte der Staat zu jedem Zeitpunkt eine direkte oder indirekte Kontrolle über die fraglichen Mittel aus. Die Gesellschafterdarlehen an die MFAG und die Kapitalzuführungen werden aus staatlichen Mitteln (z. B. Haushalt des Freistaates Sachsen, Haushalt des Landes Sachsen-Anhalt und Haushalte der Städte Dresden, Halle und Leipzig) gedeckt. Die Entscheidung, diese staatlichen Mittel zu gewähren, ist der öffentlichen Hand zuzurechnen, da der öffentliche Gesellschafter beschloss, die Gesellschafterdarlehen und die Kapitalzuführungen für die MFAG gewähren.

Wirtschaftlicher Vorteil

79.

Es liegt eine staatliche Beihilfe vor, wenn die Maßnahme den Begünstigten einen Vorteil verschafft.

80.

In der vorliegenden Sache sollten die Gesellschafterdarlehen und die Kapitalerhöhungen für die MFAG an die FLH übertragen werden. Die MFAG ist deshalb eher als Durchleitungsstelle für den Mitteltransfer an die FLH zu betrachten und nicht selbst als Begünstigte.

Schlussfolgerung

81.

Aus den vorstehenden Erwägungen heraus betrachtet die Kommission die MFAG nicht als getrennte Begünstigte und kommt zu dem Schluss, dass auf der Ebene der MFAG keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV vorliegt.

3.1.2.    Beihilfecharakter der Gesellschafterdarlehen zugunsten der FLH

Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit

82.

Der Begriff der staatlichen Beihilfe erfasst jeden direkt oder indirekt gewährten Vorteil, der aus staatlichen Mitteln finanziert oder vom Staat selbst oder von einer zwischengeschalteten Stelle im Auftrag des Staates gewährt wird.

83.

In der vorliegenden Sache übte der Staat zu jedem Zeitpunkt eine direkte oder indirekte Kontrolle über die fraglichen Mittel aus. Die öffentlichen Gesellschafter der FLH und die MFAG, die ausschließlich öffentliche Gesellschafter hat, haben der FLH Gesellschafterdarlehen gewährt, um bis zur Genehmigung der Kapitalzuführungen durch die Kommission die Infrastruktur- und infrastrukturbezogenen Projekte am Flughafen Leipzig/Halle zu finanzieren (sogenannte „Überbrückungsfinanzierung“).

84.

Die Entscheidung, diese staatlichen Mittel zu gewähren, ist der öffentlichen Hand zuzurechnen, da die öffentlichen Gesellschafter beschlossen haben, das Gesellschafterdarlehen zu gewähren.

Wirtschaftlicher Vorteil

85.

Die Kommission prüft nach dem „Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers“, ob einem Unternehmen ein Darlehen zu Vorzugsbedingungen und damit ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt worden ist. Nach diesem Grundsatz ist Kapital, das einem Unternehmen direkt oder indirekt vom Staat zu Bedingungen zur Verfügung gestellt wird, die den normalen Marktbedingungen entsprechen, nicht als staatliche Beihilfe zu betrachten (24).

86.

In der in Rede stehenden Sache muss die Kommission prüfen, ob dem begünstigten Unternehmen durch die von den FLH-Gesellschafter eingeräumten Kreditbedingungen ein wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist, der ihm unter normalen Marktbedingungen nicht erwachsen wäre.

87.

Die Bundesregierung macht geltend, dass dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers uneingeschränkt Rechnung getragen worden sei, da die Gesellschafterdarlehen zu Marktbedingungen gewährt worden seien.

88.

Um zu beurteilen, ob das in Rede stehende Darlehen zu Vorzugsbedingungen gewährt wurde, prüft die Kommission ihrer Entscheidungspraxis gemäß, ob der Zinssatz für das fragliche Darlehen mit dem Referenzzinssatz der Kommission im Einklang steht. Der Referenzsatz wird anhand der Methode berechnet, die in der am 12. Dezember 2007 erlassenen Mitteilung über die Referenzsätze festgelegt ist.

89.

Als Ausgangspunkt für den Vergleich des fraglichen Zinssatzes mit dem Referenzsatz der Kommission ist nach Auffassung der Kommission das Datum des verbindlichen Rechtsakts für die Kreditvergabe (d. h. der Tag, an dem der Kreditvertrag zwischen den FLH-Gesellschaftern und dem Begünstigten unterzeichnet wurde) heranzuziehen.

90.

In der Mitteilung über die Referenzsätze ist die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze festgelegt, die anstelle der marktüblichen Sätze verwendet werden. Die Referenzsätze werden auf der Grundlage von Interbanken-Angebotssätzen für ein Jahr (1-Jahres-IBOR) oder von Basissätzen, die um entsprechende Risikomargen erhöht werden, berechnet. Die Spannen reichen je nach Bonität des Unternehmens und der gebotenen Sicherheiten von 60 bis 1 000 Basispunkten. Unter normalen Umständen wird der Basissatz um 100 Basispunkte erhöht, in der Annahme, dass es sich um Darlehen an Unternehmen mit zufriedenstellendem Rating und hoher Besicherung oder um Unternehmen mit einem guten Rating und normaler Besicherung oder um ein Unternehmen mit sehr gutem Rating ohne Besicherung handelt. Bei Darlehensnehmern, die keine Bonitätsgeschichte und kein auf einem Bilanzansatz basierendes Rating haben, sollte der Basissatz der Mitteilung zufolge um mindestens 400 Basispunkte angehoben werden (je nach vorhandenen Sicherheiten gegebenenfalls um bis zu 1 000 Basispunkte).

91.

Basiszinssatz für die Gesellschafterdarlehen ist der [<12 Monate]-EURIBOR. Die Kommission stellt in Frage, dass in der vorliegenden Sache der 12-Monate-EURIBOR als Basiszinssatz für die Festlegung des Zinssatzes für das Darlehen heranzuziehen war. Wie weiter oben erläutert, ist laut Mitteilung der 1-Jahres-IBOR die Berechnungsgrundlage für den Basissatz. Der Mitteilung zufolge behält sich die Kommission das Recht vor, in Fällen, in denen dies sinnvoll erscheint, kürzere oder längere Laufzeiten zu verwenden, und wenn keine verlässlichen oder gleichwertigen Daten zur Verfügung stehen oder unter außergewöhnlichen Umständen eine andere Berechnungsgrundlage festzulegen; die Bundesregierung hat allerdings keine Argumente vorgebracht, die ein solches Vorgehen begründen würden. Hinsichtlich der Methode ist anzumerken, dass durchaus davon auszugehen ist, dass der [<12 Monate]-EURIBOR-Zinssatz unter normalen Umständen niedriger ist als die Zinssätze für längere Laufzeiten. Da die Laufzeit der in Rede stehenden Gesellschafterdarlehen länger als […] ist, fragt sich die Kommission, ob die Anwendung des [<12 Monate]-EURIBOR-Zinssatzes in der vorliegenden Sache gerechtfertigt ist.

92.

In der in Rede stehenden Sache wurde die Risikomarge auf der Grundlage von Finanzierungsangeboten von und laufenden Kreditverträgen bei drei Banken, und zwar […] (25), […] (26) und […] (27), ermittelt. Die nachstehende Tabelle enthält eine Gegenüberstellung der von den drei vorgenannten Banken angebotenen Risikomargen und der bei den Gesellschafterdarlehen zugrunde gelegten Risikomargen.

Gesellschafter–darlehen

Risikomarge in Basispunkten (BP) für Gesellschafter–darlehen

Angebot der […]

Angebot der […]

[…] (Darlehensvertrag vom 23. August 2003)

[…] (Darlehensvertrag vom Juni/Juli 2007)

Gesellschafter–darlehen 2006-2008

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

Gesellschafter–darlehen 2009

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

Gesellschafter–darlehen 2010

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

[<100] BP

93.

Da die Bonität der FLH bislang von keiner Rating-Agentur bewertet wurde, legte die Bundesregierung einen Telefonvermerk der MFAG vom 10. Oktober 2006 über ein Telefonat der MFAG mit der […] vom selben Tage vor, dem zufolge die MFAG von Seiten der Geschäftsbank […] ein sehr gutes Rating zugebilligt wurde, das dem Rating der deutschen Bundesländer entspricht. Nach Auffassung der Bundesregierung scheint dieses Rating auch für die FLH zu gelten. Die Bundesregierung macht geltend, dass beide Gesellschaften vollständig von staatlichen Einheiten gehalten werden und Flughafen-Infrastrukturen betreiben, die für die Entwicklung der FLH-Gesellschafter unverzichtbar seien. Eine Insolvenz der Gesellschaften sei daher unwahrscheinlich.

94.

Des Weiteren macht die Bundesregierung geltend, dass die geplanten Infrastrukturmaßnahmen bleibende Investitionen in die Immobilien der FLH seien und den Wert dieses Grundstückseigentums erhöhen würden, so dass für Darlehensgeber jederzeit und auf Dauer die Möglichkeit bestehe, aus Forderungen in die werthaltigen Flughafengrundstücke die Rückzahlung der Darlehen sicherzustellen. In diesem Zusammenhang argumentiert die Bundesregierung weiter, dass sich das Passagier- und Frachtaufkommen des Flughafens Leipzig/Halle außerordentlich positiv entwickele.

95.

Die Kommission stellt in Frage, dass unverbindliche, per E-Mail übermittelte Angebote, die nicht auf einen Abschluss rechtsverbindlicher Darlehensverträge abzielen und denen keine Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Besicherung zugrunde liegt, als verlässliche Benchmark für marktübliche Konditionen betrachtet werden können.

96.

Die Kommission stellt ferner fest, dass auch der Darlehensvertrag vom 19./22. August 2003 zwischen der […] und der MFAG sich aus folgenden Gründen nicht als Benchmark eignet. Erstens, der Darlehensvertrag wurde zu einem anderen Zeitpunkt und mit einem anderen Darlehensnehmer (MFAG und nicht FLH) geschlossen. Zweitens, Gegenstand des Darlehensvertrags ist die Refinanzierung des Darlehens über die […] (28). Die […] konnte die Zinsmarge von [<100] BP nur aufgrund des geringeren Zinssatzes im Zuge der […]-Finanzierung bieten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Kommission über keine Informationen, denen zu entnehmen wäre, ob die […] eine Entscheidung über eine Kofinanzierung des Projekts getroffen hat. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Darlehensvertrag vom 19./22. August 2003 beihilfefrei ist.

97.

Des Weiteren stellt die Kommission fest, dass sich der Darlehensvertrag vom 28. Juni 2007 zwischen der […] und der MFAG aus folgenden Gründen ebenfalls nicht als Benchmark eignet. Erstens, auch dieser Darlehensvertrag wurde zu einem anderen Zeitpunkt und mit einem anderen Darlehensnehmer (MFAG und nicht FLH) geschlossen. Zweitens, die Gewährung des Darlehens war an konkrete Bedingungen geknüpft (z. B. Grundstückserwerb und Kapitalzuführungen der Gesellschafter in Höhe von 380 Mio. EUR).

98.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen der Kommission keine Informationen hervor, denen zu entnehmen wäre, ob die Gesellschafter der FLH eine Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeit vorgenommen haben, um die Risikomarge entsprechend festzusetzen.

99.

Unter diesen Umständen kann sich die Kommission bei ihrer Prüfung, ob die Gesellschafterdarlehen zu günstigen Zinssätzen gewährt wurden, auf die Mitteilung über die Referenzsätze stützen. Die Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass laut Mitteilung die Ratings nicht speziell von Rating-Agenturen eingeholt werden müssen; von Banken zur Feststellung von Ausfallquoten verwendete Ratingsysteme können ebenfalls akzeptiert werden. Nach Auffassung der Kommission reicht allerdings ein Telefonvermerk nicht als Beleg für das Rating eines Unternehmens aus. Deshalb ersucht die Kommission die Bundesregierung, für die FLH ein Rating vorzulegen, das aus der Zeit der Darlehensgewährung stammt. Ein Rating von einer Bank, in dem insbesondere die 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit des Darlehens ausgewiesen ist, würde in diesem Falle auch ausreichen.

100.

Da kein Rating vorliegt, weist die Kommission darauf hin, dass bei Darlehensnehmern, die keine Bonitätsgeschichte und kein auf einem Bilanzansatz basierendes Rating haben, der Basissatz bei hoher Besicherung um mindestens 400 Basispunkte, bei normaler Besicherung um 600 Basispunkte und im Falle fehlender Sicherheiten um 1 000 Basispunkte angehoben werden sollte.

101.

In der vorliegenden Sache stellt die Kommission fest, dass die Gesellschafterdarlehen anscheinend ohne Besicherung gewährt wurden. Deshalb vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass der Basiszinssatz um [≥ 400] Basispunkte hätte erhöht werden müssen.

102.

Aus den vorstehenden Erwägungen heraus kann die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Untersuchung nicht eindeutig feststellen, ob die Maßnahmen der FLH-Gesellschafter mit dem Vorgehen eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vergleichbar sind und folglich keine staatliche Beihilfe zugunsten der FLH darstellen würden. Deshalb ersucht die Kommission die Bundesregierung und Beteiligte, zur Frage Stellung nehmen, ob in der in Rede stehenden Sache die vorgenannten Darlehen zu marktüblichen Konditionen gewährt wurden.

Selektivität

103.

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist eine Maßnahme nur dann eine staatliche Beihilfe, wenn eine Begünstigung „bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ vorliegt. In der vorliegenden Sache stellt die Kommission fest, dass die Gesellschafterdarlehen ausschließlich der FLH gewährt werden. Folglich handelt es sich um eine selektive Maßnahme im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels

104.

Stärkt eine von einem Mitgliedstaat gewährte Förderung die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im Handel innerhalb der Union, so muss dieser als durch die Förderung beeinträchtigt angesehen werden. Nach ständiger Rechtsprechung (29) ist eine wettbewerbsverfälschende Maßnahme bereits dann gegeben, wenn der Empfänger der Beihilfe auf wettbewerbsoffenen Märkten mit anderen Unternehmen konkurriert.

105.

Zwischen Flughäfen besteht Wettbewerb. Das Gericht hat bestätigt, dass der Flughafen Leipzig/Halle insbesondere bei Frachtflügen im Wettbewerb mit Flughäfen in anderen Mitgliedstaaten, vor allem mit dem Flughafen Brüssel (Belgien) und dem Flughafen Vatry (Frankreich), steht (30). Des Weiteren handelt es sich bei dem von der FLH betriebenen Flughafen Leipzig/Halle um einen Flughafen der Kategorie C, d. h. um einen „großen Regionalflughafen“ im Sinne der Gemeinschaftlichen Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen (31) (im Folgenden „Flughafen-Leitlinien 2005“) (32).

106.

Aus den vorstehenden Gründen stärkt nach Auffassung der Kommission ein etwaiger wirtschaftlicher Vorteil, der der FLH aufgrund der ihr gewährten Gesellschafterdarlehen zur Finanzierung der verschiedenen Entwicklungs- und Ausbauprojekte am Flughafen Leipzig/Halle erwachsen könnte, ihre Position gegenüber ihren Wettbewerbern auf dem europäischen Markt für Flughafendienste. Deshalb vertritt die Kommission die Auffassung, dass die in Rede stehende öffentliche Finanzierung den Wettbewerb verfälscht bzw. zu verfälschen droht und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

Schlussfolgerung

107.

Aus den vorgenannten Gründen vertritt die Kommission in der gegenwärtigen Phase der Untersuchung die vorläufige Auffassung, dass die Gesellschafterdarlehen, die der FLH von ihren öffentlichen Gesellschaftern gewährt wurden, staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beinhalten. Sollte nachgewiesen werden, dass die Gesellschafterdarlehen staatliche Beihilfen beinhalten, hätten die Darlehen vorbehaltlich der Genehmigung seitens der Kommission gewährt werden müssen; in diesem Falle hat die Bundesregierung das Verbot von Artikel 108 Absatz 3 AEUV nicht beachtet.

3.1.3.    Beihilfecharakter der Kapitalzuführungen in Höhe von 255,625 Mio. EUR zugunsten der FLH

Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit

108.

In der vorliegenden Sache wird die FLH die Infrastruktur am Flughafen Leipzig/Halle durch Eigenkapitalzuführungen (z. B. durch Umwandlung der Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital) ihrer öffentlichen Gesellschafter und der MFAG, an der nur ein öffentlicher Gesellschafter beteiligt ist, finanzieren. In der vorliegenden Sache übte der Staat daher zu jedem Zeitpunkt eine direkte bzw. indirekte Kontrolle über die fraglichen Mittel aus.

109.

Die Entscheidung, diese staatlichen Mittel zu gewähren, ist ebenfalls der öffentlichen Hand zuzurechnen, da die öffentlichen Gesellschafter die Kapitelzuführungen zugesagt haben.

Wirtschaftlicher Vorteil

110.

Durch die Kapitalzuführungen reduzieren sich die Investitionskosten, die der Flughafenbetreiber normalerweise zu tragen hätte, so dass ihm hieraus ein Vorteil erwächst.

111.

Ließe sich aufzeigen, dass in diesem Fall der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers eingehalten wurde, könnte geltend gemacht werden, dass die der FLH gewährten Kapitalzuführungen keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen.

112.

Hierzu erklärte der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil in der Sache Stardust Marine, „dass Mittel, die der Staat einem Unternehmen unter Umständen, die den normalen Marktbedingungen entsprechen, unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung stellt, nicht als staatliche Beihilfen anzusehen sind (33).

113.

Folglich muss die Kommission prüfen, ob die FLH-Gesellschafter bei der Finanzierung des Ausbaus des Flughafens wie privatwirtschaftliche Kapitalgeber gehandelt haben. Es ist zu prüfen, ob unter ähnlichen Umständen ein privater Kapitalgeber, der unter den üblichen marktwirtschaftlichen Bedingungen tätig ist, für die Infrastruktur- und infrastrukturbezogenen Projekte die gleichen oder ähnliche geschäftliche Vereinbarungen eingegangen wäre wie die FLH-Gesellschafter.

114.

Im „Stardust Marine“-Urteil stellte der Gerichtshof fest, „dass man sich für die Prüfung der Frage, ob sich der Staat wie ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten hat, in den Kontext der Zeit zurückversetzen muss, in der die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen getroffen wurden, um beurteilen zu können, ob das Verhalten des Staates wirtschaftlich vernünftig ist, und dass man sich jeder Beurteilung aufgrund einer späteren Situation enthalten muss (34).

115.

Das Verhalten eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers wird von Renditeaussichten geleitet (35). Der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gilt in der Regel als eingehalten, wenn Struktur und Zukunftsaussichten des Unternehmens eine normale Rendite in Form von Dividendenzahlungen oder Wertzuwächsen des Kapitals, gemessen an einem vergleichbaren Privatunternehmen, innerhalb eines angemessenen Zeitraums erwarten lassen.

116.

Dabei spielen etwaige positive Rückwirkungen auf die Wirtschaft der Region, in der der Flughafen liegt, keine Rolle, da die Kommission bei der Würdigung, ob es sich bei der Maßnahme um eine Beihilfe handelt, prüft, ob „ein privater Investor in einer vergleichbaren Lage unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen oder regionalpolitischen Überlegungen oder Erwägungen einer sektorbezogenen Politik eine solche Kapitalhilfe gewährt hätte (36).

117.

Die Kommission muss sich daher bei der Prüfung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers in die Lage der fraglichen öffentlichen Stellen zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung versetzen.

118.

In der vorliegenden Sache, bei der es um Investitionen in Infrastruktur- und infrastrukturbezogene Projekte geht, stellt Deutschland offenbar die Anwendbarkeit des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers in Frage. Sie macht geltend, dass dieser Grundsatz nicht auf Verkehrsinfrastrukturen anwendbar sei, da es hier keine vergleichbaren privatwirtschaftlichen Kapitalgeber gebe. Nach Angaben Deutschlands hätten privatwirtschaftliche Kapitalgeber kein Interesse an Flughäfen, und schon gar nicht, wenn umfangreiche Investitionen notwendig seien. Dies würde bedeuten, dass Investitionen, die private Betreiber nicht tätigen würden, automatisch nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften für staatliche Beihilfen fallen würden. In der Rechtsprechung der europäischen Gerichte wurde jedoch klargestellt, dass Investitionen in wirtschaftliche Tätigkeiten, die ein markwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber nicht ausüben würde, Elemente staatlicher Beihilfe enthalten (37).

119.

Dieser Argumentation kann die Kommission nicht zustimmen. Die Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers kann nicht ausgeschlossen werden, nur weil der Privatsektor sich an der Finanzierung von Flughafeninfrastrukturen nicht beteiligt. Eine wirtschaftlich schwierige Situation entbindet den öffentlichen Kapitalgeber nicht davon, so umsichtig zu handeln wie es ein privater Kapitalgeber in derselben Situation getan hätte.

120.

Die Bundsregierung ist nicht der Auffassung, dass die FLH-Gesellschafter als marktwirtschaftliche Privatinvestoren handelten, indem sie das Eigenkapital des Flughafens erhöhten und das Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital umwandelten. Die Kommission hält fest, dass der Bundesregierung zufolge den Kapitalerhöhungen weder ein Geschäftsplan noch langfristige Rentabilitätsaussichten zugrunde lagen.

121.

Daher kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die Investition marktkonform ist. Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass der FLH durch die Kapitalerhöhungen ein Vorteil erwuchs.

Selektivität

122.

Es gilt dieselbe Argumentation wie für die Gesellschafterdarlehen (siehe Randnummer 81). Es handelt sich um selektive Maßnahmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels

123.

Es gilt dieselbe Argumentation wie für die Gesellschafterdarlehen (siehe Randnummer 81). Der wirtschaftliche Vorteil, der der FLH durch die Kapitalzuführungen zur Finanzierung der verschiedenen Entwicklungs- und Ausbauprojekte am Flughafen Leipzig/Halle erwächst, wird ihre Position gegenüber ihren Wettbewerbern auf dem europäischen Markt für Flughafendienste stärken. Die untersuchte öffentliche Finanzierung verfälscht folglich den Wettbewerb bzw. droht ihn zu verfälschen und beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

Schlussfolgerung

124.

Aus den vorstehenden Gründen vertritt die Kommission die Auffassung, dass es sich bei den Kapitalzuführungen der öffentlichen Gesellschafter zugunsten der FLH um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV handelt. Da die Kapitalzuführungen vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kommission gewährt wurden, hat die Bundesregierung das Verbot von Artikel 108 Absatz 3 AEUV beachtet.

125.

Die Kommission hält fest, dass die möglicherweise in den Gesellschafterdarlehen enthaltene Beihilfe der Differenz zwischen dem marktüblichen Zinssatz und den für die in Rede stehenden Gesellschafterdarlehen tatsächlich gewährten Zinssätze und das Beihilfeelement der Kapitalzuführungen dem Gesamtbetrag der geplanten Zuführungen entspricht.

3.2.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt

126.

Die Kommission hat geprüft, ob die nach obigen Ausführungen ermittelte Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden kann. Artikel 107 Absatz 3 AEUV sieht bestimmte Ausnahmen vom allgemeinen Beihilfeverbot des Artikels 107 Absatz 1 AEUV vor.

127.

Die in Rede stehende Beihilfe kann nur auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AUEV beurteilt werden, dem zufolge „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“, als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. In diesem Zusammenhang lässt sich anhand der Flughafen-Leitlinien 2005 prüfen, ob Beihilfen für Flughafenbetreiber nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden können. In diesen Leitlinien werden verschiedene Kriterien aufgeführt, die die Kommission zu berücksichtigen hat.

128.

So muss die Kommission nach Randnummer 61 der Flughafen-Leitlinien 2005 insbesondere die Erfüllung folgender Voraussetzungen prüfen:

(i)

Der Bau und Betrieb der Infrastruktur dient einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse (Regionalentwicklung, Zugänglichkeit usw.);

(ii)

die Infrastruktur ist für die Erreichung des beabsichtigten Ziels notwendig und angemessen;

(iii)

die mittelfristigen Perspektiven für die Nutzung der Infrastruktur, insbesondere der bestehenden, sind zufriedenstellend;

(iv)

alle potenziellen Nutzer erhalten einheitlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu der Infrastruktur, und

(v)

die Entwicklung des Handelsverkehrs wird nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft.

(i)   Bau und Betrieb der Infrastruktur dienen einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse (Regionalentwicklung, Zugänglichkeit usw.)

129.

Das Infrastrukturprojekt umfasst Verbesserungsmaßnahmen an einem Luftfracht-Drehkreuz und einem multimodalen Güterverkehrszentrum an dem Flughafen. Der Luftfrachtsektor, insbesondere das Expressfrachtgeschäft, weist ein beträchtliches Wachstum auf. Die Luftfrachtunternehmen erweitern derzeit ihre Betriebskapazitäten. An den drei großen Luftfracht-Drehkreuzen in Deutschland — Frankfurt/Main, München und Köln/Bonn — bestehen jedoch Nachtflugbeschränkungen. Sollte der Flughafen Frankfurt/Main seine Nachtflüge einstellen oder drosseln müssen, so wäre in Deutschland ein ernster Engpass in Bezug auf die Luftfrachtkapazitäten die Folge.

130.

Das Projekt ist Teil der Strategie in dem (bis 2020 reichenden) Übersichtsplan des transeuropäischen Verkehrsnetzes aus dem Jahr 2004, der den Ausbau dieses Flughafens als „Gemeinschaftsnetzpunkt“ ausweist. Der Flughafen liegt in Mitteldeutschland (in der Nähe von fünf Hauptstrecken des transeuropäischen Verkehrsnetzes und gesamteuropäischen Korridoren) und befindet sich im Schnittpunkt zweier Bundesautobahnen, die jeweils den Norden und Süden Europas (A 9) sowie West- und Osteuropa (A 14) miteinander verbinden; er verfügt zudem über eine Verkehrsanbindung im Schienen- und Straßennetz. Diese Anbindung erleichtert die intermodale Güterbeförderung. Das Projekt dient daher der „Entwicklung eines integrierten europäischen Luftverkehrsnetzes“ gemäß Nummer 12 des vorgenannten Aktionsplans, demzufolge „es wünschenswert [wäre], die vorhandene latente Kapazität von Regionalflughäfen zu erschließen, sofern die Mitgliedstaaten dabei gemeinschaftliche Rechtsvorschriften für staatliche Beihilfen beachten“.

131.

Die Verwirklichung des Projekts dürfte sich positiv auf die gesamte Region auswirken und deren wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung wesentlich voranbringen. Insbesondere wird die Anbindung der Region verbessert und ihre Attraktivität für Investoren und Besucher steigen. Dies sollte positive Effekte für die Beschäftigung mit sich bringen, zumal die Arbeitslosigkeit in der Region Halle/Leipzig weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt.

132.

Durch die in Rede stehenden Investitionen wird die Nutzung der vorhandenen Infrastruktur besser, sicherer und rationeller gestaltet, wodurch wiederum die Sicherheit und Effizienz des Flughafens gesteigert werden.

133.

Es ist somit festzustellen, dass Bau und Betrieb der Infrastruktur einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse dienen und die Entwicklung eines Flughafens mit hohem Frachtanteil unter Berücksichtigung regionaler Gesichtspunkte der einschlägigen EU-Politik entspricht, so dass dieses Vereinbarkeitskriterium in der vorliegenden Sache erfüllt ist.

134.

Die Kommission kann daher feststellen, dass Bau und Betrieb der Infrastruktur einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse dienen.

(ii)   Die Infrastruktur ist für die Erreichung des beabsichtigten Ziels notwendig und angemessen

135.

Wie oben ausgeführt, wird für den Flughafen ein allmählicher, aber beträchtlicher Anstieg der Passagierzahlen und des Frachtvolumens prognostiziert. Im Jahr 2007 lag das Passagieraufkommen bei 2,7 Mio. Fluggästen, und Schätzungen zufolge wird diese Zahl 2020 auf rund 4,6 Mio. angestiegen sein. Auch für den Frachtverkehr wird ein Anstieg vorausgesagt, vor allem angesichts weiterer Nachtflugbeschränkungen an anderen deutschen Flughäfen (Frankfurt/Main u. a.).

136.

Jedoch konnte die Bundesregierung nicht nachweisen, dass alle von ihr geplanten und finanzierten Infrastrukturinvestitionen für die Erreichung der von ihr gesetzten Ziele notwendig sind und dass das Projekt nicht unverhältnismäßig umfangreich oder aufwändig ist.

137.

Aus diesen Gründen gelangt die Kommission zu der vorläufigen Auffassung, dass die fragliche Infrastruktur notwendig ist. Auf der Grundlage der sehr begrenzten Informationen hat die Kommission jedoch Zweifel, ob das in Rede stehende Projekt dem gesetzten Ziel angemessen ist. Sie fordert die Bundesregierung daher auf, zusätzliche Informationen zu übermitteln, die es der Kommission erlauben, die Angemessenheit des Projekts im Lichte der gesetzten Ziele zu beurteilen.

(iii)   Die mittelfristigen Perspektiven für die Nutzung der Infrastruktur, insbesondere der bestehenden, sind zufriedenstellend

138.

In der Mitte Europas gelegen, verfügt der Flughafen mit einem Markt mit rund 7 Mio. Einwohnern im Umkreis von 100 km und seiner Anbindung an ein Schienen- und Straßennetz über ein großes Wachstumspotenzial. Der Luftfrachtsektor verzeichnet, wie oben ausgeführt, erhebliche Zuwachsraten (im internationalen Passagierflugverkehr lag das durchschnittliche Wachstum zwischen 2007 und 2011 bei ca. 5,0 %, im Frachtbereich bei 4,3 %) (38). Durch Nachtflugbeschränkungen sind der aktuellen Flughafenkapazität jedoch Grenzen gesetzt.

139.

Die Bundesregierung rechnet mit einem Anstieg der Passagierzahlen und des Frachtvolumens am Flughafen Leipzig/Halle bis 2020 auf rund 4,6 Mio. Passagiere bzw. 1,14 Mio. Tonnen.

140.

Somit bestehen mittelfristig gute Perspektiven für die Nutzung der neuen Infrastruktur, insbesondere in Verbindung mit der vorhandenen Infrastruktur, die durch die geplanten Arbeiten optimiert werden wird.

141.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der vorangegangenen Ausführungen dürften die Nutzungsperspektiven für den Flughafen Leipzig/Halle mittelfristig gut sein.

(iv)   Alle potenziellen Nutzer erhalten einheitlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu der Infrastruktur

142.

Um auszuschließen, dass die Beihilfen für den Flughafen an die Nutzer der Infrastruktur weitergeleitet werden, hat die Bundesregierung bestätigt, dass alle potenziellen Nutzer (Fluggesellschaften und Luftfrachtunternehmen) einheitlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu der Infrastruktur erhalten.

143.

Nicht bestätigt hat die Bundesregierung hingegen, dass volumenabhängige Preisnachlässe gewährt werden, und ob diese dann so ausgestaltet sind, dass sie nicht de facto nur eine Fluggesellschaft begünstigen, sondern Größenvorteile oder andere Kosteneinsparungen widerspiegeln bzw. in irgend einer Weise einer ökonomischen Logik folgen, so dass es für den Flughafenbetreiber wirtschaftlich von Vorteil ist, sie zu gewähren (39).

144.

Die Kommission kann beim derzeitigen Sachstand nicht feststellen, dass alle Nutzer des Flughafens einheitlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu der Infrastruktur erhalten. Die Kommission ersucht die Bundesregierung um weitere Informationen über volumenabhängige Preisnachlässe.

(v)   Die Entwicklung des Handelsverkehrs wird nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft

145.

Nach Randnummer 15 der Flughafen-Leitlinien 2005 fällt der Flughafen in die Kategorie C. Zwar werden Wettbewerb und Handel auf EU-Ebene beeinflusst, doch muss die Kommission feststellen, ob dies in einem Ausmaß geschieht, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufen könnte.

146.

Die Kommission stellt zunächst fest, dass das angemeldete Infrastruktur- und infrastrukturbezogene Projekt zur Optimierung der Flughafenkapazität beiträgt und die Betriebssicherheit und Effizienz verbessert.

147.

Wie oben ausgeführt, bestehen an den wichtigsten deutschen Frachtflughäfen, die mit Leipzig/Halle konkurrieren, Kapazitätsengpässe oder Nachtflugbeschränkungen, so dass der künftige Wettbewerb begrenzt ist. Der Flughafen Leipzig/Halle steht jedoch auch im Wettbewerb mit Flughäfen in anderen Mitgliedstaaten wie Vatry und Brüssel. Die von der Bundesregierung vorgelegten Informationen reichen nicht aus, um die Kommission in die Lage zu versetzen, die Auswirkungen des in Rede stehenden Vorhabens auf diese Flughäfen zu beurteilen (40).

148.

Daher kann die Kommission beim derzeitigen Sachstand nicht feststellen, dass die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft. Die Kommission ersucht die Bundesregierung und die Wettbewerber des Flughafens Leipzig/Halle um Vorlage weiterer Informationen über die Auswirkungen der angemeldeten Maßnahmen auf den Wettbewerb zwischen diesen Flughäfen.

Notwendigkeit der Beihilfe und Anreizeffekt

149.

Um als mit dem Binnenmarkt vereinbar genehmigt zu werden, müssen staatliche Beihilfen für Flughäfen die in den Flughafen-Leitlinien 2005 genannten Vereinbarkeitskriterien erfüllen, sie sollten gleichzeitig jedoch — wie jede andere Beihilfemaßnahme — notwendig und angemessen sein, um das angestrebte rechtmäßige Ziel zu erreichen (41).

150.

Die Kommission hat zu prüfen, ob die staatliche Beihilfe für die FLH das begünstigte Unternehmen dazu veranlasst hat, eine Tätigkeit aufzunehmen, die zur Erreichung eines im öffentlichen Interesse liegenden Ziels beiträgt und die das Unternehmen ohne die Beihilfe i) gar nicht oder ii) in begrenztem Umfang oder in anderer Weise ausführen würde. Die Beihilfe wird nur dann als angemessen betrachtet, wenn dasselbe Ergebnis nicht mit einer geringeren Beihilfe und geringerer Wettbewerbsverzerrung erreicht werden könnte. Folglich müssen Höhe und Intensität der Beihilfe auf das für die Durchführung der zu fördernden Tätigkeit absolut notwendige Minimum beschränkt werden.

151.

Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit einigen der Maßnahmen geltend gemacht, dass Einnahmen aus den Leistungen die Kosten für die Schaffung der Infrastruktur nicht decken. Jedoch wurde die Höhe des zu erwartenden akkumulierten Verlusts nicht ermittelt. Auch hat Deutschland nicht in Betracht gezogen, dass die Einnahmen des Flughafens beispielsweise durch höhere Flughafennutzungsentgelte gesteigert werden könnten.

152.

Die Bundesregierung führt ferner an, dass die Maßnahmen ohne öffentliche Finanzierung nicht durchgeführt würden und die Investitionsrendite auch mit öffentlicher Finanzierung bei Null läge. Die zugrundeliegenden Berechnungen wurden jedoch nicht übermittelt.

153.

Deutschland vertritt die Auffassung, dass die angemeldete Finanzierung sowohl hinsichtlich des Beihilfebetrags als auch bezüglich der Beihilfeintensität auf das notwendige und rechtlich vorgesehene Minimum beschränkt ist. Ferner beträfen die Maßnahmen langfristige Infrastrukturinvestitionen, die im Hinblick auf die künftige Erhöhung von Fracht- und Passagieraufkommen an dem Flughafen erforderlich seien. Die Bundesregierung argumentiert, die Maßnahmen seien weder unverhältnismäßig umfangreich noch unangemessen kostenintensiv, ohne jedoch entsprechende Nachweise zu erbringen. Die Kosten seien durch genaue Vorausplanung und Kostenvoranschläge auf ein Minimum gesenkt worden. Eine weitere Einschränkung der öffentlichen Finanzierung ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht möglich, da eine Infrastruktur diesen Umfangs nicht aus Eigenmitteln eines Flughafenbetreibers finanziert werden könne.

154.

Der Anmeldung zufolge liegt den Maßnahmen weder ein Geschäftsplan zugrunde noch erfolgt die Finanzierung amortisationsbezogen. Daher hat die Bundesregierung der Kommission beispielsweise keine Berechnung des Nettogegenwartswerts des Investitionsprojekts mit und ohne Beihilfe vorgelegt; entsprechend ist auch die Kapitalrendite für diese Projekte unbekannt. Folglich ist die Kommission beim derzeitigen Sachstand nicht in der Lage, das Marktversagen im vorliegenden Fall korrekt zu beurteilen. Die Kommission ersucht die Bundesregierung um Vorlage aller Unterlagen und Informationen, die relevant sein könnten, um die Anreizwirkung der in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen auf den Begünstigten nachzuweisen.

155.

Die Flughafen-Leitlinien 2005 lassen die Frage der Beihilfeintensität offen. Von Mitgliedstaaten veranschlagte Beihilfeintensitäten werden jeweils im Einzelfall beurteilt, und zwar auf Grundlage einer umfassenden Beurteilung der Angemessenheit der Beihilfeintensität angesichts von Flughafengröße, Art der Investition und vorherrschenden Wettbewerbsbedingungen in der betreffenden Region.

156.

Die betreffenden Investitionen sind mit den Investitionen an folgenden Flughäfen vergleichbar:

Flughafen

Flughafenkategorie

Beihilfeintensität

Flughafen Murcia (42)

Kategorie C

(1-5 Mio. Passagiere)

11 %

Flughafen Danzig (43)

Kategorie C

(1-5 Mio. Passagiere)

37 %

Flughafen Warschau (Okęcie) (44)

Kategorie B

(5-10 Mio. Passagiere)

30 %

157.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der sehr guten Nutzungsperspektiven für den in Rede stehenden Flughafen vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass eine Beihilfeintensität von 100 % zu hoch sein dürfte und dass die FLH in der Folge unerwartete Gewinne machen könnte, die den Wettbewerb unnötig verzerren.

158.

Hinzu kommt, dass einige Investitionsprojekte bereits abgeschlossen wurden. Daraus ergeben sich ernste Zweifel an der Notwendigkeit der Beihilfen, da der Begünstigte in der Lage gewesen ist, die fraglichen Investitionsprojekte ohne oder mit niedrigeren staatlichen Beihilfen zu finanzieren.

159.

Die Kommission ersucht die Bundesregierung um Vorlage weiterer Informationen darüber, ob und inwiefern die staatliche Finanzierung von in Rede stehenden Maßnahmen darauf abzielt, dass der Begünstigte sein Verhalten ändert. Soweit die Maßnahmen den laufenden Flughafenbetrieb betreffen und folglich die laufenden Ausgaben des Flughafenbetreibers senken, wären solche Betriebsbeihilfen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts grundsätzlich nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar (45):

Schlussfolgerung

160.

Aus den genannten Gründen sind in der in Rede stehenden Sache nach Auffassung der Kommission nicht alle in den Flughafen-Leitlinien 2005 genannten Voraussetzungen für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt erfüllt. Nicht erfüllt sind nach vorläufiger Auffassung der Kommission die Kriterien der Notwendigkeit und der Angemessenheit der Beihilfe.

161.

Daher zweifelt die Kommission daran, dass die Finanzierung der angemeldeten Infrastrukturmaßnahmen als nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden kann.

162.

Die Maßnahmen scheinen auch nicht in den Geltungsbereich einer anderen im AEUV vorgesehenen Ausnahmeregelung zu fallen. Die Kommission kann daher beim derzeitigen Sachstand nicht ausschließen, dass sie unrechtmäßige und nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen beinhalten.

4.   BESCHLUSS

Aus diesen Gründen ersucht die Kommission die Regierung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV, innerhalb eines Monats nach Eingang dieses Schreibens Stellung zu nehmen und alle sachdienlichen Informationen für die beihilfenrechtliche Würdigung der Beihilfemaßnahme zu übermitteln. Andernfalls wird die Kommission auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen einen Beschluss bzw. gegebenenfalls eine Anordnung zur Auskunftserteilung erlassen. Die Kommission bittet die Bundesregierung, den potenziellen Empfängern der Beihilfe unverzüglich eine Kopie dieses Schreibens zuzuleiten.

Die Kommission erinnert die Bundesregierung an die aufschiebende Wirkung von Artikel 108 Absatz 3 AEUV und verweist auf Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates, wonach alle rechtswidrigen Beihilfen unter Umständen vom Empfänger zurückzufordern sind.

Die Kommission weist Deutschland darauf hin, dass sie die Beteiligten durch Veröffentlichung des vorliegenden Schreibens und einer aussagekräftigen Zusammenfassung dieses Schreibens im Amtsblatt der Europäischen Union von der Beihilfesache in Kenntnis setzen wird. Außerdem wird sie die Beteiligten in den EFTA-Staaten, die das EWR-Abkommen unterzeichnet haben, durch Veröffentlichung einer Bekanntmachung in der EWR-Beilage zum Amtsblatt der Europäischen Union und die EFTA-Überwachungsbehörde durch Übermittlung einer Kopie dieses Schreibens in Kenntnis setzen. Alle Beteiligten werden aufgefordert, innerhalb eines Monats ab dem Datum dieser Veröffentlichung Stellung zu nehmen.“


(1)  FLH ist eine Tochtergesellschaft der MFAG, die 94 % der Anteile an der FLH hält. Die übrigen Gesellschafter sind der Freistaat Sachsen, der Landkreis Nordsachsen und die Stadt Schkeuditz. Die Aktionäre der MFAG sind der Freistaat Sachsen mit 76,64 %, das Land Sachsen-Anhalt mit 18,54 %, die Stadt Dresden mit 2,52 %, die Stadt Halle mit 0,2 % und die Stadt Leipzig mit 2,1 %. Private Gesellschafter gibt es nicht.

(2)  ABl. L 346 vom 23.12.2008, S. 1.

(3)  Verbundene Rechtssachen T-455/08, Flughafen Leipzig-Halle GmbH und Mitteldeutsche Flughafen AG/Kommission und T-443/08, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission, (im Folgenden „Rechtssache Leipzig/Halle“), Slg. 2011, noch nicht in der Sammlung veröffentlicht, vgl. auch Rechtssache T-128/89, Aéroports de Paris/Kommission, Slg. 2000, II-3929, bestätigt durch den Europäischen Gerichtshof, Rechtssache C 82/01P, Slg. 2002, I 9297, sowie Rechtssache T-196/04 Ryanair/Kommission, Slg. 2008, II 3643, Randnr. 88.

(4)  ABl. C 312 vom 9.12.2005, S. 1.

(5)  Das europäische Luftfrachtdrehkreuz von DHL Express befand sich bis 2008 am Flughafen Brüssel. Nachdem es zu Problemen mit behördlichen Nachtfluggenehmigungen gekommen war, verhandelte DHL mit mehreren Flughäfen über einen neuen Standort für sein europäisches Drehkreuz. In der engeren Wahl waren Leipzig, Brüssel und der französische Flughafen Vatry. DHL beschloss schließlich, sein europäisches Drehkreuz bis spätestens 2008 nach Leipzig zu verlegen. Vgl. auch die Entscheidung der Kommission vom 23. Juli 2008 in der Beihilfesache C 48/06 DHL — Flughafen Leipzig/Halle (ABl. L 346, S. 1).

(6)  Vgl. Planfeststellungsbeschluss der zuständigen Planfeststellungsbehörde für die Start- und Landebahn Süd mit Vorfeld vom 4. November 2004 und erste Änderung des Beschlusses vom 9. Dezember 2005.

(7)  Am Flughafen Leizpig/Halle existieren zwei Rollspangen, die öffentliche Verkehrswege kreuzen (Autobahn A14, Hochgeschwindigkeitsstrecke der Bahn, 4-streifige Staatsstraße), so dass für die Rollspangen eine Brückenkonstruktion notwendig ist.

(8)  Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (ABl. L 355 vom 30.12.2002, S. 1).

(9)  ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.

(10)  Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Vgl. Rechtssache C-35/96, Kommission/Italien, Slg. 1998, I-3851, sowie Rechtssachen C-180/98 bis C-184/98, Pavlov, Slg. 2000, I-6451.

(11)  Verbundene Rechtssachen T-455/08, Flughafen Leipzig-Halle GmbH und Mitteldeutsche Flughafen AG/Kommission, und T-443/08, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission, (im Folgenden „Rechtssache Leipzig/Halle“), Slg. 2011, noch nicht in der Sammlung veröffentlicht, vgl. auch Rechtssache T-128/89 Aéroports de Paris/Kommission, Slg. 2000, II-3929, bestätigt durch den Europäischen Gerichtshof, Rechtssache C-82/01P, Slg. 2002, I-9297, sowie Rechtssache T-196/04, Ryanair/Kommission, Slg. 2008, II-3643, Randnr. 88.

(12)  Rechtssachen C-159/91 und C-160/91, Poucet/AGV und Pistre/Cancava, Slg. 1993, I-637.

(13)  Rechtssache Leipzig/Halle, Randnr. 102 f.

(14)  Rechtssache C-364/92, SAT Fluggesellschaft mbH/Eurocontrol, Slg. 1994, I-43.

(15)  Entscheidung der Kommission vom 19. März 2003, N 309/02, Luftsicherheit – Ausgleich der Betriebsverluste nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

(16)  Rechtssache C-343/95, Calì & Figli/Servizi Ecologici Porto di Genova, Slg. 1997, I-1547; Entscheidung der Kommission vom 19. März 2003, N 309/2002; Entscheidung der Kommission vom 16. Oktober 2002, N 438/02, Subventionen zugunsten der Hafenverwaltungen für die Durchführung hoheitlicher Aufgaben in Belgien.

(17)  Entscheidung der Kommission vom 19. März 2003, N 309/02, Luftsicherheit – Ausgleich der Betriebsverluste nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

(18)  Vgl. Entscheidung der Kommission vom 7. März 2007, N 620/06, Einrichtung des Regionalflughafens Memmingen.

(19)  ABl. L 355 vom 30.12.2002, S. 1.

(20)  http://www.lba.de/DE/Betrieb/Luftsicherheit/Luftsicherheit_node.html

(21)  Rechtssache Leipzig/Halle, Randnr. 115.

(22)  Entscheidungen der Kommission in den Beihilfesachen NN 17/07 und N 112/08 vom 20. Februar 2009 zum Flughafen Kassel-Calden.

(23)  EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002, Rechtssache C-482/99, Frankreich/Kommission (Stardust Marine), Slg. 2002, I-4397.

(24)  Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten: Anwendung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag und des Artikels 5 der Richtlinie 80/723/EWG der Kommission über öffentliche Unternehmen in der verarbeitenden Industrie (ABl. C 307 vom 13.11.1993, Randnr. 11, S. 3). Diese Mitteilung bezieht sich auf die verarbeitende Industrie, gilt aber analog auch für andere Wirtschaftszweige. Siehe auch EuGH, Urteil vom 30. April 1998, Cityflyer/Kommission, Rechtssache T-16/96, Slg. 1998, II-757, Randnr. 51.

(25)  […]

(26)  […]

(27)  […]

(28)  […]

(29)  EuG, Urteil vom 30. April 1998, Het Vlaamse Gewest/Kommission, Rechtssache T-214/95, Slg. 1998, II-717.

(30)  Rechtssache Leipzig/Halle, Randnr. 93, und C 48/06, DHL und Flughafen Leipzig/Halle, Randnr. 8.

(31)  ABl. C 312 vom 9.12.2005, S. 1.

(32)  2007 wurden auf dem Flughafen Leipzig/Halle insgesamt 2,7 Mio. Passagiere abgefertigt. Nach dem „Masterplan zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur zur Stärkung des Luftverkehrsstandortes Deutschland im internationalen Wettbewerb“ vom Dezember 2006 wird bis 2020 mit 4,6 Mio. Passagierbewegungen am Flughafen Leipzig/Halle gerechnet.

(33)  EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002 in der Rechtssache C-482/99, Stardust Marine, Randnr. 69.

(34)  Urteil in der Rechtssache Stardust Marine, a.a.O., Randnr. 71.

(35)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Dezember 2000, Rechtssache T-296/97, Alitalia/Kommission, Slg. 2000, II-3871, Randnr. 84; Rechtssache C-305/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1603, Randnr. 20.

(36)  Siehe Flughafen-Leitlinien 2005, Randnr. 46.

(37)  Urteil in der Rechtssache Leipzig/Halle, a.a.O., Randnr. 115.

(38)  IATA-Prognose Passagier- und Frachtverkehr 2007-2011, Oktober 2007.

(39)  Beschluss der Kommission vom 18. Februar 2011, staatliche Beihilfe NN 26/09, Griechenland – Entwicklung des Flughafens Ioannina.

(40)  Rechtssache Leipzig/Halle, Randnr. 93, und C 48/06, DHL und Flughafen Leipzig/Halle, Randnr. 8.

(41)  Nach ständiger Rechtsprechung kann die Kommission eine Beihilfe nur dann für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, wenn sie zur Erreichung eines rechtmäßigen Ziels notwendig ist (vgl. Rechtssache 730/79, Philipp Morris, Randnr. 17, Rechtssache C-390/06, Nuova Agricast, Randnr. 68, Rechtssache T-162/06, Kronoply, Randnr. 65).

(42)  Beschluss der Kommission vom 4. Juni 2010 in der Beihilfesache N 63/10, Garantía para la obtención de financiación para la construcción del Aeropuerto Internacional de la Región de Murcia – Staatliche Garantie für den Bau des Flughafens Murcia (ABl. C 217 vom 11.8 2010, S. 1).

(43)  Beschluss der Kommission vom 4. Juli 2008 in den Beihilfesachen N 152/08 und N 153/08, Pomoc na rozbudowę portu lotniczego Gdańsk-Rębiechowo – Staatliche Beihilfen für die Entwicklung des Flughafens Danzig (Rębiechowo)(ABl. C 46 vom 25.2.2009, S. 7).

(44)  Beschluss der Kommission vom 11. Februar 2009, Sache N 472/08, Pomoc na inwestycje w zakresie portów lotniczych w ramach Programu Operacyjnego Infrastruktura i Środowisko – Investitionsbeihilfen für Flughäfen im Rahmen des operationellen Infrastruktur- und Umweltprogramms (ABl. C 79 vom 2.4.2009, S. 1).

(45)  Rechtssache T-459/93 Siemens SA/Kommission, Slg. 1995, II-1675, Randnr. 48. Siehe in diesem Sinne auch das Urteil vom 8. Juli 2010, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission, Rechtssache T-396/08, Randnrn. 46-48 und die Rechtssache C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-6857, Randnr. 30.


28.9.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 284/24


Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses

(Sache COMP/M.6400 — ECE/Metro/MEC JV)

(Text von Bedeutung für den EWR)

2011/C 284/04

1.

Am 21. September 2011 ist die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (1) bei der Kommission eingegangen. Danach ist Folgendes beabsichtigt: Die Unternehmen ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG („ECE“, Deutschland), letztlich kontrolliert von Herrn Alexander Otto, und Metro Group Asset Management Services („MAMS“, Deutschland), 100 %ige Tochtergesellschaft der Metro AG („Metro“, Deutschland), erwerben im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung durch Erwerb von Anteilen die gemeinsame Kontrolle über die MEC Metro-ECE Centermanagement GmbH & Co. KG („MEC“, Deutschland), bei der es sich um ein neugegründetes Gemeinschaftsunternehmen handelt.

2.

Die beteiligten Unternehmen sind in folgenden Geschäftsbereichen tätig:

ECE: Beratung und Geschäftsbesorgung in Bezug auf die Beschaffung, Entwicklung, Planung und Errichtung von Gewerbeobjekten und sonstigem Grundvermögen sowie der Vermietungsvermittlung, Verwaltung, Bewirtschaftung und Veräußerung solcher Immobilien,

MAMS: Erbringung wesentlicher Dienstleistungen innerhalb des Immobiliensegments der Metro Group, zur Steuerung, Entwicklung, Vermietung, Bebauung und Bewirtschaftung der sich im Immobilienportfolio der Metro Group befindlichen Immobilien,

MEC: Property Managementleistungen für Einzelhandelsobjekte.

3.

Die Kommission hat nach vorläufiger Prüfung festgestellt, dass das angemeldete Rechtsgeschäft unter die EG-Fusionskontrollverordnung fallen könnte. Die endgültige Entscheidung zu diesem Punkt behält sie sich vor.

4.

Alle betroffenen Dritten können bei der Kommission zu diesem Vorhaben Stellung nehmen.

Die Stellungnahmen müssen bei der Kommission spätestens 10 Tage nach Veröffentlichung dieser Anmeldung eingehen. Sie können der Kommission unter Angabe des Aktenzeichens COMP/M.6400 — ECE/Metro/MEC JV per Fax (+32 22964301), per E-Mail (COMP-MERGER-REGISTRY@ec.europa.eu) oder per Post an folgende Anschrift übermittelt werden:

Europäische Kommission

Generaldirektion Wettbewerb

Registratur Fusionskontrolle

J-70

1049 Bruxelles/Brussel

BELGIQUE/BELGIË


(1)  ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1 (nachstehend „EG-Fusionskontrollverordnung“ genannt).


SONSTIGE RECHTSHANDLUNGEN

Europäische Kommission

28.9.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 284/25


Erneute Veröffentlichung eines Eintragungsantrags nach Artikel 7 Absatz 5 und Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

2011/C 284/05

Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates (1) Einspruch gegen den Antrag einzulegen. Der Einspruch muss innerhalb von sechs Monaten ab dieser Veröffentlichung bei der Europäischen Kommission eingehen.

ZUSAMMENFASSUNG

VERORDNUNG (EG) Nr. 510/2006 DES RATES

„KRAŠKI PRŠUT“

EG-Nr.: SI-PDO-005-0417-29.10.2004

g.U. ( ). g.g.A. ( X )

Diese Zusammenfassung enthält zu Informationszwecken die wichtigsten Angaben der Produktspezifikation.

1.   Zuständige Behörde des Mitgliedstaats:

Name:

Ministrstvo za kmetijstvo, gozdarstvo in prehrano RS

Anschrift:

Dunajska cesta 58

SI-1000 Ljubljana

SLOVENIJA

Tel.

+386 14789109

Fax

+386 14789055

E-Mail:

varnahrana.mkgp@gov.si

2.   Antragstellende Vereinigung:

Name:

GIZ Kraški pršut

Anschrift:

Šepulje 31

SI-6210 Sežana

SLOVENIJA

Tel.

+386 57310300

Fax

+386 57310330

E-Mail:

Zusammensetzung:

Erzeuger/Verarbeiter ( X ) Andere ( )

3.   Art des Erzeugnisses:

Klasse 1.2

Fleischerzeugnisse (erhitzt, gepökelt, geräuchert usw.)

4.   Spezifikation:

(Zusammenfassung der Anforderungen gemäss Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006)

4.1   Name:

„Kraški pršut“

4.2   Beschreibung:

Der „Kraški pršut“ (Karstschinken) ist ein luftgetrocknetes/-gereiftes Fleischerzeugnis, hergestellt aus ganzen frischen Schweinskeulen.

Er hat eine typische und unverkennbare äußere Gestalt. Die frischen Keulen werden ohne Füße, mit Schwarte und Fettschicht zubereitet. Das Mindestgewicht der frischen Keule beträgt 9 kg. Aus dem Muskelfleisch ragt der Schenkelkopf (Caput ossis femoris) 5 bis 7 cm hervor. Auf der Innenseite der Keule liegt das Muskelfleisch frei, die Schwarte und die Fettschicht sind dabei zur Haxe hin etwas abgeschnitten.

Günstige klimatische Bedingungen im Karstgebiet ermöglichen das Trocknen von ganzen Keulen. Charakteristisch für den „Kraški pršut“ ist das Trockensalzverfahren mit grobem Meersalz. Die ausreichend lange Trocknung und Reifelagerung verleihen dem Erzeugnis typische sensorische Eigenschaften, die sich in einem geringeren Wassergehalt als Folge eines stärkeren Wasserentzugs widerspiegeln. Charakteristisch sind ein etwas höherer Salzgehalt (bis 7,4 %) und eine festere Struktur der Schinkenscheiben beim Verzehr. Durch den Wasserentzug und die ausreichend lange Reifung erhalten die Schinkenscheiben eine typisch rosarote Farbe, die zum äußeren Rand hin dunkler abgetönt ist. Der Geruch und der Geschmack sind voll. Das stark ausgeprägte lebhafte Aroma ist durch die Reifung bedingt und ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Schinken.

4.3   Geografisches Gebiet:

Das Karstgebiet liegt im westlichen mittleren Teil der Küstenregion Primorska. Das Salzen, die Trocknung und Reifung des „Kraški Pršut“ werden im Kerngebiet des Karstes durchgeführt, in dem traditionell Rohschinken hergestellt wurde.

Die Grenze dieses Gebietes verläuft von Kostanjevica na Krasu bis Opatje selo, von dort bis zur Staatsgrenze mit Italien und entlang der Grenze bis zum Grenzübergang Lipica, dann entlang der Straße bis zur Ortschaft Lokev (einschließlich der Ortschaft), weiter die Straße entlang bis Divača, von dort bis zum Dorf Brestovica pri Povirju und bis zu den Dörfern Štorje, Kazlje, Dobravlje, Ponikve und Kobdilj, über Mali Dol bis Škrbina, Lipa und Temnica sowie zurück bis Kostanjevica na Krasu.

4.4   Ursprungsnachweis:

„Kraški pršut“ darf nur innerhalb des für die Herstellung von „Kraški pršut“ festgelegten geografischen Gebietes hergestellt werden. Um die Rückverfolgbarkeit und die Qualitätsmerkmale des Erzeugnisses garantieren zu können, müssen alle Herstellungsphasen innerhalb des geografischen Gebietes stattfinden. Es wird ein Register der Hersteller und der Herstellerbetriebe geführt, in denen „Kraški pršut“ produziert wird. Darin wird für jeden Hersteller die Menge des hergestellten „Kraški pršut“ erfasst. Alle Herstellungsphasen unterliegen der Aufsicht der unter Punkt 4.7 genannten Kontrollstelle, die nach der Europäischen Norm EN 45011 akkreditiert ist.

Die frischen Keulen werden vor dem Salzen auf der Schwarte mit einem gut sichtbaren Brandzeichen versehen. Darauf sind Serie, Tag, Monat und Jahr angegeben. Diese Kennzeichnung ist vorgeschrieben und Bestandteil der Kontrolle des gesamten Produktionsprozesses und der Rückverfolgbarkeit. Im Register wird die Zahl der hergestellten Rohschinken pro Serie für den jeweiligen Hersteller verzeichnet. Zu jeder Serie sind Angaben über die Kontrolle der wichtigsten Phasen des Produktionsprozesses festgehalten.

Nach der Trocknung/Reifung folgt eine sensorische und labormäßige Qualitätsprüfung der Schinken sowie ihre Kennzeichnung mit der Angabe „Kraški Pršut“. Ganze, halbierte und geviertelte Schinken sind auf der Schwarte mit einem Brandzeichen mit der Angabe „Kraški Pršut“ und der Nummer des Herstellers versehen. Das Brandzeichen garantiert die Qualität und die Produktion in dem genau festgelegten geografischen Gebiet, im Einklang mit der Produktspezifikation und unter entsprechender Aufsicht.

4.5   Herstellungsverfahren:

Die Rasse der Schweine für die Herstellung von „Kraški Pršut“ ist nicht vorgeschrieben.

Auslesen von frischen Keulen, Ausmusterung von mangelhaften Keulen sowie von Keulen mit einem Gewicht von weniger als 9 kg; die Mindestzeit nach der Schlachtung beträgt 24 Stunden, es dürfen jedoch nicht mehr als 120 Stunden vergehen. Die Keulen müssen auf eine Temperatur zwischen – 1 und + 4 °C abgekühlt sein, dürfen aber vor der Verarbeitung nicht eingefroren werden. Die Dicke der Fettschicht an der Außenseite der frischen zugeschnittenen Keule darf — unterhalb des Caput ossis femoris (Schenkelkopf) gemessen — nicht weniger als 10 mm betragen.

Der Beginn des Einsalzens wird mit einem Brandzeichen gekennzeichnet: Tag, Monat, Jahr, Serienzeichen.

Trockensalzverfahren, Massage, Auspressen des Blutes, Anwendung von grobem Meersalz; die Salzmenge wird dem Gewicht der Keulen angepasst.

Einhängen der eingesalzten Keulen in die Regale.

Einsalzen und Nachsalzen bei einer Temperatur von + 1 bis + 4 °C, die Einsalzzeit hängt vom Gewicht der Keule ab.

Entfernung des Salzes von der Keulenoberfläche.

Kaltphase der Trocknung mit Luftzirkulation bei + 1 bis + 5 °C.

Kaltphase der Trocknung mit leichter Luftzirkulation bei + 1 bis + 7 °C, Gesamtdauer der Kaltphase einschließlich des Einsalzens beträgt mindestens 75 Tage, Abtrocknung mindestens 16 %.

Abwaschen der Keulen mit warmem Wasser und Vorbereitung für die Trocknung/Reifung.

Abschneiden des Muskelfleisches um den Schenkelkopf (Caput ossis femoris) und an den Stellen, wo der Beckenknochen entfernt wurde; wird nach Bedarf vorgenommen.

Trocknung/Reifung bei Temperaturen zwischen + 12 und + 18 °C. Die Gesamtproduktionszeit bei einem Ausgangsgewicht von 9 kg beträgt mindestens 12 Monate und wird bei Keulen mit größerem Gewicht entsprechend verlängert.

Einschmalzen des Muskelfleisches wird in mehreren Phasen während der Trocknung/Reifung vorgenommen. Die Intensität des Einschmalzens hängt vom Wassergehalt, dem aw-Wert sowie der erreichten Abtrocknung ab. Das Einschmalzen wird mit Schweinefett unter Zugabe von Salz, Pfeffer, Mehl und nach Bedarf Antioxidanten durchgeführt.

Messung der Abtrocknung; die erreichte Abtrocknung beträgt mindestens 33 % des Ausgangsgewichtes der Keulen.

Gereifte Schinken werden in trockenen und luftigen Räumen gelagert. Schinkenteile und Schinkenscheiben, unter Vakuum bzw. kontrollierter Atmosphäre verpackt, werden bei Temperaturen bis + 8 °C gelagert.

Die sensorische Überprüfung des Aromas wird durch Einstechen einer Pferdeknochennadel in das Muskelfleisch des Schinkens durchgeführt.

Labormäßige Überprüfung des Salzgehalts (bis 7,4 %) und des aw-Wertes (unter 0,93).

Um die Qualität des Erzeugnisses sowie die fachgerechte Durchführung der Verfahrensschritte zu gewährleisten, darf der „Kraški pršut“ nur in den für die Herstellung von „Kraški pršut“ zertifizierten Betrieben entbeint, in Stücke geschnitten (halbiert und geviertelt) und abgepackt werden. Um die mikrobiologische Unbedenklichkeit sicherzustellen und die typischen sensorischen Eigenschaften, wie das Aroma, die Farbe und die Textur, zu bewahren, gilt dasselbe auch für das Schneiden und das Verpacken der Scheiben unter Vakuum bzw. modifizierter Atmosphäre.

4.6   Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet:

Die zu schützende geografische Angabe stützt sich vorwiegend auf die Tradition der Herstellung von „Kraški pršut“ und seinen langjährigen Ruf.

Der Karst ist eine abwechslungsreiche Hochebene im Südwesten Sloweniens. Diese ausgeprägte Naturlandschaft unterscheidet sich deutlich von den benachbarten Regionen. Der Karst war die erste Region, durch die die europäische und die Weltöffentlichkeit die Karsterscheinungen kennenlernte. Der Untergrund ist kalkhaltig, das Ackerland, die sogenannte Roterde (Terra Rossa), karg. Im Karst trifft das milde Mittelmeerklima auf die kalte Kontinentalluft, die vom Nordosten her in Richtung der Triester Bucht vordringt und unter dem Namen Bora bekannt ist. Wegen der hügeligen Topografie und der unmittelbaren Meeresnähe sind hier windiges Wetter und eine verhältnismäßig niedrige Luftfeuchtigkeit vorherrschend. Dies hat, in Verbindung mit der Bodenstruktur und der darauf wachsenden Vegetation, den Einheimischen schon seit jeher günstige mikroklimatische Bedingungen für die Fleischtrocknung geboten.

Die Gründe für den heutigen Umfang, den guten Ruf und die Entwicklung der Rohschinkenproduktion im Karstgebiet liegen in der traditionellen und bäuerlich geprägten Landwirtschaftstechnologie. Die Anfänge der Trocknung von Fleisch reichen wahrscheinlich in die Zeit der Besiedlung der Karstregion zurück. Die Nachfrage der Lebensmittelhändler und Gastwirte nach dem Rohschinken vergrößerte sich insbesondere durch den Aufschwung und die zunehmende Urbanisierung der Stadt Triest und nachdem neue Verkehrsverbindungen über das Karstgebiet ausgebaut worden waren (z. B. die Bahnstrecke Wien — Triest). Die steigende Nachfrage und Berühmtheit des Rohschinkens hatten zugleich aber auch ein steigendes Interesse an der Herstellung von „Kraški pršut“ zur Folge.

Bereits im Jahre 1689 schrieb der Topograf Valvasor über die Karstbewohner:

„Diese Leute helfen einander so gut sie können und sie leben recht ärmlich; ihnen genügt ein Stück roher Speck (den sie wegen ihrer unermüdlichen Arbeit gut verdauen können), etwas Zwiebel und eine Scheibe kärglichen, groben, kleiigen Schwarzbrots. Teilweise leiden sie unter großem Holzmangel und vor allem im Sommer fehlt es an frischem Wasser.“ (Rupel, 1969)

Der Geograf A. Melik notierte 1960 in seinem Buch über die slowenische Küstenregion Slovensko Primorje:

„Im Karst ist die Schweinezucht gut entwickelt. Der Wunsch eines jeden Hausherrn ist es, ein Schwein für den Eigenbedarf schlachten zu können. Schweinezucht ist mit dem Anbau von Lebensmitteln in den Gärten und auf den Feldern eng verbunden. Die Wintertemperaturen sind günstig und das Fleisch kann roh, luftgetrocknet, als „Kraški pršut“ besser gelagert werden.“

So entwickelte sich mit der Zeit eine erfahrungsbasierte technologische Fertigkeit, die zu einer Tradition wurde. Die Karstbewohner verwenden bei der Herstellung von Trockenfleischerzeugnissen immer nur das Salzverfahren und setzen das Salz sehr mäßig ein, wodurch ein süß-salziger Geschmack entsteht. Es werden ganze Keulen und ganze Schultern gesalzen. In anderen Teilen Sloweniens werden die Keulen in der Regel in Stücke zerkleinert, und für das Einsalzen wird Pökelsalz (Salzlake) in einem kombinierten Verfahren des Trocken- und Nasspökelns verwendet.

Um die Qualität der Erzeugnisse sichern zu können, waren Genauigkeit und Kontrolle während der gesamten Produktion von großer Bedeutung. Durch die individuelle handwerkliche Arbeit entstanden zahlreiche Erfahrungen, die zur Tradition wurden. Indem man einzelne Phasen der Produktion unter natürlichen Umweltbedingungen ablaufen ließ, entwickelten sich während der Reifung typische sensorische Eigenschaften des Schinkens, wie das Aroma, der Geschmack, die Farbe und die Textur. Diese Eigenschaften wurden zum Standard und sind ein Erkennungszeichen des „Kraški pršut“. Der „Kraški pršut“ ist ein Beispiel für eine gelungene Symbiose von Mensch und Natur. So entwickelten sich im Laufe der Zeit erfahrungsbedingte technologische Fertigkeiten, die dem „Kraški pršut“ eine unverkennbare Gestalt und unverwechselbare sensorische Eigenschaften verleihen.

Der organisierte Ankauf von Rohschinken reicht bis ins Jahr 1953 zurück. Die Landbaugenossenschaften kauften zu der Zeit jährlich 3 000 bis 4 000 Rohschinken, und zwar von den Bauern im weiteren Karstgebiet. Diese Rohschinken hatten ein Gewicht über 8 kg und eine Trocken- und Reifezeit um die 18 Monate. Sie wurden teilweise auch nach Italien exportiert. Außerdem wurden diese Schinken an die Gastwirtschaften und Hotels in Slowenien vertrieben und so in das kulinarische Angebot integriert. Um die Nachfrage auf dem Markt befriedigen zu können, übernahmen Genossenschaften und Unternehmen die Schinkenproduktion. Die Salz-, Räucher- und Trocknungstechniken unterschieden sich in den Jahren zwischen 1963 und 1977 nicht von den auf den Bauernhöfen angewandten. Im Jahr 1963 fing man an, den Schinken mit dem Markenzeichen „Kraški pršut“ zu versehen.

Eine neue Ära in der Herstellung von „Kraški pršut“ und anderen Trockenfleischspezialitäten begann im Jahr 1977, als die Hersteller ihre Tätigkeit in technologisch gut ausgestatteten Betrieben (den sogenannten „pršutarne“) aufnahmen. Die typische Gestalt und die charakteristischen sensorischen Eigenschaften des Karstschinkens spiegeln die gastronomische Kultur des Karstes wider.

4.7   Kontrollstelle:

Name:

Bureau Veritas d.o.o.

Anschrift:

Linhartova 49a

SI-1000 Ljubljana

SLOVENIJA

Tel.

+386 14757670

Fax

+386 14747602

E-Mail:

info@bureauveritas.si

4.8   Etikettierung:

Auf der Schwarte der ganzen Schinken mit Knochen, auf den entbeinten Schinken sowie auf den Schinkenstücken (Hälften und Viertel) befindet sich das Brandzeichen mit der Angabe „Kraški pršut“.

Das Erkennungselement des „Kraški pršut“ ist ein Logo in Form eines stilisierten Schinkens mit der Aufschrift „Kraški pršut“. Auf dem Logo befindet sich außerdem die Herstellernummer. Das Logo erscheint auf dem Etikett der Endprodukte wie der ganzen Schinken mit Knochen, der entbeinten Schinken, der Schinkenhälften und -viertel sowie der unter Vakuum oder modifizierter Atmosphäre verpackten Schinkenscheiben.

Der „Kraški pršut“ ist darüber hinaus mit der Aufschrift „zaščitena geografska označba“ (geschützte geografische Angabe) bzw. mit dem entsprechenden Symbol der Europäischen Union, der Zertifikatnummer und dem Qualitätssiegel der Republik Slowenien gekennzeichnet.


(1)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12.


28.9.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 284/30


Mitteilung an Hassan Muhammad Abu Bakr Qayed und Abd Al-Rahman Ould Muhammad Al-Husayn Ould Muhammad Salim, die mit der Verordnung (EU) Nr. 960/2011 der Kommission in die Liste nach den Artikeln 2, 3 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit dem Al-Qaida-Netzwerk in Verbindung stehen, aufgenommen wurden

2011/C 284/06

1.

Mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2002/402/GASP (1) wird die Union zum Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Mitglieder der Al-Qaida-Organisation sowie anderer mit ihnen in Verbindung stehender Personen, Vereinigungen, Unternehmen und Organisationen aufgefordert, die in der nach den Resolutionen 1267(1999) und 1333(2000) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erstellten Liste aufgeführt sind, die von dem mit der Resolution 1267(1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen eingesetzten Ausschuss der Vereinten Nationen regelmäßig zu aktualisieren ist.

Auf der von dem genannten Ausschuss der Vereinten Nationen erstellten Liste stehen:

Al-Qaida,

natürliche und juristische Personen, Organisationen, Einrichtungen und Vereinigungen, die mit Al-Qaida in Verbindung stehen, und

juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle dieser mit Al-Qaida in Verbindung stehenden Personen, Organisationen, Einrichtungen und Vereinigungen stehen oder diese unterstützen.

Zu den Handlungen oder Aktivitäten, die darauf schließen lassen, dass eine Person, eine Vereinigung, ein Unternehmen oder eine Organisation mit Al-Qaida „in Verbindung steht“, zählen:

a)

die Beteiligung an der Finanzierung, Planung, Erleichterung, Vorbereitung oder Begehung von Handlungen oder Aktivitäten durch, zusammen mit, unter dem Namen oder im Namen von oder zur Unterstützung von Al-Qaida oder einer ihrer Zellen, Unterorganisationen, Splittergruppen oder Ableger,

b)

die Lieferung, der Verkauf oder die Weitergabe von Rüstungsgütern und sonstigem Wehrmaterial an diese,

c)

die Rekrutierung für diese oder

d)

die sonstige Unterstützung ihrer Handlungen oder Aktivitäten.

2.

Der Ausschuss der Vereinten Nationen hat am 15. September 2011 beschlossen, Hassan Muhammad Abu Bakr Qayed und Abd Al-Rahman Ould Muhammad Al-Husayn Ould Muhammad Salim in die einschlägige Liste aufzunehmen. Die Betroffenen können jederzeit einen mit Belegen versehenen Antrag auf Überprüfung des Beschlusses, sie in die genannte Liste der Vereinten Nationen aufzunehmen, an die Ombudsperson der Vereinten Nationen richten. Der Antrag ist an folgende Anschrift zu senden:

United Nations — Office of the Ombudsperson

Room TB-08041D

New York, NY 10017

UNITED STATES OF AMERICA

Tel. +1 2129632671

Fax +1 2129631300 / 3778

E-Mail: ombudsperson@un.org

Weitere Informationen hierzu finden Sie im Internet unter der Adresse http://www.un.org/sc/committees/1267/delisting.shtml

3.

Im Anschluss an den unter Nummer 2 genannten Beschluss der Vereinten Nationen hat die Kommission die Verordnung (EU) Nr. 960/2011 (2) erlassen, mit der Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit dem Al-Qaida-Netzwerk in Verbindung stehen (3), geändert wird. Mit der nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 7a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vorgenommenen Änderung werden Hassan Muhammad Abu Bakr Qayed und Abd Al-Rahman Ould Muhammad Al-Husayn Ould Muhammad Salim in die Liste in Anhang I der genannten Verordnung (im Folgenden „Anhang I“) aufgenommen.

Die folgenden Maßnahmen der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 finden auf die in Anhang I aufgenommenen natürlichen Personen und Organisationen Anwendung:

1.

das Einfrieren aller Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die den betroffenen Personen und Organisationen gehören oder in ihrem Eigentum stehen oder von ihnen verwahrt werden, und die Vorschrift, dass keiner der betroffenen Personen und Organisationen direkt oder indirekt Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder ihnen zugute kommen dürfen (Artikel 2 und 2a (4)), und

2.

das Verbot, auf unmittelbarem oder mittelbarem Wege technische Beratung, Hilfe oder Ausbildung im Zusammenhang mit militärischen Tätigkeiten an die betroffenen Personen und Organisationen zu liefern, zu verkaufen und weiterzugeben (Artikel 3).

4.

In Artikel 7a der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 (5) ist ein Überprüfungsverfahren vorgesehen, nach dem die Betroffenen zu den Gründen für die Aufnahme in die Liste Stellung nehmen können. Die mit der Verordnung (EU) Nr. 960/2011 in Anhang I aufgenommenen Personen und Organisationen können bei der Kommission beantragen, dass ihnen die Gründe für ihre Aufnahme in die Liste mitgeteilt werden. Der Antrag ist an folgende Anschrift zu senden:

Europäische Kommission

‘Restrictive measures’

Rue de la Loi/Wetstraat 200

1049 Bruxelles/Brussel

BELGIQUE/BELGIË

5.

Die betroffenen Personen und Organisationen werden ferner darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Verordnung (EU) Nr. 960/2011 unter den in Artikel 263 Absätze 4 und 6 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union genannten Voraussetzungen vor dem Gericht der Europäischen Union anfechten können.

6.

Die in Anhang I aufgenommenen Personen und Organisationen werden darauf hingewiesen, dass sie bei den in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 angegebenen zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats bzw. der betreffenden Mitgliedstaaten beantragen können, dass ihnen eine Genehmigung für die Verwendung der eingefrorenen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse oder für bestimmte Zahlungen nach Artikel 2a der Verordnung erteilt wird.


(1)  ABl. L 139 vom 29.5.2002, S. 4.

(2)  ABl. L 252 vom 28.9.2011, S. 8.

(3)  ABl. L 139 vom 29.5.2002, S. 9.

(4)  Artikel 2a wurde durch die Verordnung (EC) Nr. 561/2003 (ABl. L 82 vom 29.3.2003, S. 1) eingefügt.

(5)  Artikel 7a wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1286/2009 (ABl. L 346 vom 23.12.2009, S. 42) eingefügt.